m^ 'ä^' ^■^mm %. r\i w^^ ^■^\mq ^'Mm^m.'j [€■ ?'*» ;f«s;j '^^>',:? ^^^^'.^^^^^ lÄ^ IM i^'vft m* o 30'A ^'kl yibrarg of tljc glxtsatm OF U COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. The gift of 3 n p / ^ , No, JfJZ, l ,/ f> SITZUNGS- BERICHTE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENÜER FREUNDE ZU BERLIN JAHROANC^ 1883. BERLIN, In Commission bei R. Friedländer und Sohn. NW. Carl-Strasse n. •^'^1883. SITZUNGS - BERICHTE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE zu BERLIN JAHRGANG 1883. BERLIN, In Commission bei R. Friedländek und Sohn. NW. Carl-Strasse 11. 1883. 1 11 h a 1 1 s -Ye r z e i c li u i s s aus dem Jahre 1883. AscHERSON, P. Worte der Erinnerung an Prof. \V. Peters, p. 68. — Vorlegung blühender Exemplare von Daphne Mezereum L. mit entfalteten Laubblüttern, pag. 91. — lieber eine Form von Fopulus halsamifera L., p. 91. — Pflanzengeographische Bemerkung zur Mit- theilung des Herrn v. Martens auf S. 147, p. 150. Bartels, M. üeber Hypertrichosis universalis des Menschen, p. 9. Beyrich. Ueber eine Erscheinung an den Schalen der Natlca haato- niensis. p. 3. — Bemerkung zur vorigen Mittheilung, p. 45. — Vor- legung einiger durch ihre ungewöhnliche Erhaltung auffallender fossiler Pflanzenreste aus dem Neocomsaudsteine des Tönngesberges zwischen Halberstadt und Blankenburg, p. 178. Dames, W. Ueber einen von Schweinfurth gesammelten Epistropheus von Zyglodun sp. , p. 3. — Ueber hornlose Antilopen von Pikermi in Attika, p. 25. — Ueber eine neue Antilope aus dem Pliocän von Pikermi in Attiko, p. 95. — Ueber das Vorkommen von Ursus im Diluvialsande von Rixdorf bei Berlin, p. 105. — Ueber das Vor- kommen von Hyaenarctos in den Pliocän-Ablagerungen von Pikermi bei Athen, p. 132. Eichler, A. W. Ueber Myr/necodki echinata Gaud. und JL/dnop/iytuin montaninn Bl. von Java, p. 26. — Ueber die Untersuchungen Treub's über Mijrniecodia ecJdnnto. Gaud,, p. 102. Hilgendorf, f. Vorlegung einiger Larvenformen von Knochenfischen, p. 43. — Vorlegung von Süsswasserschwämmen aus Centralafrica, p. 87. — Ueber die Unterschiede von Maifisch und Finte, p. 90. — Ueber eine fossile Eidechse (Propseudopus Framü sp. n.) von Stein- heim in Würtemberg, p. 139. — Ueber die sog. Krebspest, insbe- sondere über Psorospermiiüu Haeckelii sp. n., p. 179. Jessen, C. Ueber das einheitliche Princip der Körperbildung in den drei Naturreichen, p. 185. Kny, L. Vorlegung der 6. Lief, seiner „Botanischen Wandtafeln*, p. 191. Kqlbe, H., J. Ueber die von J. M. Hildebrandt in Madagaskar ge- fundenen Brenthiden, p. 7^. ** Krause, Aurel. Ueber einige Landschnecken von der Tschutschkea- Halbinsel und aus dem südlichen Alaska, p. 31. IV Inhalts - Verzeh-Iiniss, LossEN, K., A. Ueber Porphyroide, unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten Flaserporphyre in Westfalen und Nassau, p. 154. Magnus, P. Einige neuere Beobachtungen über das Auftreten von Mus rattus L. in Mitteldeutschland, p. 47. - Ueber das Auftreten des Niptus hohleuius Fald. bei Greiz (nach briefl. Mitth. von Dr. Ludwig)^ p. 48. — Ueber Verwachsungen verschied. Stämme und Aeste, p. 195. V. Marxens, E. Vorlegung einiger Conchylien aus Nil- Ablagerungen, p. 4. — Ueber Löcher an der Spindelsäule von Bucciinnn lutdatum^ p. 45. — Bemerkung über die Landschnecken der Lössperiode, p. 46. — Bemerkung über schwarze Varietäten der Ratten - Arten, p. 49. Vorlegung einiger centralafricauischer, von Dr. Böhm und Lieutenant Wissmann gesammelten Conchylien , p. 71. — Vorlegung einer für die Mark Brandenburg neuen Schneckengattung, Litho- (/fyplnit< naticoides Fee., p. 100. — Ueber einige von Ruhmer gesam- melte Landschnecken und Reptilien aus der Cyrenaika, p. 147. — Ueber eine von Dr. Böhm im Taganjika-See gefundene Qualle, p. 197. Nehring. Ueber das Vorkommen von Eckzähnen bei Antilope saiga^ bei Cervus capreolus und anderen CViv/.y - Arten , pag. 13. — Ueber eine fossile Siphneus-KxX (Siphncus arvicoUnu.s n. sp.) aus lacustrinen Ablagerungen am oberen Hoangho, p. 19. - Ueber die Verbreitung von Mas rattux und Mtis decinnanm in der brasilianischen Provinz St. Paulo, p. 49. — Ueber neue, bei Westeregeln gemachte Fossil- funde sowie über die Vorgeschichte des Pfei-des in Europa, p. 50, — Ueber das fossile Vorkommen von Cervus dmncu ('ypn'nus carpio und Dreissena polijniorp/ia in Norddeutschland, p. 68. — Ueber Ge- biss und Skelet von Halichoerus yrypus sowie über die systema- tische Stellung der Gattung Halichoerus^ p. 107. Peters, W. Ueber die von Herrn Dr. Finsch von den Carolinen- Inseln eingesandten Fiederhunde, p. 1. — Ueber von J. M. Hilde- brandt in Madagascar gesammelte neue Geckonen, p. 27. Reinhardt, 0. Ueber die von den Herren Gebr. Krause auf ihrer Reise gesammelten Pupa-, Hyalina- und Iö/Zo/? /«-Arten , p. 37. — Ueber einige von Hungerford gesammelte japanische Hyalinen, p. 82. Studer. Ueber die auf der Expedition S. M. S. Gazelle gesammelten Ästenden, p. 128. Tschirch. Ueber die Resultate seiner Untersuchungen über das Chloro- phyll, p. 191. Websky. Ueber ursprünglich für Beryll gehaltene Krystalle von Sugtoj bei Bertschinsk , p. 29. — Ueber zwei interessante Exemplare aus den letzten Erwerbungen des mineralogischen Museums, p. 99. — Ueber die sog. Luftröhren in den in der Gegend des Gotthard vor- kommenden Bergkrystallen , p. 127. Weiss, l'iniges über Calamiten, p. 194. Nr. 1. 1883. 8 i t z u 11 g s - Bericht der Gesellschaft iiaturforscheiider Freunde zu Berlin vom 16. Januar 1883. Director: Herr von Marxens. Herr W. Peters machte eine Mittheilung über die von Herrn Dr. Finsch von den Carolinen-Inseln ein- gesandten Flederhunde. Die von Herrn Dr. 0. Finsch auf den Carolinen erhal- tenen Fiederhunde vertheilen sich in drei Arten, welche ver- schiedenen Inseln angehören und von besonderem Interesse sind, obgleich sie bereits alle mehr oder weniger bekannt ge- wesen sind. 1. Pteropus ualanus n. sp. Diese Art wurde bereits von Temmlnck (Monographies de Mammalogie II. 78) erwähnt. Er betrachtete sie aber nur als eine Varietät von Pt. Keraudrenn, von dem sie aber gewiss verschieden ist, abgesehen von der Färbung, schon durch etw^as kürzere, spitzere Ohren und auch durch eine kürzere Schnauze und weniger höckerige Beschaffenheit der Backzähne. Herr Finsch gibt nach dem Leben die Farbe in folgender Weise an: Männchen tiefbraun, vom Hinterkopf bis zur Schulter hell löwengelb; Weibchen vom Hinterkopf bis zur Schulter rost- braun; Band um den Vorderhals, Scheitel und die Stirn etwas dunkler rostbraun. 1 2 Gesellschaft naturforschender Freunde. Junges Männchen und Weibchen übereinstimmend am Nacken hell rostbraun. Ausgewachsenes Männchen: Totallänge 23 cm; Kopf 6,5 cm; vom Auge bis zum Schnauzenende 21 mm; vom Au^^e bis zum Ohr 28 mm; Ohrhöhe 24 mm; vord. Ohrrand 18 mm; Ohrbreite 12 mm; Antibrachium 12,7 cm. Von der Insel Kuschai (Oualan). 2. Pteropus insularis Hombhon et Jaquinot. 1842 Pteropu» in.su/an's HoiMBRON et Jaquinot, Voyage au Pole Sud, Mammif. Taf. 5; 1853. Vol. 111. pag. 24. 1869. Pteropus insularis Peters, Monatsber. Berl. Akad. 391. Stimmt ganz mit den Originalexemplaren überein, welche ich früher genau zu untersuchen Gelegenheit hatte. Mit Herrn DoBSON, der sie nur als eine Varietät von Pt. Keraudrenii be- trachtet, kann ich nicht übereinstimmen. Nach Herrn Fiinsch ist das Männchen im Leben tiefbraun, am Oberkopf rostbraun, am Nacken und Hinterhals bis zu der Schulter lebhaft rostgelb, und an der Kehle fliesst dieses Rost- gelb beinahe zusammen. Das Weibchen hat den Nacken und Hinterhals dunkler rostbraun, und von hieraus ein breites Band um den Vorderhals; einen grossen rostweisslichen Brustfleck. Das Junge hat den Oberkopf rostgrau, den Nacken, Hinterhals und die ganze Unterseite rostbraun. Von der Insel Ruck (Hogoleu). 3. Pteropus molossinus Temminck. 1853. Pteropus molossinus Te.mminck, Esquiss, zool. siir la cöte de Guine pag. 62. Das Männchen ist, nach Herrn Finsch, im Leben tief- braun; die rostgelbbraune Farbe der Stirn zwischen den Augen zieht sich als ein undeutlicher schmaler Streif jederseits bis zur Lippe herab und bildet eine verwischte Brillenzeichnung, am Vorderkopf etwas in Rostbraun übergehend. Das Weib- chen ist ganz gleich gefärbt. Das Vaterland dieser eigenthümlichen Art war früher unbekannt. Herr Flnsch fand sie ausschliesslich auf der Insel Ponape, von woher wir auch bereits früher Exemplare durch Herrn Godeffroy erhalten hatten. Sitzung vom 16. Januar 1883. 3 Herr BeyriCH machte auf eine Erscheinung aufmerksam, welche häufig an Schalen der Natica hantoniensis von unteroligoccänen Fundorten in Norddeutschland und ebenso in Belgien, seltener auch an anderen Arten derselben Gattung beobachtet wird. Nahe dem oberen Ende des Nabels findet sich am Spindelrande der Mündung ein schmaler, wie mit einer Säge gemachter Einschnitt, der von anderen Thieren herrühren muss und nur den runden Löchern vergleichbar ist, welche zeophage Gastropoden zu bohren im Stande sind. Dem Vor- tragenden schien die Erscheinung beachtenswerth , weil ihm Aehnliches bisher weder an Schalen lebender Aatica- Arten noch an iVa/?ca-Schalen aus anderen tertiären Faunen bekannt geworden ist. Herr W. DAMES sprach über einen Epistropheus von Zeuglodon sp., welchen Herr Schweinfürth im Jahre 1879 zugleich mit mehreren Schädel-, Wirbel- und Rücken- fragmenten auf der westlichen Insel des Birket-el - Qurün im Fajum (Aegypten) gesammelt hat. ^) Der vorgelegte Epistro- pheus, der erste, der von Zemjlodon bisher gefunden wurde, trägt den Cetaceentypus im Allgemeinen deutlich an sich: der Körper ist kurz, der Processus odotoideus kurz und stumpf; neben seiner Spitze liegt jederseits eine ovale Grube auf der Oberseite. Auffallend ist die Beschaffenheit der Gelenkfläche für den dritten Halswirbel. Der ümriss ist im Allgemeinen kreisrund, der untere Rand polsterartig verdickt und in der Medianebene mit einem spitzwinkligen Ausschnitt versehen, der besonders bezeichnend wird, weil er bisher an keiner anderen fossilen oder recenten Cetaceengattung beobachtet wurde. Die Gelenkfläche selbst ist flach concav und schief gegen die Verticalaxe geneigt, so dass der obere Rand nach vorn, der untere Rand nach hinten vorspringt. Das deutet einmal auf grosse Beweglichkeit der Halswirbel und zweitens auf die Fähigkeit, den Kopf in die Höhe strecken zu können hin, beides Eigenschaften, welche den übrigen Cetaceen nicht zukommen. , ) ^'^'"^ ausführliche, von Abbildungen begleitete Beschreibung der Wirbelthiertauna obigen Fundorts wird demnächst in den Sitzungs- berichten der kgl. Akademie der Wissenschaften veröffentlicht werden. 4 Gesellscliaft natm-forschendtr Freunde. Herr v. MARXENS legte einige Conchylieu aus Nil- Ablagerungen nebst darauf bezüglichen briellichen Mit- theilungen und Kartenskizzen von Prof. G. Sciiwkinfurth in Kairo vor. 1 . A etheri a Ca lila u d i Fer. ain Ufer des uralten Joseph - Kanals (Bahr el Jussuf), 10 Kilometer westlich von Feschn (zweite Eisenbahnstation südlich von Benisuef), bei einem kleinen Landgute (Abadieh) eines gewissen Kamon aus Kairo. Der Bahr el Jussuf überschwemmt hier beim Hoch- wasser des Nils eine weite Fläche und setzt auf derselben eine Menge von Aeiheria - Sch8i]en und andere Conchylien ab, welche auf den Feldern überall herumliegen. „Offenbar sind dieselben aus älteren Flussablagerungen, Depots, die von der üferströmung bespült und blossgelegt wurden, herbeigeschwemmt worden.'' Da AelJieria nun gegenwärtig unseres Wissens im Nil nicht unterhalb der Katarakten, also überhaupt nicht inner- halb Aegypten vorkommt, so bietet dieser Fund einen neuen Grund für die von Prof. Schweinfüuth und Aschkuson schon früher aufgestellte Annahme, dass der Josephs- Kanal nicht von Menschenhand gegraben ist, wie die Tradition behauptet, sondern ein altes Flussbett darstellt, das der Mensch nach- träglich nur als Kanal erweiterte und vervollständigte; dafür sprechen schon die zahllosen Windungen seines Laufes ; der- selbe passt sich bekanntlich der äussersten westlichen Contour- linie des Nilthals im engeren Sinne an, bespült an seinem linken (westlichen) Ufer meist das feste Wüsten -Terrain und löst daher viel Salze auf, so dass im Fajum das Nilwasser keineswegs absolut süss erscheint und der Unterschied vom Süsswasser bei Benisuef sehr bemerklich ist. Wenn man an- nimmt, dass im Grossen und Ganzen der Nillauf von Westen nach Osten vorgerückt ist, so kann man sich vorstellen, dass der sogen. Josephs -Kanal sein früheres Bett darstellt. Prof. ScHWEiNFURTH ist geneigt anzunehmen , dass die Aetherien in diesem Theile des Bahr el Jussuf und etwas weiter oben aus ganz alter Zeit sich erhalten haben, vielleicht noch jetzt le- bend, jedenfalls in neueren Ablagerungen ; denn an einigen der vorgezeigten Schalen sind Z i egel f ragm e n te fest anhän- gend; es mögen die Aetherien an gewissen Stellen, wo altes Sitzung vom iß. Juiuiar 188-L 5 Mauerwerk, Brücken u. s. w. am Kanal angebracht war, sich angesiedelt haben und später nach dem Einstürze mit Stücken der Steine , an denen sie während ihres Lebens festgesessen, fortgeschwemmt worden sein. Auch soll weiter oberhalb der Bahr el Jussuf an einer Stelle, die Schweiisfürth noch nicht näher angegeben erhalten konnte, in einem von Felsen (Kalk) gebildeten Bette fliessen, und hier könnten die Aetlierien wohl auch gegenwärtig noch leben, da diese Muscheln, wie die Austern, eine feste Unterlage wie Steine u. dergl. nöthig ha- ben, auf weichem Grunde dagegen nicht leben können. Prof. ScHWKhNFüHTH behält sich vor, diese Stelle später aufzusuchen. Uebrigens finden sich auch zerbrochene und verwitterte Schalen derselben Aeiheria unter den von ebendemselben aus Ober- ägypten eingesandten Fossilien und zwar an und unter Kalk- blöcken unweit Fatira südlich vom Gebel Seisei e. 2. und 3. Corbicula f lumin alis Müller (Caüliaudi Feij.) und Cleojiatra bulimoides Oliv., Exemplare, welche natürliche P'arbe und Glanz vollständig verloren haben, von der Umgebung des Heiligengrabes Schech Waubän, 9 Kilo- meter südlich von Esneh in Oberägypteii , gegenüber dem isolirten der Nummuliten - Formation angehörigen Hügel von Sc heran na. Die Schalen lagen auf dem Boden, vom Winde aus dem Schutte und Sande ausgewittert, der die festen Kalk- felsen bedeckt. Schwelnfurth schätzte die Höhe über den angrenzenden, die Fluthmarke der Nilschwelle bezeichnenden Feldern auf 15 Fuss. Da diese beiden Arten von Süsswasser- Conchylien noch gegenwärtig im ganzen Laufe des Nils häufig lebend vorkommen, so ergiebt sich daraus allerdings keine untere Zeitbestimmung für eine entsprechende Höhe des Flusses. Dass aber eine solche wirklich in früheren Zeiten einmal bestand, dafür sprechen auch ehemalige Nil -Ablagerungen, Anschwemmungen schwarzer Nilerde, welche bis in die Gegend von Suhag (zwischen Siut und Girgeh) am westlichen Rande des Nilthaies sich sehr häufig vorfinden; sie deuten auf eine Abnahme der Meereshöhe des Nilbettes, eine Vertiefung der- selben seit der Zeit, wo die nördlichen ehemaligen Katarakten als solch aufhörten (der erste war bei Suhag, der zweite bei Gebel Selsele). Weiter unterhalb, nilabwärts, scheinen sich Q Gesellschaft naturforschender Freunde. die Höhenverhältnisse des Nilthals nicht mehr wesentlich ge- ändert zu haben. 4. Eine Flussmuschel, Unio, in welcher der Vortragende keine der gegenwärtig aus dem Nil bekannten lebenden Arten erkennen kann , wohl aber mit Wahrscheinlichkeit den im Dembea- oder Tzana - See lebenden Unio Dembeae Rossm. Alle Stücke sind vollständig verbleicht, ohne Schalenhaut; das Perlmutter der Innenseite war matt, kaum noch etwas glän- zend. Diese Stücke sammelte Herr Schwp^infürth an drei Stellen der Umgegend des Gebel Selsele theils im alten Nil- bette selbst, theils in einem alten Rinnsal, an dessen Nord- rand Nilthon - iVblagerungen deutlich sichtbar sind, an allen drei Stellen nicht unter 20 Meter über dem mittleren Wasser- stande des heutigen Nils. Die Muscheln liegen in grosser Menge am Boden , stellenweise denselben haufenweise be- deckend. Allerdings sind uns die Conchylien Abyssiniens und des blauen Nils noch zu wenig bekannt, als dass wir jetzt schon sagen konnten, jener oben genannte See sei der einzige oder der nächste Ort, wo dieselbe Muschel noch lebend vor- komme; aber doch sind Muscheln im Nil selbst von Kartuni an abwärts schon von so vielen Reisenden gesammelt und beschrieben worden, dass das Vorkommen lebender Exemplare dieser Art in demselben für die Gegenwart nicht gerade wahr- scheinlich erscheint, lieber das Alter der von Firn. Schwein- FüRTH eingesandten Stücke ist es schwer, etwas Bestimmtes zu sagen. Verglichen mit Unio sinuatus aus den Ausgrabungen römischer Kastelle am Rhein und mit ^^7jio - Schalen aus dem Hanai-tepe in der Troas, zeigen diese ägyptischen Stücke eine bedeutend stärkere Einbusse an Perlmutterglanz, doch kann diese auch ihren Grund in der Einwirkung stärkeren Lichts und abwechselnder stärkerer Erhitzung bei kürzerer Zeit haben. 5. Spatha (Mutela) Nilotica Fer., Unio J egyptiacus Feu. und Corbicula fluminalis Müll, (consohrina Fer.) aus recenten Anschwemmungen des Bahr el Jussuf. Sitzung vom 16. Januar 1883. 7 Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Leopoldina, XVIII, 21.— 22. November 1882. Protocoll der Sitzungen der permanenten Commission der euro- päischen Gradmessung, Leipzig, 1865; Neuenburg, 1866; Wien, 1864. Protocoll der vorläufigen Beobachtungen über die mitteleuro- päische Gradmessung, 1882. Entwurf der astronomischen Arbeiten der europäischen Längen- gradmessung, 1882. 2 Karten zu den Verhandlungen über die europäische Grad- messung, 1880. Congres geologique international, II"'*^ session. Bologne, 1881. Atti della R. Acad. dei Lincei. Memorie, IX. — X. 1881. Proceedings of the Zoological Society of London, 1882, part III. Science Observer, IV., 39.— 40. Boston, 1882. Journal of the Royal Microscopical Society, Ser. IL, vol. II., part. 6. London, December 1882. Mittheilungen aus dem Jahrbuch der Königl. Ungar. Geolog. Anstalt, VI., 3. u. 4. 1882. Periodico Zoologico. Buenos Aires. I., 1. — 4., 1874—1877; IL, 1.— 4., 1878; III., 2.-3., 1880. Boletin de la Academia nacional de ciencias, Cordoba, IL, 4. 1878. Druck von J. F. Starcke iu Berlii Nr. 2. 1883. 8 i t z u II g s - Bericht der Gesellschaft iiaturforscheiider Freunde zu Berlin vom 20. Februar 1883. Diiector: Herr von Marxens. Herr MAX BARTELS sprach üder Hypertrlchosls universalis des Menschen. Unter allen Arten der abnormen Behaarung, welche bei dem Menschen beobachtet worden sind, ist die Hypertrichosis universalis die bei Weitem Merkwürdigste und in ihrem Wesen Räthselhafteste. Wie der Name dieses ja schon bezeichnet, ist hier die Behaarung wirklich eine universelle, so dass der gesammte Rumpf und die Arme und Beine mit einem mehr oder weniger dichten Haarkleide bedeckt sind. Aber auch das ganze Gesicht ist behaart, und zwar hören die Kopfhaare nicht an der oberen Grenze der Stirn auf, sondern sie reichen bis zu den Augenbrauen herab und hängen meist in langen Locken über die Augen hin nach unten, wenn sie nicht durch beson- dere Frisuren daran gehindert werden. Die Behaarung erstreckt sich ferner über die Schläfe, die Wangen, die Nase, die Lippen, das Kinn und die vordere und hintere Fläche der Ohrmuscheln , so dass in dem ganzen Gesichte buchstäblich keine Stelle frei bleibt, als das Lippenroth und in einzelnen Fällen das untere Augenlid. Aus dieser Beschreibung geht schon hervor, dass das Aussehen dieser Leute etwas exquisit Thierisches hat. Am besten kann man es mit dem Aussehen ]Q Gesellschaft naturforschender Freunde. eines Aflfenpinschers vergleichen, und von Alters her werden die Leute auch als Hundemenschen oder auch wohl als Haar- menschen bezeichnet. Die Missbildung ist eine sehr seltene; aus den letzten vier Jahrhunderten sind nur ungefähr zwei Dutzend Fälle be- kannt geworden und diese vertheilen sich über die vier Welt- theile Europa, Asien, Africa und America. Dieser Umstand ist von besonderer Wichtigkeit, denn er liefert den Beweis, dass die Hypertrichosis universalis nicht an eine be- sondere Rasse gebunden ist, sondern dass sie unter Umständen bei jeder Rasse vorkommen kann. Sie darf daher nicht als eine Rasseneigenthümlichkeit angesehen werden , sondern sie ist etwas Pathologisches. Die Missbildung hat eine ausgesprochene Neigung, sich zu vererben, und unter den bisher bekannten zwei Dutzend Fällen sind nur sehr wenige vereinzelte. Die grössere Zahl derselben vertheilt sich auf fünf Familien , bei denen in zwei und selbst in drei Generationen die Anomalie beobachtet worden ist. Da die Haarmenschen, welche Ehen eingingen, jedoch normal ge- bildete Menschen heiratheten , so kann es nicht überraschen, dass ein Theil ihrer Kinder ebenfalls unbehaart gewesen ist. Es ist nun aber das merkwürdige Factum zu constatiren, dass alle diese normal gebildeten Nachkommen in frühem Kindes- alter gestorben sind. Es wurde hierauf eine grössere Zahl von Abbildungen (31) solcher Fälle von Hypertrichosis universalis vorgelegt, darunter ausser einigen isolirt dastehenden, die Familie von Ambras, die russische Haarmenschenfamilie, die Julia Pastrana und ihr Sohn und die sogenannten behaarten Birmanen. Man vergleiche hierzu des Vortragenden Publicationen über die abnorme Behaarung des Menschen in der Zeitschrift für Ethnologie Bd. 8, 11 und 13 (1876, 1879 und 1881). Unter den vorgelegten Abbildungen waren auch einige von der neu entdeckten Haarmenschenfamilie aus Laos in Hinterindien. Es hat mit denselben folgende Bewandtniss. In Birma geht die Sage, dass in dem Königreiche Laos, von wo auch die behaarten Birmanen herstammen, eine behaarte Rasse wohne. Ein Herr Farini in London sendete in Folge Sitz u II (j vom 20. Felrniar i88S. \ \ dieses Gerüchtes den durch seine Reisen in Borneo bekannten Herrn Carl Bock nach Laos, um diese Leute zu suchen und dein letzteren gelang es auch wirklich, eine Familie von Haar- menschen aufzutreiben. Die Frau mitzunehmen wurde ihm nicht gestattet; der Mann starb noch in Laos an der Cholera, er war aber zum Glück noch vorher von Bock gezeichnet worden. Die Tochter dieser Leute, ein ungefähr 7 Jahre altes Mädchen, ist aber an Herrn Farim gelangt und wird gegenwärtig von ihm im Royal Aquarium in London ausgestellt. Durch freundliche Vermittelung des Herrn Ru- dolph Hertzog verdankt der Vortragende der grossen Gefäl- ligkeit des Herrn PI. S. Ashbee in London Material über diese Haarmenschen nebst einer Abbildung des Vaters und drei Phothographien des kleinen Mädchens. Es sind beide Dargestellte ausgesprochene Specimina von Hypertrichosis uni- versalis. Die Kleine hat die Gewohnheit, sich die weiten Backen voll Speise zu pfropfen. Herr Farim vergleicht die Backen mit Backentaschen. Er betont ausserdem die grosse Beweglichkeit der Extremitäten und sieht hierin etwas Thier- ähnliches. Beides sind Dinge, die bei Kindern unserer Rasse sich auch finden. Angeblich besitzt das Kind einen rudimen- tären Schwanz. Es liegt leider dem Vortragenden noch keine Photographie von der Rückseite des Kindes vor. Diese Ano- malie wäre, wie man sie auch deuten mag, unter allen Um- ständen im höchsten Grade interessant, und selbst wenn das Schwanzrudiment auch nur ein ganz kleines wäre, so würde eine photographische Aufnahme desselben doch von höchster Wichtigkeit für die Wissenschaft sein. Eine ausgesprochene Thierähnlichkeit zeigt das Kind in der Behaarung der Arme. Dieselbe ist sowohl von der Hand her, als auch von der Schulter her zum Ellenbogen hin gerichtet, also am Vorderarm aufwärts, am Oberarm abwärts. Das ist ein Vorkommen, wie es bei den anthropoiden Affen normal ist. Es findet sich aber auch bisweilen bei Leuten unserer Rasse. Für das Zustandekommen dieser so augenfälligen Abnor- mität hat man selbstverständlich sich bemüht, Erklärungen zu finden. Aber leider sind alle in dieser Richtung gemachten Versuche bisher vergebliche gewesen. Bei dem exquisit thie- 2* ] 2 Gesellschaft naturforschender Freunde. rischen Aussehen dieser Leute war es sehr naheliegend, an Atavismus zu denken, und Herr Farini stellt sein kleines Mädchen auch als Darwins Missing Link aus. Der mensch- liche Embryo ist jedoch zu einer gewissen Zeit seiner intra- uterinen Entwicklung von oben bis unten vollständig mit Haaren bedeckt. Was nun aber im foetalen Leben normal ist, das kann man, wenn man es nach der Geburt wieder an- trifft, unmöglich für einen Atavismus erklären. Gegen den Atavismus spricht aber noch ein weiterer Umstand. Es pflegt nämlich mit der Hypertrichosis universalis ein Defect im Zahn- system verbunden zu sein, und zwar fehlen den Haarmenschen nicht immer dieselben Zähne. Wäre der Zustand eine Art von Atavismus, dann würde die Zahnformel dieser Leute voraussichtlich mit derjenigen irgend einer Thier-Species iden- tisch sein. Jedenfalls müsste sie aber bei den Haarmenschen immer dieselbe sein. Das ist aber, wie schon gesagt wurde, nicht der Fall. Der russische Haarmensch besass im Ober- kiefer nur den linken Eckzahn, während die Zähne im Unter- kiefer vollständig waren. Sein Sohn hatte nur die Schneide- zähne des Unterkiefers. Der Pastrana fehlten die oberen Eck- und Schneidezähne. Der Stammvater der behaarten Birmanen hatte überhaupt erst mit 20 Jahren seine Milch- zähne verloren. Er besass nur die oberen und unteren Schneide- zähne und den unteren linken Eckzahn. Seine Tochter hatte nur die Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer aufzuweisen. Farini's Mädchen scheint die Milchzähne vollständig zu be- sitzen , jedoch sind dieselben kleiner und spitzer als in der Norm. Man sieht, dass hier also keinerlei Regel herrscht, welche die Annahme eines Atavismus zuliesse. Ein zweiter Erklärungsversuch wurde gemacht, indem man eine Art Hemmungsbildung beschuldigen wollte und von einer Persistenz und Fortbildung des embryonalen Haarkleides sprach. Soll eine solche Erklärung Gültigkeit haben, so muss aber selbstverständlich die Anomalie eine angeborene sein, und das trifft nun wieder bei der Hypertrichosis universalis nicht zu. Die grössere Zahl der Patienten war bei der Geburt scheinbar normal, nur die Ohrmuschel zeigte schon die abnorme Behaa- Sitzung vom 20. Februar 1883. 13 rung. Das übrige Haarkleid entwickelte sich aber später, manchmal erst im fünften bis sechsten Lebensjahre. Man sagte dann auch, dass es sich hier um eine einfache Correlation handele. Haare und Zähne wären Epithelialgebilde und entsprechend der Vermehrung des Haarsystems träte eine Verminderung, ein Defect im Zahnsystem ein. Dabei ist es nun wieder unaufgeklärt, warum keine Regelmässigkeit in dem Ausbleiben der Zähne herrscht, warum nicht immer dieselben Zähne in erster Linie nicht zur Ausbildung kommen. Und natürlicherweise ist dadurch keineswegs erklärt, warum sich denn überhaupt die Haare in dieser auffälligen Art gebildet haben. Kurzum, bis jetzt kann kein einziger Erklärungsversuch befriedigen, und es muss für's Erste eingestanden werden, dass das Wesen und die Ursache der Hypertrichosis universalis noch jeder Deutung spottet und noch vollständig unaufgeklärt geblieben ist. Herr NEHRINd sprach zunächst über das Vorkommen von Eckzähnen bei Antilope saiga, bei Cervus capreolus und anderen Cervus- kmi^Ji. Kürzlich erhielt ich durch die Naturalien - Handlung von MöscHLER in Kronförstchen bei Bautzen den rohpräparirten Schädel einer sehr jungen *Sö!?^a- An tilope ^), welche aus den Wolga -Steppen stammt und bald nach der Geburt ihren Tod gefunden hat. Ich konnte letzteres aus dem Umstände schliessen, dass die drei Milch -Backenzähne noch von dem (eingetrockneten) Zahnfleische bedeckt und von den Milch- Schneidezähnen nur die beiden mittleren schon völlig ent- wickelt waren. Dieser junge Saiga-^chMoi besitzt nun merk- würdigerweise auf der linken Seite einen Eckzahn; derselbe findet sich an dem vordersten Theile des Oberkiefers, unmittel- bar vor der Naht, durch welche der Zwischenkiefer vom Ober- kiefer getrennt wird. (Vergl. den Holzschnitt.) Dieser kleine Eckzahn steckt nicht in einer förmlichen Alveole, sondern er liegt in einer seichten Furche des Oberkiefer- Knochens und ^) Derselbe ist von mir angekauft für die zoologische Sammlung der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin. 14 Gesellschaft naturforschendtr Freunde. Antilope .saiqa puil Vordertheil des jugendlicheu -Sa/^ra-Schädels, in natürlicher Grösse, von der linken Seite gesehen. wird von aussen durch das eingetrocknete Zahnfleisch in seiner Lage erhalten. Es lässt sich vermuthen, dass der Oberkiefer bei seinem weiteren Wachsthum die Wurzel des Eckzahns umschlossen und so eine kleine Alveole für denselben gebildet haben würde. Auf der rechten Seite fand ich keinen Eckzahn vor; doch glaube ich annehmen zu dürfen, dass auch hier ursprünglich ein solcher vorhanden war. Der Schädel zeigte sich nämlich auf dieser Seite schärfer gereinigt, als auf der anderen, indem die Haut mit einem Messer dicht am Knochen abgetrennt war; ich erkannte jedoch an der entsprechenden Stelle des rechten Oberkiefers eine seichte Furche, in welcher vermuthlich eben- falls ein Eckzähnchen gelegen hat. So viel ich weiss , hat man bisher weder bei Antilopen, noch bei anderen Cavicomia Eckzähne beobachtet , und es ist daher sicherlich von wissenschaftlichem Interesse , den vorlie- genden Fall bekannt zu machen. lieber das Vorkommen von oberen Eckzähnen^) bei Cerviden liegen bereits mancherlei Notizen in der Literatur 1) Wo im Folgenden von „Eckzähnen'" die Rede ist, sind durchweg die von den Jägern als „liaken'' bezeichneten Dentes canini des Ober- kiefers gemeint. Sitzung vom 20. Februar 1883. ]5 vor; dennoch erlaube ich mir, der Gesellschaft einige Mitthei- lungen in dieser Richtung zu machen, weil die Statistik solcher Vorkommnisse noch sehr ungenügend ist, und weil man in den meisten zoologischen Handbüchern die Ansicht ausgedrückt findet, als ob das Vorkommen von Eckzähnen bei den Hir- schen auf die männlichen Individuen beschränkt sei. ') Letz- teres ist aber durchaus nicht der Fall; es finden sich vieiraehr bei denjenigen Hirscharten, bei welchen überhaupt Eckzähne vorkommen, solche ziemlich ebenso häufig bei w^eiblichen Indi- viduen, wie bei männlichen. Zunächst lege ich der Gesellschaft den Schädel eines weiblichen Rehs (Cervus capreolus) vor, welcher vorn im Oberkiefer beiderseits deutliche Alveolen von Eckzähnen be- sitzt; auf der linken Seite ist das Zähnchen selbst erhalten, auf der rechten ist es beim Maceriren verloren gegangen. Diesen Schädel verdankt unsere Sammlung'-^) der Güte des Herrn Dr. med. Oskar Haüchecorne hierselbst; er stammt von einem ausgewachsenen Reh, welches in Niederschlesien vor einigen Jahren erlegt wurde. Ausser diesem besitzt unsere Sammlung noch den Schädel eines 5 — 6jährigen Rehbocks aus der v. NATHUSiüs'schen Sammlung, welcher beiderseits die Alveolen von starken Eck- zähnen aufweist; der betreffende Bock ist von Herrn Otto v. Veltheim 1866 in Pommern geschossen. Die Eckzähne waren so stark, dass sie zu Tuchnadelknöpfen Verwendung finden konnten. ^) So heisst es bei Claus, Griiudzüge der Zoologie, 4 Aufl., Bd. II, l)ag. 435: „Häufig finden sich beim Männchen obere Eckzähne, die selbst eine bedeutende Grösse erlangen können. '^ — Beiläufig bemerkt, sind die auf diese Worte folgenden Angaben über das Geweih der Hirsche auch in der 4. Auflage der CLAus'schen „Grundzüge" noch immer unrichtig ausgedrückt, obgleich der Fehler auff"allend ist. Es heisst dort nämlich vom Geweih der Hirsche: „Dasselbe ist ein solider Hautknochen , welcher auf einem Knochenzapfen der Stirn (Rosenstock) aufsitzt und sich von der kranzförmig verdickten Basis des- selben (Rose) in regelmässig periodischem Wechsel ablöst, um abgeworfen und erneuert zu werden." Jeder, der eine abgeworfene Geweihstauge gesehen hat, weiss, dass die sog. Rose regelmässig mit abgeworfen wird und nicht am Rosenstock sitzen bleibt. -) Die zoolog. Sammlung der kgl. landwirthsch. Hochschule. ]g Gesellschaft naturforschender Freunde. Zwei andere Fälle des Vorkommens von Eckzähnen beim Reh hat He.nsel im 19. Jahrgang des Archivs für Naturgesch. 1853, pag. 23 ff. und Taf. IL Fig. 5—7 beschrieben; der eine Fall bezieht sich auf einen zweijährigen Bock, der andere auf eine sehr alte Ricke. Einige fernere Fälle, in denen sowohl männliche, als auch weibliche Rehe mit Eckzähnen versehen waren, erwähnt Altum in seiner Forstzoologie, 2. Aufl., Bd. I., pag. 303 tf. und pag. 351 , illustrirt dieselben auch durch Abbildungen. Endlich kenne ich vier derartige Vorkommnisse durch mündliche Mittheilungen des Herrn Dr. Schlachter aus Basel, eines jungen Zoologen , welcher mir seit einiger Zeit in der Ordnung der mir anvertrauten Sammlungen behülflich ist. Herr Dr. Schlachter fand unter den zahlreichen Rehschädeln (ca. 80 Stück) der Stuttgarter Sammlung, welche er vor Kurzem eingehend untersuchte, zwei Exemplare mit Eckzähnen, darunter merkwürdigerweise eines mit Unterkiefer-Eck- zahn; ferner fand er in der ebenfalls sehr reichhaltigen Reh- schädel-Sammlung des Herrn Oberförsters Joseph in Eber- stadt bei Darmstadt zwei Exemplare mit Eckzähnen. Es steht also fest , dass bei Cervus capreolus zuweilen Eckzähne vorkommen und zwar sowohl bei männlichen , als auch bei weiblichen, sowohl bei jüngeren, als auch bei älteren Individuen. RüTiMEYER sagt in seinem ausführlichen Werke über die natürliche Geschichte der Hirsche (Zürich 1880 u. 1881) p. 42 über das Reh Folgendes: .,Von Eckzähnen habe ich bei keinem der beiden Geschlechter und in keinem Alter Spuren wahrgenommen." Diese Beobachtung Rüti- meyer's lässt sich, wie aus meinen obigen Mittheilungen zu ersehen ist, nicht als allgemein gültig bezeichnen ; sie wird hin- fällig, wenn man ein umfangreicheres Material zu Rathe zieht. Selten ist ja das Vorkommen von Eckzähnen beim Reh immerhin ; die beiden zuerst erwähnten Schädel unserer Samm- lung sind die einzigen unter etwa 50 Exemplaren. In Stutt- gart fanden sich unter 80 Exemplaren nur 2 mit Eckzähnen. Nach Altüm's Mittheilungen, (a. a. O.) sollen Eckzähne nur bei jüngeren Exemplaren vorkommen; doch zeigen mehrere der Sitzvng vom 20. Februar 1883. ]7 oben von mir erwähnten Fälle, dass dieses nicht immer zu- trifft, sondern dass die Eckzähne auch bei älteren Rehen sich erhalten. Was die übrigen Cerviden anbetrifft, so bin ich im Stande, auf Grund des mir vorliegenden Materials folgende statistische Mittheilungen zu machen: 1. Cervus tarandus. 7 Schädel sä mm tl ich mit Eck- zähnen, darunter ein grönländisches Exemplar ((/•), die übrigen von domesticirten Renthieren der alten Welt, theils o^, theils $, theils alt, theils jung. 2. Cervus elaphus. 15 Schädel, darunter U mit Eckzähnen, und zwar sämmtliche 9 9, während von den 6 c^ ein älteres Exemplar (aus England) ohne Eckzähne ist. 5 Exemplare sind jung, die anderen mehr oder weniger alt. 3. Cervus canadensis. 1 altes ^ mit Eckzähnen. 4. Cervus AristoteUs. 3 alte c^ und 2 junge 9, sämmtlich mit Eckzähnen. 5. Cervus moluccensis. 1 altes 9 und ein sehr junges Ex. von unbestimmtem Geschlecht, beide mit Eckzähnen. 6. Cervus hippelaphus. 1 sehr junges 9 mit Eckzähnen. 7. Cervus sika. 1 altes und ein junges 9 , beide mit Eck- zähnen. 8. Cervus muntjac. 3 alte c/*, selbstverständlich alle drei mit Eckzähnen. 9. Cervus porcinus. 2 junge ^ und ein altes 9, alle ohne Eckzähne. 10. Cervus axis. 1 altes 9 ohne Eckzähne. 11. Cervus dama. 2 alte und 1 junges ö", 5 alte 9, sämmt- lich ohne Eckzähne. ^) 12. Cervus euryceros, 1 altes cf aus Irland, ohne Eckzähne. 13. Cervus alces. 2 alte cT und 2 junge 9, alle ohne Eck- zähne. 1) Altum führt iu seiner Forstzoologie, 2. Aufl., I., pag.3(»3, einen Fall von dem Vorkommen eines Eckzahns bei Cervus dama ^ an, und zwar handelt es sieb dabei um einen Damspiesser. ) g Gesellsclidft natur forschend er Freunde. 14. Cerrtis viryinianus. 1 altes cT und ein altes $, beide ohne Eckzähne. 15. Cervus macrotis. 1 altes ^ ohne Eckzähne. 16. Cervns rufus. 1 altes 9 ohne Eckzähne. 17. Cervus rujirnis. 1 altes cj^ ohne Eckzähne. Von den 17 oben aufgezählten Cervus - Arten zeigen also, soweit das mir vorliegende Material reicht, die ersten 8 regel- mässig das Vorhandensein von Eckzähnen, bei den übrigen fehlen letztere. Es steht jedoch nach den Beobachtungen Hensel's fest, dass auch bei Cervus rufus und C. rufinus, sowie auch bei C. nemorivagus und ('. campesiris Eckzähne vor- kommen, jedoch meistens nur in der Jugend. Hensei- sagt in seinen Beiträgen zur Kenntniss der Säugethiere Süd-Brasiliens, Berlin 1872, pag. 100 über die drei erstgenannten Spiess- hirsche Folgendes: „Eckzähne sind bei beiden Geschlechtern in der Jugend immer vorhanden, verschwinden aber zu der Zeit, wenn die Praemolaren erscheinen. Bei älteren Thieren sieht man stets noch die Narben der verschwundenen Alveolen. Nur selten findet sich bei ihnen ein Eckzahn.'' Der einzige Schädel, welchen Hensel vom Camp -Reh ((.^ervus campestris) in Süd-Brasilien erbeutete, gehört einem 9 und besitzt jederseits einen schwachen Eckzahn. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass man bei Heranziehung eines möglichst umfangreichen Materials , zumal von jugend- lichen Schädeln , auch bei manchen anderen Hirsch -Arten, welche nach den bisher vorliegenden Beobachtungen keine Eck- zähne besitzen , zuweilen doch solche auffinden wird. Nach RütimeyEr findet sich bei Cervus dama weder im männlichen, noch im weiblichen Geschlecht irgend eine Spur; dennoch hat Altü3i, wie oben erwähnt, einen Damspiesser mit Eckzähnen beobachtet. Vielleicht werden spätere Untersuchungen auch noch ferner ergeben, bei welchen Cervus - Arten die Eckzähne gewechselt werden , d. h. also dem sog. Zahnwechsel unterliegen. Bei Cervus elaphus und Cervus tarandus habe ich selbst beobachtet, dass die zarten Milcheckzähne später durch die stärkeren Eck- Siicuiig vom 20. Fehruar 1883. 19 Zähne des definitiven Gebisses ersetzt werden. Wie weit dieses auch bei anderen Species geschieht, darüber fehlen mir vor- läufig noch sichere Beobachtungen. Ich verzichte für heute auf alle allgemeineren Betrach- tungen, welche sich an die oben aufgeführten Data über das Vorkommen von Eckzähnen bei den Hirschen anknüpfen lassen würden, indem ich hoffe, auch schon durch die blosse Mitthei- lung statistischer Angaben über das mir vorliegende Material den P'achgenossen einigermaassen zu nützen. ') Ks geht ja durch die meisten Arbeiten unserer Mammalogen die Klage über unzureichendes Material, und es werden speciell über die Zahnformeln der Säugethiere sehr viele Angaben mit dem Anspruch positiver Richtigkeit von einem Werke in das andere übertragen , welche bei Berücksichtigung eines ausreichenden Materials leicht als unrichtig oder als nur theilweise richtig erkannt werden können. Herr NeHRING sprach ferner über eine fossile /Sip/i- 7ieus-kvX (Siphneus arvicolinus n. sp. ) aus lacu- strinen Ablagerungen am oberen Hoangho. Siphneus arvicolinus n. sp. foss. Herr L. von Loczy in Budapest schickte mir im vorigen Sommer den fossilen Unterkiefer eines Nagers zur Untersuchung, den er auf seiner in Begleitung des Grafen Bela Szechenyi ausgeführten Reise neben vielen anderen P'ossilien gesammelt hat. Der Unterkiefer stammt aus den mächtigen lacustrinen Ablagerungen, welche Herr v. Loczy am oberen Hoangho entdeckte. Ich habe mich bemüht, die betrettende Nagerart mit einer noch lebenden zu identificiren; es ist mir aber bisher nicht gelungen, und ich zögere deshalb nicht mehr, eine neue Species darauf zu gründen. Nicht in jedem Falle wird ein blosser Unterkiefer, der noch dazu seine Fortsätze eingebüsst hat, 1) RüTiMEYER hat in seinem oben citirten Werke über die natür- liche Geschichte der Hirsche die Wichtigkeit solcher Mittheilungeu mehrfach betont. 20 Gesellschaft naturfoi^schender Freunde. hierzu ausreichend sein; in dem vorliegenden Falle jedoch zeigt das uns erhaltene fossile Kieferstück so bedeutende Form- und Grössen -Differenzen gegenüber den nahestehenden Arten, dass es unmöglich ist, die durch dasselbe repräsentirte Species mit den letzteren zu vereinigen. In den nachfolgenden Holzschnitten habe ich die wich- tigsten Anhaltspunkte für die Bestimmung des Fossilrestes andeuten lassen; abgesehen von der Backenzahnreihe, sowie denen der verwandten Arten, welche möglichst correct wieder- gegeben sind, lassen die Zeichnungen Einiges zu wünschen übrig. Herr v. Löczy wird vermuthlich den Kiefer noch anderweitig zur Darstellung bringen. Betrachten wir die aus drei Zähnen bestehende Backen- zahn reihe, so erkennen wir sofort, dass wir es mit einem ^rmcoZa-ähnlichen Nager zu thun haben; die einzelnen Zähne setzen sich aus sogenannten Prismen oder Schmelzschlingen zusammen, ähnlich wie wir sie bei den zahlreichen Arten der Gattung Arvicola in so charakteristischer Weise finden. Von den echten Arvicolen unterscheiden sich aber die Backenzähne unseres fossilen Kiefers dadurch, dass die einzelnen Schmelz- prismen nur nach der Innenseite des Kiefers scharf und deutlich vorspringend gebildet sind, während ander Aussenwand der Zähne das Schmelzblech nur wenige, flache Krümmungen zeigt. Dieses ist nach Brandt (Craniol. Ent- wickelungsstufen der Nager, pag. 211) ein Hauptkennzeichen für die Gattung Siphneus, während bei den eigentlichen Arvi- colinae (inclusive Fiher zihethicus) die Schmelzschlingen sowohl nach innen, als auch nach aussen scharf hervortreten und in einer Medianlinie abwechselnd aneinander gereiht sind. In der That finden wir dieses Verhältniss der Schmelz- prismen an den Backenzähnen der einzelnen Siphneus - Xri^n durchweg deutlich ausgebildet; nur S. psilurus (Fig. D) scheint eine Ausnahme zu machen und sich den Arvicolinae stark zu nähern. Die Zahnreihe des fossilen Kiefers zeigt das für die Gat- tung Siphneus als charakteristisch bezeichnete Verhalten der Schmelzprismen sehr deutlich, ebenso oder noch mehr, als Siphneus aspalax (vergl. Fig. E und besser noch Milne Edwards, Sitzung vom 20. Februar 1883. 21 Fig. A, B und C Siphneus arvkolinm n. sp. foss. Fig. A Seiten- ansicht des Unterkieferfragments von aussen in natürl. Grösse. (Die Darstellung ist nicht sehr gelungen; der Knochen müsste glatter und die Ansatzfläche für den Masseter plastischer erscheinen.) Fig. B Seiten- ansicht von innen. Die Lage des Nagezahns ist nicht genügend ange- deutet. Nat. Gr. Fig. C Ansicht von oben, in doppelter Grösse, um die Backenzahnreihe möglichst deutlich zu zeigen. - Fig. D Backen- zahnreihe des rechten Unterkiefers von Siphneus psilurus nach Milne Edwards, etwa 4 fach vergrössert. i) — Fig. E Dasselbe von einem sehr alten Exemplare des Siphneus aspalax nach Brandt, etwa 3 fach ver- grÖKsert. -) — Fig. F Dasselbe von Siphneus Armandii nach Milne Ed- wards, 4 fach vergrössert. 3) ^) Milne Edwards, Rech, sur les Mammiferes, 1874, Planche 9A, Fig. 9. -) Brandt , Crauiolog. Entwickelungsstufen der Nager der Jetztzeit, Taf V, Fig. 14. 3) Milne Edwards, a. a. 0., Planche 9, Fig. 4. 22 Gesellschaft uaturforschender Freunde. Rech, sur les Mamniiferes , PI. 9, Fig. 12, wo die Zahnreihe eines jüngeren Si^ihn. aspalax dargestellt ist)'); auch ^S'. Ar- mandii (Fig. V) und S. Fo7itanerii (Milne Edwauus, a. a. 0. PI. 9, Fig. 8) lassen die oben beschriebene Eigenthünilichkeit der Backenzähne gut erkennen. Ich glaube hiernach die durch den vorliegenden Unter- kiefer repräsentirte Nagerart der Gattung Siphneus Buants (= Myospalax Laxmann) zuweisen zu müssen, einer (/attung, auf deren Vergleichung mich Herr Prof. Petkus bei Betrach- tung des Fossils aufmerksam machte. Wir hätten somit den vorliegenden Unterkiefer einer noch jetzt in Central - Asien lebenden Nagergattung zugewiesen; was aber die Art anbe- trifft, so scheint dieselbe ziemlich weit von den bisher mir be- kanntgewordenen *SV;;Äne'?/.s-Species abzuweichen, so dass es mir unmöglich ist, sie mit einer derselben zu identificiren. '^) Zu- nächstsind wichtige Form -ün t er schiede vorhanden, wie jeder erkennen wird, der die einzelnen Backenzähne genau mit denjenigen der schon beschriebenen Arten vergleicht. Es zeigt sich dieses ganz besonders an dem ersten Backenzahne. (Dieser ist zwar an dem Fossil etwas verletzt, indem die vordersten Prismen an der Kaufläche lädirt sind; aber der vorhandene Theil dieser Prismen, welcher die Alveole noch überragt und genau der Form des weggebrochenen Stücks entspricht , lässt uns die ursprüngliche Form des ganzen Zahnes mit absoluter Sicherheit erkennen. Von der Kaufiäche aus betrachtet, er- scheint der Zahn durch die Verletzung überhaupt nicht ver- ändert; nur in der Seitenansicht fehlt ihm Etwas.) Der vor- derste Backenzahn besitzt an der Innenseite vier scharf 1) Man vergleiche auch die Backenzahnreihen, welche Cherskey im Bull. Natural, d. Moscou, 1873, 1, Taf. V. von Siplineus aspalax und von seinem Siphneus Dybou-skU n. sp. geliefert hat. Nach diesen Ab- bildungen, sowie nach dem zugehörigen (russischeu) Texte, dessen Verständniss Herr Dr. Arzruni mir freundlichst eröffnet hat , scheint mir Siphneus Dyhowskii. eine Siphneus- Art, welche von Herrn Cherskey auf zwei jüngere, aus Daurien stammende Thiere begründet ist , dem Siphneus aspalax sehr nahe zu stehen. ') Von Siphneus fuscocapillus (Blyth, Journ. Soc. Beng. 1846, 15, pag. 141) weiss ich leider nichts Näheres über die Beschaffenheit des Gebisses. Sitzuny vom 20. Februar i883. '23 vorspringende Schmelzprismen und an seinem Vorderende eine ziemlich weit vortretende schmale Schmelzschlinge; bei den übrigen Siphneas -ArtQn finde ich nur drei nach innen vor- springende Schmelzprismen und am Vorderende des Zahns eine ziemlich breite, stark abgerundete Schmelzschlinge. Der vor- derste Backenzahn des fossilen Kiefers ist also wesentlich stär- ker ausgebildet und complicirter gebaut, als bei den recenten Siphneus-AYiQv\\ er nähert sich in seiner Form sehr bedeutend dem 1. Backenzahn der Arvicolen. Sehen wir ab von der ge- ringen Ausbildung der äusseren Prismen, so ist eine grosse Aehnlichkeit mit dem entsprechenden Zahne von Arvicola amphibius vorhanden. Auch im Uebrigen zeigt der Kieferknochen manche Form- verhältnisse, welche mehr an die Arvicolen (zumal an ^Irvicola amphibius) als an Siphneus erinnern. So z. B. ist der Winkel- P'ortsatz (der leider weggebrochen ist, dessen Ansatzstelle man aber mit ziemlicher Sicherheit feststellen kann) weiter nach hinten angesetzt, als bei Siphneus; ferner erkennt man am unteren Rande des fossilen Kiefers eine (theilweise wegge- brochene) Hervorragung, welche ähnlich, wenn auch schwächer, bei Fiber zibethicus vorkommt, bei den Siphneus- Arten dagegen nicht immer vorhanden zu sein scheint. Auf Grund der genannten Aehnlichkeiten mit den eigent- lichen Arvicolen gebe ich der vorliegenden fossilen Siphneus- Art den Species-Namen „arvicolinus". Ich bemerke noch, dass die Backenzähne, wie man aus den starken Alveolar-Wülsten an der Aussenwand des Kiefers erkennen kann, sehr tief in den Kiefer hineinreichen und offen- bar der Wurzeln entbehren ; sie haben ersichtlich die Bildung der echten Jrvicola-Zä.\me^ denen ja auch die Siph?ieus-Zähne sehr ähneln. Der im Querschnitt elliptische Nagezahn zieht sich in bedeutender Stärke durch den ganzen Kiefer hindurch. Er ist vorn und hinten abgebrochen; sein hinterer Theil hat sich offenbar, als der Kiefer noch unverletzt war, in den Gelenk- fortsatz hinauf erstreckt. In der Grösse übertrift't Siphneus a r v icolin us alle mir bekannten Siphneus- Arten um ein Bedeutendes. Die Zahn- 24 Gesellschaft naturforschender Freunde. reihe, welche bei S. Dijhowskii etwa 9, bei S. aspalax 9 — 10 mm, hQ\ S. psüurus, S. Armandil, S. Fontanerii durchweg 11 — Timm lang ist, misst bei unserer fossilen Species 19 mm; der erste Molar hat eine Länge von 8, der zweite von 6, der dritte von 5 mm. Diesem Grössenverhältnisse entsprechen auch die übrigen Dimensionen des Kiefers. Was den Erhaltungszustand des Kiefers anbetrifft, so bemerke ich, dass er einen Grad von Fossilität zeigt, wie ich ihn von diluvialen Knochen nicht kenne; stammte er aus Deutschland, so würde ich ihn für tertiär, und zwar jung- tertiär halten. Die Petrificirung ist ziemlich weit vorge- schritten, und es haften an mehreren Stellen der Kieferwand, sowie auch zwischen den Prismen der Backenzähne, Reste eines weisslichen, festen Gesteins. Herr von Loczy schrieb mir bei üebersendung des Kiefers, dass von der eventuellen Identifici- rung des vorliegenden Nagers mit einer schon bekannten Art möglicherweise die Altersbestimmung eines 1000 m mächtigen Schichtencomplexes abhänge. Da ich nicht im Stande gewesen bin, eine solche Identificirung mit einer ihrem geologischen Alter nach bekannten Species durchzuführen, so kann der vor- liegende Fossilrest, so interessant er auch sonst ist, in dieser Richtung vorläufig nicht verwerthet werden. In thiergeogra- phischer Hinsicht ist das Vorkommen einer fossilen Siphneus- Art in China nicht auffallend, da ja die lebenden Siphneus- Arten noch jetzt in Central- Asien verbreitet sind. Dagegen scheint mir S. arvicolinus in sofern sehr interessant zu sein, als er zwischen den Gattungen Siphneus und Arvicola eine Vermittelung bildet. Nach Trouessart (Catalogue des Rongeurs vivants et fossiles im Bull. Soc. scient. d'Angers 1880, pag. 157) hat Anderson (Anat. and Zool. Res. 1878, pag. 314 ss.) die Ansicht ausgesprochen, dass dem Genus Rhizomys die Stelle zwischen Arvicola und Siphneus gebühre. Ich kann diese Ansicht aber keineswegs billigen, bin vielmehr durchaus der Meinung von Alston und Trouessart, wonach Rhizomys zu den Spalacidae gehört. Dagegen möchte allerdings unser S. arvi- colinus zwischen den Gattungen Siphneus und ^-Jrvicola zu ver- mitteln geeignet erscheinen. Sitzung vom 20. Februar 1883. 25 Herr W. Dames sprach über hornlose Antilopen von Pikermi in Attica. Die an Zahl der Individuen nächst Hipparioii gracile häu- figsten Thiere der Pikermi -Fauna sind die beiden Antilopen Tragocerus amaltheus Wagner sp. und Gazella hrevicornis Roth et Wagner sp. — Gaudry *) sagt, dass er von beiden Reste gesammelt hat, welche sich auf mehr als 50 Individuen ver- theilen. Es ist auffallend, dass unter dieser grossen Zahl kein einziges hornloses, also weibliches Exemplar aufgefunden wurde, denn unter der weitaus geringeren Ausbeute meiner Ausgra- bungen, die ungefähr soviel Wochen währten, wie die von Gaudry geleiteten Monate, haben sich von beiden oben genann- ten Arten Schädel ohne Hörner gefunden. Von Tragocerus amaltheus liegen zwei Exemplare von Schädeln völlig ausge- wachsener Thiere vor, welche in Grösse, in Bezahnung und allen übrigen Merkmalen durchaus mit den Beschreibungen und Abbildungen in Gaudry's Werk übereinstimmen, aber aufs Deutlichste erkennen lassen, dass ihre Stirnbeine keine Horn- zapfen tragen. Gaüdry hat 20 Schädel, alle mit Hornzapfen, aufgefunden und berichtet darüber, dass einer dieser zwanzig um ein Drittel kürzere und schmalere Hörner besitzt, als die übrigen. Er sieht denselben als eine unseren kurzhörnigen Haus- thierracen analoge Varietät an und betont ausdrücklich, dass er die Annahme, es gehöre dieser Schädel einem weiblichen In- dividuum an, nicht theile, denn es sei wenig wahrscheinlich, dass unter den 20 Schädeln nur einer eines Weibchens gefun- den sein sollte (1. c. pag. 283). Dass er in der Deutung dieses Restes Recht hatte, ist jetzt bewiesen, aber die Gründe, auf welche er diese Deutung stützt, sind nicht richtig; denn aus den vorgelegten beiden Schädelfragmenten geht hervor, dass die Weibchen von Tragocerus amaltheus hornlos waren, und somit weiter, dass Gaudry unter jenen 20 Schädeln auch nicht einen einzigen eines weiblichen Thieres gehabt hat. — Die zweite Art, Gazella brevicornis, ist auch von mir in zahlreichen Individuen gesammelt ; allein an Hornzapfen sind über 40 Exemplare vorhanden. Unter diesem Material befindet sich ^) Animaux fossiles et geologie de l'Attique, 1862. pag. 279 u. 299. 2** 2ß Gesellschaft naturfor sehender Freunde. nun auch ein ziemlich vollständig erhaltener Schädel eines ausgewachsenen Thieres mit allen Molaren und Praemolaren, welcher wiederum keine Spur von Hornzapfen auf den Stirn- beinen zeigt. Also auch diese Art hatte hornlose Weibchen. — Bei den lebenden Antilopen ist, wie ich einer von Herrn VON Mautens freundlichst für mich angefertigten Zusammen- stellung entnehme, keine Gesetzmässigkeit bezüglich der Horn- losigkeit der weiblichen Thiere zu erkennen: die Vertreter einer Gattung haben Weibchen mit Hörnern, die einer nahe verwandten Weibchen ohne solche. Wenn Rotimeyer's An- sicht, dass Tragocerus amaltheus am nächsten mit der lebenden Damalis pygarga verwandt sei^), richtig ist, woran ich nicht zweifle, so zeigt letztere in der hier besprochenen Beziehung keine Analogie mit der fossilen Art, da die Weibchen von Damalis Hörner tragen. Für Gazella brecicornis ist aber eine solche Analogie vorhanden; denn Antilope dama, welche Rüti- MEYER (1. c. pag. 83) als den directen Abkömmling der Gazella brevicornis anzusehen geneigt ist, hat, ebenso wie diese, horn- lose Weibchen. Herr A. W. ElCHLER legte Spiritus-Exemplare zweier Rubiaceen vor, welche das botanische Museum kürzlich vom Director des botanischen Gartens zu Buitenzorg auf Java, Herrn Dr. Treüb, erhalten hatte, nämlich Myrmecodia echinata Gaud. und Hydnophytum montanum Bl. Es sind dies die beiden Ameisenpflanzen, von welchen bereits 1750 RüMPHius im Herbarium Amboinense (VI. Bd. pag. 119 t. 55) Nachricht und Abbildungen gegeben hat.-) Die Hauptmerk- würdigkeit dieser Gewächse, die als Epiphyten auf Bäumen [Duno u. dergl.) leben, besteht darin, dass der knollenförmige 1) Die Rinder der Tertiär-Epoche liebst Vorstudieu zu einer natür- lichen Geschichte der Antilopen. (Abhandlungen der schweizerischen palaeontologischen Gesellschaft, 1877 u. 1878, pag. 83.) -') Die meisten Autoren ziehen allerdings die eine der Rumphius'- schen Figuren (Fig, 1) zu Hydnophytum formicarum Jack, doch wird sie von Miquel (Fl. Ind. bat. HI. pag. 309) , wie mir scheint mit Recht, bei Hydn. montanum Bl. untergebracht; über die Identität der Rum- PHius'schen Figur 2 mit Myrmecodia echinata sind die Autoren einig. Sitzung vom 20. Februar 1883. 27 Basaltheil ihres Stammes (wie es scheint, das verdickte Hypo- cotyl-Glied) so regelmässig von Ameisen bewohnt wird, dass man die Pflanzen gar nicht anders als mit diesen Insassen kennt. Die Knollen erreichen fast Kindskopfsgrösse und sind innen von den Ameisen mit labyrinthischen Gängen ausge- höhlt. Schon an der Keimpflanze soll die Anschwellung wahr- nehmbar sein (Blume nach Decakdolle, Prodr. IV. pag. 450); ob sie nach Art von Gallen erst durch die Ameisen hervor- gebracht wird , oder ursprünglich vorhanden ist und von den Ameisen nur benutzt wird,- scheint noch nicht ausgemacht. Nach RüMPHiüS wird die Myrmecodia echinata von rothen, Hydnophytum montanum von schwarzen Ameisen bewohnt; erstere Art heisst daher bei ihm „Nidus formicarum ruber", letztere „Nidus formicarum niger". Ausserdem war Rumphius der Mei- nung, der Knollen sei von den Ameisen selber aus Erde und faulem Holz zurechtgemacht und sprosse dann oben, an- geregt durch die Säfte des das Nest tragenden Baumes, in die Pflanze aus , worüber sich Rümphiüs umsomehr wunderte , als die heraussprossende Pflanze dem tragenden Baume so ganz unähnlich war. Vortragender erläuterte hiernach noch die botanischen Charaktere der beiden Pflanzen. Eine ausführliche Arbeit über dieselben steht demnächst von Herrn Dr. Treub in Aussicht; über Myrmecodia echinata wurde kürzlich (Oesterreich. botan. Zeitschrift 1882, pag. 347 ff".) von Herrn Franz Antoine eine, auch die Geschichte der Art eingehend berücksichtigende Dar- stellung nebst vortrefflicher Abbildung geliefert. Herr W. PETERS legte neue Geckonen, darunter drei Arten von Scalabotes, aus der Sammlung des in Madagascar verstorbenen Reisenden J. M. Hildebrandt vor. Unter den Amphibien , welche sich in der hinterlassenen Sammlung des leider so früh dem Klima erlegenen Reisenden in Madagascar, J. M. Hildebrandt beflnden , fielen mir vier neue Arten der Geckonen auf, welche ich mir erlaube, der Gesellschaft vorzulegen. Es fehlt leider die genaue Angabe 28 Gesellschaft naturforschender Freunde. des Fundorts, aber sie gehören unzweifelhaft dem Centrum dieser grossen Insel an. 1. S calah otes pictus n. sp. Robuster, mit breiterer kürzerer Schnauze und etwas we- niger gestreckten Gliedmassen als Sc. thomensis. Oben braun mit schwarzen und gelben Zeichnungen. Auf der Schnauze, zwischen den Augen, auf dem Nacken schwarze Querlinien, an der Halsseite zwei bis drei derartige Längslinien. Auf dem Halse und dem Körper gelbe, schwarzgesäumte Flecke in un- regelmässigen Querreihen. Aehnliche Flecke auf den Glied- massen. Auf der Sacralgegend und dem Schwänze gelbe, schwarzgesäumte Querlinien. Unten schmutziggelb, am Unter- lippenrande und in der Submentalgegend schwarz punktirt. 2. Seal abotes bivittis n. sp. Zwischen den Nasalschildchen drei kleine Schuppen, hinter dem Mentale drei Schuppen in einer Querreihe; Schnauze zwei ein halb mal länger als das Auge. Oben dunkelbraun, an jeder Körperseite eine von dem oberen hinteren Theile des Auges entspringende ochergelbe Binde , welche auf die Basis des Schwanzes übergeht. Unterseite ochergelb mit schwarz- blau besprengt. Ein einziges Exemplar. 3. Scalabotes Hildebrandti n. sp. Zwischen den Nasenschildern nur eine Schuppe, hinter dem Mentale, dessen hintere Seitentheile kürzer sind, als der mittlere, drei Schuppen; Schnauze zwei mal länger als das Auge. Oben dunkel- und hellbraun marmorirt, an den Seiten dunkler, gelbpunktirt. Gliedmassen quergestreift. Unterseite gelb, dunkel besprengt. Ein einziges Exemplar. 4. Pachtjdacty lus qu adriocellatus n. sp. Eine oder zwei kleine Schuppen zwischen den Nasalia; Rostrale hinten nicht oder ein wenig eingeschnitten; zwischen den ersten drei Paar seitlichen Mentalschuppen fünf bis sieben Sitzung vom 20. Februar 1883. 29 kleinere pentagonale ; 27 bis 29 Femoralporen in einer zusam- menhängenden Reihe; 6 bis 7 Querreihen in einem Schwanz- ringe. Oben schön smaragdgrün, einfarbig oder schwarz punktirt, auf dem Kopfe und dem Halse fein hellblau punktirt. Hinter der vorderen Extremität, am Rande von dem Ellbogen bedeckt, ein grosser runder schwarzer hellblau gerandeter Fleck ; ein anderer, ähnlicher in dem oberen Theile der Schenkelbuge. Unten gelb; eine dunkle violette Linie von der Unterlippe an den unteren Theil des Oberarms, und zuweilen eine schwächere von der vorderen zu der hinteren Extremität. Iris goldroth. Dieser Art scheint P. dubius Bttgr. am nächsten zu stehen. Herr WebSKY sprach über ursprünglich für Beryll gehaltene Krystalle von Sugtoj bei Bertschinsk, welche nach einer vorläufigen Mittheilung von Damoür Bor enthalten. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Leopoldina, XVHI, 23.-24., December 1882; XIX., 1.— 2., Januar 1883. Memoires de l'Academie imper. des sciences de St. Petersbourg, VII. Ser., T. XXX., No. 4, 6, 7, 8. 1882. Atti della R. Academia dei Lincei, Trans. VII., 1. — 2. Roma, 1882—1883. Mittheilungen der zoolog. Station zu Neapel, IV., 1. 1882. Abhandlungen d. naturwissenschaftl. Vereins Hamburg-Altona, VII., 2. 1883. Verhandlungen d. naturwissenschaftl. Vereins Hamburg-Altona, Neue Folge, VL 1881. Bericht über die Senkenbergische naturf. Gesellschaft, 1881/82. Sitzungsber. d. physikalisch-medicinischen Societät in Erlangen, XIV. 1881—1882. 30 Gesellschaft natiirfor sehender Freunde. 10. Jahresbericht d. westfälischen Provinzialvereins. Münster, 1881. Verhandlungen des naturhistor.-medicin. Vereins zu Heidelberg, III., 2. 1882. Bulletin de la Societe zoologique de France 1. — V., 1876 — 80; VI., 1-6, 1881; VII., 1—5, 1882. Memoires de la Societe nation. des sciences natur. de Cher- bourg, XXIII. 1881. Proceedings of the Zoological Society of London, 1879, part I.' Journal of the Royal Microscopical Society of London, Ser. IL, vol. III. part. L, Februar 1883. Notiser ur Sällskapets pro Fauna et Flora Fennica, Heft 3, 1857; 8, 1862; 9, 1868; 10, 1869; 11 u. 12, 1871; 13, 1871^74. Bulletin de la Societe imper. des naturalistes de Moscou, Jahrg. 1881, No. 4; Jahrg. 1882 No. 1 nebst Register für 1829-1881. Nehring, A., The Fauna of Central Europe during the Loess- Period, 1883. Le Jolis, A., Note sur le Myosotis sparsiflora, 1881. Druck von J. F. Starcke lu Berlin. Nr. 3. 1883. Sitzung» - Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 20. März 1883. Director: Herr von Marxens. Herr AUREL KRAUSE sprach über einige Land- schnecken von der Tschuktsclienlialbinsel und aus dem südöstliclien Alaska. Während der Reise, die mein Bruder und ich in den Jahren 1881 und 1882 im Auftrage der Bremer Geogra- phischen Gesellschaft nach der Tschuktschenhalbinsel und Alaska unternahmen , wurde auch eine Anzahl von Land- mollusken gesammelt, deren vollständige Aufzählung mit Rück- sicht auf die wenig bekannte Fauna jener Länder von Interesse sein dürfte. Dieselben stammen aus zwei verschiedenen Ge- bieten , einmal von der asiatischen Küste der Beringstrasse zwischen dem 64. und 66. Breitengrade , dann aus dem süd- östlichen Alaska und zwar grösstentheils aus dem Chilcatgebiet, nördlich vom Lynncanal, zwischen dem 59. und 60. Grad nördlicher Breite. — Die Bestimmung der Hyalina-, Vallonia- und Pupa-Arten hatte Herr Dr. Reinhardt freundlichst über- nommen, und verweise ich für dieselben auf seinen nachfolgen- den Bericht. Die übrigen Arten wurden mit gütiger Unter- stützung des Herrn Prof. v. Marxens bestimmt. Sehr dankens- werth waren briefliche Mittheilungen und Zusendungen von Vergleichsexemplaren durch die Herren W. H. Dall (Washing- 3 32 Gesellschaft naturforschencJer Freunde. ton), A. MoRELET (Dijon), S. Loven (Stockholm), C. A. Westerlund (Ronneby). Die Zahl der auf der Tschuktschenhalbinsel gesammelten Conchylien ist nur eine geringe, wie es auch bei der hoch- arctischen Natur dieser Küste, welche des Baumwuchses völlig entbehrt, und auf der die Vegetationsperiode kaum 3 Monate beträgt, nicht anders erwartet werden durfte. Es wurden folgende 7 Arten beobachtet: 1. Limax hyperhoreus Westerlund. Die von Westerlund (Sibiriens Land och Sötvatten Mol- lusker pag. 21) gegebene Diagnose dieser Art, welche zuerst durch die schwedische Expedition nach dem Jenissei 1875 erlangt wurde, passt völlig auf unsere Exemplare. Ueberdies hat der Autor auch ein ihm übersandtes Exemplar mit Be- stimmtheit als dieser Art zugehörig erkannt, wie denn auch dieselbe an der gleichen Küste, in der Umgebung der Konyam- bai, von den Mitgliedern der Vega- Expedition beobachtet wurde. — Unsere Exemplare stammen von der Bucht von Pooten, woselbst sie sich an grasbewachsenen Abhängen, unter Steinen, nicht selten fanden. 2. Conulus pupula Goüld (?). Nicht gerade häufig an Abhängen der Bucht von Pooten und im Innern der Lorenzbai unter Moos beobachtet. 3. Pupa columella Benz var. Gredleri Clessin. An 3 Fundorten, in der Bucht von Pooten, im Seniavin- Archipel (Ratmanoffshafen) und in der Ploverbai (Emmahafen), zusammen mit den beiden folgenden Arten , doch mehr ver- einzelt, gefunden. 4. Pupa Krauseana Reinhardt. 5. Pupa arctica Wallenberg. 6. Succinea chrysis Westerlund Ms. Nach gütiger Mittheilung von Westerlund ist diese Art, welche auch durch die Mitglieder der Vega-Expedition sowohl von der Küste des Tschuktschenlandes , wie von der gegen- überliegenden des amerikanischen Festlandes aus Port Clarence Sitzung vom 20. März 1883. 33 mitgebracht worden ist, neu und von ihm in einem vorläufigen Bericht an Nohde.nskiöld ihrer goldfarbigen Mündung wegen Succinea chnjsis genannt worden. Sie steht der amerikanischen Succinea lineata Binney nahe, unterscheidet sich jedoch von derselben durch die lebhaft rothe Färbung. Binney's Exem- plare waren allerdings nicht frisch, und ihre Farbe wird deshalb von ihm nur als „probably ashy white" angegeben; doch sind auch ziemlich frische Individuen, die von meinem Bruder bei der üeberlandreise durch Amerika in der Prairie gesammelt wurden (vergl. diese Berichte 1882 pag. 139) von weisslicher oder grauer Färbung. — An der Küste des Tschuktschenlandes ist unsere Art bei Weitem die häufigste Landschnecke. Sie wurde an 6 verschiedenen Localitäten gesammelt und fand sich fast überall zahlreich an grasigen Abhängen. 7. Physa hypnorum \sly. picta n. ■', ^ Testa ovato-oblonga, rimata, castaneo-grisea, fragilis, spira obtusiuscula ; anfractus 6, convexiusculi , fasciolis spiralibus, interdum et longitudinalibus albis, plus minus conspicuis, ornati; columella recta cum pariete aperturali convexo angulum distinc- tum formans. Long. 11mm, lat. 5 mm; aperturae long. 6 mm, lat. 3 mm. Die Exemplare stammen von 2 Fundorten; der eine war eine Süsswasserlache auf der Tundra nördlich von der Lorenz- bai, der andere die verbreiterte Mündung eines in das west- liche Ende der Lorenzbai strömenden kleinen Flusses. — Von der typischen Physa hypnorum unterscheidet sich unsere Form durch die kürzere und mehr gedrungene Gestalt, durch die dunklere Färbung, durch die bei allen ausgewachsenen Exem- plaren erkennbare Zeichnung, welche durch das Auftreten weisser Spiralbändchen und ebenso gefärbter Anwachslinien verursacht wird, durch die mehr convexen Windungen und die dadurch bedingte bauchigere Innenwand der Mündung, welche mit der geraden, der Längsaxe parallelen Columella einen deutlichen Winkel bildet, endlich durch einen feinen Nabelritz. Physa hypnorum ist im nördlichen Sibirien bisher nur durch die var. polaris Westrrlünd vertreten, welche zuerst von MiDDNDORFF auf der Taimyrhalbinsel unter 73 V/ öördl. 3* 3^ Gesellschaft naturforschender Freunde. Br. in einer im Grunde noch mit Eis bedeckten Pfütze ge- funden worden war und später auch von den schwedischen Expeditionen nach dem Jenissei mitgebracht wurde. Diese Physa ist durch ihre nahe der Naht deutlich gewinkelten Win- dungen ausgezeichnet, nähert sich jedoch der unsrigen durch die Form der Mündung. Jüngere Exemplare aus dem Stock- holmer Reichsmuseum , von Schaitanskoy am Jenissei unter 71 ° 52' nordl. Br. stammend , welche ich durch freundliche Vermittelung von Herrn Prof. v. Martens vergleichen konnte, zeigen sich fast nur noch durch die etwas gestrecktere Form verschieden. — In Nordamerika ist Physa hypnorum von Texas und Georgien bis nordwärts zum grossen Sklaven -See ver- breitet, indem die amerikanische Physa elongata Say von der europäischen Art kaum zu trennen ist. Nach brieflicher Mittheilung von Westerlüind wurden von den Mitgliedern der Vega - Expedition an der Küste der Tschuktschenhalbinsel in der Konyambai folgende Landmol- lusken gesammelt: Helix harpa Say, Conulus pupula Goüld (?), Pupa decora Goüld, Succinea chrysis Westerl. , Limax hyper- boreus Westerl. Sonach wird durch diese Funde die bekannte Fauna noch um 2 Arten, Helix harpa und Pitpa decora, vermehrt. Das Vorkommen einer grösseren Helix-Art konnte noch durch Auf- findung eines Bruchstückes an den Bergabhängen im west- lichen Ende der Lorenzbai von uns constatirt werden, da das- selbe jedoch verloren gegangen ist, bleibt die Art zweifelhaft. — Niedere Bergabhänge und geschützte Thalschluchten, die auch einen vergleichsweise üppigen Pflanzenwuchs trugen, bil- deten die ergiebigsten Fundorte, auf dem kahlen Hochplateau und in der einförmigen Tundra wurden keine Landschnecken beodachtet. — Auflfallend ist auch der Mangel an Süsswasser- conchylien ; selbst an geeigneten Stellen im Innern der Buchten sind wir denselben nicht begegnet, ein Umstand, der allerdings wohl in dem Fehlen grösserer Flussgebiete seine Erklärung findet. — An der Küste des gegenüberliegenden amerikanischen Festlandes sind dagegen nach brieflicher Mittheilung von Wester- LüND durch die Mitglieder der Vega - Expedition 2 Limnaea^ 1 Valvata, 1 Planorbis und 5 Pisidium- KxiQn erlangt worden. Sitzung vom 20. März 1883. 35 Aus dem südöstlichen Alaska wurden die folgenden Arten mitgebracht: 1. Ariolimax columbianus Gould. Fundort: Klowak auf Prince of Wales Island. Nach BiNNEY ist die Art durch Washington Territory und Oregon bis nach Californien verbreitet. 2. Helix (Mesodon) columbiana Lea. Häufig unter Erlengebüsch an den Ufern des Lynn-Canals bis zu dessen nördlichem Ende unter 59** 15'; weiter landein- wärts nicht beobachtet. Auch auf der kleinen Insel Killisnoo in der Chatham-Strasse wurden einige Exemplare gesammelt. Nach BiNNEY ist die Art an der pacifischen Küste von Sitka unter 57^ bis nach Santa Cruz in Californien unter 37^ 20' verbreitet. 3. Helix (Fatula) Cronkheitei Newcomb, Proc. Cal. Acad. 1865. Diese Art scheint von Helix striatella, zu welcher sie BiNNEY als Synonym stellt, verschieden zu sein und sich viel- mehr unserer H. ruderata Stüder zu nähern, von der sie sich nur durch ihre geringere Grösse, ihre dunklere Färbung, stär- kere Rippung und die gerundeteren Windungen unterscheidet. Helix Cronkheitei ist zuerst am Klamath Lake und am Mount Shasta auf der Grenze zwischen Californien und Oregon ge- funden worden; v. Martens beschrieb sie auch aus Alaska (Mal.Bl. 1872, pag. 74). — In den Thälern des Chilcatgebietes an feuchten Stellen unter Laub und an Baumstümpfen ver- breitet. 4. Helix conspecta Bland. In den Thälern im Chilcatgebiet unter Laub verbreitet. BiNNEY giebt Helix conspecta aus Californien und Colorado an. Durch freundliche Zusendung von Dall erhielt Herr Prof. von Martens auch einige Exemplare aus Sitka, welche mit den unsrigen völlig übereinstimmen, nur durchschnittlich von ge- ringerer Grösse sind. 3g Gesellschaft naturforschender Freunde. 5. Helix (Acanthinula) harpa Say. Diese circumpolare Art wurde oberhalb der Baumgrenze unter Weidengebüsch nördlich vom Tlehini lat 59" 30' ge- funden. 6. Helix (Vallonia) asiatica Neville, von Pyramid Island, einer kleinen Insel im nördlichen Lynncanal. 7. M acr ocy clis Vancouverensis Lea. An den gleichen Fundstellen wie Helia: columbiana. Nach BiNNEY erstreckt sich das Verbreitungsgebiet dieser Art an der pacifischen Küste von lat 60^ in Alaska bis lat 37° in Cali- fornien. Ausserdem ist dieselbe noch in Idaho und Montana gefunden worden. 8. Zonitoides nitidus Mülldr. 9. Hyalina electrina Gould. 10. ConuUis S t earnsii Bland. 11. Vitrina exilis Morelet. Von Vitrina pellucida soll sich diese Art durch einen schwachen Nabelritz und eine weniger breite Spirale unter- scheiden. Nach Westerlusd, der die Selbständigkeit derselben bezweifelt (Sib. Land- och Sötvatten-Moll. pag. 91), sind auch schwedische Exemplare bisweilen genabelt. 12. Succinea chrysis Westerl. var. Von den auf der Tschuktschenhalbinsel gefundenen Exem- plaren unterscheiden sich diese durch ihre ansehnlichere Grösse, durch eine noch intensivere, fast purpurne Färbung und durch die stärker hervortretenden, weissen, rippenartigen Anwachs- linien. Jüngere Exemplare haben eine grünliche Farbe, welche sich mitunter noch an erwachsenen findet. Auch im Chilcat- gebiet die häufigste und verbreitetste Art; sie wurde selbst noch oberhalb der Baumgrenze gefunden. 13. Pupa muscorum var. L und s tr ö mi Wesh2.rl. 14. Pupa decora Gould. 15. Puj)a columella Benz. var. Gredleri Clessin. 16. Pupa edentula Drp. juv. (?). Sitzung vom 20. März 1883. 37 2 Limax- Arten und 1 Limnaea wurden noch weiterhin gesammelt, liegen aber zur Bestimmung noch nicht vor. So- nach sind im Ganzen 19 Arten im südöstlichen Alaska beob- achtet worden. Die Mehrzahl derselben ist auch weiter nach Süden, bis nach Californien hinein, verbreitet, ein Umstand, der in dem durch die Einwirkung des Kuro - Siwo oder japa- nischen Stromes sehr gemässigten Küsten -Klima seine natür- liche Erklärung findet. Ausserdem mag auch die zusammen- hängende Bewaldung der Küsten und Inseln eine weite Ver- breitung begünstigt haben , während andererseits das Vor- herrschen des reinen Nadelholzwaldes, sowie das einförmige Eruptivgestein des Untergrundes die geringe Mannigfaltigkeit der Fauna erklärt. Herr REINHARDT sprach über die von den Herren Gebrüder Krause auf ihrer Reise gesammelten Pupa-, Hyalina- und Vallonia-kmi^Ji. Es lagen folgende Arten vor: 1. Pupa Drap. a. Pupilla Leach. P. muscorum L. var. Lundströmi Westerlünd (Si- biriens land- och sötvattens Moll. pag. 41), ganz mit der WESTERLUND'schen Diagnose übereinstimmend, zahnlos; von Anuk (Chilkatgebiet). P. lUa7idi Morse (Binney, terrestr. air- breathing Moll, pag. 198, mit Abbildung). Mit dieser Art identificire ich zahl- reiche von Herrn Dr. Arthur Krause am Little Missouri ge- sammelte Stücke; sie sind durchschnittlich 2^4 mm lang und IV2 mm breit, haben 6 massig gewölbte, sehr fein gestreifte, glänzende Umgänge, die durch eine wenig vertiefte Naht ge- trennt sind; die letzte Windung steigt an der Mündung ziem- lich plötzlich auf und hat hinter derselben einen dem äusseren Mundsaum parallelen, weissen Wulst (wie P. muscorum), der sich unten nach rückwärts um den ritzförmigen Nabel herum fortsetzt und allmählich verflacht. Die etwa halbkreisförmige Mündung mit genäherten Insertionsstellen des Mundsaums zeigt 3 Zähne: einen auf der Mitte der Mündungswand, tiefstehend und leistenförmig sich nach innen erstreckend; einen höcker- 38 Gesellschaft naturforschender Freunde. förmigen, bisweilen verschwindenden, am oberen Theil der Columella, ebenfalls tiefstehend ; endlich auf der Basis der Mün- dung, dem Parietalzahn gegenüber, einen kräftigen Gaumen- zahn, der nach aussen am Nacken deutlich durchschimmert. Diese Art steht der europäischen P. triplicata Stüd. sehr nahe, unterscheidet sich jedoch bestimmt von ihr durch be- deutendere Grösse, glattere Oberfläche, weniger gewölbte Win- dungen und eine etwas andere Mündungsform. Neben den Exem- plaren von hornbrauner Farbe kamen nicht selten auch albine Stücke vor. b. Vertigo Müll. Von zahnlosen Vertigines fand sich sowohl auf der asia- tischen Seite (Pooten, Emmahafen, Ratmanoffshafen) , wie auf der amerikanischen (Kluquan) P. columella Benz, in einer schlanken Form, die am meisten der von Clessin in den Malakol. Bl. XX. t. 4. f. 8. gegebenen Abbildung seiner P. Gredleri entspricht. Auf diese Art scheint sich die von Binney (1. c. pag. 219. t. 72. f. 3) gegebene Beschreibung und Ab- bildung der P. Simplex Goüld zu beziehen. — Einige unaus- gewachsene Stücke von der Portagebay scheinen zu P. eden- tula Dr. zu gehören. Unter den bezahnten Vertigo-kxiQn liessen sich 3 Formen unterscheiden, nämlich 1. P. arctica Wallenberg, vom Emmahafen, mit 3zäh- niger Mündung , übereinstimmend mit skandinavischen und Riesengebirgs- Exemplaren. Ferner 2. eine nahestehende Art von etwas schlankerem Bau mit schwach bezahnter, in der Regel nur einzähniger Mündung, die bisher noch unbekannt zu sein schien, und für die ich den Namen P. Krauseana vorschlage. Nach Exemplaren von Pooten gebe ich folgende Beschreibung : P. Krauseana n. sp. Gehäuse rechts gewunden, länglich eiförmig, mit ritzför- migem Nabel, rothbraun, wenig glänzend, die Oberfläche unter der Lupe dicht und fein quergestreift. Umgänge 5, gewölbt, durch eine tiefe Naht getrennt, die letzten 3 ziemlich von gleicher Breite, doch allmählich und regelmässig an Höhe zunehmend, der letzte etwa Vö der Höhe des ganzen Gehäuses Sitzung vom 20. März 1883. 39 einnehmend, vor der Mündung nicht ansteigend. Mündung so hoch wie breit, Columellarrand fast senkrecht, oben umge- schlagen, nach innen verbreitert; Aussenrand an der Insertions- stelle etwas winkhg, Unterrand halbkreisförmig. Auf der Mündungswand steht tief nach innen , hinter dem die Mund- ränder verbindenden Schmelzbelag, ein schwacher, kurzer Zahn, während die Columella zahnlos ist. Hinter der Mündung zeigt sich bisweilen eine sehr schwache Andeutung eines dem Aussen- rande parallelen Wulstes. Höhe 2,2 mm; Breite 1,2 mm. — Die Herren Krause sammelten die Art bei Pooten , an Ab- hängen an der Lorenzbai, und am Ratmanoffshafen. Nur bei wenigen Exemplaren zeigte sich auf der Columella eine schwache höckerförmige Erhebung. Die Art steht in der Bezahnung der grönländischen P. Hoppei Möller nahe; letztere unterscheidet sich jedoch durch plumpere, bauchigere Gestalt, hellere Fär- bung, glattere und glänzende Oberfläche und grössere Durch- sichtigkeit. Die 3. Form, aus Alaska, entspricht ganz und gar der P. decora Gould (BiNNar 1. c. pag. 201. t. 71. f. 3). Ausser den 4 Zähnen (1 auf der Mündungswand, 1 auf der Columella, 2 im Gaumen) tritt bei vielen Exemplaren neben dem Pa- rietalzahne rechts und etwas weiter nach vorn noch ein kleiner Höcker auf, wie solchen Binney 1. c. auch abbildet. Nach der von MoRELET (Journ. Conch. VII., 1859. pag. 9) gegebenen Beschreibung seiner P. borealis von Kamtschatka vermuthe ich, dass diese Art mit P. decora Gould identisch ist; in dieser Meinung bestärkt mich noch der Umstand, dass von der Vega- Expedition auch von der asiatischen Seite (von Konyafnbai) Exemplare mitgebracht sind, die durchaus mit P. decora über- einstimmen, wie ich mich. Dank der Güte des Herrn Krause, an von Westerlund übersandten Stücken selbst überzeugen konnte. Die Herren Krause sammelten diese Art an der Por- tagebay, bei Killisnoo, Kätlrachiä, Kluquan, im unteren Dejä- thale und auf Pyramid-Island. 2. Hyalina Gray. a. Zonitoides Lehm. ff. nitida Müll. (= H. hydrophila Say) von Kluquan, mit der europäischen Art übereinstimmend. 4.Q Gesellschaft naturforschender Freunde. b. Euhyalina. H. electrina Gould (ob genau identisch mit H. radia- m/a Ald.?) von zahlreichen Fundorten in Alaska, theils in der hornbraunen Varietät (Kluquan, Portagebay, Seductionpoint), theils albin (Portagebay, Anuk, Kätlrachiä, Killisnoö, Kluquan). Die Exemplare von Kluquan zeichnen sich durch ihre bedeu- tende Grösse aus; das grösste Stück hat 5,5 mm im grossen, 4,5 mm im kleinsten Durchmesser. Herr Arthur Krause sammelte dieselbe Art (hornfarben) bei St. Paul (Minnesota). c. Conulus MoQ. Tand. Der Vortragende constatirte zunächst, dass unter der ein- heimischen als Typus geltenden H. fulva M. 2 von einander ver- schiedene Formen zusammengefasst werden , die sich durch Gestalt, Farbe und Wohnort unterscheiden. Die eine, H. fulva s. Str., ist hellhornfarben , verhältnissmässig breiter, hat ge- kielte Windungen, auch die letzte zeigt noch einen deutlichen Kiel, die Unterseite ist vollkommen glatt und glänzend; die Schnecke lebt in Wäldern zwischen dem feuchten Laub. Die zweite Form ist dunkler gefärbt, bräunlich gelb, sehr glänzend, die Höhe kommt der Breite fast gleich, die Windungen sind runder, der Kiel verschwindet fast ganz, die Mündung ist we- niger breit, aber höher als bei voriger, die Unterseite zeigt deutliche Spiralstreifung. Diese Form findet sich auf Wiesen und mag als H. ijraticola bezeichnet worden. — Die Herren Krause haben aus dieser Gruppe 2 Formen mitgebracht, die sowohl von den vorstehend genannten Arten, als auch unter einander verschieden sind. Die eine asiatische Art, von Pooten, zeichnet sich durch stärker gewölbte Unterseite und die stumpf- kegelförmige Oberseite mit flachen, wenig gewölbten, breiten Windungen aus; ein stumpfer Kiel trennt beide Seiten, die sich an Höhe fast gleich kommen. Das ganze Gehäuse ist breiter als hoch (ca. 3 mm breit, 2 mm hoch); die wenig glänzende Oberseite zeigt feine Radialstreifen, die sehr glän- zende Unterseite ebenfalls nur Radial-, keine Spiralstreifen; der sehr enge Nabel ist durch den umgeschlagenen Columellar- rand verdeckt. Diese Art, mit welcher die von Morelet 1. c. als H. fulva von Petropaulowski in Kamtschatka angeführte Sitzung vom 20. März 1883. 41 Schnecke im Wesentlichen übereinstimmt (nach Autopsie der Originale von Morelet), dürfte wohl zu der von Gould auf- gestellten H. pujnila (von Hakodate) gehören, die ich zwar nur aus der PFEiFFEu'schen Beschreibung kenne , die aber gerade durch flache Windungen ausgezeichnet sein soll; sie mag also einstweilen fraglich als H. pujnda Gould bezeichnet werden. — Was die amerikanischen Co?mZws- Arten anbetrifft, so ist hervorzuheben, dass keine derselben, wenigstens soweit ich Exemplare zu mustern Gelegenheit hatte, mit der europäi- schen Art übereinstimmt. H. chersina Say, welche Binney, I.e. pag. 125, mit fJ. fulva identificirt, ist durchaus davon ver- schieden durch die viel engeren Windungen, die durch eine gerandete Naht getrennt sind, durch die stark ku- gelig gewölbte, sehr hohe Unterseite und die sehr flach conische Oberseite; diese Art scheint auf den Osten Nord- amerikas beschränkt zu sein. Die von den Herren Krause gesammelten Conulus aus Alaska, mit denen ein paar im hie- sigen Museum befindliche, als H. chersina bezeichnete Stücke aus Californien übereinstimmen, nähern sich in der Gestalt der oben beschriebenen N. praticola, sind aber viel grösser (ausgewachsene Exemplare von Kluquan messen 4 mm Breite und 3 mm Höhe), heller gefärbt, weniger glänzend, weil die Windungen eine äusserst feine und dichte Radialstreifung zei- gen, die der Oberfläche Seidenglanz verleiht; die gewölbte Unterseite zeigt keine Spiralstreifung, der letzte, sehr stark überwiegende Umgang ist abgerundet mit kaum bemerkbarem Kiel. Ich bin der Ansicht, dass diese Art identisch ist mit der von Binney I.e. pag. 128 angeführten H. Stearnsi Bland, deren Beschreibung und Grösse gut darauf passt; auch der Fundort der letzteren, Astoria in Oregon, reiht sich den oben genannten an, so dass diese Art der westliche Repräsentant der Gruppe in Amerika zu sein scheint. Die Herren Krause sammelten Exemplare bei Kluquan, am Tlehini, im unteren Dejä- thale, an der Portagebay, bei Anuk, Killisnoo, endlich auch am Little Missouri. — Den beiden besprochenen Conulus-Arten gesellt sich im Gebiet der Vereinigten Staaten, ausser der von Binney angeführten westindischen H. Gundlachi Ffr., noch eine weitere, bisher unbeschriebene Art zu, die ich C. trochulus 4.2 Gesellschaft naturforschender Freunde. nennen will, und von der ich nach Stücken, die dem hiesigen Museum aus Texas von Boll zugekommen sind, folgende Be- schreibung gebe: Gehäuse spitz conisch, unterseits flach, hellhornfarbig, eng gewunden; Windungen 7, scharf gekielt, durch sehr feine und dichte radiale Streifung seidenglänzend, unterseits glasglänzend mit sehr feiner, spiraler Streifung. Die Windungen erscheinen an der Oberseite fast treppenartig abgesetzt ; jede folgende legt sich genau an den scharfen Kiel der vorhergehenden an; die Naht ist tief und fein gerandet. Der enge Nabel wird durch den umgeschlagenen Columellarrand vollkommen verdeckt. Mün- dung schmal trapezförmig, Columella senkrecht herabsteigend, Aussenrand mit dem Unterrand unter einem Winkel (am Kiel) zusammenstossend , Unterrand gleichmässig und schwach ge- krümmt , der Mündungswaud parallel. Grösste Breite 3, kleinste 2,6 mm, Höhe 2,5 mm. — Die Art steht der H. acu- tangula Ad. aus Japan sehr nahe, unterscheidet sich jedoch durch grössere Breite bei geringerer Höhe, durch die fein ge- randete Naht und durch etwas stumfere Spitze. 3. Vallonia Risso. 2 Arten haben die Herren Krause in Amerika gesammelt. Die eine, von Pyramid- Island, steht bis auf etwas geringere Grösse (2,5 mm Durchmesser) einer central-asiatischen Form, die von Nevill (scientific results of the second Yarkand mis- sion 1877. pag. 4. No. 7) als Helix costata var. Asiaiica aufgeführt wird, so nahe, dass sie wohl damit identificirt wer- den kann. Es ist jedoch zu bemerken, dass diese Form in der Berippung und den Mündungsverhältnissen von der typischen H. costata durchaus verschieden und wohl eher zu H. ladacencis desselben Autors (1. c. pag. 4. No, 8) zu stellen ist. — Die zweite am Little Missouri gesammelte Art steht unserer H. costata näher, unterscheidet sich jedoch durch weniger hohe, dichter stehende Rippen und weniger schiefe, in die Quere verbreiterte Mündung. Sie möge Vallonia gracilicosta genannt werden mit folgender Beschreibung. Gehäuse flach gedrückt mit wenig hervorragender Spitze, weit genabelt, von weisslich grauer Farbe. Windungen S'/o, Sitzung vom 20. März 1883. 43 gewölbt, durch eine tiefe Naht getrennt, mit feinen, aber deut- lichen Rippen ziemlich dicht besetzt; letzter Umgang um den Nabel herum schwach kantig, nach der Mündung zu stark erweitert, an derselben schwach absteigend. Mündung massig schief, quer oval mit stark ausgebreitetem und breit weiss- gelipptem Peristom, wenig gebogenem Ober- und stärker ge- bogenem, fast stumpfwinkligem Unterrande. Mundränder an der Insertionsstelle genähert und durch eine Schwiele ver- bunden. Durchmesser 2,5 mm, kleiner 2 mm, Höhe etwa 1 mm. Der Vortragende legte im Anschluss an diese Arten noch eine von Möllendorpf auf dem Powantschan in China (Prov. Chili) gesammelte neue Vallonia vor, unter dem Namen V.pa- tens. Gehäuse klein, flach, mit kaum hervorragender Spitze, sehr weit perspectivisch genabelt, grauweiss. Umgänge 3V2> etwas niedergedrückt, massig an Breite zunehmend, durch eine tief eingesenkte Naht getrennt, und mit entfernt stehend häu- tigen Rippen besetzt; der letzte vor der Mündung kaum herabgebogen. Mündung sehr schief, quer oval, mit ausgebo- genem, aber kaum verdicktem Mundsaum; Oberrand fast gerade, Unterrand gleichmässig gebogen, Insertionsstellen der Mund- ränder einander genähert. Durchmesser 2 mm, Höhe kaum 1 mm. — Die Art erinnert in der Berippung an H. costata, unterscheidet sich jedoch von derselben durch geringere Grösse, weiteren Nabel und schiefere Mündung mit leicht verdicktem Mundsaum. Sie findet sich auf dem Powantschan in Gesell- schaft der H. tenuilahris A. Bh. , einer Art, die im nord- östlichen Asien eine weite Verbreitung zu haben scheint, während sie in unseren Gegenden sich nur fossil im pleisto- cänen Löss findet. Diese Thatsache schliesst sich in interes- santer Weise an die Resultate der NEHRiKo'schen Forschungen über die Wirbelthierfauna des Löss an. Herr HiLGENDORF legte einige Larvenformen von Knochenfisclieii vor. Ein IIV2 mm langer Cephalacanthus (Zool. Mus. Pisces 12051) dürfte als Jugendform des Dactylopterus orientalis C.Y. anzusehen sein. Von dem entsprechenden Stadium des D. vo- litans L. , dem Cephalacanthus spinarella, den Lütken in den 4.4 Gesellschaft naturforschender Freunde. Spolia atlantica Taf. 1 (1880) in verschiedenen Grössen von 8 mm aufwärts abbildet, ist das Exemplar leicht zu unter- scheiden dadurch, dass an den Präoperkulardornen keine nach vorn gerichteten und stark ausgebildeten Stacheln auftreten, auch ist der Vordertheil der ersten Dorsalflosse deutlich höher als bei C. spinarella , ein Charakter, der ebenfalls gegen die Bestimmung als volitans spricht. Die anderen, dem orientalis hierin ähnlichen Arten sind ostindisch und von Afrika, in dessen Meeren (wahrscheinlich bei Zanzibar) das in Rede ste- hende Exemplar gefangen wurde , nicht bekannt. Dicht vor dem oben erwähnten Stachel steht ein einfacher nach vorn gekrümmter, halb nach unten und aussen gerichteter Dorn. — Aus den Sammlungen des Dr. 0. Fl^^scH und zwar von Jaluit erhielt das zoologische Museum eine grössere Zahl von jungen Acanthurus, die durch mangelnde Färbung der hinteren Körperhälfte, das Silberquerband über den Vorderkörper und die Verticalriefung der Haut bei mangelnder Beschuppung der- selben sich als Angehörige der früheren Gattung ^-Icronurus, erweisen. Ein Theil derselben fällt sofort durch 4 — 6 dunkle Verticalstreifen auf, und vermöge dieses nur einer einzigen Acanthurus - Axt ^ dem A. triostegus L., zukommenden Cha- rakters ist von vornherein die Wahrscheinlichkeit artlicher Identität verbürgt. Es hat sich aber auch eine recht voll- ständige Reihe von Exemplaren (Mus. Zool. Berl. 11571, 11572) herstellen lassen, in der das allmähliche Auftreten des grauen, undurchsichtigen Pigments, das Verschwinden des Silberbandes und der Riefen aufs Klarste sich verfolgen lässt. ßemerkens- werth bei dieser Metamorphose ist die geringe Grösse der Indi- viduen der Reihe, die sämmtlich 3 cm Länge nicht über- schreiten, aber andererseits auch nicht unter 2V2 cm hinunter- gehen. Wenn von anderen Arten ^^cronun^s - Formen fast bis zur doppelten Grösse bekannt sind, so findet diese Verschie- denheit jedenfalls in der geringeren Grösse des erwachsenen A. triostegus seine Erklärung. Die Unterbringung der anderen Acronurus, welche Herr Finsch in der Südsee gesammelt, ist nicht geglückt. — Die früheren Stadien der Gattung Naseus bildeten ehedem die Gattung Keris. Von der dritten nahe- stehenden Gattung Prionurus sind bisher keine Jugendzustände Sitzung vom 20. März 1883. 45 beschrieben worden. An der Ostküste der Hauptinsel Japans, Konto, unweit Tokio, fing ich seiner Zeit ein 3 cm langes Fischchen, das ausser dem bei den Acronurus zu beobachten- den comprimirten, starken, nach vorn gerichteten Schwanz- stachel noch zwei feinere rundliche , gerade nach auswärts schauende Dornen vor dem genannten erkennen lässt; noch weiter nach vorn deutet ein vierter dunklerer Fleck vielleicht die Stelle des vierten späteren Stachels an. Diese Schwanz- bewaffnung ist für den in dortiger Gegend nicht seltenen Prio- nurus scalprum C. V. ganz charakteristisch , so dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das vorliegende Thier als das Acro- nurusStad'mm desselben betrachten dürfen. Der zweite Dorsal- und Analstachel ist ansehnlich verlängert , länger als die Schnauze, und auch der dritte D.-Stachel ist noch grösser als die folgenden. Die Flossenzahlen sind: D. Vss^ A. 722- Die Analis und Dorsalis sind schwärzlich, ebenso ein Verticalstreif vor der Schwanzflosse und über dem Auge; das Silberband, unterhalb des Auges bis zur Bauch- und Afterflosse ziehend, entspricht ganz dem von Acanthurus- Jungen. Die Hautriefen sind weniger regelmässig als bei letzteren und mit zahlreichen Stacheln besetzt. (Zooh Mus. 12053.) Herr BEYRICH erwähnte im Anschluss an seine Mitthei- lung in der Januar -Sitzung (pag. 3), dass eine Natica mit gleichem Einschnitte auch in Chile gefunden und von Prof. R. A. Philippi als eigene Art, N. Atacameiisis , die eben nur durch diesen Einschnitt von der lebenden N. über Orb. unter- schieden sei , an die hiesige palaeontologische Sammlung mitgetheilt wurde; ohne Zweifel ist dieser Eindruck auf die- selbe Weise entstanden, wie bei der deutschen Natica ha?i- toniensis. Herr v. MARXENS zeigte von Dr. Wilh. Müller erhal- tene Stücke von /Juccinum undatum vor, welche an der Spindelsäule ähnliche Löcher aufweisen, die von einer recenten Cirripeden - Gattung Alcippe gemacht werden. Die Löcher sind tiefer im Innern der Schale, so dass sie von aussen ohne Zertrümmerung nicht zu sehen sind , und da die vor- 46 Gesellschaft naturforschender Freunde. liegenden Schalenstücke Spuren eines Ueberzuges von Hy- dractinia zeigen , welche nicht auf dem lebenden Buccinurn, sondern nur auf dessen von Einsiedlerkrebsen bewohnten Scha- len vorzukommen pflegt, so ist es möglich, dass auch die Alcippe in die leere, nicht in die lebende Schale sich einbohrt. Derselbe führte ferner mit Bezug auf einen von Prof. Nehring der Gesellschaft mitgetheilten Aufsatz über die Fauna Central - Europa's in der Lössperiode (Geological Magazine, Febr. 3883) aus, dass die im Löss vorkommenden Land- schnecken allerdings nicht als Zeugen für damalige Bewaldung angeführt w^erden dürfen , indem gerade die häufigsten unter ihnen , Helix hispida und Pupa muscorum , keineswegs Wald- bewohner sind , sondern an verhältnissmässig trockenen Orten unter Steinen vorkommen, beide z. B. früher am Fusse der Stadtmauer von Berlin, anderswo auch in Steinbrüchen. Selbst die im Löss so zahlreiche Succinea oblonga lebt entgegen den anderen Arten derselben Gattung auch an ganz trockenen Stellen, sonnigen Abhängen, Kalkfelsen u. dergl., wie von Dr. KoBELT u. A. in den Malakelogischen Blättern 1870. pag. 182 und 187L pag. 49 näher auseinandergesetzt ist. Namentlich in unserer Mark findet sich Succinea oblonga mit f/elLv striata und Bidiminus tridens, beides Schnecken , die auch im Löss vorkommen , gerne auf dürren Abhängen von Diluvialab- lagerungen. Auch die Landschnecken, welche Herr von RiCHTHOFEN im chinesischcu Löss gefunden , Helix Orithyia, Richthof eni und pyrrhozona, deuten schon durch Streifung und Dicke der Schale auf trockenen Standort und in der That ist auch die zweite von Herrn v. Richthofen lebend auf dürren Kalkhügeln in der Provinz Shantung, die dritte von Herrn Friedel und Schottmüller an der chinesischen Mauer in der öden Umgebung von Ninghai (Golf von Petscheli) gefunden worden. Druck vou J. F. Starcke lu Berlin. Nr. 4. 1883. Sitzuiigs - Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 17. April 1883. Director: Herr P. Ascherson. Herr MaonuS theilte im Anschluss an die Mlt- theilung, die Herr Fritsch über das Auftreten der alten schwarzen Hausratte, Mus rattus L., auf der Pfaueninsel bei Potsdam in diesen Be- richten 1877 pag. 18 gegeben bat, einige neuere Beobachtungen über ihr Auftreten in Mittel- deutschland mit. Schon Herr Prof. Dr. Fr. Thomas theilt in der Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, 53. Bd. (1880), p. 420 bis 424 mit, dass Herr Superintendent A. Harter seit 1876 Mus rattus L. in Scheuern und auf Kornböden bei Körner (östlich von Mühlhausen, zu Sachsen-Gotha gehörig) angetroffen hat. Weiteres über ihr Vorkommen in Mitteldeutschland theilte Herr Oberlehrer Dr. F. Ludwig dem Vortr. mit. 1879 wurde die schwarze Ratte, Mus rattus L. in Münsterland an Orten gefunden, wo kurz zuvor nur die Wanderratte, Mus decumaTius, bekannt war. Diese Entdeckung veranlasste Herrn Dr. Ludwig zu weiteren Nachforschungen, und es ergab sich, dass die schwarze Hausratte , Mus rattus L. , in der Papiermühle des Herrn Günther bei Greiz auf dem mit Holz und Stroh ge- füllten Boden des Wohnhauses , sowie in einem unter der 4 ^g Gesellschaft natur forschend er Freunde. Scheune befindlichen Keller noch häufig ist, während die Wanderratte in dem nahe gelegenen Maschinenhause vorkommt. Die GüNTHEii'sche Papierfabrik liegt von der Stadt Greiz etwas entfernt. Es muss dort von jeher viele Ratten gegeben haben; denn in einer alten Nummer der „Fliegenden Blätter" findet sich bereits eine darauf bezügliche Jagdgeschichte mit der Ueber- schrift „Was der alte Günther von seinen Ratten erzählt". Der Vater des jetzigen Besitzers der Fabrik, ein Oberförster, erzählt darin , wie seine Ratten nach Zwickau ausgewandert seien und dort ein ganzes Waarenlager aufgefressen hätten, was sich aber auf die Wanderratte beziehen könnte. Ferner sah Herr Dr. Ludwig in den Strassen der Greizer Altstadt todte Exemplare von Mus rattus L., welche von Kin- dern hin und her geworfen wurden. Und aus dem Hause des Gerrn H. Schilbach, welches dicht an dem von Wanderratten sehr bevölkerten Grässlitzbache mitten in der Altstadt liegt, wurden ihm gleichfalls wiederholt schwarze Ratten (Mus rattus L.) gebracht, die er in Spiritus gesetzt hat. Von einigen Ge- höften in der Nähe von Greiz und in Dörfern um Greiz ist ihm glaubwürdig über das Vorkommen der schwarzen Ratte berichtet worden, sowie auch aus der Gegend von Gera von Herrn Prof. Liebe, doch hat er Exemplare bis jetzt noch nicht zu Gesicht bekommen. In diesen Berichten ist überall von Strohböden u. dergl. die Rede, was mit den Berichten aus Körner übereinstimmt. In dem Schilbach'schen Hause kommen beiderlei Ratten gleichzeitig nebeneinander vor. Wenn man den Mittheilungen Greizer Bürger glauben darf, so ist die schwarze Ratte hier und da jetzt wieder häufiger geworden, und sieht es fast aus, als ob sie gegenwärtig im Kampfe um's Dasein der Wanderratte wieder gewachsen wäre. Ferner hat Herr Dr. Ludwig dem Vortr. briefliche Mit- theilungen über das Auftreten des Niptus hololeucus Fald. bei Greiz. Wie bekannt (vergl. z. B. Taschenberg: Practische In- sectenkunde IL, pag. 74, sowie Dr. Wilhelm v. Fricke.n: Naturgeschichte der in Deutschland einheimischen Käfer, p. 217) ist dieser aus Kleinasien stammende Käfer in Europa, und Sitzunii vom, 17. April 1883. 49 speciell in Nord- und Westdeutschland in jüngerer Zeit ein- gewandert. Derselbe tritt bei Greiz seit 1865 sehr häufig in einigen Wollwaarengeschäften auf. Herr Dr. Ludwig sah die ersten Exemplare 1874. Seitdem ist der Käfer bei Greiz so häufig geworden, dass er dort zu den häufigsten Hausinsecten gehört. Das Wollenzeug, auf dem sich die Käfer gerne auf- halten, wird morsch wie Zunder, und es verlieren die einzelnen Fäden ihren festen Zusammenhang. Der Käfer ist daher eine sehr lästige Plage der dortigen Gegend geworden. Zahlreiche von Herrn Dr. Ludwig zwischen der Wolle gesammelte Exem- plare wurden der Gesellschaft vorgelegt. Herr v. MARXENS bemerkt hierzu, dass auch die Wander- ratte öfters in einer schwärzlichen Varietät vorkomme, welche ohne genauere Untersuchung leicht für Mus rattus gehalten werden kann, und namentlich für diejenigen Fälle, in denen schwarze und braune Ratten in demselben Gebäude vorkom- men, im Auge zu behalten sein dürfte. Da übrigens Mus rattus gerne klettert und sich auf Dächern u. dergl. aufhält, M. de- cumanus mehr Abzugskanäle u. dergl. bewohnt, so ist es allerdings auch möglich, dass beide Arten in einem Gebäude leben und doch räumlich von einander getrennt sind. Herr NEHRINO knüpfte an die Mittheilungen des Herrn Dr. Ludwig einige Notizen über die Verbreitung von Mus rattus und Mus decumanus in der brasilia- nischen Provinz St. Paulo. Mein Bruder Carl, der als Apotheker früher in der Hafen- stadt Santos wohnte, jetzt in der jenseits des brasilianischen Küstengebirges auf der Hochfläche gelegenen Stadt Piracicaba lebt, hat mir aus der Provinz St. Paulo vielfach Schädel, Bälge und Spiritus - Exemplare von Thieren zukommen lassen, dar- unter auch solche von Ratten. Nach seinen Beobachtungen findet man in Santos, wie überhaupt in den brasilianischen Küstenstädten heutzutage lediglich die Wanderratte, Mus decumanus, verbreitet; dagegen ist Mus rattus, die schwarze Hausratte, in Piracicaba und überhaupt in 4* 50 Gesellschaft naturforschender Freunde. den kleineren Städten des Binnenlandes häufig, während Mus decimanus dort entweder fehlt oder doch selten ist. Wahrscheinlich erklärt sich dieses Verhältniss in folgender Weise. Früher, als Mus rattus in Europa allgemein verbreitet war, wurde diese Species von den Schiffen mit nach Brasilien hinübergeführt und breitete sich dort zunächst in den Hafen- städten aus; später, als Mus rattus in Europa mehr und mehr durch Mus decumanus verdrängt Avurde, gelangte auch letztere Species nach Brasilien hinüber, und es wiederholte sich hier, wenigstens theilweise, derselbe Verdrängungsprocess , der in Europa fast überall constatirt ist. Die stärkere Wanderratte hat die schwächere Hausratte zunächst aus den brasilianischen Hafenstädten, oder wenn wir uns streng an die Beobachtungen meines Bruders halten wollen, aus der Hafenstadt Santos ver- drängt und sie in die landeinwärts gelegenen Districte ge- trieben. Diese sind augenblicklich noch im Besitz von Mus rattus; doch ist es recht gut möglich, dass auch hier mit der Zeit Mus decumanus mehr und mehr eindringen und die Herr- schaft gewinnen wird. Herr NehrinGt sprach sodann über neue bei West er - egeln gemaclite Fossilfunde, sowie über die Vor- gescliicbte des Pferdes in Europa. Bei Weste regeln, einem grossen Dorfe, welches unge- fähr in der Mitte zwischen Magdeburg und Halber- stadt gelegen ist, sind während des letzten Winters wieder sehr ansehnliche und wissenschaftlich wichtige Funde fossiler Thierreste gemacht worden. Wie schon mehrfach in früheren Jahren ^), so kamen auch dieses Mal die betr. Fossilien bei den Abräumungsarbeiten in den zwischen Westeregeln und Hadmersleben gelegenen Gyps- ^) Abgesehen von älteren Funden, welche theils in der palaeonto- logischen Sammlung der hiesigen Universität, theils in Halle aufbewahrt werden, sind in den Jahren 1874 1880 von mir selbst bedeutende Funde bei Westeregeln gemacht worden. Früher kannte man aus dem Diluvium von Westeregeln etwa 6 Species; durch meine Ausgrabungen sind ungefähr 60 Species constatirt worden. Vergl. meine „Uebersicht" in der Zeitschr. d. d. geol. Ges., 1880, pag. 473. Sitzimy vom 17. April 1883. 51 brüchen des Herrn Gutsbesitzers A. Bergung zum Vorschein. Die Gypsfelsen sind bei Westeregeln, wie auch bei Thiede und an vielen anderen Fundorten, von quartären Ablagerungen um- hüllt und bedeckt, welche zunächst hinweggeräumt werden müssen, wenn man den Gyps gewinnen will. In diesen Ab- raummassen wurden in früheren Jahren und sind auch jetzt wieder zahlreiche fossile Knochen gefunden worden, und zwar handelt es sich wesentlich um drei Stellen, an denen dieselben zum Vorschein kamen. Die beiden ersten Fundstellen gehören einem und dem- selben grossen Gypsbruche an. Dieser liegt nordöstlich von demjenigen Gypsbruche, in welchem ich früher so zahlreiche Pferdereste neben den Resten charakteristischer Steppennager (Alactaga jaculus, Spermojjhihis etc.) gefunden habe; er ist iden- tisch mit demjenigen, in welchem ich 1880 zahlreiche Reste von Rhinoceros tichorhirius , Equus caballus, Cards lupus, so- wie auch einige Reste von Felis leo, Cervus tarandus, Lepus sp., Alactaga jaculus ausgegraben habe.^) In nächster Nachbarschaft von dieser letztgenannten Aus- grabungsstelle, aber wesentlich tiefer (etwa 25—30 Fuss unter der Oberfläche) fanden sich während des letzten Winters die sehr vollständigen Skelettheile eines jungen Mammuth (Ele- phas primigenius) , zweier noch im Zahnwechsel begriffener Nashörner (Rhinoceros tichorkinus) , zweier Pferde (eines alten und eines jungen), ferner der Radius eines starken Ochsen, Femur und Metatarsus eines jungen Renthiers, sowie Gebisstheile eines ausgewachsenen Wolfes. Die betreffenden Knochen zeigen das Aussehen echt fos- siler Knochen; sie lagen nahe beieinander eingebettet in einer grünlich-grauen, viele kleine Steine enthaltenden, eine gewisse horizontale Schichtung oder doch Streifung zeigenden Ablage- rung, welche mir den Eindruck machte, als ob sie aus der Vermischung von älterem (etwa tertiärem) mit diluvialem Ma- terial hervorgegangen sei. Die Knochen selbst lagen offenbar auf primärer Lagerstätte, da die zusammengehörigen Skelet- ^) Diese Fossilien lagen etwa 12— 16 Fuss tief unter der Oberfläche, m einer lössartigen Ablagerung; sie scheinen meinen früheren Funden gleichalterig zu sein. 52 Gi'i>e1hvhaft naturforsc/tenckr Freunde. tlieile vielfach noch in situ angetroflfen wurden. Leider konnte ich die Fundstelle bei meinem Besuche, welchen ich ihr am 17. März abstattete, nicht eingehender untersuchen, da der am Fasse derselben liegende, im Thauen begriffene Schnee dieses verhinderte; ich bin deshalb vorläufig nicht im Stande, mich genauer über das Alter der Ablagerung auszusprechen; doch hoffe ich, bei einem zweiten Besuche der Sache noch weiter nachforschen zu können. So viel kann ich jedoch mit Be- stimmtheit sagen , dass lössartige Ablagerungen von etwa 8 bis 10 Fuss Mächtigkeit über der kürzlich ausgebeuteten Fund- stelle folgten, dass also die Fossilien der letzteren ein höheres Alter besitzen müssen, als die früher von mir ausgegrabenen, im Löss eingebetteten Fossilien. Während es sich an der ersten Fundstelle um zusam- menhängende, in horizontaler Richtung ziemlich ausgedehnte und vom Gypsfels wenig unterbrochene Diluvialmassen han- delte, besteht die zweite Fundstelle aus einer 8 — 4 Fuss breiten, vertical verlaufenden Gypskluft, welche sich in dem vorderen Theile des Gypsbruches fand. Diese Gypskluft ist mit einem feinen, schmutzig-gelben, sehr kalkhaltigen, conchy- lienreichen Löss ausgefüllt; in ihm fanden sich zahlreiche Reste von alten und jungen Exemplaren einer grossen, schlank gewachsenen Rinderart (wahrscheinlich Bos jn-imigeniu^), ferner die Reste von zwei Pferden, von einem Hasen, von einem Fuchse, sowie von einer Canis-Art, welche ent- weder mit dem Wolfe oder mit einer grossen wolfsähnlichen Form des Haushundes zu identificiren ist. Aus dem Löss, welcher diese Fossilreste umgab, habe ich dann hier in Berlin beim Reinigen der einzelnen Stücke zahlreiche kleine Conchy- lien herausgeschlemmt, welche nach den gütigen Bestimmungen der Herren E. v. Marteins und Reinhardt folgenden Species angehören : Helix pulchella (sehr zahlreich). Puinlla muscorum. „ pygmaea. „ triplicata. „ costata (sehr zahlreich). Vertigo pygmaea. „ striata. „ pusilla. Bulimus tridens. Cionella lubrica. Sitzuni/ vom 17. April 1883. 53 Die oben aufgezählten Wirbelthierreste, sowie diese Con- chylien sehen entschieden viel weniger fossil aus, als die zuerst erwähnten, obgleich sie nach Angabe des Herrn Bergung in der ansehnlichen Tiefe von ca. 20 Fuss gefunden sind. Nur die Hasen-Reste haben die charakteristische, glänzend schwarz- braune P'arbe, welche ich bei meinen früheren Ausgrabungen an den Knochen der Springmäuse, Fledermäuse etc. so oft beobachtet habe. Die übrigen Knochen sehen hellgelb aus, ohne dendritische Zeichnungen zu zeigen; sie sind stark aus- gelaugt, kleben stark an der Zunge, zerreissen und zerplatzen beim Trocknen in aussergewöhnlichem Grade, und wenn sie auch als jünger zu betrachten sind, als diejenigen der ersten Fundstelle, so wird man ihnen doch immerhin ein bedeutendes Alter zuschreiben müssen. *) Ich möchte glauben, dass die betreffende Gypskluft ur- sprünglich mit älterem Material gefüllt war, dass sie dann durch irgendwelche Agentien (Wasser, Wind) entleert und nachträglich durch jüngeres, lössartiges Material mitsammt den oben genannten Thierresten gefüllt wurde. Diese Ausfüllung wird längere Zeit in Anspruch genommen haben; der untere Theil der Kluft, welcher die Knochen enthielt, dürfte seinen Inhalt der jüngeren Diluvialzeit verdanken. Die dritte Fundstätte ist identisch mit derjenigen, von welcher ich schon vor etwa 8 Jahren Reste von Bos bison, Cervus elaphus, Cervus capreolus, Equus caballus, Sus scrofaferus und Castor fiber nebst Bruchstücken von grossen, grobgearbei- teten Urnen und anderen Artefacten erhalten habe. 2) Diese Fundstätte liegt auf der Höhe des Gypsberges, etwa 100 Schritte von dem vorher genannten Gypsbruche entfernt; sie hat auch im letzten Winter wieder zahlreiche Thier- reste (Bos sp., Cermis elaphus, C. capreolus, Sus scrofaj und 1) Reste der früher von mir gefuudeneu Steppenfauna haben sich leider an dieser Fundstelle nicht gefunden; dürfte ich nach dem blossen Aussehen der Knochen ein Urtheil fällen, so würde ich die Reste jeuer Steppenfauna für älter halten. 2) Vergl. meine Arbeit über „die quaternären Faunen von Thiede und Westeregeln" im Archiv f. Anthrop. XI., pag. 24 und meine oben citirte „üebersichf, pag. 473. 54 Gesellschaft naturforschender Freunde. menschliche Artefacte (Steinmeissel, Steinäxte, Leaibei- tete Hirschhornstücke, Urnen) geliefert, welche, ebenso wie bei dem früheren Funde, in einer Schicht von zähem, blauen Thon eingebettet lagen. Wir haben es hier offenbar mit einer Be- gräbnisstätte zu thun; die betreffenden Fundstücke sind von Menschenhand in den blauen Thon eingegraben, sie sind dem letzteren keineswegs gleichalterig. Doch haben sie, nach der rohen Form der Steininstrumente und der Urnen zu schliessen , immerhin ein Alter, das weit in die vorchristliche Zeit hinaufreicht. Ich gedenke, diesen Fund in der anthropo- logischen Gesellschaft genauer zu besprechen. Herr Bergling hat alle die oben genannten Fossilien und sonstigen Fundgegenstände sorgfältig gesammelt und der mir unterstellten zoologischen Sammlung der kgl. land- wirthsc haftlichen Hochschule hierselbst in liberalster Weise überlassen; auch hat er mir, als ich kürzlich in Wester- egeln war, um die Sachen in Empfang zu nehmen, die einzelnen Fundstellen selbst gezeigt und alle seine Beobachtungen über die Details der Ausgrabungen mitgetheilt. Dass Herr Bergllng gerade unsere Sammlung mit seinen Funden bereichert hat, ist wesentlich deshalb geschehen, weil schon die umfangreichen und wichtigen Funde, welche vor etwa 6 — 8 Jahren in den Gypsbrüchen von Westeregeln gemacht wurden ^), mit der Sammlung des Referenten, in die zoologische Abtheilung des landwirthschaftlichen Museums gelangt sind, und Herr Bergung in richtigem Verständniss für die Forde- rungen der Wissenschaft eine Zersplitterung des Materials für unzweckmässig hält. Ausserdem passen die neuen Funde we- gen der vorzugsweise vertretenen Reste von Pferden und Rin- dern ganz vorzüglich zu dem übrigen Material, welches in der zoolog. Sammlung des genannten Museums vereinigt ist; sie bilden einen neuen, wichtigen Beitrag für die Untersuchungen über die Vorgeschichte unserer Hausthiere, Untersuchungen, welche zu den bedeutendsten und interessantesten Aufgaben der modernen Naturwissenschaft gehören. 1) Vergl. Archiv f. Anthrop., 1877, pag. 359-398; 1878, pag. 1-24. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges., 1880, pag. 473. Sitzung vom 17. April 1883. 55 Indem ich mir vorbehalte, die genannten Fossilien in der angedeuteten Richtung später eingehend zu verwerthen, möge es mir heute gestattet sein , nur ganz kurz auf einen Punkt hinzuweisen, der durch dieselben eine erneute Beleuchtung ge- winnt; es ist das die Frage nach der Herkunft un- seres Hauspferdes. In der landwirthschaftlichen und hip- pologischen Literatur finden wir noch immer fast ausschliesslich die Ansicht vertreten, dass unser Pferd aus Asien stamme, dass es in den asiatischen Steppen seine ursprüngliche Heimath habe und erst durch den Menschen (wandernde Völker) aus Asien nach Europa gebracht sei. Auch Victor Hehn hat sich in seinem bekannten Werke über die Cultur pflanzen und Hausthiere in diesem Sinne ausgesprochen^); er hält auch in der neuesten Auflage seines Werkes noch an jener Meinung fest. Und doch steht dieselbe mit den Resultaten, welche die Palaeontologen und Anthropologen in den letzten Jahrzehnten gewonnen haben, in absolutem Widerspruch. Europa hat schon seit der mittleren Tertiärzeit pferdeartige Thiere (y^lnchitherium, später Hipparion) besessen, und wenn auch der Zusammenhang zwischen den heutigen Pferden mit jenen pferdeähnlichen , mit Afterhufen versehenen Thieren der Tertiärzeit noch vielfach geleugnet wird, so steht es doch ab- solut fest, dass Europa seit dem Beginn der Diluvial- periode von wilden Pferden bewohnt worden ist, welche zoologisch als Equus caballus zu bezeichnen sind und von den heutigen, domesticirten Pferden specifisch nicht getrennt werden können. Wir finden fossile Pferdereste in den meisten Ablagerungen, welche seit dem Ende der Tertiär- periode in Europa entstanden sind. Wir finden sie in prä- glacialen Schichten; wir finden sie in denjenigen Ablagerungen der Glacialzeit, welche in einiger Entfernung von den Glet- schern, d. h. in solchen Districten entstanden sind, in denen während jener für das Pferd ungünstigen Epoche seine Existenz überhaupt möglich war; wir finden sehr zahlreiche Pferdereste in postglacialen Ablagerungen (z. B. im Löss, in vielen Höhlen 1) Hehn, Culturpflanzen und Hausthiere iu ihrem Uebergange aus Asien nach Griechenland etc., 3. Aufl., pag. 54. 56 Ge>. 1883. Memoirs of the Boston Society of Natural History, III., 4. — 5. 1882. Proceedings XXI., 2.-3. 1882. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology, X., 1. — 3. 1882. Annual Report of the Curator of the Museum of Comparative Zoology. 1881 — 82. Sitzungsberichte der Königl. preuss. Akad. der Wissenschaften, XXXIX— LI V. October — December 1882 nebst Inhalts- Verzeichniss für 1882. Schriften der naturforsch. Gesellsch. in Danzig. Neue Folge, V., 4. 1883. 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Winkacker, H., lieber die niedrigsten im Rinnstein beobach- teten pflanzlichen Organismen. Elberfeld, 1883. Dames, W., Ueber Hirsche und Mäuse von Pikermi. Berlin 1883. Marteks, v., Ueber centralasiatische Mollusken. Petersburg 1882. Wiesner, J., Ueber das Welken von Blüthen und Laubsprossen. Wien, 1882. Ueber das Eindringen der Winterknospen kriechender Brombeerensprosse in den Boden. Wien, 1883. Regel, E. , Descriptions-Plantarum novarum, VIII., Supplem Petropoli 1883. Erkst, A., Resumen del Curso de zoologia. Caracas, 1882. Druck von J. F. Starcke in Beruh. Nr. 5. 1883. 8 i t z u n g s - Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 22. Mai 1883. Director: Herr P. Ascherson. Herr P. ASCHERSON widmete dem am 20. April verstor- benden ordentlichen Mitgliede der Gesellschaft, Professor Dr. W. Peters, einige Worte der Einnerung. Die Würdigung der Verdienste des Verstorbenen um die zoologische Wissenschaft kann nicht Aufgabe eines Nicht-Fach- mannes sein. Dagegen dürfte es wohl gestattet sein, auf seine hervorragenden Leistungen als Director des zoologischen Mu- seums hinzuweisen, welches seiner energischen und umsichtigen Leitung und seinen vielseitigen Verbindungen den hohen Stand- punkt verdankt, den es gegenwärtig als eine der ersten der- artigen Sammlungen einnimmt. Ebenso dürfen die reichen Samm- lungen, welche Peters von seiner 1842 — 1848 ausgeführten Reise nach Ostafrika mitbrachte, nicht unerwähnt bleiben, welche unsere damals noch so beschränkte Kenntniss der Fauna und Flora des tropischen Afrikas so mächtig gefördert haben. Unserer Gesellschaft, der Peters seit mehr als drei Decennien angehörte , hat er stets lebhaftes Interesse gezeigt und nicht nur selbst ihre Publicationen durch zahlreiche werthvolle Bei- träge bereichert, sondern auch stets Sorge getragen, uns aus dem Kreise seiner Beamten und jüngeren Fachgenossen neue Kräfte zuzuführen. 5 gg Gesellschaft naturforsche ad er Freunde. Herr NehkinG sprach über das fossile Vorkommeii von Cervus dama, Cyprinus carpio und Dreissena polymorpha in Norddeutscliland. Es wird allgemein angenommen, dass der Damhirsch seine eigentliche Heimath in den Mittelmeerländern habe und erst in historischer Zeit nach Mitteleuropa und speciell nach Norddeutschland eingeführt sei ^) ; es wird ferner angenommen, dass der Karpfen im Südosten Europas zu Hause und erst vor wenigen Jahrhunderten in unsere Gegend verpflanzt sei^); es ist endlich nach den Untersuchungen E. v. Martens' kaum zu bezweifeln, dass Dreissena polymorpha im Laufe unseres Jahrhunderts sich von dem südöstlichen Europa aus nach Mittel- und West -Europa verbreitet hat. 2) So richtig jene Annahmen und Ermittelungen für die historische Zeit sein mögen, so scheint es sich dennoch dabei nicht um ein erstes Auftreten der genannten drei Thierarten in unserer Gegend zu handeln, sondern um ein Wie derauftreten. Das beweisen folgende Fossilfunde. Man hat schon früher mehrfach in diluvialen Ablagerungen Frankreichs und Belgiens Reste von Hirschen gefunden, welche mit Cervus clama die grösste Aehnlichkeit haben"'); ganz be- sonders interessant aber ist die kürzliche Auffindung eines fast vollständigen Skelets von Cervus dama (nebst zugehörigem 1) Vergl. Giebel, Säugethiere, pag. 352. - Blasius, Säugethiere, pag. 455. - Leunis, Synopsis der drei Naturreiche; Zoologie herausg. von Ludwig, I., pag. 261. — Struckmann, Ueber Veränderungen in der geogr. Verbr. d. höheren wildlebenden Thiere, in d. Zeitschr. für wiss. Geogr., Bd. III., pag. 133 ft". 2) Nach Leunis (Synopsis I., pag. 384) soll der Karpfen im Cas- pischen Meere, nach v. Siebold (d. Süsswasserfische Mitteleuropas, pag. 89) in der Donau, dem Rhein und Main seine Heimath haben. Vergl. auch Wittmack, Beiträge zur Fischerei-Statistik des Deutschen Reiches, pag. 49. — Benecke, Fische, Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreussen, pag. 108. 3) E. V. Marxens, „Eine eingewanderte Muschel" im Zool. Garten, 1865, pag. 50-59, 89-97, nebst Zusätzen ebendaselbst, 1868, pag. 115 bis 116. - Brehm's Thierleben, 2. Aufl., Bd. X., pag. 366 ff. ^) Giebel, Fauna d. Vorwelt, I., pag. 146. — Giebel, Säugethiere, pag. 353. — Gervais, Zool. et Paleout. generales, pag. 101. Sitzumj vom 22. Mai i883. 69 Schaufelgeweih) in einem praeglacialen Süsswasser- kalklager bei Beizig im südwestlichen Theile der Mark Brandenburg. Herr Dr. Keilhack, Assistent an der königl. geologischen Landesanstalt hierselbst, hat das Skelet an Ort und Stelle acquirirt und die Schicht, in welcher es eingebettet lag, genau festgestellt. ^) Herr Dr. Keilhack legte mir dasselbe zur Begutachtung vor; ich kann darin keine neue Species erkennen, sondern halte den durch jene Fossilreste repräsen- tirten Hirsch für ein sehr kräftiges, mit starkem Schaufel- geweih versehenes Exemplar von Cervus dama oder doch für einen directen Vorfahren dieser Species. An demselben Fundorte, sowie auch in dem Süsswasser- kalklager von Westerweyhe bei Uelzen (in der Lüneburger Haide) hat Dr. Keilhack Reste, zumal wohlerhaltene Schuppen, von Cijprinus carpio constatirt. ^) Auch in dem Süsswasser- kalklager von Bienenwalde bei Rheinsberg (Mark Branden- burg) hat Prof. C. H. Schultz bereits 1828 Reste von Cyprinus carpio beobachtet. ^) Es scheint hiernach die einstmalige Exi- stenz des Karpfens in Norddeutschland sicher festgestellt zu sein. Was endlich Dreissena polymorpha anbetrifft, so hat sie Herr Dr. A. Jeintzsch , der unermüdliche Erforscher des ost- und westpreussischen Diluviums , an zahlreichen Fundorten Ost- und Westpreussens, zumal in der Umgegend von Elbing, fossil nachgewiesen. *) Fragen wir nach der Zeitperiode, in welcher die oben ge- nannten Thierarten schon einmal in Norddeutschland existirt haben, so sprechen die Lagerungsverhältnisse der betr. Fossil- reste, zumal derjenigen vom Damhirsch und Karpfen, für die Annahme, dass dieses die Epoche unmittelbar vor der 1) Vergl. Keilhack, lieber praeglaciale Süsswasserbildungen im Di- luvium Norddeutschlands, Sep.-Abdr. aus d. Jahrb. d. kgl. preuss. geol. Landesanstalt, 1882, pag. 141. 2) Vergl. Keilhack, a. a. 0., pag. 142. 3) Keilhack, a. a. 0., pag. 158 if. *) Jentzsch, Zeitschr. d. d. geol. Ges., 1880, pag. 667. Jahrb. d. kg), preuss. geol. Landesanstalt, 1881, pag. 547. 5* 70 Gesellschaft naturforschender Freunde. Eiszeit gewesen ist. ^) Die Eiszeit, welche eine fast voll- ständige Vergletscherung Norddeutschlands herbeiführte, ver- drängte jene für ein gemässigtes Klima organisirten Thierarten aus unseren Gegenden und nöthigte sie zur Auswanderung nach dem Südosten Europas, von wo sie dann erst in histo- rischer Zeit zurückgekehrt, resp. zurückgeführt sind. Ein ähnlicher Einfluss der Eiszeit lässt sich für manche andere Thierarten unserer norddeutschen und mitteldeutschen Fauna beobachten. So z. B. scheinen der Edelhirsch und das Reh durch die Eiszeit fast gänzlich aus unseren Gegenden nach dem Süden verdrängt zu sein; ich selbst habe wenigstens in den von mir Jahre lang untersuchten Ablagerungen von Thiede bei Wolfenbüttel und von Westeregeln bei Magdeburg auch nicht den kleinsten Rest von Cervus elaphus und C. ca- preolus aufgefunden, soweit jene Ablagerungen als diluvial zu bezeichnen sind. Edelhirsch und Reh sind in die bezeichnete Gegend erst während der neolithischen W^aldperiode vorge- drungen. Dass die Eiszeit für Norddeutschland und die benach- barten Districte eine wesentliche Veränderung der Fauna und Flora herbeigeführt und alle gegen Kälte empfindlicheren Spe- cies nach Süden und Südosten getrieben hat, ist nicht nur a priori anzunehmen, sondern es geht auch aus den damals zur Ablagerung gekommenen thierischen und pflanzlichen Resten deutlich hervor. Man nimmt freilich noch vielfach an, dass un- mittelbar neben den Gletschern der Eiszeit eine üppige Wald- flora und eine entsprechende Fauna existirt habe, und es werden dabei die heutigen Gletscher Neu-Seelands zum Ver- gleich herangezogen. Ich kann diesen Vergleich nicht gelten lassen, wenigstens nicht für Norddeutschland. Die schmalen Gletscherzungen, welche sich auf der Südinsel Neu-Seelands oder auch in manchen Thälern der Schweiz bis in die Waldregion hinab erstrecken, können hinsichtlich ihrer Einwirkung auf Flora und Fauna der Umgebung gar nicht verglichen werden mit den colossalen , Hunderte von Metern ^) Auch Dreissena polymorpha scheint im westpreussischen Dilu- vium praeglacial oder doch frühglacial zu sein. Sitzung vom 22. Mai 1883. 71 dicken und Tausende von Quadratmeilen bedeckenden Gletscher- massen, welche während der Eiszeit unsere norddeutsche Tief- ebene in Besitz genommen hatten. Damals kann nur ein rauhes, feuchtkaltes Klima in unseren Gegenden geherrscht haben, welches auf die Mehrzahl der Pflanzen und Thiere einen un- günstigen Einfluss ausübte, welches für Jahrtausende nur einer arktischen Flora und Fauna die Möglichkeit einer dauernden Existenz gewährte, während die weniger nordischen Species im südlichen Europa ihre Existenz fristeten und nur die beweg- licheren unter ihnen gelegentliche Sommerexcursionen nach Nor- den unternahmen. Herr v. Martens zeigte einige central afrika- nische Conchylien vor, welche theils von Dr. R. Böhm ans dem Tanganyika eingesandt, theils von Lieutenant Wiss- mann von seiner Reise quer durch den südlichen Theil von Afrika mitgebracht worden sind. Die ersteren sind: 1. Trochonanina Mossambicensis Pfr. bis 18 mm im Durch- messer mit verhältnissmässig schwacher Streifung, eng genabelt. 2. y/chatina Nilotica Pfr. (Bulimus), etwas schlanker, mit verhältnissmässig kleinerer Mündung als Dr. Schweinfürth's Exemplare aus dem Gebiet des Gazellenflusses. 3. y/chatina Craveni Edg. Smith, Proc. Zool. Soc. 1881, pag. 283. 4. Limicolaria Martensiana Edg. Smith, vom ügallafluss. 5. Ennea lata Edg. Smith, Proc. Zool. Soc. 1880, pag. 347, vom ügallafluss. 6. Neothauma Tanganyieense Edg. Smith, Proc. Zool. Soc. Soc. 1880, pag. 349, pl. 31, fig. 7, eine etwas eckige, grosse Paludinenform , der Mundrand unten ähnlich wie bei Melania ausgussartig vorgezogen, bis 48 mm hoch und 37 mm breit. 7. Pleiodon Spekii Woodward, Proc. Zool. Soc. 1859, pl. 47, fig. 2, zuerst von Capt. Speke vom Tanganyika mit- gebracht. 8. Spatha Tanganyicensis Edg. Smith, Proc. Zool. Soc. 1881, pag. 296, pl. 34, fig. 32, bis 96 mm lang, aussen dunkelbraun, innen röthlich. 72 Gesellschaft naturforschender Freunde. 9. Unio Niloticus Cailliaüd, übereinstimmend mit den von Edg. Smith a. a. 0. pag. 297 geschilderten Exemplaren. 10. U/iio Tdngiinijicenais EüG. Smith a.a.O. 1881, p. 298, t. 34, fig. 35. Innenseite bald bläulich weiss, bald violett, und dem entsprechend die äussere Färbung entweder rein blassgrün oder mehr braun. Von Herrn Lieutenant Wissmann wurden mitgebracht: 1. Limicolaria Martensiana Edg. Smith, Proc. Zool. See. 1880, pag. 345, var. elongata, eine sehr schlanke Form, 49 mm lang, 16 mm im Durchmesser; Mündung 18 mm lang und nur 9V2 i^ini breit; die oberen Windungen röthlich , die unteren weisslich , mit zahlreichen kastanienbraunen Striemen , welche in der unteren Hälfte jeder Windung breit und öfters zackig sind , in der oberen schmal und etwas gabelförmig. Häufig zwischen 3° und 6^' Südbreite und 23 — 27" Ostlänge von Green wich; das vorliegende Exemplar bei Nyangwe an einer Banane gefunden. 2. Neothauma Tanganyicense Edg. Smith, See Tanganyika, vergl. oben. 8. Tiphobia Horel Edg. Smith, 1. c, pag. 348, pl. 31, fig. 6, Westufer des Tanganyika, etwa in 6" Südbreite, von Rev. Griffith, englischem Missionär in Plymouth rock, geschenkt. Der Schale nach zwischen den stachligen Melaxien, namentlich M. setosa und der amerikanischen Jo gewissermaassen die Mitte haltend, durch den Deckel (Edg. Smith, Proc. Zool. Soc. 1881, pag. 293) von beiden etwas verschieden. 4. yietheria Cailliaudi Ferüssac. Unregelmässig scheiben- förmig, mit breiter Haftfläche, verhältnissmässig dünnschalig, die innere Seite an mehreren Stelleu blasenförmig erhoben. Aus einem der Flüsse des oberen Co ngo- Gebiets, vom Lulu bis Lualaba, zwischen 23 und 26" Ostlänge (Gr.), 4 und 6 " Südbreite. 5. ^^etheria tubifera Sowerby , Zool. Journ. I. , pl. 19. Mehrere Stücke, nicht über 80 mm lang, mit zahlreichen verhältnissmässig langen Röhrenschuppen. Vom Lualaba bei Nyangwe, 4" 13' Südbreite, wird nach den Angaben des Rei- senden von den Eingeborenen gegessen, die Schale in Massen von den Arabern zum Weissen ihrer Häuser präparirt. Sitzung vom 22. Mai 1883. 73 6. Spatha Wissmanni sp. n. Testa solida, transverse ovata, antice et postice subaequa- liter rotundata, verticibus in Vio longitudinis sitis, callo mar- ginis dorsalis pone verticem arcuato, sat brevi, margine ventrali leviter convexo, interne albida, postice oleacea. Long. 134 mm, alt. 84 mm, convex. 46 mm. Nächstverwandt mit Spatha Cailliaudi Marxens, Malako- zool. Bätt. 1866, pag. 9, vom oberen Nil, aber dickschaliger, mit kürzerer, mehr gekrümmter Schlossleiste und innen immer weiss. Von Sp. Wahlbergi Krauss, südafrik. Moll. Taf. 2, Fig. 1 , durch die verhältnissmässig grössere Höhe und den etwas convexen Bauchrand gut unterschieden. In den Flüssen Lubi und Lubi lasch oder Sankurra, 5 — 6 '^ Südbreite, gefunden; soll überhaupt in allen Nebenflüssen des Congo, die östlich vom Lubua liegen, vorkommen und wird von den Eingeborenen als Schmuck und Löffel benützt, auch gesotten als Fleischzulage zum Maniok gegessen. Der eingeborene Diener, von Kniki stammend, will sie noch dreimal so gross als das vorliegende Stück gesehen haben. 7. Spatha sinuata sp. n. Testa transverse oblonga, antice late rotundata, postice inflata et obtuse rostrata, vertice in V? longitudinis sito, callo marginis dorsalis tenai, rectilineo, sat longo (V5 totius longi- tudinis testae occupante) , margine ventrali medio sinuato, periostraco rufocastaneo, nitidulo, facie interna pallide rubes- cente, superne et postice oleacea. Long. 77 , alt. ad vertices 35, aliquanto posterius 39, convex. 24 mm. Erinnert zunächst an Sp. Ntjassensis , Lea observat. Naj. XL, pl. 13, flg. 33, ist aber bedeutend länger. Die untere Einbuchtung und die darauf nach hinten folgende merkliche Anschwellung erinnert an weibliche Exemplare verschiedener nordamerikanischer Unionen, und da nur 1 Exemplar vorliegt, ist es möglich, dass sie Geschlechtscharakter sind; sie sind mir aber bei anderen Arten der Gattung Spatha noch nicht so stark ausgeprägt vorgekommen. Zusammen mit der vorigen gefanden. Es ergibt sich aus diesen Funden, dass wohl der Tan- ganyika-See einige ganz eigenthümliche Formen von Süss- Y4. Gesellschaft naturforschender Freunde. Wasserschnecken besitzt, das Gebiet des oberen Congo da- gegen, welches bis jetzt conchyliologisch ganz unbekannt war, in den Gattungen seiner Land- und Süsswasser - Conchylien mit den schon besser erforschten Theilen des tropischen Afrika, z. B. dem oberen Nilgebiet, wesentlich übereinstimmt, indem selbst die Arten keine (Aetheria Cailliaudi) oder nur verhält- nissmässig geringe Unterschiede zeigen (vergl. z. B. die obige Limicolaria mit L. Cailliaudi Pfr., Spatha Wissmanni mit Sp. Cailliaudi). Wenn wir bedenken, dass die tropisch-afrikanischen Süsswasser - Mollusken durch den Nil bis nach Unterägypten verbreitet worden sind, so dürften wir in dem Fehlen der besonderen Tanganyika - Formen im Congo und an der West- küste einen Gegengrund gegen die Vermuthung finden, dass der Congo einen wesentlichen Zufluss aus dem Tanganyika erhalte. Herr H. J. KOLBE (als Gast) sprach über die von J.M. Hildebrandt in Madagaskar gefundenen Bren- thiden. Der Reichthum Madagaskars an eigenthümlichen und merk- würdigen Thierformen zeigt sich auffällig in der sonderbaren Coleopterenfamilie Brenthidae. Von dieser Familie leben auf dem Continent Afrika nur 4 Tribus mit 16 Genera, hingegen auf Madagaskar und den benachbarten kleinen Inseln 10 Tribus mit 21 Genera. Von diesen 10 Tribus ist eine, nämlich die der Ischnomeri, mit einer Gattung auf Madagaskar beschränkt, und ebenso leben 11 Genera aus den übrigen 9 Tribus nur innerhalb der madagaskarschen Region. 10 Genera sind weiter verbreitet, es heimathen 5 auch in der äthiopischen, je 3 in der orientalischen , australischen und neotropischen und 1 in der nearktischen Region. Diese eine Gattung, Eupsalis, ist über alle Regionen verbreitet, mit Ausnahme der paläarktischen. Die 4 äthiopischen Tribus, Taphroderides, Trachelizi, Eupsalides und Ceocephali sind sämmtlich über Madagaskar verbreitet, zum Theil in denselben Gattungen, wie Eupsalis, Spatherinus, Ehyticephalus, Ceocephalus und Storeosomus. Andererseits zeigt sich jedoch ein engerer Anschluss an die neotropische, als an die orientalische Region , indem in jener 8 madagaskarische Sitcung vom 22. Mai 1883. 75 Tribus, in dieser nur 6 leben. Auch die australische Region beherbergt nur 5 madagaskarische Tribus. Die nicht bis zur neotropischen Region verbreitete Tribus der Ceocephali, welche reich an Genera und Species , ist hingegen ziemlich gleich- massig über Madagaskar, die äthiopische, orientalische und australische Region verbreitet. Von diesem gattungsreichen Tribus sind 9 Genera madagaskarisch, darunter 6 völlig eigen- thümlich. Diese Thatsache entrückt die Fauna Madagaskars dem engen Anschluss an die neotropische Region. Denn es sind nur vereinzelte Genera Madagaskars, welche zu dem reicheren Formenkreis der neotropischen Region gehören. So lebt von der Tribus der Brenthi, welche 3 Genera mit 30 Species umfasst, und die in Mittel- und Südamerika wesent- lichen Antheil an der Fauna nehmen, nur eine einzige, von Fairmaire beschriebene, in Madagaskar. Ebenso verhält es sich mit den Nemocephali ; 2 Genera mit 3 Species sind auf Madagaskar beschränkt, 2 andere mit 20 Species auf Central- und Südamerika. Diese Beziehungen zwischen Amerika und Madagaskar sind ganz merkwürdig und fordern zum Nach- denken auf. Doch findet ein Massenanschluss nur auf der öst- lichen Hemisphäre statt; und wenn man die äthiopische Fauna mit der madagaskarischen vergleicht und die eigenthümlichen Genera der letzteren hier ausser Betracht lässt, so erscheint eine Uebereinstimmung dieser beiden Faunen vollends ungetrübt. Namentlich sind alle 4 afrikanischen Tribus auch in Mada- gaskar vertreten; die Ceocephali finden sich in Afrika in 5, in Madagaskar in 9 Genera, wovon 3 gemeinschaftlich sind. Ebenso sind in der Gruppe der Arrhenodides Eupsalis und Spatherinus , die beiden einzigen Gattungen dieses Tribus in Afrika und Madagaskar, beiderseits vorhanden. In dem Tribus der Taphroderides ist Sebasius Madagaskars nahe verwandt mit Cyphagogus Südafrikas. Weniger innig sind die Beziehungen in dem Tribus der Trachelizi, von welchem 5 Genera afrika- nisch, ein sechstes madagaskarisch, neotropisch, orientalisch und australisch, und ebenso einige andere orientalisch und australisch sind. Eine eingehendere Abwägung der Verwandtschaft zwischen der Fauna Madagaskars und der der übrigen zoologischen 7g Gesellschaft naturforschender Freunde. Regionen kann nur in einer grösseren Arbeit genügend prä- cisirt werden, wobei es namentlich auf die Untersuchung der graduellen üebereinstimmung bezw. Abweichung nach den ein- zelnen Tribus ankommen wird. Hildebrandt's Ausbeute in Madagaskar ist insoweit für die Wissenschaft von Bedeutung, als sich eine Reihe Species und auch ein Genus als neu erwiesen haben. Unter den 15 aufgefundenen Species sind 8 neue ^) , die sich auf 5 Genera vertheilen. Das neue Genus Homales enthält allein 2 Species und hat die meisten verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem bereits bekannten und ebenfalls Madagaskar eigenthümlichen Genus Ozodecerus. Hier folgt die Vorführung der gesammelten Species. Tribus Ärrhenodides. 1. Eups alis anthr acina Klüg. Abhandl. Berl. Akad. 1 , 1833, pag. 194. Madagascar sept. occid., sehr vereinzelt, p. 2. Eups alis cor acina n. sp. cT P Niger, subnitidus, antennis pedibusque piceis; capite mediocri; rostro in cT autice dilatato, latiore quam capite, supra late sulcato, in medio, ad basin antennarum, tuberculo interrupto , anterius latiore, posterius fossato, in ^ ad basin incrassato, anterius tenuiore, parte antica posticum longitudine duplo superante, cylindrica, sulco basali simili atque in (/; thorace subopaco, glabro, impunctato, latitudine tertia parte longiore; elytris glabris , substriatis, punctis subtilibus seriatis, ad basin profundioribus, interstitiis glabris, planis, ad basin tuberculo singulo, parum elevato , terminatis, sulcis duobus utrinque suturalibus subprofundis, exteriore in medio tantum distinctiore; femoribus omnibus denticulo minuto armatis. Long. corp. Am nächsten mit E. anthracina Klug, verwandt, doch von dieser Art durch grösseren und verhältnissmässig breiten Kör- ^) Die 3 neuen Centrophorus-Arten habe ich bereits in der Stettiner Eni. Zeitung, 1883, beschrieben. Sitzuny vom 22 Mai 1883. 77 per, den Mangel der gelben Flecke, weniger tiefe und grosse Punktgrübchen an der Basis der Plügeldecken , schmäleren Rüssel, nierklicli kürzere Fühler, niittelmässig grosse Mandibel und trotz ihrer Körpergrösse durch ein wenig hervortretendes Zähnchen an der Unterseite der Schenke], welches bei anthra- cina sehr kräftig ist, verschieden. Der E. vulsatella Afrikas steht roracina durch die Grösse der Mandibel des c^ nahe , doch sind dieselben bei ersterer Art gestreckter, der Rüssel in der Mitte viel weniger breit, das Halsschild kürzer und glänzender, die Flügeldecken viel rauher, die Punkte grösser und tiefer; das Zähnchen an der Unterseite der Schenkel ist indessen ebenso klein. Bei cora- cina p ist der Rüssel kürzer als bei vulsatella. Tribus Ceocephali. 3. Rhyticephalus br evicornis Chevrolat. Rev. et Mag. Zool. 1839, pag. 174. Madagascar inter. austr., ziemlich häufig, <^p. 4. Rhyticephalus aulaconatus Chevrolat. Ibid. pag. 175. Madagascar int. austr., vereinzelt, <^p. 5. Storeosomus decollatus Chevrolat. Ibid. pag. 179. Madagascar int. austr., nur w^enige Exemplare, c^p. 6. Ceocephalusfraterculus n. sp. (/ Elongatus, niger, anthracinus, nitidus, glaberrimus; antennis rufo-brunneis, articulis brevibus, pedibus piceo-nigris; capite et rostro laevigatis, illo vix punctulato, in fronte foveo- lato, hoc ad basin versus punctato ; prothorace superne late laevigato, fere impunctato, punctis subtilissimis, dispersis, ad latera sensim crassioribus et profundis; elytris striatis, punctis profundis, striis utrinque duabus suturalibus sulcatis, apicem versus punctatis, stria tertia fere sulciformi, interdum anterius impunctata; segmentis abdominalibus per longitudinem mediam haud sparsim insculpte punctatis, secundo ad marginem posti- cum ultimoque vix vel obsolete toto punctato. 78 Gesellschaft naturforschender Freunde. Long. corp. 11 — 14 mm. Madagascar. Steht dem C. curvirostris Chevr. (Madagaskar) am nächsten und unterscheidet sich von dieser Art, ausser durch viel ge- ringere Körpergrösse, durch röthlich- braune Fühler, deren einzelne GUeder sehr kurz sind, den oberseits fast glatten, wenig punktirten Kopf und Rüssel, den glatten Prothorax, der nur an den Seiten deutlich punctirt ist, die 3 eingedrückten, tiefen Streifen auf den Flügeldecken , und durch den glatten, nicht mit zerstreuten Punkten versehenen mittleren Längs- eindruck der beiden ersten vereinigten Abdominalsegmente. 7. Centrophorus compressipes Chevr. Rev. Zoolog. 1839, pag. 181. Madagascar int. austr., cT^P, häufig. Die kleineren Weibchen unterscheiden sich von den grös- seren durch den quadratischen und weniger breiten Kopf. Eine weibliche Form hat einen sehr kurzen und hinten tief einge- schnürten Kopf, der fast um die Hälfte breiter als lang ist. 8. Centrophorus v alidiro stris Kolbe. Stettiner Ent. Zeituug 1883, pag. 383. cT Niger, rostro robustulo, curvato, anterius antennisque fusco-brunneis, pedibus castaneis; antennarum funiculo monili- formi, clavae articulo ultimo 2 praecedentibus haud longiore; capite postice truncato; segmentis tribus ultimis subtus crebre et profunde punctatis. Long. 18,5 — 20 mm. Madagascar int. austr. Wenige Exemplare. Viel kräftiger gebaut als compressipes, auch reiner schwarz, fast sammetschwarz, ausgezeichnet durch den kräftigen Rüssel, länglichen und hinten tief abgestutzten Kopf. 9. Centrophorus rectirostris Kolbe. 1. c. pag. 385. P Niger, leviter nitidus et subaenescens, pedibus piceo- brunneis; capite postice parnm constricto; antennarum articulis vix elongatis , obconicis; rostro recto; thorace superne haud SitzuMj vom 22. Mai 1883. 79 deplanato, anterius sat attenuato; abdoininis articulis 2 paen- ultimis impunctatis, ultimo ad apicem punctato. Long. 17 mm. Madagascar int. austr., selten. Zwei Exemplare haben auf der Oberseite einen leichten metallischen Anflug, während ein drittes rein schwarz erscheint. 10. Centrophorus aeneoliis Kolbe. ]. c. pag. 387. cf Viridi-cupreus, aeneus, capite et thorace atris , illo quadrato, postice constricto; rostro antennisque castaneis; femo- ribus anticis versus basin sat late compressis. Long. 14,5 mm. Madagascar int. austr., selten. 11. Centrophorus dives Lacordaire. Genera de Co). VII., pag. 454, Note. Madagascar int. austr., zahlreich, c^^. Variirt in allen Farbennüancen, ist glänzend pechfarbig, schwarz, purpurfarben, grünmetallisch, bronzefarben , und zu- weilen mit azurblauem Schiller. Anm. Die 3 letzteren Species gehören dem Subgenus Sijnhomales (auv = zusammen, und Homales = Genus Bren- thidum) an, nicht, wie es Stett. Ent. Zeit. 1883, p. 382 heisst, dem Subg. Homales. Dasselbe ist ausgezeichnet durch den hinten nur leicht eingeschnürten Kopf und die an der Basis meist verschmälerten Vorderschenkel. Tribus Nemocephali. 12. Amerismus Hildebrandti n. sp. (^ P Elongatus, angustatus, subdepressus, fuscus, vix atratus, pedibus rubro - castaneis , rostro thoraci longitudine aequali , antennarum articulis subbrevibus, stria frontali vix conspicua; capite thoraceque impunctatis, hoc ad latera sat ampliato, antice attenuato, ante apicem superne leviter im- presso, sulco dorsali subdepresso, parum profundo, holosericeo; elytris punctato -striatis, punctis mediocribus , striis vix im- pressis, interstitiis punctis striarum fere angustioribus , sulco 80 Gesellschaft naturforschender Freunde. suturali simplici, profundo, appendice utraque brevi, quadrata obtusa, ad basin leviter constricta, supra cava. Long. corp. 22 mm. Madagascar int. austr., selten. Diese Art ist grösser als der längst bekannte metalUcus CüEVR. (1. c. pag. 177) und unterscheidet sich von demselben durch folgende Merkmale: Färbung dunkelbraun; Rüssel nur so lang als der Thorax; der vertiefte Nahtstreifen sehr deut- lich und tief; die Fühlerglieder kürzer, namentlich das 3. nur wenig länger als das 2. Die Sculptur der Flügeldecken ist ähnlich , aber die Punkte sind weniger tief, und die Zwischenräume verhältnissmässig breiter; ein niedergedrückter, tiefer Nahtstreifen ist nicht vorhanden, aber die einfache Naht- furche ist deutlich. Der Anhang der Flügeldecken breit, qua- dratisch, an der Basis leicht eingeschnürt. 13. Ze tophlo eus pugionatiis Chevrolat. 1. c. pag. 178. Madagascar int. austr., nicht selten. Trlbus Ithysteni. Homales n. g. (ojiaXr^c = glatt, eben.) Corpore cylindrico, thorace superne glabro, haud canali- culato; capite cum collo tumido, subquadrato, sat pone oculos levissime et vix conspicue strangulatim impresso; oculis medio- cribus; rostro cylindrico, in ^ ad apicem dilatato; antennis c/, quod insertionem attinet, apici rostri appropinquantibus; scapo brevissimo, articulis funiculi 4 primis subelongatis, longitudine inaequalibus, secundo alteris longiore, primo breviore, 3. et 4. mediocribus, ceteris brevissimis, clava triarticulata distincta; elytris cylindricis, laevibus, ad basin integris, ad apicem bre- viter caudatis; femoribus pedunculatis, inermibus, tibiis graci- libus; segmentorum abdominalium ventrali ultimo paenultirais duobus fere duplo longiore. Diese Gattung bildet einen selbstständigen Typus in der Nähe von Ozodecerus , zeigt indessen (und dadurch ist diese neue Gattung sehr interessant) mancherlei nahe Beziehungen Sitzung vom 22. Mai 1883. 81 ZU anderen Gruppen , z. B. zu der Untergattung Synhomales (Centrophorus). Gemeinsam ist beiden der sammt dem Kopfe so eigenthümlich aufgeblähte Hals, ohne besondere oder sogar kaum vorhandene leichte Einschnürung des ersteren. Wir finden diese Bildung in ihrer Eigenthümlichkeit bei keiner an- deren Brenthidengattung; die Nemocej)hali erinnern daran. Am nächsten kommen ihnen nur die gleichfalls madagaskarischen Ozodecerus - Ariel) , welche mit Ilomales auch im Habitus und mancherlei anderen Charakteren übereinkommen, sich aber im männlichen Geschlecht durch die der Spitze des Rostrum sehr nahe gerückten fadenförmigen Antennen und den etwas län- geren Kopf unterscheiden. Dieser kürzere Kopf nun und die Bildung des männlichen Rostrum , sowie die Kürze der An- tennen bringen Homales den Ceocephalh, und in dieser Tribus dem Subgenus Synhomales nahe. Noch merkwürdiger ist nun, dass der oberseits ungefurchte Prothorax an eine weitere Tribus, die der EupsaUdes, erinnert. Unter den Vorräthen Hildebrandt's fanden sich 2 Formen von demselben Typus und naher Verwandtschaft, worauf die Gattung Homales gegründet ist. 14. Homales gl ab er n. sp. (^ p Ater, opacus, glaber, cylindricus, rostro, antennis, clava excepta, pedibusque castaneis, his cupreatis; rostro nitido, vix punctulato, laevi, inter basin antennarum canaliculato; capite thoraceque glaberrimis, impunctatis, linea mediana lon- gitudinali obsoleta, praesertim in prothorace vix conspicua; hoc ad latera ampliato, elytris latiore ; elytris glabris, ad api- cem appendiculatis , subtiliter, sed distincte punctato-striatis, punctis approximatis, sulco suturali simplici, profundo; appen- dice apicali <^ brevi, versus apicem leviter attenuato, fere obtusa, ad apicem vix emarginata, supra excavata, ^ bre- vissima, bispinosa, fere circulariter et commune emarginata. Long. 19 — 22 mm. Madagascar int. austr., wenige Exemplare. Durch den Habitus und die Färbung an Ozodecerus forß- culatus Chevu. erinnernd und von dem folgenden Gattungs- genossen durch die matte braunschwarze Körperfarbe sogleich zu unterscheiden. 32 Geselhchaft naturfor^chemler Freunde. 15. Homales metallicus n. sp. cT Nitidus, aeneus, glaber, cylindricus, gracilis, thorace et capite atris, opacis, elytris viridi-aeneis, leviter cupreo suffusis, sutura nigro-aeneo; rostro, antennis, pedibus castaneis, bis purpureo cupreatis; antennis in c/ parum ultra medium rostri insertis, hoc leviter canaliculato, canalicula versus frontem la- tiore, obsoletiore, puncto frontali profunde; capite in fronte subpunctato, glabro; thorace elytris iatiore, linea dorsali longi- tudinali obsoleta, vix conspicua; elytris subglabris , nitidis, leviter punctato - striatis, in transversum obsolete strigulatis, sulco suturali simplici, profundo; appendice apicali brevi, nonnihil coarctata, superne excavata, ad apicem fere bisinuata. Long. 20 mm. Madagascar int. austr., 1 Exemplar. Von der vorigen Art namentlich durch die metallische Färbung der Flügeldecken, den etwas schlankeren Körper, das weniger breite Halsschild, die Längsfurche des Rostrum und den gegen die Spitze verbreiterten und ausgerandeten Flügel- anhang verschieden. Durch Habitus und Färbung den Syn- homales- (Centropliorus) Arten nahestehend. Herr 0. REINHARDT legte einige ihm von Herrn Dr. W. KoBELT in Schwanheim a. M. zur Begutachtung übersandte, von Herrn Hüngerfohd gesammelte japanische Hyali- nen vor. Seitdem ich in den Berichten dieser Gesellschaft vom April 1877, pag. 89—95, und in den Jahrbüchern der deut- schen malakozoologischen Gesellschaft IV., 1877, pag. 313 bis 320, t. IX. u. X., auf Grund der Sammlungen der Herren Hilge.n- DORF und DoENiTZ eine Uebersicht der japanischen Hyalinen gegeben habe, ist über diesen Gegenstand Nichts weiter ver- öffentlicht worden, ausser dass Herr Westerlund kürzlich im Nachrichtsblatt der deutsch, malakolog. Ges. 1883, No. 3 u. 4, pag. 49, 50 einige bei Gelegenheit der Vega- Expedition ge- sammelte Hyalinen beschrieb, wodurch die Zahl der japanischen Arten von 17 auf 20 vermehrt wird. Unter der Sendung des Herrn Kobelt befanden sich theils einige von mir bereits früher aufgeführte Arten von neuen Fundorten, theils solche, Sitzung vom 22. Mai 1883. 83 die von A. Adams in seinem Aufsatz: On the species of He- licidae found in Japan (Ann. and Mag. of nat. bist. , 1868) charakterisirt , seitdem aber nicbt wieder aufgefunden waren, tbeils endlicb einige neue Species. Folgendes ist die Liste der Arten : Euhyalina. E. obtusa Westerl., 1. c, pag. 49. Auf 2 bei Asinoyu, Nippon , gesammelte Exemplare scheint die WESTERLUNo'sche Diagnose gut zu passen. Die Maasse der mir vorliegenden Stücke sind etwas kleiner (Durchmesser 5 mm); der Nabel ist äusserst eng und durch Schleim verklebt. Microcystis. M. rejecta Pfr. (Jahrb., t. X., f. 1). Ein unausgewach- senes Exemplar von kaum 4 Windungen scheint zu dieser Art zu gehören. Fundort: Hakone. M. Doenitzii Reinh. (1. c, t. X., f. 3). Ugi bei Kioto; Kabi, Nippon. Conulus. C. sinapidium Reinh. (1. c, t. X., 15). ümagaichi bei Nikko, Nippon. C. amplus sp. nov. Testa depresso-globosa, imperforata, Cornea, nitida, glabra; spira depresso-conica; anfractus 5V2 angusti, lente et regulariter accrescentes, convexi, sutura satis profunda non marginata separati; ultimus rotundatus, nee dila- tatus nee carinatus, basi convexiusculus, regionem umbilicalem versus impressus. Apertura obliqua, lunaris, angusta; peri- stoma rectum, acutum, raarginibus remotis, superiore mox de- scendente, columellari arcuato , vix inerassato et vix reflexo. — Diam. maj. 4, min 3V25 alt. 27^ mm. Hab.: Ugi prope Kioto. Diese Art steht der vorigen nahe, deren vergrössertes Abbild sie zu sein scheint. Grösse, Zahl der Windungen, die nicht gerandete Naht, der gänzliche Mangel eines Nabels, unterscheiden sie hinlänglich. C. pustulinus Reinh. (1. c. t. X. f. 4). Kioto; üma- gaichi bei Nikko. 5** g4 Gesellschaft naturforschender Freunde. C. phyllophilus A. Ad. (1. c, pag. 467). Zu dieser, seit Adams nicht wieder gesammelten Art glaube ich ein Exemplar von Umagaichi rechnen zu dürfen, auf welches die vom Autor gegebene Beschreibung gut passt. Das dünne, ungenabelte, 5 Umgänge zeigende Gehäuse ist hoch gewunden, so hoch wie breit (3V., mm); der letzte, sehr stark überwiegende Umgang hat an der Peripherie eine sehr stumpfe, kaum hervortretende Kante , so dass er fast gerundet erscheint. Die Unterseite zeigt unter der Lupe feine und dichte Spiralstreifung. C. labllis GoüLD? Auch diese Art galt für verschollen. GoüLD vergleicht nach seiner kurzen Beschreibung die Schnecke mit H. misella Fer von den Mariannen und Molukken. In der That trennt bei dem mir vorliegenden Exemplar von Uma- gaichi ein deutlicher, bis zur Mündung fortlaufender, hervor- tretender Kiel die flach conische Oberseite von der gewölbten Unterseite. Die Höhe beträgt 3, der Durchmesser 47-2 niii^- Windungen sind 5 vorhanden; sie sind flach gewölbt und durch eine massig tiefe, sehr schmal gerandete Naht getrennt. Der Nabel ist sehr eng und von dem oben umgeschlagenen , fast senkrecht absteigenden Columellarrand verdeckt. C. ob tusangulus sp. nov. Testa supra depresso-conica, subtus convexiuscula, angustissime perforata, rufo-cornea, niti- dula, glabra, sub lente irregulariter radiatim striatula. An- fractus 5V2 planiusculi, lente et regulariter accrescentes, sutura parum profunda, non marginata disjuncti, ultimus parum dila- tatus, ad peripheriam obtuse angulatus, subtus convexiusculus. Apertura transversa, angulato-lunaris, margine supero ad ca- rinam cum infero angulum obtusum formante, columellari fere perpendiculari, supra reflexiusculo. — Diam. maj. A^/^, min. 4, alt. 2V2 n^iii« Hab.: Ashinoyu ins. Nippon. Steht der vorigen nahe, unterscheidet sich dnrch breitere Windungen, den stumpfen Kiel, die eckige Mündung und die dunklere Färbung. Auch C. teuer A. Ad. ist ähnlich, aber höher im Gewinde, schärfer gekielt, dünner und weniger deut- lich genabelt. C. acutangulus K. Ad. (Jahrb., t. X., f. 7). Yokohama. C. stenog yrus A. Ad. Diese zierliche, durch ihre sehr Sitzuni) vom 22. Mai 1883. 85 engen und zahlreichen Windungen leicht kenntliche Schnecke, welche bisher auch nicht wieder gesammelt war, liegt von 2 Fundorten vor: von Umagaichi und von Kabi, Ins. Nippon. C. circumcinctus sp. nov. Texta dextrorsa, minuta, tur- rita, anguste perforata, cornea, parum nitida; anfractus 5 con- vexi, sutura profunda disjuncti, lineis spiralibus quinis circum- cincti; ultimus angulatus, subtus planulatus, nitidulus. Apertura transversa, trapezoidalis , margine supero aeque ac columellari cum infero angulum formante, columellari perpendiculari, late reflexo. — Diam. IV4, alt. IV4 mm. Hab.: Yokohama, ins. Nippon. Die Schnecke macht auf den ersten Blick den Eindruck von etwas Unausgewachsenem; jedoch kenne ich keine japa- pische Art, auf welche man dieselbe als Jugendform beziehen könnte. Ob die Stellung in der Gattung Conulus eine richtige ist, kann erst die Kenntniss des Thieres lehren: der Form nach schliesst sie sich an die beiden vorhergehenden an, doch ist die Sculptur in dieser Gattung eine ungewöhnliche (C. pla- gioptjfchus von Portorico zeigt erhabene, sehr schief stehende Querlinien). Auf jeder Windung lassen sich 5 erhabene Spiral- linien erkennen , und zwischen diesen mit der Lupe noch je 1 — 2 feinere ; auch die Embryonalwindung zeigt bereits die Spiralstreifung. Die durch die deutliche, etwas abgerundete Kante abgegrenzte Unterseite ist flach und glänzend, die Ober- seite ist spitz conisch und glanzlos. Die Cofiulus- Arten , an denen Japan , und Ostasien über- haupt, besonders reich zu sein scheint, lassen nach der Form ihrer Schale , zumal nach der Höhe des Gewindes und der Gestalt und Kielung des letzten Umganges, 3 Gruppen unter- scheiden. Bei der ersten erscheint das Gehäuse in Folge der geringen Erhebung der Oberseite sehr flach gedrückt, und erinnert, abgesehen von der Farbe, durch die engen Windun- gen, die etwas scheibenförmige Gestalt und den gänzlichen Mangel eines Kiels an die Cr ystallus- Arten; man könnte diese Abtheilung als Discoc onulus bezeichnen. Hierher gehören von Japanern C. sinapidium und amplus, vielleicht auch Wester- lund's Hyalina arctispira , ferner C. spiriplanus Gredl. aus China, und von amerikanischen Arten C. Gundlachi und die Qß Gesellschaft naturforschender Freunde. Verwandten. Die zweite Gruppe umfasst die kugelig-conischen Arten, bei denen der letzte Umgang ebenfalls nicht oder nur andeutungsweise gekielt ist. Als Repräsentanten dieser Euco - nuhis zu nennenden Gruppe können die europäischen Arten (C. f Ulcus, in-aticola) gelten; in Japan ist sie durch C. pupula, pustulinus, phyllophüus, iricertus (f) vertreten; ein grosser Theil der asiatischen und die meisten amerikanischen Arten gehören hierher. Die dritte Gruppe begreift die Arten mit mehr oder minder erhobenem Gewinde und deutlich gekieltem letzten Um- gange, also von T/-oc/ms- förmiger Gestalt, in sich: Trocho- conulus. In Japan ist diese Gruppe durch C. acutangulus, stenogyrus, circumcinctus , ferner durch C. labilis, teuer, obtusan- gulus vertreten, wenn anders die letztgenannten wirklich hier- her oder nicht vielmehr zu Nanina gehören, was erst durch die Untersuchung der Thiere, die leider selten in Sammlungen zu finden sind , entschieden werden kann. Aus Ostasien hat P. Heüde mehrere hierher gehörige Arten beschrieben; in Nordamerika ist die Gruppe durch C. trochulus (s. diese Be- richte 1883, No. 3), in Südamerika durch C. semen Uni Moric. vertreten. Ich schliesse an diese Hyalinen die Beschreibung einer neuen, ebenfalls von Herrn Dr. Kobelt eingesandten Helix aus Japan, Helix ( Fruticicola) sphaerulata sp. nov. Testa dextrorsa, globosa, imperforata, cornea, parum nitida. Spira obtuse conica. Anfractus 472 teretes, leves, sutura parum profunda disjuncti, ultimus inflatus, rotundatus, non descendens. Apertura rotundata-lunaris, peristomate recto, acute, margine supero mox descendente, columellari, supra reflexo, arcuato. — Diam. maj. 4, min. 3V21 alt. 3 mm. Hab.: Asinoyu ins. Nippen. Gehört in die Verwandtschaft von Heliw conospira, ist durch die kugelige Gestalt und den stark überwiegenden, abge- rundeten letzten Umgang gekennzeichnet; ähnelt sehr der Ab- bildung von B. miliacea Mart. von Amboina (Ostas. Land- schnecken pag. 268, t. 12, f. 15). Sitzimg vom 22. Mai 1883. 87 Herr HiLGEJVDORF legte Süsswasserschwämme aus Centralafrika vor, welche Herr Dr. R. Böhm beim Tan- ganika-See im Ugalla-Fluss gesammelt hat (Spongilla nitens Carter und l'öhmü sp. n.). Die fünfzehn trocknen , hell graubraunen Stücke von 5 bis 15 cm Durchmesser und abgeflachter, halbkugeliger oder horizontal gestreckter Form zeigen untereinander grosse Ueber- einstimmung. Ihre Oberfläche ist mit kurzen , schlanken Vor- sprüngen , die durch Zwischenräume grösser als ihr eigener Durchmesser von den Nachbarn getrennt sind , und welche durch die Innenmasse des Schwammes sich radienartig fort- setzen, bedeckt. Ein Balkenwerk zieht in dem Haupttheil von einem Radialstrang zum andern, und in den so gebildeten Maschen lagern zahlreiche Gemmulae , ohne jedoch in den peripherischen Theil einzudringen. Im Centrum lockern sich die Balken auf. Die Ske 1 et-Nadeln haben abgerundete Enden und sind massig gebogen, also von wurstförmiger Gestalt; nur selten erblickt man (etwa unter 200 gewöhnlichen Nadeln eine) solche mit zugespitzten Enden, aber doch immer noch mit walzigem Mitteltheil; sie sind von gleicher Länge, aber nur halb so grossem Durchmesser als die ersten. Vier bis sechs Nadeln vereinigen sich, um die Dicke eines Bälkchens herzu- stellen. Der Durchmesser der Maschen mag doppelt so gross sein, als der einer Gemmula. Die einporigen Gemmulä besitzen eine ansehnlich ver- dickte Rinde, welche vom Centrum aus gezählt aus einer Chitin- schicht, einer tangentialen Nadellage, einer Parenchymmasse und einer äusseren zweiten Nadellage besteht. Ihre Nadeln sind halb so lang als die Skeletnadeln und bilden je einen schlanken Doppelkegel, der mit weitläufigen, kurzen, spitzen Dornen bewehrt und meist auch spitz geendet ist. Sie sind nur in geringer Zahl, etwa 30 für jede Halbkugel einer Schicht vorhanden, also im Ganzen zu 120 Stück in einer Gemmula. — Das Parenchym besteht aus zartwandigen, polyedrisch com- primirten Bläschen, die radienartig sich zu etwa 10 aneinander reihen; in radialer Richtung sind sie abgeplattet, so dass ihre Höhe die Hälfte ihrer Breite betragen mag. gg Gesellschaft naturforschender Freunde. M a a s s e : Durchmesser des grössten Exemplars . . 130 mm Höhe desselben 50 „ Länge der Auswüchse auf der Oberfläche . 6 „ Deren Dicke 1 ., Länge der Skeletnadeln 336 Mikromm Dicke derselben 28 „ Durchmesser der Gemmulä 308 „ Dicke der Gesammtrinde b^ „ Tangentialer Durchm. der Parenchymzellen 14 „ Deren radialer Durchmesser 5,6 „ Länge der Gemmula- Nadeln 154 „ Deren Dicke 8,4 „ Diese Angaben stimmen fast durchgängig, soweit eine Ver- gleichung nach der Beschreibung möglich ist, mit der Spongilla nitens Carter (Annais and Magazine of Natural History, Vol. VII., pag. 89) überein , nur vermisse ich dort eine Angabe betreffs Abplattung der Polyederzellen, worauf indess kaum viel Ge- wicht zu legen sein dürfte. Leider ist das Vaterland dieser Art nicht bekannt; nach der unverkennbaren Aehnlichkeit mit der vorliegenden Form dürften Carter;s Exemplare aber eben- falls aus Afrika stammen, nicht aus Südamerika, wie er vermuthet. Bisher war überhaupt von Afrika das Vorkommen eines Süsswasserschwamms nicht nachgewiesen, während neuerdings Nord- und Südamerika und Asien (Borneo, Ostindien, Baikal- see, Japan) zahlreiche Arten geliefert hatten, so dass der Fund des Dr. Böhm zoogeographisch nicht unwichtig erscheint. (Zool. Mus. Protozoa 810.) Bei näherem Zusehen , durch das Auftreten einer fremden Nadelform in einem Präparate aufmerksam geworden, fand ich indess noch eine neue bisher gänzlich unbekannte Art von Spongilla an fast sämmtlichen Stücken der Sp. nitens vor. Als eine unscheinbare, nur etw^a 1 mm dicke Rinde, gebildet aus einem sehr feinmaschigen, zarten Gebälke, überzieht sie die Unterseite der viel massigeren Sp. nitens. Die recht stattlichen Gemmulä gruppiren sich, dabei aber stark vorragend, in ein- Sitzung vom 22. Mal 1883. 89 facher Schicht zu 8 — 12 Stück innerhalb des Skelets , sie fehlen an mehreren Exemplaren ganz und sind immer nur in geringer Zahl anwesend. Eine zarte, homogene Lamelle trennt die beiden Species in sehr scharfer Weise. Die Skelet-Nadeln, ebenfalls wurstförmig wie bei der Sji. nitens, aber nicht glatt, sondern mit rundlichen, flachen Körnchen, die an den Enden ziemlich an einander rücken, besetzt, haben kaum die halbe Länge, wie bei der eben ge- nannten Art. Sie werden oft begleitet von einer vierfach klei- neren, Amphidisken- ähnlichen Form; der Stiel dieser Kiesel- körper ist sanft gebogen und trägt etwas entfernt von der Mitte eine kleine, kugelige Anschwellung; von einer eben solchen an jedem Ende des Schaftes gehen 5 spitze, kurze, zurückgebogene Zacken aus, ganz wie bei einem Quirl. Diese Doppelquirle liegen den grossen Nadeln eng an und bilden mit ihnen das Maschenwerk, dessen Fäden ihrer Dicke nach meist nur aus einer Nadel bestehen. Die Maschenweite desselben mag 200 Mikromillimeter betragen. Die Gemmulä ermangeln der Parenchymschicht, die Nadeln liegen tangential und nur in einer Lage , sind aber dicht gedrängt und dabei klein, so dass ihre Zahl sehr bedeu- tend ist und tausend in jeder Gemmula weit übersteigt. Es ist vielleicht ein grösserer Theil der Oberfläche von den Nadeln bedeckt, als von ihnen frei gelassen, wobei diese sich überdies noch häufig kreuzen. Die einzelnen Nadeln sind massig ge- bogen, walzig, nur das letzte Achtel oder Zehntel geht in eine Spitze aus, die Oberfläche trägt eine massige Zahl von spitzen, kurzen Dornen, deren 8 — 10 auf die Länge und etwa 50 auf eine ganze Nadel kommen mögen. M a a s s e : Skelet-Nadeln, Länge 140 Mikromm. Deren Dicke 14 „ Deren Höcker, Durchmesser ... 1,5 „ Doppelquirle, Länge 33,6 „ Länge des Zacken (v. Ceutrum aus) 5,6 „ Dicke der Axe 2,3 „. 90 Gesellschaft naturforticheiuhr Freunde. Gemmula- Nadeln, Länge .... 56 Mikromm. Dicke derselben 5,6 „ Da durch den Mangel von Amphidisken oder rudimen- tären Amphidisken die Gattungen Meyenia bezüglich Tuhella und Parmula ausgeschlossen sind , und säuimtliche Spongilla- Arten im engeren Sinne spitze Skeletnadeln besitzen, mit allei- niger Ausnahme der Sp. nitens (vergl. Carter's Uebersicht am angeführten Orte), so ist unsere zweite Form zweifelsohne als eine neue Art anzusehen, die ihrem Entdecker zu Ehren Spongüla (s. s.) fiöhmii benannt werden soll (Zool. Museum, Protozoa Nr. 811). Herr HlLOENDORF besprach ferner die Unterschiede von Maifisch und Finte. Dem zoologischen Museum wurden am 10. Mai d. J. vom Emdener Fischerei- Verein 3 frische Fische behufs Feststellung der Art übersandt, welche sämmtlich als Clupea finta Cuv. sich leicht diagnosticiren Hessen, von denen das eine aber durch seine Grösse bemerkenswerth erschien, indem seine Totallänge das Maximum von 16 Zoll, d. h. 42 cm, das Siebold der Art zuschreibt, noch um einige Centimeter übersteigt. Bei dieser Gelegenheit fiel mir eine bedeutende Verschiedenheit der beiden verwandten deutschen Arten in Beziehung auf ihre Schuppen auf; die Finte zeigte nämlich eine erheblich geringere Zahl und daher eine verhältnissmässig überwiegende Grösse derselben. Es ist zwar nicht leicht , dies Verhalten in Ziffern auszu- drücken, hauptsächlich deshalb, weil die Schuppen zumal des Maifisches zu wenig regelmässig angeordnet sind; aber dennoch wird man am Schwanzstiel bei Vergleichung von Exemplaren gleicher Grösse sofort die Differenz erkennen. Bei Clupea alosa mögen etwa von oben nach unten 15 Reihen zu zählen sein, wenn man bei Clupea finta deren 10 erhält. ^) Ich konnte die Beobachtung an zwei Original - Exemplaren Troschel's aus 1) Günther, Catalogue Brit. Mus. gibt bei Clupea finta Vol. VII., pag. 435, L. 1. 60 — 75 an (Benecke, Fische Preussens 1881, pag. 167: 48 — 55), und fast ebenso für Cl. alosa L. l. 70, offenbar nach anderer Zählungsmethode erhalten. Sitzung vom 22. Mai 1883. -91 Bonn anstellen (3847 u. 3853 des ßerl. Zool. Mus.). Augen- blicklich ist man bei der Bestimmung beider Arten auf die Zahl der Kiemen-Dornen und die Schwimmblasengrösse ange- wiesen, beides Charaktere, die an aufgestellten Thieren meist unzugänglich sind; die grössere Zahl der schwarzen Seiten- flecken bei 67. finta ist nämlich nicht immer zu constatiren. Es wäre daher recht wünschenswerth , dass ein Beobachter, dem reiches und gutes Material zur Verfügung steht, das be- sprochene Kennzeichen schärfer in's Auge fasste. Herr P. ASCHERSON legte blühende Exemplare von Daphne Mezereiim L. vor, die er selbst am 1. Mai aus dem Universitätsgarten entnommen und am 2. Mai von Herrn H. PoTOMiK aus dem botanischen Garten erhalten hatte. Beide zeigten neben völlig frischen Perigonen und noch stäubenden Antheren völlig entfaltete Laubblätter, die schon die Länge von 3 — 4 cm erreicht hatten. Dies für die Ebene ab- norme Verhalten (bekanntlich blüht der Seidelbast normaler Weise mehrere Wochen vor Entfaltung der Blätter) ist in der montanen Region normal. Nach F. Cohn (Jahresber. der schles. Ges. für vaterl. Kultur 1851, p. 71, 72) stäubten an den mon- tanen Stationen Kupferberg, Petersdorf bei Warmbrunn und Neu- Gersdorf bei Landeck die ersten Blüthen der Erle, gleichzeitig mit dem Laubausschlag oder selbst später als die ersten Blätter sich entfalteten; derselbe Forscher fügt a. a. 0. pag. 76 hinzu: „Aehnliche Beobachtungen sind auch an anderen Pflanzen mit Flores praecoces gemacht; so findet man von Pulsatüla vul- garis, Daphne Mezereum, Tussilago Farfara Exemplare mit gleich- zeitigen Blättern und Blüthen.'' Da sich die Temperatur-Curve in diesem abnorm späten Frühjahr ähnlich verhielt wie die normale im höheren Gebirge, wo dieselbe beim Beginn des Frühjahrs viel rascher steigt als in der Ebene , so war auch die Wirkung auf die fragliche Art dieselbe. Ferner legte Herr P. ASCHERSON ein Exemplar von Populus halsamifera L., welcher Herr Arthur Krause im August 1880 bei Liepe unweit Oderberg von einem ange- pflanzten Baume entnommen hatte. Die oberen Blätter sind 92 Ge. 2 " -2 6 15 n 5 (7) 6 (5) « 55 5 6 ^ 5, 55 5 5(6) 55 55 5 5(6) 55 55 5. ^) Vergl. Hensel, Säugeth. Südbrasiliens, p. 2. Craniol. Studien, p. 127. (S. A. p. 3.) 9* 126 Gesellschaft naturforschender Freunde. II. Familie Phocidae. 1. Gattung Halichoerus Nilsson -^- • - - -~^ 5 2. „ Phoca LiNNfi „ „ - 2 15 3. „ Stenorhynchus F. Cuvier -q • ,- • -^ ^ 1 o 2 15 4. „ Cijstophora NiLSSON ^ * i * k' III. Familie Trichechidae. 1. Gattung Trichechus TT ' T ' "^ ^^^^ 4.1^^ Eine ähnliche Reihenfolge haben auch schon andere Autoren (vergl. z. B. van der Hoevek) für die Pinnipedier aufgestellt; sie dürfte nur hinsichtlich der Einreihung der Kegelrobben zwischen den Ohrenrobben und den Phoken neu sein. Sie hat den Vorzug, dass die Ohren- robben , welche den carnivoren Landsäugethieren offenbar aui nächsten stehen, sich unmittelbar an diese anschliessen, wäh- rend die Elephanten- Robben und die Walrosse zu den Pro- boscidea hinüberführen, welche ich zunächst auf die Finnipedia folgen lassen würde. Viele Autoren lassen die Walrosse direct auf die Car- nivoren folgen, resp. den Otarien vorangehen, und in der That scheint dieses Manches für sich zu haben, wie z. B. die Bil- dung der Extremitäten. Aber in anderer Hinsicht, z. B. in der Bildung der Ohren, des Schwanzes und vor Allem des Ge- bisses, entfernen sich die Walrosse weit von den Otarien, resp. von den eigentlichen Carnivoren. Ihr Gebiss ist kein Raub- thiergebiss, wenngleich die zu gewaltigen Stosszähnen ausge- bildeten oberen Eckzähne ihm ein furchtbares Aussehen geben; ihre Nahrung besteht nach Malmgren u. A. wesentlich aus Seemuscheln, welche sie mit den Stosszähnen aus dem Schlamme herauswühlen, vielleicht auch aus Seegras u. dergl. , während sie das Fleisch von Wirbelthieren (Fischen etc.) nur ausnahms- weise zu verzehren scheinen, so dass sie sich auch hinsichtlich der Nahrung weiter von den eigentlichen Carnivoren entfernen, als die übrigen Pinnipedier. Sitzung vom Pj. Octobtr 1883. 127 Herr Websky sprach über die sogenannten Luft- röhren in den in der Gegend des Gotthard vor- kommenden Bergkrystallen und legte ein Herrn Otto Krieg in Hirschberg, Schlesien, gehörendes Eemplar dieses Vorkommens zur Ansicht vor. Es sind diese Luftröhren rectanguläre Kanäle, welche meistentheils von der Oberfläche des Quarzkrystalls in das Innere hineinragen und hier rechtwinklig enden, oder auch wohl den Krystall ganz durchboren; sie haben in der Regel keine Aus- füllung; zuweilen ist hineingeschlämmter Chloritstaub oder Thon bemerkbar. Man hat solche Bergkrystalle besonders in der Gegend von Wasen, nördlich Andermatt, dann am Crispalt, am Rhone- Gletscher und anderen Punkten in Ober- Wallis, in neuester Zeit auch bei Olivone in Tessin gefunden. Diese Kanäle sind offenbar dadurch entstanden, dass die Masse des Bergkrystalls bei ihrer Bildung sich auf vorhandene Krystalle von der Gestalt der Kanäle ablagerte und dass durch einen zweiten Prozess diese älteren Krystalle wiederum auf- gelöst wurden , während der Bergkrystall dabei keine Verän- derung erlitt. Die Frage, was für eine chemische Verbindung in jenen älteren, zur Zeit der Quarzbildung bereits fertig vorhandenen, später aufgelösten Krystallen enthalten war, ist von Kenngott (Verhandl. d. Schweiz, naturf. Gesellschaft, 1858, pag. 151) beantwortet worden, welcher einen Bergkrystall fand, in wel- chem ein solcher Hohlraum noch mit der ursprünglichen Sub- stanz ausgefüllt war; dies findet nämlich statt, wenn ein Frag- ment des ursprünglichen Krystalls rundum vom Quarz einge- schlossen wurde, wie dies später noch einige Male beobachtet worden ist. Kenkgott zerschlug jenen Krystall und bestimmte den Einschluss nach Form, Spaltbarkeit, Härte und chemischer Reaction als Anhydrit. Das vorgelegte Exemplar ist ein ziemlich umfangreicher, kurzsäuliger Bergkrystall, dessen Krystallflächen, sowie die Abbruchsteile durch Anschleifen und Poliren ganz durchsichtig gemacht sind; die Grösse der Hohlräume, welche theils durch den ganzen Krystall hindurch gehen, theils rechtwinklig ab- 128 GeseUsthaft naturfurschender Freunde. schneidend enden , lassen vermuthen , dass derselbe von den Anbrüchen bei Wasen herstamme; ein kurzer, durch den Schliff angeschnittener Kanal ist als mit einer klaren, krystallinischen Substanz noch erfüllt zu erkennen; an ihm tritt nicht die den leeren Kanälen eine Art von Metallglanz verleihende Total- reflexion in gleicher Weise hervor; mehrfache rechtwinklig hindurchsetzende Querspalten stimmen mit der Deutung der Ausfüllung durch Anhydrit. Die Deutlichkeit, mit der dies an dem vorgelegten Exemplare beobachtet werden kann, gibt demselben ein besonderes Interesse. Ausser den beschriebenen rectangulären Kanälen zeigt der Krystall noch eine Anzahl unregelmässig begrenzter Hohl- räume, welche die Form von verschobenen, knospenartig an- einander gereihten, flachen Linsen haben; sie hängen einiger- maassen mit den Kanälen zusammen , auf welche sie wie aufgesetzt erscheinen; auch der noch mit Anhydrit erfüllte Hohlraum zeigt schuppenartige Ansätze, die aber gleichfalls noch mit Substanz erfüllt sind. In Ermangelung eines wei- teren Anhaltes kann man vielleicht dabei an Gyps denken. Herr Studer berichtete über die Asteriden, welche während der Reise S. M. S. Gazelle um die Erde gesammelt wurden. Von Asteriden wurden im Ganzen 67 Arten erlangt, wo- runter 12 neue, welche sich zum Theil bekannten Gattungen unterordnen, zum Theil aber die Aufstellung neuer Gattungen erforderten. Für die geographische Verbreitung der Asteriden geben die gewonnenen Resultate einige bemerkenswerthe An- haltspunkte. Die Gattung Asterias hat in der magelhaenischen Region, zu welcher auch Kerguelensland gerechnet werden muss, eine ungemein reichliche Vertretung. So wurde neben den 13 bis jetzt bekannten Arten, bei deren Erwähnung diejenigen der Küste Chiles nicht mitgerechnet sind, noch eine neue, A. Bellii n. sp. , gefunden, welche an der Küste Patagoniens in 63 Fa- den Tiefe gedredgt wurde. Ferner fand sich in 34" 43' 7" S. und L. 52° 36' 1" W., in 44 Faden Tiefe häufig vorkom- mend, der Asterias Hartii Rathbun , der von Rathbun als bei Sitzung vom 16. October 1883. 129 Brasilien in 44 Faden Tiefe vorkommend beschrieben wurde, und wahrscheinlich identisch ist mit dem von Pkrrier beschriebe- nen A. gracilis, der bei Florida in 120— 174 P'aden gefischt wurde. Asterias sulcifera Val. (Peurier) fand sich in seichtem Wasser in der Magelhaensstrasse, und wieder in tieferem Wasser, 30 Faden, in B. 38« 10' 1" S. und L. 66' 26' 6" W. Ebenso A. rugisjnna Stimps. in seichtem Wasser in der Ma- gelhaensstrasse und reichlich an vorigem Fundorte in 30 Faden. Wir sehen demnach hier die auch bei anderen Ordnungen beobachtete Thatsache, dass Thiere, welche in der kälteren Region flaches Wasser bewohnen, gegen die niederen Brei- ten hin in tieferem, kälterem Wasser sich vorfinden. Die grosste Tiefe, in welcher noch eine Art Asterias gefunden wurde, war 597 Faden, östlich von Neu-Seeland.. Aehnliche Thatsachen boten auch andere Gattungen. Cri- hrella antillensis Perrier, von Perrier nach Exemplaren be- schrieben , die aus der Tiefe des Golfes von Mexico stammten, fand sich wieder in B. 38° 0' \" S. und L. 56' 25' 6" W. in 30 Faden Tiefe. Analoge Verhältnisse boten die Cap Verdischen Inseln und die Westküste Afrikas. Während im seichten Wasser eigenthümliche Arten, wie Linckia llouvieri Perr. oder sonst von der amerikanischen Küste bekannte Arten, wie Chaetaster nodosus Per[i. gefunden wurden, lieferte das tiefe Wasser Arten, die sonst nur aus dem Mittelmeer oder dem nordatlantischen Ocean und der Nordsee bekannt waren. So wurde Chaetaster longipes Retz. , eine Mittelmeerform, noch in B. 4° 40' N. L. 9° 10' 6" W. in 59 Faden Tiefe gefunden; Luidia Sarsii, aus dem Nordmeere, Norwegen und der Nordwestküste Amerikas bekannt, in B. 15' 52' 5" N. und L. 23' 8' W. in 115 Faden; Astrojjecten subinermis FiiiL. in B. 4' 40' N. 19' 10' 0. in 59 Faden; Astropecten pentacanthus Müll., eine Mittelmeerart, bei den Cap Verden in 47 Faden; A. irregularis Link., eine Nord- seeform, in B. 4' 40' N. und 9' 10' 6" 0. in 59 Faden. Eine geradezu kosmopolitische Verbreitung scheinen die Tiefsee -bewohnenden Arten zu haben, welche zuerst in dem kalten Wasser der Nordmeere in weniger bedeutenden Tiefen gefunden wurden. Zu diesen gehören besonders die Archaste- 130 Geaelluc/iaft iiatiirforschender Freunde. riden. Von den 16 bekannten Arten von Archaster bewohnen nur zwei, welche vielleicht generisch abgetrennt zu werden verdienen, das flache Wasser der Tropen; die anderen 14 sind grösstentheils Bewohner des nördlichen Eismeeres, des nörd- lichen Europas und Amerikas in einer Tiefe unter 100 Faden und der Tiefen des atlantischen Oceans. Eine Art, Archaster Christa DüB. Kor. , bekannt aus den Meeren des nördlichen Norwegens, wo sie bis zu 250 Faden Tiefe vorkommt, fand sich in einem nur durch die relativ geringere Länge und grössere Breite der Arme unterschiedenen Form nördlich von Neu-Seeland in 400 Faden Tiefe. Ausserdem zeigte die Unter- suchung der Tiefsee, dass die P'amilie der Archasteriden einen grösseren Formenreichthum bietet, als die bisherigen spärlichen Funde vermuthen Hessen. Im Jahre 1880 fügte Verrill zu der bis dahin einzigen Gattung dieser Familie eine neue unter dem Namen Odontaster für 0. hispidus aus tiefem Wasser an der Küste Neu-Englands. Die Gattung ist charakterisirt durch das Vorhandensein eines grossen Zahnes, der sich in dem Kiefer befindet und ventral- wärts gebogen ist. Eine andere Gattung lieferte das Schleppnetz NW. von Australien aus 200 Faden, und in B. 22" 21' S. und B. 154" 17' 5" 0. aus 550 Faden, welche ich mit dem Namen Chei- raster bezeichne. Der Habitus ist ähnlich, wie der eines Archasters, die Scheibe ist klein mit langen, schlanken Armen, welche sich dorsalwärts umroUen können. Die Dorsalhaut ist sehr zart, bedeckt mit Paxillen, ähnlich wie bei Archaster. Die Interambulacralstücke setzen sich längs der Armfurche in eine nach unten concave Platte fort, welche 6 — 8 divergireude, cylindrische Papillen trägt, welche zwischen die conischen, mit kleiner Saugscheibe versehenen Füsschen hereinragt. Auf der Ventralseite der Scheibe befindet sich auf der interradialen Fläche ein, bei Ch. Gazella n. sp., oder zwei, dann mehr auf die Seitenarmplatten gerückt, bei A. pedicellaris n. sp., eigen- thümliche Greiforgane. Zwei gegenstehende Klammern, aus je vier gekrümmten Zacken bestehend , greifen gegeneinander und sind wohl als eine Art Pedicellarien aufzufassen, die am besten mit den eigenthümlichen Pedicellarien verglichen werden, wie Sitzung vom IG. Octoher 1883. 131 sie durch Perrier von Ophidiasier Germani beschrieben und von ViGuiER (Squelette des Stellerides Taf. XVI., Fig. 12, 13, 14) abgebildet worden sind. Eine anatomische Eigenthüm- lichkeit dieser Gattung sei noch hervorgehoben. Die Blindsäcke des Magens setzen sich nicht in die Arme fort, eine That- sache, die auch bei anderen T'ieho.Q- Archaster und von mir bei Leptopiychaster nachgewiesen wurde, und die Genitalien sind als paarige Wülste auf die distale Hälfte der Arme beschränkt, was an Crinoiden erinnert. Eine andere eigenthümliche Seesternform , welche den Astropectiniden zugerechnet werden muss, fand sich NW. von Kerguelensland in 120 Faden Tiefe. Ich nenne diese Lui- diaster n. g. Ein flacher Seestern mit langen, schmalen Ar- men, in die sich die Blindsäcke des Magens nicht fortsetzen. Der Mund liegt in der Mitte einer nakten Mundhaut, welche sich in dem Mundrahmen ausspannt. Die Füsschen sind in zwei Reihen geordnet, conisch, mit kleiner Saugscheibe. Die Mundeckstücke stellen herzförmige Platten dar, die über das Interambulacralfeld erhaben und von kurzen Stacheln bedeckt sind. An dem breiteren ovalen Rand tragen sie vier grosse, über die Mundscheibe vorragende Stacheln, von denen die beiden mittleren abgeplattet, die äusseren spitz und fast cylin- drisch sind; über den Seitenrand der Platten setzt sich noch eine Reihe von kleineren Stacheln fort. Die Adambulacral- stücke der Arme bilden eine in die Armfurche vorspringende concave Platte, die mit 6 cylindrischen Spinen besetzt ist, wovon die mittelsten am meisten vorragen. Dann folgt nach aussen ein länglich rechtwinkliger Abschnitt, der zwei grosse, bewegliche Stacheln besitzt. Der innere Stachel neigt sich nach der Spitze der Arme zu immer mehr nach der Arm- furche. Nach aussen von den Ambulacralplatten, diesen genau entsprechend, folgen die unteren Randplatten, die quer ver- längert sind und sich bis auf die Seite des Armes erstrecken. Sie sind dicht besetzt mit kurzen Stacheln, die namentlich am Rande länger sind. Von der Basis bis zur Hälfte der Arm- erstreckung tragen sie 2 bewegliche, cylindrische, 3 — 4 mm lange Stacheln. Diese Platten setzen sich bis auf den inter- radialen Scheibenrand fort. Zwischen diesem und den Mund- 232 Gesellxcliaft naturforschen(k'r Freunde. eckstücken finden sicli zwei Reihen keilförmiger Platten, die mit Stacheln besetzt sind. Dorsale Randplatten werden durch eine Reihe von ovalen Warzen repräsentirt, die an Zahl und Lage den ventralen Platten entsprechen. Sie sind mit kleinen Stacheln bedeckt, aus deren Mitte sich ein grösserer, beweg- licher Stachel erhebt. Es sind im Ganzen 42 an jeder Arm- hälfte. Die ganze Dorsalseite der Scheibe ist bedeckt mit Plättchen, von denen jedes einen Kranz von Papillen und einen centralen, feinen Stachel trägt. Diese Plättchen sind sehr klein und stehen dicht gedrängt, ohne besondere Anordnung. Auf die Armbreite kommen 18 — 20. Die Madreporenplatte liegt an der Grenze des äusseren Drittels des Scheibenradius, versenkt zwischen den Paxillen, die sie in der Zahl von 8 umgeben. Ein After fehlt. R. 85 mm, r. 17 mm. Bei genauer Betrachtung sieht man , dass die oberen Randplatten ganz die Structur der Rückenpapillen besitzen, nur solche bedeutend vergrössert darstellen. Sie stehen zwi- schen dem Verhalten bei Luklia, wo obere Randplatten fehlen, und dem von Astropecten, wo sie vollkommen ausgebildet sind, mitten inne, während die Unterseite ganz an die Archasteriden erinnert, mit welcher Familie der Luidiasler auch gemein hat, dass ihm die Ambulacralstützen (Soutiens ambulacraires Vi- güier) fehlen. Herr W. Dames sprach über das Vorkommen von Hyaenarctos in den Pli 0 cän- Ablagerungen von Pikermi bei Athen. Im Jahre 1836 beschrieben Falconer und Cautley in den Asiatic researches den Schädel und ein Unterkieferfragment eines Bären-artigen Thieres unter dem Namen Ursus sivalensis. Wagner, der in den Münchener gelehrten Anzeigen ^) ein Re- ferat über diese Arbeit veröffentlichte, hatte aus der Be- schreibung erkannt, dass die Abweichungen im Schädel- und Zahnbau von Ursus zu bedeutend seien, als dass man beide in einer Gattung zusammenlassen könne und schlug den Namen Agriotheriuni vor. Obwohl derselbe die Priorität hat und auch 1) Müucheuer gelehrte Anzeigen, 1837, V., pag. 335. Sitzuny vom 16. Odober 1883. 133 besser gewählt ist, als der spätere Hyaenarctofi, insofern irgend- welche Beziehung zu Ili/aejia in der That nicht existirt, ist er jedoch nie angenommen worden, weshalb auch ich, um Irrthü- mer zu vermeiden , Hyaertarctos beibehalte. — Erst später (1848) trennten auch Falconer und Cautley H>/aenarctos als Untergattung von Ursus ab, wie aus der Unterschrift einer nicht publicirten Tafel zur Fauna antiqua Sivalensis hervor- geht. ') In dem in der Fussnote citirten , von Mürciiison herausgegebenen Werk ist ein Theil dieser Tafel copirt. ^) — Der Hauptunterschied zwischen Ursus und Hyaenarctos liegt im Zahnbau, welcher bei letzterer Gattung bedeutend mehr im carnivoren Typus ausgebildet ist. Ausser einzelnen Abwei- chungen im Schädelbau (namentlich durch die bedeutend kür- zeren Palatinen von Hyaenarctos ausgedrückt) sollte auch die Zahnzahl eine verschiedene sein, so zwar, dass Hyaenarctos oben und unten einen Backzahn weniger als Ursus haben sollte. Da über letztere Frage in der Litteratur von einander abweichende Angaben vorliegen, so werde ich hierauf etwas näher eingehen , da meine Untersuchungen zur Klärung beige- tragen haben. — Der Oberkiefer von Hyaenarctos zeigt hinter der Canine drei kleine, nahe zusammenstehende Alveolen, auf welche unmittelbar der letzte Praemolar (Reisszahn) und dann die beiden Ilöckerzähne folgen. — Falconer hat nun angenom- men, dass der vorderste Praemolar (pm4) einwurzelig sei, der zweite zweiwurzelig. Unter dieser Annahme würden die 3 kleinen Alveolen also durch zwei Praemolaren ausgefüllt gewesen sein. Nach einer, in dem oben citirten Werke (1. c. p, 323) von Mürchi- SON mit veröffentlichten Bleistiftnotiz zu schliessen, scheint Fal- coner aber später auch der Meinung geworden zu sein, dass hier nicht zwei , sondern drei — und zwar einwurzelige — Zähne gestanden haben, wenn er schreibt: „This premolar in ^) Paleontological memoirs and notes of the late Hugh Falconer, coiiipiled and edited bei Ch. Murchison, I. 1868. pag. 321 t. 36. 2) Dass Blainville iu seiner Osteograpbie Hyaenarctos zu den Subursideu stellt nur der Namen Sivalarctos und Amphiarctos vor- schlug, sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Seine Ansicht ist längst widerlegt vuid auch von keinem späteren Autor wieder an- genommen worden. 134 Gesellschaft naturforscliender Freunde. all true Bears is described as haviiig but a single fang, and in this view the two alveoli (die zweite und dritte von vorn) would iniply two premolars, here (nämlich im früher ge- druckten Text) reckoned as one." Dieser zuletzt geäusserten Ansicht wird man sich unbedingt anschliessen können, so dass dann das obere Backzahngebiss von Ilyaenarctos aus 6 Zähnen besteht, von denen die ersten 4 die Praemolaren, die letzten bei- den die Höckerzähne darstellen. Von den Praemolaren sind die ersten drei (pm^ — pni2) einwurzelig, der letzte (pm^) stellt den dreiwurzeligen Reisszahn dar. Somit ergiebt sich eine genaue Uebereinstimmung in der Zahnzahl mit Ursus; und dass bei Hijaenarctos dieselbe Tendenz vorliegt, die drei vorderen Praemolaren früh zu verlieren, geht auch daraus hervor, dass sie alle an dem sonst vortrefflich erhaltenen Schädel aus den Siwalik Hills ausgefallen sind. Der Unterkiefer von demselben Fundort besitzt hinter der (nicht mehr erhaltenen) Canine zwei Alveolen, dann folgt der erste Praemolar, darauf ein langer, schmaler Molar mit sehr abgeriebener Kaufläche, dann ein wohlerhaltener zweiter Mo- lar und hinter diesem eine kleine Alveole. Man hätte also 3 Praemolare und 3 Molare, von welchen der letzte klein ist. So haben auch FALCO^'ER und Cautley das Unterkiefergebiss gedeutet, während Owen ^), auf dessen Abbildung die Alveole für den dritten Molar nicht dargestellt ist, wohl weil dieselbe damals noch von Gesteinsmasse ausgefüllt war, den von Fal- CONER und Cautley als ersten Molar bezeichneten Zahn als zweiten und den letzten Praemolar nach FALCOKEu'scher Auf- fassung als ersten Molar nimmt. Neben den beiden Alveolen steht auf der citirten Abbildung P4; Owen hat also die ganze Zahnreihe, von der ihm die hinterste Alveole unbekannt ge- blieben war, um einen Zahn nach vorn gerückt und kommt so zwar zu derselben Zahl, aber nicht zur richtigen Deutung der einzelnen Zähne. — Wie schon erwähnt, halte ich die Auffas- sung der indischen Palaeontologen für die richtige, nur mit der Modification, dass ich auch im Unterkiefer 4 Praemolaren an- nehmen möchte. Freilich sind nur zwei Alveolen vor dem 1) OdoDtograpby, pag. 504, t. 131, f. 4. SHzung vom 16. (ktober 1883. 185 erhaltenen letzten Praemolar (pnij) vorhanden; aber es ist be- kannt, dass bei den Bären die ersten 3 Unterkieferpraemolaren (pm.4 — pni._j) ebenso früh ausfallen, wie die des Oberkiefers, und dass dieses Ausfallen keinem Gesetz in der Reihenfolge unter- liegt. Erwägt man nun, dass im Oberkiefer vor dem Reisszahn (puii) noch drei kleine Alveolen für pm ^ — pm o vorhanden sind, so ist es natürlicher, auch für den Unterkiefer im Ganzen 4 Praemolaren anzunehmen, von denen einer der drei vorderen aus dem Unterkiefer der Siwahk Hills früher ausgefallen ist, als die beiden anderen, und seine Alveole nicht mehr erken- nen lässt, während die der beiden anderen noch offen sind. Demnach hätten wir also bei Hyaenarctos dasselbe Backen- zahn-Gebiss wie bei Ursus und auch ein ähnliches Verhalten der ersten drei Praemolaren hier wie da. Beider Zahnformel . , , 3.1.3 + 1.31) ''^ ^^'' -3TTTO + 2 • Nachdem die Gattung Hijaenarctos in den Siwalik Hills entdeckt war, ist sie auch in den oberen Tertiärablagerungen Frankreichs, Spaniens, Italiens und Englands nachgewiesen. — Im Jahre 1851 wurde durch Lartet ein von Laurillard im Miocän von Sansan (Dept. du Gers) gefundenes Oberkiefer- fragment als Hemicyon sansaniensis kurz beschrieben, welches Gervais zu Hijaenarctos zog -) und Hyaenarctos hemicyon ^) be- nannte. An der citirten Stelle erwähnt er auch das Vorkom- men von Hyaenarctos in den marinen Pliocän-Sanden von Mont- pellier. — Bald darauf veröffentlichte P. Gervais eine Be- schreibung mehrerer von Vert^eüil, Collomb und de Loriere in Spanien gesammelter, fossiler Säugethierreste *) und unter diesen die eines Oberkieferfragments von Hyaenarctos, welches er für verschieden hält von der indischen Art. Hier giebt er auch die Beschreibung und iibbildung des bei Sansan gefun- denen Hyaenarctos hemicyon. Er kommt zu dem Schluss, dass 1) Mit den römischen Ziffern ist der Reisszahn bezeichnet. ") Zoologie et paleontologie fran(;aises. 1848-1852. Explication de la plauche 28, pag. 13. 3) Ibidem, Text pag. 193 Anmerkung. *) Bulletin de la societe geologique de France, Serie II., Tome X., 1853, pag. 152, t. 4, f. 3, 136 Gesellschaft natur/orschender Freunde. auch dieser einer verschiedenen , also dritten Art angehört, welche von der indischen und der spanischen , abgesehen von Details im Bau der Zahnkronen, schon durch geringere Grösse abweiclit, wie das auch aus dem Vergleich der Abbildungen leicht erhellt (1. c, t. 4). Die spanische Art, welche bei Alcoy in der Provinz Alicante gefunden wurde, hat keinen Artnamen bekommen, während die pliocäne von Montpellier später von Gervais ^) Nijaenarctos insignis genannt wurde. Zu ihr zieht er einen einzelnen Zahn, welchen er früher als Ursus inijuitus von demselben Fundort beschrieben hatte. -) — Dann hat derselbe Gelehrte^) das Vorkommen von Hijaenarctos auch in Italien nachgewiesen. Aws den Ligniten des Monte Bamboli in Tos- cana , welche den interessanten Oreopithecus Bambolii geliefert haben, hatte nämlich Meneghim zwei Carnivoren als Am- phicijon Laurillardi und Lutra Camjmnii namhaft gemacht. Ersterer ist nach P. Gervais unzweifelhaft ein Hyaenarctos, letzterer möglicherweise auch , doch ist das unsicher. — Im Jahre 1877 beschrieb dann Flower ^) zwei Zähne von Hyaen- arctos aus dem Red Crag von Suffolk, welche nach ihm so genau mit den entsprechenden von Hyaenarctos sivalensis über- einstimmen, dass sie zu dieser Art zu gehören scheinen, zu welcher nach Flower auch höchstwahrscheinlich die Art von Montpellier — Hyaenarctos insignis Gervais — zu ziehen ist. — ■ Endlich hat Lydekker eine zweite Art aus den Siwalik Hills als Hyaenarctos j^alaeindicus bekannt gemacht, von der ich jedoch nur ein Citat in einem Aufsatz Bose's ^) über neue Carnivoren aus den Siwahk Hills kenne. Zu diesen Localitäten tritt nun noch Pikerini, wo es mir 1) Die Beschreibung und Abbildung findet sich in der zweiten Aus- gabe der Zoologie et paleontologie frangaises 1859, welche ich hier nicht beschaffen konnte. Ich kenne nur das Citat in der Zoologie et paleon- tologie generales. 1. Serie. 1867-1869. pag. 150. 2) Cfr. auch Gaudry. Enchauiements de monde animal. 1878, pag. 213. 3) Zoologie et paleontologie generales. Serie II. 1875, pag. 22. ^) Quarterly Journal of the geological society of London. Bd. 33, 1877, pag. 534. ') Ibidem, Bd. 36, 1880, pag. 120. Sitzung vom 16. October 1883. 137 gelang, ein Unterkieferfragment aufzufinden, an welchem noch der Reisszahn und der zweite Molar erhalten sind. Hinter beiden ist, wie an dem Unterkiefer von Hi/aenarctos sivalensisy eine Alveole für den letzten Molar erkennbar. Zum Vergleich ist zunächst Hyaenarctos s'walensis heranzuziehen, da ausser ihm nur noch von Hyaenarctos 'palaeindicus der Unterkiefer be- kannt ist. Die Länge der beiden ersten Molaren ist an beiden Stücken die gleiche, der Reisszahn ist 35 mm, der zweite Molar 28 mm lang. Auch die Form der Zähne ist die gleiche; nur darin ist eine Abweichung zu erkennen, dass an dem grie- chischen Stück der vordere Theil (unter dem Höcker) etwas breiter ist. Wesentlicher ist der Unterschied in der Grösse der Alveole für den letzten Molaren, dessen Längs- und Quer- durchmesser bei Hyaenarctos sivalensis um ungefähr 5 mm kleiner ist, als bei dem neu aufgefundenen. Daraus ergiebt sich, dass der letzte Molar bei letzterem bedeutend grösser gewesen sein muss, und danach ist wohl sicher, dass derselbe einer anderen Art angehört hat. Ich benenne dieselbe jedoch nicht, da ich den Unterkiefer von Hyaenarctos palaeindicus nicht in Vergleich ziehen konnte. Auf die weite Verbreitung von Hyaenarctos, welche im Miocän beginnt und durch das Pliocän hindurchgeht, und welche sich über England, Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland bis nach Ostindien erstreckt, ist schon von an- derer Seite aufmerksam gemacht worden. Durch die Entdek- kung der Gattung in Pikermi ist gewissermaassen die Brücke der west- und südeuropäischen Vorkommnisse zu den asiatischen gegeben , und deshalb beansprucht sie auch wohl ein weiteres Interesse, abgesehen davon, dass dadurch die Pikermi -Fauna um ein wichtiges Mitglied bereichert ist. Eine Uebersicht der bis jetzt bekannten Funde von Hyaen- arctos ergiebt: I. Miocän. Hy aenar ctos hemicy on Gervais. Sansan. Hy aenar ctos sp. (— Amphicyon Laurillardi Meneghini). Monte Bamboli in Toscana. 138 Gesellschaft naturforsdiender Freunde. IL Pliocäii. Hi/aenarctos siv alensis Falco>'ER und Cautley. Siwalik Hills. Hijaenarctos p alaeindicus Lydekker. Siwalik Hills. Hijaenarctos sp. Alcoy (Spanien). Hy aenarctos sp. Pikermi in Attica. Hijaenarctos insignis P. Gervais. Montpellier. Hijaenarctos sp. Suffolk. Da die von mir nach Berlin gebrachte Sammlung von Pikermi nunmehr vollständig präparirt und bestimmt ist, lässt sich übersehen, dass, abgesehen von einzelnen kleinen Erwei- terungen in der Kenntniss des Gebisses von Hipparion, der Tarsalknochen von Dinotherium und anderen, welche besser mit umfassenderen Untersuchungen in Zusammenhang gebracht werden, keine weiteren Beiträge zu erwarten sind. Da dieje- nigen aber, welche ich zu bringen in der Lage war, ziemlich zerstreut veröftentlicht sind, möge hier eine kurze Zusammenstel- lung derselben nebst einigen nachträglichen Bemerkungen folgen. A. Rumin antia. 1. Nachweis hornloser Exemplare von Tragocerus amal- theus und Gazella brevicornis , welche als Weibchen gedeutet wurden (diese Sitzungsberichte 1883, pag. 25). 2. Aufstellung einer neuen Antilopen- Art aus der Gruppe der Strepsiceren — Protragelaplms Skouzesi Dames (diese Sitzungsberichte 1883, pag. 95). — Von derselben Species sah ich im August dieses Jahres in der Münchener paläontolo- gischen Sammlung einen fast vollständigen Schädel mit Horn- zapfen. Derselbe ist von ^VAG^ER zu seiner Antilope (jetzt Fa- laeoreas) Lindermaijeri gezogen und von der Unterseite mit dem Gebiss in den Abhandlungen der kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften, IL Classe. Bd. VIIL, 1. Abth., pag. 155, Sitzumi vom iß. October 1883. 139 t. 7, f. 18 abgebildet worden. Ein genaueres Studium des schönen Stückes wird sicher noch weitere Unterschiede von Palaeoreas Lmdermayeri auffinden lassen. In der Namengebung wird Nichts geändert, da Wagner den Namen .■Inlüope Linder- mayeri zuerst auf ein Hornzapfenfragment anwendete, das in der That zu Palaeoreas gehört; nur ist als synonym mit Pro- tragelapJms Skouzesi: Antilope Lindermayeri Wagner ex parte (1. c) zu setzen. 3. Auffindung eines Hirsches, Cervus Pentelici Dames, dem möglicherweise die beiden als Dremotherium Pentelici und Dre- motherium sp. von Gaüdry beschriebenen Schädel- resp. Unter- kieferfragmente angehören (diese Sitzungsberichte 1882, p. 71; Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft Bd. 35, 1883, pag. 93, t. 5, f. 1). — Nachträglich haben sich in der von mir ausgegrabenen Sammlung zwei Metacarpalien gefunden, welche von den in der Länge etwa entsprechenden Antilopen- Knochen durch ihre bedeutend gedrungenere Gestalt unter- schieden sind und mit grösster Wahrscheinlichkeit zu Cervus Pentelici gehören. B. Rod entia. 4. Beschreibung einer der africanischen Acomys nahe- stehenden, wahrscheinlich derselben Gattung angehörigen Maus — Mus C- Acomys) Gaudryi Dames, des ersten Vertreters einer Microfauna in Pikermi (Zeitschrift der deutschen geolog. Ge- sellschaft, Bd. 35, 1883, pag. 68, t. 5, f. 2). C. Carnivora. 5. Vorkommen von Hyaenarctos sp. (siehe oben). Herr HiLGENDORF sprach über eine fossile Eideclise (Propseudopus Fraasii spec. nova) von Steinheim in Württemberg. Im Jahre 1877 fand ich in der westlichen (Kopp'schen) Sandgrube des Steinheimer Beckens und zwar in den oberen gemischten Schichten, von mir als secundäre Trochiformis- Schichten bezeichnet, vereinzelte Kopfknochen und zwei Wirbel einer Eidechse, und im nämlichen Jahre stiessen meine Arbeiter in der östlichen (alten) Grube dicht neben der nördlichen * 14:0 Ge8c'llKc/iaft iiatiirfuröcheiider Freunde. Kirchhofsmauer innerhalb der echten Trochi/ormis-Zone auf ein anderes Exemplar, das, wenn auch zerfallen und theilweis stark zersplittert, dennoch vollständig genug erscheint, um eine ge- nauere Bestimmung zu gestatten. Einen Theil der Knochen erhielt ich von dem Sande befreit und durcheinander gewürfelt, andere dagegen mit der Grundmasse in situ, und es gelang, sie in dieser durch Gummi zu fixiren; behufs der Zusammen- setzung wurden die Bruchstücke und Splitter später zum Theil wieder herausgelöst. Ich verfüge nunmehr über einen tadel- losen Unterkiefer, die Columella Granu, Scheitel- und Stirn- bein, Jugale, sodann über zahlreiche Schuppen der verschie- denen Körperregionen; ziemlich vollständig sind noch ein Oberkiefer, Vomer, Gaumen- und Flügelbein, sodann einige Hals-, Rücken-, Sakral- und Schwanzwirbel; in grösseren Bruchstücken sind vorhanden Quadratum, Prooticum, Occipi- tale laterale. Die wichtigeren Kennzeichen, die sich mit Sicherheit sofort aus diesen ansehnlichen Resten ergeben, sind folgende: Die Wirbel sind procoel, eine Columella ist vorhanden, das Pa- rietale ist getheilt, die Kiefer sind pleurodont, deren Zähne im vorderen Drittel konisch , hinten mit breitem , abgerundetem distalem Ende, alle überhaupt in Frage kommenden Knochen, Vomer, Palatinum, Pterygoid (das Intermaxillare fehlt), tragen abgerundete, stumpfe Zähne. Die Schuppen standen in Wir- tein, der Leib war nicht kurz, wahrscheinlich stark verlängert. Einiger Anhalt ist ferner für die Vermuthung gegeben , dass das Thier wenig entwickelte Extremitäten, dagegen aber die Seitenlängsfurche der Zonuriden besass. Die Verwandtschaft mit der eben genannten Familie wird bestätigt durch einen in's Einzelne gehenden Vergleich mit dem Skelet von Pseudopus PaUasü. Die absolute Grösse der fos- silen Form ist etwas bedeutender, die Oberflächensculptur aller Knochen ist bei ihr markirter ausgebildet, die Gaumenzähne stehen in breiteren Reihen u. a. m. Der Name Propseudopus, der die Verwandtschaft mit dem Scheltopusik zum Ausdruck bringt, wird diesen geringeren Unterschieden gegenüber immer- hin erlaubt sein. Von dem nächstverwandten Genus, Ophi- Sitzmu) vom Iß. (Mohär iSSS. 141 saurus, das in der breiteren Gaumenbezahnung ähnlicher ist, steht mir leider kein Skelet zur Verfügung. Mit vollster Entschiedenheit sind andererseits die nach- stehenden grösseren oder kleineren Saurier-Gruppen von dem Vergleich ausgeschlossen: die Varanen, welche nie Gaumen- zähne haben; die Chamäleons durch den Mangel der Columella; die Geckonen wegen ihrer amphicoelen Wirbel; die Agamen als Acrodonten; die Iguanen vermöge ihrer seitlich compri- mirten und gezackten (nur selten conischen) Zähne ; die Scin- coiden durch schindeiförmige Anordnung der Schuppen, deren Knochenkerne diagonal gestellte Vierecke oder daraus abzu- leitende dreieckige bis sechseckige Formen mit nur einer vorderen Facette zur Aufnahme der deckenden Nachbarschup- pen aufweisen , während bei Propseiidopus wie bei Pseudopus die Knochentafeln sich der Körperachse parallel richten und eine vordere nebst einer medialen Facette besitzen; auch sind bei den Scincoiden die Schwanzschuppen in die Quere aus- gedehnt und nie längsgestreckt, wie sie bei Pseudojms und Pro- 'pseudopus gefunden werden. Die Gruppe der Ameiven und Lacertiden besitzen überhaupt keine ähnlich entwickelten Knochenpanzerungen, und den ersteren mangeln zudem grös- sere Rumpfschilder. Bei lebenden Sauriern ist für die Diagnose der Gattung ausser der Schuppenbildung und der bei fossilen nie verwerth- baren Zungenform die Ausbildung der Extremitäten von Belang. Von diesen sind aber in Steinheim noch nie Knochenreste entdeckt worden. Da an dem Exemplar aus der alten Grube sowohl Hals - als Sakralwirbel vorhanden sind , also beide Extremitäten-Regionen uns aufbewahrt blieben, so könnte man billig erwarten , von den leicht sich erhaltenden und ebenfalls leicht findbaren grösseren Fussknochen den einen oder anderen vertreten zu sehen. Ich bin nicht abgeneigt, aus Mangel der- selben die Wahrscheinlichkeit des Fehlens von normal ent- wickelten Gliedmassen zu folgern. — Die gestreckte Form des Körpers ist noch leichter aus der namhaften Menge der Rücken- wirbel zu deduciren, wovon ich wenigstens 29 constatiren kann, eine Zahl, die bei Eidechsen gewöhnlicher Bildung schon zu den hohen gehört, die aber bei Propseudopus in der Wirklich- 142 Genellschaft natur/orschender Freunde. keit noch höher gewesen sein dürfte. Bei Pseudopus steigert sich die Zahl derselben auf 52. — Für das Vorhandensein einer Seitenfurche liegt ein Anzeichen vor in einigen kleinen Knochenschuppen, ähnlich denen, die bei Pseudopus den wei- chen Flankenstreifen oberseits säumen ; diese Plättchen , die sich in dem Rippentheil fanden, sind rundlich, dünn und un- gekielt und können mit den langgestreckten, dicken, prisma- tischen Schüppchen am Schwänze des Propseudopus oder mit Schuppen einer anderen Körpergegend kaum verwechselt werden. Ausser diesem Fossil ist sonst, soviel mir bekannt, kein Fund constatirt worden , aus dem mit einiger Sicherheit auf die Existenz einer Eidechse aus der Familie der Zonuriden geschlossen werden könnte. Es ist indess nicht unmöglich, dass Lartet's .-iiujuis Laurillardii von Sansan hierher gehört, wie denn auch Laürillard schon eine Aehnlichkeit dieser Spe- cies mit Pseudopus vermuthet hat, dem dann auch Gervais (Zoologie et Paleontologie frangaises, pag. 259) beistimmt. Das Material ist in jenem Falle aber zu dürftig (es fehlen vor allen Dingen die Schuppen und die Knochen des Mund- dachs) , um zu einer Gattungsdiagnose zu genügen; und aus den spärlichen, bisher veröffentlichten Notizen ist noch weniger sicher über eine etwaige Artidentität mit dem Steinheimer J^opseudopus zu urtheilen, wenngleich bei der sonstigen Aehn- lichkeit beider Localitäten bei weiteren Funden in Sansan eine genaue Vergleichung nicht zu unterlassen sein wird. Ich nenne die Art, dem Hauptforscher der Steinheimer Wirbelthierfauna zu Ehren, P. P'raasii. Eine genauere Darstellung hoffe ich baldigst in der Zeit- schrift der deutschen geologischen Gesellschaft liefern zu können. SHzumi vom iß. Octoher 1883. 143 Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Sitzungsberichte der Königl. preuss. Akad. der Wissenschaften, 1883, XXII - XXXVII. Mai — Juli. Leopoldina, XIX., IL — 18. Juni— September 1883. IX. Jahresbericht der Gewerbeschule zu 13istritz in Sieben- bürgen. 1882-83. Journal of the Royal Microscopical Society of London, Ser. IL, vol. IIL, part. 3. June 1883. Földtani Közlöuy, XIII., 4.-6. April-Juni 1883, Budapest. Festschrift zur XIV. Versammlung der deutschen anthropolo- logischen Gesellschaft zu Trier. Mittheilungen der zoolog. Station zu Neapel, IV., 3. 1883. Verhandlungen der Commission der europäischen Gradmessung. 1881-1882. Publicationen des Königl. preuss. geodätischen Instituts: Astronomisch - geodätische Arbeiten in den Jahren 1881 bis 1882. Gradmessung — Nivellement zwischen Swinemünde und Amsterdam. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- burg, 36. Jahrg. 1882. 31. u. 32. Jahresbericht der naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover. 1880—1882. Irmischia , Correspondenzblatt d. botanischen Vereins für Thü- ringen, 1. Jahrg., 1881; 2. Jahrg., 1882; 3. Jahrg., 1—5., 1883. 22. Bericht der oberhess. Gesellsch. für Natur- und Heilkunde. GiessBD, 1883. 31. Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Linz, 1883. Memoires de l'Academie imper. des sciences de St. Petersbourg, VIL Ser., T. XXX., No. 9—11, 1882; T. XXXL, No. 2, 1883. Bulletin de la Societe imper. des naturalistes de Moscou, 1882, No. IL, 1. u. 2. Lieferung. 144 Gesellschaft nafurforsch ender Freunde. Botanisk Tidskrift, Kjöbenhavn, XIIL, 3—4. 1883. Meddelelser fra den botaniske Forening i Kjöbenhavn, 1883, 2 und 3. Bulletin de rAcadeiiiie royale des sciences de Belgique, 50. — 52. Jahrg., 3. Ser., T. I - V. 1881 — 1883. Tables generales du recueil des Bulletins de l'Acad. de Bel- gique, 1867 — 1880. Annuaire de rAcademie royale des sciences de Belgique, 1882 u. 1883. Proceedings of the Zoological Society of London, 1882, part. IV.; 1883, part. 1. u. IL List of the Fellows of the Zoological Society of London, to Mai 1883. Journal of the Royal Microscopical Society, London. IL Ser., vol. IIL, part. 4. August 1883. Bulletin de la Societe zoologique de France, 1882, 5'"^ partie, bis. 1883, V et 2°^^ partie. Atti della R. Academia dei Lincei, Memorie, vol. XL, XII. , XIIL 1882. — Transunti, vol. VIL, fasc. 11 — 14. 1883. Proceedings of the Academy of natural Sciences of Philadelphia, 1883, part. L, Januar — Mai. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology, VIL, 9 — 10; X., b — Q.\ XL, 1 — 2. 1883. Report of the Observatory in Yale College by H. A. Newton. June 1883. • Boletin de la Academia nacional de ciencias en Cordoba, V., 3 a. 1883. MöBius u. Heincke, Die Fische der Ostsee. Kiel, 1883. Mittheilungen aus dem Jahrbuch der Königl. Ungar. Geolog. Anstalt, VL, 5.-6. Budapest, 1883. BüRiMEiSTER , Anales del Museo püblico de Buenos - Aires, 30. Lief. 1883. A. ScACOHi, Della Lava Vesuviana della anno 1631. Napoli, 1883. J. Hofmann, Flora des Isargebietes. Landshut, 1883. Sitzung vom IG. Odoher 1883. 145 A. Neiiring, Faunistische Beweise für die ehemalige Verglet- scherung Norddeutschlands („Kosmos", VII. Jahrg., 1888). 0. Büchner, Die Feuermeteore, insbesondere die Meteoriten. Giessen, 1859. — — Die Construction und Anlegung der Blitzableiter. Wei- mar, 1876. Mit Atlas. — — , Die Meteoriten-Sammlungen. Leipzig, 1863. — — , Ueber den Meteorstein von Hungen. L. Zehnder, Ueber die atmosphärische Elektricität. (Sonder- abdruck aus dem polytechn. Journal, 1883, Bd. 249.) P. Albrecht, Sur les 4 os intermaxillaires et le bec-de-lievre. Bruxelles, 1883. — — , Sur le cärne remarquable d'une idiote de 21 ans. Bruxelles, 1883. R. GöTHE, Die Blutlaus. Bedin, 1883. Diuck von J. F. Starcke in Bei Nr. 9. 1883. S i t z u u g s - Bericht der Uesellscliaft naturforecheiider Freunde zu Berlin vom 20. November 1883. Director: Herr A. W. Eichler. Herr v. MAHTENS sprach über einige Landsclmecken und Reptilien aus der Cyrenaika, welche der leider vor Kurzem verstorbene Ilüh'sarbeiter am Botanischen Museum, Herr G. Ruhmer, in der Umgegend von Bengazi gesammelt hat. Während aus Aegypten und Algerien schon seit dem ersten Drittel unseres Jahrhunderts die Landschneckenfauna durch Olivier, Savigny, Ehrenberg, Michaüd, Terver und Moritz Wagner annähernd genügend bekannt geworden, aus Tunis vor Kurzem durch Bourguignat, aus TripoHs durch die RoHLFs'sche Expedition (siehe die Sitzungsberichte unserer Gesellschaft, Mai 1879) einige Landschnecken zur Kenntniss der europäischen Malakologen gelangten, war die Cyrenaika oder das Bergiand von Barka für dieselben bis jetzt völlig eine Terra incognita^) geblieben; es ist daher doppelt willkom- men, dass der genannte Herr mehrere Landschnecken von dort mitgebracht hat. Es sind die folgenden Arten : Parmacella sp. Helix DavicUana Boürg. /Jelix vermiculata Müll. „ tuberculosa Conraü n adspersa Müll. „ Ci/renaica sp. n. melanostoma Dr. Stenogi/ra decollata L. Pisana Müll. Clausilia pajyillaris Dr. variabilis Dr. Cydostoma sulcatum Dr. 1) Währeud des Druckes erfahre ich, dass schon im vorigen Jahre Hr. Giuseppe Haimann in einem Reisebericht über die Cyrenaica (Bell. d. Sog. geogr. Ital. 1882) einige Landsebnecken und Reptilien von da anführt. u 148 Ges^elhchnft naturforfressus sempervirens L. (Pers. — Griech.) Von besonderem Interesse ist noch die Verbreitung einiger Arten , welche die Cyrenaica mit vereinzelten Punkten oder doch nur beschränkten Gebieten Europa's und Vorder-Asiens gemein hat. Besonders auffällig ist die bisher bekannte Ver- breitung der Erica sicula Guss., deren drei Fundgebiete, West- Sicilien bei Trapani, Derna in der Cyrenaica (Haimajjn!) und Cypern (Kotscuy! Sintenis!) den europäischen, afrikanischen und asiatischen Theile des Mittelmeergebiets angehören. Die dazwischen gelegene Insel Greta, wo man diese auffällige Art wohl erwarten möchte, ist besser bekannt als Cypern und sehr viel besser als Cyrenaica. Lloydia trinervia Coss. findet sich nur in Cyrenaica und Sicilien, Triadenia maritima l^oiss. , A'^'- peta Scordotis L. und Hallota Pseudodictamnus Bbkth. nur in Cyrenaica und Creta, l'hagnalon graecum Boiss. und Ballota acetabulosa Bejsth. nur in Cyrenaica, Griechenland und West- Kleinasien, 2'eucrium brevifolium Schreb. nur in Cyrenaica und Griechenland. In allen diesen Fällen liegt es wohl nahe, die gegenwärtige Verbreitung für den Rest eines früheren, zusam- 1 54 Gesellsc/iofi iioturfoi^scliender Freunde. nienhängenden Verbreitungsgebietes zu halten, welcher erst durch die in der späteren Tertiär- oder selbst in der Diluvial- zeit erfolgte Vergrösserung des östlichen Mittelnieeres seine Continuität verlor. Eine Thatsache, welche eine ähnliche Er- klärung zu erheischen scheint, ist auch die Verbreitung der Aceras longibracteata Rchb. fil, der ansehnlichsten unter den Orchideen des Mittel nieergebiets, welche, in Cyrenaica und im griechischen Archipel die Ostgrenze ihrer zusammenhängenden Verbreitung erreichend , von Herrn P. Sintekis in wenigen Exemplaren bei Larnaca auf Cypern gefunden wurde ^), wäh- rend sie den gegenüberliegenden Küsten Kleinasiens und Sy- riens fehlt. Die der Cyrenaica eigenthümlichen Arten sind folgende 10: Hijpecoum aeqnilobum Viv. Reseda Petrovirhiana Müll. Arg. Ononis calycina Viv. Astragalus cijrenaicus Coss. Valerianella Pet/ovichii Aschs. ^-Inthemis cyrenaica Coss. Lactuca Haimanniana Aschs. ined. Eiifragia Vwianii Coss. Entosthodon subpallescens C. Müll. ined. Hypnurn cyrenaicum C. Müll. ined. Ueber die Verwandtschaft der beiden Moose ist Vortr. nicht in der Lage, Näheres anzugeben; die Phanerogamen schliessen sich entweder an allgemein verbreitete Mediterran- typen an (wie Eufragia Vivianii Coss. an E. latifolia Gms., Valerianella Petrovichii Aschs. an V. discoideahoish.)^ oder es lässt sich doch nicht eine nähere Verwandtschaft mit aus- schliesslich ost- oder westmediterranen Typen nachweisen. Herr K. A. L0SSE5 sprach über Porphyroide unter besonderer Berücksiclitigiiiig der sogenannten Flaserporpliy re in Westfalen nnd Nassau. Als ich 1869 die Porphyroide von Friedrichsbrunn und Treseburg u. a. aus dem Harz beschrieb und, davon ausgehend, ^) Oesterr. bot. Zeitsclir. 1881, pag. 255. Sitzung vom 20. Novemher 1883. 155 den Begriff Porphyroid feststellte und unter die dem Scliicht- gebirge angehörigen krystallinischen Schiefer einreihte, habe ich ausdrücklich die von mir für jene Harz-Gesteine gegebene ge- netische Deutung als für den Hegriff unverbindlich erklärt.*) Wenn ich damals schrieb: Für solche Gesteine „giebt es im „Allgemeinen drei Bildangsweisen : „1. Submarine Tuffbildung eines Eruptivgesteins, „2. Sedimentbildung durch chemischen Niederschlag in einem „Thonschlamm, „3. theilweise Metamorphose eines sedimentären Gesteins „oder eines Tuffes" '^) und mich zu Gunsten der an letzter Stelle genannten Bildungs- weise für die Porphyroide im Harz entschied und auch weiter- hin diese Auffassung vertreten habe, so wurden für die Por- phyroide anderer Gegenden in der Folge auch andere Erklä- rungsversuche theils von mir selbst (vergl. weiter unten über Pseudo-Porphyroide), theils von Anderen gegeben. So z. B. ist die directe chemische Sedimentirung oder die auf dem Umwege einer allgemein wirksamen Diagenese erfolgte sedimentäre Auskrystallisirung für die „huronischen" Schiefer- porphyroide Michigan's 3), für die porphyroidischen Phyllit- sneisse des Fichtelgebirgs ^) und für die cambrischen Porphy- roide der Ardennen ■^) geltend gemacht worden. Andererseits hat Törnebohm gerade für die dem Alter nach mindestens ebensoweit als die nordamerikanischen Ge- steine ^) zurückreichenden porphyroidischen Hälleflintbildungen aus dem jüngeren Stockwerke der mittelschwedischen ürschiefer- 1) Zeitscbr. d. Deutsch, geol Ges., Bd. XXL, pag. 330. •') a. a. 0., pag. 308-309. 3) Herm. Credner in Leonh.-Gein. Jahrb., 1870, pag. 970. 4) GüMBEL, Geogn. Beschreibung des Fichtelgebivges. 5) De LA Vallee Poussin et Renaed, Memoire sur les characteres mineralogiques et stratigraphiques des roches dites plutoniennes de la Belgique et de rAideune Fran(;aise. «) Nach einer mir Seitens der Herren H. Rosenrusch und Adams gemachten und durch mikroskopische Präparate belegten Mittheilung fehlen porphyroidischc Gesteine auch nicht in Canada. 156 Geselhchnft nnturfor^chender Freunde. foniiation, wie schon früher, so noch jüngst^) die Zugehörigkeit zu gleichalterigen Eruptiv-Porphyren im Sinne einer Tuflfbildung wahrscheinlich gemacht. Letztere Auffassung ist unverträglich mit jener Annahme einer directen chemischen Präcipitation der Silicate; Tuffe kön- nen zu krystallinischen Schiefern nur umgebildet worden sein, gleichviel ob zufolge einer Diagenese oder zufolge des Dislocationsmetamorphismus. In der That hat denn auch GüMBEL cambrische Gneisse und Porphyroide, die von den gleichnamigen Gesteinen seiner Phyllit - Formation nicht we- sentlich abweichen, ja z. Th. ganz ununterscheidbar sind, in ganz analoge Beziehungen zu seiner eruptiven Keratophyr- Formation gebracht ^), wie Töhisebohm die Porphyroide zu den Porphyren Schwedens. Beide Autoren gedenken dabei des Schalsteins als eines Diabastuffes zum Vergleich.^) Es ist kein Zweifel, dass, wenn erst ein bündiger zwin- gender Beweis für die Tuffnatur der porphyroidischen Hälle- flint- und Phyllitgneiss - Bildungen erbracht wäre, damit zu- gleich auch die F'rage nach der Entstehung der ürgneissforma- tion halb gelöst sein würde. Ein solcher Beweis scheint mir indessen noch gar nicht gegeben zu sein. Nehmen wir z. B. den porphyroidischen, Sericit, Quarz und Orthoklas haltigen Phyllitgneiss von Goldkronach, der nach diesem Mineral- bestande wesentlich übereinstimmt mit den Porphyroiden aus den tiefcambrischen Quarziten des Bärentiegels bei Katzhütte ^) ^) Üfverblick öfver mellersta Sveriges Urformation , Geol. Fören.'s, Förhdl., Bd Vi, pag. 595-596. -) Die paläolith. Eruptivgest. d, Fichtelgeb., 1874, pag. 43 ff. und Gcogn. Beschreib d. Fichtelgeb.. pag. 186 u. 586. 3) TöRNEBOHM, a. a. 0., p. 596 in Anm.; Gümbel, Fichtelgeb., p. 186 •*) Zwei im Laboratorium der kgl. Bergakademie durch Herrn Schür ausgeführte Analysen, einer grauen, dichteren, feinweliig wie fluidal ge- zeichneten Varietät (II.) vom sp. G. 2,642, und einer lichtröthliehen (I.) vom sp. G. 2,649 ergaben: 1. 11. FeS, . . . 0,18 1,23 SiO^ . 77,19 74,63 TiO.. (ZrO.,) — 0,15 A1..Ö. , 11,65 12,13 Sif^iiiu/ mm 20. Xovewher 1883. 157 als Maassstab, so kann Herr Gümbel am Fürstensteine keine anderen Erscheinungen wahrnehmen, als den „Uebergang von „Phyllit in Gneiss, der, wenn irgendwo, gewiss hier nicht eru- „ptiver Entstehung ist". ^) Herr J. Lehmann dagegen hält neuerdings gerade diesen Gneiss auf Grund eingehender Unter- suchung an Ort und Stelle mit B. v. Cotta „für sicher eruptiv" ^), hat aber anscheinend eine metamorphosirte Tuffbildung, die doch auch „stumpf'' und „quer abgebrochene" und mit Gneiss- Masse injicirte Schieferfragmente zulassen würde, gar nicht in Betracht gezogen. ^) Folge ich den eigenen Erfahrungen an den entsprechenden Gesteinen von Katzhütte und Lan- ge nbach im südlichen Thüringerwalde, so kann ich trotz der neuerlichen Darlegungen meines Collegen Loretz"^) und den Bedenken des Herrn Bkyschlag ^) nur an dem festhalten, was ich in diesen Sitzungsberichten (Jahrg. 1878, März, p. 95) nach mikroskopischer Untersuchung des von mir an Ort und Stelle gesammelten Materials habe drucken lassen und was beiden Autoren wohl unbekannt geblieben ist. Danach ist der Sericit FeO. . . 0,92 1,17 MüO . Spur — MgO . . 0,11 0,14 CaO. . . 0,21 Spur Na.,0 . . 0,24 0,14 K./0. . . 9,16 8,97 H2O . . . 0,70 0,63 P.O5 . . 0,14 0,26 100,50 99,45 1) Fichteigebilge, pag. 125. ■-) XV. Versamuil. d. Oberrhein. Geol. - Ver. , April 1882 , Ueber Giicissbildüng, pag. 3, sowie Sitzungsber. d. niederrhein. Gesellsch. f. Natur- u. Heiliainde in Bonn, 1881, pag. 220 ff. •') Man wird indessen die ausführliche und von ausgezeichneten Abbildungen begleitete Dai-stellung Lehmann's in seinem demnächst erscheinenden grossartig angelegten Werke über die krystallinischen Schiefer zur vollen Würdigung seiner Auffassung abwarten müssen. ^) Beitrag z. geolog. Kenntniss d. cambr. phyll. Schieferreihe in Thüringen, Jahrb. d. königl. preuss. geolog. Landesanstalt cet. 1881, pag. 175 ff'. ^) Geognost. Skizze d. Umgegend v. Crock im Thüringer Walde, pag. 47 bis 48. ]58 Geaelhchaft naturforftcfiender Freunde. dieser Gesteine, mögen sie nun als eruptive Porphyre oder als sedimentäre Porphyroide gedeutet werden, ein Umbildungs- product nach Orthoklas, dessen Krystallformen er zAisammt neugebildetem Quarz mehr oder weniger erfüllt, während beide Neubildungsmineralien auch die Sprünge der auseinander ge- borstenen und dabei manchmal in auffällig regelmässige, sechs- eckige bis rhombische Feldchen ^) getheilten Quarzeinspren- linge verheilen und sich daraus in die umgebende Grundmasse fortsetzen. Primäre, fluidale (?) Lagentextur, besonders schön im frischen, grauen Gestein vom Bärentiegel, und secundäre Druck - und Quetschflächen haben dabei die Anordnung der Neubildungen geleitet. Auf solche Druckwirkung weisen ausser der physikalischen -) und chemischen Beschaffenheit der por- phyrischen Einsprengunge besonders Beobachtungen hin, welche das von Herrn Lorktz (pag. 229 a. a. 0.) abgebildete Profil von Langenbach darbietet. Herr Loretz selbst hat der Breccien- Bildung in den Quarziten und in den massigen oder wenig flaserlgen Porphyroiden daselbst gedacht; das sind aber nach meinen Erfahrungen ganz deutliche Beweise einer Zermalmung und Wiederverkittung der Gesteine, analog den Erscheinungen an den P^insprenglingen. Ueberdies habe ich aber einen von meinem Collegen nicht erwähnten derben , weissen, nicht bläulichen, die Schieferung durchsetzenden Gang-Quarz in ^) Vergl. raeiue Beschreibung der Porphyroide in den Erläuter. zu Bl. Harzgerode pag. 73 ff. Der dort gegebenen Darstellung sei hier hinzu- gefügt , dass die in besonderer Regelmässigkeit zuweilen geradezu an organische Zellenbildung erinnernde Theilung sichtlich den Flächen des Dihexaeders , der Säule und auch der Basis folgt , wie ein Ver- gleich mit der Auslöschungsrichtuug bei gekreuzten Nicols ergiebt. '^) Ausser der schon erwähnten mehr oder weniger regelmässigen Zersprengung der Quarze sei hier besonders noch der damit zusam- menhängenden undulatorisch nuancirten Polarisationstärben molecular windschief gedrehter oder schon halb zersprengter Quarze zwischen gekreuzten Nicols gedacht. Aber auch Zwiliingsbildung durch Druck scheint vorzukommen. Anders wenigstens weiss ich nicht eine häufig grade bei den Quarzen der Por[)hyroide, aber auch bei solchen flaseriger metamorphischer Grauwacken , zumal im divergenten Lichte (bei ge- senktem Polarisator), beobachtete feine, geradlinige Streifung der wasser- klaren Masse zu deuten , der eine regelmässige Verschiedenfarbigkeit bei gekreuzten Nicols entspricht. Sitzumi vom 20. Novemher 1883. 159 der Partie d. des LoRETz'schen Profils beobachtet, dessen Neben- gestein eben jenes ganz ölgrüne, verruschelte , sericitschiefer- artige Flaserporphyroid bildet, in welchem der Sericit bis zum Uebermaass entwickelt ist, so dass der felsitische Charakter der porphyrischen oder porphyroidischen Grundmasse ganz verloren geht. Wenn ich nach Vorstehendem also auf dem gemeinsamen Boden des von mir der GüMBEi/schen Diagenesis gegenüber vertretenen Dislocat i onsm e tamor phismus mit Herrn Lehmann stehe und nach Analogie der von mir in diesen Sitzungsberichten 1878 (a.a.O. pag. 95) besprochenen Pseudo- Porphyroide von den Bruchhäuser Steinen^) dazu neige, die massigeren Kerne der Porphyroide des Thüringer Waldes für mehr weniger metamorphosirte alte Eruptivporphyre anzu- sehen, so halte ich doch die Möglichkeit nicht für ausge- schlossen, dass unter den mehr flaserigen , sericitischen Por- phyroid - Schiefern auch metamorphisches Tuff- Sediment aus der Begleitung jener palaeoplutonischen Eruptivmassen ver- steckt sein könne. Keratophyr- Tuffe oder Keratophyre, wozu Herr Gümbel die Gesteine von Katzhütte gestellt hat, kann ich hier nicht anerkennen, da der für diesen palaeopluto- nischen Natron-Sy enitporphyr und den Quarz-Kera- tophyr als den zugehörigen palaeoplutonischen Natron- Quarzporphyr charakteristische Gemengtheil, der Albit oder der Mikroperthit, vermisst wird. ^) Für andere, zumal für die zwischen jüngere pa- laeozoische Sedimente eingeschalteten Po r phy ro i de kann aber immerhin die Probe auf einen genetischen Zusam- 1) Die Qiiarzdihexaeder dieses Porphyrs lassen gar nicht selten recht deutliche scharfe Spaltrisse nach den Dihexaederflächen erkennen, und neigen zu jener oben beschriebenen regelmässigen, zellenartigen Zersprengung. Auch Zwillingsstreifung scheint vorhanden. -) Vergl. die weiter oben in Anmerkung mitgetheilten Analysen ; auch die von Herrn Gümbel (Palaeol. Eriiptivg., pag. 45) mitgetheilte Analyse betrifft ein Kali-Porphyroid. Aus anderen Porphyroiden des südlichen Thüringerwaldes von abweichendem Habitus, denjenigen von Waffenrod und Schnett, giebt Herr Beyschlag Albit neben Orthoklas an (a. a. 0., pag. 20). 1 (JO Gesellschaft nnturforschender Freunde. nienhang mit der also klargestellten^) Keratophyr- Forination in einer oder der anderen Weise recht belang- reich sein. Sie wird aber sehr vorsichtig angestellt werden müssen; denn der Umstand, dass die Ad i nolfe 1 s gesteine aus dem Diabas- Co n tac t und diejenigen aus der sedi- mentären K u 1 m - F 0 r m a t i 0 n ( Lerbach u. a. im Oberharz, Wildungen und Herboin im Rheinisch- Westfälischen Schiefer- gebirge u. s. w.) chemisch wesentlich übereinstimmen mit den Quarz- Keratophyren , wie mit den sauren Natronporphyroiden (Spielbach und Schreckensthal im Harz), kann leicht irreleiten. xVngesichts einer solchen stofflichen Gleichheit zwischen Massen- und Schichtgesteinen, zwischen Porphyr und Por- phyroid, habe ich schon 1869 in meinem Eingangs erwähnten ersten i\ufsatze über die Porphyroide, demselben, in welchem ich die Bedeutung des Drucks für die metamorphischen Processe hervorhob-), die Erwartung ausgesprochen, das Mikroskop werde Verschiedenheiten in der Grundmassenstructur der beiden Ge- steinsgruppen kennen lehren. In der That wird man nicht leicht in Verlegenheit kommen, die im unveränderten Zustande quarzarmen bis quarzfreien typischen Keratophyre (Rosenbühl bei Hof in Bayern, Garkenholz bei Rübeland, Hüttenroder Flur und Bärenrücken bei Hüttenrode, Ortberg bei Elbinge- rode u. a. im Harz) von einem zwischen 60 und ()5 pCt. ste- henden Kieselsäuregehalte und einer an syenitische oder pho- nolithische Gesteine erinnernden Feldspathleistenstructur mit porphyroidisch entwickelten Adinol - Gesteinen zu verwechseln. Doch giebt es auch granophyrisch -körnige Keratophyrgrund- massen, und mit dem steigenden Quarzgehalt nimmt die Nei- gung zu solchen Mosaikstructuren, wie sie wohlauskrystalli- sirten Adinolen aus dem Diabascontact und Quarzalbitporphy- roiden eignen, selbstverständlich zu. In solchen Fällen also ist Vorsicht umsomehr geboten, als auch sehr regelmässige Granosphaerite in den metamorphischen Gesteinen längs der Diabase nicht ganz fehlen ^) (Ruhehay bei dem Elbingeroder 1) Vergl. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXXIV., 1882, p. 199 bis 200, pag. 455-456: Bd. XXXV., 1883, pa«?. 215 ff. -•) a. a. 0., pag. 324-328. •^) Aehnliche Structuren scheinen auch in gewissen Granitcontact- Gesteinen der Brockeugruppe vorzukommen. Sitzung vom 20. November 1883. 161 J3üchenber(j: ein überdies durch braunen pleochroitischen Glim- mer in den schmalen Zwischenräumen zwischen den körnigen Sphaerohthen ausgezeichnetes Gestein). Solchen leicht missverständlichen Structuren gegenüber giebt es andererseits aber auch höchst charakteristische Structuren der Porphyroid - Grundmassen , die mir aus un- veränderten, nicht metamorphosirten Eruptivgesteinen nicht bekannt geworden sind; was freilich nicht verhindern konnte, dass gerade sie Anlass gegeben haben , gewissen Porphy- roiden ihren sedimentären Charakter abzuerkennen und sie den Eruptivporphyren zuzuzählen. Das sind jene durch Con- cavb oge n s egmen te in sehr mannigfacher Combination von dem übrigen, meist feiner zusammengesetzten Gesteins- gewebe abgegrenzten und auf den Grenzflächen mit aller- kleinsten dunklen Körnchen bestäubten Structur-Theilformen, die nebst eingewobeuen Schieferflasern, -Bröckchen oder -Nüss- chen die merkwürdig verschlungene Flaserung eines Theils der sogenannten Lenneporphyre von Dechen's be- dingen. Herr Mehneu hat in einer 1877 veröffentlichten, vielfach sehr lehrreichen Abhandlung ') diese im Dünnschliffe bald mehr langgestreckt knochen- oder hammerförmigen, bald sichelartig gekrümmten oder nahezu bis ganz ringförmig ge- schlossenen, bald Dreiecken oder Vierecken mit eingebogenen Seiten vergleichbaren Formen den Durchschnittsflächen durch Schlieren-Körper der Grundmasse eines unter Fluctuation der Masse festgewordenen Erstarrungsgesteins verglichen mit spe- ciellem Hinweis auf ganz ähnliche Erscheinungen in Rhyolithen aus Nordamerika, auf welche ihn Herr Zii$kel während seiner im Leipziger Institut ausgeführten Untersuchungen aufmerksam machte.-) Fa zieht daraus den Schluss, dass .,die Identifi- „cirung dieser flaserigen Porphyre der Lennegegend", die „mit „Ausnahme derjenigen vom Steimel l)ei Schameder und vom ., Weinberg bei Brachthausen wirkliche eruptive Porphyre" sind, „mit den Porphyroiden des Taunus, der Ardennen etc. ^) Die Porphyre und Grönsteine des Leiinegebietes in Westfalen, TscHERM. Mineral. Mitth., 1877, pag. 127 ff. -) a. a 0., pag. 156, IQ2 Gesellschaft naturforschender Freunde. und die Bezeichnung der ersteren als solche nicht gerecht- fertigt'' sei. ^) Nachdem ich bereits 1869 zum Zwecke einer Vergleichung der Verhältnisse im Harz und in Rheinland - Westfalen das Sauerland besucht habe und im Laufe des verflossenen Jahres ganz speciell auf dem Steimel bei Schameder im Wittgenstei- nischen gewesen bin behufs Orientirung an Ort und Stelle über das durch den Abdruck eines scharf ausgeprägten Homa- /owo^ws-Schwanzschildes classische '-) Porphyroid, kann ich diese Abtrennung des Gesteins von Schameder von den übrigen „Flaserporphyren" nur als unnatürlich bezeichnen, i^uch Herr Mehker, der nur einige dargeliehene Handstücke zum Zwecke 1) a. a. 0. pag. 177. Es kann daher nur auf einem Missverständ- uiss beruhen, wenn es in der Notiz über die 2. Ausgabe der geolog. Uebersichtskarte der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen, pag. 59 von dieser Abtheilung der Lennepor[)hyre heisst: „Porphyroide, schie- ferige und flaserige Porphyre, von Mehner, Rothpletz, Dathe, Kal- KowsKY als Porphyrtuife erkannt." Weder Herr Mehner noch einer der anderen drei hier aufgeführten Fachgenossen hat sich meines Wis- sens jemals im Sauerlande geologischer Beobachtungen halber aufge- halten. Herr Rothpletz hat allerdings Porphyroide als Tnffgesteine aus dem durch ihn kartirten Oberdevou von Frohburg, Langenleuba und Lastau in Sachsen beschrieben, hat aber darin nicht etwa Porphyr- tuife, sondern zuerst (Sitzungsber. d. Naturforsch. Gesellsch. i. Leipzig, 1876, p. ^'^) Diabastuffe mit Quarzsandkörneru, später 1878 (Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges., XXX. Bd., p. 556) Quarzdiabasporphyrtuffe erkannt; schliesslich heisst er 1880 (Erläuterungen zu Bl. Langenleuba, pag. 15) seinen massigen Porphyroid einen eruptiven Quarzdioritporphyr, ent- sprechend anderweitig in Sachsen von ihm beobachteten Quarzdiabas- porphyren, indem er aus derselben Analyse einen Labrador herleitet, aus der die Erläuterungen zu Blatt Rochlitz (pag. 28), wie mir scheint, ganz richtig auf Natronfeldspath geschlossen hatten. Ich habe unter Herm. Credner's ebenso liebenswürdiger, als lehrreicher Führung die Porphyroide von Lastau gesehen und halte die massigen Gesteine da- selbst für durch Mikroperthit , Orthoklas und Albit ausgezeichnete Quarz-Keratophyre. Die Herren Kalkowski und Dathe haben meines Wissens über Porphyroide Nichts publicirt; letzterer hat allerdings porphyroidische Sericitgneisse aus dem Phyllit bei Döbeln beschrieben, ist aber weit davon entfernt, Porphyrtuft' darin zu erblicken. -') Cf. v. Dechen's Karte in Karst, u. v. Decken s Arch., XIX. Bd., pag. 420 u. 444, und die von Gust. Bischof in s. Lehrbuch d. Geologie an diese Beschreibung geknüpften Folgerungen. Sitzung com 20. November 1883. 163 seiner lediglich an diesen und vorzugsweise nur mit dem Mikroskop ausgeführten Untersuchung zur Verfügung hatte, kann selbst nicht umhin, die „vollkommene Uebereinstimmung der mikro- skopischen Structur beider% d. h. des „Gesteins von Schameder" und „der übrigen iiaserigen Porphyre" ausdrücklich zu betonen. ^ Da nun andererseits „die Structurverhältnisse der Grundmasse „die Ansicht ausschliessen, als ob diese schieferigen Porphyre „Tutfgesteine seien'' '-), so ist es offenbar wesentlich der Homa- lonotus, welcher den Ausschlag zu Gunsten der Zurechnung des Gesteins zu submarinen, tuffigen Schichtgesteinen giebt. 3) Denn , wenn Herr Mehjser überdies auf eine stoffliche Ver- schiedenheit des Inhalts der „Schlieren" des Gesteins von Schameder und derjenigen der übrigen von ihm untersuchten „Flaserporphyre" hingewiesen hat, so hat er doch andererseits gewissenhaft verzeichnet, dass auch in den von ihm als Eru- ptiv-Porphyre angesprochenen Gesteinen „von Altenhundem, von „der Bigge und vom Bratschkopf bei Olpe einzelne Schlieren „vorkommen, die ganz oder theilweise so ausgebildet sind, wie „die eben beschriebenen im Porphyr vom Steimel bei Scha- „meder." ^) Dies kann ich nur bestätigen und in Berichtigung der MEHNERschen Beschreibung °) hinzufügen, dass auch der umgekehrte Fall vorkommt, dass nämlich auch Quarz- und Feldspath-Mosaik an den „Schlieren" des Gesteins von Scha- meder hie und da Antheil hat. — Dabei kann meines Erachtens von Schlieren bei allen diesen Gesteinen keine Rede sein. Denn die echten Schlieren der Erstarrungs- gesteine sind wie die Sphaerolithe oder die zuweilen an ihre Stelle tretenden walzenförmigen oder sonstwie langgestreckten Körperchen, die ich z. B. 1866 aus einem dem Auerberg- Gangsystem zugehörigen Porphyrgange westlich von Günters- 1) a. a. 0 pag. 161. 2) a. a. 0. pag. 177. 3) a. a. 0. pag. 164. 4) a. a. 0. pag. 161. 5) a. a. 0. pag. 160 heisst es: ,im Gegensatze zu den übrigen schiefrigen Porphyren werden die Schlieren hier niemals von Quarz und Feldspath zusammengesetzt." 10 1 (34 Gesellschaft naturforschender Freunde. berge im Harz bekannt gegeben habe ^) und die Zirkel recht passend iVxiolithe genannt hat, concretion är e Entmischungs- bihiungen. Dahin gehören auch die von Herrn Mehner zum Ver- gleich für seine .^Schlieren" aus den „Flaserporphyren" herange- zogenen bizarr geformten axiolithischen Erstarrungsgebilde aus den Rhyolithen Xordamerika's. -) Dagegen muss ich die nur äusserlich z. Th. täuschend diesen Axiolithen ähnlich ge- stalteten Silicatnestchen der Lennegesteine nach ihrer häufig sichtlich senkrecht oder divergent zur Begrenzungsfläche von Aussen nach Innen gewachsenen oder concentrisch geordneten Füllungsmasse und nach deren Mineralnatur, an der sich ausser Quarz und Feldspath, Viridit, sericitisch filziger Glimmer, Kalkspath, örtlich auch wohl Opal betheiligen, viel- mehr für secretionäre Entmischungsgebilde halten, vergleich- bar bis zu einem gewissen Grade meinen Primärtrümchen. Gegen die Deutung auf Schlieren von Erstarrungsgesteinen spricht überdies der Umstand, dass die hier in Rede stehenden Körperchen nicht nur den Hauptantheil der eigentlichen Grund- masse der fraglichen Gesteine bilden, sondern auch mitten in den Thonschiefermassen gefunden werden, welche darin eingeschlos- sen vorkommen. Wie im Phyllitgneiss des Fürstensteins bei Goldkronach , so können auch diese Thonschiefereinschlüsse leicht einer verschiedenen Beurtheilung unterzogen werden, je nachdem sie als fremde Einschlüsse in einem schiefrigen Eru- ptivporphyr oder aber als wesentliche Bestand massen eines sedimentären Silicatgesteins aufgefasst werden. In der durch grosse Objectivität ausgezeichneten Beschreibung des Herrn V. Decken heisst es diesbezüglich: „die Partieen von Schiefer, „welche sich an so vielen Punkten in den schiefrigen P^eld- „spath- führenden Gesteinen finden, können nicht als Bruch- 1) Zeitschr. d Deutsch, geol. Ges. Bd. XIX. pag. 13. -) Es war mir zunächst nicht möglich, diese Axiolithe direct mit den Structurformen der Porphyroide von der Lenne zu vergleichen, da eine an Herrn Zirkel gerichtete Bitte um seine Originalpräparate von ihm dahin beantwortet wurde, dieselben seien nach der Untersuchung der Gesteine vom 40. Parallel an Herrn King zurückgesendet worden und würden in Amerika als Belegstücke aufbewahrt. Fig. 1 u. 4 , Taf. VII. der ZiRKEL'schen Publication können indessen zur Orientiruug dienen. Sitzung vom 20. November 1883. 165 „Stücke bezeichnet werden, es sind oft dünne Flasern mit ge- „zahnten und sicli verlaufenden Rändern." ^) Herr Mehner sagt in seiner Beschreibung: „z. Th. sind es scharf begrenzte ab- „gerundete Stücke, z. Th. unregelniässig begrenzte, lappen- „förmige Gebilde mit vielfach zerfetzten und zerrissenen Rcän- „dern" , was mit meinen eigenen Beobachtungen übereinstimmt. Hieraus, wie aus dem wolkigen und streifenförmigen Vorkom- men von in seine Bestandtheile aufgelöstem Thonschiefer- material in der Nachbarschaft der zusammenhängenden Schiefer- partieen und aus dem Eindringen der Grundmasse in letztere schliesst er auf die Bearbeitung eines meistens noch schlammi- gen, noch nicht erhärteten Schiefersediments durch das Eruptiv- magma eines Porphyrs.-) Die tadellose Schärfe der Form- ausprägung, mit welcher (beispielsweise in den Gesteinen vom Töteberge und vom Burhagen bei Altenhundem ^) , aus dem Veischedebache und vom Burgfelsen bei Bilstein) die wasser- hellen concavseitigen Drei - und Vierecke und die anderen mannigfaltigen Bogenformen isolirt aus der dunklen Schiefer- masse hervortreten , dürfte indessen , ganz abgesehen von der Natur und Anordnung der Mineralien im Innern der Ausschei- dungen, die Vorstellung eines Eruptivmagmas nicht zulassen, recht wohl dagegen die einer Verquickung von Silicatlösungen mit Sediment. Im Gestein vom Steimel bei Schameder beobachtete ich ausser den gewöhnlichen fetzen- oder flaserartigen Thonschiefer- partieen recht häutig rundliche, parallel der Schieferung etwas abgeplattete, ganz sichtlich concretionäre , dunkelblauschwarze bis rauchgraue, kirschkerndicke Nüsschen von Schiefer oder auch von härterer Adinol- oder Hornsteinmasse. Ein Dünnschliff durch ein solches Nüsschen zei^t in sehr lehrreicher Weise ein 1) a. a. 0. pag. 437-438. -) a. a. 0. pag. 152. 3) In dem Gestein vom Töteberg fand ich einen wohlerhalteneu Ten- taculiten in dunkelblaugrauer Scbieferflaser, am Burhagen fand ich das allerfrischeste Material ; Herr Mehner giebt auch einen massigen, quarz- haltigen Eruptivporphyr von Altenhundem an; die Beschreibung des Herrn v. Decken weiss von einem solchen an dieser Stelle nichts; viel- leicht liegt hier eine Verwechselung mit der Localität Oberhundem vor. 10* \ßß Gesellschaft naturforschen der Freunde. tangentiales Anschmiegen der zierlichen Grundmassenstructur um die zu drei Viertel rundbogige, zu ein Viertel mehr wie ein unregelmässiger Bruchrand gestaltete Contur der durch die dunklere Pigmentirung scharf abgegrenzten kleinen geballten Masse ; zugleich nimmt man an die Hundert ganz derselben kleinen Formelemente, welche die Grundmassenstructur des Gesteins ausmachen, in zonenweiser, concentrischer Anordnung im Innern des Bällchens, zumal in dessen Kern angehäuft, wahr, indem sie der regelmässig gestalteten Aussengrenze folgen, an die unregelmässige dagegen unabgelenkt heran- setzen. Alle diese Erscheinungen führen sichtlich weit eher auf die Molecularfluidalstructur Vogelsang's oder die Mi- grationstextur Gümbel's, als auf die Fluctuation magma- tischer Massen hin, wie sie E. Weiss, Vogelsang und Zirkel zuerst beschrieben haben. Dabei mag die Deutung der concav- bogigen Formen im Einzelnen noch einigen Spielraum zulassen. Die mehr grade gestreckten Knochenformen erinnern häufig auffallend an Pseudomorphosen nach Feldspathleisten ; für die concavlinigen Dreipässe und Vierpässe und für die Sichel- und Ringfiguren könnte man an perlitische Sprünge in sich zusammen- ziehenden Substanzen denken, während moleculare Entmi- schungsprocesse und schliesslich der Faltungsdruck, letzterer namentlich für Stauchung, Zerrung und Parallelrichtung, nicht ausser Acht bleiben dürfen. — Es sind diese mit Schieferflasern und Feldspath, vorherrschend jedenfalls Plagioklas-Krystallen ausgestatteten Gesteine, die ausser dem Vorkommen von Scha- meder ganz besonders auf der Streichlinie der Schichten längs des Veischede- und des Lennethals zwischen Dorf Veischede und Hundesossen auftreten , sonach als porphyroidische Schichtgesteine anzusehen. In dieser abweichenden Auflfassung werde ich dadurch bestärkt, dass in Harzer Porphyroiden, aus welchen ich die Primärtrümer zuerst beschrieb, und in zugehörigen dichten, wetzschieferartigen Gesteinen , wie sie z. B. am Andreasberge ^) nahe bei den Dreiannen im Trittwege nach Wernigerode an- 1) Nicht zu St. Andreasberg. Sttzun;/ vom 20. Novemher 1883. 167 Stehen, sowohl an Felsit- oder Adinol-, wie an Sericitglimmer ^)- Nestchen die Structurform dieser Lenne-Porphyroide wieder- kehrt. Ani charakteristischsten findet sie sich in den mir erst später bekannt gewordenen, bald sericitisch-schiefrigen , bald mehr massigen Porphyroiden auf der Ostseite des Brockens aus dem Drengethale u. s. w. ; bei Rübeland und Treseburg tritt sie anderen Structuren, zumal der flasrig-körnigen, gegen- über weit mehr zurück, während doch gerade hier ihr Zusam- menvorkommen mit normalen Primärtrümern in einzelnen Por- phyroiden, wie z. B. in einem im Handstück massigen und sehr porphyrähnlichen Quarz-Orthoklas-Porphyroid aus dem Forst- ort Brauneweg bei Rübeland-) und in einem ebenfalls ganz flaserarmen Quarz-Albit-Porphyroid aus dem Schreckensthal ^) ^) Ich kann in dem Hauptanthcile der Ausfüllung der Nestchen („Schlieren") des Gesteins von Schameder und der ihm analogen Porphy- roide nur sehr fein blättrig - verfilzten und daher wenigstens im physi- kalischen Sinne sericitischen Glimmer erkennen. Herr Mehner giebt selbst die Aehnlichkeit der Polarisationsfarben mit denjenigen der Kali- glimmer-Aggregate zu, wenn er die Füllung trotzdem für „eine sehr fein- „krystallinische Masse erklärt, deren Gemengtheile sich Jedoch nicht zu „wiikhcher Individualisation zu erheben vermochten", und doch von Nädelchen (statt von Leistchen) spricht, so ist das eine wenig klare Ausdrucksweise. ■^) Massiges Quarz - Orthoklas -Porphyroid von Brauneweg (I.) und flaserarmes Quarz-Albit-Porphyroid aus dem Schreckensthal (11.) ergaben: (KiNKELDEY.) (FuHRMANN.) 1. II. SiOa . . . 83,32 85,66 TiO. (ZrO.) - Spur AlA- . . 8,38 7,66 Fe.,03 . . 0,10 — FeO . . . 0,29 0,25 MgO . . . 0.02 0,41 CaO . . . 0,07 0,48 Na,0 . . . 0,66 4,00 K2O . . . 5,75 0,18 H,0 . . . 0,61 0,57 P2O5 . . . 0,06 0,20 SiOa*) .__ 0,10 0,34 99,36 99,75 *) auf FeS2 zu ' ^^errechnen. Spec. Gew. 2,626 2,567. 2ßg Gei^elhcJinft jiatiirforscliender Freunde. zwischen Treseburg und Altenbrak, sehr lehrreich ist. Lehr- reicher noch ist, dass auch in Präparaten phyllitgneissartiger Gesteine, die in den Thalgehängen des unteren Lupbode-Thals und an dem seitlich nach dem Weissen Hirsch und nach Friedrichsbrunn daraus abzweigenden Fahrwege anstehen, jene concavbogig begrenzten Quarz-Feldspath-Nestchen nicht fehlen. Aber auch im Rheinisch- Westfälis chen Sohiefer- gebirge kommen ausserhalb des Sauerlandes nicht minder Porphyroide vor, welche die Structur und die glimme- rige Füllmasse der concavbogigen Nestchen des Gesteins von Schameder getreu wiederholen. Bereits Herr v. Decken hat frühzeitig ^) nach Stifft's Geognostischer Beschreibung des Herzogthums Nassau (pag. 41) auf solche Analogien mit seinen Lenneporphyren aufmerksam gemacht und 1867 habe ich die- sen Hinweis auf die sogenannten „Feldspathgrauwacken'' in den Beschreibungen Stifft's, Sandbeuger's und Grändjean's wieder- holt, indem ich erklärte, „ein Handstück von Niederdresseln- dorf ist nichts weniger als Grauwacke'', und zugleich Stifft's Speckstein, ebenso wie v. Dechein's Talk als Sericit ansprach. ^) Zwei Jahre später ^) machte ich auf Dieffenbach's ^) Albit- führende Schieferporphyroide mit unterdevonischer Fauna vom Hausberge bei Nauheim aufmerksam, welchen die ebenfalls pe- trefactenführenden Porphyroidgesteine entsprechen, die Streng 1875 der Deutschen Geologischen Gesellschaft vorlegte^), sowie die von Bodenrod durch denselben Autor gesammelten. Karl Koch hat alsdann in seiner letzten grösseren Abhandlung „Ueber die Gliederung der rheinischen Unterdevonschichten zwischen Taunus und Westerwald" unter Aufrechterhaltung des Namens „Feldspath grau wackc abermals die Parallele mit „einem Theile der sogenannten Lenneporphyre" '^) gezogen und die wichtige Beobachtung mitgetheilt, dass diese seine Feldspath- 1) a. a. 0. pag. 440. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges., 1867., XIX. Bd., pag 671-G73. ==) ibidem XXL Bd., pag 330. ^) Vergl. Dieffenbach's Text zu Bl. Giessen der geolog. Specialk. des Grossherz. Hessen pag. 13. ^) Zeitsbhr. d. Deutsch, geol. Ges., Bd. XXVII., pag. 734. '^) Jahrb. d. kgl. preuss. geol. Landesaust. u. Bergak. 1880., p. 192. Sitzumj vom 20. Novemher 1883. 169 grauwacken in so inniger Wechsellagerung mit den petrefacten- reichen SinghofenerPelecypoden sc hiefern (,,Pterineen- schiefern") vorkommen, „dass hier kein Zweifel bestehen kann, dass die Gesteine von beiderlei Habitus zusammengehören." ^) Er ordnete diese zwischen Taunus und Westerwald beobach- teten Gesteine in den Horizont seiner „ Unter en-Coblenz - Schichten" ein, ohne damit behaupten zu wollen, „dass alle Feldspathgrauw^acken in ein und demselben Horizont liegen." Ein behufs Aufklärung eines eventuellen Zusammenhangs zwischen der Keratophyr-Formation und der natronreichen Ab- theilung der Porphyroide im Laufe des verflossenen Sommers unternommener kurzer Besuch der Lahngegend zwischen Diez und Laurenburg bot mir unter meines CoUegen E. Kayser lehrreicher Führung Gelegenheit einige dieser „Feldspathgrau- wacken" an Ort und Stelle kennen zu lernen. Waren wir Beide nach unseren Erfahrungen im Harz alsbald einig, dass hier kein als Grauwacke zu bezeichnendes Gestein vorliegen könne, so hat bereits die erste vorläufige mikroskopische Un- tersuchung der theils selbst gesammelten, theils mir durch die freundliche Vermittelung meines Collegen und des Herrn A. Streng zugegangenen Gesteine von Diez, Singhofen, vom Südufer der Lahn unterhalb Laurenburg, nordöstlich vom Neidhofe, und vom Nordufer des Flusses etwas oberhalb Balduinstein, sowie von Bodenrod eine so wesentliche Uebereinstimmung mit der GrundmassenbeschafFenheit und besonders der charakteristischen Grundmassenstructur des Gesteins von Schameder ergeben, dass die Zusammengehörigkeit aller dieser Gesteine als gesichert angesehen werden darf. Der augenfälligste Unterschied ist der constante Gehalt an sehr kleinen bis mikroporphyroidischen, unbestinimt begrenzten Quarzkörnchen in den nassauisch-hessi- schen Gesteinen, die dem Gestein von Schameder fehlen-). Nir- gends dagegen fand ich Structurverhältnisse, wie sie den Grau- wacken des Harzes^), einschliesslich der sericitischen Flaser- 1) a. a. 0. pag. 216. ^^) Auch der Mangel frischer, unveränderter Feldspatheinsprenglinge ist gegenüber dem Gestein von Schameder zu bemerken, kann aber leicht auf Zufall beruhen. 3) Die Erläuterungen zu den Messtischblättern Ilarzgerode, Pans- felde, Schvvenda, VVippra geben darüber detaillirte Auskunft. 1 70 Geselhchuft naturforschender Freunde. Grauwacken der regionalmetamorphischen Zone von Wippra, oder den Flaser- Grauwacken von Brabant (porphyroides cla- stiques de la Vall^e Poussin's und Renard's ')) oder den seri- citisch-glimmerigen Sandsteinschiefern aus dem Niveau des Tau- nus-Quarzits (Hermeskeiler Schichten) eignen. Gesteine mit concavbogigen felsit- oder adinolreichen Sili- catnestchen vom Typus der Porphyroide von Altenhundem und Bilstein sind mir unter diesen nassauisch -hessischen Por- phyroiden nördlich des Taunuskamms noch nicht begegnet. Ob sie wirklich im Gegensatze zu letzteren und zu dem ebenfalls unterdevonischen Gestein von Schameder nur zwischen mittel- devonischem Lenneschiefer aus dem Niveau der Calceola san- dalina vorkommen, so dass beiderlei Ausbildungsweise an einen mehr oder weniger bestimmten Horizont gebunden wäre, muss vor der Hand unentschieden bleiben. Hat doch noch jüngst Herr v. Decken daran erinnert, dass die Sedimentärgeologie des Sauerlandes seit vierzig Jahren ruhe ''^). Die ansehnlichen Quarzitmassen des Ebbe-Gebirgs und die kaum weniger unbe- deutenden, die ich zwischen dem Olpe- und dem Yeischede- Thale kreuzte, deuten vielleicht darauf hin, dass man bei einer Detailkartirung auch ältere Schichten im Lennegebiete nach- weisen werde. Aber auch im Harze hat es nicht gelingen wollen, alle Porphyroide ein und demselben Niveau einzureihen. Die geologische Uebersichtskarte giebt solche vielmehr sowohl aus den Unteren Wieder Schiefern im directen Liegenden des Hauptquarzits, d. h. aus den Altersäquivalenten des hercynischen Graptolithenschieferhorizonts, als auch aus dem Oberen Wieder Schiefer im Hangenden des Hauptquarzits an. Calceolaschich- ten fehlen im Mittel - Harze vollständig; es könnte daher allerhöchstens an einen Altersvergleich zwischen den Porphy- roiden aus dem Unteren Wieder Schiefer im Harze und den- jenigen aus Koch's Unteren-Coblenz-Schichten gedacht werden, 1) Vergl. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges . Bd. XXVIII., pag. 770-773, woselbst die Autoren eine präcise Auseinandersetzung über die Anwen- dung des Wortes Porphyroid in ihrem ausgezeichneten Werke über die Brabanter und die Ardennengesteine gegeben haben. -) Notiz über die 2. Ausgabe der geolog. Uebersichtskarte der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen pag. 52. Sitzung vom 20. November 1883. 171 aber auch dieser unterbleibt besser, bis bestimmtere Resultate, zumal aus dem ausgedehnten Rheinisch- Westfälischen Schiefer- gebirge, gezeitigt sein werden. Immerhin mag es indessen als ein P^ortschritt in der Er- kenntniss bezeichnet werden, dass überhaupt von der Einord- nung dieser metamorphischen Gesteine in feste Niveaus die Rede sein kann. Wir nähern uns damit sichtlich der Er- füllung jener Grundbedingung für das Verständniss metamor- phischer Vorgänge, die ich auf der ersten Seite meiner ersten Abhandlung über Porphyroide mit Sperrschrift hervorgehoben hatte, dem Nachweise: „welches Gestein nach seiner „ursprünglichen petr ographi seh en Beschaffenheit „und bestimmten relativen Lage innerhalb der „Schichtenfolge in verändertem Zustande vor- „liegt^)". Mit dieser Forderung habe ich von vornherein jene vage Vorstellung von Metamorphismus zurückgewiesen, die das fertige Mineralaggregat des metamorphosirten Gesteins ganz ausser Beziehung zu der ihm zu Grunde liegenden ursprüng- lichen, sedimentären oder eruptiven, Gesteinsbildung setzt. Später habe ich dann in diesen Sitzungsberichten ^j noch ganz beson- ders hervorgehoben, dass die metamorphosirten alten Erstar- rungsgesteine, die ich z. Th. schon 1869^) als solche bezeich- net habe, jener Forderung am meisten gerecht werden, weil ein „festes Gestein, von ganz bestimmter Mineralaggre- „gation, che misch er Durch Schnittszusammensetzung „und Structur" ihrer Metamorphose zu Grunde gelegen hat. Die Bedeutung, welche TufFbildungen als diejenigen Trümmer- gesteine, die noch am ehesten die Herkunft des klastischen Materials von einer bekannten Gesteinsbildung erkennen lassen, 1) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1869, Bd." XXI., pag. 281. '') Märzsitzung 1878, pag. 93. 3) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXL, pag. 298, wo bereits von den besonderen Eigenschaften der „Diabase des Hornfelsgebietes" um den Rammberg die Rede ist; eine Detailbeschreibung solcher Dia- base geben die Erläuterungen zu Blatt Harzgerode (pag. 79 ff.), wäh- rend die zu den Blättern Wippra (pag. 43 ff.) und Schwenda (pag. 34 ff.) von den metamorphischen Diabasgesteinen des regionalmetamorphischen Südostharzes handeln. 172 Gesellschaft naturfomchender Freunde. für die Erklärung von Porphyroiden haben können, war mir somit (vergl. das Citat auf pag. 155) keineswegs entgangen. Wenn ich trotzdem grade vom Harz her metamorphische Umbildungsprozesse eines zu einer bestimmten Eruptiv- formation gehörigen TufFmaterials zu Gunsten einer Deu- tung der dortigen Porphyroide nicht verwerthet habe, so lag dies in erster Linie an der ünbekanntschaft mit einer palaeo- pl u to n i s ch e n *) porphyrischen Eruptivformation im Harze, die ihrem mineralischen und chemischen Bestände nach hätte in Betracht gezogen werden können. Für die Albit- Porphy- roide mit Adinol- Grundmasse lag es unter diesen Umständen nahe, stoffliche Beziehungen zu den \m Harze ungemein und zwar grade im Graptolithenschieferhorizonte verbreiteten Adi- nolen, Desmositen und Spilositen der Diabas-Contactmetamor- phose zu suchen, umsomehr als die ersten Porphyroide, die ich kartirte, thatsächlich unter recht auffälligen Umständen neben Diabasen anstehend gefunden wurden. ^) Zugleich aber sind diese zuerst aufgefundenen Gesteine zusammt dem daneben anstehenden Diabas, sowie zahlreiche andere Porphyroidvor- kommen auf der Ost- und Südseite des Brockens und auf der Nordwestseite des Rammbergs von der Granitcontactmetamor- phose so deutlich in ihrer Gesteinsnatur beeinflusst, dass auch darin ein Fiogerzeig gegeben schien. ^) Eine stoffliche Anleh- nung der Orthoklas - Porphyroide an den Diabas und seine Contactgesteine war ja überdies unmögUch; auch treten weitaus ^) d. h. nicht palaeolithisch im Sinne von Gümbel und Roth, sondern palaeoplutoniscli in meinem Sinne, d. h. älter als die produetivo Stein- kohlenformation, mit der unser Flötzgebirge beginnt, während die Kulm- formation noch zum Uebergangsgebirge der alten Gebirgskerne zählt. Hier gilt es eben geologische und nicht zoologische Factoren reden zu lassen- Die wesentlich nur nach den Seethieren gegriffene und bereits mit der Saccession der Landthiere und nach E. Weiss insbesondere mit derjenigen der Pflanzen nicht harmonirende geologische Zeiteintheilung passt schlechterdings für eine klare Uebersicht über die Eruptions- zeitalter nicht -) Man vergleiche ausser der älteren Literatur die Erläuterungen zu Bl. Harzgerode, pag. 78. ^) Vergl. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1874, Bd. XXVI, pag. 898 und 899 in Anm., sowie 1875, Bd. XXVII., pag. 967 if. Sitzung vom 20. November 1883. 173 die meisten Porphyroide des Harzes an den einander zuge- kehrten Seiten der beiden grossen Granitstöcke theils innerhalb der Granitcontacthöfe, theils in innigem Anschluss daran auf; ausserhalb des Gebietes zwischen diesen Granitmassen fehlen solche Gesteine gänzlich. Nun ist aber dieses Zwischengebiet zugleich das der El- bingeroder Mulde im weiteren Sinne des Wortes, die nach und nach mit der voranschreitenden Forschung eine etwas abwei- chende sedimentäre wie eruptive Facies im Vergleich mit der Süd- und der Selkemulde hat erkennen lassen. Der Nachweis der Natron-Syenitporphyre (Keratophyre) und Natron -Quarz- porphyre (Quarz- Keratophyre) ^), welchen nur sehr spärlich Gesteine mit entschieden vorherrschendem Kaligehalt und wenig Quarz parallel gehen, und von Uebergangsgliedern von Kera- tophyr zum Diabas, die vorläufig Keratophyr- Diabas heissen mögen , bildet einen der charakteristischsten Züge dieser ab- weichenden P'acies. Mit ihm könnte zugleich die Grundlage für eine Keratophyr-Tuft'- Formation als ursprüngliches stoff- liches Substrat der Darz - Porphyroide gegeben scheinen. In der That lassen sich auch Quarz, Orthoklas, Albit, sericitischer Glimmer als Uauptgemengtheile , ein chloritisches Mineral, Kalkspath und Eisenoxyde als mehr zurücktretende oder auch ganz fehlende Gemengtheile vieler Harzer Porphyroide unter den Neubildungen in den angeführten Eruptivgesteinen nach- weisen. Bedeutsamer aber ist wohl noch das Vorkommen des Mi kroperthits, jener durch ihre Structur für den Keratophyr so charakteristischen Verwachsungsweise von Albit und Ortho- klas, auch in den Porphyroiden aus der Umgebung des Ramm- bergs und Brockens, und zwar z. Th. in sichtlich fragmentären Krystallkörnern ; Titaneisen mit Leukoxenbildung, ebenfalls charakteristisch für die Keratophyre, fehlt auch nicht. Da- gegen sind umgekehrt die häufig erbsgrossen Quarzdihexaeder von dunkelgraublauer bis tintenblauer Farbe und mit jener auifälligen Anlage zur Spaltbarkeit, welche eine nicht regellose, sondern regelmässige, wabenförmige Zersprengung begünstigt (vgl. oben pag. 158 Anm. 0), obwohl in den Porphyroiden gar nicht ^) Vergl. das Oitat auf pag. 160, Anra. ^) und die Analysen pag. 178. 174 Geselhchaft naturforschender Freunde. selten, in den Quarz-Keratophyren und ihren kalireicheren Be- gleitern im Harz bisher noch nicht gefunden worden. Der Quarz dieser Harzeruptivgesteine steckt allermeist in der (ürund- niasse und erreicht, wenn er einmal porphyrisch daraus hervor- tritt, nicht die Grösse jener porphyroidischen Quarzkörner, noch auch theilt er ihre vorbenannten Eigenschaften. Des- gleichen wurden tintenfarbige, stark wolkig pigmentirte Feld- spathe, wie die aus den Porphyroiden von Rübeland, Elbinge- rode und Friedrichsbrunn, in den palaeoplutonischen Porphyr- gesteinen des Harzes bislang noch nicht beobachtet, während die dunkelfärbende Substanz in jenen Porphyroiden nicht nur in den porphyroidischen Einsprengungen, sondern auch in den Primärtrümern und auf Sprungspalten der Einsprengunge — keineswegs aber allein auf solchen Spältchen — abgelagert wahrgenommen w^ird. Vor Allem aber ist noch nirgends ein Zusammenlagern von Porphyroiden mit dem Keratophyr und seinen Begleitern im Harze beobachtet worden; diese Eruptivgesteine sind durchweg jünger als der Graptolithenschieferhorizont und vorzugsweise an der Basis jener Blatter- und Schalsteinformation ^) ent- wickelt, welche im normalen Profile zwischen Stringocephalen- Kalk (-Eisenerz) und Iberger Kalk oder Cypridinen-Schiefern lagert. In mitteldevonischen Tuffen unter jener Basis und in den Breccien darüber kommen Krystallkörner (z. B. Mikroper- thite) und Gesteinsfragmente der Keratophyr- Formation vor, aber diese deutlich klastisch- körnigen bis breccienartigen Tuff- gesteine haben keine Aehnlichkeit mit den Porphyroiden. Zunächst bietet also der Vergleich der beiden interessanten und stofflich sichtlich nahe verwandten Gesteinstypen vom Harze allein her noch wenige Anhaltspunkte für die Auffassung der Porphyroide als metamorphische Tuff'bildungen. Angesichts der sichtlichen Zusammengehörigkeit unserer palaeoplutonischen Eruptivformationen in Rheinland -Westfalen, Thüringen, Sach- sen, im Fichtelgebirge, Voigtlande und im Harze erscheint es aber doch geboten, den Vergleich späterhin auf erweiterter^) Erfahrungs- ^) Schiefriger Diabasmandelstein (Pseudo-Tiiff) und schiefiiger Diabastuff nebst grobstückigen Breccien. 2) Auch Niederschlesieu darf nicht ausser Betracht gelassen werden, Sitzung vom 20. November 1883. 175 grundlage wieder aufzunehmen. Diese Grundlage vorzubereiten ist Zweck dieser Zeilen. Wenn wir erst einmal einen besseren geologischen, chemischen und mikroskopischen Nachweis über die ganze Formation der palaeoplutonischen Quarzporphyre und Feldspathporphyre und speziell über die natronreichen Quarz- keratophyre und Keratophyre von den cambrischen und siluri- schen Gesteinen bei Hof bis zu den oberdevonischen in Sachsen haben werden, wird zuversichtlich eine reifere Entscheidung herbeigeführt werden können über die ursprüngliche Natur der Porphyroide und der damit zusammenhängenden Phyllitgneisse. Vorläufig mag hier darauf hingewiesen werden, dass Mikro- perthit in dem Keratophyr von Oberneisen an der Aar oberhalb Diez, in dem wohl auch hierher gehörigen Porphyrgesteine von der Papiermühle bei Weilburg *) und in den schönen Quarz- keratophyren Sachsens (Quarzdioritporphyren Rothpletz, vergl. oben pag. 162 Anm. 0) vorkommt, in letzteren Gesteinen z. Th., wie schon Rothpletz beobachtet hat, von tintenschwarzer Farbe und dann im Dünnschlifl" stark wolkig getrübt. Aus dem Sauerland sei der mit der herrlichsten Fluctuationstextur, mit Trichiten und mit davon unabhängig oft radialfaserig erstarrter Grundmasse ausgestatteten Quarzkeratophyre ohne sichtbar aus- geschiedenen Quarz (v. Dechek's quarzfreier massiger Feldspath- porphyre) gedacht, die einen Theil der Porphyrformation von Pasel an der Lenne bilden. In diesen sauren Gesteinen ist der Zirkon, oft mit Titaneisen zusammengruppirt, so recht daheim, obwohl er auch den sichtlich basischeren Gesteinen, wie z. B. dem Keratophyr von Oberneisen nicht fehlt. Besondere Aufmerksamkeit wird die Untersuchung jenen palaeoplutonischen Porphyren zuwenden müssen, mit welchen flasrig-schiefrige Sericit- Gesteine in räumlicher Verbindung stehen. Als ich 1872'^) gelegentlich der Discussion der Thesen des Herrn v. Lasaulx schrieb: „die Thatsache, dass durch nachdem von Herrn Gürich (Zeitschr. d. Deutsch, geolog. Ges. 1882, Bd. XXXIV., pag. 714) eines noch näher darzulegenden Zusammenhangs zwischen Sericitschiefer und palaeoplutonischem Porphyr im Uutersilur gedacht worden ist. 1) Vergl. Hilger's Analyse im Neuen Jahrb. f. Min. 1879, p. 127. 2) Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. XXIV., pag. 763. 176 Gesellschaft naturforschender Freunde. „metamorphisclie Processe massige Gesteine, die häufig bereits „eine ursprüngliche Planparallelstructur besitzen , in schief- „rige, darum aber noch nicht in geschieh tete umge- „wandelt werden, ist unbestreitbar,'' habe ich unter Hinweis auf die notorische Umwaiidkmü; von Diabas in chioritische Schie- fergesteine *) die Umbildung eines Porphyrs in ein flasriges Sericitporphyroid auf dem Wege der Umwandlung: des primären Feldspaths durch Pinitoid-artige Umbildungsproducte zu sericiti- schem Glimmer hin als analoge, aber noch strenger zu bewei- sende Erscheinungen bezeichnet. x\usser den bereits 1878 (vergl. oben pag. 159) namhaft gemachten Pseudoporphyroiden, die durch Metamorphose des Porphyrs der Bruchhäuser Steine entstanden sind, kann ich den oben kurz charakterisirten Quarz- keratophyr auf dem rechten Lenneufer unterhalb Pasel (z. B. ca. 30 Schritte oberhalb des Kilometersteins No. 42,0) nach Be- obachtungen an Ort und Stelle als vortreffliches Beispiel einer solchen Masse anführen. Dieselbe Druckwirkung, welche das Nebengestein des Eruptivporphyrs zu Griffelschiefer gemacht hat, hat auch örtlich die massige Structur des Porphyrs in eine jener parallel orientirte schiefrige umgepresst, wobei sich Sericit-ähnlich filziger Glimmer auf den Structurflächen ^) mehr und mehr angehäuft hat, zu Anfang nur der alten Fluidal- structur des Massengesteins folgend oder vereinzelte Ruschel- flächen mitten in dem letzteren als dünnes Häutchen über- kleidend, schliesslich aber bis zur fast vollständigen Verdrängung des primären Mineralaggregates vorherrschend. Diesem Pseudo- Porphyroid sieht ganz ähnlich der porphyroidische Sericitschie- fer, welcher in den Eisensteingruben ") bei Oberneisen den Keratophyr begleitet, doch umschliesst dieses Gestein Bruch- ^) die, auch sericithaltig, zuweilen die schöusteu kleinen Rutile als Neubildungen zeigen, wie z, B. ein mir durch Herrn Grebe zugegaugeoes Gestein von Morbach, zwischen dem Dorfe und dem Schalsbache. -) Seriell auf Druckflächeu in Schiefergesteiiieu erwähnten De la Vallee u. Renard in ihrem durch viele scharfe Beobachtungen ausge- zeichneten Memoire aus dem KiastoPorphyroid von Moustieux, Roth- PLETz solche aus Alpengneissen cet. in seiner lehrreichen Abhandlung über das Carbon am Tödi. ■') Analog dem Eisenstein der Bunten (nicht der Blanken) Wormke und des Oberen (nicht des Unteren und des Weissen) Stahlbergs im Harz. Sit-iing vom 20. November 1883. 177 stücke von quarzitischem Sediment, so dass es entweder ein nietaniorphischer Keratophyr-Tuff oder eine metaniorphosirte Reibungsbreccie darstellt. Beide Gesteine von Pasel und Ober- neisen erinnern lebhaft an das verrusclielte Sericit-Porphyroid von Langenbach (vergl. p. 159). — Andere Porpliyroide des Lenne- gebiets, welche sich direct an uiassigc^) Porphyre anlagern, schei- nen ihrem Vorkommen nach in der That metamorphische Trüm- merbildüngen zu sein, wie denn die verdienstvolle Arbeit MEnM<:ii's vom Mikroskopiertische her einige Lennegesteine auch als Tuffe bezeichnet. Das mikroskopische Studium wird den silificirten oder besser gesagt den felsitischen „Tuffen" eine grössere Auf- merksamkeit zuwenden müssen. Ein solcher felsitischer Thonstein mit wasserhellen Feldspath- und Quarzeinsprenglingen, der süd- lich des Netzbergs bei Ilfeld -) zwischen JNIelaphyr und Por- phyrit lagert, zeigt ganz analoge Structurformen, wie die con- cavbogigen Structurkörperchen der Lenne - Porphyroide , aber auch ein Theil der Lerbacher Adinolen am Oberharze lässt solche Nesteben in zierlichster Weise mit Albit oder mit Quarz erfüllt erkennen. Letztere in ihrer Bedeutung vielfach (Zeitsch. d. Deutsch, geolog. Gesellsch. Bd. XIX., pag. 693, Bd. XXIV., p. 738—789, Bd. XXIX., p. 349 u. 847, Bd. XXXI. p. 443) von mir gewürdigte, im Rheinisch-Westfälischen Schiefergebirge und im Voigtlande wiederkehrende Formation, auf welche die tüchtige Arbeit Wundkhlich's ^) das Interesse neuerlich wieder hingelenkt hat, scheint insbesondere einen eingehenden Ver- gleich mit dem ebenfalls als Band-Jaspis bekannten natron- reichen „felsitischen Tuff" von Gnandstein (vgl. Rothpletz in d. Erläuterungen zu Bl. Frohburg pag. 28) zu fordern. Viel- leicht liegt hier im Kulm eine jüngste Bildung in Beziehung zur Eruptivthätigkeit der Keratophyre vor. ^) Wenn Herr Mehner die 1867 von mir geäusserte Verrauthuu g. auch die massigen Lenneporphyre möchten vielleicht Hälleflint sein, 1877 noch als , unrichtige Ansicht" widerlegt, hat er ganz übersehen, was ich nach einem Besuch der Lennegegend 1874 (Zeitschr. d D. gcol. Ges. pag. 893 u. 901) geäussert habe, wie ihm denn auch die 1873 von mir in J. Roth's Beiträgen verötfentlicbte Analyse des E]ruptivporphyrs v. Olpe und die von mir citirten Beobachtungen Vogelsang's entgangen sind. -) Vergl. Beyrich, h',rläuterungen zu Blatt Nordhausen i)ag. 6. •^) Beiträge zur Kenntniss d. Kieselschiefer, Adinolen u. Wetzscliiefer des nordwestlichen Oberharzes, 1880. 178 Gesellschaft naturforschender Freunde. Zum Schlüsse mögen vorläufig dienende Analysen*) folgen: einige zur Orientirung I. IL IIJ. IV. V. VI. SiO, . . 80,42 54,41 70,97 61,86 61,67 60,02 TiOa (ZrOJ 0,06 0,54 0,25 0,10 0,34 0,60 AI2O3 . 9,22 27,04 13,84 16,58 17,47 16,12 Fe,03 . 1,22 1,88 3,21 2,17 1,37 7,58 FeO . . 0,62 0,11 0,78 6,39 3,92 0,03 MnO . — — 0,12 Spur Spur 0,08 iMgO . . 0,34 0,51 0,20 0,54 2,13 0,90 CaO . . 0,86 2,00 1,26 0,28 0,18 1,08 Na^O . . 4,50 1,14 6,27 4,98 8,52 5,07 K2Ö . . 0,62 6,71 1,57 5,34 3,38 6,24 H^O . . . 0,66 3,36 0,74 1,95 0,45 2,23 P,0, . . 0,06 0,08 0,08 0,11 0,06 0,07 CO2 . . 0,98 1,22 0,79 0,30 0,05 0,08 SO3 . . S 0,04 0,29 S Spur 0,12 0,00 0,06 Org. Sub* ,t. . 0,07 0,10 0,01 — 0,00 0,04 99,67 99,39 100,09 100,72 99,55 100,20 Vol. Gev I. . 2,652 2,754 2,709 2,701 2,611 2,64 Herr BeyRICH legte einige durch ihre ungewöhnliche Er- haltung auffallende fossile Pflanzenreste aus demNeo- com-Sandstein des Tönngesberges zwischen Hal- berstadt und Blankenburg zur Ansicht vor. Dieselben gehören zu dem v n Stiehler beschriebenen Farren Weichselia Ludovicae und sind zum Theil so erhalten, dass in knolligen oder walzenförmigen Concretionen das hohle Centrum dem ^) Quarzkeratophyr von Pasel ohne ausgeschiedenen Quarz (I. Jacobs); Porphyroidischer Sericitschiefer (Pseudo-Porphyroid) ebendaher (IL Jacobs); Quarzkeratophyr aus dem Mühlenthale zwischen Elbinge- rode und Rübelaud (IIL Jacobs); Keratophyr vom Ortberge bei Elbin- gerode (IV. Jacobs); Keratophyr vom Nordraude des Garkenholzes bei Rübeland (V. Jacobs); Syenitischer Keratophyr vom Bärenrücken am Herzogl. Wege bei Hüttenrode (VI. Pufahl). Die Gesteine III — VI. sind als Alter Syenit- (Orthoklas-) Porphyr in meiner Geognostischen üebersichtskarte des Harzgebirges eingetragen. Sitzung vom 20. November 1883. 179 dicken Blattstiel enspricht, von welchem die an der Aussen- seite in Form von zwei gegenüberstehenden Löcherreihen sicht- baren Hohlräuine der Seitenzweige abgehen. Besonders auf- fallend ist die an einigen Knollen vorhandene, der äusseren Form entsprechende bulbusartige Erweiterung des von dem Hauptblattstiel herrührenden Hohlraumes. Herr HiLGENDORF macht einige Bemerkungen über die sogenannte Krebspest, insbesondere über Psorospermium Haeckelii spec. nova. Epidemische Krankheiten, welche die Krebsbestände einer Gegend fast völlig vernichten können, sind in den letzten Jahren häufiger zur Beobachtung gekommen. Prof. Harz hat in einer Schrift „Die sogenannte Krebspest'', Wien 1881, Separat-Ab- druck aus der Oesterreichisch- Ungarischen Fischerei -Zeitung 1880 — 81, ausführliche Zusammenstellungen geliefert und auch die Resultate seiner Erfahrungen und Experimente mitgetheilt. Er kommt zu dem Ergebniss, dass wahrscheinlich die Anwe- senheit von Distoma cirrigerum v. Baer die Krankheit erzeuge, welches neben spärlichen Distoma isostomum Rud. allein als regelmässiger Entoparasit bei allen kranken Krebsen von ihm nachgewiesen werden konnte. Die aussen schmarotzenden Bra7i- chiobdella-Arten hält er im Allgemeinen für unverdächtig, weil sie auch bei gesunden Krebsen in grösserer Zahl vorkommen können, wenngleich er zugiebt, „dass diese Egel in vielen Fällen die Krebse sehr zu belästigen, selbst deren Tod herbeizuführen vermögen." Prof. Zaddach hat dann dem gegenüber geltend gemacht (Zoologischer Anzeiger, Band IV., pag. 398 und 426), dass er grade bei anscheinend ganz gesunden Krebsen zahl- reiche Distomen angetroft'en habe, und dass er überhaupt diese nur eingekapselt von Harz aufgefundenen Entozoen bedeuten- dere funktionelle Störungen anzurichten für unfähig halte. Ich möchte einen weiteren Einwand gegen die „Üistomatosis astacina^, wenigstens soweit sie mit der Krebspest überhaupt identisch sein soll, mir zu machen erlauben. Ich fand nämlich bei den drei Gelegenheiten, wo ich der Seuche erlegene Krebse unter- suchte, niemals Distomen auf. Auf den ersten Fall, die Seuche von Mitte August 1880, worüber Herr Micha bereits einige 1^0 Gesellschaß n n tu r/o r sehen der Freunde. Notizen veröÖentlicht hat, will ich dabei weniger Gewicht legen, weil ich damals wegen dringender änsserer Verhältnisse nur eine flüchtige Durchmusterung vornehmen konnte, die üistomen damals auch noch nicht in direkter Weise denuncirt worden wa- ren, mithin auf sie mein Augenmerk sich nicht besonders richtete. Allein bei den zwei diesjährigen Vorkommnissen (die erste Probe stammt aus der Neumark und gelangte am 19. September an mich, die zweite, aus der Provinz Posen, datirt vom 17. No- vember) wären sie mir bei einiger Häufigkeit kaum entgangen, da ich besonders darauf fahndete. Ich glaube um so sicherer zu sein, dass diese letzteren Untersuchungen hinreichend sorgfältig waren, weil ich regel- mässig einen weit kleineren Parasiten oft in grosser Häufigkeit zu constatiren vermochte, der weder von Harz noch von Zaddach noch sonst in der neueren Literatur erwähnt wird (Huxley, der Krebs, Bütsculi, Protozoaj. Seit Haeckel ihn anhangs- weise in seiner Dissertation 1855 und darauf in deren deutschen Bearbeitung, Gewebe des Flusskrebses, Mülleu's Archiv, 1857 pag. 561 beschrieben und Tti. 19, Fig. 25 trefflich abgebildet, scheint er nicht mehr beobachtet worden und darum in Ver- gessenheit gekommen zu sein. Ob er theil weise oder in beson- derem Grade für die neueren Epidemien verantwortlich zu machen ist, lasse ich dahingestellt; auch er kommt wie die Branckiobdella und das Distoma bei anscheinend völlig gesunden Thieren vor ; ich sah ihn überwiegend häufig in der Umgebung der Thorakal-Ganglienkette; Haeckel führt als Sitz desselben die Nachbarschaft der Gefässe, des Darms, das Bindegewebe der Muskeln, Nerven u. s. w. auf. Die einzelnen Individuen sind von einer starken längsovalen Kapsel umschlossen, die auf der Oberfläche eine Zeichnung von grossen Maschen erkennen lässt und, wie ich sehe, noch durch eiuen hellen Hof vom Gewebe des VVirths getrennt wird. Der Inhalt besteht aus zwei oder mehreren matt conturirten , grossen Ballen (in denen ich ein- zelne Vakuolen und Häufchen feiner Granula beobachte) und zahlreicheren kleineren, fettartig glänzenden Kugeln. Die Kapsel nüsst der Länge nach 0,185 mm, der Breite nach 0,051. Pol- körper, wie sie bei Psörospermien bekannt sind, fehlen. Um Sitzumi vom 20. November 1883. 181 diesen Organismus vor nochmaliger Vergessenheit zu bewähren, mag er hier trotz der unbekannten Entwickelung durch einen bestimmten Namen fixirt werden als Psoros2)ermium Haeckelü. Ohne ein endgültiges Urtheil fällen zu wollen, bin ich doch geneigt für die drei mir zu Gesicht gekommenen Epide- mien vorläufig den Egeln die grösste Bedeutung zuzumessen und möchte deshalb noch auf einige Punkte bezüglich dieser aufmerksan) machen. Zunächst ist zu wünschen, dass deren Lebensweise genauer erforscht werde , als dies bis jetzt trotz einer Zahl neuerer x\rbeiten geschehen ist; am ergiebigsten ist hierin noch Dorner's Aufsatz „über die Gattung Branchio- bdellaOmER^\ Zeitschr. f. wiss. Zoologie Bd. 15, 1865. Lemoine, Association fran^aise pour l'avancement des sciences, 9. session 1880, Paris 1881, behandelt fast nur die Anatomie; er nimmt wie Dörfer zwei Arten an, die kleinere an den Kiemen haf- tende nennt er ebenfalls />V. Astaci Odier. A. Gruber, Zoolo- gischer Anzeiger VI. pag. 243 weist dagegen nach, dass Odier in seiner Br Astaci eine dritte Art vor sich hatte, deren Kie- fer dreieckig gestaltet sind, ähnlich wie bei Br. parasita Henle, bei der echten Branch. Astaci Odier, beträgt aber die Grösse des Unterkiefers höchstens ein Drittel von der des Oberkiefers, während bei //r. parasita so wohl, als bei der Br. Astaci Dorner beide Kiefer fast gleich entwickelt sind. Letztere Art ist durch je einen grossen Seitenzahn an jeder Kieferecke ausgezeichnet, welche beide zwischen sich in der Regel 4 rudimentäre Zähne fassen, wesshalb Grüber die Species Br. hexadonta benennt. Weniger sicher scheint eine Br. pentadonta Whitman begründet zu sein, die den grossen Mittelzahn der Br. parasita mit den beiden Eckzähnen der Br. hexadonta vereinigt und zwischen beiden jederseits einen kleinen Zahn aufweist. Walter Voigt, Zoolog. Anz. VL pag. 121 und 139, will wegen vorkommender Mittelformen überhaupt nur eine Art anerkennen. Nach dem Absterben des Krebses verlassen die Egel dessen Körper; ihre frühere Anwesenheit verräth sich dann aber noch durch die gestielten Eier, die an der Unterseite des Leibes oder an den Kiemen befestigt sind. An den letztge- nannten. Urganen tielen mir auch eigenthümliche Narbenbild uu- 132 Gesellschaft naturforschender Freunde. gen auf, die jedenfalls den Bisswunden der Br. hexadonta zu- zuschreiben sind; mit blossem Auge schon beobachtete ich eine grosse Zahl dunkler Punkte, die sich mikroskopisch be- trachtet als braune Pfropfen am Ende der ihrer Spitzen be- raubten Kiemenfäden darstellten. Auch an den Gelenkhäuten der Fasse dicht am Sternum nahm ich grössere braune Stellen wahr, die von Bissen der lir. parasita herrühren dürften. Es scheint fast, dass die Br. hexadonta sich nicht ansaugt, sondern das ganze Kiemenfädchen, nachdem sie es der Spitze beraubt, in den Mund führt. Praktisch verdient Berücksichtigung, wie weit ein Nachbluten aus den Wunden der Gesundheit des Krebses nachtheilig werden kann. Als Zeit des Auskriechens der Eier giebt Dorner für />r. parasita October und November an; diese Periode hat mög- licherweise eine Bedeutung für die Seuche, indem nun eine ziemlich plötzliche beträchtliche Vermehrung der Egel ein- treten muss; für den Fall dass dadurch zahlreichere Todes- fälle herbeigeführt werden, wird dann durch üebersiedlung der Parasiten von den verendeten auf gesunde Thiere eine weitere Anhäufung veranlasst, und es werden damit immer neue Todes- fälle verursacht. Der Schalenwechsel darf gleichfalls nicht unberücksichtigt bleiben. Werden Egel -Eier auch schon vor der Erneuerung des Panzers (also vor August) abgesetzt, und sind diese ent- wicklungsfähig, oder sind nur die von August ab auf die neue Schale gehefteten zur Weiterentwicklung bestimmt? Wie ver- halten sich die Egel dem weichen s. g. Butterkrebs gegenüber? Haben die Egel und deren Eier thierische oder pflanzliche Feinde? Sind sie Träger von Parasiten, die dem Krebs direct oder indirect gefährlich werden können? Das sind Fragen, die der Untersuchung werth wären. Diese kurzen Bemerkungen mögen denjenigen, welche sich augenblicklich mit Untersuchungen über die Krebsepidemien befassen, vielleicht willkommen sein und darum halte ich es der Mühe werth sie zu veröftentlichen. Ich täusche mich über die Schwierigkeit dieser Forschungen durchaus nicht, und halte alles bisher Beobachtete für noch sehr unzureichend ; es fragt SitzinKj vom 20. Novemher ISHS. 183 sich besonders, ob eine anatomische Untersuchung allein zum Ziele führen wird, da chemische oder physikalische Schädlich- keiten sicherlich, ohne merkliche sichtbare Spuren zu hinter- lassen, das Leben vernichten können. Die Untersuchung mit Messer und Mikroskop wird allerdings als die leichtere prak- tischerweise immer die erste Stelle beanspruchen, wobei selbst- verständlich möglichst frisches Material zur Verwendung kom- men muss; ein solches hatte ich leider bisher bei meinen Beobachtungen nicht zur Verfügung und enthalte mich daher, wie oben angedeutet, jedes definitiven Urtheils. Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: Leopoldina, XIX, 19—20. October 1883. Verhandlungen des naturhistor. Vereins der preuss. Rheinlande und Westfalens, 39. Jahrg., 2. Hälfte; 40. Jahrg., 1. Hähte. 1883. 8. Bericht der naturwissenschaftl. Gesellschaft in Chemnitz. 1881—1882. Jahresbericht des naturhistor. Museums in Lübeck. 1882. 60. Jahresbericht d. schles. Gesellschaft f. vaterländ. Cultur. 1882. Bulletin de la Societe zoologique de France, 1882, No. 6; 1883, No. 3. Memoires de l'Academie imper. des sciences de St. Petersbourg, VIL Ser., T. XXXI., No. 3—8, 1883. Bulletin de la Societe imper. des naturalistes de Moscou, 1882, No. 3—4; 1883, No. 1. Meteorologische Beobachtungen der landwirthschaftl. Akademie zu Moskau. 1883. Proceedings of the Zoological Society of London, 1883, part III. List of the animals in the gardens of the Zoolog Society of London, 8. edition. 1883. Atti della Societa Toscana di scienze naturali , processi ver- bau, Vol. m. 1883. 184 * Gesellschaft naturforschender Freunde. Atti della R. Accademia dei Lincoi, Transunti, vol. VII., fasc. 15. 1883. Boletin de la Academia nacional de ciencias en Cordoba, V., entrega 1 a, 2 a. 1 883. Actas de la Academia national de ciencias en Cördoba, vol. IV., fasc. 1. 1883. Informe oficial de la Expedicion al Rio Negro: Entr. 1. Zoo- logia, 1881 — 1883. IL Botanica, 1881—1883. III. Geo- logia, 1881—1883. 1. Jahresbericht der geographischen Gesellschaft zu Greifswald. 1882—1883. J. Wiesner , Untersuchungen über die Wachsthumgesetze der Pflanzenorgane, I. Abth. 1883. Albrecht, P., Sur la valeur morphologique de l'Articulation mandibulaire. Bruxelles, 1883. Druck von J. F. Starcke iii Berlin. Nr. 10. 1883. 8 i t z u II g' s - Bericht der Gesellschaft miturforschendor Freuude zu Berlin vom 18. December 1883. Director: Herr A. W. Eichler. Herr C.JESSEN sprach über das ein Zeitliche Princip der Körperbildung in den drei Naturreichen. Untersucht man beliebige Naturkörper mit ausgebildeten Formen, ein Thier, eine Pflanze, einen Krystall, auf ihre Körper- formen, so erkennt man, dass jeder derselben aus einer Anzahl von Körpergliedern (Segmenten) in gleichmässiger Wiederholung zusammengesetzt ist. Bei den lebenden Wesen sind diese Glieder als Wirbel, Körpersegmente, Sprosse hinlänglich be- kannt und wieder aus Zellen zusammengesetzt; bei den Kry- stallen sind sie durch die physikalischen Verschiedenheiten im Innern der Krystalle, welche als Spaltungsflächen, optische Achsen u. s. w. beschrieben werden, deutlich genug erkennbar, aber unmittelbar aus dem Elementarstoff"e oder der chemischen Verbindung, welche den Krystall bildet, zusammengesetzt. Dass die unendliche Menge und Neubildung dieser Körper- glieder das wesentlichste Princip für den Aufbau der Natur- körper ist, werde ich versuchen nachzuweisen. Die Art nun, wie aus solchen Gliedern die Körper sich aufbauen, ist am leichtesten erkennbar im Gewächsreiche. Hier sind die Knospen der eigentliche Ausgangspunkt aller Bildung, und der Tod erfolgt, sobald keine entwickelungsfähige 10 jgß Gcsellöchafi naturforscheiider Freunde. Knospe vorhanden ist. Die Knospe besteht aus unentwickelten Sprossen und deren Anlagen; jeder Spross enthält wiederum die Anlage einer neuen Knospe, und auch alle diese Anlagen jüngerer Knospen sind ebenso aus den im Stoffe verborgenen Anlagen neuer Knospen zusammengesetzt. Ein Ende, einen formalen Abschluss besitzt also keine Knospe und sie ist nur durch die Unendlichkeit ihrer Anlage und Ausbildung befähigt, ihre physiologische Rolle im Gewächskörper zu vollziehen; denn nicht ihr Dasein, sondern ihr Auswachsen ist Bedingung des Pflanzenlebens. Sie kommt aber in diesem Punkte überein mit der Wurzelspitze. Auch diese besitzt keinen formalen Abschluss, sondern entwickelt sich an ihrem Ende in stets auswachsender Anlage zu einer formal unbegrenzten Wurzel- spitze und unterscheMet sich von der Knospe formell nur darin, dass die Blätter fehlen, und ihre Seitenknospen, d. h. die Anlagen der Seitenwürzelchen von der Spitze entfernter hervorbrechen und dass ihre Spitze von den Zellen der Wurzel- mütze überdeckt wird. Dienen nun auch die älteren Theile der Wurzel und des Stammes der Ernährung des Gewächses durch Fortleitung, Umbildung und Aufspeicherung der Nah- rungsstoff'e, so können sie doch ohne Beeinträchtigung des Lebens entfernt werden. Die blosse Knospe ist im Stande, sei es bei der Oculation auf anderem Stamme, sei es als Setzling unmittelbar auf der Erde zum neuen Stamm aufzuwachsen, und ebenso kann die ganze Wurzel selbst mit einem grossen Stücke des Stammes ohne Schaden entfernt werden, sofern nur der Rest wieder Würzelchen treibt. fc]s ist also un- zweifelhaft das Leben der Gewächse an die Unendlichkeit des Auswachsens der Knospen und Wurzelspitzen gebunden und erhält sich nur dadurch. Selbst der Tod des Gewächses trifft diese Theile nur als unvollendete und formell unbegrenzte. Somit ist die Unendlichkeit dieser Körperglieder das eigentlich Bestimmende für den Pflanzenwuchs. Bei den Thieren ist anscheinend das Verhältniss ein ganz anderes; denn ein Bilden neuer Körperglieder findet meist und besonders bei den höheren Thieren nur während der aller- ersten Entwickelung statt, und selbst das Auswachsen der fertig gebildeten Glieder fällt hier nur in die Jugendzeit. Die Sitzung vom 18. Deceinher 1883. 187 Periode der Gliederbildung ist somit von einer Periode des uleichmässigen Fortbestehens geschieden. Dagegen ist aber die Art der Ernährung des Körpers im Wesentlichen dieselbe, wie bei den Gewächsen. Nur ist die physiologische Thätig- keit, welche in dem Auswachsen der Knospen und Wurzel- spitzen der Gewächse ihren Hauptsitz hat, bei ihnen in alle einzelnen Organe verlegt, dergestalt, dass die alten und ver- brauchten Elementartheile nicht , wie die verholzenden und andere Pflanzenzellen, im Körper verbleiben, sondern resorbirt werden und so Platz machen für die Neubildungen. Diese aber sind ebenso unendlich und formell unbegrenzt, wie im Gewächsreiche, und dienen in beiden Reichen gleichmässig sowohl der Körperbildung wie der F'ortpflanzung. Doch auch in der ersten Anlage des Thierreiches herrscht dasselbe Princip. Die Sprosse , welche den Pflanzenkörper zusammensetzen , sind mit den Wirbeln und Körpergliedern der höheren Thiere sehr wohl vergleichbar. Bei den ausge- bildetsten der Gewächse, den Dicotyledonen , stehen zwei Samenblätter einander gegenüber und bilden den ganzen Um- fang des Stammes; ihnen folgen zwei andere, ebenfalls gegen- überstehende Blätter, welche im rechten Winkel mit ihnen stehen. Diese zwei Paare bilden also vier rings um den Stamm regelmässig vertheilte Blätter. Die regelmässigen Ge- wächse mit gegenüberstehenden Blättern und gekreuzten Blatt- paaren bewahren diese Stellung oft von der Wurzel bis in die Fruchtorgane (Sjjrinya z. B.). Bei den Thieren nun setzt sich jeder Wirbel oder jedes Körpersegment aus zwei, ursprünglich getrennten gleichen Hälften genau so zusammen wie jedes Blattpaar. Es besteht demnach der thierische Körper aus nicht gekreuzten , der Gewächskörper aus gekreuzten Körper- gliedern, jedes Körperglied aber aus zwei gleichen Hälften. Nun haben aber ferner die fliegenden Insekten an vier Seiten ihres Körpers Bewegungsorgane angeheftet und bei Würmern finden sich Analogien: es wäre somit vielleicht fraglich, ob nicht die Aehnlichkeiten in der Zusammensetzung der Körper- glieder zwischen beiden Reihen noch weiter .gehen, zumal da auch die vielstrahligen Radiaten mit denjenigen Gewächsen, 10* ]88 Gesellschaft naturforsche lukr Freunde. welche fünf und mehr Blattreihen in ihrem Umfange tragen, verglichen werden können. In einem wesentlichen Punkte des Körperabschlusses findet jedoch ein durchgehender Unterschied statt. Der vordere Theil des Thierkörpers nämlich, welcher die Nahrung aufnimmt, der Mund, erhält stets, und meist ziemlich früh, einen festen, ganz formalen Abschluss, wie das mit der ihm entsprechenden Wur- zel allerdings auch bei den Phyceen häufig genug vorkommt. Dagegen ist der Abschluss des Schwanzendes nur ein solcher, wie der der Knospen, wenn sie in Dornen auswachsen , d. h. die letzten Glieder verkümmern und verschmälern sich immer mehr. Auch ist die Zahl der Wirbel oder Körpersegmente zwar bei der einzelnen Art und bei grösseren Gruppen eine feststehende, im Umfange des Thierreiches aber eine ganz un- bestimmte. Man wird daher sagen können, dass die Gliederzahl der Thiere zwar im Allgemeinen unbestimmt und somit unsicher begrenzt ist, dass aber einerseits das Vorderende, der Mund, überall und andererseits bei den einzelnen Thierarten vor der Geburt auch das Hinterende einen Abschluss erhalten hat. Indess bieten die niederen Thiere auch Beispiele einer am hinteren Körperende unbegrenzten Gliederbildung dar. wofür es hier genügen wird, auf den Bandwurm hinzuweisen, dessen einzelne Glieder anfangs der Ernährung und Körperbildung dienen, zuletzt aber der Fortpflanzung, genau ebenso wie dies bei manchen niederen Phyceen der Fall ist. Ferner lassen sich die mannigfaltigen Erscheinungen des Generationswechsels, welche im Gewächsreiche so viele Analogien besitzen, aus der Unendlichkeit der Gliederbildung wohl am einfachsten und genügend erklären. In diesem Principe stimmen vielmehr die lebenden Wesen überein, insbesondere, wenn man dabei in Betracht zieht , dass die Umbildung der Knospen zu Frucht- knospen am Oberende der Gewächse physiologisch dieselbe Bedeutung hat, wie die Ausbildung der Fortpflanzungsgebilde an dem entsprechenden Theile des thierischen Körpers. Der Körper der lebenden Wesen hat ferner das Gemein- same, dass seine Form im Allgemeinen eine cylindrische ist, welche nach beiden Enden hin sich in die Länge entwickelt. Sitzung vom 18. Decemher 1883. 189 während der Umfang einen sehr geringen Zuwachs erhält. Im Vergleiche damit haben die Krystalle, wenn auch die Längen- richtung in ihnen häutig genug vorwaltet, doch eine gedrun- genere Gestalt. Die Krystalle besitzen ebenso, wie die lebenden Wesen, die Eigenschaft, in's Unendliche fortzuwachsen und dabei doch die ihnen eigenthümliche Form mit ihren scharfen Kanten und festbestimmten Winkehi unwandelbar festzuhalten. Ihr Wuchs braucht dabei kein ununterbrochener zu sein, wie bei den leben- den Wesen , sondern kann beliebig unterbrochen und wieder aufgenommen werden. Ihre innere Gliederung aber ist bekannt genug. Wer diese Erscheinung sich erklären will, kann doch unmöglich sich befriedigt fühlen mit etwa solchen Worten: dass die Atome sich gerade so und nicht anders aneinander legen. Wie soll denn ein Atom, dass sich am einem Ende des Krystalls anlegt, von einem anderen Atom wissen, das sich am entgegengesetzten Ende anlegen muss, wenn die Krystall- form gewahrt bleiben soll? Dass in dem Elementarstoffe, der sich krystallisirt, eine Kraft verborgen stecken muss, welche die bestimmte Gestalt des Krystalls hervorbringt, ist eine un- bestreitbare Wahrheit. Dass man dieser Wahrheit dadurch nicht näher kommt, wenn man den Stoff in Atome zerspaltet, steht wohl auch fest. Selbst wenn man jedem Atom eine solche Kraft oder eine Seele zutheilt, ist damit nichts ge- wonnen; denn dann müssten diese Einzelkräfte oder Einzel- seelen erst wieder eine sie verbindende und beherrschende Kraft oder Seele finden, welche ihnen allen die gesetzmässige Weise vorschreibt, in welcher sie sich vereinen. Dazu kommt nun noch die Fähigkeit der Krystalle, von der gewöhnlichen Form innerhalb gewisser, geringer Grenzen abzuändern, ebenso wie die lebenden Wesen. Hierauf die Gesetze der Zuchtwahl und des Kampfes um's Dasein anzuwenden, darf man Darwi- nianern tiberlassen , aber auch sie werden sich hüten müssen, dieselben den Atomseelen zuzuschreiben , wenn die Krystalle zu festen Firmen vereinigt bleiben sollen. Auch wer etwa den Krystall eine Republik oder eine Colonie von Atomen nennen wollte, wird seiner Gründung doch die Wahl eines Oberhauptes sichern müssen. 1 90 Geselfschnft nnturforschencJer Freunde. Es ergiebt sich also, dass Thiere, Pflanzen und Krystalle gleichmässig aus einer unbegrenzten Menge von F^lenientar- gliedern sich aufbauen, welche durch eine bildende Kraft in eine für jedes Wesen bestimmte Gestalt zusammengefügt und zusammengehalten werden , wie eine solche unter dem Namen der formbildenden oder der gestaltenden Seelenkraft längst bekannt ist. Ob diese Kraft die Elementarstoffe un- mittelbar in Körperglieder zusammenfügt oder sie zuerst durch die Zwischenform der Zellen in neue Verbindungen zwingt und daraus schärfer getrennte Glieder bildet, bleibt für ihr Wirken gleich. In jeder so gebildeten Gestalt aber ist die unbegrenzte Neubildung von Gliedern irgendwie gewahrt: in Krystallen und Gewächsen legen sich die neugebildeten Theile wie ein Mantel rings um und über die alten Theile, nur mit dem Unterschiede, dass bei den Gewächsen dieser Mantel unter der Hülle der Oberhaut und Rinde sich auflegt, und dass bei den Krystallen das fest aufsitzende Fussende nicht davon überzogen wird; bei den Thieren aber werden die alten Theile beseitigt und innere Neubildungen nehmen ihren Platz ein. Ausserdem wird bei den lebenden Wesen der Einschnitt , welchen der Tod der Individuen bildet, durch die überaus mannigfaltige und viel- fache Weise der Vermehrung überkleidet, w^enn nicht etwa die ganze Art ausstirbt. Erwägt man ferner, dass die Natur die Erreichung des- selben Zweckes, die Fortdauer der Art nämlich auch nach dem Untergänge des Individuums, bei den Krystallen einfach in den Elementarstoff" gelegt , bei den lebenden Wesen aber nicht nur an die Ausbildung der complicirtesten und mannigfaltigsten Organe, sondern sogar in einem mit der geistigen Ausbildung der Art stets gesteigerten Maasse auch an die leibliche und geistige Fürsorge der Individuen für die Nachkommen gebun- den hat, so erkennt man, dass die bildende Seelenkraft keines- weges eine alleinstehende Kraft ist, sondern dass sie mit an- deren Seelenkräften in nächster Beziehung steht und davon nicht abtrennbar ist. Sitzung vom IS. Decemher 1883. 191 Herr KNY legte Probedrücke der demnächst erscheinenden 6. Lieferung seiner „Botanischen Wandtafeln" vor, bei deren Herstellung er von Herrn Dr. Carl Müller unterstützt worden ist. Auf 15 Blättern sind die Anatomie des Coniferenholzes (3B1.), der Bau und das Dickenwachsthum der Wurzeln (4 Bl), die EntWickelung des Korkes, der Borke und der Lenticellen (5 Bl.) und die Entwicklung von Sphaeroplea (3 Bl.) dar- gestellt. Der beifolgende Text wird nicht nur die Erläuterung der Tafeln, sondern auch eine zusammenfassende Darstellung der betreffenden Gebiete der Anatomie und Entwicklungs- geschichte bringen und eigene Beobachtungen des Autors ein- flechten. Herr TSCHIRCH besprach, unter Vorlegung mehrerer Prä- parate, die Resultate seiner Untersuchungen über das Chlorophyll. Derselbe ist, gestützt auf mehrjährige, vornehmlich chemisch- spektroskopische Untersuchungen, denen sich in letzter Zeit auch anatomische anschlössen, zu folgenden Resultaten gelangt ^j: 1. Das Chlorophyll der Blätter ist ein Mischfarbstoff; sein Spektrum entsteht durch Uebereinanderlagerung des Spectrums des Reinchlorophylls und des Xanthophylls. 2. Das Reinchlorophyll kann man durch Reduction des leicht in Cristallen, also frei von anderen Beimengungen zu erhaltenden Chlorophyllans, mittelst Zinkstaub im Wasser- bade erhalten. Sein Spektrum zeigt ein Band im Roth, eins im Orange, eins im Gelbgrün und ein sehr mattes im Blaugrün, sowie c o n tin uirliche Endabsorption der blauen Spec trumshälf te. 1) Die Untersuchungen werden in kürzester Zeit in einer grösseren Publicatiou, die in den landwirthschaftlichen Jahrbüchern erscheint, wiedergegeben werden. Vorläufige Mittheiluugen finden sich in den Berichten der deutsehen botanischen Gesellschaft, Bd. I., Heft 3, 4, 9, 11 , den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, November 1883 und anderwärts. Spectraltafeln zu den obigen Untersuchungon finden sich in den Ber d. deutsch - botan. Ges. (Bd. 1., Taf. XIV.), im Archiv der Pharmacie (1884) und Wiedemann's Annalen der Physik. 192 Gesellschaft luiturforsch ender Freunde, 3. Das Xanthopliyll, durch Behandeln der einge- dampften alkoholischen Extracte gelbgefärbter Blätter mittelst Kalilauge und Aether in letzterem gelöst zu erhalten, besitzt ebenso wie die gelben Blüthenfarbstoffe n u r zwei Bänder im Blau und Endabsorption des Violett. Die Bänder in der rothen Spectrumshälfte rühren von Spuren beigemengten Chlo- rophylls her. 4. Demnach gehört Band 1 — IV der Chlorophylltinctur (des akohol. Blattauszuges) dem Reinchlorophyll, Band V — VII dem Xanthophyll an. Dass man im Spectrum lebender Blät- ter meist nur Band V deutlich sieht, rührt daher, dass Vi (und VII) durch die übergreifende Endabsorption des Rein- chlorophylls verdeckt ist. 5. Die gleichsinnige Verschiebung aller Bänder gegen Roth bei dem Blattspectrum hat ihren Grund weder im Aggre- gatzustande des Chlorophylls der Blätter, noch ist sie auf den verschiebenden Einfluss des beigemengten Xanthophylls , noch auf die Trübung durch das Plasma zurückzuführen, sondern rührt entweder von dem verschiebenden Einfluss von das Chlorophyll begleitenden Körpern von hohem Dispersionsver- mögen und hohem spec. Gew. oder von der eigenartigen An- ordnung des Farbstoffes im Chlorophyllkorn her. 6. Das Roh -Chlorophyll durchtränkt nämlich den farb- losen Plasmaschwamm des Korns als V^andbeleg der Maschen- räume und ist nicht in Form von Körnern diesen eingelagert. Jedes Chlorophyllkorn ist mit einer Plasmamembran (Hya- loplasma) umgeben. 7. Der spektroskopische Charakter des Reinchlorophylls liegt in der Reihenfolge der Intensität der Bänder. p]s folgen nämlich, vom dunkelsten, dem Bande I, beginnend, die Bänder in der Reihenfolge II, III, IV. Band IV ist selbst dann noch ausserordentlich matt, wenn I — III zu einem Bande zusammen- geflossen sind. Das Blattspectrum besitzt die gleichen Cha- raktere in Bezug auf die Bänder der weniger brechbaren Spectrumshälfte. 8. Durch Extrahiren der Blätter mit Alkohol wird das Chlorophyll durch den sauren Zellsaft partiell in Chlorophyllan übergeführt. Alle bisher dargestellten Chlorophyllspectren SHzuny vom 18. Decemher 1883. 193 zeigen daher schon die begonnene Chlorophyllanbildung durch Verstärkung von Band IV. 9. Ausser durch den sauren Zellsaft wird Chlorophyll überhaupt durch alle Säuren und oxydirenden Agentien in Chlorophyllan übergeführt. 10. Das Chlorophyllan ist identisch mit dem reinen Chlorophyll des Gaütiek und Rogalski , dem Chlorophyll Jodin's , dem Hy pochlorin Pkingsheim's , dem modificirten Chlorophyll von Stokes , dem S ä u r e c h 1 o r o p h y 1 1 der Autoren, dem Acidoxanthin von C. Kraus, dem gelben Chlorophyll des Sorby u. and. 11. Das Chlorophyll ist nicht ein specifisch pflanzlicher Farbstoff, wie man vielleicht nach den Untersuchungen von Brandt^) vermuthen möchte. Denn, abgesehen davon, dass Schenk ^) Chlorophyll in der Haut der Bonelia viridis auffand und Engelmann den im Plasma vertheilten Farbstoff mehrerer Vorticellinen^) mit dem pflanzlichen Chlorophyll identiflciren konnte — beides Fälle, wo also von eingelagerten Algen keine Rede sein konnte — war es mir auch möglich, mit Bestimmt- heit das Vorhandensein von Chlorophyll in den Canthariden (Lytta vesicatoriaj nachzuweisen.-^) Beim Fxtrahiren mittels Alkohol erhält man allerdings — in Folge der leichten Oxy- dirbarkeit des Farbstoffes — stets vornehmlich Chlorophyllan: die Lösung ist niemals reingrün; dasselbe lässt sich jedoch ausserordentlich leicht mittelst Zinkstaub in das grüne Rein- chlorophyll zurückführen. Bekanntlich soll ja auch die grüne Galle Chlorophyll enthalten •'^), doch war es mir bisher nicht möglich, den Farb- stoff zu prüfen. 1) Sitzungsber. d. Ges. naturforsch. Freunde 1882. 2) Sitzungsber. d. Wiener Akademie 1875 (II), pag. 582. •'') Pflüger's Archiv, XXXII., Bonn, 1883. **) Vergl. auch Pocklington, Jahresber. über die Fortschritte der reinen Chemie, 1873, pag. 425; Chautard, Compt. rend. 76, pag. 105. ^) HoRSFORD, Sitzungsber. d. Wiener Akademie LXVII., 2 (1873); Dalton, On tlie spectrum of Bile, New York, medic. Journ 1874. ] 94 Gestllxc/ufft iiafnrforsc/ienf/er Freunde. Herr WEISS tru^ Einiges über Calamiten vor. Wenn die französische Schule auf Grund der Organisation des Stammes einen Theil dieser Reste zu den Equisetaceen, den anderen zu den Gymnospermen rechnet, so wird der letz- teren Annahme von Williamson widersprochen, und die nach- folgenden Bemerkungen beziehen sich auf alle Calamiten im älteren Sinne. Die Möglichkeit, Beblätterung, Bewurzelung und Verästelung direct zu beobachten, gehört noch immer zu den Seltenheiten; daher bestehen auch noch Zweifel über die Blatt- und Wurzelnarben und über die Deutung der „KnÖt- chen'' oder Tuberkeln an den oberen Enden der Glieder als Blattnarben. Die Astnarben dagegen, wenn sie von entwickel- ten Aesten herrühren , sind unzweifelhaft und zeichnen sich durch ihre Grösse, ihre Stellung an oder über (wohl nie unter) der sogenannten Internodiallinie (sollte richtiger heissen Nodial- linie) aus. Diesen Astnarben fällt auch eine grössere Rolle in Bezug auf die Möglichkeit der Gruppirung der Calamiten zu. Der Vortragende unterscheidet 4 Gruppen von Calamiten. 1. Calamitina mit periodischer Astbildung, oft auch Periodicität des Gliederwachsthums bezüglich deren Längen. Der Name wird gegenüber anderen Bezeichnungen aufrecht erhalten. 2. Eucalamites mit Astnarben an allen Gliederungen. Die Narben haben dann die Stellung, welche BrOiNGKiart bei seinem Culamites cruciatus schon im Namen hervorhob, ab- wechseld an den benachbarten Nodiallinien. 3. St ijlocalamites mit unregelmässig zerstreuten Ast- narben bis ganz frei von ihnen. Mit den früheren Gruppen vielleicht durch Zwischenstufen verbunden. Hierher z. B. C. Suckowi. 4. Endlich Archaeocalamites, schon längst dadurch von den übrigen Calamiten generisch unterschieden, dass bei ihm bekanntlich die Rillen senkrecht durch die Quergliederung ver- laufen und nur ausnahmsweise Alterniren vorkommt (während die anderen Calamiten umgekehrt neben dem Alterniren auch ausnahmsweise ein Durchlaufen der Rillen aufweisen, und zwar bei allen Arten mehr oder weniger). Auch die Astbildung ist hier eine eigenthümliche, die Astnarben sind, da wo sie über- Sitzumj vom 18. Decemher 1883. 195 haupt entwickelt auftreten , ganz unregelmässig an allen Glie- derungen vertheilt, nicht abwechselnd, wie bei den Eucolamiten. Eine besonders auffällige Form von Volpersdorf in Schlesien wurde C. Beyrichi genannt. Der Zusammenhang der getrennten Theile ist selten direct zu beobachten. Dem Vortragenden lagen eine vollständige Reihe der Bruclistücke von Cal. (Eucal.) ramosus vor von be- wurzelten Stämmen bis in die äussersten Spitzen der Verzwei- gung mit Annidaria cf. radiata als Blätter und einer Cala- mostachf/s als Aehren; ausserdem eine Anzahl Stammstücke mit grossen ansitzenden /^alaeostachya- Aehren , die zu Volk- mannia arborescens Stehnb. gehören, also Calamites (Stylocala- mites) arborescens zu nennen. Von Calamitina hat Renault ein Exemplar mit ansitzenden Asterophylliten-artigen Zweigen, aber ohne Aehren , bekannt gemacht. Jene 2 Beispiele beweisen, dass Calamites keine Gattung im botanischen Sinne ist. Herr MAGNUS sprach über Verwachsungen ver- schiedener Stämme und Aeste. Er zeigte zunächst die schöne Photographie der Verwachsung zweier Lindenstämme vor, die Herr 'Photograph Carl Günther hierselbst (Behren- strasse 24) aufgenommen hatte. Der Doppelbaum steht in Tegel bei Berlin. Der eine Stamm ist mal, wahrscheinlich durch heftigen Wind, kurz über seiner Basis umgebogen wor- den , und niit dem anderen unten nach derselben Richtung, aber weniger stark, ausgebogenen Stamme etwas unter dessen erster Theilung verwachsen. Es wird so ein niedriges, nach der einen Seite etwas ansteigendes Thor gebildet, dessen Decke der stark umgebogene Stamm, und dessen Seitenwände die basalen Theile beider Stämme sind. Hieran schliesst sich eine andere V^erwachsung von Linden an, die Vortr. in diesem Sommer in dem alten Parke bei Schlackenwerth bei Carlsbad in Böhmen beobachtet hat. Von einem nahe über der Basis zweigetheilten Stamme ist der eine Hauptast in seinem oberen Theile etwas schief geneigt und so einem anderen benachbarten etwas hingeneigten Stamme entgegengewachsen und mit ihm verwachsen , so dass diese beiden Stämme ein nach oben spitzes Thor bilden. Die von ]9g Gesellsclinft naturfor.^cheuder Freunde. Herrn W. 15rauchbar gütigst angefertigte Zeichnung wurde der Gesellschaft vorgelegt. Diese Fälle schliessen sich an die schönen Verwachsungs- fälle an, die R. Caspary in seinem Aufsatze „üeber zwei- beinige Bäume" in den Schriften der physik.- Ökonom. Gesell- schaft zu Königsberg, Bd. XXIIL, 1882 beschrieben hat. Verwachsungen zwischen den Aesten desselben Stammes sind bekanntlich häutig zu beobachten. So hat Vortr. die Verwachsung eines Astes mit einem anderen ebenfalls an einer Linde in Schlackenwerth beobachtet. Der Stamm hat sich gegabelt; ein Zweig des einen Gabelastes ist der Länge nach mit dem anderen Gabelaste verwachsen, so dass ein dreieckig- oblonges Fenster gebildet ist. Aehnlich ist ein von Herrn Museums - Assistenten Ed. Krause freundlichst gezeichneter Fall einer Buche bei Schloss Grunewald hierselbst. Der Zweig eines Astes ist hier auf den Hauptstamm zu gewachsen und mit ihm verwachsen , wodurch ein dreieckiges Fenster ge- bildet ist. Am interessantesten ist ein vom Vortragenden im Parke von Schlackenwerth beobachteter, ebenfalls von Herrn Brauch- bar freundlichst aufgezeichneter Fall der Verwachsung der Aeste einer Fichte untereinander. Der Hauptstamm hat sich gega- belt und von dem einen Gabelaste ist ein starker Ast nur wenig zum Horizonte geneigt, zum anderen Gabelaste hinüber- gewachsen und mit ihm verwachsen. Von diesem fast hori- zontal gewachsenen Verwachsungsaste sind nun viele Zweige entsprungen, die streng senkrecht aufrecht gewachsen sind und daher alle die Kronenbildung des Hauptstammes der Fichte wiederholen, so dass man auf der Brücke der Verwachsung ein kleines Fichtenwäldchen sieht. Am häufigsten werden Verwachsungen bei der Hainbuche — Carpinus Betulus — beobachtet. Herr Dr. 0. Ri^inhardt hat eine grosse Anzahl solcher in dem Parke von Gasow bei Seelow beobachtet und dem Vortragenden die Skizzen dieser Fälle freundlichst mitgetheilt. Verwachsungen der Stämme oder der Aeste desselben Stammes untereinander treten in der mannigfaltigsten Weise auf. Ebenso hat Vortr. iiu hiesigen Thiergarten häufig Verwachsungen bei Cnrpinus beobachtet. Sitzumj vom 18. December 1883. 197 Am interessantesten ist eine Verwachsung zweier benachbarter Hainbuchenstämnie, die Vortr. 1869 am Stechlinsee bei Kheins- berg beobachtet hatte. Die zwei Stämme sind der Länge nach mit einander verwachsen, so dass ein spitzes Thor ge- bildet ist. Aber unter dem spitzen Ende dieses Thores liegt noch eine Verwachsungsbrücke, so dass nunmehr ein horizontal abschliessendes Thor mit darüber liegendem Fenster sich zeigt. Unterbrochene oder besser gesagt an vielen Stellen wieder- holte Verwachsungen längst benachbart verlaufender Aeste sind häufig und beruhen auf localen Wulstbildungen und anderen Unregelmässigkeiten der benachbarten Aeste, die an diesen Wülstartigen Hervorragungen natürlich zuerst verwachsen. Bei allen diesen Verwachsungen umgiebt eine gemeinschaft- liche Rinde das Verwachsungsproduct und fliessen die spä- teren Jahresringe ineinander. Anders ist es bei den schein- baren Verwachsungen von Stämmen verschiedener x\rten. Hier bleiben die Rinden immer getrennt und die einander ent- gegen wachsenden Aeste oder Stammtheile pressen sich nur plastisch scharf gegeneinander an. Wenn daher einer der so scheinbar miteinander verwachsenen Stämme gefällt wird, so löst sich der Ast des gefällten vollständig von der scheinbaren Verwachsungsstelle ab, und sieht man nun den Verwachsungs- wulst des stehen gebliebenen mit dem scharf darauf ausge- pressten Eindrucke des Verwachsungswulstes des gefällten Baumes. So konnte man es z. B. Jahre lang an einer schein- bar miteinander verwachsenen Kiefer und Eiche im Berliner Thiergarten sehen, nachdem die Eiche gefällt worden war. Herr v. Martens machte aus einem Briefe des Afrika- Reisenden Dr. R. Böhm die Mittheilung, dass derselbe eine Qualle imTanganjika-See gefunden hat. Sie gehört nach der Angabe Dr. Böhm's zur Abtheilung der craspedoten Medusen, hat einen kleinen kurzen breiten Magen, die Geschlechtsorgane (Gonaden) liegen am Grunde desselben, die Tentakel sind in sehr grosser Anzahl vorhanden und von ungleicher Länge. Ob dieselbe zu einer schon beschriebenen Gattung gehöre, konnte der Entdecker begreiflicherweise bis jetzt aus Mangel an Lite- ratur an Ort und Stelle nicht bestimmen; da sie aber doch mindestens als Art allem Vermuthen noch neu sein dürfte, 198 Gcöellachaß naturforacheiukr Freamh. wird einstweilen nur der Artnanien Tarnjanjicae für dieselbe von Herrn Wömv in Vorschlag gebracht. Der Vortragende fügt hinzu, dass an der richtigen ße- urtheilung des fraglichen Thieres um so weniger gezweifelt werden könne, als der Entdecker sich schon früher mit dem Studium ähnlicher kleiner Medusen eingehend und erfolgreich beschäftigt hat (Jenaische Zeitschrift f. Naturwissensch., Bd. XII), und knüpft einige Bemerkungen über Süss wass er- Coele n- te raten überhaupt daran. Ausser der allbekannten Hydra, deren Vorkommen in Aegypten durch SchiMarda und in Japan durch HiLGKNDORF konstatirt ist, sind bis jetzt als solche nur noch die Gattungen Cordylophora und Limnocodium bekannt, wenn wir von den marinen Quallen absehen, welche auch ge- legentlich in schwach gesalzenem oder zuweilen ganz süssem Wasser gefunden worden, wie Medusa aurifa in der Ostsee, Cramhessa Tagi an der Mündung des Tajo. Cordijlophora la- custris, ein Hydroid-Polyp, dessen Geschlechtsthiere sich nicht ablösen und daher nicht medusenförmig werden , lebt theils in brackischem, theils in ganz süssem Wasser in Grossbritannien und in Norddeutschland; sie ist auch in unsrer nächsten Nähe, im Tegelsee, gefunden wurden, vielleicht die weiteste Entfernung vom Meere, welche bis jetzt für sie nachzuweisen ist; da sie nahe Verwandte ((Jori/ne) in der Nordsee hat, könnte man versucht sein, sie für eine Relicte zu halten. Limnocodium Sowerhii, eine frei schwimmende craspedote Meduse mit soliden (nicht hohlen) Fühlern wurde im Juni 1880 im Regents Park bei London in einem Wasserbecken entdeckt, worin bei einer gleich- bleibenden Temperatur von 90° F. (32'' C.) tropische Süss- wassergewächse gezogen werden; ihre Herkunft Hess sich nicht ermitteln, man vermuthet Westindien. Sie scheint sich zu- nächst an Häckki.'s Trachomedusen anzuschliessen, aber unter diesen eine wenig differenzirte Form darzustellen (Ray Lam- KESTKK in Nature 17. June 1880 und Quart. Journ. of micro- scopical science vol. XX. pag. 351). Mit der ßöHM'schen Qualle aus dem Tanganjika verglichen, stimmt Limnocodium durch die grosse Anzahl und ungleiche Länge der Fühler überein, aber ist wesentlich durch das rüsselförmig verlängerte Magen- rohr und die an den Radialkanälen befindlichen Gonaden ver- Sitzung vom IH. December 1883. 199 schieden. Dr. Böhm's Meduse gehört, nach den anj]jegebenen Merkmalen zu urtheilen, entweder zu den Anthomedusen, welche als frei werdende Geschlechtsthiere zu gymnoblasten Hydroid- polypen gehören, oder zu den Narcomedusen. Sie ist die erste extramarine Qualle, deren geographisches Vorkommen konstatirt ist, aber ihre Verschiedenheit von Limnocodium weist darauf hin, dass in den heissen Ländern vielleicht noch manche andere Süsswasser-Coelenteraten vorkommen mögen, wie ja z. B. auch unter den Fischen manche P'amilien, welche in Europa aus- schliesslich dem Meere angeh()ren , in den heissen Ländern auch Vertreter im Süsswasser haben, z. B. die Selachier, Lo- phobranchier und Plectognathen (vgl. den Sitzungsbericht un- serer Gesellschaft v. Mai 1864), also hier die Süsswasser- und die Meeresfauna bei grösserer Mannichfaltigkeit überhaupt auch weniger systematisch von einander verschieden sind. Im- merhin bleibt aber auch nach dem Auffinden dieser zwei Quallen das extramarine Vorkommen bei den Coelenteraten auf die niedrigeren Abtheilungen derselben (Hydroiden und craspedote Medusen) beschränkt, während für die höheren (acraspede Me- dusen, Anthozoen, Ctenophoren) wir noch keine Vertreter im Süsswasser kennen. Aehnlich sind unter den Rhizopoden die mehr complicirten mit vielkam meriger Kalkschale (Fora miniferen) nur im Meer, diejenigen ohne oder mit einfacher hautartiger Schale, z. B. Amoeba und Gromia, auch im Süsswasser, und die süsswasserbevvohnenden Heliozoen stehen durch den Man- gel der Centralkapsel systematisch unter den meerbewohnenden Radiolarien. Ebenso sind die niedrigeren Abtheilungen der Würmer, z. B. Trematoden und Nematoden, verhältnissmässig reicher im Süsswasser als die höheren, von denen die hoch ditferenzirten Sipunculiden und vielborstigen Ringelwürmer aus- schliesslich marin sind. Auch unter den Crustaceen sind die niedrigeren (Entoinostraken) durchschnittlich reicher im süssen Wasser vertreten als die höheren (Amphipoden, Isopoden, De- capoden) und bei den Mollusken ist die höchste Klasse, die- jenige der Cephalopoden, ausschliesslich niarin. Endlich bei den Fischen sind doch wohl auch mit Cuvier die vorzugsweise meerbewohnenden Stachelflosser , bei denen die Bauchflossen nach vorn gerückt sind, über die vorzugsweise süsswasserbe- 200 Gesellschaft naturforsclteiukr Freunde. wohnenden Bauchweichflosser (Physostomen) zu stellen, welche die bei den Wirbelthieren normale Extremitätenstellung beibe- halten haben, und auch die nach andern Seiten hin besonders differenzirten Selachier, Plectognathen und Lophobranchier sind fast ganz marin, während die palaeontologisch alten Ganoiden jetzt nur noch im Süsswasser leben. Selbst im Pflanzenreich sind in der einzigen grossen Klasse desselben , die ganz auf Leben im Wasser angewiesen ist, den Algen, die höheren Ord- nungen derselben, (Florideen und Fucaceen) sehr schwach, die niedrigeren (Zoosporeen, Diatomeen) sehr stark im Süsswasser vertreten. Endlich gibt es ganze Thierklassen und zwar ihren Nachbarn gegenüber stark differenzirte, wie sämmtliche Echino- dermen, die Brachiopoden, Tunikaten und Cephalopoden, die ausschliesslich marin sind, aber keine einzige, die ausschliess- lich süsswasserbewohnend ist. Wir können im Grossen und Ganzen sagen , dass die Süsswasserfauna weniger diff'erenzirt, also mehr primitiv als die Meeresfauna ist. Es lässt sich das wohl am einfachsten so verstehen , dass Flüsse und Seen bei ihrer geringeren Ausdehnung, schärferen Begrenzung und ge- ringeren Mannichfaltigkeit namentlich in Bezug auf die Tiefe weniger Anstoss zu fortschreitender divergirender Ausbildung geben, der Kampf um's Dasein im Meer intensiver ist und leichter durch neue Ankömmlinge aus ferneren Gegenden frisch entfacht wird, ohne dass der Salzgehalt als solcher dabei eine besondere Rolle spielt. Denn eben der Umstand, dass von vielen verherrschend marinen systematischen Einheiten des Thierreichs einzelne Vertreter auch im süssen Wasser sich linden, bis hinauf zu den Cetaceen, und keine Klasse von Wasserthieren dem Meere fremd ist, weist darauf hin, dass kein einzelner Bauplan der Organismen, wenn er überhaupt das Leben im Wasser zulässt, an sich mit Süsswasser oder Salzwasser unverträglich ist. Date Due MAY 2 mi OEC 22*66 Ir^r^t .:}ü;!^mfS, Mi äir^>fi **•-■■ 4-:" B'äff'-^-?'^ ■■] ■■■- ■ -'^