ran de TE RRER AK ’ . REN > LO | I w R % er r ; REES Ya, | NAH, u } h ee IR N N een ae » h Ba Re OR 3 ‘ j ' Dar { KR RR RAN NEN en er a nd BAR) ERRUREN RR Ne Ak D ER 1% > “ RR Oo In oT He n eh “ Bee! e K: . A: Y Br nu UNS SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. JAHRGANG 18%. ZWEITER HALBBAND. JUNI BIS DECEMBER. STÜCK XXVII—LIN MIT DREI TAFELN, DEM VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCK- SCHRIFTEN, NAMEN- UND SACHREGISTER. BERLIN, 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. >. ep o»> INHALT. Könter: Über die Diadochengeschiehte Arrian’s en or 5 Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts Kayser und Ruxer: Über die Spectren der Alkalien Kroxzcker: Über orthogonale Systeme. (Fortsetzung) . Weismorn: Über den Mythus vom Wanenkrieg : von Sismens: Über das allgemeine Windsystem der Brae R DE EEE ES ESTEN N pu Boıs-Reymoxn: Über secundär -elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben. (Fortsetzung) : SARA RANMELSBERG: Über die chemische Naar der Taraline Kronzcker: Über orthogonale Systeme. (Fortsetzung) . Br Kreın: Krystallographisch-optische Untersuchungen, vorgenommen an Rhodizit, Jeremejewit, Analeim, Chabasit und Phakolith. . . . . hr Te ne en Aversacn: Zur Kenntniss der thierischen Zellen REIN ED OR a EL pu Boıs-Reymonn: Festrede zur Feier des Leissiızischen Gedächtnisstages N 5 Zerrer: Bericht über die Vollendung der akademischen Ausgabe von Leizsız’ philosophischen Schriften EnGter: Antrittsrede. ; Be: pu Boıs-Reymoxp: Antwort an Hrn. Enden Weimmorn: Antrittsrede. VON DER GABELENTZ: Auutittepede, a er Curtis: Antwort an Hrn. Weısnorp und Hrn. von DER GABELENTZ Harnack: Antrittsrede : Monuwsen: Antwort an Hrn. Harnack . Stemeuscher Preis ... ... 2 200% ler Preisaufgabe aus dem von Miroszewskr’schen Legat Preisaufgabe der philosophisch-historischen Classe. Tiesex: Beiträge zur Dioptrik ee : Brunxer: Über absichtslose Missethat im aldleuise hen Strafrec hte . yahaher Mösıvs: Über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme von Hermnorrz: Die Energie der Wogen und des Windes Kroseorer: Über orthogonale Systeme. (Fortsetzung) . N er. Scuxeiper: Neue histologische Untersuchungen über die Eisenaufnahme in den Körper des Proteus (hierzu Taf VE: Weeer: Die Griechen in Indien . - Dünnzer: Über Christian von Stavelot und seine aha zum Matthäus H. E.J. G. vu Boıs und Ruzens: Brechung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen lern Taf. v n Arons: Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln : SE e Dirrury: Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Aussen welt und seinem Recht. IS XD OO » won ISIS SS a1 la] ZUES]| DO RD SINN SI [55 iO 0 (==) © Krosecker: Zur Theorie der elliptischen leitonen. (HONSetzunE) 02 Inhalt. Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken (hierzu Taf. VI). Scumper: Über Sehutzmittel des Laubes gegen Transpiration, besonders in der Flora Java’s KronEcKER: Über orthogonale Systeme (Fortsetzung) 2 : Kroxecker: Über die Composition der Systeme von n? Grössen mit sich selbst . Adresse an den General- Feldmarschall Grafen vox Morrke . 0° Kırcnnorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24 . . . . - ee ine : Danes: Über die Schichtenfolge der Silurbildungen Gotlands und re Bestellungen zu obersilmeschen Geschieben Norddentsehlands . A ee , - SCHWENDENER: Nochmals über die optisch anomale nen des rasae En) Kirschgummis . Öurrivs: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps ER 5 5 Rınse: Über die Umänderungen, welche die Zeolithe dureh Erwärmen bei und nach Sen Trübew En, BITAhDENIE, a ee A Re en ie ne erete 16 ae BR Braun: Beobachtungen über Elektrolyse 3 Kroxecker: Algebraische Reduetion der Schaaren bilinearer Formen. Liegreicn: Dritte Abhandlung über den todten Raum bei chemischen Reaetionen SELENnKA: Zur Entwiekelung der Affen : - von Hormanx: Neue Untersuchungen über die Äthylenbasen Gaprier: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe vox Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. A fe ES UNR SCHRADER: Die Datirung der babylonischen sogenannten Arsen Bericht des Prof A. Brückxer über seine von der Königlichen Akademie subventionirte leise 1889, 1890 Dirrmann: Textkritisches zum Buche Ijob . Rs Kroxecker: Algebraische Reduetion der Schaaren quadratischer Formen Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften Namenregister . Sachregister Seite 1031 1045 1063 1081 1090 1091 1111 1151 1141 1163 1211 1225 1239 1257 1267 1281 1295 1319 1335 1545 1375 a) a) (67) 1890. AXVIH. SITZUNGSBERICHTE | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 5. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Currıus. l. Hr. Könter las über die Diadochengeschichte Arrian’s. 2. Hr. Coxze erstattete den Jahresbericht über die Thätig- keit des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 3. Hr. von Heımnortz berichtete von den Studien der HH. Prof. H. Kayser und Prof. ©. Runee in Hannover über die Speetren der Alkalien. Die beiden ersten Mittheilungen erfolgen im Sitzungsbericht; über die dritte folgt hier eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten . Resultate, die ausführliche Veröffentlichung wird in den »Abhand- lungen« des laufenden Jahres geschehen. 4. Die philosophisch-historische Classe hat zu wissenschaftlichen Unternehmungen bewilligt: 3000 Mark für die Supplemente zum Corpus inseriptionum Latinarum; 1000 Mark zur Herstellung einer Prosopographie der römischen Kaiserzeit; 3000 Mark zur Fortführung des Corpus insceriptionum Graecarum; 5000 Mark zur Herausgabe der Commentatoren des Aristoteles; 6000 Mark zur Herausgabe der poli- tischen Correspondenz und der Staatsschriften König Frieprıen’s II.; 3000 Mark zu ferneren Vorarbeiten zur Herausgabe einer Publication . der antiken Münzen Moesiens und Thrakiens. 5. Die physikalisch-mathematische Classe hat zu wissenschaft- lichen Unternehmungen bewilligt: ı500 Mark der Deutschen anato- Sitzungsberichte 1890. „50 ER N . [7 I 556 Gesammtsitzung vom 5. Juni. mischen Gesellschaft als Beihülfe zur Herausgabe einer einheitlichen anatomischen Terminologie; ı200 Mark an Hrn. Prof. Dames hierselbst zu einer geologischen Untersuchung der Insel Gotland und Dalekar- liens; ı200 Mark an Hrn. Prof. Ursan hierselbst zu einer Reise nach Paris zum Zweck des Studiums der dort befindlichen Exemplare der westindischen Flora; ı200 Mark an Hrn. Dr. F. Rınse hierselbst zur Untersuchung der mitteldeutschen Basalte; 1500 Mark an die Verlags- buchhandlung von Max Cohen und Sohn in Bonn als Zuschuss zur Herausgabe der von Hrn. Prof. Nusssaum mit Unterstützung der Aka- demie ausgeführten Untersuchungen über die californischen Cirrhi- pedien; 450 Mark an die Buchhandlung Wilhelm Engelmann in Leipzig als Beihülfe zur Herausgabe eines Werks von Hrn. Dr. K. Scnumann hierselbst über den Blüthenanschluss. 6. Hr. Auwers überreichte im Auftrage des Hrn. Prof. E. Hoıven, Direetors des Lick Observatory, Mt. Hamilton, Cal., eine Positiv-Copie einer der Aufnahmen der totalen Sonnenfinsterniss vom 21. December 1889, welche der von der Sternwarte nach Cayenne entsandten Expe- dition gelungen sind. 7. Derselbe überreichte ferner die beiden ersten im Druck vollendeten Stücke des grossen Sterncatalogs der Astronomischen Ge- sellschaft: Zone 55° bis 65°, Helsingfors-Gotha, und, Zone ı° bis 5°, Albany, und im Auftrage des Hrn. Prof. H. A. Schwarz in Göttingen dessen »(Gesammelte mathematische Abhandlungen«. 8. Hr. Davı Giuv, Director der Königlichen Sternwarte am Cap der Guten Hoffnung, wurde zum correspondirenden Mitglied der physikalisch - mathematischen Classe erwählt. . 1 =] Über die Diadochengeschichte Arrian's. Von U. Köurer. Dis feinsinnige Untersuchung und eine glückliche Entdeckung haben neuerdings die Aufmerksamkeit auf den Historiker Arrian gelenkt. Heiskıcn Nissen hat die Alexandergeschiehte des Mannes aus den litte- rarischen Strömungen und den geschichtlichen Ereignissen im Zeitalter der Antonine erläutert und danach die Entstehungszeit der Anabasis (um 166—-168) bestimmt;' ein jüngerer Gelehrter, Hr. Reirzenstein, hat in einem Palimpsest des Vatican Stücke einer Diadochengesehichte aufgefunden und dem Werke Arrian’s zugewiesen, welches den Titel ra wera "AreZavdpov führte und uns aus dem Auszug des Patriarchen Photios bekannt war.” Diese litterarischen Erscheinungen haben mich veranlasst, eine früher begonnene Untersuchung über die Diadochen- geschichte Arrian’s wieder aufzunehmen, deren Ergebnisse ich mir hier mitzutheilen erlaube. Dass das Geschichtswerk, welches die Dinge nach Alexander be- handelte, von Arrian später verfasst worden ist als die Alexander- geschichte, bedarf keines Beweises. Als Arrian die Anabasis abschloss, lag ihm der Gedanke, diese durch ein zeitlich sich anschliessendes Werk zu ergänzen, noch fern. Während in der Alexandergeschichte eine besondere Schrift über die Entdeckungsfahrt der makedonischen Flotte unter Nearchos in Aussicht gestellt wird (VI 28, 6), deutet nichts in derselben auf die Absieht hin, die Geschichte weiter zu führen. In dem letzten Buch der Anabasis ist nicht nur mehrfach über Dinge ausführlich gehandelt, auf welche der Verfasser in einer Darstellung der Begebenheiten nach dem Tode Alexander’s zurückkommen musste; die Art und Weise, wie sich Arrian Beispiels halber mit den Über- lieferungen über die weiteren Eroberungspläne und die letzten Be- stimmungen des Königs abfindet, lässt darauf schliessen, dass er, als er die Anabasis zu Ende führte, mit den Quellen für die Geschichte ı Rhein. Mus. 1888 S. 236 ft. 2 Arriani Tov ner "ArzEavögov libri septimi fragmenta, ed. Rıcarnus RErvZENSTEIN. Breslau 1888 (aus Bresl. philol. Abhandlungen Bd. Ill). 50* EFRO _ a . re . D58 . Gesammtsitzung vom 5. Juni. der Diadochenzeit noch nieht vertraut war. Als er später, sei es nun aus eigenem Antrieb oder auf Veranlassung befreundeter Leser der Anabasis, daran ging r& uer& ’AreZavdoov zu schreiben, setzte er sich die Rückkehr Antipater’s aus Asien zur Grenze. Seit der Überführung der beiden Schatten-Könige, des stumpfsinnigen Philipp Arrhidaios und des Kindes der Roxane, nach Europa war die Auflösung des Werkes Alexander’s, des Persisch-makedonischen Reiches, entschieden. Für Jemanden, der eine Ergänzung zur Alexandergeschichte schreiben wollte, bot sich die Heimkehr Antipater’s als passender Abschnitt dar. Arrian hatte von Anfang an nicht die Absicht, die Darstellung weiter zu führen und eine Geschichte der Diadochen zu schreiben; er würde sich sonst über die Ereignisse nach dem Tode Alexander’s kürzer gefasst und nicht mit der Geschichte von noch nicht drei Jahren zehn Bücher- gefüllt haben. Der kritische Standpunkt, den wir Arrian in der Alexanderge- sehiehte einnehmen sehen, lässt darauf schliessen, dass er für die Zeit nach Alexander gleichfalls auf‘ die zeitgenössische Überlieferung zurück- gegangen ist und von den Darstellungen der Diadochengeschichte diejenige, welche ihm aus äusseren und inneren Gründen die best- beglaubigte zu sein schien, seiner eigenen Darstellung zu Grunde gelegt hat. Man darf dies um so sicherer annehmen, da in beiden Fällen die Überlieferung ähnlich lag. Sowie sich die Tradition über die Geschichte Alexander’s in die halbofficielle makedonische und die novellistisch gefärbte Vulgärtradition spaltete, lagen dem späteren Historiker auch für die Diadochenzeit zwei wesentlich verschiedene . Darstellungen vor. Den Alexandergeschichten des Ptolemaios und Aristobulos entsprach die Diadochengeschichte des Hieronymos von Kardia, der, nachdem er ein halbes Jahrhundert hindurch Anfangs unter seinem Landsmann und vielleicht Verwandten! Eumenes und nach Eumenes’ Tode unter Antigonos und dessen beiden nächsten Abkömmlingen als diplomatischer Unterhändler, im Felde und in der Verwaltung gedient hatte, im hohen Greisenalter die Summe seiner Erfahrungen in einem Geschichtswerke niederlegte, welches an Aus- führlichkeit und Umständliehkeit, Sachlichkeit und Genauigkeit in der griechischen Historiographie vielleicht nur in dem Polybianischen Ge- schichtswerk seines Gleichen gehabt hat. Das Werk des Hieronymos hatte sein Gegenstück in der Darstellung der Diadochengeschichte in dem umfassenderen Geschichtswerk des Duris von Samos, der, nach- dem er die peripatetische Gelehrtenschule durchgemacht hatte, es sich ! Die Vermuthung, Hieronymos sei ein Verwandter des Eumenes gewesen, gründet sich darauf, dass der Vater des Eumenes Hieronymos hiess (Arr. Ind. 18). Köster: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 559 als Historiker nach seinem eigenen Geständniss zur Aufgabe stellte anschaulich und unterhaltend zu erzählen. Der Geschichtsschreiber, der sich für die Geschichte der Feldzüge Alexander’s Ptolemaios und Aristobulos, für die Schrift über die Entdeckungsfahrt der makedo- nischen Flotte Nearchos zu Führern gewählt hatte, konnte, wo es sich um die Geschichte der Diadochenzeit handelte, zwischen Hiero- nymos und Duris nicht schwanken; aus der Vergleichung des er- haltenen Auszuges aus dem Werke r& ner@ "AreZavdpov mit den auf Hieronymos zurückgehenden Berichten bei Diodor ist längst geschlossen worden, dass der Darstellung Arrian’s die Darstellung des Hieronymos zu Grunde lag. Aber es heisst die Arbeitsweise Arrian’s verkennen, wenn von Manchen die Sache so aufgefasst worden ist, als wenn der- selbe bloss die Darstellung des Hieronymos überarbeitet habe. Sowie Arrian in der Anabasis den Berichten der Begleiter und Mitstreiter Alexander’s Berichte aus der Vuleärtradition als unbeglaubigt zur Seite gestellt hat, ebenso hat er unzweifelhaft in der Fortsetzung derselben mit den Berichten aus seiner Hauptquelle Nachrichten aus Duris und vielleicht noch aus anderen Nebenquellen verbunden. In dem erhaltenen Auszuge ist davon allerdings nichts zu merken. Aber auch in dem Auszuge aus der Anabasis hat Photios den Unterschied zwischen der beglaubigten und unbeglaubigten Tradition, der in dem Originalwerk gemacht ist, verwischt. ‘ Fragmente aus dem Werke +4 uera "AreZavdpov sind erhalten in einer der grammatisch-lexikalischen Schriften in den Aneedota von Bexker, welehe überschrieben ist ep Fuvraßews ,' und bei Suidas. In dem Lexikon spi suvr#&ews ist den aus verschiedenen Schriftstellern angeführten Stellen ausser dem Namen des Autors in vielen Fällen der Titel des Werkes mit oder ohne Buchzahl, aber auch die Buch- zahl ohne den Titel beigefügt; namenlose Citate kommen vereinzelt vor. Von den Schriften Arrian’s werden eitirt die Alexandergeschichte “(r& wepi "AAeZavdgov) und die Fortsetzung derselben (r& nero "Arebavdoov); unter den titellosen Citaten aus Arrian ist keines, welches nach dem Inhalt einer anderen Schrift zugewiesen werden müsste. Man ist daher berechtigt anzunehmen, dass der Verfasser des Lexikons von den Schriften Arrian’s nur die Alexandergeschichte und die Fort- setzung derselben vor sich gehabt hat, und dass folglieh diejenigen von den angeführten Stellen, welche nicht in der Anabasis stehen oder etwa in der Lücke, die an einer Stelle den Text unterbricht, untergebracht werden können, aus dem Werk + uerz "AreZavdrov her- rühren. \ Anecdota Graecal S. 117. 560 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Nicht so einfach liegt die Sache bei Suidas, welcher den von ihın angeführten Stellen den Titel des Werkes nur ausnahmsweise, häufig aber nieht einmal den Namen des Autors beifügt. Von den Sehriften Arrian’s nennt Suidas nur die Parthische Geschichte und auch diese bloss an einer Stelle, obwohl er nachweislich sowohl die IzeSız& wie auch die Anabasis und selbst die kleine Schrift über Indien und die Entdeekungsfahrt durch das rothe Meer ausgezogen hat. Hier liegt also die doppelte Aufgabe vor, aus den Fragmenten die Arrianfragmente und aus den Arrianfragmenten die Fragmente aus dem Werke r& uers "AreZavdpov auszuscheiden. Die Entscheidung muss nach Sprache und Inhalt getroffen werden. Die Herausgeber des Suidas haben drei längere historische Artikel, welche Charakteristiken des Leonnatos, Krateros und Perdikkas ent- halten, als Fragmente aus Arrian’s r# ner 'AreZavdpov bezeichnet. Die modernen Historiker haben die drei in jedem Falle merkwürdigen und werthvollen Stücke unbenutzt gelassen; nur Nıesunr hat in den Vorträgen über alte Geschichte (II. S. 68) die Charakteristik des Krateros, die ausführlichste von den Dreien, angezogen und ebenfalls auf Arrian zurückgeführt. Droysen, der die Nachrichten über die Diadochenzeit mit bewundernswürdiger Hingabe gesammelt hat, sind die Charakteristiken der drei makedonischen Strategen offenbar un- bekannt geblieben, sowie er überhaupt das Lexikon des Suidas, ‚welches auch für die spätere Diadochenzeit werthvolles, aber, nachdem DrovsEn daran vorübergegangen war, unberührt gebliebenes Material enthält, nieht ausgebeutet hat. Das Urtheil der Herausgeber des Suidas erscheint, soweit der Inhalt der Fragmente in Frage kommt, als wohl begründet. Die drei Charakteristiken zeugen von vollster Personal- und Sachkenntniss und müssen aus einem Geschichtswerk stammen, welches auf zeitgenössische Quellen zurückging. Fasst man aber die sprachliche und stilistische Seite der Fragmente bei Suidas in’s Auge, so wird man sich leicht überzeugen, dass diese Fragmente nicht aus einer Schrift Arrian’s stammen. Die bekannten sprachlichen Eigenthümlichkeiten der histo- rischen Werke Arrian’s treffen für die Fragmente bei Suidas nicht oder nur zum Theil zu. An keiner Stelle findet sich Zuv statt ouv gebraucht nach der Weise Arrian's. Zwischen der durchsichtigen Breite des arrianischen Stiles und der gedrängten und sententiösen Kürze der Fragmente bei Suidas besteht ein Unterschied, der auch einem für stilistische Beobachtungen weniger geschulten Auge nicht verborgen bleiben kann. Ungefähr hundert Jahre nach Arrian schrieb der Athener Dexippos sein Geschichtswerk über die Diadochenzeit. Über den Stil des Köncer: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 561 Dexippos urtheilt der kundige Photios folgendermaassen:' &orı d& ray dpa dmeprros. Te xal oyxw nal dEimmarı Yalpuv xal we dv is emo dAAcK uera Tıvos Gadnveigs Ocvxudidns. Dieses Urtheil wird dureh die erhaltenen Bruchstücke der Geschiehtswerke des Dexippos bestätigt; namentlich in den Reden, welche in den Überresten der Konstantinischen Samm- lungen erhalten sind, ist die bewusste Imitation der gedankenreichen Kürze des Thukydides handgreiflich. Aber auch für die drei Charak- teristiken bei Suidas trifft das Urtheil des Photios vollständig zu. Ich betrachte es als unzweifelhaft, dass diese Charakteristiken aus der Diadochengeschichte des Dexippos stammen. Schwerlich . aber hat Suidas, der Dexippos an mehreren Stellen eitirt, die Charakteristiken aus dem Werke desselben selbst ausgezogen. Die Charakteristik des Krateros wenigstens bildete augenscheinlich in dem Originalwerk kein Ganzes, sondern ist aus mehreren Excerpten zusammengesetzt. Dieser Arbeit wird sich der fleissige, aber mechanisch arbeitende Suidas kaum unterzogen haben. Viel wahrscheinlicher ist es, dass er die Oharak- teristiken aus den Konstantinischen Sammlungen, die er nachweislich benutzt hat,” und zwar aus dem Abschnitt ep dperis zul xaxius ge- nommen hat, welcher eben Charakteristiken hervorragender Staats- männer und Feldherrn enthielt. Für die Sache macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob die drei Artikel bei Suidas aus dem Geschichtswerk Arrian’s oder aus demjenigen des Dexippos stammen. Nach dem Zeugniss des Photios stimmte Dexippos meist mit Arrian überein; offenbar war dies der Grund, weshalb Photios das Werk des Dexippos nur bis zur Satrapien- vertheilung in Babylon ausgezogen hat. Aus der von Photios be- merkten Übereinstimmung zwischen Dexippos und Arrian hat man geschlossen, dass Dexippos ebenso wie Arrian die Diadochengeschichte des Hieronymos als Quelle gebraucht habe.” Ich kann mich diesem Urtheil nicht anschliessen. Aus der Aussage des Patriarchen war zunächst zu folgern, dass das Werk des Dexippos denselben Zeitraum umfasste wie das Werk Arrian’s und wie dieses mit der Rückkehr Antipaters nach Makedonien abschloss; erwägt man ferner, dass es auch denselben Titel rz uer« "Arekavdpov führte und nur vier Bücher zählte, so wird man sich der Annahme nicht entziehen können, dass Dexippos den von Arrian überlieferten Stoff in einer den Bedürfnissen und dem Gesehmacke der Zeit entsprechenden Weise neubearbeitet hatte, und dass daraus die Übereinstimmung zwischen den beiden Autoren zu erklären ist. Die Ausführlichkeit, mit welcher Arrian die Ge- ı Photios cod. 82 Bkk. ® Vergl. Bern#Aarpy S. LXI und pe Boor im Hermes 1885 S. 327 ff. ® Vergl. Reuss, Hieronymos von Kardia S. 153. 562 Gesammtsitzung vom 5. Juni. schichte der drei ersten Jahre nach dem Tode Alexander’s erzählt hatte, musste Viele von der Lectüre. des Buches abschrecken; wenn Dexippos es unternahm diese Begebenheiten an der Hand seines Vor- gängers mit Hinweglassung alles Nebensächlichen in kürzerer Fassung darzustellen, so konnte er glauben ein nützliches und willkommenes Werk zu thun. Wenn Photios aussagt Dexippos habe meist mit Arrian übereinstimmend berichtet, so folgt daraus zwar, dass er sich nicht selavisch an seine Vorlage gebunden, nicht aber, dass er andere Quellen benutzt hatte. Die Charakteristiken der makedonischen Führer hat Dexippos natürlich bei Arrian gefunden. Leider sind die vor- liegenden Excerpte äusserst nachlässig gemacht; ohne Rücksicht auf den Zusammenhang abgekürzt und wahrscheinlich durch Suidas und in der handschriftlichen Überlieferung noch mehr entstellt worden, so dass an manchen Stellen der Sinn nur errathen werden kann. Die Fragmente und Excerpte, welche zur Ergänzung des Auszugs aus der Diadochengeschichte Arrian's dienen können, reichen von der Ordnung der T'hronfolge in Babylon bis zum Tode des Regenten Perdikkas. Über die Vorgänge, die sich nach dem Tode Alexander’s in Babylon abspielten, liegen uns vier Berichte vor, ein Reichthum, der allerdings bei näherem Zusehen sehr zusammenschrumpft. Ein ausgeführter Bericht steht am Schlusse der Alexandergeschichte des Curtius, welche bis zur Aufbahrung der Leiche des Königs geführt ist (X 6— 10). Mit dem ausführlichen Bericht des Curtius stimmt der kürzer gefasste und durch Ungenauigkeiten entstellte Bericht in Justin’s Epitome des Geschichtswerkes des Pompejus Trogus (B. XII z. Anf.) im Ganzen überein, weicht aber im Einzelnen von demselben _ ab. Die Berichte bei Diodor (XVII ı) und im Auszug aus Arrian sind summarisch. Der Auszug erwähnt eigentlich nur die orasoıs im makedonischen Heere und die Beilegung derselben und zählt die vornehmsten Führer auf, welche dabei betheiligt waren. Über den Gang der Berathungen der Heerführer vor dem Ausbruche der erdoıs macht auch Diodor keine Mittheilung. Die modernen Geschichts- schreiber der Diadochenzeit MAnnert, FLATHE, Drovsen schlossen sich mehr oder weniger an Curtius an. Gegen dieses Verfahren erhob Aporpn Scnmivr in seiner bekannten Recension der Diadochengeschichte Droyszen’s Einsprache. Scmmipr wiess auf den rhetorischen Charakter und die Widersinnigkeiten des bei Gurtius vorliegenden Berichtes und die Widersprüche zwischen diesem Berieht und dem Bericht Justin’s hin und kam zu dem Resultate, dass nur die aus Arrian und Diodor zu entnehmenden Thatsachen, der Gegensatz zwischen der Ritterschaft mit der Mehrzahl der Heerführer an der Spitze, welche die Ent- bindung der Roxane abwarten wollten, und dem Fussvolke, welches Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian’s. 563 den Halbbruder Alexander’s als König anerkannte und von Meleager geführt wurde, wie die, schliessliche Ausgleichung des Gegensatzes als historisch angesehen werden dürften.‘ Die Kritik Scnmipr’s hat die Wirkung gehabt, dass Droysen in der zweiten Auflage seines Werkes die Darstellung umgearbeitet hat, indem er sich auf den Standpunkt seines Recensenten stellte und namentlich die Nachrichten über die Verhandlungen im Synedrion der Heerführer als unverbürgt und unzuverlässig behandelte. Auch Rankz erklärt es für misslich die Thatsachen feststellen zu wollen. Ranke hat sich enger noch als seine beiden letzten Vorgänger an den Bericht Diodors als den einfachsten angeschlossen und diesen Bericht in einer ihm eigen- thümlichen Weise gedeutet. Wie wichtig es für die kritische Frage gewesen wäre, zu wissen, was in dem ÖOriginalwerk Arrian’s stand, liegt auf der Hand. Es lässt sich nachweisen, dass Arrian ebenso wie Trogus und Gurtius ausführlich über die Berathungen der Heer- führer berichtet hatte und dass sein Bericht mit Trogus gegen Curtius stand. Die Widersprüche zwischen Curtius und Justin hängen näher oder entfernter mit den abweichenden Angaben über den Antheil zusammen, den Meleager an den Ereignissen hatte. Nach dem Be- riecht Justin’s trat Perdikkas mit dem Vorschlage vor die versammelten Heerführer, den Erben des Reichs von der Entbindung der Roxane zu erwarten. Gegen den Vorschlag des Perdikkas erhebt sich Meleager: wozu die dubios partus abwarten? wolle man einen Knaben zum König, in Pergamon lebe Herakles, der Sohn Alexander’s von der Barsine, wolle man einen Erwachsenen, der Halbbruder Alexander’s Arrhidaios sei im Heere anwesend und allen bekannt. An dritter Stelle tritt Ptolemaios auf; sein Vorschlag geht dahin, das Synedrion der Heerführer soll selbst die Regierung in die Hand nehmen, aus seiner Mitte Statthalter in den Provinzen mit Civil- und Militairgewalt ernennen. Die Versammlung entscheidet sich für den Vorschlag des Perdikkas; ein vierköpfiger Regentschafts- und Vormundschaftsrath wird eingesetzt und von der Ritterschaft anerkannt. Das Fussvolk lehnt sich gegen die ohne sein Zuthun gefassten Beschlüsse über die Thronfolge auf und will Arrhidaios zum König machen; die Feldherrn- partei schiekt hierauf eine Deputation an dass Fussvolk — Justin spricht ungenau von zwei Deputirten; dass die Zahl grösser war, ergiebt sich aus Diodor und stand unzweifelhaft auch in dem Original- bericht des Trogus; Meleager, der zur Deputation gehört, stellt sich an die Spitze der aufrührerischen Phalangiten. Als hierauf das ! An. Schmipr, Abhandlungen zur alten Geschichte S. ı 5gff. 564 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Fussvolk in die Burg eindringt, um seinen Willen durchzusetzen, zieht sich die Gegenpartei zurück und lagert sich ausserhalb Babylons. Anders tritt Meleager bei Curtius auf. Er kommt hier nieht als Deputirter zum Fussvolk, sondern wiegelt während der Berathung der Heerführer die Phalangiten, welche sich nach diesem Berichte in den Versammlungssaal in der Burg von Babylon eingedrängt hatten, auf. Meleager stellt auch keinen Antrag in der Versammlung; an seiner Stelle tritt als zweiter Redner Nearchos auf: dieser schlägt nieht Arrhidaios, sondern den Sohn der Barsine vor, der in der Rede Meleagers bei Justin nur genannt ist um die Wahl auf Arrhi- daios zu lenken. In diesem Bericht tritt nach Ptolemaios noch Aristonus auf und schlägt vor Perdikkas als Nachfolger Alexander’s anzuerkennen; gegen den Vorschlag des Aristonus erhebt sich Meleager und fordert die anwesenden Phalangiten auf ihm zu folgen und sieh ihren Antheil an der asiatischen Beute zu sichern. In der Versammlung des Fuss- volks, welche hierauf abgehalten wird, wird von einem Unbekannten zuerst der Name des Arrhidaios genannt: die Versammlung stimmt zu und Meleager übernimmt es als Führer des Fussvolks die Rechte des gewählten Königs zu schützen. Unterdessen war in der Ver- sammlung der Heerführer die Regentschaft eingesetzt worden. In der Burg kommt es hierauf zu einem förmlichen Kampf zwischen der Ritterschaft und dem Fussvolk, der damit endigt, dass die Feld- herrenpartei die Stadt räumt. Nach dem Bericht Justins handelte Meleager als wortbrüchiger Verräther. Nach dem bei Curtius vor- liegenden Bericht war er von dieser Schuld rein. “ In dem Lexicon weg cuvrafews (8. 179, 25 Bar. s. v. Veuoihvaı) findet sich das Citat: "Appıavos mpwrw‘ »ei de \beuodemuev rfe Emi ru maıdı Tod "Arekavdpov Tpondexwuerms EAmidos.« Die citirten Worte stammen offenbar aus dem Bericht Arrian’s über die Berathung der Heerführer, und zwar müssen sie in der Rede des Meleager gestanden haben. Sie würden an sich zwar auch in der Rede des Nearchos gestan- den haben können. Allein in der Aufzählung der Heerführer in dem Auszug des Photios ist Nearchos nicht genannt. Daraus ist zu schliessen, dass der Originalbericht keine Rede des Mannes ent- hielt. Nearch war vermählt mit einer Toehter der Barsine; - da- mit hängt es vermuthlich zusammen, dass ihm in dem bei Gurtius vorliegenden Bericht der Vorschlag den Sohn der Barsine als Erben Alexander’s anzuerkennen, in den Mund gelegt ist. Dass Nearch in der Versammlung der Heerführer aufgetreten wäre, könnte man zur Noth hingehen lassen, da Nearch, obwohl seiner Herkunft nach ein Grieche, in Makedonien naturalisirt und in Amphipolis domieilirt war; er wird in dem Verzeichniss der Trierarehen auf der Indostlotte Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian’s. 565 unter den Makedoniern aufgeführt (Arr. Ind. ı8). Aber unmöglich konnte er für den Sohn der Barsine auftreten. Die Sachlage nach dem Ableben Alexander’s war die verwor- renste, nicht allein wegen der Unsicherheit der Thronfolge, sondern auch und mehr noch wegen der im makedonischen Heere lebendigen Gegensätze und Bestrebungen. Wurde im Kreise der Heerführer über die Thronfolge berathen, so musste neben dem erwarteten Sohne der legitimen Königin Roxane Arrhidaios in Frage kommen; des Sohnes der Barsine, eines Kindes und der Frucht einer Laune Alexander'’s, konnte höchstens gedacht werden. Tiefer blickende und von Ehrgeiz nicht verblendete Männer mussten damals schon die Auflösung des Alexanderreiches voraussehen. Zu diesen Männern gehörte unzweifel- haft Ptolemaios, der, nachdem ihm bei der Neuvertheilung der Satra- pien die aegyptische Statthalterschaft zugefallen war, nicht beirrt durch höher fliegende Pläne, mit zäher Consequenz darauf bedacht war, sich Aegypten ganz und voll zum Eigenthum zu machen. Was Ptolemaios nach den vorliegenden Berichten in dem Rathe der Heer- führer vorschlug, war nicht die Auflösung des Alexanderreiches, aber es war der erste vorbereitende Schritt dazu.‘ Gesetzt, es wäre uns nur die Thatsache der Berathung der Heerführer bezeugt und ein moderner Historiker hätte es unternommen, nach dem, was wir über die. definitive Ordnung der Thronfolge und den Antheil, welchen Perdikkas, Meleager, Ptolemaios an den späteren Ereignissen hatten, wissen, ‘den Verlauf der Berathung zu ermitteln, so würde das Ergeb- niss dieser eombinatorisch-divinatorischen Thätigkeit vermuthlich dem von Justin Berichteten nahe gekommen sein. Hat vielleicht schon ein Historiker des Alterthums so combinirt und seine Combination für Geschichte ausgegeben ? Diese Hypothese würde nur dann eine Berechtigung haben, wenn anzunehmen wäre, dass es keinen verbürgten Bericht gegeben habe. In Wirklichkeit ist das Gegentheil der Fall. Eumenes, der Gönner und Freund des Historikers Hieronymos, wird in dem Auszuge aus Arrian unter den Heerführern genannt; nach glaubhafter Überlieferung war er bei der Aussöhnung der beiden Heeresabtheilungen vermittelnd im Interesse der Feldherrnpartei thätig. Es ist kaum zu bezweifeln, ! In dem kurzen Abriss des Lebens des Ptolemaios Soter bei Pausanias (I 6,2) : : ’ Er 3 5 x { = heisst es von Ptolemaios: reAsurnsauros Öe ArsEavögov rois ©s "Agıdarov rov PıÄır \ - „ > \ > \ EN 2 4 > \ a} , »r Ne) FIV TARTAr cryovTw EEXNV AVFITSTAC GAUTOS MATTE EIJEVETO ec Trac Barırsas KLFIOoS TR em veunZyver. Das geht auf die Tradition über die Berathung der Heerführer und zwar auf den bei Justin erhaltenen Bericht zurück, nach welchem Ptolemaios gegen den Vorschlag Meleager’s Arrhidaios als Nachfolger Alexander’s anzuerkennen auftrat. Die Stelle ist von Droysen angeführt, aber ihre Beziehung nicht erkannt worden. > > mon an . = . 566 Gesammtsitzung vom 5. Juni. dass er bei den Verhandlungen der Heerführer zugegen gewesen ist, wenn er auch als Grieche gewiss keinen activen Antheil an denselben genommen hat. Nichts konnte Eumenes davon abhalten, seinem Ver- trauten Hieronymos über den Verlauf der Berathung Mittheilungen zu machen, ebensowenig konnte Hieronymos Grund haben- ein Menschenalter später mit den ihm gemachten Mittheilungen zurück- zuhalten. Niemand wird glauben, dass wir aus den überlieferten Berichten ein vollständiges Bild der gewiss nicht gleichmässig ver- laufenen Berathungen in der Königsburg gewinnen können; was uns aber ganz abgeht, ist die Kenntniss der geheimen Verhandlungen und Abmachungen zwischen den Vornehmsten unter den Heerführern, welche neben den officiellen Berathungen hergegangen sein müssen. Eumenes, der Vielgewandte, von allen Parteien Umworbene, war gewiss auch in diese geheime Geschichte vollständig eingeweiht; ob er Hieronymos Mittheilungen aus derselben gemacht hat, ist min- destens zweifelhaft; als sicher ist anzusehen, dass Hieronymos in seinem Geschichtswerk nichts darüber berichtet hatte. Hier könnte also nur Divination helfen; für den äusseren Verlauf der officiellen Berathungen hat man sich an die Überlieferung zu halten; die divi- natorische Thätigkeit hätte davon auszugehen. Dass das Geschichts- werk des Hieronymos bis zum Tode Alexander’s zurückreichte und die Ereignisse in Babylon mit umfasste, lässt sich zwar nicht be- weisen, wird aber mit Recht allgemein angenommen. In dieselbe Gegend wie das oben besprochene gehören einige andere Fragmente, welche bestätigen, dass Arrian über die Vorgänge in Babylon ausführlich und übereinstimmend mit dem von Justin aus- gezogenen Bericht des Trogus gehandelt, hatte. Suidas (s. v. yvaun) eitirt aus Arrian: orw Sea uev a yvwum mepovrı, eis Seoüs de N Merayw- encıs. Das bezieht sich auf Alexander, von dessen Apotheose es fast gleichlautend an einer Stelle der Anabasis (VII 27,3) heisst: orı &x Seod re aürw n yevenıs Euveon xaı mad SYeole 4%, amoyupyoı. Die von Suidas eitirten Worte standen augenscheinlich in einer Rede, in welcher der Verlust des abgeschiedenen Königs als unersetzlich geschildert wurde, ein passender Eingang für die Rede des Perdikkas, mit welcher dieser die Berathung .der Heerführer eröffnete. Ebenfalls von Suidas (s. v. &pnAıxeoregos) und unter dem Namen Arrian’s werden die Worte angeführt: ads yap Exsivov dpyAuxes Erı- ’ > \ I Vissr >» , ’ Le, > TpomeUGEIV TE KUTOUS WMEAMEW! xal Umo Tu” Exeivouv mooYmudrı mäv orimep Ka € ’ r > \ e D . Ey ndovnv odıcı mpageıv € Tovs ümnxoous. Das in den HSS. durch Text- > m Inn > x > in I aurois merAov codd. auroı z4EAAov BERNH. BeEk. 2 zuv codd. rw BERNH. Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 567 verderbniss entstellte Citat ist aus einer Ansprache genommen, welche an die Versammlung des Fussvolkes gerichtet war. Als Subjeet zu werrew hat man sich die von den Heerführern auf den Antrag des Perdikkas ernannten Regenten zu denken; diesen wird die Absicht imputirt, als Vormünder des Kindes der Roxane ein persönliches Regiment zu führen. Arrian hatte den Inhalt der Ansprache in in- directer Rede gegeben. Die Darstellung der Ereignisse, die auf den Tod Alexander’s folgten, in der Epitome aus Trogus und bei Curtius beginnt mit einer Schilderung des Eindruckes, welchen das Ableben des Königs in Babylon hervorbrachte. Ein ähnlicher Stimmungsbericht scheint bei Arrian gestanden zu haben. Anfangs herrschte dumpfe Stille; triste apud omnes tota Babylonia silenlium fuit heisst es bei Justin, vehut in vasta solitudine ommia tristi silentio muta torpebant bei Curtius; oryr de nv BaSvrepe Taons epnwias in einem von Suidas (s. v. orynAss) ohne Namen des Autors überlieferten Fragment. Mit dem bei Suidas er- haltenen Fragment verbinde ich ein Citat, welches unter Arrian's Namen in dem syntaktischen Lexikon (S. 139, Z. 10) steht: &v re oudev Edoxeı dmelva TÜv Earwxvie on more Eumpspouevwv. Nach Curtius’ Schilderung brachten die Makedonier die Nacht nach dem Tode ihres Königs im Gefühl der Unsicherheit der Lage unter den Waffen zu, während die Babylonier sich in ihren Häusern eingeschlossen hielten und nieht einmal Licht anzuzünden wagten. Stand Ähnliches bei Arrian, so war der Vergleich mit einer soeben eroberten Stadt gerechtfertigt. Die Art, wie die Makedonier den Tod Alexander’s aufnahmen, wird von Justin und Curtius verschieden angegeben; Öur- tius’ Bericht ist ferner rhetorisch ausgemalt; trotz dieser Abweichungen erkennt man einen gemeinsamen Grundstock. Hieronymos war zwei Jahre nach dem Tode Alexander’s bei Eumenes; er diente ihm im Jahre 320 als Unterhändler bei Antipater und Antigonos. Daraus ist zu schliessen, dass Hieronymos in den makedonischen Kreisen kein Neuling mehr und schon längere Zeit bei dem Heere in Asien war. Es würde schwer zu erklären sein, wenn er den Erinnerungen, welche das Ereigniss des Todes Alexander’s in der Seele Aller, die damals in Babylon anwesend waren, zurückgelassen haben muss, in seinem Geschichtswerk keine Worte geliehen hätte. Ich lasse hier das Excerpt folgen, welches sich auf Leonnatos bezieht (Suid. u. d. Namen): Asovvaros orparnyos Maxsdovias xara 'yevos mpooyxuv TH DiAımmev unrpi, Guvrpaheis de Arekavdow ara To Tus Tpodrs Emırmdeiov Xu Tod Yevous Kal Hard meyetos euro al xuAdos Tel Owudros Tıufs nereigev. 0Iev aürı xal Cmvros "Arekavdpou ro TE hpavyuz Umepoyxov Av, xaı rıs aßporns Ilepoızy xara TE Tv omAuv Aayumporyra Kal nv aan Oldı- 568 Gesammitsitzung vom 5. Jnni. Tav Eis TH TWV moAsuiwv oUx debavöis Emermdsuero. TeAcuryoayros de "Arekav- Öpov zul MAov Eroiro, eixaluv aürev mpis ra Bacırıza rw Te dberw xal dvemnevw TA Xoums Kal TN AAN xaraoxeun, N ou mpoow roL Ilepoıxov TpomoU noxnro auto. imma re Nioaicı, ci de Bacıdos dmo, Ypvooyaäve GUumavres, mposrerdyaro Ts Togews, EHmpEmoVTes Tols XAAAWmIOHNE. Emmyvurro de AUTO xal Oxyval MEYaAOmpEmEIS xal OmAa xarAeı Umephepovra... EITETO Kal TO Tav Eramuv dm. Es ist kein günstiges Urtheil, ‚welches in dieser Schilderung über Leonnatos gefällt wird. Seine Ehrenstellung verdankte er der Ver- wandtschaft und der Jugendfreundschaft mit Alexander; damit werden ihm persönliche Verdienste abgesprochen. Aber man darf dieses harte Urtheil nicht für einseitig oder ungerecht halten. In der Geschichte der asiatischen Feldzüge wird Leonnatos einige Male in der Umgebung Alexander’s erwähnt; erst am Ende des indischen Feldzuges finden wir ihn mit einem selbstständigen Commando beauftragt. Alexander liess ihn im Lande der Oreiten zurück: er sollte die widerspenstigen Eingeborenen zum Gehorsam gegen den über das Land gesetzten Satrapen bringen, eine Aufgabe, der er sich zur Zufriedenheit des Königs entledigte. Aber schon in Aegypten hatte ihn Alexander zum Leib- wächter ernannt und ihm dadurch die höchste Ehrenstellung in seiner Umgebung verliehen. In der Eumenesbiographie wird Leonnatos als heftig, unbeständig und unzuverlässig charakterisirt,' Figenschaften, welche für den durch den Zufall der Geburt und die Gunst des Herrschers zu Ehren Gekommenen ebenso bezeichnend sind, wie sie an dem verdienstvollen Feldherrn befremden würden. Die Charakteristik Leonnat's, welche ArnoLp ScmÄrer gegeben hat, würde anders aus- gefallen. sein, wenn Schärer das bei Suidas erhaltene Excerpt zu Rathe gezogen hätte.” Die Nachricht, dass Leonnatos mit der Mutter Philipp’s II., der Eurydike, verwandt war, findet sich nur bei Suidas; Leonnatos stammte also von dem Fürstengeschlecht der Lynkesten ab. Curtius nennt da wo er von der Einsetzung der Regenten durch ‘die Heerführer berichtet (X 7, 85) Leonnatos und Perdikkas stirpe regia genitos ; daher vermuthete Droysen, Leonnatos sei aus einer Seitenlinie des Königshauses gewesen. Da Perdikkas seine Heimath in der ÖOrestis hatte, ist angenommen worden, Perdikkas habe dem Fürstengeschlecht dieser Landschaft angehört. Wahrscheinlich hing das Fürstengeschlecht der Oresten ebenso wie das der Lynkesten verwandtschaftlich mit dem Königshause der Argeaden zusammen. Es ist nicht unwichtig für die ältere makedonische Geschiehte zu wissen, dass der hohe makedonische ‚ z 3 Y \ n \ > ’ vagey Plut. Hum. 3 Asovverov eumAnzrov ovr@ ze (opus METzoV aBeßarov zu oEsıcc. ? SchÄrer Demosthenes II? S. 378 vergl. S.70. Droysen hat es unterlassen, eine Charakteristik des Mannes zu geben. r vr. 7 . . . & . a Köster: Über die Diadochengeschichte Arrian’s. 569 Adel in verwandtschaftlichen Beziehungen stand zu dem regierenden Hause. Auch Ptolemaios und Antigonos waren durch Seitenlinien mit dem Königshause verwandt.’ Seit der Annexion der Fürstenthümer in Obermakedonien an das makedonische Königreich gehörten die Mitglieder der depossedirten Fürstengeschlechter zum hohen makedonischen Adel. Der letzte Theil des Excerptes erregt sowohl durch den Inhalt wie durch die Form Anstoss. Die nachträglichen Aussagen über den Luxus, den Leonnatos mit Pferden und anderen Dingen trieb, sehen sehr danach aus, als wenn sie aus der Nebenquelle Arrian's stammten. Nach or? xurAeı Ureppepovra scheint im Text etwas ausgelassen zu sein; die Beziehung der letzten Worte eiwero xal 76 rüv Eramuv dymma ist unklar. Wenn die Worte an der Stelle, an der sie stehen, nicht sinnlos sein sollen, so müssen sie bedeuten: die Hetairen des Agema folgten dem Beispiel, welches ilınen Leonnatos gab. Ist diese Er- klärung richtig, so folgt aus der Stelle, dass Leonnatos zur Zeit des Todes Alexander’s die Leibschwadron der Ritterschaft anführte. Dieses Commando hatte bis zum Jahre 330 der schwarze Kleitos; wer an Kleitos Stelle trat, als dieser zum Hipparchen ernannt wurde, ist in der Alexandertradition nicht überliefert. Die Nachriehten über die Herkunft des Leonnatos und sein Ver- hältniss zu Alexander standen bei Arrian wohl ebenso wie die Notiz bei Curtius in dem Bericht über die Einsetzung der vier Regenten durch die Heerführer, also im ersten Buche. Die Disposition der Diadochengeschichte nach Büchern ist nicht mit Sicherheit nachzu- „weisen. Photios hat in dem von ihm gemachten Auszug nur den Anfang des sechsten und des zehnten Buches notirt. Das fünfte Buch schloss mit der Niederwerfung des Aufstandes in Griechenland, aber der Bericht über die Hinriehtung der athenischen Redner, welche sachlieh und zeitlich zum lamischen Kriege gehört, stand im Anfang des sechsten Buches. Das neunte Buch reichte bis zur Rückkehr Antipater’s nach Kleinasien, das zehnte und letzte Buch begann mit den Rüstungen des Eumenes und der übrigen zum Tode verurtheilten Parteigänger des Perdikkas. Nach diesen Proben zu urtheilen war die Diadochen- geschichte Arrian’s ebenso wenig wie seine Alexandergeschichte nach einem durchdachten Plan angelegt; in beiden Werken war der Stoff weniger nach dem Inhalt als nach dem Umfang in Bücher eingetheilt. Die paar mit den Buchzahlen versehenen Citate führen auch nicht weit. Aus dem zweiten Buch sind zwei Citate, beide in dem syn- taktischen Lexikon überliefert. Das Eine steht unter dem Eigennamen Sisines (S. 173, 29 ff.): Ziowng, Zıowev xAlver 75 övoma "Ahpıaves. &4,pr- ! Vergl. v. Gurschmp, Die makedonische Anagraphe S. 109. R7 a . r 1 570 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Caro auto Ev mdon Tn mpayuareıe rerpay,s. Zuoivns be 6 Bparabepvov mais. ev movw dE TO deurepw Adym eüpedn To Evang merdaNArekavdpov. Die Ana- basis kennt zwei Männer Namens Sisines: einen Perser aus der Um- gebung des Dareios (genannt I 25, 3 und 4) und den Sohn des von Alexander bestätigten Satrapen von Parthien und Hyrkanien Phra- taphernes (VII 6, 4). Der in der Diadochengeschichte erwähnte Sisines muss, wenn es in dieser Zeit nicht einen dritten Sisines gegeben hat, der Sohn des Phrataphernes sein; das Citat stimmt, wenn ich nicht irre, aus dem Bericht über den Krieg gegen die aufständischen griechischen Colonisten von Baktrien. Der neuernannte Statthalter von Medien Peithon war vom Reichsverweser angewiesen worden, Truppen von den Satrapen der benachbarten Provinzen für den Krieg zusammenzuziehen. Peithon muss der Sachlage nach in der 'Gegend von Hyrkanien mit den heimwärts ziehenden Colonisten zusammen- getroffen sein. Allerdings gehörte Sisines zu den Rekruten, welche sich nach der Rückkehr Alexander’s vom indischen Feldzuge in Susa versammelten und in das stark geschwächte makedonische Heer auf- genommen wurden; seine vornehme Abkunft hatte ihm den Eintritt in das Agema der Hetairen eröffnet. Aber die Reorganisation des Heeres, welche Alexander in der letzten Zeit seines Lebens beschäftigte, scheint durch seinen Tod nicht allein unterbrochen, sondern rück- gängig gemacht worden zu sein; es lag in der Natur der Sache, dass die Söhne der persischen Grossen, welche der makedonische Adel nach dem Willen des Königs in seine Reihen hatte aufnehmen müssen, nachdem dieser Wille aufgehört hatte zu walten, wieder aus dem Heere ausschieden. Aus dem Bericht über den Krieg gegen die Colo- nisten scheint auch das andere Citat aus dem zweiten Buche der Dia- dochengeschichte zu stammen. Durch Verrath gelang es Peithon die Oberhand im Kampfe gegen die Aufständischen zu gewinnen, welche hierauf „len Widerstand aufgaben und sich bereit erklärten der Auf- forderung Peithon’s Folge zu leisten und in ihre letzten Wohnsitze zurückzukehren. Das Citat lautet (Anecd. S. 131, 19) yvwornay,ü' dag eu,pnoaro "Adpınvös Ev mon Tr mpdkeı aurod, Ev deurepw Twv wer’ "Arekavdpov »oi dt yvuruaynoavres Umeducav Ta Erayyericusvg«. Das Verbum yrwoı- nay,div war nicht &ra£ Asyouevov bei Arrian, wie das Citat bei Suidas unter yraoınayncodı beweist. Aber in der Anabasis kommt das Wort allerdings nicht vor. Der Grammatiker, welcher das Material für das syntaktische Lexikon gesammelt hat, kannte oder benutzte von den Schriften Arrian’s eben nur die Anabasis und die Fortsetzung der- selben, die Bücher rz uer& "Are£avdgev. Diese beiden Schriften werden in dem Lexikon als eine TOOIaTEIC oder ein Geschichtswerk im weiteren Sinne zusammengefasst, mit anderen Worten, sie waren in einem und ee Könter: Über die Diadochengeschichte Arriam’'s. Dr demselben Codex vereinigt, wie das ja auch ganz angemessen war.! Wie Arrian die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Buche ge- zogen hatte, ist nicht auszumachen. Aus dem Bericht über die Lustra- tion des Heeres, welche Perdikkas dazu benutzte, die Rädelsführer der Empörung gegen die Beschlüsse der Heerführer und der Ritter- schaft aus dem Wege zu räumen, scheint ein von Suidas (s. v. deiuz) unter Arrian’s Namen überliefertes Fragment herzurühren: roccvde aüreus deiua Ws mpooayovrwv dewäv (1. dewas) xureoyev, ware un duvasdaı dmooryaaı Tis Ermihcews. Aus dem dritten Buch der Diadochengeschichte (Aggızvos rar) werden in dem syntaktischen Lexikon (S. 170, ı6 u. roAıreiw) die Worte eitirt: üuiv de ToUs marpious vomous amodeus Ev EAeudepie Torureveı dredwxe. Es ist von einer griechischen Stadt die Rede, welcher Alexander die matgıcı voucı, d. h. die Demokratie zurückgegeben hatte, also von einer Stadt im Osten des ägeischen Meeres. Die anonyme Stadt war vom Reiche abgefallen; Gesandte sollten sie zur Treue zurückrufen. Ohne Zweifel hat es sich nach dem Tode Alexander's in mehr als einer von den griechischen Städten im Osten gerührt, welche sich als nominelle Verbündete dem in der Bildung begriffenen persisch-makedonischen Reich hatten anschliessen müssen. Aber in der Überlieferung wird nur der Abfall von Rhodos erwähnt, welches eine makedonische Besatzung vertrieb, Rhodos aus dem ein- fachen Grunde, weil es sich unabhängig behauptete und durch die Vertreibung der fremden Besatzung den Grund legte zu seiner späteren Machtstellung als neutraler Handels- und Seestaat. Ich beziehe das Fragment aus «lem dritten Buch Arrian’s auf die Verhandlungen makedonischer Gesandter mit den Rhodiern.” Während die asiatischen Völker in dem Tode Alexander’s nur einen Wechsel der Herrschaft sahen, regte sich unter den Griechen überall der angeborene Freiheits- sinn, am stärksten natürlich. auf der griechischen Halbinsel, wo Athen die Führung in dem Kampfe gegen die makedonische Herr- te ! Photios hat den Bericht über den Krieg gegen die Colonisten übergangen, ebenso wie Justin. Der Bericht ist erhalten bei Diodor XVII 7 und stand bei Trogus, s. prol. ib. XI. 2 Über die Vertreibung der makedonischen Besatzung aus Rhodos Dio- dor XVII 8; Photios hat die Thatsache ‚übergangen. Nach Curtius (IV 5, 9) über- sahen die Rhodier nach der Schlacht bei Issos, welche Alexander zum Herrn *auf dem ägeischen Meere machte, dem Sieger urbem portusque (vergl. Arr. Anab. II 20, 2 und Justin. XI ı1, 1); die Angabe desselben Schriftstellers (IV 8, ı2), die Rhodier hätten während des Aufenthaltes Alexander’s in Aegypten die Entfernung der make- donischen Besatzung aus ihrer Stadt erbeten und bewilligt erhalten, ist in ihrem zweiten Theil ungenau. Dass die makedonischen Gesandten die Beschränkung der rhodischen Freiheit, welche in der Anwesenheit einer makedonischen Besatzung lag, ignoriren, kann keinen Anstoss erregen. Sitzungsberichte 1890. 51 572 Gesammtsitzung vom 5. Juni. schaft übernahm. Die Berichte Diodor's und Justin’s über den hel- lenischen Krieg knüpfen an das Ediet von Olympia und die An- wesenheit des von Alexander abgefallenen Satrapen Harpalos in Athen an; der Auszug aus «den Berichten Arrian’s bei Photios ist so kurz, dass er für uns keinen Werth hat. Auf die Anwesenheit des Sa- trapen in Athen bezieht sich ein im syntaktischen Lexikon über- liefertes Fragment (8. 145 Z. ı8 u. exroreuß): aures de Es "Alyvas EA- Iuv Ws Exrmorsunowv Tel: "Almvaious mpos "Arekavdoov; sein Geschwader hatte Harpalos, nachdem ihm die Einfahrt in den Hafen von Piräus verweigert worden war, bis auf zwei Schiffe, welche, wie wir aus den athenischen Werfturkunden gelernt haben, später der athenischen Flotte einverleibt wurden, bei Kap Tainaron zurückgelassen. Das Fragment ist namenlos überliefert, gehört aber gewiss Arrian an.' Die Absicht, welche Harpalos nach Athen führte, die Athener zum Krieg gegen Alexander aufzuwiegeln, ist sonst nicht so bestimmt ausgesprochen wie in diesem Fragment. Mit den in Athen gebliebenen harpalischen Schätzen warb Leosthenes die Söldner, welche Athen nach Alexander's Tode im Kriege gegen Antipater in’s Feld stellte. Über Leosthenes handelt ein bei Suidas unter dem Namen überliefertes Excerpt: Aswodens oroarnyos "Adyvaiwy. oDTos Ev TW mpos Tous Maxedovas morEuWw TpoSumie YpnGaevos TOD xdıpod mPoSumoTepz xal TN Mapameoouen EUFPAYıLE Kara Tov moAeılwy ErefıWv TYV TE EuBormv abeıdy masiraı, zul Ad mAnyeıs mpos ryv xebarnv dbuidkrws Emi TH maparafews mimre. Das Ex- cerpt rührt offenbar aus einer guten Quelle her; auch wenn nicht die fast wörtliche Übereinstimmung in dem auf den Fall des Leosthenes bezüglichen Theil mit dem Bericht Diodor’s wäre, würde man an Arrian denken müssen.” Allein das Urtheil über Leosthenes, welches darin enthalten ist, ist unzutreffend. Es war verhängnissvoll für die am Aufstand betheiligten Staaten, dass sie im Anfang des Krieges siegreich waren; die Griechen wurden dadurch übermüthig gemacht und das var vietis Antipater’s fiel später um so härter aus. Aber Leosthenes musste, wenn der unzeitige Aufstand überhaupt einen Sinn haben sollte, kühn vorgehen und rasch entscheidende Er- folge zu gewinnen suchen. Die Ausführung des Wallgrabens, durch welchen er Antipater, nachdem er ihn hinter die Mauern von Lamia zurückgetrieben hatte, von der Verbindung mit der Aussenwelt ab- schneiden wollte, zog sich in die Länge; $vAaxal de, wie es in einem ! Man hat das Fragment unter die. anonymen Rednerfragmente aufgenommen; Sıurr OA Il, S. 346. Das Fragment braucht übrigens nicht aus der Diadochen- geschichte zu stammen. es kann an der lückenhaften Stelle der Anabasis (VII, 12) gestanden haben, in welcher über die Flucht des Harpalos aus Asien berichtet war. r 2 F 5 rn R \ B \ ey 2 Diodor XVIN, 13: 0 AsusTems... mAnysıs eis .zyu zeibeAru Arzw.. Emere. Dur ı ee al = Könrer: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 573 y . * ! ” .. Fragment aus Arrian (Suid. u. diarsıuua), welches hierher gehören Se . Sa \ Ns ’ I I a ’ 2 wird, heisst, emı 7a dlarsımovra 795 Tahpev ererayyaro. Als Antipater einen Ausfall machte, um zu verhindern, dass sich der Ring um ihn schlösse, warf sich ihm Leosthenes entgegen; der Ausfall wurde zurückgeschlagen, aber Leosthenes bezahlte den Erfolg mit dem Leben. Der Bericht Diodor's über die Belagerung von Lamia ist weitschweifig und confus; Justin (XIII, 5) lässt wohl nur um des grösseren Effeetes willen den griechischen Führer ohne Kampf durch ein von der Ring- mauer der Stadt geschleudertes Geschoss getödtet werden. Aus Diodor ist zu schliessen, dass der hellenische Krieg in der Hauptquelle Arrian's in drei gesonderten Abschnitten dargestellt war, von denen der erste bis zum Tode des Leosthenes, der zweite bis zur Aufhebung der Belagerung von Lamia und dem Sieg. der Griechen über den nach seinem Austritt aus der Regentschaft zum Satrapen von Kleinphrygien ernannten Leonnatos reichte. Zwischen dem ersten und zweiten Abschnitt stand der thrakische Aufstand, zwischen dem zweiten und dritten der kappadokische Krieg. Arrian hatte nach dem Auszug des Photios die Darstellung des hellenischen Krieges in - einem Zuge bis zum Tode des Leonnatos «eführt und den thrakischen Krieg mit dem Feldzug des Reichsverwesers Perdikkas nach Kappa- dokien verbunden, auf welchem Perdikkas den kappadokischen Dynasten Ariarathes beseitigte und Eumenes als Satrapen in der ihm in Babylon zugetheilten Provinz einsetzte. Nach der bei Plutarch im Eumenes (e. 3) vorliegenden Tradition hatte Eumenes die ehrgeizigen Pläne, mit denen Leonnatos Antipater zu Hülfe zog und für welche er Eumenes als brauchbares Werkzeug zu gewinnen gesucht hatte, dem Reichsverweser denuneirt und Perdikkas dadurch für den Feldzug gegen Ariarathes gewonnen. Diese sachlich nicht unbedenkliche Tra- dition stand auch bei Arrian; 5 de rouras rıoreuwv, heisst es offenbar von Perdikkas in einem bei Suidas (u. dvedey,sro) anonym überlieferten Fragment, dvedeyero rov mpos "ApızpaSuv morsuov. In denselben Zusammen- hang gehört ein im syntaktischen Lexikon (S.154 Z. 10 u. xarzxouw) aus dem 5. Buch Arrian’s eitirtes Fragment: oöd’ &Iercı xaraxovsı reü Garpomou (S. Earpermö). Aus dem Citat ist zu schliessen, dass Arrian den ersten Theil des hellenischen Krieges und den Krieg in Thrakien im dritten und vierten Buch dargestellt und mit dem kappadokischen Feldzug des Perdikkas das 5. Buch eröffnet hatte. Aus dem vierten Buche Arrian’s eitirt das syntaktische Lexikon (S. 154 Z.ı2 u. xx- Inysduaı) die Worte: xuı Es rov Arusva xaSmyeioSaı. In den Berichten, welche, wie wir so eben sahen, das 4. Buch der Diadochengeschichte bildeten, ist dieses Fragment nicht unterzubringen. Das Fragment stammt aus dem Bericht über das Unternehmen des lakonischen 5l* 574 Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. Bandenführers Thibron, des Mörders und Erben des von Athen nach Tainaron zurückgekehrten Harpalos, gegen Kyrene, welches es Ptole- maios möglieh machte, «die dorische Pentapolis in Libyen unter seine Botmässigkeit zu bringen. Thibron wurde in Kreta von Exulanten aus Kyrene und Barka angegangen ihnen zur Heimkehr zu verhelfen; unter ihrer Führung konnte er mit seinen Schiffen in den Hafen von Kyrene einlaufen (Diodor XVII 19). Das Arrianfragment wird von Suidas (u. za°yyoüuzı) ohne Namen des Autors, aber genauer in der Fassung angeführt als Theil einer Rede: zuSyyoluaı ravraıs eis rov Auneve. Nach der Darstellung Arrian’s hatten also die Exulanten Thibron durch das Versprechen, ihm den Weg in den Hafen zu zeigen, für ihre Pläne, wie sie glaubten, gewonnen. Die Annexion der Kyrenaika durch Ptolemaios mit dem, was ihr vorausging, war von Arrian nach der bestimmten Angabe des Photios im 6. Buch erzählt. Danach ist in dem Citat im syntaktischen Lexikon die überlieferte Buchzahl zu ändern. Den grössten Theil des 5. Buches des Geschichtswerkes Arrian’s nahm die Fortsetzung der Geschichte des hellenischen Krieges ein. Die Ankunft des Krateros in Thessalien, welcher in der letzten Zeit Alexander’s den Auftrag erhalten hatte, die Veteranen heimzuführen und Antipater in Makedonien zu ersetzen, bildete den Wendepunkt des Krieges. Von wesentlicher Bedeutung war es, dass Krateros Anti- pater, der nach Alexander’s Tode von den Machthabern in Babylon als Regent in Makedonien bestätigt worden war, in dieser Eigenschaft anerkannte und sich ihm im Kriege gegen die Verbündeten unterord- nete: mapeAIWv 0° eic Oerrarıav, wie Diodor (XVII 16,4) sagt, zul rov mpwreiou Ropaywpnoas Eroumiws "Avrımarpw xolvn WET duTOU KATEOTpATomedeuoE map& rov Ilnvecv rorauov. Arrian hatte über die Stellung, welche Krateros nach seiner Ankunft in Thessalien zu Antipater -einnahm, ausführlich gehandelt und Krateros redend eingeführt. Aus dieser Rede rührt ein in dem syntaktischen Lexikon (S. 130 Z. 26 u. Bovreiw) aus dem fünften Buch r&üv nerz "Arefavdoov angeführtes, den Bericht Diodor’s ausdrucksvoll ergänzendes Fragment her; 8 de eivaı, so hatte Arrian Krateros sprechen lassen, rev BouAevovra Te Ürsp av oAuv Ta Euupopwrare, xal EmayyeAAovra mau or TEp av Eurroyıcud run EuuBov- AevSev. Die Fragmente der Diadochengeschichte Arrian’s lassen er- kennen, dass Gespräche und Reden in dieser einen grösseren Raum einnahmen, als in der Alexandergeschichte. Diess muss seinen Grund in der Beschaffenheit seiner Hauptquelle gehabt haben, deren Eigenart noch genauer als bisher geschehen ist, festzustellen wäre." Werth- ' Wie sehr Arrian auch in Ausserlichkeiten von seinen Quellen abhängig ge- wesen ist, zeigt sich unter anderem darin, dass er in der Alexandergeschichte die Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 575 volles Detail über das erste Zusammentreffen zwischen Antipater und Krateros werden wir weiterhin in dem Excerpt über Krateros finden. Nachdem Krateros mit den Veteranen zum Heere Antipaters gestossen war, war das Schicksal des griechischen Aufstandes entschieden. Nach der ersten nicht ein Mal vollständigen Niederlage löste sich das Heer der Verbündeten, mit dem Heere der Bund auf. Antipater hätte den Entscheidungskampf schön früher wagen können: olıne Zweifel hatte er den Krieg absichtlich in die Länge gezogen, nicht allein weil er das Eintreffen des Krateros erwartete; er kannte die griechi- schen Zustände und konnte voraussehen, dass es den griechischen Führern nieht möglich sein würde die Bürgermilizen den Winter hin- dureh zusammen zu halten. Während die meisten von den am Auf- stand betheiligten griechischen Staaten nach der Schlacht bei Krannon ihren Separatfrieden mit Antipater machten, zögerte man in Athen auch nach der Rückkehr des Aufgebotes noch sich der Nothwendigkeit zu fügen.‘ Nach den vorliegenden Berichten schiekten die Athener, nachdem Antipater in Böotien eingerückt war, Unterhändler nach Theben in das makedonische Hauptquartier. Danach wird angenom- men, die Athener hätten Antipater keine Zeit gelassen, die Feind- seliekeiten gegen ihr Land zu eröffnen. Diese Annahme ist unrichtie. Bei Suidas (u. dveß&rero) sind als Fragment Arrians die Worte über- liefert: dvs@arero Av Tas AAN: Yupas drwarw oiomevos Evdwasıv "Alnvalovc. Diese Worte können nur auf den hellenischen Krieg und Antipater bezogen werden. Wir lernen aus dem Fragment. dass Antipater, um einen Druck auf die Athener auszuüben, seine Vorhut hatte die attische Grenze überschreiten lassen. Vielleicht hängt es damit zusam- men, dass die Athener in dem Frieden die oropische Mark den Böotern abtreten mussten. Über das Schicksal der attischen Redner, dureh welche der Auf- stand angefacht worden war, hatte Arrian im Anfang des sechsten Buches gehandelt. Der Auszug des Photios ist hier verhältnissmässig ausführlich; mit diesem Auszug ist ein Excerpt zu verbinden, welches bei Suidas unter dem Namen ’Avriwarpos erhalten ist. In der Über- lieferung über das Schieksal der Redner sind zwei Versionen zu unter- scheiden. Nach der einen Version, für welche Plutareh in Phokion (e. 27) Hauptquelle ist, wurde von Antipater in den Friedensverhand- lungen die Auslieferung der Redner verlangt; diese flohen aus Athen gemeingriechische Namensform Farpumn, in der Diadochengeschichte die in Asien gebräuchlichere Form Eargemns gebraucht hat. ! Aus dem compendiarischen Bericht in den witt. X or. 846 E ist mit Unrecht geschlossen worden, die Athener hätten als Antipater noch in Thessalien stand, Ge- sandte an ihn geschickt. r 576 Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. und wurden nach dem Abschluss des Friedens von den Trabanten Antipater’s aufgesucht und auf seinen Befehl hingerichtet. Die andere Version ist am vollständigsten wiedergegeben in dem Excerpt bei Suidas. Das Excerpt lautet: orı rüv "Adyvalwv Tas "Adyvas "Avrımarow Tu Maxedovi mapadevrwv, Ev dee ovres ci Öyuaywyal, mpos Tav Eravdoracw ToUs "Adyvaious Erapavres, ja TAV diriav Em’ aürous Eveykweiw, eduyov. ol de "Adyvalcı Savdrw Eomumv Fourous zarsdıracan" wv Av AnmooSevng 6 Enrwo zul "Warepidys zaı "Inepatos, ryv red Savarou eionyow eiveveyxovros |Anusdou].' Die in dem Excerpt vorliegende Version weiss nichts davon, dass Antipater die Auslieferung der Redner als Friedensbedingung aufgestellt hatte. Die Redner flohen nach dieser Version nicht um der Aus- lieferung an Antipater zu entgehen, sondern weil sie fürchteten, das athenische Volk würde sie zu Sündenböcken machen, was dann auch geschah. Der Auszug aus Arrian stimmt mit dem Excerpt überein; dieselbe Darstellung liegt ausserdem bei Plutarch im Demostlienes (e. 28) vor: Diodor hat das Schicksal der athenischen Redner übergangen. Die modernen Historiker haben die beiden Versionen eombinirt: sie lassen Antipater die Auslieferung der Redner verlangen, die Athener das Todesurtheil über die Geflohenen aussprechen, Antipater das Urtheil vollziehen. In dieser Darstellung ist die Verurtheilung der Redner unmotivirt. Dass diese sich der Auslieferung an Antipater dureh die Flucht entzogen, konnte ihnen doch von den Athenern nicht als todeswürdiges Verbrechen angerechnet werden. Antipater war, wenn seine Absicht die Redner ausgeliefert zu erhalten vereitelt war, mit der Verurtheilung derselben nicht gedient. Waren. wie angenommen wird, die Redner bereits geflohen ehe die Friedensbedingungen fest- gestellt wurden. so kam die Forderung Antipater's zu spät. Was man als Theile derselben Tradition behandelt hat, sind in Wahrheit zwei verschiedene Traditionen, von denen die in drei Brechungen vor- liegende, welche die Forderung der Auslieferung der Redner nicht kennt, als die bestbeglaubigte den Vorzug verdient. Ohne Zweifel hatte Antipater in den Unterhandlungen mit den athenischen Ge- sandten darauf gedrungen, dass die Rädelsführer des Aufstandes zur Verantwortung gezogen würden, wie er es in den Verhandlungen mit anderen Städten that. Daraufhin wurden die Redner auf Antrag des Demades zum Tode verurtheilt. In Athen glaubte man, damit sei die Sache abgethan; war es doch nach den athenischen Rechts- einrichtungen und Gepflogenheiten so herkömmlich, dass politische Verbrecher sich durch die Flucht der ihnen drohenden Strafe entzogen. Die Verurtheilten selbst waren offenbar dieser Ansicht, sie würden sonst ’ eireveyzorroe [Anneöev] Arn. ScHÄrer sirsveyzoures die HSS. .um Könter: Über die Diadocheneeschichte Arrian's. 71 nieht in der nächsten Umgebung Athens geblieben sein. Aber Anti- pater sah die Sache anders an; da die Athener keine Anstalten machten dem gefällten Urtheilsspruche Folge zu geben, nahm er die Vollstreckung desselben selbst in die land. In dem Excerpte bei Suidas schliesst sich an die Angabe über den Antrag des Demades das folgende wörtliche Citat an: Eyeyovsı yap eis oUdev METLIOTEPOS [2 yuWan, dieri unde Eorı bUcews ae KoKıd GuveAdouons, Nrraraı dE dürts zul vonov Emirafıs um mavreAüs zoAdloucd xal ioyls aury dvraywvioros &b omep dv bern‘ xuı oure doßw dmorpemerdi v0 Ipuovuveodar ovre aidus Efeipyovoa mapameioaı ixaın Eorıy Es To To vonm Urmyxoov. ARrNnoLD ScnÄrer, welcher das Excerpt angezogen hat, wollte in den Schlusssätzen Worte zur Motivirung des Antrages des Demades sehen." Ich zweifele, ob diese Auffassung riehtig ist. Ich erkenne in den Schlusssätzen des Exeerptes ein in sentenziöse Form gekleidetes Urtheil über Demades. Gegen angeborene Schlechtiekeit hilft auch «die Zucht des Gesetzes nichts. Demades war nach dem Ausbruch des Auf- standes wegen seiner vorausgegangenen politischen Thätigkeit gericht- lich verfolgt worden; demungeachtet stellte er nach dem Friedensschluss den Antrag auf die Hinriehtung der Redner. Arrian hatte, wie der Aus- zug des Photios zeigt, im Anschluss an den Bericht über den Tod der Redner die Hinrichtung des Demades dureh Antipater und das elende Ende des Phygadotheren Archias erzählt; in den antimakedo- nischen Kreisen sah man in den späteren Schieksalen der beiden Männer eine gerechte Vergeltung für ihren Antheil an dem Tode des‘Demos- thenes. Diese Zusammenstellung hat Arrian nicht in seiner Haupt- quelle bei Hieronymus vorgefunden, der anders über die politische Thätigkeit des Demades urtheilte; er hat sie einer griechisch gefärbten Nebenquelle, vielleicht Duris entlehnt. Die Vaticanischen Fragmente des Geschichtswerkes Arrian's be- ziehen sich auf die Vorgeschichte des ersten Diadochenkrieges, welche nach der wahrscheinlichen Aufstellung des Herausgebers der Frag- mente im siebenten Buch des Werkes enthalten war. Das Erhaltene steht auf zwei zusammenhängenden Blättern; ich werde diese als das erste und zweite Fragment unterscheiden. Das erste Fragment beginnt mit der Entführung der Alexanderleiche durch Ptolemaios. Es würde von grossem Interesse gewesen sein, Genaueres über diese in ihren Motiven für uns dunkele That zu erfahren, durch welehe Perdikkas in dem von ihm in Pisidien gefassten Entschluss bestärkt wurde, Ptolemaios in Aegypten anzugreifen und es Eumenes zu überlassen, “als Oberbefehlshaber in Kleinasien Antipater und Krateros den Über- ! Demosthenes u. s. Z. IIE S. 391. Fr7O n . - . 578 Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. gang über den Hellespont zu wehren. Leider ist uns nur der Schluss des Berichtes Arrian’s erhalten. Wenn es in diesem heisst, dass Per- dikkas den Zug gegen Aegypten mit der Absicht unternommen habe, den unbotmässigen Statthalter zu beseitigen und sich der Mumie des Königs zu bemächtigen, so ist diese Aussage in ihrem zweiten Theile ebenso sachgemäss wie im ersten; aber das, was der Reichsver- weser selbst mit der Mumie vor hatte, ob er sie im Amonsheilig- 323 in Babylon beschlossen in einer anderen Verbindung thum beisetzen wollte, wie im Sommer worden war, oder ob er, wie DroYsEn äls möglich hingestellt hat, im Sinne hatte, die Leiche nach Aigai, der Begräbnissstätte des makedonischen Königshauses, überzuführen und bei dieser Gelegenheit seine Autorität in den makedonischen Stammlanden herzustellen, bleibt ungewiss. Hat Perdikkas, wie ich nieht für unwahrscheinlich halte, die Überführung der Alexander- leiche nach Makedonien im Auge gehabt, so war er darauf an- gewiesen, diesen Plan geheim zu halten. An den Bericht über die Entführung der Alexanderleiche schliesst sich in dem Vaticanischen Fragmente der Bericht über die Neu- besetzung der Satrapien von Kilikien und Babylonien an, deren In- haber zu den Mitgliedern der Coalition hinneigten, welche sich gegen den Reichsverweser gebildet hatte. Die Einsetzung des Philoxenos' zum Satrapen von Kilikien unterlag keinen Schwierigkeiten, da Per- dikkas mit dem Heere von Pisidien, wo er die Nachricht von der Entführung der Alexanderleiche erhalten hatte, durch Kilikien gegen Aegypten zog. Nicht so einfach lag die Sache in Babylon, wo der im Amte befindliche Satrap Archon ähnlich wie in einer späteren Zeit Seleukos auf die einheimische Bevölkerung zählen konnte. Arrian hatte sowohl über die Instructionen, welche Perdikkas dem desig- nirten Satrapen Dokimos ertheilt hatte, wie über die Vorgänge vor und nach der Ankunft des Dokimos in Babylon eingehend berichtet; dass dieser Bericht in dem Palimpsest nur theilweise hat. gelesen werden können, ist sehr zu bedauern, da wir durch den vollständigen Bericht ohne Zweifel über die Zustände in Babylonien würden auf- geklärt worden sein.” Die Einsetzung des Philoxenos in Kilikien ist I Statt PrroEevor . . Eva av aparav Mezedovuv fol. 230" Z.ı2 S.6 und.24 ist doch wohl zu lesen ®ıAo£evow .. . eve zoı Errupavov oder zaV more]uor en mg06 "Apyame. za Te ns z[a]rS non @montey on: av ‚zelr | iry,lve] m x TEV Yyngtum ergeereiro. ws de argolorımuy Fun TocUMeerige Yeromeıy 70 "Aaypın ov moAAs 4 £ vrregor Sur 22 re@uner N, usaln |r« de olv] Jar: [75 ö Aolzınos dey,on ER r 2 B r : 580 Gesammtsitzung vom 5. Juni. stellung als der Vorgänger des Polybios erscheint, der ihn vielleicht nur in der Grossartigkeit und Geschlossenheit der Gesammtauffassung überragt hat. Zwischen dem ersten und dem zweiten Vaticanischen Fragmente liegt eine Lücke. Das zweite Fragment bezieht sich auf Antigonos, der Schauplatz der Erzählung ist das westliche Kleinasien. Man er- kennt aus dem FErhaltenen, dass nach der Ankunft des Antigonos die Satrapen von Karien und Lydien, Asander und Menander von der Sache des Reichsverwesers abfielen und dass Ephesos und andere Städte der jonischen Küste Antigonos ihre Thore öffneten; dass Me- nander Antigonos .den Plan eingab Eumenes in Sardes aufzuheben und es selbst übernahm Eumenes den Weg in das innere Kleinasien zu verlegen, dass aber Eumenes gewarnt durch Kleopatra sich den Nachstellungen seiner Gegner zu entziehen wusste." Der Herausgeber der Fragmente hat aus diesen Nachrichten scharfsinnig geschlossen, dass Antigonos, der, nachdem er aus seiner Satrapie Grossphrygien entwichen war, in Griechenland den Bund mit Antipater und Kra- teros gegen den Reichsverweser geschlossen hatte, dem bald auch Ptolemaios beitrat, mit der von den Alliirten ausgerüsteten Flotte nach Kleinasien gefahren ist, um hier dem Reichsverweser und seinem bevollmächtigten Stellvertreter Eumenes Abbruch zu thun, worüber sonst nichts überliefert ist. Wie wir aus Photios’ Auszügen aus Arrian wissen, hatte Perdikkas, nachdem sich die Coalition gegen ihn gebildet hatte, den Entschluss gefasst, sich mit Kleopatra, der Schwester Alexander’s des Grossen, zu vermählen, deren Anträge er früher aus Rücksicht auf Antipater zurückgewiesen hatte; er hatte Sumenes beauftragt, Kleopatra in Sardes, wo sie seit ihrer Ankunft in Kleinasien residirte, aufzusuchen und ihr seinen Entschluss anzu- kündigen. Das muss in der Lücke zwischen den beiden Vaticanischen Fragmenten berichtet gewesen sein; zwischen den beiden erhaltenen Blättern ist wenigstens eine Blattlage verloren gegangen. Über die Theilnahme des Antigonos an dem ersten Diadochenkriege war vor der Entdeckung der Vaticanischen Fragmente nur bekannt, dass er zur Zeit, als Perdikkas am Nil ermordet wurde, in Kypros war; weder auf welchem Wege er dahin gekommen war, noch was ihn nach der Insel geführt hatte, wussten wir. Die Fahrt der Flotte nach der Westküste von Kleinasien hatte den Zweck, dem Landheer unter AÄntipater und Krateros den Weg in die Halbinsel zu öffnen; dieser Zweck ist erreicht worden; Fumenes musste nach der Lan- - ) x 5 \ 7 DS U Fol. 235%, Z.12f., S.12 und 30 ist zu lesen: «ur ner ayeıw evAaßr m ro Rn a) 5 \ \ ’ ’ = zerernp| Ser zizegeı, v|ys] de erı [dvrovr]« Fr [e ye[rr+ ewr ernv rnle]ds rR [77 ’ \ = [z«@:] &mı zwös yzırra TOOFÖOZUNMEN. Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 581 dung des Antigonos nach Kappadokien zurückweichen und durch Aushebungen in seiner Provinz den Ausfall zu decken suchen, der durch den Übertritt der Statthalter der westlichen Küstenlandschaften in seiner Macht entstanden war; während er noch rüstete, konnten Antipater und Krateros ungehindert über den Hellespont in Klein- asien einziehen. Im Einzelnen bleibt Manches dunkel; es ist dringend zu wünschen, dass der Versuch bald gemacht werden möge, die Entzifferung der bisher nur theilweise gelesenen Vaticanischen Frag- mente weiterzuführen, wenn auch die Aussicht auf Erfolg gering zu sein scheint. Von Kleinasien ist Antigeonos mit der Flotte nach Kypros gefahren, wo, wie wir anzunehmen haben, mittlerweile der Kampf zwischen den mit Ptolemaios verbündeten Stadtkönigen und der von dem Reichsverweser gegen die Insel geschiekten Macht ent- brannt war. Der Krieg der Statthalterpartei gegen den Reichsverweser, welcher in der Hauptsache in Kleinasien und am Nil geführt wurde, wird den Inhalt des achten Buches (des arrianischen Werkes gebildet haben. Hierher gehören der Artikel des Suidas über Perdikkas und der Artikel desselben Lexikographen über Krateros in seinem zweiten Theil. Der Artikel über Krateros ist nämlich aus zwei Stücken zu- sammengesetzt, die sich ohne Weiteres von einander trennen lassen. Das erste Stück lautet (Suidas u. Koorepos, vergl. u. &yxos und u. oxeun): Koarspos ovoua xUpiov, 6 Maxedw, 65 Av meyıoros re ohIAvaı zul ol) mpoow oyxov Basınızod, TNS TE OxeUNs TH Anumporyri Ölapepwv, xal mavrı TOD xooum Kata Tov "Arefandpev Eotarro min Tod dladnuaros, Kal Tols GUyyıvomevars olos cv Erieıxeie, Kal ToU GEuvoU mEOOOVToS, diAodpoveotaros dofaı, Kal mıSavuraros Tu Erdywyu) TaV Aoyuv, ws ouußarrovcı mn Te Guixporyri Too "Avrırarpov owuaros xaı Fi davAoryri, Em Tovras Tu dmpoouierw xal dvm- [4 > \ c I «/ 4 \ = \ \ n ’ ea MEpu) Es Tous Umyxoous, [wore] Sepameveıw Tov Kparepov xara Bacılea xl Ev Erawvors dyovras xara Te EiXos oa MM Orparnyav Tov euroAuSTaroV Kol Toy ToAeNıKWV Epywv GUVETWTATOV deurepen m 7 Fpotiungeı uera Aregandgov avampı- Aoyws Aa. Oi TE olv MM Av Em Toury The Orparıda SUumdoHs, Kou- Tepev nv oa Puoırew Es To Emibavs Iepumevoions, zul Erdorwv dmakıouv- Tuv &v ion Moe dubw Teraydou, "Avrındrpy ÖL nur oudev EIeAovrwv weiDeodaı. Man erkennt leicht, dass dieses Stück aus der Dar- stellung des hellenischen Krieges herrührt. Nach der Entsetzung von Lamia hatte sich Antipater, gefolgt von den Truppen des im Kampfe mit den verbündeten Griechen gefallenen Leonnatos, nach Nordthessalien zurückgezogen in der Absicht, das Eintreffen des Krateros mit den Veteranen des asiatischen Heeres zu erwarten. Das bei Suidas erhaltene Exeerpt schildert die Sachlage nach der Ankunft des Krateros; nach dieser Darstellung machte die glänzende 582 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Erscheinung des Krateros, sein kriegerischer Ruhm und die Erinne- rung an die Stellung, die er zu Alexander eingenommen hatte, seine mit gewinnender Freundlichkeit verbundene Würde einen solchen Eindruck auf die in Thessalien vereinigten makedonischen Truppen, dass sie den unscheinbaren Antipater, welchem die wenig dankbare Aufgabe zugefallen war, während sich Alexander und seine Ge- fährten in Asien mit Rulım und Glanz bedeckten, die unruhigen Griechen im Zaum zu halten, übersahen und nur von Krateros Be- fehle annehmen wollten. Dass Krateros seit der Hinrichtung Par- menions die rechte Hand Alexander's gewesen ist, der ihm unbedingtes Vertrauen schenkte, ergiebt sich aus der Alexandertradition zur Genüge. Die stattliche Erscheinung wird sowohl in der Charakteristik des Leon- natos, wie in der des Krateros hervorgehoben; was in diesen Frag- menten von Krateros und Leonnatos einzeln ausgesagt wird, ist in der Einleitung zur Diadochengeschichte »bei Trogus-Justin generalisirt. in welcher die Gefährten Alexander's als eine Eliteschaar in physi- scher sowohl wie in geistiger Beziehung bezeichnet werden. Dass ‚Antipater in der Kleidung und Lebensweise von der grössten Ein- fachheit war' und sich nach makedonischer Art auch in den Formen rauh und schroff zeigte, ist anderweitig bekannt: dass er auch körper- lich unscheinbar war. ist meines Wissens sonst nicht bezeugt. Die Thatsache, «dass nach der Ankunft des Krateros (das makedonische Heer sich diesem zuwendete und Miene machte Antipater den Ge- horsam zu verweigern, findet sich in keiner der erhaltenen Quellen ausser in dem Excerpt berichtet: aber in der Quelle Diodor's muss ein entsprechender Bericht gestanden haben; die Angabe Diodor's, dass sich Krateros Antipater freiwillig unterordnete, hat, wie mir scheint, einen solehen zur Voraussetzung: dass Arrian über das, was Diodor mit wenigen Worten abmacht. ausführlich berichtet hatte, glaube ich aus einem der im syntaktischen Lexikon erhaltenen Fragmente nach- gewiesen zu haben. Zwischen Antipater und Krateros bestand eine gewisse Solidarität der Interessen, die darauf beruhte, dass sich die Ordnung der Dinge in Babylon, welche damit endete, dass Perdikkas in den Besitz der höchsten Gewalt kam, in Abwesenheit und ohne Zuthun Beider vollzogen hatte. Aber auch in der Gesinnung scheinen die beiden Männer Berührungspunkte gehabt zu haben. Dass Anti- pater, welcher als Rathgeber und Feldherr Philipp's ergraut war und an den Eroberungskriegen in Asien keinen Antheil genommen hatte, den auf die Verschmelzung der Perser mit den Makedoniern gerich- ! Plut. Phok. 29. Vergl. die Charakteristik Antipater's bei Jacog BErnavs, Phokion und seine neueren Beurtheiler, S. 61. Köuter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 583 teten Ideen Alexander's gegenüber die makedonischen Traditionen vertreten hat, ist eben so wenig zu bezweifeln, wie dass in der letzten Zeit Alexander’s das Verhältniss zwischen diesem und dem hervor- ragendsten Vertreter der Philippischen Zeit gestört gewesen ist. Aber auch von Krateros wird von Plutarch im Alexander (ce. 47) und Eumenes (e. 6) berichtet, dass er die Hinneigung Alexander's zu dem Persi- a Wesen zu mässigen suchte und in den Conflieten des Königs mit den Makedoniern für diese eintrat. In der für die Alexander- geschichte maassgebenden Überlieferung ist allerdings nichts davon zu lesen, aber diese Überlieferung vermeidet es, wie bekannt, auf das Persönliche einzugehen. Tiefer in das Verhältniss zwischen Antipater und Krateros einzudringen ist uns versagt; sicher ist, das die beiden Männer in Thessalien in ein enges Einvernehmen traten, welches sich bis zum Tode des Krateros gleich blieb. Die zweite Hälfte des Artikels über Krateros lautet folgender- maassen: Euueung de zara rov mergue cv elpwv TO Kparepod GUWS xeinevov Erı Eu- mvavy Karamndgosı Te mo ToU Immou Asyeraı Kal xuronopupaodc aurov, Eraap- Fupeunevo, (l. dxopaprupeunevoe) avopeiay re tiv Koarepod xal ouvenıw xal TE dyav iNewv ToD TEomoU "Kl &s Gira nv mrpos aurov dvemimAdoTo), 6009 TE MAoUToU duepaorov za oo dixauoouvn Suvrpoben. Kpariores de apa euros orou Ta INS Aneens Epya xal Mapa Tols Evavrias TÜV Emraivwv Evpumaw exe Evrinws \ m m > IN \ v de xal une To O0WUd AÜTOD Exndeuge. EyEı MeV cüv xal Tara TWS Koarep? dyaııy dokav, memiorsura: de Owepoveoratos yeveodaı xal mpdora- Tos xaı dırıas zewwwiocı Behaıeraros, cin On re DiRerdupov bVca zry0d- pevos zu Emirndeioas. Nachdem Antipater und Krateros den Hellespont überschritten hatten, wendete sich Krateros gegen Eumenes, während Antipater mit dem übrigen Heere südwärts nach den Kilikischen Pässen marschirte, um den Reichsverweser im Rücken anzugreifen. Aus dem Schlusse des Berichtes über die Schlacht. in welcher Krateros fiel, stammt die zweite Hälfte des Artikels über Krateros bei Suidas. Dass Eumenes nach dem Siege die Leiche seines gefallenen Gegners feierlich verbrennen liess, wird auch von Nepos im Eumenes (c. 4, 4) berichtet mit dem Zusatz, dass er die Asche des Krateros an seine Hinterbliebenen sandte. Dasselbe hat in der Quelle Diodor’s gestanden, der es da, wo er über die Schlacht berichtet, übergangen hat, aber an einer späteren Stelle (XIX 5, 9) auf die Überführung der Asche Bezug nimmt. An die Er- wähnunge der von Eumenes der Leiche des Krateros erwiesenen Ehren schliesst sich sachgemäss eine Würdigung der persönlichen Vorzüge des letzteren, seiner Zuverlässigkeit, Uneigennützigkeit und Anspruchs- losigkeit an. Dass Eumenes Krateros noch am Leben getroffen und 1 Bv Era & Ne BERNHARDY ru Er av Eumbuvoisns. EQ = Q r : 584 Gesammtsitzung vom 5. Juni. eine Ansprache an ihn gerichtet habe, wird in dem Excerpt als Asyouevov angeführt. Ich glaube. dass die Nachrieht in derselben Form von Arrian überliefert war und schliesse daraus, dass Arrian in der Dia- dochengeschichte auf Ähnliche Weise wie in der Geschichte Alexander’s die von ihm aus den Nebenquellen aufgenommenen Nachrichten als unverbürgt gekennzeichnet hatte. Eine Vergleichung der Parallelberichte Diodor’s und Plutareh’s wird diese Auffassung erläutern. Nach Diodor (XVII 30) stürzte Krateros im heissen Kampfe vom Pferde, er wurde, ohne erkannt zu werden, überritten und fand einen klägliehen Tod. Diese Tradition. welche von einem Zusammentreffen des Eumenes mit dem sterbenden Krateros nichts wusste, hat Arrian in seiner Haupt- quelle, d.h. bei Hieronymos vorgefunden. Bei Plutarch (Eumenes 7) wird das Zusammentreffen des Eumenes mit Krateros übereinstimmend mit dem Suidasartikel beschrieben; damit hängt es zusammen, dass nach Plutarch’s Darstellung Krateros im Kampfe verwundet wurde und vom Pferde stürzte, aber von einem der Strategen des Eumenes erkannt und noch lebend aus dem: Getümmel entfernt wurde. Diese Version ist, da fest steht, dass die Eumenesbiographie aus Hieronymos und Duris zusammengearbeitet ist, auf den samischen Historiker zurück- zuführen. Die bekannte Art des Duris berechtigt uns zu der Annahme, dass die sentimentale Geschichte von dem letzten Zusammentreffen des Eumenes mit Krateros eine Erfindung des Historikers ist, die nicht einmal originell, sondern der gleichartigen, übrigens: wie bekannt ebenfalls unverbürgten Erzählung von dem Zusammentreffen Alexander’s mit dem sterbenden Dareios nachgebildet ist. Ich treffe in dem Urtheil über die bei Plutarch vorliegende Tradition im Wesentlichen zusammen mit dem, was RuporLprn ScHUBERT in seinen Untersuchungen über die Quellen der Eumenesbiographie ermittelt hat,' kann aber meinem Vor- gänger darin nicht Recht geben, dass die günstige Auffassung des Krateros, die in der Überlieferung zu Tage tritt, ausschliesslich auf Duris und seine »Schwärmerei« für den Mann zurückzuführen sei. Das Hauptargument SchußerT's, das Schweigen Diodor's, wird dadurch entkräftigt, dass, wie ich nachgewiesen zu haben glaube, in der Quelle Diodor's sowohl die Aufnahme des Krateros im Heere Antipater's, wie die von Eumenes seiner Leiche erwiesenen Ehren berichtet waren. Mag Duris immerhin Krateros bevorzugt haben, die günstige Auffassung des letzteren als Charakter sowohl wie als Kriegsmann geht durch die gesammte Überlieferung hindurch; ihren vollständigsten Ausdruck hat sie in dem Suidasartikel gefunden. Über die Abkunft des viel gefeierten Mannes giebt leider der Suidasartikel keine Auskunft; aus ! Jahrb. f. elass. Philologie Supplementh. IX. S. 655. Körter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 585 der für das makedonische Staatswesen und die Zusammensetzung des Heeres Alexander’s gleichwichtigen Liste der Trierarchen der Indos- flotte, welche Arrian in der ’Ivdızy erhalten hat, wissen wir, dass Krateros ebenso wie Perdikkas aus der obermakedonischen Landschaft Orestis stammte. In denselben Tagen, in welchen Eumenes über das Heer des Krateros siegte, wurde Perdikkas, nachdem seine Versuche in Aegypten einzudringen an den natürlichen Schwierigkeiten und an der 'That- kraft des Ptolemaios gescheitert waren, von den Grossen des Heeres ermordet. An die Ermordung des Reichsverwesers am Nil knüpft der Perdikkasartikel bei Suidas an: Iepöixxas 6 Maxedwv, ov Exrewav EE emi@ovAfg oi Maxsdoves, avdpa Ta TE mortuId xparıorov De zal Meyd- 2 [4 N ' 2% N \ \ e \ Aovoıe YpNDaILEVoV drabepovrws' EE od MM xdı To Umepoyzev auru Tod Pre o.> > N \ ’ IN a v » UaTos EÜSApGES mpos mavrd xıvöuvov mv, TO TE dyav neyarıyopev, oiv o mavTds N > \ N : n Tous Maxeoovas Umephpoveiv E00 = , ; ’ EE, Tas TE EUMOAY 15 alrw pSavav erakıas & 0 {0 Bas Oura aq \ J \ e) rl IQ \ x TE xl ovomdlouevov. OIEv Kal TrV Ev. Tools mr 1 emoieı‘ Em de TW how Mioos Emeywero/ xal To a ie; eu umsp uacı meradornv aUv öpyr Ts mpoodev UmepoWias! MaRAov N zpioews ee er N5 van ı EIS To Xar aurod emiSovrsuuz Erasüvre. Der Artikel ist durch ah Autor der Excerpte und wie es scheint auch in den Handschriften entstellt?; indess ist der Gedankengang hinreichend klar. Die kriegerische 'Tüchtigkeit und die weyaacvez des Perdikkas brachte ihn an die Spitze. Seine Erhebung über die Standesgenossen erweckte den Neid der letzteren, der durch seinen Hochmuth in Hass verkehrt wurde. So kam es, dass sich nach der Niederlage am Nil, die vielen angesehenen Make- doniern das Leben kostete, der ganze Zorn gegen seine Person wendete. Die Ermordung des Perdikkas lässt sich psychologisch nicht kürzer und schlagender erklären. Auf die politische Frage, das Verhältniss des Vertreters der Reichsgewalt zu den Statthaltern ist in der Würdi- gung des Perdikkas, die in dem Suidasartikel enthalten ist, keine Rücksicht genommen. Diese Frage würde offen geblieben sein, auch wenn Perdikkas nieht ermordet worden wäre. Wäre zur Zeit des Todes Alexander’s Krateros in Babylon anwesend gewesen, so würden die Dinge vielleicht eine andere Gestalt erhalten, die Gewalt an Krateros gekommen sein. Aber auch Krateros würde trotz seiner vorzüglichen Eigenschaften schwerlich im Stande gewesen sein, der oe nr ren e 1% UrspgoVies Küster vroViee. 2 Wie weit die Zerrüttung reicht, ist schwer zu sagen. Suidas hat unter "Arebröges (1 ı 5: 199 Be ‚RyH.) das E xcerpt: o71 ro ueyannıyagov rou AreEawdgov oUX, Ümegoyzov MaAAOV Ti y el.Tagr &G Ev rois Zwöuvoes Eibauvero. Die OD immun mit dem Excerpt über Perdikkas im Gedanken und im Ausdruck ist frappant. War viel- leicht in dem vollständigen Text des letzteren Alexander Perdikkas gegenübergestellt? > 286 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Zerrüttung des Reichs vorzubeugen, die dadurch besiegelt war, dass Alexander keine regierungsfähigen Erben hinterliess. Das neunte Buch des arrianischen Werkes reichte bis zur Rück- kehır Antipater's nach Kleinasien, umfasste also, wenn ich den aegypti- sehen Krieg riehtig dem achten Buch zugewiesen habe, die Vorgänge in Triparadeisos: die Wahl Antipater’s zum Reichsverweser, die zweite oracıs des Heeres und die zweite Satrapienvertheilung. Die Begeben- heiten in Kleinasien bis zur Ankunft Antipater’s auf «lem europäischen Boden bildeten den Inhalt des zehnten und letzten Buches. Fragmente, welche mit Sicherheit auf eines «dieser beiden Bücher zurückgeführt werden könnten, sind mir nicht bekannt; Zweifelhaftes anzufülıren unterlasse ich. Die Untersuchung der Arrianfragmente hat mich auf die bei Trogus-Justin vorliegende Tradition der Diadochengeschichte und auf den Antheil geführt, welchen Hieronymus und Duris an der Gesammt- überlieferung haben. Die Fragen, die sich bieran knüpfen, haben Drovsen gegen das Ende seines Lebens beschäftigt, als er nach langer Unterbrechung zu den Studien zurückkehrte, die er einst. als- seine Lebensaufgabe bezeichnet hatte. Die Ansichten, zu denen er ge- kommen und denen er bei der Neubearbeitung der Diadochengeschiechte gefolgt ist, hat er in einem »Duris und Hieronymos« überschriebenen Aufsatz! zusammengefasst. Droysen hat geglaubt, dass die bei Justin erhaltene Tradition auf die unzuverlässige Darstellung der Diadochen- geschichte zurückgehe, welche Duris gegeben hatte; dass das Geschichts- werk des Hieronymos jüngeren Ursprungs sei, als das Werk des Duris, und dass Hieronymos dasselbe verfasst habe in der Absicht, »(ler auf den Geschmack des Publiecums berechneten und vielgelesenen - Darstellung des samischen Literaten ein Werk entgegenzustellen, das die grosse und schwere Zeit der Nachwelt in ihrem ernsten prag- matischen Zusammenhang überliefern sollte.« Ich halte diese Auf- stellungen für irrig und will zum Schluss die Gründe kurz angeben. Ich beginne mit Duris und Hieronymos. Dass das Geschichts- werk des Hieronymos später verfasst sei als dasjenige des Duris, ist von Droysen nicht bewiesen worden. Droysen beruft sich darauf, dass Duris die Darstellung bis zum Jahre der Korupedionschlacht ge- geführt habe, während das Werk des Hieronymos ein Decennium weiter reichte. Aber auch wenn es fest stände, dass das Werk des Duris nieht über die Schlacht bei Korupedion hinausreichte, was be- kanntlich nicht der Fall ist, so würde daraus nieht mit Nothwendig- keit folgen, dass es vor dem einige Jahre weiter geführten Werke des Q ! Hermes 1876 S. 458. ‚ Könter: Über die Diadochengeschichte Arrian's. 587 Hieronymos verfasst und veröffentlicht war. Das einzige Mittel, welches wir haben, um das zeitliche Verhältniss der beiden Geschichtswerke zu ermitteln, ist in den Angaben über den vulcanischen Charakter der medischen Landschaft Ragai in einem bei Strabo erhaltenen Frag- mente des Duris und bei Diodor enthalten. Diese Aussagen harmo- niren so mit einander, dass man genöthigt ist, einen und denselben Gewährsmann für beide anzunehmen.' Die Aussage steht bei- Diodor in dem Bericht über die Vorgänge nach der Schlacht von Gabiene, in welcher Eumenes Antigonos unterlag! Es wird berichtet, dass unter den Gefangenen, welche dem Sieger in die Hände fielen, Hiero- nymos von Kardia war, dass Antigonos nach der Schlacht nach Medien zurückkehrte, und einen Theil des Heeres bei Ragai in die Winter- quartiere legte, hieran schliesst sich die Angabe über die vulcanische Beschaffenheit der Umgegend von Ragai an.” Dass dieser Bericht auf Hieronymos zurückgeht, der in demselben genannt ist, ist nicht zu bezweifeln; davon ist aber die Angabe über Ragai nicht auszunehmen. Es heisst die Dinge auf den Kopf stellen, wenn man um des Duris- fragmentes Willen diese Angabe statt auf Hieronymos, der einen Winter in Medien zugebracht und ausserdem wie bekannt eben so wie Polybios ein lebhaftes Interesse für die natürliche Beschaffenheit der von ihm behandelten Länder gehabt hat, auf Duris, welchem Medien ein fremdes Land war, zurückgeführt und angenommen hat, dass entweder Diodor oder schon Hieronymos dieselbe aus Duris auf- genommen habe. Methodisch ist hier allein der Schluss, dass Duris, als er die Diadochengeschichte darstellte, wenigstens den ersten Theil des Geschichtswerkes des Hieronymos gekannt und die Angaben über die medische Landschaft aus diesem entlehnt hat. Übrigens war das Anders 'urtheilt Unger, Sitzungsberichte der Be zu München, philos. histor. Cl. 1878 S. 375. Die Annahme Uncer’s, dass der Name Rhagai griechisch und nicht einheimisch sei, ist irrig; die Stadt kommt unter der Namen Raghä in der In- schrift von Behistan vor. > Diodor XIX 444 Fobs d8 Srgwri Be Erridieiäcv sis drasav FrU Teer rgameien, zaı uahırra eig am Eragy ia FaV SD evone \ nV Payas, „ Tau aa Feosnyogic ErYEV emo av yeramznam mept Ca [72 RIESTER ev Tols Eumgos Ten Agavoıs- MASITTaG yag Eyour« moreıs va Ev exe wars rois roman za narızr a eh TnAzoVrous ae krRoUS, WrTE PR Tas moreıs za vous EvorzoUrris Gravrus "apanr Sry ct, zu Sorou de oywgcen RrOW SAUCE Zi TMOTraWoÜg vr Tav mgoÜmagyovrun aRAoVE bavvvaı za a Dazu Strab. I, 60 Aoügıs öde ras "Payas (gayadas codd. corr. WesseLinG) TaG zur Mndrcev BvonarTcu draw Yno Teiunv Seeyeiıns vns mege Tas Karrious mUR«S YN5 > WETE avarga- nv morsıs SU Uy vs za zWIAG za morajols mormihcs ueraßoAcs deger Tau (vergl. XI, 514). Ob..die vorgetragene Etymologie auf den einheimischen Stadt- und Landschaftsnamen Anwendung findet, vermag ich nieht zu beurtheilen. An sich würde dem nichts ent- gegenstehen, dass Hieronymos dieselbe bekannt geworden wäre. Ist die Etymologie, wie es den Anschein hat, nur nach dem Griechischen gemacht und irrig, so kann Hieronymos natürlich den Irrthum ebenso gut begangen haben wie Duris. Sitzungsberichte 1890. E 52 Areys, £ . 588 Gesammtsitzung vom 5. Juni. Geschichtswerk des Hieronymos auch zu gross angelegt, als dass die Hypothese Drovsen’s, dasselbe sei durch Duris und seine Darstellung der Diadochenzeit veranlasst worden, für wahrscheinlich gelten könnte. Zum Beweis, dass die bei Justin-Trogus vorliegende Überliefe- rung auf Duris zurückgehe, hat; Droysen eine Anzahl von Angaben aus Justin zusammengestellt, welche wegen ihrer Ungenauigkeit bei Hiero- nymos nicht gestanden haben können und nach der in mehreren der- selben zu Tage tretenden Tendenz auf Duris als Quelle schliessen lassen. Dxroysen hat ohne Zweifel darin Recht, dass die bei Justin erhaltene Tradition keine reine ist, allein die von ihm zum Beweis angeführten Angaben lassen sich, soweit sie in. Betracht kommen,' von dem Grundstock leicht absondern, im Grundstock aber stimmt diese Tradition mit derjenigen Überlieferung, welche wir berechtigt sind auf Hieronymos zurückzuführen, überein.- Die Vergleichung der Arrianfragmente hat diese Thatsache in ein helleres Licht treten: lassen ; der Werth, welchen die Vaticanischen Fragmente für uns haben, liegt abgesehen von dem, was wir neues aus diesen Fragmenten lernen, in den nahen Berührungen mit den Berichten Justin’s. Die Reconstruetion der Diadochengeschichte aber ist wesentlich dadurch bedingt, dass die auf Hieronymos zurückgehende Überlieferung schärfer umschrieben und bestimmt wird, als es in der sorgfältigen und als Vorarbeit dankenswerthen Schrift von Reuss über Hieronymos von Kardia geschehen ist. ' Die Bemerkungen über die östlichen Satrapien auf S. 463 sind zu berichtigen nach von Gurschui, Geschichte Irans S. 6 Anm.2. Worauf sich die Aussage von Gurschammp’s, dass die bei Trogus-Justin vorliegende Tradition aus geringwerthigen Quellen stamme (a. a. Ö. S.73 f), stützt, weiss ich nicht. LU Um Ze Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. BD. Bericht über die Thätigkeit des Instituts im Rechnungsjahre 1889/90, welcher der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu erstatten ist, ist zugleich an erster Stelle für unsere Mitglieder bestimmt, denen gegenüber der ÜUentraldireetion besonders daran gelegen sein muss, dass sie von dem ganzen Lebem der Anstalt, welcher sie haben angehören wollen, laufend in Kenntniss gehalten werden. Am 10. bis ı3. April 1889 fand die jährliche ordentliche Plenar- versammlung der Centraldireetion in Berlin statt. Die Centraldireetion ergänzte in dieser Versammlung die Zahl der Institutsmitglieder durch folgende Wahlen: zum Ehrenmitgliede wurde ernannt Hr. von Rapowırz in Constantinopel; zu ordentlichen Mitgliedern die HH. Conte Avtoserıı in Terracina, Brızıo in Bologna, von Donmaszewskı in Heidelberg, Percy GARDNER in Oxford, Ernest A. GARDNER in Athen, Kırserıtzky in Petersburg, Korrr in Berlin, Nar- puccı in Rom, Sosuıano in Neapel, Warpstein in Athen, Wiyter in Berlin; zu Correspondenten die HH. Centerwarı in Söderhamn, Ficker in. Leipzig, Boruo Grarr. in Berlin, Kawerav, J. Kokkıpıs in Athen, KonpoLeos in Smyrna, Pichter in Graz, A. SchxEiper in Athen, Cecmw Smirm in London, Wmserern in Rom. Diesen Ernennungen folgten zum 9. December zu ordentlichen Mitgliedern die der HH. Bons in Nienburg, Borkmans in Berlin, Kaurerr in Berlin, Korpewey in Hamburg, Linpenschuir in Mainz, Müntz in Paris, Norrox in Cam- bridge (Mass.), Scuucnnarpr in Hannover, 'TRENDELENBURG in Berlin; zu Üorrespondenten die der HH. BAseron, HaussouLLier, POTTIER, S. Remacn in Paris. Dem Institute ging im Laufe des Jahres die Nachricht vom Ver- luste folgender Mitglieder zu: Karı BorrricHer (7 19. Juni 1889), H. Hrypemann (+ 10. October 1889), K. LorEntzen (+ ı8. Mai 1888), L. von Urricns (+ 3. November ı889), E. Lüsgert (} 31. Juli 1889), 52* 590 Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. F. Pırer (+ 28. November 1889), J. SacazE (f im November 1889), W. Stupemunp (7 8. August 1889). Se. Majestät der Kaiser geruhten unter dem 24. August 1889 die bisher eommissarisch beauftragten zweiten Secretare, Hrn. ÜHrISTIAN Hürsen in Rom und Hrn. Paur Worrers in Athen zu etatsmässigen zweiten Secretaren des Instituts an den genannten Orten zu ernennen. Die Reisestipendien für 1889/90 wurden vom Auswärtigen Amte auf Vorschlag der Centraldirection verliehen den HH. Brückner, Ium, Kern, Sauer, sowie das für christliche Archaeologie dem Hrn. PavL (FERHARD FICKER. Der ÜCentralleitung des Instituts in Berlin liegt ausser den Auf- gaben der Geschäftsführung namentlich die Sorge für Publicationen ob. Unter diesen kommt die der »antiken Denkmäler« ganz besonders unter Mitwirkung auch der Secretariate in Rom und Athen zu Stande. Das vierte Heft des ersten Bandes, ausnahmsweise mit ı3 Tafeln, er- sehien auch dieses Mal am Ende des Rechnungsjahres. Hrn. Prerro Narpuccı in Rom verdanken wir es, dass seine umfassenden Auf- nalımen der Cloaca Maxima für dieses Heft von Hrn. Paur GraEr ge- zeichnet und von Hrn. Richter herausgegeben werden durften. Vom römischen Seeretariate wurden zwei Tafeln mit den Trajanischen Reliefs am Konstantinsbogen und eine die Statue der Meleager im Vatican betreffende beigesteuert. Das athenische Secretariat lieferte zwei Tafeln mit farbigen Architektur- und Seulpturstücken aus der Zeit vor den Perserkriegen von der Akropolis zu Athen und regte die Herausgabe bemalter Thonsarkophage aus Klazomenai an, welche Hr. Winter unter Mitwirkung des Hın. Hrgerpey besorgte. Für die Ausführung der Hauptblätter that Hr. 'van GeLverN als Zeichner sein Bestes. Als für ein ansehnliches Fundstück auf deutschem Boden stellten wir Hrn. Herrser für das Mosaik des Monnus .in Trier drei Tafeln zur Verfügung, zu deren Ausführung Hr. Eıcnter seine Hand bot. End- lich gestattete der Besitzer eines erlesenen Marmorwerkes, einer Wieder- holung des Kopfes der Praxitelischen Aphrodite, Hr. von Kaurmann in Berlin, die Vorlage zu einer Tafel vom Original zu entnehmen. Mit der Reproduction der Tafelvorlagen war der Stecher Hr. Geyer, für Lichtdruck die Kaiserliche Reichsdruckerei und Hrn. Rırrarın's Kunstanstalt, für die dieses Mal stark hervortretenden Farbentafeln Hrn. Steimesock’s lithographische Anstalt betraut. Bei der Redaction der antiken Denkmäler wie des Jahrbuchs stand dem Generalsecretar auch in diesem Jahre Hr. Korrpr hülfreich zur Seite. Der vierte Band des Jahrbuchs erschien, durch das Hinzutreten eines Beiblattes, des archaeologischen Anzeigers, in erweiterter Gestalt. Conze: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeoloeischen Instituts. D91 - Die Aufsätze im Hauptblatte berühren einigermaassen das ganze Gebiet - der Archaeologie, indem Topographie und Architekturwissenschaft, - Untersuchungen über plastische Werke der verschiedenen Gattungen. _ über Wand- und Vasenmalerei, sowie Forsehungen zur Gemmenkunde vertreten sind. Bei der Illustration wurde eegenüber der Beieabe von Tafeln die leichtere Form von Abbildungen im Texte mög- ‚liehst bevorzugt. Im Anzeiger ist der früher unterbrochene Abdruck der Sitzungsberiehte der Berliner archaeologischen Gesellschaft voll- ständig nachgeholt und wird nunmehr laufend weitergeführt; wir sind auf Seiten der Gesellschaft Hrn. TRENDELENBURG hierbei für seine Ver- mittelung zu ständigem Danke verbunden. Ferner wurde es durch das Entgegenkommen sämmtlicher Herren Vorsteher der Sammlungen möglich, im Anzeiger dieses Bandes .zum ersten Male die Erwerbungs- berichte aller öffentlichen Antikensammlungen in Deutschland zu ver- einigen. Während der Anzeiger sonst für mannigfachen Inhalt, wie ihn der Augenblick bringt, den Platz geboten hat, ist die Biblio- graphie als ein weiteres ständiges Hauptstück in ihm fortgeführt, und unter dem Beistande m- und ausländischer Freunde der Sache ist dabei das Bestreben auf Vollständigkeit gerichtet geblieben. Als zweites Ergänzungsheft der Jahrbücher erschienen von Hrn. Bons unter Mitwirkung des Hrn. Scnuchnarprt herausgegeben die »Alterthümer von Aegae«. Das bereits im vorigen Jahresberichte angekündigte Ergänzungs- heft der » Monumenti inediti« , sowie die Einzelausgabe der Decorationen des bei der Farnesina am Tiber aufgedeckten römischen Hauses haben noch nicht fertig gestellt werden können, doch ist von Seiten einzelner Institutsmitglieder und namentlich des Secretariats mn Rom das dazu Erforderliche beschafft worden, so dass der Drucklegung voraussicht- lich nichts mehr im Wege steht. Vollendet wurde am Schlusse des Rechnungjahres die auf ein- - gehenden Studien an Ort und Stelle -beruhende Monographie von R. KoLpewey über die antiken Baureste der Insel Lesbos, zu welcher Hr. Lorrıne Beiträge lieferte‘ und deren kartographischer Theil der Mitwirkung des Hrn. Kırrrrr viel verdankt. Die Reproduetion der Architekturzeichnungen von SERGIUS IWANOFF, ist in Erfüllung testamentarischer Bestimmung nach Maassgabe der zur Verfügung stehenden Mittel fortgeführt. Hrn. Borkın verdanken wir biographische Mittheilungen über Iwanorr, welche bei der Heraus- gabe benutzt werden sollen. ° Sn u a da 0 Sn, Hrn. Rogerr’s ausdauernder Arbeit verdankt es das Institut, dass von dem Sammelwerke der antiken Sarkophagreliefs ein erster Band hat ausgegeben werden können. Der Plan zu diesem grossen Werke 592 Gesammtsitzung vom 5. Jum.' wurde schon von Orro Jaun gefasst und fing an in’s Leben zu treten, als das Institut im Jahre ı870 Frieprıen Marz die Ausführung übertrug. Wozu Marz den Grund legte, was aber nach seinem frühzeitigen Hin- gange eines der Aufgabe voll sich widmenden Bearbeiters entbehrte, das hat dann vom Jahre 1879 an Hr. Cart Rogerr erfolgreich in die Hand genommen. Das ganze Werk dürfte nach seinem Anschlage etwa 3000 Sarkophagreliefs auf etwa 1000 Tafeln umfassen. Davon enthält der jetzt ausgegebene Band 65 Tafeln mit dem kritisch- exegetischen Texte zu 203 Sarkophagreliefs. Beigegeben sind sechs Register und ein Vorwort, in welchem der Herausgeber namentlich auch von den benutzten Sammlungen von Handzeichnungen des 15., 16. und 17. Jahrhunderts eine ehronologische Übersicht gegeben hat. Der Band, der Ziffernfolge nach der zweite, umfasst die Darstellungen aus mythologischen CGyelen. Fünf andere Bände sollen folgen mit den Darstellungen aus dem Menschenleben, aus Einzelmythen, aus dem bakehischen Kreise, aus dem der Musen, Nereiden und Eroten und endlich mit deeorativer Skulptur. Der Grote’schen Verlagsbuch- handlung gebührt für ihre thatkräftige Mitwirkung bei der in mancher Hinsicht schwierigen Herstellung ‘dieses Bandes ganz besonderer Dank. Bei der Sammlung der antiken Terracotten unter Leitung des Hrn. Kexure ist durch Hrn. Winter ein mit Skizzen versehener Zettel- katalog aller vorkommenden Typen mit Verzeichnung der Einzel- exemplare in Angriff genommen und bereits. erheblich gefördert, welcher dem Fortschritte des Ganzen sehr zu Statten kommen wird. Der Band der durch die Campana’sche Sammlung besonders bekannt gewordenen Thonreliefs ist die nächste, dessen Herausgabe betrieben wird: Hr. von Ronpen hat ihm seine ganze verfügbare Zeit gewidmet. Auch bei der Sammlung der etruskischen Urnenreliefs hat der Herausgeber Hr. Körrte, in dankenswerthester Weise die Fertigstellung eines Halbbandes noch am Ende des Rechnungsjahres herbeigeführt, bei der Drucklegung unterstützt vom römischen Secretariat. Der Halbband enthält die Darstellungen aus der Hero@nsage mit Aus- nahme des troischen Cyelus. Die Tafeln waren zum grösseren Theile bereits unter Leitung Hrn. Brusw’s, aus dessen Händen die Fort- setzung der Herausgabe auf Hrn. Körrz überging, gestochen. Über das Verhältniss seiner Arbeit zu der des Hrn. Bruns spricht sich Hr. Körrte im Vorworte des Halbbandes aus. Bei der ebenfalls in Hrn. Körte’s Händen liegenden Fortsetzung der GerHArn'schen Sammlung etruskischer Spiegelzeichnungen steht die Ausgabe eines zehnten Heftes bevor. Zur Vermehrung des Materials "hat namentlich Hr. Hrrsıs beigetragen und auch eine Reise des Hrn. Körte nach Griechenland ist der Arbeit zu Statten gekommen. CoxzeE: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 593 Als vom Institute unterstützt ist ferner die von Hrn. Conze im Auf- trage der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien besorgte Sammlung und Herausgabe der attischen Grabreliefs zu erwähnen. Das erste Heft ist erschienen, 25 Tafeln mit den sämmtlichen bekannten Überresten aus der Zeit vor den Perserkrieeen und den Anfang der zahlreichen Überreste der folgenden Periode enthaltend. Neben dem Seeretariate in Athen hat dort Hr. Brückser dem Unternehmen in die Hand gearbeitet und sonst erhebliche Förderung hat eine Reise des Hrn. Coxze nach England gebracht, Dank dem freundlichsten Entgegen- kommen dortiger Sammlungsvorstände, Privatbesitzer und der Sache nahestehender Gelehrter. Für die im Anschlusse an das Wiener Unter- nehmen vom Institute in die Hand genommene Sammlung der nicht- attischen griechischen Grabreliefs ist ein grosser Fortschritt gemacht, für den das Institut Hrn. Kıeserıtzev in Petersburg zu Dank verbunden ist. Hr. Kırserirzky- hat die Exemplare südrussischer Fundorte so gut wie vollständig in photographischen Aufnahmen zusammengebracht und bereitet sie zur Herausgabe vor. Wie von Berlin, so auch von Rom und Athen aus hat das In- stitut die Beschaffung photographischer Aufnahmen antiker Portrait- seulpturen in Angriff genommen, deren Copien käuflich gemacht werden sollen, um so der immer mit besonderen Schwierigkeiten kämpfenden ikonographischen Untersuchung Vorschub zu leisten. Es sind zum Beginn die griechischen Portraits im brittischen Museum aufgenommen, sowie einzelne. Stücke in römischen Sammlungen und in Neapel. Den HH. Hıcxzs und Arxpr verdanken wir Geschenke für diese Sammlung. Die HH. Currıus und Kaurerr haben von den mit Unterstützung des Königlich preussischen Unterriehtsministeriums und des grossen Generalstabs erscheinenden Karten von Attika ein Blatt, die Region Marathon umfassend, herausgegeben, zusammen mit einem Abschnitte des Textes von Hrn. Mırcunörer, welcher alle bisher erschienenen Blätter nunmehr vollständig behandelt. Die HH. von Kurowskı und von ZeLiyickı sind für die weiteren Aufnahmen an Ort nnd- Stelle thätig gewesen. Das Institut hat durch den Generalsecretar auf der Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Görlitz eine Verständigung über die nicht neue Frage gesucht, wie die Ergebnisse archaeolo- gischer Forschung zur Belebung und Erleichterung des Gymnasial- unterriehts immer mehr verwerthet und so für unsere allgemeine Bildung fruchtbarer gemacht werden könnten. Es konnte im Kreise der Herren Gymnasiallehrer nicht an einem lebhaften Entgegenkommen fehlen und namentlich sprach man sich dahin aus, dass vor allem - 594 Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. den Herren Lehrern selbst, mehr als das zumal an kleinen und von Hauptstädten entlegenen Orten bisher leicht möglich ist. Ge- legenheit geboten werden möchte im laufenden Zusammenhange ar- chaeologischer Kenntniss und Anschauung zu bleiben. Ein dahin zielender Vorschlag begegnete sich mit Absichten Sr. Excellenz des Hrn. Ministers von GossLer. Dieser beschloss an einzelnen Mittel- punkten archaeologischer. Sammlungen und Studien in Preussen einen Versuch mit Anschauungskursen über Hauptthemata der neueren archaeologischen Forschung für Gymnasiallehrer zu machen. Diese Kurse haben inzwischen in den Osterferien in Berlin, wo die General- verwaltung der Königlichen Museen mit ‘der Ausführung beauftragt wurde, und in den Pfingstferien auch in Bonn und Trier, .wo die HH. Lorscncke und HErTNer bereitwillig dafür eingetreten sind, statt- gefunden. Dem Bedürfnisse nach eigenen Räumen für die Centraldireetion ist einstweilen durch Miethe abgeholfen. Hierbei konnte zugleich eine zweckmässige Verbindung mit dem langjährigen Bureaubeamten der Centraldireetion, Hrn. Rechnungsrath Ururion, besser als bisher ge- sichert werden, was bei Hrn. Urrricn's kundiger und gewissenhafter Thätigkeit für die Erledigung der wachsenden Geschäfte von grösstem Werthe ist. In Rom und Athen wurde die Thätigkeit des Instituts in ge- wohnter Weise von den Secretaren, denen in Rom Hr. Mau zur Seite stand, unter Theilnahme einer stets wachsenden Zahl gelehrter Be- sucher aus Deutschland, der Stipendiaten und anderer Freunde des Instituts weitergeführt. Die Beobachtung wurde dabei nach Möslich- keit über den Sitz der beiden Zweiganstalten hinaus ausgedehnt. Von Rom aus bereisten beide Secretare, der eine Süd-, der andere Norditalien. Der erste Secretar, Hr. PETERSENn, wurde auf seiner Reise auf die Bedeutung einer fast dem Boden gleich gemachten Tempel- ruine des epizephyrischen Lokri aufmerksam. Auf seinen Antrag liess sich das Königliche italienische Unterriehtsministerium sogleich bereit finden die Untersuchung durch Ausgrabung anzustellen. Sie fand unter Leitung des Hrn. Orsı statt, an dessen Seite Hr. Prrersen Theil nahm und auf kurze Zeit war auch der erste Secretar aus Athen, Hr. DörrrerLn, zugegen. Die Annahme bestätigte sich, welche der Anlass gewesen war auf den Vorschlag der Untersuchung einzugehen, dass der Tempel ein Bau ionischen Stils aus ziemlich früher Zeit ist, und die Ausgrabung wurde ausserdem durch die Entdeckung einer Gruppe von Seulpturenschmucke des Tempels belohnt. Der zweite Secretar, Hr. Hürsen. verfolgte auf seiner Reise in Oberitalien namentlich Conze: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeoloeischen Instituts. D95 ‚auch Studien von Quellmaterial zur Topographie Roms. Hr. Mau hielt seinen Cursus in Pompeji zehn Tage lang im Juli. Von den Seere- taren und Hrn. Mau gemeinsam mit den Stipendiaten und anderen Gelehrten wurde auch ein Studienausflug nach Ostia gemacht. In Athen hatte der erste Secretar, Hr. Dörrrern. die Ehre Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin bei Allerhöchstderen Anwesen- heit im October v. J. als Führer dienen und Ihre Majestät die Kaiserin Frieprıcn in den Peloponnes begleiten zu dürfen. Im April 1889 fand unter Hrn. Dörrrern’s Führung mit zahlreicher Betheiligung eine Rund- reise durch den Peloponnes mit Demonstrationen vor den Denkmälern statt. Hr. DörpreLp ging ferner im November nach Hissarlik, um an Verhandlungen über die Kritik Theil zu nehmen, welche Hr. Erst Börricuer in Bezug auf die in Troja befolgte Untersuchungsmethode öffentlich geübt hatte, betheiligte sich im März d. J. an der Wieder- aufnahme der Ausgrabungen des Hrn. Schuiemansn auf Hissarlik und machte im Januar und Februar d. J. eine Rundreise durch Cypern begleitet von Hrn. OnseratscH-RicHuTer. Seiner Theilnahme an- der Untersuchung in Lokri wurde bereits gedacht. Ausserdem besuchte Hr. Dörrrern die Ausgrabungen der athenischen archaeologischen Gesellschaft bei Megara und beide Herren Secretare nahmen an Ort und Stelle Kenntniss von den für die Kunde altattischer Grabanlagen er- gebnissreichen Untersuchungen der Königlichen griechischen Regierung bei Velanidesa und Vurwa. Eine im Auftrage des athenischen Secre- tariats unternommene Bereisung eines Theiles der Strecke der im Bau begriffenen Eisenbahn nach Angora beendete Hr. Grarr bereits im April v. J. Von Rom und von Athen aus waren ausserdem die Stipendiaten auf verschiedenen Reisen, wie für ihre Studien, so für die Instituts- aufgaben thätig. Wir erwähnen dankbar die erhebliche Erleichterung, welche die Direction des österreichisch-ungarischen Lloyd der Reisethätigkeit des Instituts auch in diesem Jahre hat zu Theil werden lassen, wie auch die fortgesetzte Geneigtheit der k. k. priv. österreichischen Nordwestbahn und der österreichisch -ungarischen Staats- Eisenbahn -Gesellschaft. Die Sitzungen und die Vorträge der Herren Secretare vor den Denkmälern wurden in Rom und Athen während der Wintermonate abgehalten. Die Vorträge ausserhalb Roms und Athens wurden bereits bei den Reisen erwähnt. Beim gemeinsamen Studium der Denkmäler wurde in Rom denen des vatieanischen Museums eine besonders eingehende Aufmerksamkeit gewidmet. Zahlreichen Anfragen von Fachgenossen besonders aus Deutschland wurde von den Secre- tariaten in Rom und Athen auch in diesem Jahre entsprochen. 596 i Gesammtsitzung vom 5. ‚Juni. Ausser dem oben erwähnten Antheile an den »Antiken Denk- mälern« besorgten. die Seeretariate in Rom und Athen die Herausgabe der »Mittheilungen«; in Rom erschien der 4., in Athen der ı4. Band. In Athen wurden ferner namentlich die zeichnerischen Vorarbeiten zur Sonderausgabe der bei den Ausgrabungen des Instituts am Kabirion in Böotien erzielten Ergebnisse betrieben. Über die auf Antrag des Seeretariats von der Königlichen italienischen Regierung bereits im Jahre 13359 vorgenommene Ausgrabung eines Tempels bei Alatri be- richtete Hr. Wınsererp in den römischen Mittheilungen: der Abschluss dieser. Berichte Seitens des Hrn. Gozza steht in Aussicht. Eine vor- läufige Übersieht über die bereits erwähnte, ebenfalls der Königlichen italienischen Regierung verdankte Untersuchung im epizephyrischen Lokri gab Hr. Prrersen in zwei Institutssitzungen; weitere Herausgabe ist in Vorbereitung. \ In Rom wie in Athen wurden für die Institutsarbeiten und zur Vermehrung des Apparats photographische Aufnahmen auch auf Reisen von. den Institutsmitgliedern selbst reichlich ausgeführt, und es ist ein Anfang damit gemacht Copien solcher Aufnahmen an Fachgenossen abzugeben. . Die Aufstellung der Bihliothek in dem neubezogenen Hause in Athen hat’ die Thätigkeit des zweiten Secretars, Hrn. WorTters, stark in Anspruch genommen. Sie ist vollendet und Hand in Hand mit der Neuaufstellung ist eine ganz neue Katalogisirung bewerkstelligt, eine Verbesserung, welche bei gesteigerter Benutzung der Bibliothek bereits sehr zu Statten kommt. Bei den Anschaffungen wurde die neugriechische Loeallitteratur mögliehst berücksichtigt. Auch in Rom fand die Bibliothek andauernd starke Benutzung von Gelehrten verschiedener Nationen. Zur Ergänzung der vorhandenen Verzeichnisse erschien es schon längst unerlässig einen. Realkatalog in vollkommenerer Gestalt, als er bisher vorlag, herzustellen. Diese Auf- gabe ist in Angriff genommen, und zwar in der Absicht wo möglich dureh Drucklegung eines solehen Realkatalogs den Fachgenossen zu- gleich ausserhalb der Bibliothek eine gewiss wünschenswerthe archaeo- logische Bibliographie zu bieten. Die Ausführung der Arbeit hat Hr. Mau übernommen. Hr. pes Granses hat dem Apparate des In- stituts seine Sammlung photographischer Negative mit Aufnahmen aus Griechenland zum Geschenk gemacht. Die Bibliotheken in Rom und Athen verdanken Schenkungen dem Königlich preussischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten sowie der Königlichen Akademie der Wissenschaften und der Centraldireetion der Monumenta Germaniae zu Berlin, dem K. K. österreichischen Unterriehts-Ministerium sowie der Kaiserlichen Akademie der Wissen- ConzE: Jahresbericht des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 5897 schaften zu Wien, dem Ministöre de l*Instruction publique zu Paris, den Trustees des brittischen Museums, der Archaeologischen Gesell- schaft zu Athen, der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg, der Königlich sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften zu Leipzig, der Weidmann’schen Verlagshandlung sowie den HH. JEIDELS in Frankfurt a. M., Graf LANncKORONSKY, ÖVERBECK u. A. Die Wohnungen in den Institutshäusern sind sowohl in Rom vollständig besetzt gewesen und haben nicht immer ausgereicht den _ Anmeldungen zu entsprechen. _ wie in Athen von Stipendiaten und anderen Gelehrten fast immer A 2 IR R ’f a2 le ; Bl u A TIERE > Jan. srl Ara, ih KARA ER a Pkt u ae Art a DATTDIe 8 a BR Br BR 2, AL uU INN k PR OR “als x Tate PN N We FR aa FrRS Se j a A I In r: Kar AB x j j \ DR Don a NH Ar | BRAD: DEREN nun inch hin ee ‚ in Yale ARE th PEITE: ER Ki u Aundhe Dear nr s u Fr A Kern. 4 - > 9 N se En Re uhr ur De ERLE & A Zu 05 ’ 399 Über die Speetren der Alkalien. Von Prof. H. Kayser und Prof. C. Runce in Hannover. (Vorgelegt von Hrn. von HeıLmhortz.) Di Untersuchung der Speetren der Alkalien hat uns zu Resultaten geführt, welche wir in folgendem kurzen Auszuge uns vorzulegen gestatten. Die Speetren der Alkalien sind in durchaus analoger Weise ge- baut, was namentlich hervortritt, wenn man statt der Wellenlängen die reciproken Werthe, also die Schwingungszahlen betrachtet. Jedes Speetrum erweist sich als zusammengesetzt aus mehreren Linien- en By Oyae: serien, deren jede sich durch die Formel: a An, mit sehr 2 n n grosser Genauigkeit darstellen lässt, wenn darin A die Wellenlänge, A, B, © drei Constanten bedeuten, und man für z die Reihe der ganzen Zahlen von n = 3 an einsetzt. Für n = 2 liefern die For- meln in allen Fällen negative, d. h. unmögliche Schwingungszahlen, n — 3 entspricht der Grundschwingung. Die Linien der verschiedenen Serien jedes Elements verhalten sich verschieden in Bezug auf Umkehrbarkeit, Verbreiterung mit zu- nehmender Dampfdichte u. s. w. In jedem Element finden wir eine »Hauptserie«, welche die stärksten, am leichtesten erscheinenden und am leichtesten umkehrbaren Linien enthält; sie geht in allen Fällen vom rothen Ende des Specetrums bis ins äusserste Ultraviolett. Die Glieder der Hauptserie sind bei allen Alkalien, mit Ausnahme des Lithiums, Paare, deren Abstand kleiner wird mit abnehmender Wellenlänge: wir haben gefunden, dass die Differenz der Schwingungs- zahlen der beiden Linien jedes Paares umgekehrt proportional ist der vierten Potenz der Ordnungszahl dieses Paares, d. h. des Werthes von zn, welcher in die Formel eingesetzt das Paar ergibt. Ausser den Hauptserien haben alle Alkalien Nebenserien, welche im wesentlichen im sichtbaren Theil des Speetrums verlaufen. Bei Lithium sind zwei Nebenserien vorhanden, bei Natrium deren vier, 600 Gesammtsitzung vom 5. Juni. die aber zu je zweien congruent sind; ebenso verhält sich Kalium, während Rubidium und Caesium wieder nur je zwei Nebenserien haben, welche ceongruent sind. Die Congruenz, welehe sich in den Formeln der Serien durch Identität der zweiten und dritten Constante für die beiden Serien ausspricht, bedingt, dass zwei solche con- gruente Serien als eine Serie von Paaren erscheint, wobei aber die Schwingungsdifferenz der beiden Linien der Paare constant bleibt für - jede Serie, im Gegensatz zum Verhalten der Hauptserien. Es hat sich die Thatsache ergeben, dass diese Schwingungs- differenz der Paare der Nebenserien für jedes Element identisch ist mit der Schwingungsdifferenz des ersten existirenden Paares (n = 3 der Hauptserie. Ferner -hat sich gezeigt, dass die Grösse dieser Schwingungsdifferenz mit dem Atomgewicht zusammenhängt: die- Schwingungsdifferenz ist sehr nahe proportional dem Qua- drat des Atomgewichts. Bei Lithium sind keine Paare sichtbar; diess Gesetz auf Lithium ausgedehnt, lässt aus dessen Atomgewicht ° berechnen, dass der Abstand eventueller Paare so klein sein würde, dass wir die Linien wahrscheinlich kaum würden doppelt sehen können. | Vergleicht man die Speetren der Alkalien mit einander, so zeigt sich in deutlichster Weise, dass sowohl die Hauptserien, als die Nebenserien mit wachsendem Atomgewicht nach der rothen Seite des Spectrums rücken. Das spricht sich natürlich ebenso deutlich in den Constanten A, B, C aus, welche sich in offenbar gesetzmässiger Weise von einem Element zum andern ändern. Erwähnenswerth ist, dass die Constante B sich nur sehr wenig ändert, und zwar nicht nur für die Alkalien, sondern, wie es scheint, auch für andere Elemente stets nahezu dieselbe ist. Dem Gesetz, nach welchem die Constanten von einem Element zum andern variren, nachzuspüren, halten wir für verfrüht, bevor nieht noch weitere Elemente untersucht sind. Wir hoffen, in kurzer Zeit der Königlichen Akademie unsere Resultate in Betreff der alka- lischen Erden vorlegen und weitere Schlüsse daran knüpfen zu können. Als weiteres R&ultat unserer Untersuchungen ist noch anzuführen, dass entgegen den Angaben Lockver's, welcher die Linien aller fünf Alkalien unter den Fraunnorer schen Linien gefunden zu haben glaubte, nur Natrium in der Sonne vertreten ist, und zwar wahrscheinlich nur dessen Hauptserie. 601 Uber orthogonale Systeme. Von L. Kronecker. (Fortsetzung der Mittheilung vom 22. Mai [St. XXVI.) Van den beliebig" anzunehmenden nn — r m(m -—-ı) Grössen by; können. unbeschadet der Allgemeinheit der 'resultirenden Systeme (a,), noch m(m +1) Grössen speeialisirt werden, so dass alsdann nur m(n — ımn), d. h. genau so viele beliebig bleiben, als die m(n — m)fache Mannig- faltigkeit der orthogonalen symmetrischen Systeme (a,,) erfordert. Man erhält nämlich auch dann noch alle’ orthogonalen symmetrischen Systeme des Rationalitätsbereichs (RM, R,N”,...), wenn man (die „m(m —ı) Grössen dj, bei welehen gm ist, beliebig lässt. Id, | (daR 127...m) einen von Null verschiedenen Werth hat. Ich bemerke ferner, dass das aus den Gleichungen (33) resultirende System (a,) ungeändert bleibt, wenn man für zwei beliebig gewählte Indices g’, g” die Grössen: by; ’ bi dureh: be; + tg, bar R bar: — LG: by; : und zugleich die Grössen: ! Die Wahl der Grössen d,: ist natürlich insoweit beschränkt, dass der Rang des Systems der mn Grössen d,; gleich m, d. h. dass mindestens eine der daraus zu bildenden Determinanten mter Ordnung von Null verschieden sein muss (vergl. 8. 5 meines Aufsatzes »Näherungsweise ganzzahlige Auflösung linearer Gleichungen« im Sitzungsbericht vom December 1884). 602 Gesammtsitzung vom 5. Juni. — Mittheilung vom 22. Mai. I > I’ Iy Igr dureh: I + gg I ai Ill ersetzt. Denn bei einer solehen Substitution wird nur in der Trans- formationsgleichung: Rn ME RTTTRE N Au rl > +) — 2, (2 Di) ( q | n \ i,k g ü 1. in welcher die Gleichungen (33) zusammengefasst erscheinen, auf der rechten Seite das Aggregat von zwei Quadraten: Io (> 07 25 Iy" (2 Pi) durch ein Aggregat von zwei anderen Quadraten ersetzt. Man kann nun die, Grösse 7 so wählen, dass b,;+ 1q,.b,.; für einen Werth des Index ö gleich Null wird, und also, nach der schon auf S. ı27 des Monatsberichts vom Februar ı873 entwickelten Methode,' erst die m — ı Grössen Ö,;, bei welehen g< mn und = m ist, alsdann die m— 2 Grössen b,;, bei welchen g=m ist, auf Null redueirt sind, müssen die Grössen 5,» Das> .: Öym Sämmtlich von Null verschieden. sein; denn deren Produet ist gleich der Determinante der ersten m” Elemente b,; und also auch gleich der von Null verschieden vorausgesetzten De- terminante der ersten »n° Elemente desjenigen Systems (d,,), von welchem ausgegangen worden ist. Da nun der Werth des Ausdrucks auf der linken Seite der Gleichung (32) sowie der Werth des Ausdrucks auf der rechten Seite der Gleichung (33) ungeändert bleibt, wenn die sämmtlichen Grössen einer Horizontalreihe: b b EN) "91? 92? . gn durch 5,, dividirt werden, so kann man in der That, wie gezeigt werden sollte, die m(n -m)Grössen b,, bei welchen g> mn ist, ganz beliebig, ferner aber: b:=o (gi ist, mittels der Gleichungen (32) bestimmen. Die in den Gleiehun- gen (33) enthaltene Darstellung orthogonaler symmetrischer Systeme («,,) ist alsdann so. beschaffen, dass die Grössen 5 durch die Grössen a ein- deutig bestimmt sind, dass also jedes System (a,) nur einmal dar- gestellt wird. V. Hr. Cayrey hat bekanntlich in seinem Aufsatze im 32. Bande des Ürerre’schen Journals! zuerst jene berühmten Formeln entwickelt, in welchen die Elemente orthogonaler Systeme nter Ordnung durch z n(n—ı) unabhängige Variable rational ausgedrückt werden. Es er- erscheint demnach von besonderem Interesse, zu untersuchen, wie aus dieser allgemeinen Darstellung eine solche von symmetrischen orthogonalen Systemen hervorgeht. „Zu diesem Zwecke muss von Neuem auf die Herleitung der Cayrer'schen Formeln eingegangen werden, da. a. a. O. zwar gezeigt ist, dass bei der angegebenen Dar- stellung der Elemente eines orthogonalen Systems die „n(n— ı) Be- dingungsgleichungen der Orthogonalität erfüllt sind, nicht aber, dass- eine solehe Darstellung für alle orthogonalen Systeme möglich ist. Bei dieser erneuten Behandlung der allgemeinen orthogonalen Systeme werde ich, da die Auseinandersetzung dadurch wesentlich an Durchsichtigkeit gewinnt, von den Methoden Gebrauch machen, welche sich in meinem Aufsatze” »Über einige Anwendungen der Modulsysteme auf elementare algebraische Fragen«, sowie in neueren Arbeiten? des Hrn. Nerro bei der Behandlung mehrerer algebraischer Probleme als nützlich erwiesen haben. _ Bei einer solchen Behandlungsweise hat man anstatt der Eigen- schaften von Grössen c;., welche, wie oben im art. I, ‘durch die für ein orthogonales System (c,) charakteristischen Relationen: N a E N (4) >, Cm — ph ee NEE) 1 S. 119— 123. ® Journal für Mathematik, Bd. 99, S. 329— 371. ® „Anwendung der Modulsysteme auf eine elementare algebraische Frage« im Journal für Mathematik, Bd. 104, S. 321—340. »Über den grössten gemeinsamen Theiler zweier ganzer Functionen« in der Festschrift der mathematischen Gesellschaft in Hamburg (1890). »Über den gemeinsamen Theiler zweier ganzer Functionen einer Veränderlichen« im Journal für Mathematik, Bd. 106, S. Sı—SS8. ou oO Sitzungsberichte 1890. 604 Gesammtsitzung vom 5. Juni. — Mittheilung vom 22. Mai. mit einander verbunden sind, die Eigenschaften zu untersuchen, welche einem Systeme von 7°” unbestimmten Variabeln: 1 ? (in Insacın)) im Sinne der Congruenz für das aus den „n(n-+ı) Elementen: in OÖ, — > 0, Wr (g, A=T, 2, ng) t=I gebildete Modulsystem zukommen. Demgemäss seien v und w, (für /,k= 1,2,...n) unbestimmte Variable, (w',) sei das zu (%,) reeiproke System, und die »’ Variable 4. seien durch die Gleiehungen: Ur = Wi + Udy (ki, definirt. Ferner sei U die Determinante des Systems (w,), und (24) sei das zu (v,) reeiproke System. Endlich sei zur Abkürzung für alle Werthe der Indices 7, k=1T,2,...n: hn hzn (34) da = WW — au? — > Un Un — Ulug.+ Un), Fe —T ei hzn h=n (35) Dir = Wr Op Or u" =,» Un — UlUa + U) ; Ah=ı a —] (36) Yu = 6. — ulug + up). Alsdann bestehen die bemerkenswerthen Relationen: (3 7) Don == > Ugi Un ir ’ = ug; Up Dir ’ ik N a) N (3 5) Don —= >; U;, Urn Var ’ iz -3 ui, Up Dir ’ ik (39) Pn = > WW; Dir > U — > WW Pi 1,k ik in welchen die Summationen auf die Werthe i,k=1,2,...n zu er- strecken sind und den Indices 9, } alle Werthe von ı bis n beigelegt werden können. Von der Richtigkeit dieser Relationen überzeugt man sich unmittelbar, wenn man darin für &y4, Pan» Wyns dir, Pr, Wu die aus den Gleichungen (34). (35) und (36) zu entnehmenden Ausdrücke substituirt und die Gleichungen: in En (40) > WW =D WW — On (Rh, kn 2.) l 4 r Uni U Bm = Un; Ur — Or Wa a | I "= D Ü (41) „ IM! ' Il benutzt, durch welche die Systeme (1), (v,) als zu einander reeiprok definirt werden. KRonEckER: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 605 Man kann den Inhalt der Relationen (37), (38), (39) auch in übersichtlicher Weise so ausdrücken, dass die Transformationen quadra- tischer und bilinearer Formen, welche in folgenden drei Gleichungen dargestellt sind: (37) >» Did; — IYayıyı ick ik (38) > Pusiar —Iayın (EEE 2 he N), i,k (39) = Dial; — S Pielyı — ur) (Ye — Uxı) i,k a durch die Substitutionen: Y—D Ute =D Un („k=1,2,...n) k k bewirkt werden. Zwischen den Variabeln x und x bestehen in Folge der ange- gebenen Substitutionen die direeten a N; I — DI Url: 2, — I Up Up: Er (ik 1,2,...n), ik ki und mit deren Hülfe erhält man aus der Gleichung: 908, I —D 942% Wa sen): i,k welche durch Verbindung der beiden Gleichungen (37) und (38°) ent- steht. die Relationen: - = Br Pyn = > Urg Un Yrı Us Dir ’ ük,r,s (42) I I = Don = > Uor Uns U;r Ups Dir $) üÜk,r,s in welchen die Summationen auf: BRENNER Bil zu erstrecken und den Indices g. A alle Werthe von ı bis n bei- zulegen sind. Die obigen Identitäten (37) bis (42) enthalten die Eigenschaften orthogonaler Systeme in entwickelter Form, und die beiden mit (37) bezeichneten Identitäten allein genügen zur Vereinfachung und Vervoll- ständigung der Cayrey’schen Deduetion. Denn durch die Gleichungen: h=n h=n (43) Par = IWW — Ir u? — Dun U (Ug-+ U) = 0 ii Veh: ee — 2. 72) wird das System der n* Grössen: 606 (Gesammtsitzung vom 5. Juni. — Mittheilung vom 22. Mai. Ur N Ö,: (EERETEN) Wi “ oder u u als ein orthogonales charakterisirt, und da, unter der Voraussetzung, dass ein zu (%,) reciprokes System (w',) existirt, d. h. also unter der Voraussetzung, dass die Determinante T von Null verschieden ist, das System der Gleichungen: (44) N Rs („k=1,2,...n) auf Grund jener beiden Formeln (37) dem Gleichungssysteme (43) vollständig aequivalent ist, so sind auch die Gleichungen (44) charak- teristisch für die Orthogonalität des Systems der Grössen: oder — Or (1, Re DR" Diese Gleichungen (44) sind aber dann und nur dann erfüllt, wenn nach Annahme von —n (n—ı) beliebigen Grössen: Ü% (ik er 0, 2 an) den Variabeln x” folgende Werthe beigelegt werden: =, Wr lg, U — — by. Ü. er Lorr a lege Er are 20 ar Sie u; od» kom na In 2 Te ; i I4 RER / 1% De “ ei „Aka ep Le und AR RTL EN HR WEB, Bi a: ÜE Ab Hi af TR N uhren "ah anf“ Mob Re Tri ns: BL Ion) Tee: s m E.% f EN 2 “a u AL - m Re Pr Pr Ram Te E STARTE e\ | - 7 Zu ni Ye > Er j er ne . h DR ai UT n N Ve RA ar h j u ae Er j BB Br sllhiilarl-&starkırk ua Ra Re Kal) rin ; f BB ton u RN; id DILTEERETIC ENTE TG RL In, gi u INN, THE RAE, ‚sanktaradl AL NEE N are NENNEN =: une) “ Be alien ORT a e MAyEE vers latpend Kr (al a Dat ee, uni BETTINA aa "Or rab tscE lin LEE Se | hi ha DR RER LU En 2 ol t "ar a 2 r Y “ - or Bm Bü = u Stsulor ara Oi e er 5 178 pr TE ab: LEF NM, " DE SE. are RB Bis u ’ er "ae I ni i_ vi W x @ - 8 we, RK, e u f “ ER I m SR on “ E a or age Pr 609 1890. AÄXIX. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 12. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Currivs. Hr. Weısnorp las über den Mythus vom Wanenkrieg. Die Mittheilung erfolgt umstehend. Sitzungsberichte 1890. 55 3 px er (u = AT Med ie re ® x 212 NEE: Te Be e j Er iu}: cm ATTLE BT TER „* HH aa £ 4 R * Ber SEN EIER, or Br. j ei INNE Ba ee ats a A „6 Islaraddı URL NY we h j und EEZiHT 4 — ee . fr - - £ z ’ R Ki. ya: Ft BIN j db le af zz ud u u 4 20 611 Über den Mythus vom Wanenkrieg. Von K. WeınHoLD. in den mythologischen Forschungen, welche so leicht in Nebel und Wolken, oder in den Sumpf verlocken, gibt nur die Geschichte des Cultus die Möglichkeit, einen sicheren Pfad zu finden. Sie gewährt geschichtliche Unterlage: sie zeigt das Werden, Wachsen und Ver- gehen der Götter in dem Umfang der Verehrung, die sie genossen; sie lässt die Wandelungen mindestens errathen, die in dem inneren Wesen der Gottheiten sieh vollzogen. Die Geschichte der Culte ist ein wichtiger Theil der Geschichte der Volksstämme. Der Gultus wandert mit den Volksgenossen, welche die altererbten Heiligthümer auch in die neuen fernen Wohn- sitze tragen, der Cultus verbindet eine Kette von Völkerschaften; der Cultus wird aber auch der Grund von Fehden und Kriegen, wenn der eine Stamm seine Gottheit den Nachbarn aufdrängt, um das Gebiet derselben zu erweitern und damit Einfluss auf andere Stämme zu gewinnen. In der Geschichte der heidnischen Religion der Deutschen ist auf die Cultusgeschichte bis jetzt weniger Gewicht gelegt worden, als gut ist. Allerdings hindert auch hier die Dürftigkeit unserer Quellen. Aber immerhin sind Spuren genug schon in den Nachrichten, die Taeitus sammelte, vorhanden, um bestimmt geschiedene Cultus- gebiete und geschichtliche Veränderungen in denselben zu erkennen. Als Cultusverbände uralten Ursprungs werden die durch Pli- nius d. J. (h.n. IV, 28) und Tacitus (Germ. 2) überlieferten Völker- gruppen der Ingvx#ones, Istveones und Herminones zu nehmen sein. Taeitus hat durch die Anknüpfung dieser gentis appellationes an die theogonische Mythe die richtige Alınung von ihrer Bedeutung be- wiesen. Es sind Völkerbünde, die durch den gemeinsamen Uultus eines Stammgottes vereinigt wurden: die Ingv®onen durch den Cult des Ing-Nerthus, die Istveonen durch den des Ist-Wodan, die Er- minonen durch die Verehrung des Erman-Tiu. An den Stammgott knüpfte uralter Glaube den Ursprung der Volksgemeinschaft mittels halbgöttlicher Helden und Könige. Der Stammgott erschien dabei, DnE 612 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 12. ‚Juni. worauf Mürvennorr schon früh in seiner Abhandlung über Tuisko und seine Nachkommen (S. 222 f.) hingewiesen, nicht unter seinem eieentlichen Namen, sondern unter einem Beinamen, der die Ver- mittelung der Gottheit mit der Menschheit erleichterte. Über den Cultus, der die Erminonen verband, gibt Taeitus wichtige Kunde im 39. Capitel der Germania, wo er von dem reli- giösen Bundesfest der Sweben erzählt, das zu bestimmter Zeit im Lande der Semnonen begangen ward. Die Semnonen hielten sich für das älteste und vornehmste Volk des Swebenbundes, der sich mit dem Umfang der Erminonen decken wird. Als Beweis ihres Anspruchs galt, dass in ihrem Gebiete der heilige Wald lag, in dem die grosse allwaltende Gottheit, und darum auch der Ursprung des Volkes gedacht ward. Hier kamen die Abgeordneten des Bundes zusammen, um dem mächtigen Gotte ein Menschenopfer zu bringen und, so dürfen wir schliessen, seinen Schutz für den Bund und die Unternehmungen desselben zu erflehen. Der Gott war Erman, nach dem die Erminonen sich nannten, in Ableitung von dem Heros Er- mino: Erman der regnator omnium deus (Germ. c. 39), der allwaltende Tiu (Tivaz). Die Semnonen waren die Hüter des Bundesheilisthums. Und als sie von dem Lande zwischen der mittleren Elbe und Oder aus- wanderten und südwestwärts über die alte Waldgebirgsgrenze auf ehemals ungermanischen Boden zogen, nahmen sie die Heiligthümer des 'Tiu mit sich. Die Schwaben, wie die Semnonen als Hauptkern der alten Sweben nun genannt wurden, galten noch lange als die Ziuverehrer (Öyuuuari Suuapa, Wessobrunner Gl.), und Augsburg, die schwäbische Stadt, ward aus der Augusta Vindelieorum die Ciuuesbure, Burg des Ziu.' Östlich von den Semnonen-Sehwaben hatten sich jenseits des Lechs andere erminonische Stämme niedergelassen. die Markomannen und andere, welche den Bajuwarennamen angenommen. Auch sie hatten den Tiueult in die neue Heimath getragen. Nur führte der alte Gott bei ihnen einen anderen Beinamen, den des Er (*Eraz). Der hairische Name des dritten Wochentages, des dies Martis, Ertag, der sich bis heute erhielt, zeugt gleich dem schwäbischen Ziestag, der in mundartlichen Gestaltungen fortblüht, noch jetzt von den alten Cultverhältnissen dieser süddeutschen Völker. Verehrung des Tiu, den die Römer als Mars deuteten, weil er vornemlich Kriegsgott geworden, können wir ferner ausdrücklich be- zeugen für die zum Swebenbunde ebenfalls gehörigen Hermunduren ! Cinitas augustensis i. e. Ciesbure Bouquet reeneil d. hist. de la France II, 10. ’ An WeınnorLn: Über den Mythus vom Wanenkrieg. 613 (Ann. XII, 57); ferner für rheinische Völker (Histor. IV, 64); für die Sachsen, deren Kern die Cherusker waren (vergl. weiter unten); für die Friesen nach den britannischen Votivsteinen, welche uns den Mars 'Thingsus kennen lehrten. Die Verehrung des uralten grossen Himmelsgottes Tiu ist in ältester Zeit allen Germanen gemein gewesen, und mit Recht lässt Tacitus einen der Abgesandten der Teneterer zu den Ubiern im batavischen Aufstande von dem Mars als dem bedeutendsten der gemeinsamen Götter reden (Histor. IV, 64). Aus dem allumfassenden, das Leben der Natur und der Menschen beherrschenden Gotte Tiu hatte sich wahrscheinlich früh der Gewitter- gott ausgesondert, den die Germanen Thonar hiessen. Die Römer verglichen ihn nach den Mythen, die sie von ihm als dem heroischen Kämpfer gegen alle Feinde der Menschen und ihres entwickelten Lebens vernahmen, ihrem Herkules. Eines seiner Heiliethümer lag im Lande östlich der Weser (Ann. II, 12), und noch weit später ward er in jenen Gegenden verehrt, denn das sächsische Taufgelöbniss aus den Anfängen der Sachsenbekehrung nennt 'Thunar als den ersten der drei grossen Heidenteufel, vor dem Wodan und dem Saxnot (Tiu).' Auch bei den Südnachbarn der Sachsen, den Hessen, blühte im 8. Jahrhundert sein Cult, denn den Hauptschlag gegen ihr Heiden- thum führte Winfried-Bonifazius, als er das robur Jovis, eine Eiche von wunderbarer Grösse, die dem 'Thonar geweiht war und bei Geismar stund, niederhieb ohne dass ihn die Strafe des Gottes traf. Auch in Thüringen musste sich Bonifaz gegen den Jupiterdienst wenden, d. i. gegen die Verehrung des Thonar, der inzwischen vom Herkules zum Jupiter geworden war. Thunar und Wodan, Jupiter und Mereurius, stunden auch bei den Niederfranken im 8. Jahrhundert als die Hauptgötter nebeneinander. Aber seinen eigentlichen Boden hatte der Donnergott bei den skandinavischen Germanen gewonnen, wie nachher näher ausgeführt werden soll. Das Gebiet der Ingvxonen, der proximi oceano (Germ. e. 2), lag an der unteren Elbe, süd- und nordwärts «des Stromes, an den Küsten und auf den Inseln der Nord- und Ostsee. Hier pflegten die sieben Völkerschaften, Reudigni, Aviones, Anelii, Varini, Eudoses, Suardones, Nuithones, in wald- und wasserreichen Landschaften das Bundesheilig- thum, den Cult des von den Römern als Terra mater gedeuteten ! Thonar und Vuaten in den Versen des Paulus Diaconus, die Dünurter Z. f. d. Alt. XII, 452. fl. herausgab, sind zwar als Dänengötter von Paulus angeführt, werden aber wohl auf sächsische Quelle zurückgehen, wie Dünuter vermuthet hat, ebd. S. 449. 614 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 12. Juni. : I l numen Nerthus (Germ. 40). Wie Nerthus nach der grammatischen germanischen Form Masculinum und Femininum sein kann, so ist mythologisch in dem numen eine doppelgeschleehtige Gottheit ent- halten, ein Geschwisterpaar, das zugleich ein Ehepaar war. Der männliche Theil tritt in Skandinavien als Niorpr auf; durch seinen Bei- namen Ing (*Iggvaz) aber ist er Stammgott der Ingvwonen, und durch diesen Namen können wir auch verfolgen, dass sein Gult von den ingvwonischen Stämmen nach England hinübergetragen ward. Die Ausbreitung desselben Cultus nach dem Norden wird uns nachher beschäftigen. Unter allen Göttern eroberte sich die grösste Bedeutung und ward den andern der gefährlichste der Stammgott der Istvsonen, Istvaz-Wodan. Wie die westlichen, fränkischen Stämme durch den eigenthümlichen furor des zur Alleinherrschaft strebenden merwin- gischen Königsgeschlechts, das in blutigen rücksichtslosen Kämpfen die anderen alten Königs- und Adelsgeschlechter der Franken ver- niehtete, und dann ein deutsches Land nach dem andern sich unter- warf, nach und nach die Gesammtmasse des Volkes vertraten und ihr Name sich über die Deutschen überhaupt breitete, so hat ihr Gott, dessen Namen Wodan spätere christliche Chronisten noch als furor übersetzten (Adam. ecel. hamab. hist. IV, 26) in merkwürdigem Siegeslauf seinen Cultus weiter und weiter vorgedrängt, erminonische und ingvieonische Völker unter sich gebeugt, bis die systematisirenden Mythologen des ı2. und ı3. Jahrhunderts es nicht anders wussten, als dass O'Pinn das Haupt des Götterstaates und alle anderen Götter seine Söhne wären. Die Geschichte der Ausbreitung des Wodaneultus ist von der grössten Wichtigkeit für die Geschichte der germanischen Religion. Die Römer, welche die westlichen Deutschen am genauesten kennen lernten, wussten nicht anders, als dass Mercurius, wie sie Wodan interpretirten, bei den Germanen die höchste Verehrung genoss." Mag auf ihre Ansicht auch das eingewirkt haben, was sie über die Verehrung des Mercur bei den Galliern wussten, so wird doch als deutscher Bestand der Gleichung Mercurius-Wodan bleiben, dass Wodan eine germanische Gottheit war, ähnlich dem im augustaeischen Zeitalter aus dem griechischen Hermes von den Römern voll ent- wickelten Mercurius, geistig rührig, in das Leben überall eingreifend, ein Förderer geschäftigen Verkehrs, mächtig der Rede und Dichtung. Schon sein Name Wodan, der nur Weiterbildung des einfachen wöd — ! Deorum maxime Mercurium colunt, sagt Taeitus Germ. e.9 in Nachbildung dessen, was Caesar b. g. VI. ı7 über die Verehrung des gallischen Mercurius schrieb. Ze Weimnmorn: Über den Mythus vom Wanenkriee. 615 ist, weist durch die Verwandtschaft mit lat. vates, sanskr. vätas, und durch die Bedeutung der germanischen Worte angels. vöd (Ruf, Sehall; Rede, Gedicht) altnord. öpr (Geist; Sang, Gedicht) auf das innerliche, geistige Wesen Wodans entschieden hin. Früh muss er als Siegesgott gegolten haben, weil er, der Gott geistiger Begabung, auch die Kriegskunst verstund und lehrte. Darum trat er eng an die Seite Tius, des allwaltenden Gottes über das ganze Leben, der, weil das germanische Leben in jenen Zeiten am höchsten im Kriege seine Wellen schlug, der vihans,' der Kriegsgott der Deutschen war und von den Römern deshalb als Mars bezeichnet ward. In . dieser Nebeneinanderstellung zeigt eine Stelle in Taeitus Annalen (XI, 57) Mars und Mereurius. Als die Hermunduren im Jahr 58 n. Chr. mit den Chatten um den salzhaltigen Grenziluss kämpften, versicherten sie sich des Sieges, indem sie jenen zwei Göttern, also dem Tiu und Wodan das feindliche Heer zum Opfer gelobten. Die langobardische Sage berichtete,” dass dieses Volk, als es noch Winilen hiess, vor einer entscheidenden Schlacht gegen .die Wandalen ebenso wie diese zu Gwodan um den Sieg gebetet und durch Freas Gunst, der Gemahlin des Gottes, ihn erlangt hätten. Wie Odin bei den Skandinaviern als Siegvater, sigfabir, Sieg- gott, sigtyr galt und den Sieg nach seinem Willen den Königen gab, berichten Lieder und Sagen oft genug. So breitete sich durch diese gewaltige Eigenschaft und die ganze Macht wunderschaffender Geisteskraft Wodans Verehrung über seine ursprünglichen Volksgrenzen aus. Selbst die Schwaben, die eigentlichen Tiuverehrer, schlossen sich allmählich gegen den Wodancult nicht ab. Aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts erzählt Jonas von Bobbio in der Vita des h. Columban von dem Opferfest eines schwäbischen Stammes am Bodensee, in das der Missionar gerieth. Eine sechsundzwanzig modii fassende Kufe war mit Bier gefüllt zum Opfertrunk für die Verehrer des Wodanus quem Mercurium vocant alii.” Wodans Stellung bei den Thüringern bezeugt der eine Merse- burger Spruch, der ihn als den heilkundigsten Gott kennt. ! Bei Tongern ward 1855 ein Bronzeplättchen mit der Inschrift gefunden: VIHANSAE | Q- CATTVS - LIBO » NEPOS | CENTVRIO ». LEG - II | CYRENAICAE. SCV | TVM.-ET-LANCEAM-D.D.| Noch in den Skaldskaparmal wird dem Tyr der Beiname vigagup’ gegeben. ®2 Prol. in ed. Rothari, Paul. Diae. hist. 1.8. Hist. Francor. epitome. > Für das Eindringen Wodans bei den Schwaben zeugt noch heute der schwä- bische Name des wilden Hees: 's Muotes her. (m = w Alem. Gr. 5. 132). 616 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 12. Juni. Gleich den Schwaben verehrten auch die Sachsen des 8. Jahr- hunderts neben Saxnöt-Tiu, ihrem Hauptgott, den Thonar und den Uuöden nach dem unverwerflichen Zeugniss der Abschwörungsformel bei der Taufe (MÜLLennorr-ScHERER Denkmäler Nr. LI). Wenn den Skandinaviern später Odin als der eigentliche Sachsengott erschien (Fornmannasog. V, 235), so weist das einmal darauf, dass der Wodan- eult in Nieder-Deutschland grossen Umfang gewonnen hatte, sodann aber auch darauf, dass der Odineult über Sachsen in den germanischen Norden gekommen war. Eine Erinnerung daran mag in dem euheme- ristischen' Bericht Snorre Sturlesons über die Einwanderung des Asen- Odin mit den anderen Göttern (dıar) in die Nordlande enthalten sein (Yneglingas. e. 5), wonach Odin von Saxaland aus nach Fünen und Seeland gekommen sei. Wie fest Wodan bei den sächsischen Stämmen eingewurzelt war schon im 5., 6. Jahrhundert, bezeugen. die angelsächsischen Königs- genealogien, deren älteste, die von Kent, durch Beda (e. 755) über- liefert ist, und die sämmtlich auf Wöden als Stammvater der edlen Geschlechter zurückgehen, die Britannien eroberten. Aus neuer Zeit bezeugen es noch die niedersächsischen Sagen und Gebräuche, in denen Wode oder Wod (Gwode, Gode) auftritt, die in Altsachsen wie in den sächsischen Besiedelungsländern, Mecklenburg, Pommern, Alt- mark und Priegnitz bis heute fortleben. Für Wodan als Gott der Ostgermanen fehlen die Zeugnisse. Über das gotische Heidenthum sind wir schlecht unterrichtet. Nur ver- muthen können wir, dass der gemein germanische, ja indogermanische Tius (Tivaz) der Hauptgott der Goten gewesen ist. Für die lugisch-wandalischen Völkerschaften berichtet Taeitus (Germ. e. 43) von dem im Gebiete der Naharnavalen geübten Cultus des göttlichen Brüderpaars Aleis, welches den Römern Üastor und Pollux vergleichbar erschienen war. Mehrere Jahrhunderte später haben die Wandalen, nach Paulus Diaconus I, 8, zu Wodan um den Sieg gebetet. Es wäre also möglich, dass der Siegesgott Wodan seinen Eroberungszug auch zu den östlichen Germanen ausgedehnt hätte. Derselbe Paulus Diaconus sagt an jener Stelle: Wodan ab universis Germaniae gentibus ut deus adoratur. Für die skandinavischen Germanen haben die genaueren Unter- suchungen der ältesten Denkmäler ergeben®, dass börr (Thonar) nicht ! Es scheint nicht ganz überflüssig, auf die klare Verurtheilung der euheme- ristischen Irrthümer Saxos und Snorres sammt Nachfolgern bei Körren literar. Einleitung in die nordische Mythologie, Berlin 1839, S. 181— 189 hinzuweisen. 2 H. Peversen, om Nordboernes gudedyrkelse og gudetro i Hedenold. Kjeben- havn 1870. Weınmorp: Über den Mythus vom Wanenkrieg. 617 bloss in Norwegen und dem von dort besiedelten Island, sondern auch in Schweden und Dänemark durchaus der Land- und Volkseott gewesen ist. Wo die nordländischen Seefahrer, die »Dänen«, in der Fremde auftraten, in der Normandie, wie in England, wusste man nieht anders, als dass Thor der Dänengott sei, und ebenso galt in Gardariki (Russland) der Donnergott als Gott der Nordleute. Wenn nun in den mythologischen Liedern der Semundar-Edda, in den Skaldengedichten, sowie bei den Mythologen des ı2. und ı3. Jahrhunderts Odin der Fürst und der väterliche Herr der Ansen- familie ist, der vornehmste und bedeutendste Gott, und wenn wir andrerseits in den schwedischen Landschaften die Verehrung des Freyr und der Freyja verbreitet sehen, so werden wir annehmen müssen, dass eine Einwanderung des Odin- wie des Waneneults in die Länder des Thordienstes geschehen ist. Beides sind fremde Culte, welehe nach Skandinavien von Süden her eingedrungen sind. Wodan eignete sich — es sei erlaubt, modern zu spreehen — zum Gott der vornehmen und gebildeten Kreise, wie kein andrer germanischer Gott. Die Gleichung mit Mercurius hat uns diese Ent- wiekelung seines Wesens schon für die Anfänge unsrer Zeitreehnung bewiesen; er war längst fertig als kriegskundiger, siegverbürgender Gott und als Gott des Könnens und Wissens, der zu religiöser Wir- kung und geistiger Erfreuung kunstvoll gebundenen Rede, als sein Cult nach Skandinavien eindrang. Die abenteuernden, Sieg und Beute suchenden Seekönige mit ihren Leuten; die Skalden, die zum guten Theil zugleich kriegerische Helden waren, wurden seine Ge- meinde. Der alte Landgott Thor blieb der Gott der Bauern, der freien kleinen Männer. Was vornehm war oder sein wollte, bekannte sich zu Odin. Die Norweger, welche sich dem Königthum Harald’s des Haar- schönen trotz dessen Siege (372) nicht unterwerfen mochten, retteten sich und ihren Gott Thor nach Island. Auf die Balkenenden der Häuser, die sie auf der Insel zu gründen gedachten, schnitten sie einen Thorskopf aus, und unzählige von ihnen trugen schon in ihren Eigennamen das Thorszeichen hinüber. Kein einziger Name dieser Auswanderer hat eine Spur von Odin. Einige aber erinnern an Freyr, den Wanengott. Früher als Wodan, oder wie ihn die Skandinavier seit (dem 9. Jahrhundert in ihnen eigener Lautveränderung nannten, » Odin O’Pinn) «, scheint Niorbr mit seinen Kindern Freyr und Freyja nach ! Vergl. die Namenverzeichnisse zum ı. Bande der Islendinga sogur. Kjoben- havn 1843. 618 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 12. Juni. den Nordlanden gekommen zu sein.‘ Es sind die Gottheiten der deutschen Ingvxonen, welche die nächsten Südnachbarn der Skandi- navier waren und gewiss sehr früh mit den Dänen, den Gauten und Swionen und den südlichen Norwegern in Verkehr getreten sein werden. Der geistige Austausch, der eigentlich eine geistige Einfuhr deutscherseits war, wird mit dem Handelsverkehr sich verbunden haben. Mit den Schiffern und Kaufleuten kamen ihre Götter”, und diese Götter waren heitere Gottheiten, die ein fruchtbares, reiches und friedliches Leben beschützten und liebten. Ihr Cult fand nament- lich in. Schweden Aufnahme, muss aber auch in Dänemark und Nor- wegen Anhänger gefunden haben. Von einem harten Zusammenstoss der Wanenreligion und der Thorsreligion zeigt sich keine Spur. Dagegen hat die nordische Mythologie eine sehr deutliche Er- innerung an einen Krieg Odin’s und der Ansen mit den Wanen bewahrt. Nach dem bisher ausgeführten werden wir in diesem Mythus vom Wanenkrieg zunächst eine Urkunde von dem feindlichen Zu- sammenstoss der eindringenden Odinreligion mit der früher schon im Norden eingeführten Wanenreligion erblicken. Andere weitere Erwä- gungen werden sich daran knüpfen. Von dem Wanenkriege geben Strophen der Voluspä (2 1— 24 Busse em, < ’ 7— 10 Mürtennorr) die älteste Nachricht. Zu ihnen ist das 4. Kapitel der Ynglingasaga ergänzend zu halten. 21. pat man folkvig fyrst ı heime, es Gollveigo seirom studdo ok i hollo Härs hana brendo, prysvar brendo brysvar borna [opt ösjaldan , bo hon enn lifer]. 22. Heipe heto hvars til hüsa kvam volo velspaa: vitte ganda, sei hvars kunne, seib hugleikenn, »» vas angan illrar brühar. ; ! Dafür, dass die Wanen- früher als die Odinreligion nach Skandinavien kam, kann als Beweis gelten, dass den Wanengöttern der Vorwurf der Geschwisterehe gemacht ward. Eine uralte Eheverbindung, die jüngerer Anschauung anstössig erschien, tritt hier hervor. 2 Die Erinnerung daran, dass Ing-Nerthus über die See zu germanischen Völkern zog, ist der Kern der Strophe im angelsächsischen Runenliede: Ing was x»rest mid Eastdenum gesewen seegum, op he siddan eft oper weg gewat, wen »efter ran: dus Heardingas done ha#le nemdun. 3 Das böse Nachspiel des Krieges, das die Strophen 25. 26 (11. 12) und der Svadilfarimythus (Gylfaginning e. 42) behandeln, geht uns hier nichts an. Weistorn: Über den Mythus vom Wanenkrieg. 619 23. Gengo regen oll a rokstöla, ginnheilog gob, ok of pat gattosk: hvart skyldo Acser afrab gjalda epa skyldo gop oll gilde eiga. 24. Fleygpe O'penn ok ı folk of skaut: bat vas enn folkvig fyrst ı heime. brotenn vas borbveggr borgar Asa. knötto Vaner vigskä vollo sporna. In deutscher Übersetzung: 21. Des gedenkt die Wala als des ersten Volkskriegs in der Welt, als Goldweig sie mit Geren stachen und in der Halle des Hohen sie.brannten,, dreimal brannten die dreimal geborene (oft, unselten, dennoch lebt sie noch). D 197 Heid (Zauberin) hiessen sie, wohin immer der Häuser sie kam, die gut spähende Seherin. Sie beschwor die Geister, Zauber übte sie wo sie wusste, Zauber mit Lust. Stäts war die Wonne sie bösen Weibsvolks. Es gingen die Ratenden all auf die Rechtstühle, die hochheiligen Götter und sorgten darum, ob solten die Ansen Busse zahlen, oder die Götter alle solten Opfer geniessen. 24. Odin warf und schoss in das Volk: das war der erste Volkskrieg in der Welt. Gebrochen ward die Randwand der Ansenburg. die kriegskühnen Wanen vermochten das Feld zu stampfen. D = Wir hören in diesen Strophen, dass die Ansen die zauberkundige Goldweig gemisshandelt hatten und dass dies zum Streit mit den Wanen führte. Dieselben verlangen Busszahlung dafür, oder dass sie den Ansen gleichgestellt würden. Nach gehaltenem Rath überlassen die Ansen die Entscheidung den Waffen. Odin schiesst den Ger in das feindliche Heer (nach altgermanischem Gebrauch ist das ein sym- bolisches Zeichen für die Opferweihe alles feindlichen) und der Krieg, der erste in der Welt nach der Voluspa beginnt. Wer jene Goldweig war, welche die Ansen mit Geren stachen und dreimal verbrannten, die aber dreimal wieder auflebte, also die unsterbliche Goldweig, ist nicht schwer zu beantworten. Sie ist natürlich eine Wanin, da die Wanen ihretwegen Genugthuung von den Ansen fordern. Goldweig ist ohne Zweifel die Göttin, deren Thränen Gold sind,' die mit Opr dem Reichen vermählte, schmuck- frohe (menglod) Trägerin des strahlenden Brustgeschmeides (brisin- gamen), die Mutter der Hnoss, mit einem Wort Freyja, Niorbs Tochter. Gollveig, Goldkraft, mit des Goldes Kraft begabt, ist ein höchst angemessener Beiname der goldigen Wanengöttin. ! Gull er grätr Freyju (Freyjutar) Skaldskap. 37- 620 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 12. Juni. Ob Mürtennorr (D. Alterth. k. V. ı, 96) Recht hatte, in dem Stechen und Brennen der Goldweig den mythologischen Ausdruck für die metallurgische Behandlung der Golderze zu sehen, lassen wir vor der Hand dahin gestellt. Jedenfalls ist nach dem Liede Goldweig dureh Odin. und die Seinen gemisshandelt worden, und als Grund dafür hören wir, dass sie eine Zauberin war, oder nach der Ynglinga- sage ec. 4, dass sie Zauberkünste, welche bei den Wanen üblich waren, zuerst bei den Ansen gelehrt hatte. Es hat demnach eine störende Berührung religiöser Übungen, mit anderen Worten des Gultus der Wanen mit dem Anseneult statt- gefunden, der zu Kriegen der Anhänger der zwei Religionen führte, die nach der Ynglingasage mit schwankendem Glück geführt wurden, in denen aber schliesslich nach Voluspäa 24 die Wanen die Ansenburg brachen und eimen entscheidenden Sieg in offener Feldschlacht ge- wannen; mit anderem Ausdruck: die Bekenner der Wanenreligion erzwangen von den Bekennern der Odinreligion Anerkennung und es ward ein Religionsfriede geschlossen, wonach sich beide Religionen durch Vertrag im Recht gleich stellten.‘ Die Wanen wurden, nach ımnythologischer Sprache, unter die Ansen aufgenommen: Die Worte der Voluspa über die Zauberin Goldweig klingen sehr an die euhemeristische Erzählung Snorre Sturlesons in der Ynglinga- sage (ec. 4). Der Geister- und Sudspuck ist Verhüllung des eigent- lichen alten Kerns im Wesen Freyjas. Freyja ist die reiche, üppige, liebes- und goldkräftige Göttin: sie kann in dem Mythus das Gold und dessen verführerische Gewalt vertreten. »Die Meinung des Mythus«, sagte MüLLEnnorr zur Runen- lehre S. 48, »ist ganz einfach, dass durch das Gold das Böse in die Welt gekommen ist«. Schliessen wir uns einmal — freilich mit Vorbehalt — dieser Deutung an. Die verderbliche Gewalt des Goldes war ein Erfahrungssatz für die Germanen geworden. Aus dem fünften Capitel der Germania klingt durch die auf römische Verhältnisse zurückdeutende Rede des Taeitus die innere Abneigung der Deutschen gegen das verlockende rothe Gold heraus. Wie es zum vernichtenden Fluche auch für die Edelsten und Höchsten werden konnte, ist im Mythus von dem Gold- ring des Zwerg Andvari durchgeführt. Dieses Gold, das der Unter- irdische gezwungen herausgeben musste, brachte allen Besitzern den Tod. Hreidmar, Fäfnir, Regin, Siegfried, Brünhild verfielen tragischem Untergang. ! Über die symbolische Art der Verbrüderung Bragaroedur 57. we Weınnorp: Über den Mythus vom Wanenkrieg. 621 Nun waren die Wanen die reichen Götter; das Gold elänzte von ihrer jungen schönen Freyja. Handel und Schiffverkehr, ebenso der Ackerbau in günstig gelegenen Landschaften hatten ihre Anhänger reich gemacht. Ein üppiges, dem Sinnengenuss geneigtes Leben lässt sich aus dem, was über den Freydienst in Schweden berichtet wird, schliessen. So ist eine bis zur Feindseligkeit gesteigerte Abneigung der Bekenner anderer, strengerer Uulte gegen die Wanenverehrer schr wohl begreiflich. In den Versen: »Goldweig übte Zauber — Stäts war sie die Wonne bösen Weibsvolk«, liegt eine sittliche Verurtheilung: des Freyjadienstes durch die Odinverehrer. Und so erhalten wir wieder eine Bestätigung der Annahme, dass in der Erzählung vom Wanenkriege, wie Voluspa und Ynglingasaga sie geben, ein Stück nordgermanischer Religionsgeschichte überliefert ist. Auf den dänischen Inseln, in Schonen, Götaland, in Sviarike sassen zahlreiche, durch deutsche Ingv»zonen bekehrte Anhänger der Nerthusreligion. Zu den Anhängern Thors hatten sie sieh friedlich gestellt; aber als der Odinseult eindrang, erfolgte ein Zusammenstoss. Bei diesem religionsgeschichtlichen Gewinn dürfen wir uns jedoch nicht beruhigen. Hinter dem Kampf der Religionen, d. h. der Be- kenner derselben, steht der Kampf der Götter selbst als der innerste Kern des Mythus. Der sittliche Gegensatz der beiden Göttergeschlechter ist die Metamorphose ihres natürlichen, elementaren Gegensatzes. Die Wanen (altn. Vanir, d. pl. Vonum) zunächst, sind, wie die Bedeutung ihres Namen: die glänzenden, schönen, ergiebt, Gottheiten des Lichtes, der Sonne.‘ Sie tragen einen durchaus germanischen Namen, und schon dieses hätte ihre willkürliche Verweisung an die Kelten, Slaven oder Aisten denen, die sie beliebten, verbieten müssen. Auch MüÜLLennorr’s etwas unklare Worte (Z. f. d. A. XXI, ıı) »der Waneneultus ist, wenn nicht geradezu aus der Fremde eingeführt, doch im Verkehr mit fremden Schiffern und Handelsleuten entstanden, dadurch veranlasst und unter dem Einfluss der Fremde ausgebildet«, widerlegen sich durch das deutsche Wort Wanen, wogegen die sehr zweifelhafte Ableitung des Gottesnamen Nerthus vom gallischen nertos, Kraft, Macht, Stärke, die zuerst H. Leo (Z. f. d. A. III, 226) aufstellte, und die W. Mürrer (Geschichte und System der altdeutschen Religion 47), MürLvennorr (a. a. Ö.) und ManshuAaror (Wald- und Feldeulte I, 571) ! Der Adjeetivst. wano erscheint mit -mo Suffix im alts. Adj. wanom, wanum, elarus, splendens, wozu das Adv. wanamo, das Subst. wanami, claritas, splendor, gehören. Das Adjeetiv wanom ist eng verwandt mit dem sanskr. Adj. vama (= vanma) schön. In der Vedensprache findet sich Subst. vanas, Schönheit, Reiz. Es vergleichen sich ferner lat. Venus, venustus. z 622 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 12. Juni. wiederholten, niehts bedeutet. Denn wie hätte ein deutscher Völker- und Cultbund seine oberste Gottheit mit einem gallischen Namen nennen können? Ausserdem hätten sich alle, welche die Wanen für undeutsch oder doch durch Berührung von Deutschen und wer weiss welchen Frem- den erzeugt erklärten, erinnern sollen, dass der wanische Ing, den sie selbst als Nertlius deuten, in die älteste germanische Theogonie gehört. Die elementare Grundeigenschaft des Geschlechts ist in dem Haupte desselben, so weit der skandinavische Niorpr darauf einen Schluss machen lässt, hinter abgeleitete Kräfte und Eigenschaften zurückgewichen, indem er, der altnordisch auch kurzweg der Wane oder der Wanensohn (Vanr, Vananipr) heisst, zum Schutzgott günstiger Seefahrt, sommerlichen Fischfanes und des Erwerbs und Handels gemacht ist und daher als der Vermögen gebende Gott (it fegjafa gup) gepriesen wird. Mehr von dem Sonnenglanz und der aus Licht und Wärme geborenen Sommerwonne strahlt von Nierbs ingvieonischer Sehwester und Gattin Nerthus aus. Der Nerthus töchterliche Wieder- geburt, die nur aus skandinavischer Mythologie bekannte Freyja, ist, wie wir früher schon hervorhoben, die schöne glänzende Herrin, wie ihr Name sagt, die goldene Sonnengöttin. Freyjas Bruder Freyr aber hat das rechte elementare Erbe vom Vater überkommen. Er gebietet über Sonnenschein und Regen, giebt Fruchtbarkeit den Saaten wie den Menschen, und heisst der Herr kurzweg, gleichwie Apollon Kupıos genannt ward. Freundliche, heitere, sonnige, reiche und milde Gottheiten sind diese Wanen. Welche Gottheiten stehen nun überall den Sonnengöttern feindlich gegenüber? Überall sind es die ehthonischen Götter, die Mächte der Erde, der Finsterniss und des Todes. Sind wir nun aber berechtigt, die Ansen für solche chthonische Mächte zu erklären? — Allerdings die Ansen schlechthin durchaus nicht. Wohl aber hat OPinn-Wodan, welcher den Krieg gegen die Wanen nach der Voluspa beginnt, viele Züge, die ihn als chthonischen Gott und als Feind der Sonnenwesen erkennen lassen. Wie Zevs %Sovıos sich zu dem -olym- pischen Zeus verhält, so stehen in Wodan die chthonische und die himmlische Seite neben oder gegen einander. Ja die himmlische scheint die jüngere, die sich erst entwickelte, als Wodan den uralten Himmelsgott Tiu zurückgedrängt hatte. Gerade die Nachtseite Wodans hat der deutsche wie der skandinavische Volksglaube bis in die Gegen- wart sehr zähe festgehalten. Denn dieser kennt den alten Heidengott noch jetzt als den Nacht- jäger, der im ‘dunkeln weiten Mantel und tief herabhängendem Weimnorn: Über den Mythus vom Wanenkrieg. 623 Schattenhut, von heulender Meute umtost, eine Frau oder auch gewisse Thiere jagt und tödtet. Das ist der Gebieter über die dunkelen tief zur Erde hängenden Wolken, den die Winde umheulen, der die Nacht über den Himmel treibt und die Sonnenfrau oder die Sonnenthiere Ross, Eber und Hirsch zerreisst, die aber immer wieder lebendig werden, so dass die Nachtjagd immer von Neuem beginnt. Denn die Sonne stirbt nicht, sie wird an jedem Morgen neu geboren, um jeden Abend wieder zu vergehen. Dass das germanische Volk durch alle Veränderungen seiner An- schauung und Bildung hindurch gerade dieses Bild des alten Gottes so fest gehalten hat, beweist wie alt und mächtig dasselbe war. In des Nachtjägers oder wilden Jägers Gefolge jagen die Seelen der Todten einher. Wie den indischen Indra die marutäs, die mortui, umgeben, so den germanischen Wodan ein Heer, in das alle verstor- benen Geister eingereiht werden. Wodan ist also auch Todtengott, nicht bloss Nachtgott. In seinem unterirdischen, in Deutschland als Berghöhle gedachten, in Skandinavien zur kriegsfürstlicenen Halle umgewandelten Hause, der Todtenhalle, valholl, wie die Nordgermanen sagten, sitzen, wenn er ruht, die Geister der Abgeschiedenen um ihn und nähren sich vom Fleisch des gejagten Sonnenebers. Es waren die Seelen aller Todten ursprünglich, nicht bloss die Seelen der durch Waffen Gestorbenen, wie jüngere Vorstellung der Wikingerzeit war. Er hiess valfabir, der Todtenvater, draugadro'ttinn, Gespensterherr, nach jüngerem Ausdruck. Dem Wodan fallen die höchsten blutigen Opfer, die Menschen- opfer, wie schon Tacitus wusste (Germ. e. 9). Und er verlangt Seele um Seele. Wer sein Leben verlängern wollte, musste ein anderes Leben dafür opfern, wie es dem Schwedenkönig On geschah, der seine neun Söhne, einen nach dem anderen, dem Odin von zehn zu zehn Jahren opferte, bis er ganz kindisch geworden, wie ein Säugling aus dem Milchhörnlein trank (Ynglingas. ce. 29). Aus diesem Todeswesen Odins ging sein Beiname Yggr, Yggjüungr, der Schreckliche, hervor. Der Todesgott ist überall auch Wintergott, denn der Winter ist der Tod des Naturlebens. In dem nordischen Gott Ullr, welcher Odin’s Sohn genannt wird, ist diese Eigenschaft zum selbständigen Gotte entwickelt worden. Das symbolische Thier der chthonischen Mächte ist die Schlange. Unter Odin’s Beinamen kennt die nordische Mythologie Ofnir und Svafnir, beides Schlangennamen (Grimnismal 54. 33). Zu der den Göttertrank hütenden Jungfrau in der Bergeshöhle schlüpft Odin als Schlange, gleich wie Zeus zu der von Demeter verschlossenen Per- sephone als Schlange schloff. 624 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 12. Juni. Nach der vita S. Barbati verehrten die Langobarden eine goldene Schlange als göttliches Bild. Da jenes Volk Sieg und Namen der- einst dem Wodan verdankt hatte, liegt nahe, diese Schlange als Wodanszeichen zu deuten. Die cehthonische Bedeutung der Schlange im deutschen Volks- glauben erhellt noch aus der verbreiteten Vorstellung, dass in der Erde unter dem Wohnhause die Geister des Ahnenpaars der Familie in Schlangengestalt sich aufhalten. Wir dürfen sie zu Wodan, dem Erd- und Seelengott in Verbindung bringen. Wenn die aus Hunderten von Sagen bekannte weisse Berg- und Burgjungfrau bei dem Versuche der Erlösung durch einen Mann in dem entscheidenden Augenblick stets als Schlange erscheint, so ent- springt dies daraus, dass sie eine Unterirdische geworden ist, welche für das Leben im Licht wiedergewonnen werden soll. Wenn wir alles Erwähnte zusammennehmen, so wird es hin- reichen, Wodan-Odin als Herrn der Unterwelt, der Nacht, des Todes zu erkennen. Mit seiner ehthonischen Natur hängt auch seine Be- deutung als Erntegott in Saatfeld und Wiese zusammen. Denn nicht bloss die himmlischen oberen Gottheiten, auch die Erdgottheiten mussten der götterbildenden Zeit als Urheber des Wachsthums der Ptlanzenwelt, der Erdentsprossenen, erscheinen. So steht also Wodan durch seine Grundeigenschaften den Wanen feindlich gegenüber. Mit den Geistern der Nacht bekämpft er die Sonnengötter, mit den Geistern des Todes die Mächte des Lebens, die Unterirdischen bekriegen die Himmlischen. Erst als Wodan an die Spitze der Ansen gekommen war, sind die Ansen in diesem Mythus an Stelle des Wodanheers (des Nacht- gejaids, der wilden Jagd, des wüthenden Heeres) gestellt und der uralte Streit von Nacht und Tag zum Krieg der Ansen und Wanen gemacht worden. Jetzt werden wir auch die Verse der Voluspa (21) verstehen: Gollveigo geirom studdo ok i hello Häars hana brendo, Prysvar brendo prisvar borna. Es ist die Verfolgung der Sonnengöttin durch den gerschwingenden Wodan gemeint. In seine Halle, d. i. die Unterwelt, durch ihn ge- trieben, wird sie von den Gerwürfen und -stichen und dem unter- irdischen Feuer scheinbar getödtet, aber trotzdem wird sie immer wieder geboren." ! In der Volksüberlieferung von Northamptonshire in England heisst es, dass in den Wäldern von Whittlebury der Geist eines Ritters, der sich aus unglücklicher Weısnorp: Über den Mytlus vom Wanenkrieg. 625 Nach den deutschen Volkssagen zerreisst der wilde Jäger die Frau oder die Thiere, die er jagt. In. dem Sang der Wala ist der Tödtung der Sonnenfrau eine nordische Formulirung gegeben. Das thatsächliche des Mythus ist dem gesammten germanischen Glauben gemein gewesen, wie es auch der Mythus vom Wanenkrieg gewesen sein muss, der aus der Gegnerschaft der chthonischen und himm- lischen Mächte entsprungen ist. Überliefert ist dieser Mythus schriftlich nur aus dem Norden. Er ist hier in Zusammenhang gekommen mit der Einwanderung der Wodansreligion, die mit der Wanenreligion zusammenstiess. Wenn diese Einwanderungen geschehen sind, hüllt sich in Dunkel. Wodans Wesen war, wie wir mehrmals betont haben, in Deutschland längst fertig und brauchte sich nicht erst in Skandinavien zum fürst- lichen, diehterischen, siegreichen O’Pinn zu entwickeln. Die geschicht- lichen Verhältnisse des deutschen Heidenthums sprechen dafür, dass die Wodansreligion geraume Zeit vor 8oo über Sachsen in den Norden einzog. Dafür das Jahr 600 etwa anzusetzen, wie geschehen ist, bleibt Muthmaassung.' Liebe tödtete, die spröde Jungfrau,, die Ursache seines Selbstmordes, mit seinen Hunden jage. Er tödte sie täglich, aber täglich lebe sie wieder auf, um aufs Neue getödtet zu werden: Tu. SrErnBErG, The dialeet and folklore of Northamptonshire. S. ı42 ff. London ı851. \ Prof. J. Horrory hat in seinen Eddastudien 1,170 den in der Kragehuler Runen- inschrift vorkommenden Namen Asugisal, den er Ansengeisel übersetzt, für die Ge- schichte des Mythus vom Wanenkriege, der durch gegenseitige Geiselstellung der feindlichen Parteien beendet ward, zu verwerthen gesucht. Da die Inschrift in das 6. Jahrhundert gesetzt wird, schloss er, dass jener Mythus schon vor dem 7. Jahr- hundert in Skandinavien gebildet war. Allein der Name Ansegisal ist ı. auch deutsch und aus dem 7. 8. Jahrhundert für ‚Franken nachgewiesen; 2. ist Ansegisal nur Weiterbildung des einfachen Ansegis, das bei den Westfranken namentlich erscheint (Försvemany Namenbuch I, 106 f.). gis und gisal kommen in Namen häufig vor; die Bedeutung von gis ist dunkel; gisal ist wie es scheint deminuirende. Fortbildung davon. Es mit gisal (obses) zusammen- zulegen, machen die vielen Zusammensetzungen damit (Försremann verzeichnete 34 Na- men mit gisal im ersten, 49 mit gisal im zweiten Worttheil), die ganz sinnlos wären, wenn es Geisel bedeutete, unmöglich. Für den Wanenkriegsmythus also aus. jenem Namen auf dem Speerschaft von Kragehul auf Fünen eine geschichtliche Jahrsetzung zu entnehmen, verbietet sich. Ausgegeben am 19. Juni. Sitzungsberichte 1890. 56 Tora Me ET ER, 00, kn Al BR ZER r a ML IEEn B% [13 N « m LIE A \ 2 B wur mA 4% 2 y IR; h RAU ; wer 0 Po il ch sr i En ur a4 u Ka Mu j f m f ae LITE ENT RG [ Be; Jude F aba a: ni atrtehlerhr : Ba ah ar: eh wer 4 au Bi.) ! ad Y 4 er Pi} L y au Near ei BIRaNN n ii Bu DIE] FI= 76 ter ri 2 a Sa P B“ na Mu Bee 627 1890. XXX. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 12. Juni. Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. AuUwers. l. Hr. vox Sıemens las über das allgemeine Windsystem der Erde. 2. Hr. nu Bois-Reymonp setzte seine Mittheilungen über secundär- elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Ge- weben fort. 3. Hr. Ramnmeusgere liess eine Abhandlung über die chemische Natur der Turmaline vorlegen. 4. Hr. vu Boıs-Reymonp überreichte das mit Unterstützung der Akademie herausgegebene Werk des Hrn. Prof. @. Frrrsen: »Die elek- trischen Fische. Zweite Abtheilung. .Die Torpedineen«, und im Auf- trage des Verfassers das Werk des Hrn. Vıcror Farıo in Genf: »Faune des Vertebres de la Suisse. Vol.I. II—V.« Die beiden ersten Mittheilungen und ein Auszug aus der dritten folgen hier, die ausführliche Veröffentlichung der letzteren geschieht in den Abhandlungen. 56* 629 Über das allgemeine Windsystem der Erde. Von WERNER VON SIEMENS. Hr. Dr. A. Sprung hat im Maiheft der Meteorologischen Zeitschrift unter dem Titel: »Über die Theorien des allgemeinen Windsystems der Erde u. s. w.« eine vergleichende Kritik der in meiner Mittheilung an die Akademie vom 4. März 1886: »Über die Erhaltung der Kraft im Luftmeere der Erde« aufgestellten Berechnung der Richtung und Stärke der allgemeinen Luftströmung mit der älteren Ferrer’schen Theorie gebracht, welche mich zu einigen Bemerkungen veranlasst. Diese sollen nicht die, zum Theil ganz zutreffenden, Einwendungen des Hrn. Srrune gegen die strenge Gültigkeit meiner Rechnungs- resultate, sondern die Annahme zurückweisen, dass ich, in gleicher Weise wie Ferrer, den Versuch gemacht hätte: »auf theoretische Bereehnungen eine Theorie des allgemeinen Windsystems der Erde auf- zubauen«. Ganz abgesehen davon, dass ich mich in der mathema- tischen Technik dafür nicht stark genug fühle, halte .ich diesen Weg auch für durchaus ungeeignet. Ein so ausserordentlich eomplieirtes Problem, wie das des allgemeinen Windsystems, lässt sich unmöglich rückwärts auf Grund mathematischer Berechnungen construiren. Es fehlt dazu bisher die einfache, alle Erschemungen beherrschende Grundlage. Ich habe in meinen Betrachtungen »über die Erhaltung der Kraft im Luftmeere der Erde« zunächst versucht die Kräfte fest- zustellen, welche die Luftbewegung hervorrufen, erhalten und hemmen und demnächst gesucht die durch ihr Zusammenwirken verursachte allgemeine Luftbewegung nach Richtung und Grösse durch Reehnung zu bestimmen. Es ist daher nicht richtig, dass ich: »in gleicher Weise wie früher Frrrer, durch Rechnung einen Urzustand der atmo- sphaerischen Bewegung nachweisen wollte«, um denselben demnächst meinen weiteren Speculationen zu Grunde zu legen. Ebensowenig richtig ist es, dass ich bei meinen Rechnungen von der Hemmung der Luftbewegung durch Reibung ganz abgesehen hätte. Die von Hrn. Sprung sehr treffend als »Grundeireulation « bezeichnete meridionale Luftströmung, auf der meine Theorie des allgemeinen Windsystems begründet ist, beruht ja gerade auf dem Gleichgewicht zwischen der 630 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. Beschleunigung der Luft im aequatorialen Auftriebe in Folge der Über- hitzung der untersten Luftschichten der heissen Zone durch Sonnen- strahlung und den Kraftverlusten, welche die bewegte Luft auf ihrem Kreislaufe zu erleiden hat. Die Mischung der Luftmassen, welche ohne eine »Grundeireulation« mit der Geschwindigkeit der Erdoberfläche, auf welcher sie ruhen, rotiren müssten, ist durch dieselbe im Laufe der Jahrtausende erfolgt. Ich gebrauchte das mathematische Bild der plötzlichen reibungslosen Misehung der Luftschiehten aller Breiten nur, um diesen seit der Urzeit schon vorhandenen Bewegungszustand in einfacher Weise nach Riehtung und Grösse zu bestimmen. FERREL geht nicht, wie ich, von einer Grundeirculation aus, welche die mit ihrer Breitengeschwindigkeit rotirenden Luftschichten fortlaufend aus- tauscht und dadurch allmählig mischt, sondern lässt diese Mischung durch eine, nicht näher motivirte, reibungslose Verschiebung der rotirenden Luftringe verschiedener Breiten in meridionalem Sinne be- wirken. Es ist dies im Wesentlichen dieselbe Rechnungsgrundlage, wie die meinem Mischungsbilde zu Grunde liegende, und FerreL kommt daher auch zu demselben Rechnungsresultate, wie ich, soweit es die Richtung der Windströmungen betrifft. , Dagegen besteht eine wesent- liche Verschiedenheit in unseren Angaben über die relativen Wind- stärken nördlich und südlich der 35. Breitengrade. Der Annahme des Hrn. Srrunse, dass keine der beiden Theorien als vollkommen correct zu betrachten sei, pflichte ich vollständig bei. Ich habe die meinige nie anders als .eine erste Annäherung an die Wahrheit betrachtet. Ich habe in diesem Sinne auf die Rechnung complieirende Einflüsse, wie die nach den Polen hin abnehmende Temperatur und das nicht Zusammenfallen der Richtung der Centrifugalkraft mit der der Schwerkraft, ausser Betracht gelassen. Letztere Thatsache, deren Wirkung auch aus der Betrachtung hervorgeht, dass die in höherer Breite rotirende Luftmasse überall die Tendenz haben muss, sich in grössten Kreisen fortzubewegen, also dem Aequator zuzustreben, würde eine Abnahme des Luftdruckes mit Annäherung an die Pole be- wirken und müsste dadurch das Resultat der Mischungsrechnung wesentlich beeinträchtigen, wenn diese Tendenz nicht durch andere Kräfte, welche die entgegengesetzte Wirkung haben, compensirt würde. Es sind aber nicht diese, sondern andere Annahmen prineipieller Natur, welehe zwischen beiden Auffassungen einen sehr wesentlichen Unter- schied bedingen und die zu ganz abweichenden Resultaten führen. Einmal ist dies die Annahme Ferrer's, dass der sogenannte Flächen- satz in der Form der Erhaltung des Rotationsmomentes bei der Ver- schiebung der mit der Erdoberfläche rotirenden Luft im meridionalen Sinne zur Geltung käme. Ich kann dem nicht beipflichten, muss a von SIEMENS: Über das allgemeine Windsystem der Erde. 631 im Gegensatz entschieden bestreiten, dass die Erhaltung des Rotations- momentes bei der Luftbewegung Platz greift. Das der Astronomie entnommene Flächengesetz besagt, dass eine Masse, welche sich frei um eine andere bewegt, in gleichen Zeiten gleiche Flächen umschreibt. Es geschieht dies in Folge der Be- schleunigung der rotirenden Masse bei der Annäherung an den An- ziehungs-Mittelpunkt der feststehenden Masse und der Verzögerung der- selben bei eintretender Entfernung von demselben. Die durch Be- schleunigung erlangte grössere Geschwindigkeit hat die Beschreibung eines grösseren Bogens in der Zeiteinheit zur Folge und führt dadurch zum Flächengesetz. Nach Ferrer müsste nun eine in irgend einer Breite mit der Erdoberfläche rotirende Luftmenge bei einer Verschie- bung im, meridionalen Sinne nicht, wie ich es annahm, mit unver- änderter absoluter Geschwindigkeit, also unter Beibehaltung ihrer lebendigen Kraft, ihren Weg fortsetzen, sondern ihr Rotations- moment müsste constant bleiben — was einer bedeutenden Geschwin- digkeitsänderung entspricht. Damit das Rotationsmoment constant bleiben kann — was der Fall ist, wenn die lineare Geschwindigkeit des rotirenden Körpers sich derart ändert, dass in gleichen Zeiten gleiche Flächen von ihm umkreist werden -—— muss also eine bedeu- tende Arbeitskraft aufgewendet werden, um die Geschwindigkeits- änderung der trägen Luftmasse hervorzubringen. Es fehlt aber die Kraft gänzlich, welche diese Arbeit leisten könnte. Wenn man den Rotationsradius einer rotirenden festen Masse verkürzt, so muss die Kraft, welche die Verkürzung bewirkt, die Centrifugalkraft überwinden. Die Summe der Producete aller überwundenen Uentrifugalkräfte mit den zurückgelegten Wegen giebt die zur Beschleunigung der rotirenden Masse aufgewendete Arbeit und diese reicht gerade hin, um das Flächengesetz aufrecht, d.i. also hier das Rotationsmoment constant zu erhalten. Bei der Bewegung der. Luft auf der Erdoberflläche sind aber gar keine analogen Verhältnisse vorhanden. Auf der Erdober- fläche findet bei tangentialer Verschiebung keine Änderung der Schwerkraft und keine Beschleunigung der verschobenen Masse durch die Gravitation statt. Ebensowenig lässt sich erkennen, wodurch ein Druck benachbarter Luftschiehten auf die zu verschiebenden entstehen sollte, welcher die gewaltige Beschleunigungsarbeit, die die Erhaltung des Rotationsmomentes verlangt, zu leisten im Stande wäre! Eine Verschiebung der ganzen Luftmasse eines rotirenden Ringes in meri- dionalem Sinne ist übrigens gar nicht ausführbar, da der Rauminhalt eines solehen Ringes von gegebener Dicke sich mit dem Cosinus der Breite verändert. Es muss also bei einer polaren Verschiebung ein entsprechender Theil der Ringmasse zurückbleiben, bez. zum Aequator 632 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 12. Juni. & Dan zurückkehren. Aber auch für den wirklich in polarer Richtung ver- schobenen Theil des Luftringes ist gar kein physikalischer Grund zu finden, warum die Erhaltung des Rotationsmomentes bei den Luft- strömungen angenommen werden müsste. Es würde im Gegentheil diese Annalıme zu den grössten Widersprüchen und Discontinuitäten führen. Denn in dem angenommenen Urzustande, in welchem noclı keine meridionale Luftströmung stattfand, von dem FErRREL sowohl wie ich ausgegangen sind, rotirte die Luft jeder Breite mit der Ge- schwindigkeit des Bodens, auf dem sie ruhte. Die Geschwindigkeit der Luftmasse nahm ‘daher mit dem Cosinus der Breite ab. Dies Verhältniss hätte sich nun nach Ferren mit dem Eintritt meridio- naler Luftströmung nicht nur umkehren müssen, es hätte anstatt der Abnahme sogar eine Zunahme der Bewegungsgeschwindigkeit der Luft in noch weit höherem Verhältniss eintreten müssen, wenn das Rota- tionsmoment der Luft constant bleiben sollte. Warum dasselbe aber eonstant bleiben muss, und welche Kräfte dann diese gewaltige Ver- grösserung der in der rotirenden Luftmasse aufgespeichertsn lebendigen Kraft herbeiführen konnten, bleibt gleich unfasshar.' Auch mit einer anderen Annahmg Ferrer’s kann ich mich nicht einverstanden erklären. Es ist die, dass auf geneigten Flächen gleichen Luftdruckes ein Hinabgleiten der überlagernden Luftschichten statt- finden könnte. Au fisobaren geneigten Flächen findet eben so wenig wie auf Niveauflächen ein Antrieb zu tangentialer Verschiebung statt. Dass eine solche Verschiebung überhaupt nieht bestehen könnte, ergiebt sich auch schon aus der Betrachtung, dass ein niedergehender Luftstrom, falls er wirklieh einträte, sogleich eine Druckänderung herbeiführen, mithin das Druckgleichgewicht stören und sofort einen Rückstrom veranlassen müsste. Es folgt hieraus, dass eine stetig fortschreitende Erwärmung der Atmosphaere, wie sie in Wirklichkeit — von Störungen abgesehen — von den polaren Gegenden ab bis zum Aequator hin ! Ich muss/daher die Erklärung des Hrn. Dr. Sprung, »dass meine Annahme der constanten- Rotationsgeschwindigkeit der Luft derselbe, allerdings nahe liegende, Irr- thum wäre, welcher die ganze Haprey-Dove’sche Auffassung vom Einflusse der Erd- rotation auf die Luftbewegungen beherrschte«, entschieden zurückweisen. Hr. Dr. Sprung führt ganz mit Unrecht als Stütze für diesen Ausspruch die Abhandlung v. Heramorrz’s »Über atmosphaerische Bewegungen« an. v. Herumorrz hat in dieser mathematischen Untersuchung den hypothetischen Fall behandelt: »Wenn wir uns einen rotirenden Luftring denken, dessen Axe mit der Erdaxe zusammenfällt und der durch den Druck der benachbarten ähnlichen Ringe bald mehr nördlich, bald mehr südlich geschoben wird, so muss nach dem bekannten allgemeinen mechanischen Prineip das Rotations- moment constant bleiben«. Das ist ja unzweifelhaft richtig, da in diesem angenommenen Falle der Druck der benachbarten Ringe die Beschleunigungsarbeit leistet. Die vor- liegende Frage ist aber eben die, ob Kräfte nachzuweisen sind, welche diesen Ver- schiebungsdruck bewirken? tn von SIEMENS: Uber das allgemeine Windsystem der Erde. 633 stattfindet, noch keinen Grund für meridionale Luftströmungen bildet, wie auch Dovz es annahm. Es lassen sich durch eine solche ungleich erwärmte Atmosphaere in allen Höhenlagen isobare Flächen legen, die vom Aequator bis zu den Polen reichen und auf welchen keine freiwillige Luftbewegung eintreten kann. Trotz grosser Verdünnung oder »Auflockerung« der Luft durch die Wärme der aequatorialen Zonen würde die Atmosphaere daher in Ruhe bleiben, wenn keine Störung des indifferenten Gleichgewichtes in irgend einem Theile der- selben stattfände. Das indifferente Gleichgewicht mit der ihm zuge- hörigen adiabatischen Temperaturscala ist der wahre Zustand des Gleieligewichtes und der relativen Ruhe der Atmosphaere. Dasselbe besagt, dass abgesehen von aller Reibung — kein Arbeitsaufwand erfordert wird um eine Luftmasse aus einer Höhenlage in eine andere zu bringen das heisst also hier, dass die bei der arbeitenden Aus- dehnung der Luft verbrauchte Energie im Wärmeverluste derselben durch Abkühlung ihr Aequivalent findet und umgekehrt. Die all- gemeine Herrschaft des indifferenten Gleichgewichtes in der Atmo- sphaere ist daher der Zustand der relativen Ruhe desselben und jede Störung dieses Gleichgewichtgs tritt als Kraftansammlung auf mit der Tendenz, durch Luftbewegungen die Herrschaft des indifferenten Gleichgewichtes wieder herzustellen. Der Grund dieser Störungen ist ausschliesslich in der ungleichen Erwärmung der Luftschiehten durch die Sonnenstrahlen, so wie in der ungleichen Abkühlung derselben durch die Ausstrahlung der Wärme ins Weltall zu suchen. Die Sonnen- strahlen erwärmen vorzugsweise den Erdboden und durch ihn die ihm zunächst liegenden tieferen Luftschichten. Der hierdurch bewirkte Temperaturüberschuss über die adiabatische Bodentemperatur, welche der mittleren Erwärmung der ganzen überlagernden Luftsäule ent- spricht, bildet eine Ansammlung freier Energie, gleichsam eine gespannte Feder, welche sich nur dadurch wieder ausgleichen kann, dass das ge- störte indifferente Gleichgewicht durch Ausbreitung des vorhandenen Temperaturüberschusses der tiefsten Schichten auf sämmtliche über- lagernde Luftschichten bewirkt wird. Dies kann praktisch nur dureh Luftströmung geschehen. Bei localer Begrenzung der Überhitzung, wird sich irgendwo an local begünstigster Stelle eine Erhebung der überhitzten Luft herausbilden, welche dann an Höhe schnell zunimmt, da der Auftrieb proportional der Höhe des so gebildeten natürlichen Schornsteins wächst. Dieser Schornstein unterscheidet sich aber ausser seiner Höhe von den gebräuchlichen wesentlich dadurch, dass er elastische - Wände hat, und dass Druck und Dichtigkeit der Luftschiehten innerhalb wie ausserhalb derselben mit der Höhe ab- nimmt. Es muss also die Luftgeschwindigkeit während des Auf- 634 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. triebes im umgekehrten Verhältnisse der Dichtigkeit zunehmen, da ja in jedem Zeitabschnitte gleich viel Luftmasse dureh alle Quer- sehnitte des Schornsteins strömen muss. Da bei der geringen Höhe der Atmosphaere im Vergleich mit dem Erdradius keine in Betracht kommende Zunahme des Raumes mit der Höhe innerhalb der- selben stattfindet, so muss ganz allgemein die Geschwindigkeit der Luftströmungen beim Auf- und Niedergehen mit dem örtlich herr- schendem Luftdrucke zu- und abnehmen. Es wird daher auch beim Auftriebe der Luft ein grösserer Theil der in ihr angesammelten Sonnen - Energie in lebendige Kraft bewegter Luftmasse verwändelt, wie ohne eine solche Beschleunigung der Fall sein würde. Bei dem Auf- triebe local begrenzter, am Boden überhitzter Luft, wird das Endresultat ein localer Auftrieb mit beschleunigter Geschwindigkeit bis in die höheren und höchsten Luftregionen und gleichzeitig ein Niedergang der den Aufstrom umgebenden Luftschichten mit während des Nieder- ganges verminderter Geschwindigkeit und schliesslich eine Ausbrei- tung der das Gleichgewicht störenden Wärmeansammlung am Erd- boden auf sämmtliche überlagernde Luftschiehten unter Wiederher- stellung des gestörten indifferenten Gleichgewichtes dieses Theiles der Atmosphaere sein. Im Wesentlichen ebenso, aber in der äusseren Erscheinung ganz verschieden tritt diese Ausgleichung der Störung des indifferenten Gleichgewichtes durch Sonnenstrahlung auf, wenn sich die Überhitzung der dem Boden benachbarten Luftschichten auf ganze Erdzonen aus- dehnt. Dann kann der Auftrieb kein lokal begrenzter mehr sein, sondern er muss die ganze heisse Zone systematisch umfassen. Er kann auch nicht mehr zeitlich begrenzt sein, sondern der Ausgleich muss ebenso wie die Störungsursache unbegrenzt fortdauern. Es muss sich mithin ein die ganze Atmosphaere umfassendes Strömungssystem herausbilden, welches schliesslich die Aufgabe erfüllt, die Überhitzung der dem Boden benachbarten Luftschichten der heissen Zone conti- nuirlich der gesammten Atmosphaere in allen Höhenschichten und Breiten zuzuführen und dadurch das in der heissen Zone gestörte indifferente Gleichgewicht durch fortlaufende Luftströmungen wieder herzustellen. Wenn man unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich Strömungsbahnen nicht schneiden können, ferner des Umstandes, dass die Stromgeschwindigkeit eines aufsteigenden Stromes mit der Höhe, umgekehrt proportional dem daselbst herrschenden Luftdrucke, zunehmen muss, und endlich des Umstandes, dass die Luft die ein- mal erhaltene Geschwindigkeit so lange unverändert beibehalten muss, bis sie durch Reibung, Mischung oder Compressionsarbeit aufgezehrt ist, die möglichen Strömungsbahnen construirt, so gelangt man mit von Sırmens: Über das allgemeine Windsystem der Erde. 635 Nothwendigkeit zu dem von mir angenommenen Windsysteme, welches wesentlich auf dem Beharrungsvermögen der durch den aequatorialen Auftrieb in beschleunigte Bewegung gesetzten überhitzten Luft auf- gebaut ist. Dies Beharrungsvermögen treibt nicht nur die beschleunigt aufgestiegene Luft in den höheren Luftschiehten den Polen zu, es ist auch die Ursache der Rückkehr derselben in den niederen Luft- schichten zum Aequator. Es würde mich über den beschränkten Rahmen dieser Mitthei- lung hinausführen, wollte ich auf eine nähere Erörterung dieser Träg- heitswirkungen der Luftmasse, sowie auf den dieselben vielfach modi- fieirenden Einfluss des Wasserdampfes eingehen. Es sei mir aber gestattet, noch einige Worte über die Entstehung der grossen localen Kraftansammlungen, wie sie im maximum und minimum des Luftdrucks ihren Ausdruck finden, hinzuzufügen. Die Summe des Luftdrucks aller Theile der Erdoberfläche muss eine Constante sein, da diese Summe das Gewicht der unveränderlichen Gesammtmasse der Luft darstellt. Einer localen Verminderung des Luftdruckes muss daher nothwendig immer eine gleichzeitige Druckvermehrung an anderen Orten gegenüberstehen. Es ist offenbar unthunlich, die Ursache des Entstehens der maxima und minima in localen Zuständen der Atmo- sphaere zu suchen. Dieselben werden häufig durch das Barometer schon angekündigt, bevor irgend eine Veränderung in der Beschaffen- heit der Atmosphaere am Erdboden hervorgetreten ist. Nur pflegen häufig leichte Wolkenstriche eine eingetretene Änderung in den höheren Luftschichten zu verrathen. Ich habe daher auch schon in meinem Aufsatze »Über die Erhaltung der Kraft im Luftmeer der Erde« den Entstehungsgrund der maxima und minima in die oberen Luftschichten verlegt. In diesen finden fortwährende Änderungen der Temperatur und Bewegungsgeschwindigkeit der Luft statt, welche von dem Orte des Aufstieges der Luft, d. i. von ihrer Temperatur und ihrem Wassergehalte vor dem Aufstiege, herrühren. Wenn kein Wechsel der Jahreszeiten stattfände, so würde wahrscheinlich auch in den Strömungen der Luft in den höheren Schichten eine grosse Regelmässigkeit obwalten, die denn auch den Witterungs- verhältnissen eine gewisse Folgerichtigkeit geben würde, die bisher nicht zu erkennen ist. Wir können bisher nicht beurtheilen, woher die. Luft stammt, die auf irgend einer Stelle der Erdoberfläche augenblicklich in den höheren Luftschichten polwärts strömt. Von dem Orte des Aufstiegs und der Jahreszeit wird es aber abhängen, welche Temperatur und Geschwindigkeit diese Luft besitzt. Denn da der Wärmeverbrauch beim Aufstiege der Luft, also bei der arbeitenden Ausdehnung derselben, ganz vom Grade der eingetretenen 636 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. Verdünnung, also von der Höhe des Aufstiegs, abhängt, so wird bei warmer wie bei kalter Luft nahe dieselbe 'Temperaturverminderung stattfinden. Es muss also ein Wärmeüberschuss, den die Luft vor dem Auftriebe besitzt, der durch denselben verdünnten und abgekühlten Luft erhalten bleiben. Es müssen daher in allen Atmosphaerenhöhen Temperaturdifferenzen vom Betrage der auf der Erdoberfläche vor- handenen auftreten. Aus diesem Grunde wird im Allgemeinen der Zustand der Atmosphaere nicht der des labilen Gleichgewiehtes, sondern ein sogenannter stabiler sein, da die höheren Luftschichten wegen ihrer aequatorialen Provenienz durchschnittlich wärmer und leichter sein werden wie es die adiabatische 'Temperaturscala des Ortes verlangt, über welchem sie sich befinden. Je höher der Tem- peraturüberschuss der Luft vor ihrem Aufstiege war, und jemehr Wasserdampf sie dabei enthielt, desto grösser muss aber auch die Geschwindigkeit werden, welche sie. beim Aufstiege gewinnt. Es müssen also in den höheren Luftschichten der mittleren und höheren Breiten relativ warme und dadurch leichte Luftströme grosser Ge- schwindigkeit mit kälteren und langsamer strömenden abwechseln. Ein soleher Luftstrom relativ leichter und warmer Luft, welcher den oberen noch lufterfüllten Raum ganz oder theilweise einnimmt, stört nun aber seinerseits das indifferente Gleichgewicht der tiefer liegenden Luftschichten. An der Berührungsgrenze der Schichten muss die tiefere, relativ ruhige Luft unter zu grossem Drucke stehen. Sie muss sich also ausdehnen, und von der über sie schnell fortströmen- den leichteren Luft mit fortgerissen werden. Wie von HeLmHoLtz nachgewiesen hat, muss diese Fortführung unter Wellenbildung mit grosser Energie von Statten gehen. Die Folge muss also eine Aus- dehnung und Aufströmung der unteren Luftmenge sein, welche so lange fortdauern muss, bis das durch den Minderdruck der oberen Luftschichten gestörte indifferente Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Der umgekehrte Fall wird eintreten, wenn der Luftdruck der oberen Schichten sich durch Abkühlung und Anstauung in Folge der Verengung des Strombettes mit wachsender Breite über das ihrer Höhenlage zukommende Maass vergrössertt. Dann wird ein Hinab- sinken der Grenzschichten eintreten, wodurch eine Verdichtung der unteren Luftschichten mit entsprechender Druckvermehrung stattfindet. In beiden Fällen muss schliesslich das gestörte indifferente Gleich- gewicht dadurch wieder hergestellt werden, dass die unterhalb der Störungsquelle liegenden Luftschichten durch auf- oder niederwärts gehende Ströme soviel Luftmenge abgeben oder aufnehmen, bis der Zustand des indifferenten Gleichgewichtes in der ganzen Höhe der Atmosphaere wieder hergestellt ist. Um dies zu bewirken muss zu- voN SIEMENS: Über das allgemeine Windsystem der Erde. 637 nächst der Luftdruck der unteren Schichten so sich lange vergrössern oder vermindern, bis derselbe sich der Druckscala des indifferenten Gleichgewichtes der störenden oberen Luftschichten angepasst hat. Es heisst das, dass der Druck am Erdboden sich mit der Druck- “ änderung in der Höhe seinerseits proportional ändern muss — wodurch die überraschende Grösse der an der Erdoberfläche beobachteten Luft- druckänderungen ihre vollständige Erklärung findet. Diese Änderung des Zustandes der unteren Luftschichten wird auch nach diesem Aus- gleiche noch so lange fortdauern, als die Ursache der Störung in den oberen Luftschiehten andauert. Bis dahin müssen Luftdruck- minima mit aufsteigenden Luftströmen oder Luftdruckmaxima mit niedergehender Luftbewegung andauern ‘und die Atmosphaere in weiterer Umgebung in wirbelnde Bewegung setzen. Erst wenn die Luftströmung in den höheren Schichten der Atmosphaere wieder nor- male Verhältnisse angenommen hat, wird wieder mittlerer Barometer- stand und relative Luftruhe am Erdboden herrschen. Die Theorie des allgemeinen Windsystems lässt sich hiernach in folgenden Sätzen zusammenfassen. ı. Alle Luftbewegungen beruhen auf Störungen des indifferenten Gleichgewichtszustandes der Atmosphaere und erfüllen den Zweck der Wiederherstellung desselben. 2. Diese Störungen werden bewirkt: durch Überhitzung der’ dem Erdboden zunächst liegenden Luftschichten durch Sonnenstrahlung, durch unsymmetrische Abkühlung der höheren Luftschiehten durch Ausstrahlung und durch Anstauungen bewegter Luftmassen beim Auf- treten von Strömungshindernissen. 3. Die Störungen werden ausgeglichen durch aufsteigende Luft- strömungen, bei welchen eine derartige Beschleunigung eintritt, dass die Zunahme der Luftgeschwindigkeit der Abnahme des Luftdruckes proportional ist. 4. Den Aufströmungen entsprechen gleich grosse Niederströmun- gen, bei welchen eine der Beschleunigung beim Aufstrome entsprechende Verminderung der Luftgeschwindigkeit stattfindet. 5. Ist das Gebiet der eingetretenen Überhitzung der unteren Luftschichten ein örtlich begrenztes, so findet ein localer Aufstrom statt, der bis in die höchsten Luftregionen reicht und die Erscheinung von Wirbelsäulen mit im Innern spiralförmig aufsteigenden, ausserhalb in gleich gerichteten Spiralwindungen niedergehenden Luftströmen darbietet. Das Resultat dieser Wirbelströmungen ist Ausbreitung des Wärmeüberflusses der unteren Schichten, durch welche das adiabatische Gleichgewicht gestört wurde auf die ganze überlagernde Luftsäule, die an der Wirbelbewegung Theil nahm. 638 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. 6. Falls das Gebiet der Störung des indifferenten (oder adiabatischen) Gleichgewichtes sehr ausgedehnt ist, also z. B. die ganze heisse Zone umfasst, so kann die Temperaturausgleichung nicht mehr durch locale aufgehende Wirbelströmungen erfolgen. Es müssen sich denn Wirbel- strömungen bilden, welche die ganze Atmosphaere umfassen. Es gelten für dieselben, die für locale Wirbel aufgestellten Bedingungen des beschleunigten Aufstieges der Luft und des verzögerten Niederganges, derart, dass die durch Wärmearbeit entstandene Geschwindigkeit der Luftbewegung in den verschiedenen Höhenlagen annähernd dem dort herrschenden Luftdrucke umgekehrt proportional ist. 7. Da das ganze Luftmeer in Folge der stetigen durch Wärme- arbeit hervorgerufenen und erhaltenen meridionalen Strömung an- nähernd in allen Breiten mit derselben absoluten Geschwindigkeit rotiren muss, so combiniren sich die durch Überhitzung erzeugten meridionalen Strömungen mit den terrestrischen zu dem grossen, die ganze Erde umfassenden Luftströmungssysteme, welches den Zweck erfüllt, die ganze Atmosphaere an der überwiegenden Wärmezufuhr in der heissen Zone Theil nehmen zu lassen, aequatoriale Wärme und Feuchtigkeit den mittleren und höheren Breiten zuzuführen und die Entstehung der localen Luftströmungen der letzteren zu vermitteln. 8. Das letztere geschieht durch die Erzeugung von wechselnden localen Erhöhungen und Verminderungen des Luftdruckes durch Störung des indifferenten Gleichgewichtes in den höheren Schichten der Atmosphaere. 9. Minima und Maxima des Luftdruckes sind Folgen der Tempe- ratur und Geschwindigkeit der Luftströmungen in den höheren Schichten der Atmosphaere. Man kann hiernach als wesentlichste Aufgabe der Meteorologie die Erforschung der Ursachen und Folgen der Störungen des indiffe- renten Gleichgewichtes der Atmosphaere und als wichtigste Aufgabe der Wetterprognose die Erforschung der geographischen Herkunft der Luftströme betrachten, die auf ihren Wegen auf den Polen hier über uns fortziehen. 639 Über secundär-elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben. Von E. pu Boıs-Revymonv. Zweite Mittheilung. Erster Abschnitt. Von der inneren negativen Polarisation der Muskeln. (Fortsetzung. ') $. 7. Von der negativen Polarisation an Muskeln mit sehniger Scheidewand. ) etzt fragt es sich nämlich, was von den auf innere negative Polarisir- barkeit von mir gedeuteten Wirkungen zu halten sei, welche ich am Gracilis und Semimembranosus beschrieb, welche aber Hr. Hrrıne durch polare ‘Alterirung’ der Muskelsubstanz erklärt wissen will. Meine an diesen Muskeln gewonnenen Ergebnisse im Gestalt einer Tabelle mit doppeltem Eingange, in deren einem Kopfe wachsende Strom- stärken, in dem anderen wachsende Schliessungszeiten sich finden, bedeuten allerdings etwas Anderes als ich mir zur Zeit dachte, sind aber doch als ebenso viele Thatsachen nicht so wertlilos, wie Hr. Herıne meint, und da ich mich hier und da auf sie beziehen muss, werde ich sie gehörigen Ortes noch mittheilen. Die Reihe der damals angewendeten Stromstärken fängt an mit Einem Daniell, Einem Grove, zweien Grove, und .es zeigt sich die auffallende Erscheinung, dass das Maximum der negativen Polarisation unter allen versuchten Com- binationen von Stromstärken und Schliessungszeiten mit Einem Grove bei 10 Minuten Schliessungszeit erreicht wurde. Die Lage der Bussol- schneiden entsprach dabei der jetzt am Sartorius mit D bezeichneten. Jenes Maximum betrug 423“, während der Muskelstrom zwischen ! Der erste Theil dieser Zweiten Mittheilung findet sich im vorigen Jahrgange der Berichte, St. LIII vom 19. December, 2. Hlbbd. S. 1131 fl., und wird im Folgenden alsallen. 14S. ..... angeführt. 640 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. natürlichem Längs- und künstlichem Querschnitt unter sonst gleichen Umständen eine Ablenkung von im Mittel nur 260°“ gab. Da nun, nach einem ungefähren Überschlage,' die Dichte des polarisirenden Stromes im Querschnitt des Muskelpaares mit nur Einem Grove be- deutend kleiner sein muss als mit zehn Grove in dem zwölfmal kleineren Querschnitt des Sartorius, so war schon hiernach klar, dass das Muskelpaar ungleich empfänglicher für negative Polarisation sich zeigt als der Sartorius und natürlich auch als andere regel- mässige monomere Muskeln. Dies stimmt mit der älteren, aller- dings nicht mehr ganz eindeutigen Erfahrung, dass der mit zwei Punkten des natürlichen Längsschnittes oder mit zwei künstlichen Querschnitten aufliegende Gracilis merkliche negative Polarisation an- nimmt durch einen mittels des Compensators hindurchgesandten Strom- zweig von der Stärke des Muskelstromes, und: unstreitig durch seinen eigenen Strom.” Die gleiche Überlegenheit gab sich aber auch kund, als ich das nicht entnervte Muskelpaar derselben Versuchsweise nach dem Messungssysteme B (I. ı. 7. S. 1148. 1149) unterwarf, wie im Vorigen den Sartorius, aber statt mit zehn, mit nur Einem Grove. Graeilis und Semimembranosus, nicht | Nach ı0’ nochmals durchgemessen. entnervt. © de dm dp D ° de dm dy D 464 1 5 A107 A 58 4 63 M Kı23 428 476 175 140 r 120° ce I 10’ (173) | a y24 x 84 y 80 Y 52 Y193 Y 18 Y133 Y 93 yı 138 1295 P3; —88 —ı43 —ı87 —ı10 —256 IR) og Suse Man findet Nach ı0’ nochmals durchgemessen. 1% 23 3. Ra lern sn Ah; ee I 6 9 146 ’ u gr 2 EN ne, Pu = \-ıSı |- 178 |—.147 11550167) EN 350 ae Fı1g Fı1o2 1165 Am 210 Pr —ı33 —ı65 —ı98 —ı64 — 356 Die folgenden Versuche sind am entnervten Graeilis allein an- gestellt, der erste nach dem System A, der zweite wieder nach dem ! Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 705. — Ist @ die elektromotorische Kraft und ı der Widerstand eines Grove, w er übrige Widerstand des Säulenkreises bis zur interpolaren Strecke von der Länge Z, dem specifischen Widerstande & und dem Querschnitt q, so hat man die Ungleichheit 106 % 2. @G e% AN 2 | (Wrrow + 2)” (w+ o+- —— \ı2q Die linke Seite, welche die Dichte im Sartorius vor. st, ist wegen grösseren Zählers und kleineren Nenners die grössere. j ?2 Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. I. S. 191. 192. I ng re : | E.pu Boıs-Reynonp : Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 641 System DB. Die Säulenschneiden lagen der äusseren, die Bussol- schneiden der inneren, femoralen Fläche des Muskels an. Doch ist dies von keinem deutlichen Einfluss auf den Erfolg. Die Empfind- lichkeit der Bussole für den polarisirenden Strom war im zweiten Versuche kleiner als im ersten. _ Graciles. I I. % Ime Im Imp %p ° de dn dp D M 109 N 21,1 50 4 76 \14 M | 2, 128 IN 1 19%. 14 T A 10' (108) 1 Tıs' (38) Y144° ) 37 YSı 49 13 Too A 92 Arg4 Fıı8 A229 PL —35 —58 —ı3ı —ı25 +17 Pı —ıı2 —ı20 —ı98 — 99 —243 Tr N Y 15’ (108) 12@ (40) y52 #12 #gı Fa9 He f24 497 143, Yua3_ )235 PR—-92 —g9 —ı72 —98 —ı9 Pı — 76 —ı89 —337 —261 —464 A SEN \ 15’ (109) y20' (43) Yı22 a; 8 os l\ito | 4102 1 80 N 19 iz PR—-70 — 29 —ı6 —ı5 —41 | P5,— 78 —ı77 —234 —240 —406 Tıscım) Kuda Y 52 tıo3 Aızo 846 446 A48° )01 Jıoz ‘| 80 Jı68 eo ro a is 65 © Ba iz ing 177 —339 y | 115’ (119) | Es ergiebt sich: | Yı35 R 9 Y 28 yıı2 MT | a Apr a a 4- ö P—- 83 —-9 198. 158 —=gı || | ee ec > 3 2 3 9 z a 139 — 202 |— 07 — 181 | D = 7 243 1— 4649 — 406 | — 339 Wie man sieht, spricht sich in den beiden Versuchen nach dem System B das Gesetz der mit dem Abstand der Bussolschneiden wachsenden Wirkungen so entschieden aus wie möglich, und täuscht im Verein mit dem Erfolg beim System A bis auf Weiteres innere negative Polarisirbarkeit der Muskelbündel vor. Zwischen natürlichem Längs- und- thermischem Querschnitt des Muskelpaares erhielt ich 2350— 275°" Potentialunterschied. Die nega- tive Polarisation übertrifft also hier bei weitem die Muskelstromkraft, und die Wirkungen sind erheblich stärker als am Sartorius mit zehn Grove, vollends als an diesem Muskel mit nur Einem Grove, da, wie bemerkt, der Sartorius bei meiner Versuchsweise meist erst bei drei Grove und 5 Schliessungszeit sichere Zeichen innerer negativer Polari- sation giebt. 1 Sitzungsberichte 1890. 5 642 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. Mit zehn Grove fällt nach meinen älteren Erfahrungen die nega- tive Polarisation am Muskelpaare schwächer aus als mit Einem Grove, schwächer sogar als die Muskelstromkraft.‘. Auf‘ diesen Umstand wird später zurückgekommen werden, zunächst handelt es sich darum, den Grund des ersteren Verhaltens, der stärkeren Polarisation des Muskelpaares und des Graeilis im Vergleich zum Sartorius bei Durch- strömung mit nur Einem Grove, wo möglich aufzudecken. $. 8. Die elektromotorische Wirkung der sehnigen Scheidewand im micht polariısirten Gracilis. Natürlich ist nicht daran zu denken, dass die Muskelbündel des Gracilis und Semimembranosus in ihrem Verlaufe stärker innerlich nega- tiv polarisirbar seien, als die des Sartorius. Bei der geringeren Dichte des polarisirenden Stromes werden sie an den beobachteten Wirkungen sogar nur einen sehr kleinen Antheil gehabt haben. Sondern Sitz und Grund der starken negativen Polarisirbarkeit des Muskelpaares und des Gracilis ist unstreitig zu suchen in den sehnigen Scheide- wänden, welche nach meiner Beschreibung den Gracilis ganz, den Semimembranosus zum Theil schräg durchsetzen. Ich gab zugleich an, dass die Muskelbündel an den Scheide- wänden die von mir sogenannte facettenförmige Endigung zeigen, wesentlich wie die Bündel der Myokommata an den Ligg. intermus- cularia der Seitenrumpfmuskeln der Fische. Die schrägen natürlichen “uerschnitte, mit welchen die obere und die untere Abtheilung des Gracilis in der Inscription aneinanderstossen, müssen der Sitz von Neigungsströmen sein, welche aber bei gleicher Parelektronomie der beiden Querschnitte einander aufheben, wie dies aus der Theorie und aus den Versuchen an Muskelrhomben sich ergiebt.” Dass sie für gewöhnlich es wirklich thun, folgt daraus, dass gerade am Graeilis das Gesetz des Muskelstromes bei natürlichem sowohl wie bei künst- lichem, senkrechtem und auch schrägem Querschnitt am sichersten und reinsten sich darstellt.” Weil in so zahlreichen Versuchen über den Muskelstrom am Gracilis die Inscription keine augenfälligen Störungen verursachte, wurde eben meine Aufmerksamkeit so wenig auf diese Struetur gelenkt. Jetzt aber ist hier eine Lücke auszufüllen. Es erscheint unerlässlich, sich zunächst einmal um das elektromo- torische Verhalten der Inseription im natürlichen Zustande des Muskels zu kümmern, ehe ihre Rolle bei seiner Polarisation näher erforscht wird. ! Vergl. die Erste Mittheilung in diesen Berichten 1883. ı. Hlbbd. S. 355. ?2 Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. II. S. 127 ff. ®benda, S. 50, 57. *127, 128. 576. E. vu Bors-Reymonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 643 Es hält nicht schwer die elektromotorische Oberfläche (im Hernnorrz’schen Sinne)! des Graeilis, soweit sie dureh die Inseription bestimmt wird, für verschiedene Zustände der in der Inseription zusammentreffenden natürlichen Quersehnitte zu entwerfen. Bei völlig gleicher Parelektronomie dieser Quersehnitte wäre, wie gesagt, kein Neigungsstrom zugegen. Ist die Parelektronomie nur gering, so wird sich ein Punkt der Inseription negativ verhalten gegen einen darüber oder darunter gelegenen Längssehnittspunkt, ‚beispielsweise in Fig. 4, Fig. 4. welche die Aussenfläche des rechten Gracilis darstellt, der Punkt ce. gegen die Punkte d, e,f,g. Bei höherer Parelektronomie ver- schwindet der Potentialunterschied, bei noch höherer kehrt er sich um. Ist die Parelektro- nomie der beiden Querschnitte ungleich, so verändern sich diese Wirkungen in leicht angebbarer Weise. Ausserdem aber gesellt sich dazu längs der Inseription ein Neigungsstrom im Sinne des minder parelektronomisehen Querschnittes. Ist beispielsweise der untere Quer- schnitt minder parelektronomisch, so wird Punkt b gegen a positiv, die Gegend b gegen die a wie eine stumpfe gegen eine spitze Rhombus- ecke sich verhalten. Ich ging nun daran, diese Schlüsse in der Erfahrung zu prüfen, indem ich die elektromotorische Oberfläche des Graeilis mit den Thon- spitzen der unpolarisirbaren Röhrenelektroden absuchte. Wegen des verwickelten Verlaufes der Inscription an der Innenfläche hielt ich mich an die Aussenfläche des Muskels. Ich kann nicht sagen, dass ich guten Erfolg hatte. Dann und wann zwar zeigt sich ein Punkt der Inseription negativ oder positiv gegen einen darüber wie gegen einen darunter gelegenen Längsschnittspunkt. Ebenso oft aber verhält er sich negativ gegen einen darüber, positiv gegen einen darunter gelegenen Längsschnittspunkt, oder auch umgekehrt, was soviel heisst, wie dass im Muskel aus anderen Gründen zufällig der entsprechende Potentialunterschied herrscht, den es denn auch gelingt, mit den Spitzen in Lagen nachzuweisen, bei welchen sie, wie in df, eg, die Inseription zwischen sich fassen. Der Inseription entlang erhält man Ströme bald im einen, bald im anderen Sinne, ohne die Möglichkeit, sie auf die verschiedenen Parelektronomie der beiden Muskelabthei- lungen zu beziehen. Alle diese Wirkungen sind sehr schwach, oft nur von gleicher Ordnung mit den Ungleichartigkeiten der Thon- spitzen und dann schwer von deren Schwankungen zu unterscheiden. Mit der Innentläche des Gracilis, mit dem Semimembranosus ist vollends ! Pocsenporrr’s Annalen u. s. w. 1853. Bd. LXXMIX. S. 2ıı. 644 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. hier nichts anzufangen. Übrigens habe ich diese Versuche bisher nur an Winterfröschen angestellt, und es ist nicht undenkbar, dass sie an Sommerfröschen besser gelängen. Unter den jetzigen Umständen musste ich auf die Ausführung eines Versuchsplanes verzichten, der sich darbot und in mehrfacher Hinsicht anzog: nämlich den Neigungs- strom der Inscription dadurch zu verstärken, dass nur die eine Muskel- abtheilung tetanisirt und durch die darin stattfindende Nachwirkung der negativen Schwankung die Oberhand der anderen Abtheilung ver- schafft würde. 8.9. Muthmaassliche Rolle der sehnigen Scheidewand hei der Polarisation. Was nun die Bedeutung der Inscription bei der Polarisation betrifft, so scheint es zunächst, als lasse sieh über die Art, wie ein den Muskel axial durchtliessender Strom sieh durch die Inseription bewegen werde, Folgendes festsetzen. Bei dem jedenfalls nur geringen Unterschiede zwischen der Leitungsfähigkeit von Muskel und Sehne können wir von der Brechung des Stromes in der Scheidewand nach dem Kırcennorr’schen Gesetze! füglich absehen. Ohnehin wird die Brechung beim Austritt die beim Eintritt, wenn auch nicht so voll- kommen wie beim Durchgang des Lichtes durch ein planparallel be- grenztes Mittel, doch wohl zum Theil aufheben, und bei der geringen Dicke der Scheidewand kann die seitliche Verschiebung nur unmerklich sein. Mit Einem Wort, der Strom wird so gut wie unentwegt und in unverminderter Diehte die Scheidewand in lauter den Bündeln parallelen Fäden überschreiten, und am einfachsten erscheint die vor- läufige Annahıme, dass jeder Stromfaden in dem von ihm durchdrun- genen Flächenelement der Scheidewand eine ihm entgegengerichtete axiale elektromotorische Kraft erzeugt. Dass die Scheidewand im Graeilis negativ polarisirbar sei, ist leicht zu beweisen, indem man eine Anordnung trifft, welche die Inseription im Wesentlichen nachahmt. Eine Sehnenhaut geeignet, die Scheidewand vorzustellen, findet sich in der bandartig breiten Patellarsehne des Triceps femoris vom Frosch. Diese klemmte ich in einen queren Schlitz eines den Muskel vorstellenden Thonphantoms ein. Mit einem wirklichen Muskel lässt der Versuch sich nieht aus- führen, theils weil trotz allen Vorkehrungen die beiden Muskelstümpfe sich zurückziehen und einen unregelmässig klaffenden Spalt bilden, theils aus einem anderen Grunde, welcher erst später zur Sprache ! Possrnporrr's Annalen u. s. w. 1845. Bd. LXIV.S. 500. Anm. 2 m &. pu Boıs-Reyvonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr, Geweben. 645 kommen kann (s. unten, $. 16). Dagegen mit dem Thonphantom des Muskels gelingt der Versuch gut genug. Man braucht dazu keine Säulenschneiden, sondern bringt einfach ein Stück Thonstengel von der rundlichen in Fig. ı der Mittheilung II. ı. 7 sichtbaren Form mit seinen Enden zwischen die nackten Säulenbäusche und legt ihm die Bussol- schneiden an. Nachdem man sich von der ursprünglichen Unwirk- samkeit der Anordnung überhaupt überzeugt hat, schiekt man den Strom Eines Grove 10’ lang durch den Thonstengel, und verzeichnet den sehr geringen Betrag der dem Thone selbst angehörigen inneren negativen Polarisation. Dann schneidet man den Stengel mitten durch und klemmt die Patellarsehne ein. Nun erhält man schon bei kürzerer Dauer des polarisirenden Stromes stärkere negative Polarisation, welche von nichts herrühren kann, als von der Sehne, aber doch nicht entfernt von solcher Stärke, dass man die Wirkungen am Graeilis ohne Weiteres dadurch erklären könnte. Ich wollte wissen, ob vielleicht durch die schräge Richtung der Inseription ihre stärkere Polarisirbarkeit bedingt sei. Ich wiederholte also den vorigen Versuch mit dem Unterschiede, .dass ich in ein hin- reichend langes Stück Thonstengel die beiden Patellarsehnen desselben Frosches hintereinander einklemmte. aber die eine senkrecht, die andere unter einem möglichst spitzen Winkel. Nachdem nunmehr derselbe Strom, des vermehrten Widerstandes halber jetzt von zweien Grove ausgehend, gleich lange und in gleicher Richtung in Bezug auf Aussen- und Innenfläche die beiden Sehnen durehflossen hatte, wurden die Bussolschneiden dem Thonstengel abwechselnd so an- gelegt, dass sie bald die senkrecht, bald die schräg eingefügte Sehne zwischen sich fassten. Es zeigte sich das Gegentheil von dem Ge- suehten; die Polarisation der senkrechten Sehne überwog stets bei weitem die der schrägen, auch wenn diese zuerst abgeleitet wurde, obschon alsdann die Wirkung der senkreehten Sehne durch die schnell vor sich gehende Depolarisation merklich gesunken sein musste. In dem nachstehenden Beispiele geben die Ordnungszahlen die Zeitfolge der Prüfungen an, die zusammen nicht viel über zwei Minuten dauerten. i Mittels der PosseEnvorrr schen Umschaltung Patellarsehne. a 5 r . B RR (s.unten 8.15) hätte dem V a noch Su bessere De oe 2) — Auer Gestalt gegeben werden können, der Erfolg war 3)— 13 4)-—33 aber auch bei diesem Verfahren so schlagend und 5) — 11 6) — 27 Az) 8) — 22 beständig, dass es mir überflüssig schien, noch mehr Zeit und Mühe daran zu wenden. Lassen wir die Frage, in welcher Art die Scheidewand bei der Polarisation betheiligt sei, für jetzt auf sich beruhen, und unter- suchen wir, ob die am Graecilis wahrgenommene Vertheilung der 646 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. Polarisation aus der obigen Vorstellung sich herleiten lasse, wonach in jedem Flächenelement der Inscription eine axial gerichtete Gegen- kraft entsteht. Dies ist nieht so leicht zu entscheiden, wie es beim ersten Anblick scheinen möchte. Um darüber in’s Klare zu kommen, muss zuerst ein einfacherer Fall behandelt werden, als der sehr ver- wiekelte der Inseription am Graeilis. Fig. 5 stelle die breite Seite eines dünnen, rectangulären, leitenden Prisma’s vor, welches von einer polarisirbaren Scheidewand schräg durchsetzt ist, die in der Figur nur in ihrer Projeetion zwischen + und erscheint. Diese Scheidewand sei durch einen im Prisma fliessenden Strom, von der Richtung, welche der Pfeil mit dem Haken anzeigt, polarisirt worden, so dass nach unserer Annahme jedes Flächenelement der Sitz einer der Axe des Prisma’s parallelen, um- gekehrt gerichteten Kraft geworden ist. Auf eine solche Anordnung passt die Art, wie ich die Wirkung des schrägen Muskelquerschnittes und die Entstehung der Neigungsströme erläuterte. Die axial gerich- teten Kräfte zerlegen wir, wie die Figur zeigt, in zwei Componenten, die eine parallel der Scheidewand, die andere senkrecht darauf. Übrigens wird in jeder den Seitenflächen des Prisma’s parallelen Ebene derselbe Vorgang stattfinden, so dass wir für unseren Zweck uns an dasjenige halten können, was in der uns zugewendeten Seiten- fläche vorgeht. Wird das Prisma an beiden Enden isolirt gedacht, wie der Muskel bei doppelt geöffnetem Säulenkreise und abgerückten Bussolschneiden, so erzeugen die senkrechten Componenten keinen Strom, sondern setzen nur zwischen den Strecken dies- und jenseit der Scheidewand einen über die ganze Oberfläche des Prisma’s gleichmässig verbreiteten Potentialunterschied. Wird das Prisma zwischen seinen Enden zum Kreise geschlossen, so entsteht ein Strom im Sinne negativer Pola- risation, welchem zwar nur eine geringe elektromotorische Kraft zu Grunde liegt, welcher aber auch in der Scheidewand selber nur auf einen geringen Widerstand trifft. x E. pu Boıs-Reymoxp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 647 Die der Scheidewand parallelen Componenten dagegen steigern säulenartig ihre Wirkung; die Scheidewand ist dadurch gleichsam in eine aus sehr zahlreichen, sehr kleinen Gliedern bestehende band- förmige Säule von grosser elektromotorischer Kraft, aber auch sehr grossem wesentlichen Widerstande verwandelt, deren linearen Pole in der oberen und unteren Fläche des Prisma’s liegen, und in den Punkten + und — in Projeetion erscheinen. Denkt man sich die bandförmige Säule bis auf diese ihre linearen Pole isolirt, so würde sich von ihrem + Pole zu ihrem Pole eine im Rohen leicht zu eonstruirende Strömung durch die Masse des Prisma’s ergiessen. Denkt man sich die isolirende Hülle entfernt, so werden Stromeurven die Oberfläche der Säule schneiden. Das genaue Gesetz dieser Curven anzugeben, wäre eine sehr schwierige Aufgabe. Glücklicherweise be- dürfen wir deren strenger Lösung zu unserem gegenwärtigen Vorhaben nicht. Es genügt die Einsicht, dass die so zu Stande kommende Strömung sich von der in der Figur angedeuteten nicht wesentlich unterscheiden könne, wo die ausgezogenen Curven die iso@lektrischen, die gestrichelten die Stromeurven vorstellen. Jetzt fragt es sich, was beim Anlegen der Bussolschneiden an die Seite des Prisma’s geschehen werde. Die Breite dieser Seite setzen wir der Länge der Schneiden gleich, und legen letztere senkrecht zur Axe an. In der Figur sind die Säulensehneiden durch starke Doppel- linien vorgestellt. Den Erfolg zu beurtheilen dient wieder das Hrrn- uorzzsche Princip der elektromotorischen Obertläche in Verbindung mit dem der Superposition der Ströme. Danach bleiben bekanntlich in dem körperlichen Leiter, der elektromotorische Wirkungen in sieh birgt, die vor dem Anlegen der Bussolenden vorhandenen Stromeurven bestehen, setzen sich aber nach dem Parallelepiped der Kräfte zu- sammen mit den Curven der neuen Strömung, welche die leitende Masse von den Bussolenden her so durchdringt, als würde sie irgendwo im Bussolkreise erzeugt durch eine elektromotorische Kraft gleich dem Potentialunterschied der von den Enden berührten Punkte. Wird der Strom im Bussolkreise compensirt, was unsere gewöhnliche Beobach- tungsweise ist, so bleiben die Stromeurven in dem körperlichen Leiter ungestört. und die zum Compensiren aufgewendete- Kraft misst den Potentialunterschied der abgeleiteten Punkte der elektromotorischen Oberfläche. Bei Anwendung dieser Sätze hätte es keine Schwierigkeit hin- reichend genau für unseren Zweck anzugeben, welche Wirkung beim Anlegen punktförmiger Elektroden, wie der Thonspitzen der unpolarisir- baren Röhrenelektroden, an verschiedenen Punkten der Oberfläche des Prisma’s man erhalten würde. Misslicher gestaltet sich die Aufgabe, 648 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. wenn es um Ableitung durch die linearen Schneiden sich handelt. Alsdann ist es nöthig, die mittlere Spannung der Schneiden zu kennen, nämlich die Spannung, welche jede Schneide dadurch an- nimmt, dass sie eine ganze Schaar von iso@lektrischen Curven an der elektromotorischen Oberfläche berührt." Da das Potential in den ver- schiedenen Curven verschiedenen Werth hat, wird in der Schneide selber, d h. in dem Thonstengel und dem Keilbausch, ‚eine Ausgleichung dieser Unterschiede stattfinden. Diesen Vorgang scharf und erschöpfend zu zergliedern, ist so gut wie unmöglich; doch scheint es wiederum, als lasse auch ohnedies Folgendes mit hinreichender Sicherheit sich erschliessen. Liegt eine Schneide dem Prisma so an, dass sie die Mitte der Scheidewand berührt, so wird ihre mittlere Spannung = Null sein. Rückt die Schneide auf den einen Pol der Scheidewand zu, so nimmt sie eine Spannung von dem Zeichen dieses Poles an, um so stärker, je näher dem Pole. Führen wir also von der Mitte der Scheidewand ausgehend die Schneiden symmetrisch auseinander, so wird die dem positiven Pole der Säule nähere Schneide gegen die dem negativen Pole nähere um so positiver sich verhalten, je grösser ihr Abstand von einander. In der Stellung der Schneiden S’ und 5” in der Figur, wo sie gerade die Pole der Säule berühren, wird ihr Potentialunter- schied am grössten sein. Wird dieser nicht ecompensirt, so fliesst im Bussolkreise ein Strom im Sinne negativer Polarisation, dessen Curven im Inneren des Prisma’s mit den dort schon bestehenden nach dem Parallelepiped der Kräfte sich zusammensetzen. Wenn die Schneiden irgendwo zwischen den Polen eine zur Mitte der Säule asymmetrische Stellung einnehmen, wird der Erfolg im Wesentlichen derselbe bleiben. Die dem positiven Pole nähere Schneide ist positiv gegen die dem negativen Pole nähere; die Polarisation erscheint negativ. Nun handelt es sich darum, was erfolgen werde, wenn die Schneiden ausserhalb der Pole liegen, und zwar erweist sich als das Vortheilhafteste, die mittlere Spannung der Schneiden bei den in Fig. 5 m S’ und S, S” und $, abgebildeten Lagen zu schätzen, wo die beiden Schneiden sich auf derselben Seite der Säule, ungleich weit von ihrem Pole befinden. Dazu scheint folgendes Verfahren dienen zu können. Auf die Länge der Schneide als Abseissenaxe ab trägt man die ihren verschiedenen Punkten entsprechenden Potentiale als Ordinaten auf, und verbindet die Köpfe der letzteren durch eine ' Auf den Begriff der mittleren Spannung nicht punktförmiger ableitender Elek- troden bin ich schon einmal bei meinen Untersuchungen über den Zitterwels geführt worden. Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. II. S. 636. E. ou Bors-Reymonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 649 Curve. Je grösser der so umschlossene Flächenraum, um so grösser ist die mittlere Ordinate, welche wir als Maass der mittleren Spannung annehmen dürfen. Indem man diese Construction für zwei verschiedene Lagen der Schneiden über derselben Abscisse ausführt, erfährt man also, in welcher Lage den Sehneiden die grössere mittlere Spannung zukommt. In Fig. 6 ist dies für die Lagen der Schnei- Fig. Ö. den in S’ und S dargestellt. Die beiden Grenz- ordinaten für die Lage S liegen nach der in der Fig. 4 gewählten Bezeichnungsweise einander nahe in der Mitte zwischen den iso@lektrischen Curven +3 und + 4; für die Lage S’ entspricht die höchste Ordinate dem Pole selbst, welcher in dieser Notation die Spannung + 6 hat; die niedrigste Ordinate liegt etwa in der Mitte zwischen den iso@lektrischen Curven + 2 und + 3. Der Unterschied der Flächenräume abced und abe f fällt sichtlich zu Gunsten von S’ aus; die dem positiven Pole nähere Schneide ist positiv gegen die entferntere. Der Unterschied der Flächenräume ist eine Function des Winkels, unter welchem die Scheidewand gegen die Axe des Prisma’s geneigt ist; er verschwindet mit der zur Scheidewand parallelen Componente, wenn dieser Winkel ein rechter wird; unter keinen Um- ständen scheint er negativ werden zu können. Dass er positiv ist, heisst nun aber so viel, wie dass die Polarisation hier die umgekehrte Riehtung habe von der zwischen den Polen; bei nieht eompensirtem Unterschiede wird der Strom im Bussolkreise positive Polarisation vortäuschen. Auf der negativen Seite gilt mit vertauschten Zeichen das Nämliche; auch hier wird der Schein positiver Polarisation ent- stehen. Die Pfeile in Fig. 5 zeigen demgemäss die Richtung des Stromes im Bussolkreise, wobei zu bemerken ist, dass man sie sich nieht an die obere Seite des Prisma’s angelegt zu denken hat, sondern an den Punkt mittlerer Spannung der Bussolschneiden. Es geht ferner daraus hervor, dass wenn die beiden Schneiden ausserhalb des Bereiches der Scheidewand sich befinden und diese zwischen sich fassen, ihre mittlere Spannung wohl noch in demselben Sinne sich unterscheiden wird, wie wenn sie im Bereich der Säule liegen, aber um eine geringere Grösse, als wenn sie die Pole be- rührten; mit anderen Worten, wenn die Schneiden bei symmetrischer Lage zum Nullpunkte über die Pole hinausrücken, wird ihr Potential- unterschied, anstatt weiter zu wachsen, vielmehr abnehmen. Zu diesen, den der Scheidewand parallelen Componenten ent- springenden secundären Wirkungen summirt sich nun noch die, welche 650 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. ‚Juni. von den auf die Scheidewand normalen Componenten ausgeht. Aus dem schon oben S. 646 darüber Festgestellten folgt aber, dass bei isolirtem Prisma und ausserhalb des Bereiches der Scheidewand auf deren einer Seite befindlichen Schneiden gar keine solehe Wirkung stattfinden werde, sondern nur, wenn die Schneiden die Scheidewand ganz, oder einen Theil davon zwischen sich fassen; und hier sieht man sofort ein, dass bei wachsendem Abstand der Schneiden über den Bereich der Scheidewand hinaus keine Steigerung des Potential- unterschiedes mehr möglich sei. $. 10. Vergleichung der theoretischen Ergelmisse mit der Erfahrung. Wir sind nun so weit, dass wir an den uns in Wirkliehkeit beschäftigenden Fall des Gracilis hinantreten können. In Fig. 6 sieht man eine schematische Anordnung, welche die Insceription am Graeilis treuer nachahmt als die in Fig. 5 dargestellte, sofern die polarisirbare Scheidewand in der Mitte gekniekt ist, so dass ihre beiden Hälften einen Winkel bilden wie die beiden Flächen eines spitzen Daches. Es ist leicht, sämmtliche obige Schlussfolgerungen auf dieses neue Schema zu übertragen, da es längs der die Axe CP’ einschliessenden, in der Figur wagerechten Fig. 7. Strömungsfläche in zwei Spiegelbilder spaltbar ist, deren jedes der Fig. 5 entspricht. Allerdings alımt auch das neue Sche- ma den sehr eigenartigen Verlauf der Scheidewand am Gracilis nur unvoll- ständig nach, jedoch hilft es uns einigermaassen beurtheilen. wie weit die Beobachtungen an diesem Muskel den theoretischen Erwartungen entsprechen, zu welchen dessen Bau nach den jetzt gewonnenen Ein- sichten uns berechtigt. Dies ist nicht in befriedigender Weise der Fall. Nach den oben S. 641 mitgetheilten Tabellen erhält man vom Graeilis sowohl mit den in kleinem Abstande wandernden, wie mit den in wachsendem Abstande symmetrisch angelegten Bussolschneiden Wirkungen in dem Sinne, als seien negativ elektromotorische Kräfte durch die ganze Länge des Muskels, auch über die Grenze der Inseription hinaus, zwischen diesen und den Säulenschneiden säulen- artig verbreitet. Im Bereiche der Inseription stimmt dies mit den E. ou Bors-Reymonp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 651 Forderungen der Theorie. Auch lässt sich vorhersehen, dass in den sehnigen Enden des Muskels, soweit sie vom polarisirenden Strome getroffen werden, Ähnliches vor sich gehen werde, wie in der sehnigen Scheidewand. Aber zwischen der Inseription und jenen Enden hätte nach unseren bisher gewonnenen Vorstellungen nichts sich kundgeben dürfen, als höchstens eine Spur innerer negativer Polarisation, obendrein noch geschwächt durch die von der In- seription aus dorthin sich verbreitende scheinbar positive Polarisation, und demgemäss auch beim Vergrössern des Abstandes der Schneiden über den Bereich der Inscription nicht weitere Verstärkung, sondern Schwächung des negativer Polarisation entsprechenden Potential- unterschiedes. Solchem Widerspruch zwischen Theorie und Erfahrung gegenüber war es geboten, den Thatbestand nochmals und schärfer zu prüfen, als in den obigen Versuchen, in welchen bei der Wahl der abgeleiteten Punkte noch nicht strenge Rücksicht auf die Inscription genommen worden war. Ich setzte mir also jetzt vor, mit 'Thonspitzen die elektromotorische Oberfläche des polarisirten, wie vorher die des Graeilis in seinem natürlichen Zustande abzusuchen. Der Muskel wurde so aufgestellt, dass er seine Aussenfläche nach oben kehrte, während von unten her als Säulenschneiden ihm Thonstengel den polarisirenden Strom zuführten. Die Thonspitzen berührten die in Fig. 4 mit d, e oder die mit /, 9 bezeichneten Punkte zwischen den Säulenschneiden und den oberen oder unteren Grenzen der Inserip- tion. Der nie ganz fehlende geringe Potentialunterschied wurde com- pensirt und verzeichnet, dann bei doppelt geöffnetem Bussolkreise der Strom Eines Grove ı5° hindurchgeleitet, endlich zur Beobach- tung der Polarisation mittels der Polarisationswippe der Säulenkreis doppelt geöffnet und der Bussolkreis doppelt geschlossen. So musste hier verfahren werden, weil mit den Spitzen, auch bei Bezeichnung der abzuleitenden Punkte mit Drachenblut, dieselben Punkte doch nicht genau genug wieder gefunden wurden, um sicher zu sein, dass eine beobachtete Veränderung des Potentialunterschiedes von Polarisation herrührte, und nicht von einer Veränderung des Muskel- stromes. Noch weniger ausführbar war es, am polarisirten Muskel die Spitzen umherzuführen, um die Polarisation zwischen verschiedenen Punkten zu ermitteln, da man dann gar nicht wusste, was vorher der Potentialunterschied zwischen den untersuchten Punkten gewesen war. Bei dem beschriebenen Verfahren gab sich nun, ganz wie in den früheren Versuchen mit den Schneiden (s. die Zahlen P, bis P, unter 6, und d, in der Tabelle I oben S. 641), negative Polarisation kund, beispielsweise — 137° in fg, — 78 in de bei aufsteigendem, 652 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. - 82 in fg, — 8ı in de bei absteigendem Strom. Mit der Inseription zwischen den Spitzen erfolgten freilich sehr viel stärkere Wirkungen, wie sich dies auch schon in der Tabelle zeigt, beispielsweise zwischen e und 9 — 324” bei auf-, — 299 bei absteigendem Strome; ebenso der Inseription entlang zwischen a und 5b bei aufsteigendem Strom einmal — 424, bei absteigendem — 322°. Immerhin bestätigt sich auch bei dieser Versuchsweise, dass die Strecke zwischen Inscription und Säulenschneiden in auffallendem Maasse negative Polarisation an- nimmt. Ohne über die Wirklichkeit dieser Polarisation, geschweige ihre Natur, schon jetzt etwas aussagen zu wollen, soll sie, um sie kurz bezeichnen zu können, die unächte innere Polarisation heissen. Wir werden dieser Erscheinung sogleich unsere volle Aufmerk- samkeit zuwenden. Zunächst bietet sich hier noch eine andere Frage dar, nämlich, ob nicht neben der neuen Polarisation, gleichsam dureh sie hindurch, die nach unseren Schlussfolgen von der Inscription her sich ausbreitenden Stromeurven doch vielleicht nachweisbar seien. Zwischen Punkten, welche der Länge des Muskels naclı auseinander- liegen, lässt sich dies nieht gut ausmachen, da der Potentialunterschied verschiedener Punkte der Curven sich dann nur durch algebraiscehe Summation mit den Potentialunterschieden wegen der unächten inneren Polarisation zu erkennen geben könnte. Nur in dem Falle wäre dabei ein entscheidendes Ergebniss zu erhoffen, dass der Potential- unterschied längs den Stromeurven von der Inseription her den wegen der unächten inneren Polarisation überträfe. Einmal habe ich dies wirklich gesehen. Für gewöhnlich findet man zwischen a, k und a, A, Fig. 4, sowohl bei auf- wie bei absteigendem Strome negative Pola- risation, jedoch, was schon auffällt, anfangs stets schwächer zwischen den beiden zuerst als zwischen den beiden zuletzt genannten Punkten, wie die folgende Tabelle I zeigt. Einmal aber fiel bei diesem Versuche die Polarisation zwischen a, k bei den drei ersten Sromwechseln sogar positiv aus (Tabelle II), was die Vorstellung erweckt, als sei in den anderen Versuchen die negative Polarisation zwischen a, k schwächer erschienen, weil positive Polarisation sich davon abzog. Dies erklärt sich auf keine andere Weise als mit Hinblick auf die in Fig. 7 schematisch dargestellten Stromeurven. Um nun aber auch den Potentialunterschied wegen dieser Curven frei von der Störung durch die unächte innere Polarisation aufzufassen, müssen die abzuleitenden Punkte in der Quere des Muskels gewählt werden, wie ke, el; hf, fm oder hg, gm in Fig. 4. Ich habe ziemlich viel Ver- suche der Art angestellt, leider mit geringem Frfolg. In dem gün- stigsten Falle, der mir vorkam, erhielt ich auf sechsmal vier richtige Ergebnisse. n 3 . 3 ; e a) E.pu Boıs-Reymonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 6553 Graciles. I I. ak kh ah ak ah M \ 18 \ 6 N 34 M \ 35 1 14 _ An T \ıo' I 10 N 48 N163 4139 ii 46 105 a 169 — 105 Pı +8ı —ıı9 113’ L 10’ Y 46 gu Y168 N 45 A252 Pa —94 — 194 — 307 Ba 357 Yı5’ 1 er 474 138 0 585 E32 + 20 390 Ts his ER MICHAEL RES NORER P,—284 — ı1ı — 208 Pı—147 — 57 Jetzt handelt es sich darum, was von der vorläufig so genannten unächten inneren Polarisation zu halten sei. Es ist klar, dass ehe wir uns in deren Dasein finden, die Unmöglichkeit auf das Bestimm- teste erwiesen sein muss, die Erscheinungen, welche uns zur Vor- stellung einer solchen Polarisation führten, durch die gewöhnliche innere negative Polarisation zu erklären. Dieser Beweis ist nicht leicht zu erbringen, so lange er um Schätzungen von Stromdiechte in Versuchen an zwei verschiedenen Muskeln sich dreht, wie Graeilis und Sartorius. Insbesondere wird es in hohem Grade wünschens- werth, an Stelle eines so verwickelten und in vieler Beziehung un- durehsichtigen Versuchsobjecetes wie der Graeilis, ein einfacheres und leichter beherrschbares zu setzen. Dazu ist der uns schon von früher her (s. D.1.7. S. 1146. 1154 ff.) bekannte Doppelsartorius geeignet. $. 11. Von der negativen Polarisation am Doppelsartorius. Der Doppelsartorius ist einem Muskel mit sehniger Scheidewand vergleichbar, sofern die Symphyse eine solche vorstellt, mit dem Unterschiede freilich, dass die Symphyse die Muskelmassen weiter von einander trennt, als die Inseription, dass sie nicht schräg, sondern mehr senkrecht sie durchsetzt, und dass die Muskelbündel nicht facettenförmig daran endigen. Aber gerade diese Umstände sind es, welche im Gegensatz zu den schwierigen Verhältnissen am Gracilis uns hier zu Statten kommen. 654 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. Fig. 8 zeigt die Stellungen, welche man den Bussolschneiden giebt, um den secundär-elektromotorischen Zustand des Doppelsarto- rius zu ermitteln. 878, sind wie gewöhnlich die Säulensehneiden. > ist die Symphyse, /3, 3? sind die Lagen der Bussolschneiden, bei welchen die eine Schneide der Symphyse, die andere dem Aequator eines der Muskeln anliegt. //,,?,A sind symmetrische Lagen der Bussol- schneiden am Längsschnitt jedes der beiden Muskeln. /,r, ist die Lage, bei welcher die Schneiden die Symphyse und die oberen natür- lichen Querschnitte beider Muskeln zwischen sich fassen, endlich © die Lage, bei welcher sie, jederseits in dem schmalen Raume zwischen den oberen Bündelenden und der Symphyse angelegt, nur letztere zwischen sich haben. Die scharfen Kanten der Bussolschneiden ge- statten dies hinreichend sicher zu thun. Von den übrigen in der Figur sichtbaren Lagen wird später die Rede sein. Ein einzelner Grove bringt durch den Doppelsartorius hindurch an der Bussole im Säulenkreise eine Ablenkung von nur 5“ hervor, 40°, also sieben- bis achtmal wenn er durch den Gracilis hindurch 35 stärkere Wirkung giebt. Da aber der Sartorius einen sechsmal kleineren Querschnitt hat als der Graeilis,' so wird die Stromdiehte im Graeilis und im Doppelsartorius nicht sehr verschieden ausfallen; und der Bruch I/q ist sogar für den Gracilis grösser als für den Doppelsartorius im Verhältniss von 37.5/6:5 oder von 6:5. Auf alle Fälle ist die Stromdichte mit nur Einem Grove im Doppelsartorius sehr viel kleiner als mit zehn Grove im einfachen Sartorius, wobei die Ablenkung an der Bussole in demselben Zustande ı40 bis 180“ betrug. Trotz diesem auf das 28- bis 36fache sich belaufenden Unter- schiede erscheint nun am Doppelsartorius in den Lagen, wo die Symphyse betheiligt ist, negative Polarisation in solchem Maassstabe, dass sie mit der am Gracilis beobachteten als von gleicher Ordnung sich darstellt. Folgendes ist ein Beispiel eines vollständig durchge- führten Versuches der Art. Die Stromrichtungen sind hier wieder nicht als auf- und absteigend angegeben, sondern als von rechts nach links und umgekehrt (vergl. II. ı. 7. S. 1157. 1158). ! Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 705. E.pu Boıs-Reyuosp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 169575) Doppelsartorius. U,, 1,2 b,%y zZ, A, U, 1,2 IX, SA, a M 34 49 104 59 13 Ser 55) DE a RER 9 109 257 378 65 117 ( 10’ (6) = & —> > S 15 zı 253 295 31 PB —20 —198 95 -—218 —36 Sen re = ) —> 15’ (5) Pı —ı9 +22 -—ı49 -—236 —44 5 307 >01 199 Mi ) > 15’ (5.5) < = < =. > Q eN - 11 307 218 160 29 4 —ıa —Zige —A8 —79 —24 STZEie ES = ze = < ( 15’ (4-5) Ba 236, 471 — 135,2 8 115 190 360 j1 Sm a > >> PR +3 —ıgg —371, -—ı6ı1 -+ı0 In den Strecken / /,, A, A ist die innere negative Polarisation so schwach, dass auf zehnmal die Veränderungen der elektromoto- rischen Kraft dreimal positiv statt negativ ausfallen, d. h. überwogen werden durch zufällige andere Veränderungen, welche ihren Grund in den früher (I. ı. 7. S. 1152 ff.) erörterten, bei solchen Versuchen un- vermeidlichen Störungen haben. Der Mittelwerth aller zelın Zahlen ist — 14; man kann vorläufig annehmen, dass die im negativen Sinne davon abweichenden höheren Zahlen gleichfalls auf solchen Störungen beruhten. Dagegen in den Lagen /3, /,?A, , 3%, in welchen die Bussol- schneiden die Symphyse mit den daran grenzenden Muskelenden zwischen sich haben, stösst man auf Zahlen, welche nieht bloss die mit zehn Grove am einfachen Sartorius, sondern zuweilen sogar die mit Einem Grove am Gracilis und dem Muskelpaare erhaltenen über- treffen. Es ist also klar, dass die Enden der Muskelbündel hier ebenso der Sitz besonders starker negativer Polarisation sind, wie an den Inscriptionen des Graeilis und des Semimembranosus. Man könnte meinen, dass dies von der grösseren Stromdiehte in den kegelförmigen Muskelbündelenden an der Symphyse herrühre. Allein die starke Polarisation wird auch wahrgenommen, wenn man an der Symphyse soviel Stümpfe der benachbarten Muskeln stehen lässt, oder die Sym- physe sammt den Muskelenden mit einem so dieken Ring aus physio- logischem Thon umknetet, dass die Stromdichte gewiss nicht grösser, eher kleiner ist, als im Verlaufe der Muskeln zwischen /, und /, ?,und A; und es ist sicher richtiger, in der hohen Polarisirbarkeit der natürlichen Sartoriusenden die Erklärung der ähnlichen Eigenschaft der Insceriptionem am Gracilis und Semimembranosus zu suchen, und somit beide Erscheinungen auf ein gemeinsames Prineip zurückzuführen. Was die Symphyse selber betrifft, so ist ihr, wenn sie mit durchströmt wird, ein gewisser Antheil an der Polarisation freilich nicht abzusprechen. In der obigen Tabelle bemerkt man leicht, dass 656 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. die Lagen /,?, in den Versuchen 2—5 zu starke Wirkungen liefern. ös erscheint in der Ordnung, dass diese Wirkungen so stark seien, wie die Summen der Wirkungen in den Lagen /3,3%; aber sie übertreffen diese Summen nicht unbeträchtlich, denn man hat (2) 471 =(236 + 135) + 100 (3) 475 =(218 4198) + 59 (4) 458=(198 + 179)+ 8r (5) 371 =(1ı92 + ı61)+ 18. Es liegt nahe, die Ursache hiervon in der negativen Polarisir- barkeit der Symphysengewebe selber zu suchen, und der Versuch bestätigt diese Annahme, wie folgende Reihe zeigt, in welcher mittels der jederseits zwischen Symphyse und Bündelenden angelegten Bussolschneiden, also in der Lage o, die Polarisation der Symphyse getrennt aufgenommen wurde. Die Polarisation in der Lage o ist unter der in der Lage / A, durch eine wagerechte Linie davon ge- schieden, verzeichnet und durch fetten Druck hervorgehoben. ın? Doppelsartorius. > el 2.29 > 5 a UM, ME Ta Eh Ak 109 )———— >15’ (15) IIEEEN O2 Losung 43 148 Spa! ser MO Te Fa 24 DORERES 104 63 DZ —— < 2% —a > II) > 10' (14) ei 255 —7 a za 85, ee re 7 m 22 === = F er 2 5; (15’ (15) — 146 25 Pı +149 7% gg gar Fr 63 en, en 43 => 0: Er — (15' (14) | ey 9 5 ig 60 mh Sn ih 57 1 8 ZEN 65 70 ° ne a 44 —- => ; nd ) >15’ (12) 56) 104 P, +107 — 30 4 —70 + 20 8 [Sr 24 f 102 63 — 66 _— u 19 Su > 29 — 129 5 24, 4332 og 0 Die Reihe bietet in den Lagen //, und A, A wieder grosse Un- regelmässigkeiten dar, da auf zehnmal die Polarisation sechsmal statt negativ, scheinbar positiv sich darstellt, zweimal Null ist. Dies hat hier nichts zu bedeuten, und um so regelmässiger tritt die negative Polarisation der Symphyse in der Lage c hervor, indem sie in den fünf Versuchen — 68, — 66, — 64, — 65, — 62 beträgt, wenn sie auch, was nicht zu erwarten, nicht die Summen 3 +3A zu den Werthen /,A, ergänzt. £ \ u x : i A E.pu Boıs-Reyuonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 697 Auch die ausgeschnittene Sympliyse giebt negative Polarisation, wovon man sich mittels desselben Verfahrens überzeugt, welches uns zur Erforschung der Polarisirbarkeit der Patellarsehne gedient hat (s. oben S. 644). Statt dieser klemmt man die Symphyse in den Spalt des Thonstengels ein. Dabei erhält man eine grössere negative seeundär-elektromotorische Kraft als mit dem Thon allein, z. B. mit Einem Grove nach 5° ohne Symphyse —ı2, mit Symphyse — 42”. Dass äussere Polarisation zwischen der Knochen- und Knorpelsubstanz der Symphyse und dem Thon dabei mitspiele, ist sehr unwahrscheinlich, da zu deren Erzeugung ungleich stärkere Ströme gehören. Dass die Polarisirbarkeit in den Bündelenden an der Symphyse zu suchen sei, geht sodann daraus hervor, dass nach Abtödten dieser Enden nur ein geringer Rest davon zurückbleibt, der zu einem kleinen Theil innere Polarisation sein mag, zu einem grösseren wohl von der Symphyse herrührt, auch wohl noch einen anderen Ursprung haben mag, wie unten im $. 16 erhellen wird. Die folgende Tabelle zeigt das Verhalten, nachdem die beiden oberen Enden des Doppelsartorius nebst der Symphyse vor dem Versuch in 100° heisses Olivenöl ge- taucht worden waren, während die beiden unteren Zipfel mit der Pincette empor gehalten wurden. In anderen Fällen geschah mit dem gleichen Doppelsartorius mit Erfolge die Abtödtung so, dass die Bündelenden abgetödteten oberen a mit einem in 250° heisses Olivenöl getauchten ndaden. Holzstäbcehen (einem Zündholze) berührt wurden, welches sich in dem Ole bräunte. Ich halte re dies für eine bessere Versuchsweise als das von Ay >10(51) Anderen geübte Versengen mittels eines heissen ER EN Glasstabes, welcher die berührten Stellen aus- Im ar —e0 ch dörrt und den Widerstand erhöht, was das <————(15'.(38) heisse Öl jedenfalls in viel geringerem Grade thut. ee Es giebt am Frosche noch ein anderes Versuchsobjeet, welches zu denselben Wahr- ) 720’ (37) nehmungen Gelegenheit bietet, wie der Doppel- U sartorius. Zwar der M. rectus abdominis, an FE welchen man denken könnte, thut dies nicht; seine Muskelbäuche sind zu kurz, und die schräge Verzerrung seiner Inseriptionen widersetzt sich der gehörigen Ab- leitung der sonst sehr ausgiebigen Polarisation. Wenn es bloss um Darstellung der Polarisation an sehnigen Scheidewänden sich handelte, an welchen Muskelbündel facettenförmig enden, könnte es, beiläufig gesagt, gar keine bessere Gelegenheit geben, als an den Ligg. inter- muscularia der Seitenrumpfmuskeln der Fische, wo eine lange Reihe Sitzungsberichte 1890. 58 am u. . - - . “ 658 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 12. Juni. von Inscriptionen, denen des Gracilis vergleichbar, folgweise durch- strömt würden. Das Versuchsobjeet am Frosche, welches ich meine, wird geboten durch den Cutaneus femoris, der sich ganz wie der Sartorius behandeln lässt. Man kann die beiden Cutanei so praepariren, dass ihre Beekenenden durch einen fibrösen Strang verbunden bleiben. Da der Querschnitt des Cutaneus nur etwa halb so gross ist wie der des Sartorius (vergl. II. 1.7. S.ı 164), so muss, um ungefähr gleiche Strom- diehte zu erhalten, eine etwas grössere elektromotorische Kraft auf- geboten werden. Mit drei, auch mit zwei Grove und 10’ Schliessungs- zeit erhielt ich in Lagen der Schneiden, welche denen am Doppel- sartorius entsprachen, ausserordentlich starke negative Polarisation. In der Lage //,,A,r war sie so mächtig, dass sie den Verdacht erweckte, als kämen im Versuche des Muskels, etwa da.wo er mit der Haut zusammenhängt, freie Bündelenden vor. $. 12. Vergleich der anodischen mit der kathodischen Polarisation der sehnigen Mushelenden. Im Vergleich zu den Versuchen am Graecilis kann man die am Doppelsartorius und Doppeleutaneus so auffassen, als hätten wir die Inseription des Gracilis in zwei Blätter gespalten, deren jedes nach seiner Seite zu an Muskelsubstanz stösst und uns die hier statt- findende Polarisation offenbart; da wir keinen Grund haben anzunehmen, dass im Gewebe der Inseription selber besonders polarisirbare Be- grenzungen vorkommen. Diese Anordnung hat uns also gestattet, die Polarisation an einer einfachen Grenze von Sehne und Muskel zu untersuchen. Allenfalls könnte dies auch an nür einem Sartorius ge- schehen, indem man der Symphyse den polarisirenden Strom zu- und nachmals den Polarisationsstrom davon ableitete. Der Doppelsartorius und Cutaneus bieten aber den grossen Vortheil, dass in einem und dem- selben Versuche an zwei gleichnamigen Muskeln desselben Thieres mit gleicher Dichte und gleichem zeitlichen Verlaufe des polarisirenden Stro- mes, die Wirkung bei beiden Stromrichtungen zur Erscheinung kommt. Dabei giebt sich nun eine sehr auffallende Erscheinung kund, welche bei den Versuchen am Doppelsartorius vollkommen beständig wiederkehrt, aber auch am Doppeleutaneus nicht ausbleibt. Sie be- steht darin, dass anfangs die negative Polarisation zwischen Symphyse und Aequator, also in den Lagen /3,2?, merklich stärker ausfällt auf der Seite, wo der Strom die Bündelenden verlässt, als auf der, wo er sie betritt. Die kathodische negative Polarisation überwiegt entschieden die anodische. Für den Doppelsartorius zeigt sich dies sehr deutlich in den beiden obigen Tabellen. Am Doppeleutaneus E. ou Boıs-Reyuonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 659 verhielt sich in vier Versuchen nach der ersten Durchströmung die kathodische zur anodischen Polarisation wie —244: — 70; —407:—43; —287:--84; — 218: —52. Hier wird das Verhalten schon bei der zweiten Durchströmung unsicher, am Doppelsartorius erst nach mehreren Stromwechseln. Allein bei dieser Überlegenheit der kathodischen über die anodische negative Polarisation hat es sein Bewenden nicht. Sondern es kommt am Doppelsartorius sogar recht häufig vor, wie man es auch schon in den obigen Tabellen sieht, dass das erste Mal die anodische Polarisation statt negativ, positiv ist, dann aber negativ wird, und kleiner bleibt als die kathodische. Beim ersten Anblick erinnert diese Erscheinung an die oben S. 652 am Gracilis beschriebene bei Ableitung des Polarisationsstromes vom vorderen Rande des Muskels oberhalb und unterhalb der Inseription, doch ist die Übereinstimmung nur eine scheinbare. Denn dort war bei beiden Stromrichtungen die Polarisation oberhalb der Inseription positiv oder schwächer negativ als unterhalb. Hier dagegen trifft dies immer nur auf der anodischen Seite der Symphyse ein. Immer- hin besteht zwischen beiden Fällen eine formale Ähnlichkeit. Ganz wie in dem Versuch am Graeilis kann man sich hier vorstellen, dass nicht die negative Polarisation auf der einen Seite schwächer ist als auf der anderen, sondern dass mit ihr zugleich eine bei Wiederholung des Versuches schnell sinkende, positive Polarisation besteht; dass man nur den Unterschied beider zu sehen bekommt, und dass dieser in günstigen Fällen anfangs positiv, später stets, und meist auch von vorn herein negativ ausfällt. Am Gracilis wird aber nur der An- schein positiver Polarisation durch den eigenthümlichen Lauf von Stromeurven erzeugt, welche negativer Polarisation entspringen; hier dagegen hätten wir es mit wirklicher positiver Polarisation zu thun, von deren Ursprung noch wird die Rede sein müssen. $.13. Von der unächten inneren Polarisation am Doppelsartorius. Jetzt wenden wir uns zurück zu der Frage, vor der wir oben S.652 stehen blieben, nach dem Grunde der am Gracilis ausserhalb des ‚Bereiches der Inseription erscheinenden negativen Polarisation, welche uns zu stark erschien, um als ächte innere Polarisation gedeutet zu werden, und die wir deshalb vorläufig als unächte innere bezeich- neten. Diese Frage kann vielleicht von hier aus Licht erhalten, denn, wenn von der durehströmten Inseription im Graeilis negative Pola- risation über deren Grenzen sich ausbreitet, so darf man Ähnliches auch von der Polarisation an irgend welchen sehnigen Muskelenden, zunächst hier am oberen Ende der Sartorien erwarten. Dem Versuche 58* 660 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. lässt sich eine doppelte Gestalt geben, welche schon auf Fig. 8 dar- gestellt sich findet. ös ist nämlich jetzt an der Zeit, die übrigen dort sichtbaren Bögen in Augenschein zu nehmen. Das erste Verfahren besteht darin, nach Analogie des Messungssystemes B am einfachen Sartorius, die Polarisation in den Lagen 43, 3%, mit der in den Lagen a, & zu vergleichen. Findet eine Ausbreitung statt, so muss der Potentialunterschied wachsen, wenn die ‚dem Längsschnitt an- liegende Schneide weiter abgerückt wird. Dies kommt nun zwar vor, und dabei wächst gelegentlich nicht allein die negative, sondern, wie folgendes Beispiel in der Reihe P, zeigt, auch die positive Polarisation auf der Anodenseite der Symphyse; in fünf Fällen von acht indessen blieb der Erfolg aus, so dass man auf diesem Wege zu keiner Über- ie) ’ > zeugung gelangt. Doppelsartorius. Bei dem anderen Verfahren, nach => 5 u Analogie des Messungssystemes A, prüft M 38 54 84 89 man die kleinen gleich langen Strecken < < > > 5 ä N % . ARE IM ra a,b,e,d; a, ß, y,d. welche jederseits ao = dat 317 2.467 von der Symphyse in wachsenden’ Ab- < < > > & 3 : 5 st} 5 vorher = ständen von ihr liegen, und vorher PL +126 +104 | —233 —378 Ä ER ) > 10’ (19) mit Drachenblut bezeichnet werden, ar a5 EL auf Polarisation durch einen Strom, der P —ı77 341 | 150 —268 zu schwach ist, um ächte innere nega- > an. en (18) tive Polarisation zu erzeugen. Werden 206 206 86 10 4 PN j < — ee die Strecken polarisirt, so kann dies P; —235 —g0o | —319 —31ı also nur durch Ausbreitung der Polari- > 10' (18 > eo m > FAN ) ae sation von den Bündelenden an derSym- | 52 2 =) Be vl — => physe her geschehen, deren besondere te ER er, Polarisirbarkeit ausser Zweifel steht. Doppelsartorius. d € b @ a ß y ° M ıı 28 81 7 DOES? 18 < < + > >» 0. — II. < ( 10/ (57) Su SO 323 213 26 23 < < < < > > < < PP —2 +3ı +46 +84 —303 —ı0oo +38 +5 ) > 10’ (56) 4 91 DIgr 187 Tl ERS 64 > < + < > > > < P +13 —32 92 60 137 88 +74 —4I < ( 15’ (60) 1 93 143 68 2140 20700022 19 > < < = > > < <— P—5 +2 76 69 78 76° +70 —45 ) >” Br (56) o 96 191 Ic 149 146 43 23 —- nu —- > > < P+S —3 —48 —33 — 65 —61ı +65 — 4 | Trotz vielen Unregelmässigkeiten scheint an der Ausbreitung der | Polarisation wenigstens in die zunächst benachbarte Strecke kein ü Zweifel zu sein. Auch breitet sich wieder positive Polarisation aus. Man kann denselben Versuch auch an den beiden unteren Enden des Doppelsartorius in der Art stellen, wie es Fig. 8 in den Bögen ebwer disc. e 314.0. zeigt. E.pu Bors-Reymoxp: Seeundär-elektromot. Erschein: an elektr. Geweben. 661 u 2 h Denon OÖbsechon ein Theil der en Eu 3ündelenden schon ausserhalb Dino Tor 20 mm 29 der Säulenschneiden und weit ER AT = a z entfernt liegt, zeigt sich doch De ee auch List die Ausbreitung der sa N =; = 5 B I ——= = Polarisation, ja fast reiner als rer vo an den oberen Enden. Übrigens ie © 5, 7 ne ist wieder die anodische nega- Zen Nm EN Mrz UN tive Polarisation schwächer als 3 Wi rg die kathodische, ganz wie an hy Sa Ir: 37 166 den oberen Enden des Sar- 0 — — — torius und des Cutaneus. ee tn) m FE Man könnte auf den Ge- 5 x 13 danken kommen, dass die Aus- > In 2 & DE Be breitung der Polarisation vor- a nl ,6 83158 getäuscht werde durch freie Lese Zee) Bündelenden, welche den sehni- 13 Wa 24 FR 3 22 gen Muskelenden nahe in grös- bb 122 7 +2 |<ız —55 31 serer Menge vorhanden, als ano- dische und kathodische Stellen, selber stark polarisirt würden. Doch wäre ein solches Verhalten sehr unwahrscheinlich schon im Hinblick auf Argy's genaue und gründliche Untersuchung des Sartoriusbaues.' Er könnte es bei seinen äusserst zahlreichen Beobachtungen unmöglich über- sehen haben. Um vollends sicher zu gehen, bat ich Hrn. Dr. Brxpa den Sartorius nochmals ausdrücklich auf diesen Punkt zu untersuchen. Er löste den Muskel mittels des bekannten Gemisches von Salpeter- säure und krystallisirtem chlorsauren Kali in seine Bündel auf, und breitete ihn auf dem Objectträger so aus, dass man die sämmtlichen oberen Bündelenden in gleicher Höhe nebeneinander vor sich hatte. Beim ersten Blick erkennt man hier und da zwischen den stumpfen auch scheinbar spitze Bündelenden, und sie könnten den Anschein er- wecken, als sei unsere Vermuthung gegründet. Doch liegen sie viel zu sehr in gleicher Höhe mit den stumpferen Enden, um mit ihrer ! Hente und PFEUFER, Zeitschrift für rationelle Medicin. 1862. 3. Reihe. Bd. XIV, S. 198. 662 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. Hülfe die Ausbreitung der Polarisation über makroskopische Strecken erklären zu können, und wenn man die scheinbaren Spitzen tiefer in's Innere verfolgt, zeigt sich, dass sie nichts anderes sind, als ge- wöhnliche aus der gemeinschaftlichen Sehne losgelöste Enden dünnerer Muskelbündel. $.14. Von der Polarisation an den sehmigen Muskelenden und ihrer Ausbreitung im Muskelbündel. Lassen wir also fortan, und bis auf Weiteres, die Ausbreitung der Polarisation von den Muskelenden aus in den Bündeln, oder den Anschein einer solchen, als eine neue Thhatsache gelten. Diese Aus- breitung erklärt hinreichend das oben ausführlich behandelte Ver- halten am Graeilis, nämlich die auffallend starke negative Polarisation in den Strecken zwischen der Inscription und den Säulenschneiden, welelıe wir unächte innere Polarisation nannten. Sie erklärt vielleich‘ auch die auffallend starke Polarisation, welche sich am Doppeleutaneus in den am Doppelsartorius mit //,, A,A bezeichneten Strecken zeigt. Dagegen könnte es jetzt fraglich erscheinen, ob nicht alle unsere Ermittelungen über die ächte innere Polarisation der Muskeln hin- fällig geworden seien, insofern was wir dafür ansprachen, vielleicht nichts war als von den Säulenschneiden her sich ausbreitende Pola- risation der Bündelenden. Die negative Polarisation in der Aequatorial- zone des Sartorius, der Strecke-d,, des Messungssystemes A, fällt nicht bloss eben so stark aus, wie die Polarisation in den Strecken d., d, zunächst den Säulenschneiden, sondern unter Umständen sogar stärker, wie man dies in den Tabellen Il. ı. /. S. 1150 sieht, wo im ersten Bei- spiele das Mittel der P für 6, — 56.3, für d,, 6, — 33.8, im zweiten Beispiele das erstere Mittel — 100.0, das zweite — 58.5 beträgt. Es läge nahe, dies darauf zu deuten, dass von beiden Säulenschneiden aus in Bezug auf den primären Strom negative, also einander gleich- gerichtete Polarisationen bis zur Aequatorialzone sich erstrecken und dort sich summiren. Indess damit die Summe in d,, die einzelnen Sum- manden in ö,, d, übertreffe, müsste die Polarisation bis zur Strecke d,, um weniger als die Hälfte abnehmen. In den Versuchen mit nur Einem Grove nahm sie sichtlich um viel mehr ab. Man könnte einwenden, dass in den Versuchen über innere Polarisation am einzelnen Sar- torius zehn Grove angewendet wurden. Allein hier befanden sich die sehnigen Enden nicht einmal sicher und gleichmässig auf der Bahn des Stromes, und am Muskelpaare erwies sich die negative Polarisation aus noch zu untersuchenden Gründen mit Einem Grove stärker als ie ER . E.pu Boıs-Reymonxp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 663 mit zehn. Wie dem auch sei, für das Bestehen der ächten inneren negativen Polarisation spricht unwiderleglich, dass sie auch am ab- gestorbenen oder verbrühten Muskel nachgewiesen wurde, und vor Allem, dass sie nicht minder sich zeigte, wenn die Säulenschneiden den abgetödteten Enden des Sartorius anlagen. So käme es denn nun darauf an, uns eine Vorstellung zu bilden von dem, was in den durchströmten sehnigen Muskelenden vor sich geht und mit abnehmender Stärke über makroskopische Streeken sich ausbreitet; in Folge wovon in den Bündelenden und den benachbarten Strecken säulenartig angeordnete negative elektromotorische Kräfte rege werden und eine Zeitlang mit abnehmender Stärke wirksam bleiben. Zunächst ist nochmals zu betonen (s. oben S. 645), dass nicht daran zu denken ist, die am sehnigen Ende stattfindende Polarisation dem dort die Bahn des Stromes durchsetzenden Sehnengewebe als solehem zuzuschreiben. Nicht allein haben wir in schematischen Ver- suchen die Polarisirbarkeit des Sehnengewebes zu gering gefunden, um sie so zu verwerthen, sondern die Ausbreitung der Polarisation den Muskelbündeln entlang widerstreitet vollends solcher Auffassung. Der Sitz der Polarisation am sehnigen Ende ist vielmehr zweifellos zu suchen in der parelektronomischen Schicht oder Strecke, und die einzige Art, diese Erscheinungen an schon Bekanntes zu knüpfen, würde sein, sie auf negative Schwankung wegen Zusammenziehung zurückzuführen, sei’s dass sie eine Nachwirkung solcher Schwankung, sei's dass sie die eine Dauererregung begleitende Schwankung selber seien. Das Erste, was hier geschehen muss, ist offenbar, die Erscheinungen der Zusammenziehung zu beobaehten, welche etwa mit den secundär- elektromotorischen Erscheinungen Hand in Hand gehen. Bei der bis- herigen Versuchsweise war dies unausführbar, weil sie eine Spannung des Muskels voraussetzt, wobei seine Zusammenziehung unmerklich wird. Man .kann aber so verfahren, dass man den polarisirenden Strom durch den Muskel schiekt, genau wie bei den Polarisations- versuchen, und statt der elektromotorischen Wirkungen die etwaigen mechanischen Reizerfolge beobachtet. Dazu wurde der eine Muskel eines curarisirten Doppelsartorius in 50° warmer physiologischer Stein- salzlösung abgetödtet, der Doppelsartorius, wie früher wagerecht und mit seinen Flächen in senkrecehter Ebene, diesmal aber zwischen zwei sehr schwach belasteten Zuckungstelegraphen aufgestellt, und der Aequator des lebendigen Muskels mittels zweier Igelstacheln auf einer Korkleiste festgesteckt. So konnten Zuckungen der oberen und der unteren Hälfte des lebendigen Sartorius einzeln sicher wahrgenommen 664 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. werden, während der todte nur zur Zuleitung des Stromes in derselben Art diente, wie sie in den Polarisationsversuchen stattgefunden hatte. Diese Vorrichtung steht Hrn. Hrrıme’s Doppelmyographion an Fein- heit freilich nach, doch reichte sie nach den Erfahrungen, die ich sehon vor langer Zeit damit machte (s. oben Il. 1. 7.8.1139), für den gegen- wärtigen Zweck völlig aus. Um dem zuckungsfähigen Muskel den Strom in derselben Art zuzuführen, wie in den Polarisationsversuchen, wurde ferner über dem Zipfel jedes der beiden Sartorien von einem Faden getragen ein sattelförmig gebogener 'Thonstengel von der rund- lichen Form (N. rı. 7.8.1142) gehängt, dessen freie Enden in ein Gefäss- mit Zinksulphatlösung tauchten, welehes zur Verbindung mit der pola- risirenden Kette eine verquickte Zinkplatte enthielt. Die angewendete Stromdichte und die Schliessungszeiten waren dieselben wie bei den Polarisationsversuchen, Ein Grove und 10— ı5 Minuten. Bei gleicher Leistungsfähigkeit mussten also im Wesentlichen dieselben mechanischen Reizerscheinungen eintreten, die möglicherweise bei den Polarisations- versuchen, der Beobachtung entzogen, zugegen gewesen waren. Leider muss gesagt werden, dass trotz aller Sorgfalt das Ergeb- niss dieser Versuche nicht so beständig ausfiel, wie zu wünschen gewesen wäre. Es kamen Unregelmässigkeiten vor, am oberen Ende vielleicht bedingt durch Beeinträchtigung seiner Erregbarkeit beim Verbrühen des anderen Sartorius, am unteren Ende durch eine etwas verschiedene Lage des stromzuführenden Thonstengels. In den scheinbar gelungensten Versuchen erfolgte beim ersten Schliessen nichts; beim Öffnen nach zehn Minuten starke anodische Zuckung, beim Schliessen zum entgegengesetzten Strom starke kathodische, schwache anodische Zuckung; beim Öffnen nur noch spurweise ano- dische Zuckung; und von hier ab nichts mehr als das elassische Bild der sogenannten Vorra’schen Abwechselungen ‚' nämlich nichts beim Öffnen und Schliessen des längere Zeit geschlossen gehaltenen Kreises, aber beim Schliessen nach Umlegen der Wippe gelegentlich noch lebhafte, besonders kathodische Zuckung. Von Dauererregung, welche bei HERING und BiEepErmann eine grosse Rolle spielt, sah ich nie eine Spur. Es kommt indess auf die Besonderheiten im Gange der Erschei- nungen nicht an. Sondern das Wesentliche daran für uns ist dies, dass zwischen den mechanischen Reizerfolgen und der Polarisation durchaus keine solche Beziehung obzuwalten scheint, wie sie nöthig wäre, um die Polarisation als Nachwirkung negativer Schwankung oder als negative Schwankung selber aufzufassen. Nach einer Anzahl von Stromwechseln, nach welcher die Polarisation noch völlig aus- ! Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 365 ft. E.pv Bors-Reymonp: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 665 gebildet erscheint, wird jede Spur einer Öffnungszuekung vermisst, die doch allein die negative Schwankung hinterlassen könnte, als welehe wir die Polarisation erkennen möchten. Dass keine Dauer- erregung dazu sich darbiete, wurde erst eben angeführt. Allein noch aus anderen Gründen scheitert die Bemühung, die negative Polarisation der Bündelenden auf negative Schwankung wegen Zusammenziehung zurückzuführen. Ich will hier in die Erörterung darüber, wie örtliche Zusammenziehung der Bündelenden die elektro- motorische Wirkung des Muskels verändern müsse, nicht eintreten. Es können darüber die Meinungen auseinandergehen, doch ist auch dieser Punkt für die gegenwärtige Frage zunächst gleichgültig. Denn während daran kein Zweifel zu sein scheint, dass die elektromotorische Wirkung der Zusammenziehung die nämliche sein werde, gleichviel ob das gereizte Bündelende Anode oder Kathode sei, wechselt ja im Gegentheil die Polarisation ihre Richtung mit dem Strome, da sie immer diesem entgegengesetzt, negativ bleibt. Allerdings fanden wir, dass die anodische Polarisation anfangs bisweilen positiv war, dass sie im weiteren Versuch zwar negativ wurde, jedoch noch lange sehwächer blieb, als die kathodische. Der Augenschein drängte zu der Vorstellung, dass hier zwei Wirkungen, eine positive und eine negative, zugleich vorhanden seien, deren erstere anfänglich die Ober- hand habe, sie aber im ferneren Verlauf mehr und mehr einbüsse. Da in derselben zeitlichen Folge die anodische Öffnungszuckung ver- schwindet, so liegt es nahe, die positive Polarisation mit dieser Zuckung in Verbindung zu bringen. Hr. Herıse lässt sehr schwache Ströme sowohl an der Anode wie an der Kathode negative Polarisation geben, starke und länger dauernde Ströme dagegen an der Anode positive Polarisation." Er kommt überall mit seiner ‘Alterirung’ durch, welche die ‘alterirte' Muskelsubstanz nach Bedürfniss bald positiv, bald negativ gegen die nicht alterirte macht; eine um so bequemere Auskunft als die ‘Alte- rirung’ ohne irgend einen sichtbaren mechanischen Reizerfolg zugegen sein kann, und ein empfindlicheres Mittel als die Zusammenziehung selber abgiebt, um die Einwirkung des Stromes auf die Muskelsub- stanz wahrzunehmen (vergl. II.1. 7. S. 1160). Wie sich diese Lehre mit der des Hrn. Herrmann verträgt, zu welcher doch Hr. Herıme aus- drücklich sich bekennt, wonach aber, soviel ich weiss, ‘alterirtes’ Protoplasma stets negativ gegen nicht ‘alterirtes’ sich verhalten soll, finde ich bei Hrn. Herıse nicht erklärt; doch mag ich, in der Fülle seiner Mittheilungen, die Stelle übersehen haben. + ! Dreizehnte Mitth. A.a. O0. ı883. Bd. LXXXVIM. S. 422. 666 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. Noch eine Schwierigkeit widersetzt sich der Zurückführung der negativen Polarisation auf negative Schwankung des Muskelstroms, das ist die viel zu grosse Stärke der ersteren. Nach meinen Erfah- rungen beläuft sich die negative Schwankung nach stärkstem mittel- barem Tetanus nur auf die Hälfte der Muskelstromkraft zwischen natürlichem Längs- und künstlichem Querschnitt. Sie ist dabei absolut grösser als die Schwankung mit natürlichem Querschnitt. Die Nach- wirkung mit künstlichem Querschnitt kann nach Hermann RoEBER etwa ein Fünftel der Muskelstromkraft betragen; bei natürlichem Querschnitt verharrt in einigen Fällen die Stromkraft auf der Stufe wie im Tetanus selbst." Die mittlere Stromkraft des Sartorius beläuft sich bei dem Zustande des Compensators während der obigen Versuche, auf. 266°. Danach könnte die grösste negative Schwankung, vollends die grösste Nachwirkung einer solchen, höchstens 133°“ gleichkommen; und diese Zahl dürfte schwerlich je erreicht werden. Ein Blick auf unsere Tabellen zeigt nun aber eine Menge Zahlen, welche jene viel weiter übertreffen, als schon sie selber von der Wahrscheinlichkeit abweicht. Die anodische positive Polarisation erreicht zwar solche Höhe nicht, aber wir bekommen auch nur den Unterschied zwischen ihr und der negativen Polarisation zu sehen. Wie dem auch sei, selbst sie getraue ich mir, in Ermangelung eines hinreichenden Tetanus um sie zu erzeugen, noch nicht als die bekannte Nachwirkung negativer Schwankung anzusprechen, und wir müssen auf eine andere Auskunft bedacht sein. Eine Vermuthung steht noch offen, welche sichtlich viel für sieh hat. Der Anschein einer Ausbreitung der Polarisation am Doppelsartorius könnte daher rühren, dass in der Nähe der Symphyse und der Säulensehneiden die Stromfäden noch nicht parallel der Axe der Bündel verlaufen, dass sie noch vielfach seitliche Begrenzungen der Bündel überschreiten, und dass solche anodische und kathodische Stellen wie die Bündelenden selber als Sitz von Polarisation sich verhalten mögen, wie ja auch von ihnen polare Erregung der contractilen Substanz ausgeht. Diese Erklärung würde uns der Nöthigung überheben, der wir sonst nicht ausweichen könnten, einen neuen elektrischen Zustand der lebenden Muskelsubstanz anzunehmen, einen dritten neben der negativen Schwankung und ihrer Nachwirkung und neben der ächten inneren Polarisation. Das beängstigende Gespenst der unächten inneren Polarisation wären wir los. Es würde sich nur noch darum handeln, herauszubringen, was an den anodischen und kathodischen Stellen des Bündelumfanges vor sich gehe, ob dieser Vorgang einerlei sei mit dem freilich auch noch unverstandenen an den Bündelenden, und was seine ! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. II, S. 413. 423. 424. 537. BEER Fl a a E.pu Bors-Reymoxp: Seenndär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 667 Beziehung zu der von Hrn. Herwmans erkannten queren Polarisation des Muskels sei. Ein erstes Bedenken gegen diese Auffassung entspringt jedoch daraus, dass, wie wir fanden, die geknickte Lage der Bündel in einem schlaffen Muskel dessen Polarisirbarkeit im Vergleich zu der eines ge- spannten, wenn überhaupt, kaum merklich erhöht (I. r. 7. S. 1 154 ff.). Ein zweites Bedenken wäre, dass (die Erklärung nicht zu passen scheint auf die Ausbreitung der Polarisation von der Inseription des Graeilis aus, wo man meinen sollte, die Stromfäden müssten der Axe der Bündel so parallel. verlaufen wie nur möglich (s. oben S. 644). Aber vielleicht rührt hier das, was wir unächte innere Polarisation nannten, gar nieht von der Inseription her, sondern allein von den Säulenschneiden. Jedenfalls wird es, um eine breitere Grundlage für diese Erörterung zu gewinnen, nöthig sein, die polarisirenden Ströme noch in anderer Art abzuändern als bisher, wie auch die Polarisation beim Ein- und Austritt des Stromes am Längsschnitt mit der am natürlichen Quer- schnitt zu vergleiehen,. was mit grossen Schwierigkeiten verknüpft sein wird. Zunächst jedoch ist noch von einigen, die innere negative Polarisation der Muskeln betreffenden Angaben anderer Forscher Kenntniss zu nehmen. $. ı5. Hrn. Hermann’s Versuche über die umere negative Polarisation der Muskeln. Mittlerweile hat nämlich Hr. Hrrmans die Polarisation der Muskeln zum Gegenstand einer umfangreichen Untersuchung gemacht,' welche ihn dazu führte, die Wirklichkeit der inneren negativen Polarisation anzuerkennen und gegen Hrn. Hrrıne in Schutz zu nehmen. Hr. Herman verwirft, ich begreife nicht aus welchem Grunde, den Namen der inneren Polarisation, den ich, im Gegensatz zur äusseren Polarisation an der Grenze von Elektrolyten, der von mir entdeckten Erscheinung gab. Er will sie “Infiltrationspolarisation’ genannt wissen. Abgesehen von ihrer Schwerfälligkeit und Unnütz- lichkeit erscheint mir diese neue terminologische Schöpfung des Hrn. Hervanv als keine glückliche, da das Wort auch so verstanden werden kann, als entstehe die innere Polarisation durch Infiltration, und da man von den naturgemäss Flüssigkeiten im Inneren beher- bergenden thierischen und pflanzlichen Geweben doch nicht sagt, sie ı Prtüger's Archiv u. s. w. Bd. XL1. 1888. S. ı ft. 668 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. seien infiltrirt, was so klingt, als sei die Flüssigkeit von aussen eingedrungen. Hrn. Hermann’s Verfahren, um die Polarisation der Muskeln zu untersuchen, bestand darin, dass er dem Muskel ein Paar Doppel- elektroden (s. II. 1. 7. S. ı 144) seitlich anlegte, und durch sie den pola- risirenden Strom zuführte, sowie den Polarisationsstrom ableitete. Die Muskeln waren nicht eurarisirt. In der Mehrzahl der Versuche rührte der polarisirende Strom von nur Einem Daniell her, wurde noch durch Nebenschliessung geschwächt und dauerte nur 5 Secunden, höchstens 5 Minuten. Den Gebrauch starker Ströme müsse man durchaus ver- meiden, um den Öffnungsactionsstrom zu umgehen, d. h. in Hrn. Hervann’s Kunstsprache, die Nachwirkung der von der Anode aus- gehenden negativen Schwankung. Damit wäre unseren obigen Ergebnissen über innere negative Polarisation am einzelnen Sartorius der Stab gebrochen, wenn nicht aus den dargelegten Gründen bestimmt folgte, dass unsere innere Polarisation nichts mit der polaren Erregung des Muskels zu schaffen habe, und wenn nicht gerade umgekehrt Hrn. Hrrmans’s Versuchs- weise ganz ungeeignet dazu schiene, über die Polarisirbarkeit der Muskeln in's Klare zu kommen. Denn Hr. Hrrmanv hatte bei seinem Verfahren stets die anodischen und kathodischen Stellen am Muskel im Bussolkreise, und die Trennung der an diesen stattfindenden po- laren Wirkungen und der inneren Polarisation war dabei unmöglich. Stets hatte er es zu thun mit der Summe: ı. der nach Hrn. Hrrıns bei sehr schwachen Strömen an der Anode stattfindenden negativen Polarisation (s. oben S. 665); 2. der gleichfalls von Hrn. Hrrıse nach- gewiesenen negativen kathodischen Polarisation, welche beide auch in unseren obigen Versuchen am Doppelsartorius sich zeigten; 3. der wahren inneren negativen Polarisation der Muskelbündel; 4. der von Hrn. Hermann selber zuerst beschriebenen queren Polarisation der Muskeln. So verfährt aber Hr. Hermanv nicht bloss am Sartorius und am Abductor magnus, sondern sogar am Gracilis, ohne sich um die Insceription zu kümmern. Ich begreife nieht, wie er angesichts der ihm doch wohl bekannten Aufstellungen Hrn. Herıne’s, und der von diesem an meinen Versuchen am Muskelpaare geübten Kritik, sich bei seiner Versuchsweise beruhigen konnte, ohne auch nur mit einem Worte die dawider sprechenden Bedenken zu erwähnen, überlasse es aber billig Hrn. Herne, welcher ja sonst Hrn. Herrmann treue Heeresfolge leistet, sich weiter mit ihm darüber auseinanderzusetzen. Seiner eigenen Warnung zum Trotze kommen übrigens bei Hrn. Hermann doch auch Versuche, und zwar am Sartorius, mit ı8 Zink- kohleelementen und 16 Minuten Schliessungszeit vor, ohne dass vom u P2 E. pu Boıs-Reynoxap: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 669 anodischen “Öffnungsaetionsstrom’ weiter die Rede wäre. Wie dem auch sei, die rohe Summe der secundär-elektromotorischen Wirkun- gen zwischen den Doppelelektroden bezeichnet Hr. Hermann schlecht- hin als Polarisation des Muskels, und untersucht sie mit einem mächti- gen Rüstzeug scheinbar höchst exaeter Methoden. Schade nur, dass diese Bemühungen nicht an eine mehr eindeutige und durchsichtige örscheinung gewandt werden. Vor Allem liess er sich angelegen sein, den Polarisationsquotienten ( zu bestimmen, d. h. das Ver- hältniss P/I, wo die Polarisation P in Volt, die Stromstärke in Am- pere, folglich Q in Ohm ausgedrückt werden. Allein ich irre mich sehr. oder Hr. Hermann vernachlässigt dabei die Hauptsache, nämlich dass ‘es bei der Polarisation nicht einfach auf die Stromstärke ankommt, sondern auf das, was wir hergebrachter Weise mit dem vor fünfzig Jahren von Morırz Jacopı vorgeschlagenen,' etwas uneigentlichen Ausdruck als Stromdiehte be- zeichnen. Es heisse die elektromotorische Kraft der Polarisation in einem gegebenen Falle P, der wahre Polarisationsquotient A, der Querschnitt, in welchem A zu bestimmen ist, g, die Dichte A, so ist X nicht gleich P/I, sondern P/A, wo A=I//g, oder da (s. oben S. 640). E E P(Wg+oL = ee > A= WATTE? woraus K = a Di ( Ö Y W-+ . sich ergiebt. Ich verstehe um so weniger, wie Hr. Hermann bei seiner Auffassung des Polarisationsquotienten beharren konnte, als er in einer früheren Arbeit, auf welche er sich in der gegenwärtigen sonst mehr- fach beruft, von der speeifischen Polarisirbarkeit ganz richtig sagt: »So kann man füglich den Quotienten: Polarisation /Stromdichte be- zeichnen«,” und als er auch jetzt den Einfluss der Dichte auf die Polarisation gelegentlich wohl in Betracht zieht.” Es ist, nebenher gesagt, eine Lücke in dem von dem internationalen Elektriker-Congress zu Paris 1881 aufgestellten ©. G. S.- System elek- trischer Maasseinheiten, dass die Dichte des Stromes leer ausging, welche bei der Elektrolyse, der Polarisation, den Reizversuchen, der Elektrotherapie so oft eine entscheidende Rolle spielt. Es hätte eine Einheit der Dichte, etwa ein Ampere im Quadratcentimeter, gewählt und mit einem passenden Namen belegt werden müssen. Freilich wird es keine leichte Aufgabe sein, die Stromdichte in so unregel- ! PoGGENDORFF’s Annalen u. s. w. 1839. Bd. XLVII. S. 44. 72. S. 249. Anm. ı. ® Ebenda, Bd. XLII. 1888. S. 32. 670 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. mässig gestalteten Leitern zu bestimmen, wie sie die Versuchsobjeete der Elektrophysiologie fast stets, die Heilobjeete der Elektrotherapie ausnalımslos darstellen. Liegen beispielsweise dem Muskel seitlich stromzuführende Thonspitzen an, so nimmt die Diehte von ‘der Be- rührungstläche in das Innere hinein ab in dem Maasse, wie die höchst verwickelt gekrümmten, stetig ihre Richtung ändernden isoe@lektrischen Flächen an Grösse zunehmen, bis endlich diese Flächen mit dem Quer- schnitt des Muskels mehr oder weniger genau zusammenfallen. Sogar dann aber bleibt, wie schon DL. r. 7. S. 1148 bemerkt wurde, der Fläche des Muskels entlang, welcher die Spitzen anliegen, wegen grösserer Kürze der Stromfäden die Dichte etwas grösser als längs der anderen. Natürlich giebt es zahlreiche Fälle, wie wir selber solchen fort- während begegnet sind, wo bei constantem g in einem und demselben Polarisationsobjeet, oder gleichem g, oder überhaupt gleicher Grösse und Gestalt zweier zu vergleichenden Polarisationsobjeete, auch die blosse Bestimmung des Quotienten P/I schon zu lehrreiehen Auf- schlüssen führen kann. Hr. Hrrmann findet, dass sein Polarisations- quotient im Bereiche schwacher Ströme annähernd proportional der Stromstärke, in dem starker Ströme langsamer wächst. Er wächst ferner mit der Schliessungszeit fast unbegrenzt, wenn auch mit ab- nehmender Geschwindigkeit, und hierzu bemerkt Hr. Hermann, es »fänden sich sehon bei mir manche Andeutungen« solchen Verhaltens. In meiner Abhandlung über die Erscheinungsweise des Muskel- und Nervenstroms u. s. w. heisst es von dem Ausschlag durch die negative Polarisation, welche Ströme von der Ordnung des Muskelstromes er- zeugen: »Dieser Ausschlag wächst mit der Dauer der Durchströmung«.' Der $. VIII meiner ersten Mittheilung ‘über secundär-elektromoto- rische Erscheinungen’ ist überschrieben ‘Graphische Darstellung und Discussion der Polarisationseurven bezogen auf die Schliessungszeit’; ein schematisches Curvenbild zeigt, wie die negative Polarisation mit der Schliessungszeit wächst, und auf S. 355 ist davon auch ein numerisclies Beispiel gegeben. Dasselbe Gesetz wird in dem Curven- bilde zu $. IX, ‘Von den Polarisationseurven bezogen auf die Offnungs- zeit’, vorgeführt. So bestimmte Angaben anderer Forscher nennt Hr. Herrmann »Andeutungen«. Wenn er gesagt hätte, dass meine Angaben über das Wachsen der Polarisation mit der Schliessungszeit dadurch verdunkelt seien, dass sie mit Inseriptionen versehene Muskeln betreffen, so wäre diese Ausstellung an und für sieh nicht unbe- rechtigt gewesen, nur dass seine eigenen Versuche, wegen der seit- lichen Zu- und Ableitung durch Doppelelektroden, auch nicht rein ! Gesammelte Abhandlungen u. s. w. Bd. II. S. 191. 192. nn Me Aue Ian Bu E.pu Boıs-Reyuonp : Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 671 sind. Übrigens fällt das Wachsen der inneren negativen Polarisation der Muskeln mit der Schliessungszeit beim ersten Anblick und bei jeder Gelegenheit dermaassen in die Augen, versteht sich auch nach der Analogie mit der Polarisation der feuchten porösen Halbleiter so von selbst, dass ich es nicht für nöthig hielt, im Vorigen noch ausdrück- lich davon zu handeln. Um die Abhängigkeit der Polarisation von verschiedenen Um- ständen zu erforschen, bediente sich Hr. Hrrvann wieder des schönen, as er nicht zu wissen scheint, von PoGGENDoORFF angegebenen Kunst- griffes, die beiden hinsichtlich ihrer Polarisirbarkeit zu vergleichenden Objecte zuerst in demselben Säulenkreise zu polarisiren, dann in dem- selben Bussolkreise einander entgegenzusetzen.' © So. werden Wider- stand und Zeit eliminirt, und der Sinn des. Ausschlages zeigt olıne Weiteres an, welches Objeet das mehr polarisirbare sei. Mittels dieses Verfahrens untersuchte Hr. Hermann den Einfluss des Durchströmungs- winkels, der Streekenlänge, der Zuleitung durch den künstlichen Quer- schnitt und der Temperatur; auch verglich er die Polarisirbarkeit der Muskeln mit der der Nerven und anderer Gebilde. Uns gehen unter diesen Versuchen hier zunächst diejenigen näher an, welche Hın. Hermann bewogen, eine innere negative Polarisation der Muskeln anzunehmen. »Bei gewöhnlicher lateraler Zuleitung«, sagt er, »zeigt sich eine unzweifelhafte Zunahme des Quotienten P/I mit »der Streckenlänge, wie folgende Beispiele zeigen.« Es folgen drei Versuche am Gracilis, in denen unter sonst gleichen Umständen der Abstand der Doppelelektroden bald gross, bald klein gewählt wurde: Der grössere Abstand betrug 22— 31, der kleinere 5—9”". ‚Die Polarisation erschien im ersteren Falle stärker als im letzteren. Nach unseren obigen Ermittelungen ist wegen der Inseription am Gracilis dies Ergebniss für die Frage nach der inneren Polarisation völlig werthlos, und es ist, ich wiederhole es, nicht zu begreifen, wie bei dem heutigen Stande der Kenntniss Hr. Hrrvann auch nur einen Augenblick dabei verweilen konnte. Er macht aber gar keinen Unterschied zwischen diesen Versuchen und zwei anderen, zu welchen regelmässige monomere Muskeln in folgender Art verwendet wurden. »Der aufgespannte Muskel wurde an zwei Stellen mit einem Messer- »rücken quer durchquetscht, auf diese Stellen zwei kleine Holz- »keile mit ihren Schneiden fest aufgesetzt, und die Thonspitzen diesen »Keilen angedrückt. Die Holzkeile waren durch Kochen in verdünnter »Schwefelsäure mit dieser getränkt.«e So wurden zwei Adductores magni und zwei Sartorien behandelt. An dem einen Adductor be- ! PoGGENnDorFF’s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI. S. 612 ff. Z Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 12. Juni. trug der Abstand der Keile 20, an dem anderen 9”” und die Quo- tienten P/I verhielten sich wie 2-ı:ı. Anden Sartorien waren die entsprechenden Zahlen 27””; 9"”” und 1-6: 1. Das sind die Erfahrungen, auf welche hin Hr. Hermann »es »für mindestens sehr wahrscheinlich hält, dass ein gewisser Theil »der Polarisation der Muskeln wirkliche innere ... ist.«” Sein Ver- fahren, wobei nicht einmal verschieden lange Strecken desselben Muskels verglichen wurden, und die mit Schwefelsäure getränkten Holzkeile eine ebenso bedenkliche wie unnütze Verwickelung ein- führten, hat schwerlich irgend einen Vorzug vor dem von mir an- gewandten, und ich glaube nieht, dass seine beiden Versuche die Schaar der meinen entwerthen. Den Durchströmungswinkel anlangend bestätigt Hr. Hermann seine frühere Angabe, dass der querdurchströmte Muskel viel stärker polarisirbar ist als der längsdurehströmte. Auf seine Veranlassung hatte dann schon Hr. Franz Bor mittels derselben Versuchsweise, Posernnorrr'scher Umschaltung und Doppelelektroden, den Einfluss der Temperatur auf die Polarisation der Muskeln zu ermitteln ver- sucht,” doch waren seine Bemühungen erfolglos geblieben. Jetzt ge- lang es Hrn. Hermann festzustellen, dass Kälte die Polarisation er- höht, Wärme sie vermindert.‘ Endlich untersuchte auch Hr. Heruasn, wiederum mittels der PosGEnnorrr' schen Umschaltung, ob es einen Kinfluss auf die Polarisation übt, wenn der Strom in den Muskel dureh künstlichen Querschnitt ein- und durch natürlichen Längsschnitt aus- tritt, oder wenn er den umgekehrten Weg einschlägt. Hr. Hrrwans sah meist die Polarisation im ersten Falle stärker als im zweiten; jedoch vermochte er gewisse Bedenken gegen diese Wahrnehmung nicht völlig zu beseitigen. Dies führt nunmehr zu einer merkwürdigen hierher gehörigen Beobachtung Hrn. BErNsTEın’s. $. 16. Hrn. BERNsSTEIN’s Versuche über Polarisation der Muskeln. Hr. Bersstein hat unlängst eine grosse Arbeit veröffentlicht, in welcher er eine in sich geschlossene Theorie der elektrischen Er- regungsvorgänge und Erscheinungen an den Nerven und Muskeln zu geben unternimmt, und auch eine Anzahl eigener neuer Versuche mit- ı A,a.0. S.24—.26. BEA), ST. 3 Über den Einfluss der Temperatur auf den Leitungswiderstand und die Polari- sation thierischer Theile. Inaugural-Dissertation. Königsberg 1887. S. 21 fl. Na 04S730: E S ie TEN 3 DE E.puBoıs-Reymonap: Seceundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 673 theilt.' Es ist nicht meine Absicht, hier auf seine sehr beachtenswerthen Aufstellungen einzugehen, welchen eine im Wesentlichen der meinigen sich anschliessende Molecularhypothese zu Grunde liegt; ich bezwecke nur eine Besprechung seiner Beobachtungen über die innere Polari- sirbarkeit der Muskeln und ein “damit zusammenhängendes Phaenomen. Hr. Bernsteım sagt: »Nach neueren Versuchen von E. Herıme findet »überhaupt eine innere Polarisation der Faser nicht statt, wenn die »Ströme parallel ihrer Axe darin verlaufen... In der That lässt »sich der Herme’sche Versuch leicht bestätigen. Man erhält keine »oder nur unbedeutendesNachströme, wenn man den Enden des aus- »gespannten Sartorius den polarisirenden Strom zuführt, und von der »Mitte des Muskels eine kleine Strecke ableitet. Noch besser ist es, »auch die Enden des Sartorius abzutödten, weil die Stromfäden dann »in die künstlichen Querschnitte eintreten, keine Zuckungen ver- »ursachen, und voraussichtlich auch parallel in dem lebenden Stück »verlaufen. Wir werden also hieraus schon entnehmen, dass »die Polarisation bei der Längsdurchströmung nur zwischen todter »und lebender Substanz der Faser stattfindet. Dies lässt sich aber »eanz direct in folgender Weise demonstriren. Hat man den eben »beschriebenen Herrıne’schen Versuch angestellt, und sich von der »Abwesenheit jeder Polarisation in einer mittleren Strecke des Muskels »überzeugt, so zerquetsche man mit einer schmalen Pinzette den »Muskel zwischen den ableitenden Elektroden. Ist die abgeleitete Stelle »vorher stromlos gewesen, oder hat man einen schwachen Strom der- »selben compensirt, so bleibt auch jetzt die Stelle ungeändert, denn »die Muskelströme der beiden Hälften heben sich vollständig auf. »Leitet man aber nun den polarisirenden Strom zu, so sieht man »nach dessen Öffnung eine beträchtliche negative Polarisation auftreten. »Der Versuch ist ein so einfacher, dass es wohl unnöthig ist, be- »sondere Daten aus meinen Beobachtungen hierfür anzugeben. Das »Resultat lässt keine andere Deutung zu. Die Polarisation geschieht »in diesem Falle einzig und allein an der Grenze der todten und »lebenden Substanz. «” Aus unseren Versuchen ergiebt sich, dass Hr. BErnsTEIn. sich nicht in der Lage befand, um die innere negative Polarisation wahr- zunehmen, deren Dasein er deshalb, wie Hr. Here, mit Unrecht in Abrede stellt. Sein eigener Versuch ist aber nicht minder richtig, nur dass es sich dabei nicht darum handelt, dass der Muskel durch die Quetschung negativ polarisirbar wird, denn dies ist er schon ! Untersuchungen aus dem physiologischen Institut der Universität Halle. 1888. 4. S. 29. Aa ON S.139. Sitzungsberichte 1890. 59 67 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12, Juni. vorher, sondern um Erhöhung der schon vorhandenen negativen Polarisirbarkeit durch das Hinzutreten einer neuen Art von negativer Polarisation. Um ihn sicher anzustellen, muss man also natürlich zuerst sich vergewissern, dass ohne die Quetschung bei der ange- wandten Stromdichte und Schliessungszeit negative Polarisation nicht oder nur in einem bestimmten, geringen Maasse stattfindet, wofür sich wegen der verschiedenen Empfänglichkeit der Muskeln keine allgemein gültige Regel aufstellen lässt (vergl. I. ı. 7. S. 1165). Dann führt man die Quetschung aus. Dadurch wird gewöhnlich das Gleichgewicht etwas gestört; mittels des Compensators öder einer angemessenen seitlichen Verschiebung der Schneiden in der dem hervor- getretenen Strom entgegengesetzten Richtung stellt man es wieder her, und sendet nunmehr den Strom, welcher vorher keine oder unbe- trächtliche Polarisation erzeugte, von Neuem hindurch. Bei dieser Ver- suchsweise und bei beiden Riehtungen des polarisirenden Stromes fand ich nun in der That an entnervten Sartorien die Polarisation, wenn auch nicht immer, doch zuweilen deutlich verstärkt, wovon zwei Beispiele folgen. Die Lage der Bussolschneiden war das D unserer früheren Be- zeichnungsweise (I. 1. 7. S. 1148), welcher auch alles Übrige entspricht. Sartorii. I. II. vs’ a: 5 P=—33 y9 Nach 10’ nur noch \e2 Sa a een yı8 Y Saken)ı zoya0 BE eLt23 Polarisation also unsicher. Nun Quetschung. also Polarisation —= Null zu schätzen. TER Ka FE Nun Quetschung. | 3 ii 5 (N): 795 P=— 32. Das Gleichgewicht bleibt fast ungestört. Nach 5 Minuten Te rc a an = £ Te 8 12 5 (80) : [595 P=— 58. 49 I» 5’ (101): 475; P= — 66. Nach 5’ nur noch Nach 5 Minuten ZEN “e f 16 150): )68; P= — 94. 4.69 ie 5’ (105) :.)ı2; BEST ap x! . Alıı NEE y Nach 5’ nur noch Yı2 [> 5’ (ion): 102 P=—ı14 166 |» 5’ (889): Ag; P=— ı29. Y Y Non Nr yR A r | 7 [104 He 5 (107): y33; P=— 137. Die Zunahme der Polarisation bei mehrmaliger Wiederholung des Versuches scheint ein beständiger Zug der Erscheinung zu sein. Es stieg mir der Verdacht auf, dass die Wirkung der Quetschung vielleicht nur auf Vermehrung der Stromdichte an der gequetschten Stelle beruhe.e Um dies zu prüfen, versuchte ich die Stelle auszu- schneiden, und nach aneinandergerückten Schnittflächen die Durch- strömung zu wiederholen. Der Muskel wurde auf gefirnisstem Kork mit Igelstacheln festgesteckt. Da er nach der Zerschneidung nicht mehr gespannt werden konnte, wurde auch seine zu quetschende, dann auszuschneidende Mitte jederseits durch zwei Stacheln fixirt. Sartorius. Jvuu 5’ (130): Y29; P=+6. Also keine Polarisation. Nun Quetschung. {i a BU132).: Yı5; P=-— 55. Nach kurzer Zeit nur noch > 5’(29): 442; P=— 54 Die gequetschte Stelle ausgeschnitten, die Sehnittflächen aneinander gerückt. A al Se lrAa)r: )58; P=— 128. Ir 5Q21): 185; P=— 13. E. pu Boıs-Reynono: Seeundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 675 Wie man sieht, bleibt nach dem Ausschneiden die Polarisa- tion nicht bloss bestehen, sondern erscheint sogar sehr verstärkt. Die Meinung war somit widerlegt, als ob grössere Dichte in der gequetschten Stelle die Ursache der Verstärkung der Polarisation durch die Quetschung sei. Da- gegen ergab sich nunmehr hier- aus eine Form des Bernsteiv’schen Versuches, welche vor der ursprünglichen vielleicht den Vorzug ver- dient. Der Sartorius, wie oben befestigt, wird, ohne ihn erst zu zer- quetschen, zwischen den beiden Paaren seine Mitte fixirender Stacheln mit einem Rasirmesser durchschnitten, und die beiden Sehnittflächen werden miteinander in möglichst innige Berührung gebracht. Damit dies gelinge, muss der Muskel natürlich völlig schlaff sein; mit Rück- sicht auf eine frühere Erörterung (I. ı. 7. S.ı154) verdient bemerkt “ zu werden, dass er dessen ungeachtet _ besondere Polarisirbarkeit zeigte. Sartorii. Ko ER Y DREI — 12% Nach einiger Zeit durch Depolarisation und Veränderung des Muskelstroms h25 1% 5' (98) : A BP 33. Nun Schnitt. 419 An 5 (88): Y107; P=— 126 1% 5’(&): A 82; P=— ı89 I. Ohne Schnitt keine Polarisation. Nun Schnitt. 134 1» 5 (105): Yin; P=— 145. 5: ft 93; P= — 204. 1. Ohne Sehnitt keine Polarisation. Nun Sehnitt. 121 Kın 5’ (59): Y 86: P= — 107. A 1569: 1 95; P=— 184 (Fortgesetzt auf S. 677). einer beim Eintritt des Stromes in vor dem Sehnitt durchaus keine Es kann demnach kein Zweifel daran sein, dass eine Schicht abgestorbener Muskel- substanzzwischen lebender Sub- stanz nach Art einer metalli- schen Zwischenplatte in einem Elektrolyten negative Polarisa- tion annimmt. Innere nega- tive Polarisation der abgestor- benen Substanz kann dies nicht sein, vielmehr muss die Pola- risation, wie schon Hr. BErN- STEIN es aussprach, an der Grenze der todten und der lebenden Substanz ihren Sitz haben; da dann verschiedene Möglichkeiten obwalten. Sie kann entweder nur an einer von den beiden Grenzflächen stattfinden, oder aus zwei Pola- risationen sich zusammensetzen, die todte Substanz und einer 59* 676 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. beim Austritt daraus; diese beiden Polarisationen können gleichsinnig oder entgegengesetzt sein, und überdies gleich oder verschieden stark. Hier greift Hrn. Hermansw’s oben erwähnte Erfahrung ein, wonach der Strom vom künstlichen Querschnitt zum natürlichen Längsschnitt stär- kere negative Polarisation erzeugt, als der entgegengesetzte. Hr. Her- MANN glaubt, wie gesagt, selber nicht recht an dies Ergebniss, und in der That ist seine Versuchsanordnung mit zwei Muskeln, Doppel- elektroden und PosesEnnorrr scher Umschaltung schwer nach allen Richtungen controlirbar. Die folgende Anordnung gewährt, wenn ich nieht irre, grössere Sicherheit. Sie besteht darin, die beiden Enden eines entnervten Sartorius in physiologischer Steinsalzlösung von abzutödten, ihm bei abgerückten Bussolschneiden den pola- risirenden Strom durch die todten Strecken zuzuführen, nach geöff- netem Säulenkreise die Bussolschneiden wieder anzulegen und den Polarisationsstrom vom Aequator und abwechselnd von einem Punkte der einen und der anderen todten Strecke abzuleiten. So bleiben bei beiden Richtungen des polarisirenden Stromes alle Umstände 5 o° unverändert, bis auf den, dessen Einfluss erkannt werden soll, näm- lich den Sinn, in welehem die Grenze zwischen lebender und todter Substanz überschritten wird. Die Zahlen unter O sind die elektromoto- Sartorius mit verbrühten EN 3 R rischen Kräfte am oberen, die unter U die am Enden. 0) U unteren thermischen Querschnitt. Der Strom war 19 m 23 so schwach gewählt (drei Grove), dass er keine He orig m merkliche innere negative Polarisation erzeugte. 5 +— Wie man sieht, ist in den vier ersten Ver- ar “= = 77° suchen stets die Polarisation auf der Seite stärker, x 7 wo der polarisirende und der Muskelstrom gleiche = 2 Se Richtung haben; erst beim fünften Wechsel trübt P. = = = sich die Erscheinung, wie dies bei öfterer Wieder- 158 9; holung von Polarisationen wohl vorkommt. Der >03» > (5) Versuch lehrt zugleich, dass in Bezug auf diese 54 154 Art der Polarisation der mechanische und der Be, = = thermische Querschnitt sich ähnlich verhalten. 35 145 Wegen der am künstlichen Querschnitt statt- >0 &—((61) findenden Polarisation konnte der Versuch über Dr «> Polarisirbarkeit einer Sehnenhaut (s. oben S. 644) P,— 62 < -—ı30 nieht mit einem Schlitz in einem Muskel, sondern En «? musste mit einem Thonphantom angestellt werden. = ng en Soweit wäre diese Angelegenheit aufgeklärt. —- +— Sie bietet aber noch eine Dunkelheit, vor der P— 65 < —% ch bisher rathlos stehen geblieben bin. Sobald ü 5 ß NN E. pv Boıs-Reymosp: Secundär-elektromot. Erschein. an elektr. Geweben. 671 festgestellt ist, dass eine Quetschung oder ein Schnitt der Sitz nega- tiver Polarisation wird, erscheint es als eine unausweichliche Folge, dass eine zweite Quetschung, ein zweiter Schnitt bei gleicher Stärke des polarisirenden Stromes die Kraft der Polarisation verdoppeln, eine dritte ähnliche Verletzung sie verdreifachen müsse u. s. f., gerade wie in einem Satze metallischer Zwischenplatten die Polarisation mit der Zahl der Platten wächst. Ich habe aber zu meinem Erstaunen ge- funden, dass dies nicht der Fall ist. Der Versuch II oben S. 675 wurde in der Weise fortgesetzt, dass in einigen Millimetern Entfer- nung vom ersten Schnitt ein zweiter angelegt wurde. j\ Obschon der aufsteigende Strom in un- | 34 Yın 5' (59): 186; P — 120. Nach dem neuen Schnitt: veränderter, der absteigende in etwas erhöhter & ve Stärke einwirkte, war die Polarisation statt 1» 5'(57): 768; P— 154. Br : De . N ber Y verdoppelt, im ersten Falle nur um '/, stärker, im zweiten aber sogar um '/; schwächer. Bei diesem Versuche konnte man sich denken, dass vielleicht die kurze Strecke zwischen den beiden Schnitten schon abgestorben war. Ich stellte daher einen anderen Versuch in der Art an, dass ich die Bussolschneiden den Säulen- schneiden so nahe wie möglich, und die beiden Schnitte wiederum den Bussolschneiden so nahe, also von einander so weit wie möglich anlegte. SorinslohnerSchnitt Die Stromstärke nach dem zwei- yaı JUL 5’ (69): 450; P— 19. ten Schnitt ist kleiner als nach dem ersten; doch ist nicht daran zu den- ken, dass deshalb die Polarisation, Ne 1» 59: 125 P=—25. Nur schwache innere negative Polarisation. a wenn sie bei gleicher Stromstärke Erster Schnitt. Kıg T» 5769: Aı6z; P= —ı4. verdoppelt erschienen wäre, im Mittel Y um '/;, schwächer ausfiel. Auch von er 5.65: Y 5 P = 168. der öfteren Wiederholung der Polari- Tee Schantk sation kann dies nach anderen Er- \14 T » 5150): A120; P= 134. fahrungen nicht herrühren. Die lange A Strecke zwischen den beiden Sehnit- 1r 560): Y 34; P= 154. ten konnte auch in diesem Falle unmöglich abgestorben sein. Eher wäre Dauererregung der Strecke zu vermuthen, da es dann nicht bedeutungslos wäre, dass an der Grenze einer in Dauererregung begriffenen und einer abgestorbenen Strecke keine Polarisation stattfände. Doch war von solcher Erregung dem Auge nichts bemerkbar, und so muss die Aufklärung dieses Dunkels ferneren Versuchen anheimgestellt bleiben. “ ‚ir a) A ‚iur il; af { 2u a MIN Über die chemische Natur der Turmaline. Von Ü. RAMMELSBERG. R der Sitzung vom 22. Juliı850 legte Hrısrıcn Rose der Akademie eine Abhandlung von mir über die Zusammensetzung der Turmaline vor,' welehe sich über 30 Abänderungen erstreckte, und eine zwar ähnliche, aber nicht gleiche Constitution aller Glieder als Resultat ergab. Fortgesetzte neue Versuche, seit jener Zeit unternommen, dienten zur Berichtigung der früheren. Neben Fluor entdeckte ich den Gehalt der T. an chemisch gebundenem Wasser, und endlich gelang es mir nach Verlauf von 20 Jahren das erstrebte Ziel zu erreichen und für alle T. die gleiche allgemeine Formel zu finden. Dieses Resultat habe ich der Akademie am 19. Juli 1869 mitgetheilt.’ Es lässt sich in wenig Worten aussprechen: Alle T. sind Drittelsilicate, sind isomorphe Mischungen der drei Molecüle. RSSiOS — RBSiO5 — RSiOS. Es ging hervor einerseits durch Einführung des Wasserstoffs in die Reihe der einwerthigen Alkalimetalle, und andererseits durch die Annahme, Aluminium und Bor seien Vertreter, welche die sechs- werthigen Elemente bilden. Aueh diese Arbeit enthält die Analyse von 32 Turmalinen. In den nun verflossenen 20 Jahren traten vereinzelte Unter- suchungen Anderer hervor, welche mit den meinigen im Einklang standen, bis Rıcss im Jahre 1888” eine Reihe von 20 Analysen ameri- kanischer T. bekannt machte, und Anfangs 1887 Jannascn und CALB die Resultate von 9 Analysen publieirten.” Rıses behauptet, meine Resultate seien in wesentlichen Punkten unrichtig, namentlich in Betreff des Wassers und der Borsäure. Wie sich aus einer näheren Kritik seiner Arbeit ergeben wird, macht die- ! Monatsberichte S. 273. 2 Monatsberichte S. 604. 2 Am. J. Sc. XXXV. 35. * Ber. d. D. chem. Ges. 22, 216. 680 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 12. Juni. selbe den Eindruck, dass dabei die Hand eines geübten Mineral- chemikers nicht zu erkennen sei, der die Schwierigkeiten der Auf- gabe zu lösen vermag. Jannasch hat, wie ich glaube, sorgfältig gearbeitet; er hat auch dasselbe allgemeine Resultat wie ich gewonnen; wenn er aber behauptet, die Borsäure im T. sei bislang nicht direct bestimmt worden, so verräth er dadurch, dass er meine Abhandlung’ nieht kennt, denn in der- selben habe ich eine Reihe direeter Borsäurebestimmungen mitgetheilt. Diese neueren Untersucher legen besonderen Werth auf die von ihnen benutzten verbesserten Trennungsmethoden der Bestandtheile und sind sehr geneigt, die älteren Analysen als verbesserungsbedürftig zu betrachten. Wie kommt es dann aber, dass JannascH z. B. solche mittheilt, welche 1.32 und 1.95 Procent Überschuss aufweisen? Aber auch die genaueste Analyse einer einzelnen Abänderung hat einen geringeren Werth für die Kenntniss eines Minerals, als eine vergleichende Untersuchung einer ganzen Reihe von Abände- rungen, weil selbst die besten Krystalle nicht immer in ihrer ursprüng- lichen Beschaffenheit und frei von fremden Einschlüssen uns zur Ver- fügung stehen, und weil nur nach Untersuchung möglichst zahlreicher Vorkommen die störenden Einflüsse und die Fehler einzelner Analysen erkannt und beseitigt werden können, wenn es gilt, für alle einen den chemischen Gesetzen entsprechenden Ausdruck zu finden. Den zuvor erwähnten neueren Arbeiten reiht sich eine solche von SCHARITZER” an, welcher drei T. von ScuÜürtEnnorzen nach ihrem Vorkommen, ihren morphologischen Eigenschaften und ihrer Zusammen- setzung beschrieben hat. Bezüglich dieser sei nur bemerkt, dass der (aus dem Verlust berechnete) Gehalt an Borsäure = 7—8 Procent offenbar zu klein ist. Von den Bestandtheilen der T. verdienen Fluor, Wasser und Borsäure eine besondere Erwähnnng. Fluor. In 19 Abänderungen fand ich 0.15 — 1.19 Procent dieses Elements; die neueren Angaben gehen von 0.06— 1.15 Procent, wobei es auffallen muss, dass der grüne T. aus Brasilien nach Rıces nur 0.14— 0.32, nach JannascHh aber 0.98— 1.15 Procent Fluor enthält. Die geringe Menge Fluor, welches nach meiner Ansicht hier wie im Glimmer u. s. w. Sauerstoff ersetzt, ist auf die Rechnung ohne Einfluss. Wasser. Wie ich gezeigt habe, enthalten alle T. chemisch ge- bundenes Wasser, welches erst in der Glühhitze entweicht. Aber ich ! PoseseEnp. Ann. 139, 379 U. 547. 2 GrowrH, Zeitschr. 15. 337 (1889). e> I : : - h Ye RınmnELsBEeRG: Über die chemische Natur der Turmaline. 681 hatte in jener Zeit kein Mittel, es direct zu bestimmen, weil der Glüh- verlust durch gleichzeitig entweichende Fluorverbindungen vergrössert wird. In den neueren Arbeiten ist das Wasser direet bestimmt worden, und zwar theils dureh Glühen mit wasserfreien Alkalicarbonaten (Rıses, SCHARITZER), theils mit chromsaurem Blei (JaxsascnH). Die erstgenannte Methode dürfte wohl einen etwas zu hohen Wassergehalt ergeben. Es lässt sich leicht zeigen, dass das fundamentale Atomverhält- niss R:Si in meinen Analysen sich nicht wesentlich ändert, mag man den gesammten Glühverlust als Wasser ansehen, oder, wie ich es that, die aus dem Fluor berechnete kleine Menge SiFl* davon abziehen. Soviel steht fest: Die Menge des Wassers ist etwas kleiner als der Glühverlust. Borsäure. Diesen charakteristischen Bestandtheil der T. habe ich in 7 Abänderungen nach der von H. Rose und A. STROMEYER gegebenen Vorschrift als Borfluorkalium bestimmt, und sehr befrie- digende Resultate erhalten. Rısces wandte das Verfahren von GoocH, ' Jannascn das von Bopewis verbesserte von Marısnac an. So fanden B? 03 RammeELsger@ (7 T.) 9.52 — 11.64 JANNASCH (975) 79.09-10.74 Rıcss (20° T:), 8.92- 10.70 Vier Andere (4 T.) 9.40— 10.87 Diese Zahlen sprechen nicht zu Gunsten einer der verschiedenen Methoden, sie beweisen zugleich den fast constanten, nahe 10 Procent betragenden Gehalt der T. an Borsäure. Die indireete Bestimmung in 25 meiner Analysen ergibt eben- falls im Mittel 9.55 Procent, liefert mithin gleichfalls ein der Wahr- heit sehr nahekommendes Ergebniss, so dass ich die von Rıees gegen meine Borsäurebestimmungen ausgesprochene Verdächtigung als voll- kommen unbegründet zurückweise. Aluminium und Bor bilden die sechswerthigen Ele- mente des T. Ihre Isomorphie erweisen das krystallisirte und das graphitartige Bor. Thonerde und Borsäure sind isomorph, denn der Korund hat die Form des Jeremejeits (Al’O° + B?O?), und Datolith und Euklas sind gleichfalls isomorphe Drittelsilicate. Das Atomverhältniss ist B: Al in den T. ist = ı:2 (in der grossen Mehrzahl) oder 1:3. In manchen scheint es = ı:2.5 zu sein. ! Im grünen T. aus Brasilien ist es nach mir und Jansasch — 1:3, während Rıses ı:2.7 fand. 682 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. Die Frage nach der eonstanten Zusammensetzung der einzelnen Turmaline. An einem und demselben Fundort finden sich T. von verschiedener Zusammensetzung, die sich schon durch ihre äusseren Merkmale (Farbe) zu erkennen geben. Elba, Chesterfield, Paris, Auburn, Schüttenhofen sind Beweise hierfür. Das Vorkommen rother T. in grünen Krystallen und umgekehrt erinnert an die überwachsenen Krystalle isomorpher Salze. Da wo die Farbe nicht entscheidet, können anscheinend homo- gene Krystalle in ihren einzelnen Theilen ungleich zusammengesetzt sein, und die Analyse eines T. gewährt keine Sicherheit dafür, dass eine zweite Probe von demselben Fundort genau dieselben Zahlen liefern werde. Derartige Umstände mögen der Grund sein, dass manche Man T.-Analysen nicht ganz einfache Atomverhältnisse der R, R und R ergeben. Abgesehen von solchen, giebt es aber auch zahlreiche T. von den verschiedensten Fundorten, welehe durch das constante und einfache Atomverhältniss der R beweisen, dass sie selbständige, einheitliche Verbindungen sind. Dies gilt z. B. von 23 Abänderungen, in welchen Kemese 1: 12.7.5 üst Resultat der Berechnung der Analysen. Wenn alle T., wie wir behaupten, Drittelsilicate sind, müssen die At. der R, auf einwerthige redueirt, zum Si= 6:1 sein. Dieses Resultat hatte sich aus den eigenen Analysen von 32 Turmalinen ergeben, und findet in der Mehrzahl der neueren seine Bestätigung. Denn wenn man sämmtliche Analysen in diesem Sinne berechnet, so ergiebt sich bei 55 die Proportion R:Si— 5.7.32 bis 6.3.0 Nur einzelne der neueren zeigen ein grösseres Verhältniss der R, welches bei Rıses sich zuweilen auf 6.5, in eınem Fall sogar auf 6.7 erhöht. Man wird es wohl für höchst unwahrscheinlich halten, dass einige amerikanische T. basischer seien, als alle übrigen, und muss solehe Abweichungen den Fehlern der Analysen oder der Beschaffenheit des Materials zuschreiben. Zur Zeit liegen 70 Analysen der T. von 64 Fundorten vor, also Material in genügender Menge, um über die chemische Natur der Gruppe Aufschluss zu erhalten. Die hier mitgetheilte Arbeit enthält die Resultate einer erneuten Berechnung des Materials, sowie eigener wiederholter Analysen der T. von Gouverneur, Pierrepont und Windischkappel. Sie hat meine vor 20 Jahren ausgesprochene Behauptung, alle T. seien Drittelsilicate, u = RaAnmELSBERG: Über die chemische Natur der Turmaline. 683 vollkommen bestätigt; sie zeigt, dass auch Jawsascn zu demselben Resultat gelangt ist, und dass nur etwa die Hälfte der Analysen von Rıses als incorreet bezeichnet werden muss. In Folge dieser Revision bin ich dazu gelangt, die Glieder der Gruppe in einzelne Reihen zu ordnen, welche durch das Mol.-Ver- hältniss der drei constituirenden Silicate gebildet werden. Allgemeine Turmalinformel XRÖSIOS YBR’sio‘ eco: EINER (lin) — Mg,Fe(Mn, Ca) — Al,B (Fe, Er). SD: X- r | I. Reihe. REEOVEERZ, BEBeBeS 10:52:60 Dee Hierher gehört der schöne braune fast eisenfreie Magnesia-T. von Gouverneur, den ich kürzlich von neuem untersucht habe. Eine derbe Abänderung von diesem Fundort, und zwei ähnliche von Dekalb. N. Y., und von-Hamburgh, N. J., sämmtlich von Rıses analysirt (der letzt- genannte offenbar nicht rein), reihen sich an, während nur ein ein- ziger eisenhaltiger T., von Pierrepont, gleichfalls kürzlich von mir untersucht, in diese Reihe gehört. II. Reihe. REYEIZ RER Be 7:20:39 EN ER Sie umfasst 23 Repraesantanten, von denen ich 18 untersucht habe. Ausser dem gleichfalls neuerlich von mir analysirten brauen fast eisen- freien T. von Windischkappel sind es braunschwarze oder schwarze Abänderungen, in welchen Fe:Mg=1ı:7 bis 7.5: ı varürt. In diesen beiden Reihen ist B: Al=ı:2. III. Reihe. 684 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. Hier sind 15 schwarze oder blauschwarze, öfter blau durchscheinende T. zusammengestellt, welche ziemlich eisenreich sind, da Fe: Mg = I DISS Aa In der Mehrzahl scheint B: Al= ı:2.5, zuweilen =ı:3, und — IE PEZUESEINE IV. Reihe. RENVeZ R:R:R:Si 8 1086 a Bye 2000 Einzig und allein der Chrom-T. von Syssersk ist hierher zu stellen, in welchem Fe: Mg 7.:3 und: Cr :;B 2 Al Z1 29 2475ind: V. Reihe. X:Y:Zus R:R:R:S 30:77:18 SEIEN 338 Dies sind die grünen T., von denen ı2 Analysen, darunter 5 von brasilianischen vorliegen. Während B:Al in den Abänderungen von Elba, Paris, Schüttenhofen und nach mir und Janxasch in den bra- silianischen = ı :3 ist, giebt Rıces in diesen, und in denen von Auburn und Rumford ı: 2.5 — L:2.7 an. VI. Reihe. I R:R:#:Si ET] BIEHT4EO 00,83 Nur der rothe T. von Schaitansk, welcher statt Eisen Mangan ent- hält, während B:Al=ı:3 ist, lässt sich hierher stellen. VI. Reihe. ER R:R:R:Si 6:21:30 ER LS Tele Der rothe T. von Paris, von mir, und ein grünlicher von Auburn, von Rısss untersucht. Ersterer ist frei von Eisen. B:Al ist in ihm — 7 23, im letzten angehbhcehr _ 17:2.07. VII. Reihe. REN. 02 R:R:R: Si OR: 95,7: 18: MIET Das Der rothe T. von Schüttenhofen und ein röthlicher bis farbloser aus Brasilien, beide ein wenig Fe neben Mn und Ca enthaltend, B:Al ist in beiden =1:3. "Y . . r r . * < RammetsBERG: Über die chemische Natur der Turmaline. 685 Wahrscheinlich gehört hierher auch der rothe T. von Rozena, welcher jedoch theilweise in Lithionglimmer verwandelt ist. IX. Reihe. Be RE VA EZ RaR=-R: Ss RB7E0: go 2O 10: 2022 96.398 Der blassrothe und farblose T. von Elba und ein derber von Rumford bilden diese an R ärmste Reihe. Auch hier ist B: Al=ı: 3% Die Zahlen der letzten Reihen, deren jede nur wenige Glieder enthält, können willkürlich gewählt erscheinen; die Analysen ver- mögen nicht zu entscheiden, ob andere naheliegende richtiger sind. Allein sie gestatten, zwischen allen einzelnen Reihen gewisse Be- ziehungen zu erkennen; denn da X:Z stets entweder —=ı:6 oder — 7:9, ist, so wird 1. X+62)42Y 1X oz) 2Y ER CZ IV CEO Nat ei Sa oz) N VO. 6 X +6Z)+Y VO. gX+62)+Y R. 15 XK+6D)+Y. Meine vor 20 Jahren abgeschlossene Arbeit erfährt dureh die neueren keine Änderung. Jansason ist genau zu demselben Resultat gelangt, und etwa die Hälfte der Analysen von Rıscscs entspricht demselben; dennoch haben gerade die minder correeten Angaben des Letzteren neuerlich Anlass gegeben, Turmalinformeln zu construiren, und alle übrigen Versuche (worunter 38 von mir) gleichsam als nicht vorhanden zu betrachten. Solche Formeln, auf unrichtige Thatsachen gegründet und das Gesetz der multiplen Proportionen ausser Acht lassend, wie sie von WÜLFING, SCHARITZER und V. (GoLDSCHMIDT VOr- geschlagen sind, haben keinen wissenschaftlichen Werth. Ubersicht der Turmalinreihen. ! R:Si ist das gefundene Verhältniss sämmtlicher R, auf ein- werthige redueirt, zum Si. Fe schliesst Mn, Mg schliesst Ca ein. Abkürzung der Autornamen: G. Cossa Rs. Rıees E. ENGELMANN SA. SCHARITZER J. JANNAScH So. SOMMERLAD R. RANMELSBERG Sw. SCHWARZ 686 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. | R:Si | Fe: Mg TI TON VErDEUT. ee euer R. 5.95:1| 0 N Ve Ahle ee Rs. 6.03 0 Sn a Dekalbeg -rrsre: Va nee Rs. 6.4 © 3@ Hamburchre er een Rs. 6.7 o 4 |WBiernepont lese re R. 6.0 | Y ee Rs. 6.2 a NEOTEN EA RR 5= | Windischkappelss.er 0er > R. DE o 6A OTLordN er. N fer R. 5.9 2 De ee lee ee Rs. 6.4 | =” 7a "Zillerthale zer ee re R. 6.08 | Eu Bo lu MEXAS 7: Auen rn R. 5.9 ja 94], Eibenstack! .. vr... Er Becker R. 5.9 Vo. Monroe ee re: R. 6.06 | TRUE, wer le Mais Rs. 6.1 u Gedhaabkrten... er R. 5.8 TelA 124 Hlavredal' 2. er R. 6.0 | ass 1737| KSDArUmM PR re J. Om2. 14H Oblapianı..z2.12.1e,2 arrelera: J. 6.3 1: 2.66 25. 1uGotthard.. see ae R. 5.84 | hat 26. .Nantie Gulf 2 ee Rs. 6.4 ; 27. Damatarwe 2%) rer d. 5.8 | 18% 14 Hiadldam v2... 22er R. 5.8 a N Ni ante Rs. 6.3 TE yT TO, Ramfossen... 2. eier R. 5.8 TE-ATE5 >oAMElba; schwarzer ee R. 5.6 17a], De AUmSLy:..2.27.0.r. ee ee R. 5.9 DICHT 2 MRTLUMIN AI I er. Ra 6.0 | 2 28 Lamgenbielau..tuStReRunee:. R. 5.8 244 Dekalbe. 2.0 Ran > R. 5.8 2001 25, MBOVEy, Tracy:z ala... R. 5.9 BE 20 WRrumbachke ee nen.. R. 6.0 OSART, 2 Adress berg, 1. Nemanee > R. 6.0 ERS } 43. NIE DEBRER Zee VEInENIeon dene ad Siomye Bomann MountsBischofe sata Bredrar blaneasıı 2. aan: Brasilien, 'schwazz ......... IPARISSESCHWVARZU En ee S: Pietro, .Elba, schwarz... .. Iiesinskae et INabaschkape 0 San: el skollentet oHall.ot.e. is: eufall ey. arte Sarapulslrn.. pn a. SED: ln INUbuUrnS SChwarz cl ee nn. Sehüttenhofen, blauschwarz. . GOShenwe en ee snearae BUCHWOrUDW ee ee SIRIERIE ua Ws DEN Zee (Grüne Turmaline.) Bas Gamponlongoniiir. .2 12... BDA IR UN ER » Mablassam.unsmnı 2. » solivensrün........ Auburn,sbelepreeeen..: », dunkel ser: Rumtord. rasen. Schüttenhofeneer ee jöhesterfield‘.., er ee [e}) 3 ı N Su oe a errenee) & 08 =. > 08 [98 - 688 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Juni. — | R: Si Fe : Mg ME DENE NEE En 7: 57. Sehaitansk, Toth........... R. Ga 31 2.S VER E:SYEI7 265123 Ba Panisz. rot. er en. R. Sa en 59.1 Auburn, grünlich. +. 2... Rs. 0) 5 VIER NV.Z = geressne 60. | Schüttenhofen, roth......... Sa. 6.08: Ta3Er Dre aBrasiliens srörhlichesger er. 2 FR: 625 DET HE DRozena robh een: R. BEI RENTE EN 390) 63.) Elba, röthlich und farblos R. O.eat 25 Gam BRummtord, rothe ee Rs. 6.5 10.5 Meine Arbeit hatte den Zweck, die eigenen Analysen mit den neueren, insbesondere denen von Jannascn und Rıcss, zu vergleichen. Ich habe jenen einige neue Versuche mit den T. von Gouverneur, Windischkappel und Pierrepont hinzugefügt. Es hat sich ergeben, dass meine vor 20 Jahren ausgesprochene Behauptung, alle T. seien Drittelsilicate, volle Bestätigung findet, der auch Jannascn in einer Formel Ausdruck gegeben hat. Leider haben diejenigen Analysen von Riees (es sind ihrer 9, in welchen R:Si von 6.4:ı bis 6.7:ı differirt), welche etwa 60 anderen gegenüber stehen, mit vollständiger Ignorirung dieser, An- lass gegeben, Turmalinformeln zu bilden, welche von unrichtigen Thatsachen ausgehen, und den auch für die Silieate geltenden chemi- schen Gesetzen keine Rechnung tragen. Die von WÜLFING, SCHARITZER und V. Gorpscauumr in dieser Richtung gemachten Annahmen haben deshalb keinen wissenschaftlichen Werth. Die ausführliche Arbeit mit den Berechnungen sämmtlicher Ana- Iysen wird in den Abhandlungen der Akademie erscheinen. Ausgegeben am 19. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 68) 1890. XXX SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 19. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Seeretar: Hr. Currıus. Hr. von Bezorn las eine Abhandlung: Zur Theorie der Cy- klonen. Die Mittheilung erfolgt in einem späteren Hefte der Sitzungs- berichte. Vom vorgeordneten Ministerium ist am 10. Juni ein weiterer Zu- schuss von 3000 Mark für die Publication der antiken Münzen von Moesien, Thracien und Macedonien bewilligt. Sitzungsberichte 1890. d 60 691 Über orthogonale Systeme. Von L. Kronecker. (Fortsetzung der Mittheilung vom 22. Mai |St. XXVI und XXVIll.]) VI. D:. Behandlung von Systemen (7,). welche so beschaffen sind. dass 7% = 7% ist, kann dadurch ersetzt werden, dass man ein System von unbestimmten Variabeln o,. im Sinne der Congruenz für das Modulsystem mit den u n (n-+- ı) Elementen: (M,) Oi, Op I Op (,k=1,2,...n;i on Var = IP Vor = O, ) (h,k=1,2,...n) = —ı Die mit V,; bezeichnete Function der Variabeln » entsteht aus V;., indem man in jeder der Variabeln v,, die beiden Indices mit einander vertauscht, d. h. also indem man »,, durch »,,; ersetzt. Substituirt man aber —v,, für v,, so geht V,, in (— 1)" ""V,. über. Es besteht daher für das Modulsystem (M,) die Congruenz: V„=(=ı1) "V, (Wk 2) oder: / oV oV (45 ) Pr — — 1)" = (etneenaon) Ip Od und folglich für gerade Zahlen x: 60* 692 Gesammtsitzung vom 19. Juni. — Mittheilung vom 22. Mai. OR, % oV (46) V=--=o (Ep en)! dv; Wird in der Gleichung (45) die Determinante nter Ordnung V Oo durch die Determinante (rn — ı)ter Ordnung ae ersetzt. so resultirt 1277 die Uongruenz: o?V 0°V (47) <—— = (1) ——— (A A,.k— 2er)! 097,00, Nimmt man nun n als gerade an, so erschliesst man mit Be- nutzung der Uongruenzen (46) und (47) aus der Determinantenrelation: o?°V 0o°V eV 0?V oV u 02,0%; ’ Or dr OO 00% f AITRRIIE IN oneN 09,1 00, 00x WiRT,2,..n; zu h=k) die Congruenz: Q o?V oV we 0?V z nein (49) 09,,0%, Dom day do ( hzZiu, hZk ): Setzt man ferner voraus, dass die Determinanten (2 — 2)ter Ordnung: eV dr an ii (49) Quadraten congruent sind, und bezeichnet man diese mit ®,,, so nimmt die Congruenz (48) die Gestalt an: N — 0’V 5 (r DE ') ; = N z R ER > Oyyy Od, ) < und da (M,) ein Primmodulsystem ist, so muss bei geeigneter Be- stimmung der Vorzeichen von ®,,, VB); die Congruenz stattfinden: Ko 0°) Narr 5 si pi Dar — a) A WERNE P ev hh © O4 ik I Macht man hiervon, sowie von den Üongruenzen: {on} (NZ Ze lt: (Ka, 21. Sons Rn) in der Darstellung der Determinante V: ze oV = 08V sa Bi a) — Ih 7 7 > 2%; — 004,00; hzi,hzk Gebrauch. so erhält man die Congruenz: EL 4 => Bu; Dur On On ( hzi,hzk Er welche, wenn zur Abkürzung: Kronecker: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 693 gesetzt wird, in folgende übergeht: (50) Vv= W(modd. »;, 9%. -+ v,) @k=1,2,...n). Auf diese Weise folgt aus der Voraussetzung, dass die Determinanten (rn — 2)ter Ordnung (49) Quadraten congruent sind, eben dieselbe Eigenschaft für die Determinante »ter Ordnung V, und da diese Eigen- schaft den Determinanten zweiter Ordnung offenbar zukommt. so ist sie für Determinanten jeder geraden Ordnung erwiesen. Die Congruenz (50) drückt aus, dass eine Gleichung besteht: Ve: +YuB; + > (du + 94) Pi. GE—U2, ni d \% » N Q db ®; 0b, Kara = 2B N) = IE >= Da A) tr > >. ® ike Fr 2) N R Sr Pn: Ed,n c Ögn u Öyn a c Ogn Een > so besteht das angegebene Modulsystem, welches mit (M/”’) bezeichnet werden möge, in Wahrheit nur aus den Elementen: —n Ilm — 6 DI zn yon D yon a, ee. und aus den -n(n +1) Elementen: VO, Ca t On (een Das in den Congruenzen (55) enthaltene Resultat kann hiernach, wenn n — m —= 2m gesetzt wird, in folgender Weise formulirt werden: Im Sinne der Congruenz für das Modulsystem (M,"*"") be- ginnt die Entwickelung der Determinante: laut vor | GE=1,2,...N) nach steigenden Potenzen von v» mit »"”°", und die Ent- wiekelung jeder ihrer ersten Subdeterminanten mit „""" oder einer höheren Potenz von v. Nun ist die bilineare Form: ——— u BAU 2 En) die reciproke der bilinearen Form: I Or N I Pnwiye + I Bey oder > = +9, ]0Y% Gk=u2,...n); ur k 5 i,k L Ree. 696 Gesammtsitzung vom 19. Juni. — Mittheilunz vom 22. Mai. das vorstehende Resultat kann demnach auch, wenn man die Reei- proke einer Form f zur Abkürzung mit Ree. (f) bezeichnet, durch die Congruenz dargestellt werden: ER 6 R ie e RN 2 A) A) a { = + 34) Ye) * > ET > ES =, I Yr (modd. (14), oe N U re ei: (,k= LIE E 1,2,...15 I=n—2m, n—2m-+ 1...) und hieraus folgt, dass, wenn man zu den Elementen des mit (Mean) bezeichneten Modulsystems noch das Element © hinzunimmt, die Con- gruenz besteht: z ge (m —ı) - — Ü; N y 2 = — d V; ’ ! (56) Ree.| >| +5,\0y,\- > DB => > zy. NT, AN | Wa — me ee Terme. veem mn sm) Setzt man für die n? Variabeln v,, ganze Grössen eines Rationalitäts- bereichs (WR, RW”, .. .), und entnimmt man aus demselben Bereich ein Modulsystem (M,M”,...), welches in allen Elementen des Modul- systems (M/”), also sowohl in jeder der „n(n-+ı) Grössen: Vs Oct Op (NK Ren re) als auch in jeder der Grössen: I EST enthalten ist, für welches aber die Grösse: > (B" — 2m) ): # nieht congruent Null ist, so erhält man die Congruenz: 5 E ’ Di \ AT(m-ı) Oh = NN ON ; es Ree.| > | — +) DB) =I I — — zy, (modd.v, WM —\ u u u u N v. i,k x uk x ik (% nn ee N) — 2m) Die Coefficienten der bilinearen Form auf der rechten Seite sind Sub- determinanten (a — m)ter, d. h. also zmter Ordnung. Die Subdeter- minanten gerader Ordnung bleiben aber, wie schon oben dargelegt ist, im Sinne der Congruenz für das Modulsystem (M,), also auch für das darin enthaltene Modulsystem (e,M,M”,...), ungeändert, wenn man die Horizontalreihen und Vertiealreihen ihrer Elemente mit einander vertauscht. Die bilineare Form auf der rechten Seite der Congruenz (56°) ist daher symmetrisch. VL. Legt man den »° Variabeln »,. reelle Werthe r,, bei, welche den Bedingungen: el ua (6) (ik = 1, 2, 2.) genügen, also die Coeffieienten einer alternirenden bilinearen Form KRrosEckER: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 697 bilden, und welehe überdies so beschaffen sind, dass die Entwickelung der Determinante: |r« + 00, | We Dem) nach steigenden Potenzen von v ‚genau mit o” beginnt, so müssen die m Gleichungen bestehen: Bien 0 ee ): in welehen ®” ganze ganzzahlige Functionen der reellen Grössen r,. sind, und es müssen daher die sämmtlichen Grössen: DU Be :) — !=0,1,...m=ı selbst gleich Null sein. Es sind also dann die sämmtlichen Elemente des oben mit (M”") bezeichneten Modulsystems gleich Null, und die Entwickelung jeder der ersten Subdeterminanten von: ru + 06; | Ban) fängt daher mit o””" oder einer höheren Potenz von v an. Nimmt man für die oben mit WM, M”,... bezeichneten Modul- system-Elemente die folgenden: > N Ge el ee welche, sobald man die Variabeln »,. durch die Grössen r,, ersetzt, sämmtlich gleich Null werden, so redueirt sich das Modulsystem in der Congruenz (56) auf den einfachen Modul v. Nimmt man endlich auch vo—=o, so geht die Congruenz (56‘) in die Gleichung über: av 57) limRee. ec 8.) — - Ye (57) lim Rec _ +94); Yr ya Pr a U; Yk 0 A vorausgesetzt, dass auf der rechten Seite in den mit WW” und AP bezeichneten ganzen Functionen der n’ Grössen v,,, für diese die ent- sprechenden reellen Grössen r,. substituirt werden. Die bilineare Form auf der rechten Seite der Gleichung (57) ist, wie schon am Schlusse. des vorigen Abschnittes erwähnt worden, symmetrisch; es gilt daher der bemerkenswerthe Satz: Die Reeiproke der bilinearen Form: 2 Tal Ye Fr >27 BR 2 nee 20), d. h. also des Aggregats einer bilinearen alternirenden Form (58) mit reellen Coeffieienten, dividirt durch vo, und der sym- metrischen Form > 2%, nähert sich, wenn man v bis zu Null abnehmen lässt, einer symmetrischen bilinearen Form, deren Coeffieienten reelle (endliche) Werthe haben. Sitzungsberichte 1890. < 61 „ 698 Gesammtsitzung vom 19. Juni. — Mittheilung vom 22. Mai. Dieser Satz lässt sich noch allgemeiner in folgender Weise formuliren: Wenn f und f’ zwei conjugirte bilineare Formen mit reellen Coefficienten: aa, 2 — Ar Yı % (‚k=1,2,...n) i,k bedeuten, und die Determinante der symmetrischen Form f+f nicht gleich Null ist, so nähert sich die Reciproke der bilinearen Form welche eine Schaar mit conjugirten Grundformen darstellt, für w+ı1=0, einer symmetrischen Form mit reellen (end- lichen) Coefficienten. Setzt man nämlich: Da WW —, DE so geht über in: wtf wHI GNtEitr% und wenn nunmehr die symmetrische Form —(f+f) durch congruente Transformation in die Form k=n a Kt £ ; E w + verwandelt wird, bleibt die Form -(f—f‘) alternirend, und el 2 w+1 erhält also in der That die obige Gestalt: I I Tal yı + >37 Yr (‚k=1,2,...n), ü,k k in welcher die Coeffieienten 7,. die Bedingungen: > Omar ER (By mar sen) erfüllen. Die vorstehenden Sätze haben übrigens nur eine Bedeutung, wenn die Determinanten der alternirenden bilinearen Formen: Drasiyı; —(f-f) WE morren) i,k gleich Null sind; denn anderenfalls werden, für o»=o oder w+ı=o, in den Reciproken der bilinearen Formen: KronEckErR: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 699 I EN ey > Fr Vi Yr +2 I Ye : % i,k uf+f AS N die Coeffieienten sämmtlich gleich Null. In dem obigen mit (58) bezeichneten Satze findet die am Schlusse des art. V erwähnte Frage ihre Erledigung, nämlich die Frage, wie man sich bei der Cayıry’schen Darstellung orthogonaler Systeme (c,,) denjenigen, welche zugleich symmetrisch sind, nähern kann. Denn bei dieser Darstellung wird das System der Elemente: N — Ci + 0% WAZ 1,2 m) als das reciproke eines Systems von Elementen 2/, charakterisirt, welche den Gleichungen: le + be; = OÖ: N en) genügen, oder also auch als das reciproke eines Systems von Elementen: ER + dx War m), E welche die Bedingungen erfüllen: Gl, Were © WI 2ER): Nun können die Elemente eines reciproken Systems, als die nach den einzelnen Elementen des ursprünglichen Systems genommenen partiellen logarithmischen Differentialquotienten der Determinante, wenn diese gleich Null wird, nicht sämmtlich endliche Werthe behalten. Bei Annäherung an Systeme (6. + -0,), deren Determinante gleich 5 > b Dr Fik : Null ist, muss daher wenigstens eine der n’ Grössen — über jede 5 Grenze hinaus wachsen. Erfolgt nun die Annäherung in der Weise, dass man für die n’Grössen r;. irgend welche endliche Werthe, wofür die Determinante |r,.| gleich Null ist. festhält und v bis zur Null hin abnehmen lässt, so nähert man sich, wie der obige Satz (58) zeigt, A Fir N 2 i stets einem zu dem Systeme | — -+ d,. reciproken symmetrischen - © « Systeme (64 +04), dessen Elemente endliche Werthe haben, und dessen Determinante gleich Null ist.. Das auf diese Weise aus dem Fir 5 3 ? Systeme [| +0,.] resultirende System der n? Elemente c,. ist daher N 3 } zugleich orthogonal und symmetrisch. (Fortsetzung folgt.) Ausgegeben am 26. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei L { - Ä, vr Er. Er uhl Turm LEE bu SEPELA Adam‘ u 2 a 701 1890. XXX. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 26. Juni. Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Ulasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Kıeın las die umstehend folgende Abhandlung: Krystallo- graphisch-optische Untersuchungen an Rhodizit, Jeremeje- wit, Analeim, Ohabasit und Phakolith. 2. Hr. Warpeyer legte die gleichfalls hier folgende Mittheilung des Hrn. Prof. L. Aurrsacn in Breslau vor: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. I. Mittheilung. Sitzungsberichte 1890. 60 > en: 703 Krystallographisch-optische Untersuchungen, vorgenommen an Rhodizit, Jeremejewit, Analeim, Chabasit und Phakolith. Von Carr Kreıin. A. Eimleitung. 1. Beobachtungsinstrument. Aıs Beobachtungsinstrument wandte ich zu den vorliegenden Unter- suchungen ein completes Mikroskop mit Nebentheilen an, wie ein solehes durch Hrn. Furss kürzlich im Neuen Jahrbuch für Mineralogie u. s. w., 1890, Beilage B. VIl, S. 55 —89 beschrieben worden ist. Dieses Instrument ward mir durch die Königliche Akademie der Wissenschaften dahier für meine Untersuchungen zur Verfügung ge- stellt. Es besitzt ausser den oben erwähnten, bereits beschriebenen Nebentheilen einige Vorrichtungen zum Erwärmen der Krystalle, die Hr. Furss nach den Angaben construirt hat, die ich ihm über den Zweck und die Verwendung besagter Apparate mitgetheilt habe. Er wird seinerseits genannte Erwärmungsvorrichtungen noch näher mit Rücksicht auf das Detail ihrer Construction schildern, während hier mehr eine Übersicht über sie und ihre Anwendung gegeben werden soll. Im Ganzen sind drei Erwärmungsvorrichtungen geplant, von denen zwei für alle wichtigsten Versuche ausreichen. Es nöthigt nur die Kostspieligkeit einer derselben, die Construction einer sie in der Hauptsache ersetzenden, einfacheren vorzunehmen. Mit dieser letzteren ist Hr. Furss zur Zeit noch beschäftigt, die beiden anderen sollen hier beschrieben werden. a. Erhitzungsapparat für Temperaturen bis zu 450° C. Dieser Apparat ist darauf berechnet, bei dem Mikroskop in dessen verticaler Stellung angewandt zu werden, hauptsächlich zu ! Man kann natürlich mit dem Apparat noch höhere Temperaturen erzielen, dieselben aber nur bis 450° €. messen. Nach der Prüfung des Mitgliedes der physi- 60* 704 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Untersuehungen im parallelen polarisirten Liehte Verwendung zu finden und die Erforschung des Krystalles in trockener oder feuchter Luft zu gestatten. Zu dem Ende ist ein länglich rechteckiger Kasten aus dünnem Metallblech und mit Asbestpappe umkleidet, angefertigt worden, dessen einer Theil, von einem Mittelstück an gerechnet, horizontal liegt und dessen anderer nach oben zu aufgebogen ist. Im Mittelstück besitzt der Kasten oben und unten auf der breiten Seite zwei runde Öffnungen und erlaubt der Luft an der schmalen Seite des horizontalen. Theils einzutreten und den Kasten durch den aufsteigenden Theil zu’ ver- lassen. Dieser Kasten sitzt verschraubt auf einer die Wärme schlecht leitenden Unterlage, welche auf den Tisch des Mikroskops passt und es gestattet, dass der Kasten nicht auf dem Metalltische aufliegt, sondern sich, durch seine Unterlage getrennt, in gehörigem Abstand von demselben befindet. Hierdurch wird eine zu rasche Erwärmung des Mikroskoptisches vermieden. Da aber der Erhitzungsapparat auf dem durch Mikrometerwerke beweglichen Tische fest aufgesetzt und angeklemmt ist, so kann er mit diesem durch die Mikrometerschrauben verschoben werden und gestattet überdies der Tischumdrehung mit einem mehr als genügenden Winkel von über 135° zu folgen. Innerhalb des rechteckigen Kastens befindet sich über dem Loch, was denselben auf seiner Ober- und Unterseite durchsetzt, eine Glas- platte auf einem Dreifuss ruhend. Auf diese Glasplatte wird der Kıystall gelegt. Demselben möglichst nahe greift ein "Thermometer, welches über dem Quecksilber eine Stickstofffüllung besitzt, hufeisen- förmig vor und hinter dem Krystall herum und geht in der Richtung des aufsteigenden Theils des Kastens in die Scala aus. Dieselbe ist in einer Rinne auf der Oberseite des aufsteigenden Theils des Kastens eingebettet. Das Thermometer kann bei etwa nothwendig werdenden, sehr starken Erhitzungen heraus genommen werden. Das obere und untere Loch im Kasten werden durch Glasplatten geschlossen, so dass das Objeetiv des Mikroskops und dessen Condensorsystem nicht von der Hitze im Kastenraum leiden. Die Erwärmung wird durch Gas bewirkt, das auf der dem Thermometerende entgegengesetzten, hori- zontal liegenden Seite des Kastens durch einen Bunsen’schen Spalt- brenner, der gegen das Object hin verschoben werden kann, ausströmt.' kalisch - technischen Reichsanstalt hierselbst, Hrn. Wırse, Zeitschrift für Instrumenten- kunde ı890, Juni-Heft, sind die von Hrn. Furss gefertigten Stickstoff- Quecksilber- thermometer bis 450° C. verwendbar. ! Der Krystall oder die Platte befinden sich danach gegenüber der zugeführten heissen Luft möglichst unter denselben Umständen wie die Thermometerenden. — Um sich zu überzeugen, wie genau dies der Fall ist, kann die Einrichtung getroffen Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen. 705 Reicht der durch die Leuchtgasflamme erzeugte Wasserdampf nicht für die Zwecke der Beobachtung aus, so kann durch ein über der Flamme mündendes Röhrchen noch solcher von ausserhalb zugeführt werden und wird dann durch den Luftzug mitgeführt, im Kasten vertheilt und tritt an dessen entgegengesetzter Öffnung wieder aus. Um endlich die bei etwaiger unvollkommener Verbrennung gebildeten Gase zu zerstören, stelle man vor die Austrittsöffnung derselben, in gleicher Höhe mit ihr, eine brennende Spirituslampe. Mit diesem Instrumente lassen sich gradweise bis zur Temperatur von 450° 6. und über diese hinaus bei herausgenommenem Thermo- meter alle Phaenomene bei der Erwärmung im parallelen polarisirten Lichte sehr schön beobachten. Das Mikroskop leidet, wenn für gewöhnlich nicht über 450° C. gegangen wird, gar nicht unter der Hitze und der über seinem Oeular mit dem Auge befindliche Beobachter bei kurzer Versuchs- dauer auch nicht; bei längerem Beobachten empfiehlt es sich freilich, durch eine Spiegelvorrichtung mit Tubus das Ocular wagerecht ein- zuführen und das Auge somit von der Wirkung der Hitze zu befreien. Befolgt man noch die Vorsicht, am Eintrittsrohr für den Wasser- dampf eine Gabelung anzubringen, so dass man nach dem Erwärmen durch ein Gebläse auch kühle Luft eintreten lassen kann,' so kann die Vorrichtung zu manchen anderen chemischen und physikalischen Versuchen dienen. Vergleicht man diese Vorrichtung mit einer kürzlich von H. Brünser in Göttingen verfertigten und in der Zeitschrift für Instrumentenkunde 1890, S. 63 und 64 beschriebenen, so hat diese vor der hier ge- schilderten die grössere Beweglichkeit bei dem Umdrehen des Tisches voraus. Da sie sich aber in den Tisch eonisch einsetzt, so wird demselben die Erwärmung mehr wie hier mitgetheilt, eine besondere Zufuhr von Wasserdampf ist nicht vorgesehen und schliesslich leiden die Schutzgläser und namentlich das Glas, was den Krystall trägt, durch die angewandte Art der Erhitzung, so dass man wenigstens auf werden, von oben her in den Kasten und denselben schliessend ein Thermometer gleicher Güte, wie das im Kasten befindliche, so einzulassen, dass sein Reservoir genan an die Stelle kommt, wo sich der Krystall befindet; durch Beobachtung beider Thermometer kann man dann finden, wie gross die Verschiedenheit der Temperatur ist, die in einem gegebenen Momente am Orte des Beobachtungsthermometers und an dem des Krystalls sich zeigt. ! Die Vorrichtung lässt sich, wie Hr. Furss zeigen wird, auch so benutzen, dass man Luft in die Flamme blasen und dadurch eine gegen das Praeparat (bei heraus- senommenem Thermometer) wirkende Stichtlamme von hoher Temperatur erzeugen kann. Das Praeparat darf alsdann nicht auf Glas, sondern muss etwa auf ein Platinnetz mit weiten Maschen gelegt werden. 706 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Objeetträgern von Glas sehr oft die Praeparate durch das Zerspringen letzterer verliert. Diesem sehr unangenehmen Übelstande müsste jedenfalls dadurch abgeholfen werden, dass man die Platte auf eine nicht zerspringende und, wenn undurchsichtig, mit weiten Öffnungen versehene Unterlage legt. — Beide Vorrichtungen können natürlich dem ferneren Übelstande nicht entgehen, dass bei höherer Temperatur die Verschlussgläser polarisirend wirken. b. Erhitzungsapparat für Temperaturen bis zur hellen Rothgluth. Bei Anwendung des in der Folge zu beschreibenden Apparates, der von dem eben erwähnten Übelstand frei ist, dafür aber auch die Temperatur nieht ohne Weiteres' zu bestimmen erlaubt, wird man zweckmässig das Mikroskop etwas neigen oder ganz horizontal stellen. Der Apparat folgt den Mikrometerbewegungen des Tisches und lässt eine nahezu volle Umdrehung desselben zu. Er besteht im Wesentlichen aus folgenden Theilen. Eine in der Mitte durchbohrte kleine, länglich viereckige Schieferplatte trägt rechts und links einen Metallstift, gegen den die Tischklemmen wirken. Auf dem Schiefertisch liegen zwei sich nicht berührende Metalltheile, die in der Mitte zu einem grösseren Sehloche sich erweitern. Jeder Metalltheil kann vermöge einer Klemme den Zuleitungsdraht (Kabel) einer Thermosäule aufnehmen. Senkrecht zu der Trennungsfuge der beiden Metallplatten auf dem durchbohrten Schiefertisch stehen zwei schuhsohlenartige Vorrichtungen, vorn und hinten mit einer Spitze versehen. Nach Hrn. Furss’ ingeniöser Disposition kann ein Paar über einander liegender Platinbleche, die ihrerseits in der Mitte ein kleines Loch haben, so eingesetzt werden, dass sie, mit Löchern an ‚den Enden versehen, jeweils in die einander zugekehrten Spitzen der Schuhsohlen eingreifen. Werden nun die mit entsprechenden Löchern versehenen Schuhobertheile auf die Sohlen gesetzt und die die beiden Theile verbindenden Schrauben angezogen, so ist eine leitende Verbindung der beiden Metallplatten auf der Schieferplatte hergestellt. Wäre die Vorrichtung damit vollständig erörtert, so würde sie noch nicht genügend wirken. Nun lässt sich aber noch der eine Öber- und Unterschuh gegen den anderen bewegen und geht, wenn der Druck nachlässt, durch eine Feder zurück. Hierdurch wird es ein- mal erreicht, dass die Platinbleche stets angespannt sind und das zwischen sie gespannte kleine Praeparat festhalten, andererseits kann man eben dann, wenn sich die Bleche federnd öffnen, sehr leicht ! Ich werde in der Folge darauf Bedacht nehmen, diese Bestimmungen aus- führen zu können. man Krein: Krystallographisch -optische Untersuchungen. 17107 das Praeparat einschieben. Um zu verhüten, dass trotz dieser vorher- genannten Vorsichtsmaassregel ein vielleicht etwas zu grosses Praeparat nicht doch herausgleiten könne, ist das eine (von dem Beobachter abgekehrte) Platinblech auf seiner unteren Seite rechtwinkelig um- gebogen, so dass sich darauf die Platte des Krystalls, wenn sie durchgleiten will, stützen kann. Die Wärme wird bei dem Apparat durch eine Thermosäule nach E. Raug’s Patent! (Centralblatt für Elektrotechnik ı888 S. ı75) er- zeugt. Die nach dem Tische des Beobachters hingeleitete Elektrieität geht durch einen Rheostat, um deren Wirkung an der Vereinigungs- stelle des Stroms reguliren zu können. Von unten her gesehen muss an dem Erwärmungsapparat alles, was von Metall ist, sehr ausge- arbeitet sein, so dass die Condensorlinsen dicht an die Platte heran- gebracht werden können und doch durch die Metallfassungen der- selben keine Stromschliessungen stattfinden. Da ein solcher Erhitzungsapparat verhältnissmässig kostspielig wird, wenn zu seiner Bedienung eine besondere, die Elektrieität er- zeugende Vorrichtung von constanter Wirkung angeschafft werden muss, so soll noch auf einen Ersatz dieser Heizvorrichtung durch eine mit Gas zu betreibende Bedacht genommen werden. Hr. Furss ist, wie schon erwähnt, mit der Construction derselben beschäftigt. Sie wird an einem horizontal zu stellenden Instrument angebracht werden, aber nicht gestatten mit dem Tische desselben verbunden zu sein, da sie demselben eine zu hohe Temperatur mittheilen würde. Es muss in Folge dessen Bedacht darauf genommen werden, an Stelle des früher mittelst des Tisches drehbaren Praeparates jetzt die Nicols des Instrumentes gleichzeitig zu drehen. Sieht man einstweilen von dieser dritten Vorrichtung ab, so erlaubt die zweite es ohne Weiteres während der starken Erwärmung im parallelen polarisirten Lichte zu beobachten. Die zu erhitzende Partie ist nur klein, die Erhitzung selbst kann momentan unterbrochen werden, — alles dies schadet dem Instrument, welches überdies noch horizontal gestellt werden kann, wenig oder gar nicht. Auch zu Untersuehungen im convergenten Lichte kann die Vor- richtung dienen, wenn man nur darauf Bedacht nimmt das untere Condensorsystem und namentlich das Objeetiv nur im Momente des Erwärmens zu nähern und dann wieder rasch zu entfernen. Das ! Die Säule leistet etwa dasselbe, was 5—6 Bunsen’sche Elemente üblicher Grösse bewirken, d. h. hat eine Stromstärke von ı5 Ampere und eine elektromotorische Kraft von 3 Volt. Sie liefert aber im Vergleich zu den Bunsex’schen Elementen einen sehr constanten Strom und kann im Beobachtungszimmer aufgestellt werden, — Vor- theile, die man bei den Bunsen’schen Elementen nicht hat. 708 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Instrument muss zu diesem Behufe horizontal gestellt und ausser dem Beobachter noch von einem Anderen bedient werden. Auch bringt man zweckmässig an der unteren Frontlinse des Objeetivs noch eine die Messingtheile bekleidende Hülle von Horn an, auf dass beim Nähern des Objeetivs an das Praeparat demselben durch die Metalltheile nieht allzu viel Wärme entzogen werde und das Praeparat dadurch aus dem Glühen komme. 2. Beobachtungsmethode. Abgesehen von den allgemein bekannten Methoden optischer örforschung wandte ich bei den nachfolgenden Untersuchungen mehr- fach diejenige an, auf welche ich in diesen Sitzungsberichten 1890 S. 347 die Aufmerksamkeit der Forscher gelenkt habe. Ich erlaube mir zu dem früher Mitgetheilten zunächst in histori- scher Hinsicht zu bemerken, dass nach gefälligen Mittheilungen des Hrn. Prof. von Reuscn bereits NÖRRENBERG besagte Methode kannte. Hr. Prof. vov Reuscn schreibt mir darüber: »Von Ihrer Methode der Umhüllung hat auch NÖRRENBERG mehr- fach Gebrauch gemacht; publieirt hat er aber nichts hierüber. Ich besitze aus seinem Nachlasse einige leider verwitterte, sehr sauber ausgeführte Praeparate von mellitsaurem Ammoniak. « Weiterhin hatte mein verehrter College F. E. Scuuzze die Güte mich darauf aufmerksam zu machen, dass in der 1887 erschienenen Arbeit von V. vox Esser »Über den feineren Bau der Skelettheile der Kalk- schwämme nebst Bemerkungen über Kalkskelete überhaupt« Wien. Akademie Sitzber. B. XCV 1887 ähnliche Anwendungen vorkommen. — Da mir die Arbeit nicht zu Gebote stand, so wandte ich mich direet an Hrn. von Esser, zumal aus dem Referat über genannte Arbeit in der Zeitschrift für Krystallographie B 17. 1889. S. 292 nichts für jene Angabe Sprechendes zu ersehen war und erhielt die Antwort, dass Hr. von Esser die in Rede stehende Methode in ausgedehntestem Maasse bei seiner Arbeit benutzt habe. Indem ich diese beiden Mittheilungen zur öffentlichen Kenntniss bringe und ihnen, wie selbstverständlich, ihr Recht werden lasse, glaube ich mich trotzdem zu dem Ausspruch berechtigt halten zu dürfen, dass bei der Gesammtheit der Mineralogen vor meiner Ver- öffentlichung nichts oder nur Ungenügendes über die in Rede stehende Methode bekannt war, die, wie sich immer mehr herausstellt, ein vortreffliches qualitatives Mittel zur Untersuchung der Krystalle ist. Bei ihrer Anwendung scheinen mir folgende Hauptverwendungen in Betracht zu kommen; ich erlaube mir bei Anführung derselben einige seither erprobte Erfahrungen u. s. w. mitzutheilen: Krein: Krystallographisch -optische Untersuchungen. 709 a. Das Aufsuchen der optischen Erscheinungen in unbekannten, das Licht doppelt brechenden Körpern. Vorab erkennt man deutlich, ob ein Körper doppelbrechend ist oder nicht. Vorausgesetzt er sei in seinem Brechungsverhältniss unter dem der umhüllenden Flüssigkeit, so wird ein isotroper Krystall bei passender Verdünnung der Flüssigkeit plötzlich in derselben, nach allen Richtungen gesehen, verschwinden; es ist dies der Fall, wenn die Flüssig- keit ebenso das Licht bricht, wie er. Ein doppelbrechender Krystall kann, nach allen Richtungen besehen, niemals dies Verhalten gleich- zeitig zeigen; ja man könnte sogar durch eonsequente Weiterausbildung dieser Methode ein- und zweiaxige Krystalle damit unterscheiden. In der Praxis erreicht indessen die Unterscheidungsfähigkeit bei schwacher Doppelbrechung bald eine Grenze und man bedient sich zur Fest- stellung des 'Thatbestandes besser der gewöhnlichen Hülfsmittel. Von gebrauchsfähigen Flüssigkeiten stehen uns, wie bekannt, durch die Untersuchungen der HH. Gorvscnmmr' und R. Brauns” das Kaliumquecksilberjodid und des Methylenjodid zur Verfügung. — Ersteres hat bei einem spec. Gew. von 3.16 für n, den Werth 1.726. Es lässt sich beliebig mit Wasser verdünnen, wobei spec. Gew. und Brechungsvermögen sinken; man darf aber die Lösung nicht mit Metallen in Berührung bringen, weil diese sie zersetzen. Das Methylenjodid hat bei 16°C. nn» = 1.741. Es lässt sich zwar nicht mit Wasser aber doch mit Benzol (na = 1.5 bei 15°C.) verdünnen; gegen Metalle ist es unempfindlich. Überdies soll sein Breehungsvermögen nach Berrranp® durch Auflösen von Schwefel in der Flüssigkeit in der Wärme über ı1.8°, durch Auflösen von Schwefel und Jod über 1.85 gebracht werden können. Zur Untersuchung hätte man also geeignete, verdünnbare Flüssig- keiten. Es können damit selbst Krystalle geprüft werden, deren Breehungsexponenten über den durch die höchst breehbare Flüssig- keit gegebenen liegen. Die Erscheinungen werden sich nur nicht ganz so vollkommen darstellen, als wenn Flüssigkeit und Krystall in der in Frage kommenden Richtung mit ihren Brechungsverhältnissen über- einstimmen. Zur Untersuchung der Krystalle müssen dieselben in einem Glas- gefässe mögliehst ausgiebig gedreht werden können. In Annäherung ist dies schon vermittelst der Dreh- und Justirvorrichtungen des UN. Jahrb. f. Min. 1881. Beilage Band I. S. 232. N. Jahrb. f. Min. 1886. B. II. S.72 u. f. Bulletin de la Soc. francaise de Mineralogie 1888. T. XI. p. 31. Nach gef. Mittheilungen von H. Zeıss in Jena ist der Brechungsexponent nur 1.787. [0 w 710 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 26. ‚Juni. Furss’schen Axenwinkelapparates möglich, Hr. Furss hat aber überdies die Anfertigung einer besonderen, speciell diesen Zwecken dienenden Vorriehtung in Aussicht gestellt. Bemerkt sei, dass bei einaxigen Krystallen schon recht bedeutende Dicken (bis zu 1.5“ und mehr) in Betracht kommen können; bei zweiaxigen dagegen die Dicke des Krystalls mit wachsendem Axenwinkel sinkt und bei grossen Winkeln > mm nur etwa 5—6”” betragen darf, wenn man noch die beiden Axen- pole gleichzeitig übersehen will. Bei der Operation verdünnt man die Flüssigkeit so lange, bis der Krystall für eine mittlere Lage in derselben annähernd verschwindet, sucht dann durch passendes Drehen das betreffende optische Element, Richtung der ersten Mittellinie bei den zweiaxigen oder der optischen Axe bei den einaxigen, in die Visirlinie zu bringen und bringt nun die Flüssigkeit durch weiteres Verdünnen oder Üoncentriren dahin, dass für diese Richtung der Krystall in ihr überhaupt (einaxig) oder vornehmlich in der Richtung der Axenebene (zweiaxig) verschwindet. Den Brechungsexponenten der Flüssigkeit kann man dann am besten mit Hülfe eines Asse’schen Refraetometers für Flüssigkeiten, was mit Glas- prismen von höheren Breehungsverhältnissen versehen ist, bestimmen. b. Die Herstellung von Praeparaten zur Untersuchung üm parallelen und im comvergenten polarisirten Lichte. a. Praeparate zur Untersuchung im parallelen polarisirten Lichte. Ganze Krystalle oder Bruchstücke derselben können untersucht werden in Rücksicht auf Auslöschungsrichtungen auf gewissen Flächen nach bestimmten Kanten, hinsichtlich des Pleochroismus, der eventuell vorkommenden Feldertheilung u. s. w. Will man die zu untersuchenden Körper nieht in dem vorhin angedeuteten Apparate zum Drehen der Krystalle in Flüssigkeiten prüfen, sondern Dauerpraeparate aus ihnen anfertigen, so fixire man sie in der erforderlichen Stellung mit Wachs oder einem anderen Klebstoff auf einem Objeetträger, stülpe über sie einen auf dem Objeetträger festzukittenden Abschnitt einer Glasröhre und fülle den- selben mit dem entsprechenden Medium von passendem Breehungs- verhältniss aus, so dass dasselbe ganz den Kıystall umhüllt. Als solche Medien empfehlen sich neben den oben erwähnten Flüssigkeiten eine Menge von Ölen, Monobromnaphtalin, Schwefel- kohlenstoff, vielfach auch Canadabalsam' u. s. w. " Bei der Wahl von Canadabalsam kann man, wenn man mit Bervwrann'scher Linse und Ocular als schwach vergrösserndem Mikroskop eine Übersicht über den Kreis: Krystallographisch -optische Untersuchungen. za! Man wähle im Allgemeinen das Brechungsverhältniss des Me- diums so, dass alle Strahlen, selbst die mit stärkstem Brechungs- verhältniss noch in dasselbe übertreten können. Höher mit dem Brechungsverhältniss des Mediums zu gehen, empfiehlt sich nicht, weil sonst das unter dem Krystall befindliche, stärker brechende Medium Totalreflexion an den Flächen desselben bewirken könnte. Niedriger als den kleinsten Brechungsexponenten dürfte man auch die Brechbarkeit des den Krystall umgebenden Mediums nicht wählen, weil sonst über dem Krystall die denselben verlassenden Strahlen unter Umständen auch total reflecetirt werden könnten. Man wird daher für die Zwecke der Praxis am besten von einem +8 o+o-+e Mittelwerth, etwa a a Tesp: Kar here ausgehen, zusehen, ob F 3 5 die gewünschten Erscheinungen deutlich hervortreten, und nach der einen oder anderen Seite noch etwas nachhelfen, wenn es erforderlich sein sollte. In dem einen besonderen Falle, in dem man bei einaxigen Krystallen die einfache Brechung in der Richtung der Axe c an einem ganzen Krystalle ohne Basis, z. B. einen Spaltrhomboäder von Kalkspath, zeigen will, ist der Krystall mit einer Flüssigkeit zu umgeben, die vom Brechungsverhältniss o ist. Hierzu eignet sich bei Kalkspath Monobromnaphtalin fast ganz genau. ®. Praeparate zur Untersuchung im convergenten polarisirten Lichte. Bei den hier vorzugsweise in Betracht kommenden Praeparaten, senkrecht zur optischen Axe der einaxigen oder der ersten (respective zweiten) Mittellinie der zweiaxigen Krystalle, wähle man die umgebende Flüssigkeit nach denselben Rücksichten, die eben erörtert wurden, d.h. man gehe von einer der mittleren Brechung entsprechenden aus und ändere sie nach Bedürfniss.' Da für den Axenwinkel die Relation: n ß Schliff nimmt, besonders leicht zur Darstellung von Axenerscheinungen, namentlich bei einaxigen Krystallen, übergehen, wenn man convergentes Licht einfallen lässt und das freie Tubusende bis zur Bildung einer Blase in den Balsam taucht. Diese wirkt dann wie ein Objectiv und die Umwandlung des Instrumentes ist für diesen Zweck genügend erreicht. ! Versuche, an optisch einaxigen Krystallen angestellt, ergaben das Resultat. dass die Erscheinungen am deutlichsten und am wenigsten von den vorhandenen Flächen beeinflusst auftraten, wenn das Brechungsverhältniss der Flüssigkeit dem am stärksten sn, =- snH, gebrochenen Strahl entsprach. 712 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. gilt, worin V, den halben wahren Winkel im Krystall, 8 dessen mittleren Brechungsexponenten, H, den halben Winkel im umgebenden Medium vorstellt und » dessen Brechungsverhältniss ist, so wird, wenn n —ß wird, im umgebenden Medium der Winkel seiner Grösse nach erscheinen wie im Krystall. Tritt er dann in Luft aus, so bietet er sich dar, als ob er an einem passend hergestellten Schliff in Luft besehen würde. Da es schwer ist n absolut — $ zu machen, auch die Brechungs- exponenten der Flüssigkeiten mit der Temperatur Änderungen, z. Th. fühlbarer Art unterworfen sind, das Zittern der Flüssigkeit störende Erscheinungen hervorbringt, so erscheint es für die Zwecke der Praxis nicht thunlich, das sich Darbietende zu einer Messung des wahren inneren Axenwinkels zu benutzen, obwohl sich Dispositionen der Instrumente ersinnen liessen, dies zu bewirken. Der Hauptwerth der Methode wird vielmehr in der leiehten Dar- stellbarkeit der optischen Erscheinungen zum Zwecke der Demonstration und ersten Orientirung sein und den erfüllt sie in vollem Maasse. Da es aber nicht bloss auf den Abstand der Axenpunkte, sondern auf die deutliche Erscheinung des ganzen Axenbildes ankommt, so muss man die Flüssigkeit jedenfalls so wählen, dass auch andere als die Strahlen geringster und mittlerer Brechbarkeit den Krystall ver- lassen können. Sehr empfindlich sind die Krystalle dann, wenn die Axenebene über eine Kante wegläuft (Beispiel: Baryt; Axenebene das seitliche Pinakoid, I. Mittellinie dieAxe «; Krystall mit Flächen von '/, Px [2o1]). Hier wirken, wenn das Brechungsverhältniss der Flüssigkeit nicht genau das geforderte ist, die Flächen des Doma’s ablenkend und das Curvensystem um die erste Mittellinie erscheint so, als wenn aus seinem Centraltheil ein Stück herausgeschnitten wäre. Erst dann, wenn die Flüssigkeit das erforderliche Brechungsverhältniss hat, gehen die Curven um die eine Axe in die um die andere gesetzmässig über. — Zur Her- stellung eines normalen Bildes ist es auch nöthig, dass der Krystall zu beiden Seiten, wo die Axen austreten, gleichmässig entwickelt, dh: gleich dick sei, sonst erscheinen im Bilde die Axenpunkte von ungleich weiten und der Zahl nach verschiedenen Curven umgeben. Nicht so empfindlich wirken die Flächen, wenn die Axenebene sich auf ihnen vollständig projieirt (Beispiel: Topas: Axenebene das seitliche Pinakoid I. Mittellinie Axe €; Krystall mit einer Fläche eines Brachydoma’s, z.B. 4 P& [o4ı)). Hier erscheint im Bilde das Doma gewissermaassen bis in die Lage der Basis gehoben, die Axen treten auf einer Fläche aus und die prismatische Beeinflussung derselben könnte höchstens, wenn sie nicht aufgehoben wäre, das ganze Bild einseitig verschieben. Krein: Krystallographsich - optische Untersuchungen. zele‘ B. Speceieller Theil. 1. Rhodizit. Die erste Nachricht von dem Vorkommen des Rhodizits gab bekanntlich G. Rose." Er beschrieb die Krystalle als auf 'Turmalin sitzend und von der Combination ©O(110) mit einem oder (den @) beiden —x(ııı). Als Fundort wird Schaitansk am Ural angegeben; D) wie sich später herausstellte, ist aber der riehtige Fundort Sarapulsk. Einige Zeit später berichtet G. Rose” über Krystalle von Schaitansk. Dieselben stammen aus einem granitischen Gesteine und sitzen auf Quarz und in rothem Turmalin. Ihre Grösse ist bedeutender als die der Sarapulsker. Sie sind etwas trübe und zeigen die Combination 010), al). Das elektrische Verhalten wird wie das des 2 0 Boraeits angegeben: an den durch —z(111ı) abgestumpften Ecken liegen die antilogen, an den nicht abgestumpften die analogen Pole. Die Härte ist über 8, des spec. Gew. 3.415. In chemischer Hinsicht wird vermuthet, es liege ein Kalkboraeit vor. Eine Wiederholung dieser Mittheilungen bringt G. Rose in seiner Reise nach dem Ural und dem Altai 1837. B. I. S. 468, ebenso handeln P. Rızss und G. Rose in ihrer Abhandlung über die Pyroelektrieität der Mineralien, Pose. Ann. 1843. B. 59. S. 353, wesentlich über das beim Rhodizit, was schon G. Rose in elektrischer Hinsicht früher gefunden hatte. Erst im Jahre 1882 sind die Untersuchungen am Rhodizit durch E. Bertranp® wieder aufgenommen worden. Er erkannte, dass der Rhodizit nicht isotrop ist, sondern aus mehreren doppelbreehenden, verzwillingten Einzelkrystallen besteht. Ein Schliff nach einer Fläche von ©O(110) zeigt die Zweiaxigkeit und lässt erkennen, dass die Ebene der optischen Axen parallel der kurzen Diagonale auf der Fläche des Rhombendodekaöders ist. Bald darauf vervollständigt Berrrann‘ seine Angaben auf Grund von Material, welches Wrsskv an Drs-Croızeaux gesandt hatte. Auf Grund der nunmehr vorgenommenen Untersuchung wird angegeben, dass sich die Rhodizitkrystalle, wie die Boraeite, leicht in ! Pose. Annalen 1834. B. 33. S. 253 u. f. ® Pose. Annalen 1836. B. 39. S. 321 u. f. ® Proprietes optiques de la Rhodizite. Bull. de la Soc. Min. de France T. V. 1882. p. 31. * Sur la forme ceristalline de la Rhodizite; ibid. p. 71. 714 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. die Einzelindividuen trennen. Bezüglich der optischen Verhältnisse wird die Lage der Ebene der optischen Axen entsprechend der früheren Angabe wiederholt und hinzugefügt, die positive Mittellinie stehe schief auf der Fläche von © 0 (110) und bilde mit der Normalen dazu 10°. Wahrscheinlich entferne sie sich, von der Tetraöderfläche ab, um diesen Winkel von ihr. Der Axenwinkel sei gross um die +, wie um die — Mittellinie. Die Zusammensetzung aus ı2 Einzelindividuen erfolge wie beim Boraeit, dieselben seien jedoch nicht wie dort hemiädrisch. Sie müssen als monoklin gelten und man könne die Krystalle entweder unter der Annahme einer Fläche von ©0 (110) oder einer von — (111) als 2 Basis betrachten. Die chemische Analyse führte Damour' aus; sie lässt die Zu- sammensetzung als aus K?0.2Al’0°. 3B’O° bestehend erkennen. Groru” fasst dies als [BO?’]’ [AlOPR auf. Die mitgetheilten Untersuchungen lassen noch manche Fragen offen. Ich suchte daher, so gut dies mit dem äusserst sparsamen Material anging, dieselben zu beantworten. In krystallographischer Hinsicht fand ich zunächst auch nur o0O(110) und — x(ıı1) vor. — &oOl(ııo) ist nicht eben, 2 sondern im Sinne der langen Diagonale auf der Fläche als Wölbungs- axe gewölbt. —xz(111) ist meistens glatt. Genaue Winkelmessungen sind nicht auszuführen. In elektrischer Hinsicht konnte ich G. Rose’s Angaben be- stätigen. Es wurde mit der Kunpr’schen Methode gearbeitet und die Krystalle beim Abkühlen untersucht. ( Die Ecken von ©O(110) mit — x(ıı1) wurden gelb. y » » » » ohne » » roth. Die Gesammtwirkung war aber schwach und lange nicht so deutlich wie beim Boraeit. Die abgestumpften Ecken repraesentiren in Folge obigen Verhaltens die antilogen und die nicht abgestumpften die analogen Pole. Mit Rücksicht auf die durch die optischen Verhältnisse angedeutete Sym- metrie lässt dieses Verhalten den gegenwärtigen Zustand der Krystalle, wie wir später sehen werden, als monoklin und hemiödrisch erscheinen. ! Sur la Rhodizite. Bull. de la Soc. Min. de France T. V. 1882. p. 98. ® Tabellarische Übersicht der Mineralien. 1889. S. 68. +: = Kreis: Krystallographisch - optische Untersuchungen. 715 Bezüglich der optischen Untersuchung konnten nur solche Schliffe hergestellt werden, an denen möglichst viel zu erkennen war. In Folge dieser durch die Seltenheit der Substanz gebotenen Beschrän- kung auf gewisse Schlifllagen kamen nur Schliffe nach © O(110) und zwar mediane und periphere zur Untersuchung. Ganze Krystalle waren aus leicht erklärlichen Gründen nicht zur Untersuchung zu verwenden. Dieselbe hatte ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten und würde ohne Kenntniss entsprechender Schliffe beim Boraeit wohl kaum be- friedigend auszuführen gewesen sein. Ich beziehe mich auf meine Arbeit über den Boraeit, N. Jahrb. f. Mineralogie ı 880. B. II. Tafel VI. Fig. ı5 und nenne, wie dort, die einzelnen Felder des Schlifts AB, 04D, BR, Gy vergl. die beistehende Fig. ı'. Bringt man ein solches Praeparat zwischen gekreuzte Nicols auf den Tisch eines Polarisationsmikroskops und lässt die Trennungslinie von D/E und G/Feinem Nicolhaupt- schnitt parallel laufen, so löscht das Feld A aus, die Felder 5, C und D, E nahezu, dagegen sind F, @ im Begriffe in die Hell- stellung überzugehen. Schaltet man ein Gypsblättehen vom Roth I. Ordnung ein, dessen kleinere Elastieitätsaxe MM’ hier und in der Folge immer von unten links nach oben rechts verlaufen soll, so ist in der oben geschilderten Stellung der Platte (ihr mittlerer Theil A zeige in seiner Hellstellung das Hellgraublau der I. Ordnung) das Feld A völlig roth, dagegen B roth mit leieht bläulichem Ton, C roth mit leicht gelblichem Ton, ferner D blauroth, E gelbroth, endlich @ blau, F gelb. Wie man sieht, entspricht diese Anordnung einem monoklinen Bau vollkommen. * In derselben sind die Auslöschungsschiefen der einzelnen Felder, um deutlich hervorzutreten, etwas übertrieben dargestellt. Ihre Werthe werden später mitgetheilt werden. 716 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Stellt man die lange Diagonale von A senkrecht zu MM’ im Gypsblättchen, so werden die Theile A reingelb, B und € gelb in verschiedener Abtönung, die Theile D, E, G@ blau in verschiedener Nüance, der Theil # beginnt sich roth zu färben. Kommt die lange Diagonale parallel MM’, so erscheint A rein- blau, die Theile BD, C verschieden abgetönt blau, D, E, F in ver- schiedenen Nüancen gelb und der Theil @ beginnt roth zu werden. Dieses auf den ersten Anblick verwirrende und mit dem Wesen des monoklinen Systems scheinbar nicht im Einklang stehende Ver- halten, entspricht demselben vollkommen, wie eine Betrachtung der Lage der Auslöschungsrichtungen auf den einzelnen Theilen erweist. Man beobachtet nämlich hier das folgende: Auf A zeigt sich Auslöschung nach den Diagonalen, » B und (© eine Schiefe von 10° ı2° zur Äusseren Kante, » D und E' eine Schiefe von 7°, seltener von 10° zur Grenze der Felder, » G und F eine Schiefe von 24°—27° zur Feldergrenze. Diese Werthe stellen Mittelwerthe aus verschiedenen Beobach- tungen und Platten dar. Letztere sind äusserst selten ganz einheitlich gebildet. Nicht nur greifen einzelne Felder in andere über, auch ein und dasselbe Feld ist manchmal sehr gestört gebildet, schwankt in der Auslöschung seiner Theile, zeigt parallel den Begrenzungselementen eingelagerte Streifen optisch anders orientirter Substanz und hie und da sogar isotrope Stellen. Es stellen aber die mitgetheilten Werthe der Auslöschungsschiefen die besten dar, die zu erlangen waren. Legen wir sie vorläufig der Betrachtung zu Grunde, so ergibt sich, dass, wenn die lange Diagonale von A mit MM’ eoineidirt und das Feld blau wird, die Felder 5 und C in ähnliche Lagen kommen, da sie auch ein abgetöntes Blau zeigen. Es liegen also in allen drei Feldern die kleineren Elastieitätsaxenspuren im Sinne der langen Dia- gonale von A. Für A selbst ist jene Spur aber die der Elastieitäts- axe b, sie fällt genau parallel zur langen Diagonale und ist in der Plattenebene die kleinere Axe gegenüber der in die kurze Diagonale fallenden Spur der grössten Axe a. Da nach den Untersuchungen von BERTRAND die Axenebene senkrecht auf A steht und in der kurzen Diagonale liegt, so folgt daraus, dass die auf A überdies schief stehende Mittellinie = c ist, und der Krystall um diese Mittellinie positiv sein muss. Der Spur von a in A müssen aber in B und (© die Spuren von a annähernd parallel (d. h. symmetrisch entgegengesetzt unter je ! In diesen Feldern beobachtet man eine zur Feldergrenze unter je 35° eirca gerichtete Streifung, die möglicherweise mit einer Bildung hohler Kanäle, ähnlich > {=} > > wie beim Boraeit, zusammenhängen könnte. # 2 Krein: Krystallographisch -optische Untersuchungen. al iy 10°) liegen, also auch die Spuren von ct unter je demselben Winkel ii von der Normalen zur äusseren Kante abweichen. Wenn aber die lange Diagonale von A parallel M M’ geht, so kommt auch die Normale zur Feldergrenze D/E in dieselbe Lage. Bei dieser Lage werden die Theile D, E gelb; es müssen daher die nur wenig (symmetrisch entgegengesetzt um 7°) von dieser Normalen ab- weichenden Auslöschungsrichtungen den Spuren der grösseren Elasti- eitätsaxen in den resp. Plattenebenen entsprechen. Da bei jener eben erwähnten Lage der langen Diagonale von A aber auch F gelb zu werden beginnt, so liegen in diesem Feld die optischen Elemente in N demselben Sinne wie in #. Das Feld @ endlich kommt bei der be- wussten Stellung der langen Diagonale nicht allzu sehr aus der diago- 4 nalen Stellung seiner Elastieitätsaxenspuren (Ausweichung etwa 18°) zu MM’ heraus; es wird also noch angenähert roth erscheinen, die Elasticitätsaxenspuren werden in ihm aber symmetrisch entgegengesetzt liegen wie in #. Die scheinbar gesetzwidrige Färbung der Felder ist also hierdurch erklärt. Im eonvergenten polarisirten Lichte beobachtet man auf A, durch Axenbarren angezeigt, den schiefen Austritt zweier optischer Axen von grossem Winkel. Die Erscheinung ist nicht sehr präcise, da auch die Felder A wenig einheitlich gebildet und ungestört sind. Immerhin kann man constatiren, dass die Ausweichung von der Flächennormalen ‚ in der Ebene der Axen vorhanden ist und im Sinne einer Neigung nach der vorhandenen Tetraöderfläche zu erfolgt.‘ Die Fläche A ent- spricht also einer monoklinen Basis. — B und € repraesentiren Klino- pinakoidflächen, die Schiefen auf B und C jeweils zur äusseren Kante können als Maass der Ausweichung der + Mittellinie auf A von der Normalen zu A gelten. D und Z, sowie @ und F entsprechen etwa + und — Hemipyramiden. Bei dieser Darstellung ist angenommen worden, das jetzt in Er- scheinung tretende monokline Gebilde habe in seinem Einzelindividuum dieselben Gestalten wie der ganze Zwillingscomplex, d.h. es treten zu demselben sechs Krystalle zusammen, ein jeder befähigt so aus- gebildet zu sein, wie der ganze Complex. Diese Annahme spricht nieht zu Gunsten eines Aufbaues der Rhodizitkrystalle aus ursprüng- lichen Theilen niederer Symmetrie; man ist aber zu ihr, wie beim Boracit, durch den Umstand gezwungen, dass die Felder in einander übergreifen und somit das theoretisch auf die vierseitige Pyramide ! Derselben liegen die Felder mit kleinerer Auslöschungsschiefe an. An einem Praeparat wurde auch die Lage der Mittellinie c, entgegengesetzt wie angegeben und so wie es Berrrann gesehen zu haben glaubt, gefunden. Das Praeparat war aber nicht so gut gebildet, wie das oben untersuchte. Sitzungsberichte 1890. 61 718 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. (Spitze im Krystallmittelpunkt, Basisfläche in der Rhombendodekaeder- fläche) beschränkt sein sollende Einzelindividuum in seine Nachbar- individuen hinein sich erstreckt. Bezüglich der weiteren Erörterungen über diesen Punkt beziehe ich mich auf die seiner Zeit gegebenen Auseinandersetzungen im N. Jahrb. für Mineralogie 1881 I. S. 241 u. f. und bemerke nur, dass in neueren Arbeiten Anderer hierauf keine Rücksicht genommen ist, vielmehr Einzelindividuen construirt werden, die rein theoretisch recht einfach ausgedacht sind, in Wahrheit aber durch ähnliche Momente, wie die sind, die hier erwähnt wurden, als sehr viel eomplieirter gebildet angenommen werden müssen. Lässt man sich von dem optischen Befund leiten und berück- sichtigt das eben Gesagte, so zerfällt die reguläre Combination: co0O(ıı10o) in: oP(ooı), — P(ırı), + P(i11), oo Poo(o1o). (0) = a i —x(ııı) in: —',Poo(102), + '),Poo(102), oo P2(120). A Dabei ist @:b:€ = 0.707107: 1:1. B—gee: Die Ausbildung der Einzelkrystalle ist aber nicht holoedrisch. Zu Basis, Klinopinakoid und Pyramiden treten die parallelen Gegen- flächen auf. Sie fehlen bei den Orthodomen und Prismen. Wie man bemerken wird steht dies vorab mit den elektrischen Verhältnissen im Einklang, indem an den Enden der ehemals trigonalen Zwischen- axen verschiedene krystallographische Entwickelung sich zeigt. — In gewissem Sinne würde diese Ausbildung aber auch einer Hemiädrie entsprechen, von der u. A. Marzarn in seinem Traite de Cristallo- graphie 1879. T.I p. 196 zum Schluss Kunde gibt; wenigstens ist das dort Gesagte für die Orthodomen und das Prisma zutreffend, da diese nur mit der Hälfte der Flächen, symmetrisch zum Klinopimakoid an- gelegt, erscheinen. Die Pyramiden würden in unserem Falle mit den beiden hemiödrischen Formen vorkommen. Wie dem nun auch sei, ob man den Rhodizit ansieht als monoklin durch secundäre Umstände geworden oder ursprünglich so aufgebaut, — immer bleibt es interessant zu sehen, wie sich die monokline An- ordnung im regulären Rahmen abfindet oder wie sie sich gestaltet, um die scheinbar reguläre Bildung nachzuahmen, und von diesem Standpunkte aus hat die Sache ein Interesse, einerlei, wie man sich zur erst aufgeworfenen Frage selbst stellen möge. Dem am Boraeit erkannten Verhalten entsprechend hätte man auch erwarten sollen, es trete beim Erwärmen eine Umlagerung der Theile oder gar ein Übergang zu einer anderen Gleichgewichtslage ein, allein nichts von all’ dem zeigte sich. Die Krystalle wurden in Krein: Krystallographisch -optische Untersuchungen. 2.9 Schliffen anfangs vorsichtig, nach und nach immer stärker, endlich unter Aufbietung aller Mittel bis zur hellen Rothgluth erhitzt, trotz all’ dem blieb die optische Struetur, von ganz unwesentlichen Änderungen abgesehen, immer dieselbe wie vor der Einwirkung der Wärme, so dass diese, wenigstens innerhalb der erwähnten Tem- peraturgrenzen, ohne Wirkung ist. Da mit dem nur sparsam vorhandenen Material andere Versuche nieht anzustellen waren, so ist auf Grund der vorliegenden die schon oben aufgeworfene Frage nach der Ursprünglichkeit der sich jetzt darbietenden Erscheinungen nieht definitiv zu entscheiden. Dem, der in den Rhodiziten, Zwillingsgebilde, aus Theilen niederer Symmetrie bestehend, sieht, wird die Aufgabe zufallen, die reguläre Form zu erklären, die jene Gebilde trotz des vielfachen Weehsels im Innern, so namentlich der vielen Überlagerungen und der damit im Zusammen- hang stehenden Differenzen in den Auslöschungen zeigen. Auch würde ihm die Fixirung des Einzelindividuums, so complieirt gebildet wie der ganze vorliegende Complex, die Erklärung nicht sonderlich vereinfachen. Der, welcher die Rhodizite als ursprünglich reguläre geneigt- flächig-hemiödrische Gebilde auffasst, findet sich, wenn sich das Moleeulargefüge ein Mal ändert, schon mit der monoklinen Gleich- gewichtslage ab, auch mit besonderer Rücksicht auf die Beschaffen- heit der Flächen. Das Einzelindividuum kommt hier nicht in Be- tracht. Die unregelmässigen Auslöschungen auf den einzelnen Feldern, die noch isotropen Theile derselben u. s. w. sind Folge der secundär eingetretenen Änderungen. Wodurch diese aber zu Stande gekommen sein könnten, darüber fehlt, mit besonderer Berücksichtigung dessen, was die Krystalle unter dem Einfluss der Wärme zeigen, der nähere Anhalt. 2. Jeremejewit. Im Jahre 1883 untersuchte Damour' ein Mineral vom Berge Soktuj in Daurien und fand dessen Constitution als aus (Al’, Fe’) O3, B’ O3 bestehend. Das specifische Gewicht ermittelte er zu 3.28, die Härte zu 6.5. — Wessky” zeigte im Anschluss an Unter- suchungen von JERENEJEw, dass die Krystalle optisch aus einem einaxigen Mantel — Jeremejewit — bestehen, der einen zweiaxigen Kern — Eichwaldit — in Form eines rhombischen Durchkreuzungs- drillings gebildet, umschliesst. Wessky bestimmte den Charakter der Doppelbrechung in beiden Theilen als negativ, den Axenwinkel zu ! Note sur un borate d’alumine cristallise de la Siberie. Nouvelle espece minerale. Bulletin de la Soc. Min. de France 1863. T. VI. p. 20. ® Sitz. Berichte d. K. Akad. d. Wissensch. z. Berlin 1883. S. 671. 61* 720 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 26. Juni. 52° in Luft und für rothes Licht, ermittelte dann R> B/ und in An- näherung &=1.65, ß=1.64, endlich stellte er durch mühsame goniometrische Unsersuchungen System, Axenverhältniss und Gestalten von Jeremejewit und Eichwaldit fest. Nach Groru' kann die Zu- sammensetzung als BO? [AlO] angesehen werden und es werden unter der Voraussetzung, dass Jeremejewit und Eichwaldit, wie wahr- scheinlich, gleiche chemische Zusammensetzung haben, beide in dem Sinne als dimorph angesehen, dass ersterer aus sehr dünnen Lamellen des letzteren aufgebaut ist. Bei dem grossen Interesse, was ein so eigenthümliches Mineral- gebilde in theoretischer Hinsicht besitzt, schien es mir geboten, noch mehr Schliffe als den einen, den seiner Zeit Wessky prüfte, zu untersuchen, und es wurde zu dem Ende der Krystall, dessen Haupt- theil Damour zu seiner Analyse benutzt hatte, in seiner (von jener Zeit her noch erhaltenen) grösseren Hälfte zu Schliffen senkrecht zur langen Erstreckung verwandt. Bei der Untersuchung dieser Schliffe trat alsbald eine sehr viel complieirtere und interessantere Erscheinung zu Tage, als sie Wesskv in semem einen Schliff sah, woselbst Manches nicht zur Ausbildung gekommen, Anderes durch Einlagerungen verhüllt gewesen war. Betrachtet man die Schliffe zunächst im Polarisationsmikroskop zwischen gekreuzten Nicols, so besitzen dieselben von aussen nach innen gehend, Fig. 2, eine Zone A, die bei einer vollen Horizontal- drehung des Praeparats dunkel bleibt, dieselbe ist gefolgt von einer Zone B, die öfters scharf, hie und da mehr oder weniger verschwommen in A übergeht, aber immer scharf gegen C absetzt. Diese Zone verhält sich nicht wie A; es bleiben von ihr bloss die Theile dunkel (in Fig. 2: B, und 3,), die mit ihrer Längs- richtung in eine der Polarisations- ebenen der gekreuzten Nicols fallen, die anderen Theile erscheinen er- hellt. Beim Drehen des Praeparats sind immer die zwei gegenüber- liegenden Theile dunkel. die einer der Polarisationsebenen der gekreuzten Nicols parallel laufen. ! Tabellarische Übersicht der Mineralien. 1889. 8. 68. Kreiın: Krystallographisch-optische Untersuchungen. Ton Die nun folgenden Theile C sind abwechselnd hell und dunkel. Es ist letzteres der Fall, wenn die Halbirende des Winkels des dureh sie gebildeten Sechsecks oder die Senkrechte dazu mit den gekreuzten Polarisationsebenen der Nieols eoineidirt (in Fig. 2 €, und C/):; ersteres wenn diese Richtungen 45° zu den Polarisationsebenen der Niecols machen. Die Theile € schliessen im Innern häufig, aber nicht immer, ein zu dem äusseren über Eck stehendes Hexagon ein, das sich optisch annähernd verhält wie der Rand A. Wie man bemerken wird, giebt die Wesskv'sche Beschreibung weder von der optischen Beschaffenheit von B, noch von dem Theil D Kunde. Letzterer war in dem untersuchten Praeparate nicht zur Aus- bildung gekommen, ersterer durch Einlagerungen getrübt und wenig mehr zum Studium geeignet. Untersucht man im Polarisationsinstrument, so zeigen die Theile A den Austritt der optischen Axe der einaxigen Krystalle. Dieselben erweisen sich als optisch negativ. Die Theile 5 sind zweiaxig mit kleinem bis mittlerem Axen- winkel. Derselbe geht für weisses Licht meist allmälig von o an bis 35° in Luft. Letzteren Werth erreicht er an der Grenze zu (, ersteren an der zu A. Die Axenebene steht in jedem Sector auf der Grenze B/C senkrecht, die spitze Mittellinie ist normal zur Schlift- fläche und negativen Charakters. Die Theile € sind stärker doppelbrechend wie die Theile B. Auch sie sind zweiaxig und die Axenebene steht jeweils senkrecht zur Halbirenden des Sechseckswinkels. Der Axenwinkel ist hier grösser als in den Theilen 3 und innerhalb eines Feldes manchmal constant. manchmal etwas schwankend; er beträgt im Mittel etwa 52° in Luft, wie es auch Wegsky fand. Die Mittellinie des spitzen Axenwinkels seht senkreeht auf der Sehliffläche und ist ebenfalls negativen Cha- rakters. Der Gentraltheil D ist wiederum optisch einaxig negativ. Ein feineres Detailstudium wird ermöglicht, wenn man ein Gyps- blättchen vom Roth I. Ordnung in bekannter Weise in ein Polarisations- mikroskop einschaltet, die Nicols kreuzt und mit wechselnden Ver- grösserungen die Schliffe untersucht. Die Theile A färben sich dann im Normalzustand roth und be- halten diesen Ton bei einer vollen Umdrehung des Praeparates bei. — Nicht alle Schliffe” zeigen indessen solehe ganz normale Bildung. Es kommt vor, dass in die Theile A Streifen eingelagert sind von der Beschaffenheit der anliegenden Theile B. Diese Streifen sind, mit dem Gypsblättehen untersucht, gefärbt wie B. Meist sind sie parallel den äusseren Begrenzungen eingelagert, seltener stellen sie 722 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. sich senkrecht zu jenen Richtungen ein.‘ In solcher Häufigkeit wie dies Wessky a.a.0.S. 673, Fig. ı abbildet, habe ich sie in dünneren Sehliffen nicht beobachtet. Sprünge und Klüfte mit Spannungshöfen treten hie und da auf. Die einzelnen Theile A gehen theils ver- schwommen, theils distineter in die Theile B über. Da, wo die Theile B am ı20° Winkel von © zusammenstossen, hebt, die Theile B kräftiger scheidend, die Theile A zärter trennend, eine wellig und zackig verlaufende Grenze an, die bis in den 120° Winkel der Theile A verläuft. In gewöhnlichen Dünnschliffen zeigen die Theile B in der Diagonal- stellung hellgraublau I. Ordnung; sie werden durch das Gypsblättehen so verändert, dass in Fig. 3 B, und BD, roth (schraffirt), B, und 5, gelb (weiss), B, und B, blau (getüpfelt) erscheinen.° Dies lässt die Spur der Ebene der optischen Axen (II. Mittellinie) als die kleinere, folglich die erste Mittellinie als die grössere Elastieitätsaxe und damit ihren Charakter als negativ erkennen. — Die Stärke der Doppelbrechung nimmt in den Feldern 5 gegen die Theile A hin ab, Schwankungen fehlen aber auch hier nicht. Sehr lebhaft wirkende Spannungsbezirke kommen besonders an der Grenze B/C vor. Die Theile € sind bei gleicher Dicke wie die Theile B stärker doppelbrechend als diese. Zeigen die Theile B in der Diagonalstellung hauptsächlich hellgraublau I. Ordnung, so lassen jene gelbweiss Il. Ordnung erkennen. In Folge davon sind, Fig. 3, mit dem Gypsblättchen untersucht und wenn GC, und €, den Ton des Gesichtsfeldes haben, (horizontal gestrichelt), ©, und €, graulich weiss (licht), €, und (©, gelblich grün (getüpfelt). Da in C, und ©, die Farbe steigt (genau genommen muss, die Axenebene zum Zwecke der Beobachtung unter 45° zu den ge- " In ganz seltenen Fällen beobachtete ich sie parallel der äusseren Begrenzung und z.B. in B, vom Charakter des nicht zugehörigen Theils B;. ® Dieser Ton steigt bisweilen gegen € hin dem Weiss I. Ordnung zu. ® Die Stellen, welche ohne Gypsblättehen in der Diagonalstellung einen Ton nach dem Weiss I. Ordnung hin zeigen, bieten mit ersterem eombinirt roth. gelblich weiss und grünlich blau dar. Krein: Krystallographisch -optische Untersuchungen. 123 ’ kreuzten Nicols stehen), so ist die Spur der Axenebene (II. Mittellinie) kleinste Elastieitätsaxe, daher die erste Mittellinie grösste und die Krystalle um sie negativ. —— Während die Grenzen B/C meistens scharf und einheitlich, seiten gebogen und abgesetzt sind, beobachtet man bei den Grenzen der Felder € untereinander theils scharfe, theils gebogene Grenzen, auch wohl schiefes Einschneiden derselben. Die Felder selbst sind manchmal im Gleichgewicht, manchmal ist eins oder es sind mehrere auf Kosten anderer zurückgedrängt. Die nicht selten an Klüften und Rissen vorkommenden Spannungsbezirke zeichnen sich wie in B durch lebhafte Wirkungen aus. Wie dort setzen auch hier diese Bezirke nicht oft von einem Felde auf das andere über. Während die Felder C meist einen einheitlichen Ton haben, gibt es auch andere, deren Doppelbreehung in der Richtung nach der Mitte zu zunimmt. Hie und da geben sich auch Anfänge zu einer reeellosen Untertheilung der einzelnen Felder kund. Das Gentralfell D behält entweder den Ton des Gesichtsfells bei, oder zeigt Spuren schwachen Wechsels in der rothen Farbe an ein- zelnen Stellen beim Drehen des Tisches. Untersucht man die mit Hülfe des Gypsblättchens als besonders ınerkwürdig erkannten Stellen im convergenten Lichte, so erhält man folgende Resultate. Die normalen Stellen in den Feldern A zeigen ein ungestörtes schwarzes Kreuz. Da wo Überlagerungen des Theils B in Form feiner, senkrecht zur Hexagonkante gerichteter Lamellen vorkommen, ist das Axenbild gestört. In den Theilen 3 ist da, wo die Doppelbrechung am stärksten ist, auch der Axenwinkel am grössten. Beides trifft am Rande nach C zu zusammen. Die Theile © haben stärkere Doppelbrechung wie die Theile BD und auch grössere Axenwinkel. Hie und da beobachtet man, dass in den Sectoren die Doppelbrechung im Innern stärker ist als aussen, dann ist auch der Axenwinkel aussen kleiner als innen. Setzt man eine Platte mit Theilen A, B, C in einem Erhitzungs- instrumente lebhafter Rothgluth aus, so bleiben die Grenzen der Felder der einzelnen Theile gegeneinander ungeändert und das System der Theile des Kerns geht nicht in das der Theile des Mantels über oder umgekehrt. Stellt man in dem Erhitzungsapparat für höhere Temperaturen eine Platte auf Axenaustritt ein und arbeitet mit convergentem polari- sirtem Lichte, so erblickt man bei gewöhnlicher Temperatur deutlich das Axenbild. Dasselbe verändert sich nieht, wenn auch die Tem- peratur bis zu heller Rothglutlı der Platte gesteigert wird. mc Ne & -, = > 3 7124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Das Mineral zeigt sich also der Wirkung der Wärme gegenüber höchst unempfindlich. Da das Material nicht ausreichend war, um eine gesonderte Analyse von Mantel und Kern zu machen. so wurde zu ermitteln versucht, ob ein Unterschied im speeifischen Gewichte von Mantel und Kern besteht. %s wurden zu diesem Behufe auf mit sehr wenig Benzol ver- dünntem Methylenjodid (ursprüngliches specif. Gew. = 2.32) aus einer Platte, Theile A, Theile €, Theile A mit DB, Theile € mit B aufgetragen. Dieselben schwammen und sanken in späterer Folge fast zu gleicher Zeit, so dass das specifische Gewicht innerhalb der durch die Platten- theile hereingebrachten möglichen Versuchsfehler (bedingt durch Ein- schlüsse, kleine Hohlräume) jedenfalls sehr wenig verschieden, wenn nicht gleich zu nennen ist. Hält man dies mit der einfachen chemischen Formel des ganzen Krystalls zusammen, so dürfte dieselbe wohl auch für jeden der drei Theile A, B, € dieselbe sein.' So unempfindlich das Mineral gegen Wärmewirkungen ist, in so hohem Grade empfindlich zeigt es sich gegen Pressungen. Werden Theile A senkrecht gegen die Axe c gepresst, so stellt sich sofort Zweiaxigkeit ein, und die Ebene der optischen Axen kommt senkrecht zur Druckrichtung zu stehen. Man kann den scheinbaren Axenwinkel in Luft so gross machen, das er am Rande des Gesichts- feldes des Nörrengere’schen Polarisationsinstrumentes austritt. Werden Theile B gepresst, so lässt sich leicht der Axenwinkel, wenn senkrecht zu der Ebene der optischen Axen gedrückt wird, ver- grössern wie im vorigen Falle, aber auch = o machen, wenn man die Pressung in der Richtung der optischen Axen einleitet. — Das- selbe gilt für die Theile ©. Es stellt sich sonach eine sehr grosse Empfindlichkeit des Minerals gegen Druck und Zug ein, die gewiss ein Licht auf das Zustande- kommen seiner optischen Erscheinungen wirft. Ich glaube indessen nicht, dass es gerechtfertigt ist anzunehmen, wir hätten nur eine Gleiebgewichtslage vor uns, die hexagonale” und die rhombische Mitte sei durch eine vom Centrum ausgehende Spannung gebildet worden, ebenso wie der erste Mantel 5. Dem ! Auch die Ätzversuche mit heisser Schwefelsäure ergaben, obwohl keine dent- lichen Ätzfiguren erhalten wurden, doch so viel, dass die sämmtlichen Theile der Schlifl- platte gleichmässig angegriffen wurden. 2 Wäre es zulässig das Mineral in seinen verschiedenen Schichten als aus wechselnden Mengen von Al?O® und B?O° nach der Formel (Al?, B’)O® aufgebaut zu denken (die Damour'sche Formel wäre dann nur der Ausdruck des mittleren Ver- hältnisses), so könnte obige Annahme schon eher gelten. Kreis: Krystallographisch -optische Untersuchungen. 125 widersprechen die scharfen Grenzen von Ü zu B, die nicht selten ebenso scharfen Grenzen der meist einheitlichen Felder €, sodann auch der durch Wesskv klargestellte geometrische Befund. Meine Meinung ist vielmehr mit Wegsky die, es habe sich zuerst der rhombische Kern € gebildet, nicht ohne im Innern Hohlräume offen zu lassen. In einer späteren Periode, als die Umstände bei der Krystallisation (Druck, Temperatur u. s. w.) sich geändert hatten, sei der hexagonale Mantel A, B entstanden. Die Anlagerung des hexa- gonalen Mantels an den nun unter geänderten Umständen befindlichen rhombischen Kern konnte aber nieht erfolgen, ohne dass derselbe einen störenden Einfluss auf die nächstliegenden Theile B ausübte. Dieselben wurden in einer Richtung parallel der Begrenzung von B/C zusammengedrückt und daher zweiaxig. Diese Zweiaxigkeit nimmt aber in der Richtung senkrecht zu 2/C immer mehr mit dem ab- nehmenden Einfluss des Kernes ( ab, bis sie im Theile A in die Ein- axigkeit verläuft. Wo im Theile A andere als einaxige Partien vor- kommen, haben sich die Umstände local geändert und zur Bildung derselben Veranlassung gegeben. Man wird vielleicht hie und da geneigt sein, wie GroTH es andeutet, den einaxigen Mantel A durch einen Aufbau aus recht- winkelig gekreuzten zweiaxigen Lamellen des Theils C zu erklären, alsdann müsste man, abgesehen von den hierzu erforderlichen, be- stimmten neuen Stellungen der Theile C im Mantel A, nothwendig auch das Mittelgliel B in entsprechender Weise auffassen, und es bliebe danach zu erörtern. was die Substanz veranlasst haben könnte, zu diesen Bildungen zusammen zu treten. Mir scheint zunächst die Nothwendigkeit einer solehen Anschauung nicht erwiesen zu sein, denn da, wo die Substanz im Mantel A lamellen- frei ist, ist sie auch ungestört, und wo sie Lamellen führt, zeigt sie Störungen. Freilich würde für die einheitlichen Stellen ein submikro- skopischer Lamellenbau vorausgesetzt werden, dem man makroskopisch und mikroskopisch nichts anhaben könnte. Er müsste aber, wenn auch submikroskopisch, doch immer aus rechtwinkelig gekreuzten, zwei- axigen Lamellen bestehen, also in dem einen Zuge die Ebene der Axen von links nach rechts, im anderen von vorn nach hinten ge- lagert haben. Presst man ein solches Gebilde senkrecht zur Vertical- axe, so kann die Wirkung unmöglich die sein, wie bei einem ein- axigen Krystall, dessen optischer Bau um die Axe c in allen Rich- tungen, die mit ihr denselben Winkel bilden, der gleiche sein muss, vorausgesetzt, dass der Krystall ungestört ist. In unserem Falle er- hält man aber durch Pressungen senkreeht zur Axec die Erscheinungen, welche ein normal gebauter optisch einaxiger Krystall negativen Charak- 726 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. ters liefert und die seine Imitation aus zweiaxigen Lamellen nicht in gleicher Weise liefern kann. Ich sehe daher den Mantel A als ein- axig und die Zweiaxigkeit in der Hülle BD als durch Zerrungsvorgänge beim Wachsthum erzeugt an. Hierfür sprechen auch die Trennungsfugen der Theile A und, stärker angezeigt, die der Theile 3 unter einander. Was endlich den nicht in allen Schliffen wiederkehrenden Theil D anlangt, so ist er wohl gleicher Bildung wie der Theil A und eine Ausfüllung der Hohlräume von C mit der Masse von A. Um zu diesen Hohlräumen zu gelangen, wusste die Masse von C irgendwo Zuführungscanäle haben; in der That sind solche vorhanden, wie man sich dureh Zerschneiden des Krystalls parallel C überzeugen kann. Endlich bemerkt man auch in den Schliffen selbst, sei es an der Stelle D, sei es durch die Theile A, B, € hindurchziehend, eindringende Masse, die kein fremder Körper sein kann, weil sie, abgesehen von einer leichten braunen Färbung, dieselben Eigenschaften besitzt wie die übrige Substanz. Der Mantel € musste auf den Kern D im Allge- meinen ebenfalls einwirken, in der That sind auch in letzterem öfters Störungen gefunden; hie und da ist er aber auch frei davon. Man muss alsdann wohl annehmen, die Substanz habe sich an diesen Stellen abgesetzt, als die störenden Einflüsse schon weniger wirksam waren. Andere werden sagen, es finde hier eine innige Mischung der drei Uomponenten von C statt. Wie dem auch sei, jedenfalls muss die Moleeularanlage der hexa- gonalen Partie sehr ähnlich der der rhombischen sein. Hierfür sprechen, soweit man dies weiss, die Zusammensetzung und das speeifische Gewicht, welch letzteres für beide Partien gleich oder annähernd gleich ist. Die überaus grosse Empfindlichkeit gegen Druck trägt jedenfalls dazu bei, die Übergänge von dem einen in den anderen Zustand, in dem sich die Substanz uns darbietet, leicht in Erscheinung treten zu lassen. 3. Analeim. Ben Saupe war bekanntlich der erste Forscher, der uns die merk- würdige Erscheinung kennen lehrte', dass der Analeim bei der Er- wärmung eine Steigerung seiner Doppelbrechung erfährt und früher inactive Theile nach dem Erwärmen activ werden. Bei dem dama- ligen Stand der Kenntnisse wagte man indessen es noch nieht aus- zusprechen, dass das Entstehen der optischen Anomalien dieses Minerals auf den Wasserverlust zurückzuführen sei und von demselben abhänge. ! Inaugural Dissertation. Göttingen 1881. p.31ı und N. Jahrb. f. Mineralogie 1882. Bd. I. S.yı. Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen. 127 Erst später gelang es mir diese 'Thatsache in das rechte Licht zu stellen und durch Versuche zu erhärten.‘ — Der Analeim verliert danach in einer heissen Atmosphaere von Wasserdampf oder in heissem Wasser seine Anomalien und wird wieder isotrop; lässt man aber anstatt der feuchten Hitze trockene einwirken, so treten die optischen Abnormitäten, stärker als sie im Anfangszustand vorhanden waren, auf. — Ich schloss daraus, dass die optischen Abnormitäten vom Wasserverlust abhängig seien. — In einer späteren Mittheilung spricht R. Brauns” die Ansicht aus, der heisse Wasserdampf verhindere wohl nur den Austritt weiteren Wassers und das Verschwinden der Ano- malien unter der Einwirkung der Hitze sei auf ein Aufheben von Spannungen zurückzuführen. — Ich glaube nieht, dass diese Ansicht die riehtige ist, denn, wenn man einen durch trockene Hitze stark optisch wirksam gemachten Analeimschliff wieder in heissem Wasser oder noch besser längere Zeit in heissen feuchten Dämpfen erhitzt, so wird er, wenn er dünn genug ist, wieder völlig isotrop zum Be- weise, dass es das Fehlen oder Vorhandensein von Wasser in ihm ist, was sein Verhalten bedingt. ! Mineral. Mitth. X. N. Jahrb. f. Mineral. 1884. B. I S. 250 und N. Jahrb. f. Min. 1887. B. IS. 241. In einer in der neuesten Zeit erschienenen Arbeit geht H. Brösser, Zeitschr. f. Krystallographie B. XVI. 1890 S. 565 — 585 auf die optischen Eigenschaften des Anal- cims scandinavischer Fundorte unter gleichzeitiger Berücksichtigung seiner chemischen Zusammensetzung ein. Er findet, dass die untersuchten, meist schon etwas im An- sehen getrübten Analeime kräftige Wirkungen auf das polarisirte Licht haben, dabei aber in ihrer empirischen Zusammensetzung noch normal sind, sogar öfters etwas mehr Wasser enthalten als es der Formel entspricht. Ich erlaube mir zur Deutung dieses scheinbaren Widerspruchs mit der Reserve, die einem Jeden geboten ist, der das Material des Anderen nicht gesehen hat, zu bemerken, dass der trübe Zustand von ehemals hellen Krystallen wie bekannt hauptsächlich von Änderungen in der Constitution und von moleceularen Umlagerungen herrühren kann. Erstere scheinen im vorliegenden Falle, in Anbetracht der Analysen- resultate, ausgeschlossen, letztere aber, wozu auch H. Brögger neigt, S. 583 und 534, durchaus möglich zn sein, auch in Anbetracht des gegen die übrigen Analeimvor- kommen geänderten optischen Befundes. Nimmt man solche Umlagernngen, respec- tive Bildung neuer Verbindungen, an, so hat es nichts Befremdendes, dass bei der normalen empirischen Analcim - Zusammensetzung Anomalien vorkommen können, denn die nunmehr vorhandene oder vorhandenen Neu-Gruppirungen können als solche bei gleiehbleibender empirischer Analeim-Zusammensetzung Erscheinungen zeigen, die bei diesem sich erst bei einer Änderung der Constitution einzustellen pflegen. — Jeden- falls wäre es recht interessant gewesen, wenn H. Brösger seine Analeimplatten nach einer passend eingeleiteten Erhitzung in trockener sowohl, als in feuchter Luft studirt hätte. Warum ist ihm dies nicht »eingefallen«? S. 566. Die von ihm a. o. ©. eitirten Beobachter haben wohl den Eudnophit nur deshalb nicht untersucht, weil sie kein senügendes Material hatten. ® R. Brauns. Was wissen wir über die Ursachen der optischen Anomalien? Verhandl. des naturh. Vereins zu Bonn 1887 S. 13. 728 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Die des Wassers baare Substanz ist selbstverständlich kein nor- maler Analeim mehr, vielmehr ein Anhydrid desselben, das sich im Rahmen der Form mit seiner Moleeularanordnung Platz gemacht hat. Durch die Methode der Einhüllung — Canadabalsam reicht hierzu aus — ist es leicht sich zu überzeugen, dass die meisten Analeime in ganzen Krystallen untersucht, selbst wenn sie ganz klar zu sein scheinen, schon etwas Wasser eingebüsst haben müssen, denn es gibt kaum einen ohne Andeutungen von optischen Anomalien. Dieselben sind aber bisweilen sehr schwach und es zeigt der aus dem Krystalle gefertigte Schliff, zu dessen Herstellung doch mindestens ein Aus- schnitt von mehr als seiner 3—4fachen Dicke verwendet werden muss, die Abnormitäten oftmals so stark als der ganze Theil des Kıystalls, der verschliffen wurde, zum Zeichen, dass die Anomalien in der Platte durch die Art der Schliffherstellung, das Aufkitten und Erwärmen dabei, an Stärke zugenommen haben. Wie ich seiner Zeit ein Ikositetraäder nach dem Würfel geschlif- fen von Golden in Colorado prüfte,' so untersuchte ich jetzt ähnliche Gebilde klarster Art von Duingen und den Cyelopen gleichfalls in Schliffen nach © 0 © (100). Die Structur, wie sie Ben SaupE beschreibt, war am Rande vor- handen, nach der Mitte zu fehlte sie oder war nur ganz zart ange- deutet. Es wurde trocken erhitzt und der Krystall zeigte danach die Struetur über die ganzen Felder weg. Da, wo sie schon vorher vorhanden gewesen war, war jetzt die Doppelbrechung gestiegen und höhere Polarisationstöne boten sich dar, da, wo sie vorher fehlte oder nur zart angedeutet war, zeigte sie sich jetzt in deutlicher Weise. Als die Krystalle wieder in feuchte Hitze kamen, wurden sie wieder isotrop, um nach dem, abermals trockener Hitze ausgesetzt, wieder activ zu werden. In diesem Zustande wurden sie in Uanadabalsam eingelegt und aufbewahrt. Schliffe aus sehr klaren Würfeln von den Cyclopeninseln, die an den Ecken das Ikositetraäder gross entwickelt trugen, wurden ebenfalls erwärmt. Es bot sich im Wesentlichen dieselbe Erscheinung dar, wie früher. Die Ecken des Schliffs,” schon vorher activ, zeigten die Activität stärker, das Centrum, vorher inactiv, oder polarisirende Stellen in Streifen darbietend, wurde optisch wirksam und zeigte Feldertheilung nach der Mitte der Kanten des Schliffs. Da von jedem Schliff ein Stückchen nicht erhitzt worden war und dasselbe beim !]. e.1884 S. 250. ? Derselbe geht nach dem Würfel, hat aber als Begrenzungselemente die Combina- tionskanten des Ikositetra@ders, steht also zu den Grenzen der Würfeltläche über Eck. Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen. 729 Einlegen nun den erhitzten Theilen wieder angepasst wurde, so konnte man sehr schön die Wirkung der Erwärmung verfolgen. Schliffe aus würfelförmigen Krystallen nach dem Würfel zeigten Theilung nach den Eeken zart angedeutet, im Centrum wohl auch ein ungetheiltes Feld von isotroper Beschaffenheit. Nach dem Erhitzen war eine deutliche Viertheilung vorhanden. Die Wirkung auf das polarisirte Licht war an den Kanten, wo vorher schon etwas Wirk- samkeit vorhanden gewesen war, am stärksten und nahm nach der Mitte zu ab. Passendes Erhitzen in einer feuchten Atmosphaere machte auch diese Schliffe wieder isotrop, ein Zustand, den sie beim Erkalten und trocknen Erhitzen wieder verloren. — In letzterer Be- schaffenheit wurden sie in Canadabalsam eingeschlossen und auf- bewahrt. Alle Versuche beweisen gleichmässig, dass die optischen Anomalien vom Wasserverlust herrühren. Nach dem Austritt des Wassers nimmt die verbleibende Substanz eine andere Anordnung ihrer Molecüle an, als deren Ausdruck das nieder symmetrische System anzusehen ist, was jetzt vorliegt. Bei dieser Neuordnung übten die Umgrenzungs- elemente einen bestimmenden Einfluss aus.' 4. Chabasit und Phakolith. Wie bekannt ist der Zustand, in dem sich die Chabasite und Phakolithe jetzt befinden, durch F. Breker” erkannt und eingehend ge- schildert worden. Für den Chabasit wird das Bestehen aus triklinen und und für den Phakolith aus monoklinen Einzelindividuen angenommen und nach dem optischen Befunde ist an dieser Annahme nicht zu zweifeln. Es fragt sich nur, ob diese Mineralien, deren geometrische Er- scheinungsweise eine ganz andere ist, sich auch ursprünglich zu- sammengesetzt haben aus Theilen niederer Symmetrie, oder ob diese letztere nieht etwa später erst Platz gegriffen habe. Ehe ich zur Beantwortung dieser Frage übergehe, will ich vor- her den Befund eines in optischer Hinsicht ausgezeichnet schön ge- bildeten Phakoliths schildern, auch mit Rücksicht darauf, dass man ! Wäre dieser nicht entschieden vorhanden, so könnte man auch sagen: »Nach dem Austritt des Wassers blieb die übrige Substanz in einer minder symmetrischen Gleichgewichtslage zurück. Es würde dadurch wahrscheinlich gemacht sein, dass die Anordnung des Restes zusammen mit der Anordnung des Ausgetretenen eine reguläre Gruppirung der kleinsten Theilehen von der Analeim- Zusammensetzung dar- gestellt hätte. ? Über die Zwillingsbildung und die optischen Eigenschaften des Chabasit. Mineral. u. petr. Mitth., herausgegeben v. Tscuermax, N. Folge B. I. 1880 S. 391 u. f. 730 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 26. Juni. von den Phakolithen bezüglich ihrer optischen Structur noch nicht allzuviel Sicheres weiss. Es ist dies der Phakolith von Annerod bei Giessen, von dem ich schöne Krystalle meinem Freunde Prof. Sterne in Giessen verdanke. Über seine geometrischen Verhält- nisse, Zusammensetzung und Vorkommen giht Streng! schon 1877 eingehend Bericht, so dass ich mich hierauf beziehen kann. In optischer Hinsicht zeigt der Anneroder Phakolith die nach- folgenden Erscheinungen, die an Phakolithen anderer Fundorte (Böhmen, Ganseburg bei Giessen’) mehr oder weniger ähnlich, wenn auch nicht so schön, wiederkehren. Schleift man das Mineral nach der hexagonalen Basis an und betrachtet es im parallelen polarisirten Lichte, so tritt in der sechs- seitig begrenzten Figur (die Grenzen sollen die Parallelen der b-Axen darstellen) gewöhnlich eine markirte Zwölffeldertheilung, die manch- mal einer scheinbaren Sechsfeldertheilung in Schliffen nach der Mitte zu weicht, ein. Stellt man die Spur einer hexagonalen Axe b von oben nach unten, Fig. 4, so liegen dieser Axe zwei, einem ehemals hexagonal-rhom- bo@drischen Individuum angehörende, symmetrisch entgegengesetzt auslöschende, dreieckige Felder an. In einem jeden dieser Felder bildet die kleinere Elastieitätsaxe Fig. 4. mit der Axe b einen Winkel von 6° bis 7°. In genannter Richtung liegt auch die Ebene der opti- schen Axen, deren I. Mittellinie auf der Sehliffläche senkrecht steht. Dieselbe muss die Axe a sein, also negativen Charakter haben, wie dies auch eine directe Beobachtung bestätigt. Der Axen- winkel um diese Mittellinie ist nicht klein; der schwachen Dop- pelbreehung wegen sind aber die Axenerscheinungen sehr ver- schwommen, so dass er nicht sehr genau gemessen werden kann. Sein Wertli beträgt un- ! Über den Chabasit. Ber. der oberhess. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde. BER 1877. 8274100. If: 2 Von diesem Vorkommen gab Srrens Kunde in den Ber. der oberhess. Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde. B. XXVIM. 1890 S. 119. Ich verdanke seiner Güte eine Anzahl schöner Krystalle. Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen. Mal gefähr 75 — 80° in Luft für mittlere Farben. Wie dieser eine vier- seitige Ausschnitt aus der Fig. 4, so sind auch noch die übrigen fünf gebildet, so dass durch Zusammentreten derselben das Gesammtansehen der obigen Figur erhalten werden kann. Abgesehen von diesen Partien, die mit wenig scharfen Grenzen gegeneinander absetzen, selbst aber median durch eine scharfe Linie getheilt sind, beobachtet man in der Richtung der Axen 5b die Entwickelung eines deutlichen feder- artigen Gebildes, Fig. 5, dessen Axe mit db zusammenfällt und dessen Fahnen parallel den anliegenden Axen @ gehen. Ferner ist ein zweites, sehr viel schwächer angezeigtes Federgebilde vorhanden, an «a an- liegend, die Fahnen parallel db gerichtet. Um diese interessanten Verhältnisse etwas besser zu übersehen, werde paralleles polarisirtes Licht und ein Gypsblättehen vom Roth I. Ordnung in bekannter Weise angewandt. A Alsdann färben sich, Fig. 5, Pig. 5. die Theile I blauroth,, I gelb- roth; II dunkelblau, IV hell- blau; V hellgelb, VI dunkel- gelb. In dem deutlicheren Federgebilde nehmen dage- gen die Fahnen folgende Töne an. Im Sector I gelb, in II blau; im Sector III roth, in IV gelb; im Sector V blau, in VI roth. Aus diesen Fär- bungen kann man schon auf die Lage der Auslöschungen in den Fahnen schliessen und findet, wie auch die direete Beobachtung ergibt, dass sie jeweils dieselben sind, wie in dem anliegenden Seetor des Nachbarindividuums. Dies wird durch die arabischen Zahlen in der Fig. 5 im Vergleich mit den römischen der Sectoren einleuchtend. Die direete Beobachtung zeigt ferner, dass dies so sein muss, da die Fahne dadureh zu Stande kommt, dass die Theile des Nachbarindivi- duums entsprechend in die des Grundindividuums eingreifen, Verhält- nisse, die man an den ganzen Krystallen sehr schön verfolgen kann. Die an den aAxen gelegenen schwächeren Fahnen entsprechen den Streifungen auf den Pyramidenflächen; sie sind nie so distinet wie die anderen und heben sich in den einzelnen Feldern auch nur dureh schwache Änderungen der dort herrschenden Töne ab. 792 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 26. Juni. Sehr merkwürdig verhalten sich ferner Schliffe aus anderen Kırystallen. Während in dem erstbeschriebenen die Felder deutlich in der Mitte zusammenstossen und die deutlichen Fahnengebilde mehr nach den Rändern zur Entwickelung eelangen, nehmen in anderen Schliffen die Fahınen überhand und drängen die einheitlichen Seetoren zurück, so dass dadurch ein Durchdringen der ehemals hexagonal- rhombo@drischen Theilkrystalle sich anzeigt. Manchmal geschieht es auch, dass die Fahnen- und Seetorentheile wirr durcheinander gehen; ein Mal beobachtete ich im Centralschliff nur 6 Seetoren mit je zwei unregelmässig ineinander greifenden Orientirungen und Andeutungen von Fahnen, während in den Sehliffen darüber oder darunter deut- liche Zwölftheilung mit distineten Fahnen zu sehen war. Aus einem Krystalle wurde auch ein Schliff erhalten, in dem die Fahnen zu breiten Bändern umgeformt waren, so dass man die Auslöschungs- richtungen noch besser als in den früher nur abgesetzten Theilen bestimmen konnte. Alle diese Verhältnisse legen den Gedanken nahe, dass man es hier nicht mit einer ursprünglichen Bildung zu thun habe. — Prüft man nun mit der Methode der Umhüllung die Chabasite und Phako- lithe diverser Fundorte durch, so zeigt sich das, was einem früher schon an Schliffen aufgefallen war, die von gleicher Dicke, nach derselben Richtung aus Krystallen eines und desselben, sowie ver- schiedener Fundorte hergestellt worden waren, — die Stärke der Doppelbrechung in Platten senkrecht zu c ist bei den einzelnen Prae- paraten sehr verschieden. Es gibt welche, die noch fast normal zu nennen sind (das beste Beispiel fand ich in einem Chabasit vom Hohen-Hagen bei Göttingen, dem dortigen Basalt entstammend), andere zeigen von schwächeren Wirkungen an allmählich Übergänge bis in die stärksten hinein. Die Wirkungen sind verschwindend oder gering, wenn die Krystalle klar sind; sie stellen sich um so deutlicher ein, je trüber die Krystalle erscheinen. Auch das Schwanken an ein und demselben Krystalle, wie an dem von Anne- rod mit der Sechstheilung in der Mitte und der Zwölftheilung oben und unten, lässt sich nur so deuten, dass der Wassergehalt des Krystalls in der Mitte ein anderer ist als an den Enden, und die ganze optische Wirkung, insofern sie vom hexagonalen Systeme ab- weicht, wie beim Analeim, durch den Wasserverlust bedingt ist. Nach Austritt des Wassers findet eine andere Moleeulargruppirung statt, die sich in Beziehung setzt zu den Umgrenzungselementen, so dass die Seetoren von der herrschenden Deuteropyramide bestimmt werden. Die deutlichen Federfahnen hängen mit dem Übergreifen der Sub- stanz aus einem Seetor in einen benachbarten, einem anderen, ehe- Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen. 133 mals hexagonalen Individuum angehörenden, zusammen; die minder deutlichen Fahnen, an den Spuren der Axen a gelegen, aber be- kunden einen Einfluss der Streifung auf den Flächen der Deutero- pyramide. Durch die Erwärmung treten Erscheinungen auf, die das eben Ausgesprochene bestätigen. Es wird dadurch und durch den damit im Gefolge hergehenden Wasserverlust überall die Doppelbrechung ge- steigert; wo sie nach der Weise des einaxigen Systems vorhanden war oder als schwache Störung desselben im zweiaxigen Sinne auf- trat, wird sie überall nach dem Erhitzen energischer und so, wie sie bei zweiaxigen Krystallen auftreten muss. Dabei treten scharfe Feldergrenzen auf, aus Partien mit polarisirenden Streifen gibt es einheitliche Felder und es werden die Fahnen, wo sie vorhanden sind, distineter und ausgedehnter. In dieser Hinsicht zeigt sich also voller Zusammenhang mit dem Verlust an Wasser. — Allein im Vergleich mit dem Analeim ist doch ein Unterschied vorhanden: die ein Mal optisch abnorm (triklin oder monoklin) gewordene Sub- stanz behält diese Gleichgewichtslage bei, die Änderung gelingt bloss im einen und nicht, wie beim Analeim, auch im rückläufigen Sinne. Die ganzen Versuche aber zeigen, mit welchem Rechte Chabasit und Phakolith ihre hexagonal-rhomboädrischen Formen besitzen. Sitzungsberichte 1890. 62 ee Er u Po Hr In «ma, 135 Zur Kenntniss der thierischen Zellen. Von Prof. LeoroLp AUERBACH in Breslau. (Vorgelegst von Hrn. WALpEver.) l. Mittheilung. Über zweierlei chromatophile Kernsubstanzen. »Deit in der mikroskopischen Technik die künstlichen Färbungen der Objeete eine grössere Ausbildung erlangt und zur Erkenntniss feinerer Strueturverhältnisse auch in den Zellkernen geführt haben, unterscheidet man gewöhnlich in den letzteren eine die gebräuchlichen Farbstoffe begierig aufnehmende und festhaltende Substanz, die nach dem Vor- gange Fremnme’s Chromatin genannt wird, und eine andere, in der erwähnten Hinsicht negativ sich verhaltende, das sogenannte Achro- matin. So einfach ist jedoch die Sache nicht. Es haben schon O6aArA (1883), Luksanow (1887) und Sreismaus (1888) in einigen Fällen tinetionell unterscheidbare und bei combinirten Tingirungen verschieden gefärbte Innenkörperchen der Kerne beobachtet, welche sie als Plas- mosomen und Karyosomen unterscheiden, gelegentlich auch als eosino-, safranino-, haematoxylinophile bezeichnen. Freilich sind diese Angaben, obwohl besonders schon Osara’s Arbeit eine sehr eingehende und an Folgerungen reiche war, bisher fast ganz unbeachtet geblieben. Ich bin indess in der Lage Übereinstimmendes zu melden auf. Grund eigener, den Kreis unserer Anschauungen über diese Dinge und ihre Bedeutung nach einigen Richtungen erweiternder Wahrnehmungen. Indem ich erneute Untersuchungen über die Zellkerne vornahm, bei welchen ich mir zunächst die Aufgabe stellte, meine früheren, in meiner Schrift: »Organologische Studien«' kundgegebenen Ansichten mit Hülfe der jetzigen mikroskopischen Technik von Neuem zu prüfen, ! Breslau 1874 bei E. Morgenstern. 736 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 26. Juni. und dies auch in Bezug auf eine damals von mir erwähnte mikro- chemische Verschiedenheit der Nucleoli, kam ich naturgemäss, unab- hängig von den oben erwähnten, mir unbekannt gebliebenen Arbeiten, auch auf den Weg der Doppelfärbungen und gelangte an zahlreichen Zellenarten zu Thatsachen, die sowohl mit meinen früheren Angaben übereinstimmen, wie auch in wesentlichen Punkten mit den Dar- stellungen der genannten Forscher zusammenfallen. Diese Angelegenheit ist schon deshalb von grösserem Belang als es auf den ersten Blick scheinen könnte, weil sie am Ausgangs- punkte aller an Zellkernen mittels Färbungen vorzunehmenden Unter- suchungen liegt, die ja neuerdings eine so wichtige Rolle spielen; und es wird sich zeigen, dass sie von Einfluss ist auf die Beurthei- lung der Structur und der Lebenserscheinungen jener Gebilde. Meine bezüglichen Untersuchungen betrafen fast alle Arten von Zellkernen im Körper der Amphibien, Urodelen wie Anuren, im er- wachsenen und im Larvenzustande. Es soll aber hier nur von den sogenannten »ruhenden«, d. h. nicht in mitotischer Vermehrung be- griffenen Zellkernen die Rede sein. In dem beregten Punkte aber bin ich zu folgenden allgemeinen Ergebnissen gelangt. Erstens: in dem, was im Ganzen Chromatin genannt wird, sind thatsächlich zweierlei Substanzen zusammengefasst, die sowohl farb- lieh unterscheidbar sind als auch ihre stoftliche Differenz noch ander- weitig, nämlich durch ungleiches Verhalten gegen gewisse chemische Reagentien, namentlich gegen Cl— Na, einfach chromsaures Ammo- niak und sehr verdünnte Sublimatlösung bekunden. Zweitens: es kommt vor, dass dasjenige, was bei einfacher Tinetion farblos oder doch nur sehr schwach gefärbt erscheint und deshalb ganz oder doch seiner Hauptmasse nach als Achromatin im- ponirt, thatsächlich zumeist aus einem Materiale besteht, das einer der beiden Chromatinsubstanzen angehört und nur bei der gerade angewandten Färbungsweise farblos ist. Die Färbungsabweichungen sind natürlich verursacht durch un- gleiche Anziehungskraft auf gewisse Farbstoffe. Sehr merkwürdig ist aber dabei noch das, dass diese Verschiedenheit hinausläuft auf Vorliebe für je eine bestimmte Farbe, bez. Farbengruppe, nämlich für Blau nebst Grün einerseits und für Roth nebst Gelb andererseits, und dies trotz theilweise erheblicher chemischer Divergenz der gleich- farbigen und trotz der stofflichen Verwandtschaft einiger der bezüg- lichen, sehr different-, nämlich annähernd eomplementärfarbigen Tinc- tionsmittel. Wenigstens gilt dies für folgende von mir versuchte Farbstoffe, nämlich 2 = e P = AvERBACH: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 131 für die rothen, bez. rothgelben: Eosin, Fuchsin, Aurantia, Garmin und Pikrocarmin und für die blauen, bez. grünen: Methylgrün, Anilinblau, Haematoxylin. Ich werde deshalb die eine der beiden Substanzen als die kyanophile, die andere als die erythrophile bezeichnen. Dies wird natürlich nur in Rücksicht auf die genannten Tinetionsmittel gemeint sein, während ich mich keineswegs für berechtigt halte, die gleichen Beziehungen auch zu allen anderen rothen und blauen Farbstoffen vorauszusetzen. Auch sollen die gewählten Bezeichnungen nicht den Sinn einer gänzlichen Unzugänglichkeit für die entgegengesetzte Farbe haben. Eine solehe ist nicht vorhanden, wie ich bald noch näher erläutern werde. Es zeigen sich nämlich die erwähnten Differenzen vorzugsweise bei Doppelfärbungen, und zwar nach vorangegangener Erhärtung der Objeete, sei es in wässriger Sublimatlösung oder in Alkohol oder in Gemischen aus beiden Flüssigkeiten oder auch in Pikrinsäure-Lösung, so wie auch nach Behandlung mit einfach chromsaurem Ammoniak. Solche Doppelfärbungen habe ich in mannigfachen Combinationen aus den beiden oben angegebenen Farbstoff-Reihen bewerkstelligt und zwar, welches auch die Vorbehandlung gewesen war, immer mit wesentlich dem gleichen Erfolge. Es stellte sich heraus, dass, falls nur die besonderen Modalitäten des Färbungsverfahrens richtig ge- troffen sind, auch jeder Zellkern eine Doppelfärbung annimmt. So weit meine Beobachtung reicht, smd in jedem Zellkerne beide Arten von Chromatinsubstanz gleichzeitig vertreten, und zwar meist derartig räumlich gesondert, dass sie mit Immersionslinse und Asgr’scher Be- leuchtung bequem erkannt und auseinander gehalten werden können. Es erscheint also dann der Kern aus rein blauen und rein rothen Theilen zusammengesetzt. In bestimmten Fällen freilich verhält sieh die Sache insofern etwas anders, als die beiden Substanzen derartig innig gemischt sind, dass bei Doppelfärbung eine violette Farbe aller Kernbestandtheile resultirt, wobei indessen auch dann noch stellen- weise ein Nebeneinander äusserst feiner rother und blauer Körnehen zu erkennen ist. Diese feine Misehung beider Substanzen gilt namentlich für alle Zellkerne aus der Embryonalperiode und der ersten Zeit des Larvenlebens und für andere im erwachsenen Zustande des Thieres auftretende junge Kerne. Es sind also später entwickelungsge- schichtliche Differenzirungen im Spiele. Ein ähnlicher Zustand der Mischung beider Substanzen wird aber auch in älteren Zellkernen unter dem Einflusse gewisser Reagentien herbeigeführt. Auf alle diese Punkte werde ich noch im Besonderen zurückkommen. 738 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. Zwischen den gefärbten Theilen sind zuweilen farblose Spalten bemerklich. Jedoch sind diese nur von geringer Breite, und es bleibt, insofern sie überhaupt als schon im natürlichen Zustande vorhanden anzusehen sein sollten, doch fraglich, ob es eine organische Materie ist, die sie erfüllt, und wenn so, ob diese dem Protoplasma verwandt ist, eine Eigenschaft, die für das Achromatin in Anspruch genommen worden ist und welche den beiden tingirbaren Substanzen entschieden zukommt, wie wir noch sehen werden. Ich will dabei nicht un- erwähnt lassen, dass zuweilen grössere rothı gefärbte Innentheile sich so beschaffen zeigen, dass feine rothe Kügelchen in einer blassen Substanz eingebettet sind, und ich will nicht bestreiten, dass mög- licher Weise letztere die Trägerin der protoplasmatischen Eigen- schaften des Ganzen ist. Doch habe ich in ruhenden Kernen diese Erscheinung nur selten gefunden. Meist ist, auch bei Betrachtung mit stärkster Vergrösserung, die Färbung eine diffuse. Ich halte es deshalb für richtiger, vorläufig von der erwähnten Complieation ab- zusehen, welche auch noch andere Deutungen zulässt. Wenn man nun aber blos einen der rothen Farbstoffe anwendet, so wird dieser auch von den kyanophilen Bestandtheilen aufgenommen, obwohl bei nicht zu starker Tingirung nur in geringerem Maasse als von den erythrophilen und nur so, dass er aus jenen leichter aus- zuwaschen ist als aus diesen und bei nachträglicher Anwendung der blauen Farbe durch diese verdrängt oder doch so vollständig verdeckt wird, dass man eben nur Blau sieht. In ähnlicher Weise zeigen bei anfänglicher Blaufärbung des Objects auch die erythrophilen Bestand- theile, obwohl nur in geringerem Maasse und nicht immer die Fähig- keit, etwas blauen Farbstoff in sich aufzunehmen. Die Benennungen kyano- und erythrophil sollen also nur einen relativen Sinn haben, indem sie die Bevorzugung der betreffenden Farbstoffe, leichte Auf- nahme und Festhalten derselben bedeuten. Anlangend die Technik der Doppelfärbung, so ist diese für unseren Zweck theils folgeweise, theils gleichzeitig zu bewerkstelligen. Als ein für manche Fälle geeignetes Gemisch bietet sich die Enruıca - Broxpi’sche Tinetionstflüssigkeit dar, die jedoch zuweilen einiger Abänderung ihrer Anwendungsweise bedarf. Bevor ich nun näher auf die Vertheilung der beiden Substanzen im Zellkerne eingehen kann, ınuss ich vorerst noch einige den Bau der Zellkerne betreffende Resultate meiner Untersuchungen hier kurz anfülıren, ihre Begründung mir für demnächst folgende Mittheilungen vorbehaltend. Erstens: die von den Autoren so vielfach beschriebenen und auch wirklich hier und da anzutreffenden intranueleären Fadennetze ÄvErRBACH: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 139 gehören nicht zur Fundamentalstruetur der »ruhenden« Zellkerne, sondern sind unbeständige und nebensächliche, dureli Umformung der Grundstruetur entstehende Bildungen, die freilich theilweise schon im Leben sich einfinden, aber auch da, wo dies nicht der Fall ist, ausserhalb des Körpers durch verschiedene Behandlungsweisen mit Sicherheit herbeizuführen sind. Im normalen ruhenden Zustande ist, entsprechend der in einer früheren Periode der Wissenschaft herrschend gewesenen, riehtigeren Ansicht, der Bau des Inneren des Zellkerns der, dass in einer Grundsubstanz, die im frischen Zustande homophan, im gehärteten auch mit den besten Linsen höchstens feinkörnig er- scheint, grössere, scharf begrenzte, isolirte, stärker lichtbrechende und stärker färbbare Körperchen, Nueleoli, von wechselnder, aber für die verschiedenen Zellarten und Thierspeeies typischer Anzahl ein- gebettet sind. Bei den Batrachiern enthalten die meisten Zellkerne eine grössere Anzahl, manche sogar sehr zahlreiche Nucleoli, die nicht Knotenpunkte eines Netzwerks sind. Es sind dies, wie ich die Sache sehon früher bezeichnete, multinucleoläre Kerne. Sind die Nuceleoli sehr zahlreich, so liegt die Mehrzahl derselben wandständig. Es gilt dies Alles nach meinen Befunden sogar auch von den rothen Blut- scheiben der Batrachier, denen ja neuerdings Nucleoli überhaupt gänz- lich abgesprochen werden. In ailen diesen Punkten habe ich auch durch meine neueren, mit den besten Hülfsmitteln sorgfältig und vorurtheils- frei angestellten Untersuchungen meine früher (im ı. Hefte meiner Organol. Studien) ausgesprochenen Ansichten nur bestätigt gefunden. Zweitens: es gibt zwei Arten von Kernmembranen. Die eine derselben entspricht der zuerst von mir (Org. St. 1874) aufgestellten Theorie; nach welcher die Kernmembran als Verdiehtungssehicht des den Kern umgebenden Zellenleibes, d. h. als »innere Zellmembran«, wie ich sie damals nannte, entsteht, und sie könnte in diesem Sinne auch als eytogene Kernmembran bezeichnet werden. Eine andere Art von Grenzschicht des Kerns hingegen bildet sich in nächstens zu schildernder Weise aus dem Material der Kernsubstanz selbst; ich werde mir erlauben, sie als karyogene Kernmembran zu erwähnen. In einzelnen Fällen ist keine von beiden deutlich ausgesprochen, öfters die eine oder andere; doch kommt es auch vor, dass, so lange der Kern in seiner Zelle steckt. beide als eoncentrische Grenzlinien in die Erscheinung treten.' An den somit erwähnten morphologischen Bestandtheilen der . Kerne machen sich nun die oben angekündigten Färbungsdifferenzen in folgender Weise geltend. ! Wie ich mich zu erinnern glaube, ist das Vorkommen einer doppelten Kern- membran in einem besonderen Falle schon einmal von W. Krause behauptet worden. 740 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 26. Juni. Zunächst gibt es zweierlei Arten von Kernkörperchen mit gesetz- mässiger Vertheilung, nämlich solche, die bei der angegebenen Be- handlung blau, neben anderen, die roth werden und sich zugleich widerstandsfähiger als jene zeigen. Mit Ausnahme der Blutscheiben erwachsener Thiere, welche blos kyanophile Körperchen enthalten, sind in den meisten Zellenarten der Batrachier in jedem der multi- nueleolären Kerne Nucleoli von beiden Arten gleichzeitig eingeschlossen, so zwar, dass die kyanophilen in überwiegender Mehrzahl vorhanden sind, nur einer oder verhältnissmässig wenige der erythrophilen Art angehören. Diese qualitativ differenten Innenkörperchen können natürlich auch in ihrer physiologischen Bedeutung nicht gleichwerthig sein. Wenn ich nun dennoch auf beide die Bezeichnung Nucleoli anwende und vorläufig beide unter diesem Begriffe zusammenfasse, so ge- schieht dies aus folgenden Gründen. Erstens treten uns beide als isolirte Innenkörperchen von stärckerer Lichtbrechung und erheb- licher Grösse entgegen, so zwar, dass bald die eine, bald die andere Art durch grösseren Durchmesser hervorragt und man im unge- färbten Zustande des Objeets öfters überhaupt nicht sagen könnte, welehe man für die eigentlichen Nucleoli halten solle. Zweitens sind unter denjenigen Gebilden, welche seit Beginn der Zellenlehre allgemein als Kernkörperchen angesehen wurden und auch heute noch von den meisten Forschern als solche anerkannt werden, z. B. unter den grossen Innenkörpern der farblosen Blutkörperchen der Batrachier sowohl kyanophile als erythrophile enthalten. Drittens aber werde ich später Thatsachen erwähnen, die vermuthen lassen, dass beide Arten von Kernkörperchen entwickelungsgeschichtlich zusammen- hängen. Die Erscheinung der zweierlei Kernkörperchen tritt uns in be- sonders grossem Maassstabe entgegen in den Hautdrüsenkernen (»Riesen- kernen«) der Urodelen. Auch von diesen Gebilden gilt hinsichtlich ihres Baues all das, was ich vorhin von den Zellkernen im Allgemeinen behauptet habe. Ihre berühmten intranucleären Netze, welche bis jetzt eine Hauptsäule der Lehre von den Kernnetzen bilden, kommen im natürlichen Zustande nur vereinzelt und auch dann oft nur frag- mentarisch vor, wie man sich bei angemessen vorsichtiger Behand- lungsweise und bei Berücksichtigung: auch der mittelgrossen und kleineren Exemplare dieser Gebilde überzeugen kann, während sie auf dem Wege der Praeparation in grosser Menge theils unabsichtlich erzeugt werden, theils planmässig in schönster Form hervorzurufen sind. Der gewöhnliche normale Bau dieser Kerne ist aber nach meinen Wahrnehmungen folgender. > Aversacn: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 74] Die sehr biegsame, faltbare und delinbare Kernmembran ist aus- gefüllt von einer weichen und feinkörnigen Substanz, in welcher zahlreiche, bei den grössten Exemplaren über hundert wohl isolirte, scharf begrenzte, in Tinetionsmitteln stark sich färbende Innenkör- perchen eingebettet sind. Die Mehrzahl dieser Nucleoli ist wand- ständig, der Innenfläche der Kernmembran anliegend; doch ist auch eine nicht geringe Zahl derselben im Innenraume zerstreut. Sie haben meist eine rundliche Form und keinen gegenseitigen Zusammenhang, sind jedoch im Einzelnen hier und da in Folge einer ihnen zukom- menden amöboiden Beweglichkeit umgestaltet, wurstförmig, spindel- förmig, lappig oder gar verzweigt und können auch mit benachbarten verschmelzen. Solche Formveränderungen dieser Innenkörperchen kommen übrigens spontan nur in den grösseren und sehr grossen Exemplaren der Hautdrüsenkerne häufiger vor, seltener in den kleineren, können aber unter praeparatorischen Einflüssen in allen sich entwickeln. In den kleineren Kernen dieser Art sind sämmtliche Nucleoli kyanophil, auch in jedem grösseren die weit überwiegende Mehrzahl. Diese kyanophilen Körperchen sind in jedem Einzelkerne von ziemlich gleichem Durchmesser, während ihre absolute Grösse in umgekehrtem, ihre Anzahl hingegen in geradem Verhältnisse zum Gesammtumfange des Kerns steht. Diese ihre numerischen und auch ihre Lagerungs- verhältnisse sind völlig analog denjenigen, welche ich früher (Org. St. I) an den Keimbläschen der Fisch- und Batrachier-Eier beschrieben und aus einem Entwickelungsgange abgeleitet habe, der auch an unseren jetzigen Objecten stattfindet, nämlich aus Theilung eines einzigen oder einiger weniger ursprünglicher Nucleoli und suecessiver Weitertheilung ihrer Sprösslinge. In den mittelgrossen und sehr grossen der Hautdrüsenkerne finden sich nun aber neben den eben erwähnten immer noch je ein oder einige anders geartete Innenkörper. Ihre Anzahl beträgt je nach den Dimensionen des Kerns ı1— ı5, gewöhnlich jedoch 2—5. Sie unter- scheiden sich von den ersteren durch fünf Eigenschaften. Erstens sind sie zumeist erheblich grösser, im Durchmesser etwa 2—4 mal so gross als jene. Zweitens haben sie vorherrschend eine mehr centrale Lage. Drittens nehmen sie bei jeder meiner angegebenen Doppel- färbungen eine brillant rothe oder gelbe Farbe an, bestehen also aus erythrophiler Substanz. Viertens enthalten sie zuweilen kleine Vacu- olen. Eine fünfte unterscheidende Eigenthümlichkeit aber liegt in ihrem Verhalten gegen stärkere Salzlösungen. Es ist eine ganz un- beachtet gebliebene, obwohl von mir schon früher (©. St. I) hervor- gehobene Eigenthümlichkeit der meisten Nucleoli, die auch da sich zeigt, wo nur ein einziger grosser, also unzweideutiger Nucleolus 742 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. im Kern vorhanden ist, dass also die meisten Nucleoli in gewissen stärkeren Lösungen von Cl—Na und, wie ich jetzt hinzufüge, auch von neutralem chromsaurem Ammoniak 'erblassen, aufquellen und schliesslich ganz und gar oder doch bis auf einen geringen Rest dunkelkörniger Substanz sich auflösen. Ganz so verhalten sich nun auch die erst besprochenen kyanophilen Innenkörperchen der Haut- drüsenkerne der Urodelen und stimmen also auch hierin mit walıren Kernkörperchen überein, während hingegen die erythrophilen den- selben Reagentien bei der nämlichen Coneentration einen viel stärkeren, unter Umständen absoluten Widerstand entgegenstellen.‘ Diese ihre Eigenschaft kann man benutzen, um sie auch ohne Härtung und Färbung zur gesonderten mikroskopischen Anschauung zu bringen. Man braucht nur dem frischen Objeete eine 2— 5 procentige Lösung eines der genannten beiden Salze hinzuzufügen, so klären sich augen- blicklich die Kerne auf, in Folge Auflösung der kyanophilen inneren Bestandtheile, und es bleiben nur eine kleine Anzahl, meist 2— 5, grössere Innenkörper übrig, welche jetzt um so deutlicher hervortreten und sich durch ihre Zahl, Grösse und Lagerung als identisch mit den an tingirten Praeparaten zu erkennenden erythrophilen aufweisen, was sich auch durch nachträgliche Färbung bestätigen lässt. Schon in meinen Org. Studien, Heft I.S.24 hob ich hervor, dass in multi- nucleolären Kernen öfters 1—2 der Nucleoli der auflösenden Wirkung gewisser Reagentien viel länger Widerstand leisten als ihre Genossen. Unter solchen Umständen können freilich diese übrig bleibenden Innenkörperchen sehr den Eindruck machen, als seien sie allein die echten Nucleoli, eine Frage, die sich ja weiterhin noch aufklären wird. Jedenfalls gehören sie aber auch nach meiner Ansicht in den Kreis der Nucleoli. Ich zweifle daran um so weniger, als die gleichen reactiven Eigenschaften .auch den entsprechenden Gebilden soleher Zellen zukommen, an denen ich erkennen konnte, dass der ursprüng- liche embryonale, grosse und einzige Nucleolus in einem gewissen Stadium der Weiterentwickelung jene beiden Eigenschaften annimmt. Dies habe ich namentlich an den primären rothen Blutkörperchen ! der Frösche beobachtet und werde das bald noch näher schildern. Jedoch lässt sich nieht eine identische Entstehungsweise für die erythrophilen Nucleoli unserer Hautdrüsenkerne behaupten. Es sprechen ! Unter primären rothen Blutkörperchen verstehe ich diejenigen, welche sieh direct aus embryonalen dotterhaltigen Furchungskugeln entwickeln, im Gegensatze zu den später aus speeifischen farblosen Blutzellen oder auch auf dem Wege der mito- tischen Theilung aus rothen Blutscheiben entstehenden, welcher letztere Modus schon im Larvenzustaude der Frösche und in der ersten Woche selbst an solchen rothen Blutscheiben vorkommt, die noch kleine Reste von Dottertäfelechen enthalten. 2 Avervacn: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 743 im Gegentheile mehrere Umstände für eine seeundäre, nachträgliche Aus- bildung derselben. Sie treten nämlich gewöhnlich erst auf, wenn die Kerne eine gewisse Grösse, etwa 15 ».Dm. erreicht haben, und sind dann in solehen zunächst nur in der Zahl von ı1— 2 anzutreffen, nehmen weiterhin mit dem Wachsthume der Kerne an Zahl zu, in den grössten Exemplaren bis zu ı5 in einem Kerne. In den kleineren Hautdrüsen- kernen, von denen manche, wie ich finde, bestimmt als junge Gebilde anzusehen sind, fehlen sie ganz; diese enthalten nur kyanophile Nucleoli. Ich werde weiter unten Gründe für die Wahrscheinlichkeit anführen, dass durch Neubildung aus der Kern-Grundsubstanz die erythrophilen Nucleoli hinzutreten. Die zweierlei Nucleoli sind aber in ganz analoger Weise auch in vielen anderen Zellen des Batrachier-Körpers zu constatiren und wahr- scheinlich in allen multinueleolären Kernen in gewissen Stadien ihres Lebens vorhanden. Abgesehen von den eben besprochenen »Riesen- kernen« sind in den übrigen, viel kleineren Zellkernen die erythro- philen Nucleoli nur in der Zahl von 1— 2, höchstens 3 vorzufinden, während ihnen die kyanophilen an Zahl überlegen sind und dies zu- weilen in beträchtliehem Grade. Besonders deutlich beobachtete ich die Gleichzeitigkeit der beiden Arten von Nucleolis in den Leberzellen, Darmepithelien, Bindegewebszellen, einem Theile der farblosen Blut- körperehen erwachsener Thiere und ebenso auch in den roten Blut- scheiben der Larven von Pelobates fuseus und Rana temporaria während des grössten Theils ihres Larvenlebens, nämlich von der zweiten Woche nach dem Verluste der äusseren Kiemen bis zur Metamorphose. Meine Wahrnehmungen an den letzteren Objeeten waren in einigen Bezie- hungen besonders belehrend, und ich will deshalb hier in Kürze die bezüglichen Ergebnisse anführen. Die Blutkörperchen der Froschlarven entstehen aus kugeligen, mit grossen Dottertafeln vollgepfropften, farblosen, in dieser Gestalt in den Gefässen eireulirenden Zellen, welche je einen kugeligen Kern mit einem einzigen grossen Nucleolus, seltener zwei solchen etwas kleineren enthalten. Wenn die Larve aus ihrer Gallerthülle entschlüpft, haben die Blutkörperchen noch die nämliche Verfassung und behalten sie noch ungefähr so während des ersten Tages ihres freien Lebens, bei kalter Witterung auch noch länger. Sodann aber beginnen sie deutlicher unter allmählieher Aufzehrung der Dottertäfelehen, unter entsprechender Gestaltveränderung und unter Ausbildung von Haemo- globin in ihrem Zellenleibe sich in elliptische Blutscheiben umzuwan- deln. Die Haemoglobinbildung beginnt längere Zeit vor gänzlicher Schmelzung der Dottertäfelehen. Dieser Umwandelungsprocess nimmt je nach der herrschenden Temperatur und je nach der Species längere 744 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 26. Juni. oder kürzere Zeit, ein paar Tage oder auch ein paar Wochen in Anspruch. Dabei erfährt der Kern natürlich ebenfalls eine gewisse Abplattung und eine Verlängerung in der Längsaxe der Blutscheibe; im Übrigen aber behält er eine Zeit lang noch den beschriebenen einfachen Bau bei. Selbst wenn das Blutkörperchen schon scharf scheibenförmig ausgestaltet und deutlich haemoglobinhaltig ist und nur noch geringe Reste der Dottertäfelehen oder auch solehe nicht mehr enthält, ist der Kern noch uninueleolär, und der grosse ein- fache oder allenfalls auch doppelte Nucleolus ist auf’s Deutlichste bequem zu erkennen. Bei Doppelfärbung, z. B. mit der Earrıch- Bıospr schen Mischung nimmt der ganze Kern eine violette oder Lila- Färbung an, der Nucleolus eine etwas gesättigtere Nuance. Gegen das Ende dieser Umgestaltungszeit aber wird das Aussehen des Kerns insofern etwas eomplieirter, als neben dem grossen Nucleolus noch eine Anzahl sehr kleiner Körnchen sichtbar werden, welche bei Doppel- färbung von einem blass rosafarbenen Grunde blau schimmernd sich abheben. Es macht den Eindruck, als habe die Grundsubstanz sich differenzirt, indem die kyanophilen Molecüle derselben sich zu den kleinen Kügelchen zusammengeballt hätten. Um diese Zeit kann man aber zuweilen auch an dem grossen Nucleolus etwas Analoges, nur in umgekehrter Richtung sich vollziehendes bemerken. Bei sehr gutem Lichte erkannte ich mittels der Immersionslinse mehrmals, dass der Nuceleolus in diesem Stadium aus zwei Bestandtheilen zusammengefügt ist, nämlich einer blauen Grundsubstanz und in ihr eingebetteten, verhältnissmässig grossen rothen Kügelchen, oder auch so, dass eine centrale rothe, bez. gelbe Kugel von einer blauen Schale umgeben ist. Im übrigen Kernraume aber werden nach und nach der blau tingirbaren Kügelchen mehr und mehr. Sie werden, besonders von der Zeit an, wo die äusseren Kiemen des Thieres schwinden, sehr zahlreich. Woher dieser Zuschuss stammt, darüber lässt das weitere Schicksal des Nuceleolus mir kemen Zweifel übrig. Während sich nämlich die Anzalıl und die Gesammtmasse der Nebenkörnchen steigert, wird der ursprüngliche Nucleolus oder es werden event. die beiden Stamm-Nucleoli allmählich immer kleiner. Indem sie aber kleiner werden, nehmen sie auch zugleich immer mehr den erythrophilen Charakter an und erscheinen nach einiger Zeit, im Mai und besonders im Juni, bei Doppelfärbung rein roth. Ich glaube daraus schliessen zu müssen, dass der Nucleolus nach und nach von seiner Oberfläche aus einzelne Partikelchen des kyanophilen Theils seiner Substanz ab- stösst, die sich zwischen den ähnlichen, früher aus der Grundsubstanz differenzirten vertheilen. Weiterhin aber geht mit diesen Neben- kügelehen dahin eine Veränderung vor sich, dass, wahrscheinlich u Eu ee Zn UL Fi Aversach: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 14:5 durch gruppenweise erfolgende Verschmelzung derselben, ihre Anzahl geringer, auf 6—S redueirt wird und so grössere als Nucleoli anzu- sprechende Körperchen entstehen, deren Durchmesser jetzt demjenigen der Stamm-Nucleoli gleicht. In Folge dessen sind im bloss gehärteten oder einfach, z. B. nur mit Eosin gefärbten Zustande die beiden Arten von Körperchen im Kerne nicht mehr zu unterscheiden. Wohl aber lassen sich auch ohne Färbung die erythrophilen Nucleoli deutlich machen durch Behandlung des frischen Objects mit wässeriger Su- blimatlösung von 1—ı.3 pro Mille Gehalt, durch welche, grossentheils unter kugeliger Abrundung des Blutkörperehens und seines Kerns, die überwiegende Mehrzahl der Nucleoli aufgelöst wird, so dass nur einer oder zwei, nämlich die erythrophilen, als solche auch jetzt dureh Doppelfärbung nachweisbar, bestehen bleiben und in dieser Hinsicht eine Art Praeponderanz über die anderen bekunden. Wenn die ursprünglichen Nucleoli auf etwa ein Drittel ihres an- fänglichen Durchmessers und damit gänzlich auf den erythrophilen Theil ihrer Substanz redueirt sind, hat es den Anschein, als ob sie in diesem Zustande eine Zeit lang verharrten. Später aber wird es immer deutlicher, dass ihr Schwund, obwohl jetzt langsam, weiter geht. Sie erhalten sich während des ganzen Restes des Larvenlebens, werden aber im Laufe der Sommermonate kleiner und kleiner und verschwinden schliesslich zur Zeit der Metamorphose ganz. In Larven, an denen die Hinterbeine schon herausgewachsen sind, ist immer noch eine ziemliche Anzahl Blutscheiben mit freilich sehr kleinen erythrophilen Nucleolis anzutreffen, hingegen kaum noch, wenn auch die Vorderbeine sich entwickelt haben. Ich werde bald Gründe dafür anführen, dass dieser ihr Untergang wahrscheinlich in der Weise erfolgt, dass sie nach und nach von ihrer Oberfläche aus in feine Theilchen zerstäuben, die sich im Kernraume zerstreuen und zwischen den kyanophilen Nucleolis ablagern. An halbjährigen Herbstfröschen ferner zeigen sich schon ganz dieselben Verhältnisse, wie am erwach- senen Thiere. Es haben nämlich die Blutscheiben sämmtlicher über den Larvenzustand hinausgelangter Batrachier Kerne, deren jeder eine grössere Anzahl durchweg kyanophiler Nucleoli enthält, eingebettet in eine, die schmalen Spalten zwischen ihnen ausfüllende erythrophile Substanz. Bıospı hat angegeben, dass durch die Enkuicn - Brospr' sche Mischung die Kerne der Blutscheiben rein blau werden; das ist je- doch nicht ganz so, wenn die Vorbehandlung eine fixirende und namentlich das, was ich »innere Quellung« genannt hahe (0. St. I) vermeidende war. Freilich ist auch dann der bei Weitem grösste Theil der Masse des Kerns, weil den Nucleolis angehörend, blau gefärbt. Bei hellem Lichte aber kann man doch mit der Immersions- 746 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 26. Juni. linse zwischen den rundlichen Nucleolis feine, tief rothe Spalten erkennen, die, beiläufig bemerkt, auch ein fadiges Netzwerk mit Knotenpunkten vortäuschen können, thatsächlich aber nur die aus der Grundsubstanz bestehenden Scheidewände zwischen den Nueleolis darstellen. Ein Irrthum in Folge Durchscheinens der roth tingirten Leibessubstanz des Blutkörperchens ist dadurch ausgeschlossen, dass das Gleiche auch an ausgetretenen oder sonstwie isolirten Kernen der Blutscheiben zu constatiren ist, so wie ferner auch dadurch, dass bei der bewussten Behandlung der Zellenleib der Blutscheibe meist eine gelbrothe, die Grundsubstanz des Kerns hingegen eine karmoisinrothe Farbe gewinnt. s Diese Rothfärbung der Grundsubstanz ist aber so intensiv nur in ausgebildeten Thieren, viel schwächer im Larvenzustande und um so blasser je jünger die Larve ist, bis zurück zu der Zeit, wo die Differenzirung in Roth und Blau sich noch nicht vollzogen hat. Eben deshalb nehme ich an, dass in den primären Blutscheiben die roth- liebenden Moleceüle der Kerngrundsubstanz grossentheils von den wäh- rend des Larvenlebens allmählich zerstäubenden erythrophilen Nucleolis herstammen. Die im späteren Leben entstehenden Blutscheiben finden, so weit sie aus farblosen Zellen ihren Ursprung nehmen, eine analoge Quelle für ihren ähnlichen Aufbau in denjenigen erythrophilen Nucle- olis, welche in farblosen Blutzellen neben anderen blau werdenden auf’s Schönste zu sehen sind. Es wird interessant sein, weiter nach- zuforschen, wie sich bei der mitotischen Theilung der rothen Blut- körperchen und anderer Zellen diese Verhältnisse gestalten mögen, was freilich seine Schwierigkeit haben wird wegen der bei diesem Processe stattfindenden Vermischung der Kern- und der Zellsubstanz, ein Vorgang, der trotz seiner Ableugnung aus den Beschreibungen und Abbildungen der Autoren wie auch aus der Betrachtung betref- fender Praeparate deutlich genug hervorleuchtet und im Wesentlichen meiner früher ausgesprochenen Theorie der Karyolyse entspricht. Ich selbst fand und besitze in meinen Praeparaten zwar eine ziem- liche Anzahl von Mitosen rother Blutkörperchen, jedoch die meisten aus einer Zeit, wo ich die erwähnten Doppelfärbungen noch nicht anwandte, und unter den übrigen gerade von den Anfangs- und Endstadien des Processes zu wenige Speeimina, als dass ich mir über das dabei obwaltende besondere Verhalten der beiden Kernsubstanzen sehon eine feste Meinung hätte bilden können. Wir haben nun soeben in den Blutscheiben schon einen Fall kennen gelernt, in welchem die Grundsubstanz oder wie man sie vielleicht besser nennen könnte, die Füllsubstanz des Kerns bei den bewussten Doppelfärbungen eine intensiv und rein rothe Farbe an- AveErRBACH: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 747 nimmt. Das Gleiche habe ich nun aber in etwas wechselndem Grade noch bei manchen anderen Zellenarten beobachtet wie z. B. besonders schön an den Leberzellen von Salamandra maculata und ausserdem zuweilen an den oben schon in anderer Hinsicht besprochenen Haut- drüsenzellen von Triton ceristatus. Bei letzterem Objecte ist indess der Grundsubstanz eine gewisse Unsicherheit der Färbungsbeziehungen eigen, welche sehr contrastirt gegen die von den beiderlei Nucleolis in diesem Punkte manifestirten Constanz. Zuweilen bleibt die Grund- substanz überhaupt ungefärbt, andere Male nimmt sie in blasserer Abstufung die Farbe der kyanophilen Nucleoli an, wodurch dann die anderen, roth gewordenen Innenkörperchen um so lebhafter her- vorstechen. Wo letzteres der Fall ist, betrifft diese Art der Färbung zuweilen alle in dem Praeparate vorhandenen Hautdrüsenkerne, woraus ich schliesse, dass dann äussere Umstände bedingend sind, wahrscheinlich gewisse, noch nicht genügend beherrschte Abweichungen im Färbungs- und dem darauf folgenden Auswaschungsverfahren. Auf letzteren Punkt könnte ich, ohne weitläufig zu werden, hier nicht eingehen und will deshalb nur hinzufügen, dass ich Grund zu der Annahme habe, es dürfte bei noch besserer Regulirung der genannten Proce- duren die Grundsubstanz auch dieser Kerne sich immer als vor- herrschend erythrophil herausstellen. Wenn sich aber überhaupt an diesen Objeeten die rothe Färbung der Grundsubstanz zeigt, dann ist dabei noch ein besonderes Verhältniss bemerkenswerth, das zu weiteren Folgerungen Veranlassung giebt. Es ist nämlich die Rothfärbung der Füllsubstanz des Kerns am intensivsten in den kleineren und mittel- grossen Kernen. Ein prachtvolles Bild bieten namentlich solche von 10—2ou Dm. durch den Contrast der grossen blauen Nucleoli von dem hochrothen Untergrunde. In den noch grösseren Exemplaren hingegen ist die rothe Färbung der Grundsubstanz viel blasser und weiterhin fast verschwindend, d. h. nur auf zerstreute rothe Pünktchen beschränkt in jenen gigantischen Formen, welche diesen Gebilden den Namen der Riesenkerne verschafft haben. Diese Abnahme der diffusen Rothfärbung mit dem Wachsen der Kerne scheint einen doppelten Grund zu haben. Der eine liegt in ihrer Anschwellung selbst. Die riesigen Kerne sind zwar ihrem Volumen nach nicht ganz so gross, wie sie scheinen, da sie nach meiner Ermittelung immer, und zwar auch in situ, eine sehr abgeplattete Gestalt haben, sich aber bei der üblichen Praeparationsweise meist auf der flachen Seite liegend praesentiren. Immerhin erreicht aber ihr Volumen ein bedeutendes Maass. Diese mächtige Vergrösserung verdanken sie aber, wie ich aus ihrem Verhalten gegen mechanische Einwirkungen schliesse, vorzugsweise einer reichlichen Aufnahme von Wasser in 748 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 26. Juni. ihr Inneres. Sie stellen Blasen dar, die mit einer dünnen, fast flüssigen Substanz gefüllt sind, während die kleineren Kerne des- selben Parenchyms Gebilde aus viel festerem und derberem Materiale sind. Durch den Zuschuss von Wasser aber müssen die erythro- philen Moleeüle der Grundsubstanz auseinander gedrängt, muss die Färbung verdünnt werden. Indessen dürfte nach dem zuvor Be- merkten diese Ursache nicht zur vollen Erklärung der Differenz aus- reichen, sondern wohl noch eine andere, an sich interessantere in Betracht zu ziehen sein. Ich habe oben mitgetheilt, dass die grossen erythrophilen Nucleoli der in Rede stehenden Kerne erst in den grösseren derselben, welche einen Durchmesser von mindestens 154 haben, sich einfinden. Wenn wir uns nun denken, dass jene durch Zusammenballung entsprechender Molecüle aus der Grundsubstanz sich bilden, so würde damit auch die gleichzeitige Verarmung der letzteren an färbbaren Partikelehen erklärt sein. In der That kommt es ausnahmsweise vor, dass auch kleinere Kerne erythrophile Nucleoli enthalten, und dann ist auch in diesen die Grundsubstanz immer blass oder ganz farblos. Wir hätten damit ein Gegenstück zu dem oben von den Blutscheiben der Froscehlarven Berichteten, nämlich zu der dort von mir angenommenen Vertheilung des Materials der erythrophilen Nucleoli in die Grundsubstanz. Die erythrophile Kernsubstanz ist übrigens dem Protoplasma des Zellenleibes offenbar ähnlicher, als die kyanophile. Denn ich habe hier hinzuzufügen, dass bei meinen Doppelfärbungen in vielen Zellenarten auch die Zellenleiber eine rothe Färbung zeigen, nämlich immer dann, wenn sie überhaupt Farbstoff angenommen und beim Auswaschen festgehalten haben." Jedoch besitzt auch die andere, blau sich färbende Kernsubstanz eine Haupteigenschaft des Proto- plasma, nämlich amoeboide Beweglichkeit, wie ich schon angab. Hinsichtlich weiterer Betheiligung der kyanophilen Substanz an dem Aufbau der ruhenden Kerne habe ich nur noch anzuführen, dass aus soleher Substanz auch die karyogene Kernmembran besteht, wo eine solehe vorhanden ist, wie z. B. in vielen farblosen Blut- zellen und in manchen Leberzellen der Urodelen. ' In manchen Zellenarten nämlich, wie z. B. in denjenigen der Chorda dor- salis, in Endothel- und platten Bindegewebszellen bleibt der Zellkörper ungefärbt. — Von den Intercellularsubstanzen bleibt diejenige des Bindegewebes farblos, während die Grundsubstanz des Knorpels eine schöne blaue Farbe annimmt, und zwar sowohl bei solchen Doppelfärbungen, wo die blaue Farbe durch Methylgrün. wie bei solchen, wo sie durch Haematoxylin vertreten ist, so dass die Knorpelsubstanz sich in einem allgemeineren Sinne als kyanophil erweist. Andere secundäre Bestandtheile mancher Praeparate werden namentlich in der Esrvien-Broxvi’schen Mischung schön grün, andere violett, so dass sehr bunte Bilder entstehen können. AUERBACH: Zur Kenntniss der thierischen Zellen. 749 Die Kenntniss der zweierlei Kernsubstanzen ist aber weiterhin sehr wichtig wegen deren Beziehungen zu den intranucleären Netzen. Zur Bildung soleher liefern sie das Material und sind dazu ver- anlagt kraft mehrerer ihrer Eigenschaften, deren eine ich schon wiederholt erwähnte, nämlich ihre amoeboide Bewegungsfähigkeit. Aber auch passiv sind die inneren Kernbestandtheile, weil im lebendigen und überlebenden Zustande aus einem weichen und klebrigen Material bestehend, sehr bildsam und geneigt, bei gegen- seitiger Berührung zu verschmelzen. Auf Grund dieser Eigenschaften gestalten sie sich unter Umständen zu wirklichen inneren Netzen um. In der Regel ist es nur eine der beiden Substanzen, die dies thut, und zwar am häufigsten die kyanophile. Unter bestimmten Be- dingungen jedoch gestaltet sich jede der beiden Substanzen für sich zu einem Netzwerke, so dass man in dem Kern zwei durch einander geflochtene Netzwerke, ein rothes und ein blaues, sieht. Diesen Punkten soll eine demnächstige weitere Mittheilung ge- widmet werden. Ausgegeben am 3. Juli. Sitzungsberichte 18%. 63 dr a Ka, \ 101278 ar, me. a EU En N Arte a ra ET EN VE FEN TIEREN rer en. sl Au a rer AL UNGE DEE" |. Sir ou Aal aan en Weg re Date Ri ee ® anal TE Di TEE ar a, une solang heit a Fa a a TE TE ORTE Rat naar F 1 PL TEE RE MeTPEEE TEE TI D DEITE ee nik BE Kırııı is BEA der. Tr ee job LAT) BR. Mh ee ee Bazar, a ee Een a Mn 24 ee Ep IN? DI TI EN N” yarlehains la eu At DS PIE FIN bon Alöiakan le „laden ' Han Bar Ten DEE Vena H au er ar See Dt Datz Uri . j a A 2 SER u Zu ÄsaR ET Ka BEE? a we . BR Er ah we re en Dr ET es ar - 751 1890. XXXIH. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 26. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Currıvs. Hr. von DER GABELENTZ sprach über die Kabakadasprache in Neupommern. Ausgegeben am 3. Juli. a. ae Re GR = 5 = 2 U f INNERE Mn | a! Ne a 2° ee = 1 IR ha an“ Ar Bf! ar iR stülgn IRRE Hs | (= Re wire Ki dag, ah U u i et PR BE 3 Kae, WR TREE I El RTTet Wer PR Ba. a AB 5 nn “ 2 m Di | wo h; u “ 1 | Ei < 2 de Bc UITAR Bu en a 1890. XXXIV. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 3. Juli. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leissızischen Gedächtnisstages. Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Borss-Revmonpv. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung, welcher Seine Excellenz der vorgeordnete Minister Hr. von GossLer beiwohnte, mit folgender Rede: Vergegenwärtigt man sich die geistige Gestalt des ausserordent- lichen Mannes, dem zu Ehren wir alljährlich an diesem Tage ver- sammelt sind, so erstaunt man stets von Neuem über die fast schranken- lose Weite seines Gesichtskreises und die fast unendliche Mannig- faltigkeit seiner Interessen. Kaum erscheint es denkbar, dass die Staatsschrift, welche dem Könige von Preussen das Fürstenthum Neuchätel zusprach, derselben Feder entsprang, wie die Protogaea; die Analysis des Unendlichen und das wahre Kräftemaass demselben Kopfe wie die praestabilirte Harmonie und die Theodicee. Eine Lücke indessen in diesem beim ersten Blick allumfassenden Bilde fällt bei näherer Betrachtung auf. Sieht man ab von dem lateinischen Gedicht, in welchem Leısnız Branv’s Entdeckung des Phosphors überschweng- lich feiert, so sucht man wohl vergebens nach einer Beziehung unseres Heros zur Kunst. Dass seine Ars eombinatoria mit schönen Künsten nichts zu thun habe, bedarf nicht der Erwähnung. Nur gelegentlich und sehr zerstreut kommen in seinen Schriften und Briefen Bemerkungen über Kunst und über das Schöne vor; einmal lässt er sich über das Wohl- Sitzungsberichte 1890. 64 754 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. gefallen an der Musik etwas ausführlicher vernehmen, dessen Ursache er in einer gleichmässigen, obschon unsichtbaren Ordnung der Bewegungen der zitternden Saiten sucht, »die ... in uns ... einen mitstimmenden Wiederhall »machet, nach welchem sich auch unsere Lebensgeister regen«. Doch war sichtlich die Sinnenwelt für Leissız nur wenig da; die Alpen und die italiänischen Kunstschätze sah er wohl mit Augen, aber, wie wir heute sagen, seelenblind. Auf die Schönheit kam es ihm nicht sonderlich an; mit Einem Wort, dieser Hercules lässt sich nie am Wocken einer Omphale ertappen. Dieselbe Vernachlässigung wenigstens der bildenden Kunst fällt bei Vorrame auf, der als Polyhistor sonst mit Leissız einigermaassen vergleichbar ist, und man muss, wie ich früher einmal hier aus- führte, bis zu einer dritten Generation, bis zu Dipvrror in Frank- reich, zu Lessıse und WınckeLmann in Deutschland herabsteigen, um auf entschiedene Theilnahme an bildender Kunst, und auf Würdigung ihrer Stellung im Culturleben der Völker zu treffen. Der so abgegrenzte Zeitraum ist für die Kunst, einiger hervor- ragenden Erscheinungen ungeachtet, einer des Niederganges gewesen, während er für die Wissenschaft einer der ruhmvollsten war. Be- trachtet man die geschichtliche Entwickelung dieser beiden Richtungen menschlichen Schaffens, so zeigt sich in dem beiderseitigen Gange keinerlei Übereinstimmung. Während der höchsten Blüthe der griechi- schen Plastik gab es noch kaum Wissenschaft. Am Anfang der Kunst- periode, die wir als Öinquecento zu bezeichnen pflegen, ragt freilich Lioxarno’s Riesengestalt, der neben unsterblichen Kunstschöpfungen zugleich Physiker hohen Ranges war. Doch war er als solcher seiner Zeit so sehr voraus, dass dies gewiss nicht als Beweis dafür angeführt werden kann, wie Aufschwung der Wissenschaft Aufschwung auch der Kunst bedinge: so wenig, dass MicnELAneero starb an dem- selben Tage, wo Gamer geboren wurde. Wenn gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts Kunst und Wissenschaft gemeinsam einen hohen Flug nahmen, wird man darin doch nur ein mehr zufälliges Zusammen- treffen erblicken dürfen, da denn auch die Kunst seitdem bestenfalls auf gleicher Höhe verharrte, die Wissenschaft noch immer in unab- sehbarem Siegeslauf begriffen ist. In der 'That sind die beiden Richtungen so verschieden, dass man leicht begreift, wie der Kunst von der Wissenschaft, dieser von jener nur mehr äusserlich geholfen werden kann. »Die Natur«, sagte GoETHE treffend zu Eckermann, — ohne zu ahnen, wie herbe An- wendung dieser Ausspruch auf eine Seite seiner eigenen wissenschaft- lichen Bestrebungen finden könnte — »die Natur versteht gar keinen »Spass, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge; sie hat E. pu Boıs-Reymonn: Festrede. 155 »immer recht, und die Fehler und Irrthümer sind immer des Menschen. « Um die Richtigkeit davon vollauf zu empfinden, muss man gewohnt sein, indem man als Experimentator oder Beobachter selber Hand an’s Werk legt, der Natur in’s unerbittliche Antlitz zu schauen, und die, man möchte sagen, ungeheure Verantwortlichkeit zu tragen, welche in dem Aufstellen auch des geringfügigsten Sachverhaltes liegt. Was in diesem Augenblick, unter diesen Umständen geschieht, würde unter denselben Umständen vor negativ unendlicher Zeit auch geschehen sein, nach positiv unendlicher Zeit noch geschehen: das ist der inhaltschwere Sinn jeder richtig gedeuteten Erfahrung. Nur der Mathematiker, dessen Thätigkeit der des experimentirenden Forschers näher verwandt ist, als man sich vorzustellen pflegt, kennt ewig unverbrüchlichen Ge- setzen gegenüber das gleiche Gefühl der Verantwortlichkeit. Ge- schworene Zeugen vor dem Richterstuhl der Wirklichkeit streben sie beide nach der Erkenntniss der Welt wie sie ist, innerhalb der uns durch die Natur unseres Intellects gesteckten Grenzen. Was aber den Forscher für diesen beängstigenden Druck, unter dem er arbeitet, vollauf entschädigt, das ist das Bewusstsein, dass auch die geringste seiner Leistungen ein Schritt vorwärts ist über die höchste Stufe seiner grössten Vorgänger; dass sie möglicherweise den Keim unermesslich wichtiger theoretischer Einsichten und praktischer Errungenschaften enthält, wie die Worrastox schen Linien im Speetrum den der Speetral- analyse; dass solcher Preis nicht bloss dem von der Natur erhobenen Genie, sondern auch dem gewissenhaften Fleisse des mittelmässig Be- gabten winkt; endlich dass die Wissenschaft, indem sie dem mensch- lichen Geist die Herrschaft über die Natur verleiht, das absolute Organ der Gultur ist; dass ohne sie nie eine wahre Cultur geworden wäre, und dass ohne sie die Cultur mitsammt der Kunst und ihren Werken jeden Tag wieder rettungslos versinken könnte, wie am Aus- gang der antiken Welt. Auch darüber tröstet dies Bewusstsein den Forscher, dass eine gedankenlose Menge, indem sie die ihr so gespendeten Wohlthaten geniesst, kaum weiss, wem sie sie verdankt; dass während der Namen jedes Musikvirtuosen in Aller Munde, und der Unsterblichkeit in den Conversations-Lexicis für die gebildeten Stände gewiss ist, bei uns der Namen dessen so gut wie unbekannt blieb, dem ‚jener höchste Triumph des erfindenden Menschengeistes gelang, über weite Länderstreeken, über Gebirg und Thal durch einen Kupferdraht den Klang einer Stimme vernehmbar zu machen, gleich als spräche sie uns in's Ohr. »Ernst ist das Wissen, heiter ist die Kunst«, könnte man das Diehterwort wenden, ohne dass es minder zuträfe. Die Kunst ist das 64* 756 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Reich des Schönen, des Schaffens dessen, was durch halb sinnliches, halb seelisches Wohlgefallen uns beglückt, und damit ist gesagt, dass sie im weitesten Umfange ein Reich der Freiheit ist. Hier walten keine starren Gesetze, keine strenge Causalität bindet das Geschehen in der (regenwart an das in Vergangenheit und Zukunft; kein absolutes Merk- mal verbürgt das Gelingen; wechselnder Geschmack der Zeiten, Völker und Menschen maasst sich Lob und Tadel an. wie denn die Herr- lichkeit gothischen Kirchenbaues dem achtzehnten Jahrhundert zum (respött geworden war. Hier wird zu Schanden jene Erklärung des Genies als des Talentes zur Geduld; eine glückliche Offenbarung er- zeugt ein uns mit elementarer Gewalt hinreissendes und erhebendes Gebilde, das der nachträglich von der Kunstkritik ihm aufgedrun- genen tiefsinnigen Deutung zu spotten scheint; und die begnadete Hand, welche Solehes vollbringt, ist auch eine Wohlthäterin der sorgen- trüben Menschheit. Leider liegt es in der Natur der Dinge, dass nicht jeder Zeit solche Kraft entspriesst: hier wird Einmal in Einer Richtung das Höchste hervorgebracht, in dessen Nacheiferung dann Menschen- alter um Menschenalter verzweifelnd sich abmüht. Die schönsten Kunsttheorien vermögen weder den Einzelnen über die Schranken seines natürlichen Könnens zu erheben, noch im grossen Ganzen einer sinkenden Kunstperiode ein besseres Loos zu bereiten. Was fruchtet das nun schon geraume Zeit die Kunstwelt spaltende Gerede über Idealismus und Naturalismus? Hat es uns vor den oft schwer zu ertragenden Ausschreitungen des- letzteren bewahrt? Sucht nach Neuem, dreistes Aufstecken einer Fahne, welcher der unmündige Haufen blindlings folgt, tragen den Sieg davon, bis das Abgelebte irgendwie durch Frisches abgelöst wird, oder bis einer Erscheinung von ge- bietender Hoheit die Herrschaft unweigerlich zufällt. Noch weniger kann die strengere Wissenschaft der Kunst auf- helfen, und so einander innerlich fremd, ohne einander wesentlich zu beeinflussen, gehen beide ihren eigenen Weg, jene bald etwas schneller, bald etwas langsamer stetig aufsteigend, diese in erhabenen Wogen auf- und abschwankend. Eine von beiden, die Kunst allein, zum Merkmal höchster Entfaltung menschlicher Geisteskraft stempeln zu wollen, wie es von den der Wissenschaft ferner Stehenden nieht selten geschieht, ist zweifellos ein Irrthum; aber freilich leuchtet der Menschengeist am hellsten, wo Glanz der Kunst mit Glanz der Wissen- schaft sich eint. Übrigens findet hier etwas Ähnliches statt wie in der praktischen Ethik. Je tiefer gesunken die Sitten einer Zeit, eines Volkes sind, | um so mehr bekanntlich wird von Tugend geredet. Je mehr natur- wüchsige Schöpfungskraft versagt und versiegt, um so höher schwillt E. vu Bors-Reymosp: Festrede, 757 die Fluth aesthetischer Theorien. Hermann Lorze’s ‘Geschiehte der Aesthetik in Deutschland’ bietet ein ermüdendes und entmuthigendes Bild dieser langen und fruchtlosen Bemühungen. Die Philosophen aller Schulen haben sich in abstraeten Formeln überboten, um begrifflich festzustellen, was Schönheit sei. Sie sei die Einheit in der Mannig- faltigkeit, oder die Zweekmässigkeit ohne Zweck, oder die unbewusste Vernunftmässigkeit, oder das Absolute in sinnlicher Existenz, oder die genossene Harmonie des absoluten Geistes, und Ähnliches mehr. Aber zwischen diesen allem Schönen zugeschriebenen, angeblich sein Wesen ausmachenden Eigenschaften, und der Empfindung selbst des Schönen, ist kaum mehr Zusammenhang als zwischen den Aether- und Schall- schwingungen und den uns dadurch zum Bewusstsein gebrachten Qualitäten. Es dürfte denn auch wohl ein verfehltes Unternehmen sein, einen Ausdruck zu ersinnen, der die mannigfaltigen Arten der Schönheit gleichmässig deekte: die Schönheit des Kosmos im Gegen- satz zum Chaos, einer Gebirgsaussicht, einer Symphonie, eines Dicht- werkes, der Rısrtorı als Medea, einer Rose; oder allein in der bildenden Kunst die Schönheit des Kölner Doms, des Hermes, der Sixtinischen Madonna, eines Genrebildes, einer Landschaft, eines Stilllebens, eines Japanischen Rankengeflechtes. Sagen wir lieber, dass wir hier, wie an so vielen Punkten, auf ein Unerklärliehes in unserer Organisation stossen; ein Unaussprechliches, aber darum nieht minder sicher Em- pfundenes, ohne welches das Leben uns schmucklos grau dahintlösse. Bei Scmwrer findet sich eine Untersuehung über die Schönheit des menschlichen Körpers. Er unterscheidet eine architektonische Schönheit und eine solche, welche auf Anmuth beruht. Vor zwanzig Jahren am gleichen Tage, in einer Rede über Lrissiızische Gedanken in der neueren Naturwissenschaft, bekämpfte ich den Rationalismus in der Aesthetik, in welchem das vorige Jahrhundert vielfach be- fangen war, und ich wagte unter anderem den Ausspruch: »So wenig » wie für die Wirkung der Melodie, ist eine Erklärung für die Anziehung »denkbar, welche die schönen Formen des einen Geschlechtes auf das »andere ausüben.« Bei näherer Überlegung ist in der That gar nieht einzusehen, warum gerade diese Form, die man nach Freuser durch eine trockene Gleichung mit drei Variablen darstellen könnte, mehr als tausend andere Mögliehkeiten uns beglückt. Aus keinem abstracten Prineip, keiner Architektonik, keiner Hocarrn'schen Wellenlinie lässt sich dies ableiten. Ein Jahr nach meiner Bemerkung erschien aber Cuartes Darwın’s Descent of Man, worin die in der Origin of Speeies nur angedeutete Lehre von der gesehlechtlichen Auslese ausführlich abgehandelt und in ihre Consequenzen verfolgt wird. Noch steht mir lebhaft im Gedächtniss, wie unser Dover, als ieh einst ihm gegenüber 758 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. die Berechtigung des Vitalismus bestritt, mich mit dem Einwand in Verlegenheit setzte, dass in der orgänischen Natur, beispielsweise in dem Gefieder eines Pfaues oder Paradiesvogels, Luxus herrsche, da doch Mavperruis’ Satz von der kleinsten Action in der unorganischen Natur solche Verschwendung ausschliesse. Nun war dies Rätlısel gelöst: unter der Voraussetzung freilich, dass man auch Thieren in ihrer Art einigen Schönheitssinn zugestehe. Das farbenprächtige Hoch- zeitskleid der männlichen Vögel ist entstanden, indem die Weibchen dem am besten geschmückten Freier den Vorzug schenkten, so dass eine immer reicher verzierte Nachkommenschaft erwuchs. Die männ- lichen Paradiesvögel sieht man zur Zeit der Paarung ihre Schönheit vor den Weibehen wetteifernd zur Schau tragen. Die melodische Be- gabung der Nachtigall kann man gleichfalls so zu Stande gekommen sich denken, wenn man den Nachtigallenweibchen, statt des Gefallens an bunterem Gefieder, musikalische Empfindung zuschreibt. Darwın spinnt seinen Gedanken weiter dahin aus, dass auch beim Menschen- geschlecht gewisse Merkmale der Geschlechter, der würdevolle Bart des Mannes, der herrliche Kopfschmuck des Weibes, durch geschlecht- liche Auslese entstanden sein möchten. Es ist bekannt, wie durch die oft wiederholte Einführung schöner Tscherkessischer Selavinnen in die Harems der vornehmen Türken der ursprüngliche mongolische Typus oft zu edelster Gestalt umgewandelt worden ist. Noch höher hinaufsteigend dürfen wir aber jetzt in demselben Gedanken die Ant- wort auf die Frage finden, worin die Anziehung wurzele, welche die weibliche Schönheit auf den Mann übt. Nach unseren Vorstellungen ist das Weib nieht aus einer Rippe des ersten Mannes geschaffen worden, was auf morphologische Schwierigkeiten stösst, sondern der Mann selber war es, der im Lauf zahlloser Geschlechter durch natür- liche Züchtung das Weib so sich erschuf, wie es ihm gefällt, und umgekehrt so das Weib sich den Mann. Dies nun nennen wir schön; man braucht aber nur einen Bliek auf eine Rugens’sche und eine Tırrasische Venus zu werfen, vollends an die verschiedenen Menschen- 'assen zu denken, um zu erkennen, wie wenig selbst dies Schöne ein absolutes sei. Einen Fall, in welchem es scheint, als lasse sich Schönheit noch am besten zergiiedern, bietet die Schönheit dar, welche man die mechanische nennen kann, und welche am wenigsten beachtet ist, weil zu ihrer Würdigung eine besondere Schulung des Auges gehört. Es ist die Schönheit, welche eine Maschine oder ein physikalisches Instrument besitzen kann, an welchen jeder Theil das richtige Maass, die richtige Gestalt und Lage für seine Verrichtung hat. Auf sie passt allenfalls die Definition der unbewussten Vernunftmässigkeit, E. pu Borss-Reymonp: Fesirede. 759 denn hier lässt sich das Wohlgefallen mit Fug und Reeht darauf zurückführen, dass wir, bei genügender Bildung, unbewusst inne werden, wie genau das Nöthige geschehen ist, um Festigkeit mit Leichtigkeit, und nach Bedürfniss mit Beweglichkeit zu möglichst vortheilhafter Kraftübertragung, ohne unnützen Aufwand an Stoff zu verbinden. Zwar ein Treibriemen erscheint weder schön noch un- schön; aber da die Festigkeit einer Bläuelstange in der Mitte ihrer Länge am stärksten beansprucht wird, so gefällt es dem visus eruditus, sie von den Enden nach der Mitte zu angemessen anschwellen zu sehen. Diese Art von Schönheit ist natürlich erst neueren Ursprungs, und es verdient bemerkt zu werden, dass sie bei dem Bau unserer physikalischen und Messinstrumente meines Wissens zuerst in Deutsch- land, nämlich von Gror6 von ReıcHEngßaca in München, verstanden und zum Prineip erhoben wurde. Zur Zeit, wo aus den Münchener und Berliner Werkstätten schon Instrumente von vollendeter mechani- scher Schönheit hervoreingen, kamen aus Frankreich und England noch solche zu uns, an welchen gekünstelte Säulehen und verschnör- kelte Karniesse an die unreinen Formen in der Architektur und dem Mobiliar des Rococo’s widerwärtig erinnerten. Ich weiss nicht welcher französische Mathematiker im vorigen Jahrhundert beim Anblick der St. Peters-Kuppel in Rom versuchte, von dem Eindruck vollkommenster Befriedigung des Auges, welchen sie hervorbringt, sich Rechenschaft zu geben. Er maass die Krüm- mungen der Kuppel aus, und fand, dass ihre Gestalt gerade die ist, welehe unter den gegebenen Umständen nach den Regeln der höheren Statik das Maximum der Stabilität liefert. Unbewusst, durch sicheren Instinet geleitet, hat also MicherAneeLo an seinem Modell (denn die Kuppel wurde erst nach seinem Tode aufgeführt) eine Aufgabe ge- löst, die ihm mit Bewusstsein kaum verständlich, ja zu seiner Zeit noch nicht einmal mathematisch zu behandeln gewesen wäre. Es scheint übrigens, als habe in diesem Falle die Schönheitsgleichung, so zu sagen, mehrere Wurzeln; denn es giebt mindestens noch eine an- dere Kuppelform, als deren Typus mir die des Val-de-Gräce in Paris vorschwebt, welche einen ebenso befriedigenden, wenn auch vielleicht nieht so erhebenden Eindruck macht, wie die MicHELANGELO'S. Hier greift, wie man sieht, die mechanische Schönheit in die Bau- kunst ein, und dies geschieht heute um so häufiger, je mehr die Eisen- eonstructionen der Neuzeit im Vergleich zu Steinbauten Gelegenheit geben, mechanische Schönheit zu entfalten. Das veränderte Material hat nach Anton Harımann’s Ausdruck eine veränderte Statik des Ge- fühles zu Wege gebracht. In dem Eiffel-Thurm offenbarte sich die mechanische Sehönheit wohl zum ersten Male Vielen, welche sonst 760 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. nicht Gelegenheit hatten, ihre Wirkung zu empfinden, und gewiss entbehrt ihrer die neue Forth-Brücke nicht. Doch ist keine Frage, dass auch in den Steinbauten neben vielem Hergebrachten und ge- wohnheitsmässig Wohlgefälligem das Gefallen an bestimmten Formen, an der zarten Schwellung und Verjüngung der dorischen Säule nach oben, ihrer Verbreiterung zum Echinus und Abacus, an dem Profil der architektonischen Glieder auf mechanischer Schönheit beruhe, und ebenso auf dem Vermissen ihres wohlthätigen Eindruckes der Wider- wille, den die sinnlose Ornamentation des Barockstiles dem geläuterten Geschmack eintlösst. Sogar in den Gebilden der organischen Natur spielt mechanische Schönheit eine Rolle, ja bis zu dem Grade, dass Manches, was dem unerzogenen Auge Grauen erweckt, das ‘geschulte Auge ergötzt und mit Bewunderung erfüllt. Sie ist es, welche der Anatom in der Bildung der Knochen, besonders der Gelenke, freudig erkennt; welche ihm noch aus anderen Gründen, als aus dem Gegensatz zu der Art wie die Alten den Tod gebildet, einen Todtentanz abgeschmackt er- scheinen lässt; welche schon BENnvEnuTo CzLLını, was ihm alle Ehre macht, am Skelet aufgefasst hatte; und welche, reichte nur unser Ver- ständniss aus, bis in’s Aquarium, ja bis unter das Mikroskop, jede orga- nische Form uns verklären würde. Selbst in dem Aufbau des Pilanzen- leibes weist Hr. ScnwEnDENER die für die Organisation charakteri- stische, mit dem Material sparende Erhaltungsmässigkeit nach, wovon wir beim Anblick eines breit wurzelnden, sein kräftiges Gezweig nach Luft und Licht ausstreckenden Eichenstammes wohl etwas empfinden. Wenn nun aber auch die Wissenschaft, wie wir sahen, der Kunst das ihr zu Zeiten ausgehende Leben nicht einzuhauchen, neuen Schwung ihr nicht zu ertheilen vermag, so ist sie doch stets im Stande, ihr unschätzbare Dienste anderer Art zu leisten, indem sie ihre Einsichten mehrt, ihre technischen Mittel vervollkommnet, sie nützliche Regeln lehrt und vor Fehlern behütet. An so Rohes, wie Bereitung von Pigmenten oder Kunstgriffe beim Erzguss denken wir hier um so weniger, als meirkwürdigerweise unsere heutigen Farben bekanntlich schlechter halten als die einer ganz unwissen- schaftlichen Vorzeit, und als unübertroffene Dünnwandigkeit ein Merk- mal ächtgriechischer Bronzestatuen abgiebt. Auch kann es kaum nöthig sein, an die schon seit lange bekannten Vortheile dieser Art zu er- innern, welche wissenschaftliche Erkenntniss der Kunst verschafft hat. Die Linearperspective ist von Lioxarno und DürErR selber erfunden worden; die den antiken Malern, nach den Pompejanischen Nareissus- bildern zu urtheilen, noch unbekannten Gesetze der Spiegelung, die Schatteneonstructionen haben sich angeschlossen. In der Darstellung ee EEE E. pu Bors-Reymonp: Festrede. 761 des Regenbogens, der besser ungemalt bleibt, wurde, trotz’ den Be- lehrungen der Optik, viel und arg gesündigt. Die Statik lieferte die besonders dem Bildhauer wichtigen Vorschriften der sogenannten Pon- deration. Die Luftperspective verdankt wohl wieder mehr den Malern selber, vorzüglich nördlicherer Länder, ihre Ausbildung. Zur viehtigen Zusammenstellung der Farben wurden die grossen Meister vergangener Jahrhunderte schon allein durch ihr Gefühl ge- leitet, wie, nach Jonannes MÜLLER, jederzeit auch geschmackvolle Frauen bei der Wahl ihrer Kleidung das Rechte trafen; und die morgenländi- schen Teppichweber sind darin nicht zurückgeblieben. Allein der Sinn dessen, was so unbewusst gelang, konnte erst durehsehaut werden, nach- dem durch die älteren Darwın, durch GoETHE, Purkınz, JOHANNES Mürter und Andere die subjeetive Physiologie des Gesichtsinnes ge- schaffen worden war. Diese Dinge sind von unserem Mitgliede, Hrn. ÜRNST VON BRÜCKE, in seiner ‘Physiologie der Farben für die Zwecke des Kunstgewerbes’ mit solcher Sachkenntniss abgehandelt worden, wie sie nur durch das seltene Zusammentreffen der im Atelier seines Vaters er- worbenen künstlerischen Bildung mit seinem physiologischen Wissen er- möglicht wurde. Auch Hr. vos Hrınnorrz stellte seine tiefen physio- logisch-optischen Einsichten in gemeinfasslichem Vortrage in den Dienst der Kunst, die ihm schon auf dem Gebiete der musikalischen Harmonie so wichtige Aufschlüsse verdankte. Er klärte unter Anderem das Ver- hältniss auf, in welchem die Helligkeitsunterschiede der wirklichen Gegenstände zu denen stehen, über welche der Maler gebietet, und er wies auf die Mittel hin, deren dieser sich zu bedienen hat, um die daraus erwachsende Schwierigkeit zu besiegen. Durch die Nach- ahmung der von ihm in ihrer wahren Bedeutung erkannten Irradia- tion, eines Fehlers unserer Gesichtswahrnehmungen, ist der Maler sogar in Stand gesetzt, den blendenden Eindruck der Sonnenscheibe vorzutäuschen; wovon das Castell Gandolfo von RoqurrLan in der Raczyss£rschen Galerie ein durch seine Kühnheit interessantes Bei- spiel bietet. Auch die Vorstellung der Sterne als Sterne, nach denen die Ordenssterne gebildet und die Seesterne genannt werden, beruht auf Fehlern unserer Augen, da die Sterne am Himmel nur leuchtende Punkte ohne Strahlen sind, wie auch einige bevorzugte Augen sie sehen. Der Heiligenschein jedoch, das Phosphoreseiren heiliger Köpfe, welches in die Nacht des ÜorrE#GIo auf das ganze Christuskind sich erstreckt und die Scene objeetiv beleuchtet, hat hiermit nichts zu thun, sondern sofern er nicht ganz freiem Spiel der Phantasie ent- sprang, lässt er sich nach Hın. Exser vielleicht auf den Liehtkranz zurückführen, welchen man im Sonnenschein auf bethauter Wiese um den Schatten des eigenen Kopfes sieht. 762 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Durch einen anderen Fehler des menschlichen Auges, den Astig- matismus, dessen höhere Grade, wie die Kurzsichtigkeit, schon der Pathologie angehören, konnte Hr. Rıcnarp Liesreıcn gewisse lange ganz unbegreitlich gebliebene Eigenheiten erklären, welche die letzten Werke des ausgezeichneten Englischen Landschaftsmalers Turser entstellen, und vor welchen es einem heutigen Augenarzte leicht gewesen wäre, ihn bis zu einem gewissen Grade durch eine wagerechte Cylinderlinse zu schützen. Die altbekannte, aber erst in unseren Tagen genauer ergründete Farbenblindheit ist noch em anderer, sehr häufiger Fehler unseres Auges, dem am Ohre der Mangel an Unterscheidungsvermögen für die Tonhöhe entspricht. Ein farbenblinder Maler ist vielleicht nicht so undenkbar wie ein Musiker ohne Gehör; beide werden nichts ürfreuliches zu Stande bringen, und zu helfen ist keinem von beiden. Die Grenzen zu ziehen, jenseit welcher gewisse optische Kennt- nisse dem Künstler nichts mehr nützen können, möchte nicht gut angehen. Die Gesetze der Augenbewegungen zu kennen, zu wissen worin das Sehen in die Nähe von dem in die Ferne sich unterscheidet, JOHANNES MÜLLERr's Bemerkungen über den menschlichen Blick aus seiner Jugendschrift über die ‘vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes’ sich zu eigen gemacht zu haben, wird keinen Maler gereuen. Doch muss zugestanden werden, dass er ein Auge vortreftlich darstellen könne, ohne etwas von den Sausow’schen Bildehen zu wissen, auf denen der sanfte Glanz eines milde, wie das wilde Feuer eines zornig dareinschauenden Auges beruht: ganz wie der Landsehafter den blauen Himmel auf seine Leinwand nicht besser übertragen wird, wenn er ge- lernt hat, die Jahrtausende lang unbemerkt gebliebenen, seit HAmınger’s Entdeckung den Physiologen vertrauten gelben Büschel in jedem durch die Sonne gelegten grössten Kreise der Himmelskugel zu erkennen. Dagegen in der vielumstrittenen Frage nach der Polychromie der antiken Statuen und Bauwerke und nach der Zweckmässigkeit sie nachzuahmen, hat man, wie mir scheint, eine Bemerkung der Physiker bisher nicht genug beachtet. Es ist die, dass in sehr starker Be- leuchtung alle Farben weisslich werden, so dass an dem unmittelbar im Fernrohre betrachteten Sonnenspectrum fast jeder Farbeneindruck schwindet; nur am rothen Ende bleibt noch ein hellgelber Schimmer bestehen. Indem die Farben weisslich werden, mindert sich ihr greller Gegensatz, sie fliessen mehr harmonisch ineinander. Daher unter freiem Himmel der feuerrothe Rock der Contadina, der auf Hrn. Oswarn Acnengach's Campagna-Bildern fast so bezeichnend wieder- kehrt wie auf Wouwerman’s kriegerischen Scenen der Schimmel, keinen das Auge verletzenden Eindruck macht. Unter dem leuchtenden griechischen Himmel mochten die mehr oder minder grell bemalten . ki D 4 E. pu Borss-Reymonn: Festrede. 763 Architekturen und Bildsäulen einen gefälligen Anblick gewähren, im grauen nordischen Lichte, vollends in geschlossenen Räumen sind sie nieht glücklich angebracht. Von einer anderen Seite her hat Wnearstose der zeichnenden und malenden Kunst eine werthvolle Bereicherung ihrer Einsichten verschafft, indem sein Stereoskop den Unterschied klarlegt, der das binoculare Sehen näherer Gegenstände grundsätzlich auszeichnet vor dem monocularen Sehen, wie auch vor dem binocularen Sehen so entfernter Gegenstände, dass der Abstand der Augen gegen ihren Abstand verschwindet. Letzteres ist die einzige Art, wie der Maler die Natur wiederzugeben im Stande ist, daher er die Tiefendimension nur durch Luftperspective und dureh Abschattirung auszudrücken, jedoch nie eine wahrhaft körperliche Erscheinung auf seiner Bildfläche zu erzeugen vermag. Während Wnerarstoxe's Pseudoskop ein mensch- liches Gesicht unerhörterweise concav zeigt, vergrössert das HELmnoLTz- sche Telestereoskop gleichsam den Abstand der Augen, und löst olıne Luftperspective die ferne Baum- oder Bergwand in ihre verschiedenen Gründe auf. Das Stereoskop mit beweglichen Bildern aber bestätigt die, wie ich glaube, von dem alten Dr. Rogerr Suitn herrührende Deu- tung des vielbesprochenen Umstandes, dass Mond und Sonne am Hori- zont um fast zwei Zehntel ihres Durchmessers grösser erscheinen als im Zenith, und führt das Räthsel darauf zurück, weshalb wir die Himmels- wölbung als Uhrglas und nicht, wie wir sollten, als Halbkugel sehen. Aber von noch ungleich grösserer Bedeutung für die bildenden Künste sollte die fast zu gleicher Zeit mit dem Stereoskop entstandene Photographie werden. Nicht allein erleiehterte sie die Arbeit des Architektur-, Interieur- und Vedutenmalers, und machte, sogar für Rundsichten, die Camera clara überflüssig, sondern sie gab auch vielfach nützliche Fingerzeige in Betreff von Lieht und Schatten, Re- flexen und Halbdunkel, und überhaupt der Art, körperliche Gebilde in einer Ebene möglichst naturgetreu hervortreten zu lassen. Sie lehrte Felsen mit geologischer, Pilanzenwuchs mit botanischer Treue wieder- geben, und Gletscher darstellen, was noch kaum versucht worden, jedenfalls nieht gerathen war. Das Bild der Wolken hielt sie fest, wenn es ihr auch dazu etwas an Überblick des Himmels fehlte. Endlich den Bildnissmaler unterstützte sie, ohne seinen Neid zu er- regen, denn indem sie nur einen einzelnen, oft langweilig gespannten Ausdruck auffing, war sie seiner Aufgabe nicht gewachsen, ein mitt- leres Bild des Menschen herzustellen, und die ungefällig starre photo- graphische Physiognomie wurde fast spriehwörtlieh für ein schlechtes Portrait. Aber sie lieferte ihm doch in vielen Fällen eine uner- setzliche, wenn auch von ihm erst künstlerisch zu belebende Unterlage. 764 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Allein die neuere Gestaltung der Bildnissphotographie ist geeignet, die Aufmerksamkeit des Künstlers nach mehreren Richtungen zu be- anspruchen. Die Augenblieksphotographie fasst Gesichtsausdrücke und Stellungen während eines so kurzen Zeitraumes auf, dass sie dadurch wieder gut macht, was sie in Bezug auf den mittleren Ausdruck entbehren lässt, und zu höchst werthvollen Wahrnehmungen führt. Ducnense und Darwın haben die Lehre vom Gesichtsausdruck in den Leidenschaften neugeschaffen, ersterer indem er durch elektrische Reizung der Gesichtsmuskeln die verschiedenen Ausdrücke nachahmte, letzterer indem er ihrer phylogenetischen Entwiekelung in der Thier- reihe nachging. Beide haben den Künstler mit photographischen Abbildungen soleher Gesiehtsausdrücke beschenkt, neben welchen die demselben Zwecke (dienenden Vorlegeblätter der Kunstschulen völlig veraltet erscheinen. Seitdem ist der englische Anthropologe Mr. Francıs Garron auf den Gedanken gekommen, photographisch eine Aufgabe zu lösen, welche dem Künstler gerade so unzugänglich war, wie dem Photographen die Wiedergabe des mittleren Gesichtsausdruckes einer Person, nämlich die mittlere Gesichts- und Schädelbildung einer be- liebigen Anzahl von Menschen von gleichem Alter, Geschlecht, Beruf, gleicher geistiger Bildungsstufe oder von gleichen verbrecherischen Neigungen in Einem typischen Bilde zusammenzufassen. Dies geschieht, indem auf demselben Negativ die schattenhaften Bilder aller dieser Gesichter zur Deckung gebracht werden. Professor Bowpiıtcn von der Harvard Medical School hat auf diese Art das mittlere Bildniss oder den Typus von amerikanischen Studenten und Studentinnen, von Pferdebahnkutschern und -Schaffnern aufgenommen. Im letzteren Falle ist es sehr auffallend, wie der Schaffner-Typus den Kutscher- Typus an geistigem Ausdruck überragt. Das wäre etwas für LAvATER und GALL gewesen. Selbst die Pathologie drängt sich hier in den Dienst der bildenden Kunst. Hr. Cnarcor hat in den photographisch festgehaltenen krampf- haften Stellungen und Gesichtsverzerrungen der Hysterischen die classischen Darstellungen von Besessenen wiedererkannt. Das Merk- würdigste in dieser Beziehung ist wohl, den sonst nur im Idealen verweilenden RarsrL auf seiner Transfiguration bei der Figur des besessenen Knaben so realistisch verfahren zu sehen, dass man aus der Masenpıe’schen Augenstellung des Kranken mit einiger Sicherheit ein centrales Leiden diagnosticiren kann. Noch nach einer anderen Seite hat die Entwickelung der Photeo- graphie der Kunst wiehtige Aufschlüsse gegeben. Im Jahre 1836 stellten die Gebrüder Wırneım und Epvarn WeBEr in ihrem berühmten Werk über die ‘Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge’ einen E. vu Boıs-Reymonp: Festrede. 765 gehenden Menschen in den theoretisch erschlossenen Stellungen dar, welche er während der Dauer eines Schrittes folgweise einnehmen muss. Dabei zeigte sich das Sonderbare, dass zwar zu Anfang und zu Ende des Schrittes, wo der Mensch eine kurze Zeit auf beiden Füssen ruht, die Abbildung vollkommen richtig aussah, so, wie schon immer die Maler gehende Menschen darzustellen gewohnt waren, dass aber in der Mitte des Schrittes, wo das sogenannte Spielbein am Standbein vorbeipendelt, der fremdartigste, ja lächerlichste Anblick sich darbot; der Mensch schien, wie ein betrunkener Dorfmusikant, über seine eigenen Füsse zu stolpern, und nie hatte Jemand einen gehenden Menschen in solcher Lage gesehen. Die Gebrüder WEBEr schlagen auf der letzten Seite ihres Werkes zwar vor, die Richtigkeit ihrer schematischen Zeichnungen mit Hülfe der sogenannten strobos- kopischen Scheiben von Sranrrer und von Prarrau zu prüfen, welchen sie übrigens schon die vortreftliche, uns erst vor wenigen Jahren als eine Neuigkeit aus Amerika unter dem Namen »Zootrop« oder wohl gar »Vivantoskop« zugekommene Form geben; doch ist mir nicht bekannt, dass dieser Vorschlag wirklich ausgeführt worden sei. Hr. Wıruern Weser hat aber erlebt, dass nach fast einem halben Jahrhundert die Augenblicksphotographie ihm und seinem Bruder vollkommen Recht gab. Mr. MuvsrıneE in San Francisco wandte sie zuerst an, um die aufeinanderfolgenden Stellungen von Pferden in verschiedenen Gangarten aufzufassen. Dabei zeigte sich dasselbe wie an den Weser’schen schematischen Zeiehnungen, es kamen Bilder zum Vorschein, wie sie in Wirklichkeit Niemand ge- sehen zu haben glaubte. Auf Strassenseenen, Aufzüge u. d. m. ge- richtet, fing die Camera häufig Bilder von Menschen in ebenso wunderlichen Stellungen auf, wie die, welche die Gebrüder WEBER ihnen aus theoretischen Gründen ertheilt hatten. Nicht anders ver- hält es sich mit den wunderbaren Reihen von Bildern eines fliegenden Vogels, welche Hr. Marey mittels seiner photographischen Flinte er- zielt hat. Die Erklärung ist bekanntlich gewesen, dass, wenn ein Gegen- stand mit periodisch veränderlicher Geschwindigkeit sieh bewegt, wir einen stärkeren und dauerhafteren Eindruck davon in den Lagen erhalten, in welchen er länger verweilt, einen schwächeren und flüchtigeren in den Lagen, die er schnell durchläuft. Auch ohne dies Gesetz zu kennen, wird kein Maler die Schwarzwalder Uhr in einer Bauernstube mit senkrecht herabhängendem Pendel darstellen, da jeder Beschauer fragen würde, warum die Uhr stehe. Weil nämlich das Pendel, wenn es auf einer Seite ausgeschwungen hat und zur Umkehr sich anschiekt, nothwendig einen Augenblick stillesteht, 766 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. prägt sicb uns diese abgelenkte Lage stärker ein, als die, wo das Pendel mit dem Maximum der Geschwindigkeit durch seine Gleich- gewichtslage hbindurehgeht. Ganz ebenso ist es mit den abwechselnd pendelnden Beinen des gehenden Menschen; in der Stellung, wo er auf beiden Beinen ruht, verharrt er länger als in jeder anderen, am kürzesten in der, wo das Spielbein am Standbein vorbeischwingt. Die letztere Stellung und die ihr benachbarten machen uns deshalb so gut wie gar keinen Eindruck, wir stellen uns einen gehenden Menschen vor, und der Maler stellt ihn demgemäss dar, in der Stellung, wo er zwischen zwei Schritten den Boden mit beiden Füssen berührt. Bei dem Schnelllauf des Pferdes ereignet sich aber noch etwas Besonderes. In wie dichtgedrängten Augenblicken man auch das Pferd aufnehmen mag, nie erhält man das Bild eines wettrennenden oder jagenden Pferdes, wie es in den besonders aus England uns zukommenden und zur Zeit der Rennen und Hetzjagden an den Schaufenstern der Bilderläden ausgehängten Darstellungen zu sehen- ist, und wie es uns selber beim Anblick so bewegter Pferde in die Augen fällt. Darin unterscheidet sieh der Fall von dem am Menschen, wo unter den zufällig oder methodisch gewonnenen Bildern neben den mit blossem Auge, so zu sagen, nie gesehenen auch solche vor- kommen, welche dem gewohnten Anblick gehender Menschen ent- sprechen. Der Unterschied beruht darauf, dass am wettrennenden Pferde der Augenblick, in welchem die vorgestreckten Vorderbeine länger verweilen, nicht zusammenfällt mit dem, in welchem dies die nach hinten gestreekten Hinterbeine thun, sondern ihm um eine kleine Zeitgrösse voraufgeht. Dem Auge prägen sich diese beiden Lagen vorzugsweise ein und verschmelzen zu dem gewohnten Bilde des Wettrenners, die Augenblieksphotographie fasst ihr Nachein- ander auf. Eine illustrirte amerikanische Zeitung brachte 1882 das Bild eines Jagdrennens mit Hindernissen, wo alle Pferde in lauter wirklichen, den Muysriner'’schen Photographien entlehnten Stellungen erscheinen, wie nur die schnellempfindliche Platte sie sieht. Hr. Professor EDER in Wien hat uns in einer Schrift über Momentphotographie diese sinnreiche Skizze zugänglich gemacht, und ein mehr fremdartiger Anblick lässt sich nicht denken. Hr. Orromar Axscnürz aber, welcher bei uns die Augenblicksphotographie mit besonderem Geschick hand- habt und dessen Thierstudien für den Thiermaler ein unschätzbarer Quell der Belehrung sind, hat die stroboskopischen Scheiben in seinem ‘elektrischen Schnellseher’ zu höchster Vollkommenheit gebracht, und mit diesem Apparat den Gedanken der Gebrüder Weser verwirklicht, | | | } 1 j TE E. pu Boıs-Reymonp: Festrede. 767 ‚die gleichsam in Differentialbilder zerlegte periodische Bewegung wieder zum Gesammteindruck zu integriren. Nun sieht man Menschen und Pferde scheinbar wieder verständig gehen, laufen und springen; man sieht den Speerwerfer in den verschiedenen Stadien seines gewalt- samen Schwunges, bis zuletzt das der Hand entilogene Geschoss noch im Bilde erscheint: denn es kann sich nicht schneller bewegen als die Hand im Augenblick, wo sie es entliess. Auch auf im Sturm brandende Wellen ist die Augenblicksphoto- graphie, wie Jedermann weiss, mit überraschendstem Erfolge an- gewandt worden. Doch müsste bei Benutzung solcher Bilder der Seemaler nicht vergessen. dass unser Auge auch die Wellen nicht so zu sehen vermag, wie die schnellempfindliche Platte, und dass " dabei leicht in den Fall käme, uns von den Wellen ein in ge- wisser Beziehung ebenso unrichtiges Bild vorzuführen, wie das der scheinbar stehenden Uhr oder des über seine Füsse stolpernden Menschen. Übrigens hat Hr. vox Brücke in einem besonderen Aufsatz die Regeln entwickelt, die sich aus dem Allen für ‘die Darstellung der Bewegung durch die bildenden Künste’ ergeben, und, gleich den Gesetzen der Farbenstellung, von den Meistern stets schon unbewusst befolgt wurden. Von der Photographie in natürlichen Farben, von der Künstler und Laien noch immer träumen und Grosses hoffen, ist leider nicht bloss für die nächste Folgezeit, sondern aus theoretischen Gründen, welche die Erfahrung schw erlich Lügen strafen wird, auch für alle Zukunft so gut wie nichts zu erwarten. Sollte man es nun aber für möglich halten, dass es nicht ganz überflüssig erscheinen könne, hier auch noch von dem Nutzen zu sprechen, den das Studium der Anatomie dem Künstler gewährt? Hat denn nicht der Borghesische Fechter dazu geführt, anatomische Mysterien der griechischen Künstler zu vermuthen, als das einzige Mittel, wodurch eine so vollkommene Nachbildung des nackten männ- , lichen Körpers habe erreicht werden können? Hat nieht Mic#ELAnsELo durch jahrelange anatomische Studien sich die ausreichende Kenntniss für die unerhörte Kühnheit seiner Körperstellungen und Verkürzungen erworben? Sind nicht überall, wo die Kunst einer geordneten Pilege geniesst, staatlicherseits Veranstaltungen getroffen, um den Jüngern der Kunst Gelegenheit zu geben, an der Leiche sich den Blick zu schärfen für das was sie am Lebenden unter der Haut sehen lernen sollen? Sind nicht hier in Berlin nacheinander drei spätere Mitglieder dieser Akademie mit diesem Lehrauftrage betraut gewesen? Endlich besitzen wir nieht vortreffliche, für den Gebrauch von Künstlern eigens bearbeitete Lehrbücher der Anatomie? 768 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Allein der angesehenste englische Kunstschriftsteller unserer Tage, der einen gesetzgeberischen Ton anstimmt wie kein Lessme, und der in seinem Vaterlande wie ein Lessıne Verehrung und Ruhm geniesst, Mr. Ruskın, untersagt in seinen, an der Kunstschule zu Oxford ge- haltenen Vorlesungen “über das Verhältniss der Naturwissenschaft zur Kunst‘ seinen Schülern ausdrücklich die Beschäftigung mit Anatomie. Gleich in der Vorrede beklagt er den verderblichen Einfluss, den die Anatomie auf Manrteena und Dürer geübt habe, im Gegensatz zu Borricetzı und Horse, die sich davon frei gehalten hätten. »Das Studium der Anatomie«, sagt er später wörtlich, »ist zerstörend für » die Kunst, es ist nicht bloss hindernd, sondern auch entwürdigend«; es führe dazu, dass der Maler, wie es Dürer begegnet sei, im Gesichte nur noch den Schädel sehe und abbilde. Der Künstler »soll sich von » Thieren “jede mögliche Vorstellung bilden, nur eine nicht, die des »Fleischers. Er darf nie an sie als aus Knochen und Fleisch bestehend » denken. « Es wäre Vergeudung von Zeit und Mühe, solche Irrlehre zurück- weisen, ausführlich darlegen zu wollen, welche unentbehrliche Stütze der Künstler überall in der Anatomie findet, ohne welche er wie im Nebel tappt: Es ist ganz schön sich auf sein Auge zu verlassen, aber doch noch besser begriffen zu haben, beispielsweise worin das weib- liche Skelet vom männlichen sich unterscheidet; weshalb bei ge- strecktem Beine die Kniescheibe der Richtung des Fusses folgt, bei gebeugtem Beine nicht; weshalb bei supinirter Hand die Seitenansicht des Oberarmes eine verschiedene wird von der in der Pronation; weshalb die Falten und Runzeln der Gesichtshaut wegen der darunter liegenden Muskeln gerade so und nicht anders verlaufen. Der Camper’sche Gesichtswinkel, wenn auch für höhere Zwecke durch Hrn. Vırcnow’s Sattelwinkel entthront, eröffnet doch eine Fülle der werthvollsten Einsichten. Wie ohne Kenntniss des Schädels eine Stirn richtig modellirt, eine Stirnbildung wie die des Jupiters von Otricoli oder des Hermes verstanden werden könne, ist unfassbar. Endlich ein bischen vergleichende Anatomie schützt vor solchen Fehlern wie, was einem hochberühmten Meister begegnete, einem Pferde durch Kniekung des Oberschenkels ein Gelenk zuviel in seinem Hinterbeine zu machen, oder, wie man es an der Fontaine Guvier beim Jardin des plantes zum ewigen Spott der Naturforscher sieht, ein Krokodil seinen steifen Hals soweit zurückbiegen zu lassen, dass die Schnauze die Weiche des Thieres berührt. Man staunt allerdings weniger über Mr. Ruskıy’s Urtheil, wenn man erfährt, dass er auch das Studium des Nackten mit dem gleichen Bann belegt, wie das der Anatomie. Es solle sich nieht weiter E. pu Boıs-Reymoxnp: Festrede. 169 erstrecken, als Gesundheit, Sitte und Anstand die Entblössung des Körpers gestatten, wodurch freilich der Nutzen der Anatomie etwas eingeschränkt wird. Es ist nur gut, dass Anstand, Sitte und Ge- sundheit bei den Hellenen in dieser Beziehung mehr Freiheit zu- liessen, als in England. Glücklicherweise hat uns die Englische Abtheilung der Jubelausstellung vor vier Jahren Gelegenheit gegeben uns zu überzeugen, dass Mr. Ruskın’s gefährliche Paradoxien noch nicht durchgedrungen sind, und sie über Mr. Arma Tavema’s und Mr. Herkomer’s herrlichen Gaben zu vergessen. Mr. WALTER ÜRrANE’sS köstliche Bilderreihen, die Zierde unseres Büchertisches, sind wohl auch nicht ohne einige Auflehnung gegen Mr. Ruskın’s wunderliche Doctrin entstanden. In denselben Vorlesungen erhebt sich Mr. Ruskın mit äusserster Heftigkeit gegen die Descendenz- und Selectionstheorie, und @ den darauf gestützten Tadel der künstlerischen Gebilde, welche Wirbelthiere mit mehr als vier Extremitäten vorstellen. Er sagt: »Ist ein mehr willkürliches oder mehr der Begründung entbehrendes »Gesetz denkbar? Wie stark auf drei Füssen stehende Thiere könnte »es gegeben haben! wie symmetrisch strahlende fünffüssige! wie sechs- eeoen fo) »flüglig beschwingte! wie vorsichtig aus sieben Köpfen um sich »schauende! Wäre der Darwinismus wahr gewesen, so hätten wir »Menschen längst mit unserem thörichten Denken uns statt Eines »Kopfes deren zwei angeschafit, oder über unserem sehnsüchtigen »Herzen hundert begehrliche Arme und zugreifende Hände ausgestreckt, »und uns in Briareische Cephalopoden verwandelt. « Es ist danach klar, dass dieser faische Prophet keine Ahnung von dem hat, was wir in der Biontologie einen Typus nennen. Kann es nöthig sein, es Sir Rıcnarnp Owrv’s und Prof. Huxrey's Lands- mann vorzuhalten: Jedes Wirbelthier hat zur Grundlage seines Körpers, daher es so heisst, eine Wirbelsäule, vorn zum Schädel sich entfaltend, hinten zum Schwanze verkümmernd; vorn und hinten umgeben von zwei Ringen, dem Schulter- und dem Beckengürtel, von welehen die vorderen und hinteren Extremitäten, gesetzmässig gegliedert, herabhängen. Dass die Palaeontologie nie eine Wirbel- thierform aufgedeckt hat, welche aus diesem Typus sich entfernte, ist gerade ein schlagender Grund für die Abstammungslehre und gegen die Annahme wiederholter Neuschöpfungen; denn es ist nicht einzusehen, weshalb eine frei schaffende Macht sich solche Be- schränkung sollte auferlegt haben. So wenig weicht Natur von «dem einmal gegebenen Typus ab, dass die Teratologie sogar die Miss- geburten darauf zurückführt. Nicht diese sind wahre Monstra; nicht einınal die mit nur Einem Auge mitten in der Stirne, in welchen Hr. Exner Sitzungsberichte 1890. 65 1770 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. das Urbild der Kyklopen sucht, da denn Fraxman sicher mit Un- recht dem Polyphem drei Augen, nämlich neben den beiden nor- malen noch ein drittes in der Stirne, zuertheilt hat. Sondern walıre Monstra sind die in der Jugend der Kunst von einer ungezügelten Einbildungskraft erfundenen, ursprünglich aus dem Orient stammenden Flügelgestalten: die Stiere von Nimrüd, die Harpyien, der Pegasus, die Sphinx, der Greif; die Artemis, die Psyche, die Vietorien, der Notos vom Windethurm, die Engel des semitisch-christlichen Vor- stellungeskreises. Das dritte Paar Extremitäten (bei Hesekiel kommt sogar ein viertes vor) ist nieht allein paratypisch, sondern auch mecha- nisch sinnlos, da es an Muskein zu ihrer Bewegung fehlt. Mit glück- lichem Taecte hat Scmrzer im Kampf mit dem Drachen es vermieden, das Ungeheuer mit den üblichen Flügeln auszustatten, welchem dann Rerzscn in seinen Umrissen eine vergleichend anatomisch immerhin so mögliche Gestalt ertheilte, dass man den Plesiosaurus oder den Zeuglodon wiedergekehrt und zum Landthier geworden vor sich zu haben meint. An die Flügelgestalten schliessen sich, als ähnliche Greuel, die Kentauren mit zwei Brust- und Bauchhöhlen und doppelten Einge- weiden, der Kerberos und die Hydra mit einer Mehrzahl von Köpfen auf mehrfacher Halswirbelsäule, die warmblütigen Hippokampen und Tritonen, deren Körper, ohne hintere Extremitäten, als kaltblütiger Fisch endet, woran schon Horaz Anstoss nahm. Eher sind noch zu dulden die bocksfüssigen Faunen, deren Hörner, spitze Ohren und Hufe unser Teufel geerbt hat, dessen Drohungen deshalb, in Franz von Kogerr's witzigem Apolog, Cvvier als die eines harmlosen Pflanzen- fressers verspottet. Es ist ein sehr merkwürdiges Beispiel der Biegsamkeit unseres Schönheitssinnes, dass wir, auch getränkt mit den Grundsätzen der vergleichenden Anatomie, durch einige unter diesen Missgeschöpfen, wie die Flügelgestalten der Nike, der Engel, unser Auge nicht mehr beleidigt fühlen, und es wäre vielleicht pedantisch, jedenfalls wohl aussichtslos, den Künstlern diese althergebrachten, mehr sinn- bildlicehen Darstellungen untersagen zu wollen, von denen übrigens die grössten Meister der besten Zeiten nur einen sehr bescheidenen Gebrauch gemacht haben. Doch hat solche Duldung ihre Grenzen. Die Giganten in unserer Gigantomachie, welche auf Schlangen stehen, in welche ihre Oberschenkel auf halber Länge sich verwandeln, also, statt auf zwei Beinen, auf zwei in Köpfen auslaufende Wirbelsäulen, mit besonderem Gehirn, Rückenmark, Herzen, Lungen und Darm- kanal — sie sind und bleiben dem morphologisch gebildeten Auge ein unerträglicher Anblick, und liefern den Beweis, dass, wenn die Fe" E. pu Bois -Reymonp: Festrede. al Pergamenischen Bildhauer an technischem Vermögen ihre Vorgänger in der Perikleischen Zeit übertrafen, sie an künstlerischem Fein- gefühl hinter ihnen zurückstanden. Sie waren indess zu entschuldigen, sofern Überlieferung sie band, die Giganten durch Schlangenbeine zu kennzeichnen. Die Hippokampen und Tritonen mit Pferdebeinen, welche das Geländer unserer Schlossbrücke verunzieren, rühren her aus einer Zeit, wo die Antike noch uneingeschränkt herrschte, und die morphologischen Anschauungen noch nicht so zum Gemeingut ge- worden waren, wie sie es heute sein könnten und müssten: und des- halb sei Scusker, der ja wohl jenes Geländer entworfen hat, ver- ziehen. Was uns aber im Innersten empört, das ist, wenn ein gefeierter Maler der Gegenwart solehe Unholde und Unholdinnen, vom Unterleib ab als fette silberglänzende Lachse gestaltet, die Nath zwischen Menschenhaut und Schuppenkleid irgendwie spärlich be- mäntelnd, crass realistisch auf Klippen sich rekeln oder in der See umherplätschern lässt. Die Menge staunt solche blauen Meerwunder als geniale Schöpfungen an; welch ein Genie muss dann erst der Höllen- BrEuUeHEL gewesen sein. Sonderbar genug: die Urmenschen in den Höhlen des Perigord, Zeitgenossen des Mammuths und des Bisamochsen in Frankreich, die Busehmänner, deren Malereien Hr. Frırsen entdeckte, haben nur ihnen bekannte Thiergestalten möglichst naturgetreu abgebildet, während die vergleichsweise so hoch eivilisirten Azteken in scheusslichen Er- findungen Alles Orientalische weit hinter sich liessen. Fast scheint es als ob zum Ungeschmack eine gewisse mittlere Bildung gehöre. Vielleicht wird man nun den Naturforscher eines Mangels an Folgerichtigkeit zeihen, wenn er in einer anderen Richtung auf Beach- tung von Naturgesetzen in der bildenden Kunst gern verziehtet. Die tausend schwebenden und fliegenden Gestalten in den Kunstwerken alter und neuer Zeit freveln unzweifelhaft ebensosehr gegen das allgewal- tige, tief empfundene Gesetz der Schwere, wie das greulichste Geschöpf entarteter Phantasie gegen die nur in wenigen Eingeweihten lebendigen Grundgesetze der vergleichenden Anatomie. Und doch stossen wir uns nieht daran, die Sixtinische Madonna auf Wolken stehen, die Neben- figuren auf diesem unmöglichen Boden knien zu sehen. Das Gesicht des Hesekiel im Palast Pitti ist minder ansprechend; dagegen der Zug der den Troern zu Hülfe eilenden Götter bei Fraxman, Corsermws’ apokalyptische Reiter, Ary Scuerrer’s göttliche Francesca di Rimini, mit welcher Gustave Dort den aussichtslosen Wettkampf aufnehmen musste, uns zur reinsten Bewunderung hinreissen. Wir stossen uns sogar nicht daran, bei Fraxmav Schlaf und Tod den Leichnam des Sarpedon durch die Lüfte tragen zu sehen. 65 1 -] IV Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Hr. Exner hat schon in einem Vortrage über ‘die Physiologie des Fliegens und Schwebens in den bildenden Künsten’ die Frage zu beantworten versucht, weshalb uns diese Darstellungen unmöglicher, nie gesehener Zustände von Menschen und Thieren so vertraut und natürlich erscheinen. Ich kann nicht sagen, dass die Lösung, bei welcher er mit Vorliebe stehen bleibt, mir besonders zusagt. Er meint, dass wir beim Schwimmen Ähnliches erfahren, und beim Tauchen (auch ohne Hrn. Hırsengere’s concave Luftbrille) an über uns Schwimmenden Ähnliches sehen. Erwägt man, seit wie kurzer Zeit das Schwimmen bei der Europäischen Menschheit in weiteren Kreisen verbreitet ist, vollends von unseren Damen geübt wird, denen die schwebenden Gestalten nicht minder gefallen, so erweckt schon dies Zweifel an Hrn. Exser’s Erklärung. Es wäre doch etwas be- denklich, im Sinne Darwın’s auf eine aus der Fischzeit des Menschen herstammende, atavistische Empfindungsweise sich zu berufen. Besser gefiele mir schon Hrn. Exser’s Bemerkung, auf die ich selber ver- fallen war, dass wir unter besonders günstigen körperlichen Um- ständen im Traum zuweilen die beseligende Täuschung des Schwebens und Fliegens haben. Auch BR SELEI Area ist es jedem eingeboren, Dass sein Gefühl hinauf und vorwärts dringt. Wenn über uns, im blauen Raum verloren Ihr schmetternd Lied die Lerche singt, Wenn über schroffen Fichtenhöhen Der Adler ausgebreitet schwebt, Und über Flächen, über Seen Der Kranich nach der Heimath strebt. Wer möchte nieht mit Faust der sinkenden Sonne nach- und immer nachstreben und im ewigen Abendstrahl die stille Welt zu seinen Füssen sehen? Aber was wir gerne mögen, davon hören wir auch gern im Liede und sehen es gern im Bilde uns vor Augen ge- stellt. Der Lust an dem Aufsteigen in den Aether, an Himmelfahrten und ähnlichen Darstellungen, kommt dann noch zu Hülfe der uralte Wahn der Menschheit von den himmlischen Wohnungen der Seligen hoch über uns im Sternenzelt, welehem zwar Gıiorpano Bruno ein Ende gemacht hat, aber doch nicht so gründlich, dass wir in jedem Augenblick uns erinnern, wie übel ein Auffahren in den unendlichen, luftleeren, eisigen Raum uns bekommen würde, wo selbst ein Adler erst nach Jahren auf einem Weltkörper von zweifelhafter Bewohn- barkeit landen könnte. Was vermag nun wohl umgekehrt die bildende Kunst für die Naturwissenschaft als Entgelt für so viele und mannigfaltige Dienste? Sieht man ab von so äusserlichen Dingen wie Abbildung der Natur- E. pu Boıs-Reymonn: Festrede. 11.3 gegenstände, so bietet sich nicht viel Anderes dar, als die Rück- wirkung der Erfahrungen der Maler über Mischung und Zusammen- stellung der Farben auf die Farbenlehre, welche indess an Bedeutung nicht vergleichbar ist der der Musik auf die Akustik. Doch wäre noch zu sagen, dass die dem PoLyktEr zugeschriebene Lehre von den Proportionen des menschlichen Körpers, die zum Nachtheil der alten Kunst nur den Erwachsenen berücksichtigte, neuerlich zur natürlichen Grundlage eines vielversprechenden Zweiges der Anthropologie, der Anthropometrie in ihrer Anwendung auf die Menschenrassen , worden ist. ge- Dehnt man den Begriff der Kunst weiter aus bis zu dem des künstlerischen Denkens und Schaffens überhaupt, so fehlt es freilich nieht an Verwandschaft und Übergängen zwischen Künstler und Forscher, wie weit auch nach dem Eingangs Gesagten ihre Pfade sonst auseinandergehen. Doch ist nicht gewiss, dass der Natur- forschung künstlerische Auffassung ihrer Aufgaben überall zum Segen gereiche. Die unter dem Namen der Naturphilosophie bekannte Ver- irrung der deutschen Wissenschaft am Anfange des Jahrhunderts war ebenso sehr aesthetischen wie metaphysischen Ursprungs, und auch Gorrne’s naturwissenschaftliche Bestrebungen hatten denselben Hintergrund. Diese künstlerische Auffassung der Naturprobleme fehlt darin, dass sie sich damit begnügt, bei schön abgerundeten Bildern stehen zu bleiben, und nicht weiter zum ursächlichen Zusammen- hange des Geschehens, zur Grenze unseres Verstehens durchdringt. Sie reicht allenfalls aus, wo es sich darum handelt, mit plastischer Phantasie Analogien organischer Formen zu erkennen, wie des Pflanzen- baues oder des Wirbelthierskelets; sie kommt zu kurz, wo sie, wie in der Farbenlehre, anstatt mathematisch-physikalisch zu zergliedern, sich am Betrachten vermeintlicher Urphaenomene genug sein lässt. Es war Hrn. von Brücke vorbehalten, die Farben trüber Medien, auf welche Gortue seine Farbenlehre gründete, und die in manchen deutschen Köpfen bis auf den heutigen Tag Trübe statt Helle ver- breiteten, an der Hand der Undulationstheorie auf ihren physi- kalischen Grund zurückzuführen, worin der Unterschied zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Behandlung klar hervortritt. Damit soll jedoch nieht gesagt sein, dass nieht künstlerischer Sinn auch dem theoretischen Naturforscher von Nutzen sein könne. Üs giebt eine Aesthetik des Versuches, welche danach strebt, einer experimentellen Anordnung mechanische Schönheit in dem oben bestimmten Sinne zu ertheilen, und nie wird ein Experimentator bereuen, ihren Forderungen nach Möglichkeit entsprochen zu haben. An der Grenze der litterarisechen und der naturwissenschaftlichen 774 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Culturperiode einer Nation entspringt sodann dem Einfluss des schwindenden und dem des aufgehenden Genius zuerst das Bestreben zu schöner Darstellung der Naturerscheinungen, wie in Frankreich 3UFFON und BERNARDIN DE SAINT-PierRRE, bei uns ALEXANDER VON HunsoLpr zeigen. in welchem diese Neigung bis in sein höchstes Alter lebendig blieb. In der Folge klärt sich diese nicht unbedenk- liche Mischung der Stile dahin ab, dass sinnreich geschmückte Dar- stellung dem gemeinfasslichen Vortrage erhalten bleibt, während der Gang und die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung nur noch eine Schönheit beanspruchen, die auf litterarischem Gebiet der mechanischen Schönheit entspricht. In diesem Sinne kann, wie ich einmal hier sagte und als wünschenswerthes Ziel hinstellte, eine streng wissenschaftliche Abhandlung in geschmackvoller Hand zu einem Kunst- werk werden wie eine Novelle. Darin das Vollkommene zu erstreben wird dem Naturforscher gleichfalls die Mühe lohnen, sofern es das beste Mittel abgiebt, die lückenlose Richtigkeit der eine Summe von Erfahrungen zusammenfassenden Gedankenreihe zu erproben. Und an Beispielen von dieser Art von Schönheit, welche dem Talent oft ungesucht und unbewusst in die Feder fliesst, wird denn auch wohl bei Lrisnız kein Mangel sein. Im Anschluss an die Festrede berichtete Hr. Zeitzer über die Vollendung der akademischen Ausgabe von Leisız’ philosophischen Schriften. Die Ausgabe der philosophischen Schriften von Leisnız, welche seit 1875 im Verlage der Weidmann’schen Buchhandlung erscheint, ist so eben mit ihrem siebenten Bande zum Abschluss gelangt. Durch dieses Unternehmen, dem das correspondirende Mitglied unserer Aka- demie, Hr. Germarnr in Eisleben, seit mehr als zwanzig Jahren eine hingebende und erfolgreiche Arbeit gewidmet ‚hat, ist dem Begründer der deutschen Philosophie, welcher zugleich der unserer Akademie ist, mit Unterstützung der letzteren ein seiner würdiges Denkmal gesetzt worden. Denn diese Ausgabe seiner philosophischen Schriften zeichnet sich vor allen früheren nicht allein durch ihre vortreffliche äussere Ausstattung, sondern auch durch die Vollständigkeit und Urkund- lichkeit aus, welche dem Herausgeber durch die sorgfältige Ver- gleichung des in Hannover aufbewahrten Leissızischen Nachlasses zu erreichen gelungen ist. Die drei ersten Bände, zu denen der siebente werthvolle Nachträge bringt, enthalten den Briefwechsel, den Leısxız Bericht über die philosoph. Schriften von Leissız. — Enter: Antrittsrede. 115 während eines halben Jahrhunderts nicht blos mit zahlreichen Gelehrten, sondern auch mit andern Personen (wie der Herzog Jomann Frienrıcn von Braunschweig-Lüneburg, Kurfürstin Sormme von Hannover, Königin CHARLOTTE von Preussen, Lady Masuam) über philosophische oder mit der Philosophie in Verbindung stehende Fragen geführt hat. Die drei folgenden Bände und der grössere Theil des siebenten bringen nieht blos einen vielfach verbesserten Neudruck der schon früher ver- öffentlichten philosophischen Arbeiten, sondern sie verbinden damit eine Anzahl von Aufzeichnungen, Abhandlungen und Entwürfen, welche bisher unbekannt an manchen Punkten auf die Entwicklung der Ge- danken, in denen das Leissizische System sich bewegt, ein schärferes Licht zu werfen geeignet sind. Wir bezweifeln daher nicht, dass die nunmehr vollendete neue Ausgabe dieser Schriften allen denen, welche den grossen deutschen Philosophen genauer kennen lernen wollen, in hohem Grade willkommen sein wird. Darauf hielt Hr. Eneter folgende Antrittsrede: Zum dritten Mal in meinem Leben das Amt meines leider so früh im besten Mannesalter dahingeschiedenen Freundes Eıcnter über- nehmend, bin ich nun auch der Ehre für würdig erachtet worden, an seiner Stelle in diese hohe Körperschaft einzutreten. Gestatten Sie mir, Ihnen nicht nur für die mir persönlich zu Theil gewordene Ehre meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen, sondern auch dafür, dass Sie dem Vertreter der sogenannten systematischen Botanik und Pilanzengeographie einen Platz gönnen unter Männern, welehe die Lösung der höchsten wissenschaftlichen Probleme zu ihrer Lebens- aufgabe gemacht haben. Es sei mir daher erlaubt, in Verbindung mit dem der akademischen Sitte gemäss zu erstattenden Bericht über meine eigene wissenschaftliche Thätigkeit Ihren Blick auch hinzulenken auf die gegenwärtigen Aufgaben der von mir vertretenen botanischen Diseiplinen. Der Beginn meiner wissenschaftlichen Thätigkeit fiel in eine Zeit, zu welcher glanzvolle Entdeckungen auf dem Gebiet der Entwickelungs- geschichte und die Resultate scharfsinniger Forsehungen auf dem Ge- biet der Pflanzenphysiologie das Interesse an den Formen der höheren Pflanzen theilweise zurückdrängten, andererseits jedoch Darwın’s Theorieen und Beobachtungen in der Anschauung derselben vielfach neue Bahnen eröffneten. — Als einen wesentlichen Vortheil darf ich es ansehen, dass ich frühzeitig an monographische Untersuchungen 776 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. herantrat und hierbei die feste Überzeugung gewann, dass das an und für sieh nicht gerade sehr erquickliche Studium der zahlreichen Formen eines Typus schliesslich doch auch Resultate von allgemeiner 3edeutung ergiebt, sobald man nieht bloss die Unterscheidung und 3eschreibung der Formen, sondern die Ermittelung ihrer gegenseitigen 3eziehungen und der natürlichen Verwandtschaftskreise zum Zweck der Untersuchung macht. — Die monographische Bearbeitung der Saxi- fragen führte mich zu der Erkenntniss, dass in den Gebirgssystemen der nördlich gemässigten Zone verschiedene Formenkreise einer Gattung sich unabhängig von einander entwickelt hatten, und dass während sowie unmittelbar nach der Glacialperiode zwischen den einzelnen Gebirgssystemen ein Austausch der Formen erfolgt war. — Als ich dann mehrere grössere, vorzugsweise in den Tropen entwickelte Familien bearbeitete, richtete ich auch bei diesen mein Augenmerk auf die Beziehungen der einzelnen Vegetationsgebiete zu einander und auf ihre Umgrenzung. Sollte aber von den in den einzelnen Florengebieten vertretenen Formenkreisen auf die Beziehungen der Gebiete zu einander geschlossen werden, dann war es auch nothwendig, die Verwandtschaft der Formen mit allen nur anwendbaren Mitteln festzustellen. Lange Zeit versuchte man dies nur mit Berücksichtigung der äusserlich hervortretenden Merkmale. Anatomische Eigenthümliehkeiten wurden trotz der umfang- reichen Arbeiten der Pflanzenanatomen von anderen Botanikern nur wenig beachtet, höchstens von Pharmakognosten und Phytopalaeonto- logen, wenn sie die von ihnen studirten Pflanzenfragmente nicht anderweitig charakterisiren konnten; dagegen konnte man sich nicht entschliessen, anatomische Merkmale bei der Charakterisirung ganzer Verwandtschaftskreise zu verwerthen, zumal auch häufig äussere Gründe, namentlich der Zustand des Materiales, die Durchführung der ver- gleichend-anatomischen Untersuchung erschwerten. — Während ein grosser Theil der Anatomen gar kein Interesse daran hatte, die anatomischen Thatsachen für die Systematik zu verwerthen, strebten andere dieses Ziel zwar an, waren aber enttäuscht, wenn die auf anatomischer Grundlage basirende Eintheilung einer Pflanzengruppe mit der oft sehr künstlichen der Systematiker nicht übereinstimmte. — So wurde es bei der Mehrzahl der Botaniker Axiom, dass der anatomische Bau lediglich zu den Existenzbedingungen in Beziehung stehe und für die systematische Gruppirung nicht von Belang sei. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass schon im Jahre 1856 Wevpern bei den Urtieaceen, im Jahre 1865 Mırpe bei den Equisetaceen anatomische Merkmale zur systematischen Gruppirung mit Erfolg ver- wendeten. Seit 1872 beschäftigte auch ich mieh mit mehreren umfang- EnGrLER: Antrittsrede. TT, reichen Familien, bei denen der Werth histologischer Verhältnisse sich deutlich heraustellte. Ich kam zu dem Resultat, dass die nahe ver- wandten Rutaceen, Burseraceen und Simarubaeeen sich durch anato- mische Merkmale scharf gegen einander abgrenzen, dass andererseits innerhalb der Araceen anatomische Eigenthümlichkeiten die engeren Verwandtschaftskreise in erster Linie charakterisiren; ich konnte dar- thun, dass die auffallenden Verschiedenheiten im Blüthenbau, welehe bei anatomisch gut charakterisirten Gruppen häufig hervortreten, nur verschiedene Stufen eines Gestaltungsprozesses darstellen, der zumeist auf Reduetion, auf Vereinfachung des Blüthenapparates beruht. Nachdem ich auch bei den Bearbeitungen der wärmeren Zonen — angehörigen Pflanzen erkannt hatte, dass vielfach ganze Verwandt- schaftskreise auf einzelne grössere, geographisch gut begrenzte Ge- biete beschränkt sind, andere aber in gegenwärtig getrennten Gebieten auftreten, welche vordem in engerem Zusammenhange standen; — nachdem ich erkannt hatte, dass trotz der grossen Bedeutung des Klimas für den physiognomischen Charakter der Florengebiete oft in physiognomiseh vollkommen ühereinstimmenden Gebieten die Floren- bestandtheile vollig verschieden sind, und dass anderseits oft in physiognomisch recht verschiedenen, aber benachbarten Gebieten syste- matisch zusammengehörige Formenkreise gleichzeitig vertreten sind; da drängte es mich, die Entwickelungsgeschichte der gegenwär- tigen Pilanzenverbreitung im Zusammenhang mit den jüngeren geolo- gischen Veränderungen unserer Erdoberfläche zu studiren. Selbst- verständlich musste ich hierzu die Arbeiten zahlreicher Forscher zu Rathe ziehen; namentlich waren es die Arbeiten ALpnonsE DE ÜANDOLLE’S, Sir Joszpu Hooker’s, sowie auch die nicht ohne Vorsicht zu benutzen- den Angaben der Phytopalaeontologen, welche für derartige Unter- suchungen eine wesentliche Grundlage bildeten. Auch darf ieh nieht unerwähnt lassen, dass gerade für diese Forschungen die bisweilen etwas unterscehätzten Arbeiten der Fioristen, auch wenn diese noch nicht das Entwickelungsgeschichtliche der Pflanzenverbreitung im Auge hatten, nicht zu entbehren sind. Das beste Rüstzeug aber für pflanzen- geschichtliche Forschungen sind gründliche Monographieen von Gat- tungen und Familien, welche über einen grösseren Theil der Erde verbreitet sind. Die hier angedeuteten Ziele der systematischen und pflanzen- geographischen Forschung werden jetzt von nicht wenigen Botanikern verfolgt; namentlich hat sich eine rege Thätigkeit in der Verwendung der histologischen Merkmale für die Ermittelung natürlicher Ver- wandtschaftsgruppen entwickelt. Dass auch hierbei bisweilen Fehl- schlüsse gemacht werden, ist gewiss; aber trotzdem ist unbestreitbar, 178 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. dass diese Methode zur Vertiefung des systematischen Studiums er- heblieh beiträgt. Auch ist durch die von meinem verehrten Collegen ScnwENnDENER begründete Erforschung der physiologischen Bedeutung einzelner Gewebesysteme dafür gesorgt, dass einseitige Auffassungen sieh nieht dauernd einwurzeln. Indem ich hoffe, dass die erwähnten Ziele und Methoden der systematischen und pflanzengeographischen Forschung auch von dieser Körperschaft, der ieh nun anzugehören die Ehre habe, gebilligt werden, glaube ich auch zugleich als berechtigte Aufgabe meiner akademischen Verwaltungsthätigkeit die fortdauernde Vermehrung unserer botanischen Sammlungen neben ihre wissenschaftliche Aus- nutzung hinstellen zu müssen. Für die vergleichend-anatomischen Untersuchungen ist es notwendig, auch solehe Pflanzen in unseren Gärten zu cultiviren, welche nur selten zur Blüthe kommen; und für pflanzengeographische Arbeiten, wie ich sie vorher angedeutet habe, wird das botanische Museum stets das unerlässliche Material liefern, zu dessen Vervollständigung wir jetzt um so mehr ver- pfliehtet sind, als grosse, botanisch noch völlig unerforschte Gebiete nunmehr von Deutschen nach allen Richtungen hin durchreist werden. Der Vorsitzende, als Secretar der physikalisch- mathematischen Ulasse für die physikalischen Wissenschaften, antwortete Hrn. ENGLER: Ein eigenes Verhängniss, Hr. Enerer, hat über die jetzt von Ihnen eingenommene Stelle eines systematischen Botanikers in der Akademie gewaltet. Dreimal schon sah ich sie leer werden, und dies ist das zweite Mal, dass ich berufen bin, den, der sie ausfüllt, an dieser Stelle feierlich zu begrüssen. Als ich vor fast vier Jahrzehnden Mitglied der Akademie ward, waren Lisk und Kunru eben gestorben, und wurden durch ALEXANDER Braun und Krorzsch ersetzt, auf deren Antrittsreden am Leibniztage 1852 Eneesgere antwortete. Es liest sieh heute merkwürdig, wie er es damals für nöthig hielt, für Lisxe in die Schranken zu treten und dessen künstliche Methode in Schutz zu nehmen; wie er mit siehtlicher Vorliebe Krorzsen’s systematische Thätigkeit preist, da- gegen Braun’ s wohl von seiner Jugendzeit her noch etwas natur- philosophisch angehauchte ‘Verjüngung der Pflanze’ mit Stillschweigen übergeht. Krorzscn starb schon 1860, und siebzehn Jahre lang wäre die 3otanik in der Akademie glänzend zwar, aber doch nur nach Einer E. ou Boıs-Reymonp: Antwort an Hrn. Ensrer. 7119 „ Riehtung, durch Braun vertreten gewesen, hätte nicht eine seltene Gunst des Geschicks uns auf aussergewöhnlichem Wege den scharf- -sinnigen Forscher geschenkt, der gerade bei den niedersten unter Linxe’s Pflanzen mit verborgener Hochzeit, bei den Algen, den Vor- gang der Befruchtung zuerst mit leiblichem Auge belauschte, und seitdem dem tiefsten Probleme des Stoffwechsels, dem Wiederaufbau der organischen Materie in den grünen Pilanzentheilen, seine Be- mühungen zuwandte. Mittlerweile hatte sich über die Systematik im Thier- und Pflanzenreiche die mächtige Woge des Darwın’schen Gedankens er- gossen, sie hatte die Trümmer des Alten, vielleicht mehr als zu wünschen, fortgespült, und eine Fülle neuer Fragen aufgeworfen. in der allgemeinen Umwälzung war von den früheren Gegensätzen keine Rede mehr; selbst die von SCHLEIDENn etwas gewaltsam angebahnte Reform erschien über Nacht wie veraltet. Nach Braun’s Tode 1877 fand eine Neugestaltung des botanischen Unterrichtes bei der Uni- versität statt. Nach dem altbewährten Schema, wie einst Lk und Kunt#, wurden Hr. ScuwEnDENER für allgemeine Botanik, Eıcnter für Systematik berufen und auch in die Akademie aufgenommen. Damals, an diesem Tage vor zehn Jahren, sprach sich der Umschwung der Wissenschaft in den Antrittsreden der beiden neuen Mitglieder auf das Deutlichste aus, indem Hr. Scnwexpener ausdrücklich zur mechanischen Naturanschauung sich bekannte, welche er in der Be- trachtung des Pflanzenleibes einzubürgern sich bestrebt, Eicnter in der durch die Abstammungslehre bedingten veränderten Auffassung % der Systematik es ebensowenig an Entschiedenheit fehlen liess. ' Sein Erbe, Hr. EneLer, treten nunmehr Sie an. Sie haben uns soeben die Gesichtspunkte bezeichnet, welche Sie bei der feineren Ausführung des natürlichen Systemes, durch Berücksichtigung histo- logischer Charaktere, im Auge halten, ein Vortheil, dessen sich die zoologische Systematik noch nicht bemeistert hat. Im erweiterten Geist der Neuzeit dehnen Sie Ihre systematischen Operationen bis in’s palaeophytische Gebiet aus. Allein nieht bloss in Ihrer Eigen- schaft als Gelehrter und Forscher setzt die Akademie ihre Hoffnung auf Sie. Der Küchengarten des Grossen Churfürsten, den trotz aller Ungunst der Verhältnisse die Geschichte der Botanik seit anderthalb Jahrhunderten neben dem Jardin du Roy und Kew Gardens nennt, geht unter Ihrer rüstigen Leitung und unterstützt durch die Colonial- politik des Deutschen Reiches einer neuen Periode rühmlichen Ge- deihens entgegen. Um so mehr freuen wir uns, dass dessen alte Verbindung mit der Akademie durch Sie erhalten und befestigt werden soll. Möge es Ihnen vergönnt sein, länger als Krorzsen und als ä 780 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Eıcnter unter uns die Seientia amabilis za vertreten. In diesem Sinne, Hr. Enever, heisse ich Sie heute im Namen der Akademie in unserer Mitte herzlich willkommen. Hr. Wemmorn hielt folgende Antrittsrede: Die öffentliche Aufnahme in die Königliche Akademie der Wissen- schaften erfüllt mich mit erneutem Danke gegen Sie, meine Herren, dass Sie mich zu Ihrem Mitgliede gewählt haben. Sie bewegt mich aber auch zu dankbarer Erinnerung an Männer, welche von früh an Vorbilder meines Lebens und Strebens gewesen sind und die durch lange Zeit die deutsche Philologie in unserer Akademie vertreten haben. Denn unvergesslich muss mir der Eindruck sein, den KarL Lacumann’s fest ausgedrückte Persönlichkeit auf mich machte, als ich durch seine Vorlesungen lebendig erfuhr, was es heisse, Denkmäler unserer alten Poesie philologisch behandeln. Und lebhaft stehn die Gestalten von Jacog und WırnHerLm Grimm vor mir, zu denen ich mit aller Andacht aufschaute, die ein junges von Begeisterung für deutsche Art und Geschichte bewegtes Herz empfinden konnte. In jenen Zeiten, da ich mich entschloss, die Balın meines Lebens- schiftleins zu ändern und dorthin zu steuern, wohin mich eine dunkele Ahnung mehr als klare Erkenntniss trieb, war die deutsche Philologie noch eine junge Wissenschaft. Die Meister, welche dem oberflächlichen Betrieb unserer Alter- thumskunde ein Ende gemacht, welche die Regeln der klassischen Philologie auf die Behandlung unserer Sprach- und Litteraturdenkmäler übertragen, welche die praktische Sprachlehre in historische Grammatik umgesetzt hatten, stunden noch in voller Schaffenskraft, und ein kleines Häuflein pietätsvoller Schüler schloss sich eng an sie an. Das Lernen war eine fromme Lust. Man freute sich auf den Wegen der geliebten Meister zu wandeln und hinter ihnen her ergänzende Nachlese zu halten, oder ab und zu Seitenwege zu reuten, die sie gern überliessen, weil sie die Hauptstrassen durch den Wald zu hauen hatten. Aber man verirrte sich dabei nicht in dürres Gestrüpp, worin man den Ausblick verlor. Man strebte gleich den Meistern und Führern nach liehten Höhen, von denen die Überschau möglich war über das ganze Gelände. Man war sich bewusst, dass den Schlag des ganzen Volks- herzens verstehen müsse, wer die einzelnen Lebenserscheinungen be- urtheilen wolle. Die wunderbare Natur Jacog Grinm’s zog mich vor allem an. Poesie und Wissenschaft, Ahnen und scharfes Sehen, mächtiges ji “ % Weınsorn: Antrittsrede. 781 Schaffen im Grossen und liebevolles Bilden des Kleinen lagen in ihm eng beisammen. In dem einzelnen Wort erschien ihm die ganze Begrifiswelt, mit der es zusammenhing, und diese Begriffswelt war nichts kalt Abgezogenes, sondern das warme Erzeugniss des sinnlichen und geschichtlichen Lebens des Volkes. Volkssprache und Volksdenken, Volkssitte und Volksgeschichte lockten mich, und ich begann mit dem Sammeln dafür in meiner schlesischen Heimath, denn der Erdgeruch des Bodens, auf dem man geboren, lässt die Forschung am besten gedeihen. Neben JAacoB GRIMM war JOHANN ANDREAS SCHNELLER mein Muster. Wort und Sache erkannte ich als untrennbar. Die schriftlichen Denk- male der Vergangenheit sollten nicht bloss die Grammatik, das Wörter- buch und das metrische Regelbuch erläutern, sondern das Wissen vom gesammten Leben. Auf diesen Grundlagen haben sich meine wissenschaftlichen Be- strebungen bewegt. Ich entwarf den Plan einer grammatischen Darstellung der Dia- lekte der grossen Volksstämme Deutschlands, und habe einen Theil davon ausgeführt. Im Zusammenhang damit stund mein Versuch, das Gemeinsame wie das Besondere der Sprache unserer mittelalterlichen Blüthezeit darzustellen. Ich suchte sodann das germanische Leben nach seinen äusseren Bedingungen und seiner inneren Entwiekelung zu erforschen und zu schildern. Die eigenthümlichen religiösen Vorstellungen und Einrichtungen unseres Alterthums reizten mich, in sie einzudringen. Aus der Geschichte unserer Litteratur wählte ich mir persön- liche Erscheinungen, in denen die seelischen Vorgänge ergründen und die Spiegelungen der Zeit erforschen Gewinn verhiess. Ich weiss sehr wohl, dass meinem Willen die Kraft oft nicht entsprochen hat, und dass ich den Kranz nicht schliessen werde, den ich einst zu winden dachte. Wenigen Bevorzugten nur wird solches beschieden. Wenn mir aber auf dem neuen Boden, auf den ich bei steilem Abfall meines Lebensweges gerufen ward, gelingen sollte, noch Saat zu ernten, so werde ich es dem ermunternden Vorbilde schulden, das mir so viele Glieder dieser erleuchteten Körperschaft geben, und es wird der beste Dank sein, den ich Ihnen, meine Herren, für den Platz in Ihrer Mitte erweisen kann. SI 06) ID Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Hr. von DER GABELENTZ hielt folgende Antrittsrede: Die Wahl, durch die Sie meine wissenschaftlichen Bestrebungen so wohlwollend anerkannt haben, verpflichtet mich zu aufrichtigster Dankbarkeit. Ich schätze es als ein Glück und als eine Ehre, der hohen Körperschaft anzugehören, die seiner Zeit meinen unvergess- lichen Vater in die Zahl ihrer correspondirenden Mitglieder auf- genommen hat. Als ein Glück und als eine Ehre schätze ich es, hier den Platz einnehmen zu dürfen, den länger als ein Menschen- alter hindurch Wırnuerm Scnort innegehabt hat. Ich weiss, was ich diesem Vorgänger verdanke, und die Verpflichtung, dies auszu- sprechen, empfinde ich heute lebhafter denn je. Es gab eine Zeit, wo das Chinesische für die schwierigste Sprache der Welt galt, und wo jene Wenigen, die sie zu verstehen vorgaben, als wahre Wundermänner angestaunt wurden. Dem machte Ager Renusar's didaktisches Geschick ein Ende —, schien es wenigstens zu machen. Die Klemens de la grammaire chinoise, lange Zeit hindurch das verbreitetste Lehrbuch seiner Art, schienen mit einem Male den Schleier zu lüften, den Weg durch das Wirr- sal zu bahnen. Damals trat auch unser grosser WırueLm von HumsoLpr mit Zuversicht an die neu erschlossene Sprache heran. Sein be- rühmter Brief an den Verfasser der Elemens sollte den Einblick in das sich hier offenbarende wunderbare Geistesleben vertiefen, beruht aber doch ganz auf den thatsächlichen Unterlagen, die durch das Lehrbuch gegeben waren. Bald kam die Zeit, wo man an diesen Unterlagen zweifeln lernte. Remusar's unsterblicher Nachı- folger, SranısLAs JULIEN, zeigte in einer Reihe bissiger Streitschriften, dass zum Verständnisse des Chinesischen mehr und Anderes gehöre, als in den Zlmens stand. Leider war er selbst so wenig Linguist als Philosoph. Chinesisch verstehen hiess in seinem Sinne kaum mehr, als aus dem Chinesischen richtig in's Französische übersetzen. Darin galt er als Meister und gelegentlich als unantastbarer Censor. Allein einen wissenschaftlichen Neubau aufzuführen, war nicht seine Sache, lag jenseits seines Könnens. Den kühnen Gedanken, die chinesische Sprache in einen grammatischen Rahmen zu fassen, der keine andere Voraussetzung gelten lässt, als den Bau und Geist dieser Sprache selbst, hat zuerst Wıruerm Scnorr ausgesprochen und zu verwirklichen gesucht. Man mag es zugeben, dass serme Chi- nesische Sprachlehre dem sprachphilosophischen Interesse mehr Rech- nung trägt, als dem philologischen; immerhin waren es mehr äusser- liche Umstände, die dem genialen Buche die verdiente Anerkennung schmälerten. Auf den Wegen, die Scuorr gewiesen, müssen wir a VON DER GABELENTZ: Antrittsrede. 183 Sinologen weitergehen, wenn wir etwas Anderes ausmachen wollen, als eine Art UÜbersetzungsbureau. Urtheile man über die Litteratur der Chinesen, wie man wolle: _ vier Vorzüge kann man ihr nieht abstreiten: den eines sehr hohen Alters, den einer fast lückenlosen Vielseitigkeit, den der voll- kommensten Eigenartigkeit und endlich, wenn es ein Vorzug ist, den einer unermesslichen Bändezahl. Die schrifstellerische Arbeit des ältesten und zahlreiehsten unter den lebenden Culturvölkern und seine Sprache würden schon als solche eine vorzugsweise Beachtung verdienen. Die chinesische Philosophie spiegelt in einer langen, kämpfereichen Geschichte ein Geistesleben, von dessen Vielgestaltig- keit die landläufigen Schilderungen des Mittelreiches und seiner Be- wohner keine Ahnung haben. Mir aber, da ich doch wohl an dieser Stelle von mir reden muss, mir ist zunächst die chinesische Sprache als solche interessant, das heisst als eine der eigenthümliehsten, zugleich der einfachsten und der mächtigsten Entfaltungen des menschlichen Sprachvermögens. Mein Standpunkt ist der der allgemeinen Sprachwissenschaft, aueh dann, wenn ich mich bemühe, dieser Sprache in rein philologischer Arbeit immer neue Feinheiten abzulauschen. Denn in der "That ist der Arbeit der allgemeinen Sprachwissenschaft, wie ich sie verstehe, keine verwandter, als die der Philologie. Die spraehgeschichtliche Forschung hat sich da am Glänzendsten bewährt, wo sie es mit Lauten, Wörtern und Wortformen zu thun hatte. Jene Untersuchungen, die sich die Verwandtschaftsverhältnisse der Sprachen festzustellen be- mühen, sind manchmal auf dürftige Wörtersammlungen und noch ‚dürftigere Texte und grammatische Nachrichten angewiesen und können darum doch zu ihrem Ziele führen. Wie sich aber jene eigenste Be- gabung des Menschen zum gegliederten Ausdrucke seiner Gedanken in lautlicher Rede volkweise verschieden äussert, wie diese Äusserungen in Wechselwirkung stehen zum Geistesleben der Völker: das zu be- antworten dürfte nur dem zustehen, der sich in die fremden Sprachen wahrhaft eingelebt hat. Verdient die Geschiehte der Sprachen und Völker, verdienen ihre Wanderungen und Wandelungen, ihre Spal- tungen und die dabei wirksamen Mächte die sorgsamste Untersuchung: so hat es nicht minderes Interesse, in der Vielheit der Völker die eine Menschheit und in der Mannigfaltigkeit ihrer Sprachen, die Äusserung einer allgemeinsamen Anlage zu suchen und nun weiter zu arbeiten an der Aufgabe, die uns HungoLor gestellt hat. Diesem Interesse sind auch jene vielberufenen, ärmsten und rohesten Sprachen nicht zu gering; und manche von diesen, — wenn anders ich meinen be- seheidenen Erfahrungen trauen darf, — erscheinen bei näherer Be- 754 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. trachtung doch besser als ihr Ruf. Gilt es, die Sprachen auf ihren geistigen Werth zu prüfen, so sind kurze Grammatiken in der Regel verdächtige Zeugen. Bis vor Kurzem war man nur zu schnell bereit, aus den äusseren Lebensumständen eines Volkes voreilig gering- schätzige Schlüsse auf seine ursprüngliche Beanlagung zu ziehen, und da liess man es sich natürlich gern gefallen, wenn nach Ausweis einer dürftigen Sprachlehre der geistige Haushalt der armen Barbaren nicht besser bestellt zu sein schien, als der leibliche. Seitdem hat man gelernt, jene ungeschriebenen Litteraturen der Naturvölker zu protocolliren, hat von den sinnigen Märchen der Bantu und Hotten- totten, von dem wunderbar metaphysischen Mythus der Polynesier gehört, weiss, dass die Australneger, vielleicht die ärmsten und ver- kommensten unter den Menschen, ein Eherecht entwickelt haben, das mit den wunderlichsten Blüthen des Corpus iuris canoniei wett- eifern darf, und erkennt je länger je mehr Kraft und Streben auch da, wo das Schicksal die Menschen auf eine niedere Entwickelungs- stufe gebannt oder zurückgeworfen hat. Der Geist zeigt seine Flügel auch, wenn er im Käfige aufflattert. Niedrig stehende Völker sind einseitig entwickelte, sie sind an eng begränzte Berufskreise gebunden. Das muss sich in ihren Sprachen wiederspiegeln, und zwar im Sprachbaue nicht weniger, als im Wort- schatze. Gilt es also, den Einfluss der nationalen Lebens- und Denk- gewohnheiten recht klar vor Augen zu führen, so sind jene ver- achteten Barbarensprachen für uns unschätzbar; denn nirgends fliessen die Quellen lauterer. Es war ein grosser, kühner Gedanke, den un- längst Byese in seinen Principles of the Structure of Language aus- gesponnen hat. Es mag der scharf- und tiefsinnige Mann in seinen schwerfälligen Deduetionen oft zu weit, manchmal fehlgegangen sein; es mag, wie dies in der That leieht nachzuweisen ist, sein Werk in vielen Fällen auch in der Inducetion an den Folgen unzulänglicher litterarischer Hülfsmittel kranken: die sprachphilosophischen Voraus- setzungen, von denen er ausgeht, und die Forderungen, die er stellt, muss ich im Wesentlichen als berechtigt anerkennen. Nicht immer frei- lich liegen die Dinge so klar, wie bei jenen Sprachen nordamerikanischer Jägerstämme, die in der einseitig reichen Entfaltung ihres Formenwesens dem aufmerksamen Beobachter wahre Indianergeschiehten Coorer’schen Stils zu erzählen scheinen. Aber auch da, wo die scharf ausgeprägten Eigenthümlichkeiten der Völkerfamilien und ihrer Sprachstämme weni- ger sinnfällig zusammen zu stimmen scheinen, bei den Uralaltaiern, den Malaien, den Semiten, den Bantus, wird es hoffentlich gelingen, die verknüpfenden Fäden bloszulegen. Und ist es einmal soweit, welche Fülle der weittragendsten Schlussfolgerungen wird uns dann eröffnet! VON DER GABELENTZ: Antrittsrede. 7185 Allerdings mag nirgends die Gefahr der Voreiligkeit näher liegen, als hier. Byese hat in seine Untersuehungen auch Sprachen hinein- gezogen, die gerade für seine Zwecke unbrauchbar sein dürften. Er hat der Störungen nicht Acht gehabt, denen das Leben der Sprachen wie das der Völker unterworfen ist: der Mischungen und der Ver- kümmerung durch ungünstige äussere Verhältnisse. Wo dergleichen zu vermuthen ist, da darf man nicht erwarten, dass sich der Parallelismus zwischen Sprache und Volksthum so bald wieder her- gestellt habe, da werden die Völker je nachdem besser oder schlechter, vielleicht ganz anders geartet sein, als ihre Sprachen. Ein anglo- ehinesisches Mischvolk, so hoch seine Gesittung sein möchte, würde erst nach der Arbeit vieler Geschlechter sein elendes Pitehen- Englisch zu einer tauglichen Trägerin seines Geisteslebens gestalten. Und sollten doch noch die Tscheroki mit ihren Culturbestrebungen an’s Ziel gelangen, so hätten wir dereinst ein Volk von Ackerbauern und Bürgern, das die Sprache eines Jägervolkes redete. Wer weiss, ob nicht schon jetzt ein solches lebt, am biskaischen Meerbusen. Die sesshaften Finnen, Esthen und Liven reden Sprachen, die ursprünglich nomadenmässig sein mussten, und es gälte zu beobachten, durch welehe Mittel diese Sprachen den neuen Bedürfnissen angeglichen worden, mit ihren höheren Zwecken gewachsen sind. Ein besonderes Interesse knüpft sich für mich an jene Sprachen halbmalaischen Ursprungs, die man zunächst mehr aus geographischen und anthropologischen, als aus linguistischen Gründen die melanesischen genannt hat. Nicht nur wegen des hervorragenden Antheils, den mein unvergesslicher Vater an ihrer Erforschung genommen, sondern noch mehr wegen des bunten Bildes und der vielfachen Räthsel, die sie bieten. Nun wird uns je länger je mehr das vielsprachige Neu-Guinea er- schlossen werden. Eine seiner Sprachen, das Mafoor, habe ich und dann Kern dem malaischen Verwandtschaftskreise eingereiht; andere, an der Maclay-Küste, scheinen gleich denen der Australneger Absenker der ko- larischen Sprachen Vorderindiens zu sein; und somit, da wir Endpunkte der Wanderungslinie haben, dürfen wir ahnen, welcherlei Sprachen die Vorfahren der heutigen Melanesier geredet haben vor dem Eindringen der malaio-polynesischen Elemente. Jenes syntaktische Unicum; die Sprache der Annatom-Insulaner, wird dann freilich erst recht räthselhaft. Neigung und Schicksal haben mich bisher dahin geführt, an sehr verschiedenen Punkten des Globus linguarum Umschau zu halten. Oft nur sehr flüchtige \Imschau, aber — das hat die Landstreicherei für sich, — überall alıregende. Inwieweit ich fernerhin der einen oder anderen dieser Anjegungen folgen werde, das hängt nur zum kleinsten Theile von meinem Willen ab. Sitzungsberichte 1890. 66 786 Öffentliche Sitzung vom 5. Juli. Hr. Currıvs als beständiger Seeretar antwortete im Namen der philosophisch- historischen Classe mit folgenden Worten: Die Ansprachen, mit denen Sie, geehrte Herren Collegen, in unseren Kreis Sich einführen, sind ihrem Inhalte nach, äusserlich betrachtet, so verschieden von einander wie möglich. Die eine führt uns in den uns Allen vertraulichen Kreis des heimathlichen Landes und Volks, die andere in eine weit entlegene Menschenwelt, deren Namen und Gestalten den Meisten von uns durchaus fremd sind. Eins aber ist beiden gemeinsam, die Pflege einer Forschung, welche mehr als alle anderen Forschungszweige den aus dem Alterthum über- lieferten Wissenschaften gegenüber eine selbständige Errungenschaft und volles Eigenthum der neueren Culturentwickelung ist, und die zugleich unter allen Geisteswissenschaften der Naturforschung am nächsten steht, indem sie die organische Entwickelung des Menschen- geistes, wie sie sich in Lautbildung und Sprachbau bezeugt, zum Gegenstand einer Wissenschaft gemacht hat, von welcher man im klassischen Alterthum keine Ahnung gehabt hat. Dazu kommt ein Anderes, was beim Anhören Ihrer Worte gewiss uns Alle wohlthuend berührt hat. Denn für das wehmüthige Gefühl, das wir an unseren Leisenız- Tagen haben, indem sie uns an den unaufhaltsamen Wechsel aller Kreise menschlicher 'Thätigkeit malhnen, giebt es keine trost- reichere Erhebung als die lebendige Überzeugung von dem allen Wechsel der Generationen überdauernden Zusammenhange echter Geistesarbeit, als die Gewissheit, dass die wahrhaft lebensvollen Keime wissenschaftlicher Erkenntniss nach dem Hinscheiden derer, die sie gepflanzt haben, in treuem Gedächtniss der Vorangegangenen durch die Hand geistverwandter Forscher eine ununterbrochene Pilege und Fortbildung erhalten. So treten von Lrwsız an, dem Propheten der Spraehwissenschaft, die Gestalten der Heroen, die einst an diesem Tische gesessen, WırneLm von HunsorLpr, Burr, die Ge- brüder Grıun aus Ihren Anreden uns wieder persönlich und lebendig fortwirkend vor die Seele und als ihre Nachfolger treten Sie nicht wie Fremde, sondern wie Verwandte und Angehörige im unsern Kreis ein. Gleichwie einst vom Herde der Mutterstadt die Flamme entzündet wurde, welche in der Pflanzstadt jenseits des Meers entbrennen sollte, ist auch Ihre Wissenschaft, Hr. Wemmorp, hier zu Hause und von hier haben Sie als ein echter Schüler von Jacos Grmu, dessen Wirksamkeit durch Lacnmann’s philologische Schärfe in so seltner Weise ergänzt wurde, die Weihe Ihres Lebens empfangen, den Zug zur liebevollen Vertiefung in deutsches Wesen und deutsches Alterthum, EEE ER GEECDEERELE SED WE n ar; Curtis: Antwort an die HH. Weımnorn und vVoN DER GABELENTZ. 7817 an welcher unser ganzes Volk sich zu einem neuen Volksleben erhoben hat. Mit einer nie nachlassenden Arbeitsamkeit haben Sie nach allen Seiten, sprachlich und geschichtlich, die junge Wissenschaft rüstig ausgebaut, die Grammatik der Mundarten sowie die Erkenntniss des religiösen Glaubens der Vorzeit mit den an den Cultus sich anschlies- senden Feierlichkeiten, von altnordischen Bräuchen bis zu den in unsere Zeit hinabreichenden Festspielen des Landvolks, welche wie bei den Hellenen der fruchtbare Keim eines Volksschauspiels geworden sind. Indem Sie (diesen Zusammenhang zuerst darlegten und das gesammte Gulturleben der verschiedensten Zeiten und Gegenden in seinen äusseren Formen wie nach seinem inneren Gehalt zur Anschauung brachten, ist die deutsche Sprach- und Alterthumskunde im Geiste ihres Meisters und Schöpfers allseitig von Ihnen gefördert worden, und nachdem sie durch die schweren Verluste, welehe die Akademie dureh das frühzeitige Hinscheiden von MÜLLENuorF und ScHErer erlitten, bei uns verwaist war, wünschen und hoffen wir um so herzlicher, dass es Ihnen vergönnt sein möge, diese uns allen so theuern Studien im Sinne Ihrer unvergesslichen Vorgänger mit frischer Kraft lange in unserer Mitte zu vertreten. Ihre Studien, Hr. vov DER GABELENTZ, sind der Art, dass wir nur durch Sie selbst in dieselben eingeführt werden können. Das Feuer Ihrer Wissenschaft brannte auf dem Herde des Vaterhauses, und Sie haben in Ihrem, der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissen- schaften gehaltenen Vortrage »über Hans CoNoN VON DER GABELENTZ als Sprachforscher« den Schlüssel zum Verständniss Ihres eigenen Geisteslebens gegeben. Sein stiller Landsitz war eine kleine Akademie der Sprachen; schon als Knabe von einem angeborenen Durst nach Sprachkunde erfüllt und von dem Zauber fremder Schriftzeichen wunderbar gefesselt, hat er, der vielbeschäftigte Staatsmann, wie andere Edelleute das Waidwerk treiben, so in unermüdlicher Geduld seine Netze ausgestellt, um die ganze Mannigfaltigkeit, in welcher der sprachbauende Menschengeist seine Organismen geschaffen hat, möglichst vollständig zu überblicken, wie ein Zoologe oder Botaniker nieht rastet, bis er alle erreichbaren Formen einer Gattung des phy- sischen Lebens zum vergleichenden Überblick vereinigt hat. Er hatte den Geist eines Entdeckers; unbebautes Land zu bahnen war seine Lust, an litteraturlosen Idiomen machte er sich die Anfänge mensch- licher Sprachbildung deutlich, und jede Volksindividualität, die ihm neu entgegentrat, entzückte ihn, wie eine lehrreiche, anregende Be- kanntschaft, die man im Umgang macht. Er hat aber nicht nur über Melanesien und Mikronesien sein weites Netz ausgespannt, son- dern die Sprachenwelt Ostasiens, wo bis dahin nur Franzosen heimisch 66* 788 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. waren, zum ersten Mal der deutschen Wissenschaft erschlossen. Sie haben es selbst in liebenswürdiger Weise ausgesprochen, dass Sie zwischen väterlichem und selbsterworbenem geistigen Besitz nicht scharf zu scheiden wüssten; um so mehr glaubte ich mich berechtigt, Ihres Vaters heute zu gedenken, welchen wir auch zu den Unsrigen zählen durften. Sie haben in Ihren Worten eine doppelte Aufgabe angedeutet, erstens die des Sinologen, der eine eigenartige, ehrwür- dige Culturwelt nach und nach unsern Blicken entschleiert, und hier war es uns besonders wohlthuend, das Verdienst Ihres Vorgängers in der Akademie, Wırnerm Scnorr, der mit so seltener Anspruchslosig- keit sein Wissen mehr verbarg als zur Schau trug, in so warmer und kräftiger Weise anerkannt zu sehen. Die zweite Aufgabe ist die der allgemeinen Sprachwissenschaft, welche in der Vielheit der Volks- sprachen die Äusserung einer allen Völkern gemeinsamen menschlichen Naturgabe erkennt, eine Aufgabe, in der Sie an WırueLm von HumsoLpr anknüpfen, und so fremd uns die rohen Inselneger erscheinen, so ist doch jeder Einblick in ihre Art zu denken und zu sprechen auch ein neuer Einblick in unser eigenes Geistesleben, ein Fortschritt wissenschaftlicher Psychologie und Anthropologie von unabsehlicher Bedeutung. Möge Ihnen auf beiden Feldern eine reiche und Sie voll befriedigende Thätigkeit vergönnt sein! Mit diesen Worten habe ich die Freude, im Namen der Akademie Sie Beide in unserem Kreise willkommen zu heissen. Hr. Harsack hielt folgende Antrittsrede: Bevor ich dem Brauche der Akademie folge und Rechenschaft ablege über meine wissenschaftlichen Ziele, spreche ich nochmals meinen Dank aus für die durch die Wahl mir erwiesene Ehre. Die Geschichte des Christenthums und der Kirchen habe ich in Ihrem Kreise zu vertreten, und es erfüllt mich mit hoher Freude, dass Sie, einer alten Tradition folgend, dieser Wissenschaft eine Stelle unter den Diseiplinen gegeben haben, mit denen sich die Akademie beschäftigt. Man hat Mosmem mit Recht den Vater der kirchengeschichtlichen Wissenschaft genannt; aber dieser grosse Ge- lehrte verdankte das Beste, was er besass, einem Grösseren, Leısnız. Leissız ist in Wahrheit, wenn auch mittelbar, der Begründer der unparteiischen und kritischen Kirchengeschiechtsschreibung, und unsere Akademie folgt auch hier den Anregungen dieses universalen Geistes, indem sie die Beförderung der kirchenhistorischen Forschungen in den Kreis ihrer Aufgaben wieder aufnimmt. Möge es mir vergönnt Sn Harnack: Antrittsrede. 789 sein, den Verpflichtungen nachzukommen, welche die Würde des Gegenstandes und die Traditionen der Akademie mir auferlegen! — Durch eine Preisaufgabe über den Gnostiker Mareion, welche die Universität Dorpat vor zwanzig Jahren stellte, wurde ich zur Geschichte der alten Kirche geführt. Die Aufgabe gehörte zu jenen trefflichen Thematen, die zur genauesten philologischen und kritischen Arbeit zwingen und doch zugleich nöthigen, den Blick auf den Zu- sammenhang der geschichtlichen Erscheinungen zu richten und be- deutende Gesichtspunkte zu gewinnen. Aus einer grossen Menge von Fragmenten ist das Bild einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte des zweiten Jahrhunderts zu gestalten, und mit einem Schlage sieht sich der Forscher mitten in die zahlreichen und verwickelten Probleme versetzt, welche die Religionsgeschichte des ersten und zweiten Jahrhunderts bietet. Unter der ausgezeich- neten Anleitung von EngeLnaror's versuchte ich, mich in dieselben einzuarbeiten. Sie bilden noch heute den eigentlichen Gegenstand meiner Untersuchungen. Wenn es mir gelungen ist, Einiges zu ihrer Aufhellung beizutragen, so verdanke ich das dem glücklichen Um- stande, dass mir niemals eine andere Aufgabe begehrenswerther oder interessanter erschienen ist. Die Probleme der Kirchengeschichte des Alterthums lassen sich auf ein einziges zurückführen: wie hat sich aus der Predigt des Evangeliums der Katholieismus und die katholische Reichs- und Staatskirche entwickelt? Diese Frage scharf gestellt zu haben, ist das unvergängliche Verdienst F. Cur. Baur’s. Aber Baur hat sie nicht nur gestellt, sondern in umfassender Weise selbst zu lösen gesucht. Bei diesem Unternehmen folgte er dem Grundsatze, die Wandelungen, welche das Christenthum im zweiten Jahrhundert in Lehre, Verfassung und Cultus erfahren hat, soweit irgend möglich, aus den inneren Spannungen abzuleiten, welche bereits im apostoli- schen Zeitalter vorhanden waren. Allein er selbst erkannte doch, dass diese Art der Ableitung ihre Grenzen hat, und dass man neben den inneren Spannungen auch die äusseren Zustände ins Auge fassen müsse, um die Entwiekelung der christlichen Religion zum Katholi- eismus zu verstehen. In der Gegenwart ist unter den Forschern darüber kein Zweifel, dass keine der beiden Erklärungen vernachlässigt werden darf; aber über das Maass ihrer Anwendung herrscht noch kein Einvernehmen. Ich habe mich — Anfangs im Anschluss an Rırscnt's Forschungen — bemüht zu zeigen, dass die innerchristlichen Be- wegungen des apostolischen Zeitalters nach der Zerstörung Jerusalems wesentlich zur Ruhe gekommen sind, und dass daher die Entwicke- lungen, welche nun folgten, nicht aus ihnen abgeleitet werden können, e 790 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Demgemäss suchte ich nachzuweisen, dass die ungeheuren Krisen, welche die neue Religion im zweiten und dritten Jahrhundert erlebt hat, aus der Verflechtung mit der sie umgebenden griechisch-römischen Welt hervorgegangen sind, und dass die neuen Ordnungen der Kirche auf den Gebieten der Lehre, der Verfassung und des Cultus Com- promisse sind zwischen der evangelischen Verkündigung und der Denkweise und den Institutionen der Antike. Diese Auffassung ist keineswegs neu; nicht wenige Forscher, vor Allem R. Rornr, haben sie bereits vorgetragen. Ich bin lediglich in die Reihe derer eingetreten, welche versuchen, sie pünktlich im Einzelnen durchzuführen. Mit dem allgemeinen Grundsatz ist wenig erreicht; es gilt vielmehr, alle Erscheinungen des kirchlichen Lebens im Alterthum mit den entsprechenden des antiken Lebens zu ver- eleichen, um ihren Ursprüngen und ihrer Geschichte auf den Grund zu kommen. Der Religionshistoriker nimmt an diesen Untersuchungen einen noch höheren Antheil als der politische Historiker; denn seine oberste Aufgabe ist es, festzustellen, was in der Geschiehte der Re- ligion aus ihrem eigenen, ursprünglichen Geiste geflossen ist. Um dieser Aufgabe zu genügen, muss er versuchen, die Elemente kennen zu lernen und zu sondern, welche sich die Religion — in der Regel unter schweren Opfern — lediglich assimilirt hat. Sie hat auch bei diesen Assimilationen ihre Kraft bewiesen; aber man darf die so ent- standenen Producte doch nicht als ihren reinen Ausdruck betrachten. Die Forschungen in dieser Riehtung sind noch in den Anfängen. Im vorigen und in unserem Jahrhundert ist viel Talent und viel Geist auf die Geschiehte der Kirche im Alterthum verwendet worden; aber verhältnissmässig wenig planvolle historisch-philologische Arbeit. Die Durchforschung der patristischen Litteratur hat seit den Tagen der gelehrten Benedietiner und Jansenisten nur in Bezug auf das zweite. Jahrhundert und die lateinischen Schriftsteller erhebliche Fortschritte gemacht. Noch immer gleichen weite Strecken dieser Litteratur nicht einem gepflegten Garten, sondern einem Urwalde, den man sich zu betreten scheut. Und doch sind die Schriften der Kirchenväter Quellen der Nationallitteraturen der Romanen, Germanen und Slaven und das Mittelglied zwischen der antiken und der mittelalterlichen Litteratur. Nieht viel günstiger steht es in Bezug auf die Geschichte der kirch- lichen Institutionen. Zwar ist die Entstehungsgeschichte des Neuen Testaments mit vielem Fleiss untersucht worden, und an der Auf- hellung der Geschichte der Dogmen hat man seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ununterbrochen gearbeitet. Allein eine Geschichte der kirchlichen Verfassung im Zusammenhang mit der allgemeinen Verfassungsgeschichte fehlt uns noch, und ebenso fehlt uns eine Harnack : Antrittsrede. — Monusen: Antwort an Hın. Harsack. 1791 ‚kritische und vergleichende Geschichte des kirchlichen Cultus, sowie eine Geschichte der socialen Wirkungen des Christenthums. Auf diesen Gebieten hat man eben erst damit begonnen, die ausgezeichneten Fort- schritte, welehe die Erforschung der römischen Kaiser- und Religions- geschichte gemacht hat, für die Kirchengeschichte zu verwerthen. Der Zaun, welcher früher das Feld der Kirchengeschichte von dem Felde der allgemeinen Geschichte getrennt hat, ist niedergerissen. Für die Bearbeitung beider Gebiete bedeutet der begonnene Austausch die höchste Förderung; er stellt auch neue Aufgaben. Wenn es aber den Kirchenhistorikern in der Gegenwart möglich ist, sich ausserhalb ihrer eigenen Grenzen auf den Gebieten der römischen Kaisergeschichte und der antiken Philosophie zurechtzufinden, so verdanken sie das in erster Linie der Lebensarbeit zweier Männer, welche unsere Akademie zu den ihrigen zu zählen das Glück hat. Es ist mir ein Bedürfniss, an dem heutigen Tage meinen besonderen Dank Hrn. Monusen und Hrn. Zeiter auszusprechen, und ich weiss, dass alle meine Fach- genossen in diesem Danke mit mir übereinstimmen. Mein Lehrauftrag an der Universität verpflichtet mich, über das gesammte Gebiet der Kirchengeschichte Vorlesungen zu halten. Es ist für den Einzelnen schleehterdings unmöglich, sich hier überall selbst- ständige Kenntnisse zu erwerben oder auch nur dem Gang der Forschung pünktlich zu folgen. Zwar empfinde ich die Forderung, immer wieder den Blick auf‘ das Ganze zu riehten und die verschie- denen Entwickelungen in den verschiedenen Epochen zu verfolgen, als einen heilsamen Zwang; aber das Gefühl des Unvermögens gegen- über dem Umfang der Aufgabe ist oft genug drückend. Desshalb schätze ich meine Aufnahme in die Akademie als ein Glück, weil sie es mir ermöglichen wird, eine Fülle von Belehrung über die der Kirchengeschichte verwandten Diseiplinen auch in Bezug auf das Mittelalter und die Neuzeit — in willkommenster Weise einzusammeln. Hr. Mounsen, als Seeretar der philosophisch-historischen Olasse, erwiderte: Ich darf heute der Freude Ausdruck geben, dass es uns ge- stattet ist den Verfasser der Dogmengeschichte des Christenthums den unsrigen zu nennen, den Mann, welcher die Entwickelung des orien- talisehen Wunderkeimes zur weltgeschichtlichen, die Geister durch zwanzig Jahrhunderte bald befangenden, bald befreienden Universal- religion uns erschlossen, uns von Christus und Paulus zu Origenes und 792 J Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Augustinus und Luther geführt hat, welcher uns gelehrt hat die Macht und die Wirkung des Christenthums nicht lediglich in seinem Sprossen zu erkennen, sondern ebenso sehr in seiner Verzweigung und Verästung. Freilich, die zufälligen Schranken, welche zwischen Theologie und Philosophie und Geschichte die Facultätsorthodoxie zu gegenseitigem Schaden aufgerichtet hatte, schwinden hüben wie drüben mehr und mehr vor der mächtig vordrängenden rechten Wissenschaft; unsere Akademie aber darf mit Stolz darauf hinweisen, dass wir sie nie an- erkannt haben und dass in dem Kreise, den Leıssız gezogen hat, für die freie Forschung von je her Raum gewesen ist. In wie hohem Grade gerade Ihre Studien, Hr. Harnack, ergänzend und belebend in diejenige Geschichtsforschung eingreifen, welche uns die Gegenwart verständlich macht, wie die griechisch-römische Civilisation eben durch ihre meistentheils gegensätzliche Verschmelzung mit dem im Orient wurzelnden Christenglauben zu einem nothwendigen Bestand- theil der heutigen geworden ist, das mit eimem Wort zu be- zeichnen muss heute genügen; Ihre und meine und vieler anderer, die da waren und sind und sein werden, Lebensarbeit ist es diesem in seiner vollen Höhe unerreichbaren Ziel näher und näher zu kommen. Aber einen der vielen Momente, um deren willen wir Sie mit besonderer Freude als unseren Genossen begrüssen, gestatten Sie mir heute noch besonders zum Ausdruck zu bringen. Ich meine, Ihre Gabe jüngere Genossen zu fruchtbarer Arbeitsgemeinschaft zu gewinnen und bei derjenigen Organisation, welehe die heutige Wissenschaft’ vor allem bedarf, als Führer aufzutreten. Sie empfinden es, dass die Aufgabe des rechten Akademikers eine andere und eine höhere ist als sich Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu nennen und statt des bescheidenen Octavformats unserer Zeitschriften im vor- nehmen Quart gedruckt zu werden. Auch die Wissenschaft hat ihr sociales Problem; wie der Grossstaat und die Grossindustrie, so ist die Grosswissenschaft, die nicht von Einem geleistet, aber von Einem ge- leitet wird, ein nothwendiges Element unserer Culturentwickelung, und deren rechte Träger sind die Akademien oder sollten es sein. Als einzelner Mann haben Sie in dieser Richtung gethan, was wenige Ihnen nachthun werden. Jetzt sind Sie berufen dies im grösseren Verhältnisse weiterzuführen; und die wenigen Monate, seit sie uns angehören, haben uns gezeigt, dass Sie es können und dass Sie es wollen. Freilich hängt dies nieht allein von Ihnen und auch nieht allein von uns ab. Die Grosswissenschaft braucht Betriebs- kapital wie die Grossindustrie und wenn dies versagt, so ist die Akademie eben ornamental und müssen wir es uns gefallen lassen von dem Publicum als Decoration angesehen und als überflüssig be- 5 : e PR Monnsen: Antwort an Hrn. Harnack. — Sreiner’scher Preis. 793 trachtet zu werden. Wir müssen es hinnehmen, aber es wird uns dies nieht leicht. Wenn der Soldat nichts leistet, so fragt man nicht viel danach, ob das Pulver gefehlt hat oder der Mann ver- sagt hat; ihm bleibt im ersteren Fall neben dem schmerzlichen Gefühl des vergeblichen Beginnens noch der bittere Eindruck des unverdienten Tadels. STEINER'scher Preis. In der Leisniz-Sitzung am 28. Juni 1888 wurde die bereits am Lrissız-Tage 1886 gestellte Preisfrage unverändert erneuert. »In der Absicht, das Studium der Schriften STEIER'S zu er- leichtern und zum Fortschreiten auf den von ihm eröffneten Bahnen anzuregen, hat die Akademie die Herausgabe der ge- sammelten Werke desselben veranlasst, welche in den Jahren ı88ı und 1882 erschienen sind. Es bleibt jetzt noch, wie aus der Schlussbemerkung zum zweiten Bande hervorgeht, die Aufgabe, die Resultate der einzelnen Schriften einer Sichtung und Prüfung zu unterwerfen. Die Akademie wünscht, dass dieses zunächst für diejenigen Untersuchungen STEINER'S ge- schehe, welche sich auf die allgemeine Theorie der algebraischen Curven und Flächen beziehen. Es wird verlangt, dass die hauptsächliehsten Resultate derselben auf analytischem Wege verifieirt und alsdann durch synthetische Methoden im Sinne STEmeER's hergeleitet werden. « Es sind zwei Arbeiten eingegangen. Die erste trägt das Motto Fortes firmat concordia. Dieselbe be- schäftigt sich nur mit den ersten Formeln, die in den Anwendungen der Differentialrechnung auf die Geometrie aufgestellt werden, und geht auf die von der Akademie gestellte Aufgabe nicht ein. Diese Arbeit kann daher bei der Preisbewerbung keine Berücksichtigung finden. Die zweite Arbeit ist mit dem Motto Per aspera ad astra ver- sehen. Der Verfasser derselben hat zur Lösung der von der Akademie gestellten Aufgabe einen Weg eingeschlagen, der zu einem befriedigenden Ergebniss nicht führen konnte. Um die von StEmER ohne Beweis aufgestellten Sätze zu prüfen, hat er eine Verquickung von analytischen und geometrischen Hülfsmitteln angewendet, durch welche aus dem Grunde nur selten etwas entschieden werden konnte, weil die geometrische Schlussweise des Verfassers zum grossen Theile nicht auf sicherer Grundlage beruht, zum Theil aber auch irrig ist. Ver- wunderlich ist es, dass er zuweilen Abschnitte der Stemer’schen Sitzungsberiehte 1890. 67 794 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Schriften, welche schon von anderen Geometern erledigt worden sind, derselben ungenügenden Behandlung unterwirft. Es muss zwar an- erkannt. werden, dass in einzelnen Theilen der Arbeit die Methode nicht ganz so schwerwiegenden Bedenken unterliegt, und dass es dem Verfasser an einer Stelle auch gelungen ist, eine von STEINER aus- gesprochene Vermuthung auf eine einfache Weise zu bestätigen. Aber dieses genügt nicht, um die Arbeit als eine den Bestand der auf die allgemeine Theorie der algebraischen Curven und Flächen sich be- ziehenden Steier'schen Schriften gründlich sichtende, beziehungsweise begründende Leistung zu bezeichnen. Es konnte daher derselben der Preis nicht ertheilt werden. — Die Akademie hält dafür, dass es jetzt an der Zeit ist, auf eine schon in früheren Jahren gestellte, bisher unerledigt gebliebene geo- metrische Frage zurückzukommen. Sie verlangt die Lösung eines bedeutenden Problems aus der Theorie der Krümmungslinien der Flächen, und hebt als ein solehes namentlich die Ermittelung der Be- dingungen hervor, unter welchen die Krümmungslinien algebraischer Flächen algebraische Curven sind. Der hierfür ausgesetzte Preis beträgt Dreitausend Mark. Bewerbungsschriften, welche in deutscher, lateinischer, franzö- sischer, englischer oder italiänischer Sprache verfasst sein können, sind bis zum 31. December ı894 bei der Akademie einzuliefern. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen, welches auf einem beigefügten versiegelten innerlich den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich wiederholt ist. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt in der Leissız-Sitzung des Jahres 1895. Hierauf berichtete Hr. Currıus als Seeretar der philosophisch- historischen Classe über die von derselben am 28. Juni 1838 gestellte Preisaufgabe aus dem vox Miıroszewskı’schen Legat. Der Mıroszewski'sche Preis ist an die Lösung folgender Aufgabe geknüpft worden: die Entwickelung der deutschen Psychologie in der Periode, welche annähernd durch den Tod von CuristIan WOLFF und das Erscheinen der Vernunftskritik von Kanr begrenzt wird, soll vorgelegt werden und es soll besonders der. Einfluss dieser psychologischen Arbeiten auf die Ausbildung der Aesthetik unserer celassischen Literaturepoche dargestellt werden. * ni Preisaufgabe aus dem von Miroszewskr'schen Legat. 179 Von den beiden eingelieferten Arbeiten trägt die eine das GortHue’sche Motto: »das Besondere unterliegt ewig dem Allgemeinen, das Allgemeine hat ewig dem Besonderen sich zu fügen.« Dieselbe zeichnet sich durch umfassende Kenntniss der deutschen Psychologie und schönen Literatur im ı8. Jahrhundert aus. Auch besitzt der Autor die für die Lösung der Aufgabe unentbehrliche Kenntniss der heutigen Psychologie in ausreichendem Grade. Die von ihm gewählte dogmatische Anordnung des Stoffs ist zweckmässig. Doch leidet die Übersichtlichkeit durch zu grosse Speecialisirung dieser Sacheintheilung. Der Verfasser erläutert durch ein breites, vielfach schätzenswerthes Material die Denk- und Arbeitsrichtungen der Epoche, aber die einzelnen wirklichen Fortschritte hätten auf dieser Grundlage mit festerer Hand registrirt und an diesen entscheidenden Punkten hätte das belegende Material gesammelt werden müssen. Die Darstellung ist zwar lebendig, doch nicht überall bestimmt, klar und knapp genug. So ist dem Verfasser vor dem Druck der Arbeit eine Umarbeitung und Zusammen- ziehung derselben dringend anzurathen. Die andere Abhandlung trägt das Motto aus dem Aesthetiker Meier: »die künstliche Aesthetik ist ein philosophischer Commentarius zur natürlichen.« Sie gliedert den Stoff nach Personen. In einzelnen historischen Blicken, ja in dem intimen geschichtlichen Verständniss überhaupt, ist sie der ersten entschieden überlegen, doch steht sie in der Kenntniss des literarischen Materials hinter derselben zurück. Werden die schönen geschichtlichen Beobachtungen in ihr, die jetzt unfertig und vielfach unbestimmt dastehen, zu Reife und Klarheit durchgebildet, so wird dieselbe ein sehr nützlicher Beitrag zur Kenntniss der Epoche sein. Hiernach erscheinen beide Abhandlungen, obwohl sie die Auf- gabe nicht voll und ganz lösen, doch als noch preisfähig. Den Vor- zug verdient die erst charakterisirte mit dem Gorrne’schen Motto und ihr wird der Preis zuerkannt. Da aber die andere Abhandlung, mit dem Meıer’schen Motto, ihr ganz nahe kommt und die Vollendung derselben im Sinne eines später eingelieferten Nachtrages schöne Resultate verspricht, so hat auf Antrag der Akademie das vorgesetzte Ministerium in dankenswerthester Weise die Ertheilung eines zweiten Preises an diese Abhandlung ermöglicht. Als Verfasser der ersten Abhandlung nennt sich Dr. phil. Max Dessorr. Berlin. Als Verfasser der zweiten Dr. Roßerr SomnEr, Assistenzarzt an der Prov.-Irrenanstalt zu Rybnik O.S. 796 Öffentliche Sitzung vom 3. Juli. Die philosophisch-historische Classe der Königlichen Akademie der Wissenschaften stellt folgende Preisaufgabe: Es soll eine Untersuchung der biographischen Artikel des Suidas veranstaltet werden hauptsächlich zu dem Zwecke, die unmittelbar benutzten Quellen des Lexikons festzustellen und die Arbeitsweise des Compilators aufzuzeigen. Es wird gewünscht, dass eine orientirende Zusammenstellung der bisher sicher ermittelten Resultate auf diesem ganzen Gebiete gegeben werde. Wie weit die Untersuchung auch auf die lexikalischen Glossen und die Primärquellen auszudehnen sei, wird dem Ermessen der Bewerber anheimgegeben. Die Preisarbeit kann in deutscher, lateinischer, französischer, englischer und italiänischer Sprache abgefasst sein. Schriften, die in störender Weise unleserlich geschrieben sind, können von der Be- werbung ausgeschlossen werden. Jede Preissehrift ist mit einem Spruchworte zu bezeichnen, welches auf einem beizufügenden versiegelten, innerlieh den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich wiederholt ist. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. Der Tag, bis zu dessen Ablauf die Einlieferung an die Akademie statthaft ist, ist der 31. December 1893. Der ausgesetzte Preis be- trägt 5000 Mark. Zurückziehung einer eingelieferten Preisschrift ist nicht gestattet. Ausgegeben am 10. Juli. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei 797 1890. XXXV. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 10. Juli. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Currivs. l. Hr. Momnsen las über das römisch-germanische Herr- scherjahr. 2. Hr. von Hernnorız legte vor eine Abhandlung des Hın. Dr. M. Tuıesen: Beiträge zur Dioptrik. Die Mittheilung erfolgt umstehend. Durch Rescript des vorgeordneten Ministeriums wird zur Voll- endung des Corpus Inseriptionum latinarum auf drei Jahre (bis Ende März 1893) ein Zuschuss von jährlich 7000 Mark bewilligt. Sitzungsberichte 1890. 68 N 7 Eu ir! a ik AN ; F IMIAN Baar PU { r; PER er auf | Di wi KL ar je Vil . u ’ Nr n we R; HERR Ih 2 RE Bi RB y wre ME: M 17 Dan Im jr Hr all Re D | Bu Ri 2 eh ı j An: iR RI j Br Ein si b 5 ih ie ES Ch. - 2 RL A, Later | BT t 1% PL RIEF BET? ink u Ir u Ni uni? > { "7 Ay u an Ar N AELLITIe 17 Mi N PTR, Ken BT Eee |’. suka Bu zu i [= Aa i ‚ ft} rare leur} NA HN Biiidab w Int a Fe ta BES TTTIF Bad N j Par fr Auxiy rue ie EIERN: a ' NETT TEN , > ‘ R "a 135 e u , n F [1 2 { \ 4 F re > Pi - Oi eo) Beiträge zur Dioptrik. Von Dr. M. TuıeEsen in Charlottenburg. (Vorgelegt von Hrn. vos Heımuortz.) Vorbemerkungen. ken: Dioptrik pflegt man heute die Lehre von der Umformung eines Lichtstrahlen -Bündels durch ein Diopter, d. h. durch eine Reihe von durchsichtigen Medien zu verstehen, indem man die ver- einfachende Annahme macht, dass das Licht sich in Strahlen fort- pflanze, welche in demselben optischen Medium geradlinig fortlaufen, an der Grenzfläche zweier Medien durch Brechung oder Reflexion ab- gelenkt werden, und deren Zusammentreffen stets eine entsprechende Vermehrung der Lichtstärke zur Folge hat. Obgleich es unter diesen Voraussetzungen nicht schwer fällt, den Gang eines gegebenen Licht- strahles durch ein gegebenes Diopter zu verfolgen, so ist doch eine eigentliche Theorie nur für einen sehr speciellen Fall vorhanden, dessen Behandlung im wesentlichen durch Gauss zu ihrem Abschlusse gelangt ist, für den Fall nämlich, dass das Diopter eine Axe hat, und dass die Lichtstrahlen sehr kleine Winkel mit dieser Axe bilden. Die Theorie dieses Falles lässt sich dadurch kennzeichnen, dass das Diopter nur in seiner Wirkung als Ganzes betrachtet wird, soweit es nämlich eine Umformung des in das Diopter eintretenden in das aus- tretende Strahlenbündel bewirkt, während der Gang der Lichtstrahlen im Diopter selbst unbestimmt bleibt, und dadurch, dass das Diopter in dieser Wirkung durch wenige Bestimmungsstücke, seine Haupt- ebenen und seine Brennweiten in den angrenzenden Medien ver- treten wird. Bei der üblichen Behandlung dieses Falles macht man von der Eigenschaft des Gauss’schen Diopters Gebrauch, die von einem Punkte ausgegangenen Lichtstrahlen stets wieder nach einem Punkte conver- girend zu machen. Da solehe conjugirten Punkte bei andern Dioptern nicht oder nur ausnahmsweise vorhanden sind, so haben die nicht 68* Ss00 Gesammtsitzung vom 10. Juli. seltenen Versuche, die Gaussische Theorie von der gleichen Grund- lage aus zu verallgemeinern, zu keinem befriedigenden Resultate führen können. Sucht man aber das Wesen der Gauss’schen Theorie darin, dass dieselbe von der nähern Zusammensetzung des Diopters und von dem Gange des Liehtstrahls in demselben absieht, dass sie, wie in andern fruchtbringenden Theorien der mathematischen Physik, die wahre Erscheinung durch eine andere ersetzt, die mit jener an den der Beobachtung zugänglichen Stellen zusammenfällt, so ist es leicht, eine Verallgemeinerung der Theorie für beliebige Diopter zu finden, in dem man diejenige Grösse sucht, welche das Diopter in seiner Wirkungsweise als Ganzes charakterisirt. Da jeder Strahl durch drei Variabeln vollständig bestimmt wird, so muss es, welches auch die Gesetze der Umformung eines Strahlenbündels in ein anderes sind, eine Function von sechs Variabeln, den Bestimmungsgrössen des ein- tretenden und des austretenden Strahles geben, welcher die Rolle der Charakteristik zukommt. Es liegt ziemlich nahe, in dem vor- liegenden speeiellen Falle, in welchem die Umformung der Strahlen nur nach den Gesetzen der Licht-Brechung und -Spiegelung erfolgt, bei dem Suchen nach einer solchen Charakteristik die Zeit einzuführen, welche das Lieht braucht, um ven einem Punkte der einen Grenz- fläche des Diopters zu einem Punkte der andern Grenzfläche zu ge- langen, und es ergibt sich dann sofort, das diese Funetion von nur vier Variabeln selbst die gesuchte Charakteristik ist. Die Einführung dieser Grösse in die Dioptrik ist allerdings nieht neu; namentlich hat Crausmus mit ihrer Hülfe einen wichtigen dioptrischen Satz bewiesen, unabhängig von den HH. Asse und von Heınnortz, welche denselben etwas früher veröffentlicht hatten. Dass man aber meines Wissens noch nicht den Versuch gemacht hat, die betreffende Funetion als Charakteristik einzuführen, liegt wohl zum Theil daran, dass dieselbe gerade in dem besonders wichtigen Falle entartet, wenn man sie auf conjugirte Punkte bezieht, und dass sie daher gerade in dem meist als Ausgangspunkt gewählten Falle unbemerkt bleiben musste. Ich werde zunächst die Grundlagen der Theorie, welche sich aus den vorstehenden Bemerkungen ergibt, kurz auseinandersetzen und darauf die Fruchtbarkeit dieser Theorie durch die Anwendung derselben auf ein Diopter zeigen, welches eine Axe hat, mit welcher die Liehtstrahlen nur mässige Winkel bilden. Entwickelt man die charakteristische Funetion nach Potenzen dieser Winkel, so gibt die erste Näherung die Gaussische Theorie, während die folgenden Näherungen die bisher noch fehlende Grundlage für eine Theorie der Abbildungsfehler von Linsensystemen, namentlich von astronomischen Tuıesen: Beiträge zur Dioptrik. s0l und photographischen Objeetiven, sowie für die Prüfung und Con- struction solcher Systeme liefern. In einer besonderen Veröffentlichung beabsichtige ich eine aus- führliche und erweiterte Darstellung der Untersuchungen zu geben, welche hier nur kurz und oft nur andeutungsweise angeführt werden konnten. Grundlagen der Theorie. Der Gang eines Lichtstrahls durch optisch gegebene Medien wird durch ein Prineip bestimmt, welches gewöhnlich nach Fermat benannt wird, aber für Spiegelungen schon auf Heron von Alexandria zurück- geführt werden kann, während es andererseits erst später auch auf krystallinische Medien ausgedehnt wurde und erst neuerdings durch Hrn. Dorv seine ursprünglich zu beschränkte teleologische Fassung verloren hat. Nach diesem Prineip verschwindet die Variation der Zeit, welche das Licht braucht, um den Weg zwischen zwei Punkten zurückzulegen; bezeichnet also ds ein Element dieses Weges, n die in der Zeiteinheit zurückgelegte Strecke, so ist der Weg des Lichtstrahls durch die Bedingung gegeben 1. o=d E ds. Hier soll das durch Gleichung ı. gegebene Prineip in einer etwas andern Form benutzt werden. Das Integral, dessen Variation ver- schwinden soll, wird nach Ausführung der Integration auf dem durch die Bedingungsgleichung vorgeschriebenen Wege eine Function der sechs Coordinaten, welche den Anfangs- und Endpunkt des Licht- strahls bestimmen. Liegen, wie wir annehmen wollen, diese Punkte auf den gegebenen Flächen (1) und (2), so möge das ausgeführte In- tegral mit 7, bezeichnet und die Charakteristik des Diopters ı2 ge- nannt werden; diese Charakteristik ist nun eine Function der vier Coordinaten %,,%,,%,,%,, welche die Lage der Schnittpunkte des Strahls mit den Flächen (1) und (2) bestimmen. Sehliesst sich an das Diopter ı2 unmittelbar das Diopter 23 mit der Charakteristik T,, an, so führt die Forderung, dass die drei dureh die Coordinaten % ,Yı, X, Y5, %,,y, bestimmten Punkte demselben Strahle angehören, durch Anwendung der Gleichung r. unmittelbar auf die Bedingungen d oO = a— Ir + IR 3 or, 2 2. a o=-—-T,+T,, 802 Gesammtsitzung vom 10. Juli. Die Gleiehungen 2. erlauben im allgemeinen den Schnittpunkt des Strahls mit einer der drei Flächen (1), (2), (3) zu bestimmen, falls die beiden andern Schnittpunkte gegeben sind. Sei insbesondere das gegebene Diopter ı2 auf beiden Seiten von optisch gegebenen homogenen Medien begrenzt und ziehen wir in diesen Medien die beliebigen Flächen (0) und (3), so sind auch die beiden Charakte- ristiken 7,, und 7,, bekannt, wie weiterhin näher ausgeführt werden soll. Ist nun in dem ersten Medium ein Strahl gegeben, so sind auch dessen Sehnittpunkte mit den Flächen (o) und (1) bekannt, und die An- wendung der Gleichungen 2. auf die Flächen (o), (1), (2) erlaubt, den Schnittpunkt des Strahls mit der Fläche (2) nach seinem Durchgange durch das Diopter 12 zu bestimmen. Eine nochmalige Anwendung dieser Gleichungen auf die Flächen (1),(2), (3) bestimmt dann auch den Sehnittpunkt mit der Fläche (3) und damit den austretenden Strahl selbst. Ist also ein Strahl gegeben, welcher aus einem optisch bekannten Medium in ein Diopter von gegebener Charakteristik ein- tritt, “so ist auch der zugehörige Strahl bekannt, welcher aus dem Diopter in ein gegebenes Medium austritt, während der Verlauf des Strahls in dem Diopter selbst unbekannt bleibt. Setzt man die aus den Gleichungen 2. folgenden Werthe von X,,4, in den Ausdruck T,, + T,, ein, so erhält man die Zeit, in welcher ein Lichtstrahl das zusammengesetzte Diopter 13 durcheilt, d. h. die Charakteristik T7,, dieses Diopters als Function der vier Coordinaten BY Was la: Man kann also die Charakteristik eines zusammenge- setzten Diopters aus den Charakteristiken seiner Componenten ableiten. In einem optisch homogenen Medium ist der Verlauf der Licht- strahlen ein geradliniger. Bezeichnen daher jetzt «,,y,,2, und &,,%,, 2, rechtwinklige, demselben System angehörige Coordinaten, so wird die Charakteristik des von homogener Masse erfüllten Diopters ı2: 3- I: — Na Va. — 2.) Air zn), zim (22 Die Grössen z, und z, sind durch die Endflächen des Diopters bestimmte Functionen von bez. x,,%y, und x,,y,; die Grösse n,, kann im Allgemeinen noch eine Function der Richtung, d. h. der Verhält- nisse 2, — 2,19%, —Y,:%,— 2, sein; für isotrope Medien ist sie constant und bei passender Wahl der Einheiten dem Brechungseoäfficienten gleich zu setzen. Damit ist der Weg gezeigt, wie die Charakteristik von solehen Dioptern berechnet werden kann, welche aus verschiedenen, homogenen, durch gegebene Flächen von einander getrennten Medien zusammengesetzt sind. Teıesen: Beiträge zur Dioptrik. 805 Diopter, welche eine Axe haben. Von den vorausgeschickten Grundsätzen soll jetzt Gebrauch ge- macht werden, um die Theorie eines Diopters zu entwickeln, welches eine Axe hat, und in welchem die Strahlen mit der Axe so kleine Winkel bilden, dass sich die Charakteristik nach Potenzen dieser Winkel entwickeln lässt. Ich habe die Theorie dieses Falles bis zur dritten Näherung ausgearbeitet, will aber an dieser Stelle nur die Formeln mittheilen, welche der ersten und zweiten Näherung ent- sprechen. Setzen wir A=htyı 4- RP=%H+t% — %, — U, + YıY. » Dow so ist in dem vorliegenden Falle die Charakteristik des Diopters ı 2 eine Function der drei Variabeln p,,p,%,, welche, abgesehen von einer nicht weiter in Betracht kommenden Üonstanten, die Form hat: 5. YIRE z= Alp: Ar Braps air DO Rz hr Di. A Ep = AR; Ir 2G,,p1P2 SF 4H.Ppi Ka SF 4J2P Kı- Die Constanten A, u. s. w. können zunächst leicht für den Fall be- rechnet werden, dass das Diopter von optisch homogener Masse er- füllt ist. Die Rotationsflächen, welche das Diopter begrenzen, mögen durch die Relation gegeben sein 6. z=atbde-cH, wo allen Grössen der Index beizufügen ist, welcher sie auf die be- treffende Fläche bezieht. Setzt man noch 7: = —d, und entwickelt die Wurzelgrösse in 3. nach absteigenden Potenzen von e,, nachdem man die z,y,.x durch die Gleichungen 4. und 6. eliminirt hat, so erhält man unter Fortlassung der selbstverständlichen Indices ı2 für ein isotropes Medium 2e > ) Ben CR 20 D=-—n -—_ +0, 804 Gesammtsitzung vom 10. Juli. I b, E— u(3+ se ®, n C Fz - = — 8 4e I b,—b 8 N ee T N 88 -H ze ee I b, fi A ge Fra 4e I b B JI= - — : fe 8 % 4.e ) 4e Sind die Flächen Kugelflächen mit dem Radius r, dessen Zeichen passend zu bestimmen ist, so wird Wäre das Medium des Diopters ein einaxiger Krystall, dessen Axe mit der Axe des Diopters zusammenfällt, so könnte man für den extraordinären Strahl setzen: ‚etrft2n, nn’ (d+R+ 2%) nz e 2 e* n=m tn Die Constanten ergäben sich dann leicht durch Multiplication dieses Ausdruckes mit der entwickelten Wurzelgrösse in 3. Erste Näherung (Gauss’sche Dioptrik). Wir behalten zunächst nur die ersten Potenzen der Grössen fi»; %, bei und erhalten dann leicht die bekannten Gesetze der Gauss’schen Dioptrik. Für zwei hintereinander liegende Diopter ı2 und 23 erhält man durch Anwendung von 2. 10. — Oaty + 0%, , wo zur Abkürzung gesetzt ist: Dar Bu Are Eine ähnliche Gleichung wie 10. gilt für die y. Hieraus folgt Vi fa = Capı = = 20, Cz Kız I2. VaX | | m o © E> m 8 Tuıesen: Beiträge zur Dioptrik. 805 Setzt man diese Werthe in T,+T,, ein, so ergibt sich die Charak- teristik des zusammengesetzten Diopters 13 13. IT, Asche 1 20%, wo (08 A, = Ar. nr _ Yız Gr DAR Be nn = eLoy:, en — 3 Yı3 Die wiederholte Anwendung der Gleichungen 14. erlaubt die Charak- teristik eines beliebig zusammengesetzten Diopters zu berechnen. Ist das Diopter 23 unendlich dünn d.h. ist e,, = o, so werden die Grössen A,,, P,,,',, unendlich; doch bleiben die Gleichungen 14. noch bestehen. Ihre Entwickelung gibt, n,, als constant vorausgesetzt, An — A, 15. Be Du m,(6, 5, (8 = (OR 2 Geht man in derselben Entwickelung noch einen Schritt weiter unds setze manı)e, — de; 4,0, —.db,, A, Au dA ‚u.s..w.;,, 50 erhält man für den Fall, dass die optischen Constanten des Diopters sich continuirlich ändern, Differentialgleichungen, deren Integration die Constanten A, B, © zu bestimmen erlaubt. Ein wichtiger Ausnahmefall bei der Berechnung zusammengesetzter Diopter tritt ein, wenn v,, verschwindet. In diesem Falle erhält man an Stelle der Gleichungen 10. und 12. 2 x K, GH aus 16. Bene EUER Ne — = a — L, Yı Pı Kın C,, Diese Gleichungen sagen aus, dass die beiden Grenzflächen des Diopters zu einander conjugirt sind und dass das in einer Grenzfläche (1) des Diopters vorhandene Object in der anderen Grenzfläche (3) geometrisch ähnlich mit der Vergrösserung y,, abgebildet wird. Die Gleichungen 16. bleiben, wie aus den Gleichungen 15. folgt, ungeändert, wenn man die wahren Endflächen des zusammengesetzten Diopters durch andere dieselben berührende Flächen z. B. die berührenden Ebenen ersetzt; man kann also bei dieser Näherung stets von einer Krüm- mung der Object- und Bildebenen absehen. Die Charakteristik geht in diesem Ausnahmefalle über in 3 Mi, 16. Ih; ee Br B; p3 — 3 Kız — Yız Kız fı — — fa > Yız 806 Gesammtsitzung vom 10. Juli. wo die neu eingeführte Grösse 18. ara = + Yız B,; ’ Yız der Modul des Diopters ı3 genannt werden soll. Die beiden Con- stanten y, und »,, genügen in dem Ausnahmefall zur Charakte- risirung des resultirenden Diopters. Die Zusammensetzung eines Diopters ı2 mit conjugirten End- flächen mit einem Diopter 23 ergibt wieder ein gewöhnliches Diopter oder ein solehes mit conjugirten Endflächen, je nachdem 23 ein ge- wöhnliches Diopter oder ein solches mit conjugirten Endflächen ist. Im ersten Falle erhält man 19. le, = (A,, Yn 2 A.) pi Ar DB p3 a2 Yıa O3 Kız im zweiten Falle wird Yız N Yaz 20. m De lage 23 Wir behandeln jetzt den Fall, dass ein Diopter 12 mit ge- gebener Charakteristik von beiden Seiten von homogenen isotropen Medien begrenzt wird. In diesen Medien ziehen wir senkrecht zur Axe die einander conjugirten Ebenen (0) im ersten und (3) im zweiten Medium, wir führen ferner eine etwas einfachere Bezeichnung ein, indem e statt e,, e' statt e,, n statt ”.,, n’ statt m,, gesetzt wird. Der Einfachheit wegen nehmen wir ferner an, dass das Diopter ı2 durch Ebenen begrenzt sei, ist diess nicht der Fall, so ist in den folgenden Gleichungen A, durch A,+nb, und B, durch B,—n!b, zu ersetzen, wie aus den Gleichungen ı5. unmittelbar folgt. In dem vorliegenden Falle wird n An = Ber = 0 = 38 n An: — IB — (& = 7 E z AT Bildet man nun mittelst 14. entweder die Constanten des Diopters 02 oder diejenigen des Diopters ı3 und stellt dann die Bedingung dafür auf, dass die Ebenen (0) und (3) eonjugirt sind, indem man entweder A, + B, oder A,-+ B, verschwinden lässt, so erhält man die Grund- formel der Gauss’schen Dioptrik [© / n n 2 Aus + DE Bar + EI == (iR . 206 2e 2 Turesen: Beiträge zur Dioptrik. 807 Ferner ergibt sich für die Vergrösserung und den Modul des Diopters 03 unter Fortlassung der Indices B.+ ne (C, Wen 9e\ 22 Y— —— = — = ne n ne 0, Ar, rer 2e 23 An Bas Sr Ca e VE —r (0 Der Modul wird also von der Grösse e oder e' ganz unabhängig, ebenso auch bei ebenen Endflächen des Diopters ı2 von den Brechungs- coeffiecienten der anstossenden Medien. Den Gleichungen 2ı. und 22. kann man leicht die bekannten einfachen Formen geben. Setzt man n n B N h u‘ nm 12 f 2u S 2u 0, n n’ A Y2 2 h *% / nn I2 2 f 2 Me 2a p=e+h g=e+h—f p > en g' as Pi = Ba so wird 25. J ar FL =ıI p nn’ 26. '— % —.= qg=f Mn np 27. y„--. np 28. WE ie 1. uRlgrear, ZUM en Betrachtet man zwei benachbarte Strahlen, welehe von demselben Punkte der Ebene (0) ausgehen und sich daher wieder in einem Punkte der Ebene (3) treffen, so erhält man durch Differentiation von 10. di, IN, A OH e' und nach Multiplication mit — bei Benutzung von 22. e 5 NER EI RR. s TER n Diese Gleichung führt leicht auf den Satz, dass die Divergenz eines 808 Gesammtsitzung vom 10. Juli. Strahlenbündels multiplieirt mit dem Brechungscoefficienten und der Bildgrösse constant bleibt. Damit sind alle Fundamentalgleichungen der Gauss’schen Dioptrik abgeleitet. Zweite Näherung. Wir berücksichtigen jetzt auch die zweiten Potenzen der Grössen ?* und x und berechnen mittelst der Grundgleichung 2. die Charakte- ristik eines aus zwei Dioptern ı2 und 23 zusammengesetzten Diopters 13. Die Gleichungen 2. nehmen jetzt die Gestalt an 30. oT = 2,14 2,11, wozu eine entsprechende Gleichung für y statt x kommt und wo: U 2 Ge nee % G„p r 24% t aller 31. I=(,+2! (Haft Jupt 2 SH Re) IN — IC, ann ZN Man kann durch die vorstehenden Gleiehungen %, %, und x%,, durch die Grössen pi}, f}, %,, ausdrücken und erhält, wenn man jetzt die Werthe dieser Grössen in 7,+ T,, einführt, 7,, als Function von A f%; %;. Doch erspart man die angedeutete Rechnung durch die Überlegung, dass in T,, die Coeffieienten der Quadrate und Potenzen der Abhängigen, soweit sie nieht in die Grössen DD: Bis, Zu, USS.W2 multiplieirt sind, nur von dem Ausdrucke v,,P a 0. Kon 231 herrühren können, dass aber auch dieser Ausdruck solche Glie Be nicht liefert, weil die unmittelbar aus 30. folgende Beziehung or N gilt. Es ist daher gestattet, die Grössen p,%,;%, dureh die Glei- chungen ı2. in T,+ T,, zu ersetzen, und man erhält sofort: D, — Da 222 120 (Go. 2%) Mesa Re) Sr - 4BJ, + 29° (G,,+ 2F,,) — 4®H,,+ B*(E. + D,,) 3, + 9° Re: 24ß I. +@ß (E. + D,,) „= #G,+G,— 2@ßH,„— 2a J,+ a’P°(E,+ D,) H.= ßH,— aß(G.+2F,) + H,,+ 30’BJ.— oB(E,.+ D,) I, = a), — aß(@,+ 2F,)+ BJ. + 300°’ H,—aß(E,+ D,). Dabei ist zur Abkürzung gesetzt 195) vw C er 33. Br u Yı3 Yı3 In dem besonderen Falle, dass das zweite Diopter 23 unendlich dünn ist, erhält man Tuesen: Beiträge zur Dioptrik. 809 D,=D, BB + eb, tn e) a a 34 = 6a+ = (b, — b,) H,„—H, 4 NIE le. b,) Ist im Ausnahmefall v,, = 0, so gestatten die Gleichungen 30. und 31. nicht mehr, die Coordinaten der Fläche (2) als Funetionen der Coordinaten der Flächen (1) und (3) zu bestimmen, dagegen kann man z. B. die Coordinaten der Fläche (3) durch die Coordinaten der beiden andern Flächen bestimmen. Man findet leicht 35- %, — 4, IY vor Hp = Ip Fr: INK) Zr L, Ip ai (95 Ar ae 2 eine Gleichung, die auch gilt, wenn man .w durch y ersetzt, und in der: 23 36. 6=2(6,+Y6,):C, 92H, + YA): C, Sr PERS NER EN In zweiter Näherung findet demnach eine scharfe geometrisch ähnliche gegenseitige Abbildung der Flächen (1) und (3) nur dann noch statt, wenn die fünf Grössen &,4%,6,9, sämmtlich ver- schwinden. Wir werden diese Grössen die Abbildungsfehler nennen und mit ihren betreffenden Buchstaben bezeichnen. Ersetzt man die Fläche (3) durch eine sie berührende aber anders gekrümmte Fläche, so ändern sich, wie die Gleichungen 34. zeigen, nur die Grössen E,,,@,,,J,,, und daher nur die &- und 9-Fehler. Denkt man sich die Fläche (1) anders gekrümmt, so ändern sich nur D., @,;, H,: also wieder nur die &- und 9-Fehler. Der 9-Fehler nimmt insofern eine ganz besondere Stellung ein, als sein Vorhanden- sein nicht einen Mangel an Schärfe in der Abbildung, sondern nur einen Mangel an Proportionalität der Dimensionen der auf die «y- Ebene projieirten Bild- und Öbjeet-Ebenen, einen Mangel an Örthoskopie kennzeichnet. Der &-Fehler ist der eigentliche Krümmungsfehler, der zum Verschwinden gebracht werden kann, wenn man der Bild- oder Öbjeet-Fläche eine andere Krümmung gibt. Die drei übrigen von der Krümmung unabhängigen Fehler sind dadurch gekennzeichnet, dass sie bewirken, dass ein Punkt der Object- > . ” 810 Gesammtsitzung vom 10. Juli. ebene in der Bildebene zu einer Fläche ausgebreitet wird, deren Dimensionen mit den Dimensionen des ÖObjeetivs wachsen. Der E-Fehler, unter dem Namen der sphaerischen Abweichung bekannt und bisher am meisten untersucht, verursacht eine Ausbreitung, welche an jeder Stelle der Bildebene die gleiche ist und mit der dritten Potenz der Objeetivöffnung wächst, die - und }}-Fehler verschwinden in der Mitte der Bildebene und sind den zweiten bez. ersten Potenzen der Objeetivöffnung und den ersten bez. zweiten Potenzen der Abstände des abgebildeten Punktes von der Axe proportional. Diese Fehler sind wenig merklich bei astronomischen Fernröhren, deren zu Messungen benutztes Gesichtsfeld sehr klein bleibt, gewinnen aber an Bedeutung bei Instrumenten wie das Heliometer und namentlich die neueren photographischen Fernröhre, für die ein grosses Gesichtsfeld ge- fordert wird. Wir behandeln jetzt in zweiter Näherung den praktisch wichtigen Fall, dass ein gegebenes Diopter ı2 von beiden Seiten von isotropen Medien begrenzt wird, in welchen die zu einander conjugirten Ebenen (0) und (3) liegen. Um möglichst einfache Ausdrücke zu gewinnen, nehmen wir an, dass das Diopter 12 nicht auf seine wahren Endtlächen, sondern auf die durch seine Brennpunkte gelegten Ebenen bezogen sei; es ist dann A,—= o,B,= 0, C,=—u zu setzen und der Abstand zwischen den Ebenen (0) und (1) ist durch g, der Abstand zwischen den Ebenen (2) und (3) durch g zu bezeichnen. Zwischen den q und Y herrschen die Beziehungen 26. und 28. Berücksichtigt man nun, dass die Constanten zweiter Ordnung des Diopters 23 sich sämmtlich [2 5 n : 2 er auf TE redueiren, und das =, y= ı wird, so erhält man sg? zunächst mittels 32. für die Constanten des zusammengesetzten Diopters 13 die Werthe n De > 20R Sue 4yE 12 SIE 2y(G, Ir 2F,.) Fi AyIıa air SE Fa 893 F, = Fa —-2yJat+ YVEn G. = @,—- 2yIa+YE; H,= H.—-Y(@.+ 2F.)+3YJ2— VE — U Nldrer Setzt man jetzt die Diopter 01, deren Constanten zweiter Ordnung n — ” . en ” sämmtlich den Werth — 38 haben, und ı3 zu einem Diopter 03 mit { 7 eonjugirten Endflächen zusammen und berechnet mittels 36. die Fehler dieses Diopters bezogen auf die Zwischenebene (1), so erhält man Br] Tuıesen: Beiträge zur Dioptrik. sıl \ 2 u Sr De rt 2). HYE.| — - P— 2 I 2 \F, 2yJ,+ vB, 23 de s Y u| Vagle % u! en ug =) 2 a En BE. y A [2 | 12 y I \ n J = - NER 7 Y(@.. Sc Rn.) -- syI. i YE,' we a y? \ a er Die Gleichungen 37. zeigen, in welcher Weise die Abbildungs- fehler eines Linsensystems, welches hier dureh das Diopter 12 reprae- sentirt wird, von den Constanten des Systems und von der Vergrösse- rung y abhängen, bei welcher das System benutzt wird. Kennt man die fünf Fehlergrössen für eine bestimmte Vergrösserung, ausserdem den durch die Brennweiten gegebenen Modul und noch eine Constante des Systems, so ist dasselbe in Bezug auf seine Abbildungsfehler mit der hier festgehaltenen Näherung vollständig bestimmt; es ist hiermit der Weg gezeigt, wie ein Objeetiv mit Hülfe von endlich entfernten Objecten auf seine Brauchbarkeit für die Abbildung unendlich ent- fernter Objecte geprüft werden kann. Wie die Gleichungen ferner zeigen, verschwindet jeder der fünf Fehler für gewisse Werthe der Vergrösserung y und zwar der S-Fehler nur einmal, der %- und &-Fehler zweimal, falls nicht etwa die be- treffende Gleichung imaginäre Wurzeln hat, der “\-Fehler dreimal, der €-Fehler viermal unter derselben Voraussetzung. Man schliesst hieraus leicht, dass es unmöglich sei, ein körperliches Gebilde, welches sich in einem optisch-homogenen Medium befindet, in einem Ähnlichen Medium scharf abzubilden. Die Frage, ob es möglich sei, zwei Ebenen fehlerfrei auf einander abzubilden, ist von Hrn. Asse verneint worden. Derselbe gibt an, dass mit einer scharfen Abbildung stets eine ganz bestimmte Verzerrung des Bildes, also ein bestimmter S-Fehler verbunden sei. Indessen dürfte die von Hrn. Age nur angedeutete Herleitung dieser Behauptung auf einer Verwechselung zweier verschiedener Winkel mit einander beruhen, von Winkeln, deren Scheitel in der Bild- und in der Objeet- ebene liegen und deren Sinus nach einem von Hın. Assr zuerst ver- öffentlichten Satze bei scharfer Abbildung einander proportional sein müssen, mit Winkeln deren Öffnung in den betreffenden Ebenen liegt und deren Tangenten bei geometrisch ähnlicher Abbildung einander proportional werden. In Wirklichkeit liegt kein Hinderniss vor, ein 812 Gesammtsitzung vom 10. Juli. Diopter zu berechnen, für welches bei einer bestimmten Vergrösserung die fünf Fehler simmtlich verschwinden, und diess gilt unzweifelhaft auch für die Fehlergrössen, welche bei weiter getriebener Annäherung auftreten, nur wird das betreffende Diopter dann mehr und mehr complieirt. In dieser Beziehung sei noch folgendes bemerkt. Wie aus den Gleichungen 34. und 36. unmittelbar folgt, kann der E-Fehler unab- hängig von allen übrigen geändertund zum Verschwinden gebracht werden, wenn bei einer der Linsenflächen, d. h. der Zwischenflächen, welche Medien verschiedener Brechbarkeit von einander trennen, das c oder die Abweichung von der Kugelgestalt geändert wird. Ferner kann man die &- und -Fehler unabhängig von den %- und S-Fehlern durch Änderung der Linsenkrümmungen oder Einschaltung unendlich dünner Diopter ändern, falls bei diesen Änderungen die Abbildung der Objeet- und Bildflächen auf einander und die Vergrösserung in erster Näherung gewahrt bleibt. Das einfachste Diopter, für welches die 4}- und H-Fehler bei einer bestimmten Vergrösserung verschwinden, ist die concav-convexe dicke Linse mit gleich gekrümmten Endflächen, geht man von einem solchen Diopter aus, so kann man durch die an- gedeuteten successiven Änderungen zunächst die &- und -Fehler und dann noch den E-Fehler beseitigen und so zu einer fehlerfreien Abbildung gelangen. Bei optischen Messinstrumenten ist es besonders wichtig, die Lage der Helligkeitsschwerpunkte der Lichtflecke zu kennen, welche in der Bildebene einzelnen Punkten der Objectebene entsprechen. Gehen wir auf Gleichung 35. zurück und nehmen an, dass sich in der Zwischenebene (2) ein Diaphragma befindet, welches die von dem Objeetpunkte ausgehenden Strahlenbündel begrenzt, so kann man die Coordinaten des Helligkeitsschwerpunktes durch Integration über die freie Öffnung des Diaphragmas erhalten; Unterschiede in der Helligkeit der einzelnen Theile des Diaphragmas kommen erst bei der folgenden Näherung in Betracht. Wir berücksichtigen ferner, dass die Ein- stellung im allgemeinen nicht in der hier als Bildebene definirten, sondern in einer Fläche (4) erfolgt, und nehmen an, dass die Flächen (2) (3) (4) Ebenen sind, die in demselben Medium in den Abständen e und e von einander liegen. Dann wird e-+e € 2, — 2%, — —%, eilan e und die Gleichung 35. geht über in e \ ze lüld ! An ne 2. ‘y—-S9p \p’ an en e = Z, Gi + Ei + 23m. — — S e-+e Tuıesen: Beiträge zur Dioptrik. s13 Wir nehmen jetzt an, das Diaphragma habe die Form eines Halbkreises, setzen x, = ?£, cos d,, Y, = p, Sind,, nehmen das Mittel für alle $, zwischen o und r= und das Mittel für alle ©; zwischen o und 5 und erhalten als Coordinaten der Lichtschwerpunkte ar e a Allen EiRr | L, = e Se & X, | )) SP \P2 I 3% RyA Pa \ on m 3 \ N ER CIW-2 4 S | SL N an. N Van 3% Yı \ ET SEA Re 3 zu: Für den andern Halbkreis kehrt sich das Zeichen der in 2, multi- plieirten Glieder um, für den Vollkreis verschwinden diese Grössen. Es wird damit die Wichtigkeit auf’s neue klargelegt, bei optischen Messwerkzeugen eine unbedecekte Öffnung zu haben. Die hier angeführten Beispiele dürften genügen, auch die prak- tische Bedeutung der Theorie klar zu legen. Sitzungsberichte 1890. 69 Rn: "Ur Ai "A AR u Di Te Tu rn Burnuben si BE Hr En ir NE | i BEE Bauer BEN Hr Ye an j, La N Bi: IM, BT \% DV. Mi I { de = en et? j in nA ab ya Bi 2 pr BE We nr 5 \ rn Pr. Air ln 2 k , ne [R ar Er AR oa B% WER Pr u u A . B Fe IN dh DE u a a " Be Be u Pe N ..y IN et neun MT abe Bat RENNER AN TaIeR Be TI LT 1 NE a son j Be a tn rer Dun SU EI E2 Dr / B 2, u j Ds MAC R ji u z A an Y * » vo a u no Era Be Pen 2 i u =), B A VE a Bu » E2 i 3 & > u en Der ö ar a ® - u °_ DR zur ie 7 i War Da nn an € - rn N se N he Re ” Be er e Wi 1 ea us | ii 2 j i \ y P R 4 ® 0 a , bn u Be . h % rk , ’ - 5 h We 2 SG DD y 815 Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrechte. Von HeınrıcHn BRUNNER. (Vorgetragen am 13. März [s. oben S. 255].) I. IR den auffallendsten Eigenthümlichkeiten des germanischen Strafrechts gehört die Behandlung der absichtslosen Missethat. Missethat wurde begangen durch rechtswidrige Zufügung eines Übels.‘ Auch wer das Übel ohne Absicht und ohne Fahrlässigkeit verursacht hatte, haftete für seine That als Missethat. Die That tödtet den Mann, sagt ein deutsches, le fait juge l’'homıne, ein französisches Rechtssprich wort. Wie jedes Strafrecht ist auch das germanische Strafrecht generell darauf angelegt im Verbrechen den verbrecherischen Willen zu strafen und ferne steht ihm der Grundsatz strafen zu wollen, wo es keinen Willen, keine Schuld sieht. Allein das jugendliche Recht begehrt den sichtbaren sinnlichen Ausdruck des verbrecherischen Willens und sieht ihn in dem schädlichen Erfolge der That. Es verhängt dalıer keine Strafe, wo ein Übel nieht verursacht wurde. Der Versuch bleibt stratlos, denn »man kann falschen Muth nicht sehen. wenn die That nicht dabei ist«.” Andererseits wird gemäss dem formellen Zuschnitte der ganzen Rechtsordnung’ aus dem schädlichen Erfolg mit einer Logik, welche blind ist gegen die Lage des einzelnen Falles. auf das Dasein (des verbrecherischen Willens geschlossen. In ähnlicher Weise galt dem germanischen Rechtsgang das Wort als der Ausdruck des Willens, ohne dass auf den Mangel des Willens Rücksicht genommen wurde, wenn Wort und Wille sich nicht deckten. Wie der Rechtsgang im Worte, sieht das Strafrecht im Werke das ! Über den germanischen Begriff der Missethat vergleiche die gedrängte und inhaltvolle Darstellung bei vovn Anıra. Abschnitt Recht in Paur’s Grundriss der ger- manischen Philologie II, 2. S. 171 (1890). ® Grar und Dırr#err, Deutsche Rechtssprichwörter S. 292. ® Näher ausgeführt in meiner Deutschen Rechtsgeschichte I ıııf. 69* s16 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. Wollen. Gleich dem Rechtsgang bekundet auch das Strafrecht einen starren Formalismus in der typischen Behandlung des Willens. Dieser Formalismus des Strafrechts zeigt sich in der nordischen Göttersage, welche auch die Götter für ungewollte Thaten büssen lässt. Allbekannt ist der Mythus, nach welchem Baldur durch den Mistelzweig getödtet wurde, den der blmde Hödur auf Lokis Rath gegen ihn abschoss. Dem Thäter fehlte nicht nur die böse Absicht, man wird nicht einmal von einer Fahrlässigkeit sprechen können, da den Asen, die Baldur's Unverwundbarkeit prüften, bekannt war, dass Frigg ihm von allen Wesen Sicherheit ausgewirkt habe und die Nichtverpflichtung der Mistel ihnen ein Geheimniss geblieben war. Nichtsdestoweniger gilt Hödur’s That für eine solehe, welche die Rache herausfordert. Noch will ieh wissen, fragt Odin die Seherin nach einem der ältesten Eddalieder': Wer wird an Hödur Rache gewinnen und Baldur’s Mörder (bana) auf den Scheiterhaufen bringen? Der Rächer war Wali, Baldur's nachgeborener Bruder, der die Hand nicht wusch und das Haar nicht kämmte, ehe er die Rache vollzogen und Baldur's Mörder (handbana) erschlagen hatte”. Höchst bezeichnend ist es, dass die Snorra Edda sich veranlasst sieht. zu erklären, gewissermaassen zu entschuldigen, weshalb die versammelten Asen an Hödur nicht sofortige Rache nahmen. Als Baldur gefallen war, heisst es in Gylfaginning 50, standen die Asen alle wie sprachlos und gedachten nicht einmal ihn aufzuheben. Einer sah den anderen an; ihr aller Gedanke war wider den gerichtet, der diese That vollbracht hatte. Aber sie durften sie nicht rächen. Es war an einer heiligen Friedensstätte®. Ein verwandter Fall, in welehem unverschuldete Tödtung ge- sühnt werden muss, findet sich in dem zweiten Liede von Sigurd, dem Fafnirstödter. Von Odin und Hönir begleitet, hatte Loki durch einen Steinwurf eine Otter getödtet, welcher die Asen den Balg abzogen. Sie ahnten nicht, dass es der Sohn Hreidmar's war, der die Gestalt einer Otter angenommen hatte. Dennoch müssen sie dem Hreidmar die absichtslose Tödtung seines Sohnes büssen, indem sie das Otterfell innen mit Gold ausfüllen und von aussen damit bedecken." Einen hochtragischen Contliet gewinnt aus der Strafbarkeit der ungewollten Tödtung das angelsächsische Heldengedicht Beowulf.’ ! Vegtamskvida 10, Sophus Bugge, Norroen Fornkviedi, Christiania 1867, S. 137. ® Hyndluljöd 29, Bugge a. O. S. 159. ® Edda Snorra Sturlusonar ed. Jönsson 1875, S. 59. Vergl. Gylfaginning 34, wo dieselbe Reflexion es erklären will, weshalb die Asen den Wolf nicht tödteten. * Sigurdarkvida Fäfnisbana 2, Busse a. O. S. 2ı2. Vergl. Grimm, Rechts- alterthümer S. 670. 5 En. Heyne, v. 2436.ff. Brunner: Über absiehtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 817 Von den drei Söhnen des Geatenkönigs Hredel hatte der zweite, H:edeyn, das Unglück, seinen älteren Bruder durch einen Pfeilschuss zu tödten, der das Ziel verfehlte. Das bereitet dem Vater schweren Harm. Denn der 'Tod des Edeling fordert Sühne. Aber zu grauen- voll dünkt es dem König, dass sein zweiter Sohn auf dem Galgen reite und den Raben zum Raub werde. In dieser Seelenqual wird Hredel trübsinnig und wählt den Tod. Nach der Auffassung des Gedichtes hatte Hxdeyn den Tod verdient. Er hatte mit Frevel gesündigt. Seine That galt für unsühnbar. Dass die Götter- und Heldensage eine uralte Rechtsüberzeugung des Volkes wiederspiegelt, bestätigen vereinzelte Aussprüche der Rechtsquellen, sei es nun, dass sie das alte strenge Recht mit Be- wusstsein festhalten, sei es, «dass sie uns einen Einblick gewähren in den unablässigen Kampf, welchen strenges Recht und Billigkeit in der Behandlung der ungewollten Missethat zu kämpfen hatten. Dabei sind es weniger die Volksrechte der fränkischen Zeit, als viel- mehr jüngere Quellen, in welchen die ursprüngliche Rechtsauffassung am klarsten hervortritt, eine Erscheinung, die sich daraus erklärt, dass man bei der Aufzeichnung der Volksrechte nur solche Fälle hervorzuheben bestrebt war, in welchen das alte Recht eine Milde- rung erfuhr, oder dass die Rechtsüberzeugung des Volkes durch die vorgeschrittene Theorie des Gesetzgebers überholt, aber nicht auf die Dauer überwunden worden war. Von den deutschen Volksrechten enthält die Lex Baiuwariorum eine Bestimmung, aus der sich ergiebt, dass im bairischen Rechte der Fall der Abirrung gleich der gewollten That behandelt wurde. Wer den Leichnam eines Menschen verletzt, den ein anderer getödtet hat, sei es nun, dass er ihm das Haupt oder den Fuss oder das Ohr abhaut oder dass er ihm die geringste Blutwunde beibringt, verbricht eine Busse von zwölf Schillingen.' Die Lex setzt nun den Fall, dass die Leiche eines Ermordeten von Geiern oder anderen Aasvögeln entdeckt wird und diese sich darauf niederlassen, um sie zu verzehren. Jemand sieht dies und schiesst einen Pfeil ab, um einen der Vögel zu erlegen, trifft aber die Leiche, so dass sie ver- wundet wird. Dann hat der Schütze die Zwölfschillingsbusse ver- wirkt”, ein Rechtssatz, der voraussetzen lässt, dass auch die Ver- wundung, die der abirrende Pfeil einem Lebenden beibringt, gleich der gewollten Verwundung geahndet wurde. Ein Gesetz Roger’s von Sieilien, das der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts angehört, bestimmte vermuthlich unter dem Einfluss ! Lex Baiuw. 19, 6. 2 Lex Baiuw. 19, 5. 818 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. normannischer Rechtsanschauung: qui de alto se ipsum preeipitat et hominem oeeiderit et ramum incautus prohiciens non proclamaverit seu lapidem ad aliud iecit hominemque oceidit, eapitali sententia feriatur." Die Stelle ist um so beweiskräftiger, als sie ihren Wort- laut zum Theil den Digesten entlehnt.” Während aber die Vorlage, eine Stelle des Paulus, die zwei erstgenannten Fälle erwähnt, um auszuführen, dass nur der dolus und nicht auch lata eulpa der An- wendung der Lex Cornelia Raum gebe,’ schreibt die normannische Constitution die bei Paulus ausgeschlossene Todesstrafe vor und dehnt sie auf den Fall der Abirrung aus. Einen merkwürdigen Rückschlag hatte das westgothische Recht durchzumachen. Die Lex Wisigothiorum unterscheidet bereits zwischen Fällen gewollter und ungewollter Tödtung, stellt aber für diese ge- künstelte Normen auf.” Wohl weil sie nicht genügten, bestimmte Wamba in einer Satzung, die freilich der Lex nicht einverleibt worden ist: ut quieumque deinceps oceiderit hominem, si volens aut nolens homieidium perpetraverit... in potestate parentum vel propin- quorum defuneti tradatur.” Vereinzelte Rechtsquellen halten das strenge Recht theoretisch aufrecht, stumpfen es aber dadurch ab, dass sie seine Anwendung an kaum erfüllbare Bedingungen knüpfen. Eine berühmte Stelle des Pactus Alamannorum giebt für den Fall, dass jemand durch den Hund eines anderen todt gebissen wurde, dem Bluträcher den un- bedingten Anspruch nicht auf das ganze, sondern nur auf das halbe Wergeld. Verlangt er aber das ganze, so soll er es haben, jedoch nur wenn er duldet, dass ihm der Hund über der Schwelle der Eingangs- thüre aufgehängt werde und dort so lange hängen bleibt, bis er ab- gefault ist.” Wer von einem Baume fällt und herabstürzend einen Menschen tödtet, soll nach den sogen. Leges Henriei primi für un- schuldig gelten. Falls dennoch jemand darauf bestünde die That zu rächen oder das Wergeld einzuklagen, so soll ihm die Rache gestattet sein, aber nur so, dass er selbst auf den Baum steigt, um den anderen todt zu fallen.” Dieselbe Lösung, die sich übrigens auch in ! Merker, Commentatio, qua iuris Sieuli sive assisiarum regum regni Sieiliae fragmenta proponuntur 1856, S. 31, fragm. 42. 2 L.7 Dig. 48,8 (ad legem Corneliam de siearüs). ® Neque in hac lege culpa lata pro dolo aceipitur. quare si quis alto se pre- eipitaverit et super alium venerit eumque oceiderit aut putator, ex arbore cum ramum deiceret, non praeclamaverit et praetereuntem oceiderit, ad huius legis coercitionem non pertinet. #* WiırpA, Strafrecht S. 427 f. Daun, Studien S. 143 f. 5 WALTER, Corp. iur. germ. 1 668. 6 Pactus Alam. Il, ı6. ” Leges Henrici primi 90, 7. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 819 einem altindischen Märchen! findet, hat das Brieler Rechtsbuch, wo auf ein derartiges Lübecker Urtheil hingewiesen wird.” Die peinlich genaue Anwendung der Talion soll das strenge Recht ad absurdum führen, welches einst der Sippe des Getödteten die Befugniss gab Blutrache zu üben oder das Wergeld zu beanspruchen. Im Gebiete des fränkischen Rechts und seiner Tochterrechte diente das königliche Recht der Billigkeitsjustiz als Auskunftsmittel, um das strenge Recht auszuschliessen, soweit es bei absichtslosen Missethaten noch festgehalten wurde. Nach holländischem Rechte verwirkt noch im fünfzehnten Jahr- hundert Leib und Gut an den‘ Landesherrn, wer unwissend durch Ungefähr einen Menschen todtschiesst.” Doch vermag der Landes- herr in solchem Falle die Strafe zu erlassen. Ein Beispiel gewährt eine Urkunde des Herzogs Philipp,von Burgund vom 6. November 1425. Nach derselben hatte der Bürger, van Delft, Aelwyn »by ongevalle ende onwetende sonder haet ende nyt« einen Mann todtgeschossen. Die Sache gelangte an den Landesherrn, welcher erklärt: So hebben wy.. Aelwyn voirnoemt quytgescouden ende vergeven, quytscelden ende vergeven mit disen brieve van alsulker brueke ende misdaet, als hy dair an tegen ons ende onser Heerlicheit misdaen ende verbuert mach hebben ende geven him weder syn Iyf ende goeden, die dair aen tegen ons verbuert mogen wezen.' Daran schliesst sich der Befehl, den besagten Aelwyn in Frieden zu lassen und all sein Gut und ihn wegen des absichtslosen Todtschlages nicht zu belangen. Im Jahre 1438 verlieh Philipp von Burgund den Mitgliedern einer Schützen- gilde, der Sint Joris Gilde zu Leyden by speciaale gracien das Privileg, dass der Gildegenosse, der by ongeval of quader aventuren jemand todtschiesst, deshalb gegen den Landesherrn weder Leib noch Gut verwirke’ unbeschadet der Sühne, die er den Magen des Getödteten schuldet.“ Der französische Jurist Braumanoır widmet der absichtslosen Missethat eine längere Ausführung, welche in klassischer Weise den Übergang von der alten gebundenen zu einer neuen freieren Rechts- aulfassung darstellt. Er giebt dem 69. Capitel seiner Coutumes du Beauvoisis die Überschrift: Cas d’aventures, qui avienent par mes- ! Konter, Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz S. 93. ?2 Marrursssen, Het Rechtsboek van den Briel ed. Fruin en Pols, S. 212. ® Rechtsgeleerde Observatien dienende tot opheldering van .. . passagien uyt de Inleidinghe tot de Hollandsche Rechtsgel. van Huco pe Groor, 3. Deel (1778) S. 250 f. * Mieris, Groot Charterb. 4. 800. °.. om dat wy onnosele (schuldlose) saecken altyts mit ontfermherticheyt aen- sien willen .. ° Mieris, Handv. Privil. u. s. w. der Stad Leyden S. 289. 320 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. queance, es quix cas pites et miseriecorde doivent mix avoir lu que rude justice. Es sei in solchen Fällen Aufgabe der Gerichtsherrn, nicht immer vorzugehen selone rigueur de droit.' Auch bei Behandlung einzelner Fälle hebt Braumanoır gelegentlich hervor, dass Milde an- gebracht sei. Wenn jemand seinen Wagen wendet und dabei einen Menschen tödtet oder verwundet, c’est cas de mesqueance et bien appartient e’on ait miseriecorde du caretier, s’il n’apert quil versast A essient se earette por li blecier par hayne.” Wenn jemand zwei Strei- tende trennen will und dureh Missgeschick denjenigen von ihnen tödtet oder verwundet, der sein Freund ist, misericorde apartient en cel cas.” BovuTEILLEr macht in seiner Somme rurale, wo er die Tödtung von Ungefähr bespricht, die wiehtige Bemerkung: les coustumiers dient, que erime n’a point d’adventure, qu'il ne chee en peine de mort ou remission de Prince." An einer anderen Stelle heisst es, dass, wenn ein schädliches Thier einen Menschen tödtet, nachdem der Eigenthümer von der Obrigkeit aufgefordert worden, es wegen seiner schädlichen Eigenschaft in Gewahrsam zu halten, dieser zum Tode und zur Friedlosigkeit (A mort et en exil) verurtheilt werde. Mais tant de remede y a, que de sa vie est en la volonte du seigneur, qui est roy ou prince souverain du royaume.° Auch das englische Recht hält das Eingreifen der königlichen Gewalt für nöthig, um bei absichtslosen Missethaten Billigkeit walten zu lassen. Die sogen. Leges Henrici primi stellen den allgemeinen Grundsatz auf, dass büssen müsse, wer nicht schwören kann, quod per eum non fuerit aliquis vitae remotior, morti propinquior." Während aber der Verfasser einerseits ausführt, es sei Rechtens, dass qui in- seienter peecat, seienter emendet et qui brecht ungewealdes, bete gewealdes, fügt er nach Aufzählung einzelner Beispiele hinzu: in hiis et similibus, ubi homo aliud intendit et aliud evenit, ubi opus accusatur, non voluntas, venialem potius emendationem et honorificen- tiam iudiees statuant sieut aceiderit.” Bracron zählt unter die Fälle der dem König vorbehaltenen Jurisdietion u. a. das Verbrechen des Todtschlags, das erimen homieidii, sive sit casuale vel voluntarium, ! Cout. du Beauvoisis 69, 18. ZEN 095 1. : A.O. 69,8. * Somme rurale II, 40, d’oceire autre par cas d’adventure (ed. ı611, p. 870). ° Somme rurale I, 38 (p. 267). de la beste tuer homme. ® Leges Henr. primi 90, ı1. Der Passus ist formelhaft. Bei Bracrox fol. ı4ı® und in der Fleta 50® schwört der Beklagte: non oceidi vel plagam ei feei tali (ullo) genere armorum, per quod remotior esse debuit a vita et morti propinquior. Vergl. Bracron’s Note Book ed. Maitland, Ill 400, Nr. 1460: quod .. nee per ipsum fuit morti appro- piatus, nec a vita elongatus. ’ Leges Henr. primi 90, ı 1. Brunser: Über absiehtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 821 licet eandem poenam non econtineant, quia in uno casu rigor, in alio misericordia.'" Dass die Anwendung der misericordia ein dem Könige vorbehaltenes Recht war, zeigt das Statut von Gloucester von 1278 (6 Edw. D, welches in e. 9 bestimmte, dass, wenn jemand einen Menschen tödtete soi defendant” ou par misadventure, derselbe in Haft gehalten werden, das Gericht aber an den König berichten solle. Et le roy lui en fera sa grace s’il luy pleist.” Nachmals ge- hörten solehe Fälle zur Zuständigkeit der Court of Chancery, des .. . “17]: . SER. je 4 Organs der königlichen Billigkeitsjustiz. Der Standpunkt, welchen die fränkischen Toehterrecehte ein- nehmen, findet sieh für bestimmte Fälle schon in karolingischen Capitularien angedeutet. So bestimmt ein Capitular Karl's des Grossen, dass die Haftung des Herrn für die Missethaten des Knechtes nicht über das Wergeld des freien Mannes hinausgehen solle” Soweit diese Grenze nach Lage des Falles überschritten werden müsste, zieht ihn der König an sich, selbstverständlich um Billigkeit walten zu lassen. Ein Capitular von 819 enthält folgende Instruetion an die Missi über Eintreibung der dem König gewetteten Schuld, worunter Friedensgeld und Bannbusse zu verstehen sind: Ut de debito, quod ad opus nostrum fuerit rewadiatum, talis econsideratio fiat, ut si qui ignoranter pececavit, non totum seeundum legem conponere cogatur, sed iuxta quod possibile visum fuerit.” Die Zahlung der Brüche ist dem strengen Rechte gemäss rechtsförmlich versprochen worden. Allein die Missi sollen bei Eintreibung der Brüche, wenn- sie un- wissentlich verwirkt worden war, Billigkeit walten lassen. ! Bracron fol. 104®. Dagesen eilt Bracrox seiner Zeit voraus, wenn er fol. 136° mit Berufung auf Dig. 48,8, 1.14 (in malefieiis autem spectatur voluntas non exitus) den Satz verficht, dass bei willenloser Tödtung freizusprechen sei. An einer anderen Stelle (fol. 120 f.) unterscheidet Bracrox., ob eine erlaubte oder eine unerlaubte Handlung Anlass des Ungefährs war und ob im ersteren Falle die erforderliche Sorg- falt angewendet worden sei. ?2 Das englische Recht behandelt das »homieidium se defendendo« (wie das frän- kische) nach Analogie der Tödtung von Ungefähr. In dem Reecltsfall Bracron’s Note Book .ed. Maitland III 229, Nr. 1216 v.J. 1236/7 urtheilt die Jury, dass der Beklagte non oceidit in felonia set in se defendendo ... Dominus rex de gracia sua et non per iudieinm perdonavit ei mortem illam et similiter fugam quam fecerat pro morte illa. Vgl. Ssp. Ldr. II, 14. Uber den Begriff der Tödtung se defendendo Wırva, Strafrecht S. 563, BracksroneE, (Comm. 4, 186. ’ Vergl. Frerwa 1, 23,$. 15: sed si talis .. convincatur per patriam (durch den Wahrspruch der Jury), quod id feeit per infortunium vel se defendendo, tune re- mittatur gaolae et cum regi super faeti veritate certioretur, gratiose dispen- sabit eum tali, salvo iure cuiuslibet (vergl. oben S. 5 zu Anm. 6). * Siehe Core, Institutes II 316 und vergl. Bracksrose, Comm. 4, 182; 188. ° Cap. 803 —8ı3,_ c. ı, Borrrıus, Capit. 1143. Die Haftungsgrenze findet ihre Erklärung in Deeretio Childeberti v. .J. 596, e. 10. ° Cap. missorum 819, e. 15, Borerıus, Capit. I 290. 822 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. Ein noch alterthümlicherer Rechtszustand ist darauf angewiesen, mit dem Billigkeitsgefühl des Verletzten zu rechnen. Nach schwedischen Rechten wird unabsichtliche Tödtung und Verwundung als Ungefähr- werk (vabav:erk) nicht behandelt, wenn nicht beide Theile, der Thäter und der Verletzte, es wollen." Es hing somit von dem Willen des Verletzten beziehungsweise seiner Sippe ab, ob sie die That als absichtslose wollten gelten lassen, wenn der 'Thäter seinerseits gewisse Bedingungen erfüllte, die noch unten zur Sprache kommen sollen. Ein auffallendes Beispiel der Zähigkeit, mit welcher die Volks- sitte die Verantwortlichkeit für schuldlos veranlasstes Unglück bei kaum wahrnehmbarer Causalität geltend machte, liefert ein nord- friesisches Urtheil vom Jahre 1439.” Ouen Alwerk braute Bier. Während er gerade abwesend ist, stehen Sweines Pons’ Kinder bei der Braupfanne. Da gleitet die Pfanne vom Stapel und eines der Kinder wird so arg verbrannt, dass es am dritten Tage stirbt. Des Kindes nächste Magen wollen darum den Ouen Alwerk todtschlagen. Der Herr des Hauses, zu welchem er auf Besuch gekommen war, wehrt ihnen die Rache, tödtet aber dabei seinen eigenen Schwester- sohn Der Handel kommt vor sechs Schiedsrichter, die zu Recht finden, dass Ouen Alwerk den todten Mann und das todte Kind bezahlen und eine Pilgerfahrt nach Rom unternehmen müsse. Das Urtheil machte also Ouen Alwerk für beide Todesfälle verantwortlich, für den des Kindes, weil seine Braupfanne, für den des Mannes, weil in letzter Linie er den Tod desselben veranlasst hatte. Aller- dings wurde das Urtheil von Ouen Alwerk gescholten und im Wege des Rechtszuges dahin abgeändert, dass jener des Kindes schlechthin, des todten Mannes aber dann quitt sein solle, wenn er schwöre, dass er den Hausherrn nicht kämpfen hiess. Nichtsdestoweniger findet die Auffassung jener harten nordfriesischen Bauernköpfe, die das Schiedsurtheil fanden, hinsichtlich des Kindes Stützpunkte in älteren Rechtsquellen, wenn wir voraussetzen, dass Alwerk, weil er das Un- glück sich auch nicht als Ungefährwerk zurechnete und daher jede Haftung ablehnte, gewisse Massregeln unterlassen musste, welche der vollen Zurechnung des Unfalles vorgebeugt hätten. I: Trotz der Ahndung absichtsloser Schädigung war der begriftliche Gegensatz gewollter und ungewollter That den Germanen nicht fremd, ! Von Anuıra, Altschwedisches Obligationenrecht, S. 382. ® Vox Rıc#rsoren, Friesische Rechtsquellen, S. 570. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 823 Die Unterscheidung war sprachlich vorhanden.' ' So hatte das Alt- deutsche um die rechtswidrige Absicht zu bezeichnen u. a. das Sub- stantivum fära, färida, unser Gefährde, das Verbum fären, intendere, insidiari (vergl. unser willfahren), die Adjeetiva färi. gifäri, färig.” Die lateinisch geschriebenen Rechtsquellen der fränkischen Periode sagen: per malum ingenium, ingenium, voluntate, per invidiam, inimieitiam, praesumptionem, de asto. Den Gegensatz bildet die an gevsre, än gevierde, die ohngefähr begangene That. Sie schliesst nach unserer heutigen Auffassung sowohl die casuelle als die fahr- lässige Handlung in sich, wobei denn freilich zu erwägen ist, dass das germanische Strafrecht entsprechend der pantheistischen Welt- anschauung des germanischen Heidenthums den Zufall nieht kennt und einen gegen den casus abgegrenzten Begriff der Fahrlässigkeit ebensowenig ausgebildet hatte als das griechische und altrömische® Recht. Lateinisch wird der Begriff des Ohngefährs gegeben durch non volens, nolens, extra voluntatem, casu, casu faciente, negligentia, wobei casus die negligentia, negligentia nicht selten den casus deckt. Die Angelsachsen unterschieden gewealdes und ungewealdes', willes und unwilles. Die altfranzösische Rechtssprache nennt das durch Ungefähr veranlasste Übel mesaventure, misaventure und seine Ursache mes- cheance® oder meschief, Ausdrücke, die mit den Normannen auch in England heimisch wurden. Die Niederländer sprechen von onge- vall, quade aventure, aventure.° Bei den Nordgermanen hiess die Ursache der absichtslosen Übelthat vabi. wörtlich ein Ding, das Schrecken bringt‘ und wird demgemäss zwischen viliaverk oder valds- verk einerseits, vabaverk andererseits unterschieden. Gleich der sprachlichen geht auch die rechtliche Unterscheidung in hohes Alterthum zurück. Doch fehlt dem älteren Rechte der durchgreifende Rechtssatz, dass absichtslose That anders zu behandeln sei als absichtliche. Es wird nicht in jedem Einzelfalle untersucht, ob die That mit oder ohne fära begangen worden sei. Sondern es gelten für Ungefährwerke bestimmte Typen von Thatbeständen, welche ! Siehe die Zusammenstellung der maassgebenden Ausdrücke bei von Amıra in Paur’s Grundriss II, 2, S. ı71. ® Grarr Ill 575. Daneben ahd. und ags. inwit,. ags. fäcen, langob. de asto (in der allgemeinen Bedeutung von dolus). ® A. Pernıce, Labeo II 243. Brunnenwmeister, Das Tödtungsverbrechen im altrömischen Rechte 1837, S. 133. * Siehe oben Seite 6 zu Anm. 7. ° BEAumanoır ch. 69, ı ff. Von mescheoir, minus cadere. übel fallen. ® SrarLaerr, Glossarium van verouderde rechtstermen 1887, S. 105. ” Nach von Anıra, Altschwedisches Obligationenrecht S. 376. Branpr, Fore- lesninger over den Norske Retshistorie II 38. Wırva, Strafrecht S. 544. 524 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. derart gelagert sind, dass die Volksanschauung ohne Untersuchung des Einzelfalles das Vorhandensein böser Absicht ausschliesst.' Da- neben kommt in Betracht, dass bei gewissen Verbrechen, z. B. allgemein bei der Brandstiftung die böse Absicht als begriftliches Merkmal in den Thatbestand aufgenommen war.” So reicht einerseits die Behandlung der Tödtungen, die durch Thierfallen, Brunnen, Gruben veranlasst wurden oder bei dem Fällen eines Baumes ge- schahen, andererseits die Behandlung der Feuerverwahrlosung” sicher- lich in sofern in die altgermanische Zeit zurück, als sie nieht für Friedensbrüche galten. Die Absichtslosigkeit muss, wo nicht aus- nahmsweise die böse Absicht zum Thatbestande gehört, zu sinn- fälligem, allgemein begreiflichem Ausdruck gelangen. Darum hält man es für typisches Ungefähr, wenn die aufgehängte Waffe herab- fällt und einen Menschen tödtet oder wenn das durch ein Geschoss geschieht, das von, einem Steine abprallt. Dagegen sträubt man sieh die Tödtung durch ein unmittelbar aus der Hand des Schützen abirrendes Geschoss als Ungefähr zu behandeln, weil in diesem Falle der Gegensatz von Wille und That in dem Thatbestande nicht zur Genüge verkörpert ist. i Der typische Zuschnitt der Ungefährwerke kann zur Folge haben, dass im einzelnen Falle als absichtslos auch eine That be- handelt werden muss, welche die Form des Ungefährs an sieh trägt, obwohl sie absichtlich begangen wurde. Beseitigt oder doch wenigstens vermindert wird diese Gefahr durch das Erforderniss gehöriger Verklarung der That. Nach manchen Rechten gehört nämlich zum Thatbestande des Ungefährwerkes oder doch gewisser Ungefährwerke ein bestimmtes Benehmen des Thäters nach der That,’ insbesondere eine Handlung, durch welche er den Unfall als Ungefähr constatirt, eine Verklarung des Unfalls, welche mit der Verklarung des deutschen Seerechts verwandt ist." ! H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I 165, Hortzennorrr's Eneycelopaedie, 5. Aufl. I 2 Das trifft in den deutschen Volksrechten und ebenso in den nordgermanischen Quellen mit verblüffender Regelmässigkeit zu. Rothari 146; 149. Lex Alam. 76. Lex Baiuw. 10, ı. Lex Rib. 17, ı. Lex Fris. 5, ı. Lex Sax. 38. Gulapingslög 98. Skänelagen 14. 5. Sunesen 61; 129. Den dolus schliessen auch die Ausdrücke focum mittere, Feuer setzen. für Brandstiftung, bläsere (angelsächsisch) für Brandstifter in sich. Vergl. noch die schwedischen Stellen bei Wırpa, Strafrecht S. 945. > Dafür fällt u. a. auch die Übereinstimmung zwischen Rothari 148 und Lex Sax. 55 in’s Gewicht. 222, 4 Von Anmıra in Paur’s Grundriss S. 172. 5 Von Anmıra, Altschwed. Obligationenrecht S. 379 fl. Wırpa, Strafrecht S.595- ° Ein Gegenstück zur Behandlung des Ungefährs bildet die des Mordes im salischen Rechte. Wie dort, so wird auch hier ein bestimmtes Benehmen des Thäters Brunser: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 825 Nach nordischen Rechten wird Ungefähr als solches nur dann behandelt, wenn der Thäter, ohne den Rechtsgang abzuwarten, einen Eid anbietet und schwört, ausserdem die Leistung gelobt und sicherstellt, die er in Folge der That schuldet. Der Eid heisst schwedisch vabaeper und lautet dahin, dass dieses kam von vabi und ‘nicht von vili. Er ist ein ausserprocessualischer Eid.' Dass auch nach westgermanischen Rechten der 'Thäter die Sache nicht immer an sich kommen lassen durfte, folgt schon daraus, dass er ein Interesse hatte, die That als Ungefähr zu verklaren, um die Fehde auszuschliessen, die statt des Rechtswegs zu wählen in ge- wissen Fällen, namentlich bei Todtschlag, ein Recht des Verletzten bez. der beleidigten Sippe war. Übrigens finden sich auch in den deutschen Quellen deutliche Spuren eines dem vabaeper verwandten Eides. Man darf ihn, obwohl er «ie Arglist, das Gefährde, negirt, als Gefährdeeid mit demselben Rechte bezeichnen, mit welchem wir das iuramentum calumniae so nennen. Nach der Lex Saxonum kann der Herr, dessen Lite einen Todt- schlag verübte, den Liten preisgeben und selbzwölft schwören: se in hoc eonscium non esse. Die That darf dann nur an dem Liten und sieben seiner Magen gerächt werden.” Der Eid des Herrn ist als ein der Rache und Klage zuvorkommender ausserprocessualischer Eid aufzufassen, weil er den Zweck hat, die Fehde auf den Liten und dessen Magschaft zu beschränken und die Erhebung der Fehde gegen den Herrn eine gerichtliche Klage nicht voraussetzen, sondern ausschliessen würde. Auch in Stellen des langobardischen, des angel- sächsischen, friesischen und alemannischen Quellenkreises finden sich Beispiele von Gefährdeeiden, welche als ursprünglich ausserproces- sualische aufzufassen wenigstens möglich ist.” Das fränkische Recht verlangt in Fällen erlaubter Tödtung einen ausserprocessualischen Gefährdeeid, welchen hier zu besprechen ge- nach der That verlangt. Aber nicht Verklarung, sondern Verdunklung der That. Der Todschlag qualifieirt sich als Mord durch die Absicht der Heimlichkeit. Diese Absicht muss sich nach salischem Rechte darin äussern, dass der Todtschläger den Leichnam des Erschlagenen „zu verbergen sucht. Wie beim Ungefähr, wird beim Morde aus dem Benehmen des Thäters nach der That zurückgeschlossen auf die Beschaffenheit des Willens während der That, aus der Verklarung auf den Mangel des bösen Willens, aus der Verbergung des Leichnams auf die Absicht der heim- lichen Tödtung. ! Von Amıra, a. 0. Für das dänische Recht siehe Erıx’s Saell. Lov (ed. Thorsen) e293, (NE 75). ® Lex Saxonum ce. 18. ® Rothari 264; 342 (qua... mox debuit proprio domino innotescere). Kawr Il, 75. Lex Fris. I, 13 (vergl. Rıcwrnoren, friesische Rechtsquellen 60, 32). Lex Alam. 78, 6. 826 Gesammitsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. stattet sei, weil er den salischen Gefährdeeid bei Ungefähr in helleres Licht setzt. Wer einen handhaften Missethäter erschlug, der sich der Festnahme widersetzte, soll nach Lex Ribuaria 77 beschwören, dass er ihn als friedlosen Mann erschlug. Sin autem ista non adim- pleverit, homieidii eulpabilis iudicetur. In einer Formel von Tours (30) wird ein Rechtsfall berichtet, wie jemand von einem anderen räuberisch angefallen, diesen aus Nothwehr tödtete. Er schwört deshalb zu- nächst, sieut mos est, in die Hände des Richters einen Zwölfereid, dass die Sache sich so verhalten habe: et sie est veritas absque ulla fraude vel eonludio et in sua culpa seeundum legem ipsum ferrobat- tudo feeit. Dieser Zwölfereid war kein processualischer Eid. Denn trotz dieses Eides ergeht hinterher das Urtheil, dass der Mann, der die Nothwehr freiwillig beschworen hatte, binnen 40 Nächten mit 36 Helfern schwören müsse. Et si hoe facere potuerit, de ipsa morte quietus valeat residere.! Nach Lex Salica 36 soll der Eigenthümer eines Hausthieres, welches einen Menschen getödtet hat, die Hälfte des Wergeldes zahlen und für die andere Hälfte das Thier ausliefern, falls der Kläger die Tödtung per testes beweist.” Das Erforderniss des Beweises setzt voraus, dass Klage erhoben wurde und der Beklagte die "That ge- leugnet oder doch jedenfalls nicht eingeräumt hatte. Eine Anzahl von Texten der Lex Salica macht aber die Pflicht zur Zahlung des Wergeldes noch von einer anderen Bedingung abhängig. Sie fügen nämlich hinzu: dum et ille dominus, ceui pecus fuisset, antea legem non adimplevit.” Eine Gruppe von Handschriften sagt dann am Schluss der Stelle: Si enim dominus intellexerit,' per lege se defendere potest, ut nihil pro ipso pecore solvat.” Die Emendata verlangt vom Kläger den Beweis: quod dominus pecudis antea legem non adimpleret. Unter dem legem adimplere, welches antea, d. h. vor Erhebung des Rechtsstreites geschehen muss, ist m. E. die Leistung des Gefährde- ! Der Tenor dieses zweiten Eides ist in Form. Turon. 31 angegeben. Er ent- sprieht dem ersten. Doch fehlt das »absque fraude vel conludio«. ?2 Et hoc (per) testibus fuerit adprobatus, Hesser's (od. ı u. 2; et hoc per (cum) testibus potuerit adprobare, Cod. 2—6. 10; et hoc parentes illius testibus potuerint ad probare, Cod. 7—9. ® So in Cod. 5 und 6; dum ille dominus pecoris antea legem non adimpleverit, Cod. 7. 8,9; dum illius dominus euius pecus erat ante legem non adimplevit, Cod. 10 (Hero). * Wenn er von dem Unfall Kenntniss erhalten hat. ° Cod. 7.8.9. Die Heroldina hat: si vero pecoris dominus vitium in eo non intellexerit, secundum legem exinde se potest defendere et de ipso pecore nihil solvat (d.h. wenn der Herr nicht wusste, dass das T'hier ein schädliches Thier sei, dessen Fehler nicht kannte). Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 827 eides und die sofortige Auslieferung des Thieres zu verstehen.‘ Das geht aus der Vergleichung mit Lex Salica 35,5 und Edietum Chilperiei ec. 5 hervor. Hat ein Knecht oder Lite einen Menschen getödtet, so wird er für die Hälfte des Wergelds den Verwandten des Getödteten ausgeliefert. Die andere Hälfte hat der. Herr zu zahlen. Jüngere Texte haben den Zusatz: et si intellexerit, de lege potest se obmallare ut hoe non solvat,” aut si intellexerit, de lege se obmallare potit, ut ipsa leode non solvat.” Der Zusatz beruht auf ce. 5 des Edietum Chilperiei:' si servus hominem ingenuum oceiderit, tune dominus servi cum VI iuramento (affirmet) quod pura sit eonscientia sua, nee suum consilium factum sit nee voluntatem eius et servum ipsum dit ad vindietam. Offenbar ist es ein derartiger Gefährdeeid und die Preisgebung des Thieres, was die jüngeren Texte der Lex Salica in Titel 36 meinen. Beide Handlungen müssen erfolgt sein, ehe es der Eigenthümer zur Klage kommen liess, wie besonders aus der Fassung der Emendata deutlich hervorgeht. Eine niederländische Rechtsquelle, das Brieler Rechtsbuch’, er- wähnt einen Gefährdeeid für den Fall, dass der Diener, den Jemand gedungen, durch Ungefähr den Tod findet. Besorgt deshalb der Herr eine Ansprache von Seite der Obrigkeit oder ongonste ende bedenckenisse von Seite der Verwandten“, so bittet er den Richter einen Tag zu setzen, damit er sich entrede von seines Boten Tod. ! Nach schwedischen Rechten darf es der Thiereigner nicht auf den Process ankommen lassen, wenn er nicht strafrechtlich verfolgbar werden will, d. h. er muss aus freien Stücken anbieten. was er zu leisten hat, die framszeld, nämlich die Aus- lieferung des Thieres und die orunbot. Vox Amıra, Altschwed. Obligationenrecht S. 397- 2 Cod. 5 und 6. ® Cod. 7, 8,9. (fr. Cod. 10 und Emendata. " Das bemerkten schon Jasrrow, Zur strafrechtlichen Stellung der Sklaven bei Deutschen und Angelsachsen 1878, S.ı7z und Leseur, Les consequences du delit de l’esclave, Revue historique de droit francais et etranger 1888, S. 702. ° MarrHnsssen ed. Fruın en Pols S. 210 f. ° Mit Recht sagt schon Wırpa, Strafrecht, S. 554: Es müssen diejenigen, welche im Geschäft oder Dienst eines anderen umgekommen oder beschädigt wurden, von diesem vergolten werden. Unbegründet ist der Widerspruch, welchen Herrz, Die Rechtsverhältnisse des freien Gesindes in GiERKE'S Untersuchungen 6, 59 dagegen erhebt. Den in Rothari 152 vermissten Beweis liefern ı. a. Paenitentiale Valicellanum l.c.ı5 bei Wasserschleben, Bussordnungen S. 549 (ll. e. 8 bei Scuurrz, Bussbücher 1883), wo die Arten absichtslosen Todtschlags angeführt werden: quartum (genus nolentis homieidii), eum quis in suo aedifieio aliquem operandi causa solummodo invitaverit et ille forte hoc tune morte perielitaverit, invitator eius III annos peniteat eo «quod pro suo eum eonduxerit opere; quintum, eum quis in quocumque suo officio ve] ministerio sive per arborem, sive per ignem, sive per aquam, sive per qualecunque opus suum aliquis quovis periclitaverit casu, \ annos peniteat eo quod casu hoe aceidit, ferner Leges Henrici primi 90 e. 11: si quis alii missione in missatico eausa mortis sit ... 828 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. Nachdem er herausgegeben, was er von des Todten Habe in seinem Hause hatte, und den rückständigen Liedlohn bezahlt hat, sagt ihm ein Urtheil der Schöffen, er solle schwören, dass B. sein Knecht by versuuimenisse sijns tselfs ende by quader aventuren ende sonder toedoen van hem van live ter doot comen is. Der Herr schwört diesen Eid und bittet dann um ein Urtheil: so hy hem aldair mit recht ende vonnes . . hem selven ghevrijt 'heeft von B’ doot, dat - hy dairof vry ende onbelast wesen sal jeghen der heerlicheit, jeghen B’ vrienden ende maghen ende jeghen yghelie anders. Ueber das Urtheil: vry ende quyte van B’ doot, lässt er sich schliesslich einen Stadtbrief geben. Einen ähnlichen Gefährdeeid zeigen niederländische Verklarungs- urkunden aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts.‘ Kam auf einem Schiffe ein Schiffsmann durch Ungefähr um das Leben, so hatte der seipheer unter Eideshülfe seiner Leute mit aufgereekten Fingern einen gestabten Eid zu schwören, dass der Verunglückte aflivich geworden is by eraneker aventuer ende by sijn ‚selfs versume- nisse sonder yements toedoen® Auch die Verklarung von Seeunfällen, welche Schiff und Ladung betreffen, war nach deutschen Seerechten ursprünglich nicht ein Zeugenbeweis zum ewigen Gedächtniss, sondern ein Eid mit Helfern, ein ausserprocessualischer Gefährdeeid, durch welchen der Schiffer und seine Leute die Schuld an dem Unfälle von sich ablehnten.” Im allgemeinen ist bei den deutschen Stämmen der ausser- processualische Gefährdeeid schon früh in einen processualischen ver- wandelt worden,’ indem man bei Ungefährwerken, die als solche beschworen werden mussten, dem Verantwortlichen auch nach er- hobener Klage gestattete die Absichtslosigkeit geltend zu machen und eidlich zu erhärten. I. Die Behandlung des Ungefährs, welches als solches anerkannt war, gestaltete sich verschieden in den verschiedenen Rechten und zu verschiedenen Zeiten. (Gemeinsam ist, dass die "That nicht als ! Fruim, De oudste Rechten der Stad Dordrecht 1882, II 52, Nr.70 v..J. 1427. Vergl. Nr. 99, S. 75 v. J. 1436, wo ein Zeugenbeweis geführt wird. ® Laut der Verklarung von 1427 hinterlegte der Schiffer vor Gericht des Verun- glückten Lohn, eine gute Krone. Der Bruder desselben nimmt sie in Empfang ende vor- droege ende quijtscoude H. ende Y. daerof alle moynisse. Fruın 1152, vergl.1235, Nr.79. ® Meno Pönrs, Handelsrecht III, 2, S. 68Sf. R. Wacner, Handbuch des See- rechts I 399. * Vergl. von Amıra in Pauls Grundriss a. O. S. 172. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 829 Friedensbruch angesehen wird und dass daher die Rache und Fehde, ' sowie die Zahlung von Friedensgeld ausgeschlossen bleibt. Dagegen legt das ältere Recht wenigstens in den meisten Fällen dem Verant- wortlichen die Pflicht auf, volles Wergeld bezw. volle Busse zu zahlen. Strafrechtliche Ahndung ist damit nicht völlig ausgeschlossen. Denn die Compositio geht auch nach Abzug des Fredus durchaus nicht gänzlich in dem Gedanken des Schadenersatzes auf. Soweit sie nicht einen rein pönalen Charakter hat,” schliesst sie regelmässig Ersatz und Strafe in sich.” Doch zeigt sich schon früh die Tendenz, die Ungefährbussen möglichst auf den Schadenersatz einzuschränken, die Strafe, soweit eine solche in der Compositio steckt, auszuschliessen. Das geschieht aber nicht etwa in der Weise, dass ein der Lage des Falles entsprechender Ersatzanspruch gegeben wird, sondern so, dass nur eine Quote, z. B. die Hälfte oder ein Drittel des Wergeldes oder der Busse verlangt wird. So hat nach salischem Rechte der Herr, wie bereits oben bemerkt wurde, bei Auslieferung des schuldigen Knechtes oder des schädlichen Thieres, die einen Freien tödteten, nur die Hälfte des Wergeldes zu zahlen. Es scheint dies gerade jene Quote des Wergeldes zu sein, die man bei den Franken als Ersatz zu betrachten geneigt war. Ein jüngeres Stadium der Entwickelung bezeichnet es, wenn das Recht nieht mehr eine Quote der Compositio, sondern schlechtweg den Schadenersatz verlangt. Manchmal wird die Haftung noch weiter abgeschwächt, insbesondere auf eine blosse Sachhaftung eingeschränkt, zumal wenn der Verantwortliche gewisse, die Verantwortlichkeit abwälzende Bedingungen erfüllt, von welchen noch unten die Rede sein wird. Dagegen ist der Grundsatz des entwickelten römischen Rechtes, dass Haftung nur im Falle der culpa begründet sei, dem deutschen Rechte in der Zeit seiner ungestörten nationalen Entwickelung fremd geblieben, eine Erscheinung, die nicht etwa nur aus dem jugendlichen Charakter des deutschen Rechtes zu erklären ist, sondern mit seiner socialen Structur zusammenhängt, wie denn z. B. die Zahlung des Wergeldes in gewissen Fällen unver- schuldeter Tödtung wirthschaftliche Functionen versah, für welche ! Mit den bekannten Stellen der deutschen Volksrechte, Lex Burg. 18,1. Roth. 75; 138; 387, Liu. 136, Lex Sax. 57, 59 vergl. man Braumanoır, Cout. du Beauvoisis ch. 69,3 über den Fall der Abirrung: on ne lor en doit riens demander, ne metre en guerre celi qui trait le seete. ® So die salischen Diebstahlsbussen, welche neben dem Ersatz (capitale und dilatura) zu leisten sind, so die salischen Bussen für Lebensgefährdung (seolandefa), bei welcher ein damnum nicht vorliegt. ® So die Busse für Tödtung eines Knechtes, die sich bei den Franken nach Abzug des fredus als Verdoppelung. des Sachwerthes darstellt. Siehe H. Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte I 232. Sitzungsberichte 1890. 70 830 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. unsere neueste Reichsgesetzgebung die Rechtssätze über Haftpflicht und Unfallversicherung geschaffen hat.' Der Fortschritt in der Behandlung des Ungefährs zeigt sich im allgemeinen darin, dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit mehr und mehr der rein eivilrecehtlichen weicht und die Zahl der Typen des Ungefährs vermehrt wird, indem sie zugleich eine abstractere Ausprägung erfahren. Der Einfluss, den die Kirche auf diese Entwickelung nahm, darf nieht überschätzt werden. Einerseits finden sich Rechtssätze, in welchen, weil ein kirchliches Interesse in Frage steht, die absichts- lose 'That schonungslos gleich der absichtlichen geahndet wird, wie z. B. der durch Ungefähr veranlasste Brand einer Kirche.” Anderer- seits stehen die kirchlichen Bussbücher z. Th. unter dem Einfluss des germanischen Rechtes. Dass unfreiwillige Tödtung kirchlich ge- büsst werden musste, war allerdings altes kirchliches Recht. Schon das Coneil von Aneyra verlangt dafür mehrjährige Busse. Allein rein germanisch ist es, dass die Fälle casueller Tödtung in einzelnen Buss- büchern typisch behandelt werden. So zählt ein fränkisch -lango- bardisches Paenitentiale® sieben »genera nolentia homieidiorum« auf, darunter den Fall, dass der für einen Bau gedungene Arbeiter durch denselben verunglückt, dass jemand im Dienste eines anderen, durch einen Baum oder durch Feuer oder Wasser sive per quale- cumque opus suum von Ungefähr das Leben verliert, dass jemand auf ein Thier schiesst und einen Menschen trifft, dass der Arzt den Kranken zu Tode kurirt, dass die nutrix ein Kind erdrückt. IV. Als eine besondere Gruppe heben sich unter den Ungefährwerken diejenigen heraus, in welchen der zunächst Verantwortliche die Ver- antwortung theilweise oder gänzlich auf ein caput nocens, auf den unmittelbaren auetor eriminis abwälzen konnte, für welchen er nach strengem Rechte als Eigenthümer haftete. Solche Haftung bestand ! Arsum. Rothari 144; 152. Siehe oben S. ı3 Anm. 6. ® Lex Salica, Hrrorp 71 (Hessers, Sp. 358): si quis voluntario ordine aut fortasse per negligentiam basilicam incenderit ... . 8000 den. qui fac. sol CC. (eulp. ind.), eine Bestimmung, die um so härter ist, als sonst gerade bei der Brandstiftung böse Absicht verlangt wurde. Vergl. noch Cap. legg. add. 8ı8/9, e. ı, 1281. ® Valicellanum I, e. ı5 bei Wasserschleben S. 549 (II, e. 8 bei Scanrrz). Es beruht auf Columbanischer Grundlage, ist m. E. langobardischer Herkunft und geht vermuthlich auf den Einfluss Bobbios zurück. Der Versuch von Scanrrz, eine Anzahl von Bussbüchern, darunter die beiden Valicellana auf römischen Ursprung zurückzu- führen, darf, wie das ganze Buch, nicht ernst genommen werden. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 85 für Unthaten des Knechtes und für Unfälle, welche durch Hausthiere, ja sogar für solche, welche durch leblose Gegenstände verursacht wurden. In all den Fällen dieser Haftung lässt sich ein auffallender Parallelismus der Entwickelung wahrnehmen. Es gab eine Zeit, da der Herr für Unthaten des Knechtes die volle Verantwortung trug. Er war der Fehde ausgesetzt oder hatte die Missethat als Processpartei zu vertreten und zu sühnen. Diese unbeschränkte Haftung des Herrn wurde nur für den Fall der Mit- wissenschaft aufrecht erhalten, im Übrigen aber die Vergeltung theil- weise oder gänzlich auf das Haupt des Unfreien gelegt. Wie für die processualische Behandlung der Sklavendeliete sich im fränkischen Rechte zunächst ein besonderes Beweisverfahren gegen den Sklaven, dann ein selbständiger Sklavenprocess ausbildet, so entsteht ein be- sonderes Sklavenstrafrecht, welches den Herrn seiner Haftung mehr und mehr entlastet.! Der Ausgangspunkt dieser Entwickelung liegt in der Auslieferung und in der Preisgebung des Unfreien. So lange die Fehde erlaubt war, stand es bei Tödtungen in der Wahl der Sippe, gegen den Herrn die Fehde oder den Anspruch auf Sühne geltend zu machen. Seit die Fehde auf den Fall der Mitwissenschaft beschränkt ist, hatte der Herr, um den Todtschlag zu sühnen, den ohne sein Wissen der Knecht begangen hatte, an die Magschaft des Getödteten das Wer- geld zu zahlen und den schuldigen Knecht auszuliefern, an welchem sie Vergeltung übte. Die That des Knechtes wird nicht mehr als absichtliehe That des Herrn, sondern, wenn er den Schuldigen aus- liefert, nur noch wie ein Ungefährwerk des Herrn behandelt. Das ist im Wesentlichen der Standpunkt des altlangobardischen Rechtes, nach welchem der Herr die volle compositio zahlt, in welche der Werth des »ad oceidendum« ausgelieferten Selaven einzurechnen ist.” In anderen Rechten wird die Haftung des Herrn auf eine Quote des Wergeldes beschränkt. So auf die Hälfte im salischen Rechte, nach welehem die Zahlung der anderen Hälfte durch die Auslieferung” des Unfreien ersetzt wird. Mit dem halben Wergeld begnügt sieh auch das alamannische Recht.‘ Zwei Drittel verlangen das mittel- und das westfriesische Recht.” Bei den Franken wurde es dem Herrn gestattet, ! GEorG Meyer, Z. f. R.G. germ. Abth. II 94 ff. Leseur a. O. S. 576 ff. ®2 Rothari 142 bei Giftmord. Dass es nicht darauf beschränkt war, zeigt Luit- prand 21. Cf. Grimuald 3. GEoRrG Meyer, a. O. S. 91, Anm. 2. ® Lex Salica 35,5. Die Auslieferung erwähnen u. a. auch Lex Alam. 30 (bei Dieb- stahl in curte ducis), die Lex Baiuw. 8, 2; 8,9 (bei Ehebruch und Unzucht), Hloth. und Eadrie 1—4, Ine c. 74. * Pactus Alam. III, 17. ° Lex Frisionum 1, 13. 70* I} 832 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. sich durch Erfüllung gewisser Bedingungen von jeder persönlichen Haftung zu befreien, so nach Chilperichs Ediet (e. 5), indem er den Gefährdeeild schwört und den Knecht ad vindietam ausliefert oder, falls dieser entflohen war, sein Recht daran aufgiebt. Verschiedene Rechtsquellen verlangen nicht geradezu die Aus- lieferung, sondern begnügen sich mit einem einseitigen Entäusserungs- acte, durch welchen der Herr den missethätigen Eigenmann auf- giebt. So soll nachı Lex Saxonum c. ı8 der Herr, dessen Lite einen Todtschlag beging, diesen entlassen (dimittatur a domino) und damit der Rache der beleidigten Sippe preisgeben, wodurch sich der Herr, wenn er den Gefährdeeid schwört, von jeder persönlichen Haftung befreit. Nach Ine ec. 74 darf der Herr den wälischen Knecht, der einen Engländer erschlug, freigeben (gefreögan). Hat der Wäle eine freie Magschaft, so mag diese das Wergeld für ihn bezahlen. Wenn nicht, so mögen seine Feinde sich seiner bemächtigen.' Ein einsei- tiges dimittere kannte auch das fränkische Rechtsleben. Hat ein Schuldknecht eine Missethat begangen, so kann sich der Herr der persönlichen Haftung entledigen, indem er den Schuldknecht vor Gericht aufgiebt (demittit), wodurch er freilich auch seine Forderung verliert.” Auch bei eigentlichen Knechten suchten sich im fränkischen Reiche die Herren durch einseitigen Abandon zu helfen. Allein dies wurde durch karolingische Capitularien im Interesse des Landfriedens und der Strafjustiz verboten und der Grundsatz aufgestellt: nemini liceat servum suum propter damnum ab illo euilibet inlatum dimittere.” Nach jüngeren Quellen des deutschen Rechtes, welche die Misse- that des Knechtes ausschliesslich ihm selbst zureehnen, haftet der Herr nur, wenn er ihn, nachdem er die Unthat erfahren hatte, ! hedan his pa gefan. Scnumip übersetzt: sich hüten. Hedan heisst aber einer- seits jemanden hüten, observare, andererseits auch sich bemächtigen. Exodus 583. Metr. 27, 15. Grein, Sprachschatz s. h. v. ® Cap. legg. add. 803, c. 8, Borrrius, Capit. I 114. ® Cap. legi Rib. add. v. J. 803, c. 5, Borerius, Capit. Iıı7. Cap. 803 — 813, e. 1, 1145. Ob unter dem dimittere ein formloses Aufgeben oder eine förmliche Frei- lassung zu verstehen sei, ist streitig, Für das erstere v. Rıcmrnoren in Mon. Germ. LL. V 57. Anm. 43, dagegen neuerdings Leseur, Revue historique de droit francais 1888, S. 583, Anm. ı, S.704 ff. aber nicht überzeugend. Trotz des Verbotes der di- missio finden wir die rechtsförmliche Freilassung im südlichen Gallien, wahrscheinlich als Nachwirkung des bekannten römischen Grundsatzes: noxa caput sequitur (Lex Rom. Wisig. Paulus II, 32. $ ı2). Laut einer Urkunde von 8ı9, VAıssere, Hist. de Langue- doc II Nr. 49 wurde ein Knecht freigelassen, welchem wegen Todschlags amtliche Verfolgung drohte. Die Freilassung vermittelt ein Abt, den der Herr gebeten hatte, ut si de Benedieto servo suo aliquid contingeret de parte imperatoris aut Berengarii comitis, qui eum requirebat propter homieidium, unde eum interpellabat ... inge- num eum faceret. Die Urkunde steht auch bei Tuevenin. Textes relatives aux insti- tutions privees etc. p. So. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 833 in seiner Were behält, wenn er ihm Nahrung giebt oder wenn er ihn durch längere Zeit (z. B. über Nacht) behält oder wenn er ihm mehr als einmal zu essen giebt. Dieser Grundsatz galt auch für den Haus- herrn schlechtweg in Ansehung der Hausangehörigen, insbesondere der Hauskinder.' Er beruht auf dem Gedanken, dass wer den Ver- brecher, den Friedlosen beherbergt oder unterstützt, sich straf’barer Begünstigung schuldig macht.” Das Schicksal des ausgelieferten oder preisgegebenen Knechtes lag ursprünglich in der Hand des Verletzten bez. seiner Sippe.” Doch forderte bei Tödtungen und bei schwereren Missethaten die Volks- anschauung schon aus religiösen Gründen den Tod des Schuldigen, der einstens wohl regelmässig Opfertod war, wie denn überhaupt das sacrale Moment der sogenannten Todesstrafe auch in Fällen der Rache, namentlich bei Auslieferung des Verbrechers an den Verletzten eine bedeutsame Rolle spielte‘ Nach Rothari 370 soll der Knecht des Königs, der einen Mord begangen hatte, über dem Grabe des Ermordeten aufgehängt, nach Lex Salica 70 der Knecht, der sich mit einer Freien verbunden hatte, gerädert werden. In beiden Fällen handelt es sich um Racheacte der beleidigten Sippe.’ ! Siehe Srossee, Deutsches Privatrecht III 389. Rıve, Vormundschaft II, 2, S. 56f. Hertz, Rechtsverhältnisse des freien Gesindes in Gierke’s Untersuchungen 6, 43 ff. Sıeser und Tomascner, die Salzburgischen Taid'nge 1870, S. 433 in den unter Antwortpflicht angeführten Stellen. 2 So schon Rıvr a. O. S. 56. Über das altnorwegische Recht siehe insbesondere von Amıra, Vollstreckungsverfahren S. Sıf. ® Unbegründet sind m. E. die Zweifel, welche vox Anıra, Vollstreckungsverfaliren S. 84 gegen die Rache an dem unebenbürtigen Knechte, an dem unvernünftigen Thiere erhebt. Siehe oben S. 831 f. und unten S. 835 Anm. 4. * Das Verbrennen wegen Zauberei in Lex Sal. 19, ı Cod. 2 ist eine Handlung der beleidigten Sippe. Denn in erster Linie steht auf Giftmord Zahlung des Wergelds, eventuell Feuertod, nämlich bei Insolvenz, also in dem Falle, in welchem der Schul- dige nach salischem Rechte dem Verletzten übergeben wird. Als Racheaet ist es auch zu erklären, wenn Fredegunde (Gregor. Tur. Hist. Franc. 6, 35) geständige Hexen, weil sie den Tod des Königssohnes verschuldet hatten, theils verbrennen, tbeils rädern lässt. Nach dem Briefe des heiligen Bonifacius an Aethilbald von Mercien (Jarrr, Bibliotheca III 172) a. 744—747 wurde bei den Altsachsen die Entehrte gezwungen sich das Leben zu nehmen. Über ihrem Grabe wurde dann der Entehrer aufgehängt. Die ihn aufhängen, sind dieselben, welche die Entehrte zum Selbstmorde zwingen. Nur Genossen der verletzten Sippe können damit gemeint sein. ° Gregor von Tours erzählt Hist. Franc. 7, 47, dass ein Sklave, der seinen Herrn verwundet hatte, von dessen Verwandten mit abgehauenen Händen und Füssen an den Galgen gehängt wurde. Nach Ösreöraracen Db. 13, $ 2 darf der Unfreie, den der Herr nicht auslöst, von den Verwandten des Erschlagenen mit dem Eichenstrang um den Hals am Thürpfosten seines Herrn aufgehängt werden. Vox Amıra, Altschwed. Obligationenrecht I 708. Die Bemerkung Brunsenmeister’s, Tödtungsverbrechen im altröm. Recht S. ı73, dass bei den Germanen die Blutrache mit religiösen Vorstel- lungen nichts zu thun habe, lässt sich nicht aufrecht erhalten. 534 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. Seit die Christianisierung der Germanen die religiösen Motive der Rache abschwächte, begann die Rechtsordnung auf verschiedene Weise die Bestrafung des Schuldigen sicher zu stellen. Sie verhängte über den Knecht in schwereren Fällen die Todesstrafe, in leichteren Verstümmelung oder Prügelstrafe.' Soweit die Lebens- oder Leibes- strafe von dem Verletzten vollstreckt ward, vollstreekte er sie nicht mehr kraft eigenen Rechtes, sondern als Organ der öffentlichen Ge- walt.” Bei gewissen Verbrechen, so bei Raub und Diebstahl macht es schon die merowingische Gesetzgebung im Interesse der Friedens- bewahrung dem Herrn zur unbedingten Pflicht, den Knecht an die öffentliche Gewalt auszuliefern, welehe das Verbrechen von Amts- wegen bestraft. Stellen des langobardischen Ediets lassen es zwar bei der Auslieferung an den Verletzten bewenden, verbieten aber in bestimmten Fällen, dass der Herr den Knecht wieder einlöse,’ oder sprechen, wenn die Abndung unterbleibt, den Schuldigen der öffent- lichen Gewalt zu.’ ve Was die Haftung für Übelthaten von Thieren betrifft, so scheint hinsichtlich bestimmter Hausthiere eine altgermanische Überlieferung bestanden zu haben, wie aus der Übereinstimmung der alliterirenden Formeln. gefolgert wird, in welchen einst bei Friesen und Lango- barden, bei ost- und westnordischen Stämmen von der Haftung für Hengstes Huf, Rindes Horn, für den Hauer des Ebers und für den Biss des Hundes die Rede war. Fehlt es nicht an Spuren unbe- schränkter Haftung des Eigenthümers für Übelthaten von Thieren,® so hat sich doch schon frühzeitig der Grundsatz ausgebildet, dass das Unheil, das jene Hausthiere anrichten, in der Regel nicht als Friedensbruch angesehen werde. Nach Rothari 326 ist die Fehde’ ! GEoRG Meyer, Z. f. R.G. germ. Abth. II 92 f., 94 £. ? Argum. Cap. ital. a. Soı, c. 4, Boreus, Capit. 1205 verglichen mit Ev. Cnırpercı ce. 8, i. f. Borwrivs, Capit. I ıo (eui malıum feeit, tradatur in manu et faciant exinde «uod voluerint). 3 Rothari 142. * In Rothari 221 heisst es von dein Knechte, welcher sich mit einer Freien verbindet, animae suae ineurrat periculum. Was damit gemeint sei, zeigt Liutprand 24, wonach, wenn die Verwandten nicht binnen Jahresfrist Rache nehmen, ipse servus ad puplicum replecetur. 5 Grium, Rechtsalterthümer S. 664. Von Anmıra, Zweck und Mittel S. 56. % Hinsichtlich wilder Thiere siehe Ssp. Ldr. II,62, Sunesen e. 55: pro illata morte ab amimalibus .... . assumens secundum antiquas leges tenetur persolvere, quantum si faecinus in persona propria commisisset. Volles Wergeld verlangt Pactus Alam. Ill. 17, si caballus boves aut poreus hominem oceiderit. ? Vergl. Lex Burg. ı8, Lex Sax. 57. ui Brunner: Über ahsichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. Ss35 ausgeschlossen, quia muta res! fecit, nam non hominis studium. In der Rechtsanschauung, dass Vieh kein Gewette verbricht, stimmen Rechtsquellen örtlich weit getrennter Rechtsgebiete überein.” Dagegen ist der Eigenthümer verpflichtet, Wergeld oder Busse oder eine Quote der Compositio zu zahlen, die sich in den einzelnen Rechten ver- schieden gestaltet. Bei schwereren Übelthaten, so insbesondere im Falle der Tödtung eines freien Menschen ist das schädliche Thier an den Verletzten bez. an dessen Sippe auszuliefern. Wie schon J. Grinn” bemerkte, wurde die Auslieferung wahrscheinlich verlangt, damit die Verwandten des Getödteten das verhasste Thier umbringen könnten.” Der Werth des ausgelieferten Thieres wurde wohl meist in die Zahlung des Wer- geldes oder der Busse eingerechnet. Nach den beiden fränkischen Volksrechten wird bei Tödtungen freier Menschen das Thier eben- so wie der Knecht statt der Hälfte des Wergeldes hingegeben.’ Gemäss den Zusätzen jüngerer Texte der Lex Salica, welche oben S. 826 erörtert worden sind, brauchte der Eigenthümer nichts zu zahlen, wenn er, ehe die Sache streitig wurde, den auetor eriminis auslieferte und den Gefährdeeid leistete. Dieser Eid lautete nach der Heroldina dahin, dass er die schädliche Eigenschaft des Thieres nicht gekannt habe. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die ältesten Texte der Lex Salica im Titel 36 bereits ein ursprünglich strengeres Recht gemildert haben, welches den Gefährdeeid und die freiwillige Auslieferung des Thieres neben dem halben Wergelde verlangte, während im Fall processualischer Überführung die That als eigene ! Sprachlose Wiehte (oquepins vitr), nennt jene vier Thiere eine schwedische Rechtsquelle. Vox Auıra, Altschwed. Obligationenrecht S. 397. Indem BeAumAanoır die Justifieirung der Thiere bekämpft, die einen Menschen getödtet haben, führt er ch. 69,6 aus: car bestes mues n’ont nul entendement, qu’est biens ne qu’est maus. Et por ce est che justice perdue. Car justice doit estre fete por le venjance du meffet et que ceil qui a fet le meffet, sace et entende que por cel meffet il emporte tel paine; mais cix entendemens n'est pas entre les bestes mues. ?2 Lex Rib. 46. Ssp. Ldr. II, 40, $3. Livre des droiz et des commandemens d’of- fice de Justice ch. 119: cellui a qui la beste sera, est tenu de amender les dommages au blecie; et si ne fera amende aA justice, par quoy il ose iurer qu'il ne sceust la teiche de la beste. Keure des Landes Waes von 1241, c. 41, Warnkönig, Flan- drische Rechtsgeschichte II, 2, Urk. Buch Nr. 220, S. 183: ... seeundum quantitatem laesurae ... debet satisfieri laeso vel laesis. Dominus autem equorum vel boum .... remanebit erga comitem absque forefacto. Über die schwedischen Rechte von Anıra, Altschwed. Obligationenrecht S. 396 ff. ? Rechtsalterthümer S. 664. * Vergl. Lex Wisig. 8,4. c. 20: eum (canem) illi tradat ... . ut eum oceidat und Schwabenspiegel, Lassberg c. 204: und dem der schade geschiht, wil der, er mag ez toeten. ° Lex Salica 36. Lex Rib. 46. 836 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. zu büssen war. Darauf lässt der Umstand zurückschliessen, dass Quellen der salischen Tochterrechte strenger sind, als die Lex Salica. Nach den Etablissements de Saint Louis und den damit verwandten Rechtsquellen zahlt der Eigenthümer des tödtenden Thieres le relief d’un homme, nämlich ı00 Sous und ı Denar' und verliert ausserdem das Thier, welches der Obrigkeit verfällt. Dabei muss er schwören, dass er die schädliche Eigenschaft des Thieres nicht gekannt habe. Denn wenn er darum wusste, wird er aufgeknüpft.” Nach BoutEiLLer soll der Herr, wenn er vorher wegen der Schädlichkeit des Thieres vergeblich von der Obrigkeit verwarnt worden war, zu Tod und Friedlosigkeit verurtheilt werden.” Eine Keure für das Dorf Piet in Flandern von 1265 spricht den Eigenthümer von der Haftung gegen die Obrigkeit frei, wenn er dem Verletzten die That bessert. Leugnet er aber und wird er vom Gericht überführt, so soll er nieht nur den Schaden bessern, sondern dem Herrn ı0 Schillinge und ebenso viel dem Verletzten zahlen." Günstiger ist dem Eigenthümer eine Gruppe von Rechtsquellen, welehe nicht die Auslieferung und Darbringung des Thieres verlangt, sondern sich mit einseitiger Preisgebung begnügt, die aber sofort erfolgen muss, nachdem der Eigenthümer von der Übelthat Kennt- niss erlangt hat. Der Sachsenspiegel lässt den Herrn des tödtenden Thiers das Wergeld zahlen, wenn er es in die Gewere nahm, nachdem er das Unheil erfahren hatte. Sleit he’t aver ut unde ne hovet noch ne huset noch ne etet noch ne drenket he’t, so is he unschuldich an'me scaden; so underwinde’s sik jene vor sinen scaden of he wille.’ Nach flandrischen Keuren aus den Jahren 1241 und 1264 ist der Eigenthümer des Pferdes oder Ochsen, die einen Menschen ge- tödtet haben, von Haftung frei, wenn er das (seit zwei Nächten) schädliche Thier aus dem Hause treibt und sich davon lossagt." ! Wohl das alte Romanenwergeld und kaum das halbe Wergeld des freien Franken. entsprechend der medietas compositionis in Lex Salica 36. j ?2 Etablissements de Saint Louis I, ch. ı25. Vergl. Viollet, Etabl. de Saint Louis I 232 ff. ® Somme rurale I, titre 33, de la beste tuer homme. * Warnkönig, Flandrische Rechtsgeschichte II, 2, Urkundenbuch Nr. 234, S. 226. Ssp. Ldr. II, 40. Auf das Erforderniss eines Gefährdeeides lässt die Glosse zu Ssp. II, 62, $ı zurückschliessen. Schwabenspiegel, LAssgEr6, ce. 204: wil er ez lan varn, daz tuot er wol und giltet nüt, so hat ez iener für sinen schaden. ° Keure der vier Ämter von ı24ı bei Warnkönig, Flandrische Staats- und Rechtsgeschichte, II, 2, Urk. Buch. Nr. 222, S. 193, e. 41: similiter si aliquis alienus simili casu laedatur, possessor equorum vel boum non debet subjacere alicui forefacto, nisi ab heri et nudius tertius animal fuerit manifestae noxae. Alioquin debet ex fore- facto eius iuri stare, nisi illud de domo sua expellat et abneget. Das Thier muss Brunner: Über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrecht. 837 Eine altfranzösische Rechtsquelle, der in Poitou entstandene Livre des droiz et des commandemens d’office de Justice hat den Rechtssatz, dass der Eigenthümer des Hundes oder Pferdes sich von der Haftung befreie, en le desadvouant, das heisst indem er sich davon lossagt. Et si apres le desadveu il reprenoit, il y seroit tenu (au dommage).' Nach den norwegischen Frostupinsgslög soll der Herr Ross, Rind, Schwein oder Hund, die einem Menschen Schaden gethan, sich von der Hand sagen (segia afhendis). Thut er es nicht, dann hat er es so gepflegt, wie den Todtschläger eines Menschen, wenn er vorher darum angesprochen wurde.” Die Gulapingslög bestimmen: Wenn Horn oder Huf oder Hund eines Menschen Todtschläger sind, so sage man sich das Thier von der Hand. Wenn man es aber füttert, nachdem das Urtheil erging, so zahle man 4o Mark,’ eine Brüche, die an Stelle älterer Friedlosigkeit getreten ist.‘ Das Preisgeben des Thiers, das abnegare, desavouer, von der Hand sagen, entspricht dem dimittere bei dem Unfreien. Es ge- schieht zu Gunsten des Verletzten, der des Thieres sich unterwinden oder das Thier bei dem Eigenthümer holen kann. Der Beschädigte mag, wenn er will, das Thier tödten.” Der Haftung des Herrn, der das Thier in der Gewere behält, liegt die Fiction zu Grunde, dass das Thier den Frieden gebrochen habe. Das Thier wird per- sonificirt und daraus die Consequenz gezogen, dass der Eigenthümer verantwortlich werde, wenn er es füttert oder tränkt, wie ja jeder strafbar wird, der einen Verbrecher, einen Friedlosen, nährt oder haust und hoft.“ Dass die Terminologie der Friedlosigkeit auch auf Thiere angewendet wird, findet sich in ost- und westgermanischen Quellen. ‘Für öheilagr gilt auf Island der Bär und der Stier, der einen Menschen getödtet hat. Eine jüngere nordische Sage’ will seit zwei Nächten (seit gestern und vorgestern) die Eigenschaften eines schädlichen Thieres gezeigt haben. Ebenso in der Keure für Saffellaere von 1264. Warnkönig a. O. III. Nachtrag zum Urk. Buch, Nr. 166, ec. 6, S. 39. ! Livre des droiz ed. Beautemps-Beaupre, ch. 871. ® Frostupingslög V,. 16, Norges Gamle Love I, 180. Siehe von Auıra, Voll- streckungsverfahren. S. 83 ff. Branpr, Forelzsninger over den Norske Retshistorie II 46. ® Gulapingslög 165. Leugnet der Herr und wird er beweisfällig. so büsst er gleichfalls 40 Mark und zahlt Busse an die Verwandten. Nach Gulapingslög 147 soll der Herr. der sich weigert, das Thier dem Verletzten in die Hand zu liefern, be- handelt werden. als ob er ihn selbst verwundet hätte. * K. Lenmann, Der Königsfriede der Nordgermanen, S. 198. ° Siehe oben S. 835 Anm. 4. ° H. Brunser, Deutsche Rechtsgeschichte I 167 Anm. ” Eine freundliche Mittheilung Konwranp Maurerss. Finnbogasaga ed. Gering 1878, p. 23. Vergl. darüber Moeck in Paul’s Grundriss der germanischen Philo- logie II, ı, S. ı20. { Sitzungsberichte 1890. 71 2 338 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittkeilung vom 13. März. sogar wissen, dass in Helgeland ein Bär wegen Beschädigung von Vieh friedlos gelegt und ein Kopfgeld auf seine Tödtung gesetzt worden sei. Auch nach holländischen Quellen! gelten gewisse schäd- liche Thiere für friedlos. Man mag sie tödten und auf dem Felde aufhängen oder über die Einfriedung werfen, binnen weleher sie Schaden gethan haben. Wenn BoutEiLLer” sagt, dass das Thier, welches einen Menschen tödtete, doit estre condamne en exil, so ist darunter nicht Verbannung, sondern Friedlosigkeit zu verstehen, welche durch Tödtung des Thieres geltend gemacht werden soll.’ Nach jüngeren Rechten tritt an Stelle des Verletzten die Obrig- keit. Das Thier wird nicht mehr dem Verletzten ausgeliefert oder preisgegeben, sondern von der Obrigkeit eingezogen, gefrohnt. So nach altfranzösischen® und nach niederländischen’ Rechtsquellen. Sachez, sagt BoUTEILLER, que la beste selon le plus des coustumiers et coustumes locaux .. demeureroit en la main du Seigneur.” Nach BrAumanoır soll der Gerichtsherr das Thier nicht etwa en maniere de justice um’s Leben bringen, sondern, wenn es gefährlich ist, zum eigenen Nutzen tödten, wenn es ein Pferd, Maulthier oder Esel ist, zum eigenen Nutzen behalten. Auch in Deutschland erlangte der Grundsatz der Frohnung weite Verbreitung. So sagen z. B. die Bordesholmer Amtsgebräuche (a. 46): Wird befunden, dass Viehe, etwa Pferde. einen Menschen tödten, auf solehen Fall ist das Viehe an die Herrn verfallen.‘ Und noch die Carolina ist veranlasst, in Art. 2ı8 die Rechtssitte zu verbieten, dass in etlichen Orten ein Fuhrmann, der mit einem Wagen umwirft und unversehens einen Menschen tödtet, der Obrigkeit mit Wagen, Pferden und Gütern ver- fallen sei. Die ausgedehnteste und consequenteste Anwendung machen von der Frohnung das anglonormannische und das schottische Recht.“ Thiere und leblose Gegenstände, die Anlass eines Todesfalles waren, ! FockEMA ANDREAE, Stadregt van Vollenhove I 316. 2 Somme rurale, I titre 38, de la beste tuer. 3 Das ergiebt schon der Zusammenhang mit dem Anfang des Capitels, wo auf die bekannte Stelle des Exodus verwiesen wird, und mit dem folgenden Capitel, wo es heisst: et doit la beste estre destruitte, si comme dessus est dit. Der Ausdruck exil ist wohl gewählt, um die rechtsförmliche Hinrichtung auszuschliessen. * Coutume de Touraine-Anjou ı14. Etablissem. de S. Louis I, ch. ı25. Livre des droiz et des commandemens ı19. Siehe Viorrer, Etablissements de S. Louis I 232 ff. und IV ı16. Vergl. Li Livres de Jostice et de Plet XVIII, 24, $. ro, XIX, 48.8.9 ft. 5 NooRDEWIER, Regtsoudheden S. So, 300. % Somme rurale, I, titre 37, de brebis, moutons et autres bestes ” Nach dem Eiderstedtischen Landrecht 4,55 ist das Pferd den nächsten Erben des Getödteten zu verabfolgen. 8 Hormes, Common Law 1881, S. 24ff. BLackstone, Comm. I 300. BRUNNER: Über absichtslose Missethat im altdentschen Strafrecht. 839 fallen hier dem König anheim. Sie sind und heissen deodand, deo dan- dum, weil sie der König zu frommen Zwecken verwenden soll. Neben dem Rechte der Obrigkeit tritt der Gesichtspunkt der Sachhaftung des Eigenthümers schliesslich zurück. Das Thier wird von Amtswegen eingezogen, weil es Schaden gethan, auch wenn der Eigenthümer selbst oder ein Angehöriger desselben beschädigt worden ist." Ist es doch in solchem Falle nicht mehr und nicht weniger schuldig, als wenn es einen Dritten verletzt hätte. Die Gleichartigkeit in der Behandlung der Uebelthaten von Knechten und Thieren ging soweit, dass der Ausbildung eines selb- ständigen Sklavenprocesses ein besonderes Strafverfahren gegen Thiere, der amtlichen Hinrichtung von Sklaven eine amtliche Justifieirung von Thieren entspricht mit all den Förmlichkeiten, welche Rechts- gang und Hinrichtung des germanisch-romanischen Mittelalters aus- zeichnen. Beispiele von Todesstrafen, welche an Thieren vollzogen wurden, reichen bis in unser Jahrhundert herein. Nicht nur wegen unmittelbarer Tbäterschaft, sondern auch wegen Theilnahme und Begünstigung wurden Thiere justifieirt. So mussten die Pferde büssen, mit welchen eine Jungfrau entführt worden war.” Im drei- zehnten Jahrhundert war es weit verbreiteter Rechtsbrauch, dass, wenn in einem Hause Nothzucht verübt worden, alles Lebendige, was darin war, Leute und Vieh, dem Tode verfiel, weil sie die Missethat geduldet hatten.” . Das in Einzelnheiten vielbesprochene Thema der Bestrafung der Thiere, bedarf, um völlig aufgeklärt zu werden, noch einer ein- gehenden methodischen Untersuchung. Da eine solche von K. von Amıra zu erwarten ist, unterlasse ich es, auf den Gegenstand näher einzugehen.' ! Aus der Beseitigung oder Ablehnung dieses Grundsatzes erklärt sich folgende merkwürdige Bestimmung der Keure des Landes Waes von 1241, c.4ı bei Warn- könig a. O. II, 2, UB. S. 183: cum equi vel boves vel equi currum vel carrıcam trahentes, effrenes vel praeeipites cueurrerint et aliquem laeserint, sive aliquis a quo- eumque molendino vel a domo cum elevatur, laesus fuerit; si possessor eorundem vel filius vel filia vel uxor sive pecora vel quodeumque ad ipsum pertinet, laesum fuerit, debet liber remanere ab omni forefacto erga dominum comitem cum infortunio suo.... Cf. Keure der vier Aemter a. O0. S. 193, ec. 41. 2 Neues Archiv für Criminalrecht 4, 362, Anm., wo auf eine mir unzugängliche Dissertation Henr. Jac. Bever’s, An mır. 1. 1. 4, Inst. de oblig. quae ex deliceto nascuntur, Lugd. Bat. 1728 verwiesen wird. ® J. Grium, Z. f. D. R. V ı3. Gierke, Humor im Recht, S. 17. * Vox Anıra stellt in Pauls Grundriss II, 2, S. 173 eine Untersuchung über die Bestrafung der Thiere in Aussicht, indem er zugleich die für das Thema maass- gebenden Probleme hervorhebt. Ist biblisch-kirchlicher Einfluss sicherlich nieht abzu- weisen, so geht doch der Gedanke, das Thier zu strafen, wahrscheinllich auf arische religiöse Vorstellungen zurück. Man denke an das angebliche Gesetz des Numa S40 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. v1. Germanische Rechte kennen auch eine Haftung des Eigenthümers für Unglücksfälle, welche durch leblose Gegenstände angerichtet werden. Vereinzelte Quellenaussprüche machen z. B. den Eigenthümer der Waffe verantwortlich für den damit verursachten Schaden. Die sog. Leges Henrici primi führen unter den Fällen strieto jure zu büssenden Ungefährs auch den Fall an: si alicuius arma perimant aliquem ibidem posita ab eo cuius erant.‘ Und als Aufhebung eines älteren Rechts- satzes dürfte es sich erklären, dass die Lex Burgundionum es für nöthig hielt, die Haftung des Eigenthümers auszuschliessen für den Unfall, den die abgelegte Waffe veranlasst.” Jüngere Reflexion scheint es zu sein, wenn in manchen Quellen die Bussfälligkeit des Eigen- thümers auf die Pilicht zurückgeführt wird, die Waffe zu bewahren und zu behüten, damit durch sie niemand zu Schaden komme. Nach Knut Il 75 wird der Eigenthümer, der seine Waffe vor- sichtig hinstellte oder aufbewahrte, frei mit seinem Gefährdeeid, wenn ein Dritter ‘sie wegnahm und damit Schaden anrichtete. Die soge- nannten Leges Henrici primi (87,2) wiederholen diese Stelle, fügen aber hinzu: observet autem ille, cuius arma erant, ut ea non recipiat, anteguam in omni calumpnia munda sint. Den Sinn dieser eigenthümlichen Warnung gewinnen wir aus einer bedeutsamen Stelle des ribuarischen Volksrechts. Lex Ribuaria 70, 1: si quis homo a ligno seu a quolibet manu- factile fuerit interfeetus, non solvatur, nisi forte quis auctorem inter- feetionis in usos propios adsumpserit; tune absque frido culpabilis iudicetur. i Wird ein Mensch durch einen Balken oder durch irgend eine mit der Hand hergestellte Sache getödtet, so wird er nicht gebüsst. Wenn aber jemand die betreffende Sache, den auetor interfeetionis, in Gebrauch nimmt, so büsst er den Todtschlag, ohne Friedensgeld zu bezahlen. Der Entstehung dieses eigenthümlichen Rechtssatzes scheint ein uralter religiöser Gedanke zu Grunde zu liegen. Aus Norwegen wird uns über einen sonderbaren Aberglauben berichtet. »Hier und da, Pompilius: eum qui terminum exarasset et ipsum et boves sacros esse, man denke an die griechische Rechtssitte, Thiere und leblose Gegenstände, die einen Menschen ge- tödtet, über die Grenze zu bringen, 2£ogıfzw, ürsgogigew, bezw. in die See zu ver- senken. Hermann, Lehrbuch der griechischen Antiquitäten II, ı: Die griechischen Rechtsalterthümer 3. Aufl. besorgt von Tuarneım 1884, S. 44. Leısr, Graeco-italische Rechtsgeschichte 1884. S. 344 ff. Horues, Common Law S.7 ff. ! Leges Henriei primi 90, $ 11. 2 Lex Burg. ı8, 2: Lancea vero vel quodeumque genus armorum aut proiectum in terra aut fixum simplieiter fuerit et cası (se) ibidem homo aut animal inpulerit, illum euius arma fuerint. nihil iubemus exsolvere. Brunner: Über absichtslose Missethat im altdentschen Strafrecht. s4l erzählt Liesreent, Zur Volkskunde 1879, S. 313, finden sich gewisse Dinge, wie Messer, Äxte, Leuchter, grosse hässliche Birkenstubben u.s. w.. mit welchen der Sage nach Menschen erstochen oder todt geschlagen sind. Sie liegen da ungebraucht und werden gleichwie Götzenbilder aufbewahrt. Nur Kranke bedienen sich ihrer, um sich damit bestreichen zu lassen.« Dieser Aberglaube verbietet gleich der Lex Ribuaria, dass der auctor interfeetionis in Gebrauch genommen werde. Er ist von der täglichen Benutzung ausgeschlossen und wird gewissermaassen als ein heidnisches Deodand aufbewahrt. Derselbe Gedanke begegnet uns in den Stadtrechten von Schles- ' Wird bei einem Hausbau jemand durch ) wig, Flensburg und Apenrade. einen Balken, Sparren oder durch ein Holzstück getödtet, so büsst der Herr des Hauses neun Mark und ist von weiterer Haftung frei, nach dem älteren Schleswiger Stadtrecht, wenn er den tödtenden Balken den Verwandten des Erschlagenen überlässt, nach dem jüngeren, wenn er ihn wegwirft. Wird aber der Balken eingebaut, so hat der Eigenthümer für den Todesfall mit dem ganzen Hause zu büssen.? Bei den Angelsachsen ist nach Alfred ı3 der Baum, durch welchen jemand bei gemeinschaftlichem Werke erschlagen wurde, den Magen des Erschlagenen auszuliefern. Nehmen sie ihn nicht binnen 30o Nächten, so nehme ihn der Eigenthümer des Waldes. Die Auslieferung, das Preisgeben des Balkens, des Baumes spielen hier eine älinliche Rolle, wie die Auslieferung, das Preisgeben des Knechtes, des Hausthieres. Die Verwendung des Holzes oder des Instrumentes begründet eine Haftung ebenso wie das Hausen und Hofen des Knechtes, das Füttern des Hausthiers. Wie nach manchen Rechten der missethätige Knecht, das schäd- liche Thier der Obrigkeit verfällt, so werden auch leblose Gegen- ! Auf diese Stellen hat schon Herr, Die Zurechnung auf dem Gebiete des Civilrechts, insbesondere die Lehre von den Unglücksfällen nach den Grundsätzen des römischen und deutschen Rechtes und den neueren Legislationen, 1838, S. 165 ff. hingewiesen und damit die richtige Erklärung von Lex Rib. 76. ı gegeben. Herr verweist auch auf die griechische Sitte, leblose Gegenstände, die einen Menschen getödtet, in die See zu versenken. Vergl. oben S. 840, Anın. 4 zu S. 839. | 2 Älteres Schleswiger Stadtrecht a. 83 bei Tuorsex, Die dem Jütischen Low verwandten Stadtrechte S. 19: item si eleventur domus alicuius et aliquis a tigno vel a trabe vel a pinnaculo perentiatur ad mortem, lignum pereutiens heredibus defuncti ex- ponatur et dominus domus pro mortuo IX marcas emendabit. Si vero lignum, de quo pereussus est mortuus, sub teeto locatur, etiam ipsam domum totaliter emendabit. Jüngeres Schleswiger Stadrecht a. 94 a. OÖ. S. 49: Boret men eyn hüsz unde wert we slagen van eneme balken edder sparen edder holte to döde, de here des hüszes werpe dat slande holt enwech unde betere vor den döden IX mark; men bruket he des slanden holtes, de here des hüszes betere myt deme gantzen husze. Im lateinischen Texte: lignum noxium abjieito, in Flensburg 46, a. OÖ, S.75: legge dat holt wech. Vergl. Apenrade 49, a, O. S. 192, 1 1 Sitzungsberichte 1890, 842 Gesammtsitzung vom 10. Juli. — Mittheilung vom 13. März. stände gefrohnt. Nach englischem und sehottischem Rechte sind sie deodand.' Es soll noch vorgekommen sein, dass eine Dampfmaschine als deodand eingezogen wurde. Auch tlandrischen und nordfranzö- sischen Rechten scheint bei Ungefähr eine Verwirkung lebloser Ge- genstände nicht fremd gewesen zu sein.” Der amtlichen Hinrichtung von Thieren ist es an die Seite zu stellen, wenn bei dem Verbrechen der Nothnunft oder des Frauen- raubes nicht nur alles lebende, das gegenwärtig war, getödtet, sondern auch das Haus, im welchem das Verbrechen geschah oder 'der Ver- brecher sich aufhielt, zerstört werden soll.” Nach friesischen Quellen muss jedes Haus, in welchem eine Geraubte gewaltsam über Nacht gehalten wurde, verbrannt werden. Wird der Räuber mit dem Weibe flüchtig von einem Hause zum zweiten, vom zweiten zum dritten, so soll man die drei Häuser verbrennen. Das Rechtsbuch nach Distinctionen (4, 10) lässt das Haus niederbrechen, wo die Notlh ge- schah. Was davon abkommt (das abgebrochene Material) ist des Ge- richtes, die Hofstätte der Gemeinde. ! Vergl. die trefflichen Ausführungen bei Horsnes. Common Law S. 24 ff. und siehe oben S. 839. ® BouwEıLLEr bemerkt, Somme rurale I, titre 39. d’homieide par adventure, dass. wenn anlässlich eines Hausbaues ein Mann erschlagen ward, l’oeuvre ne le maistre de la maison n’en porteroit aucune penitence ceriminelle ne eivile, vorausgesetzt, dass ein Warnungszeichen angebracht war. Vergl. Keure von Wars v. 1241, ce. 41 i.f. Keure der vier Ämter v. 1242. c. 41, Kenre von SarrELAARE v. 1264, c. 6. 3 J. Grius, Über die Notnunft an Frauen Z.f.D.R. V ı7 ff., der darin An- klänge an heidnische Sühnopfer findet. Geis, Lehrbuch des deutschen Strafrechts S. 234. GIERKE, Humor im Recht S. 16. Landfriede von 1094— 1097, €. 4 bei Warız, Urkunden zur deutschen Verfassungsgeschichte, 2. Aufl. S. 30. Ausgegeben am 17. Juli. Berlin. gedruckt in der Reiclsdruckerei, 843 1890. | XXXVI SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 17. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. Mösıus las über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme. 2. Hr. von Hernuortz las über die Energie der Wogen und des Windes. Beide Mittheilungen folgen umstehend. Sitzungsberichte 1890. 75 - up F I Re ’ N z N - 12 2) 545 Über die Bildung und Bedeutung der Gruppen- begriffe unserer Thiersysteme. Von K. Mösgws. I. einer gedankenreichen Schrift über zoologische Classifieation setzt L. Acassız' auseinander, dass die Merkmale der Speciesbegriffe und die aller höheren Gruppenbegriffe aus Eigenschaften der Individuen abgeleitet werden und dass diese daher die realen Repräsentanten aller classifieatorischen Gruppenbegriffe seien. Alle Biologen, welche über die logische Thätigkeit des Classifieirens der Organismen nach- gedacht haben, werden dies richtig finden. Aber die Behauptung des berühmten Begründers der vergleichenden Zoologie in Nordamerika, dass es ihm gelungen sei, festzustellen, welche Eigenschaften der Individuen die Charaktere der verschiedenen elassifieatorischen Gruppen- begriffe liefern, hat keine Zustimmung gefunden. Schon ı860 erhob Ruporpen Wasner Bedenken dagegen,” und E. Harcren” hat Asassız’s Ansichten einer scharfen Kritik unterworfen. Vor Lisse werden alle höheren Thiergruppen ihren untergeord- neten Objeeten gegenüber im Sinne der formalen Logik Genera genannt. In den zoologischen Schriften des Aristoteles haben die Worte yevos und &ides nicht die Bedeutung der Ausdrücke Genus und Species unserer Systeme; yewn sind übergeordnete, sun untergeordnete Thier- gruppen, deren Umfang von verschiedenen morphologischen oder physiologischen Merkmalen abhängt, welche gerade Aristoteles ihrer Vergleichung zu Grunde legt. So sind &vama und dvaiuz Genera von ! Essay on Classification. In: Contribution to the natural history of the Un. States. Boston 1857, I Part I. Als besondere Schrift erschienen 1859. Französisch unter dem Titel: De l’Espece et de la elassification en Zoologie par L. Acassız. Traduetion de l’anglais par Ferıx Vocerı. Edition revue et; augmentee par l’Auteur, Paris 18609. ® Lovis Asassız's Prineipien der Classification der organischen Körper ins- besondere der Thiere mit Rücksicht auf Darwın's Ansichten im Auszuge dargestellt und besprochen. Separat- Abdruck a. d. Göttingischen gelehrten Anzeigen. Göttingen 1360. ® Generelle Morphologie II, 1866, S. 379. | S46 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 17. Juli. höherem Umfange, LQworox«, Woroxd, UaraKoOpdLxd und evreuz Genera von geringerem Umfange.' Auch Ray’, der bedeutendste Vorgänger LmseE’s in der zoolo- gischen Systematik, nennt Genera im Aristotelischen Sinne die um- fangreichen Gruppen: Quadrupedia vivipara pilosa und Quadrupedia ovipara; bei den lebendig gebärenden, behaarten Vierfüsslern führt er als untergeordnete Genera an: Solidungula, Ruminantia, Por- cinum genus u. A., und stellt dann unter die Ruminantia als noch enger begrenzte Genera: Genus Bovinum, Genus Ovinum, Genus Caprivum und Cervimum gemus. Erst Liss£ bezeichnete mit den Ausdrücken Classis, Ordo und (Genus bestimmte systematische Abstufungen von Gruppen des Thierreiehs. Seit der Veröffentlichung seiner tabellarischen Übersicht des Natursystems im Jahre 1735° bis zu den Systemen unserer Tage haben aber diese Benennungen einen sehr verschiedenen Werth besessen. Bei Lins£ umfasst die Glasse der Insecten alle Arthro- podenelassen der heutigen Systeme, und seine Würmer werden jetzt fünf bis sechs Thierkreisen zugewiesen. Der Gruppenbegriff Familia fehlt noeh in dem Lmnxe’schen 'Thier- systeme. Er tritt zuerst auf bei J. Tu. Kırm' (1751 und 1759), erhält aber erst im Anfange unseres Jahrhunderts eine bestimmte Stelle zwischen den Gruppenbegriffen Ordo und Genus. Denn in dem Systeme von J. G. ©. Barsen’ stehen die Familien unmittelbar unter den Classen und auch G. Cuvier hatte noch eine sehr unbestimmte Vorstellung von dem classifieatorischen Range der Familien, wenn er in seinem Tableau @l&mentaire de l’'histoire naturelle des animaux, Paris 1798, die Affen in Familien eintheilt, aber auch die Vögel, ohne diese vorher in Ordnungen zu zerlegen, und die Inseeten eine Ordnung nennt, welche er in Familien theilt. P. A. Larreırre® ist der Erste, ! Hierüber handelt ausführlich: Jürcen Bona Meyer, Aristoteles’ Thierkunde, Berlin 1855. 2 J. Rasus, Synopsis methodica animalium quadrupedum et serpentini generis. Londini 1693. 8°. > C. Linsacı Systema naturae sive Regni tria naturae systematice proposita per elasses, ordines, genera et species. Lugdun. Batav. 1735. Fol. ‘ J. Th. Kıeın, Quadrupedum dispositio, Lipsiae 1751 und Stemmata avium. Lipsiae 1759. Von dem ersteren Werke erschienen deutsche Ausgaben von G. Rever: Krein’s Natürliche Ordnung und vermehrte Historie der vierfüssigen Thiere, Danzig 1760, und von F.D. Beun: Krrın’s Classification und kurze Geschichte der vierfüssigen Thiere, Lübeck 1760. 5 Versuch einer Anleitung zur Kenntniss der Geschichte der Thiere und Mine- ralien I, Jena, 1788. ° Histoire naturelle des Crustaees et des Insectes. Suite a Buffon. An XII (1804). — Genera Crustaceorum et Insectorum secundum ord. natural. in Familias dispositi. Paris 1306 —9. - . \ ve ri * 7 Mösıvs: Bildung u. Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme. 847 welcher in seinen Systemen der Crustaceen, Arachniden und Insecten den Gruppenbegriffen Classe, Ordnung, Familie und Gattung einen bestimmten Stufenwertli beilegt. Manche Ordnungen theilt er in Seetionen oder Tribus, ehe er sie in Familien zerleet. Von nun an finden alle diese Gruppenbegriffe allgemeine Anwendung, so bei G. Cuvier in: Regne animal d’apres son organisation, 1817, bei G. A. Gorpruss in: Handbuch der Zoologie, 1820, und in der zweiten Auflage von Laumarcr’s Amimaux sans vertebres (par Desnavss et H. Mırne Epwaros) Paris 1835 —45. Je bestimmtere Werthe diese Gruppenbegriffe nach und nach er- hielten, je klarer gestaltete sich die Idee einer »natürlichen Classi- fieation«, deren Ziel schon ı820 A. F. Scuweisser' in folgenden Sätzen kennzeichnete: »Sie soll die Körper nach der Stufenfolge, in welcher ihre Organisation sich vervollkommnet ordnen; sie soll die Species in Gattungen, die Gattungen in Familien, die Familien in Ordnungen und diese in Classen auf Grund anatomischer und physio- logischer Untersuchungen nach hervorstehenden und den Grad orga- nischer Ausbildung möglichst bezeichnenden Merkmalen so vereinigen, dass ihre natürliche Verwandtschaft und ihre Unterschiede deutlich hervorspringen. « Diesem Ziele immer näher zu kommen, dienen alle andauernd fortgesetzten morphologischen, histologischen, embryologischen und physiologischen Untersuchungen lebender und ausgestorbener Thiere. Die thatsächlichen Kenntnisse, welche dadureh über deren Form, inneren Bau, Entwickelung und Lebensthätiekeiten gewonnen werden, lassen sich nach logischen und nach erklärenden speeulativen Prineipien für die Aufstellung von Thiersystemen verwerthen. Die rein logische combinatorische Classification beginnt mit der Bil- dung der Artbegriffe, in denen die übereinstimmenden Merkmale aller im Raume und in der Zeit zerstreuten Individuen des nächsten Verwanldt- schaftsgrades in eine geistige Gegenwart zusammengedrängt werden.” Da die Eigenschaften der Arten direct vererblich sind, so ruhet das System mittels der Artbegriffe auf einem realen, der Forschung allgemein zugänglichen Grunde. Die Merkmale der Gattungs- und aller höheren Gruppenbegriffe liefert die Natur aber nicht unmittelbar. Sie werden nach logischen Gesichtspunkten aus den Merkmalen verglichener Art- begriffe ausgewählt; ihr Umfang und Inhalt richtet sich daher nach dem Standpunkte, den die Classificatoren einnehmen. Diese bestimmen also die Anzahl, den Umfang und den Inhalt aller Kategorien ihrer Systeme. ! Handbuch der skelettlosen Thiere, Leipzig 1820, $. 40. ®2 K. Mösıus, die Bildung, Geltung und Bezeichnung der Artbegriffe und ihr Verhältniss zur Abstammuneslehre, Jena ı886, S, 21. Ss4s Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 17. Juli. Aber zeichnet ihnen die Natur in den vererblichen Eigenschaften der Species nicht ganz bestimmte Bahnen vor, welche sie zu gehen haben, um die Merkmale für Gattungs-, für Familien-, für Ordnungs- und für Classenbegriffe auszuwählen? Wer sieh diagnostische Systeme von Säugethieren, Vögeln, Reptilien, Insekten, Mollusken, Echinodermen ansieht, mag vielleicht den Eindruck empfangen, als lieferten Artmerkmale nur die Grösse, die Form und die Farbe der Hüllen und Gliedmassen. Jawohl, die unterscheidenden Merkmale sehr vieler Species sind lediglich von Eigenschaften der dauerhaftesten Organe entnommen, von hornigen, chitinösen oder kalkigen Hautbildungen, von Zähnen und Knochen. Mit ausserordentlienem Scharfsinn bat man deren Unterschiede bei verschiedenen nahestehenden Species aufgesucht, um gute Diagnosen entwerfen zu können. Doch bieten diese dauerhaften Organe durch- aus nicht allein oder besser als andere Organe geeignete Species- merkmale dar. Gerade ebenso scharfe Unterschiede liefern genaue vergleichende Untersuchungen aller leichter vergänglichen Theile, wie die Form der Muskeln, der Ursprung und Verlauf der Nerven, der Bau der Sinnesorgane, der Verdauungs-, Athem- und Begattungs- organe, die Form und Grösse der Blutkörperchen, der Eier und Sper- matozoen, die Trächtigkeitsdauer, die embryonalen und postembryo- nalen Entwicklungsformen, die Nahrung, die Lebensweise u. a. m. Und wie für Speciesbegriffe, liefern sämmtliche Organe auch Merkmale für höhere Gruppenbegriffe, was auch E. Harcrer' den An- sichten Asassız’s gegenüber hervorhebt. Vergleicht man die besten systematischen Monographien höherer und niederer Thiere mit ein- ander, so ergibt sich, dass in den verschiedenen Thierelassen sehr verschiedene Organe Merkmale für Gattungs-, Familien-, Ordnungs- und Classenbegriffe liefern, dass aber innerhalb jeder höheren Gruppe die Merkmale der untergeordneten Gruppenbegriffe gleichen Ranges gewöhnlich von einander entsprechenden Theilen der verglichenen Species entnommen werden. Weiter ins Einzelne ge- hende Regeln, welche bei der Eintheilung aller Thierelassen zur Riehtschnur dienen könnten, lassen sich nicht aufstellen. Hierin finde ich mich in Übereinstimmung mit M. Fürsrınser, der in seinem bewunderungswürdigen grossen Werke über Vögel” die Prineipien der zoologischen Systematik sehr ausführlich dargestellt hat. F. Brauer dagegen weist am Ende des ersten Theiles seiner gedankenreichen »Systematisch-zoologischen Studien. System und ! Generelle Morphol. Il, S. 381. 2 Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel. Amsterdam und Jena 1888. 1. S. 302. Möstvs: Bildung u. Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme. 849 Stammbaum «,' risirung der Kategorien: Typus, Classe, Ordnung, Familie, Gattung auf »die Verhältnisse hin, welche bei der Charakte- und Species meist in Betracht gezogen werden«. Bestimmte, allgemein anwendbare Vorschriften für die Auswahl der Merkmale jener Kate- gorien enthalten seine Angaben aber nicht. Wer noch die unklare Vorstellung hat, dass die zoologischen Systeme mehr oder weniger bewusst nach solchen Vorschriften ausgearbeitet würden, der möge nur einmal die Classen-, Ordnungs- und Familiencharaktere der In- fusorien, Spongien, Hydrozoen, Bryozoen, Insecten und Vögel mit- einander vergleichen, um sich von dem Irrthume seiner Vorstellung zu überzeugen. Der Rang jener Kategorien wird auch verschoben, wenn zur Darstellung aller systematischen Abstufungen zwischen sie in ver- schiedenen Typen noch Cladi, Subeladi, Unterelassen, Unterordnungen, Tribus und andere Sectionen eingeschaltet werden. Alle diese einander untergeordneten Gruppen stimmen nur darin überein, dass ihr Umfang in absteigender Stufenfolge ab- nimmt. Eigenschaften, welche in verhältnissmässig wenigen Spe- cies des Typus wiederkehren, besitzen blos Werth als Gattungs- merkmale; Eigenschaften, die in verhältnissmässig vielen Species auftreten, können Familien- und OÖrdnungsmerkmale liefern; Eigenschaften, welche den meisten oder allen Species des Typus gemeinsam sind, können zur Charakteristik der Unterelassen, Glassen und Zweige der Stämme oder Typen dienen. Was für eine morphologische und physiologische Bedeutung die Merkmale der niederen, mittleren oder höheren Kategorien haben, kommt bei der Bestimmung ihres classifieatorischen Werthes nicht in Betracht. Alle Charaktere der Kategorien unserer Systeme treten stets und nur in specifischen Ausbildungen auf. Organe und histologische Elemente, welche bloss rein allgemeine (ideelle) Eigenschaften besässen, hat kein Thier. Es giebt keine wirklichen Gattungs- Knochen, keine Familien-Füsse, keine Ordnungs-Spermatozoen, kein Olassen- Blut, keine Typus-Eier, wie es auch keine Zellen giebt, welche aus unspeeifischem Protoplasma von nur allgemeinem Charakter bestünden, aus welchem lebensfähige Wesen jeder Art werden könnten. Die Stämme, Classen, Ordnungen, Familien, Gattungen und alle zwischen sie gesetzte Kategorien sind also keine Gruppen lebender Wesen, welche nur Eigenschaften ihrer Kategorie besässen, ! Sitzungsberichte der matlı.-naturwiss. Classe der k. Akad. d. Wissensch. zu Wien. XCI. Bd. I. Abth. Jahrg. 1885. S. 266. 350 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. sondern gedachte Einheiten, deren begrifflicher Inhalt von den nie- deren zu den höheren Gruppen hinauf abnimmt. Hieraus folgt, «dass von einem verschiedenen Alter der systematischen Kategorien gar nicht gesprochen werden kann, was E. Hazcker thut, indem er in seiner Generellen Morphologie II, S. 402 jeder höherstehenden weiteren Kategorie ein höheres Alter zuschreibt, als jeder darunter stehen- den nächstengeren Kategorie, den Classen ein höheres Alter als den Ordnungen und so weiter hinunter bis zu den Arten und Varietäten. ör setzt sich damit in Widerspruch mit dem kurz vorher S. 393 (es- selben Werkes stehenden Satze, dass allen diesen Kategorien keine Realität zukomme. Dieser richtige Satz, den er L. Asassız gegenüber vertheidigt, behält seine volle Gültigkeit auch für genealogische Systeme, in denen, wie HAEckEL a. a. 0. S. 402 sagt, die höheren Grade der Differenz von einer längeren Reihe vererbender Genera- tionen abgeleitet werden. Da alle Differenzirungen nur in Individuen wirklich werden können, werden, wenn sie sich vererben, zuerst Varietäten der variirenden Art, dann bei fortschreitender Spaltung verschiedene Arten entstehen, welche zur Bildung eines Gattungsbegriffes dienen können; und wenn auch die gattungsverschiedenen Individuen wiederum artverschiedene Nachkommen erzeugen, dann erst mögen die Verschiedenheiten aller Abkömmlinge der angenommenen Stamm- species so bedeutend sein, dass sie als eine Familie von Gattungen und Arten betrachtet werden können.‘ Hiernach sind die realen Grundlagen für die Kategorien genealogischer Systeme um so jünger, je weiter ihr Umfang reicht. Es gibt eigenthümliche Thierformen, welche nur in einer einzigen oder nur in wenigen nahe verwandten Arten bekannt sind und welche von allen andern Arten ihres Kreises oder ihrer Classe so sehr abweichen, dass man, um sie zu classifieiren, für sie einen höheren Gruppenbegriff aufstellen muss, ohne genug reale Grundlagen für die Bildung von Gruppenbegriffen mittleren Ranges zu haben. Solche Thiere sind z. B. Galeopithecus, Chiromys, Hyrax, Hatteria, Caecila, Amphioxus, Chiton, Sagitta. Geleitet durch Vergleichungen mit andern höheren Gruppen, ist man logisch berechtigt, aus den Eigenschaften einer Art oder den Merk- malen nur einer Gattung weniger Arten unmittelbar einen höheren Gruppenbegriff auszuscheiden. Setzt man aber dann unter die Zu- sammenstellung der Merkmale der neugebildeten Classe oder Unter- ! Dies versucht G. Seiprrrz durch ersonnene Zahlenbeispiele deutlich zu machen. Die Darwın’sche Theorie. 2. Aufl. 1875. S. 208. Er . a Dr ps. * rd Mösıvs: Bildung u. Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme. 851 classe einen blossen Ordnungs- oder Familiennamen mit der Be- merkung: »Mit den Merkmalen der vorstehenden Qlasse oder Unter- classe«, so verstösst man gegen die Regeln der classificatorischen Logik; denn untergeordnete Gruppenbegriffe haben stets einen grösseren Inhalt und also mehr Merkmale als die ihnen übergeordneten. Ihren vollen Inhalt erhält man erst, wenn man zu ihren Merkmalen noch die ohne Ausnahme geltenden Merkmale aller übergeordneten Gruppenbegriffe hinzuzählt. Es müssen also Verweise auf die Merk- male einer höheren systematischen Kategorie bei dem nackten Namen einer darunter stehenden, wie sie in manchen zoologischen Hand- büchern nicht ungebräuchlich sind, besser wegbleiben und die Bildung von Namen für Gruppenbegriffe mittleren Ranges ist so lange aufzu- schieben, bis die Entdeckung und Untersuchung verschiedener Species genügende Unterlagen dafür darbieten. Das höchste Ziel der zoologischen Ulassifieation besteht darin, alle Richtungen und Grade der grösseren und geringeren morpho- logischen und physiologischen Ähnlichkeiten sämmtlicher Thiere so darzustellen, dass die Charakterisirung und Anordnung der höheren und niederen Gruppen den wirklichen Eigenschaften und gegenseitigen Beziehungen aller bekannten lebenden und ausgestorbenen Species so vollkommen wie möglich entsprechen. Combinatorische Ulassificationen, welche sich auf die besten Monographien aller Thiergruppen stützen und welche in ihren Ein- theilungen auf alle Organgebiete Rücksicht nehmen, sind die besten logischen Abbilder der Thierwelt, die vollkommensten natürlichen Thiersysteme ihrer Zeit. Frei sowohl von erdachten Übergangs- formen als auch von künstlichen Vereinigungen und Trennungen, zu denen die Überschätzung des classifieatorischen Werthes einzelner Organe leicht verleitet, sind sie ein vorzügliches Mittel, den wirk- lichen Reiehthum der thierischen Gestalten und Lebensthätigkeiten übersichtlich darzustellen und bilden daher auch die beste wissen- schaftliche Grundlage nicht nur für diagnostische Bestimmungstabellen, sondern auch für speculative phylogenetische Systeme. ; Be ta u RN? Bi l ul L T 2 6 fi I l I Yu Bu: N NE Cu £ / 1 i h * * % Em Li _ S MS 5 “ Br f Li ee ’ Ba 77% Die Energie der Wogen und des Windes. Von H. von HELMHoLTZz. I: meiner Mittheilung an die Akademie vom 25. Juli 1889 habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass eine ebene Wasserfläche, über die ein gleichmässiger Wind hinfährt, sich in einem Zustande labilen Gleichgewichts befindet, und dass die Entstehung von Wasserwogen wesentlich diesem Umstande zuzuschreiben ist. Ebenda habe ich hervorgehoben, dass der gleiche Vorgang sich auch an der Grenze verschieden schwerer und aneinander entlang gleitender Luftschichten wiederholen muss, hier aber viel grössere Dimensionen annehmen könne, und ohne Zweifel bei den unregelmässig eintretenden meteoro- logischen Erscheinungen eine wesentliche ursächliche Bedeutung hat. Die Wichtigkeit dieser Vorgänge hat mich veranlasst, die Ver- hältnisse der Energie und ihre Vertheilung zwischen Luft und Wasser noch eingehender zu untersuchen, zunächst allerdings immer noch in der Beschränkung auf stationäre Wellen, bei denen die Bewegungen der Wassertheilchen nur parallel einer senkrechten Ebene, in der die Coordinaten x vertical, die y horizontal verlaufen, vor sich gehen. Da wir aber auch dieses beschränktere Problem zunächst nur durch Herstellung eonvergenter Reihen lösen können, deren höhere Glieder zwar an Grösse schnell abnehmen, aber ziemlich verwickelte Form darbieten, so bleiben Schlüsse, die man nur aus der Kenntniss der ersten grössesten Glieder solcher Reihen gezogen hat, nothwendig immer beschränkt auf Wellen von geringen Höhen, und lassen die Rich- tigkeit mancher wichtiger Verallgemeinerungen zweifelhaft erscheinen. Mehrere dieser Schwierigkeiten haben sich umgehen lassen da- durch, dass es mir gelang die Gesetze der stationären geradlinigen Wellen auf ein Minimalproblem zurückzuführen, in welchem die potentielle und actuelle Energie der bewegten Flüssigkeiten die zu variirenden Grössen bilden. Aus diesem Variationsproblem lassen sich allgemeingültig mehrere Schlüsse über das Abnehmen und Zu- nehmen der Energie und die Unterschiede stabilen und labilen Gleich- gewichts der Wasseroberfläche herleiten. N k» D . D u: . 54 Sitzung der plhysikalisch- mathematischen Classe vom 17. Juli. In theoretischer Beziehung trat hierbei eine einigermaassen neue Aufgabe ein, insofern es sich um den Unterschied stabilen und labilen Gleichgewichts nicht mehr von ruhenden, sondern von dauernd be- wegten, aber in stationärer Bewegung begriffenen Massen handelte. Zwar sind schon einige Beispiele dieses Unterschieds gelegentlich be- handelt worden, wie bei der Rotation eines festen Körpers um die Axe des grössesten oder kleinsten Trägheitsmoments, und bei der Rotation eines flüssigen schweren Ellipsoids. Aber ein allgemeines Prineip, wie es für ruhende Körper in der Forderung gegeben ist, ass das stabile Gleichgewicht ein Minimum der potentiellen Energie erfordert, ist für bewegte Systeme noch nicht aufgestellt worden. Die folgenden Untersuchungen führen auf solche Formen, die übrigens auch als Verallgemeinerungen derjenigen Sätze angesehen werden können, die ich aus den allgemeinen Bewegungsgleichungen von La6rangE in ihrer Anwendung auf die Bewegungen »poly- eyklischer«' Systeme hergeleitet habe. Sr Ile Der Minimalsatz für stationäre Wellen bei constant bleibenden Strömungsmengen. Ich stelle wieder, wie in meiner vorjährigen Arbeit die Ge- schwindigkeitseomponenten v,» der Wassertheilchen während einer wirbelfreien Bewegung durch die Gleichungen dar MEZ — Ich setze wieder, so weit nicht ausnahmsweise das Gegentheil ausdrücklich ausgesprochen wird, voraus, dass das Coordinatensystem der x,y als ruhend gegen die Wellen genommen wird, x vertical, (der Regel nach aufwärts positiv), y horizontal. Die Welleneurve wird als periodisch angesehen von der Wellenlänge A. Andererseits wird die strömende Flüssigkeit begrenzt gedacht durch zwei Horizontal- ebenen, deren Gleichungen sind: we lal Und 0 = Dem entsprechend bezeichne ich auch die übrigen Grössen, die sich auf diejenige Flüssigkeit beziehen, die auf Seite der positiven & ! Journal für Mathematik. Bd. 97. S. 118. von Hermmorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 899 liegt, mit dem Index ı, die auf Seite der negativen x dagegen mit dem Index 2. Die Wellenlinie und diese beiden horizontalen Grenzlinien müssen Stromlinien sein, d. h. in ihrer ganzen Länge constante Werthe von Y haben. Da jede der Funetionen Y eine willkührliche additive Con- stante enthalten kann, lässt sieh an einer der Stromlinien der Werth beider W willkührlich wählen. Ich setze fest, dass er an der Wellen- linie, wo = sei, den Werth habe Ss I Dagegen an der Grenzlinie sei und für sei Die Grössen p, und P, geben dann bekanntlich das Volumen der betreffenden Flüssigkeit an, welches in der Zeiteinheit jeden Quersehnitt zwischen der Wellenfläche 4, = %, = o einerseits und der oberen oder unteren Grenzfläche andererseits in der Zeiteinheit durchströmt. Es sind dies die Grössen, die ich oben als Strömungs- mengen bezeichnet habe. Bei der Variation werden in diesem Para- graphen also p, und p, als unveränderlich angesehen. Als Nullpunkt für die x soll diejenige Höhe festgehalten werden, in welcher die Grenzfläche der beiden vorhandenen Flüssigkeitsmengen im Ruhezustande liegen würde, was durch die Gleichung ausgedrückt wird: d.h. = 0 ist diejenige Ebene, über die ebensoviel Wasser gehoben, als darunter gesenkt ist. Schliesslich ist der Raum, innerhalb dessen die der Variation zu unterwerfenden Grössen liegen, noch durch zwei Verticalebenen zu begrenzen, die um eine Wellenlänge von einander abstehen. Da die Bewegungen nach der Wellenlänge A periodisch sein sollen, müssen an der rechten, wie an der linken Verticalfläche die Geschwindig- keiten 856 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 17. Juli. Ob, _ a z dx dx gleich sein, daher auch für gleiche Werthe der x N ek un oc hin und RN? . 3 — a a \ 1, welche letztere Gleichung auch geschrieben werden kann: 99, er 09, dr, Ad oder &; =\d,.—=r6onst. sn Br Zunächst ist bekannt, dass die Gleichungen ı ihre Lösung finden, wenn (Y + $,), als eine Funetion von (x + y,) dargestellt werden kann, welche innerhalb des von der betreffenden Flüssigkeit gefüllten Ge- biets keine Diseontinuitäten und keine unendlichen Werthe zeigen darf. Wenn die Form der Wellenlinie gegeben ist, sind bekanntlich die Werthe der beiden Funetionen / durch die angegebenen Grenz- bedingungen ı” bis ı® vollständig bestimmt, und zwar werden dabei die beiden Integrale, welche mit der halben Dichtigkeit der be- treffenden Flüssigkeit multiplieirt die lebendigen Kräfte ergeben, nämlich 2L, er U, 2 W i 1S m = Sn - dy .l I © Regener 2 aL, au, e ou, E 8 l a 3 =! te E absolute Minima für die unter den angegebenen Umständen möglichen Variationen der Funetionen %,, wenn dabei die Werthe p, und p, als unveränderlich betrachtet werden. Dagegen ist die Form der Wellenlinie durch die bisher besprochenen Bedingungen noch nicht bestimmt, als in so weit, dass sie periodisch nach der Periode A sein soll. Man kann aber die Form dieser Grenzlinie der physikalischen Bedingung entsprechend, dass der Druck auf ihren beiden Seiten gleich gross sei, dadurch bestimmen, dass man verlangt, die Variation der Differenz zwischen der potentiellen Energie ® und der lebendigen Kraft = 12, +L,, solle verschwinden. = Zi wie er BA. und Die potentielle Energie ist bedingt durch die ungleiche Erhebung der verschiedenen Theile der Oberfläche der schwereren Flüssigkeit hmm von Hermnorvz: Die Energie der Wogen und des Windes. Sn über die Niveaufläche e—=o. Ihr Betrag ergiebt sich leicht als gegeben durch die Gleichung = -9(8 --$,) [-dy 1 A BR Er | 2°. Ist s, die dichtere Flüssigkeit, so müssen die positiven x, wie schon bemerkt, als senkrecht steigend und y als eine positive Grösse ge- nommen werden. Wenn das Längenelement ds der Grenzlinie der beiden Flüssig- keiten um die verschwindend kleine Breite dN normal zu seiner Richtung nach oben verschoben wird, ergiebt sich die Variation dd — (8, — S,) E ONASE S ere De Die Variation von Z kann man in zwei Schritten ausführen. Im ersten denkt man die Grenzlinie verschoben in der angegebenen Weise, und lässt zunächst die beiden Funetionen %, und X, in jedem Raum- punkte unverändert, wobei man aber auf der Seite, wo Raum durch die Verschiebung des ds gewonnen wird, diesen gewonnenen Streifen mit der eontinuirlichen Fortsetzung des Y dieser Seite ausgefüllt denkt und zwar so, dass die Gleichung AV = o dort erfüllt bleibt, und die genannte Fortsetzung statt der bisher dort liegenden Werthe der an- deren Funetion / eintreten lässt. Diese Fortsetzung der in den Streifen einrückenden Function W ist bekanntlich immer nur in einer Weise möglich ohne Discontinuitäten zu bilden. Nur wenn in der früheren Grenze schon ein Verzweigungspunkt der betreffenden Fune- tion W liegt, also namentlich, wenn die Grenzlinie eine scharfe Ecke bildet, ist eine continuirliche Fortsetzung derselben ausgeschlossen. Die besondere physikalische Bedeutung eines solchen Falls werden wir später zu besprechen haben. Durch diesen ersten Schritt in der Variation erhalten wir Ne N, : NAGE ä o\’ an on Nun sind aber die Werthe des %, und U, an der neuen Grenze nicht mehr Null, sondern es ist annähernd daselbst: i .ds-öN. ! — 1 1 8 nr rm ai ! ZI — —— 2 . N a2 ON, oN, und um sie wieder zu Null zu machen, muss also ein zweiter Schritt in der Variation ausgeführt werden, wobei die Funetionen Y so variirt werden, dass sie nunmehr an den neuen Grenzen. den Werth Null erhalten. s58 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 17. Juli. Da nach den allgemeinen Gesetzen der Potentialfunetionen KV Gi? oL=—s,|-—- .ds— Ss, | »— » Öly,ds, S, IN. U,» ds s IN oı,ds, so wird, wenn man U al, = - —0N V oN, | au ol, = + :08N = Ar IN, setzt, wie in unserem Falle verlangt wird, der schliessliche Werth oh 2 or od, \> IL= —- — | |,| s | St ON ee 2. a nee | Da endlich bei der Variation das Volumen jeder der beiden Flüssig- keiten unverändert bleiben muss, so wird noch gefordert [ON . ds = ER ee in 22 Daraus ergiebt sich die Variation UN. ss o/,\? N Bee Er n) WAREN Sur ra Y2 oe — L!— ds N ale: s)c + 3 IN, 5 an, +c — — [ds -öN: [p —Pp.-----: | 2 Wenn also die Gleichung 2” erfüllt ist, d. h. wenn o6}@® —- L!=o ist, so wird längs der Grenzfläche I — ih welches die Bedingung der stationären Oberfläche ist. Stabilität der stationären Bewegung. Dabei ergiebt sich für eine Form der Oberfläche, welche einer stationären nahe liegt, und die also noch Unterschiede des Druckes zeigt, dass eine solehe, wenn sie den Unterschieden des Druckes folgt, so dass dN da positiv gemacht wird, wo p9,>p,, auch die Grösse (® — L) abnimmt, die Fläche sich also einem nahegelegenen Minimum von (® — L) nähern, von einem nahe gelegenen Maximum derselben Grösse dagegen entfernen muss. Die hydrodynamischen Gleichungen zeigen dann in der That, dass die Druckgleichheit in solchem Falle nur durch Beschleunigungen hergestellt werden kann, die in der Richtung vom stärkeren zum schwächeren Druck eintreten, und die stationäre Bewegung stören. . ” r y. IR von Heınnovrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 850 - Es wird also stabiles Gleichgewicht einer stationären Wellen- form bei den möglichen Variationen einer solchen Form einem Minimum der Grösse (® — L) entsprechen müssen, wie bei den polyeyklischen Systemen bei constanter Geschwindigkeit ihrer eyklischen Bewegungen. Wenn dagegen dieselbe Grösse bei einer anderen Curvengestalt zu einem Maximum oder Sattelwerthe wird, ist die Bedingung der Gleich- heit des Druckes beiderseits der Grenztläche allerdings augenblicklich erfüllt; aber einzelne oder alle kleinste Störungen der Gleichgewichts- gestalt werden anwachsen müssen; das Gleichgewicht wird labil werden, was sich bei wirklichen Wasserwellen im Schäumen und Branden der Wellenkämme zu erkennen giebt. Indessen ist dabei zu bemerken, dass diese Sätze nur gelten, wenn die Funetionen Z, und Z, im Innern der Räume, für die sie gelten, schon ihren Grenzbedingungen gemäss als Minima bestimmt sind und für jede geänderte Form der Grenzlinie als solche bestimmt bleiben. Die Function ® ist unter den gemachten Annahmen jedenfalls positiv und endlich, da nur eine endliche Menge von Flüssigkeit vorhanden ist, die um die endliche Höhe H, gehoben werden kann. L ist ebenfalls nothwendig positiv, kann aber + co werden, da die Wellenberge sich der oberen, die Wellenthäler sich der unteren Grenz- fläche würden nähern können, und der gesammte constant bleibende Flüssigkeitsstrom dann durch unendlich enge Spalten mit unendlicher Geschwindigkeit gepresst werden müsste. Die Grösse (® — L) wird also bei ebener Grenzfläche, wo ® = o ist, einen positiven Werth haben müssen, und kann bei steigender Wellenhöhe negativ unendlich werden. Ob zwischen diesen Grenzen ein Minimum eintritt, und bei welehen Werthen der p dies geschieht, kann nur durch Untersuchung der einzelnen Wellenformen entschieden werden. Ein Sattelwerth ist jedenfalls bei ebener Oberfläche gegeben. Nur lässt sich schon erkennen, dass, wenn ein vollkommenes Minimum existirt, ein Übergang von diesem zu den unendlichen nega- tiven Werthen des (® — L) führen muss, welcher zuerst mit steigen- den Werthen beginnt, und dann wieder fällt. Es wird dann einen nie- drigsten Werth der Übergangsstelle zwischen steigenden und fallenden Werthen geben müssen, der einem Maximo-Minimum der Grösse (® — L) entspricht, also auch einer stationären Wellenform, aber einer solehen von labilem Gleichgewicht, die an der Grenze des Brandens ist. öxistirt ein solches Minimum, so muss daselbst bei Variationen in der Form der Wellen, welche ® steigen machen, L um ebenso- viel steigen. Ebenso auf dem Sattel, wenn wir den Wellenformen folgen, die die Thallinie bilden. Vergrössern wir aber die Werthe von p, und p,, d.h. vergrössern wir die Fortpflanzungsgeschwindig- Sitzungsberichte 1890. 74 360 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. keit und Windstärke der Wellen, so werden die Differentialquotienten von L an beiden Stellen grösser, und die beiden Grenzwerthe werden sich einander nähern müssen, schliesslich in einander übergehen, womit das absolute Minimum aufhört zu existiren. Daraus ist zu schliessen, dass bei steigenden Strömungen stationäre Wellen be- stimmter Wellenlänge unmöglich werden müssen. Nothwendigkeit der Brandung bei zu grossen Strömungen. Dass für grosse Werthe der p, und P,, die über ein bestimmtes Maass hinausgehen, keine Minima der Function (® — L) bei constantem endlichen Werthe der Wellenlänge mehr möglich sind, lässt sich, wie folgt erkennen. Man berechne die Werthe von L, und Z, unter der Annahme p, =}, = ı für eine beliebig gewählte "Wellenform, und suche alsdann für einen beliebig gewählten Werth von 8® die- jenigen beiden Variationen der Curve, welche die eine dL,, die andere ÖL, zu einem Maximum macht. Unter den möglichen Variationen der Wellenform, welche positive Werthe des 0® ergeben, sind auch diejenigen, bei denen die Gipfel der Wellenberge gesteigert, die Thäler gesenkt werden. Da die obere Flüssigkeit über den Bergen den grössten, über den Thälern den kleinsten Querschnitt hat, so muss über den Bergen grössere Strom- geschwindigkeit herrschen, als über den Thälern, d.h. die Werthe U, an. Thälern. Daraus folgt nach Gleichung (2e), dass wenn wir die Berge der müssen an den Berggipfeln absolut grösser sein, als in den erhöhen und die 'Thäler vertiefen, wir nicht blos positive Werthe des db, sondern auch positive der beiden ÖL erhalten. Folglich ist der gesuchte maximale Werth der beiden Grössen öL, und dZ,, der zu dem vorgeschriebenen positiven Werthe des d® gehört, nothwendig ein positiver Werth, und zwar ist bei endlicher Höhe der Wellen das Verhältniss d®:dL, wie d®:odL, notwendig endlich. Bezeichnen wir nun mit & einen Ächten Bruch, und denken wir nunmehr die Variation für Z, im Betrage & ausgeführt, wie es der Variation #-d® entsprechen würde. Die Variation OL, dagegen werde im Betrage (1 —«) ausgeführt. Dann ist die gesammte Variation für ®: do» — [a + (1—a)] d®, öL—= a-dL, + (1=o).dZ,. Ist nun 02, >6ZL,, so erhalten wir die grösste Variation von dL, wenn wir & = ı machen; im entgegengesetzten Falle dagegen würden wir #= o zu machen haben. Dann erreicht dZ den grössten Werth, den es bei dem gegebenen Werthe von d® bei der gewählten Wellen- form überhaupt haben kann. von Herunorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. Ss61 Wenn der grösste positive Werth des ÖL kleiner als d® ist, so würde man jedenfalls für p} einen Werth finden können, der moL> 0% machte, und also die Variation d(®—L) für wenigstens eine Art der Formänderung negativ, was sie für eine Minimalform nicht sein darf. Da ® immer endlich bleibt, kann man auch immer endliche Variationen seiner Grösse vollziehen, die von der Grössenordnung der Verschiebung dN der Linienelemente ds sind, und die letzteren ergeben auch immer endliche Variationen der Z, und Z, wenigstens bei endlichen Geschwindigkeiten der Strömung längs der Fläche. Unendliche Geschwindigkeiten würden nur an vorspringenden Eeken der Wellenlinie vorkommen können, und wenn dort Strömung ist, unendlichen negativen Druck ergeben, d. h. Brandung. Nur wenn keine relative Bewegung der Wellen gegen das Medium vorhanden ist, in welches die Kanten hineinragen, (wenn der Wind genau so schnell wie die Wellen geht) können solehe Ecken bestehen. Diese letzteren Fälle, die an der Grenze des Brandens liegen ausgenommen, werden wir also für alle continuirlich gekrümmten Wellenformen für jedes d® stets ein Maximum des dL von derselben Grössenordnung haben. Und wenn wir den kleinsten Werth dieses Ver- OL hältnisses s aufsuchen, und ein p° suchen, welches grösser als der N grösste so gewonnene Werth von JZ, ist, so wird für die dadurch gegebene Stromstärke überhaupt die Möglichkeit stationärer Wellen- bildung von der vorgeschriebenen Wellenlänge A ausgeschlossen. Stationäre Wellen von vorgeschriebener Wellenlänge sind also nur für Werthe der Strömungsgeschwindigkeiten p, und p möglich, die unterhalb gewisser Grenzen liegen. Andrerseits zeigt dieselbe Betrachtung weiter, dass Verkleinerung der Werthe von p} und p3 nothwendig auch grössere OL, und dL, gegen d® wird verschwinden machen. Dann können Variationen von d® durch entgegengesetzte gleicher Grössenordnung von Z nicht mehr aufgehoben werden, und dann könnte höchstens nur noch der eine Grenz- werth, der ebener Oberfläche entspricht, bestehen. Die Grenze für die kleinsten zulässigen Werthe der p, und p, ergiebt sich schon aus den bisher angestellten Untersuchungen :! ! Ich bin seitdem darauf aufmerksam gemacht worden, dass schon Sir W. Tmouson diese Gleichung erster Annäherung mit Berücksichtigung der Windstärke gegeben hat. Philos. Mag. 1871. (4) XL ıı. S. 362, wo übrigens auch der Einfluss der Capillarität berücksichtigt ist. 74* 562 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 17. Juli. 2rsh 278,B} Somit ist das Gebiet der Werthe (p,)’ und (p,), welches stationäre Wellen zulässt, auch in Richtung der kleineren Werthe hin beschränkt. Zu beachten ist, dass die Grösse ®, die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der Wellen gegen das Wasser bestimmt, »p, dagegen die Ge- schwindigkeit des Windes relativ zu den Wellen. Jede einzelne von ihnen kann klein werden, wenn die andere hinreichend gross ist. = g-A(s, — S;) . 2. Ur Der Minimalsatz für stationäre Wogen bei constant gehaltenem Geschwindigkeitspotential. Den Werth für die lebendige Kraft, wie er in Gleichung (2) ge- geben ist, ‘können wir durch partielle Integration umbilden S; av, 2 “fh u worin sich das Integral nur auf die obere horizontale Grenzlinie bezieht. Die Theile des Integrals für die andern Grenzen des Raumes 8, fallen alle fort. Da nun nach Gleichungen (1) so ergiebt sich: Oder indem wir den von x unabhängigen Werth der Differenz Py+3 = ®, == setzen, erhalten wir und ebenso Die Grössen p und f sind von einander abhängig, sobald die Gestalt des Raumes gegeben ist, an dessen Grenzen sie gelten sollen, so dass wir setzen können von Hermnorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 363 wo NR nur von der Grösse und Form des Raumes abhängt. Daraıs ergiebt sich r . Rr N : d € Wenn also N eine Anderung ON erleidet, so wird, wenn f un- verändert bleibt OR 2 Oi—.0: dagegen, wenn p unverändert bleibt, h s. D? - OR Se zZ — — ı — ER ö N oL Enz 5 f R od —=0% Beide Variationen haben also gleichen Werth bei entgegen- gesetztem Vorzeichen. Wir können demnach die Variationsform des stationären Zustandes, wo die Variation des dL aus einer solchen der Raumform hergeleitet ist: auch schreiben Die Grössen f haben nach ihrer Definition bekanntlich den Werth: 2,3, 4? f= | u. de +v.d) xy dies Integral genommen für irgend einen Werth, der von dem Punkte x,y zu dem Punkte x&,y-+% führt. Wenn wir für diesen Weg die Stromlinie % = const. wählen, so bezeichnet er auch einen Weg, in welchem eine Reihe materieller Wassertheilchen fortiliessen. Der Werth des Integrals f,, berechnet für eine solche Reihe derselben forttliessenden materiellen Theilchen, bleibt bekanntlich ungeändert, wenn keine Verschiedenheiten der Summe des Drucks und des Potentials der äusseren Kräfte zwischen Anfang und Ende der Reihe bestehen und keine Reibung da ist, welche Bewegungen auch sonst in der Flüs- sigkeit vor sich gehen mögen. Es ist diejenige Summe, die auch bei der Wirbelbewegung in jedem geschlossenen Ringe von materiellen Theilchen ungeändert bleibt. Wir können also s,f, und s,f, für die Flüssigkeitsbewegungen als die ohne Einwirkung direct beschleunigender . 364 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. Kräfte unveränderlich bleibenden Bewegungsmomente betrachten, während die Strömungsgrössen P, und pP, dadurch die Bedeutung der Geschwindigkeiten erhalten. Dann sind die beiden gefundenen Varia- tionsprobleme vollkommen analog den von mir in der Tlieorie der polyeyklischen Systeme entwickelten Sätze, dass I - N — IP Bar 20,0 wenn die Geschwindigkeiten q. der eyklischen Bewegungen constant gehalten werden. Darin sind p, die veränderlichen Coordinaten und P, die auf ihre Vergrösserung hinwirkenden Kräfte. Stabiles Gleich- gewicht entspricht, wie leicht zu sehen, einem Minimum des (® — L). oL Andererseits, wenn man die Bewegungsmomente -—— constant SLılte 9g. hält, ist Ser 2 == Zr HET Mr ‚feL arm.l=0, 0q, Auch hier erfordert stabiles Gleichgewicht ein Minimum der Grösse (® + L) d.h. der gesammten Energie des Körpers. Der obigen Gleichung 3° für polyeyklische Systeme entspricht durehaus die Gleichung 2°, nur dass darin die Anzahl der veränder- lichen Coordinaten der Oberflächenelemente dN unendlich gross ist, und die Kraft (p, — p,), welche statt der P, eintritt, eine continuir- liche Function der ON ist. Daher das Integral statt der Summe. Dass auch in der Theorie der Wellen das stabile Gleichgewicht dem Minimum der Energie bei festgehaltenem Werthe des f entspricht, zeigt sich, wenn man an den Einfluss der Reibung denkt, die ein gestörtes stabiles Gleichgewicht wieder herstellen kann, nieht aber ein labiles. Reibung vermindert immer den vorhandenen Energie- vorrath. Sie kann also ein gestörtes Minimum der Energie wieder- herstellen, aber die Abweichung von einem Maximum nicht. un 0°) . Minimalform für unendliche Dicke der Schichten. Im Folgenden wollen wir die beiden Flüssigkeitsschichten, an deren Grenzfläche sich die Wellen bilden, als sehr diek in verticaler Riehtung betrachten, also die Werthe H, und AH, als sehr gross, be- ziehlich über alle Grenzen in das Unendliche wachsend ansehen, um die Theorie der Wellen von denjenigen Verwickelungen zu befreien, vox Hernnorız: Die Energie der Wogen und des Windes. S65 die durch den Einfluss der oberen und unteren begrenzenden Horizon- taltlächen hervorgebracht werden. Unter diesen Umständen entfernt sich die Bewegung an diesen beiden weit entfernten begrenzenden Horizontalfllächen nicht mehr merklich von einer geradlinigen von gleichmässiger Geschwindigkeit. An der Fläche H, setzen wir diese gleich a,, an der H, gleich (—«a,), indem wir der letzteren die entgegengesetzte Richtung zuertheilen, wie sie ihr in den normalen Fällen, wo der Wind den Wellen voran- läuft, zuzukommen pflegt. Dann ist zunächst + =a-1 f. =4,°® A und in den höheren Schichten der Flüssigkeit YV+pi=+talaty)+Nh, worin A eine durch Gleichung (1°) zu bestimmende Constante ist. Ebenso YV,+pi= — (a + yi) + h,. Bei ebener Grenzfläche, wenn für diese, wie oben festgesetzt ist, Y, =), = 0 sein soll, und auch x — o, werden A, und A, beide gleich Null, und die lebendige Kraft in diesem Falle Ss S1.5 a L, = a. = — ea, 2 2 ee Era. 277 2 P. 1, = DR Zune Wenn dagegen Wogen entstanden sind, ist Z, bei festgehaltenem Werthe von a,, und daher auch von f, kleiner, da, wie wir gesehen haben, dann bei Steigerung der Wellenhöhe ein negativer Werth des öL, eintritt. Wir können also unter diesen Umständen setzen A = EN Re 4: worin 7, ein positiver Werth ist, der von der Form und Höhe der Wellen, aber nicht von H, abhängt. Denken wir nämlich das H, vergrössert um DH, und das Z, dem entsprechend um DL,, so ist in dem dem Felde zugesetzten Streifen die Geschwindigkeit überall gleich a, und also DENE Er li un IM, Dar.“ - 366 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. Es gilt also derselbe Werth von r, auch für die grössere Höhe, unab- hängig von dem Werthe des DH.. Die Formel 4 ergiebt unmittelbar a a Ma Be arte er | 4a. Verglichen mit galvanischen Verhältnissen, misst p, die Gesammt- strömung (Intensität des Stromes), f, den Potentialunterschied an den Grenztlächen, demnach (H, — r,) die Leitungsfähigkeit, die dem Quer- schnitt proportional ist. Es entspricht also r, derjenigen constanten Verminderung des (@uerschnitts, welche die Strömung ebenso stark herabsetzen würde, wie die ungleichmässige Eindämmung durch die Wellen. Die Minimalformel bei constant gehaltenem a, und a, ergiebt, dar, H, und H, unverändert bleiben, S, d(® + L) = db — St g2ör, 0 oO oe | ar 2 2 Die andere, in der die @ zu ersetzen sind durch fällt mit der erst gefundenen vollständig zusammen. Die Grössen r, und 7, hängen nur von der Wellenform ab, und ergeben sich meist durch einfache Rechnungen, sobald man die Form der Functionen Y%, und , gefunden hat. Fortführung der oberflächlichen Schichten. Die Strömungsgrösse pP, und p, der beiden Flüssigkeiten ist nicht mehr dieselbe, wie sie bei den gleichen Werthen der Gesehwindig- keiten a, und a, über ebener Wasserfläche sein würde, sondern sie ist im oberen Medium um r,a, kleiner als vorher, im unteren um 7,q,. Denken wir uns nun auf beiden Seiten die Geschwindigkeit — «a, hinzugesetzt, so dass das untere Medium zur Ruhe kommt, die Wellen aber mit der Geschwindigkeit — a, fortlaufen, so fällt unter ebener Grenzfläche daselbst jede Bewegung fort; aber unter der wogenden Fläche tritt ein Strom auf von der Grösse — a,r,, und dafür geht der Wind im oberen Raume nicht durchweg mit der Geschwindigkeit (a, + a,), sondern nahe über der wogenden Fläche tritt eine Ver- minderung der Strömung der Luft im Betrage von a,r, statt. Fe yp von Hermnorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 8617 Diese beiden Ströme bedingen nun, dass die Masse der Luft und des Wassers zusammengenommen ein anderes Bewegungsmoment in horizontaler Richtung haben, als wenn sie mit den gleichen Ge- schwindigkeiten a, und a, über ebener Grenzfläche flössen, und zwar beträgt diese Differenz M des Bewegungsmomentes (in Richtung des Windes als positiv gerechnet): NN Le NEE Ne Gleich Null würde dies nur sein können, wenn SEES wäre, oder indem wir die Windgeschwindigkeit 0 einführen Ass ı b RE ee ee N [87] würde die Gleichung 5° werden Sr7,W —— ——d Sm sr,w = — = 9; Da nun r, und 7, für die gewöhnlich vorkommenden Wellen wenig unterschiedene Werthe haben, wie uns die späteren Rechnungen zeigen werden, und für Luft und Wasser 4 ist, so würde diese Bedingung die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der 5:85 1:77 IN 222 [O8 } Wellen gegen Wasser a, annähernd ergeben: N, Ad, = — 774-4 Für niedrige Wellen ergiebt Gleichung I S. 775 meines vorjährigen Aufsatzes (unter Vernachlässigung der kleinen Grössen z und 9) sts = ——. Setzen wir = 10", was einem ziemlich kräftigen Winde ent- spricht, so ergiebt sich für niedrige Wellen von unverändertem Be- wegungsmoment: ı = 9"98709 a, — 0201291 2 02082792. Diese Wellen von nur 8°” Länge würden offenbar nur den ersten Kräuselungen der Oberfläche entsprechen können, die ein starker, diese treffender Wind augenblicklich erregt. Erst dadurch, dass der- selbe Wind lange über diese erst erregten Wellen hinbläst, und ihnen 868 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. einen Theil des Bewegungsmoments langer Luftstrecken abgiebt, werden Wellen mit höheren Fortpflanzungsgesehwindigkeiten zu gewinnen sein. Daraus würde übereinstimmend mit der Erfahrung folgen, dass gleichbleibend starker Wind, der eine ruhige Wassertläche trifft, schneller laufende, d. h. längere und höhere Wellen erst erzeugen kann, wenn er längere Zeit auf die erst entstandenen Wellen gewirkt, diese auf einem längeren Wege über die Wasserfläche begleitet hat. Gleichzeitig erhellt auch, dass die Wellen unter gleichbleibendem Winde nur wachsen können, wenn der Wind schneller in derselben Richtung vorwärts geht, als sie selbst. Energie fortlaufender Wellen auf ruhendem Wasser. Ähnlich wie mit dem Bewegungsmoment verhält es sich mit dem Energievorrath der Wellen. Unsere bisherigen Vergleichungen der Energie verschiedener Wellen unter einander beziehen sich auf die Energie der relativen Bewegung der Flüssigkeit gegen die als still- stehend gedachten Wellen gerechnet. Der bekannte Satz, dass die lebendige Kraft eines be- liebig zusammengesetzten mechanischen Systems gleich ist, der lebendigen Kraft der Bewegungen relativ zu seinem Schwerpunkte plus der lebendigen Kraft des Schwerpunkts, in welchem man die Gesammtmasse des Systems sich vereinigt denkt, kann mit einer kleinen Änderungsweise des Ausdrucks auch auf unseren Fall übertragen werden. Da nämlich die gesammte Masse des Systems multiplieirt mit der Geschwindigkeit des Schwerpunkts den Betrag des gesammten Bewegungsmoments des Systems in Richtung dieser Geschwindigkeit angiebt, so kann man die lebendige Kraft X des Schwerpunkts auch setzen eis e Minr Mr rc 2 2 y wo M wieder das Bewegungsmoment des gesammten Systems in Richtung von vd, und M die Masse des Systems bezeichnet. Ver- gleicht man nun zwei verschiedene Bewegungszustände und Gonfigura- tionen des Systems mit einander, in denen Z, und /, die lebendigen Kräfte der Bewegungen relativ zum Schwerpunkt, ®, und ®, die potentiellen Energien sind, dv, und dv, die parallel gerichteten Ge- schwindigkeiten des Schwerpunkts, so ist der Unterschied ihrer ge- sammten Energien B-B=8,—-b,+L—-L+:NR-v - -M-v. Füge ich nun ohne die relativen Bewegungen zu verändern bei beiden den Betrag ce hinzu zur Geschwindigkeit des Schwerpunkts in deren Richtung, so wird der Unterschied geändert in 7 a RE NE, = u . . r. If von Hernnorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 869 Ist also M — M, = o, so ändert sich der Werth des Energie- unterschiedes nicht durch Hinzufügung der Geschwindigkeit e. Dies würde, da für unsere wogenden Flüssigkeiten die Unterschiede (X, — #,) und (M, — M,) für jede Wellenlänge endlich sind, selbst wenn die HM, und H,, also die Massen der bewegten Flüssigkeiten in das Unend- liche wachsen, gelten müssen. Also nur für die Wellen, die der Bedingung (5°) genügen, wird der Unterschied der Energie bei ruhenden Wellen und bei ruhendem Tiefwasser gleich gross sein. Nach den oben ausgeführten Sätzen werden stationäre Wellen dieser Art geringere Energie haben müssen, als ebenes Wasser, was also in diesem Falle auch für diese Art von Wellen über ruhendem Wasser gilt. Bei den Wellen, welche grösseres a, haben, wird Zusatz einer gemeinsamen Geschwindigkeit (— a,), welche die Wassertiefe in Ruhe bringt, den Energieunterschied zwischen glatter Oberfläche und Wellen- bildung verändern um den Betrag E-E=E,-E+0 [sar,— sar]. Der Index ı bezieht sich auf die wogende Fläche, 2 auf die ebene, die Strichelung #’ auf ruhendes Tiefwasser, die ungestrichelten # auf ruhende Wellen. Daraus geht hervor, dass die doch meist sehr kleinen Unter- schiede (#, — E,) bei Wellen von erheblicheren Fortpflanzungsge- schwindigkeiten auf ruhendes Tiefwasser übertragen ihren negativen Werth verlieren und einen positiven annehmen werden. Auch hier wird die Energie, die dem vorher ruhenden Wasser in Form der Hebung seiner Oberfläche und lebendiger Kraft seiner Bewegung gegeben wird, der Luft genommen werden müssen. Um den genügenden Betrag für die Bildung grosser Wellen zu gewinnen, wird auch aus diesem Grunde nöthig sein, dass erst lange Luft- schiehten vorübergezogen sind, und einen Theil ihrer lebendigen Kraft abgegeben haben. Im ersten Moment, wo ein neuer Windstoss die Wasserfläche trifft, werden sich stationäre Wellen nur mit M=o und ,—E, = 0 von dem in Gleichung 5° gegebenen Werthe von «a, bilden können. Die letztere Bedingung zeigt an, dass dieselben nahe am Zerspritzen sein würden, was man in der That oft bei ganz kleinen, plötzlich erregten Kräuselungen sieht. Übrigens kommt bei diesen kleinen Wellen, wie Sir Wirzıam Tmonson' nachgewiesen hat, auch noch die Capillarspannung der Flüssigkeit in Betracht, die den Energiewerth der wogenden Fläche etwas höher stellt. ıS, früheres Citat, 870 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Juli. Der Regel nach werden sich also nicht gleich von Anfang an stationäre Wellen bilden, da die Wellen von unverändertem Be- wegungsmoment, einen Überschuss von Energie zurücklassen würden. Wenn sich aber von Anfang an Wellen von theils positiver, theils negativer Differenz des Bewegungsmomentes und: der Energie neben einander auf dem ruhenden Wasser erzeugen, so wird die Summe dieser Differenzen Null werden können. Diese Wellensysteme von verschiedener Wellenlänge und Fortpflanzungsgeschwindigkeit, werden indem sie fortlaufen mannigfache Interferenzen erzeugen, und nach dem von mir für Combinationstöne angegebenen Prineip, was in seiner An- wendung auf die Fluthwellen schon sehr schöne Bestätigungen durch Sir W. Tuomsoxn’s Analyse der von der British Association angeord- neten Fluthbeobachtungen erhalten hat, werden sich auch allmälig Wellen von grösseren Wellenlängen bilden können. So lange der Wind den Wellen noch voreilt, wird er den Energie- vorrath und das Bewegungsmoment der Wellen weiter steigern können, und so lange noch die für ruhende Wellen berechnete Energie ab- nehmen und ein noch tieferes Minimum bilden kann, wird auch die Neigung unter der Einwirkung aller der kleinen Störungen, welehe die mitlaufenden andern Wellen in den Fällen der Wirklichkeit erzeugen, der Form geringster Energie zuzustreben weiterwirken. Diese wird endlich an den Sattelwerth und. zum Zerschäumen der Oberkante führen, falls dies bei der gegebenen Windgeschwindigkeit erreicht werden kann. Ich habe im April d. J. versucht durch Beobachtungen, die ich auf dem Cap d’Antibes anstellte über diese Folgerung aus der Theorie Aufschluss zu gewinnen. Ich maass mit einem kleinen tragbaren Anemometer die Windstärke unmittelbar am Rande der dort theil- weise steil aufsteigenden Klippenwände der schmalen Landzunge, die ziemlich weit in das Meer hineinragt. Indessen zeigten die Beobach- tungen, dass mehrere Male draussen auf dem Meere stärkerer Wind geherrscht haben musste, als ich hatte beobachten können. Ausserdem zählte ich die Anzahl der ankommenden Wogen. Es ist bei den Wasserwellen ebenso gut, wie bei den Schall- wellen darauf zu rechnen, dass bei allen Ablenkungen, Verzögerungen, Dämpfungen, die sie erleiden, die Schwingungsdauer unverändert bleibt. Diese wird man also am Ufer noch ermitteln können, wenn auch die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in flachem Wasser geändert wird, und Form und Länge der Welle sich ändern. Die Anzahl N der Wellen in der Minute wird durch 60a, N A von Hernsorrz: Die Energie der Wogen und des Windes. 871 ausgedrückt. Wenn a, auf na, steigt, steigt, wie mein vorjähriger Aufsatz zeigt, A auf A, und also N N, = —. N Eine Geschwindigkeit a, = 10” würde 9.4 Wellen in der Minute ergeben; dagegen a, = 5" gäbe 18.8. Die Zählung der Wellen ohne registrirende Instrumente ist nun nicht mit grosser Genauigkeit auszuführen, da auf dem Meere, so weit ich es gesehen, immer neben einander Wellen von etwas ver- schiedener Zeitperiode zu bestehen scheinen, welche interferiren, und das den akustischen Schwebungen entsprechende Phaenomen geben. Während des Minimum der Bewegung wird man in der Zählung leicht unsicher. Bei wiederholten Zählungen an derselben Stelle er- hält man also leicht Schwankungen von etwa , eder selbst mehr der gesuchten Anzahl. Die Windstärke, die ich am Ufer beobachtete, ist nicht über 6" 1 gestiegen. Dies war am Abend meiner Ankunft in Antibes, ı. April d. J.; der Wind war OSO. Wellen zählte ich zwischen 8.5 und ıo. Am anderen Morgen, 2. April, waren es noch 10 bis 10.5, obgleich der Wind fast ganz verschwunden war. Die Wellenzahl erklärt sich nur, wenn auf hohem Meere Wind bis etwa 10" bestanden hatte. Der Wind hob sich am 2. April im Laufe des Tages bis auf 4”. Dennoch war die Wellenzahl auch am 3. April noch 9.5 bei ganz schwachem Winde, am 4. April erst war Zunahme wahrnehmbar bis zu 12.5 Wellen. Während einer Reihe von ruhigen Tagen steigerte sich die Zahl der immer kleiner werdendeu Wellen allmälig auf 17 bis 18. Endlich am 7. April fing der Wind wieder an sich zu heben. Am Morgen fand ich 3”3 Windgeschwindigkeit, die im Laufe des Tages bis 5"5 anwuchs, und die Anzahl der Wellen bis auf ı1.5 herabbrachte. Dieses Mal aber war der Ort des stärkeren Windes nachweisbar. In Marseille hatte in der Nacht vorher ein schwerer Wirbelsturm geherrscht, und die von ihm erregten stärkeren Wellen zogen als. ein scharf abgegrenzter dunkelgrauer Streifen vom Meereshorizonte heran, und erreichten Cap d’Antibes gegen Mittag lange vor dem stärkeren Winde, der sie erregt hatte, und der am letzteren Orte überhaupt nicht dieselbe Gewalt, wie in Marseille, annahm. Die wenigen Beobachtungen zeigen also einen Zusammenhang zwischen Wellenzahl und Windstärke allerdings an, und auch Überein- stimmung, wenigstens in der Grössenordnung. Aber die Wellenzahlen sind alle etwas kleiner, als sie aus der Stärke des Uferwindes berechnet 872 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 17. Juli. sein sollten und lassen auf stärkeren Wind in hoher See schliessen. Sie zeigen aber auch, dass die Nachwirkung eines starken Windes mehrere Tage dauern kann. Bei 10” Fortpflanzungsgeschwindigkeit durchlaufen die Wellen in einem Tage 7°/, Längengrade. Wenn also das Mittelmeer bis zur grossen Syrte hin am ı. April durch eine kräftige Brise von 10” Ge- schwindigkeit in Wellen versetzt war, konnten diese 2'/, Tage brauchen, ehe die letzten die Küste von Südfrankreich erreichten. Gründlicher wird sich das Problem jedenfalls erst lösen lassen, wenn Registrirungen der Wogen und ausgedehnte Beobachtungen der Windgeschwindigkeit vorliegen. Letztere sind leider für den April dieses Jahres noch nicht zusammengestellt oder wenigstens noch nicht veröffentlicht, und konnten von mir noch nieht benutzt werden. Br 873 Uber orthogonale Systeme. Von L. KroNEckER. (Fortsetzung der Mittheilung vom 22. Mai |St. XXV1].) Mu Dedeuten Er reallewV. ariabeln und Casa amer5 Can solehe Werthe derselben, die den -n(n + ı) Bedingungsgleichungen genügen: sn (59) So, (,k=1,2,...n;g & = Orb» | ik =y1 (Geha, KB 2ren), i Sa N | —_ a > 2 Gr = Os 6 ==) —] (g, h,i,k = 1, r,...N). i .. . 9(— N ) Nun entstehen sämmtliche Systeme (2) aus den Systemen ( u dureh die Substitution: = — (ki, 2 San), ed n (+) ık > Ik und es können daher auf diese Weise die beiden - n(n — ı) fachen Mannigfaltigkeiten orthogonaler Systeme: H 7) (a )> Ci auf einander eindeutig bezogen werden. 874 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Aus den Gleichungen: > Ar O4:2) Chr = O ar Cr (hiük=1,2,...n) h folgt die Determinantenrelation: | Ci Sr 642 | | &e| — |d4 + er | („k1,2...n). Nimmt man hierin für (Z,) ein System mit der Determinante — ı und setzt dann 2= ı, so resultirt die Gleichung: Kl (N dnsesi): Die -n(n — ı) fache Mannigfaltigkeit (2\,') besteht also aus lauter ortho- gonalen Systemen, welche sich der am Schluss des art. V entwickelten Csyrey'schen Darstellung entziehen. Aber von orthogonalen Systemen (257) giebt es, wie nun gezeigt werden soll, keine !n(n—ı) fache Mannigfaltigkeit, für welche die Bedingung: | # +4] = 0 (KT, ZUR) erfüllt wäre. Gäbe es nämlich eine solche —n(n— ı)fache Mannigfaltigkeit, so müssten -2(n 1) von den Grössen 2” beliebig bestimmt und dabei die Gleichungen: DEAD da, |] nl Be] — ei [3 durch reelle oder complexe, endliche oder unendliche Werthe der übrigen Grössen &/ befriedigt werden können. Es müsste also, wenn: (ea 2 250) gesetzt wird, bei beliebiger Annahme von -n(n—ı) Grössen 2,;, den homogenen Gleichungen: S Ne u NED r BER: 2 Sue, || N (60) Den Zi = O,n2 h 12 | I 2 + Ö| ==0) (3 Kae) i so genügt werden können, dass eine der n°’-+ı Variabeln z unbestimmt bleibt. Wählt man nun für die © n (n—ı) Grössen 2,., bei welchen jeder der beiden Indices kleiner als 2 und der erste nicht kleiner als der zweite ist, die Werthe: a aa 0 (2, kn 2... ER RS so bestimmen sich die Werthe der übrigen Grössen 2,. mittels der Gleichungen: Se] Re u "gihi Ö,n2 Zn Narren ) i KroneckEr: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 875 in folgender Weise: Sk == 0, Zn > 9; Zu 9 (KR 1 252.0 n—1;i< ik gleich Null ist, nur eine besondere, minder ausgedehnte Mannigfaltigkeit bilden, so lassen sich die sämmtlichen Systeme der -n(n — ı)fachen Mannigfaltigkeit (2{”), abgesehen von einer darauf befindlichen beson- deren Mannigfaltigkeit geringerer Ausdehnung, in der Cavrrv’schen Form darstellen. Bezeichnet man demnach mit r,. für solche Werthe der Indices, bei denen ıSi n(n — ı)fachen Mannigfaltigkeiten besteht, von denen die eine die orthogonalen Systeme mit der Determinante + ı, die andere diejenigen mit der De- terminante — ı enthält. Dem Nullpunkt der Zn (n — ı) fachen Mannigfaltigkeit r,;., d. h. dem Systeme: 70 WEZHLETN), entspricht in der Mannigfaltigkeit (SP) der Punkt: She m ar BEI 2 en) ‘P). Für solche Punkte der Mannigfaltig- also das Einheitssystem (< keit (2(P), für welche die Determinante des Systems (&{P + d,) gleich Null ist, giebt es in der ebenen Mannigfaltigkeit (r,) keine ent- sprechenden Punkte in endlicher Entfernung vom Nullpunkte, d.h. keine solehen, für welche jede der ;n(n —-ı) Grössen r,, und also die Quadratsumme: > (novel) 1, k einen endlichen-Werth hätte. Bezeichnet man diese Quadratsumme mit 7° und setzt: Te — PT f Wk— 2,.-uN0B>oR so erfüllen die Systeme (r,,), da die Summe der n’ Grössen r,, gleich Eins ist, eine »einheitssphaerische« Mannigfaltigkeit. Nach diesen Vorbemerkungen kann das im art. VII erlangte Resultat folgendermaassen formulirt werden: Wenn rn ungerade ist, nähert sich die der gesammten sphärischen (>n (n — 1) —- ı)fachen Mannigfaltigkeit (pr,.) ent- sprechende Punktmannigfaltigkeit (2SP) mit wachsendem p derjenigen, welche von den orthogonalen symmetrischen Systemen (25) gebildet wird; wenn aber n gerade ist, so tritt dies nur für diejenige Punktmannigfaltigkeit (2{) ein, welche der besonderen durch die Bedingung: |z.| (,k= 1,2,...n) charakterisirten ( entspricht. „n(n—- ı)— 2)fachen Mannigfaltigkeit (pr,,) os Krosecker: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 877 Es ist also für ungerade Zahlen » die unendliche sphaerische (zn (rn — ı)— ı) fache Mannigfaltigkeit (7), für gerade Zahlen n die unendliche sphaerische (-n(n— ı) —- 2) fache Mannigfaltigkeit (r,) mit verschwindender Determinante, welche der Mannigfaltigkeit der orthogo- nalen symmetrischen Systeme (25) entspricht. Aber da die Mannig- faltigkeit der letzteren, wie schon Hr. Lirscnız gezeigt hat,' eine geringere ist, so treten sie bei der angegebenen Beziehung zur Mannig- faltigkeit (7,,) mehrfach auf. IX. Nunmehr sollen, gemäss der Ankündigung im Eingang des art. V, die Eigenschaften des aus den „n(n +1) Elementen: in Oyn — > WW; (GERT, 2 mans geh) 11 bestehenden Modulsystems untersucht werden, weil dadurch eine vollständigere Einsicht gewonnen wird als durch die Untersuchung des für orthogonale Systeme (Z,,) charakteristischen Gleichungs- systems: 1) I I il — © (han2,...n; g WW — In? (,h=1,2,...n; gk), sich die Werthe der übrigen Variabeln w in folgender Weise be- stimmen: ID SENDE 0 BO (hi, k=%2,..n— IE oh): Tr —— Es bleibt also nur eine einfache Mannigfaltigkeit der n° + ı Grössen ı, und es ist somit, wie gezeigt werden sollte, in der That v= o. Das Modulsystem: (61) > ww — Op (GR=12, ne ist dem Modulsysteme: (62) >, WW — On (,h—1,2,...n; g00, 0 — Ogh (Rn 2, engen 3 = so bestehen, gemäss den Formeln (39) im art. V, die Relationen: — ’ u \ ’ . Da = WW Pirs Pyr = Dnwißi (,h,,k= 1,2,...n). i,k i,k Da nun das Produet jedes Elements des zu (?e,,) reeiproken Systems (1, mit der Determinante W des Systems (1,) eine ganze Grösse des Be- reichs der n°’ Grössen 0, ist, so erhält man durch Multiplieation mit W die Congruenzen: (64) Wo, = o (modd. Pu), Wo, = o(modd. 4) (hik=ı,2,.n). KronEcker: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 379 Aus den Congruenzen t=n ion > WW Oyn (modd. &;.), > wo = On (modd. @,,), 2 —ıI t=ı (GER, 2,7) folgt aber, dass für beide Modulsysteme ($,) und (®,) die Congruenz: stattfindet, und man gelangt daher, wenn man die Congruenzen (64) mit W multiplieirt, zu den beiden Congruenzen: Pd, = o(modd. ,), $,, = o (modd. &;,) (,h,i,k=1,2,...n), durch welche die nachzuweisende Aequivalenz der beiden Modul- systeme (61) und (62) begründet wird. Da für das Modulsystem (61) die Congruenz W° = ı besteht, so muss für jedes darin enthaltene Primmodulsystem die Determinante W entweder congruent + 1 oder congruent — ı sein. Jedes in dem Modul- system (61) enthaltene Primmodulsystem muss daher in dem einen oder dem andern der beiden Modulsysteme: ah > gi an i—n (65) > 4%; — 0, We ) >w WW — On, W+1 („h=1,2,...n) a1 1 enthalten sein. Diese beiden Modulsysteme sind aber selbst prim; denn, wenn eines derselben ein Modulsystem n(n-+r)ter Stufe: (Il. enthielte, so würde die durch die Gleichungen M—=o, M’=o, M” = o,.... repraesentirte “n(n — ı)fache Mannigfaltigkeit einen Theil derjenigen bilden, welche durch die Gleichungen: in >w WE = 0, We (yR=1,2,...n.g w,0 — 23) (dk 172,2 20) —ı 880 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. da bei der bezeichneten Composition die Elemente: in > Wgi Uns rs On (9 h —I,2,... n) I sowohl mit W +1 alsauch mit W — ı multiplieirt vorkommen und also die Differenz von je zwei solchen Producten dem aus der Gomposition entstehenden Modulsystem als Element hinzugefügt werden kann. X. Die Aequivalenzeigenschaft, welche im vorhergehenden Abschnitte für die beiden Modulsysteme (61) und (62) dargelegt worden ist kommt auch den allgemeineren Modulsystemen zu: = N (67) > Ugi in — Oyn i (gr Zr)" 4: Ä f (68) > Dyın — Op ü in welchen die Grössen: Urs Or (He) je n” unbestimmte Variable bedeuten. Um dies nachzuweisen, setze ich zur Abkürzung: M,, — DU 1 Öyn > M zn = >37 Urn On (gu Rn oe) i i || = 0% |va|=V kN 2er): Alsdann bestehen die Relationen: oU — I 905, Mon — UM,;, ; g,h gq Aal Alpes: (,h,,k=1,2,...n), Do 2 My, — VM;, g,h “ gi und also die Üongruenzen: (69) UM, = o (modd. M,), VM,.= o (modd. M,,) (kn) Ferner ergeben sich unmittelbar aus den Definitionen von M,, und M, die Uongruenzen: (70) > U = d,,(modd. M;,) , > DU = d,,(modd. M,)» WER k—=1,2...n) und hieraus folgt, dass für jedes der beiden Modulsysteme (M,;,) und (M,) die Congruenz: uUV=1ı Krosecker: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 881 stattfindet. Multiplieirt man nun die erstere der beiden Congruenzen (69) mit V, die letztere mit U, so resultiren die beiden Congruenzen: M;. —= o(modd. M,), M,.= o (modd. M,,) (,k=1,2,...n), durch welche die nachzuweisende Aequivalenz der beiden oben mit (67) und (68) bezeichneten Modulsysteme (M,,) und (M,) begründet wird. Die ersteren der beiden Congruenzen (70) definiren das System (r,,) als »das zu (%,), im Sinne der Congruenz für das Modulsystem (M,,), reciproke«; ebenso definiren die letzteren der beiden Congruenzen (70) das System (w,) als »das zu (2,), im Sinne der Congruenz für das Modulsystem (M;,), reciproke«. Da sich nun die beiden Modulsysteme (M,) und (M,,) als einander vollkommen aequivalent erwiesen haben, so erweisen sich auch die beiden Definitionen als aequivalent. Der ebenso einfache als wichtige Satz, dass das reeiproke eines reciproken Systems das ursprüng- liche System ist, behält daher im Sinne der Congruenz für jedes beliebige Modulsystem seine Gültigkeit. Denn wenn die n* Gongruenzen: N Duo = 0d,, oder also M„,= 0 (hi ı,2,...n) i für irgend ein Modulsystem (M, M’,...) des Rationalitätsbereichs R,N”,...) bestehen, sobald für %,., ©;. gewisse ganze Grössen U;.. V;. desselben Bereichs gesetzt werden, d.h. also, wenn das System W,). im Sinne der Öongruenz modd. W,M”,..., zu (U) reciprok ist, so ist das Modulsystem (M, M’,...) in dem Modulsystem (M,,)) und also auch in dem aequivalenten Modulsystem (M,,) enthalten, d. h. es be- stehen auch die rn” Gongruenzen: BEN \ M„= o oder > Ol = (modd.M,M’,..) gAi=n2...n), ı sobald darin ®,, für vo, und U, für «,, substituirt wird, und es ist daher auch, im Sinne der Congruenz modd. W,M”,..., das System (l;,) reciprok zu (B;). Für die Doppelsumme: > Dei Uy(VUy— Op) (GuRease — m, 2, an) Ai erhält man, je nachdem man zuerst nach 4 und dann nach 7 oder in entgegengesetzter Folge summirt, die beiden Ausdrücke: rır — "IT a rrr 7 Vz (U y = ) > ogi M;; Pi y U > gr + > \ U = Up) Myn . 7 Ah Eneaoil) 882 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Hieraus erschliesst man, da UV = ı (modd. M,,) ist, die Congruenzen: v4; — VU, = o (modd. M,,) oder (mon. > u, %— 3): (Ga, k 1, 25 2) Andererseits resultiren aus den Gleichungen: em en > %— On — (UV—ı)d,+ > u,(on — VU,) (,h=1,2,...n) Bu N die Congruenzen: = > u40% — 6, = o (modd. UV-ı, 0, — VU,) (g,A,i,k=1,2,...n). 6 I Es besteht daher die Aequivalenz: (71) (Zur usw N) (,h=1,2,...n), welche bei Vertauschung der Grössen v und » in folgende übergeht: (2 U 34) © ® oo (UV— ’ I, Un — U V,n (g,h= ee): t=ıI (72) Da nun, wie oben gezeigt worden ist, die beiden ersteren Modul- systeme in den Aequivalenzen (71) und (72) einander aequivalent sind, so sind auch die beiden Modulsysteme: (UV-ı, — UV, > (UV-ı, VO VT,) (gern) einander De xl. Setzt man: Ur = Wr + dx, |%.| =U (RZ 1,2,...n), so gehen die obigen Gleichungen (63), sowie die im art. V an- gegebenen Formeln (34) für v« = ı, in folgende über: h=n Pir = „> Un Ugn — Ur — Up er: =ıI und das System (w,.— d,) ist für das Modulsystem (#,) sowie für das aequivalente System (®;) ein orthogonales. Setzt man ferner: NDR — 0. U DE ik, 2, en), so hat man, entsprechend den Relationen (37) im art.V, die Öongruenzen: KRronecker: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 383 \ Dreh = = Da Yu n Yun = > U One Dir (9) Ro an) ; i,k für das im vorhergehenden Abschnitte mit (M,,) bezeichnete, aus den ° Elementen: y—m Dita On (uk 1, 2, Son) v—ı bestehende Modulsystem. Es ist daher: 6, = 0 (modd.\Y;, My), Ya = 0 (modd.$;, M;) (k=1,2,...n), d. h. die beiden aus je 2° Elementen bestehenden Modulsysteme: (Bu; Mi); (Yu, Mi) (R=1,2,...n) sind einander vollkommen aequivalent. Indem man nun für die Ele- mente &4, W;, M;. ihre Werthe substituirt, erhält man die funda- mentale Aequivalenz: hzn h=n h zn Ö (73) (2 Un Un Ur — Uri > >> Un Onk 3.) o (ü- Vie T Ups >, Urn Op 3.) khzı h=ı TEE und also unter Benutzung der im vorhergehenden Abschnitte her- geleiteten Aequivalenzen (71), (72) noch die beiden folgenden: h=n pr ’TT EIN r . IT IMG (Drums U, U — VL .) (9 — dp, % —VU,, UV— 1), Bir h=n (75) (3 Up Un — Up — Up, U — un.) ld 00 U, UV, UV-.ı), ar welche die Ausdehnung der Cavrerv'schen Darstellungsweise orthogo- naler Systeme auf solche Systeme enthalten, denen die Eigenschaft der Orthogonalität nur für ein gewisses Modulsystem zukommt. Um dies näher darzulegen, seien: Ur Mean) solehe ganze Grössen eines natürlichen Rationalitätsbereichs (RR... .), dass das System: (u, — 64) EN RIRARBEN im Sinne der Congruenz für ein demselben Bereich (R,R”,...) an- gehöriges Modulsystem (M,M”,...), ein »orthogonales« wird. Die hierfür charakteristischen Congruenzen sind sowohl: h=n (76) Dun — U; = 0 (modd.W,M”,...) (ka, 2,2. n) h=ı 834 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. als auch: ” h=n (76) DU U = 0 (modd. W,M”,...) (ik 184%.,0). h=ı Falls nun das System (u,) überdies die Eigenschaft hat, dass die Determinante U, im Sinne der Congruenz modd. M,M’,..., ein Divisor von ı ist, d. h. dass es eine ganze Grösse ® des Bereichs R,R”,...) giebt, welche mit U multiplieirt der Einheit congruent ist, so resultiren aus der Aequivalenz (74), wenn darin: De VU; (= 2 2m) gesetzt wird, die Gongruenzen: (7 7) [on BU; BU; == 0 (modd. M, M, .. .) Gk=n2,.. .n), in welchen ® durch die Congruenz bestimmt ist: VB = 1 (modd.M,M’,...);, und U,, die Elemente des zu (u,) adjungirten Systems bedeuten. Wenn andererseits die Elemente eines dem Bereich (R/,R’,...) angehörigen Systems: "du (kan) den Congruenzen genügen: d4 —N (iyE= 152,292) und überdies die Eigenschaft haben, dass die Determinante des Systems (v,.), welche mit ® bezeichnet werden möge, im Sinne der Congruenz modd.M,M”,... ein Divisor von ı ist, d.h. dass es eine ganze Grösse ll des Bereichs (RR, ...) giebt, welche mit V® multiplieirt der Einheit eongruent ist, so resultiren aus der Aequivalenz (75), wenn darin: un nl, (,k=1,2,...n) gesetzt wird, die Congruenzen: h zn (78) > UV, UV, 773 IV; 2 UV; 40 (modd. M, M > ... ) > a, (GekE=Ts2n nee) in welchen ! durch die Congruenz bestimmt ist: UV = ı (modd.M,M”,...), und 9, die Elemente des zu (v,) adjungirten Systems bedeuten. Man erhält somit alle, im Sinne der Öongruenz modd.W,M”, ..., orthogonalen Systeme: (ur — du) (ek 2 ya) KronEckEr: Über orthogonale Systeme. (Forts.) 885 für welche die Determinante: lu; | Nun or en); im Sinne der bezeichneten Congruenz, ein Divisor von ı ist, wenn man aus allen Systemen (v,), deren Determinante VW in eben dem- selben Sinne ein Divisor von ı ist, also einer Üongruenz: UWB=ı (modd.M,M”,...) genügt, und für welche überdies die Congruenzen: OÖ — 0 — In = 0 (modd.M,M”,...) erfüllt sind, Systeme (u,) mittels der Gleichungen: De (‚k=12,...n) bildet. Denn dass diese Systeme orthogonale (im Sinne der Con- gruenz modd. W, MM, ...) sind, geht aus den Congruenzen (78) hervor, und dass es keine anderen giebt, wird durch die Congruenzen (77) dargelegt. (Fortsetzung folgt.) -. iA ZEILE wi, [= tr Wr; Anh . Fi y Ki . , In“ ni Ay ua late Ant RN as le RE Fe, = aaa ERRRERTEN 2 ı v' N 1 KARR e Es TREUEN. U U RR "96, 1‘ se u r ! v N A N A en 7 x RBIRE Ei hr ARE ‘ re. $ j f N er Er“ RL Ä rer: nl Tuer Ri Pr 1 EN US N mn... t Mh ji N } a ur vlt) 4 Ne = Et EINE A OR Jule “ a Ken RE in £ j 4 f . BRUNEI TREE je va Teer 5, Ka Ta : MR lunzrann:) ARD AOL NR Be Ka u * ee REDE er: { Ali Kar Seh IE ei De A ar Yu 2 war } r Br a, Aultane I, BIT F ae Aa BIGrT a3 "SIR RE a ee Ba; ä “ R5 [4 % “ } L F * u M. un e x R Y RR RR Neue histologische Untersuchungen über die Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. Von Dr. RoBERT SCHNEIDER in Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Schurze am 28. November 1889 [S. B. S. 1045].) Hierzu Taf. V. Ir meiner einleitenden Arbeit über natürliche Eisenresorption im thie- rischen Körper war auch der Resultate Erwähnung geschehen, welche die Untersuchung einiger Exemplare von Proteus anguineus Laur., dieses auch in anderweitiger histologischer Beziehung so interessanten Höhlen- bewohners, ergeben hatte.‘ Darnach konnte gerade der Körper dieser Kiemenmolche als zu intensiver und typischer Eisenresorption in hohem (rrade neigend bezeichnet werden, entsprechend dem allgemeinen, von mir aufgestellten (resetze, dass subterran lebende Wasserorganismen diese Eigenthümlichkeit und Fähigkeit in hervorragender Weise besitzen. Indessen verdiente dieses Untersuchungsobjeet, bei seiner besonderen histologischen Bedeutung, weiteren und umfassenderen Verfolg, um den schon gewonnenen Ergebnissen vollen Werth zu verleihen. Besonders interessante, zum Theil neue, zum Theil die früheren bestätigende Thatsachen hat nun ein Protrus-Exemplar geliefert, welches mir durch die Gefälliskeit des Hrn. Prof. Dr. Mösmws und des Hrn. Dr. Rrıcnhenow zum Zwecke der Untersuchung auf Eisen- resorption übermittelt worden war. Dasselbe hatte längere Zeit im Ber- liner Aquarium gelebt und war nach seinem Tode in den Besitz des Zoologisehen Museums übergegangen. Äusserlich war der Körper dieses Ölmes in besonders hohem Grade durch jene Erscheinung charakterisirt. welche, wie schon mehrfach beobachtet, eine regelmässige Folge län- geren Aufenthaltes am Tageslichte oder wenigstens im diffusen Lichte zu sein scheint: nämlich durch eine lebhafte Nachdunkelung der sonst ! Abhandlungen der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch.: Über Eisenresorption in thierischen Organen und Geweben. 1888. S. 41. 888 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 28. Nov. 1889. bleichen oder doch nur lieht fleischfarbenen Hautdecke, wie sie für den unter normalen Bedingungen, d. h. im Dunkel lebenden Olm so bezeichnend ist. Daher war, seitdem jenes Nachdunkeln der Körper- oberfläche beobachtet worden, die Auffassung naheliegend, dass die unter dem Einflusse von Lichtmangel verloren gegangenen oder stark redueirten Pigmente vieler Höhlenbewohner durch nachhaltige Ein- tlüsse entgegengesetzter Art sich allmählich wieder zu bilden im Stande seien; ganz entsprechend der Thatsache, dass auch Pflanzen, im Dunkel aufgezogen und dadurch dem Etiolement verfallen, wieder dem Lichte ausgesetzt verhältnissmässig schnell Chlorophyll zu bilden pflegen. Auch an anderen Dunkelthieren, wie z. Be Gammariden, konnte ähnliches constatirt werden.' Der hier in Frage stehende Proteus nun war gleichfalls längere Zeit hindurch dem Lichte ausgesetzt gewesen und forderte bei der Intensität seiner Nachdunkelung zu einer genaueren Untersuchung der hier obwaltenden feineren Verhältnisse und Gesetzmässigkeiten heraus. Bei obertlächlicher Betrachtung mit der Lupe traten, als Hauptursache der besonders strichweise stark .bräunlichen Färbung, die zahlreich über den Körper verbreiteten Hautdrüsen hervor, welche überall als schwarz- bis rothbraune Punkte erschienen; übrigens schien wenigstens ein Theil der Färbung seinen Sitz in den tieferen Körper- bez. Fleisch- schichten zu haben, was die nachfolgende Untersuchung auch bestä- tigen sollte. i Das Prineip, welches mich bei der genaueren Beobachtung gerade dieses Objects leitete, war folgendes. Schon früher war nachgewiesen worden, dass jene bräunlichen oder schwärzlichen, im Körper der Vertebraten entstehenden und allgemein verbreiteten Pigmente, be- sonders das Melanin, eisenhaltig seien. Physiologisch glaubte man dies mit der Entstehung jener Stoffe (sowie auch der Gallenpigmente) aus zersetzten Blutkörperchen in Verbindung bringen zu sollen” Nun hatte sich der Proteus als ein Thier bekannt gemacht, welches, für gewöhnlich bleich, unter den Einwirkungen des Lichtes verhältniss- mässig schnell jene Hautdunkelungen erkennen lässt, die aller Wahr- scheinlicehkeit nach auch nur von der nachträglichen Bildung und Ablagerung organischer Farbstoffe der eben erwähnten Art herrühren konnten. Andererseits hatten nun aber meine histologischen Unter- suchungen ergeben, dass sich im Körper des normal lebenden Proteus, besonders den central gelegenen Organen desselben, also den Einge- weiden, besonders Leber, Milz und Darm, aber auch im Skelette, ! Frıes, Mittheilungen aus dem Gebiete der Dunkelfauna. S. 5. 2 Vergl. Abhandl. der Akad. a. a. O. S. 6. .. * ” a @ n } ScHNEIiDER: Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. 889 eine auffallend bedeutende Quantität Eisen aufzuspeichern pilegt, dass also ausser dem Eisen der Blutkörperehen hier meist noch ein wesentlicher Überschuss vorliegt, über dessen Bedeutung, Verbleib und fernere Verwerthung, besonders unter geänderten Lebenshbedin- gungen, man sehr zweifelhaft sein konnte. Hingegen hatten sich die peripherischen Körpertheile, d. h. besonders Haut- und Muskel- system, bei den bisher untersuchten, der natürlichen Fundstätte direct entnommenen Exemplaren als ziemlich eisenfrei ergeben.' Diese Thatsachen, zusammengehalten, legten mir den Gedanken nahe, dass jene Hautdunkelungen mit der Ablagerung oder Aus- scheidung von Eisenverbindungen in direetem oder indireetem Zu- sammenhange stehen möchten. Schon die zunächst nur behufs ober- flächlicher Prüfung an den verschiedensten Körpertheilen vor- genommenen Untersuchungen sollten diese Vermuthung bestätigen. Bei probeweiser Behandlung einzelner grösserer Stücke und Körper- abschnitte mit Ferroeyankalium und Salzsäure erfolgte nicht nur sofort eine meist intensive Bläuung der ganzen Hautschichten, welche sich noch ein gut Stück in die tieferen Lagen hinein erstreckte, sondern es traten auch ganz besonders die vorher bräunlichen Hautdrüsen als tiefblaue Punkte hervor. Die lichtorangefarben erscheinenden Rumpf- muskelschiehten, besonders die nach innen zu gelagerten, behielten ihre Naturfarbe bei, während die vorher farblosen Bindegewebshäute der inneren Rumpfhöhle, des Gaumens u. s. w. sich ebenfalls lebhaft bläuten. Die feinere histologische Untersuchung nun, welcher eine grosse Zahl von Dünnsehnitten dureh alle wichtigeren Organ- und Gewebe- theile zugrunde gelegt wurde, ergab zunächst auch an diesem Exem- plare eine Reihe von Bestätigungen der schon vorher von mir be- obachteten Verhältnisse. So war auch hier wieder jene für den Proteus so charakteristische Eisenresorption im ganzen Skelett- systeme zu verfolgen, insbesondere in der eigentlichen faserigen Knochengrundsubstanz, sehr stark auch wieder in den Zähnen unter kräftigster Anhäufung in den Spitzen derselben (Fig. 9), wobei aber gerade an diesen Organen deutlich zu erkennen war, dass der ursprüngliche Sitz der Resorption ein tieferer ist und dieselbe schon vorher den papillaren Anlagen zukommt,’ von da aus sich dann " Dass speciell den Hautdrüsen jener ihrem natürlichen Aufenthaltsorte direet entstammenden Thiere die Eisenresorption fehlte, habe ich besonders hervorgehoben. Aa O 18.57. * Ich habe inzwischen diese Erscheinung als für alle Amphibien und Fische gesetzmässig nachgewiesen, als im offenbaren Zusammenhange stehend mit dem Wasser- aufenthalte dieser Thiere. Vergl. Humboldt, Bd. VIII, Heft 9, Verbreitung und 390 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 28. Nov. 1889. während der weiteren Entwickelung besonders den Zahnkronen mit- theilend. Wenn irgend etwas, so scheint mir diese Thatsache dafür zu sprechen, dass dem Eisen an ‚gewissen Theilen des Thierkörpers die Function eines irgendwie schützenden oder festigenden Momentes zufällt. Während also die wirklich ossifieirten Partieen überall eisen- haltig waren (Figg. 8 und 9), zeigten hingegen die inneren knor- peligen Lagen nur geringe Spuren davon, und konnte ich besonders jene scharfe Eisenresorption in den Kernen der Hyalinknorpelzellen hier nicht nachweisen." Die ganze Ablagerung macht also, im Gegen- satze zu den früher untersuchten Exemplaren, soweit zunächst das Skelet in Frage kam, den Eindruck einer mehr in die peripherischen Lagen concentrirten. Die Leber, welche ich ja allgemein als ein hervorragendes Centralspeicherorgan für das im Körper assimilirte und weiter zu verwerthende Eisen nachgewiesen habe, zeigte auch hier kräftige Ab- lagerungen, welche in gleichförmiger Vertheilung der gesammten bindegewebigen Grundlage des Organes zukamen, aber sich auch wieder ganz besonders in jenen dunkelfarbigen Massen concentrirten, die keineswegs, wie Lrypıs meint, blosse Pigmenthaufen sind, sondern sich zu einem grossen Theile aus eisenoxydreichen Bestandtheilen zusammensetzen.” In den Kernen und Plasmen der secernirenden Zellen hingegen waren keine bemerkenswerthen Resorptionen vorhanden. In der Milz waren es ebenfalls wesentlich die bindegewebigen Theile, die 'Trabekeln, das feinere netzartige Fachwerk und theilweise die Malpighischen Körper, welche Eisengehalt zeigten. Die Resorptionen in den verschiedenen Partien des Traetus waren — im Vergleiche mit den früher beobachteten und abgebildeten® — als ziemlich schwach zu bezeichnen, ein offenbarer Beweis dafür, dass diesem Organe, Bedeutung des Eisens im animalischen Organismus, S. 6 und 7 separ. — Natur- wissenschaftliche Rundschau, IV. Jahrg. Nr. 43, das Eisen im Körper meer- bewohnender Thiere, S. 546. — 17. 2..0. Taf III, Rie.oo. ® Ich hatte in meiner früheren Arbeit diese Eisenanhäufungen als Cumuli be- zeichnet. Vergl. a. a. 0. S. 42. An weiteren jüngster Zeit untersuchten und frisch getödteten Profeus- Exemplaren konnte ich nachweisen, dass sich bei der Bildung dieser Cumnuli sehr wesentlich Massen von Blutkörperchen, die ja hier beim Proteus auffällig gross sind. betheiligen, meist in schon mehr oder minder zersetztem und verödetem Zustande, zuweilen aber auch als solehe erkennbar und auch dann mit deutlichem, direet nachweisbarem Eisengehalte und zwar im Kerne, vergl. Figg. 3 und 4, Taf. II. Das Haematin derselben war insofern schon einer gewissen künstlichen Zersetzung anheimgefallen, als die Objeete vorher behufs Härtung mit Chromsäure behandelt worden waren. Jedenfalls weisen auch diese Thatsachen von neuem darauf hin, dass, wie ich schon damals betonte, die Blutkörperchen in der Leber am ehesten geeignet sind, über Natur und Form ihres Eisengehaltes Aufschluss zu geben. > A.a.O. Taf. II, Figg. 8 und ıı. SchnEiDErR: Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. s9] welches doch die im Körper weiterhin verwendeten Eisenmassen zu- erst aufzunehmen hat, in vorliegendem Falle schon lange Zeit hindurch keine Gelegenheit mehr geboten war, Eisen in erheblicheren Mengen zu resorbiren. In der That hatte das hier behandelte Thier im Berliner Aquarium gewöhnliches, eisenarmes Wasser zum Aufenthalte gehabt und die übrigens im Körper vorhandenen, zum Theil so ausser- ordentlich starken Eisenmengen offenbar schon aus seiner Heimath mitgebracht. Die geringen Resorptionen im Darme beschränkten sich auf die submukösen und serösen, also wieder die vorherrschend bindegewebigen Schichten. Überhaupt war es unverkennbar, dass alle in den eben aufgeführten, mehr central gelagerten Organen deut- lichen Eisenresorptionen an Intensität und Ausdehnung weit zurück- standen hinter jenen, wie ich sie früher in den entsprechenden Körper- theilen beobachten konnte. Das gerade Gegenstück dazu aber lieferten die peripherischen, die eigentlichen Rumpfwandungen bildenden Partien dieses Ölmes. Es wurden nun die verschiedensten Körperstücke, vom Kopf bis zur Caudalgegend hin, meist auf Querschnitten, einer eingehenden Prüfung unterzogen, also derart, dass die Gesammtmuskulatur, das Skelett- und Hautsystem im Zusammenhange übersehen und auf ihre gemein- same Beziehung zu der hier vorliegenden starken Eisenresorption untersucht werden konnten. Das hierbei zu Tage getretene Resultat dürfte den Proteus in histologischer Beziehung noch beachtenswerther erscheinen lassen als schon bisher. Vom Skelettsysteme aus, dessen Eisenablagerung schon vorhin erörtert, waren die grossen Ligamenta intermuscularia, gewisser- maassen als strahlenförmige Ausläufer des vertebralen Centrums, als eisenhaltig zu verfolgen (Fig. 8). Dieselbe Figur gibt das Gesammt- bild eines solchen Querschnittes und lässt die hier geschilderten Resorp- tionsverhältnisse im Zusammenhange übersehen. Von da aus erstreckt sich die Eisenresorption in die feineren bindegewebigen Auskleidungen der Muskelfaseien und -Elemente, und zwar eben so gut in Perimysium wie Sarkolemma. Wie man aus jener Figur ersieht, findet sieh die Haupteoncentration zwischen den peripherisch gelagerten Muskelfasern. Die Ergebnisse der feineren histologischen Untersuchung sind in den Figg. 3 und 4 der Tafel zur Anschauung gebracht. Fig. 3 stellt einen Längsschnitt durch solche mehr oberflächlich gelagerte Muskelpartie vor. Man sieht hier, dass die fibrillären Bindegewebselemente selbst, welche zwischen den einzelnen Muskeleylindern sich hinziehen, die Träger der Eisenresorption sind. Fig. 4 gibt einen diesbezüglichen Quersehnitt, welcher erkennen lässt, dass die Umhüllung der Muskel- elemente durch das eisenhaltige Bindegewebe eine vollständige ist, also Sitzungsberichte 1890. 76 892 Sitzung der phys.- math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 28. Nov.1889. der Eisengehalt des letzteren hier zwischen die feinsten Fugen ein- dringt. Die stärker vergrösserte Fig. 5 zeigt, dass ausser den Fi- brillen aber auch die Bindegewebskörper in gleichem Maasse bei der Resorption betheiligt sind, was übrigens auch aus Fig. 6 ersichtlich ist. Dabei scheint das einzelne hier in Frage kommende Bindegewebs- körperchen das Eisen wesentlich in seiner äusseren Schicht zu ent- halten, da die fein granulären Inhaltstheilchen mit mehr graulicher Farbe durchschimmern. Noch eine andere Erscheinung geht aus Fig. 5 hervor: dass nämlich auch die Kerne der (hier im Schrägschnitte dargestellten) Muskelelemente selbst von der Eisenresorption getroffen sein können. Dieser auffällige Befund ergab sich hier mehrfach innerhalb der an der äussersten Peripherie, also direet unter den Hautlagen, sitzenden Muskelgruppen, zumal da, wo die Eisenablagerung in die betheiligten Bindegewebsschichten eine besonders kräftige war. Die eisenhaltigen Muskelzellkerne finden sich auch, wie aus der Figur hervorgeht, mit Vorliebe an Stellen, wo stark eisenhaltige Bindegewebselemente, be- sonders Bindegewebskörper, unmittelbar angrenzen. Es steht dies in einem gewissen Widerspruche zu der im übrigen von mir als allgemeines Gesetz hingestellten Thatsache, dass die eigentlichen Muskel- (und Nerven-) Elemente von der Eisenresorption nicht be- rührt zu werden pflegen." Denselben Fall hatte ich übrigens an der Muskulatur der schon früher untersuchten Proteus-Exemplare ver- einzelt beobachtet, stellte ihn aber damals noch als zweifelhaft hin.” Jedenfalls scheint er etwas Aussergewöhnliches und Seltenes zu sein und nur bei so ausnahmsweise intensiver Eisenaufnahme, wie sie hier. ja vorliegt, denkbar, denn ich muss auch nach meinen weiteren umfangreichen Untersuchungen über die Muskulatur jenes Grundgesetz vollkommen aufrecht erhalten. Immerhin ist es bezeichnend, dass es gerade wieder die Nuclei sind, welche auch hier die Neigung zur Resorption bekunden. Fig. 6 stellt ein Stück der bindegewebigen Membran dar, welche die gesammte Rumpfhöhle innerlich auskleidet, bez. der. Körper- muskulatur gegen die Eingeweide eine Art Abschluss gibt. Dieselbe gewährte, an den verschiedensten Stellen untersucht, überall dasselbe Bild wie hier. Man sieht hier zwischen die zahlreichen, in bestimmter Richtung verlaufenden, eisenhaltigen Bindegewebskörper Hohlräume, dem Lympheapillarsysteme angehörig, eindringen, deren Lymphkörperchen zum grösseren Theile ebenfalls deutlichen Eisengehalt verrathen. Die ! Vergl. a. a. ©. S. 58, sowie Humboldt Bd. VIII, Heft 9, S. 2 separ. 2 A &0, S.42, Anm. 2. Schneider: Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. 893 nahe genetische Beziehung zwischen interstitiellem Bindegewebe und Lymphsystem wird wohl kaum noch bezweifelt, und die bei dieser Gelegenheit ermittelte Thatsache, dass Bindegewebs- und Lymphzell- elemente hier, in unmittelbarem Nebeneinander, gleichen Eisengehalt besitzen, dürfte diese Anschauungen vollends stützen. Lrvpıe spricht sich geradezu dahin aus, dass die verzweigten Zellen der Binde- substanz sich unmittelbar zu den Capillaren der Blut- und Lymph- gefässe fortzubilden vermögen, oder dass die feinsten Gefässe nur für entwickelte Bindegewebskörper angesehen werden könnten.' Bei diesem völligen ineinander Übergehen des Lymph- und Bindegewebs- systems erscheint einerseits die mehr und mehr als durchaus gesetz- mässig und allgemein hervortretende Rolle, welche das Eisen in letzterem spielt, sehr verständlich, andererseits wird aber auch, wie mir scheint, die Bedeutung des Eisens im Blute, eine immer noch viel um- strittene Frage, in ein eigenes Licht gesetzt. Meines Wissens sind dies die ersten Beobachtungen, bez. bildlichen Darstellungen von einem direeten Nachweise des Eisens in den noch unzersetzten, mikroskopisch erkennbaren blutbildenden Zellelementen, und. zwar des Eisens in unverkennbar oxydischer Verbindungsform.” Eisenhaltige Lymphzellen sind auch in Fig. ı, welche einen Hautflachschnitt, von oben gesehen, darstellt, zwischen den Drüsen zu erkennen. Die ausgesprochen zellig. entwickelten Bindegewebselemente, wie sie sich besonders im dorsalen und ventralen Abschnitte des Rumpfes, gewissermaassen als obere und untere Ausläufer der skeletogenen Bögen, finden und allmählich in die Bindegewebslagen der Cutis verlaufen (Vergl. Fig. 8), zeigten ihren Eisengehalt wieder regel- mässig in den wandständigen Kernen concentrirt, während Plasma und Membran frei erschienen. An den Grenzen dieses blasig-maschigen ‚Zellgewebes, wo noch fibrilläre Elemente und Bindegewebskörperchen den Übergang vermitteln, konnte man den Gegensatz zwischen den letzteren Formen und den kernhaltigen .Zellelementen in ihrer beider- ! Leyoig, Histologie S. 27 und ebenda S. 37. * Ich habe analoge Erscheinungen im vergangenen Frühjahre an zahlreichen Pelobates- und Bufolarven beobachtet und dieselben kurz berührt in meiner Abhand- lung, Humboldt a.a. O.S. 3 separ. Interessant war es, dass hier wieder ausschliess- iR] lich die Kerne der Lymphzellen in scharf begrenzter Weise das Eisen in sich SRZUUE 5 führten. Vergl. Fig. 5 Taf. I. Ich muss aber hinzubemerken, dass hier die Reaction deutlich und praeeise nur an vorher durch Chromessig gehärteten Exemplaren hervortrat und dann auf Dünn- und Hautabscehnitten zu verfolgen war. Das Eisen > wurde also offenbar durch die Wirkung der Chromsäure erst für die Ferroeyankalium- Reaction völlig zugänglich gemacht. Dieses Moment fällt aber für das in vorliegender Arbeit behandelte Object, den Proteus, fort, da hier die fraglichen Körpertheile nicht Q ’ 3 ’ =) I mit Chromessig behandelt worden waren, sondern nur der Wirkung des Weingeistes ausgesetzt. 76* 894 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 28. Nov. 1889. seitigen Beziehung zur Eisenresorption recht scharf erkennen, wie dies auch in Fig. 7 besonders dargestellt ist. Was die eigentlichen Hautschichten betrifft, so fallen bei vor- liegendem Proteus, ausser einer ebenfalls vorhandenen und nach dem Vorausgeschiekten auch eigentlich selbstverständlichen Eisenresorption im eutanen Bindegewebsnetze, zwei weitere Erscheinungen ungemein auf: erstlich eine ganz gleichmässige Resorption in den Kernen der Hautdrüsenzellen und zweitens eine solche in den sämmtlichen Zellen der Epidermisschicht, welche auf diese Weise eine förm- liche Eisenhülle um den Körper des Thieres bildet. Diese letztere Resorption, also die an der äussersten Körperperipherie vorhandene, stellte sich als die bei weitem intensivste unter allen hier nach- gewiesenen heraus; die Eisenconcentration in der äussersten Haut- decke war gelegentlich eine so starke, dass solche Körperabsehnitte auf der Oberfläche nach Vornahme der Ferrocyankalium-Reaction eher schwarz als blau erschienen. In dem Gesammtquerschnitte, Fig. 8, sind diese Verhältnisse im kleineren Maassstabe zu übersehen. Fig. ı zeigt ein solches Stück Haut im Flachschnitte. Es treten hier die, von oben gesehen, unregelmässig rundlich erscheinenden Drüsen mit ihren eisenhaltigen Zellkernen deutlich hervor, zwischen und über ihnen die theilweise noch dieht angehäuften Epidermiszellen mit ihrem kräftigen Eisengehalte (theilweise sind die letzteren entfernt). Fig. 2 gibt dieselben Hautresorptionen noch übersichtlicher im Quer- schnitte. Es liess sich nun mit Hülfe solcher Praeparate an vielen Stellen erkennen, dass besonders an den Drüsenmündungen, also in dem Drüsenhalse selbst und den unmittelbar denselben umgebenden Epidermislagen ganz besonders massige Eisenanhäufungen stattgefunden hatten. Es war hier also offenbar eine starke Ausscheidung eisen- haltigen Drüsensecretes vor sich gegangen, welche sich, zum grossen Theile wenigstens, dem Epidermisgewebe mitgetheilt hatte und hier, in fixirter Form, zum Ausdrucke kam. Demnach war eine nahe Be- ziehung zwischen der Resorption in den Hautdrüsen und der in der obersten Hautlage unverkennbar; diese eigenthümliche Eisenauflagerung wird wesentlich der Thätigkeit der Seeretion zuzuschreiben sein. Aus derselben Figur ersieht man, dass bei diesem Olme sich in der That während seines Aufenthaltes am Tageslichte auch wirkliche, meist strahlig verästelte Pigmentzellen entwickelt hatten, innerhalb deren ein Eisengehalt nicht direet zu erkennen war. Indessen waren die- selben immerhin so spärlich und der organische Farbstoff so matt (meist lieht bräunlich), dass die ausserordentlich starke Nachdunkelung der Haut, wie sie gerade dieses Exemplar aufzuweisen hatte, gar nicht oder nur in sehr unbedeutendem Maasse dadurch beeinflusst " ScHnEipDEer: Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. 395 oder bedingt worden sein konnte. Vielmehr stellten sich gerade die am intensivsten gedunkelten Körperstellen und Körperstriche als die- selben heraus, welche nachher die tiefste Bläuung, also die mächtigste Eisenablagerung, erkennen liessen, d. h. die Hautdrüsen, die Epidermis- lagen oder besonders stark von Eisenoxyd durchsetzte Partien im eutanen, bez. subeutanen Bindegewebe. Es resultiren sonach aus dem Verfolge dieser Einzelerscheinungen vor allem folgende zwei Thatsachen. Erstlich: der Haupteisengehalt, der bei den bisher untersuchten. ihrer normalen Wohnstätte direet entnommenen Proteus-Exemplaren sich immer mehr in den tieferen Organen, den Eingeweiden, den centralen Skelettheilen u. s. w. concentrirt gefunden hatte, war hier, dem Verlaufe des Gesammtbindegewebes folgend, mehr in die peri- pherischen Körpertheile und Gewebschichten verlegt, speciell in die äusseren (besonders intermuskulären) Bindegewebe und die Hautdecke. Die Tendenz, das überschüssige Eisen sogar auf dem Wege der Seeretion nach aussen hin abzustossen, ergab sich aus dem histochemischen Verhalten der Hautdrüsen und der Epidermiszellen. Diese Wanderung des Eisens im centrifugalen Sinne, wie ich es geradezu nennen möchte, wird aus der Übersichtsfigur 8, einigermaassen deutlich hervorgehen. Es liegt nahe, diesen gegen frühere Beobachtungen abweichenden Befund mit den geänderten Lebensbedingungen, denen dieses Thier ausgesetzt gewesen war, in ursächlichen Zusammenhang zu bringen. Zweitens: die starke Nachdunkelung des äusseren Körpers rührte nur zu sehr geringem Theile von abgelagertem, organischem Pigmente her, vielmehr der Hauptsache nach von den in die peripherischen Schichten eoncentrirten und hier eine dunklere Färbung hervorbrin- genden Eisenmengen. Ob sich bei allen Olmen, welche gezwungen werden, längere Zeit in gewöhnlichem Wasser und unter dem Einflusse des Lichtes zu leben, jene auffällige Translocation des immer mehr oder minder bedeutenden Eisengehaltes aus den mehr centralen Körpertheilen in die mehr peripherischen vollzieht, mag vorläufig dahingestellt bleiben. Andererseits scheint es mir, nach vorliegenden Analogien zu schliessen, ebenso festzustehen, dass auch unter ihren normalen Bedingungen lebende Olme wenigstens jene histologisch so merkwürdige Haut- resorption besitzen können. So glaube ich bestimmt, dass jene eigen- thümlichen Dunkelpunktirungen und Nuaneirungen, von Fırzınger bei Aufstellung seiner verschiedenen Proteus-Subspecies, welche wohl nur als Localvarietäten aufgefasst werden können, angeführt und zu deren feinerer Unterscheidung herangezogen, — zum Theil wenigstens der Gegenwart und typischen Ablagerung des Eisenoxydes zuzuschreiben 896 Sitzung der phys.-math. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 28. Nov. 1889. sind." So ist nach jenem Forscher die Körperfärbnng von Pr. Zoisü durch sehr kleine, hochrothe Punkte ausgezeichnet, die von Pr. wanthoslictus durch kleine unregelmässige schmutziggelbe Flecke, von Pr. Schreibersü durch sehr zahlreiche und kleine röthlichweisse Punkte.” - Dass bei einem so vollkommen subterran angepassten Thiere rein organische Pigmentablagerungen derart verbreitet sein sollten, erscheint wenig glaubhaft; alle jene Farbennuaneen stimmen mit denen aus- geschiedener oxydischer Eisenverbindungen sehr wohl überein.’ Von schon anderwärts hervorgehobenen allgemeinen Gesetzmässig- keiten, wie solche sich auch hier wieder in recht handgreiflicher Weise geltend machten, erwähne ich die Bedeutung der Nuclei als Haupt- träger bez. -speicher der resorbirten Eisenmengen. Aus ver- schiedenen der beigefügten Figuren geht diese Beziehung der Kerne zu Plasmen und Gesammtgewebe unverkennbar hervor und bestätigt ihrerseits von neuem die schon früher von mir gezogenen Schlüsse hinsichtlich der histochemischen Bedeutung des Zellkernes überhaupt.’ Dass sich jenes grosse allgemeine Gesetz von der vorherr- schenden Eisenablagerung in den Bindegewebsarten, welches ich an anderen zahlreichen Thierformen nachgewiesen und schon ausführlich behandelt habe,’ auch an diesem Objecte bestätigt findet, ergibt sich ohne weiteres. Gerade hier stellt das System der Binde- substanzen, von den centralen Knochenelementen der Columna bis zu den Grenzen der Cutisschichte, ein förmliches, den Köper durch- flechtendes Eisennetz dar. Auch jene drei wohl zu unterscheidenden Resorptionsstadien, welche sich in den verschiedenen Körperorganen und -geweben be- merkbar machen und gleichzeitig den Hauptabsehnitten im Verlaufe des physiologischen Stoffwechsels entsprechen, treten hier scharf her- vor: die Resorption.im engeren Sinne, d. h. Eisenaufnahme und erste Assimilation, in Darm- und Leberzellen, — die Aceumulation ! Firzinger, Proteus anguineus, Sitzungsber. der Wiener Akademie. V. 1850. ?2 Dr. E. Zerrer in Winnenthal hält im einem Gartenbassin Olme, also schon längere Zeit dem Lichte ausgesetzt, wobei auch einige Larven aus den Eiern gezüchtet wurden. Bei diesen waren interessanterweise die Augen als kleine schwarze Punkte sichtbar, ein unzweifelhafter Rückschlag, und gleichzeitig die Haut mit kleinen bräunlich-grauen Punkten dicht besäet, — was ich auch wesentlich auf Rechnung einer peripherischen Eisenanhäufung setzen möchte. 2 Überhaupt verdienen die sogenannten Hautpigmente auch bei anderen Thieren auf diesen Gesichtspunkt hin noch eingehender untersucht zu‘werden, da ich auch bei Fischen, z. B. Cobitis, Anguilla, Petromyson, gelegentlich starken Eisengehalt der dunkelfarbigen Hautzelllagen beobachtet habe. Vergl. Abhandl. der Akadem. a.a. 0. S. 36. * Vergl. a. a. ©. S. 57 sowie Humboldta. a. O. S. ı separ. 5 Vergl. Humboldt a.a.0. S.2 und Naturwissenschaftl. Rundschau a.a.0, EDuval uth Er Yn ee Be nn ee Be h g, A) uf AN} y “ Jule); R.Schneider 1ısemresorption in den Körper des Proteus Schweiper: Eisenaufnahme in den Körper des Proteus. 897 oder eigentliche stabile Aufspeicherung in den Bindegeweben (und Blutzellelementen), — die Seeretion, Abscheidung überschüssiger Eisenmengen, in Hautdrüsen und Epidermis. ! Humboldt a.a. O.S.7 und 8. Tafelerklärung. Fig. Fig.2. Haut im Querschnitte (*°). Fig. 3. Muskelbündel im Längssehnitte; zwischen den Cylindern die ı. Haut des Proteus, von oben gesehen >). eisenhaltigen Bindegewebsfibrillen (°°). Fig. 4. Muskelbündel im Quersehnitte (°). Fig. 5. Ein gleiches im Schrägschnitte; eisenhaltige Bindegewebskörper und Muskelzellkerne (ce. ==), Fig. 6. Bindehaut aus der Rumpfhöhle; eisenhaltige Bindegewebskörper 200 2): und Lymphkörperchen ( Fig. 7. Bindegewebszellen aus dem dorsalen Körperabschnitt (ee. 2°). Fig. 8. Querschnitt durch die ganze Caudalregion des Proteus (°). Fig.9. Querschnitt durch den Gaumentheil mit zwei Zähnen (°). Fig. 10. Querschnitt eines Blutgefässes aus der Leber von einem anderen, , frischgetödteten Proteus; Blutkörperchen mit eisenhaltigen Kernen (”°.). Fig. ı1. Zwei isolirte Blutkörperchen (ce. =). Fig. ı2. Lymphgefässstück aus der Haut einer Pelobateslarve; Lymph- körperehen mit eisenhaltigen Kernen und eisenhaltige Bindegewebskörper Ausgegeben am 24. Juli. er Kr Er ADR ; ruf Be) 14 pe X 3 Kae ra bopeaf sn 04 n ER R RR ET Kr Be RP A vr ar Em Ki are EN 5) He N SE Kari KERLE EI FE AU AN I a 399 1890. AXXVI SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 17. Juli. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Gurrıvs. Hr. Weser las über die Griechen in Indien. Die Mittheilung erfolgt umstehend. Fund IN Er 4 v nah ee re et wu en An N antenne kcal: Er Br ER ü Mr pre Sr NIREIREDAD re re RR een a his Me 901 Die Griechen in Indien. Von ALBR. WEBER. Das Nachstehende bezweckt nur eine eursorische Übersicht zu geben über das, was theils von sicheren Daten, theils von mehr oder weniger plausiblen Vermuthungen aus indischen Quellen über Stellung und Einfluss der Griechen in Indien vorliegt. Die Inder benennen die Griechen mit dem im Orient (cf. die Hebräer, Syrer, Araber und die altpersischen Keilschriften) allgemein für sie üblichen Namen der Ionier: Yavana, und zwar haben sie diesen Namen' zunächst wohl von den Persern entlehnt, sei es schon damals, wo sie, nach Herodot’s Zeugniss, als persische Hülfstruppen an den Perserkriegen gegen die Griechen theilnahmen, oder sei es erst später, als Alexander, bei seinem Einfall in Indien, sich ver- muthlich wohl iranischer Dolmetscher zu dem Verkehr mit den in- dischen Fürsten ete. bediente”. Die älteste Erwähnung des Namens in einem indischen Werke ist bis jetzt, wenn man nämlich die übliche Annahme über das Zeit- alter Pänini’s, als um den Beginn des dritten Jahrhunderts v. Chr. zu setzen, theilt, die bei diesem Grammatiker vorliegende, der uns daraus (4, 1,49) das Wort yavanäni, dem värtt. nach zur Bezeichnung der Schrift »lipi« der Yavana, bilden lehrt. — Chronologisch fest fixirt sodann ist deren Erwähnung in dem dreizehnten Ediete des ! von den Griechen ist dann der Name Yavana auf ihre ebenfalls fremd- sprachigen Nachfolger im nordwestlichen Indien, die Indoskythen, von diesen dann weiter auf die Parther und Perser (Arsaeiden und Sassaniden), danach auf die Araber, resp. Moslims, schliesslich auch auf die Europäer übergegangen. — Lassen's An- nahme (Ind.A.K. 1,729. 861), dass das Wort schon von alter Zeit her die Araber bezeichnet habe, beruht auf keinem stichhaltigen Grunde; darüber sowie über seine Erklärung des Namens der Ioner als »die Jungen« s. das von mir in Kunv’s Zeitschrift '5, 221-28 (1856) Bemerkte. 2 in die eine oder andere Zeit ist denn wohl auch schon die Herübernahme des > Wortes mudrä, »Siegel«, aus dem Persischen (neup. „A) zu setzen, welches meiner Vermuthung nach, ähnlich wie das Porcellan im Englisehen: China genannt wird, so seinerseits aus dem altpers. Namen für: Aegypten altp. Mudräya herzuleiten ist, -s. Häla p. XVII. 449 (18Sı). 902 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 17. Juli. Piyadasi in der Mitte desselben Jahrhunderts, wo die Yona(Yavana)- Könige: Antiyoka, Turamaya, Antigona, Maga' als dessen Vasallen, so zu sagen, aufgeführt sind. Bekanntlich ist dies überhaupt der feste Punkt, um den sich die ältere indische Chronologie nach rück- wärts wie vorwärts dreht. In einer der verschiedenen Copieen dieser Ediete, der »Khälsi- Version«, in welcher dieselben besonders gut erhalten sind, wird hier- bei sogar auch der Name Alexander’s selbst genannt. Freilich zunächst in einer Stellung, welche jedenfalls befremdet, hinter den vier anderen Namen nämlich; und sodann in immerhin annoch unsicherer Form. CussıneHam hat diese Khälsi-Version zuerst publieirt, s. Plate XLI seines »Archaeologieal Survey of India during the years 13862-65« 1,346 (1871); bei meiner Besprechung des Werkes (1873, s. Ind. Streifen 3, 195) schlug ich für die betreffende Stelle die Lesung: Aliksa(m)dala vor. Nach Bünter’s Meinung aber, ZDMG. 40, 128, ist vielmehr Alikyashudala zu lesen, was denn freilich sehr sonderbar- lich klingt. Anderweit liegt der Name Alexander’s bis jetzt nur in dem Namen der Yona-Stadt Alasaddä, im Mahävanso’ vor, insofern darunter wohl die Stadt Alexandria am Indischen Kaukasus zu ver- stehen ist. Nach Srence Harpy Manual of Buddhism p. 516 (s. Ind. Stud. 3, 121) war Alasandä (so Harpry) die Geburtsstadt des in Sä- gala (3xyy@A@) herrschenden Yona-Königs -Milinda (Menander, s. im Verlauf) und auch im Eastern Monachism, p. 300, führt Harpy den Namen in der Form Alasandä auf. Endlich aber möchte ich noch, allerdings nicht mit voller Con- fidenz, in anderer Richtung eine Spur des Namens Alexander’s suchen, die dann aber zugleich auch ein Zeugniss dafür sein würde, welch’ gewaltigen Eindruck seine. jugendliche Heldengestalt auf die Inder gemacht hatte. Aus den griechischen Berichten über Alexander’s Zug ist bekannt, dass seinen Soldaten der Name des indischen Flusses Can- drabhägä, bis zu welchem er sie führte, von so übler Vorbedeutung erschien — sie fassten denselben als: Zuvdapopayos »den Alexander verzehrend« auf — dass sie meuterten und ihn zwangen, hier seinen Siegeslauf einzustellen und umzukehren. Es ergiebt sich hieraus, dass schon damals die später allein für ihn im Orient übrig gebliebene’ ! s. Lassen Ind. Altk. 2,241 und von neueren Arbeiten darüber speciell die von H. Kern over de Jaartelling van de zuidelijke Buddhisten Amsterdam 1873 und JRAS. 12, 379 (1880), E. Senarr les inseriptions de Piyadasi (2 voll. 1881. 1886), und G. BünLer ZDMG. 37, 87 fg. 253 fg. 422 fg. 572 fg. 39, 449 fg. 40, ı27fg. 41, ı fg. (1883 : 37). 2 TuURNoUR p. 171 und Index p. ı; der Text auf p. ı7ı hat °sanna, siehe aber: Errata p. XXV), % cf. Skander, Iskender. Weser: Die Griechen in Indien. 903 Namensform Eavdss, unter Abtrennung des Are (etwa weil die im Heere befindlichen Semiten resp. Araber darin den Artikel: al fanden?) üblich war. Und hieran habe ich denn meinerseits eine allerdings wohl etwas kühne Vermuthung geknüpft (s. Ind. Streifen 3, 478; 1876). Im Sans- krit giebt es eine Wurzel skand »schnellen, springen, überfallen «, und das daraus stammende Wort: skanda ist zunächst, in den grihya- süutra, der Name eines die Kinder überfallenden Krankheitsdämons (bälagraha), im weiteren Verlauf aber der Name des (ewig) jungen (kumära) Kriegsgottes. In dieser letztern Verwendung des Wortes nun vermuthe ich eine Beziehung auf, resp. eine Reminiscenz an, den fremden jugendlichen Helden, der wie ein Kriegsgott in das Land eingefallen war'. Wie die Griechen in Indien ihren Dionysos, Herakles ete. wiederfanden, so können ja wohl auch die Inder in dem sie wie ein Dämon überfallenden gewaltigen Ksandra (Skandra), ihren bösen Dämon Skanda, wiedergefunden haben, wodurch dann die ursprüngliche Bedeutung desselben in einer Weise erweitert und er- höht wurde, dass sie vor der neuen Stellung ganz in den Hintergrund trat und ihrerseits verlosch. — In den Atharvaparicishta findet sieh unter Nr. 2ı ein: Skandayäga, d.i. eine an den kumära Skanda gerich- tete Ceremonje, die dabei zugleich auch als: dhüurtakalpa bezeichnet ist, und in welcher Skanda speciell eben mit diesem Namen als: dhürta ! beiläufig möchte ich hier noch eine anderweite Vermuthung gleicher Art wagen. Im Zamyad- Yasht wird unter den Fürsten, denen der königliche Glanz in voller Fülle zu Theil ward, als Letzter Keregäcpa (der indische Kricäcva), und als letzte Heldenthat desselben die Besiegung des Cnävidhaka »Sehnenspalter« ($ 43: 44) aufgeführt. Von Diesem aber heisst es, nachdem er als: ervöjana »mit Hörnern (oder: Klauen) tödtend« und acanhö-gava »steinerne Hände habend« bezeichnet ist: »er brüstete sich: ich bin unvolljährig, nicht volljährig. Wenn ich voll- Jährig wäre, würde ich die Erde zum Rade machen, den Himmel zum Wagen. Ich würde herabholen den Cpeütö - mainyu aus dem glänzenden Himmel (garö nmäna, Ort des Lobgesanges, gir), ich würde heraufholen den Anrö-mainyu aus dem argen Dunkel (duzaka). Beide würde ich an meinen Wagen spannen, den gpentö mainyu und den Anrö(m.), wenn mich nicht vorher tödten sollte der männlich gesinnte Kere- gacpa. Möchte ihn doch tödten (Conjunetiv, janät) der männlich gesinnte Kerecäcpa durch Beseitigung des Lebens, Zerschneidung der Lebenskraft«. Ich meine, dass wir auch hier unter diesem noch nicht volljährigen und doch schon so übergewaltigen und ruchlosen Bedränger ebenfalls den jugendlichen Alexander zu verstehen haben, und zwar lässt sich der Schlusspassus geradezu so fassen, als ob er noch während dessen Lebzeiten abgefasst sei, und den Stoss- seufzer eines durch ihn in seinem Gemüthe schwer bedrückten ätarvan enthalte, der dem gewaltigen Feinde seines Landes und Glaubens ein baldiges Ende wünscht! vgl. meine ähnliche Vermuthung in Bezug auf die Kerecäni-Stelle Yacna 9, 75, in den Ind. Streifen 2, 429. 430. Aus vedischer Zeit möchte ich hier übrigens noch als einen zu göttlicher Symbolik, resp. Würde gelangten Fürsten den Nada (Nala) Naishidha heranziehen, Catapathabr. 2, 3, 2, 1.2, der geradezu (neben Indra und Yama stehend) mit dem anvähäryapacana -Feuer identifieirt wird, Käty. er. 4, ı4 paddh. [p- 414, 21] ı5, 34 schol. [p. 420, 8]. 904 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 17. Juli. »Schelm, Bösewicht« angerufen wird, eine Bezeichnung, die den eigentlich bösartigen Charakter dieses Gegenstandes der Verehrung klar ° genug markirt. Dabei wird von ihm im ersten Verse der betreffenden Litanei gesagt, dass er »auf weissen Rossen daherfahre«: yam vahanti hayäh evetä nityayuktä manojaväh| tam aham evetasamnäham dhür- A tam ävähayämy aham|. Und hierin möchte ich denn in der That auch noch eine wirkliche historische Reminiseenz vermuthen!. — Neben Skanda erscheint denn nun freilich daselbst (und dies ist ein immerhin erschwerender Umstand) sein »Bruder« Viecäkha, der in den späteren Berichten über Skanda ganz fehlt oder nur als ein Beiname desselben selbst erscheint, in den älteren dagegen noch mehrfach neben ihm genannt wird. Und zwar geschieht dies bereits an der Stelle, wo das Vorkommen beider (resp., wenn wir Kumära an- schliessen, aller drei) Namen überhaupt zuerst historisch gesichert ist, als Göttername nämlich auf den Münzen des indoskythischen Königs Kanislıka (ec. 300— 400 Jahre nach Alexander), wo: Yxavdo ! das betreffende paricishtam ist im Übrigen schon ganz von den kurz gesagt epischen Anschauungen von Skanda als Kriegsgott getragen, giebt ihm die üblichen Attribute: shadänana (resp. ashtädacalocana; jedes der 6 Antlitze also dreiäugig, offen- bar als Erbe von Rudra) und Rärttikeya, bezieht resp. letztern Namen bereits irrthüm - lich (s. Ind. Stud. ı, 263. 13, 346, ZDMG. 27, 194, Ind. Streifen 3, 246) auf die sechs krittikas (shannam sutam krittikanam, krittikäputram). — Der alte Kriegsgott der Inder war theils Indra, theils, und vor Allem, resp. aber doch erst in etwas secun- därer Entwiekelung, Rudra mit seinen Scharen (senä). Rudra wird sogar auch direet: skanda-rüpa genannt. s. Ind. Stud. 2, 44 und Skanda erscheint als Autor eines der Rudra-Sprüche des Catarudriya (Vs. 16, 49). Die älteste Erwähnung dieser Stellung des Rudra als Kriegsgott ist wohl die im Taitt. Är. X, ı, 6 wo Mahä- sena und: Shanmukha neben Vakratunda Danti (Ganega), resp. in Verbindung mit Mahädeva erscheinen. Ebenso stehen im Sämavidhänabr. 4, 18. 19 p. 28 (ed. BursELL, s. Ind. Streifen 3, 275) Vinäyaka und Skanda neben einander. — Auch die Beziehung des Kriegsgottes zum Feuer (das ebenso verheerend wirkt, wie der Krieg) ist bereits eine alte; ef. Ind. Stud. 17, ı8o. 279 über das dem Heere als Symbol hierfür voran- zutragende Heeresfeuer (senägni). Die im Yajus-Ritual vorliegende Bezeichnung des Feuers als kumära (s. Catap. 6, 1, 3, S) neben: rudra, sarva(c°), pacupati, ugra, acani, bhava, mahän deva, icäna, markirt dasselbe, wohl wegen seiner täglich neuen Erzeugung, s. Rik 5, 2, 1.2, als »Kind, Knabe«, resp. wohl als »ewig jung« (cf. Sanat-kumära) und kann ganz wohl auch noch ihrerseits mit dazu hin- gewirkt haben, dass der jugendliche Kriesshell Ksandra der Griechen den Indern als ein Correlat ihres Skanda, resp. ihres wie eine Feuersbrunst dahin- fahrenden Heerführers Rudra erschien. — Die Stellung des Skanda in der Chän- dogyop., wo er als Schüler eines brähman. Weisen erscheint, ist selbstverständlich eine canz secundäre; es liest darin wohl nur das Bestreben vor, sogar den gewaltigen Kriegsgott der Kshatriya als lammfrommen Brähmana - Schüler hinzustellen. — Worauf die schon im Taitt. Är. X, 1, 6 vorliegende Bezeichnung des Mahäsena (Rudra, Skanda) als »sechsantlitzig« eigentlich zurückgeht, ist noch unklar; sollte etwa damit das nach allen Richtungen, allen: shad urwih, hin sich ausbreitende, alles verzehrende Wesen des Feuers (Kriegsfeuers) symbolisirt sein? (zu shänmätura s. Ind. Stud. 13, 346. 347). Weser: Die Griechen in Indien. 905 Kouaps Bıgayo' direct zusammen stehen’. Oder sollte nicht gerade etwa in dieser ihrer Verwendung ein unmittelbares Moment für die von mir vermuthete Übertragung der Kriegsgotts-Würde von dem jugend- lichen (Kumära) Helden Alexander (Skandra) auf den bälagraha Skanda zu suchen sein? Was in aller Welt hätte Letzterer auf diesen Münzen zu suchen? — Aber freilich, wer ist Vicäkha? Die Bedeutungen des Wortes: »verästelt, gegabelt«, oder: »astlos«, oder: »unter dem Gestirn Vieäkhä geboren«, geben hierbei gar keinen Anhalt. — Sollte daran etwa der seeundär-orientalische Name Alexan- der’s: dhül’ garnain » Herr der beiden Hörner«, worunter in der Regel die Herrschaft über den Orient und den Oceident verstanden wird, irgendwie zu knüpfen sein? Auf etwas festerem Boden bewegen wir uns anscheinend bei einem Umstande, den ich ebenfalls bereits direet mit Alexander’s Zuge in Verbindung gebracht habe’; ich meine die Angabe des Apicali, eines der von Pänini eitirten Lehrer, über die Bildung des Composi- tums: Kshaudraka-Mälavi (senä), »Heer der Kshudraka und Mä- lava«, OZudgezoı und Marrc. Den Nachrichten der Griechen zufolge nämlich standen diese beiden Völker einander auf das Feindliehste gegenüber, schlossen sich aber, aus Furcht vor Alexander, zu einem Bunde zusammen, so dass nunmehr für ihr gemeinsames Heer jener Name erforderlich ward. Ist diese meine Auffassung desselben riehtig, so ist damit dann zugleich auch für Apicali’s, resp. Pänini’s Zeit ein fester Halt gewonnen’. Was sodann Alexander’s Nachfolger, die griechischen Könige und Satrapen im nordwestlichen Indien anbelangt, so ist zunächst die bereits erwähnte Aufführung der Namen: Antiyoka (ga), Turamayz ı v. Sarzer, Die Nachfolger Alexander’s, p. 205 (1879). - Ind. Streif. 3, 478: ® sanz ebenso (resp. gleichzeitig mit Kanishka?) im Mahäbhäshya zu Pänini 6, 1, 126, fol.90°, wo es sich resp., s. Ind. Stud. 13, 344-346, um Bilder des Qiva, Skanda und Vicäkha handelt, welche von den »goldgierigen Maurya«-Fürsten zum Verkauf gestellt wurden, d. i., meiner Meinung nach, um von ihnen geprägte Goldmünzen mit diesen Bildern resp. Emblemen, die sie in den Handelsverkehr brachten (ibid. p. 331). — Allerdings sind ja, soweit meine Kenntniss reicht, ächte Maurya- Münzen bis jetzt noch nieht gefunden. Die älteste indische Münze scheint vielmehr noch immer die von Lassen, Ind. Alt. K. 2, 47 beschriebene Münze des Ag(g)imitta, des Nachfolgers der Maurya, zu sein (s. noch Ind. Streifen 2, 79). ® Ind. Stud. 13, 373. Akad. Vorl. über ind. L. G. > p. 238. * s. Droysex Geschichte Alex. p. 433. Lassen Ind. Altk. 2, 169 fg. 5 um nichts zu übergehen, muss ich hier auch noch auf meine freilich nur unter allem Vorbehalt gethane Frage hinweisen (s. Ind. Stud. 13, 373”) ob nicht etwa, im Hinblick auf die Sauvira-Stadt Dättämitri Demetrias (s. sogleich), unter den von Pänini selbst (4, 1, 148. 150) genannten Sauvira-Namen: Phäntähriti und Mimata, resp. unter dem im Cale. schol. dazu noch genannten: Jamunda, an grie- chische Namen, etwa an: Pantarchos, Mimas, Diomedes zu denken sei? 906 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 17. Juli. (Tula), Antigona (°kona), Maga (ka) in dem dreizehnten Ediete des Piyadasi in den Vordergrund zu stellen. Von diesen Namen', denen von indischer Seite die beiden Poros (Paurava), Sandrokyptos (Candragupta), Amitrochates (Amitraghäta), Sophagasenos (Saubhagasena), Morieus” (Maurya) zur Seite treten, ist bis jetzt nur einer, und auch dieser nur auf Grund einer etwas kühnen Vermuthung meinerseits’, in Indien weiter noch nachweisbar. 'Tura- maya nämlich, der Name des Ptolemaios, ist von mir mit dem Namen des: asura Maya, des Baumeisters der Asura, in Verbindung ge- bracht worden, der im zweiten Buch des MBhär. als Freund des Königs Yudhishthira erscheint, und demselben einen Palast baut, dessen Wunderwerke allgemein Staunen und Bewunderung erregen. In diesem: asura Maya scheint mir nämlich eine volksetymologische Aneignung des Namens: Turamaya, und in seiner Baukunst ein Bezug auf die Bauten der Ptolemäer, resp. die aegyptischen Wunderbauten, vorzuliegen‘. Und zwar tritt hierfür noch ein weiterer Umstand ein. Eine zweite Verwendung nämlich des: asura Maya ist die in dem gegenwärtigen, freilich seeundären Text des Sürya-Siddhänta, wo er (1,2) als der Vater der indischen Astronomie erscheint”. Da ist es dann freilich nicht mehr der aegyptische König Ptolemaios, sondern der griechische Astronom dieses Namens (erste Hälfte des 2, Jahrh. u. Z.), um den es sich handelt. Aber beide Male ist der- selbe Name in Indien durch die gleiche mythische Persönlichkeit vertreten. Nach den früheren Anschauungen über das Alter des Mahä- Bhärata könnte es ja freilich bedenklich erscheinen, darin dem Namen des Ptolemaios begegnen zu wollen. Indessen, davor braucht man sich jetzt nicht mehr zu scheuen. Schon Top hat in dem Namen des Yavana-Königs Dattämitra, der darin unmittelbar als am Kampf ! in Bezug auf die je darunter zu verstehende Persönlichkeiten s. noch Ind. Studien 3, 168. 169. 2 bei Nomus; — ef. auch Morcheus. > s. Ind. Studien 2,243. Ind. Streifen 3, 477- * sollten nicht einige der hierbei berichteten Einzelheiten sich geradezu auch in den griechischen Berichten über die Bauten der Ptolemaeer resp. Aegypter, wieder- finden? So z.B. die Angabe von dem Saal mit dem so wundersam geglätteten spiegel- hellen Boden, den Duryodhana deshalb für einen Teich hielt, in den er hineinsprang um sich darin zu baden, wobei er sich dann arg verstauchte. 5 s. Verz. der Berl. S.H. 1,233. 287. 288; er wird dabei zugleich auch, freilich erst im ‚Jnänabhäskara, einem vermuthlich noch späteren Texte, mit Romaka-pura (d. i. Alexandrien oder Byzanz), resp. dem Lande der Mlecha in Bezug gesetzt; s. noch Ind. Stud. 2, 243. 244. — Höchst eigenthümlich ist im Übrigen auch die im 8. Buche des Kathäsarits. vorliegende Erzählung von der Besiegung der Götter unter Indra’s Führung durch die asura unter Maya’s Führung, s. Ind. Streifen 2, 218. Unter der Dänava oder Asura sind eben mehrfach fremde Völker zu verstehen. Weser: Die Griechen in Indien. 907 betheiligt erscheint, den Namen des Demetrios (180-165 v. Chr.) erkannt, und auch Lassen hat sich ihm angeschlossen'. Auch die von ihm erbaute Stadt Demetrias erscheint theils im Rämäyana’” unter dem weiter corrumpirten Namen Dandämiträ, theils in dem Votiv-Spruche eines buddhistischen Neigungen zugethanen: Dättä- mittiyaka Yonaka°. — Ebenso hat A. v. Gurscuum* in dem Bhaga- datta, König der Yavana, der über Maru (Marwar) und Naraka im »Westen« herrschte, und speciell als alter Freund des Vaters des Yudhishthira (MBhär. 2,578. 579) genannt wird’, eine Übersetzung des Namens des Apollodotos (näch 160 v.Chr.) wie mir scheint, mit gutem Glück, erkannt. Ausserhalb des MBhärata ist sodann in dem Namen des Kashmir- Fürsten Jalaukas von mir ebenfalls bereits, freilich mit allem Vor- behalt, eine volksetymologische Aneignung des Namens: Seleukos gesucht worden‘. Endlich aber ist der Name des Menander (144 —ı20 v. Chr.), von welchem die griechischen Nachrichten allerhand berichten, was ihn zum Buddhismus, speciell seinem Reliquiendienst, in nahen Bezug bringt, von mir’ wohl mit Recht mit dem Namen des Yavana-Königs Milinda, in Sägala Sayyarz, gebürtig aus Alasandä (Alexandria), identifieirt worden’, der bei den südlichen Buddhisten eine grosse Rolle spielt, und sich noch bis in die Puräna-Zeit” hinein im Ge- dächtniss erhalten hat". Hierher gehört denn auch was bei Pänini, und im MBhäslıya dazu, von den Yavana erwähnt wird. Dass P. selbst lehrt, wie das Wort Yavanäni, nach dem värtt. zur Bezeichnung: Schrift (lipi) der Yavana, zu bilden sei, ist bereits bemerkt. Aber es scheint sogar auch direete Benutzung derselben durch Pänini vorzuliegen. Nach Gorpstücker (Pänini pag. 53) braucht er den zweiten Buchstaben des indischen Alphabets als Bezeichnung der Zahl: zwei; und BurneEı, Elem. of South Ind. Palaeogr.' p. 96.(° p. 77), Aindra Grammarians p- 88, nimmt an, dass er sich hierbei von der gleiehartigen Verwendung der Buchstaben des griechischen Alphabets als Zahlmarken (1, ! s. Lassen Ind. Altk. 1, 657. 2, 344; — cf. Ind. Stud. 5,150 resp. 13, 381. ? 4,43, 20 Gorr. s. meine Abh. über das Rämäyana p. 77: s. Ind. Skizzen p. 37. 82. * Beiträge zur Gesch. des alten Orients p. 75- 5 s. Ind. Stud. 5, 152. Vorl. über ind. Lit. G.2 205. s. meine Abh. über das Ram. p. 33 n.2. ? s. Ind. Stud. 3, 121 (1853). ® wir kommen auf den von ihm speciell handelnden Milindapanha in Verlauf zurück. % s. Verz. d. Berl. S.H. 2, 120. Sitzungsberichte 1890. 77 Y0S Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 17. Juli. ®2,y3 ete.) habe leiten lassen!. — Von Interesse sodann ist die charak- teristische Notiz? im Cale. schol. zu 3, 2,120: cayäna bhunjate Yavanah, »die Yavana essen liegend«; dieselbe findet sich zwar im MBhäshya nicht vor (s. Ind. Stud. 13, 381), beruht aber offenbar auf alter Be- obachtung, resp. Überlieferung. — Von der allergrössten Bedeutung aber sind die beiden Beispiele im MBhäshya zu Pän. 3, 2,111: Yavano 'runan Mädhyamikän: »der Yavana-Fürst bedrängte die Mädhyamikä« und: Yavano ’runat Säketam: »der Y. Fürst bedrängte Säketa«, weil sie als Beispiele für den Gebrauch des Imperfeets zur Be- zeichnung eines vor Kurzem erst stattgehabten Vorganges aufgeführt sind. und somit für die Zeit ihrer Abfassung” die kurz vorher statt- gehabte Bedrängung des Volksstamms der Mädhyamika sowohl wie der Stadt Säketa dureh einen Yavana-Fürsten bedingen. Leider lassen sich Beide nieht mit voller Bestimmtheit geographisch fixiren‘. In- dessen, aller Wahrscheinlichkeit nach ist hierbei unter Säketa wirk- lich das jetzige Oudh Zaynda gemeint, und es wird damit eine Aus- dehnung der griechischen Herrschaft nach dem eigentlichen Indien hinein indieirt, welche aus den griechischen Nachrichten bis- her nieht zu vermuthen war. Wohl aber scheint dafür von indischer Seite her, s. Kern’s Angaben’ aus dem »Yuga-puräna« genannten Ca- pitel der Garga-Samhitä®, weitere Beglaubigung gewonnen zu werden. Daselbst wird nämlich, entsprechend der im prophetisehen Tone gehaltenen dortigen Darstellung, nicht nur die Besetzung von Säketa durch die Yavana in Aussicht gestellt (d. i. wohl: als kurz zuvor stattgehabt berichtet?), sondern auch der Weitermarsch derselben bis Kusumadhvaja, resp. Pushpapura d.i. Pätaliputr: (HarıBeIpe) an- ! s. akad. Vorl. ind. Lit. Gesch.?2 p. 238. Ind. Streifen 3, 359. 2 s. Ind. Skizzen p. 85. 3 man hat sie auch als beweiskräftig zur Bestimmung der Zeit des Werkes selbst, in dem sie uns mitgetheilt werden, des Mahäbhäshya also, verwenden wollen. Indessen dies ist unrichtig. Sie können theils sehr wohl aus älterer Zeit stammen, vesp. event. von Pänini selbst her, und als dessen solenne Beispiele durch die Folgezeit fortgeführt sein (wie dies ja auch im weiteren Verlaufe wirklich der Fall ist; sie werden auch von den späteren Commentatoren mitgetheilt, nieht etwa von diesen durch je ihrer Zeit entlelhinte Beispiele ersetzt), T’heils aber können sie auch event. bei irgend einer der verschiedenen Redaetionen, die das MBhäshya erfahren hat, in den Text gekommen sein. * 5. Gorpswücker »Pänini« 229 fg. Ind. Stud. 5, 151 fg. 13, 301 f&. Bhändärkar im Indian Antiquary 1,299 fg. 2,61 fg. Akad. Vorles. über ind. L. G.2 240. 269. 5 Vorrede zu s. Ausgabe der Brihatsamhitä des Varähamihira pag. 375 — ®- resp. dazu Ind. Stud. 13, 306. % die im Verz. der Berl. S. H. 2, 119 fg. verzeichnete Garga-Sambhitä ist ein andres, secundäres Werk; — dasselbe ist, beiläufig, 1883 in Benares gedruckt worden, s. Krarr im Lit. Bl. orient. Phil. 2, 213 (1885). Weser: Die Griechen in Indien. : 909 gekündigt. Hierbei ist denn aber freilich zu beachten, dass anderweit bis jetzt eine so weite Ausdehnung der Frem.dherrschaft dieser Zeiten, mitten nach Indien hinein, nur von den Indoskythen (speeciell von Kanishka) berichtet wird, und es bleibt somit zunächst noch zweifel- haft!, ob unter den Yavana des Yugapuräna nicht vielmehr diese zu verstehen sind, resp. das was von ihnen, den Gaka, gilt, in diesem Texte irriger Weise von ihren Vorgängern, den Yavana, erzählt wird, resp. deren Name auf sie übertragen ist. Um alles das, was sich von legendarisch-historischen Nachrichten üher Yavana-Fürsten der alten Zeit im MBhärata ete. vor- findet, hier zu erledigen, ist noch darauf hinzuweisen, dass der Käla- Yavana, der »schwarze Y.«’, ein Name, der den Träger desselben, von den übrigen Yavana allerdings auszuscheiden bestimmt scheint, darin mit Krishna und mit Garga” in speciellen Bezug gebracht wird. — Weiter aber ist zu bemerken, dass der Yavana-König Kaserumant darin ebenfalls in einer feindseligen, resp. untergeordneten Stellung erscheint. Bei dem Namen dieses Kaserumant nun habe ich schon in den Indischen Skizzen, pag. 88.91. (s. auch akad. Vorl. ind. L. G.” 205) an einen Reflex des Namens der römischen Caesaren gedacht, und Leon FEer hat dann später aus dem buddhistischen Avadänacataka die Vorstellung von einem: kesari näma samgrämah »ordre de bataille eesarien ou Romain« (s. Comptes rendus de l’Acad. des Inser. 1871, P- 47: 56. 60) nachgewiesen. Diese Angaben würden somit in die Zeit gehören, aus welcher die reichen römischen Münzfunde in Indien stammen, gäben resp. einen gewissen legendarischen Hintergrund für dieselben ab. Endlich sei hier noch die hervorragende Stellung betont, welche die Yavana, im Verein mit den Kamboja, Caka, Pahlava', Balhika’ Is. Ind. Stud. 13, 306—308 akad. Vorl. ind. L. G.2 269. über die hieran sich knüpfenden Fragen habe ich in den Akad. Vorl. ind. Lit.G.2 237 eingehend gehandelt. 3 die Familie der Garga, die charakteristisch genug (mit Ausnahme einer Stelle im Käthaka) erst in den spätesten Abschnitten der Brähmana und Sütra ge- nannt wird, speciell aber im MBhäshya in den Vordergrund tritt (s. Ind. Stud. 13, 210 f%.), wird von der Legende wiederholentlielı mit den Yavana in nähere Beziehung gesetzt. Insbesondere wird ein Vers, der die Yavana als Lehrer in der Astronomie verherrlicht, dem Garga zugetheilt. * iiber die chronologischen Bedingungen dieses Namens s. NöLnere's Angabe in meinen akad. Vorl. ind. Lit. G.2 p. 338; — danach kann dieses Wort schwerlich vor dem ersten Jahrhundert u. Z. entstanden sein, und gehört somit jedes indische Werk, in dem es sich vorfindet, eo ipso erst in noch spätere Zeit (Pärasi- prak. 1, 6). ’ 5 charakteristisch ist die nur theilweise Übereinstimmung, resp. mehrfache Differenz dieser Völkernamen und derer, die in den aus noch späterer Zeit (etwa dem 2.—4. Jahrh. u. Z.) stammenden Listen der fremden Völker in dem alten Jaina- I 910 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 17. Juli. ete. im MBhärata wie im Rämäyana einnehmen', und welche für die Bestimmung der Abfassungszeit dieser Werke so bedeutsam ist. — Auch die Romaka werden dabei, jedoch nur selten, erwähnt. Unter Romakapura aber, welche Stadt, s. oben p. 906, in der astronom. Litteratur eine specielle Rolle spielt, wie denn auch ein Romaka- siddhänta unter den von Varähamihira (504—87 u. Z.) benutzten Vorlagen erscheint, ist nicht sowohl Rom selbst als vielmehr ent- weder Alexandrien oder gar schon: Byzanz zu verstehen. Ebenso wohl unter den Rauma des Vishnupuräna”. Eine freilich ziemlich abgeblasste Spur davon liegt endlich auch noch in der Verwendung der Yavana-Frauen als unmittelbarer Be- gleiterinnen des Königs in den Dramen des Kälidäsa (ec. Mitte des 6. Jahrhunderts) vor. Ich habe schon in der Vorrede zu meiner Übers. des Malavikägnimitram p. xıvu darauf hingewiesen (1856), dass die durch den Periplus maris eurythraei bezeugte Ausfuhr von rap%evaı eueıdeis Trpüs Tarrazıav, aus Alexandrien nach Indien, wohl eine der Vor- bedingungen für diese eigenthümliche Sitte bildet, wie denn auch noch in den Inschriften des Samudragupta die Lieferung von Mädchen als Tri- but, der Seitens des Shähän Shähi, Sassaniden-Königs, zu zahlen war, aufgeführt wird’. Offenbar feiert hierbei die feinere Gesittung und bessere Bildung der griechischen Hetären einen Triumph. Auf den Einfluss, den diese Mädchen, ihrem Metier gemäss, ausübten, — die in- dischen Colleginnen mögen bei diesen vom Auslande her geholten Vor- bildern immerhin noch, so zu sagen in die Schule gegangen sein — habe ich denn auch bereits vor Jahren’ einige Einzelheiten in dem Dienst des indischen Liebesgottes zurückgeführt, speciell den Umstand, dass er, wie der griechische Eros, den Delphin im Banner” führt, wie er denn auch theils als Sohn der Göttin der Schönheit, die ihrerseits wie die schaumgeborene Aphrodite aus den Wassern emporsteigt", theils als Gatte der schämigen Liebeslust erscheint. In einem Relief des Bhuvanecvara-Tempels in Orissa, anscheinend aus dem 7. Jahr- hundert u. Z., schimmert noch das Urbild der Aphrodite, mit Eros und Delphin vereint, freilich arg verunstaltet, durch’. — Und noch Texten enthalten sind; die letzteren zeigen eine noch weit grössere Mannichfaltigkeit, führen resp. speciell auch die Hüna, Marunda ete. auf, s. Ind. Stud. 16, 237. 303. Y s. akad. Vorl. ind. Lit. Gesch.? : Abhl. über das Ram. p. 23 ff. 2 Wiırson-HaArr, 1,130. Ind. Streifen 2, 359. ® im letzten Drittel des 2. Jahrhunderts u. Z., s. Lassen Ind. Altk. 2, 957 (752). Pfeil und Bogen scheinen dem Käma schon aus indischer Quelle her zu gehören, s. Ind. Stud. 5, 285. 286. 5 s. ZDMG. ı4, 269. Akad. Vorl. i. L. G.2 269. 6 dies ist resp. eventual. ein uralter, indogermanischer Zug, der auf die Morgen- röthe zurückgeht. ° s. Akad. Vorles. ind. L. G.? 368 (u. Nachtrag p. 16). 4 WEBER: Die Griechen in Indien. 911 eine andere Vermuthung ist bier anzuschliessen. In für uns zunächst ganz unfasslicher Weise sind die männlichen und weiblichen Kimnara, Affen, zu »heavenly choristers« geworden. Dass wirklich das ohr- zerreissende Affengekreisch hierbei zu Grunde liegen könnte, ist wohl, selbst wenn man sich auf den Standpunkt indischer Hörer stellt, ausgeschlossen. Ich möchte meinen, dass die zwupz' jener griechischen Mädchen am Hofe der indischen Fürsten dieser sonderbaren Vorstellung zu Grunde liegt; hauptsächlich sind es eben die weiblichen Kimnara, die in dieser Stellung erscheinen. — Endlich sei hier noch eine freilich auch wieder sehr kühne Vermuthung” erwähnt, wonach in dem Gruss- wort, mit welchem, der Päniniyä Cikshä zufolge, die »Frauen aus Suräshtra« anzureden pflegten, und für welches ich den dortigen Lesarten gegenüber die Form: kherän zu restituiren vorschlug, gradezu der griechische Gruss (im Infinitiv!): xp” vorliegen würde. Suräshtra' ist derjenige Theil des westlichen Indiens, in welchem sich anscheinend der Einfluss der griechischen Herrschaft am längsten gehalten hat, ef. die Münzen der dortigen kshatrapa- Dynastie’, die bis in das 2., 3. Jahrhundert u. Z. hinabreichen. N Für die politische Stellung der Griechen in Indien ist schliesslich auch noch die Herübernahme gerade der Wörter ovayZ »unterirdischer Gang, Mine« und %aAwos »Zaum, Zügel, bes. das Gebiss beim Pferde- zaum« in das Sanskrit resp. Päli, cf. surungä” und khalina’, von Interesse‘. Wenn wir hier noch der Vollständigkeit wegen, die nur lexiealisch belegbaren Wörter: yavanapriya Pfeffer, yavaneshta Zinn, yävana Weihrauch anführen, so betreten wir damit allerdings ein Gebiet, Is. Akad. Vorl. ind. L. G.2 322; zwug« ebenso wie °g0s oo: wird allerdings eigentlich nur von traurigen, klagenden Tönen gebraucht. Solche werden diese grie- chischen Mädchen denn wohl aber auch häufig genug haben ertönen lassen! 2 s. Ind. Stud. 9, 380 (4, 269). > der Infinitiv %argew (geschrieben %egw, »byzantinische Aussprache.) ist als Grussform statt des Imperativs: «ige inschriftlich mehrfach beglaubigt, s. A. Navex in seinen »kritischen Bemerkungen V« (1871) in den Melanges Greco -Romams 3.33 der Petersburger Akad. (1874). * Wiırson Hindu Th. pref. p. NIX. Monatsber. Berl. Akad. 1871 p. 619. ° man hat früher dieser sogenannten Säh-Dynastie sogar auch die Benutzung der Seleuciden-Aera zugeschrieben (s. Ind. Streifen 2, 267), ist indessen jetzt davon zurückgekommen. % s.m. Abh. über das Raämäyana p. 13. 14. ° im ardharcagana zu Pänini 2, 4, 31; — eine Regel darüber von Cäkatäyana findet sich in Vardhamäna’s schol. zu seinem Ganaratnamahodadhi 1,72 (113,7 ed. Essering). ® cf. die auf gleichartigen Verhältnissen beruhende Herübernahme politisch- kriegerischer Ausdrücke aus dem Persischen (während der Beziehungen zu den Arsaciden und Sassaniden), s. resp. Monatsber. d. Akad. 1879 p. 463 f2., Sıo fg., 922. Sitz. B. 1883 p. ır09, Häla (1881) p. XVII., Pärasipr. 1,7 al Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 17. Juli. auf welchem es sich wohl nicht mehr nothwendig!' um die Yavana- Griechen, sondern eventual. bereits um die Völker handelt, welche nach ihnen als Erben ihres Namens in die Handelsgeschichte Indiens eingetreten sind. Wohl aber sind hier Wörter wie: kastira” x&co1- repes, kastüri” xaorwpeıov, marakata® onapzydos, dräkshä' pa, eulväri? 5 sulphur, cringavera® zingiber u. a. dgl. zu nennen, bei denen jedoch leider über ihre eigentliche Herkunft und Bedeutung, resp. darüber, ob sie nicht theilweise sogar gerade umgekehrt zu erklären, resp. aus Indien entlehnt sind, grosse Unsicherheit besteht. Bei einer ganzen Zahl von Handelsgegenständen ist ja doch jedenfalls die in- dische Herkunft entschieden gesichert, z. B.’ bei: or«Aos upala, BnpurAcs veluriya” (vaidürya, Vaidürya), x&pvopvrAov katukaphala”, zıwvaßagı khin- naväri” ete. Der gewaltige Einfluss, den die Herrschaft der griechischen Könige im Nordwesten Indiens auf die Gestaltung des indischen Lebens ausgeübt hat, zeigt sich besonders entschieden auf dem Gebiete der Baukunst". Durch die Forschungen von CunxinGHAm, FERGUSSoN etc. ist es gelungen, in den erhaltenen Resten alter Bauwerke die dorische (in Kaschmir), jonische (in Taxila), korintbische (in Gandhära), Her- kunft der einzelnen Fürsten zu erkennen, welche je in einer (dieser kleinen Satrapien ursprünglich, oder im weiteren Verlauf geherrscht haben." Auch zahlreiche ächt hellenische Basreliefs und Seulp- turen sind aufgefunden worden (Apollon mit seinem Dreigespann '”, Seenen baechischer und silenischer Art ete.). Hier fehlt es leider noch völlig an einer ordnenden und die weitere. Verzweigung nach Indien hinein'” nachweisenden Darstellung. Auch der »Heiligen- Ys. dazu meine Bem. in den Akad. Vorl. ind. L. G.2 237. 2 efr. Kästirä Pän. 6, 1,155 Name einer Stadt; s. resp. Ind. Stud. 13, 367 n. ® im Präkrit bei Häla 1887 Vorw. p. XVII. 4 >? Ind. Stud. ı, 336. ° volksetymologiseh? Schwefel zerfrisst guva: Kupfer(?) oder: Stricke(?) ° MBh. zu Pän. 2, 1, 1.35 vartt.9 Ind. Stud. 13, 471. ° s. hierüber meine »Beiträge zur Geschichte der Aussprache des Griechi- schen«, Mouatsber. der Akad. 1871, p.613 fg. (Indian Antiquary 2, 143 fg. 1873), speciell p. 619. 8 s. Ind. Stud. 3, 148. 13, 370. s. Ind. Streifen 3, 121. 10 s, Ind. Streifen 3, 476. 1 9 die makedonisch - griechischen Monatsnamen finden sich nach CunnınGHam, Dowsos ete. (s. Ind. Streifen 2, 277) auf einigen der in arianischer Schrift geschriebenen Inschriften der indoskythischen Nachfolger der Griechen vor. 2 s, E. Currıus die griechische Kınst in Indien. Archaeolog. Zeitung 23, 90 fg. (1876). 13 cfr. Aphrodite, Eros, Delphin im Blinvanecvara- Tempel, s. oben p. gro. Ind. Streifen 2, 477- Weser: Die Griechen in Indien, 913 schein«, dem man früher indischen Ursprung zuwies', soll nach LuporLr Stermanı vielmehr griechischen Ursprungs sein”. Speeiell ist auch die indische Münzkunst aus griechischem Muster erwachsen’. A. v. Sırrer's schöne Schrift: Die Nachfolger Alexander’s (1878. 1879) giebt eine gute Übersicht über das, was davon noch unmittelbar oder mittelbar griechisch ist”. Aber auch hier fellt es noch an einer Darstellung der weiteren Verzwei- gung nach Indien hinein. — In einer viel ventilirten Stelle des Mahä- bhäshya über die Götterbilder, welche die golddurstigen Maurya zum Verkauf stellten, möchte ich die erste Erwähnung indischer Münzen von indischer Seite her erkennen’. Nach J. Har£vr's neuerdings (1884 fg.) wiederholt aufgestellter Ansicht wäre sogar auch die indische Schrift selbst, wie sie uns zuerst bei Piyadasi vorliegt, aus der griechischen herzuleiten’. Mir scheint dies aber wenig glaubhaft und setze ich vielmehr, wie ich dies schon 1855 gethan habe‘, die Wanderung der semitischen Schrift nach Indien und nach Griechenland in die gleiche Zeit, und erkläre däraus die grosse Ähnlichkeit mehrerer der wichtigsten Zeichen”. Von Interesse bleibt jedoch immerhin, dass der griechische Name der Us. SpENcEHARDy Eastern Monachism p. 416; resp. dazu Ind. Stud. 3,119. ® „über den Nimbus« Petersburg 1859; s. m. Abh. über Krishna’s Geburtsfest (1868) p. 340. > die Wörter: dramma Öge@yam und: dinära Öyvegıov sind speciell im Sinne von: Silber-, resp. Goldmünze bis in das 15. Jahrhundert (ja wohl noch weiter hinab) üblich geblieben. — Die Entlehnung von Önweegıov (stets Neutrum) selbst aus lat. denarius datirt, nach einer freundlichen Mittheilung Monnsen’s, frühestens aus der Zeit des Caesar und Augustus, die zuerst eine für das ganze Reich geltende Goldmünze ein- führten, die darum eben mit einem lateinischen Worte (gewöhnlich: aureus, aber auch: denarius aureus) bezeichnet wurde. Die Herübernahme des Wortes: dinära nach Indien, resp. die Einführung desselben in die indische Literatur, hat nun schwerlich alsbald stattgefunden, man kann wohl ziemlich sicher etwa ein Jahr- hundert als dazu erforderlich betrachten. Und hieraus ist denn zu folgern, dass kein indisches Werk, in dem das Wort dinära vorkommt, älter als das zweite Jahr- hundert u. Z. sein kann. * s. Ind. Stud. 13, 331. 344-46, oben p. 905 n. 2. 5 also ganz wie sich Orrrıep MÜLLER seiner Zeit (Gött. Gel. Anz. 1S38,p. 252) dem Ausspruche J. Prinser's gegenüber stellte, dass die griechische Schrift nur eine umgestülpte (turned topsy turvy) indische sei. Dagegen trat dann aber Lassen auf in s. »Geschichte der griechischen und indoskythischen Könige« p. 107 fg. (1338). 6 ef. ZDMG. 10, 389 fg. (1856, geschr. Aug. 1855). Indische Skizzen p. 135 fg. — s. dann noch Burserr Elements of South Indian Palaeography (1874) resp. dazu wieder Ind. Streifen 3, 349 fe. ? jedenfalls ist die weitere Schlussfolgerung, die Harı:vy aus seinem Theorem gegen das Alter der indischen Literatur in’s Feld führt, durchaus hinfällig, da die mündliche Überlieferung der alten Texte entschieden in hohes Alterthum hinaufreicht. Über die etwaige Benutzung der griechischen Schrift durch Pänini, s. im Übrigen oben p. 907. 914 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 17. Juli. Dinte uerav, melä!, sowohl, wie des Schreibrohres xaAauc, kalama’, in das Sanskrit Aufnahme gefunden hat; und ich bin fast versucht, auch das Wort pustaka, Buch, als eine Umgestaltung aus einem etwaigen griechischen rv&ızov zu erkennen. Und hiermit gelangen wir denn zu dem wichstigsten Punkte, in welchem griechischer Einfluss in Indien nachweisbar ist, zur Poesie, Wissenschaft etc. Wir sahen bereits, dass im Epos selbst die griechischen Fürsten als in unmittelbarer Beziehung zu den Trägern der Erzählung stehend aufgeführt werden. Es kann daher nicht mehr befremden, wenn die Frage auftaucht, ob nicht die grossen Analogieen und Über- einstimmungen, welche zwischen dem Mahä-Bhärata, resp. Rämäyana, und der Ilias und Odyssee bestehen, irgendwie auf eine Kenntniss und Verwerthung der homerischen Sage durch die Vff. der beiden grossen indischen Epen zurückzuführen sind. Schon der Rhetor Dio Chrysostomos, der zur Zeit Trajan’s (98—-ı17) lebte, hebt speciell die das MBhärata hierbei betreffenden Einzelheiten hervor, und be- zeichnet sie als solehe, welche für das Bekanntsein des Homer in Indien einträten. Als ich im Jahre 1851 auf diese Angabe des Dion hinwies®, war ich meinerseits noch so ziemlich in dem Glauben an das hohe Alter des indischen Epos befangen, und fasste daher diese Angaben nur als ein Zeugniss für das damalige Bestehen des MBhä- rata auf. Indessen, wie die Sachen zur Zeit liegen, wäre doch immer- hin die Annahme einer Benutzung der homerischen Sage auch durch die Verfasser des ältesten, des sogenannten Kampf-, Theiles des MBhär. vielleicht nicht so ganz ohne Weiteres, abzuweisen. Für das Rämäyana wenigstens glaube ich in der That aus der völlig ver- schiedenen Fassung, welche die Räma-Sage in der buddhistischen Legende, gegenüber der von Välmiki ihr gegebenen, zeigt, das höhere Alterthum der ersteren, und damit die Möglichkeit, dass Väl- miki für seine Darstellung die homerische Sage benutzt hat, I so u. A. in einem Roman (Väsavadattä), der allem Anschein nach mit einer milesischen Fabel in Bezug steht, s. im Verlauf. 2 es handelt sich aber hier nur um kalama in dieser Bedeutung, nicht um das Wort kalama selbst, s. Hala (18Sı) Vorw. p. XVII. resp. Monatsber. 1871 p. 623. 3 s. Ind. Stud. 1,161 fg. »Denn sogar bei den Indern, sagt man, wird Homer'’s Poesie gesungen, indem sie dieselbe in ihren eigenen Dialekt und Sprache übertragen haben, so dass auch die Inder ... mit den Leiden des Priamos, mit den Klageliedern und Wehklagen der Andromache zur Hekabe, und mit der Tapferkeit des Achilleus und Hektor wohlbekannt sind«. Die hier ausgelassene, mit ... bezeichnete Stelle han- delt davon, dass der grosse Bär in Indien nicht sichtbar sei, und tritt, s. das von mir ad 1. Bemerkte, für die Genuinität der ganzen Nachricht, resp. dafür ein, dass sie auf Solehe zurückgeht, die Indien durch Autopsie kennen gelernt hatten; s. noch Akad. Vorl. ind. L. G.2 p. 202. Weser: Die Griechen in Indien. 915 erwiesen zu haben'!. Der Patriotismus der Inder ist dadurch arg verletzt worden; man hat mich dahin verstanden, als ob ich das Rämäyana als »eopied from Homer« habe bezeichnen wollen. Das ist natürlich meine Ansicht nieht. Aber so gut, wie sich immer mehr herausstellt, dass auch die Buddhisten bereits homerische Sagenstoffe in ihrer historischen Legende verwandt haben, ef. Kirke, Leukothea”, und trojanisches Pferd’, so wenig lässt sich a priori die von mir angenommene Möglichkeit in Abrede stellen. Erwiesen freilich ist sie selbstverständlich auch nicht. Bei der Beurtheilung des gegenseitigen Austausches von sagenhaften, epischen Stoffen wird man fast stets nur zu einem subjeetiven, selten zu einem objec- tiven Resultate zu gelangen im Stande sein. So weit es sich nämlich bei dgl. Übereinstimmungen überhaupt nicht etwa um rein spontane, sozusagen naturwüchsige, Entstehung an beiden Orten handelt, ist hierbei noch zweierlei im Auge zu be- halten. Einmal die Möglichkeit, dass es sich speeiell bei Überein- stimmungen zwischen dem griechischen und indischen Epos überhaupt gar nicht um Entlehnung von einer oder der andern Seite her, in historischer Zeit handelt, sondern um Reste uralter natur- symbolischer Mythenbildung aus alt-indogermanischer Zeit. Zweitens aber ist, gesetzt es liegt Entlehnung in historischer Zeit vor, dann doch noch auch die Eventualität zu erwägen, dass die griechische Sage ihrerseits gar nicht griechischen Ursprunges, sondern selbst anderweiter, resp. für Griechenland orientalischer (für Indien resp. immer noch »oceidentalischer«) Herkunft ist, somit auch nach Indien aus derselben Quelle her gekommen sein kann. Ganz dasselbe was ich hier von den Berührungen in Bezug auf epische Sagenstoffe bemerke, gilt im Übrigen auch von den Gestalten und Stoffen der Erzählungs-Literatur, der Feen- und Zauber- Geschichten, der bei unserer Kinderwelt so beliebten Geschichten (kurz gesagt) der Grıum’schen Märchen, des Folklore. Die indische Lite- ratur ist, speciell durch die Thätigkeit der Buddhisten und, in späterer Zeit, ihrer Rivalen, der Jaina, ganz besonders reich an Werken dieser Art, deren vorliegende Form zum Theil in ziemlich junge Zeit hinabreicht, während klar ersichtlich ist. dass dieselbe auf alten Überlieferungen und verloren gegangenen Werken, die zum Theil gar nicht in Sanskrit, sondern in Volksidiomen abgöfasst waren, beruht. Die älteren vorhandenen Werke dieser Art knüpfen mehrfach an den Namen des (ätavähana, die jüngeren an den des Vikramäditya ls. meine Abh. »über das Rämäyana« 1870. 2 s. daselbst p. 13. 17. Ind. Streifen 2,216. 3,430. 524. ° „über das Räm.« p. 13. 75. Ind. Streifen 1, 370. 3,16. 916 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 17. Juli. an, welche beiden Könige denn zwar von der Tradition gleichmässig mit der Beseitigung der Fremdherrschaft, speciell der Gaka, Indo- skythen, in Verbindung gebracht werden, dennoch aber gerade ihrer- seits mehrfach mit aus der Fremde stammenden Zügen ausge- stattet sind. Und ganz ebenso gilt das Gesagte auch von einem weiteren Literaturzweige, der ebenfalls grosse Übereinstimmung zwischen Griechenland und Indien aufweist, von der (kurzgesagt) aesopi- sehen Fabel. Man hat einige Zeit lang Indien geradezu für das Mutterland der Fabeln gehalten. Und allerdings trifft dies, auf Grund der seit dem 6. Jahrh. u. Z. erfolgten Übersiedelung indischer Fabelsammlungen nach dem Oceident, für viele Thierfabeln, speciell für alle die, welche sozuzagen in den Dienst der Politik, mit dem Zweck als eine Art Fürstenspiegel zu dienen', getreten sind, factisch auch zu, so dass hiernach zu den obigen drei, resp. vier Gesichtspunkten, nach welchen dergl. Übereinstimmungen zwischen Indien und dem was für Indien Oceident ist, zu erwägen sind, auf diesem Gebiete, resp. für diese Zeit, eben noch dieser fünfte hinzu- tritt. Für die ältere Zeit aber ist von dem Gedanken, Indien als das Mutterland der aesopischen Fabeln anzusehen, völlig Abstand zu nehmen. Vielmehr macht hier gerade die griechische Form der Fabel (abgesehen, notabene, von der Frage ihrer etwaigen eigenen Herkunft) der indischen gegenüber meist den Eindruck der grös- seren Schlichtheit und Ursprüngliehkeit. Die in der Thierfabel speciell fungirenden Thiere gehören entweder der indischen Fauna gar nicht vorzugsweise an, oder zeigen doch nicht diejenigen Eigen- schaften, welche die Inder an ihnen betonen’. Ja, es liegt im Übrigen sogar die Annahme nahe, dass uns im Sanskrit direet zwei der grie- ehischen Fabel” entlehnte Wörter vorliegen, dass resp. die Namens- form: lopäka für: Schakal (der altindische Name dafür ist: »lo- päca«) auf @Awr7£ und der Name: kramelaka für Kameel auf zaunAos zurückgeht, Beides einfach auf Grund volksetymologischer Deutung®. — Die Buddhisten sind auch hierbei, speciell in ihren jätaka-Erzäh- ! ich möchte fast meinen, dass sogar Machraveuıı für seinen: »Prineipe« (1515) diesen damals gerade eine grosse Rolle spielenden Übersetsungen zu Dank ver- pflichtet ist. 2 siehe meine eingehende Darstellung hierüber im 3. Bande der Indischen Studien p. 327 fg. 1855, sowie Ta. Benrey’s treffliche Einleitung und Noten zu seiner Über- setzung des Pancatantra (1859). ® s. Ind. Stud. 3, 336 Monatsber. d. Berl. Akad. 1871 p. 619; beide Wörter sind im Übrigen selten, werden jedoch in den koga speciell verzeichnet. Für kramela wollte Lassen Ind. Altk. 1, 299"3 semitisechen Ursprung annehmen; dagegen tritt indessen die Endung: ela entschieden ein. Weser: Die Griechen in Indien, 917 lungen, die eigentlichen Träger dieser Einwanderung oceidentalischer Stoffe nach Indien gewesen. Handelte es sich im Bisherigen wesentlich um volksthümliche Stoffe und um deren so zu sagen gesprächsweise Aneignung, so scheint doch auch eine Kunstform der griechischen Literatur, der grie- chische Roman nämlich, in Indien direct Eingang gefunden zu haben. Prrersov eonfrontirt in der Vorrede zu seiner Ausgabe von Bäna’s Kädambari (1883) p. 101 fg. den Styl des Autors direet mit dem des Alexandriners Achilles Tatius (AD 450). Und in meinen Bemerkungen dazu in DLZ 1884 p. ı20 habe ich denn theils auf die ra%eva eusideis, resp. die Yavana-Mädchen an den Höfen der indischen Könige, als die vermuthlichen Träger einer solchen, ihrem Gewerbe so ganz entsprechenden Vermittelung milesischer Liebesgeschichten hingewiesen, theils speciell auch auf die stofflichen Beziehungen, welche zwischen der Väsavadattä des Subandhu, eines Vorgängers des Bäna, und einer Erzählung bei Athenaeus (13, 35) bestehen', aufmerksam gemacht, wie denn auch die in beiden Autoren, bei Subandhu wie bei Bäna, vor- liegende Belebung einer steinernen Statue durch Umarmung speciell an Pygmalion erinnere.” Von besonderem Interesse in dieser Beziehung ist nun aber weiter, dass sich in der Väsavadattä bei einer jener in dem hierbei üblichen bombastischen Style gehaltenen Tiraden das Wort: Dinte direct durch melä uerzv gegeben, findet (Väsavad. p. 239), während die betreffende Vorstellung selbst: »wenn der Himmel zum Blatt, das Meer zum Dintenfass (melänanda), der Schreiber zum Brahman ... würde, könnte er doch die Liebespein, die sie deinet- wegen ausgestanden hat, nicht in vielen yuga- Tausenden beschreiben » noch gegenwärtig in neugriechischen Liebesliedern populär ist’ und, da sich Ähnliches, nach Harz auch im Qorän (18, 109) ete. vorfindet', vermuthlich bereits auch in die milesische Literatur zurückreicht. Es scheint mir angemessen, hier, ehe ich weiter gehe, eine kurze Übersicht über das einzuschalten, was mir gerade noch von Überein- stimmungen griechisch-oceidentalischer Erzählungs-Stoffe mit indi- schen zur Hand ist, ohne dass ich es übernehme, dabei im Einzelnen die fünf Gesichtspunkte, um die es sich dabei handelt (1. natur- wüchsig, 2.indogermanisch, 3. oceidentalisch, 4. griechisch, 5. aus Indien ! cf. Roane der griechische Roman p. 45. 5ı Pärasiprakäca ı, 10. 2 s. Ind. Streifen ı, 378. Ind. Stud. 3, 345. ®? s. R. Könrer in Benrey’s Orient und Occeident 2, 548: Fov ougevo ann Yagrı ru Sarassavner»avn (melänanda, Väsavad.), ve yaalı 7& WEITWarıAe a.u.e * Einl. zur Väsavad. p. 39, s. Ind. Streifen ı, 377®. 918 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 17. Juli. nach dem Oceident gekommen) zu unterscheiden, da dies eben mehr- fach z. Z. überhaupt nicht gut thunlich ist. Wohl aber gruppire ich dieselben wenigstens im Allgemeinen in einer gewissen chronolo- gischen Reihenfolge. Die durch die vergleichende Mythologie als der indogerma- nischen Zeit, oder doch einzelnen Stufen derselben, angehörig erschlos- senen mythisch -natursymbolischen Gestalten der Sagen- und Märchen- Welt reichen auch in Indien noch bis in die letzten Ausläufe der Literatur hinab. Der Sonnen-Vogel, Falke, Vogel Greif. Garuda, Suparna, der die Schlangen, die Symbole der wolkigen Umnachtung und Finster- niss, zerstückt S' 3, 334, Str 3, 18. 433, — die Schlangen selbst als Hüter verborgener Schätze S 3, 334. 342. — der getreue Eckard (Waldhüter, Förster), der vor dem nahenden Ansturm der wüthenden Sehaaren warnt und den himmlischen Soma hütet (somapäla, gandharva) Sz 1888, 14. 15, — die Schwanjungfrauen mit ihrem Nebelschleier 81,197. 13,135. 15, 257. Str 2,178, — die Elben und Nebelgeister, die im Schatten des Waldes unter den hohen Bäumen in goldenen Sehaukeln sich wiegen, tanzen und singen S 13,135, — die Wichtel und Kobolde in Haus und Flur S 14, 329. 357. 17, 287-89, — die Buhlkobolde S 5, 255-456. 13, 137.184, — der Jungbrunnen Str ı, 13 — der Wunschbaum, der wie dem Aschenbrödel, so auch der Gakun- talä (v. 100 ed. Pıscner) die goldenen Kleider schüttelt, — die Wunsch- Kuh oder Wunsch-Ziege S5,442, — das sind alles uralte, indogerma- nisch-vedische Vorstellungen. Und dazu gehört, was sich besonders bei unserm Volk noch so reichlich an abergläubischen Vorstel- lungen, Sitten und Bräuchen, und daran sich knüpfenden, darauf fussenden Sagen aller Art erhalten hat, besonders in Bezug auf Zauberwesen, also Verzauberung von Personen (Prinzen, Prinzes- sinnen!) und Orten (Schlösser), Besprechung von Krankheiten ete., Zaubermittel aller Art, wie Zauber-Besen, -Gürtel, -Kappe. -Mantel, -Pferd, -Säckel, -Salbe, -Schuhe, -Schwert, -Spiegel, -Stab, - Stein ete. Gerade auf diesem Gebiete ist es aber ungemein schwer, Altes und Neues aus einander zu halten. Es liegt in vielen dieser Fälle nahe, Indien als die Quelle dafür anzusehen, wie ich dies denn auch selbst früher theilweise gethan habe, s. Sk.p. ı 1 1, indessen — die Griechen und Römer haben ein gutes Theil dieser Dinge auch bereits gekannt, s. Prerver griech. Mythologie 2, 46.85. Hier steht noch ein volles, reiches Feld der Untersuchung offen, s. S ı5, 339. I der Kürze halber brauche ich hier folgende sigla: M Monatsberichte der Berliner Akademie, R meine Abh. über das Rämäyana, S Indische Stndien, Sk Indische Skizzen. Str Indische Streifen, Sz Sitzungsberichte der Berliner Akademie, V akad, Vorlesungen über indische Literatur-Geschichte, zweite Auflage. Weser: Die Griechen in Indien. 919 An. Horrzmann (sen.) u. A. haben auch in der Sage des MBhärata, den Kämpfen zwischen den Kuru und den dans einen direeten Be der alten Kämpfe zwischen den Genien des Lichtes und der Finster- niss erkannt, sind dabei jedoch im Einzelnen viel zu weit gegangen, s. Str. 2,73. S.1,415. — Ebenso hat J. Grmm in der deutschen Thiersage einen indogermanischen Hintergrund gesucht und dafür speciell die indische Fabel verwerthet, s. dagegen S. 3, 363; mythische Grundlage ist vesp. bei einzelnen Fabeln wohl nicht in Abrede zu stellen, Ss. S.15, 257. Von in historische Zeit hinein reichenden, resp. nach Indien eingewanderten oceidentalischen Erzählungs-, resp. Sagen-Stoffen seien die folgenden genannt: die Schatzkammer des Rhampsinit Str. 2, 369, die List des Zopyros S. 3, 356 Sk. rıı, — die menschenköpfigen Löwen von Ninive S. 9, 64. 65, — des klugen Knaben Cyrus Richter- talent S. 15,406, — die Vernichtung des Heeres des Nebukadnezar S.15,455, — die Fluthsage Str. 2, 24. 3, 597, — die Orion-Sage 509,452, — dienZwölften 'S: 5,440. 10, 242-3. 17,225, — der Durchzug durch das rothe Meer‘ (?) Sk. ırı, — die Opferung des eigenen Sohnes S. 14, 123, — das goldene Kalb und Mammon’, — die redenden Figuren an Salomo’s Thron 15, 215. 217, — Salomo’s Richterspruch Sk.ı ı ı, — Uriasbrief M.ı869 42fg. S.ı5, 308 Str. 2, 337; — Jonas im Fisch Sk. ııı, Str. 2, 368, — die Himmels-Scene im Hiob S. 15, 413 Verz. Berl. S. H. 2, 1099, — die Achillesferse Sk. Sz.1887 907, — Alkestis R. ı8. 19, — Amor und Psyche Str. 3, 54, — Andromeda S. ı5, 215. 348. Str. 2,368, — der Raub des Ge S01.238.0,4r, — der; Sonnenflug des’ Ikaros IR. 36 S.15, 375, —- Jason-Sage (gegenseitige Tödtung der aus der Drachenzahnsaat ent- standenen eisengepanzerten Männer) Sz. 1887 907, — Orpheus und Eurydike S. 1,418, — Kraut Nepenthes R. ı5, — wandernde Frucht S.15, 210 fg., — »Bürgschaft« S. ı5, 35 — »Gang nach dem Eisenhammer« (Sk. 111) M. 1869 26. 45 nn — sibyllinische Bücher”, Verbrennung Rom’s durch Nero Sk. ı 11, — Virgil’s eulex S. 3, 354, — Kahlkopf und Mücke S. 4, 392, — Menenius Agrippa S. 1,398 3, 369. 370(!), — Über christliche Sagenstoffe siehe im Verlauf. Kälidäsa’s Gakuntalä hat gleich bei ihrem ersten Erscheinen zu der Frage, ob dabei ein Einfluss seitens des celassischen Drama’s an- zunehmen sei, Anlass gegeben, und auch ich habe mich meinerseits ! Josua’s Gebot an die Sonne, in Japan, R.ıS 2 nach einer brieflichen Mittheilung von E. Leumanna, im Avacy. 9,49; s. auch MVerzerder"Berl. S. H. 2, 1120. ® Kathäsaritsägara S, 2< 920 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 17. Juli. schon im Jahre 1851" in bejahendem Sinne ausgesprochen. Dagegen hat Lassex den selbständigen Ursprung des indischen Drama’s aus religiösen Festspielen (nach Art unserer Passionsspiele) behauptet, und (diese Annalıme hat in neuerer Zeit durch die in dem Mahäbhäshya enthaltenen entsprechenden Angaben, siehe Ind. Studien 13, 490 fg., glänzende Bestätigung gefunden. Zwischen den dort geschilderten einfachen und grotesken Anfängen aber” bis zu der Vollendung, welche das indische Drama bei Kälidäsa, Mitte des 6. Jahrhunderts u. Z,, zeigt, muss eine lange Stufenfolge von Zwischenstadien angenommen werden, und hierbei ist es denn, wo dem etwaigen Einfluss des eriechischen Drama’s Thür und Thor offen steht. In Alexander’s Heer befanden sich zahlreiche Jongleurs, Gaukler, Schaukünstler und Schauspieler aller Art. »Er” benutzte die dramatische Kunst als Mittel zur Hellenisirung der Welt«, und liess wiederholt griechische Dramen zur Ergötzung seines Heeres, zur Aufführung bringen. Er liess sich, nach Plutarch’s Zeugniss, den Sophokles, Euripides und Aeschylus nach Indien nachschicken. Seine Generale und Satrapen, welche nach ihm in den griechisch-baktrischen Reichen als Könige herrschten, sind allem Anschein nach seinem Beispiele gefolgt. Plutareh berichtet, dass die »Kinder der Perser, Susianer und Gedrosier« die »Tra- gödien des Euripides und des Sophokles sangen« und dies ist denn wohl eben einfach in dem angeführten Sinne zu deuten‘. Dass solche Aufführungen dann nicht verfehlt haben können, auf Geist und Gemüth der ihnen zuschauenden, für das Schöne so empfängliehen Inder be- fruchtend einzuwirken, liegt auf der Hand. Acht Jahrhunderte liegen zwischen dieser Zeit und der Zeit des Kälidäsa. Es kann daher” nicht befremden, wenn die schöpferische Kraft der indischen Dichter im Wesentlichen die Spuren verwischt hat, welche auf jene Be- fruchtung hinweisen könnten. Und. doch sind dieselben keineswegs eänzlich verloren. Nachdem schon Envarp Branpes in der Vorrede zu seiner (dänischen) Übersetzung des einzigen Drama’s, welches den Dramen des Kälidäsa den Rang der Priorität streitig macht, der Mricchakatikä, speciell auf die attische Komödie als hierbei besonders im Auge zu haben, hingewiesen hatte, Kopenhagen 1870, hat später, ohne hiervon Kenntniss zu haben, Ernst Winpisch in einer eingehenden Untersuehung, Verhdl. des Berliner Orientalisten-Congresses 1881 II. ı s. Ind. Stud. 2, 148 (das erste Heft erschien im März 1851). 2 zu denen das moderne Indien in seinen heutigen Yäträ-Spielen wieder zurück- gekehrt ist. ° s. Orro Lupwıs »Dionysische Künstler« 1873 pP. 104. * s. das Vorwort zu m. Übersetzung des Mälavikägn. XLVM. > s. Ind. Stud. 14, 193 fg. Werer: Die Griechen in Indien. 921 1-106, diese Frage speciell erörtert. Ich selbst habe unter Anderem auch auf den Namen yavanikä »die Griechische«, als Name des Bühnenvorhanges hingewiesen', sowie neuerdings noch darauf, dass der Name: vidüshaka »Verderber, Verunreiniger« nicht sowohl auf diejenige Rolle passt, welche diesen Namen im indischen Drama führt, als vielmehr auf diejenigen, welehe der dodAcs, servus in der antiken Komödie?” einnimmt. Was sodann die Wissenschaften betrifft, so ist es vor Allem die Astronomie, in welcher der griechische Einfluss hell und klar zu Tage tritt. Die indischen Astronomen selbst geben die Yavana ausdrücklich als ihre Lehrer an. Unter den fünf alten Siddhänta, welche der Astronom Varähamihira (AD 504 -87) speciell benutzt hat’, sind zwei, der Pulica- und der Romaka-Siddhänta, welche sehon durch diese ihre Namen direet hierfür eintreten (unter Pulica ist resp. wohl Paulus Alexandrinus zu verstehen). Dass der vorlie- gende Sürya-Siddhänta den asura Maya (und zwar wie es dann weiter- hin heisst: aus Romaka pura) als den ersten Begründer der Astronomie hinstellt, und dass ich darunter den griechischen Astronomen Ptolemäos verstehe, habe ich bereits oben (p. 906) erörtert. Auch den Namen des Manetho, des Autors der Apotelesmata, habe ich‘ in dem des Manittha (Mänimdha), und einen: Aphroisios oder: Speusippos hat man° in dem Namen des Yavana-Lehrers (Yavanecvara) Asphu- ji(d)dhvaja (resp. Sphujidhvaja), zu erkennen gemeint. Während die älteste Stufe der indischen Astronomie, vermuthlich auf babyloni- scher Grundlage ruhend, sich mit dem Monde und seinen Stationen (nakshatra) beschäftigt, wendet sich die unter griechischem Ein- fluss stehende folgende Phase derselben speciell den Planeten” und ts. Ind. Skizzen p. 85 ZDMG 14, 260. ® s. Sitz. Ber. der Kön. Akad. 1857 p. 909. > cf. die Herausgabe der Pancasiddhäntikä durch G. Tuıwaur (Benares 1889). * s. akad. Vorl.2 p. 278. ° Kern, Vorrede zu s. Ausgabe (1865) von Varähamihira’s Brihatsamhitä p. 48, resp. Bhau Däji im Journal R. A. Soe. 1, 409 (1869). % doch waren dieselben den Indern auch schon vorher bekannt, denn sie kemmen bereits auch in den ältesten astrologischen Texten, den Atharva-Paricishta, vor, und zwar in einer anderen Reihenfolge, als der griechischen (s. Verz. Berl. S. H. 2.02 "- ?. 98”-:1), Doch ist diese letztere daselbst auch schon (s. ibid p. 92!) gekannt. Nach ihr richtet sich dann weiter auch die indische Reihenfolge der Wochentage ebenso wie bei uns. Benannt aber sind die Planeten (und dies tritt zu zweit dafür ein, dass dieselben schon von älterer Zeit her den Indern bekannt sind) nicht nur mit den grie- chischen oder diesen entsprechenden Namen, sondern auch mit einer ganz anderen selbst- ständigen Nomenclatur. Mars heisst theils: der rothe, theils: Sohn der Erde, Mereur: Budha, Sohn des Soma (Mondes), Jupiter: Brihaspati, Sohn des Angiras, Venus: Sohn des Bhrigu, Saturn: Sohn der Sonne. Sonne und Mond sind wie bei den Griechen die Träger der beiden ersten Wochentage. 922 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 17. Juli. der Sonne resp. dem Zodiacus zu. Die unmittelbare Folge davon ist die Berichtigung der bis dahin gültigen Krittikä-Reihe der naksh- atra, welche einem Taurus-Zodiacus entspricht, in die dem Aries- Zodiaeus entsprechende Äevini- Reihe gewesen‘. Es sind im Übrigen nicht nur die Namen der Planeten und der Zodiacalbilder in -unmittel- barer Transscription in das Sanskrit übergegangen und zum Theil darin bis in die neueste Zeit hinab lebendig geblieben, wie z. B. ära "Apys und heli 7Aıos, sondern es sind auch zahlreiche griechische termini techniei demselben incorporirt” und z. Th. sogar in die poetische Sprache auf- genommen worden, z. B. jämitra (dixuerzov) in Kälidäsa’s Kumärasam- bhava. — Nach H. Jacogı ist es speciell die durch Firmicus Mater- nus (336-354 u. Z.) erreichte Stufe der antiken Astrologie, welche z. B. den bei Kälidäsa vorkommenden Anschauungen der Art zu Grunde liegt”. Auch in Bezug auf die Arithmetik und Algebra, in der die Inder bekanntlich uwrosses geleistet haben, war schon ÜOLEBROOKE (Misc. öss.” 2, 401. 446) geneigt, griechischen Einfluss, speciell den des Diophantus, anzunehmen. Dagegen tritt aber Rup. Hörste in dem Vorwort zu seiner treftlichen Bearbeitung, eines im Gäthädialekt ver- fassten, anscheinend buddhistischen, arithmetrischen Textes, den er in das dritte, vierte Jahrh. u. Z. setzt, entschieden für »the entirely native origin« der indischen Arithmetik ein’. Nun würde zwar die von Worrcke’ angenommene Übereinstimmung in Bezug auf das von Buddha bei seinem Braut-Examen gelöste Exempel (betreffs des Atomen-Inhaltes eines Yojana) mit dem sogenannten Are- narius des Archimedes (287-212 v. Chr.) sich, im Fall ihrer Bewahr- heitung, einfacher durch die Annahme, dass hier die buddhistische An- gabe, deren Alter keineswegs feststeht, auf Entlehnung beruhe, als durch die von WorrckE angenommene Entlehnung von Indien her, erklären lassen®. Auch ist in neuester Zeit sogar eine, freilich in ihrer vorliegenden Form erst auf den Anfang des vorigen Jahrhunderts zurückgehende Sanskrit-Bearbeitung der Elemente des Euklid, auf- " s. Ind. Stud. 9. 429. 2 s. Ind. Stud. 2, 254, akad. Vorl. i. L. @.2 272. 273. 3 „de Astrologiae Indieae horä appellatae originibus« Bonn 1872; horä selbst ist wow. * Verh. des 7. intern. Or. Congr. 2, 127— 147 (Wien 1888), speciell p. 133 fg.; — das betreffende, sehr schwer lesbare Mspt., dessen Entzifferung HörstE zu grosser Ehre gereichtz ist etwa aus dem S—-ı0 Jahrh. 5 mem. sur la propagation des chiffres indiennes Paris 1863. % s. Ind. Stud. 8, 325. 437 ak. Vorl. ind. L. G.2 274; — oder ob etwa beiderorts auf babylonischem Einfluss basirend ? WEBER: Die Griechen in Indien. 923 getaucht. Die Nachrichten darüber sind jedoch z. Z. noch sehr un- bestimmt', und es steht in keiner Weise fest, ob diese Bearbeitung auf einer älteren dgl. beruht, deren Entstehung ihrerseits in alte Zeit hineinreicht, oder ob sie nicht einfach überhaupt nur eben dem Beginn des vorigen, resp. des ı6ten, Jahrhunderts selbst angehört, somit erst durch modern-europäischen Einfluss” vermittelt ist? Immerhin ist dieselbe schon darum von Interesse, weil der fremde Stoff darin ganz in indische Form gegossen ist, was eine vortreffliche Parallele bietet für ähnliche Vorgänge der alten Zeit. Neben solchen etwaigen, eben doch sehr zweifelhaften griechischen Einflüssen nun sind die Inder auf dem Gebiete der Arithmetik, Geometrie etc. jedenfalls auch ihre eigenen Wege gegangen. Die ältesten, ziemlich sonderbar abgefassten Regeln über Combinationen und Permutationen nämlich schliessen sich in ungezwungener Weise an metrische Fragen der Art an; wie viele Variationen wohl sich für ein Metrum von 2, 3, 4 und mehr Silben auf Grund der verschie- denen Quantitäten dieser Silben ergeben?°; und dabei ist denn fremder Einfluss kaum irgend anzunehmen. — Ebenso wenig wohl auch bei den in den sogenannten culvasütra »(Mess-) Schnur-Regeln« enthal- tenen Angaben über die Art und Weise, wie bei der Errichtung eines Feuer-Altars aus Backsteinen, in mannichfachen Formen resp. Gestalten, die Modificationen der regulären Vogel-Gestalt desselben in fest geord- neter Weise herzustellen seien. Um diese Variationen der Gestalt, z. B. als Wagenrad, viereckiger oder runder Trog ete., unter den gegebenen Restrietionen in richtigem Verhältnisse herzustellen, hatte man sehr mannichfache geometrische Versuche, resp. Processe, vorzunehmen, und gelangte sö, in rein experimenteller Weise, u. A. zur Auffindung und factischen Verwerthung des von den Griechen dem Pythagoras zu- geschriebenen Satzes von dem Verhältnisse der Hypotenuse zu den beiden Katheten, ja sogar zu Versuchen zur Quadratur des Kreises'. In Bezug hierauf nun hat L. v. Schköper neuerdings (1884) die Behauptung aufgestellt, dass Pythagoras neben anderen Dingen auch jenen nach ihm benannten Lehrsatz von den Indern entlehnt habe. Hiergegen ist indessen zunächst zu bemerken, dass in keiner Weise ! ein junger Hındu, H. H. Daruva, Vertreter des Mahäräja von Baroda, berichtete darüber im Sept. vor. J. in einer Sitzung des achten internat. Orient. Congresses in Stoekholm/Christiania. 2 man hätte dabei etwa an die Jesuiten-Patres am Hofe des Kaiser’s Akbar (1556-1605) zu denken? 3 s. Ind. Stud. 8, 425-32 CoLEBRoorE Mise. Ess.2 2, 97; — die Darstellung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der des von Hörnte bearbeiteten Textes, mit dem ihnen ja ‚ auch das Wort rüpa in der Bedeutung: Eins (Hörnte p. 131) gemeinsam ist. * s. G. Tuısaur the sulvasütras 1877; ef. dazu Ind. Streifen 3,485. Sitzungsberichte 1890. 73 924 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 17. Juli. * feststeht, in welcher Zeit jene eulvasütra, die ihrerseits nur einen Appendix zu einigen der sogenannten crauta-sütra des Yajurveda bilden, zu setzen sind? ob sie resp. wirklich als vor-Pythagoräisch gelten könnten? Die Blüthezeit des Pythagoras wird gewöhnlich zwischen 540—500 v. Chr. gesetzt. Dies ist immerhin für Indien ein bischen hoch! Nun beruhen ja diese Regeln selbst allerdings ihrer- seits auf einer alten praktischen Übung. Dämit aber wird denn doch nicht beglaubigt, dass deren Träger auch bereits im bewussten Besitze derjenigen Vorstellungen waren, die man dann im Verlaufe eben aus ihrer Praxis gezogen und in die Form bestimmter Regeln gebracht hat. — Sodann aber ist ja überhaupt ein Schluss auf Ent- lehnung, da, wo es sich um richtige Resultate handelt, durehaus nicht irgendwie erforderlich. Richtige Resultate können sehr wohl an verschiedenen Orten, ganz unabhängig von einander, gefunden werden. Nur dä, wo es sich um unrichtige resp. willkürliche An- sätze und Vorstellungen handelt, ist es schwierig anzunehmen, dass man in verschiedenen Ländern sollte selbständig auf die gleiche Idee, resp. Phantasie verfallen sein; und dabei liegt dann die Annahme einer Entlehnung von der einen oder anderen Seite her, nahe. Jene Vorschriften der eulva-sütra stehen im Übrigen, um dies noch zu erwähnen, in Indien ganz vereinzelt da, haben allem Anschein nach da keine Weiterbildung erfahren. — Auf die angebliche indische Sehülerschaft des Pythagoras kommen wir im Verlauf nochmals zurück. Auch die indische Mediein scheint nieht unbeeinflusst von der griechischen geblieben zu sein. Von den früheren Träumereien über das hohe Alter der indischen Mediein, die in ihrer Naivität so weit gingen, einen Ausspruch Wırson’s, der als äusserste Grenze für die Abfassungszeit eines ihrer Textbücher das Jahr 1000 ansetzte, auf das Jahr 1000 vor Christus statt nach Christus zu beziehen, ist man längst zurückgekommen. Haas freilich, welcher den Sucruta als nicht nur von der griechischen, sondern sogar von der arabischen Mediein beeinflusst auffasste, ist zu weit nach dem anderen Extrem hinübergegangen'; obschon ja immerhin nicht ausgeschlossen bleibt, dass, ähnlich wie bei der Täjaka-Stufe der indischen Astronomie, so auch einzelne moderne indisch-medieinische Werke unter moslemischem Einfluss abgefasst sein können’. — Die Frage über die Tragweite des griechischen Einflusses auf die alten Texte der Art, bedarf nun aber allerdings doch erst noch einer eingehenden Prüfung. Ruporr Rorn \ 5. ZDMG 30, 617 (1876). 647 (1877), und dazu Aus. Mürrer ibid. 34, 465 (1880), sowie Ind. Streifen 3, 593- 2 s. Pärasiprak. 1,8. 9. Weser: Die Griechen in Indien. 925 hat in ansprechender Weise! auf die Verwandtschaft des Asklepiaden- Eides mit der Lehre des Caraka über die Pflichten der Ärzte hin- gewiesen. Die Identität der Lehre von den drei humores” ist augen- fällig. Sollten sich denn weitere dergleichen Coineidenzen herausstellen, so wird jedenfalls seitens der Chronologie kein Einspruch gegen eine Ableitung derselben aus griechischen Quellen erhoben werden können’. Was endlich die Philosophie und die für Indien kaum davon trennbaren religiösen Vorstellungen, anbelangt, so lassen die Nachriehten der Griechen keinen Zweifel darüber, dass die indischen Asketen, yuuvorodioraı, öRoßıcı einen tiefen Eindruck auf Alexander und seine Begleiter gemacht haben. Die Selbstverbrennung des Kalanos in Athen, rief dann staunende, wenn auch zugleich mitleidige Bewunderung hervor. Auch unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass die Lehren der alexandrinischen Neu-Platoniker' wie Neu-Pythagoräer speciell auch die Lehren des Philo von Alexandrien und die von ihm wieder ressortirende Lehre vom Asyos’ im Johannes- Evangelium, indische Züge tragen, resp. als von indischer Seite her befruchtet erscheinen. In noch frühere Zeit hinauf zu gehen, und auch die Lehre des Pythagoras von der Metempsychose aus Indien herzuleiten, erscheint mir dagegen als bedenklich. L. v. Schröper, der dies neuerdings befürwortet hat, geht zwar nicht so weit, wie einer seiner Vorgänger, der sogar den Namen des Pythagoras geradezu aus: Buddhaguru erklären wollte®, aber er nimmt eben doch direet an, dass die Seelenwanderungs-Lehre des Pythagoras von Indien, resp. vom Buddhismus her stamme. In der "That würde nur Letzteres anzunehmen sein, denn vor Buddha hat diese Lehre in Indien, wie es scheint, überhaupt nicht bestanden, während sie bei ihm einen Eck- stein seiner für das Volk bestimmten Predigten (speeiell der jätaka- Legenden) bildet. Nun ist aber die immerhin noch nicht mit voller Sicherheit festgestellte Zeit Buddha’s, der chronologisch fixirten Zeit des Pythagoras gegenüber (540—500) eben darum eher im Nachtheil als im Vortheil, zum Mindesten ihr ziemlich gleichstehend. Und es erscheint somit rein a priori in hohem Grade bedenklich, ihn als Lehrer des Pythagoras, diesen als seinen Schüler, hinzu- stellen. Da an eine direete Beziehung der Art nicht zu denken ist, ! ZDMG. 26, 448 (1872); s. akad. Vorl. ind. L. G. p. 287. allerdings schon im värttika zu Pän. 5, 1, 38, s. Ind. Stud. ı 13, 462. s. SrEnzrer's Ähnliche Worte, eitirt in den akad. Vorl. ind. L. G? 285. Lassen, Ind. Altk. 3, 417 fg. s. Ind. Stud. 9, 173 -80. ähnlich wie ein Anderer das lateinische flamen [flagmen, ef. flamma] mit brahman identifieirt hat! ur E 78* 926 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 17. Juli. sondern nur an mittelbare, über Aegypten oder Persien hinweg, so gehören dazu doch wohl, wenn man die Langsamkeit des Welt- verkehrs in den damaligen Zeiten erwägt, mindestens mehrere Jahrzehnte, wenn das reicht!. — Nun liegt aber ferner die Lehre von der Seelenwanderung selbst dem menschlichen Geiste, zur Ausgleichung der Unbillen des irdischen Lebens, als Belohnung resp. Strafe für die Handlungen der Menschen, so nahe, ist geradezu eine so zu sagen so naturwüchsige Vorstellung, dass sie, obschon ja von ihr nicht das Gleiche gilt, wie von dem sogenannten pytha- goräischen Lehrsatze, dass sie nämlich ein richtiges Resultat biete, dennoch sehr wohl von verschiedenen Völkern in verschiedenen Theilen der Erde selbständig aufgestellt worden sein kann', ohne dass dabei an eine gegenseitige Entlehnung gedacht werden müsste. Wenn wir dagegen” bei Sokrates (Gorgias) für Gesetze und Lebensarten 7& x#212, woerıuaz, ndew, oder in lateinischer Ausdrucksweise das: honestum, utile, dulce als dafür maassgebend vorfinden, so ist dies theils eine so nahe Übereinstimmung mit den drei indischen Lebenszielen: dharma, artha, käma, theils trägt diese Aufzählung eine so individuelle Färbung, dass es zum Mindesten schwer fällt, hierbei an unabhängige Aufstellung beiderseits zu denken. In Indien nun ist diese Trias nicht in alter, sondern erst in secun- därer Zeit nachweisbar, so dass ich nicht anstehe, hier dem Plato den Vorrang zu geben. Bei den Buddhisten und Jaina, die sie speciell betonen (die Brähmana kennen sie in der vedischen Zeit noch nicht), stehen im Übrigen zwei dieser Wörter: dharma und artha auch anderweit sehr häufig in Verbindung mit einander aber in ganz anderer Bedeutung (dharma Gesetz, Vorschrift; artha: Sinn, Bedeutung des dharma) als in derjenigen, welche sie in dieser ihrer Verbindung mit dem dritten Worte: käma haben, so dass schon hiermit für diese Trias ein fremdartiges Moment den Hintergrund zu bilden scheint. So gut wie griechische Fabeln ihren Weg in die Jätaka-Legenden Buddha’s gefunden haben, ebenso ! wir finden sie bei den Aegyptern, Kelten, Griechen, Indern (Ind. Streifen ı, 20). — Dämit dass es sich bei ihr speciell um ein Postulat der ausgleichenden Gerechtigkeit handelt, ist eo ipso die Identität der seelischen Substanz, des wandernden Suhjeetes, des Individuums, bedingt. Und dass dies, beiläufig bemerkt, auch Buddha’s eigene Anschauung war (während die buddhistische Doetrin darin im Verlauf andere Bahnen gewandelt ist), geht klar genug aus dem solennen Schluss der meisten jätaka-Erzählungen hervor: »der und der war ich, und der und der warst du«; diese rein praktische Wendung macht ganz den Eindruck eine originale, auf Buddha’s Predigtweise zurückgehende zu sein, s. Ind. Streifen 3, 375. 376. 2 s. Ind, Studien 17, 79. ’ EM Weßer: Die Griechen in Indien. 927 gut känn dies auch platonischen Ideen passirt sein'!. — Vielleicht liegt sogar noch die Brücke dazu vor. Sollten nämlich die in dem Milinda-panha enthaltenen Dialoge des Yavana-Königs Milinda (Menander) mit dem buddhistischen Priester Nägasena, nicht irgend wie mit den platonischen Dialogen in Öonnex stehen? nicht so zu sagen ein absichtliches indisches Paroli” ihnen gegenüber darstellen? Im vorstehenden Falle handelt es sich nun nicht sowohl um eine den eigentlichen Systemen der indischen Philosophie angehörige Doctrin, als vielmehr um eine so zu sagen volksthüm- liche Anschauung. Indessen gerade auch für jene stehen die literargeschichtlichen Chancen derselben denen der alten griechischen Philosophie gegenüber sehr ungünstig, da sie ja sämmtlich erst in viel spätere Zeit gehören als diese. Und wo daher in irgend welcher Richtung eine sö speeielle Übereinstimmung zwischen der alt-griechischen und der indischen Philosophie statt findet (also eventualiter z. B. in Bezug auf die in Indien im Verlauf allerdings sehr eigenthümlich entwickelte Atomen-Lehre), dass diese Überein- stimmung nicht als spontane, selbständige Geistes-Production beider Völker betrachtet werden känn, wird man wohl stets an Entlehnung aus Griechenland her zu denken haben’. Ein Beispiel des Gegentheils möge denn freilich gleich hier folgen , doch handelt es sich dabei allerdings auch wieder nicht sowohl um eine der philos. Doctrin und Systematik, als vielmehr um eine dem Volks- gemüth angehörige Anschauung. Wir finden in Indien neben der obigen Trias der menschlichen Lebensziele auch eine Trias rein ethischer Art, und zwar eine solche, die von einem sehr hohen und reinen ethischen Bewusstsein des Volkes Zeugniss ablegt, eine Eintheilung nämlich der Sünden in solche des Gedankens, des Wortes und der That. Diese Trias aber liegt schon im Avesta ebenso wohl wie im Veda und bei den Buddhisten vor, gehört somit bereits der ärischen Periode an, in welcher die späteren Iranier ! die Inder haben dann ihrerseits diese eventual. platonische Trias der Lebens- ziele noch durch ein viertes dergleichen, den: moksha, die Erlösung, vermehrt. — Es liegt im Übrigen nahe, mit derselben die rein indische Vorstellung von den drei guna: sattva, rajas und tamas in Verbindung zu bringen, resp. wohl als däraus selbständig entwickelt anzusehen? s. indess Ath. S. 10, 8,43 (wo Pet. W. freilich: tribhir gunebhih nur als: dreifach fasst). 2 s. Orvengere »Buddha«? p- 275 (1890) »in den Jahrhunderten, die auf den Inderzug Alexander's folgten, kann es im Lande am Indus’ nicht an Begegnungen rede- gewandter Griechen mit indischen Mönchen und Dialektikern gefehlt haben«, und die buddhistische Literatur hat eine Erinnerung an solche Begegnungen eben in jenen Dialogen bewahrt«. 3 s. Ind. Streifen 2. 255 fg.; — zu den Atomen cf. Ind. Stud. 9, 9” (marici). 17. 34. 107. \ ; 928 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 17. Juli. und Inder noch ein Volk bildeten. Wenn wir sie daher in unseren christlichen Poenitentialien, vom Papst Damasus (Mitte des vierten Jahrhunderts) an bis auf unseren PauL GERHARDT (»mit Herzen, Mund und Händen«) vorfinden, so haben wir darin eine indische!, ver- muthlich durch buddhistischen Einfluss nach dem (was für Indien) Oeeident (ist) gekommene Auffassung zu erkennen’. Zwar liegen auch für sie gewisse Anknüpfungspunkte bei Plato (Protagoras), sowie in biblischen Redewendungen vor’, indessen zu einer so festen ethischen Systematik, wie sie in jenen Poenitentialien zum Ausdruck kommt, reichen diese in keiner Weise aus. Und hier knüpft sich denn unmittelbar die in neuester Zeit durch RuporLr Seypen’, Jur. Harrer u. A. speciell erörterte Frage an, in wie weit etwa buddhistische Einflüsse in der ehristlichen Legende, bis in die Evangelien hinein, anzunehmen sein möchten? Dass die Lehre Christi dadurch keine Einbusse erfährt, resp. in ihrer eigenartigen Bedeutung in keiner Weise tangirt wird, wenn sich Der- artiges herausstellen sollte, liegt auf der Hand. Die Frage, ob Gleich- nisse wie die vom verlorenen Sohne, von der Samariterin am Brun- nen’ u.s. w., die sich ziemlich identisch bei den Buddhisten vorfinden, hier christlichen oder umgekehrt in den Evangelien buddhistischen Einflüssen unterliegen, bleibt indessen zunächst für mich noch immer eine offene’, Vor allem darum, weil ich nicht zu Denen gehöre, ! oder: avestische? 2 s. Ind. Streifen 1, 133. 134. 2,470. 3, 258. »über ein Fragment der Bhaga- vati«e 2,173. 3 das Evangelium von Jesu in seinen Verhältnissen zu Buddha-Sage und Buddha- Lehre. Leipzig 1887. * die Cändäla (Paria) nehmen allerdings in Indien eine weit mehr verachtete Stellung ein, als die Samariter in Palästina, und es eignet sich daher das cändäla- Mädchen bei weitem besser zu dem betreffenden Gleichniss, als die Samariterin. ° ich stehe in dieser Beziehung noch ganz auf demselben Standpunkt wie im Jahre 1863, wo ich am ı8. Juli an E. Rena schrieb: »Ich stimme Ihnen völlig bei, wenn Sie sagen, dass irgend welche directe Beziehungen zwischen Buddha’s und Jesu’s Lehre bis jetzt nicht nachweisbar sind, und dass so gut wie Buddha selbständig in eigner That dasteht, eben so gut auch das Auftreten Jesu’s als ein völlig selbständiges gedacht werden kann. Die Analogien, welche sich in den beiderseitigen Parabeln finden, können, falls sie nicht etwa rein zufällige Berührungen sind, der Zeit nach ebenso gut in den buddhistischen Texten als entlehnt gedacht werden. Die vorliegende Form wenigstens des Saddharmapunda- rika, der dieselben enthält, ist entschieden eine höchst seeundäre. Von der ältesten chinesischen Übersetzung, die aus 280 p- Chr. datirt, wissen wir leider nichts Näheres, können also nicht sagen, ob sie diese Gleichnisse bereits enthielt. Indessen ist dies allerdings doch im höchsten Grade wahrscheinlich, ja man kann annehmen, dass grade sie eigentlich das einzige, wirklich Alte und Ächte in dem ganzen Schwall des Werkes sind, dass sie ihrem Fonds nach, abgesehen eben von der Form, die sie hier haben, wirklich direct von Buddha herrühren (s. Ind. Stud. 3,138 fg... Wenn nun Woercke Recht hätte, der im Journ. Asiat. dieses Jahres (März-April) den »arenaire Weser: Die Griechen in Indien. 929 die den betreffenden buddhistischen Texten ein sö hohes Alter zu- schreiben, als dies gewöhnlich geschieht. Der Einfluss, welchen die buddhistische Religion durch’ ihre Klöster für Mönche und Nonnen, ihre Heiligenlegenden, ihren Re- liquiendienst, ihre Thurmbauten, ihre Glocken, speciell auch durch ihr reiches rituelles und. hierarchisches Gepränge*” auf die Entwickelung des christlichen Cultus und Ritus ausgeübt hat, liegt im Übrigen klar vor. Auch der indische resp. buddhistische Einfluss auf die Ent- wickelung der Gnosis und des Manichäismus steht fest”. Bekannt ist ferner, dass die beiden katholischen Heiligen Barlaam und Josa- phat einfach einer missverständlichen Aneignung einer buddhistischen Legende ihren Ursprung verdanken. Endlich ist allem Anschein nach auch der Rosenkranz der katholischen Kirche indischen Ursprungs; der Name desselben resp. auf eine irrthümliche Auffassung des Namens des indischen Gebetskranzes japamälä zurückzuführen’. Aber die Rechnung muss auch umgekehrt aufgemacht werden. Nirgendwo hat mehr als in diesen Dingen, die das menschliche Ge- müth so innig berühren, ein so stetiges Geben und Nehmen statt- gefunden. Wenn es denn z. B. in der Käthaka-Upanishad (1, 2, 23) heisst: »dieser ätman (d. i. hier so viel als: Gott) ist nieht durch Unterricht zu erfassen, nicht durch Einsieht, nicht durch vieles Lernen; nur d’Archimede« aus Indien, resp. aus dem Lalitavistara, ableitet, so wäre damit freilich eine Brücke geschlagen, auf welcher noch anderes buddhistisches Gut in vorchrist- licher Zeit nach dem Abendlande gelangen konnte. Dass Letzteres bei den innigen Beziehungen, welche in den letzten Jahrhunderten v. Chr. zwischen Indien und den in dessen nordwestlichen Theilen gegründeten griechischen Reichen, sowie mit Alexandrien stattfanden, nicht unmöglich, sogar im Gegentheil höchst wahr- scheinlich ist, liegt au der Hand; nachweisbar ist indessen bis jetzt nichts der Art. Denn auch der von WorrckeE angereste Punkt scheint mir. bei dem höchst un- gewissen Alter des Lalitavistara (Ind. Stud. 3,140; von den beiden ersten angeblichen chinesischen Übersetzungen des Werkes können wir gar nicht wissen, in wie weit sie mit dem vorliegenden Texte gestimmt haben mögen, da sie nicht vorhanden sind), bei weitem wahrscheinlicher zu Gunsten der Priorität des Archimedes entschieden werden zu müssen. Es liegt somit hier noch ein reiches Gebiet der Vermuthung und Forschung offen. Bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft wäre es ver- messen, sich mit Unbedinetheit für die eine oder die andere Seite entscheiden zu wollen. Beweise sind eben für keine von beiden vorliegend.«e — Zu dem hier über den »arenaire d’Archimede« bemerkten s. oben p. 922, zur Sache selbst resp. noch Ind. Streifen 3. 375. 376 (1875). Ys. Ind. Streifen 3, 419. 421. 375 und Ind.Stud. 16, 275. Verz. Berl. S.H. 2, 82435. 2 s. Ind. Streifen ı, 110. 2, 124. 141. 3,50 (Abendglockenläuten!); — cf.C.F. Köppen »die lamaische Hierarchie und Kirche« (1854; und dazu Ind. Streifen 2,163. 164). ® auch das Dogma von der Trinität, steht möglicherweise in Beziehung zu der avestischen Trias: Ahuramazda, Zarathustra und die Gemeinde und zu der buddhistischen Trias: Buddha, Dharma und Samgha; — s. Ind. Streifen 3, 504. * eig. »Gebetskranz«, s. meine Abh. über Krishna’s Geburtsfest p. 340-41. 930 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 17. Juli. wen er sich selbst erwählt, dureh den ist er zu erkennen«, so liegt dabei, da diese Vorstellung Indien sonst fremd ist, eine so nahe Beziehung zu der Lehre von der »Gnadenwahl« des Römer- briefes (9, ıı fg.) vor', dass mir hier christlicher Einfluss anzu- nehmen scheint, wogegen die literargeschichtliche Stellung dieses Textes, in seiner vorliegenden Atharvan-Recension, meiner Meinung nach’, keinen Einspruch begründet. — Für die Bhagavadgitä so- dann sind wohl sicher, wenn auch Lorısser dabei viel zu weit geht, ehristliche Beziehungen anzunehmen. — Die ganze Lehre von der bhakti, der unbedingten gläubigen Hingabe an den »Herrn«‘, d.i. an den betreffenden, seetarischen Gott, hat bereits Wırson auf ehristliche Grundlage zurückgeführt. Wenn schon die vielfache Bezeichnung der dafür traditionell namhaft gemachten Lehrer, als eveta »weiss«, oder durch Namen, in denen eveta einen Theil bildet, auf weisse Männer, christlichg Missionare also, hinweist, so ist der eingehende Bericht des Mahä Bhärata (12, 12771fg.) von den Reisen’ indischer Weisen (des Ekata, Dvita, Trita, speciell des Närada) über das Meer hinweg nach dem Gveta-dvipa, der Insel der eweta Weissen, um daselbst die Lehre von dem Eingotte kennen zu lernen, nur verständlich, wenn man darin Traditionen über Reisen indischer Frommen nach Alexandrien und über ihre daselbst erlangte Bekanntschaft mit dem Christenthum erkennt. — Der auf solehe Weise nun, also theils durch ehristliche Missionare, theils dureh in christlichen Ländern gewesene Inder, in Indien bekannt gewordene Name Christi, des Sohnes der göttlichen Jungfrau, und die ihm von seinen Anhängern zu Theil werdende göttliche Verehrung, konnten nicht verfehlen, die Inder an den von ihnen halb- göttlich verehrten Krishna°, Sohn der Devaki, (anscheinend der: ı s. Ind. Streifen 3, 574. ?2 nach OLvdengere » Buddha «2 p. 56 (1890) freilich wäre die Käthakopanishad sogar als vorbuddhistisch aufzufassen, und damit würde dann natürlich die Frage in umgekehrter Richtung zu entscheiden sein. Denn die betreffende Lehre ist keine so naturwüchsige, dass man ihre selbständige Entstehung in Indien sowohl wie in Galiläa anzunehmen berechtigt wäre. ® »paräa 'nuraktir igvare« Gändilyasütra 2. * s. Ind. Stud. 1, 421. 2,168. 398. 400. 5 s. Ind. Stud. 1,400; Abh. über Krishna’s Geburtsfest p. 318 fg. ° die ursprüngliche Bedeutung dieses, theils mit Indra (arjuna, phalguna) theils mit Vishnu in unmittelbarer Beziehung stehenden Heros, ist noch unermittelt; — zu be- merken aber ist, dass er theils zu der Zeit, wo das Mahäbhärata sich bildete, theils noch in der Zeit wo die alte Jaina-Hagiologie entstand (s. Verzeichniss der Berl. S. H. 2,475, 498) als ein menschlicher, obschon bereits sagenhafter kriegerischer Held aufgefasst worden ist. Auf ihn bezieht sich allem Anschein nach, was die Be- gleiter Alexander’s über den indischen Herakles berichten. Weser: Die Griechen in Indien. 931 Göttlichen) zu erinnern, und so ist es denn gekommen, dass auch zahlreiche christliche Stoffe und Legenden, speciell die von Christi Geburt unter den Hirten, von dem Stalle, der Krippe, als seiner Ge- burtsstätte, von dem Bethlehemitischen Kindermord, von der Sehatzung des Kaisers Augustus, und anderes dergleichen, sich in den indischen Legenden von Krishna wiederfinden'. Speciell haben sich, und zwar bis in ganz moderne Ritual- Texte hinein, detaillirte Vorschriften über die Feier von Krishna’s Geburtsfest erhalten, welche ihren fremd- ländischen® Ursprung deutlich dadurch bekunden, dass dabei, ganz im Widerspruch zu den sonstigen Angaben der indischen Legende über die Bedingungen, unter denen Krishna’s Geburt statt fand (wonach nämlich das Kind noch in der Geburtsnacht, um es feindlichen Nachstellungen zu entziehen’, von seinem eigenen Vater aus dem Wochenzimmer entführt und seinen Pflegeeltern, dem Hirtenpaar Yacodä und Nanda, übergeben ward), Devaki, die eigene Mutter des Kindes ruhig in ihrem Wöchnerinnenbett im Kuhstall liegt, wobei das Kind an ihrer Brust saugt, und zahl- reiche Gruppen von Hirten, Engeln u. s. w. dasselbe segnend und preisend umstehen. Ochs und Esel fehlen auch nicht‘. Der Stern, der am Himmel steht und das Datum für die heilige Feier abgiebt, ist rohini, Aldebaran. An der frühen Existenz christlicher Gemeinden in Indien, an- geblich schon durch den Apostel Thomas gegründet’, ist wohl kein Zweifel zu hegen‘. — Nach dem Zeugniss des Nilos Doxopatrios ' s. meine Abh. über Krishna’s Geburtsfest (1868), passim. — In einem aller- dings ganz modernen Werke, welches zwar den alten Namen Romakasiddlhänta führt, aber offenbar moslemische Quellen benutzt hat, wird: ica, Jesus, als: Sohn der Mariyami, Maria, direct aufgeführt, s. Aurreerr Catalogus p. 340, Ind. Streifen 2,292. Und so wird denn vielleicht auch schon die im Brahmavaivarta Pur. Krishnajanma- khanda 7,14 vorliegende Angabe, dass Krishna’s Vater Vasudeva ein Sohn der Mä- rishä war, als eine missverständliche Aneignung gelten können; s. jedoch das hierzu in den Ind. Streifen 2, 309 Bemerkte. ® »Krishna’s Geburtsfest« p. 310 fg. ® und zwar ist diese Bedrohung des Kindes durch seinen eigenen Oheimi, wie es scheint, eine bereits alte Vorstellung, die dann ihrerseits wohl auch noch, auf Grund ihrer Analogie mit der christlichen Legende von dem bethlehemitischen Kindermord, zu der Übertragung christlicher Stoffe auf Krishna mit hingewirkt haben mag. * »Krishna’s Geburtsfest« p. 231. 339. ° vel.noch Burnerr: on some Pahlavi-Inseriptions (syrischer Christen nämlich) in South India 1873; und ef. dazu Ind. Streifen 3,257 fe. © s. W. Germann die Kirche der Thomaschristen Gütersloh 1877; — zum par- thich-indischen König Gundaphoror, Gondophares, Yndopheres, Gadaphara Ga- thaspar, Kaspar (!) s. A. v. Gurscumm im Rhein. Museum 1864 p.101fg., A. v. SALrer 932 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 17. Juli. (zwölftes Jahrh.), schickte der Patriarch von Antiochien, noch damals einen x&S%oAıxos, Diaconus, nach Indien, resp. nach "Pwuoyupi, Rä magiri'. — Die Portugiesen fanden im 16. Jahrhundert in Malabar bei den Thomaschristen noch syrische Bücher und arianischen Gottes- dienst vor. Sie haben sich viele Mühe gegeben, diese »Ketzer« zu »bekehren«. — Auf die feine diplomatische Kunst der jesuitischen Missionare am Hofe Kaiser Akbar’s des Grossen möchte event. ein Bild der Devaki, mit dem Säugling Krishna, zurückzuführen sein, welches sehr speciell an die Madonna Lactans erinnert, falls dasselbe nicht etwa doch direet noch auf alte byzantinische Motive zurück- gehen sollte”. Als eine alte Beziehung auf christliche Missionen, und zwar nicht in Bezug auf den Krishna-Dienst, sondern auf den des Räma, dessen milde Gestalt sich dazu eigentlich viel besser eignete, ist hier sehliesslich noch die Sage von dem frommen Cüdra JQambuka® bei Kälidäsa im Raghuvanca 15.50 und bei Bhavabhüti im Uttara Räma- earita (Act. II Wırsox Hindu Th. 1,319) anzuführen. Im Raghuvanca findet Cambuka einfach nur seinen Tod durch Räma, als Strafe dafür, dass er, obschon als Cüdra nicht dazu befugt, und somit den Frieden des Landes störend, asketischen Übungen obgelegen hat, um dadurch die Gotteswürde (surapadam) zu erlangen‘, und erreicht er dieses Ziel nicht (gatim na präpa). Bei Bhavabhüti dagegen tritt der Erschlagene wirklich als devapurusha, in göttlicher Gestalt, auf, und bedankt sieh bei Räma dafür, dass er durch sein Kommen ihm zum Tode und damit zur göttlichen Würde und Seligkeit verholfen habe. In dieser Legende nun hat K. M. BAnerseA im Vorwort zu seiner Ausgabe des Närada-Pancarätra, wohl nieht mit Unrecht’, eine An- spielung auf die Ansiedelung ehristlicher Missionare an der Küste von Coromandel und Malabar gesucht. In der Form der Sage bei Bha- vabhüti könnte resp. eventualiter sogar eine blasse Beziehung auf den Simeon des Lucas-Evangeliums (2, 25. 29) durchschimmern, freilich stark ins Indische verunstaltet! die Nachfolger Alexander's p. 223 fg. (Nachtrag, 1879; danach wäre G. 60— 8o u. Z. zu setzen), und Rhein. Museum 1879 p. 340. ' s. »Krishna’s Geburtsfest« p. 330. ® s. »Krishna’s Geburtsfest« p. 342. 347. ® bei der Legende von der frommen Cavari Rämäy. 1,55 fg. (59 fg.) liegt, in Folge ihrer Beziehung zu dem Gleichniss von der Samariterin am Brunnen resp. dem Cändälamädehen und Buddha, die Eventualität buddhistischen Ursprunges ebenso nahe, wie die Zurückführung auf die christliche Legende. * ebenso im Rämäy. selbst Uttarakända 82,3 (76.5). ° s. Ind. Streifen 3. 90. Weser: Die Griechen in Indien. 933 Endlich sei noch bemerkt, dass wohl nicht das neue Testament, ‘sondern der Qorän gemeint ist, wenn in einem modernen Texte!, der Gukraniti nämlich (4, 276. 304; resp. 4, 4, 29.62), bei Aufzählung _ der 32 indischen (!) Wissenschaften, in letzter Stelle auch das Yävanam matam, und zwar als: die Lehre vom Eingotte predigend, _ aufgeführt wird.’ ! sein Herausgeber, G. Orrerr, hält ihn freilich (1882) für sehr alt. ® s. dazu D. Lit. Z. 1883 p. 63 und Pärasiprak. ı, 11. Al TEE A 7 SZ sr an ur Rt BTE TUR rg; are eier rn RN N ale Peace die Walk ri nd A hi age DU ka 1 ME A un RN uf TR, Ba 2 PP ? ver Bi > Be m ae B Eu u. j wi Er Rn EVA at un. | A HR ; Hr ee ige 41T e pls 2 a a RR FEW Kt mh Hmot: Bun" we BI Naeh Y ne a N W un all N Lan hr oe Kr Be a ee % ei Fe RW mil Ale Te a NER ee Be een. ar Wi Ana, LER er DL, KR se ee a hr ir u) Er Dr rn A A m, [K ri NER, Se Sr A Sen u N N Er As ra Kart PR Kur. er th! EU BR a a Bi) s SR nr DOSE m ur lm ARE ı a Tr Aa NW rt BO RT Km: A Katy die Pe tansglin.! EEE REN N nü 00 -. AR eh OLSU TE; N un Be a)" En & ER 5 DEE ET LEN EN Abe In ale, Te Su Ber EANc ber cal art RENT, NL uch Be B Kr Vin Mn a Da ED Air WE Er RN MN N YoRaING ht Mr, N. Kr De a U Ds har ken 6 LARA TUT a nz uw N Y rar Hrn PER up, Par! age BEN \ sa ai A N > EN m) an, N EI Bu | ru ae ( Zr BIT \ Be ZN RD IRRE ER 7 c, * © es, EB a0 a i ER ine “ u REN. 1; Haut u a Bi 79 ETu Tun | 5 ; Ei PR Pal I Ze PN E N RE A. 5 Ver. Wi. une ih 07 a Ir By N a ra! 935 Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. Von E. Dünmnter. (Vorgetragen am 22. Mai [s. oben S. 553].) D- Zeit der Karolinger nimmt für das Mittelalter fast eine ähnliche Bedeutung in Anspruch, wie für die Jahrhunderte der neueren Ge- schichte der sogenannte Humanismus. In beiden Fällen handelt es sich um ein Wiederaufblühen der klassischen Studien nach langer Barbarei und der von diesen ausgehende geistige Hauch ruft literarische Er- scheinungen hervor, an welche die folgenden Zeiten nicht immer heran- reichen. So erweckt die karolingische Literatur in ihrer grundlegenden Stellung, in ihrer z. T. freieren Richtung für uns eine gesteigerte Theilnahme, sie enthielt manche Keime, die sich nicht weiter ent- wickelt haben und es folgte auf sie unleugbar ein Herabsinken, das zum guten Theile durch die politische Lage, die Auflösung des Reiches, veranlasst wurde. Nicht allzuviel von jenem Antheil hat man in neuerer Zeit den zahlreichen Bibelerklärern zugewendet, ausser wo es sich etwa um Quellen der alıd. Literatur handelte, da man gewohnt ist bei jenen, wie z.B. bei Hraban, der seine Gewährsmänner stets gewissenhaft nennt, meist nur eine Mosaik aus den Arbeiten der Väter zu finden. Einen etwas andern, eigenthümlichen Platz nimmt der Schriftsteller ein, über welchen ich hier handeln wollte, Christian von Stavelot, da er ausdrücklich in seiner Erklärung des Matthäus sich vorsetzt, von dem einfachen historischen Sinne des Wortlautes und zwar in allgemein verständlicher Sprache auszugehen, damit die Auslegung nieht wieder eines Auslegers bedürfe,' und erst in zweiter Reihe den geistigen, d. h. allegorischen, Sinn zu berücksichtigen. Denn die Ge- schichte sei die Grundlage aller Erkenntniss und daher sei es thöricht, ! Prolog. “Aperta quoque loeutione ipsum eontextum digessi, quoniam stulti- loquium est in expositione alieuius libri ita loqui, ut necessarium sit expositorem ipsius expositionis quaerere.' 936 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. sofort zu geistiger Auslegung übergehen zu wollen, die ohne die historische nicht möglich sei.' Wer war dieser Christian? Sigebert von Gembloux (De SS. ecclesiast. ec. 72), der sein auch uns erhaltenes Werk kannte, lässt ihn aus Aquitanien, seiner Heimat, nach Gallien kommen.” Der etwas jüngere sogen. Melker Anonymus (ce. 90), indem er seine Schrift ganz deutlich bezeichnet, verwechselt ihn in unbe- greitlicher Weise mit dem Erzbischof Wimund oder Guitmund von Aversa,’ einem Zeitgenossen Gregors VII. und Urbans II., der als lite- rarischer Gegner Berengars bekannt ist, und setzt ihn deshalb erst in das ıı. Jahrh. Dieser von allen neueren Forschern bekämpfte Irrthum hat nur an Joh. Alb. Fabrieius einen Fürsprecher gefunden.* Joh. Trithemius endlich, der bekannte Abt von Sponheim, fügt der Nachricht Sigeberts, die ihm als Quelle vorlag, den selbständigen Zusatz bei, dass Christian auch Druthmar geheisen habe und Mönch und Priester zu Corbeia gewesen sei.’ Hiebei wird man zunächst an Corbie denken, während Mabillon® allerdings Corvei verstehen wollte, weil er den Namen Druthmar mit Recht für einen deutschen hielt und deshalb die aquitanische Abkunft Christians bezweifelte. Trotz der Unzuverlässigkeit des Trithemius, die freilich erst in den letzten Jahrzehnten allgemein erkannt und anerkannt worden ist, bürgerte sich diese Angabe, welche schon die beiden ältesten Heraus- geber ihrer Ausgabe voranstellen, so vollständig ein, dass unser Schriftsteller in allen älteren und neueren Abdrücken sowie in allen Literatur- und Kirchengeschichten Christian Druthmar genannt wird, als ob letzeres sein Familienname sei. (Von dieser Bemerkung ist allerdings Ad. Ebert auszunehmen, weil er in seiner Literaturgeschichte unseren Christian überhaupt gar nicht berücksichtigt hat). Und doch wäre ein soleher Doppelname für die karolingische Zeit, die in der Regel nur Einen Namen kennt, sehr auffallend und einer besonderen ' Ib. *Studui autem plus historieum sensum sequi quam spiritalem, quia irratio- nabile mihi videtur spiritalem intellegentiam in libro aliquo quaerere et historicamn penitus ignorare, cum historia fundamentum omnis intellegentiae sit et ipsa primitus quaerenda et amplexanda et sine ipsa perfecte ad aliam non possit transiri.’ ° -Christianus ab Aquitania in Galliam veniens nomen suum scribendo notifi- cavit’ (Miraei biblioth. eceles. p. 141, Fabrieius bibl. ecel. p. 101). ® -Guidmundus, «ui et Christianus, primo in monasterio Stabulaus monachus fuit, ubi dum abbas eonstitui atque ad alterum locum regendum mitti debuisset aufugit ignotamque provinciam appetens’ ete. * Bibliotheca mediae et infimae latinitatis I, 1040. ° De seriptorib. ecelesiast. e. 280: ‘Christianus qui et Druthmarus monachus et presbyter Corbeiensis ordinis Benedicti.. natione Aquitanieus.. veniens ab Aquitania in Galliam nomen suum seribendo notificavit’ (Fabricius p. 154). Mabillon annal. ord. S. Bened. II, 661: *Germanum tamen potius quam Aqui- tanum fuisse erediderim'. - r 1 SE. ,e x . ee 97 Dünster: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 937 Erklärung bedürftig. Dem Namen Drutlimar aber fehlt jede weitere Beglaubigung, weil die beiden uns erhaltenen Handschriften, eine Wiener aus dem 10. und eine Münchener (von St. Emmeram) aus dem ıı.Jahrh? von diesem Namen nichts wissen, der demnach vollständig aufgegeben werden muss. Ein aus dem Kloster Lorsch stammender Abt Drutlimar von Corvei (1014—1046) hat mit unserem Christian nichts zu thun und es bleibt unklar, wie Tritheim überhaupt auf diese Bezeichnung verfallen ist. Der Zusammenhang mit Corbie ist natürlieh als nur auf dem gleichen Zeugniss beruhend, ebenfalls preiszugeben. Wenden wir uns an den Verfasser selbst um Auskunft über seine Lebensumstände, so ergibt sich aus der seinem Commentare voran- gehenden Widmung' an die Brüder der von jeher unter Einem Abte verbundenen, von König Sigebert gestifteten, Klöster Stavelot im Lüt- ticher und Malmedy im Kölner Sprengel, dass er selbst als Priester und als Mitglied dort gelebt habe. Er bekennt sich ausdrücklich als Lehrer der Jugend und berichtet, dass seine Schrift ihm aus wieder- holter mündlicher Auslegung erwachsen sei,’ durch welche er den h. Hieronymus habe ergänzen wollen, also aus einem Hefte, dessen Inhalt er durch die Schrift befestigen will, um dem Gedächtniss der Zuhörer nachzuhelfen. Mit hohem Lobe preist er «die Gemeinschaft der Brüder, ihre Lauterkeit und aufrichtige Liebe,” doeh scheint es eben deshalb, dass er selbst diesem Kreise noch nicht lange angehört habe und erst von einem andern Kloster dorthin gekommen sei. Leider ist das bisher bekannte urkundliche Material aus jenen ver- schwisterten Klöstern, welche seit 870 dem ostfränkischen Reiche angehörten, sehr dürftig, indessen finden wir doch unter den Unter- schriften einer Urkunde des Abtes Hildebald von Stavelot aus dem J. 88o einen Dechanten Christian,’ der mit unserem Verfasser sehr wohl identisch sein könnte. Hierzu kommt noch ein zweites Zeug- niss, auf welches bereits MasıtLox aufmerksam gemacht hat: Bischof Notker von Lüttich (972 — 1008) erwähnt in der von ihm verfassten ! Die seit der ed. prine. verstümmelte Widmung lautet: * Venerabilibus in Christo patribus in coenobiis saneti Petri prineipis apostolorum cognominibus Stabulaus et Malmundario deo militantibus et ad felieiora tendentibus”. ® Prolog. ‘Nam quia perspexi iuvenibus vestris post expositum bis texium evangelii Mathei oblivioni habere, statui apud me ipsam expositionem eo tenore literis mandari. quo coram vobis verbis digessi'. ® Prolog. ‘Supra enim omnes homines vestra mihi est gratior sotietas, quia est sincera et absque dolo... Et lieet rebus terrenis egentes sitis, virtutibus tamen repleti estis,. ita ut qui vos perfeete agnoverit, ulterius dileetione a vobis non possit separari. Sed si modico tempore vobiscum moratus fuerit' ete. * Rırz, Urkunden zur Geschichte des Niederrheins, S. 11 —ı2; ‘Signum Cristiani decani, 938 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Vita Hadalini ein Diptychon, das auf dem Altare der Kirche von Stavelot aufbewahrt wurde und in welchem nach andern Namen Christian der weiseste folgte.' Für die von Sigebert bezeugte Abkunft aus dem refh romani- schen Aquitanien, der Heimat des gewandten Dichters Ermold, welche an sich wohl Glauben verdient, liefert das Buch keinen weiteren Anhalt. Es sei denn, dass einmal von den Aquitanien benachbarten Basken und Spaniern berichtet wird, sie hätten die Sitte, bei Gelagen zu tanzen, während die Franken dies für unpassend hielten.” Von dem nahen Burgund und seinen Bergen spricht Chr. wie von einem ihm bekannten Lande,? er redet ferner von unserem Gallien, wo die (Gewohnheit bestände, den Herrn in der Mehrheit anzureden* und von dem Frankenvolke, unter dem er lebte,’ seinen eigenen Stamm aber bezeichnet er damit nicht näher. Worte aus der Volkssprache kommen bei ihm nicht vor, selbst mittellateinische fast gar nicht, die lateinische Sprache scheint ihm vielmehr als seine eigene zu gelten, auch wenn er einmal von einer bäurischen Sprache redet.° So sagt er u. a., dass den barbarischen Namen, wenn sie in unsere lateinische Sprache aufgenommen würden, Endungen angehängt zu werden pflegten.' ' Notgeri Vita S. Hadalini $ 5 (Mabillon, Acta ord. S. Bened. saee. II, 1015): “Christianus quoque sapientissimus'. ® Cap. 35 (col. 1379 ed. Mısne): ‘Saltare in conviviis multae gentes pro honore habent, quasi appareat quis mobilior sit. Nam Waseones et Ispaniarum populi adhue retinent, apud Franeos autem improperium est". ® ©. 36 (eol. 1401): *Excelsum pro valde celsum, sieut nostri Alpes sunt in Burgundia, in quibus calor non multum potest nocere etiam in aestate.' " ©. 35 (eol. 1395): *Notandum vero, quod non eo more dominum appellat, quo saeeularis doctrina apud nos docet, sed ‘tu es’, sieut in antiquis Hbris invenitur usos fuisse maiores. Siquidem Romulus et Remus duo fratres tantae concordiae fuisse dieuntur. ut nihil unus sine alio vellet habere et omnia communia dicerent et haberent, sieuti modo monachi faciunt. Ex hae re inerevit consuetudo in nostra Gallia, ut domi- nos plurali numero appellent'; ef. eol. 1388: “In totis libris nostris nee ad deum nee ad imperatorem invenietis plurali numero diei, quamvis in communi nostra lingua usus sit. Sed tamen est causa, pro «qua in nostra terra hie usus inolevit ad unum hominem quasi ad duos loqui'. 5 0.44 (eol. 1443): *sieut inter nos sunt monachi et canoniei et tamen de una gente Francorum sunt, similiter erant apud ipsos'. ® C. 11 (col. 1308): *Raca.. potest diei inanis seu sine cerebro: quam in- iuriam in vulgata loeutione in usu habemus, quia qui cerebrum non habet et non est sanae mentis’; c.29 (col. 1355): *ereseunt (se. arundines) in paludibus loeis in modum herbae, quae apud nos ros vocatur’; e. 35 (eol. 1391): *sieut beatus Hieronimus dieit, in Latina lingua non habet una infirmitas speciale nomen sieut apud Graecos et in nostra rustica lingua, ideirco posuit debiles. Qui enim nostra lingua luseus dieitur, Graece dieitur killos’ ete. °C. 26 (col. 1344): “cum ad Latinitatem venit eius (sc. Jacobi) nomen, additum est in fine, sieut solet fieri in barbaris nominibus, cum in nostram linguam veniunt’. Dünnter: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 139 Auf den Zeitpunkt der Entstehung des Werkes kann man nur aus gelegentlichen Anspielungen Schlüsse ziehen. So heisst es von dem Kaiser Octavian, dass er schon seit Soo Jahren in der Hölle läge.‘ Wenn dies mindestens auf das Jahr 814 weist, so entspricht dem eine Nennung Karls des Grossen, dem der Herrscher von Jerusalem, nämlich Harun, ein Grundstück zur Anlegung des fränkischen Hospitals geschenkt habe. Aber es wird hierbei ausdrücklich auf einen etwas, vielleicht um mehrere Jahrzehnte, späteren Zeitpunkt hingewiesen, in dem die Mönche und Pilger jenes Hospitals von Almosen leben mussten,’ wie dies aus der Zeit Ludwigs des Deutschen bekannt ist. An zwei Stellen ist von dem finnisch-uralischen Volke der Chazaren die Rede, deren Reich am Nordufer des Schwarzen Meeres an Don und Wolga gelegen, damals mächtig war und mit Recht wird darauf hingedeutet, dass dieser Stamm sich der Beschneidung, d. h. dem Judenthume, zu- neigte, dem seine Beherrscher, die Khakhane, angehörten. Ihre Ab- sperrung durch eherne Pforten wird nach einer weit verbreiteten sagenhaften Auffassung Alexander dem Grossen zugeschrieben. In Verbindung mit den Chazaren, die Christian als die früheren Hunen betrachtet und zu den biblischen Völkern Gog und Magog zählt, ist auch von den ihnen verwandten Bulgaren die Rede, welche täglich getauft würden.” Dies kann kaum vor der Taufe ihres Fürsten Bogoris oder Michael im J. 864 (oder 865), aber auch nicht viel später, ge- schrieben worden sein, denn dies Ereigniss, welches im ganzen Abend- lande als Triumph der Kirche das grösste Aufsehen erregte, gab den Antrieb zur Bekehrung des gesammten Volkes, das seinem Fürsten rasch nachfoigte. Andere Beziehungen auf Zeitverhältnisse entsprechen nicht gerade einem bestimmten Jahre, sondern nur dem neunten Jahrhundert im Allgemeinen, worauf wir sogleich zurückkommen, ı ©. 35 (col. 1400): *Quid profuit illis imperatoribus, qui istum mundum habuerunt per viginti annos, ut Octavianus per LIII annos, cum jam per octingentos annos iaceat in inferno '? 2 C. 56 (col. 1486): “Tune fuit in sepulturam peregrinorum et modo idem ipse locus hospitale dieitur Franeorum, ubi tempore Karoli villas habuit eoncedente illo vege pro amore Karoli. Modo solummodo de elemosina christianorum vivunt el ipsi monachi et advenientes’, vel. Monachi Sangall. gesta Karoli M. II, e. 9 (SS. II, 753). ® 0. 37 (eol. 1405): et de Alexandro rege legimus, quod ad conelusionem gen- tinm Goe et Magoec, quae Gazares nune vocatur, gentes quondam Hunorum cum non potuisset eos bello delere, ad deum conversus petierit et deus ad conelusionem eorum montem adauxerit et quod remansit ipse cum populo suo eonelusit et portas aereas subter ipsum montem posuerit’; e. 56 (eol. 1456): *Nescimus iam gentem sub caelo, in qua christiani non habeantur. Nam et in Goc et in Magoc, quae sunt gentes Hu- norum, quae ab eis Gazari vocantur, jam una gens que forcior erat ex his quae Alexander conduxerat, eircumeisa est et omne iudaismum observat. Bulgarii quoque, qui et ipsi ex ipsis gentibus sunt cottidie baptizantur”. Vergl. meine Geschichte des Östfränk. Reiches II, ı88. Sitzungsberichte 1890. 40 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. z. B. wenn er in Bezug auf Herodes redet von ‘villis, quae ad comi- tatum eius pertinebant’ (col. 1288). An der gelehrten Bildung Christians ist uns vor Allem eine ge- wisse Kenntniss der griechischen Sprache auffällig. Wenn auch sehr selten, ist diese im karolingischen Zeitalter doch nicht geradezu un- erhört. Abgesehen von dem Iren Sedulius in Lüttich, der einen griechischen Psalter abschrieb und dem Hofphilosophen Karls des Kalhlen, Johannes Scotus, der sogar griechische Gedichte abfasste und griechische Werke übersetzte, begegnen uns einzelne Brocken, ja Zeilen in dieser Sprache auch bei dem gelehrten Walahfrid Strabo, dem Abte von Reichenau, und bei seinem Schüler Ermenrich, dem späteren Bischof von Passau. Christian hegte jedenfalls für diese Sprache, die er öfter als die schönste und wohlklingendste bezeichnet, eine be- sondere Vorliebe, ebenso wie er die Griechen nach hergebrachter An- schauung das weiseste aller Völker nennt." Er erwähnt auch einen Griechen Eufemius — vereinzelte Glieder dieser Nation waren im Abendlande nicht eben selten —, bei dem er ein griechisches Evan- gelienbuch, angeblich des h. Hilarius, gesehen habe, in welchem Matthäus und Johannes an der Spitze standen.” Christian kennt das griechische Alphabet und macht einige Male Bemerkungen über grie- ehische Buchstaben, über’ die Abkürzung griechischer Worte. Er er- wähnt und erläutert öfter griechische Vocabeln, da nicht alle Fein- heiten der griechischen Sprache im Lateinischen genau wiedergegeben werden könnten (ce. 25 col. 1341), wie z. B. Aarpsuis und deurevsis, ayıcs und scıs und führt bisweilen ganze Sätze an, auch verbessert er die Schreibart einzelner lateinischer Worte nach dem Griechischen.” Inwieweit er ausser dieser lexikalischen auch eine grammatikalische Kenntniss der Sprache besessen habe, lässt sich hieraus freilich nicht sicher abnehmen, doch ist die letztere mindestens zweifelhaft. Plato wird einmal von Hörensagen genannt (col. 1427). Ein Citat aus der Odyssee dagegen und Verweisungen auf Aristophanes, Isokrates und ' ©. 1 (col. 1266): “Ipsa quoque sonorior omnibus linguis habetur'; (col. 1276): ‘quia Graeca lingua sonaneior et eomptior est omnibus linguis sub caelo.. ob Grae- cos qui sapientiores fuerunt aliis’; e. 26 (col. 1345); e. 56 (col. 1490): ‘sapientiores sunt omnibus gentibus et ipsa (sc. Graeca) sonorior aliis linguis”. Wimpheling rühmt von ihm: ‘Ad exemplaria greca leetorem remittit vocesque graecas dilueide explanat'. 2 ©. 1 (eol. 1266): *Vidi tamen librum evangelii Graece seriptum, qui dicebatur saneti Hilarii fuisse, in quo primi erant Mathaeus et lohannes et prius alii duo. Interrogavi vero Eufemium Graeeum, eur hoc ita esset, dixit mihi: In similitudinem boni agricolae, qui quos fortiores habet boves primos iungit'. 3 ©. 11 (eol. 1313): ‘Eleemosyna Graecum nomen est et dieitur misericordia et eleemosyna dicere debemus, non elimosina per e et non per i..'. “Hypoeritae per unum p debet seribi non per duo‘. x Dünnter: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäns. 941 Plutarch sind offenbar Zuthaten des zweiten Herausgebers, der die Auslegung des Wortes Evangelium umgearbeitet hat. Das Hebräische verstand Christian nicht. Sein Latein empfiehlt sich durch Klarheit und Richtigkeit des sprachlichen Ausdrucks. Grammatische Bemerkungen sind natürlich nicht selten. Der Beiname des Grammatikers, der ihm öfter ertheilt wird, beruht nur auf der ältesten Ausgabe, könnte aber in dieser vielleicht handschriftlichen Grund haben: nach Christians eigener Erklärung würde man darunter einen literarisch, d. h. wissenschaftlich gebildeten Mann zu verstehen haben.' Von den Kirchenvätern nennt Christian am häufigsten den h. Hieronymus, an den er sich ergänzend anschliesst, weil derselbe in seiner Erklärung vieles als zu unbedeutend übergangen habe,” ferner Augustinus (col. 1306. 1369), Gregor den Gr. (col. 1304. 1341. 1455) und Beda, dessen Commentar zum Lucas er vergeblich gesucht hatte,’ sodann Orosius (col. 1454), Solinus (col. 1284), Origenes, Josephus (col. 1402.1407.1471) und die Kirchengeschichte des Eusebius, die letzteren beiden in lateinischer Übersetzung.’ Die Gesta pontifieum, auf die er für Silvester verweist (col. 1495), sind ihm bekannt und die Acten mehrerer Heiligen wie Sixtus, Celsus, Martinus, Julianus, Lampert und Leodegar,° die Passio S. Petri und anderer Apostel, vor Allem auch die seines Meisters Benedikt.‘ Von den Diehtern’ werden Virgilius, Martialis, Juvencus, Sedulius angeführt, die Verse der Sibylle (col. 1427) 0. 28 (col. 1329): *Seriba iste literatus etiam., ut Graece dieitur, grammati- eus erat'. ® Prolog. *Et si aliquis requirit, quare post beatum Hieronimum hoc ausus fuerim agere, respondeo, quia perspexi beatum Hieronimum multa verba quasi levia praeterisse et parvuli sensus diffieilia reddidisse”. Vergl. über Hieronymus col. 1279. 12095. 1308. 1309. 1322. 1378. 1391. 1433. 1484. ® Ibid.: “in Luca quoque audio post sanctum Ambrosium eundem Bedam manum misisse, sed non potui invenire adhue in tota eins expositione nisi quasdam eins omelias’. Vergl. über Beda col. 1295. 1319. 1366. * Über Josephus s. col. 1287. 1288. 1337. 1366. 1380 und an andern Orten, wo er nicht genannt wird. Über Eusebius col. 1287. 1378. 1380. ı513. > 0.4 (eol. 1294): *Unde quidam martyr, cum torquebatur, dicebat: Tritieum dei sum, molor dentibus bestiarım’, welcher ist mir unbekannt. Vergl. col. 1305. 1316. 1344. 1352. , ° 0.6 (eol. 1298): “eo modo quo et beatım Benedietum lesimus vidisse'; Ü.43 (col. 1420): “Non enim beatus Benedietus alterins imitator fuit nee plus quanı dominus facere voluit’; e. 48 (ed. 1435): *Similiter de saneto Benedieto legimus, quod similia fecerit'. ? Über Vereil s. col. 1267. 1302. 1427. Aus Martial (Epigr. XIV, 73) findet sich folgendes ungenaue Citat: *Unde est illud psittaci: A vobis aliorum nomina discam. Hoc didiei per me: Chaire Cesar’ (ce. 26. col. 1347). Unbekannt sind mir: c. 19 (eol. 1330) “ut quidam dixit de Octaviano: Divisum imperium cum love Caesar habet', ferner e. 51 (eol. 1438) ‘Unde quidam sapiens: Conseius ipse sibi de se putat omnia diei”. Juvencus (I. 241) wird col. 1281 angeführt, Sedulius (carım. Pasch. V, 188— 195. 322— 325) col. 1490. 1500, von Huemer nicht beachtet. 79° 442 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. und ein Rhytlimus des Beda (1464. 1465), sowie einige andere, deren Herkunft ich nieht kenne: den beliebten Vers *“Creseit amor nummi quantum ipsa pecunia creseit' eitiert er dreimal (col. 1373. 1404. 1418), ferner die Grammatik Priscians (col. 1264). Zweimal wird auf Bestim- mungen einer lex Romana Bezug genommen." Anekdoten aus der römischen Geschichte, namentlich von den römischen Kaisern, werden nieht selten berührt, zumal aus Eutropius und Vietor. Als Seitenstück zu Herodes und seiner Tochter führt er eine Geschichte von L. Quinetius Flamininus an.’ Über Dioeletian gehen diese geschichtlichen Beispiele nicht hinaus. Eine seiner wichtigsten Quellen sind die Etymologien (Origines) des Isidor von Sevilla, aus denen, obgleich sie niemals genannt werden, fast alle Herleitungen von Worten entlehnt sind, namentlich auch die der meisten hebräischen Namen, ausserdem aber noch manche andere wissenswerthe Notizen, u. A. die Gliederung der Philosophie (col. 1266), Geschichte, Naturwissenschaftliches u. s. w., wie denn Isidor überhaupt eines der verbreitetsten und beliebtesten Hülfsbücher des Mittelalters war und von Hraban z. B. in noch viel grösserem Umfange ausgebeutet worden ist. Italien scheint Christian aus eigenem Besuche gekannt zu haben, denn er bezieht sich einmal auf die Gewohnheit der Langobarden, das Abpflücken von Ähren oder Trauben auf fremdem Gebiete für erlaubt zu halten, sobald es zu unmittelbarem Genusse geschähe' und ein andermal theilt er mit, dass, wie der heidnische Gebrauch der Entmannung auch sonst öfter vorkäme, besonders in Benevent, die von ihren Eltern zum geistlichen Stande bestimmten Knaben in zartem Alter entmannt zu werden pflegten.’° Über die Alpen spricht er jedoch von Hörensagen.“ ı ©. 56 (eol. 1483): “lex Romanorum est, ut qui in conventu alium percussisset manum amitteret'; (col. 1488): “Romana lex praeeipiebat, ut qui ermmeifigendus erat, ante tlagellaretur". 2 Über die römische Kaisergeschichte s. eol. 1276. 1280. 1323. 1379. 1380. 1421. 1448. 1456. An den beiden ersten Stellen liegt Isidor zu Grunde. ° Beispiele finden sich fast auf jeder Seite. +0. 31 (ecol. 1362): “Nam et Langobardi eandem legem habent de ipsa causa et plurimae aliae gentes, ut quando aliquis in messem sive in vineam introierit, man- ducet quantum voluerit, foras ne eflerat'. ° 0. 62 (col. 1414): *Ex antigquo us gentilinm adhue permanet in multis gen- tibus atterere testienlos infantium in tenera aetate sive macerare vel etiam penitus au- ferre pro multis causis, sive ut assidue in servitio sint dominorum sen ut ereditam sibi substantiam non dispergant in mulieribus... Nune vero in Benevento quoseum- que clerieos facere disponunt, pater et mater in infantia atterunt testieulos et videntur semper invenes esse usqne quo canescere ineipiunt. Nam in perfeeta aetate si factum fuerit debilitantur statim et vires amittunt'. ° 0.35 (eol. 1382): *Abunde solet erescere fenum in his excelsis montibus in aestate, sieut vidernnt qui in nostris Alpibus eonversati sunt'. Dünnter: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 043 Über das gelobte Land, das Christian offenbar nieht selbst ge- sehen hatte, zog er öfter Erkundigungen von Wallfahrern ein zur örgänzung der aus den Alten stammenden geographischen Angaben. Er forschte über die Heuschrecken und den wilden Honig, von dem Johannes der Täufer gelebt hatte, und bekämpft die Ansicht einiger, dass jene locustae kleine Vögel oder Fische gewesen seien. Honig von dort, der ihn in seinem Äusseren an Schnee oder Salz erinnerte, hatte er sich zeigen lassen.‘ In dem Commentare zum Johannes findet sich über beide Nahrungsmittel eine etwas abweichende Nach- richt. Er erwähnt den Reichthum an Rohr in Palästina wie in Italien (col. 1355. 1489) und das häufige Vorkommen der Pest in beiden Ländern (eol.1455). Von der Säule, an der Christus gegeisselt worden, berichtet er, dass sie noch in Jerusalem vorhanden sei (col. 1488), von der Gruft, in welcher er beigesetzt worden, gibt er eine ausführliche Beschreibung (col. 1495). Er spricht auch von den Gräbern des Simeon und Joseph, sowie der Maria im Thale Josaphat, indem er bemerkt, dass der Körper der letzteren in räthselhafter Weise aus der Kirche, in der er sich befand, verschwunden sei (col. 1520). Den Schätzen des Morgenlandes, die sich u. a. in prächtigen Grabmälern kundgeben, stellt er die abendländische Armuth gegenüber, denn im Gegensätze zu jenem erscheint ihm das fränkische Reich als ein unfruchtbares Waldland.” Christian, der sich als einfacher Mönch nach dem Vorbilde des h. Benedikt fühlt, und sich selbst zur Demuth und Niedrigkeit be- kennt,’ warnt dringend vor geistlicher Heuchelei im Fasten, Beten und anderen kirchlichen Werken, da jeder Lohn vor Gott verloren gehe, sobald Eitelkeit und Ruhmsucht sich einmische.' Mässigen 1704 (col. 1291): “Vidimus et de ipsa (sc. manna) afferentibus his, qui de illa terra venere, habet vero similitudinem nivis vel salis et duleedinem nostri mellis’, ef. col. 1520, wo das ‘mel silvestre in silvis repertum’ auf die zerriebenen Blätter eines Baumes zurückgeführt wird. 2 ©. 35 (eol. 1372): ‘nostra terra in comparatione illius terrae, in qua dominus haee loquebatur, sterilis est quasi silvestris’; e. 56 (eol. 1451): *Apud antiquos aliarum sentium grande studium fuit monumenta patrum ornare quod et in monumentis Roma- norum adhuc apparet et in Machabeorum libro legimus. Sed oceidentalis paupertas orientalibus divitiis comparata nihil est”. 3 S. oben S.941 Anm.6; e. 56 (col. 1448): *Eligo ego humiliari cum mitibus modo, quam dividere spolia cum superbis’; e. 43 (col. 1419): ‘Nam et monachi quamvis ali- quid plus videantur facere quam in evangelio scriptum est, tamen eamdem normam et ipsi tenere debent'. * 0. ı2 (col. 1315): “Ne propter jeiunia tristitiam simulemus ob favorem vulgi, sed hilariter deo serviamus, quia tune manebit nos merces, si propter deum omnia faciamus’ ete.; e.44 (col. 1423): *Quandocunque enim aliquid boni facimus, si ceno- doxia se immisceat, mercede apud deum frustamur. 944 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juni. — Mittheilung v. 22. Mai. Genuss des Weines will er nicht verwerfen.' Die Vornehmen dieser Welt betrachtet er mit einem gewissen Misstrauen und zwar nicht nur die Weltlichen, sondern auch die Geistlichen. Viele Tausende von Reichen gäbe es, die trotz ihres Vermögens nur mit unersätt- lichem Gelddurste nach mehr strebten.” Alle Reichen sieht er als Tyrannen an, der Schlemmerei und Trunksucht ergeben, achtlos für das Wort der Predigt, das sie wohl hörten, aber nicht mit ihren Gedanken begleiteten und nicht befolgten” Er tadelt ihre Gering- schätzung im Verkehr mit dem gemeinen Manne.’ Die Geistlichkeit, zumal die höhere, mahnt er zu ernstlicher Pflichterfüllung, zu einem vorbildlichen Leben, zu eifriger Predigt über die Sünden des Volkes.’ Aber auch die Könige sollen ein gutes Vorbild geben," denn die Menschen sind nur zu geneigt, liebedienerisch dem Willen ihrer Fürsten nachzuleben, ohne zu fragen, ob es das Rechte sei.” Sie sollen den Unterdrückten beistehen, die Unterdrücker bekämpfen. 0. 29 (eol. 1358): “Nee improperabant ei. quod vinum biberet,. quod non est vitium, si moderate potetur'. ®2 €. ı (eol. 1277): “per divites... qui solent esse pleni vitiis’; ce. 10 (col. 1303): “Non istam (se. terram), quae spinas et tribulos profert, quam erudelissimi et superbi magis possident’; e. 45 (col. 1426): "Qui maiores sunt in isto saeculo per tyrannidem sunt; et per potestatem sunt super eos maiores, quia omnis dives aut iniquus aut in- qui heres’; e.43 (col. 1418. 1419): ‘Non autem putandum, quod divites eum suis iniquitatibus intraturi sunt in regnum caelorum, sed eommutandi in melius adhue dum vivunt, ut possint eum pauperibus collocari'. ® ©. 35 (col. 1371): "Quando his praedieatur verbum, qui divites sunt, tune cum gaudio suseipinnt verbum. Sed eum hora illa transierit et ipsi reversi fuerint ad ipsas divitias.. faciunt quod delectationes suggerunt et dimittunt quae in ecelesia audierunt’; (col. 1440): “multi cum intrant in ecelesiam, lingua alterius verba cantant et animo de honoribus cogitant'. * 0. 56 (col. 1494): *Nostri enim, de quibus praeceptum est pauperes colligere, ipsi despieiunt eos’; ©. 32 (col. 1363): *Omnes praepositi, episcopi, abbates aut reliqui discere debent istum versiculum domini: Miserieordiam volo et scientiam dei plus quam holocaustum’; e. 41 (eol. 1411): “cum aliqui fortiores sunt aliquibus, si aliquid offenderint minores, absque misericordia grassantur super eos, quia vident se aliquid maius posse. Et non solum suffocant eos, sed etiam oceidunt aut annihilant eos’. ° 0. 56 (eol. 1450): *Videant magistri ecelesiarum, qui habent simile mini- sterium in populis et tenent praedia ecelesiarum, ne similes illis fiant, si tacmerint populis vitia sua’; e. 35 (col. 1374): “Quod cavere debent episcopi et prepositi ecele- siarım ne de eis similiter dieatur, sed debent instare et per se suosque.. ut ad- nuntient populo peccata eorum'. 6 0.25 (col. 1343); c.47 (col. 1430): ‘regis ministerium est regere et guber- nare populum, oppressos liberare,. opprimentes debellare. Qui non faeit hoe, non est. rex, sed tyrannus, qui locum occupat et forsitan et ipse eos vastat et alios deprae- dare sinit’; e. 56 (col. 1462): “maxime de magistris aecelesiarum, regibus, episcopis, eomitibus, qui proponunt sibi longa tempora vivendi et percutinnt vel alias in- iustieias faeiunt christianis, vacant comessationibus et ebrietatibus et aliis viciis'; e. 56 (eol. 1447): “Qui reetor est in ecelesia primum debet implere quae implenda praeeipit. C. 56 (eol. 1487): *Sed adhue talis est eonsuetudo apud plures. ut: quiequid Dünnzer: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 945 Wiederholt berührt er die Vergewaltigungen der Kleinen, die Beraubungen von Freiheit und Eigengut, die bald unter rechtlichen Vorwänden, bald ohne solche vor sich zu gehen pflegten. Er ver- gleicht die Mächtigen, die solehes Unrecht verübten, und die ihre Knechte dann schlimmer als Hunde behandelten, geistlichen wie weltlichen Standes, mit reissenden Wölfen." Namentlich rügt er die heuchlerische Art, wie die Seelsorger, statt vor allem Beseitigung des Übels zu verlangen, den geständigen Missethätern nur eine ganz leichte Busse von 40 Tagen (d. h. Enthaltung von Wein und Fleisch) auferlegten, und ihnen so über ihre Gewissensbedenken hinweehülfen, während doch die Wirkungen ihrer Gewaltthaten dureh Geschlechter fortbeständen. Denn am Ende der Welt würden 1000 Nachkommen der ungerecht in Knechtschaft gestossenen sie verklagen. Eine merk- würdige Erläuterung zu den Klagen, die seit Karl dem Gr. unablässig in der Gesetzgebung über derartige Bedrückungen uns begegnen! viderint vel audierint prineipes suos laudare, laudent absque examinatione, ut vitupe- rent omne quod viderint eos vituperare’.. *Sic est consuetudo hodie, ut pro uno verbo prineipis veritatem deserant’; e. 35 (col. 1373): *similes sunt modo tepidi chri- stiani, qui propter iram alicwius potentis sive donum deserunt veritatem et conver- tuntur ad iniustitiam. ! €. ıı (ce. 1308): “Et tamen multi verbo veniam petunt et malum, quod ei intulerunt, non emendant, non est talis venia deo accepta.. Verbi gratia quidamn adquisivit hominem iniuste vel tulit alodem alieuius et venit ad confessionem et dieit: Mea culpa, peccavi in tali facto. da mihi poenitentiam. et dieit illi: Abstine te tanto tempore a vino et came. O quam aperta seduetio! Nepotes illius serviunt omni die et in fine mundi aut centum aut ducenti erunt servi de illo uno. Et iste seduetor dieit illi: Salvus eris. Alodem et aurum, quod tulit. ipse habet et abstinet a suo vino, unde aceipiet cras solidos plures quam si bibisset'. C. 14 (ecol. 1321): *Lupus.. habet a moribus ethymolosiam, eo quod rapaeitati sit semper deditus et eruori (ef. Isid. Etym. XII, 2, 23). Similes sunt qui semper alios christianos eupiunt depraedare aut per violentiam aut etiam quasi per legem mundanam. Si sunt de eius benefieio auı etiam ‚servi vel si habent ministerium super illos, quaerunt occasiones, ut quasi per legem possint eos expoliare; non cogitant, quod de una progenie sunt et de uno patre, sed peius quam suos canes eos tractant.. Multi christiani dieuntur, sed aetione lupi sunt; multi non solum laiei sed et eleriei lupi moribus sunt, qui in ovile domini inter oves videntur, sed lupi sunt etiam et rapaces.. Qui pauperum annonas pecu- nias prave devorant lupi rapaces sunt.. Dieunt: In beneficio mei sunt, secundum legem aceipio quod aceipio. Deus dixit: *Diliges proximum tuum sieut te ipsum. Imperatori et regi hoe dixit: *Quieumque a christiano christianus dieitur, illi dixit (Diliges — dixit fehlt bei Migne). €. 56 (col. 1485): *Ista non cogitant qui aliis eontra iustitiam libertatem auferunt aut alodem (übergeschr. videlicet censum). Eece unum inseruit aut aufert alodem et naseuntur filii illi et in fine saeeuli mille erunt, qui contra ipsum elamabunt. quia, sieut ereseunt progenies, sie ereseit peccatum illius et cum venit ad malum confessorem, iubet abstinere ei a vino aut a carne XL dies’... 0.43 (eol. 1418): “Qui (seil. dives) non cogitat aliud, nisi ut possit.. in potentia sae- eulari exaltari de die in diem, quocungue ingenio opprimit vieinos et subditos sibi quoscungue potest cealumniatur, ut augeat divitias suas.. Multa millia de istis ha- bentur in isto saeculo'. 946 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Nach irdischer Macht soll Niemand streben, der mit Christus leben will, denn sie ist stets mit Sünde befleckt,' noch soll Jemand aus Ehrgeiz und mit unlauteren Mitteln nach einem Bisthum trachten, das vielmehr auf göttlicher Verleihung beruhe.” Die Prachtliebe der Reichen, die selbst in ihren Gräbern zu Tage tritt, werde durelı die Ein- fachheit der Bestattung Christi beschämt.” Die Spaltungen des Reiches, dureh den Ehrgeiz der Könige hervorgerufen, erscheinen ihm als Vor- boten des Untergangs, weil Zwietracht die Reiche zu Grunde richte.” Vor Gericht soll man weder einen Geistlichen noch einen Laien ver- urtheilen, olıne ein Geständniss seiner Schuld von ihm erlangt zu haben.” Gelegentlich erfahren wir aus Christian Einzelnes von den Sitten Anschauungen seiner Zeit; so spricht er davon, dass es nur nach und längerer Trennung üblich sei, sich zu küssen,° dass manche im Kriege sich Zweige als Erkennungszeiehen anzustecken pflegten,’ dass ° dass die Hofleute die Grüsse auf der Strasse abgeschafft hätten.” Er erwähnt gefloch- auf fürstlichen Reisen Pfeifer verwendet würden, ! C. 50 (col. 1437): *Caveant ergo reges et episcopi istam damnationem agri- colarum, ne forte et ipsi similia patiantur, si bene non excoluerint vineam domini’; e. 35 (col. 1384): “nullus potest habere potestatem sine multis peceatis. Propteren qui vult sublimiter eum Christo regnare, non curet habere potestatem in hoc saeculo”. ?2 ©. 35 (eol. 1384): *Similiter de episcopis eredo, quod deus ordinatos habeat qui esse debeant in hoc saeeulo episcopi.. Propterea non erit necesse euiquam labo- rare inaniter pro episcopatu et cum peccato introire’; e. 47 (col. 1432): ‘Si ergo Christus in ecelesia sua tales invenerit, qui per praemia verbum divinum, mysteria sacra id est episcopatus, presbyteratus diaconatus vendant vel emant, eieiuntur de ecelesia dei. > 0.56 (eol. 1495): *ex ista sepultura domini simpliei ambitio divitum con- demnatur, qui nee in sepulero volunt carere divitüs”. * 0.35 (col. 1384): "Neque reges de regno certare debent, quia pro certo dominus habet ordinatum quieunque reges esse debent in hoe saeculo'; e. 25 (col. 1342): "sieut in isto terreno regno, si divisum fuerit deperit et adnihilatur, sie etiam inter diabolos; e. 34 (eol. 1366): *discordia multa regna deieeit et annihilavit, concordia vero de parvis magna feeit et exaltavit, sieut adhue hodie videmus”. 5 0. 13 (eol. 1319): *Enimvero in iudieiis nullus debet neque elerieum neque laicum iudieare, donee confessionem ipsius audiat de peccato unde agitur’; c. 35 (eol. 1374): *Hie debent omnes reges, episcopi et praepositi exemplum ceapere, ne de ineertis causis iudieium promant, antequam veraeiter erimen agnoscant', 6 (. 56 (col. 1480): *Quod nune apud nos non fit nisi post plures dies”. ° 0. 56 (col. 1447): *Fuerunt ergo illi fimbriae convenientes in bello, quia.. non deeidebant sient ramuseuli. quos solent portare in bello, quod ob signum de nostris faeiunt‘. Vergl. aueh e. ıı (col, 1311): *Pallium.. non est in usu apud nos. Nam illud, quod fibula infrenante induimus, elamis vocatum est apud antiquos'. 5 0.23 (eol. 1339): *Adhibebantur (se. tibieines) autem antiquitus funeribus mortuorum, nune itineribus prineipum". Im Anschluss an eine Stelle Isidor's (Etym. III, 20, 4) heisst es von den tibiae: ‘modo vero et de gruibus fiunt et de metallis’. ° ©. 26 (eol. 1347): *..salutare debemus christianos, quia sie fuit consuetuda apud antiquos nostros.. Sed ex mala consuetudine et doctrina adolevit apud pala- tinos, ut nullus conparem suum obvianti bona inprecetur'. Dünätter: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 947 tene Körbe, in denen ÖOpfergaben in den Kirchen dargebracht zu werden pflegten.‘ Er räth zur Vorsicht bei der Wahl der Frauen, bei der am meisten Werth auf den Charakter und auf die Gesundheit gelegt werden müsse. Den Weibern im Allgemeinen, die er nicht ganz so tief herabsetzt, wie etwa Petrus Damiani und andere Asketen des Mittelalters, wirft er brennende Neugier, Wankelmuth und Furcht- samkeit vor.” Durch ausschweifenden Wandel seien zu seiner Zeit selbst Frauen vornehmen Standes bis an den Bettelstab gebracht worden. Vielleicht eine Anspielung auf die berüchtigte Gräfin Engeltrud, die Tochter Matfrids und Gemahlin des Grafen Boso. Sogar vor dem Selbstmorde zu warnen, was man in jener Zeit kaum erwarten würde, findet Christian für nöthig.” Mörder, die nicht genügend Busse gethan, träfe gewöhnlich schon hier der verdiente Tod (col. 1486). Alle blossen Geldgeschäfte, mit denen keine wirkliche Arbeit verbunden ist, erscheinen ihm sündhaft, wenn Jemand z.B. an einem Orte Gold oder Silber erwirbt und es dann für doppelten Preis verkauft.” Beiläufig erwähnt Christian, dass es noch Leute gäbe, die den Gott Neptun verehrten,’ wiewohl er doch gleich den anderen Heidengöttern der Hölle angehöre. Die bösen Geister denkt er sich gleich Vögeln durch die Luft fliegend und von schwarzer Farbe.° Auch für medieinische Dinge verräth er hier und da ein gewisses Verständniss: er meint, dass manche Krankheiten in einem Monat schlimmer seien, als in dem andern, weil der aus den vier Elementen gebildete Leib mit ihnen wüchse oder abnehme (col. 1302). Fieber- kranke befänden sich am elendesten, wenn das Fieber aufgehört habe (col. ı328). Die Ansicht der Ärzte, dass Lähmungen durch ! C©.35 (eol. 1393): “Fiunt autem et ipsae sportae et parvae, quas videmus in basilieis cum oblationibus ferri'. 2 ©. 42 (col. 1413): “Vidimus enim quasdam et nobiliter natas et ditatas ad tantam inopiam pervenisse propter incontinentiam morum, ut mendicando vitam fini- rent. Multas vero audivimus ob fornicationis malum oceisas. Et e contrario alias’ etc.; c. 56 (col. 1483): ‘“Curiosum animal est femina et ardens novitate’; cf. col. 1353. 1499. ® C.43 (col. 1416): ‘Sed quod diei dolor est, adhuc hodie nomine tenus ehristiani hoc faciunt: cuius periculi malum ad episcopos respicit, qui eis non arnun- tiant, quia non finiunt tristicias et tribulationes, sed multiplicant, dum de istis tor- mentis ad atrociora transeunt’. * ©. 22 (col. 1335): ‘“Sunt denique negotia, quae non exercentur absque pec- cato’ etc. (vergl. col. 1439). Über die Münzer heisst es (col. 1468): solent monetarüi aceipere argentum ab aliquibus et solent denarios formare et post annum integrum reddere quod acceperunt et medietatem de ingenio suo super acceptum. 5 C. 35 (eol. 1385): “..maxime his qui credunt errorem paganorum, quod Neptunus aliquam potestatem habeat in aquis, qui tenetur in inferno nt’ alii iniqui’. Vergl. Ermenrici epist. p. 29. 6 ©. 35 (col. 1400): *excepti a nigerrimis daemonibus’; (col. 1371): “Quod daemones voluceres vocantur, quia discurrunt per aera in morem voluerum’, Sitzungsberichte 1890. 80 945 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Überfülle an Blut entständen, hält er für falsch, weil sie nur in höherem Alter einträten, in dem das Blut schon zu schwinden an- finge (col. 1332). Die Lähmung auf der rechten Seite sei minder eefährlich als die auf der linken. Über die Entstehung des Donners trägt er zwei verschiedene Ansiehten vor: nach der einen erfolgte er durch den Zusammenstoss von Regenwolken mit solehen, die keinen Regen enthielten, nach der andern durch den in der Wolke eingeschlossenen Wind, der einen Ausweg suchte (col. 1369. 1393). Christian zeichnet sich durch einen nüchternen geschichtlichen Sinn aus, er erklärt es für eine Pflicht der Geschichtschreiber ebenso wie in den Urkunden genaue Zeitbestimmungen zu geben und gemäss den Anschauungen ihrer Zeit zu berichten." Zum Verständniss des bibli- schen Textes verweist er oft auf die besonderen Sitten und Gebräuche der Hebräer. So wirft er z. B. die Frage auf, wie es komme, dass in dem Stammbaume Christi sich mehrere Sünderinnen befänden und er beantwortet sie dahin, ‚einerseits solle dadurch angedeutet werden, dass Christus nicht gekommen sei, die Gerechten zu suchen, sondern die Sünder, andererseits aber hätten die Frauen in jener alten Zeit mehr nach Nachkommenschaft getrachtet, um die Erde zu bevölkern, als nach der Erhaltung der Keuschheit im Jungfrauen- oder Wittwen- stande, die ihnen noch gar nicht auferlegt worden sei (col. 1269). Zu dem Vergleiche der Lilien auf dem Felde mit Salomon bemerkt er, es habe noch reichere Könige gegeben als diesen, z. B. Nebukad- nezar, Ahasver, Octavian und ihre Nachfolger, aber keiner sei den Juden so bekannt gewesen wie Salomon (col. 1318). Über den Stern der drei Weisen oder Könige aus dem Morgenlande, den er sich der Erde näher denkt, weist er unbegründete Fabeleien zurück und hält die Taube, die bei der Taufe Jesu den heiligen Geist vertrat, nach der Ansicht seiner Lehrer für eine wirkliche Taube.” Er verwirft jede Anbetung der Heiligen, weil diese nur als unsere Fürsprecher zu betrachten seien und Gott allein wirkliche Verehrung gebühre.’ Bei der Auslegung der Worte, mit denen das Abendmahl eingesetzt ı ©. ı (col. 1274): *etiam consuetudo historiographorum est historiam sie seri- bere sieut eo tempore putatur, quando res agitur’; ce. 35 (col. 1380): *..sieut eo tem- pore a praesentibus putata est’; e.2 (eol. 1280): ‘Usus fuit historiographorum ut, quando historiam seriberent, tempus regis adnotarent, sieut etiam nune fit non solum in gestis sed etiam in cartis”. 2 C. 2 (col. 1282): “Et multa dieunt aliqui de stella hac, qui quia non habent fontem veritatis praetermittere malui’; e. 5 (col. 1295): ‘Sie audivi tradere eum, qui mihi primus evangelium exposuit (sed nec Hieronimus neque Beda de hoc quidquam dieunt) quod vera columba fuerit et veram carnem habuerit et verum corpus’. 3 0.6 (col. 1300): “a nullo sancto petamus remissionem peccatorum sed per eos studeamus impetrare, ut detur nobis a deo, neque eredamus in aliquem nisi in deum, quia credimus sanctos, sed non eredimus in sanctos'. Dünnter: ÜberChristian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 949 wurde, denkt er offenbar nur an einen geistigen Genuss (spiritaliter) des Leibes und Blutes, an ein Erinnerungsmahl, nicht an eine leib- liche Wandlung.‘ Man hat daher in seinen etwas unbestimmten Wendungen die evangelische Auffassung wieder gefunden und von katholischer Seite deshalb auf Grund einer angeblich neu entdeckten Handschrift eine Änderung der entscheidenden Worte versucht. die gerade so in der ersten Ausgabe aus katholischer Zeit gedruckt sind. Christian weiss, dass erst nach der apostolischen Zeit durch eine Synode vorgeschrieben worden sei, das Abendmahl stets nüchtern zu geniessen.” Die von vielen getheilte Ansicht, dass das jüngste Gericht im Thale Josephat stattfinden würde, verwirft er: vielmehr sei es im Himmel zu erwarten.” Die Ehelosigkeit der Priester und Dia- konen betrachtet er nur als kirchliche Gewohnheit.“ Von dem heiligen Petrus bemerkt er, dass derselbe zwar 25 Jahre Bischof in Rom ge- wesen, aber nicht über fünf Fuss breit Landes verfügt habe, nunmehr aber verfüge er über ein grosses Reich an Landgütern und Knechten durch die ganze Welt und ähnlich wie er andere. Heilige um der Liebe Gottes willen.’ Dass nach der historischen auch die allegorische Erklärung zu ihrem Rechte kommt, lässt sich voraussetzen und in ihr spielt namentlich die beliebte Zahlensymbolik eine grosse Rolle. So wird die Heiligkeit der Vierzahl erhärtet durch die 4 Evangelien, 4 Himmels- gegenden, 4 Elemente, 4 Ströme des Paradieses, 4 Buchstaben des Namens Adam u. s. w., die der Zwölfzahl durch die ı2 Monde, ı2 Stunden des Tages und der Nacht, ı2 Unzen im Pfunde, ı2 Stern- bilder im Thierkreise, 12 Stämme Israel und ı2 Apostel. Die 4 Kriegs- knechte theilten die übrigen Gewänder Christi und loosten um den ungenähten Rock: dies bedeutet, dass das Evangelium an allen 4 Enden der Welt verkündet werden soll, während die Kirche eine einige und ungetheilte für den ganzen Erdkreis ist. Solche und ähnliche Deu- tungen sind jedoch Christian nieht eigenthümlich, sondern von ihm ı 0. 56 (col. 1476): “Hoc est corpus meum: id est in sacramento. ..non in- convenienter sanguis Christi per hoc (seil. vinum) figuratur.. transferens spiritaliter eorpus in panem, vinum in sanguinem etc. 2 Ibid. col. 1477: “Post vero cum venerunt Hebraei ad communicandum, tune praeceptum est in synodo, ut unusquisque homo.. prius reficiatur de eibo spiritali et postmodum de temporali’. ® Ib. col. 1469: “Multi autem putaverunt in valle Iosaphat.. futurum esse iudieium, sed nequaquam verum est’ etc. 4 0.42 (col. 1415): “Et ideo non est necesse per coniugatos ministeria dei administrare'. > €. 26 (col. 1344): ‘non tamen vel quinque pedes de terra sibi in potestate habuit’; e.43 (eol. 1421): ‘Nune quoque magnum regnum habet (sc. beatus Petrus) de villis et servis per omnem mundum et ipsi et omnes sancti propter amorem dei’. 950 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. nur entlehnt, wie er denn seine Quellen im Einzelnen nieht namhaft zu machen pflegt. In seiner Vorrede spricht Christian davon, dass er vielleicht auch noch Auslegungen zum Lucas und Johannes abfassen wolle, während es für Marcus nach Beda vollkommen überflüssig sei. Zum Lucas habe er vergeblich einen Commentar des Beda gesucht und nur Ho- milien gefunden und zum Johannes dem Adler nähme Augustinus als Ausleger einen zu hohen Flug, so dass er für die schwächeren als Erklärer nicht ausreiche. In der That sind uns nun unter dem Namen Christians Auslegungen zu jenen beiden andern Evangelisten überliefert, in ihrer Kürze aber erscheinen sie neben dem zum Matthäus nur wie dürftige und unzusammenhängende Auszüge." Wenn man daher auch nicht berechtigt ist, sie Christian abzu- sprechen, so können sie in dieser Gestalt schwerlich als fertige Werke gelten. Vielleicht handelt es sich um unvollständige Nach- schriften nach seinen Vorträgen. Die erste Ausgabe Christians veranstaltete zu Strassburg in Folio der bekannte Humanist Jakob Wimpheling aus Schlettstadt im J. 15 14. Sie füllt mit der angehängten Schrift des Erzbischofs Martin von Braga an den König Miro 102 Blätter und umfasst auch die Com- mentare zum Lucas und Johannes. Diesen folgt eine nur dort vor- handene Homilie über das ı3. Capitel des Matthäus, die wohl eben- falls von Christian herrührt. Über ihre handschriftliche Grundlage wissen wir nichts. Dem mit dem päpstlichen Wappen Leos X. ge- schmückten Titelblatte, auf dessen Rückseite ein Privilegium Maxi- milians steht, folgen 2 Widmungen, die erste an den Heidelberger Professor Georg Nigri ex lapide leonis, die andere an den Strass- burger Johannitercomthur Balthasar Gerhard. In der ersten rühmt der Herausgeber die Vorzüge Christians aufs lebhafteste und erklärt ihn für einen Schriftsteller, der eifrig gelesen zu werden verdiene. Das Werk ist bei ihm in 73 Capitel eingetheilt, deren Überschriften voranstehen. Ausser einem Register hat er nur einen Holzschnitt der Kreuzigung hinzugefügt. Diese jetzt ausserordentlich seltene editio princeps ist die Grundlage aller weiteren Abdrücke in den Sammlungen der mittelalterlichen Kirchenschriftsteller, von denen die letzte sich in Mıenes Patrologia lat. t. 106 (a. 1851) findet. Es ist daher unrichtig, wenn sowohl Wrrzers und Wertes Kirchenlexikon ! Vergl. oben S.943 A. ı. Wie über den Honig, so steht auch über die Heu- schrecken an beiden Orten Widersprechendes, col. 1291: ‘Sed tamen in illa terra maiores (sc. locustae) quam in nostra inveniuntur'; col. 1520: ‘Locustae sunt in ipsa terra minimum genus, quarum eorpuscula in modum digiti manus exilia et brevia sunt’ ete. Vergl. Hist. liter. de la France V, 88. ken. Dünnver: Über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 951 (2. Aufl. II, 2089) als Hrxzoss Realeneyklopädie für protestantische Theologie (2. Aufl. III, 722), die sich auf jenes zu stützen scheint, sie für »verloren gegangen« oder »soviel wie verschwunden« er- klären, da ja ihr Inhalt sich sowohl unmittelbar wie mittelbar er- halten hat. Auf Wimpheling folgte 1530 der Protestant Menrad Molther, der bei Johann Secerius zu Hagenau Ühristians Commentar in klein Oectav auf 343 Blättern abdrucken liess nach einer, wie er behauptet, unleserlich und fehlerhaft geschriebenen Hs., die er ex divi Andreae apud Vangionum Vormatiam bibliotheca entliehen hatte. Von der früheren Ausgabe, obgleich sie ebenfalls im Elsass erschienen war, wusste er nichts, glaubte vielmehr der erste Herausgeber zu sein. Voran geht bei ihm ein elegisches Gedicht an den Dr. med. Johann Locer aus Horb, den Leibarzt des Pfalzgrafen, und eine Widmung an den Probst Rudiger von Weissenburg. In der letzteren verbreitet er sich über Christian, dem er ein ingenium mire dextrum candidumque nachrühmt, seine Auslegung zum Matthäus nennt er venustam eru- ditam perspieuam facilem atque in hoe genere piissimam und meint, scriptorem hune plus in recessu quam fronte promittat habere. Die Capiteleintheilung ist dieselbe wie bei Wimpheling, allein es fehlen nicht blos die Commentare zum Lucas und Johannes, sondern. an dem zum Matthäus das letzte Stück des letzten Capitels, welches eine längere, eigentlich nicht zur Sache gehörige Erzählung über die Synode von Chalcedon (den Streit mit Eutyches)' enthält, so dass es sich nicht um eine unvollständige IIs., sondern um eine andere Re- daction zu handeln scheint. Molther hat am Rande seiner Ausgabe dem Texte eine Reihe von Verweisungen hinzugefügt,” wodurch er die Herkunft einzelner Stellen aus Origenes, Uhrysostomus, Gregor und Augustinus andeutet. Auch diese zweite Ausgabe Christians ist jedenfalls sehr selten und die Annahme, dass ihr Text in die Samm- lungen der Väter übergegangen sei, eine völlig irrige. Es ist be- merkenswerth, dass ein Humanist und ein Anhänger der Reformation mit gleich warmer Empfehlung unseren Christian zuerst durch den Druck vervielfältigten und beide ihm noch einen unmittelbaren Werth für ihre Zeit zuschreiben wollten. ! Morruer schliesst f. 343 mit den Worten: ‘Eece ostendit duas sibi inesse naturas, unam quae recedebat corporis, alteram quam pollicebatur id est divinitatis’ (col. 1502 bei MıcxE). 2 So heisst es bei ihm f. 23’ ‘Ex Origenis Homelia’, f.25 und 25’ ‘Ex Ori- gine’, f.44, 52', 66’ ‘Verba divi Gregorii’ oder bloss ‘Gregorii’, f.8g ‘Ex Augu- stino’, 92 "Ex Origine’, 133’ “Haec ex Chrysostomo’, f.235’ ‘Haec apud Lactan- tum et Augustinum de civitate Dei’, f. 239’ ‘Ex Chrysostomo haec sententia’, 286’ ‘Verba Gregorii’, An allen diesen Stellen nennt Christian selbst keine Quelle. Sitzungsberichte 1890, sl 952 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Uber die Wiener Hs. Christians hat Denis (Codd. manuser. bibl. Vindobon. I, 1, 297— 303), ausführlich berichtet, die Münchener habe ich selbst eingesehen und stellenweise verglichen.‘ Beide enthalten auch die Commentare zum Lucas, nur die Wiener den zum Johannes, und ihr Text stimmt mit der editio princeps wesentlich überein. Über die von Sixtus von Siena entdeckte Hs. der Franziskaner zu Lyon ist Näheres nicht bekannt, da nur eine Stelle daraus angeführt wird. Man könnte an ihrer Existenz zweifeln. ı Jene, Nr. 724 (Theol. 122) saec. X fol., enthält auf 286 Blättern nur die Werke Christian’s. Diese, bezeichnet 14066 (S. Emmerammi) saec. XI, von mir hie und da verglichen, enthält auf ıg2 Blättern ebenfalls die Werke Christian’s. Auf f. ı lautet die Ueberschrift *Ineipit prologus Christiani’, f.2 ‘Ineipiunt capitula de eumangelio secundum Matheum’ (sie reichen bis LXI ‘De reddendo que dei sunt’). f.2’ ‘Expli- ciunt capitula. Ineipit euangelium secundum Matheum’; f. 182’ ‘Explicit commentum Christiani super Matheum. Ineipit aliud super Lucam’; £. 192’ *Explieit commentum super Lucam’, woran sich einige Worterklärungen schliessen. Die Capitel stimmen nicht ganz mit den Drucken überein, so werden vorn 5 und 6 zusammengefasst unter der Ueberschrift: “De baptizatione domini. De temptatione domini’, dagegen auf {. 26 das letztere wieder als besonderes Capitel betrachtet. Ausgegeben am 24. ‚Juli. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei, 1890. XAXVIN. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE. .DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 24. Juli. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Currivs. Hr. Kuspr sprach über das optische und elektrische Ver- halten dünner Metallsehiehten und legte die folgenden im physi- kalischen Institut der hiesigen Universität ausgeführten Arbeiten vor: 1. H.E. J. G. pu Boıs und H. Rugens, Brechung und Disper- sion des Lichts in einigen Metallen. 2. L. Arons, Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln. Beide Mittheilungen erfolgen umstehend. Von der physikalisch - mathematischen Classe sind bewilligt: 3000 Mark dem Königl. Forstassessor Hrn. Dr. A. Mörter in Berlin zu einer Reise nach Süd-Brasilien behufs Ausführung mykologischer Studien; 500 Mark dem Privatdocenten Hın. Dr. J. Liwck zu Strass- burg i. E. zur petrogenetischen Untersuchung einer Gesteinsinsel des obern Veltlins; 1000 Mark dem Privatdocenten Hrn. Dr. OÖ, Hamann in Göttingen zur Fortsetzung seiner Untersuchungen über Echino- rhynchen; von der philosophisch-historischen Classe 500 Mark dem Oberlehrer Hın. Dr. G. Baucun in Breslau für bibliothekarische For- schungen zur Geschichte des deutschen Humanismus. Sitzungsberichte 1890. 82 Mn N ih Die, %, 355 Brechung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen. Von Dr. H.E. J. G. pu Boıs und Dr. H. Rugens z. Zit. in Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Kuxpr.) (Hierzu Taf. VI.) Te eure In zwei grundlegenden Abhandlungen! hat Hr. Kunpr eine Methode beschrieben, mittels äusserst dünner Prismen die Gesetze der Lichtfortpflanzung in den Metallen zu erforschen. An der Hand dieser Methode ist es ihm gelungen, für eine grössere Reihe von Metallen den Brechungsindex für senkrecht durchgehendes Licht, den ungefähren Betrag der Dispersion, sowie den Einfluss der Tempe- ratur auf ersteren zu ermitteln. Um überflüssige Wiederholungen zu vermeiden, werden wir uns in dem Folgenden häufig mit Hinweisen auf jene überall zugänglichen Arbeiten begnügen. 2. Wir haben, unter Beibehaltung der Methode, auch bei schiefem Durchgang des Lichts Beobachtungen angestellt, um daraus zunächst für einige wenige Metalle eine empirische Brechungsregel abzuleiten. Ferner haben wir es versucht die Dispersion unter Benutzung von vier speetral wohl definirten Lichtgattungen möglichst genau zu be- stimmen. Dabei beschränkten wir uns auf die experimentelle Unter- suchung von Eisen, Cobalt und Nickel, und zwar aus folgenden Gründen. Einmal haben Hr. Losac#” und der Eine von uns” Werthe für die Dispersion des Kuxpr’schen bez. Krrr’schen magnetooptischen Phaenomens in eben diesen drei Substanzen geliefert; diese Zahlen beziehen sich auf dieselben, nun auch von uns angewandten Licht- gattungen. Wir hoffen auf diese Weise zur experimentellen Beschaffung streng vergleichbarer metalloptischer Constanten einiges beizutragen. ! Kuxpr, diese Berichte Febr. 1888 S. 255 und Dee. 1888 S. 1387; im Folgenden als (A) bez. (B) eitirt. Abgedruckt in Wien. Ann. 34 S. 469, 1888 und 36, S. 824, 1889. Übersetzt in Phil. Mag. [5] 26 S.ı, 1888. ®2 LosacH, Inauguraldiss., Berlin 1890. Wiıep. Ann. S. 358, 1590. 3 pu Bois, Wien. Ann. 38 S. 38, 1890. Phil. Mag. [5] 29 S. 264, 1890. 82° 956 Gesammtsitzung vom 24. Juli. Sodann gehören die genannten Metalle zu denen, deren elektro- lytische Darstellung in keilförmigen Schichten bei hinreichender Übung ohne allzu grosse Schwierigkeiten gelingt. Wir glauben deshalb mit einiger Sicherheit annehmen zu dürfen, dass unsere Praeparate an Güte wenig zu wünschen übrig liessen. Endlich trägt die erhebliche Brechung zur Genauigkeit der Mes- sungen sehr bei. Wir werden übrigens gelegentlich das Verhalten einiger Edelmetalle mit weit geringerem Breehungsindex zu disceutiren haben; doch haben wir hierzu nur einige orientirende Versuche an- stellen können. 3. Die Versuchsanordnung war wesentlich die von Hrn. Kuspr bei seinen Versuchen in Berlin benutzte und von ihm beschriebene (B. S.1389— 91). Die Heizvorrichtung wurde von uns nicht ange- wandt, dafür aber einige specielle Vorkehrungen getroffen, welche an geeigneter Stelle angegeben werden sollen. Zur Ablesung wurde nicht, wie früher, der Theilkreis des Specetrometers benutzt, noch ein Ocular mit Fadenmikrometer. Die Einstellungen wurden statt dessen in allen Fällen durch drehen an der Alhidadenschraube des (zehnfach vergrössernden) Speetrometerfernrohrs bewirkt; dadurch wurde bei der Messung der Prismenwinkel das reflectirte Bild des Fadenkreuzes, bei Beobachtung der Ablenkungen das Spaltbild zwischen die Parallel- fäden im Ocular eingestellt. Während der eine Beobachter diess aus- führte, wurde die Ablesung an der Trommeltheilung der Alhidaden- schraube vom Andern mittels eines Hülfsfernrohrs vorgenommen; es entsprach ein Trommeltheil einer Drehung der Fernrohraxe um 420. Prismenwinkel und Ablenkungen sind im Folgenden stets in Bogensecunden angegeben, wie sie aus 20 Einstellungen erhalten wurden. Im allgemeinen wurde vor jedem solchen Satze die Güte der Collimirung geprüft, und zwar durch Beobachtungen an den seitlichen unbelegten Fenstern, in der von Hrn. Kuspr (B. S. 1390) vorgeschriebenen Weise. 4. Gontrolversuche sind von Hrn. Kunpr in erheblicher An- zahl angestellt worden (A. S. 263— 265). Wir haben daher nur zur Prüfung des Collimirverfahrens noch einige Messungen ausgeführt. Eine sehr vollkommene, planparallele Platte von Stemnem wurde derart mit schwarzem Lack überzogen, dass nur vier, o°”2 breite und ı“"o hohe Fenster offen blieben, die ihrer gegenseitigen Lage nach ebenso gruppirt waren, wie die Fenster und Prismenöffnungen unserer Metall- praeparate (siehe Fig. ı). Nach der wie üblich ausgeführten Collimi- rung an den beiden äusseren Fenstern ergaben die beiden inneren nunmehr einen scheinbaren Winkel von o’2, eine scheinbare Ablen- kung von 0’4. Fine ganz ähnlich behandelte platinirte Glasplatte * pu Bors u. Rusens: Brechung u. Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 957 gab anstatt dessen die Werthe 173 und 178; dieselbe war als »mittel- mässig« bezeichnet und weniger eben als irgend eine derjenigen, welche unsere Versuchsprismen trugen. Dass letztere Platten mit grosser Sorgfalt ausgesucht und mittelst des Gauss’schen Oeculars geprüft wurden, bedarf kaum der Erwähnung. „ Da die Winkel der untersuchten Prismen zwischen 15” und 25 lagen,' die Ablenkung aber in weitaus den meisten Fällen über 20” (bis zu 200”, vergl. $ ıı) betrug, so war nach den oben angeführten Zahlen die Gollimirungsmethode für unsere Zwecke genügend. Was die Bestimmung der Ablenkungen betrifft, so bemerken wir noch, dass diese nicht durch wiederholte innere Reflexion getrübt sein kann. Waren doch die Prismen stets so diek, dass eine dreifach stärkere Sehieht undurchsichtig gewesen wäre.’ 5. Eine allgemeine Schätzung der erreichten Genauigkeit ist undurchführbar; denn es hat ein jedes Prisma seine besondere Indi- vidualität, welche darauf den grössten Einfluss übt. Wir haben da- her ausser den endgültigen Werthen auch detaillirtes Beobachtungs- material mitgetheilt (Tab. ı und 3), welches für die Beurtheilung unserer Messungen einen Anhaltspunkt bieten soll. Unsere Prismen wurden stets in Exsiccatoren verwahrt. Bei dieser Behandlung lässt ihre Haltbarkeit nichts zu wünschen übrig. Beispielsweise fanden wir Prismenwinkel und Ablenkung eines Cobalt- prismas (Co Ill), welches sechs Monate unberührt gelegen hatte, inner- halb der Fehlergrenzen unverändert. Dasselbe war nach vier Monaten der Fall bei einem Eisenprisma (Fe IH), dessen Lackblendung über- diess entfernt und durch eine neue ersetzt worden war: nebenbei ein Be- weis für die Ebenheit der Flächen, da bei der neuen Blendung sicher- lieh nicht genau dieselben Flächenstücke blosslagen wie bei der alten. Noch sei erwähnt, dass gelegentlich an unseren Prismen auf einem Spectrometer von Schmipr und Harsscn von Hrn. SmeA im hiesigen Institute Versuche angestellt sind; dieselben ergaben dann immer eine sehr befriedigende Bestätigung unserer Resultate. I. Die Brechung. 6. Messungen der Ablenkung bei schiefem Durchgang des Lichts dureh die Prismen würden an sich wenig Interesse geboten haben. ! Eine einfache Rechnung zeigt, dass die Benutzung von Prismen mit erheblich grösserm Winkel ausgeschlossen ist, wenn man die dünnste Stelle > 3.107 0em, die diekste <ı3 .10-Öcm halten will; die mittlere Prismenbreite kann dabei auf o“!15 ge- schätzt werden. 2 Vergl. Wernıeke, Pose. Ann.ı55 S. 88, 1875, auch Rarırnau, Inauguraldiss. Berlin 1890. 958 Gesammtsitzung vom 24. Juli. Es lag uns daher zunächst ob, aus dem Gange dieser Messungen in unbefangener Weise zu der Beziehung zu gelangen, welche zwischen den Neigungen der Wellenfront im Metall bez. in der Luft zur Grenz- ebene beider Medien stattfinden muss. Dabei sollte jegliche Neben- hypothese vermieden und auch eine Stütze an einer der gegenwärtig bestehenden optischen Theorien nicht gesucht werden. Inwiefern wir auf dem so vorgeschriebenen Wege zum Ziele gelangt sind, wird die folgende Behandlung des gestellten Problems zeigen müssen. 7. Bezeichnungen. Zunächst sei bemerkt, dass immer mit genau parallelem Licht beobachtet wurde, wir es mithin stets mit ebener Wellenfront zu thun haben, deren Normale wir in Bezug auf ihre Richtung in’s Auge zu fassen haben. Die Winkel dieser Rich- tungen mit den Normalen auf den die Luftseite begrenzenden Prismen- flächen seien im Metalle mit i,, in Luft mit ö bezeichnet. Es sind diess auch die Neigungen der Wellenfronten zu beiden Seiten der Grenz- ebene Metall-Luft. Für den Brechungsindex wählen wir das übliche Symbol n; derselbe hat einen strengen physikalischen Sinn nur dann. wenn das Sxerzivs’sche Sinusgesetz genau oder mit unendlicher An- näherung gilt (vergl. 12). Den mittels Gavss’schen Oculars direct gemessenen Normalen- winkel beider Prismenflächen nennen wir in Anlehnung an Hrn. Kunpr den »Prismenwinkel« 8; derselbe ist die Summe der Winkel beider Prismen. Der Winkel zwischen zwei, dureh je ein Prisma gegangenen, ursprünglich parallelen Liehtbündeln ist die Ablenkung «. Sowohl a als 8 können für unsern vorliegenden Zweck als unendlich klein betrachtet werden, eine die mathematische Behandlung sehr verein- fachende Eigenschaft. 8. Rechenverfahren. In Fie. ı ist ein Horizontalschnitt unserer Praeparate schematisch dargestellt. Die Prismenflächen sind ı und 2 numerirt und diese Zahlen den betreffenden Grössen als Indices an- gehängt. Betrachten wir nun zwei, einander parallele, unendlich dünne Liehtbündel ı und 2, so ist klar, dass dieselben bis in das Metall M hinein einander parallel bleiben werden; und zwar etwa bis zu den Punkten A, und A,, welche den Flächen ı und 2 unendlich nahe liegen. Es bleibt diess offenbar auch dann der Fall, wenn die Glasplatte (resp. auch die Platinschicht) keilförmig ist. Auch die Vorgänge an den Grenzflächen a, db, ce können den Parallelismus beider Bündel in keiner Weise beeinträchtigen. Vielmehr geht dieser erst durch die Brechung an der vierten Grenze Metall-Luft verloren. Daher ist es dieser letzte Grenzvorgang und kein anderer, den wir durch unsere Versuche näher kennen lernen werden. Durch ihn muss i eindeutig bestimmt sein, wenn 7, gegeben ist. Für unsern Zweck empfiehlt es sieh jedoch pu Bois u. Rusens: Brechung u. Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 959 eher i als unabhängige Variabele zu betrachten, da letzterer Winkel der direct gemessene ist. Wir setzen daher i,—= f(i), eine zwar vorläufig unbekannte, aber offenbar einwerthige ungerade Function. Aus der einfachen Betrach- tung der Fig. ı folgt jetzt sofort: Oiie de, = ÄR, = 9) und %, —& di =a-+ßB Daher di, EN ® = elj/W)= 5 di e+B und A) Ä Bdi I A) —— () fa=| 9. Aus unseren Messungen kennen wir nun die Werthe von «, daher auch von ß/ (£ +) für eine Reihe von Werthen von &. Wir erhalten somit in gewissem Sinne eine experimentelle Differential- gleichung einfachster Art, die wir nur zu integriren brauchen um zu der gewünschten Beziehung zwischen i, und ö zu gelangen. Das haben wir in der That ausgeführt. Zu den Abseissen © wurden Werthe von B|(@ + ®) als Ordinaten aufgetragen, durch diese Punkte eine glatt verlaufende Uurve gezogen, und durch graphische Quadratur die Werthe des Integrals f(“) ermittelt; und zwar davon ausgehend, dass (0) = o ist, was schon aus Gründen der Symmetrie zutreffen muss. 10. Wenn die Prismen aus gewöhnlicher, durehsichtiger Substanz vom Brechungsindex nz gebildet wären, so gälte das Sneruıus’sche Gesetz; es wäre 3 un sin Z (2) im = JÜ) = axesin | — N Daraus erhielte man dann dureh Differentiation die beiden expli- eiten Gleichungen (3) n — V \ a Beast (W L osinzi \: | und “ er) ! cos ı \ welche im Folgenden wiederholt zur Rechnung benutzt werden, je nachdem ausser i und 8 entweder z oder n als bekannt angenom- men werden. Die Discussion der Gleichung (3) ergibt noch, dass beim Minimum der Ablenkung (für © = 0) 960 Gesammtsitzung vom 24. Juli. (5) al T) oder = 5 I wird und sich daher in dessen Nähe wenig ändert (vergl. A. S. 259). Wenn i sich dem Werthe 90° nähert, so strebt z dem Werthe & zu, wenigstens so lange n > ı ist, also keine Totalreflexion eintritt (vergl. 15). ı1. Die Versuche wurden damit begonnen, dass das Prae- parat vertical auf dem Speetrometertischehen befestigt wurde. Mittels der vorhandenen Kreistheilung konnte der Prismennormale jede be- liebige Neigung links (+) oder rechts (—) von der Fernrohraxe er- theilt werden. Nach einigen orientirenden Vorversuchen haben wir regelmässige Messungen angestellt bei_ö©— 0°, 30°, 40°, 50°, 559, 60°, 65°, weil in diesen Intervallen die Zunahmen der Ablenkung einigermaassen gleichmässig erfolgten. In einigen Fällen konnten wir noch bei 70° Neigung beobachten; die Ablenkungen sind dann schon sehr beträchtlich, so erhielten wir mit einem Cobaltprisma nahezu 200”, also über drei Minuten. Jedoch wird dann die Pro- jeetion der Prismenfläche auf das Fernrohrobjeetiv zu schmal und daher das Spaltbill sehr durch Beugung verwaschen, so dass Messun- gen schwierig und trotz der erheblichen Ablenkung ungenau werden. anbieter: (Prisma Fe III.) Ablenkung a bei der Neigung i: p 0° 21308 = 40° + 50° en = 60° JOH Du uBronrs ‚gr m TE NE 7 Su DORE .n 20.1 51.4 03.7 74:7 91.0 105.3 122.5 147.0 25.0 50.7 67-5 72.2 107.2 105.7 122.8 159.5 3) Sieh, 52.0 7 Sl 65.6 735 99% OBER 7 1593 RuseEns 27.8 5175 65,5 74-9 8875 114.4 119'5 5% 23.4 51.2 70.2 71.4 106.8 103.7 137.9 20.4 53-1 53.8 25.9 | 52.4 67:9 7352 97-7 109.1 128.7 154-5 Mittelwerthe 258 | 517 66:7 733 98% 10773 125.7 153.9 Die Lichtquelle zu diesen Beobachtungen war ein Zirkonbrenner mit vorgesetztem rothen Glase. Beispielshalber geben wir in Tabelle ı pv Boss u. Rupens: Breehung n. Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 961 eine vollständige Beobachtungsreihe wieder. Wie ersichtlich, be- stimmte jeder Beobachter (aus 20 Ablesungen) eine Ablenkung bei + und eine bei — Neigung, welche im allgemeinen wesentlich dieselben Werthe ergeben. Der Winkel @ wurde von jedem von uns dreimal, die Ablenkung bei senkrechtem Durchgang viermal gemessen, wegen des vorwiegenden Einflusses dieser Werthe auf die Endresultate. Die Mittelwerthe beider Beobachter sind für die Rechnung verwerthet. Wir haben uns hier für jedes Metall mit der Untersuchung eines einzigen Prismas begnügt, während wir zu den Dispersionsmessungen je drei Prismen benutzten. Ebensowenig wie bei letzteren eine Ab- hängigkeit vom Prismenwinkel hervortritt ($ 18), dürfte diess bei schiefem Durchgang der Fall sein; und zudem war es uns hier weniger als dort darum zu thun durch Häufung der langwierigen Beobach- tungen möglichst genaue Constanten zu erhalten.' Parbreller 2. (»Rothes« Licht.) | | i o2 30° 40° 50° | 55° 60° 65 Prisma Fe II; P=25'7; n= 3.06. a beoh. BT 66.7 7373 98:5 107:3 125.7 153.9 @ (SNELL.) 53-0 64.0 74-7 92.8 100.4 125.3 152.0 n, ber. I 3:01 ars 3.02 | 3.20 3.08 3.07 3.09 i,, integr. o 9-3 12.0 14-4 15-4 16.3 17-1 i, (Ssenr.) o 9-4 12.1 14-5 15.5 16.4 17.2 Diff. — — 0.1 — O.I — 0 — 0.1 — 01 — 0.1 Prisma Co III; B= 23’6; n = 3.10 & beob. 47:0 OS INNE 7252 95.1 113/0 124.0 152"4 a (SNELL.) 49:7 59.9 70.0 86.9 99.6 117.2 142.6 n, ber. N 3:00 3-15 | 3.17 N 3.32 3.42 3.24 3.28 i, , Autegr. o 9:2 11:8 14.0 14.9 Se 16.4 i (SseLL.) 0 93 11.9 14-3 15.3 16.2 17.0 Dift. —_ — 0.1 — 0.1 — 0.3 — 04 — 0.5 —0.6 Prisma Ni, 8 = 277,7 n = 1.93. a, heob. 27:3 Shlue} 36"8 5170 61'2 84.4 114-4 a (SnELr.) 25.8 31.9. 38.2 48.6 56.7 67.9 83.9 n, ber. \ 1.98 1.91 1.90 | 1.98 2.02 2.20 2.35 ;,, integr. o° 14:7 19.2 2321 24.8 26.2 2723 i (Sserr.) 0 15.0 19.5 23.4 25.1 26.6 28.0 Dit. —_ —03 — 03 — 03 — 0:3 — 0.4 — 0.7 ı2. Die Resultate sind für alle drei Metalle in Tabelle 2 nieder- gelegt. Aus den beobachteten & (erste Horizontalzeile eines jeden U Vergl. übrigens die im letzten Absatze des $ 5 erwähnte, hier geübte, Controle. 962 Gesammtsitzung vom 24. Jul. Tabellenabschnitts) sind zuerst nach Gleichung (3) Werthe für n be- rechnet (Z. 3); und‘ zwar geschah diess nur, um zu entscheiden, ob etwa das Gesetz von Snerrıus Geltung habe. Für Nickel nehmen nun die n bei wachsendem i zuletzt unzweifelhaft zu; dasselbe tritt bei Cobalt ebenfalls hervor, wenn auch weit weniger ausgeprägt. Bei Eisen liegen die beobachteten Abweichungen vom Sxerzıs’schen Ge- setze sämmtlich innerhalb der Fehlergrenze. Indessen ist anzunehmen, dass letzteres Metall sich in dieser Hinsicht nur quantitativ, nicht qualitativ, von den beiden verwandten Substanzen unterscheidet. Zugleich mit der Constanz verliert nun aber n auch seinen physi- kalischen Sinn (7.): auch haben wir die variabelen Werthe nur des- halb angeführt, um ihre weitere Ausserachtlassung zu motiviren. Die nunmehr nachgewiesene Abweichung der Metalle vom Sinusgesetz be- ginnt erst bei Neigungen über 40° schärfer hervorzutreten. Wir glauben den Gang dieser Abweichung klarer darstellen zu können, wenn wir das Verhalten eines jeden Metalls mit demjenigen einer, zu diesem Zweck eingeführten, idealen durchsichtigen Substanz vergleichen. Und zwar soll letztere durch den Brechungsindex charakterisirt sein, welchen man als Mittel aus den bei 0°, 30° und 40° Neigung für das Metall gefundenen, innerhalb der Fehlergrenze gleichen » erhält. Wir haben nun für diese fietiven Substanzen z und /, nach den Gleichungen (4) und (2), d. h. also nach dem Snerrıus’schen Gesetze berechnet (Horizontalzeile 2 und 5). Endlich sind die durch die graphische Integration gewonnenen Werthe von i, für das Metall in 2.4 verzeichnet. m Der besseren Übersicht wegen haben wir den Inhalt der Tabelle 2 auch graphisch dargestellt (Fig. 2 und 3). In ersterer sind die & als Function von i aufgetragen; und zwar beziehen sich die gestrichelten Curven auf die idealen Substanzen, die gebrochenen Geraden auf die Metalle." Bei Eisen tritt eine Abweichung beider Linien kaum hervor, bei Cobalt und besonders bei Nickel dagegen sehr deutlich. Ebenso gibt Fig. 3 die Beziehung zwischen 7, (Ordinate) und 2 (Abseisse); die gestrichelten Curven betreffen wieder die ideale Sub- stanz. Die Punkte ©, welche sich auf die Metalle beziehen, liegen alle etwas mehr nach der Seite der Abseissenaxe, was nur in der kleinen Zeiehnung nicht sehr deutlich hervortritt. ı3. Zusammenfassung. Folgendes glauben wir nun als fest- gestellt hervorheben zu können. ! Wegen des nahe gleichen Verhaltens von Co und Fe, mussten in sämmtlichen Fig. 2—4 die Ordinaten der Eiseneurven von der höher gelegenen Hülfsabseissenaxe ab gezählt werden. um einer Verwirrung mit den Cobalteurven vorzubeugen. pu Bois u. Rusens: Brechung u. Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 963 I. Bei dem Austritt aus Fe, Co und Ni (und voraussichtlich einer Reihe anderer Metalle) in Luft folgt das Licht bei geringen Aus- trittswinkeln zunächst fast genau dem Sxerrnıus’schen Sinusgesetz.' Es ist daher durchaus statthaft aus Beobachtungen bei nahe senkrechtem Durchgarg, aber auch nur aus solehen, einen Index ab- zuleiten, wie Hr. Kunpr es zuerst gethan hat. Auf dieses Verhalten gründet sich: I. die mathematische Definition des Brechungsindex solcher Metalle als lim (sin sin ;,). 20 Der Ausdruck in Klammern unterscheidet sich aber für die von uns untersuchten Metalle selbst bei beträchtlichen Werthen von i nur wenig von seinem Grenzwerthe. II. Von den durch diesen Brechungsindex charakterisirten idealen Substanzen weichen nun die Metalle bei zunehmender Neigung in dem Sinne ab, dass einem gegebenen 7, ein grösseres /, bez. einem ge- gebenen i ein kleineres i,„ entspricht. Die Werthe der übrigens geringen Abweichungen gibt unsere Tabelle empirisch (Z.6); sie nehmen für die drei Metalle in der Reihenfolge Ni, Co, Fe ab. 14. Die Beobachtungsmethode. Für die Genauigkeit des unseren Messungen zu Grunde liegenden Beobachtungsverfährens ist der Umstand sehr günstig, dass sich aus den starken Abweichungen in der beobachteten Ablenkung schliesslich nur geringe Änderungen in der endgültig auf dem Integrationswege erreichten Beziehung er- geben. Für viele Zweeke mehr qualitativer Art dürfte es sich empfehlen, überhaupt nur bei grosser Neigung zu beobachten; und zwar ist der geeignetste Winkel etwa 60°; die Ablenkung beträgt dann etwa das dreifache derjenigen bei senkrechtem Durchgang. Die scheinbare Breite der Prismen dagegen ist nur halbirt (cos 60° — 0.500), so dass noch keine allzu störende Beugung auftritt. Wie gesagt, lassen sich aber Brechungsindices in aller Strenge nur aus Messungen bei senkrechtem Durchgang berechnen; diese Beobachtungsmethode haben wir denn auch für unsere Messungen der Dispersion beibehalten. 15. Andere Metalle. Obige allgemeine Schlüsse gelten vor- aussichtlich nur für solche Metalle, welche, wie die untersuchten, einen relativ hohen Brechungsindex haben. Denn ein wesentliches Erforderniss für die Gültigkeit des oben ausgeführten scheint uns darin zu liegen, dass die Werthe von i, kaum 30° überschreiten, ein ! Eine einfache Überlegung zeigt, dass dann dieses Gesetz innerhalb derselben Grenzen auch den Austritt in jedes andere durchsichtige Medium beherrschen muss. ” N ® 6 = 964 Gesammtsitzung vom 24. Juli. Winkel, dessen Cosimnus von der Einheit noch wenig abweicht." Bei Fe und Co bleibt i, sogar unter 20°; dementsprechend sind auch die Abweichungen vom SxerLıus’schen Gesetze bei Ni am grössten. Wir haben nun auch theoretische Curven für Silber und Gold gezeichnet; zunächst unter der Annahme, dass für diese das Sinus- gesetz durchweg gilt; und zwar unter Zugrundelegung der Brechungs- indices, welche Hr. Kunpr (A. S. 266) angibt: Ag (weiss) 0.27; An (weiss) 0.58; An (blau) 1.00. Zu letzterm Werth ist zu be- merken, dass ein solches Material überhaupt nie eine Ablenkung —{ bleibt. Aus jenen theoretischen, das Verhalten von Silber und Gold gibt, folglich immer ;, darstellenden Curven (Fig. 3) folgt, dass bei ©>15°66 bez. > 35°45 totale Reflexion eintreten müsste; erössere Austrittswinkel in Luft wären daher unmöglich. Die Ablenkungscurven der Fig. 2 sind für Prismen vom Winkel 25” berechnet; sie sollten eigentlich unter der Abseissenaxe liegen, da die Ablenkungen alle negativ werden. Die Curven zeigen, dass auch bei diesen Metallen die numerischen Werthe von & mit ö zunehmen müssten, um schliesslich bei den oben ange- gebenen kritischen Werthen der Abscisse genau den Werth des Prismen- winkels 8 zu erreichen [vergl. Gl. (4) 10] und dort ihren Endpunkt zu finden. ı6. Nun lehrt aber die obertlächlichste Betrachtung, dass man durch Silber- oder Goldschichten unter jeder Neigung hindurchsehen kann. Es folgt, dass die oben behufs Discussion gemachte Annahme des Sxerrius’schen Gesetzes in diesem Falle durchaus unzulässig ist, selbst als rohe Annäherung. Eine weitere Verfolgung dieser Versuche erschien aus verschie- denen Gründen zunächst unthunlich. Es liess sich vorhersehen, dass die überaus günstigen Bedingungen, welche unserer Methode bei der Untersuchung von Fe, Co und Ni erwuchsen (14), hier in das gerade Gegentheil übergehen müssen. Würde es sich doch nunmehr darum handeln, aus schwachen Änderungen der ohnediess geringen Ab- lenkungen die grossen Abweichungen vom Sinusgesetz, welche ja zweifellos bestehen müssen, zu bestimmen. Ohne erhebliche Ver- feinerung der Beobachtungen hätten dahin gerichtete Versuche wenig Aussicht auf Erfolg geboten. Indessen lässt sich über den muthmasslichen Verlauf der beiden Silber- und Goldeurven (Fig. 3) einiges vorhersagen. Zunächst tan- giren sie die gezeichneten Curven im Anfangspunkte, biegen sich aber ! Wie aus Fig. 3 ersichtlich wächst i„ nur unbedeutend, wenn ö noch von 65° bis 90° zunimmt. Wir hätten daher auch kaum etwas Neues erfahren, wenn die Neigung über 65° hinaus untersucht worden wäre. pu Bois u. Rusens: Brechung u. Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 965 immer mehr der Abseissenaxe zu und schneiden unter keinen Um- _ ständen die der letzteren parallele Gerade, welche dem Werthe i, = 90° entspricht; denn diess würde die totale Reflexion bedeuten, welche eben offenbar nicht eintritt. I. Die Dispersion. 17. Die Versuche mussten, wie bereits bemerkt, beim Minimum der Ablenkung ausgeführt werden. In der Spaltebene des Speetro- meters wurde ein kleines lichtstarkes Speetrum einer Bogenlampe entworfen. Durch geringe Drehung des Collimatorrohrs konnte. der - Spalt auf beliebig vorgeschriebene Speetralgebiete eingestellt werden. Zu diesem Zwecke war der Spectrometerkreis durch Beobachtung der Speetrallinien von Li, Na und H so ausgewerthet worden, dass die den Wellenlängen von Li-z, D, F und @ entsprechenden Einstellungen ein für allemal bekannt waren. Der Brechungsindex wurde nach Gleichung (5) berechnet. Babrelle 2. pu Boıs Rusens = zT I u =. > >= e) Ablenkung « D Ablenkung a Li « D EL: Bio E8D F G Prisma Coll 224 48!2 40!0 29. 225€ 23.8 51:4 48.8 33"4. 20.0 21.8 46.2 41.7 36.4 29.0 24.7 52.0 45-5 37:7 28.4 19.5 21.6 m Hi 2 - 7 - =, F : 6 Zu 21.2 47-2 40.8 331 | 27.1 23.4 51.7 47-1 35.6 24.2 n — 3.23 2.92 2.56 2.27 u 3.21 3.02 2.52 2.04 Mittel n = 3.22 2.97 2.54 2.16 BiriismaNdn " Br Ze ng „ ". 2 n IR 77 22.2 17'6 15:7 16.5 10.1 23:3 19.7 21.3 17:6 164 227 22.0 18.C 15.7 UT 21.8 23.3 14.2 10.0 9.1 7 9 327 3:3 4 22.3 23-4 | 22.4 198 | ı73 10.2 10.7 22.5 21.5 17.8 16.8 12.8 1 1.89 1.77 1.72 1.48 u — 1.96 1.79 1.75 1.57 i Mittel n — 1.93 1.78 1.74 1.52 Wir geben hier zunächst wieder zwei vollständige Beobachtungs- reihen; sie sind in Tabelle 3 eingetragen, welche keiner weiteren Erklärung bedarf. Wir untersuchten von jedem Metall drei Prismen, um dureh Häufung von Beobachtungsmaterial die Resultate von der Individualität der Praeparate und sonstigen Fehlern möglichst frei zu machen. A yerz £ : 966 Gesammtsitzung vom 24. Juli. Tabelle 4. Nr. Brechungsindex n Farbe roth | »roth« gelb blau violett Linie Li-« —_ D F G RX 10°cm 67.1 64-4 | 58.9 48.6 | 43-1 Eisen 3.34 — 3.03 2.61 2.23 3.01 _ 2.84 2.63 2.15 3.00 — 2.59 2.08 1.78 Mittel A 3.12 3.06 | 2.72 2.43 2.05 Mittel B 3.02 —_ | 2.71 2.40 2.01 Cobalt 3.02 2 2.42 2.23 2.01 3.42 —_ 2.88 2.41 2.14 3.22 — 2.97 2.54 2.16 Mittel A 3.22 3.10 2.76 | 2.39 2.10 Mittel B 3.22 — 2.86 2.41 2.11 Ni B Niekel = I 16" 5 2.12 —_ 1.89 1.71 1.46 II 22.4 1.93 —_ 1.78 1.74 1.52 III 27:7 2.08 — 1.85 1.68 1.6: Mittel A Mittel B 18. Die Resultate sind in Tabelle 4 niedergelegt; die fettge- druckten Werthe bedeuten die arithmetischen Mittel der für die drei Prismen erhaltenen Brechungsindices. Darunter haben wir noch Zahlen angeführt und als Mittel # bezeichnet, welche berechnet wurden in- dem wir den an verschiedenen Prismen beobachteten Werthen nach Maassgabe der Grösse des Prismenwinkels verschiedenes Gewicht bei- legten. Da die Mittel 3 gegen die Mittel A im allgemeinen keine gesetzmässigen Unterschiede aufweisen, so folgt, dass die Resultate von dem Prismenwinkel wirklich unabhängig sind (vergl. A. S. 264). Die Mittel B sind weiter nicht benutzt, da den Beobachtungen an steileren Prismen aus verschiedenen Gründen kein grösseres Vertrauen gebührt als denjenigen an flacheren. Auch die Brechungsindices für »rothes« Licht sind hier nochmals angeführt, wie sie oben (Tab. 2) erhalten wur- len: demselben entspricht ungefähr die Wellenlänge A —= 64.4 10 ° cm.! ı9. Discussion. Ein Vergleich einiger unserer Zahlen mit den von Hrn. Kuspr für Ni und Fe bei angenähert homogenem Lichte gefundenen (A. S. 266) ergibt Folgendes: ! pu Boss, Wıen. Ann. 31 S. 956, 1887. 4 - . ” . .. a7 pu Boıs u. Rugens: Brechung u. Dispersion des Liehts in einigen Metallen. 967 ı. für Ni eine Übereinstimmung, welche in Anbetracht des mehr orientirenden Charakters letzterer Werthe und der Unsicherheit in der dem »blauen« Lichte anzurechnenden Wellenlänge genügend heissen mag; 2. für Fe Abweichungen, welche am blauen Ende nicht sehr bedeutend sind, gegen roth aber zunehmen. Ob diese Abweichungen dadurch erklärbar sind, dass die Kunpr- schen Prismen noch Eisenoxyd (geringerer Index, normale Dispersion A. S. 267) enthielten, oder etwa die benutzten Eisenbäder nicht che- misch rein waren, lässt sich nieht mehr entscheiden. In Anbetracht der seither von Hrn. Kuspr selbst eingeführten Verbesserungen der Methode glauben wir unsere Zahlen für angenähert richtig halten zu dürfen, möchten aber wegen der relativen Schwierigkeit der Be- obachtungen keinen zu engen Spielraum für deren Genauigkeit be- anspruchen. In Fig. 4 sind unsere Brechungsindices als Funetion der Wellen- längen in Luft aufgetragen. Man ersieht daraus, dass der Gang der anomalen Dispersion bei allen drei Metallen analog ist. Die Werthe für »rothes« Licht liegen, trotz dessen mangelhafter Homogenität, gut zwischen denen für D und Li-«. Eine einfache Beziehung zwischen dieser Dispersion der Brechung, und derjenigen des Kunpr'schen bez. Kerr’schen Phaenomens (vergl. $. 2) hat sich nicht ergeben. III. Schluss. 20. Wir haben uns gleich zu Anfang gegen die Anlehnung an irgend eine der bestehenden elastischen oder elektrischen Lichttheo- rien verwahrt (6). In vorliegender Arbeit haben wir uns auf die Mittheilung von Thatsachen beschränkt, die sich in einwandfreier Weise aus unseren Versuchen folgern lassen. Nach unserm Dafür- halten ist der Bereich der Thatsachen in der Metalloptik noch zu wenig ausgedehnt, um dieselben mit Erfolg zum Prüfstein der Theo- rien machen zu können. Die geringfügige Erweiterung, welche wir jenem Bereiche zu geben versucht haben, ändert an dieser Sachlage sehr wenig. Der experimentellen Erforschung dieses Gebiets ist in neuester Zeit von Hrn. Drupe ein werthvoller Beitrag geliefert worden, indem derselbe die beiden gewöhnlichen Reflexionsparameter mit bisher kaum ‚angestrebter Sorgfalt für eine grosse Anzahl von Metallen bestimmte. Unter Heranziehung der von ihm mit vertretenen speciellen elastischen Theorie berechnet er sodann aus seinen Messungen Brechungsindices, 568 Gesammisitzung vom 24. Juli. Extinetionscoeffieienten und Retlexionsvermögen, welche er, abgesehen von älteren Autoren, auch mit neueren Angaben von Kuxpr (A. S. 266), Wersicke' und dem Einen von uns” vergleicht. Von seinen so erhaltenen Brechungsexponenten sind vier” mit den von uns be- stimmten direet vergleichbar, und es ergibt sich auch mit diesen eine gewisse Übereinstimmung. Auf unsere Anfrage hin hatte Hr. Drupr die Güte auch Messungen an Cobalt, eventuell mit Berücksichtigung der Dispersion, in Aussicht zu stellen. Wir wollen daher diesen bereitwilligst zugesagten weiteren Bestimmungen hier nicht vorgreifen. Dieselben dürften Hrn. Drupe zweifellos sicherere Anhaltspunkte für die Beurtheilung etwaiger Über- einstimmungen oder Diserepanzen bieten, als das bis jetzt vorliegende Material zu thun im Stande ist. ! WERnNIcKE, PoGG. Ann. Erg. 8 S. 75, 1878. ® Rusens, Wien. Ann. 37 S. 267, 1889. > DrupeE, Wien. Ann. 39 S. 8ı, 1890. Es handelt sich um die »’ (roth) und n (Natriumlicht) für Nickel und Stahl in der Tabelle auf S. 537. Für Be s S S A \ 5 A W 200 30 700 ae ARGOS co ve eamıgen Metallen. 20° \ ’Metadlen . wm anıgen ‚Au (bau)\yo „. 5 a des Lichts 70 „-_—m bu nun nn nn nn nn nn nun tn nn nn nn nn nn ne (nn nn nn nn USPLELSIO, ——! 12.26 du Bois und H.Rubens: Bredhung und D - ns en a Y. . u m % 3 * { EU a De. 2 nee una ”. FE 969 Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platin- spiegeln. Von Dr. Leo Arons, Assistent am physikalischen Institut der Universität Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Kusvr.) Beobachtungen an polarisirten Platinspiegeln. [Ye Ik: Jahre 1874 beobachtete Evıson,' dass die Reibung zwischen einem Metallstück und einem gegen dasselbe gedrückten Papierstreifen, der mit einer leitenden Flüssigkeit, z. B. Sodalösung getränkt war, sich verminderte, wenn man vom Papier zum Metall einen elektrischen Strom fliessen liess. WERNER SIEmEns schrieb diese Thatsache elektro- Iytisch ausgeschiedenem Gas zu. Wesentlich ist es zu bemerken, dass die Sırmens’schen Versuche mit einer Kette von zwei Daniellelementen angestellt wurden; ein einzelnes Element gab die Wirkung nicht. Seitdem haben sich eine Reihe von Forschern mit diesem Problem beschäftigt. K. R. Kocn” gelangt zu dem Ergebniss, »dass die Sauer- stoffpolarisation am Platin und Palladium die Reibung dieser Metalle gegen eine mit Wasser oder verdünnter Schwefelsäure bedeckte Glas- fläche vergrössert«; bei Wasserstoffpolarisation erhielt er im Gegensatz zu Epıson und Sırmens keine Wirkung. Fr arbeitete aber, was zu beachten, nur mit Kräften, die zur Wasserzersetzung nicht ausreichten; in den Stromkreis war ein Galvanometer eingeschaltet, welches keinen Ausschlag geben durfte. Weitere Beobachtungen rühren von Krouen- korL’ und von Warrz' her. Die Versuchsbedingungen wurden von beiden Forschern in der mannigfachsten Weise abgeändert; das Er- gebniss ist im Wesentlichen, dass eine H-Polarisation die Reibung vermindert, eine O-Polarisation dieselbe vermehrt. Beide Beobachter Q ! vergl. Warrz, Wıep. Ann. 20 S. 285 fl. 1883. 2 Kocn, Wien. Ann. 8 S. 92. 1879. ® Krovenkorr, Compt. Rend. 95, Jul. 1882. Ann. de Chim. et de Phys. (VI), t. XVII p. 250. Journ. de Phys. (IT), t. IX p. 89 1890. * Wauz, 1. c. Sitzungsberichte 1890. 83 970 Gesammtsitzung vom 24. Juli. arbeiteten mit Kräften, die unterhalb der zu Wasserzersetzung nöthigen blieben; Warrz maeht die Bemerkung »überhaupt wird wohl nur die Unempfindlichkeit der angewandten Methode der Beobachtung des Phaenomens bei kleinen Polarisationen eine Schranke setzen«. 2. Um wenn möglich einen direeten Einblick in die Vorgänge an der polarisirten Elektrode zu gewinnen, versuchte ich die Methode der Newron’schen Ringe in Anwendung zu bringen. Hierbei leisteten mir die von Hrn. Prof. Kuspr hergestellten Platinspiegel vortreffliche Dienste. Auf einem rechteckigen Stück eines solchen wurde mit dem Schreibdiamant eine Figur ungefähr von beistehender Gestalt und Grösse eingerissen. Auf den Kreis a wurde eine starkrandige, unten b gut abgeschliffene Glasröhre aufgesetzt. Dieselbe war da vorher an ihrem unteren Ende auf der äusseren Mantel- fläche mit etwas Siegellack überzogen. Wurde die Platte mit der Röhre auf einem Metallblech erwärmt, so floss der Siegellack zum Theil herab und über die Contouren von a hinaus. Auf diese Weise war die Röhre, welehe mit Quecksilber gefüllt als Stromzuleitung diente, mit der Platte durch eine Schicht fest ver- bunden, die ein capillares Vordringen von Flüssigkeit zum Quecksilber verhinderte. Der auf 5b übergetlossene Theil des Siegellacks wurde durch einen möglichst scharfen Schnitt gegen ce hin entfernt. Eine ebene, am Rande ebenfalls gut abgeschliffene Glasplatte, welehe c bedeutend überragte, wurde nun auf dasselbe gelegt und möglichst fest gegen die Siegellackgrenze auf b gedrückt. Die ganze Vorrichtung stand schon während der letzten Manipulation in einer Glasschale, welche gut leitende Schwefelsäure enthielt (iH,SO, auf 3 Aq.). Im Lichte einer Natriumflamme konnte man scharfe Interferenzstreifen beobachten, auf welche ein kleines Fernrohr mit Fadenkreuz eingestellt war. Der eine Pol eines Meidingerelementes wurde nun unter Einschaltung von Stromschüssel und Wippe mit dem Quecksilber über a verbunden, während als zweite Elektrode ein mit Platinrohr bedecktes Platinblech diente. Wurde der Stromkreis geschlossen, während c beispiels- weise Kathode war, so trat fast unmittelbar ein Wandern der Inter- ferenzstreifen in einer bestimmten Richtung auf; man konnte binnen kürzester Zeit zehn Streifen und mehr vorüberwandern lassen. Wurde nun die Wippe umgelegt, so trat ein sofortiges Umkehren der Streifen in noch schnellerem Tempe ‘ein, bis ungefähr die alte Lage erreicht war. Dann blieb eine kurze Zeit alles ruhig, bis die Wanderung wieder im ersten Sinn aufgenommen wurde. Dieses Spiel konnte be- liebig oft wiederholt werden. Wir sehen hier, dass die H- und O- Arons: Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln. 971 Polarisation völlig gleich wirken. Die H-Polarisation treibt die Streifen in einer bestimmten Richtung vorwärts; lassen wir O-Polarisation eintreten, so vernichtet dieselbe zunächst die bestehende H-Polarisa- tion und führt so die Streifen in die alte Lage zurück: sobald sich aber die O-Polarisation frei weiter entwickelt, führt sie die Streifen in derselben Richtung wie zuerst die H-Polarisation; und eine von neuem hervorgebrachte H-Polarisation bringt jetzt durch Vernichtung der O-Polarisation die Streifen in ihre ursprüngliche Lage zurück. Bedienen wir uns statt der aufgelegten Glasplatte einer Linse mit grossem Krümmungshalbmesser, so lehrt uns die Erscheinung noch den Sinn der Bewegung kennen. Von der Linse, deren ich mich be- diente, waren zwei Segmente entfernt, sodass sie mit einer geraden Grenztfläche an den Siegellackstreifen auf b angedrückt werden konnte. Das ist nothwendig, da sich sonst der Polarisatiensvorgang fast ganz und gar an dem nicht bedekten Theil von b abspielen würde. Bei den Versuchen mit der Linse ziehen sich die Interferenzringe bei ein- tretender Polarisation zusammen und verschwinden einer nach dem andern im Üentrum; beim Wechsel der Stromrichtung treten sie in derselben Zahl wieder hervor, um sich nach kurzer Zeit wieder zusammenzuziehen. Die entstehende Polarisation vergrössert also die Zwischenschicht, hebt die Linse empor. Hierdurch erklärt sich in einfachster Weise die Abnahme der Reibung, welche die früheren Beob- achter bei H-Polarisation fanden. In der That gab sich diese Ver- minderung auch bei meinen Versuchen zu erkennen, da bei allzulanger Polarisation im nämlichen Sinn das ganze Ringsystem sich verschob, bis die Linse schliesslich vom Platinspiegel fortglitt. Wenn die früheren Beobachter bei der O-Polarisation theilweise eine Zunahme der Reibung fanden, so kann ich mir das nur so erklären, dass die O-Entwickelung nicht lange genug fortgesetzt wurde, um die vorhergehende H-Polari- sation zu überwinden. Dieser Umstand ist bei den von ihnen an- gewendeten massiven Elektroden, die sehr viel Gas zu oceludiren vermochten, nicht ganz unwahrscheinlich, während ich mich bei den ausserordentlich dünnen, völlig durchsichtigen Platinschichten in weit günstigeren Verhältnissen befand. 3. Schon bei den vorhergehenden Untersuchungen konnte man gleichzeitig mit dem Verschieben der Streifen die Abscheidung ausser- ordentlich kleiner Gasbläschen wahrnehmen; dieselben waren mit dem Mikroskop deutlich zu erkennen, möglicherweise freilich nur durch totale Reflexion an der über ihnen liegenden Glastläche. Wurde die aufgelegte Glasplatte oder Linse entfernt, so konnte selbst mit dem Mikroskop ein Auftreten von Gasbläschen oder eine sonstige Ver- änderung an der Platinschieht nicht mehr wahrgenommen werden. 972 Gesammtsitzung vom 24. Juli. Da die Abscheidung von Gas bei der elektromotorischen Kraft von einem Meidingerelement auffällig war, versuchte ich dieselbe noch auf besser sichtbare Weise eintreten zu lassen. Zu dem Zweck wurde die Linse mittels Schrauben möglichst fest auf die Platinschicht ge- presst. Bei Schliessen des Stromes in einem oder dem andern Sinn verschoben sich die Interferenzstreifen nicht mehr, dagegen traten nach kurzer Zeit Gasbläschen hervor, die meist radial dem äusseren Umfang der Linse zuschossen. Die Erscheinung liess sich mit dem Anschiessen kleiner Krystalle vergleichen. Dabei blieben die Streifen zwischen den einzelnen Zügen der Bläschen scharf sichtbar. Wurde die Stromesriehtung gewechselt, so verschwanden mit einem Schlage die Bläschen; nach einer kurzen Pause traten sodann die der neuen Polarisation entsprechenden auf. Auch hier konnte das Spiel beliebig oft wiederholt werden, nur schienen die Pausen, wie auch bei den oben beschriebenen Versuchen mit der Zeit etwas länger zu werden. Wenn die Leitung einige Zeit offen gestanden hatte, war der Vor- gang wieder wie zuvor. Ich versuchte nun mit der elektromotorischen Kraft herabzugehen. Dazu bediente ieh mich der von vox Hernnortz! eingeführten Methode. Es zeigte sich aber, dass man unter den gegebenen Verhältnissen mit geringeren Kräften als einem Meidinger die Erscheinung kaum hervor- rufen kann; bei 0.8 Meidinger konnte ich keine Veränderung mehr wahrnehmen. Es zeigt sich also, dass die angewandte Methode zum Nachweis der Erscheinungen an polarisirten Elektroden bisher noch unempfind- licher ist, als die Methoden der Reibungsmessung, bei welchen man bis unter o.ı Volt herabgehen kann. Sie gibt uns aber Aufschluss über die Ursuche der Erscheinungen. Denn da kein Grund vorhanden ist anzunehmen, dass die Ursache unterhalb der oben angeführten Grenze eine andere sei, als oberhalb derselben, so dürfen wir schliessen, dass die von von HeLmnortz sogenannte Doppelschicht eine geringe Hebung der darüber lagernden Platte hervorruft. Dieselbe ist aber so gering, dass ohne ein Durchbrechen dieser Schieht durch freie Gasblasen eine Verschiebung der Interferenzerscheinung nicht eintritt. Ferner übertrifft die Methode alle bisher angewandten, wenn es sich darum handelt, die durch unterhalb der theoretischen Grenze gelegenen elektromotorischen Kräfte erzeugten Gasbläschen sichtbar zu machen. 4. Unbedingt nothwendig ist es, dass die zweite Elektrode eine wesentlich grössere Oberfläche besitzt als die zu beobachtende.” Als ich auf einer längeren Spiegelplatte eine zweite Elektrode, ein genaues ! von HermHorrz, WıEn. Ann. 11, S. 737. 188o. ® Die gleiche Bemerkung macht Warız a. a. O. S. 302. Arons: Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln. 9753 mm Spiegelbild der ersten herstellte und beide durch einen etwa 5 breiten Streifen trennte, auf dem das Platin durch Flusssäure fort- geätzt wurde, erhielt ich die Erscheinungen nicht, wenn diese beiden Elektroden mit den Polen der Säule verbunden waren. Dagegen gelangen die Versuche mit jeder einzelnen, wenn ihr als zweite die erwähnte platinirte Elektrode gegenübergestellt wurde. Es bieten sich verschiedene Erklärungen dieses Umstandes dar, welche ich jedoch wegen des hypothetischen Charakters derselben übergehe. Schliesslich sei noch erwähnt, dass ich mit den Wechselströmen eines Schlitteninduetors, dessen primärer Kreis von einem Aceumulator gespeist wurde, nicht die geringste Wirkung erhielt, selbst wenn der aus Eisendrähten bestehende Kern eingeschoben war. Dieses Ergebniss ist nach meinen Beobachtungen mit der constanten Kette selbst- verständlich; nach den früheren Beobachtungen — Koch z. B. erhielt, wie erwähnt, mit H-Polarisation keine Wirkung — hätte sich auch bei Wechselströmen eine der oben beschriebenen ähnliche Erscheinung vermuthen lassen. Zusatz. Erst während des Drucks vorstehender Zeilen be- merkte ich, dass schon Lirpmann,' freilich von einem ganz andern Gesichtspunkt ausgehend, Newrov’sche Streifen über einer polarisirten Platinelektrode herstellte. Bei der Anwendung von einem Daniell konnte er irgend welche Änderung derselben — vermuthlich in Folge der nicht genauer beschriebenen Versuchsanordnung — nicht wahr- nehmen. Er beschreibt nur Erscheinungen, welche sich zeigten, wenn er die elektromotorische Kraft bis zur regelmässigen Gasentwickelung steigerte. Ich möchte gleich hier bemerken, dass es mir inzwischen gelungen ist, unter der auf die Elektrode festgeschraubten Linse die Entwickelung von Sauerstoffblasen bis herab zu 0.3 Volt zu verfolgen; Wasserstoff wurde schon bei wesentlich höheren Kräften nicht mehr sichtbar. Eine Beschreibung dieser Versuche behalte ich einer späteren Mittheilung vor. ! Lıppmann, Journ. de Phys. X p. 202. 1881. Ausgegeben am 31. Juli. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1890. 54 A I alt Day ns are IRRE KERAINT- unlı“ rOi DL, 2 LT RAN OBEN Mu. RN HERE jr a ORIG as FRE IE Tl hal! HERZEN DURST B a ade a NEO SRH | N TE UNTE SE A ARE, IE NUN UN nu A PERIETTRE UN REIN LERNEN Tor ELLE BERN A Ur] Anis au ara Auch 13% RN 147 KHih DER ITS LTE UNI BT ER Er ch ira ah e ae, BEN UPEr Kuchı aaa ir u Er nGH Sorte Ri N ER DENE RD HINDRE UHR © ip SE ERDE FHRLNGTNGES Te PETE rs an Bit BR "Fr NT RN 2 Hoitgafti Y% Een: TRITT NEE DARLERSE IRA TE TEA U EL Ace a u j IONWERTTLTDTEILIEL EL, a Yu le i P ji ” ae: Dr Ir ruht 2 TEST RR EEE IIRITERE ER, sl Ben » “ , te Fa ty RUTTIRRUNd \ he © ran, N ee er PERIE ETLLERTIUL 9 A RS Wi au: A Ka 3 {nl H Ei l h) Tarja ar; nl. AR mel; Ih I3 } d e Day HRS Einrd gs ET Oel . Aa R nr I r ; BIS HI SEN hr ‚ SAEnE 3 Yris uf ar: . BT ir j nihriı i FE 248 ar 1° } NY N? uf u I RI f h v; Ten Men ? TE 5 & v 7 % . i 2 « ı% a Y in In) u 4 TERE RA z AR A TTUR EN AM A Du ö Y Fr ar h RR Ru) "Mn Ya u Au DR RO a i I ARE a N He Den en 975 1890. XXXIX. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 31. Juli. Sitzung der philosophisch historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Currıus. Hr. Kırrerr übergab die erste Lieferung seiner mit Unterstützung der Königlichen Akademie publieirten Specialkarte des westlichen Kleinasiens in ı5 Blättern und erörterte unter Vorlegung fernerer 6 im Stich grösstentheils vollendeter und 4 in Entwurf oder Rein- zeichnung vorliegender Blätter, mit welchen die Karte abgeschlossen sein wird, die seit Beginn der Arbeit ihm aus Smyrna neu zugekommenen, aus Constantinopel und Wien in Aussicht gestellten vervollständigenden Materialien. Derselbe legte eine aus handschriftlichen Mittheilungen hervor- gegangene Karte des griechischen Sprachgebietes bei Trapezunt vor und besprach die darauf begründeten kleinen Vervollständigungen antiker und mittelalterlicher historischer Topographie. Sitzungsberichte 1890. 85 ® I a Be I 2 : M. e An» ae) ir N aM f) > + Ak * # “ l R mern u i j { 377 KERN r \ | 1 ö v ER, f . ’ Sure a rare Re D h N , { Ka ir nk TED RN UIRAR N fr Eu. Pr N ' x i ö j LE Ds 1 2 SR Fra eb In; ji ji a nn ro N 2 a men AN By 1. a N Mi Fett Allied Br a: Na Bm IM, wu Hl ii Rn Sn a; va ü IN Ri; ve) % Ep NR ie Yin wo " l Ay > & Aue Ri “ ıP i Fo u De 2 24 hi In al u PR. & EN rS un a Nee air j ie, 11 AleliR Jrrı h l “4 we nt 1% I'rk Y Kr (eh Do ‘ Br Se in as gl naeh ID Ya Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Aussenwelt und seinem Recht. Von W. DıirLrury. (Vorgetragen am 1. Mai [s. oben S. 427].) Ben Laien erscheint die Realität der Aussenwelt selbstverständlich; die Frage nach dem Ursprung und dem Rechte unseres Glaubens an diese Realität müssig. Doch wird die Frage nach dem Ursprung dieses Glaubens immer ein starkes Interesse erregen. Von ihr gehe ich hier aus. Zugleich möchte ich mich durch Behandlung derselben auch. der Auflösung der zweiten Frage nach dem Rechtsgrunde dieses Glaubens annähern. Denn soll es für den Menschen eine allgemein gültige Wahrheit geben, so muss, nach der zuerst von DESCARTES angegebenen Methode, das Denken sich einen Weg von den That- sachen des Bewusstseins entgegen der äusseren Wirklichkeit bahnen. Die objective Giltigkeit der inneren Erfahrung, die Realität der Aussen- welt, die Bestimmung des Erkenntnisswerthes unserer Empfindungen, unserer Raumanschauung und der Denkformen bilden die ersten und schwierigsten Stadien dieses Weges. Nur indem derselbe mit strenger Pünktlichkeit von den ersten Schritten ab durchmessen wird, können auch die Prineipien des individuellen und socialen Handelns die ihnen mögliche Sicherheit erlangen. An diesen haftet freilich schliesslich das wesenhafte Interesse der Philosophie, ja aller Wissenschaft, zu- mal in unseren Zeiten. Der Satz der Phaenomenalität. Der oberste Satz der Philosophie ist der Satz der Phaeno- menalität: nach diesem steht alles, was für mieh da ist, unter der allgemeinsten Bedingung, Thatsache meines Bewusst- seins zu sein; auch jedes äussere Ding ist mir nur als eine Ver- bindung von Thatsachen oder Vorgängen des Bewusstseins gegeben; Gegenstand, Ding ist nur für ein Bewusstsein und in einem Be- wusstsein da. 85* 978 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Die Aussenwelt erstreckt sich von meinem eigenen Leibe nach ihren drei Dimensionen in unermessliche Fernen. Dort schweben im unendlichen Raume zahllose ungeheure Kugeln. Viele derselben sind so unvorstellbar fern, dass ihr Licht, welches in einer Secunde 42000 Meilen durchläuft, Jahrtausende bedarf, um zu mir zu gelangen. Mehr als eine halbe Million dieser ungeheuren Körper muss ich im Ocean des Raumes, schwebend, rollend denken. Ich selbst scheine mich in diesem Universum zu verlieren, wie ein Infusorium in einem Wassertropfen des Meeres. Und nun sagt mir dennoch meine Selbst- besinnung: diese Kugeln im unermesslichen Raume, ja dieser Raum selbst, in dem sie schweben, existirt für mich nur, weil und sofern das alles Thatsache meines Bewusstseins ist. Jedes Objeet kann in That- sachen des Bewusstseins, nämlich in Farbenempfindung, Empfindung von Widerstand, Dichtigkeit, Schwere, einheitliche Verbindung dieser Eindrücke u. s. w. aufgelöst werden. Auch nützt es nichts zu sagen, dass zwar Empfindungen und Bilder nur Bestandtheile meines Be- wusstseins sind, dass aber diese meine Eindrücke und Vorstellungen sich doch auf einen Gegenstand ausser mir beziehen. Denn nur in dem Bewusstseinsacte ist ja das Gegenüberstellen, das Trennen von Selbst und Objeet da‘ Die intelleetualistische Ausdeutung dieses Satzes. Der Phaenomenalismus. x Dieser Satz geht in unmerklicher Weise durch Trugschlüsse in den Phaenomenalismus über. Nach diesem besteht die menschliche Erkenntniss in der Herstellung eines widerspruchslosen Zusammen- hangs der Erscheinungen; mein Wissen vermag nirgend den Horizont der Phaenomene, d. h. des Zusammenhangs von Bestandtheilen meines Bewusstseins zu überschreiten. Dieser Standpunkt darf nicht durch eine Deutung im Sinne des Solipsismus. entstellt werden. Vielmehr wird der Satz: das Erkennen vermag nicht über die Auffassung des Zusammenhangs der Erscheinungen hinauszugehen, geradezu aufgehoben von dem solipsistischen Satze: ein vom Bewusstsein Unabhängiges besteht nicht. Der Phaenomenalismus ist die bewusste kritische Einschränkung der Wissenschaft auf Erscheinungen, näm- lich auf die im Bewusstsein auftretenden Empfindungen und Gemüths- zustände, auf ihre Üoexistenz, ihre Abfolge und ihre logischen Be- ziehungen. Raum, Zeit, Substanz, Causalität, Zweck, Ich und Aussen- welt werden in gleichförmige Beziehungen zwischen phaenomenalen, nach ihrem objeetiven Werthe nicht bestimmbaren Beziehungspunkten aufgelöst. Dirraev: Realität der Aussenwelt. 979 Dieser Standpunkt entsteht unweigerlich aus dem Satze der Phaenomenalität, wenn die Voraussetzung zu ihm hinzutritt, dass die Bewusstseinsthatsache: Ding oder Gegenstand aus vorstellungs- mässigen Bestandtheilen, sonach aus Empfindungen, Vorstellungen, Denkvorgängen zusammengesetzt sei. Man bezeichnete solche vor- stellungsmässige Bestandtheile der Elemente der Wirklichkeit in der englischen Schule als Ideen. Die intellectualistische Umdeutung des Satzes der Phaenomena- lität entsprang aus den Antrieben der mathematischen Naturwissen- schaft des ı7. Jahrh. Diese suchte für das menschliche Erkennen einfache verstandesgemässe Elemente, welche entweder in der Empfin- dung oder im Intellecte eindeutig gegeben seien. So betrachtete sie auch die Objecte als zusammengesetzt aus den Empfindungen und den Formen ihrer Synthesis. Diese Richtung herrscht bis heute gleichmässig in den beiden Fraetionen des Phaenomenalismus. Hune, TuRGOT, D’ALENBERT und ContTE, die Begründer der positiven Philo- sophie, theilen sie mit Kant, Mamon, Beck und den neueren Ver- tretern der Transscendentalphilosophie. Die Positivisten streben die Erkenntniss überzuführen in ein System von Formeln, welche Ver- hältnisse des Enthaltenseins, der Gleichung und Abhängigkeit ent- halten. Kant hat durch eine Art von Filtrirung aus Raum, Zeit und Causalität die formelhaften Begriffe der mathematischen Naturwissen- schaft ausgelöst und alle anderen Bestandtheile dieser Bewusstseins- thatsachen als erdigen Rückstand zurückgelassen. Die Consequenzen dieses Verfahrens waren unvermeidlich. Die Subjeetivität der Empfindungen ist ein gesichertes Ergebniss der Wissenschaft; sie wurde gleicherweise durch Physik, Physiologie und philosophische Analyse dargethan. Nun ist uns das Verhältniss der Empfindungen zu etwaigen, sie hervorrufenden Ursachen gänzlich unbekannt. Ebenso wenig kennen wir das Verhältniss der in unserem Bewusstsein auftretenden Formen von Verknüpfung der Empfindungen in den Wahrnehmungen und Denkvorgängen zu etwas ausser uns. Sowohl die Empfindungen als diese Beziehungsformen sind innere Thatsachen. So scheint sich eine Wirklichkeit, die aus ihnen besteht, in lauter Erscheinungen auflösen zu müssen. Besonders energisch hat Kanr’s Schüler, Beck, von den Voraussetzungen der Transscendental- philosophie aus die Annahme von Objeeten aufgelöst. Nach diesen transscendentalphilosophischen Voraussetzungen entsteht ja jede Aus- sage von einem Dasein der Dinge erst innerhalb der Kategorien der Relation, und Realität oder Wirklichkeit sind nur begriffsmässige Formeln für Verstandesfunetionen. I80 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Die herrschende naturwissenschaftliche Hypothese über den Ursprung des Glaubens an die Realität von Objeeten. In dem Zusammenhang dieser intellectualistischen Voraussetzungen sind nun mehrere Versuche aufgetreten, den Ursprung unseres Glaubens an eine Aussenwelt zu erklären. Unter ihnen ist besonders einer sowohl durch die Zahl, als das Gewicht seiner Vertreter von hervorragender Bedeutung. Nach Jonannes MÜLLER" empfindet das Sinnesorgan zunächst nur sich selbst, seine immanente Energie und deren Zustände. So ver- dankt jedes thierische oder menschliche Geschöpf das Bewusstsein von Etwas ausser ihm erst dem Verlauf seiner Erfahrungen, der Ver- bindung der Empfindungen untereinander und derselben mit den Vor- stellungen. Nach von Hrıunorrz (Physiologische Optik 453 ff.) kann dann die Natur dieser Erfahrungen als unbewusstes Schlussverfahren bestimmt werden. »Wir können niemals aus der Welt unserer Em- pfindungen zu der Vorstellung von einer Aussenwelt kommen, als durch einen Schluss von der wechselnden Empfindung auf äussere Objeete als die Ursache dieses Wechsels. Demgemäss müssen wir das Gesetz der Causalität als ein aller Erfahrung vorausgehendes Ge- setz unseres Denkens anerkennen.« So ist für HeLmnoLrz der Glaube an die Aussenwelt der zureichende Beweis für em a priori in uns wirkendes Causalgesetz. Dieser Beweis ist wie der Kanr's für den apriorischen Ursprung des Raumes nach der Regel gebildet: was die Bedingung der Erfahrung ist, kann nicht selber aus der Erfahrung abgeleitet werden. Diese unter den Naturforschern einflussreiche, für den Fortschritt der Analyse unserer Wahrnehmungen höchst wirksame Ansicht darf zunächst nieht mit derjenigen eonfundirt werden, welche ScHOPENHAUER geltend machte. (Vierfache Wurzel, 2. Aufl. 8. 21, S. 50 £. Über das Sehen und die Farben sowie im Anfang der Sehrift »Welt als Wille«; Bd. 2, S. 43.) Die Ansicht ScHoPENHAUER'S ist wie so manche andere dieses grossen Schriftstellers eine Fortbildung von Sätzen seines Lehrers FicaTE (Fıcnte » Bestimmung des Menschen«, Kehrbach 48, 49 vgl. zweite Einl. G.W.1I 482), dessen er dann freilich dabei nicht gedenkt, ja dessen Namen er selten ohne Scheltworte ausspricht. Schon der Begründer der modernen Methode der Philosophie, Descartes, hatte, da er nur die Thatsachen des Bewusstseins als gegeben anerkannte und das Problem so vor ihm lag, von diesen zu dem Bewusstseinstranscendenten zu gelangen, in der zweiten Meditation erklärt, dass nicht die Sinne uns ' Vergl. Conpırrac, traite des sensations 1755 I, ı. Der Geruchseindruck seiner Statue ist zunächst nur eine Modification der Empfindung selber. Dirrney: Realität der Aussenwelt. 981 die Objecte erweisen, sondern unser Verstand auf Grund der Sinnes- empfindungen ihr Dasein annimmt. Hume hat dann eine genaue Theorie entworfen, wie wir von unseren im Bewusstsein auftretenden Eindrücken, und zwar von der Wiederholung ähnlicher Eindrücke, ver- mittels der Denkvorgänge, welche auf der Association und Gewöhnung beruhen, zurückgehen auf die Existenz von Dingen, als auf den Grund hiervon. Aber die Formel des unbewussten Schlusses finde ich zuerst bei Ficnte. Nach Fic#te sind Empfindungen zunächst blosse Affeetionen meiner selbst, sonach meine Zustände. Indem ich diese Empfindungen als Wirkungen ansehe, gehe ich im Denken über sie hinaus zu einer hinzugedachten Ursache, die nicht in mir selber gelegen sein kann. Bei SCHOPENHAUER sind dann Empfindung, Verstand, Anschauung ab- stracte Wesenheiten. Die Empfindung wird vermittels des Ver- standes durch die ihm eingeborene Function von vornherein in An- schauung eines Äusseren umgesetzt. Daher das Neugeborene bei der gleichsam ungeschieckten Anwendung dieser Function auf die Data der Sinne in eine Art von Stupor verfällt. Bei von Hrrmnorrz dagegen liegt wie bei seinem Lehrer Jouwannes MÜLLER der Accent auf den Erfahrungen, auf den Verbindungen der Empfindungen mit den er- worbenen Vorstellungen. Unter unbewussten Schlüssen versteht er einen Inbegriff von Processen, welcher nachträglich in die Form des Schlusses gebracht werden kann und darum diesem aequivalent ist. Und er erweist das Wirken solcher den Schlüssen aequivalenter Processe in der Entstehung unserer Wahrnehmungen an einer grossen Zahl von Thatsachen, welche von ihnen aus eine angemessene Er- klärung erhalten. So hat er sich auch um die Auflösung der grossen philosophischen Frage von der Entstehung unseres Bewusstseins der Aussenwelt und der äusseren Objeete ein unsterbliches Verdienst er- worben, indem er die in diesem Vorgang mitwirkenden Denkprocesse induetiv und experimentell nachwies und so die Lehre vom unmittel- baren Gegebensein eines Aussen definitiv beseitigte. Doch scheinen mir auch in der Ansicht von Heınnortz die intelleetualistischen Voraussetzungen fortzuwirken. In allen seinen Schriften nimmt er an, dass das Causalgesetz als a priori gegebenes, transscendentales Gesetz (Thatsachen in der Wahrnehmung, S. 247) die Bedingung ineinandergreifender Schlüsse sei, vermittels deren wir von unserem Selbst ein anderes Unabhängiges trennen. In der Optik (S. 453) bestimmt er die Natur dieses Gesetzes dahin, dass wir vermöge desselben von der Wirkung auf die Ursache schliessen. Und wenn später HermnorLrz die Conception der Ursache in die Be- ziehung von Gleichförmigkeit, von Abhängigkeit aufzulösen scheint (Thats. in d. Wahrn., Vortr. II 243 ff), so hat er doch ausser den 982 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Empfindungen und den unbewussten Schlüssen nur den Willensimpuls (gelegentlich S. 245 den Schmerz) in seine Betrachtung aufgenommen. Seit Descartes haben ja die meisten Erklärer das Merkmal der Empfin- dungen, dass der Wille sie weder zu verdrängen, noch hervorzubringen oder festzuhalten vermag, als Grund der Überzeugung über ihre Un- abhängigkeit von diesem Willen anerkannt und benutzt. Wenn nun Heımnortz und Zeiver' ebenfalls hiervon ausgehen, wenn ihnen die Aussenwelt durch eine Ergänzung der Empfindungen auf Grund von deren Eigenschaften, unter denen sich auch ihre Unverdrängbarkeit vom Willensimpuls befindet, in Denkprocessen entsteht, so möchte ich doch im Folgenden versuchen, den Menschen in seiner empiri- schen Lebensfülle zu Grunde zu legen und eine breitere Wirkung des Triebsystems, der Thatsachen des Willens und der mit ihnen ver- bundenen Gefühle zu erweisen. Ich möchte auch über die Annahme hinauskommen, dass die Realität der Aussenwelt nur den Werth einer Hypothese hat. Sie ist nach Hermnorzz die einfachste, die wir bilden können: geprüft und bestätigt in ausserordentlich weiten Kreisen der Anwendung und darum höchst fruchtbar für das Handeln. Aber neben ihr sind andere unwiderlegbare idealistische Hypothesen mög- lich. (Thatsachen 243.) In welchem Sinne ich diese Auffassung zu ergänzen hoffe, wird sich aus dem Folgenden ergeben. Das Prineip der Erklärung. Ich erkläre den Glauben an die Aussenwelt nicht aus einem Denkzusammenhang, sondern aus einem in Trieb, Wille und Gefühl gegebenen Zusammenhang des Lebens, der dann durch Processe, die den Denkvorgängen aequivalent sind, vermittelt ist. Wir ge- wahren in uns eine Mannigfaltigkeit innerer Vorgänge, welche sich im Bewusstsein deutlich von einander abheben: Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle, Triebe, Volitionen. Diese Vorgänge sind mit einander in einer Structur des Seelenlebens verbunden, welche bei allen animalischen Wesen auf unserer Erde dieselbe ist und das psychische Grundgesetz dieser Lebewesen ausmacht. Man könnte sich Lebewesen denken, welche ihre Anpassung an ihre Umgebung beständig dureh die Einsicht in den Causalzusammenhang zwischen Organismus und Aussenwelt sowie in den aus diesem Zusammenhang sich ergeben- den Nutzen oder Schaden der einzelnen gegebenen Lebensbedingungen herstellen. Wir sind nieht Wesen dieser Art. Die Natur hat mit einem viel geringeren Aufwand von Mitteln, freilich auch in einer ! Zetver, Vorträge und Abhandlungen, Bd.Ill, über die Gründe unseres Glaubens an die Realität der Aussenwelt (1884), S. 225. Dirraey: Realität der Aussenwelt. 983 etwas groben und durchschnittlichen Art dem Lebewesen die An- passung an seine Lebensbedingungen ermöglicht. In dem System der Triebe, in den mit ihnen verbundenen lustvollen und unlustigen Gefühlen, in den von eonstanten "Ursachenelassen der Aussenwelt regelmässig hervorgerufenen Gemüthszuständen ist die Erhaltung des Individuums und der Gattung unmittelbar zu den äusseren Lebens- bedingungen in Beziehung gesetzt. So lehren uns der unwider- stehliche Nahrungstrieb und die im Geschmacksinne auftretenden Gefühle, welehe mit seiner Befriedigung verbunden sind, Nahrung zu suchen und das unter allen Umständen der Ernährung Schädliche zu vermeiden. Hiernach besteht die Struetur alles Seelenlebens, der Grundtypus desselben darin: Eindrücke und Bilder rufen in dem System unsrer Triebe und der mit ihnen verbundenen Gefühle zweck- mässige Reactionen hervor; durch diese werden willkürliche Be- wegungen ausgelöst, und so wird das Eigenleben an seine Umgebung angepasst. Daher ist die thierisch- menschliche Lebenseinheit, von innen angesehen, auf jeder Stufe ein Bündel von Trieben, Lust- und Unlustgefühlen sowie von Volitionen. Nahrungstrieb, Geschlechtstrieb, Kinderliebe, Abwehr-, Schutz- und Vergeltungstriebe, Bewegungs- und Ruhebedürfniss, die sich daran schliessenden socialen, intellee- tuellen Gefühle und Volitionen bilden zusammen die Willensmacht des Menschen, welche gleichsam ihre Fangarme ringsumher nach Erfüllung und Befriedigung ausstreckt. Die Vorgänge von Wahr- nehmung und Denken, welche sich zwischen dem Reiz und der Willensreaetion auf den höheren Stufen des Lebens einschalten, er- weitern und vermannichfaltigen sich nur in diesem Zusammenhang mit dem Triebleben. Daher hat jeder Vorgang von Wahrnehmung, jeder Denkprocess gleichsam eine innere Seite: Interesse, Aufmerk- samkeit und die aus den inneren Strebungen stammende Energie und Gefühlsbetonung; durch diese hängt er mit dem Eigenleben zu- sammen. Aus dem Eigenleben, aus den Trieben, Gefühlen, Volitionen, welche es bilden und deren Aussenseite nur unser Körper ist, scheint mir nun innerhalb unserer Wahrnehmungen die Unterscheidung von Selbst und Objeet, von Innen und Aussen zu entspringen. Historische Bemerkung. Die Lösung der Aufgabe in dieser Richtung ist schon früher versucht worden. Jede Theorie hat natürlich für den Vorgang, in welchem die Realität der Öbjeete entsteht, die Unveränderlichkeit der Sinneseindrücke durch den Willen verwerthet. Dies kann am ein- fachsten an Locke’s klassischem Capitel »über die Erkenntniss anderer Dinge« festgestellt werden (Buch 4. Cap. ı1). Nach ihm beruht eine 984 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. für die Praxis ausreichende Gewissheit der Existenz von Aussendingen auf folgenden vier Gründen: ı. Die Sinnesvorstellungen sind abhängig vom leistungsfähigen Zustande des Sinnesorgans, das von aussen affieirt wird. 2. Ich kann zwar Gedächtnissbilder willkürlich her- vorbringen; dagegen Sinneseindrücke vermag ich weder durch den blossen Willensimpuls zu verdrängen, noch durch ihn herbeizuführen. 3. Ebenso sind die Gefühle, welche sich an diese Sinneseindrücke knüpfen von unserem Willen unabhängig; dieselben belasten oder ergötzen uns, während blosse Vorstellungen von Gefühlen solche Wirkung nicht haben. 4. Das Zeugniss eines einzelnen Sinnes em- pfängt in vielen Fällen Bestätigung durch die Aussage eines anderen; ein Feuer, das im Gesichtssinn gegeben ist, empfängt einen höheren Grad von Realität für mich durch das Hautgefühl, wenn ich ihm meine Hand nähere. Ebenso ist nach Berkerrv die Überzeugung von der Existenz äusserer Ursachen für unsere Sinneswahrnehmungen gegründet in der grösseren Lebhaftigkeit derselben, verglichen mit den Erinnerungsbildern, in ihrer grösseren Beständigkeit und Ordnung, in ihrer Unveränderlichkeit, in ihrer Unverdrängbarkeit durch unseren Willen. Dennoch haben diese Denker, ganz wie die heute herrschende Theorie, die Aussenwelt mit falscher Abstraction den Gebilden der vorstellenden Thätigkeit eingeordnet und durch eine Ergänzung der Empfindungen im Denken vermittels von Merkmalen, unter denen dann die Unabhängigkeit vom Willen sich befand, erklärt. Hierdurch bereiteten sie die phaenomenalistische Lehre vor. Gegenüber dem Skeptieismus Hume's und der deutschen Transscendentalphilosophie erstrebten dann eine Überwindung der phaenomenalistischen Lehre die schottische Schule und einige französische Denker des ausgehenden ı8. sowie des beginnenden 19. Jahrhunderts. Fehlte dieser intuiti- onistischen Schule die Klarheit der psychologischen Analyse, so hat sie doch die Lücke in der Erklärung gesehen und das Problem einer Überwindung des Phaenomenalismus von der Betonung des Willens aus angegriffen. Ich habe dieselbe Aufgabe in einem allge- meineren Zusammenhang mir stellen müssen. So bezeichnete ich in dem ersten Bande meiner Einleitung in die Geisteswissenschaften als die Methode: von der Analyse der ganzen Menschennatur aus müsse die Frage nach Ursprung und Recht unserer Überzeugung von der Realität der Aussenwelt aufgelöst werden. »Dem blossen Vorstellen bleibt die Aussenwelt immer nur Phaenomen, dagegen in unserem ganzen wollend fühlend vorstellenden Wesen ist uns mit unserem Selbst zugleich und so sicher als dieses äussere Wirklichkeit (d. h ein von uns unabhängiges Andere, ganz abgesehen von seinen räum- lichen Bestimmungen) gegeben; sonach als Leben, nicht als blosses Divraey: Realität der Aussenwelt. 985 Vorstellen. Wir wissen von dieser Aussenwelt nicht kraft eines Schlusses von Wirkungen auf Ursachen oder eines diesem Schluss ent- sprechenden Vorganges, vielmehr sind diese Vorstellungen von Wirkung und Ursache selber nur Abstractionen aus dem Leben unseres Willens. «' Neuerdings hat Rırnr in seiner Schrift über den philosophischen Kritieismus die Frage nach der Realität der Aussenwelt im Gegen- satz gegen die idealistischen Theorien in derselben Richtung geist- voll behandelt.” Inzwischen bezeiehnet auch Rıenr als sein Ziel, der idealistischem Hypothese gegenüber die realistische zu begründen.’ Impuls und Widerstand. Das Schema meiner Erfahrungen, in welchen mein Selbst von sich das Objeet unterscheidet, liegt in der Beziehung zwischen dem Bewusstsein der willkürlichen Bewegung und dem des Widerstandes, auf welchen diese trifft. Ich füge ausdrücklich hinzu, dass ich hier zunächst nur Einen der Factoren, welche zugleich das Bewusstsein des Ich und der realen Objeete hervorbringen, in’s Auge fasse. Und ich will natürlich den einzelnen Impuls zu einer Bewegung sogleich in seinem Zusammenhang mit den Trieben und den von ihnen untrenn- baren Gefühlen aufgefasst wissen. Denn der Mensch ist zunächst ein System von Trieben, diese drängen vom Bedürfniss nach der Befriedi- gung, und in diesem Zusammenhang treten die Impulse zu Bewegungen auf. Nur von diesem System der Triebe und Gefühle aus ist dann auch die zusammengesetzte Natur der Widerstandserfahrung auflösbar. Die grundlegende Bedeutung dieser Erfahrungen von Impuls und Widerstand ist schon dadurch bedingt, dass dieselben zuerst von allen vor der Geburt durch den Embryo gemacht werden und bereits in diesem ein unvollkommenes Bewusstsein des Eigenlebens und eines äusseren Etwas zur Folge haben. »Der Mensch«, sagt Kussmaur, »kommt mit einer wenn auch dunkelen Vorstellung eines äusseren Etwas, mit einer gewissen Raumanschauung, mit dem Vermögen, gewisse Tastempfindungen zu localisiren und einer gewissen Herr- schaft über seine Bewegungen zur Welt«. (Kussmaur: Unters. über d. Seelenleben des neugeb. Menschen S. 36). Kussmaur ist in Bezug auf diesen Satz in Übereinstimmung mit Vorkmann (neue Beiträge zur Physiologie des Gefühlssinnes 1836, Cap. 3, S. 17 ff.) und Jonannes ! Einleitung in d. Geistesw. Vorw. XVIlI. Einige nähere Ausführungen aus ın. Vorles. enthält Rarrer, Voraussetzungen, welche den Empirismus Locke’'s u. s. w. zum Idealismus führten 1887. S. 13 fl., womit vergl. Mic#arsky, Kawr’s Kritik der reinen Vernunft u. Herper’s Metakritik 1883 und die Fortsetzung in Zeitschr. für Philos. u. philos. Kritik Band 84 u. 85. 1884. ® Der philosophishe Kritieismus I. 2. S. 128—176.1887. II. ı. S. 18 £. SRreRr.a. a. O.-IL, 1.8 18 f. 986 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Mürzer (Physiologie, Bd. 2, 1837, S. 269). Er hat nun denselben durch interessante Versuche an Neugeborenen bewiesen. Unter diesen ist folgender besonders bemerkenswerth. »Ein vollkommen aus- getragenes schönes, lebhaftes Mädchen war um 7 Uhr morgens zur Welt gekommen, hatte bald und wiederholt Hunger gezeigt, wurde aber bis ' /,ı2 Uhr mittags nüchtern gehalten. Ich streichelte mit dem Zeigefinger sachte seine linke Wange, ohne die Lippen zu berühren. Rasch wendete es den Kopf auf diese Seite, fasste meinen Finger und begann zu saugen. Ich nahm den Finger heraus und streichelte die rechte Wange. Ebenso rasch wendete es sich jetzt auf diese Seite und fasste den Finger nochmals. Von neuem nalım ich den Finger heraus und streichelte die linke Wange«. So wurde mehrmals noch mit demselben Erfolg zwischen der linken und rechten Wange gewechselt. Diese Unterscheidung eines äusseren Etwas von dem Eigenleben, welche das Neugeborene mitbringt, sowie die damit verbundene un- vollkommene Herrschaft über die eigenen Glieder und unvollkommene Localisation ist an neugeborenen 'Thieren noch auffallender. Ich sah ein eben geborenes Kalb vor nahen grösseren Objeeten erschrecken, dieselben aber dann durch ungeschickte Bewegung vermeiden; es be- wegte sich noch ungern und ruckweise. Und ein anderes Kalb von 3/4 Tag bewegte sich im Stall zwischen Säulen und Pfosten mit vollständiger Sicherheit und wich, wenn auch noch ungeschickt, dem Schlage aus. Sparpine’s Versuch ist öfters wiederholt und variirt worden. Er verband einem neugeborenen Ferkel die Augen; als ihm am zweiten Tage die Binde abgenommen wurde, war es nach zehn Minuten kaum von einem anderen Jungen zu unterscheiden, das sich ohne Unterbrechung des Augengebrauchs erfreute. Auf einen Stuhl gesetzt, zauderte es, kniete dann nieder und sprang herab (bei PrevEr, Seele des Kindes, S. 49). Versuche mit Hühnern, denen Tagelang die Augen geschlossen gehalten wurden, zeigen, wie, nachdem die Bedeckung abgenommen ist, sogleich ein ganz sicheres Verhältniss zur Aussenwelt vorhanden ist. Einen erheblichen Theil dieser Thatsachen erklären die Er- fahrungen im embryonalen Leben. Der Embryo des Säugethiers oder Menschen berührt häufig bei seinen Bewegungen die Wände der Gebär- mutter und seine eigenen Theile berühren einander. Auch ist in ihm “die Verbindung von Durst, Aufsaugen einer äusseren Flüssigkeit und Durststillung bereits durch die Erfahrung vollzogen. Schon Harvey sah das Küchlein im Ei sich sanft in der umgebenden Flüssigkeit bewegen, den Schnabel öffnen und wieder verschliessen. Und aus der Untersuchung des Magen- und Darminhalts der Früchte lässt sich walırnehmen, dass sie schon im Mutterleibe amniotische Flüssigkeit ver- Dirraey: Realität der Aussenwelt. 987 schlucken. So geben willkürliche Bewegung, Tastwahrnehmung, Hunger und Durst, Befriedigung derselben durch Aufsaugung äusserer Flüssig- keit dem Embryo schon einen Kreis von Erfahrungen, während Gehör, Geruch und Gesicht erst nach der Geburt Eindrücke wahrnehmen. Bevor das Junge geboren wird, besitzt es hiernach im Grundschema ein dunkles, vielleicht mehr traumartiges Bewusstsein der Trennung seines Eigenlebens von einem es rings bedingenden äusseren Etwas. Wir fragen nun zunächst, worin dies Bewusstsein von willkür- lieher Bewegung und von Widerstand bestehe, in welchem, zusammen mit dem Bewusstsein von Trieb und Erfüllung, die Trennung von Eigenleben und Anderem, von Selbst und Objeet gleichsam ein- gewickelt vorhanden ist. Die Wahrnehmung einer activen willkürlicehen Bewegung ist auch bei Ausschluss der Mitwirkung von Gesichtsempfindungen ein zu- sammengesetzter Vorgang. Sollten sich die neueren Untersuchungen bestätigen, so würden zwar die Annahmen über die Innervations- empfindungen eine Änderung erfahren, aber um so mehr müsste die centrale Stellung des mit der Bewegungsvorstellung verbundenen Impulses, als eines rein psychischen Actes, hervortreten. Der in die innere Erfahrung fallende Vorgang ist nun folgender. Wir können willkürlich die Impulse nach ihrer Intensität und ihrer Vertheilung, entsprechend der Vorstellung einer bezweckten Wirkung, bemessen. Der Grösse der hierbei aufgewandten Arbeit oder Kraft werden wir uns bewusst. Wir können nicht nur Erinne- rungen willkürlicher Bewegungen, sondern auch solche von den zu ihnen gehörigen Impulsen, von der für sie aufgewandten Energie bewahren und zurückrufen. So bildet der bewusste Willensvorgang in verschiedenen Graden von Stärke eine Unterlage all unserer Er- fahrungen über willkürliche active Bewegungen. Die neueste Untersuchung über den Muskelsinn stellt sich dann das Zusammenwirken der Factoren zur Wahrnehmung willkür- licher Bewegungen folgendermaassen vor.! Eine Bewegungsvorstellung taucht in uns auf und wirkt durch einen eigenthümlichen Vorgang, der den Willensprocess ausmacht, auf das motorische Feld. Es finden nun centrifugale Erregungen statt und führen die peripherischen Locomotionen herbei. Dieser Vorgang ist aber nicht von ihm entsprechenden Empfindungen (Inner- vationsempfindungen) begleitet. Wir wissen vielmehr von den so herbeigeführten Bewegungen nur vermittels der von der Peripherie ! ALFR. GOLDSCHEIDER: Untersuchungen über den Muskelsinn im Archiv für Physiologie, herausg. von E. pu Boıs-Reymonp Jahrg. 1889, physiol. Abth. S. 36gff. und Supplementbd. S. 206 ff. 988 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. her uns zugehende Empfindungen, welche durch die Ausführung der Bewegungen hervorgerufen werden. Unter diesen beachtete und unter- suchte man bekanntlich zunächst die Druckempfindungen der Haut, welehe die Verschiebungen der Lage der Haut, sowie der subeutanen Theile begleiten, alsdann die Contractionsempfindungen in den Muskeln, welche man zumeist als durch in den Muskel eingehende sensible Nerven bedingt ansieht. Neben diesen beiden Empfindungsarten, welche als Factoren in die Wahrnehmung der willkürlichen Bewegung eingehen, hebt neuerdings besonders GOLDSCHEIDER eine dritte hervor, welche nach seinen Untersuchungen für die Genauigkeit unserer Wahr- nehmungen entscheidend ist. Das Gelenkinnere ist ein Sinnesapparat; sein Nervenreichthum bedingt seine Empfindlichkeit; diese ist nach den Gelenken verschieden, überall aber wird ihr die genauere Be- stimmung der Bewegungswahrnehmung verdankt. Wir vermeiden nun den Kreis dessen, was noch in der psycho- physischen Discussion sich befindet. Der Satz, welcher uns interessirt, tritt als ganz sicher heraus. Den Kern meiner Wahrnehmung von willkürlicher Bewegung bildet das Bewusstsein von meinem Bewe- gungsimpuls, in dieses gehen Empfindungen von ganz verschiedener Herkunft ein und geben ihm seine abgemessene Bestimmtbheit. Dies Bewusstsein der willkürlichen Bewegung tritt nun aber zu der Erfahrung des Widerstandes in Beziehung; so entsteht zuerst eine, obwohl noch unvollkommene Unterscheidung von Eigenleben und dem Anderen, dem von ihm Unabhängigen. Ich taste mit der Sonde. Hierbei habe ich das Bewusstsein meiner Impulse, zugleich verlege ich aber an die Spitze der Sonde eine Widerstandserfahrung, da mir die Sonde als ein fühlsames Tastorgan, als eine Art von Fortsetzung der tastenden Hand erscheint. Die Natur dieser Tasterfahrung wird von mir in der Regel nicht näher beachtet. Bediene ich mich doch derselben gewöhnlich nur, um die Anwesenheit eines Objectes vermittels einer willkürlichen Bewegung festzustellen. Ich richte nun meine Aufmerksamkeit auf diesen Eindruck; er ist sowohl von dem der Schwere, als dem des Druckes augenscheinlich unterschieden. Eine eigenthümliche Ver- wandtschaft zwischen der Erfahrung der willkürlichen Bewegung und der des Widerstandes in Bezug auf die Art und Weise des Bewausst- seins oder Innewerdens lässt mich annehmen, dass den Kern dieses Eindrucks ebenfalls eine Willenserfahrung ausmacht. In dem Eindruck des Widerstandes unterscheiden wir zunächst eine Druckempfindung. Dann sieht GoLpscHEIwER den wichtigsten Factor auch für diesen Eindruck des Widerstandes in dem Gelenk- inneren, als einem mit Nerven ausgestatteten besonderen Sinnesapparat. Dirraev: Realität der Aussenwelt. 989 Wie die Verschiebung der Gelenkflächen nach ihm als Bewegungs- empfindung pereipirt wird, so bewirkt nach seiner Ansicht die Ver- stärkung des Gelenkdruckes die Empfindung des Widerstandes. Nun handelt es sich aber, dies angenommen, weiter darum, wie diese Empfindungszustände in den Gelenken die Setzung eines Objeetes ausserhalb des Körpers zur Folge haben können. Die Annahme ist unbefriedigend, dass diese Objeetivirung durch die Empfindungen, insbesondere durch die oben zuerst als Bestandtheile der Wider- standserfahrung herausgehobenen Druckempfindungen, welche an den Fingerspitzen localisirt sind, bewirkt werde. Dies würde nur eine todte örtliche Empfindung, nichts von der Erfahrung der lebendigen Kraft im Widerstande zur Folge haben. Mein Bewusstsein des Wider- standes hat in der lebendigen Erfahrung, bestimmt zu werden, einen Impuls zu erleiden, augenscheinlich denselben Kern von Willensvor- gang, den wir am Bewusstsein des Impulses heraushoben. Die Er- fahrung des Willensimpulses verbindet sich in der Widerstands- empfindung mit der einer Hemmung der Intention. Eine Volition er- theilt zunächst einen Bewegungsimpuls, dieser ist bei dem Ablauf der vorgestellten Bewegung von gering merklichen Lustgefühlen be- gleitet: hierauf tritt nun die Erfahrung des Widerstandes auf. Geht in ihr etwa der Impuls nun einfach unter? Verschwindet er in einen blossen Empfindungszustand? Vielmehr dauert er fort, und das Bewusstsein von Willenshemmung tritt nun hinzu. Ein Willens- und Gefühlszustand des Erleidens, des Bestimmtwerdens wird erfahren. Jeder kennt diesen Zustand aus Erfahrungen ganz anderer Art. Mitten in meiner Arbeit stört mich ein unwillkommenes Geräusch, eine fatale Vorstellung; ich vermag sie nicht zu verdrängen, ihr Druck lastet auf mir. Dieser Druck auf die psychische Action, dieser gepresste Zustand von Unlust und von Hemmung besteht nun auch hier: Erfahrung, bestimmt zu sein. Ich erläutere und begründe nun näher diese Annahme, nach welcher den Kern der Widerstandserfahrung, sonach der Realität von Objeeten, das Bewusstsein des Willensimpulses und der Intention, dann das der Hemmung der Intention, also zwei Willenszustände, aus- machen. Hierbei müssen wir wieder davon ausgehen, dass der Mensch, von innen angesehen, ursprünglich ein Bündel von Trieben ist, welche gleichsam nach allen Seiten, im Zusammenhang mit den Gefühlen von Unlust und Bedürfniss, die verschiedensten Strebungen und Volitionen ausstrahlen. In diesem Zusammenhang entspringen nun auch die Im- pulse zu Bewegungen, und eben in ihm wird denselben die nie nach- lassende Kraft zu Theil, fortzudauern, sich zu verstärken. Das Bewusst- sein der Hemmung der Intention in der Widerstandserfahrung entsteht nun nicht unmittelbar, wenn ein Druckempfindungs- Aggregat auf- 990 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. tritt. Wohl hat.dies Bewusstsein der Hemmung zunächst zu seinem Antecedens unter allen Umständen eine Druckempfindung oder viel- mehr ein Aggregat von solchen. Der primäre, darum constitutive Vorgang ist nämlich: ein Bewegungsimpuls mit einer bestimmten Intention dauert fort, ja er wird verstärkt, und anstatt der in- tendirten äusseren Bewegung treten Druckempfindungen auf. Dies Zwischenglied zwischen dem Bewusstsein des Impulses und dem- der Hemmung der Intention, das in dem Aggregat der Druckempfindungen liegt, ist jedesmal da. Wir kommen also zum Bewusstsein der Aussen- welt nur durch Vermittlungen. Man kann sich die Begründung des Glaubens an die Aussenwelt nieht durch irgend eine Art von Über- treibung erleichtern, etwa durch die Annahme einer unmittelbaren Willenserfahrung des Widerstandes oder überhaupt durch die psycho- logische Fiction von unmittelbarem Gegebensein irgend einer Art. Wie die Intention eine Bewegungsvorstellung einschliesst, wie die willkürliche Bewegung ein mit der fortdauernden, verminderten oder verstärkten Intention verschmolzenes Aggregat von Empfindungen und Vorstellungen in sich fasst, so hat auch das Hemmungsbewusstsein, das in der Widerstandserfahrung auftritt, ein Druckempfindungs- Aggregat zur Vorbedingung. Nun tritt aber als zweites und weiteres Glied in dieser Verkettung von Processen, welche zum Bewusstsein des Widerstandes führen, ein Denkvorgang auf. Erst: im Aneinander- halten der Bewegungsvorstellung und des Druckempfindungsaggregats, und in dem so entstehenden Bewusstsein ihres Unterschiedes kann das Urtheil entstehen, dass das Eingetretene den Erwartungen, den In- tentionen nicht entspreche. Unerwartet: dies Wort bedeutet hier nur das Auftreten eines Empfindungsaggregats, das im Widerspruch zu der Intention steht. Dagegen Hinderung, Widerstand, Hemmung: in die- sen Ausdrücken ist zunächst schon in Bezug auf das Empfindungs- material und den Denkvorgang mehr enthalten. Denn in denselben liegt zunächst das Aufhören der mit dem Impuls verbundenen und einer glatt ablaufenden Bewegung angehörigen Empfindungen, während doch der Fortbestand der Bewegung in der Intention ent- halten war; dann liegt in diesen Ausdrücken der Ersatz der beabsich- tigten Bewegung durch das Empfindungsaggregat des Druckes, das nicht innerhalb der Intention lag. Sind alle diese Bedingungen erfüllt, laufen vom Impuls aus alle diese Beziehungen zwischen Empfin- dungen und deren Aggregaten in Denkvorgängen ab: dann entsteht nun in diesem System von Trieben, welches der Mensch ist, in welchem ringsum nach allen Seiten Strebungen ausgehen und Gefühle untrennbar mit ihnen verwoben sind, ein neuer Willenszustand, eine neue Erfahrung: die Erfahrung der Hemmung der Inten- Dirrney: Realität der Aussenwelt. 99] tion. Willensbestand und Gefühlsbestand sind in dieser Thatsache nicht trennbar. Sie ist als Thatbestand unmittelbar in der Erfahrung auf- tretend und durch alle Erfahrungen des Lebens immer neu bestätigt, ganz wie der Impuls. Sie ist der Kern der Widerstandsempfindung. Wir erkennen also: in der Widerstandsempfindung ist ein von mir Unabhängiges nicht in einer unmittelbaren Willenserfahrung gegeben. Die Lehre von der unmittelbaren Gegebenheit der Realität der Aussenwelt erweist sich zunächst an diesem Punkte nicht als stichhaltig. Andrerseits ist aber auch — und das möchten wir eben feststellen — die Realität der Aussenwelt nicht aus den Datis des Be- wusstseins erschlossen, d. h. durch blosse Denkvorgänge abgeleitet. Vielmehr wird durch die angegebenen Bewusstseinsvorgänge eine Willenserfahrung, die Hemmung der Intention vermittelt, welche nun im Widerstandsbewusstsein enthalten ist und die kern- hafte lebendige Realität des von uns Unabhängigen erst aufschliesst. Ein Ergebniss der Erfahrung kann darum hier mit dem Cha- rakter von Unmittelbarkeit auftreten, ja in vielen Thieren kann die Existenz der Aussenwelt auch mit den Gesichtsbildern sich baldigst nach der Geburt verbinden, weil schon die Frucht im Ei oder im Mutterleib Erfahrungen von Impuls, Bewegung, Hemmung und Druck macht, wie wir gesehen haben. Auch tragen noch Erfahrungen des Widerstandes, welche weiter zusammengesetzt sind, trotzdem den Charakter von Unmittelbarkeit im Bewusstsein. Wenn bei verstärkter Intention der Druck ab- nimmt, ja verschwindet, so mache ich die Erfahrung eines von meinem Willen Unabhängigen, das ich als zurückweichend nun- mehr pereipire.. Nimmt bei geminderter oder gleich fortdauernder Intention der Druck zu, so drängt dies mir noch entschiedener die Erfahrung eines von meinem Willen Unabhängigen auf, das ich nun als andringend oder in der Intensität der Kraft wachsend perei- pire. Auch in diesen zusammengesetzteren Fällen dauert der Cha- rakter des Unmittelbar-Erfahrenen in diesen Eindrücken fort. So wird in dem Impuls und dem Widerstand, als in den zwei Seiten, die in jedem Tastvorgang zusammenwirken, die erste Erfahrung des Unterschiedes eines Selbst und eines Anderen gemacht. Der erste Keim von Ich und Welt, sowie von deren Unterscheidung, ist hier vorhanden. Dies aber in der lebendigen Erfahrung des Willens. Der Druck der Aussenwelt. Indem ein Kind die Hand gegen den Stuhl stemmt, ihn zu bewegen, misst sich seine Kraft am Widerstande: Eigenleben und Objeete werden zusammen erfahren. Nun aber sei das Kind eingesperrt, es rüttle um- Sitzungsberichte 1890. 86 992 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. sonst an der Thür: dann wird sein ganzes aufgeregtes Willensleben den Druck einer übermächtigen Aussenwelt inne, welche sein Eigen- leben hemmt, beschränkt und gleichsam zusammendrückt. Dem Streben, der Unlust zu entrinnen, all’ seinen Trieben Befriedigung zu verschaffen, folgt Bewusstsein der Hemmung, Unlust, Unbefriedigung. Was das Kind erfährt, geht durch das ganze Leben des Erwachsenen hindurch. Der Widerstand wird zum Druck, ringsum scheinen uns Wände von Thatsächlichkeit zu umgeben, die wir nicht durchbrechen können. Die Eindrücke halten Stand, gleichviel ob wir sie ändern möchten; sie verschwinden, obwohl wir sie festzuhalten streben; ge- wissen Bewegungsantrieben, die von der Vorstellung, dem Unlust- erregenden auszuweichen, geleitet werden, folgen unter bestimmten Umständen regelmässig Gemüthsbewegungen, die uns in dem Bezirk des Unlustvollen festhalten. Und so verdichtet sich um uns gleichsam immer mehr die Realität der Aussenwelt. Die leibliche Umgrenzung des Eigenlebens und die Aussenwelt. Der Willensimpuls und die Erfahrung des Widerstandes sind ausgestattet und gleichsam ausgekleidet mit qualitativen und räumlichen Bestimmungen von den Empfindungsaggregaten her. Wir mischen uns hier nicht in den Streit wie diese Verräumlichung entstehe, sondern wir nehmen die Thatsache hin, ohne sie zu erklären. Wir bedürfen aber, um von hier dann weiter zu gehen, der Hypothese einer Projection nicht. Denn die räumlich aufgefassten Sinnesinhalte treten ja im Bewusstsein zunächst gar nicht in einem räumlichen Ver- hältniss zu einem Sinnesorgan auf. Auge oder Ohr werden vom Kinde erst verhältnissmässig spät durch Tastwahrnehmungen, oder durch die Erfahrungen am Spiegelbild, oder durch die Vergleichung mit Auge oder Ohr anderer Personen als räumlich in der Wahrnehmung gegeben und zu den Gegenständen orientirt aufgefasst. Auch sind sie ja selber Bilder so gut als die von Objecten, und Beides, das Wahrnehmungs- object wie das Sinnesorgan, gehören dem Zusammenhang der im Bewusstsein enthaltenen Bilder an. So wird nun nicht von dem räumlich bestimmten Sinnesorgan aus der Gegenstand in den Wahr- nehmungsraum projieirt, sondern umgekehrt wird von den Sinnes- inhalten aus die räumliche Orientirung ausgebildet, welcher dann auch das Bild des Sinnesorgans eingeordnet wird. Sonach hat der Glaube an- die Realität der Aussenwelt gar nichts mit einer solchen Projeetion der Empfindungen in einen äusseren Seh- oder Hörraum zu thun. Die Annahme einer solchen Projeetion ist überflüssig. 4 au Dirvaey: Realität der Aussenwelt. 993 Innerhalb dieser räumlichen Wirklichkeit grenzt sich nun im Verlauf unserer Erfahrungen ein Selbst als Körper, als räumlich ge- staltet und orientirt von den Objeeten ab. Dies ist zunächst darin gegründet, dass innerhalb einer so räumlich abgegrenzten Sphaere unsere Bewegungsimpulse direct willkürliche Bewegungen zur Folge haben. Unser Körper ist also zunächst der Bezirk unserer beweglichen Glieder. Das Spiel unserer Triebe, in Verbindung mit Bewegungs- vorstellungen, erfüllt gleichsam von einem inneren Mittelpunkte aus den in seinen Gliedern beweglichen Körper. Der Bezirk dieses Körpers grenzt sich von einer Umgebung ab, innerhalb deren Bewegungs- impulse nur indireet noch eine Bewegung hervorrufen, welcher äusseren Bewegung dann die innen begleitenden Empfindungen in Muskeln, Gelenken und an empfindlichen Flächen fehlen. Zugleich erfüllen dunkle, unbestimmt localisirte Organgefühle gleichsam einen Innen- raum meines körperlichen Selbst. In pathologischen Zuständen treten sie intensiver, deutlicher bestimmt, genauer localisirt hervor. Vor- handen sind sie doch immer. Sie werden durch die Vorstellungen, die früher von den Organen und ihren Zuständen erworben wurden, unterstützt. Und indem gerade an den Muskeln der beweglichen Glieder und an den Sinnesorganen die sinnlichen Gefühle schärfer accentuirt auftreten, skizziren sie gleichsam in ihrer dunklen Symbol- sprache ein inneres Gerüst, eine Grundverzeichnung unseres leiblichen Selbst. Im Menschen entsteht durch die Verbindung erinnerter sinn- licher Gefühle und des durch sie erworbenen Zusammenhanges der Vorstellungen über unsere fühlsamen Organe mit den gegenwärtigen inneren Zuständen derselben ein fest verzeichneter Umkreis, innerhalb dessen Eigenleben, Heimlichkeit des Spiels der Gefühle stattfindet; von seinen Grenzen ringsum erstrecken sich Veränderungen, die von keinen sinnlichen Gefühlen mehr begleitet sind, sondern nur etwa von den ganz verschiedenen Erregungen der Sympathie. Und an der Umgrenzung dieser von Trieben, willkürlichen Bewegungen und sinnlichen Gefühlen erfüllten Lebenssphaere treten nun, deutlich loca- lisirt, rings auf der Haut Temperatur- und Druckempfindungen auf. Vor Allem geben die Tasteindrücke Erfahrungen von Wirklichkeit, die jenseit unserer Haut und sonach Aussen ist: von einem Anderen, das ganz ausserhalb des Bezirkes unseres leiblichen Eigenlebens gelegen ist. So setzt sich also das an der Widerstandserfahrung nachgewiesene Verhältniss, nach welchem Impuls und Widerstand die Grundlage des Bewusstseins unseres Selbst und seiner Abgrenzung von anderen Ob- jeeten oder Personen ausmachen, in der Bildung der Anschauung von unserem körperlichen Selbst fort. Die Erfahrungen, welche bei der Bil- dung dieser Anschauung mitwirken, enthalten überall Impuls, Gefühl, 86* 994 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Intention, Hemmung, Widerstand in sich, und setzen sich aus diesen und den Empfindungsaggregaten in derselben Weise zusammen, als die primäre und einfachere Erfahrung des Widerstandes. Diese Sätze über die Entstehung der Abgränzung unseres Körpers von der Aussenwelt können auch aus den Veränderungen abgeleitet werden, welchen die Abgränzung dieses körperlichen Selbst unterliegt. Viele Anomalien der Personalität, welche an Wahnsinni- gen beobachtet worden sind, fallen unter diesen Gesichtspunkt. Aus anomalen Hautsensationen oder einem krankhaften Muskelspiel entsteht die Annahme, dass fremde Körper, Spinnen, Grillen u. s. w. sich im Innern des eigenen Körpers befinden oder dass einzelne Organe von einem bösen Geiste besessen sind." Erkrankte Organe werden als fremde Wesen aufgefasst.” Unbewegliche Glieder gelten für fremde Körper, ja ein Gelähmter und der Hautempfindlichkeit Beraubter betrachtet den ganzen eigenen Körper als eine nachgemachte Maschine. Analog hiermit ist, dass Kinder, die schon Auge, Nase, Hände zu sich rechnen, mit ihren Zehen spielen, und sie dabei rücksichtslos wie fremde Gegenstände behandeln: erst die Schmerzen, die sie sich so verursachen, belehren sie darüber, dass diese Zehen zu ihnen gehören. So erstreckt sich auch unser unmittelbares Lebensgefühl in gewissem Grade über jede beständige Erweiterung unserer Person, welche an unseren willkürlichen Bewegungen Theil nimmt und uns Druck- und Widerstandsempfindung vermittelt. Freilich bemerken wir zugleich den Mangel an Gefühl in einem Stock sowie die Druckempfindungen der ihn fassenden Hand, und diese Wahrnehmungen modifieiren die angegebene Erfahrung. Auch das Leben der Thiere lässt uns diese Veränderlichkeit gewahren, welcher die Abgränzung der Personalität unterworfen ist. Beobachtet man den brütenden weiblichen Vogel, so will es scheinen, als rechne er Nest, Eier, Junge zu sich selbst und empfinde, was diesen geschieht, als geschähe es ihm selber. Gesichtswahrnehmung und Aussenwelt. Die Gesichtswahrnehmung tritt nun hinzu. Alle Vorstellungen eines Aussen im Unterschied vom Selbst, die bisher erörtert wurden, können auch ohne Mitwirkung des Gesichts entstehen. Denn der Blindgeborene erwirbt vermittels des Tastsinnes, welcher gewöhnlich im Wettstreit der Sinne vermöge der Praeponderanz des Gesichts- sinnes in seinen Leistungen zurückgedrängt bleibt, ebenfalls eine Örientirung in der Aussenwelt. ! GRIESINGER, psych. Krankheiten * S. 104. 2 MaucHArt, Repertorium III, 74 ft. Dirrney: Realität der Aussenwelt. 995 Wie im isolirt wirkenden Gesichtssinn die Bilder in Bezug auf ihre Realität und ihre Unterscheidung von dem leiblichen Selbst sich verhalten würden, ist ganz verschieden vorgestellt worden und schwer zu entscheiden. Denn wenn das Hühnchen oder das eben geborene Säugethier schon das Bewusstsein einer Aussenwelt mit- bringen und sich vermittels des Gesichts in ihr sofort in grossem Umfang orientiren, so arbeiten sie eben schon mit dem Erwerb von willkürliehen Bewegungen und Tasteindrücken. Dasselbe Verhältniss findet bei den operirten Blindgeborenen statt. Aber beide Ölassen von Fällen gestatten doch einen Schluss. Auch in den Gesichtswahr- nehmungen müssen Factoren wirken, welche ihre Objeetivirung, wenn auch vermittels einer Unterordnung unter die Tastempfindungen, ermöglichen. Vorkmann bemerkt: »Operirte mussten lernen, dass das, was sie sahen, die ihrem Getast wohlbekannten Gegenstände seien. Aber das brauchten sie nicht erst zu lernen, ihre affieirte Netzhaut vom afficirenden Ding künstlich zu sondern. Keiner von ihnen sah die Empfindung des Lichtes als einen inneren Zustand, ähnlich dem des Schmerzes oder Hungers an.«' Der Grund der Ver- legung der Eindrücke nach Aussen in diesem Sinne liegt, ent- sprechend dem Vorgang in der Tastwahrnehmung, in der hier statt- findenden Beziehung der Augenbewegungen zu den Licht- und Farben- empfindungen. Wenn ich das Auge nach rechts bewege und der Gegen- stand geht nicht mit, so gewinne ich in meiner denkenden Erfahrung das Bewusstsein seiner Unabhängigkeit von meinem Willen. Es muss nach diesen Erfahrungen ein Aussen dasein, und meine Augen müssen dienen, es zu sehen. Und auch hier entspringen die Intentionen zu Bewegungen aus dem System meiner Triebe und werden von dem- selben beständig erhalten. So werden diese Intentionen in den leben- digen Ablauf von Bedürfniss und Befriedigung verwoben. Man könnte noch direeter im Gesichtssinn etwas Triebartiges wirksam denken, das nach Erfüllung strebe. Auch Rokıransky nimmt einen »ursprünglichen Drang der Sinne nach Funetion« an. Erscheint auch diese Verallgemeinerung der Annahme als dem Beweis schwer zugänglich, so sprechen doch für die Gültigkeit derselben in Bezug auf den Gesichtssinn des Auges manche bekannte Erfahrungen. Kussmaur sah ein sieben Monate nach der Öonception geborenes Kind am zweiten Lebenstage spät Abends in der Dämmerung den vom Fenster abgewendeten Kopf auch bei veränderter Lage wiederholt dem Fenster und dem Lichte zuwenden. Es suchte zweifelsohne das Licht. Er hebt hervor, wie man Neugeborene in den ersten Tagen die Augen ! Vorkmann, Neue Beiträge, Cap. 3. 996 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. abwechselnd öffnen und schliessen sieht. Er erklärt dies Spiel daraus, dass das in das geschlossene Auge eindringende mässige Licht zum Öffnen veranlasst; fällt es stärker ein, so ermüdet das Auge und schliesst sich, bis sich dann die Retina wieder erholt hat und mässigen Lichtreiz wieder aufsucht. Die Grundform des Vorganges, in welchem die Objeetivirung der Gesiehtswahrnehmung sich voll- zieht, würde hiernach analog dem der Befriedigung des Hungertriebes zu denken sein. Die Unruhe des Triebes wird gestillt durch den Genuss, und dieser ist sich dann der Objeetivität seines Gegenstandes gewiss. Einzelhaft von langer Dauer bringt eine Disposition zu Hallucina- tionen des Gehörs hervor; Aufenthalt im Finstern von langer Dauer die Disposition zu Visionen. Aber indem wir die Annahme solcher Triebe oder Energien insbesondere im Gesichtssinn mit BENERE, Rokt- TANSKY, GÖRING, Rıear verfolgen, bleiben wir uns doch bewusst, dass für die.e Ansicht die festere Begründung aussteht, so ansprechend sie auch schon wegen ihrer Beziehungen zum Aesthetischen der Gesichtseindrücke sein würde. Das aber ist das hier Sichere und Klare. Der Wille erfährt beständig, dass er Gesichtseindrücke nicht herbeiführen kann, diese vielmehr unabhängig von ihm auftreten und verschwinden. Und wo er Eindrücke vermeiden möchte, stehen sie vor ihm da und lassen sich nicht verdrängen. Beides aber geschieht, wie wir nun bald sehen werden, nach einer inneren Gesetzmässigkeit, die ihm fremd, fest und starr gegenübersteht. Es geschieht zugleich in einem Zu- sammenhang, nach welchem auch die leisesten unmerklichen Augen- bewegungen, welche das Öbjeet fixiren, schliesslich in unserem mächtigen Triebleben gegründet sind, wodurch dann das vergebliche Suchen oder Vermeiden von Eindrücken das Bewusstsein der Hem- mung von Aussen und des Druckes der Aussenwelt zur Folge hat. Der Glaube an die Realität anderer Personen. Aus diesem Unabhängig-Wirklichen treten nun die Personen oder Willenseinheiten ausser mir mit einer besonders nachdrucks- vollen Realität hervor. In diesem engeren Umkreis empfängt die Aussenwelt eine erhöhte Energie der Realität. Wir analysiren den hier stattfindenden Vorgang. Zunächst empfängt diese besondere Classe von ÖObjeeten ihre Realität auf demselben Wege als Gegenstände irgend einer anderen Art. Und die so entstehende Überzeugung unterscheidet sich in Nichts von derjenigen, die wir in Bezug auf die Realität von diesen torlten Gegenständen hegen. Aber an diese Eindrücke schliessen sich nun weitere seelische Vorgänge in dem Auffassenden, die eine Dirrney: Realität der Aussenwelt. 997 Verstärkung der Überzeugung von Realität zur Folge haben. Diese Vorgänge lassen sich als Analogieschlüsse darstellen, sind sonach in ihrem Ergebniss solchen Schlüssen aequivalent, gleichviel welche im einzelnen Falle ihre psychologische Beschaffenheit ist. Ich erblicke eine menschliche Gestalt, das Antlitz von Thränen überströmt. Es bedarf zunächst schon ineinandergreifender Apperceptionsprocesse, die all- gemeinen Bestandtheile in diesem Eindruck festzustellen. Eben so schnell und unmerklich als diese Vorgänge, verlaufen dann auch die nächstfolgenden; vermöge ihrer weiss ich, dass hier ein Schmerz gefühlt wird, und ich fühle ihn mit. Den Obersatz dieses Analogieschlusses bildet das in vielen Fällen erfahrene Verhältniss zwischen dem körperlichen Ausdruck, den ich gewahre, und dem Seelenvorgang des Schmerzes. Den Untersatz bildet die Verwandtschaft der mir gegenübertretenden leiblichen Äusserung mit einer Reihe von ähnlichen Eindrücken. So entsteht mir das Bewusstsein eines ähnlichen inneren Zustandes, als Grundes des äusseren Eindrucks. Und zwar wird vermittelst dieser den Analogieschlüssen aequi- valenten Processe die Realität eines von aussen bestimmenden Willens zuvörderst lebendig in den primären Verhältnissen von Vater und Kind, Mann und Weib, Herren und Unterthan erfahren. Die Gefühls- und Willensvorgänge, welche hier die Realität anderer Lebenseinheiten färben und verstärken, setzen sich zusammen aus Herrschaft, Ab- hängigkeit und Gemeinschaft. In diesen wird nun das Du erlebt, und auch das Ich wird hierdurch vertieft. Ein beständiger leiser Wechsel von Druck, Widerstand und Förderung lässt uns fühlen, dass wir niemals allein sind. Und die Erfahrung von der Existenz einer anderen Person ist eingeschlossen in jedes sociale Verhältniss, jedes Geltenlassen einer anderen Person, jede aufopfernde Handlung. Und da nun das Nachbilden des fremden Inneren von dem Mit- fühlen gar nicht trennbar ist, so scheint sich zunächst das Mitgefühl unmittelbar an den Eindruck der fremden Gefühlszustände anzu- schliessen. Die inneren Vorgänge eomplieiren sich aber weiter. Wie in mir die Vorgänge tendiren, eine gewisse Gefühlslage herzustellen, und Zweck, Selbstzweck nur ausdrückt, dass die Tendenz auf diese im Subjeet belegene Gefühlslage besteht und dass in dieser, wenn sie her- gestellt ist, ein unbedingter, d. h. der eine letzte, ruhsame Befriedigung gewährende Punkt erreicht ist: so erfassen wir nun auch im Ver- lauf der von aussen gewahrten, aber durch innere Ergänzung nach- erlebten Vorgänge und der Verkettung derselben in einer anderen Lebenseinheit diese Einheit als einen Selbstzweck, wie wir selbst ein solcher sind. Hierin liegt nun die energischste Verdichtung der Realität dieser Lebenseinheit, da ich mir selber das ens realissimum bin, was 998 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. Mittheilung v. 1. Mai. auch die Metaphysiker von einem solchen über den Sternen sagen mögen. Zugleich wächst mit der Zahl und dem Gewicht dieser mitgefühlten, nacherlebten Vorgänge, mit dem ungehemmten Abfluss der Nach- bildungen, der nirgend auf Widerstehendes, Fremdes, Unfassbares stösst, das Gefühl von Verwandtschaft, von Homogeneität, mit welchem nach den Eigenschaften des Willens Theilnahme. Sympathie und Leben im Anderen verbunden sind. Hier treten also zu den Erfahrungen von natürlichen Schranken des Willens am Anderen die höher gelegenen sittlichen Erfahrungen, nach welchen dieser Wille Selbstzwecke, die ihm selber gleich sind an Realität und Rechtan- sprüchen, anerkennt, ja anzuerkennen sich innerlich gebunden, sonach verpflichtet fühlt. Fichte war wohl der erste, der diesen moralischen Beweis für die Existenz einer Aussenwelt formulirte. Hierdurch erweiterte er nur die Anwendung der Methode von Kant, auf die Thatsachen des sitt- lichen Bewusstseins einen Glauben zu gründen, für den das isolirte Er- kennen keine ausreichenden Beweisgründe ergab. Hatte Kant die affı- eirenden Objeete ausser uns als unantastbare Voraussetzungen des Erkennens gelten lassen, so fielen diese innerhalb der Kanrischen Philosophie unerweisbaren jenseitigen Objeete bei den scharfsinnigsten Transscendentalphilosophen seiner Schule, und so auch bei FicHTe. Denn nachdem Fıcnte den Fortgang von den Empfindungen als blossen Affeetionen meiner Selbst durch unbewusste Schlüsse zu äusseren Ob- jeeten beschrieben hat, erweist er dann mit siegreicher Schärfe, dass unter dieser Voraussetzung einer im blossen Denken stattfindenden Ergänzung der inneren Empfindungszustände sich uns die Realität äusserer Objeete nicht aufschliesst. Und nun sucht er zu zeigen, dass nur für den Willen und das in ihm enthaltene Gesetz des Ge- wissens eine bewusstseinstransscendente Welt sich aufbaut. Das Erste aber, was der Wille anerkennt, ist das Dasein anderer Willen, die ihn das Gewissen als Selbstzwecke zu achten lehrt. »Ich werde diese Wesen stets als für sich bestehende, unabhängig von mir vorhan- dene, Zwecke fassende und ausführende Wesen betrachten. Das Gebot: hier beschränke deine Freiheit, hier ehre fremde Zwecke, ist es, das erst in den Gedanken: hier ist gewiss und wahrhaftig und für sich bestehend ein Wesen meines Gleichen, übersetzt wird.«! Dieser Beweis Fıcnte’s hält nicht Stich gegenüber der soeben ent- wiekelten Möglichkeit, dass die Ptlicht, den Anderen als Selbstzweck zu ehren, nicht a priori gegeben, sondern durch Erfahrungen und Schlüsse vermittelt sei. Doch bleibt sicher ein Kern. Aus dem Mitfühlen ! Fıcare: Bestimmung, S. W, a.a. O. 235g f. Dir.ruev: Realität der Aussenwelt. 999 mit Anderen entspringt zugleich die Überzeugung ihrer kernhaften werthvollen Existenz, die Achtung vor ihrer Selbständigkeit und doch ein Bewusstsein von Verwandtschaft und Solidarität mit ihnen. Die Unterscheidung meiner Selbst von anderen Menschen ent- hält also diese besondere Relation meines Willens zu einem von dem meinigen getrennten, selbständigen und ihm doch homogenen und ver- wandten Willen. Die Natur der Aussenwelt, nämlich der im Bewausst- sein stattfindenden Trennung eines Anderen vom Selbst empfängt hier- durch einen weiteren Zug. Mit diesem Zuge stimmen andere überein: das Bedürfniss die eigenen Gefühle durch fremde Personen getheilt, das eigene Wissen in seiner allgemeinen Gültigkeit bestätigt, den eigenen Werth in der Ehre anerkannt zu finden. Ich kann auch nicht mit Rırrr annehmen, dass der Nachweis der Realität der Aussenwelt auf das Dasein soeialer und altruisti- scher Gefühle als auf einen selbständigen Beweisgrund gegründet werden könne! (»socialer Beweis der Realität der Aussenwelt«). Denn das unmittelbar Gegebene ist auch da, wo das Bild einer ausser uns befindlichen Person entsteht, nur der Widerstand, der Druck, der Wechsel der Empfindungsaggregate, und erst auf Grund der Unter- ordnung dieser Eindrücke unter verwandte Bilder und ihrer Ver- bindung mit inneren Zuständen als Ursachen wird das Mitleben und Mitleiden möglich. Zunächst ist uns eben nur in der Erfahrung des Widerstandes ein anderer Mensch als ein solcher gegeben. Ohne solche Erfahrung wäre dieser andere Körper für uns gar nicht da: sie bildet also die Voraussetzung jeder weiteren Erfahrung. Aber indem nun das Nachbilden und Nachleben auf eine innere Structur trifft, welche zu ihrem Mittelpunkte den in sich ruhenden unbedingten Punkt des befriedigten Gefühls hat, indem es gleichsam nachtastet und nun in innerer Verbindung am Anderen Gewahren, Triebregung, Gefühl, Volition, Befriedigung, neues Streben zur Structur Eines ge- schlossenen Daseins verbunden findet: erfährt es die Selbständigkeit dieser Willenseinheit. Nun versteht es erst recht das eigene Ich und sein Eigenleben, die Abrundung desselben vermittels seiner Structur zu einem in sich geschlossenen Ganzen. Zugleich erwächst in diesen Vorgängen mitten in dem Bewusstsein eines Anderen und Fremden das der Verwandtschaft und Gleichartigkeit: mit diesem aber ist das Mitfühlen innerer Zustände, Mitleid und Mitfreude, Theil- nahme verbunden. So kann das Gefühl von Einsamkeit, Fremdheit, das uns aus der Natur entgegenweht, aber auch durch die unver- standenen feindlichen Seelenvorgänge ausser uns hervorgebracht wird, ! Rıear II 2, 172. 1000 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. niemals länger als auf‘ kurze Momente uns überfallen. Geschlossene kernhafte Realitäten, der unseren verwandt, in Theilnahme und Soli- darität mit ihr verbunden, doch aber jede ein Sitz von Eigenwille, der uns beschränkt, bilden unseren socialen Horizont. Dass wir so Wille als Schranke des Eigenwillens anerkennen und als Selbstzweck respectiren müssen, das ist, gleichviel welche die Entstehung dieser moralischen Gefühle ist, nunmehr eine mächtige Thatsächlichkeit in Rücksicht auf Realität der Aussenwelt. Auch die Realität der geschichtlichen Personen beruht für uns nieht ausschliesslich auf hermeneutischen und kritischen Sehlüssen, welche etwa am Faden der Causalität von der Geschichtserzählung Ranke’s, Häusser’s und unzähliger Anderer über LuTHer zu den Drucken seiner Werke, Briefe und Tischreden, sowie den Schilderungen solcher, die ihn sahen, zurückgreifen, von da dann weiter rückwärts zu dem LurHer selber, der Buchstabe an Buchstabe reihte, oder dessen Gesichts- bild von einem Zeitgenossen aufgefasst wurde. In unserem litterarischen Zeitalter tritt dieses Schlussverfahren in den Vordergrund. Aber für das Verständniss dessen was Geschichte sei, ist es wichtig, sich zu- gleich die beständige Ergänzung soleher Schlüsse dureh lebendigere Vor- gänge klar zu machen. Die Realität von Lurtser, Frıeprıcn d. Gr. oder GOETHE empfängt aus deren beständigem Wirken auf unser eigenes Selbst, also aus der Bestimmung dieses Selbst durch den fortwirkenden, in der Historie immer weitere Kreise ziehenden Willen dieser mächtigen Personen eine erhöhte Energie und Kernhaftigkeit. Sie sind für uns Realitäten, weil ihre grosse Personalität willens- mächtig auf uns wirkt. So ist uns das Aussen zunächst in der anderen Person gegeben. Nach unserer inneren Erfahrung ist uns Hemmung oder Förderung überall Kraftäusserung. Und wie wir unser Selbst als wirkendes Ganze erfahren, tritt zu allererst für uns aus dem Spiel der Kraft- äusserungen verständlich die Willenseinheit der anderen Person hervor. Geburt und Tod lehren uns dann Wirkliehes abgränzen in der Zeit. Herrschaft, Abhängigkeit, Gemeinschaft lehren, es in der Abgränzung das Nebeneinander auffassen. Die Realität der äusseren Objecte. Zugleich empfängt unser Glaube an die Aussenwelt eine erhebliche Verstärkung und eine besondere Farbe durch die Eigenschaften der äusseren Objeete. Die thatsächliche Unterlage der hierbei stattfindenden Denkvorgänge sind die dargestellten lebendigen Erfahrungen des Willens. Aber dieser Glaube empfängt dann doch Verstärkung und Bestimmung Divraey: Realität der Aussenwelt. 1001 erst durch die sehr verwiekelten intelleetuellen Processe, welche das Selbst, das Sinnesorgan, die äusseren Ursachen und die mitwahr- nehmenden Personen in Causalverhältnisse zu einander setzen. Diese Denkvorgänge hat Zerzer in seiner Abhandlung über die Gründe unseres Glaubens an die Realität der Aussenwelt' meister- haft auseinandergesetzt. Er theilt mit vow HermHortz die Grund- ansicht, dass uns die Realität der Aussenwelt in Denkvorgängen auf- gehe, welche nach dem Causalgesetz die Coexistenz und Folge von Empfindungen ergänzt.” Aber diese Grundansicht kann leicht ab- getrennt werden von dem Nachweis, wie aus den Eigenschaften der äusseren Objeete sowie des Zusammen derselben und aus der Ver- webung von Personen in sie nunmehr dieser Glaube Energie, Zu- sammenhang mit unserem ganzen Denken und Handeln, ja eine von aller unmittelbaren Erfahrung unabhängige Bestätigung empfängt. Denn wäre uns nieht in den Erfahrungen des Willens der Glaube an die Aussenwelt gegeben, so bliebe er immer noch für das mensch- liche Raisonnement eine so überwiegend wahrscheinliche Hypothese, dass jede andere Möglichkeit der Erklärung des Zusammen unserer Empfindungen nur eine verschwindende Geltung besitzen könnte. Das Denken stellt zunächst zwischen den Veränderungen im Sinnesorgan, dem unabhängigen äusseren Objeet, den Bewegungs- antrieben und willkürlichen Bewegungen des eigenen Körpers einen Causalzusammenhang her. Dieser hat zu seiner ganz allgemeinen Voraussetzung die Realität der Aussenwelt. An diesem Causal- zusammenhang weben alle Inductionen des täglichen Lebens und der Wissenschaft. Alle unsere Handlungen sind Experimenten zu ver- gleichen, die diesem induetiven Zusammenhang angehören. So ist schliesslich das ganze Leben, ja das Leben aller miteinander verket- teten Generationen ein System von Induetionen, die unter der Voraus- setzung der Existenz äusserer Objeete stehen und unter ihr eine widerspruchslose Erkenntniss des Causalzusammenhanges aller Erschei- nungen erwirken. Da diese Voraussetzung durch keine andere ersetzt werden kann, so vollzieht sich hier ein immer neuer, in der Kraft der Verkettung seiner Glieder stets wachsender Erweis der Realität der Aussenwelt. Ich hebe zunächst besonders heraus, welehe Rolle auch inner- halb dieses Denkvorganges die Erfahrungen des Willens, der Auf- merksamkeit, des Bewegungsimpulses spielen. Dass wir Empfindungs- aggregate nicht als Hallucinationen oder Träume auffassen, sondern ! Vortr. u. Abh. III, 225— 285. UN Wu 1002 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. auf äussere Objecte beziehen, ist zunächst durch ihre Unverdrängbarkeit, den Widerstand, welchen der Wille erfährt, bedingt. Die Möglichkeit, den Eindruck zu wiederholen, weist, verglichen mit der Inconstanz der Traumbilder, auf eine objeetive Ursache. Betrachteten wir die Empfindungsaggregate als eine erste Ölasse von Träumen, dann stünde räthselhaft neben der Regellosigkeit des echten Traumes eine folge- richtige, causalgegliederte Traumbilderfolge. In dieser müssten wir auch das, was uns ganz unerwartet, ja zunächst unverständlich von aussen entgegenzutreten scheint, wie die Erfindung des Telephon oder die Zeichen der chinesischen Sprache, in Wirklichkeit schon als Vorstellungsinbegriff besessen, nun wiedererinnert oder gar jetzt erst neu hervorgebracht haben. Ebenso würde alles, was unsere Absicht und unsere Erwartung, die eine Willensspannung ist, kreuzt, doch in Wirklichkeit von uns hervorgebracht sein. Wenn der Nachts Arbeitende die Spannung seiner Gedanken plötzlich durch Feuerlärm oder das Erlöschen seiner Lampe peinlich unterbrochen findet, wäre er es, der einerseits in dieser Spannung begriffen ist, und zugleich sie gewaltsam durchbricht. Bei der Vorstellung hiervon entsteht ein vollständiger Schwindel: dieser ist eben darin gegründet, dass in Einem Kopfe und im selben Momente zwei Willensintentionen, die miteinander streiten, zusammengedacht werden sollen. Dies ist uns ebenso unmöglich, als Setzung und Aufhebung desselben zusammen zu denken. Darum packt uns die Realität der Aussenwelt kräftiger, wenn unsere wohlabgemessenen Bewegungsimpulse nicht äussere Ver- änderungen hervorbringen, die unserer Absicht und Erwartung ent- sprechen, sondern etwas ganz anderes als das Gewollte auftritt. Die Explosion überzeugt den erschreckten Chemiker am besten von der unabhängigen Natur des Objectes. Zugleich erkennen wir, dass die auf uns wirkenden Kräfte endlich und veränderlich sind, indem wir sie durch den Willen beeinflussen. Wir tauchen die Feder ein, bringen Zeichen auf das Papier, und wenn nicht etwa die Tücke des Objeetes wirksam ist, folgt das erwartete Gesichtsbild. Die Objeetivität der Aussenwelt verdichtet sich für unser Bewusstsein alsdann in dem Maasse, in welchem nunmehr die Ein- drücke in einen ihnen eigenen Zusammenhang gebracht werden können. Zunächst werden, analog der Setzung anderer Personen, aus dem Sinnenchaos Objecte ausgeschieden, indem die durch ein Empfindungs- aggregat regelmässig vermittelten Wirkungen auf uns einer in diesem Aggregat sitzenden willenartigen Kraft zugeschrieben werden, welche in diesen Eigenschaften wirksam ist. Nun treten uns m dem Wirken der Objeete Gleichförmigkeiten entgegen, welche uns ganz unerwartet sind und zu unseren Wünschen in gar keinem Verhältniss stehen. Divenevy: Realität der Aussenwelt. 1003 Indem das unseren Willen Hemmende, das auf uns Lastende, wie das uns ungewollt und unerwartet Erfreuende nach solchen Gesetzen auftritt, die in der Sache, nicht in uns selber gelegen sind, empfängt dies nach seinen eigenen Gesetzen Wirkende den Üharakter einer selbständigen Wirklichkeit, im Gesetz gewahren wir eine Macht über uns. Das Bewusstsein von einer selbständigen Realität wird noch durch folgenden Umstand gesteigert. Die perspectivische Verschiebung der Bilder bei dem Wechsel des eigenen Standortes, die Art wie andere Personen von ihrem Standort aus nach den von ihnen zu uns gelangenden Lauten diese Bilder auffassen, die entsprechenden qua- litativen Veränderungen an den Gegenständen überraschen uns tag- täglich, und erst wenn wir sie den erkannten Gleichförmigkeiten unter- zuordnen vermögen, enthüllt sich uns eine Gesetzlichkeit als die alle einzelnen Eindrücke beherrschende Macht, deren Walten uns sonach als etwas Fremd-Selbständiges gegenübertritt. Zugleich vermögen unsere Schlüsse dieses Walten über unser Leben hinaus, ja über das der Menschheit hinaus zu verfolgen. Bevor Menschen auf unserer Erde entstehen konnten, bevor Bilder eines Wirklichen in ihrem Bewusst- sein aufglänzten, bestand nach den Schlüssen, die wir von diesem Wirklichen rückwärts machen können, ein Spiel von Kräften nach Gesetzen auf derselben Erdkugel, wie es uns heute umgiebt. Und so erheben wir uns durch die Macht unserer Schlüsse zu einer Gon- struetion des Verlaufs im Geschehen, welche den Gang im Er- kennen umkehrt. Nur in einem Bewusstsein, in welchem Willens- impuls und Widerstand auftritt, ist uns ein Wirkliches, ist uns eine Materie und schliesslich dieser Erdball in einem Universum von Himmelskörpern gegeben. Das Ideal der Wissenschaft aber ist, aus den Bedingungen dieses durch Schlüsse abgeleiteten Universums (seinen etwa in Gott gelegenen Grund hinzugedacht) das Bewusstsein hervorgehen zu lassen. Bestätigende Schlüsse aus den Modifieationen des Bewusst- seins der Realität. Wir wenden nun’ ein anderes Hilfsmittel an, unser Problem vom Ursprung des Glaubens an die Realität der Objecte aufzulösen. Wir schliessen nach der Methode der einander begleitenden Ver- änderungen, sonach von den Modificationen im Bewusstsein von der Realität der Objecte auf deren veränderliche Factoren. Schlüsse nach dieser Methode werden an mehreren entscheidenden Stellen der Erkenntnisstheorie sich jetzt schon nützlich erweisen. Ich gebe hier diese Methode nur an und behalte mir weitere Ausführungen vor. Erst 1004 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. von der besseren Aufhellung der Zustände, welche von der Norm des wachen Lebens abweichen, wird allmählich eine grössere Genauigkeit dieser Schlüsse erwartet werden dürfen. Das Bewusstsein der Realität von ÖObjeeten ist sich nicht immer gleich, sondern enthält Grade und Modificationen. Von den Vorstellungen, welche, von den Wahrnehmungen scharf unter- schieden, auf diese sich beziehen und sie repräsentiren, geht eine Reihenfolge von Graden und Modificationen zu den in den Sinnen erscheinenden Bildern, die von dem sicheren Bewusstsein ihrer Realität begleitet sind. So besteht schon innerhalb des Traumes eine Gradation der Lebhaftigkeit des Wirklichkeitsbewusstseins. Sie liegt in der Erfah- rung von Jedermann und kann die Traumbilder der Wirklichkeit an- nähern. Ich hielt längere Zeit ein Bild, das in meiner Erinnerung auftrat, für die Reproduction eines wirklichen Vorgangs, bis ich con- statiren konnte, dass hier nur die Erinnerung an ein Traumbild vorlag. KrısHABer theilt aus seinen Beobachtungen über eine bestimmte Classe von neuropathischen Zuständen, für welche tiefgreifendere Sinnes- störungen besonders charakteristisch sind, folgende Beschreibung mit, die ein wissenschaftlich gebildeter Kranker über einen Zustand machte, der längere Zeit hindurch andauerte. »Von diesem Allem war mir der Eindruck zu träumen am empfindlichsten; hundertmal berührte ich die Gegenstände, welche mich umgaben; ich sprach sehr laut, um mir die Realität der Aussenwelt, die Identität meiner eigenen Person zurückzu- rufen. Auch das Berühren der Objecte rectificirte meine Eindrücke nieht.«' Ein anderer Fall dieser Classe wurde von ihm an einem Offieier beobachtet; derselbe verlor zugleich mit dem kräftigen Be- wusstsein der Identität seiner Person die Realität der Aussenwelt und er hatte die Empfindung, als wäre er in einen tiefen Traum versenkt.” Krısnager hat eine grössere Zahl von Fällen derselben Art gesammelt. In keinem derselben trat eine Läugnung des Bewusstseins von Realität und sonach eine Verrückung auf, aber dieses Bewusstsein erfuhr eine Minderung, derjenigen ähnlich, welche wir vom Traume her kennen. Auch bei Geisteskranken treten erhebliche Unterschiede in Bezug auf Zuertheilung von Realität an ihre anomalen Sinnesbilder auf. Differen- zen geringeren Grades reichen auch in unser reguläres Tagesleben hinein. Blickt ein Kind oder ein Naturmensch zum gestirnten Himmel hin- auf, ohne Kenntniss von Gravitation und Spectralanalyse, dann haben diese allein im Gesichtsfeld auftretenden Gestirne eine Ferne von ! KrıssAger: De la Nevropathie cerebro-cardiaque, p. 8. 9. 2 Ebendas. 8. ı5. Diveney: Realität der Aussenwelt. 1005 unsrer tastbaren und geniessbaren Wirklichkeit, welche den Grad ihrer Realität mindert. Dies erleichterte auch die Verschmelzung dieses Gesichtsbildes mit den Ideen von einer transscendenten Welt. Wenn der Glaube Druck, Schwere, Widerstand wegdenkt aus dieser transsecendenten Welt, wenn in dieser seine Gestalten auf Wolken ein- herschreiten und sich erheben, wenn die Schwingen der Engel keine starken Muskeln bedürfen, diese ätherischen Leiber zu tragen: so ist die sinnliche Unterlage hiervon das Erscheinen einer uns ganz fremden Welt der Gestirne im blossen Gesichtssinn. Das Weitere that dann der Volksglaube und die aristotelisch-scholastische Lehre von einer doppelten Welt diesseit und jenseit des Mondes. Das Verhältniss, nach welchem erst das Zusammenwirken mehrerer Sinne und der von ihnen stammenden Vorstellungen den Objeeten volle Realität verleiht, lässt sich auch in anderen einfachen Fällen beobachten. Selbst wenn wir vom Eisenbahnwagen aus die Bilder fremder Gegenstände auf- fassen, finden wir, dass diese wie Coulissen an uns vorüberziehen; hier werden die Gesichtseindrücke weniger von Erinnerungen an Tastempfindungen, Widerstand und sinnliches Geniessen unterstützt. Ferne Berge, Seen, die sich vorherrschend nur optisch geniessen lassen, bezeichnen wir als blosse Decoration. Diese Modificationen des Bewusstseins der Realität werden nun durch das Zusammenwirken verschiedener Factoren her- vorgebracht. Der Unterschied von Vorstellung und Wahrnehmung, die Gradation, in welcher Vorstellungen sich der Sinnfälligkeit der Wahrnehmung annähern, die Modifieationen der Wahrnehmung in anomalen Zuständen des Sinnes bilden einen ersten Factor, der zweite liegt in den Veränderungen des Willens und der mit diesem ver- bundenen Gefühle, und der dritte ist in den Vorgängen des Denkens oder deren psychischen Aequivalenten zu suchen, durch welche beide Classen von Thatsachen, Empfindungen und Willenszustände, dem er- worbenen Zusammenhang des Bewusstseins eingeordnet werden. In der Hallueination ist zunächst in einer Reihe von Fällen mit dem Erscheinen der Bilder im Sinnesfelde das Bewusstsein, dass ihnen keine objeetive Gültigkeit zukommt, verbunden. Der berühmteste Fall dieser Art sind die Hallueinationen NicoLars.' Hier lag eine Veränderung der Blutbewegung im Gehirn vor, wodurch dann das Erscheinen der Bilder im Gesichtsfelde bedingt war. Die Energie soleher Vorgänge ist eine verschiedene. Von den Fällen, in denen die Energie der entsprechenden Gehirnleistung zu jeder Zeit Phantasmen ' Von ihm beschriebene Berliner Monatsschrift 1797. Abgedruckt in seinen phil. Abhandlungen 1. 58 ff. 1006 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. ermöglicht, wie dies GoETHE und Jon. MüLLer von sich berichten, durch diejenigen hindurch, in welchen bei erregtem künstlerischen Schaffen dieselben auftreten, wie wir aus den Berichten von Dickens, Barzac u. a. wissen,' geht eine Scala zunehmender Energie der Bilder zu den von Nicorar beschriebenen Fälle, in welchen die Gestalten bei offenem Auge zu jeder Zeit auftreten und sich selbständig, vom Willen unabhängig, bewegen. Bei der Genesung blassen diese Phantasmen gleichsam ab. Aber gerade in diesen Hallueinationen lebhaftester sinnfälligster Art, wie denen von Nicorar u. a. hat zwar das Bild sonst vollständig den Charakter der von äusseren Reizen hervorgerufenen Wahrnehmung, aber die Überzeugung von der Realität der Gegenstände im Aussenraume ist nieht damit verbunden. Dies ist die Folge davon, dass kein Druck des Willens und keine krankhafte Depression oder Stei- gerung der Gefühle den erworbenen Zusammenhang der Vorstellungen überwinden, und so, dem Verstande zum Trotz, den Phantasiebildern eine volle ganze Üonsistenz, gleichsam einen Kern geben, und dass zugleich andererseits das Vermögen, diese Bilder durch Schlussprocesse oder Aequivalente derselben zu prüfen ungemindert erhalten ist. Auch nach psychiatrischen Erfahrungen ist mit dem Auftreten lebhafter Sinnesbilder im Gesichtsfelde keineswegs stets die Zutheilung von Realität an dieselben verknüpft. Ein Kranker wird durch Sinnes- täuschungen belästigt, die besonders in der Nacht auftreten, andere Symptome lassen schliessen, dass diese Hallueinationen erste Äusse- rungen beginnender Gehirnerweichung sind, aber derselbe kann seine Bilder als ‘Träume’ oder ‘Phantasien’ vollständig von der Wirklich- keit unterscheiden. Also: das Erscheinen lebhafter, den Ob- jeeten sonst ganz gleicher Bilder im Gesichtsfelde ist nicht für sieh mit dem Bewusstsein an Realität derselben ver- bunden; es reicht nicht aus, diesen Bildern den Charakter von Wirk- lichkeit zu verleihen. Wie ganz anders ist es, wenn solche Hallueinationen da auf- treten, wo ein anomaler Druck auf dem Willen und dem Gefühle lastet und die Regulirung der Bilder, sowie ihre Beurtheilung von dem erworbenen Zusammenhang des Seelenlebens aus in anomaler Weise gestört ist. Dieselben Momente, welche auch im regu- lären Bewusstsein den von äusseren Reizen erregten Bildern ihre volle Objeetivität geben, ertheilen hier diese Objeeti- vität den Hallueinationen. Die Controle von Sinneseindrücken und Erinnerungen vermag die Überzeugung von der Realität der Phantasmen im Irren nicht zu be- ! Vergl. meine Rede über dichterische Einbildungskraft und Wahnsinn. 1886. Divrney: Realität der Aussenwelt. 1007 seitigen. Der Geisteskranke, der eine brennende Kerze in der Thür sieht, die ihm den Tod bedeutet, geht auf Geheiss des Arztes an die Thür, greift nach derselben und bemerkt ganz wohl, dass er weder die Kerze greift, noch das Licht ihn verbrennt. Dennoch hebt dies seinen Glauben nieht auf. Nicht als fehlte ihm das Schlussvermögen. Ich habe schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass vielmehr dem Schlussvorgang das fein und sicher verkettete Material im er- worbenen Zusammenhang des Seelenlebens verloren gegangen ist.' Zugleich aber ist es der lastende Gefühlsdruck, von welchem kein Willensaet zu befreien vermag, was im Irren gleichsam den äusseren Gegenstand postulirt, den ihm die Hallueination nunmehr darbietet und was ihn alsdann so zähe an deren Realität festhalten lässt. Solehen Zuständen, in denen die aus inneren Reizen stammenden Vorstellungen die volle Energie von Thatsachen erhalten, liegen die- jenigen gegenüber, in denen das Selbstbewusstsein wie das Bewusst- sein von der Realität der Objecete in ihrer Energie gleichmässig ge- mindert sind. Ich gehe von Fällen aus, in welchen solche Minderung bei vollem Bewusstsein stattfindet und benutze wieder die von KrIsHABER an einer bestimmten Form von neuropathischen Zuständen gemachten Beob- achtungen. Das Interesse der gegenwärtigen deutschen Nervenärzte ist so durchweg einer vollständigen Construction der physischen Seite des Vorgangs zugewandt, dass ich in unserer Litteratur keine ent- sprechenden Krankenberichte gefunden habe. In allen von KrısHABER gesammelten Fällen überfiel plötzlich den Kranken Schwindel, Ohren- sausen, Störungen im Sehsinn, dem Gehör und den Tastgefühlen. Ein besonders genauer Selbstbeobachter (Fall 38) sagt näher: ‘diese Sehstörung mahnte mich an die Art, wie man Gegenstände durch sehr stark concave Gläser sieht oder auch an die Art, wie Gegen- stände erscheinen, wenn man neben einem stark geheizten eisernen Ofen durch die warme Luftschicht blickt, welche zu zittern scheint. Meine Gesichtsstörung würde sich einer Mischung dieser beiden Im- pressionen nähern’. Die Gehörsstörungen waren noch entschiedener: er erkannte weder die Ausgangsstelle der Töne, noch die Stimme der Unterredner, und auch seine eigene Stimme schien ihm von weit her zu kommen. ‘Meine Beine schienen ohne Intervention meines Willens sich zu bewegen.’” Ein anderer Kranker hebt hervor, dass er den Boden im Gehen nicht fühlt und seine Beine wie von einer seinem Willen fremden Kraft bewegt zu werden scheinen” Und jedesmal geht ! Rede über Einbildungskraft und Wahnsinn S. 135 ff. 2 KRrISHABFER, a. a. O. S. 152. SENT ASOES:TO: Sitzungsberichte 1890. 87 1008 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. nun von diesem veränderten Zustande, insbesondere von den Sinnes- störungen zugleich eine Veränderung in dem Bewusstsein der Realität der Aussenwelt und eine correlate im Selbstbewusstsein aus. Die erste beobachtete Person ein Schriftsteller. Nach einem heftigen Schrecken Doppelsehen, Ohrenklingen, ‚Schwindel, Hyperästhesie der Haut, Störungen im Gesichtssinn, deren nähere Natur sich leider nicht angegeben findet; der Ton seiner eigenen Stimme bestürzte ihn. Er schien sieh nun. zu träumen und nieht mehr dieselbe Person zu sein; über den weiteren Verlauf der Krankheit hebt er hervor, wie oben schon wört- lich mitgetheilt ist, dass sowohl das Bewusstsein von der Identität seiner Person als das von der Realität der Aussenwelt ihm unsicher wurde. Im anderen Fall ein englischer Offieier; nach Überarbeitung und heftigem Kummer Herzbeklemmung, Nervenleiden soleher Art, dass er die Thränen kaum zurückzuhalten vermag. »Es schien dem Kranken, dass etwas ihn ganz einhülle und sich wie ein Widerstand zwischen ihn und die Aussenwelt stellen wolle, so ihm ein Gefühl tiefster Isolirung gebend.« »Wenn er sprach, erschien ihm seine Stimme fremd, er erkannte sie nicht wieder und hielt sie nicht für die seine; sprach man mit ihm, so fühlte er sich betäubt, als ob mehrere Personen zugleich sprächen, und es schien ihm unmöglich, seine Aufmerksamkeit dem zuzuwenden, was man sagte; an diese Eindrücke schloss sich ein anderer: er fasste Zweifel an seiner Existenz, es schien ilım als wäre er nieht er selbst und es machte ihm Mühe an die Identität seiner eigenen Person zu glauben, auf Augenblicke war er nicht einmal sicher ob er existire. Zur selben Zeit hatte er den Glauben an die Realität der Aussenwelt verloren, und fühlte sich in einen tiefen Traum versenkt.« »Seit den ersten Tagen der Krankheit empfand er den Boden unter seinen Füssen nicht, was seine Schritte unsicher macebte und ihm die Furcht zu fallen einflösste; seine Beine waren wie durch eine seinem Willen ganz fremde Kraft bewegt; es kam ihm beständig vor, als ob sie ihm nicht angehörten.«e Danach trat "Schwindel hinzu, Unfähigkeit, Objeete zu erkennen und sich zu orien- tiren, Unvermögen, Gegenstände anhaltend zu fixiren, Gesichtsstörungen. Der Kranke hob öfter hervor, dass zwischen den Störungen des Gesichts- sinns und dem Zweifel an seiner Existenz ein Zusammenhang bestand und beides mit einander zunahm. Er verwechselte häufig Thatsachen mit Erinnerungen an Traumbilder; er hatte die Neigung unpassende Worte auszusprechen und konnte unfreiwillige Bewegungen mühsam unterdrücken, er war ohne Wille und ohne Energie. Das Gefühl von Nichtexistenz war so stark, dass er Abscheu hatte sein Spiegel- bild zu gewahren; »während mindestens ı5 Monaten wagte ich nicht, mich in dem Spiegel zu betrachten.« Dirrner: Realität der Aussenwelt. 1009 In einem dritten Fall ähnlicher Art schien es dem Kranken oft, als seien die ihn umgebenden Personen Figuren eines Traumes und er meinte nicht mehr er selbst zu sein. Dies war verbunden mit tiefster Niedergeschlagenheit, sowie damit, dass er beim Gehen den Boden nicht fühlte. Aus anderen verwandten Fällen hebe ich noch folgenden hervor, von welchem der wissenschaftlich gebildete Selbstbeobachter eine genaue Aufzeichnung gemacht hatte und dem obige Angaben über die Sinnesstörungen entnommen sind (Fall 38). ‘Ich schien mir in der ersten Zeit des Tages beständig zu träumen, und es machte mir grosse Mühe, meine 'Traumbilder von der wirklichen Welt zu unter- scheiden. Ich verlor zuweilen beinahe 'den Begriff meiner eigenen Existenz, ich fühlte mich so vollständig verwandelt, dass ich mir eine andere Person geworden zu sein schien’.' Diese Thatsachen erläutern, abgesehen von dem sehr grossen Interesse, welches die in denselben enthaltene Modification des Selbst- bewusstseins sowie des Bewusstseins von Realität der Aussenwelt für den Psychologen haben muss, zugleich auch den Einfluss, welchen eine tiefer greifende Störung im Wahrnehmen nicht nur auf das Be- wusstsein der Realität äusserer Objecte, sondern auch auf die Energie des Selbstbewusstseins haben kann. Denn zugleich mit der Minde- rung der objectiven Realität tritt auch die der Energie des Ich- bewusstseins auf. Gleichviel wie man die einzelnen Einflüsse von der Herzerkrankung her abschätze und welche Veränderungen im Ge- meingefühl sowie in den Impulsen zu Bewegungen mitwirken: ganz sicher ist doch durch diese Fälle die Wirkung bezeugt, welche die Wahrnehmungsstörungen auf die Minderung der Realität - der Objeete und dann indireet wohl auch auf die Herabsetzung der Energie des Selbstbewusstseins haben. Diese zweite indirecte Wirkung würde ich folgendermaassen erklären. Wir leben alle gleich- sam unter der Summe aller Erfahrungen vom Widerstand und Druck der nach Gesetzen wirkenden und verbundenen Objeete; wir ordnen diesen Erfahrungen jeden neuen Eindruck unter; in dieser Span- nung zwischen Impuls und Widerstand besitzen wir die volle Rea- lität unseres Selbst und der Objeete. Indem nun die Wahrnehmun- gen diesem Wirkungszusammenhang, der bis dahin permanent war, nicht mehr eingeordnet werden können, indem sie gleichsam fernab- rücken, schwanken, unfassbar verbleiben: ist dieser Wirkungszusam- menhang nicht mehr da, mit ihm fehlt nun die Spannung zwischen ihm und dem Selbst. ! KRISHABER, a. a. O.151. = =] * 1010 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. Wie anders die Bedingungen, unter denen die Traumbilder eine halbe oder Dreiviertelsrealität erhalten! Und doch ist hier die Bedeutung des Willensverhältnisses für das Bewusstsein der Realität noch viel klarer. Die Veränderungen der Blutvertheilung und des Stoffwechsels im Schlafe wirken einerseits eine grössere Erregbarkeit zu Bildern, ähnlich dem Vorgang, in welchem die Hallueination entsteht, anderer- seits aber eine starke Minderung der regulirenden und unterordnenden Wirkungen des erworbenen seelischen Zusammenhanges auf diese 3ilder und der willkürlichen Riehtung der Aufmerksamkeit. So fällt die CGontrole der Bilder aus, die in den oben geschilderten Hallueina- tionen stattfindet; zugleich vermag die geminderte Aufmerksamkeit nicht, die Bilder festzuhalten oder willkürlich zu yerdrängen; sie gleiten an dem Bewusstsein vorüber, wie Bilder der Laterna magica, unabhängig von Wille und Aufmerksamkeit dessen, der sie sieht; hieraus entsteht ihnen eine schattenhafte Art unabhängiger Realität; und diese wird durch ihre Beziehung zu dem auch während der Träume fortdauernden Spiel der Gefühle verstärkt. Die Traumbilder verweben sich mit den Passionen. Im wachen Leben herrschen, wie das Tageslicht die Lampe überstrahlt, die permanent gegenwärtigen Wahrnehmungen. Im tiefen Schlaf vermag sich das Bewusstsein den es gleichsam belagernden Phantasiebildern nicht zu entziehen; es wird von ihnen überrascht als von Unerwartetem; es kann sie nicht zum Stillstand bringen. Dennoch bleibt diesen Bildern, wie gesagt, das Schattenhafte, das wir als den Charakter der Traumsphaere bezeichnen. Denn Wille, Impuls, willkürliche Bewegung, und dann wieder energi- scher Widerstand -verleihen dem Leben die volle Realität; Einordnung der Einzelbilder in eine gesetzmässige Wirklichkeit, welcher sie sub- ordinirt werden, verdichtet diese Wirklichkeit zu einem nach eigenen Gesetzen uns widerstehenden Zusammenhang; willkürliche Bewegungen bestätigen diese Realität: alles das mangelt der Traumsphaere. Die Spannung zwischen dem energischen bewegungsmächtigen Subjeet und den Gegenständen ist hier herabgesetzt. Wie gleichsam durch eine solche Spannung Selbst und Welt auseinandergehalten werden, kann schliesslich auch an den Zuständen von Narkose festgestellt werden, welche ja denen des Traumes viel- fach verwandt sind. Aus manchem Belehrenden hebe ich einen Be- richt über den Vorgang hervor, in welchem bei dem Erwachen Selbst und Objecte auseinandertreten.' Obwohl dieser Bericht schon den vierziger Jahren angehört, kann er doch auch heute noch nicht durch einen ausführlicheren ersetzt werden. Er zeigt, wie mit dem Wieder- ! Hartess und Bıera, Wirkung des Schwefeläthers 1847 S. 25 fl. S. Sıfl. Divr#eyr: Realität der Aussenwelt. 1011 auftreten von Leistungen, unter deren Mitwirkung nach den Er- gebnissen der psychologischen Analyse überall das Ichbewusstsein sich aufbaut, nämlich der sinnlichen Gefühle und der willkürlichen Bewegung, auch Selbst und ÖObjecte nun wieder auseinandertreten. Ist es doch derselbe Act von Auseinanderhalten des Selbst und der Objecte innerhalb des Bewusstseins, gleichsam von Furchung innerhalb dieses Bewusstseins, in welchem das Selbst abgegrenzt und zugleich das Bild als ein Aussen objectivirt wird. Ein Selbst ist ja für uns nur da, sofern es von einer Aussenwelt unterschieden wird, und das Wort Aussenwelt hat nur einen Sinn, sofern diese vom Selbst ab- gesondert wird. Denkt man sich die eine Thatsache aufgehoben. so wäre es auch die andere. Wäre das Selbstbewusstsein ausgelöscht, so gäbe es kein Aussen mehr für die Objecte, es fehlte der Ansatz zu der Relation des Eigen oder des Innen zu dem Aussen. Aus einer Narkose erwachend, konnte Harıess ‘durchaus nicht seine Persönlichkeit von der einer anderen Person, auf die sein er- wachendes Auge fiel, trennen’. In diesem Falle war eine Sonderung des Selbst von Objeeten noch aufgehoben, obwohl Bilder schon auf- gefasst wurden. In einem anderen noch merkwürdigeren Falle war im Moment des Erwachens der Sehnerv schon im Stande seine Ein- drücke zum Bewusstsein zu bringen, aber noch versagte die willkür- liche Bewegung, ein Punkt, der sich später als von Wichtigkeit er- zeigen wird. ‘Mit einem Mal sah ich meine beiden Freunde, die dem Experiment beiwohnten, am Ofen des Laboratoriums stehen, aber von allen anderen Gegenständen noch nichts, weil ich nieht das Vermögen besass, die Augenaxen anders zu stellen, als sie gerade vor dem Ein- tritt der Narkose gestellt waren. Bei diesen zweien vermisste ich nun einen dritten, nämlich mich selbst; aber nicht mit dem Bewusst- sein, dass ich dabei sein müsste, sondern nur mit der historischen Erinnerung, dass kurz vorher ein dritter noch dabei war. Ich suchte diesen dritten etwa 3 Secunden lang buchstäblich wie in einem öden, leeren Raume, bis in einem Moment mit einer lebhaften Bewegung ' der Hand mein Selbstbewusstsein wieder erwacht war und ich mich wieder unter ihnen fühlte’. Man sieht, wie Gefühl und willkürliche Bewegung zurückkehren und so das Selbstbewusstsein sich wieder her- stellt. Es wird nicht ausdrücklich bemerkt, aber selbstverständlich hatten diese Bilder, so lange ihnen der Relationspunkt eines Selbst- bewusstseins fehlte, keine Aussenexistenz. Mit diesem Allem ist in Übereinstimmung, dass das Thier und das Kind sich eben so energisch von der Aussenwelt unterscheiden ı A.a. 0. S. 27 vergl. 84. 1012 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. als der erwachsene Mensch. Selbstgefühl, Selbstschätzung, Streben, die Triebe zu befriedigen, sind als Lebensgewalt in ihnen so wirksam als im entwickelten Menschen. Bestätigung aus der Lebendigkeit der Dinge für das Kind und den Naturmenschen. Impuls und Widerstand enthielten den Keim der Trennung von Selbst und Object; dieser entfaltet sich, indem das Selbst sich als eigenes Zweckganze abschliesst: nun lösen sich auch aus dem chaoti- schen Spiel von Kraftäusserungen, welches dies Selbst umgiebt, an- dere Personen ab. Denn der erste objeetive Zusammenhang eines Ganzen, der uns aufgeht, ist der einer anderen Person. Die Mutter, welche sich über die Wiege des Kindes beugt, es aufnimmt und nährt, ist ihm die erste volle Realität, welche aus dem Hintergrunde des Sinnenchaos auftaucht und leibhaftig wird. Denn dem Selbst ist gemäss seinen eigenen Erfahrungen von Wollen und Wirken in jeder Hemmung oder Förderung, welche es erfährt, Kraft gegenwärtig. Und nun wird hier eine Anordnung von Kraftwirkungen regelmässig erfahren, welche aus dem eigenen Lebensgefühl heraus als andere Person verständlich ist. Nach dieser Analogie coneipiren wir dann die Objeete. Die Eigenschaften und Wirkungen eines solchen Ob- jectes werden durch eine dem Willen analoge Kraft zusamınen- gehalten. Das Ding und dessen begriffliche Formel: Die Substanz ist sonach nicht eine Schöpfung des Verstandes, sondern der Totalität unserer Seelenkräfte. Der nächste Beweis hiervon liegt in der-Un- möglichkeit, diese Formel dem Verstande widerspruchsfrei durchsichtig zu machen. Dann aber zeigt sich dies in der willenskräftigen Lebendig- keit der Dinge für das Kind und den primitiven Menschen. So bestäti- gen zahllose geschichtliche Erfahrungen unsere Auffassung: der Animis- mus bei den Naturvölkern, das mythische Vorstellen, bekannte Eigen- thümlichkeiten der Sprachen, die unvertilgbare Neigung der Poesie, die Lebendigkeit der Natur immer wieder, der mechanischen Naturerkennt- niss zum Trotz, im Namen des ganzen Menschen herzustellen. Dies Alles habe ich in meiner Einleitung in die Geisteswissenschaften und in dem Entwurf der Poetik schon zureichend ausführlich entwickelt. Das Ergebniss. 14 Kant bezeichnete es als einen Scandal der Philosophie und der allgemeinen Menschenvernunft, dass denen gegenüber, welche auf. den Einfall etwa gerathen, die Realität der Aussenwelt zu bezweifeln, ® 4 ne Dirraer: Realität der Aussenwelt. 1013 kein genügender Beweis derselben vorhanden sei. Geht man von der Welt als Vorstellung aus, betrachtet man das Verhältniss der Empfindungsverbindungen zu Impuls und Gefühl nur als charakteristi- sche Merkmale dieser Empfindungsverbindungen, welche den Schluss von diesen auf deren Ursache jenseit des Bewusstseins ermöglichen, dann entsteht für die Philosophie in der That die Aufgabe eines Be- weises, weleher durch Verstandesschlüsse vermittelst des Begriffes der Ursache in das Jenseit des Bewusstseins hinübergreift. Man muss dann von den in Empfindung und Denken gegebenen Phaenomenen zum Grenzbegriff des Phaenomens, dem Bewusstseinstransscendenten, fortgehen; denn man kann nur vermittelst desselben die in Empfindung und Denken auftretenden Thatsachen fassbar machen. So bedient sich die Erklärung der Hypothese von der Existenz eines Bewusst- seinstransscendenten, und bestimmt dann etwa weiter hypothesisch dessen Eigenschaften. Diese Erwartung, aus den Thatsachen des Bewusstseins die Existenz eines Bewusstseinstransscendenten allge- mein-gültig genügend abzuleiten, ist innerhalb eines nicht voll- ständig kritischen Denkens entstanden. Dasselbe nimmt selbständige Existenz jenseit des Bewusstseins als einen in sich klaren Begriff, und versucht dessen thatsächliche Gültigkeit aufzuzeigen. Dies ist die Folge einer Methode, welche die erkenntnisstheoretischen Grund- fragen und ihre Auflösung in einem Umkreis möglichst weniger abstracter Begriffe festlegte, als ob deren Sicherheit hierdurch zu- nehme. Descartes, von der Mathematik verleitet, suchte in dem von der Wirklichkeit und den wissenschaftlichen Begriffen über dieselbe erfüllten Bewusstsein denknothwendige Elemente und Beziehungen; vermittelst derselben wollte er von dem cogito sum zur Aussenwelt, und schliesslich zur metaphysischen Erkenntniss gelangen. Diese Beziehungen waren natürlich um so durchsichtiger, jemehr sie blosse Denkbeziehungen waren. So intelleetualisirte man die Begriffe: Ur- sache und Substanz, man glaubte, in ibrer Klarheit und Deutlich- keit ein Kriterium der objeetiven Gültigkeit zu besitzen, und man rechnete mit ihnen im Denken. Die Metaphysiker corrigirten von diesen Begriffen aus die Erfahrungen, aus denen sie entstanden waren (ZELLER a.a. O0. 230 ff. über die so entstandenen Schwierigkeiten). Ging man später von einer richtigeren Einsicht über den Ursprung der Begriffe: Ursache und Substanz in der erkenntnisstheoretischen Be- trachtung aus, so blieb das Ziel der Methode doch immer Nachweis einer unabhängigen Existenz jenseit des Bewusstseins vermittels des Begriffs der Ursache. Das Merkmal einer unabhängigen Existenz an den Objeeten wurde nicht auf die Thatsachen zurückgeführt, die im Bewusstsein gegeben sind. So verband man mit einem Merkmal, das 1014 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai, schliesslich in den Erfahrungen des Willens gegründet ist, ohne kritische Erwägung seines Ursprungs das der Bewusstseinsjenseitigkeit. Die Einen unternahmen nun die Realität des unabhängigen Bewusstseins- transscendenten zwingend zu erweisen, während die Anderen die Un- möglichkeit eines allgemein gültigen Nachweises mit überlegenen Argu- menten aufzeigten. Wie vermöchte man aber von dem festen Boden des Selbst aus, vermittels des Begriffs der Ursache eine Brücke hinüber zu dem Jenseit des Bewusstseins zu schlagen? Dort ist kein fester Boden. So erhob sich schliesslich immer wieder neben dem kritischen Realismus der intellectualistischen Schule und seinem Zwillings- bruder, dem Phaenomenalismus, die intuitionistische Lehre, welche sich auf die Unmittelbarkeit des Bewusstseins von der äusseren Wirklichkeit berief. Ich versuche zunächst zu zeigen, dass diese Stand- punkte gegenüber der vorstehenden Analyse sich nicht halten lassen. 2. Wir haben gesehen, dass die Annahme der Schotten, JakoBr's und einiger französischer Forscher unseres Jahrhunderts von einer unmittelbaren Gewissheit der Realität der Aussenwelt falsch ist. Auch konnten wir den Ursprung dieses Scheins aufdecken; die Wider- standserfahrung nämlich entsteht zwar in einem zusammengesetzten Vorgang, aber tritt dann in unserem Bewusstsein nachträglich ais ein Einfaches auf. Immer sind vermittelnde Denkvorgänge erforderlich, die denkende Erfahrung der Realität herbeizuführen. Die Behauptung von der Unmittelbarkeit dieser Erfahrung entspringt nur dem Mangel gründ- licher psychologischer Analyse. Diese Behauptung ist durch die Ana- lyse der Gesichts- und Tonwahrnehmungen in den Arbeiten von HeımnorLtz definitiv widerlegt und die sogenannte Lehre von der Intelleetualität der Sinneswahrnehmung ist durch ihn endgültig erwiesen worden. Diese erwiesene Lehre versuchten wir nur durch den näheren Nachweis der aus dem Triebleben stammenden Seite des Objeets zu ergänzen. Zugleich gaben wir eine Methode an, aus den Verände- rungen im Wirklichkeitsbewusstsein auf die verschiedenen Factoren zu schliessen, deren Product dasselbe ist. So können wir als sicheres Ergebniss betrachten: Das Wissen von einem unabhängigen Bewusst- seinstransscendenten ist nicht unmittelbar gegeben. Dies Wissen kann aber ebensowenig durch Schlüsse zwingender Art gewonnen werden. Ein solcher Beweis steht unter der Annahme, dass die Gesetzlichkeit des Denkens Anwendung auf das inhaltlich gänz- lich Bewusstseinsjenseitige habe. Dies ist das alte Prineip der grossen griechischen Metaphysiker, wie der philosophischen Physiker des g Dirvney: Realität der Aussenwelt. 1015 ı7. Jahrhunderts. Er bedient sich der Begriffe von Existenz, Realität, Ursache, Substanz trotz der bekannten Schwierigkeiten, welche sowohl von den Positivisten seit Hune, als von den Transscendentalphilosophen seit Kant geltend gemacht worden sind. Und dennoch! Geht man von der Forderung aus, die Eindrücke innerhalb des Bewusstseins nicht blos durch Gleichförmigkeiten zu beschreiben, sondern zu erklären, so findet man sich von den angegebenen intelleetualistischen Voraussetzungen aus zu der Hypothese äusserer Ohjeete genöthigt, und dieselbe erhält um so stärkere Begründung, je mehr gerade die in der Unverdrängbarkeit und Gesetzmässigkeit gelegenen Eigenschaften der Eindrücke betont werden, wie dies HerLmmoLtz und ZELLER thun. Denn die Realität der Aussenwelt ist eben die allgemeinste Voraus- setzung, welche allen unseren Inductionen im gewöhnlichen Leben so- wie in der Wissenschaft zu Grunde liegt. Und jede gelingende Induction, jede Auffindung einer Gesetzmässigkeit, jedes vorausbedachte erfolg- reiche Handeln wird, als unter dieser Voraussetzung stehend, zu einer neuen Bestätigung derselben. Wohl kann diese Voraussetzung durch eine andere ersetzt werden und diese kann niemals völlig ausgeschlossen werden. Aber dieselbe zeigt sich als sehr künstlich und im höchsten Grade unwahrscheinlich. Die Objeetbilder sind entweder durch etwas Bewusstseinstransscendentes bedingt, das nach Gesetzen wirkt, aus welehen dann das Auftreten, Sichverändern und Schwinden dieser Bil- der erklärt werden kann, oder diese Bilder haben ihren Grund in dem Bewusstsein, das sie vorstellt. Im letzteren Falle ist dieses Bewusstsein so eingerichtet, dass es den permanenten Schein der von aussen auf- tretenden und vom Ich unterschiedenen Objeete hervorbringt. Auftreten, Veränderung und Schwinden der Objecte sind dann aus der allgemeinen Bedingung des Scheines der Realität dieser Objeete nach Gesetzen ableit- bar. Was schliesst nun aber diese zweite Annahme in sich! Jede per- speetivische Verschiebung steht nach optischen Gesetzen zu dem Wechsel des Standortes des Blickenden in festem Verhältniss. In diesen Zusam- menhang sind andere sinnenbegabte Personen gleichsam eingeschachtelt; sie besitzen Gesichtsbilder, sie erzeugen Laute und auch diese Sinnesein- drücke verlaufen allesammt so, als bestünden diese Personen und er- blickten sowohl Objecte als gegenseitig sich selbst. Endlich sind in das Leben jeder dieser Personen Zustände, die vom wachen Leben abweichen, Träume, freie Spiele der Fantasie eingeordnet; sie sind so geartet, dass sie wieder nach denselben allgemeinen Gesetzen, gemäss den Eigen- schaften der Seele, unter der Bedingung der Existenz objectiver Sinnes- reize, abgeleitet werden können. Ein so verwickelter Mechanismus von Einrichtungen, die alle gleichsam dem Schein der Existenz objeetiver Gegenstände entgegen convergiren, setzt selbstverständlich ein zweck- 1016 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. mässieg Wirkendes, das nur nicht in unser Bewusstsein fällt, voraus. Mögen wir es Ich nennen oder Gott oder Dämon, es ist die aben- teuerlichste Vorstellung, die wir fassen können: ein hypothetisches Ungeheuer ohne Gleichen. Eine gänzlich zweekwidrige, ja sinnlose "Zweckmässigkeit. Als ich, dieser einzelne Mensch, zu erfahren und zu erinnern begann. muss dies Wesen schon auf den Zusammenhang aller künftigen Erfahrungen meine allererste Erfahrung eingerichtet haben. Ein unermesslicher Aufwand von Intelligenz muss beständig für den nichtigsten Zweck — einen blossen Schein aufgewandt werden. Alle moralischen Gefühle, die in diesem Zusammenhang auftreten, aller Arbeitsaufwand des heroischen Willens kann nur durch diesen Schein bedingt sein und muss sich auf blosse Scheinbarkeiten be- ziehen. So wird diese Welt des Scheins zu einer Welt des Trugs; das weiseste und nichtsnutzigste Wesen hat dies alles hervorgebracht, ist aber zugleich mein Ich, in welchem meine moralischen Gefühle enthalten sind. Man sieht wie unwahrscheinlich eine solche Annahme ist. Man braucht sie nur auszubilden, um sie zu verwerfen. Aber — allgemeingültig widerlegen kann sie Niemand! Da-in diesem Bau bewusstseinsjensejtiger Hypothesen dem Denken überall Sehlupfwinkel bleiben, vor den Folgerungen seiner Annahmen sich im Dunkel der Transscendenz zu verbergen. Ja in dieser Beweis- führung liegt ein Fehler, welcher in jedem Argument wiedergefun- den werden kann, das diese intelleetualistische Schule aufgestellt hat. Es wäre Chicane, das Recht anzuzweifeln, die Operationen des Denkens auch auf das Bewusstseinsjenseitige zu erstrecken und auch da den Gesetzen des Denkens Geltung zu zuerkennen. Jede Argumentation steht selbstverständlich unter den allgemeinsten Eigen- schaften des Denkvorgangs, welche wir in der Abstraetion als For- men und als Gesetze des Denkens herausheben. Wie wir ohne Ge- sichtssinn nicht sehen, dieser sonach die Bedingung ist, unter der alle Bilder stehen, so kann ohne Denken keine Thatsache des Be- wusstseins ausgesprochen oder begründet, keine Ergänzung derselben dureh Nicht-Gegebenes gefunden werden. Bedenklicher ist es, auf einen Schluss von den Wirkungen zu den Ursachen die Beziehung der Empfindungen auf die Objecte zu begründen. Wir wissen nicht, ob dieser an das Bewusstseinsjenseitige so von aussen herangebrachte Begriff etwas an diesem erfasst. Aber der augenfälligste Fehler be- steht in Folgendem. Jeder Beweis, dass die Ursachen unserer Em- pfindungen ausserhalb unseres Selbst gelegen seien, kann, bei der voll- kommenen Dunkelheit dieses Ausserhalb und seiner Bedingungen, schliesslich immer nur indireet geführt werden, nämlich durch Aus- schluss der Möglichkeit, dass die Empfindungsverbindungen in dem Divrney: Realität der Aussenwelt. 1017 Selbst begründet seien. Hierbei ist aber die Voraussetzung erforder- lich, dass die aus dem bewussten Seelenleben abstrahirten Gesetze desselben als Maassstab in diesem gränzenlosen metaphysischen Felde angewandt werden können. Warum kann aber mein bewusstes Dasein nicht mit ihm verbundene Lebensbedingungen haben, innerhalb deren andere Formen des Geschehens walten? Warum können hier nicht Be- wusstseinsprocesse abgelaufen sein und Ergebnisse hinterlassen haben, während die Erinnerung an diese Processe untergegangen ist? Warum — aber es ist überflüssig im Einzelnen zu zeigen, dass die Art wie in einem solchen Zusammenhang rückwärts unser Selbst gegründet sein und wie es aus denselben Bedingungen für den uns bekannten Lebensablauf erhalten kann, gänzlich unbestimmbar ist, und dass doch auf den Bestimmungen hierüber jeder Beweiss der intelleetua- listischen Schule für die Realität der Aussenwelt beruht. 3. Wir konnten durch psychologische Analyse zu klarem Bewusst- sein erheben, wie uns Realität eines von uns Unabhängigen im Be- wusstsein gegeben sei und was wir darunter zu verstehen haben. Der ganze Sinn der Worte Selbst und Anderes, Ich und Welt, Unterscheidung des Selbst von der Aussenwelt liegt in den Er- fahrungen unseres Willens und der mit ihm verbundenen Gefühle. Alle Empfindungen und Denkprocesse umkleiden gleichsam nur diese Erfahrungen. Könnte man sieh einen Menschen denken, welcher ganz Wahrnehmung und Intelligenz wäre, dann würde dieser intelleetuelle Apparat vielleicht alle möglichen Mittel zur Projeetion von Bildern enthalten: niemals würde dieses alles doch die Unterscheidung eines Ich von realen Gegenständen möglich machen. Deren Kern ist viel- mehr das Verhältniss von Impuls und Hemmung der Intention, von Wille und Widerstand. Ich habe zu zeigen versucht — und gerade in diesem Einzelnachweis lag das mir Wichtige —, dass dies selbe Verhältniss an allen Stellen des Gewebes unserer Eindrücke den- selben ihre Realität mittheilt, dass es vermittels der Mitwirkung des Denkens Realitäten summirt, die Wirklichkeit verdichtet und über den einzelnen Setzungen von Realität schliesslich in den Gesetzen, die als Kraft wirken, mächtige Klammern gleichsam innerhalb der ganzen Wirkliehkeit herstellt. Wir sahen weiter, Impuls, willkürliche Be- wegung, Druck, Widerstand, Hemmung, Eintreten des Nichterwarteten, Versagen des Gewollten und Verdrängbarkeit des Widrigen, Nicht- eintreten des Erwarteten bilden überall gleichsam die Innenseite des Zusammenhangs unserer Wahrnehmungen, Vorstellungen und Denk- 1018 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. vorgänge. In dem Maasse, in welchem diese inneren -Bestandtheile sich summiren, in einander wirken, über einander greifen wächst der Charakter von Wirklichkeit, welchen die Bilder für uns haben. Sie wird zu einer Gewalt, die uns ganz umfängt, ein Netz, dessen Maschen nichts durchlassen, dem nichts sich entzieht. Impuls, Druck, Wider- stand sind nun gleichsam die festen Bestandtheile, welche allen äusseren Objeeten ihre Solidität mittheilen. Wille, Kampf, Arbeit, Bedürfniss, Befriedigung sind die immer wiederkehrenden kernhaften Elemente, welche das Gerüst geistigen Geschehens ausmachen. Hier ist das Leben selber. Es ist beständig sein eigener Beweis. Von diesem Standpunkt aus kann nun die Frage nach der Ent- stehung des Bewusstseins von Realität im Einzelnen vollständiger und angemessener aufgelöst, sonach die Erklärung dieses Bewusstseins von Realität befriedigender hergestellt werden. »Wenn die Wahrnehmun- ven«, so fasst ZELLER die geltende Ansicht zusammen (Vorträge II 253) »anerkanntermaassen nur Vorgänge in uns sind, von denen wir vor- aussetzen, sie seien durch Gegenstände ausser uns hervorgerufen, so lässt sich schlechterdings nicht einsehen, auf welchem anderen Wege wir zu dieser Voraussetzung gekommen sein könnten, als durch einen Schluss von der Wirkung auf die Ursache. Wir finden diese Empfin- dungen und Wahrnehmungsbilder in uns vor, und die Natur unseres Denkens nöthigt uns nach ihrer Ursache zu fragen.« Ich nehme da- gegen an, dass wir nicht durch Unterordnung unter die Conception der Ursache ein Aussen im Denken construiren: uns ist vielmehr in den Erfahrungen der Hemmung und des Widerstandes die Gegen- wart einer Kraft oder Ursache gegeben, die wir dann als eine äussere, von uns getrennte auffassen müssen. Denn die Hemmung und der Widerstand schliessen ebenso gut Kraft in sich als der Impuls. Wie in dem Bewusstsein des Impulses die Erfahrung liegt, dass ich eine Kraft übe, so liegt in dem Bewusstsein der Hemmung und des Wider- standes, dass eine Kraft auf mich wirkt. Ich kann die lastende Vor- stellung meiner Krankheit durch Willensanstrengung nicht entfernen, sondern sie übt auf mein Lebensgefühl einen dauernden Druck. In jeder Erfahrung solcher Art werde ich deutlich inne, dass in dem Druck oder der Hemmung eine Kraft gegenwärtig ist. Hierbei ist das, was wirkt, von dem, auf welches es die Wirkung ausübt, eben durch dieses Verhältniss unterschieden. Dies schliesst natürlich nicht aus, dass Ein Zusammenhang das relativ Gescehiedene umschliesst. So sondern Praro Intelleet und Sinnlichkeit als Theile der Seele und die Empiristen die Empfindungen als Einzelkräfte relativ von einander. Die Trennung verschärft sich, wenn ein econstanter Wille, von welchem Impulse zu Bewegungen planmässig ausgehen, demselben Widerstande Divraeyr: Realität der Aussenwelt. 1019 permanent begegnet. Nun bilden wir ferner das Zweckganze unseres Ich, und das hier erlebte Structurverhältniss wird uns zum Leitfaden, die Eindrücke zum Ganzen einer anderen zweiten Person zu verknüpfen. Aus dem verworrenen Spiel der Eindrücke tritt dem Kinde die Mutter als volle Wirklichkeit heraus: erste Repraesentation von Realität über- haupt. Ich verfolge dies nicht, sondern hebe einen anderen entscheiden- den Punkt hervor, an welchem meine Erklärung sich von der herr- schenden trennt. Nach dieser werden von uns Empfindungen, die als solche nur Vorgänge im Inneren des empfindenden Subjects sind, auf Dinge ausserhalb des Bewusstseins bezogen, und die Regelmässigkeit dieser Beziehung hat dann zur Folge, dass wir Bilder und Dinge nicht zu trennen wissen, sondern die Dinge selber zu sehen glauben (a. a. O. S. 247). Ich nehme vielmehr an, da ein auftretender Empfindungs- verband sich vom Impuls unabhängig erweist, mein Triebleben hemmt und mein Bedürfniss nicht zur Befriedigung gelangen lässt, so ist mir in diesen Wirkungen eine Kraft gegenwärtig, deren Aussenseite gleichsam die Empfindungsverbindung ist. Hierin ist die Dingvorstellung gegeben. Daher machen mich auch alle durch die Bedingungen des Wahrnehmens herbeigeführten Veränderungen meiner Bilder nicht daran irre, dass die Kraft, welche das Ding ausmacht, in diesen Eindrücken EB enwärtig und wirksam ist. In der Empfindungsverbindung sitzt das Objeet. Erst die nachträgliche wissenschaftliche Betrachtung legt dies Verhältniss dahin auseinander, dass das Bild der Effect des Zu- sammenwirkens der Empfindungsleistung mit einer äusseren Ursache ist, sonach das Bild sich auf den Gegenstand beziehe. Das Selbst und die Objeete liegen daher beide innerhalb des Bewusstseins. Denn in den Wirkungen auf den Willen und die Gefühle ist die äussere Kraft gegenwärtig. Das Object hat ferner dieselbe Kernhaftigkeit als das Selbst. Denn es ist nicht durch das Denken in das Leere hinein eonstruirt, sondern hat an dem Erlebniss des Willens sein eigenes Leben und seinen selbständigen Kern 4. Und nun lässt sich endlich auch auf diesem Standpunkte das "Problem vom Rechte unseres Glaubens an eine äussere Wirklich- keit auflösen. Die philosophische Begründung dieses Glaubens kann nur dasjenige analytisch darstellen, was in der lebendigen Erfahrung gegeben ist und dann vermittelst der in dieser Erfahrung aufgefundenen Bestandtheile den Horizont derselben erweitern. Sie spricht also nur aus, was Realität der Aussenwelt im wohlverstandenen Sinne dieser Erfahrung ist. Auch ist, wofern unsere Erklärung sich bestätigt, eine 1020 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilnng v. 1. Mai. solche Interpretation der Erfahrung völlig ausreichend. Wir brauchen nieht von den Thatsachen des Bewusstseins im blossen Denken ver- mittelst des Schlusses auf Ursachen in das Bewusstseinsjenseitige hinüberzulangen. In jeder Erfahrung von Heinmung oder Widerstand ist uns die Kraft gegenwärtig, die in diesem Druck auf den Willen wirksam ist. Die relative Sonderung, welche hiermit immer gegeben ist vollendet sich in der Unterscheidung des Selbst von einer anderen Person. Trennung eines Aussen von einem Selbst ist nichts als das in dieser typischen Erfahrung gegebene Verhältniss. Sofern ein Empfindungsverband die Structur eines Willenszusammenhanges nicht besitzt, aber die permanente Ursache eines Systems von Wirkungen ist, nennen wir ihn Object. Überall wo wir dieselben Bestandtheile durch Schlüsse erweisen können. setzen wir Realität. Und die Ob- jecte erweisen in den vom Willen unabhängigen Gleichförmigkeiten des Wirkens oder den Gesetzen ihre selbständige Wirklichkeit. So ist in dieser Ansicht der Phaenomenalismus aufgehoben, indem das Bewusstsein von der Realität der Aussenwelt den Thatsachen des Willens, der Triebe und Gefühle eingeordnet wird, welche das Leben selber ausmachen. Der Gegensatz von Speculation und Leben oder Handeln ist aufgelöst. In einem Gespräch zwischen einem Vedan- tisten und Buddhisten wird der Idealismus so widerlegt: “behauptet Jemand, wir gewahren keine Objecte, so ist dies, als wenn Jemand, der isst, während sich ihm die Sättigung ganz unmittelbar fühlbar macht, behauptet, ich esse nicht und ich werde auch nicht satt’. Dies drückt richtig aus, dass die Realität im Willen aufgeht und das ihm gänzlich Jenseitige ein blosses Wort ist. Die Erfahrungen des Willens, in denen das Objeet entsteht, sind durch Empfindungspro- cesse und Denkvorgänge vermittelt; dies habe iclı überall aufgezeigt. Aber in diesen Vermittelungen liegen gleich festen Kernen die be- wussten Willenszustände von Impuls und Hemmung. Diese sind un- mittelbare Thatsachen. Es muss in seiner Tragweite erwogen werden, dass vom Impuls zur Willenshemmung nur Empfindungen, Vorstel- lungen, Denkprocesse hinüberführen, man muss zugeben, dass diese ümpfindungen als bloss subjeetive Bilder aufgefasst werden können, und alsdann wäre, ‚so zu sagen, für den Willen kein Anlass, sich, gehemmt zu finden. Die Natur der Bilder und Vorstellungen schliesst eine solche Auffassung nicht aus, ja Hallueination, Traum und Irresein &eben hierfür Analogien. Jedoch die harten Willensthatsachen von Impuls und Hemmung verbieten eine solche subjective, phaenomena- listische Wendung. Der Impuls dauert fort, während die Hemmung eintritt. Es sind nieht Zustände, die auf einander folgen, vielmehr gleichzeitig besteht der Impuls fort und findet sich gehemmt. Man Dirreey: Realität der Aussenwelt. 1021 denke nun den Impuls als Ergebniss der Willensentschliessung in einem Selbst, die Hemmung ebenso als solche in einer anderen Person. So wenig wie im Denken a und non-a zugleich gesetzt werden können, so wenig kann nunmehr diese Willensintention und die so bestimmte Gegenwirkung gegen sie demselben Willen zugeschrieben werden. Dass dem Ich ein Du oder ein Es gegenübersteht, das heisst nichts anderes, als dass so von meinem Willen ein ihm gegenüber Unabhängiges erfahren wird. Nun sind zwei Selbständigkeiten da, zwei Willenseinheiten, und das ist die Erfahrung, welche diesen Aus- drücken Einheit, Aussereinandersein und Mannigfaltigkeit von Willen oder Objeeten überhaupt zu Grunde liegt. Der Wille und seine Hem- mung treten innerhalb desselben Bewusstseins auf. Wie sie heide gleichsam umkleidet sind von Empfindungsaggregaten und Denkvor- gängen, wird der Wille zu der im Körper erscheinenden Person, das Widerstehende zum Objeet. So kommt es, dass beide bewusste Thatsachen sind und wir sagen können, dass das Bewusstsein beide umfasse. Hier begegnen wir einem seltsamen Problem. Die Begriffe von Wirkung und Ursache sind durch Verallgemeinerung und Abstraetion aus den angegebenen Erfahrungen des Willens entstanden. Wir nehmen nun an, dass die Ursache gleichsam in das, worin sie wirkt, hinein- tritt und so in ihm gegenwärtig ist; aber dies schliesst für uns nicht aus, dass sie zugleich jenseit desselben und von demselben getrennt ist. Dies ist der abstracte Ausdruck des Thatbestandes, nach welchem innerhalb des Bewusstseins ein Widerstand, eine Hemmung der In- tention auftritt, die sich gleichsam jenseits des Willens erstreckt. Indem wir die Bewegungen der Körper vermittels dieser Er- fahrungen von Impuls und Widerstand interpretiren, entsteht die Con- ception einer Mannigfaltigkeit physischer Kräfte. Diese Inter- pretation wird dadurch begünstigt, dass der Impuls schon in unserer eigenen Erfahrung als Bewegungsantrieb auftritt, ebenso die Hemmung der Intention als Berührung, Widerstand und Druck. Es ist belehrend zu sehen, wie in der Mechanik und mechanischen Philosophie des ı7. Jahrhunderts der Begriff des Momentes bei Gauıter, des Impetus und Conatus bei Hosges, dann bei demselben der Zusammenhang von diesen Begriffen bis zur Empfindung, ferner die Correlation von Be- wegungsvorgängen und Innenzuständen bei Spmoza, das Erscheinen der Mannigfaltigkeit der Kräfte in dem System der Bewegungen bei Leıenız gleichsam die Fäden nur fortspinnen, welche so in den Erfah- rungen des Willens und der Umkleidung derselben durch die Empfin- dungsaggregate im ungelehrten Menschen gleichmässig gegeben sind. Ebenso construiren wir dann auch alle geschichtlichen Vorgänge von 1022 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 1. Mai. einem Mannigfaltigen der Willenseinheiten aus. Alle äusseren körperlichen Handlungen dieser psycho-physischen Wesen sind uns der Ausdruck von Willensvorgängen in denselben. Willenseinheit, Kampf der Willen, Verwandtschaft und Solidarität derselben, Herrschaft, Ab- hängigkeit, Verband: alles Willensthatsachen. Auf ihnen beruht die Geschichte. Und zwar taucht hier ein Hintergrund hinter den Einzel- personen wie aus Nebeln auf. Die Objecete und ihre einzelnen Elemente sind dureh Gesetze zur Einheit verbunden, die Personen erscheinen in den Verhältnissen der Verwandtschaft und Solidarität, in dem Be- dürfniss ihres Denkens nach Allgemeingültigkeit, in den Thatsachen von Ehrgefühl und überlıaupt von Bestätigung des eigenen Gefühls durch Andere nicht als Atome, sondern in einer uns unfassbaren Weise verbunden. Alle metaphysische Speeulationen darüber, wie ein Ich getrennt sein, wie das Getrennte aufeinander wirken, wie beides unter dem- selben Gesetz stehen könne, ja wie ein Ich in einem Körper wohnen möge, entspringen aus dem Mangel kritischer Selbstbesinnung; das Denken will hier hinter die Thatsachen zurück, die in seinen Begriffen ausgedrückt sind. Sie werden zugleich befördert durch die falschen Trennungen, welche aus den Voraussetzungen der abstracten intellec- tualistischen Richtung hervorgehen. Wir erfahren in jeder Stunde unseres Lebens, wie gerade die Selbständigkeit des wollenden Ich zu- sammen mit Hemmung seiner Volition und seiner hierdurch gesetzten Bedingtheit und Abhängigkeit auftreten. Wir erleben wie das Eigen- leben der Willen, ihr Kampf, und das Bewusstsein von Verwandt- schaft und Solidarität zwischen ihnen zusammen bestehen. Ziehen wir hieraus abstracte Begriffe und bringen sie in Beziehungen, so ent- locken wir durch diese Procedur der Erfahrung nichts über sie Hinaus- reichendes. Ausgegeben am 9. September. 1023 1890. XL. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers. l. Hr. Kroxecker las: Zur Theorie der elliptischen Func- tionen. 2. Hr. von Bezorv legte vor: Untersuchungen über die so- genannten leuchtenden Wolken von O. JEssE. 3. Hr. Prinesnem überreichte einen Bericht des Hrn. Prof. SchimpEr in Bonn über seine mit Unterstützung der Akademie ausgeführte Reise nach Java und legte eine, Resultate von Beobachtungen auf dieser Reise enthaltende, Mittheilung desselben vor: über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, besonders in der Flora Java’s. Sämmtliche Mittheilungen sind in diesem Stück abgedruckt. Sitzungsberichte 1890. 88 Ka in Han I be Ei av u Be la X Ben: Wat “. Be © Kr Hei a rn 7 ST 1 SR eh RN Saar Y; De Bat rR BES En Ka HR TREE ı za Leere Ale LEN, AlTar Fer. Br RR Re ln Re Ba AYUTTERREE 4 „00? >16) FIRE 0 a Ban ae RE ABER. ARSCH ee DR EL a Aa 4 Wh hr Be, a ; El RR de % A UT ER, h i EEE TR CE A ME LE ee u rn: rel, a, IE ya ir j ER IN P N | PR DE PLN . Ri 1025 Zur Theorie der elliptischen Functionen. Von L. Kronecker. (Fortsetzung der Mittheilung vom 20. März 1890. XV1.) XXI. SL: Di schon im Anfange des art. XXI hervorgehobene fundamentale Bedeutung der mit Ser (2,, %,v,) bezeichneten Reihe zeigt sich noch besonders darin, dass man durch deren Integration zu einer neuen merkwürdigen Verallgemeinerung der Jacogr'schen ®-Funetion gelangt. Setzt man nämlich, wie in den vorhergehenden Abschnitten: MN EN so ist: (ns, — mr, 2m e > (+ m)v + (r+ n)w : m,n SEr(%,, 0, 0,00) = und zwar unter den im art. XXI angegebenen Summationsbedingungen. Nun besteht offenbar, gemäss der zweiten von den am Schlusse des art. XXI hergeleiteten, a. a. O. mit (M) bezeichneten Gleichungen, die Reihenrelation :' U, we Ser (U, u,,0,W), oder also: „(er +n)oo— (re +m)ro) 2mi „ame — mr) 2mi = I former mn (, SF m) Ü + (r, +n) w : mn und wenn man auf beiden Seiten das eine Mal in Beziehung auf o, von co, bis o/, das andere Mal in Beziehung auf r, von r, bis r/ inte- grirt, so kommt: ! In der schon am Schlusse von art. XX hergeleiteten, a. a. O. mit (S(N)) bezeichneten Reihenrelation ist der Werth von w so vorausgesetzt worden, dass z=-+1 wird. 1026 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. Juli. Pa („+ m) 2ri (e? en Dr Be) En en 5 - (r+n) ((c an m)o+(r+n) w) eu DD (ne — mr) 2ri log (e, Sr m) Dias (Fo 1% n) w ; i 2 (.+m)o+(r,+n) w («+ m) © (®) oe + n)2ri (e”o (e + m)2rni Br i- >> (c + m) ((c+ m)v +(r+n) = f (.t+m)e+ (r/ ta)w (o, Er m)v E (= 22 n) w — 2Eemri >, ATI INGE m,n Damit die zu integrirenden Ausdrücke in dem Integrationsinter- valle durchweg endlich bleiben, wird vorausgesetzt, dass weder zwischen o, und ©) noch zwischen r, und r/ eine ganze Zahl liegt. Die Frage der Convergenz der Reihen auf der rechten Seite der beiden Gleichungen (®) wird auf die in den vorhergehenden Abschnitten erledigte Frage der Üonvergenz der Reihe Ser, (w, «,, v, w) für die Fälle p= o und = ı zurückgeführt, wenn man den Logarithmus: (5 +m)v + (Ktn)w (,— ,)v oder log (s, + m) ® ar (+ n) w („+mo+(r 22 n) w auf der rechten Seite der ersteren Gleichung (®) durch die Reihe: 2 (a) Hroite (I+P) (+ m)v + (r,+ n) ») ersetzt. Denn der alsdann resultirende Ausdruck kann in die drei log ı+2 Theile zerlegt werden: v. (0,— ©) Ser, (u, u,, v, %), - 0 (0, — ©)” Ser, (%, %,, d, %), ER (v (o, 1x4 A) „nz — ma) ai ie an (+ mo + (+ n) w) + und dass die Reihe: I > > (.tmM)o+r+ n)w|'*: p=2 also auch die Reihe, welche den letzten jener drei Theile bildet, convergirt, ist bereits von Eisenstein nachgewiesen worden.' ! Vergl. $.2 der Abhandlung »Genaue Untersuchung der unendlichen Doppel- produete, aus welchen die elliptischen Functionen als Quotienten zusammengesetzt sind«. Ürerre’s Journal Bd. 35, S. 166. Kroxeorer: Zur Theorie der elliptischen Funetionen. 1027 Wenn man in der ersteren der Gleichungen (®B) r/ für r, sub- stituirt und alsdann beide Gleichungen addirt, so resultirt auf der rechten Seite die Reihe: a j EEE. \ tm)» +(r+n)w (6) 2Emi > et —mz) 2m ee o tm) ed: (Boist: 1) u f = tmv+lr + n)w während der Ausdruck auf der linken Seite sich zuvörderst als ein Aggregat von Reihen in folgender Weise darstellt: „e +n)eg— (ec + m) rg) 2ri AG +n)eo— (re +m)r)) 2ri © >3 . >, (r+n) (( +m)o+(r+ n)ıw) zu (r+n) (( +m)o+(r+ n)w) ‚(e +n)eo—(c+ m) ro) 2mi „(e +n)eo—(c+ m)r,) 2rmi — + w > (s+ m) ((c m) v+(r+n) w) gi >> (o+ m) ((c +m)v ni (r-+n) w) Nun erhält man durch Vereinigung der mit dem Minuszeichen ver- sehenen zweiten und vierten dieser vier Reihen das Reihenproduct: 20 (ce -+m) ri eret n) mi = com : m are Trtn und die einzelnen Werthe dieser beiden Reihen sind durch die Glei- chungen bestimmt: e Wole tm) mi er [Kl = > = a —— = e+m rl er e27° (e-+n) ri Pa [eo] — 27H» a. a Dear n Man kann daher, wenn man noch berücksichtigt, dass der Voraus- setzung nach [r/] = [r,] ist, den ganzen Ausdruck auf folgende Form bringen: ‚(€ +n)eo— (e +m)ro) Zi (e+n)oo—(c+ m) ro) 2ri e v> f +% (D) > (+ n)((e+m)o+(r+n)w) > (+ m)((c+m)o+(r+n)w) 7 T =etr2oll + 2r[eo]) mi. sinoz sinTr Da der Werth dieses Ausdrucks (D) mit dem von (6) über- einstimmt, so muss man dafür den entgegengesetzten Wertli erhalten, wenn co, mit o/) und zugleich 7, mit r/ vertauscht wird. Dies kann an dem Ausdruck (D) selbst nachgewiesen werden, indem man zeigt, dass die Summe des Ausdrucks (D) und desjenigen (D’), welcher durch die angegebene Vertauschung entsteht, gleich Null wird. Nun ist diese Summe gleich der Differenz von: 1028 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. G +n)og— (e+ m) ie (e@ +n) eg — (ce + m) r/)) ri (© > (o + m)(r+n) j und: (€) 5 7 ? ae et 2elol+ 2rleo)) ö sSinor siNnTr Bringt man den ersteren Ausdruck (€) auf die Form: Mr ge role t+m)zi &roetn) ri & let m)zi ie eretn ni +2 c+m \ ern m n — o+m u tn m n und summirt die einzelnen Reihen in der oben angegebenen Weise, so erhält man dafür den Werth: (—s+r)ai BEFRERSEEN (ed a2 ee el) 22n sin or sinrr welcher in der That mit dem Ausdruck (€’) übereinstimmt, da der Voraussetzung nach: [so] = [eo], Iro] = Irol ist. Bildet man jetzt die halbe Differenz der beiden mit (®) und (D) bezeichneten Ausdrücke, welche ihrem Werthe nach mit (D) überein- stimmt, so fällt der letzte der drei Theile in dem obigen Ausdruck von (D) fort, und es resultirt die doppelt unendliche Reihe: (+ m) = +n)w A F+n)eg;—(e+m)r, )ami Ne 0, (e+m)r, )2r (8) IT (+ m)v v+(r+n)w B 2(0 + m) (r +n) I Deren Werth hat sich also durch die vorstehende Entwickelung als übereinstimmend mit demjenigen der obigen Reihe: S ER: (ne— mr) Zr on (c ar m) + (m +n)w (9 m == > (,+m)oe + (+ n)w erwiesen, sowie mit demjenigen des Ausdrucks: t’ 20 °o 2EvHIi [se (so+rw, 0,0+7,w,v, w) do,t zei | Ser ((o+rw,0,0+7,W,v, w)dr,, Co To in welebem die Reihen unter den Integralzeichen in der bei (M) im vorigen Abschnitte angegebenen Weise durch $-Functionen dargestellt werden können. Es ist noch hervorzuheben, dass der Werth der Reihe (j}), wenn 2 co+m) — (r+n)w man unter dem Summenzeichen den Factor weg- ((+me+(r+n)w Kroseorer: Zur Theorie den elliptischen Functionen. 1029 lässt, gleich Null wird, und dass demnach die Werthe der beiden Reihen: Mr „(e +n)e,— (e + m) r/)2ri BR „(e +n) oo — (e + m)r,)2mi () ® 2 D > (r+n) (( + mo + (*+n)w) „« +n)og—(e tm)rg)2mi A +n) eo — (ce +m)r.)2ri F) En 2 a 2 (0 + m) ((s +m)e+(r+n) ») mit demjenigen der Reihe (x) übereinstimmen. (Fortsetzung folgt.) R 2 DR 2 ee o na ee. Li: 1031 Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. Von 0. JEsseE in Steglitz. (Vorgelegt von Hrn. von Bezor».) Hierzu Taf. VII. in aller Kürze erlaube ich mir zunächst in Erinnerung zu bringen, dass seit dem Jahre 1885, in offenbarem Anschlusse an diejenigen Erscheinungen, welche auf den grossen vulcanischen Ausbruch in der Sundastrasse folgten, in den Sommernächten sowohl der nördlichen als der südlichen Erdhalbkugel eigenthümliche Wolkengebilde wahr- genommen worden sind, deren grosse Helligkeit in Verbindung mit dem jeweiligen Stande der Sonne unter dem Horizonte darauf hin- deutete, dass sie sich in sehr grossen Höhen über der Erdoberfläche befanden, somit wahrscheinlich die letzten, in die grössten Höhen emporschleuderten, und dort mitten in den Sommernächten noch von directem Sonnenlichte erhellten Auswurfproducte jener Katastrophe darstellten. Ausserdem war aber aus den zeitlichen Umständen, unter welchen diese Wolkenerscheinungen wiederkehrten, der sichere Schluss zu ziehen, dass die Stoffe, aus denen sie bestanden, über denjenigen Theilen der Erdoberfläche, über denen sie im Lichte der unter dem Horizont stehenden Sonne erbliekt wurden, nicht zu allen Jahreszeiten in derselben Menge und Verdichtung vorhanden waren, sondern dass sie sich periodisch über derjenigen gemässigten und derjenigen Polar- zone der Erde, welche gerade Sommer hatten, ansammelten. Man muss hiernach annehmen, dass in den grossen Höhen, in denen diese Wolken sich bewegten, eine besondere Art von Üircu- lationsprocess stattfindet, welcher uns jetzt zum ersten Mal dureh die Jährliche Wanderung jener das Sonnenlicht stark retlectirenden kleinsten Theilchen erkennbar gemacht wird. 1032 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. Juli. Endlich bot auch die mehrjährige Dauer des Schwebens jener Stofftheilchen in so dünnen Atmosphaerenschichten, nämlich in einem die Höhen der Cirrus- oder Eiskrystall- Wolken weit übertreffenden Abstande von der Erdoberfläche, ein interessantes Problem, welches der von Jahr zu Jahr zu wiederholenden Messung der Höhen der leuchtenden Wolken an und für sich schon eine bedeutende Wichtig- keit verlieh. Die ersten in den Jahren ı885 und ı886 von mir ausgeführten Messungen dieser Abstände hatten lediglich in einer Ermittelung der Beziehungen bestanden, welche zwischen dem Scheitelabstande der Beleuchtungsgrenze dieser Wolken und dem Scheitelabstande der unter dem Horizonte befindlichen Sonne stattfanden. Sie beruhten also auf der damals noch willkürlichen aber in den folgenden Jahren durch genaue trigonometrische Höhenbestimmungen der Wolken bewiesenen Annahme, dass dieselben in direetem Sonnenlichte leuchteten. Damals ergaben sich Abstände von der Erdoberfläche im Betrage von 50 bis Bor nahme jener Wolken von zwei etwa 30°” von einander abstehenden Standpunkten ergab eine Höhe von etwa 75" Eine im Jahre 1887 von mir veranlasste photographische Auf- km ‚ während aus der in demselben Sommer von Hrn. Professor Urraskı in Moskau geleiteten Beobachtungsreihe, bestehend in gleichzeitigen Messungen der Örter, welche die Wolkenumrisse von verschiedenen, mehrere Kilometer von einander entfernten Beobachtern gesehen am Himmel einnalımen, im Durchschnitt ein Höhenbetrag von 66°" gefunden wurde. Ich will diesen Zahlenangaben sogleich die weiter unten näher zu belegende Mittheilung anreihen, dass die im Jahre 1889 von mir und unter meiner Leitung ausgeführten photographischen Aufnahmen der Wolken in Steglitz, Nauen und Rathenow mit grosser Sicherheit einen mittleren Werth des Abstandes der Wolken von der Erdober- fläche im Betrage von rund 83" ergeben haben. Es würde verfrüht sein, aus der Stufenfolge dieser Resultate jetzt schon den Schluss zu ziehen, dass der Abstand der leuchtenden Wolken von der Erdoberfläche in den letzten fünf Jahren gewachsen sei; denn die älteren Bestimmungen vor ı889 haben bei weitem nicht die Genauigkeit, welche in letzterem Jahre erreicht worden ist. Jedoch kann man mit ausreichender Sicherheit aus den vorstehenden Angaben entnehmen, dass sich der Abstand der Wolken von der Erdoberfläche keinesfalls in irgend erheblichem Grade vermindert hat, was an sich schon ein bedeutsames Ergebniss ist und dafür zu sprechen scheint, dass in jenen Höhen gewisse, das anhaltende Schweben kleinster Stoff- theilchen unterstützende Gegenwirkungen gegen die Schwere statt- finden. Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1033 Bevor ich dieser einleitenden Erörterung nun die näheren An- gaben über die Resultate unserer Bestimmungen der Örter sowie der Geschwindigkeiten und Richtungen der Ortsveränderungen der von uns im Jahre 1889 beobachteten leuchtenden Wolken folgen lasse, will ich noch in Kürze bemerken, dass die anhaltenden nächtlichen Beobachtungsreihen des vorigen Jahres und auch des gegenwärtigen Sommers, in welchem wiederum sehr reiche und günstige, aber noch der Messung und Berechnung harrende photographische Aufnahmen der Wolken gelungen sind, auch noch einen Zug der Erscheinung etwas deutlicher haben hervortreten lassen, welcher von ansehnlichem geo- graphischem und astronomischem Interesse sein dürfte. Es hat sich nämlich fast ausnahmslos ergeben, dass die Helligkeit jener Gebilde allnächtlich eine bedeutende Zunahme nach den Morgenstunden hin erfahren hat. Es liegt nahe, dabei an die entsprechende Erscheinung in dem Gebiete der Häufigkeit und Intensität der Sternschnuppenerscheinungen zu denken, bei denen man die ähnliche Wahrnehmung mit voll- ständiger Evidenz dadurch erklärt hat, dass die betreffenden Himmels- flächen sich in den Morgenstunden bei der Bewegung der Erde um die Sonne an der vorderen Seite unseres Fahrzeuges befinden, somit allen jenen Gegenwirkungen, welche sich aus dem Himmelsraum am unmittelbarsten in den höchsten Atmosphaerenschichten der schnellen Bewegung der Erde entgegensetzen, am stärksten unterworfen sind. Die sichersten Ortsbestimmungen und Bewegungsmessungen der Wolken sind aus den in genau verabredeten Zeitpunkten gleichzeitig ausgeführten photographischen Aufnahmen in Steglitz und in Nauen hervorgegangen. An ersterem Orte wurden dieselben von mir, an letz- terem von unserem freiwilligen Mitarbeiter, Hrn. Uhrmacher ©. F. W. BAEKER ausgeführt. Zur Durchführung dieser Untersuchung wurden von Seiten der Königlichen Akademie Mittel gewährt, während sie zugleich von der Königlichen Sternwarte, sowie von dem Königlichen Meteorologischen Institut zu Berlin und der Kaiserlichen Seewarte zu Hamburg durch leihweise Überlassung von Instrumenten Unter- stützung fand. Der Abstand des Beobachtungsortes in Nauen von demjenigen in Steglitz beträgt 35"" und zwar in der Richtung Westnordwest. Auf den photographischen Platten bildeten sich ausser den Wolken auch noch die Umrisse einiger benachbarter Häusergiebel u. dergl., sowie in mehreren Fällen helle Fixsterne, nämlich & und & Aurigae, ab. Hierdurch wurde an jeder Beobachtungsstation eine vollständige und übereinstimmende ÖOrientirung des Ortes, welchen die Wolkenumrisse an der Himmelsfläche einnahmen, ermöglicht. 1034 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31, Juli. Wenn man sich nun die Lage des Dreiecks vorstellt, dessen Grundlinie die Verbindungslinie von Nauen und Steglitz, dessen Spitze ein bestimmter Punkt der Configuration der ausschliesslich auf der Nordseite des Himmels wahrgenommenen Wolken bildet, so sieht man leicht ein, dass auf der in dem östlich gelegenen Steglitz auf- genommenen Photographie der Himmelstfläche die bezügliche deutlich zu identifieirende Stelle der Wolkenumrisse, orientirt gegen die gleich- zeitig aufgenommenen Sterne, westlicher liegen muss als auf der in Nauen aufgenommenen Photographie. Dies ist auf den beiden beispielsweise angefügten Abbildungen Fig. ı und 2 deutlich zu erkennen. Fig. ı stellt eine in Steglitz, Fig. 2 eine gleichzeitig in Nauen gemachte Aufnahme dar. Die letz- tere lässt die beiden Sterne « und ® Aurigae, die erstere nur 8 Aurigae erkennen., Man bemerkt aber sofort, dass die nach der ganzen Struetur der Wolke leicht zu identifieirenden Punkte derselben auf dem Steglitzer Bilde weiter nach links (westlicher) von & Aurigae abstehen, als auf dem Nauener Bilde. Könnte man die beiden Aufnahmen so aufeinander legen, dass die beiden Bilder desselben Sternes sich genau decken und ausser- dem die Vertical-Richtungen auf beiden Bildern genau parallel wären, so könnte man den Abstand zwischen dem Orte, welchen ein und derselbe Punkt der Wolke in dem einen Bilde einnimmt, von dem Orte, welehen derselbe in dem andern Bilde einnimmt, unmittelbar messen. Alsdann gäbe das Verhältniss dieses Abstandes zu der Brennweite des Linsensystems, mit welcher die Photographie auf- genommen ist, gemäss der besonderen Lage der Standlinie sofort einen ziemlich zutreffenden Näherungswerth für das Verhältniss zwischen der Länge der Standlinie Steglitz-Nauen und dem Abstande der Wolke von dieser Standlinie. Da die Brennweite der Apparate rund 200”"” betragen hat, so würde hiernach eine Verschiebung des einen Wolkenbildes gegen das andere im Betrage von 10”" bedeuten, dass die Wolke um das Zwanzigfache der Länge der Standlinie, also um rund 700°” von derselben entfernt war.! In der That haben sich durch genauere Ausmessung der photo- graphischen Aufnahmen und erschöpfende trigonometrische Berech- nung dieser Messungen Entfernungen zwischen etwa 500—700"” bei den meisten Aufnahmen von 1889 ergeben, d. h. die Wolken be- fanden sieh meistens über der mittleren Ostsee und über dem süd- lichen Schweden etwas südlich von Stockholm. Mit Hülfe des ! Auf der nebenstehenden Tafel sind die Aufnahmen verkleinert. v1. f a 1 1890. SS. gsber. d. Berl, Akad. d. W ZUunG Ss dt ‚uoyfo Mm UOPua}yonaT UaUUEUBFOS Ip daqn "UOMEN Our 81 ‘2 ımp Öggı [a7 nV €) uoFunygonsasrun :assap "Z0998 ;OuVPr 51 Io Samt G mp Oggı Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1035 Scheitelabstandes der Wolken, den man durch die Lage gegen den Stern leicht fand, konnte man sodann aus den Entfernungen die Abstände der Wolken von der Erdoberfläche mit grosser Sicherheit bestimmen, nämlich so, dass die mittlere Unsicherheit einer einzelnen Bestimmung, soweit dieselbe lediglich von den Ausmessungen der photographischen Abbildungen abhängig war, kaum ı—2"” über- steigen konnte. Etwas grösser sind jedoch diese Unsicherheiten dadurch ge- worden, dass die Wolken sich nicht nur mit grosser Geschwindiekeit bewegen, sondern auch im Einzelnen sehr schnelle Gestaltänderungen erfahren haben. Ich werde weiter unten erweisen, dass in der That Bewegungsgeschwindigkeiten bis zu mehreren hundert Metern in der Seeunde vorgekommen sind. Wenn also die Zeiten der Aufnahme an beiden Stationen um mehr als 2 Secunden verschieden gewesen sind, so hat die aus den Beobachtungen in Nauen und Steglitz abgeleitete Entfernungsbestim- mung durch jene schnellen Bewegungen der Wolken unter Umständen bis zu !/s; ihres Betrages, also der Abstand der Wolken von der Erdoberfläche um mehr als 2“" verfälscht werden können. Nun hat sich zwar die Uebereinstimmung der Zeitangaben auf den genannten beiden Stationen bis auf nahezu ı oder 2 Secunden erreichen lassen, aber eine erhebliche Einschränkung der Genauigkeit hinsichtlich der Gleichzeitigkeit der correspondirenden Aufnahmen ist doch unvermeidlicher Weise dadurch bedingt worden, dass trotz grösstmöglicher Empfindlichkeit der angewandten Platten die Dauer der erforderlichen Belichtung derselben ziemlich gross angenommen werden musste, nämlich bei sehr grosser Nähe der Wolken am Hori- zonte bis zu 80 Secunden und erst in den grössten vorgekommenen Höhen über dem Horizonte bis zu ı4 Secunden. Es ist zwar bei der vorherigen Festsetzung der correspondirenden Aufnahmezeiten mittels einer tabellarischen Beziehung zwischen den Höhen und den Belich- tungszeiten der Platten thunlichst dafür gesorgt worden, dass die eorrespondirenden Zeitpunkte immer auf die Mitte der Belichtungs- dauer fielen; indessen ist dies bei der Natur der Sache doch "auch nur eine Annäherung an die vollkommene Gleichzeitigkeit der Auf- nahmen, die hiernach in manchen Fällen trotz aller Sorgfalt der Zeit- bestimmung um mehrere Secunden ungenau gewesen sein kann. In Folgendem gebe ich nun in Kürze die Hauptresultate, welche aus den Beobachtungen in Nauen und Steglitz im Jahre 1889 für die Abstände der leuchtenden Wolken von der Erdoberfläche gefunden worden sind. Die Zeitangaben sind in mittlerer Zeit der Berliner Stern- warte ausgedrückt. 1036 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. 1. 1889 Juni ı2. 13" 53”0° 90“o aus ı3 verschied. Punkten d. Wolken 2 Juli #2, 1a otzar 797724,,8 sr » >. Mike) ar 3 13, 30, 0M Bo 5N. 20 » » » » A 13radhor Tora7ıı #32 » N 5 n 5. AO OR len » » » » 6. Jul sn na a8o 824, a5 » » » » Ungef. Durchschnittswerth 82””8 aus 108 verschiedenen Gruppen von Messungen. Die mittleren Abweichungen der Höhen-Ergebnisse für die einzelnen Punkte von jedem der Mittelwerthe für die bezügliche ganze Gruppe erreichen folgende Beträge: für die Gruppe ı 34 » » » 2 3 en o » » » 3 2 km 2 » » » 4 2 5; ’o . ” E 5 > km 5 » » » (6) 5 = oO In diesen Abweichungen hat man ein Zusammenwirken der un- vermeidlich gewesenen kleinen Messungsfehler mit wirklichen Ver- schiedenheiten der Höhen verschiedener Theile der Wolke, sodann aber auch den Einfluss der oben erwähnten Schwierigkeiten zu er- kennen, welche der Erreichung der vollen Gleichzeitigkeit der Auf- nahmen an den beiden Stationen entgegenstanden. Offenbar haben nicht nur schnelle Gesammtbewegungen der Wolken, sondern auch verschiedene Geschwindigkeiten und Rich- tungen der Bewegungen innerhalb derselben, verbunden mit starken Configurationsänderungen, stattgefunden, und hierdurch ist die ver- fälschende Wirkung kleiner Verschiedenheiten der Aufnahmezeiten auf die Entfernungs- und Höhenbestimmungen eine ziemlich ver- wickelte geworden. Charakteristisch hierfür ist eine in obiger Zusammenstellung nieht enthaltene Höhenbestimmung, bei welcher in Steglitz aus Versehen die Aufnahme um 7 Secunden später erfolgt ist, als im Nauen. Im Mittel aus der Messung an 25 Punkten hat sich nämlich am 2. Juli um 13"16” 0° eine Höhe der ganzen Gruppe im Betrage von g0*"2 ergeben, aber die durchschnittlichen Abweichungen der für die ein- zelnen Punkte gefundenen Ergebnisse von diesem Mittelwerth sind viel grösser als bei den anderen Reihen, nämlich 95 statt 2 bis 3", weil eben bei der verschiedenen Richtung und Geschwindigkeit der Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1037 Bewegungen der einzelnen Stellen der sehr ausgedehnten Wolke (diese Ausdehnungen haben sich bis zu mehreren hundert Kilometern erstreckt) die Verspätung der Steglitzer Aufnahme um 7 Seceunden die Höhen- bestimmung für die verschiedenen Stellen in verschiedener Weise verfälscht hat. Wie gross die Verschiedenheiten der Höhen innerhalb der Wolken wirklich gewesen sind, lässt sich wohl deutlicher aus den Extremen der innerhalb der einzelnen Gruppen gefundenen Abweichungen von dem Mittelwerthe ersehen, als aus den obigen mittleren Abweichungen der Höhen der einzelnen Punkte. Betrachten wir hierzu die obigen Messungsreihen 2 bis 5, bei denen offenbar die Genauigkeitsbedingungen der Höhenbestimmung die günstigsten gewesen sind. Nehmen wir für dieselben den Durch- schnittswerth der Abweichungen (2"”5) als das blosse Ergebniss von Messungsfehlern,, also die Mächtigkeit der Wolkenschicht selber, welche wirkliche Höhenunterschiede an verschiedenen Stellen bedingen würde, als sehr gering, etwa nur Bruchtheile eines Kilometers betragend, an, so würden nach der Theorie der zufälligen Febler unter den 80 ein- zelnen Punkten, auf die sich die Messungen in jenen Reihen bezogen haben, solche Unterschiede der Höhenbestimmungen, welche mehr als das Dreifache und weniger als das Vierfache jenes Durchschnitts- werthes betragen, in einem Falle zu erwarten gewesen sein, wäh- rend in Wirklichkeit zwei solcher Fälle sich vorfinden. Zwischen dem Zweifachen und dem Dreifachen jenes Durchschnittswerthes wären nach der Theorie der Messungsfehler unter So Abweichungen 6 zu erwarten gewesen, während die Abzählung 5 solcher Fälle liefert. Keinesfalls hat also die Mächtigkeit der Wolkenschicht in verti- calem Sinne mehr als einige Kilometer betragen, denn sonst müssten die grösseren Werthe der Höhenverschiedenheiten an den verschiedenen Stellen des Gebildes viel zahlreicher gewesen sein, als aus obigen Abzählungen hervorgeht. Die letzteren deuten vielmehr darauf hin, dass die bezüglichen Abweichungen überwiegend aus den unvermeid- lichen Messungsfehlern hervorgegangen sind. Die in den obigen Darlegungen noch nicht berührten photogra- phischen Aufnahmen in Rathenow werden zwar für manche, noch vorzubehaltende Detail- Untersuchungen von bedeutendem Werthe sein. Für die Höhen- und Ortsbestimmungen sind sie jedoch von geringerem Gewicht, weil leider das in Rathenow benutzte Chronometer keinen genügend regelmässigen Gang gehabt hat. Die Gleichzeitigkeit der Aufnahmen mit denjenigen in Steglitz und Nauen lässt in Folge dessen besonders gegen Ende Juli 1889 sehr viel zu wünschen übrig, und es ist oben näher erörtert worden, von welchem verfälschenden Ein- 1038 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. Juli. fluss auf die Höhenbestimmung in Folge der schnellen Bewegung der Wolken sogar wenige Secunden betragende Abweichungen von der Gleichzeitigkeit der Aufnahmen gewesen sind. Glücklicherweise ist das Chronometer kurz vor der an Aufnahmen in Steglitz und Nauen so reichen Nacht vom 2. zum 3. Juli noch genau verglichen worden. (Im Sommer ı890 haben allwöchentlich telegraphische Vergleichungen der Chronometer stattgefunden.) Von den Rathenower Aufnahmen am 2. Juli 1389 hat daher eine mit Steglitz correspondirende zu einer ungefähren Controle der oben mit- getheilten, lediglich mit der Standlinie Steglitz-Nauen gefundenen Resultate benutzt werden können. Diese Gontrole ist wichtig, weil immerhin bei einer trigono- metrischen Ortsbestimmung, welche auf einer einzigen Standlinie be- ruht, systematische Fehler oder durchgängige Irrungen stattgefunden haben könnten, deren identische Wiederholung unter den ganz ver- schiedenen und unabhängigen Umständen, welche eine zweite und doppelt so lange Standlinie mit sich bringt, sehr unwahrscheinlieh km entfernt und zwar ist. Rathenow ist von Steglitz um rund 70 nahezu in derselben Richtung wie Nauen. Hier werden also Abweichungen von der genauen Gleichzeitigkeit der Aufnahmen nur halb so grosse Fehler hervorbringen können als bei der Combination der Stationen Steglitz und Nauen. Aus der Vergleichung der in Rathenow und in Steglitz am 2. Juli 1889 um 14" 6” 0° gemachten Aufnahmen geht nun durch trigonometrische Ausmessung an ı3 Punkten der Wolke hervor, dass dieselbe eine Höhe über der Erdoberfläche im Betrage von 84""7 ge- Ss habt hat, was in Betracht aller vorangehenden Darlegungen eine sehr befriedigende Bestätigung des oben abgeleiteten Durchsehnittswerthes dieser Höhen im Betrage von 82"”8 liefert. Der Mittelwerth der Ab- weichungen der Höhen der einzelnen Punkte von jenem Gesammt- ergebniss hat in der Messungsreihe mit Rathenow -Steglitz als Stand- linie nur 2“"3 erreicht. Hiernach darf unser obiges Gesammtergebniss, wonach die Höhe der leuchtenden Wolken über der Erdoberfläche im Sommer 1889 im Ganzen und Grossen rund 83"” betragen hat, als ein recht gesichertes bezeichnet werden. Ich wende mich nun zur Darlegung einiger Ergebnisse, welche hinsichtlich der Geschwindigkeiten und Richtungen der Bewegungen der Wolken erlangt worden sind. Die Bestimmung der Ortsveränderungen dieser Wolken kann, ebenso wie die Höhenbestimmung, nur mittels der Messung der Coordinaten einzelner in der Configuration des ganzen Gebildes besonders deutlich hervortretender Punkte geschehen. Wenn nun an verschie- Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1039 denen Stellen der über Tausende von Quadratkilometern ausgedehnten Wolke verschiedene Richtungen und Gesehwindigkeiten der Bewegung obwalten, so ist natürlich die Bestimmung der Gesammtbewegung der Wolke von dem Grade der Vollständigkeit abhängig, mit welchem es durch Messung der Ortsveränderungen zahlreicher Punkte gelingt, die inneren Configurationsänderungen aus dem Gesammtergebniss zu eliminiren. Es werden aber Configurationsänderungen innerhalb des Bildes der Wolken nicht bloss durch wirbelnde und ähnliche Bewegungen, sondern auch durch Veränderungen der Vertheilung der Helligkeiten, sei es in Folge von Zustandsänderungen einzelner Gruppen, sei es in Folge von Änderungen der Beleuchtungswirkungen mit der allmählichen Veränderung des Sonnenstandes u. s. w. vor sich gehen. Alle diese verwickelteren Veränderungen werden um so stärker in’s Spiel kommen, je grösser die Zwischenzeiten zwischen den Gruppen von Ortsbestimmungen sind, aus denen man die Ortsveränderungen ableiten will, und doch sind andrerseits möglichst grosse Zwischen- zeiten sehr wünschenswerth für die Genauigkeit der Geschwindigkeits- und Richtungsbestimmungen der Bewegungen. Es war also von Wichtigkeit, alle Erleichterungen und Verein- fachungen der Aufgabe, welche sich aus den sonstigen, insbesondere den obigen Ergebnissen hinsichtlich der Höhe ableiten liessen, bei den Bewegungsmessungen zur Geltung kommen zu lassen, um auch bei kürzeren Zwischenzeiten einigermaassen zu verbürgende Werthe der Geschwindigkeiten und Richtungen der Bewegungen der einzelnen Punkte einer Wolke zu erlangen. Nun zeigen die obigen Höhenmessungen, dass man eine Niveau- fläche, welche sich 83” über der Erdoberfläche befindet, für die Sommermonate 1889 mit ansehnlicher Sicherheit als die Region dieser Wolken betrachten kann, und dass von irgend welchen Bewegungen derselben im vertiealen Sinne keinerlei deutliche Spur vorhanden ge- wesen ist. Durch die Einführung dieses allgemeinen Ergebnisses in die Auf- gabe der Messung der Ortsveränderungen vereinfacht sich dieselbe erheblich. Man kann jetzt aus jeder photographischen Aufnahme lediglich durch Messung (des Scheitelabstandes eines Punktes unter Annahme der Höhe von 83" seine Entfernung und alsdann durch Messung der Veränderung des Scheitelabstandes und der Ortsveränderung im horizontalen Sinne zwischen den Epochen zweier an einem und demselben Orte aufgenommener Bilder die vollständige Ortsveränderung des bezüglichen Punktes der Wolke innerhalb der Niveaufläche von 83” Höhenlage bestimmen. Die Wiederholung dieser Bestimmung Sitzungsberichte 1890. 50 1040 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. durch Ausmessung des zu denselben Zeiten gehörenden Bilderpaares von einer anderen Station liefert dann die entscheidende Bestätigung des ganzen Verfahrens, beziehungsweise durch Zusammenziehung der beiden Ergebnisse im Mittelwerthe eine Verstärkung des Gesammt- resultates. Zwei Aufnahmen, welche beide in Steglitz am 2. Juli, die erste um 13" 39” 0°, die zweite um 13" 44” 0°, also mit einer Zwischenzeit von 300 Secunden gemacht wurden, lassen deutlich erkennen, wie sich ein und dasselbe Wolkengebilde in dieser Zeit gegen die durch das Fadenkreuz angegebene feste Richtung des Aufnahme-Apparates verschoben hat. Der Scheitelabstand der Wolke hat sich nicht sehr erheblich geändert, dagegen ist dieselbe in den 300 Secunden um nahezu ı 2”” von rechts nach links (Ost nach West) gerückt. Eine Bewegung von einem Millimeter im Bilde hat hierbei die Bedeutung einer Ortsveränderung von nahezu !/soo der Entfernung der Wolke, also in dem vorliegenden Falle auf Grund der gleichzeitigen Bestim- mung einer Entfernung’ im Betrage von 600°" durch Messung des Scheitelabstandes (welehe durch die Gebäude -Umrisse u. s. w. ermög- licht wird) einen Werth von rund 3“, was bei den 300 Secunden Zwischenzeit einer Geschwindigkeit von 10” pro Secunde entspricht. Um so viel Millimeter sich also ein Punkt der Wolke hier ver- schoben hat, so viel mal 10” hat die Geschwindigkeit desselben pro Seeunde von Ost nach West, oder genauer ausgedrückt. recht- winklig zu der am Beobachtungsort nach diesem Punkte der Wolken gelegten Vertical-Ebene betragen. Ein Millimeter Veränderung im verticalen Sinne würde dagegen hier eine innerhalb dieser Vertical- ebene und der Niveaufläche von 83" Höhe nach dem Beobachter hin oder von ihm hinweg eingetretene Ortsveränderung mit der Ge- schwindigkeit von etwas über 50” pro Secunde bedeuten, und zwar bei wachsendem Scheitelabstande von dem Beobachter hinweg. Man sieht daraus, wieviel unsicherer die Componenten Nord-Süd gemessen werden. Die Ergebnisse der noch nicht sehr zahlreichen, aber doch schon recht instructiven Ermittelungen dieser Art theile ich unten in einer Zusammenstellung mit. Dass dieselben noch nieht sehr zahlreich sind, ist besonders dadurch zu erklären, dass nur wenige Combinationen von Aufnahmen, wenn nicht beide Aufnahmen gleichzeitig waren, eine hinreichende Anzahl von sicher identischen Configurationen er- kennen liessen. Die Vergleichung der beiden hier besprochenen Bilder macht unter anderm auch ersichtlich, wie schnell mit steigender Sonne neue Gebiete der Wolkenflächen zur Erscheinung kommen und in den alten sich die Helligkeitsvertheilung ändert. Jesse: Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 104] Es ist hierbei noch darauf hinzuweisen, dass die erwähnte Steg- litzer Aufnahme gleichzeitig ist mit der in Fig. ı dargestellten Steg- litzer Aufnahme. Die beiden Bilder, von denen hier leider nur das eine wiedergegeben werden kann, schliessen sich derartig aneinander an, dass Fig. ı die Fortsetzung von dem hier fehlenden nach rechts gibt. Da durch diese Ergänzung das Bild beinahe die doppelte Länge erhalten würde, so sieht man, welche gewaltige Ausdehnung die sicht- bare Wolkenfläche in diesem Zeitpunkte gehabt hat. Die Ergebnisse hinsichtlich der Geschwindigkeiten und Rich- tungen der Wolkenbewegungen sind in folgender Zusammenstellung enthalten. ı "m Ss 16” 0° und 13" 21” o° betrugen die Geschwindiekeits-Componenten im Mittel aus Messungen an 3 Stellen der Wolke Am 2. Juli 1889 zwischen 13' im Sinne im Sinne einer Bewegung von einer Bewegung von Ost nach West Nord nach Süd in einer Seceunde in einer Secunde nach der Aufnahme in Steglitz . . 119- 283" nach der Aufnahme in Nauen .. 109" 289" Die resultirende Geschwindigkeit betrug hiernach Q m 308 und zwar in der Richtung nach Süd-Süd-West (22° Süd zu West). Die innere Übereinstimmung der in diesem Mittelwerthe: zu- sammengezogenen drei Einzelergebnisse lässt hier zu wünschen. Für einen einzelnen Punkt beträgt hier nämlich die durchsehnittliche Ab- weichung vom Mittel bei den Componenten Ost-West 50”, bei den Componenten Nord-Süd, welche ja auch nach den obigen Erläute- rungen erheblich unsicherer bestimmt wurden, als die Componenten von Ost nach West, 120”. Es werden aber offenbar auch Verschieden- heiten der Bewegungen an den verschiedenen Stellen ‘der sehr aus- gedehnten Wolke bei jenen Abweichungen im Mittelwertli erheblich mitgewirkt haben. Übereinstimmender unter einander sind die Ergebnisse in der folgenden aus den Steglitzer Aufnahmen abgeleiteten Reihe, bei welcher ich die Messungsergebnisse für die Bewegungen der sechs einzelnen Punkte hinsetze: tolle 1042 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. ‚Juli. aus den Bewegungen Geschwindigkeits- Greschwindigkeits- von Componenten von Componenten von 2. Juli 1889. | Ost nach West Nord nach Süd 13" 39" 0° bis 13" 44"0° | in einer Secunde \ in einer Seeunde Punkt ı 7a A D; som 1560 3 121m 37 4 1217 46” 5 122" 62" 6 | 122” (dt Mittel 109” | Mittel 53” Die Resultante beträgt hiernach 121" in der Secunde in der Richtung nach West-Süd-West (68° Süd zu West). Bemerkenswerth ist hier die sehr nahe Ubereinstimmung der Ost-West-Componenten mit dem Ergebnisse der ersten Reihe für die- selbe Componente, aber die Bewegung von Nord nach Süd ist hier viel geringer als bei der anderen Wolke, die an einer mehr östlichen Stelle des Himmels beobachtet wurde. Die durchschnittliche Abweichung der einzelnen Werthe von dem Mittelwerthe der Gruppe beträgt in der vorstehenden Reihe bei der Componente Ost-West ı8”, bei Nord-Süd dagegen 37”. Da nach der obigen Darlegung die Componente Nord-Süd bei diesen Aufnahmen etwa 5 mal stärkere Einflüsse der Messungsfehler erfahren musste, als die Componente Ost-West, während in den beiden obigen Reihen die durehschnittlichen Abweichungen bei der Compo- nente Nord - Süd als 2 mal gefunden wurden, als bei der Componente Ost-West, so kann man den Schluss ziehen, dass bei allen «diesen Abweichungen nur ein Theil auf die Messungsfehler, ein anderer und wohl grösserer Theil auf die wirk- lichen Unterschiede der Geschwindigkeiten und Richtungen an ver- schiedenen Stellen der Wolken zurückzuführen ist. nur weniges mehr so gross Jedenfalls sind durch die obigen beiden Reihen sehr bedeutende Ge- schwindigkeiten, welche die grössten Sturmgeschwindigkeiten in der Nähe der Erdoberfläche weit übersteigen, in Höhen von 83" nachgewiesen. Von den besonderen Ergebnissen beider Reihen weicht indessen eine dritte vom 9. Juli 1889 von 13" 51" 0° bis 1 3" 56” o° in Steglitz erlangte Bestimmung ab, welche folgende Geschwindigkeiten pro Secunde, aller- dings nur aus Messungen an 2 verschiedenen Stellen einer Wolke ergibt: von West nach Ost von Süd nach Nord m m 30 26 48 52 Mittel Aa 30 Resultante 57" nach Nord-Ost. Jesse: Untersuchungen über die sowenannten leuchtenden Wolken. 1043 An diesem Tage war übrigens der allgemeine Circulationszustand am Boden des Luftmeeres auch wesentlich anders als am 2. Juli. Über alle diese wichtigen Beziehungen werden hoffentlich die zahlreichen Aufnahmen, welche im gegenwärtigen Sommer erlangt worden sind, näheren Aufschluss geben. Noch einige Worte möchte ich über Beziehungen zwischen den Bewegungen und den Structuren der Wolken hinzufügen. Es zeigt sich nämlich in der Anordnung der einzelnen Theile der Wolken gegen die Bewegungsrichtung eine besondere Eigenthüm- lichkeit. Indem ich mir hierüber spätere eingehendere Mittheilungen vorbehalte, möchte ich für jetzt nur andeuten, dass besonders bei den sehr grossen Bewegungen die Streifen in der Weise angeordnet erscheinen, «dass längere einander parallele Grate in der Richtung der Bewegung liegen, während rechtwinklig dazu eine grössere Anzahl kürzerer Rippen auftreten. Eine Anschauung von rudimentärer Structur dieser Art geben auch die Fig. ı und 2. Zum Schluss wäre noch zu bemerken, dass obige Geschwindig- keiten und Bewegungsrichtungen der Wolken die Frage nahe legen, weshalb diese in den letzten Jahren bei uns immer nur in Entfer- nungen von einigen hundert Kilometern und niemals, wie in den Jahren ı885 bis 1887, in grösserer Nähe über uns wahrnehmbar ge- wesen sind. Bei den von mir nachgewiesenen Geschwindigkeiten und Richtungen würden diese Wolken ja in wenigen Stunden von Stock- holm bis über Berlin gelangt sein. Offenbar hängt es aber mit der in den letzten Jahren eingetre- tenen bedeutenden Abnahme der Dichte und mit der entsprechenden Abnahme der Helligkeit der Wolken zusammen, dass sie jetzt nur in einer gewissen Form und unter gewissen Winkeln der Seh -Riehtung mit ihrer Höhen- Ausdehnung deutlich wahrnelimbar sind. Die Ent- fernung beziehungsweise der Winkel der Seh-Richtung mit der Wolken- tläche und mit der Richtung der Sonnenstrahlen sind offenbar für das intensivere Hervortreten der Erscheinung von so wesentlicher Bedeutung, dass in grösserer Nähe der Anblick zertliesst. Wahrscheinlich befinden sich diese dünnen Schleier in den Sommermonaten auch über uns, bewirken aber dort nur Retlections-, Diffraetions- und Absorptions-Erscheinungen von ganz undeutlicher diffuser Art. Indessen sprechen doch auch einige Anzeichen dafür, dass über den höheren Breiten eine Art von dichterer Coagulirung dieser Schichten eintritt, wofür ja Erklärungen nalıe liegen. Wären übrigens die betreffenden Massentheilchen auch in andern Jahreszeiten als in den Sommermonaten über unserer Halbkugel vor- 1044 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 31. Juli, handen, dann müssten sich in diesen Jahreszeiten ähnliche Fern- Erscheinungen, wie jetzt am Nord-Himmel sichtbar sind, in andern Himmelsgegenden, nämlich am Abend auf der West- bis Südwest- Seite, am Morgen auf der Ost- bis Südost-Seite darbieten und zwar bei der grossen Ausdehnung der Wolken jedesmal auch für längere Zeiträume, wovon aber gar nichts wahrgenommen worden ist. In dem gegenwärtigen Sommer sind die leuchtenden Wolken wiederholt und gleichzeitig an den Orten Steglitz, Sternwarte Urania- Berlin, Nauen und Rathenow photographisch aufgenommen worden, und es stelıt zu erwarten, dass diese Aufnahmen sowohl in Bezug auf die Höhe als auch auf die Bewegungselemente und ferner in Be- zug auf die Structurverbältnisse und die Beziehung derselben zu den Bewegungen eine gute Ausbeute gewähren werden. 1045 Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, besonders in der Flora Java’s. Von Prof. A. F. W. Schinper n Bonn. (Vorgelegt von Hrn. PrınGsHein.) Einleitung. Dach schützen sich die Pflanzen trockener Standorte gegen die Gefahr zu grossen Wasserverlustes durch verschiedene Vorrich- tungen, z. B. Reduction der Oberfläche und des Intercellularsystems, Wachs- und Harzüberzüge, starke Behaarung, Vertiefung der Spalt- öffnungen, dicke Cuticula, Wasserspeicher u. s. w. Solche Schutz- mittel befinden sich natürlich stark ausgeprägt bei Wüsten- und Steppenpflanzen, aber auch, in Folge der Eigenschaften des Sub- strats, bei den Epiphyten der feuchten tropischen Wälder. Vorriehtungen, die auf erschwerte Wasserversorgung deuten, kommen jedoch ebenfalls bei Pflanzen mancher Standorte vor, wo sie weder durch Wasserarmuth des Substrats, noch durch Vererbung erklärt werden können. Wir stehen in solchen Fällen vor einem Räthsel, dessen Lösung für die Frage der Beziehungen zwischen der Structur der Pflanze und den äusseren Bedingungen von Bedeutung ist. Meine Untersuchungen haben ergeben, dass in allen Fällen, wo im Bau der Pflanze Schutzmittel gegen Transpiration ausgebildet sind, ein Bedürfniss zu solchem Schutze wirklich vorliegt, dass es aber durch sehr ungleiche Ursachen bedingt sein kann. Wir finden näm- lich solche Schutzmittel ganz allgemein bei den Halophyten, den alpinen Gewächsen, und, in den kälteren temperirten Zonen, den immergrünen Holzpflanzen. Die Betrachtung der Halophyten und alpinen Gewächse wird hauptsächlich an der Flora Java’s stattfinden, wo die Existenz- bedingungen, deren Einfluss auf die Pflanze studirt werden soll, weniger complex sind, als bei uns, und wo ich sie an Ort und Stelle studirt habe. Die zu der dritten Gruppe gehörigen Fälle werde ich zum Schluss in aller Kürze zusammenstellen. 1046 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli, I. Die Strandgewächse. Culturversuche mit Salzlösungen sind bekanntlich zu wiederholten Malen angestellt worden, um den Einfluss der letzteren auf den Stoff- wechsel, oder auf die Ausbildung der Organe zu studiren. Bisher ist aber nie der Versuch gemacht worden, die Ergebnisse der mor- phologischen Untersuchungen dureh diejenigen der ernährungsphysio- logischen zu erklären. Von den Untersuchungen über den Einfluss von Salzlösungen auf den Stoffwechsel interessiren uns an dieser Stelle nur die auf die Trans- spiration bezüglichen, und unter diesen nur die Ergebnisse eoncentrirterer Lösungen. Es stellte sich dabei heraus, dass einfache Lösungen schon bei 0.5 Procent, gemischte Lösungen aber in jedem Verhältniss, die Transpiration beeinträchtigen, und dass diese hemmende Wirkung mit der Concentration steigt. Die Erklärung der letzteren Erscheinung ist leicht zu haben; wie es Prerrer sagt, wird durch »zu hohe Concen- tration einer Lösung in jedem Falle die Transpiration herabgedrückt, weil durch dieselbe, so gut wie durch einen relativ wasserarmen Boden, die Wasserversorgung erschwert wird«.' Aus meinen in den Sommermonaten der letzten drei Jahre aus- geführten Culturversuchen mit Lösungen von Chlornatrium, von Sal- peter und von gemischten Nährsalzen ergab sich ein Einfluss der Concentration der Salze auf den Stoffwechsel, der bisher nicht be- kannt, für die uns hier interessirende Frage von Wichtigkeit ist. Es stellte sich heraus, dass concentrirtere Lösungen, die von der Pflanze sonst noch gut ertragen werden, die Assimilation des Kohlenstoffs ganz verhindern oder stark beeinträchtigen, derart, dass die Pflanze keine oder beinahe keine Stärke oder Glycose mehr erzeugt. Bei weitem die intensivsten Wirkungen wurden mit Chlornatrium erzielt. Maispflanzen wurden in einer normalen Nährlösung mit und ohne einen Zusatz von 0.5 Procent Kochsalz eultivirt. Die ersteren entwickelten sich nicht mehr als in destillirtem Wasser, blieben aber während der ganzen Dauer des Versuchs, nämlich zwei Monate, gesund; die Pflanzen, die in der gleichen Lösung, aber ohne Kochsalz eultivirt wurden, erreichten mächtige Dimensionen. Die Untersuchung ergab, dass die Kochsalzpflanzen weder Stärke noch Glyeose enthielten, während die normal gewachsenen von beiden Stoffen strotzten. Ein ähnlicher, aber weniger ausgesprochener Unter- schied zeigte sich bei Maispflanzen, die mit den gleichen Nährsalzen, in gleichem Verhältniss, aber in ungleicher Coneentration der Lösung ! PrerseR, Pflanzenpliysiologie 1. S. 151. ScHinPpER: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1047 eultivirt wurden." In diesem Falle wuchsen im Anfang sämmtliche Pflanzen gleich schnell, später aber blieben die in der concentrirten Lösung befindlichen mehr und mehr zurück; die Untersuchung ergab, dass diese nur im Stengel und dem Mittelnerv der Blätter etwas Stärke und Glyeose enthielten, während die normalen Pflanzen auch im Mesophyll daran reich waren. Zu ganz Ähnlichen Resultaten, wie beim Mais. führten Wasser- eulturversuche von Tradescantia Selloi, Topfeulturen von Iresine Herbstii (Achyranthes Verschaffelli hort.), Coleus Verschafelli, Lepidium sativum, Malcolmia maritima, Datura Metel, Stellaria media. Die Pflanzen zeigten, je nach der Art, Verschiedenheiten, in Bezug auf den Grad .der Coneentration, der auf die Assimilation wirkte oder noch ertragen wurde. Begiessen mit 2-procentiger Kochsalzlösung wurde von Lepi- dium sativum noch gut ertragen, verhinderte aber die Glyeosebildung gänzlich; Stärke wird hier im Mesophyll nicht, sondern nur in der Stärkescheide erzeugt. Datura Metel blieb bei Begiessung mit 3-pro- centiger Kalisalpeterlösung über einen Monat anscheinend ganz gesund, wuchs aber nicht mehr, und erzeugte weder Stärke noch Zucker. Die anderen Pflanzen zeigten ganz ähnliche Erscheinungen sehon bei geringerer Concentration und giengen bei höherer zu Grunde. Schutzmittel gegen Transpiration sind daher für die Halophyten, ebenso wie für die Bewohner trockener Standorte, eine Lebensbe- dingung, und zwar: ı. wegen der erschwerten Wasserversorgung in Folge des hohen Salzgehalts des Substrats, 2. weil concentrirtere Salzlösungen in den grünen Zellen die Assimilation verhindern , 3. weil noch eoncentrirtere Lösungen den Tod der Organe herbei- führen. Welcher dieser Ursachen die grösste Bedeutung zuzuschreiben ıst, dürfte je nach der Pflanzenart wechseln. Diejenigen zahlreichen Arten, die in ihren sämmtlichen Geweben reichliche Salzmengen auf- speichern, werden weniger Schwierigkeit haben, Wasser aus dem Boden zu schöpfen, laufen aber die Gefahr, dass bei starker Trans- piration die ÜConcentration der Salzlösungen in ihren Zellen eine schädliche werde. Diejenigen Arten hingegen, die, wie Calophyllum inophyllum auf Java, wenig Salz in ihrem Laube aufspeichern, werden häufig unter erschwerter Wasseraufnahme zu leiden haben. ! Die concentrirte Lösung enthielt in 600 H,0 : 4 NO;K, 4 N,065Ca, 1.5 SO,Mg, 1.5 PO,K,. Die verdünnte normale Lösung wurde hergestellt durch Mischen von ı Vol. der concentrirten Lösung it 4 Vol. Wasser. 1048 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. Die Structur der in der angegebenen Weise ceultivirten Gewächse zeigte sieh vollkommen im Einklang mit den Bedingungen des Stoff- wechsels. Überall wurden Schutzmittel gegen Transpiration ausgebildet, und dieselben waren um so mehr ausgeprägt, als die Natur des Tages oder die Concentration der Lösung für die betreffende Pilanzenart eine schädlichere war. Über die Wirkung des Chlornatrium auf die Ausbildung der Gewebe besitzen wir eine sorgfältige Arbeit von P. Lesace.' Der Verfasser stellte Culturversuche mit und ohne Zufuhr von Kochsalz an und gelangte u. a. zum Schluss, dass das letztere eine Zunahme der Blattdieke, die durch stärkere Ausbildung des Palissadengewebes bedingt wird, und eine Abnahme der Intereellularen bedingt. 'Theore- tische Erörterungen knüpft der Verfasser an seine Beobachtungen nicht. Meine Untersuchungen ergaben, dass die von LesagE beobachteten Modificationen von einer Abnahme der Blattflächen begleitet sind, und dass sie nicht bloss durch Kochsalz, sondern, aber allerdings erst bei stärkerer Concentration und in weniger ausgeprägter Weise, durch Kalisalpeter, normale Nährsalzgemische, wahrscheinlich noch durch andere lösliche Salze bedingt werden. Die Wirkung eoncentrirterer Salzlösungen auf die Ausbildung der Gewebe ist derjenigen starker Beleuchtung ganz ähnlich; in beiden Fällen findet Abnahme der Oberfläche, Zunahme der Dicke durch stärkere Entwickelung der Palissaden, Zurücktreten der Intercellularen statt. Die Zunahme der Palissaden ist daher nicht, oder nur theil- weise, als Anpassung an die Beleuchtung als solche zu betrachten; sie gehört vielmehr, wie es schon Arescnovus annahm, zu den Schutz- mitteln gegen Transpiration. Es ist in der That auch klar, dass die langgestreckte Gestalt der Palissadenzellen für rasche Wasserversorgung sehr geeignet ist. Wir wollen uns jetzt an die Frage wenden, in wiefern die soeben festgestellten Thatsachen geeignet sind, die Eigenthümlichkeiten in der Organisation der Strandgewächse, speciell derjenigen Java’s zu be- leueliten. Die Vegetation des Strandes gliedert sich auf Java in vier For- mationen, die ich als Mangrove, Nipa, Katappa und Pescaprae bezeichnen möchte. Mangrove nennt man bekanntlich Gebüsche oder niedere Wälder, die — meist, wenn auch nicht immer, in ruhigen Buchten und Aestuarien — den Strand im Bereich der Fluthbewegung bewachsen. Zur Ebbezeit stellt ihr Substrat einen dunkelgrauen bis schwarzen Schlamm dar, während zur Fluthzeit die kleineren Bäume nur mit ihrer Krone ! Revue generale de botanique. 1890. Scummper: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1049 aus dem Wasser hervorragen. Mangrovebäume wachsen auch vereinzelt oder zu kleinen Gruppen vereinigt auf den Korallenriffen des Javameeres, wo ihr Wurzelsystem stets von reinem Seewasser gebadet wird. Die Nipaformation vertritt die Mangrove da, wo das Wasser weniger salzig ist, und ist hauptsächlich durch das massenhafte Vor- kommen einer stammlosen Palme, Nipa fruticans , die übrigens gelegent- lich auch in der Mangrove auftritt, ausgezeichnet. Zur Katappaformation rechne ich die Wälder, die ausserhalb des Bereiches der Fluth auf dem Strande wachsen. Ausser der Termi- nalia Katappa, einer Combretacee, die in der Formation wohl nie fehlt, sind, als auffallende Bestandtheile derselben, Casuarina equiseli- formis,, Cycas ceireinalis, verschiedene Pandanus-Arten zu erwähnen. Die Pescapraeformation, nach der tropisch-ubiquitären Ipomoea pescaprae genannt, schliesst sich eng unseren Strandformationen an. Vereinzelte Bäumehen und Sträucher, namentlich aber kriechende Kräuter aus verschiedenen Familien, Gramineen, Leguminosen, Con- volvulaceen, bedecken nur ganz unvollkommen den sandigen, oft bewegten Boden. Eine eingehendere Charakteristik, welche sowohl die systema- tischen, wie die biologischen Merkmale berücksichtigen soll, werde ich an anderer Stelle geben; das Gesagte dürfte zur vorläufigen Orien-- tirung genügen. Sämmtliche Strandgewächse, mit Ausnahme der auf Dünen wach- senden Arten der Pescapraeformation, sind in einem nassen oder doch feuchten Substrat bewurzelt, von feuchter Luft umgeben. Ihr Cha- rakter ist nichtsdestoweniger ausgesprochen xerophil, und zwar namentlich in der Mangrove, wo das Substrat zwar stets nass, aber auch am salzreichsten ist. Die Bäume der Mangrove haben meist dicke fleischige Blätter, wie bei den Arten von Sonneratia, bei Rhizophora mucronata, Xylocarpus obo- vatus, oder lederartige Blätter, wie Brugniera Rumphü, Avicennia u. Ss. w., die bei den Avicennia- Arten unterseits dicht behaart sind. Manche Arten besitzen aufrechte, isolaterale Blätter, wie Sonneratia , Ceriops, Lumnitzera, Pemphis acidula in der südasiatischen , Laguneularia in der americanischen und westafricanischen Mangrove. Die Arten mit bi- facialen Blättern stellen, ausser im Schatten, ihre Blätter in spitzen Winkel zum einfallenden Lichte. Die Bäume und Sträucher der Katappaformationen ziehen eben- falls häufig fleischige, saftreiche Blätter, so bei Clerodendron inerme, Ximenia americana und vielen anderen, meist aber sind letztere leder- artig; sie fallen, nach S. Kurz, in Birmah während der Trockenzeit ab, während in Westjava ein allmählicher Laubwechsel stattfindet 1050 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. Zei einzelnen Formen zeigt sich starke Reduction der transpirirenden Oberfläche, so namentlich bei Casuarina, bei anderen ist reichliche Behaarung vorhanden, so bei Tournefortia argentea, Sophora lomentosa. Lackirte Blätter kommen bei Dodonaea viscosa vor. Der xerophile Charakter tritt aber noch weit mehr als im äusseren Bau, in der anatomischen Struetur zum Vorschein. Ganz allgemein finden wir an den Blättern der Mangrovegewächse eine sehr dick- wandige, stark eutieularisirte Oberhaut, so namentlich bei Bruguiera Rumnphü, Lumnitzera- Arten, Nylocarpus, Aegiceras; häufig sind die Spaltöffnungen tief eingesenkt oder mit geräumigem, nur eine enge Öffnung nach oben besitzenden Vorhof versehen (Khizophora mucronata, Aegiceras , Sonneratia , Ceriops u. s. w.); stets ist reichliches, manchmal auffallend mächtiges Wassergewebe vorhanden (#htzophora mucronata, Xylocarpus, Lumnitzera , Sonneratia), das Mesophyll ist beinahe lücken- los; die Enden der Gefässbündel sind häufig, durelı Hinzutreten zahlreicher rundlicher Tracheiden, mächtig erbreitert (Bruguiera caryo- phyllata, Sonneratia, Avicennia tomentosa); bei einigen Arten sind lange Steinzellen zwischen den Palissaden zerstreut. Alle diese Schutzmittel sind am auffallendsten bei den im reinen Seewasser, z. B. auf Korallen- riffen wachsenden Pflanzen ausgebildet. Mehrere Strandgewächse werden zu Buitenzorg in gewöhnlichem Boden eultivirt. Überall tritt da, obwohl sie vollkommen frei, der Sonne ausgesetzt wachsen, und ihr Substrat weniger nass ist, als an den natürlichen Standorten, die xerophile Structur auffallend zurück. Die Blätter von Sonneratia acida z. B. sind nicht mehr isolateral, sondern bifacial, weit dünner als in der Mangrove, die Spaltöffnungen sind nicht mehr eingesenkt, die Epidermis ist weniger diekwandig, sehwächer eutieularisirt, die sonst stets und bei allen untersuchten Arten vorhandenen Schleimzellen zwischen den Palissaden fehlen, das Mesophyll ist lückig, das Sklerenehym, die tracheidalen Erbreite- rungen der Gefässbündelenden sind nur noch schwach entwickelt. Das Blatt hat überhaupt das xerophile Gepräge beinahe ganz ein- gebüsst. Nicht minder auffallend ist der Unterschied in der Blatt- structur des zur Katappaformation gehörigen Baumes Calophyllum ino- phyllum. Alle diese Verhältnisse werde ich jedoch erst später einer eingehenden, durch Abbildungen illustrirten Erläuterung unterwerfen. Warum die Mangrovegewächse, die eine halb aquatische Lebens- weise führen, die Bäume der Katappaformation, die in feuchtem Sande bewurzelt sind, Schutzmittel gegen Transpiration, ähnlich wie an ganz trockenen Standorten, ausgebildet haben, in der Structur ihres Laubes gar keine Ähnliehkeit mit der Flora der Süsswassersümpfe zeigen, ist, nachdem im Anfang dieses Capitels nachgewiesen wurde, Schinper: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpivration. 1051 dass die Halophyten unter erschwerten Verhältnissen der Wasser- versorgung leben und der Gefahr ausgesetzt sind, dass ihr meist salz- reicher Zellsaft eine für die Ernährung schädliche oder gar eine tödt- liche Concentration erreiche, vollkommen verständlich. Ganz das Gleiche gilt aber auch von unseren europäischen Strandpflanzen, bei welchen Schutzmittel gegen Transpiration ebenfalls stets ausgebildet sind. ll. Die alpine Flora Java’s. Java ist bekanntlich reich an hohen Vulcanen, die einzeln oder zu kurzen Ketten vereinigt, sich auf Niederungen oder mässig hohen Plateaus bis zu einer Maximalhöhe von etwa 11500 Pariser Fuss (Smeru 11480) erheben. Von Buitenzorg bis zum Gipfel eines (der benachbarten, in Westjava gelegenen Vulcane, etwa des leicht zu- gänglichen, 9200" hohen Pangerango oder des etwas weniger hohen, aber sehr steilen Tjikoraii durchschreitet man in kurzer Zeit eine Anzahl scharf unterscheidbarer Regionen, deren physiognoiischer Charakter, wie ich es in einer späteren Arbeit zeigen werde, allein auf die Verhältnisse der Wasserversorgung zurückzuführen sind, wäh- rend die systematischen Unterschiede theils durch den gleichen Factor, theils durch die Temperatur bedingt sind. Bis zu einer Höhe von 4000 oder 5000" ist der Boden sehr eultivirt; nur spärliche Über- reste des früher wohl diesen Theil der Insel ganz bedeekenden Waldes sind noch vorhanden. Die Üppigkeit der Vegetation deutet auf überaus günstige Existenzbedingungen hin. Von 5000" an ist der Urwald weit weniger vernichtet, ausgedehnte Waldflächen überziehen die Flanken der erwähnten Vulcane. Der Nebelgürtel, der in Westjava die oberen Regionen, jedoch nicht die Gipfel der Berge umgibt, hat etwas höher seine untere Grenze, und Regen fällt hier täglich und in grosser Menge. Die Luft ist hier und in der Nebelregion mit Wasserdampf nahezu gesättigt und die permanente Feuchtigkeit kommt in der Physiognomie der Vegetation in prägnanter Weise zum Aus- druck. Überall zeigt sich, im Vergleich mit den Gewächsen unserer Wälder, schwächere Entwickelung des Holzes und der Wurzeln, mächtigere Ausbildung des Laubes. Die Bäume sind schlank und locker verzweigt. Lianen, bei welchen die Reduetion des Holzes in so auffallender Weise zum Vorschein kommt, sind im unteren, noch regenreichen Theil der Nebelregion häufig, nehmen aber nach oben, gleichzeitig mit dem Regen, ab. Stämme und Äste sind ganz von Epiphyten bedeckt. Unten sind die regenbedürftigen, holzigen Arten, wie Melastomaceen, Fagraea, zahlreich, treten aber nach oben, ähn- lich wie die Lianen, mit Ausnahme kleinblättriger Ericaceen, mehr 1052 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. und mehr vor den an Nebel gebundenen Orchideen und Farnen zurück; schliesslich sind beinahe nur noch Moose und Flechten, allerdings in erstaunlieher Üppigkeit, als Vertreter der atmosphaerischen Flora vorhanden. Im Schatten der Bäume wachsen grossblätterige Kräuter, nament- lieh Seitamineen und reichbelaubte, zarte Acanthaceen (Arten von Strobilanthes) mit ganz dünnen Blättern und auffallend selwachem Wurzelsystem. Hat man die obere Grenze «der Nebelregion überschritten, so tritt man in kurzer Zeit aus einer Vegetation von ausgeprägt hygro- philem Charakter in eine solche, wo letzterer ebenso ausgesprochen xerophil ist. Die Bäume sind. oberhalb der Nebelregion, niedrige und massiv; die Holzbildung ist stark, das Laub tritt zurück. Stämme und Äste sind knorrig, unregelmässig gewunden, wie beim Krummholz unserer Alpen, wie bei Juniperus phoenicea in den trockenen Thälern des Atlas, wie bei zahlreichen Holzgewächsen auf dem Strande tropischer Länder. Arten von Ahododendron und Agapetes, die bisher nur als Epiphyten auf Bäumen wuchsen, geben die atmosphaerische Lebens- weise auf und wachsen massenhaft auf dem Boden. Auf den Baum- ästen sind beinahe nur noch Moose und Flechten vorhanden. Aus diesen Wäldern geräth man schliesslich in niedere, holzreiche Ge- büsche, die mit kleinen Matten zusammen die Gipfel überziehen. Diese letztere Formation, die man als diejenige der alpinen Savanne bezeichen kann, und die sich bei etwa Sooo" einstellt, weicht in ihrem physiognomischen Charakter noch mehr von der tieferen ab, als die alpine Region unserer Hochgebirge von den Waldregionen, und doch ist auf jenen Gipfeln Java’s der Schnee un- bekannt, die Temperatur für die Vegetation das ganze Jahr hindurch günstig; höchstens kommen hie und da leichte Nachtfröste vor. Nicht der niederen Temperatur verdankt diese alpine Flora ihr höchst eigenartiges Gepräge, sondern den Schutzmitteln gegen Transpiration. Man glaubt sich beinahe in die Maquis der Mittelmeerländer versetzt. Wie in diesen, ist der Habitus von Arten aus ganz verschiedenen Familien ein gleichartiger. Die Blätter sind klein, lederartig, aufrecht, zuweilen dieht wollig behaart; Stämme und Äste sind relativ stark entwickelt, dieht und unregelmässig oder schirmartig verzweigt. Was die systematische Zusammensetzung der Formation betrifft, so sei an dieser Stelle nur erwähnt, dass Ericaceen das vorherrschende Element bilden; sie gehören den Gattungen Agapetes, Gaultheria und Rhododendron an. Unter den übrigen Holz- gewächsen fallen durch ihre Häufigkeit und ihren eigenthümlichen Scumper: Über Schutzmittel des Lanbes gegen Transpiration. 1053 Habitus besonders auf die wollig behaarte Antennaria javanica und die schirmförmigen Bäumchen vom Leptospermum javanieum. Ihre näheren Verwandten haben diese alpinen Gewächse theils in den Epiphyten der unteren Regionen, mit welchen mehrere der hier auf dem Boden lebenden Arten identisch sind, theils im Himalaya, ZLep- lospermum aber in Australien. Dass die in den feuchten Wäldern nur als Epiphyten gedeihenden Gewächse in der alpinen Region ebenso ausschliessliche Bodenptlanzen werden, eine Erscheinung, die ich auch in den Bergen Brasiliens beobachtete, ist vollkommen begreitlich, «da dieselben, entsprechend der Beschaffenheit des Substrats, Schutzmittel gegen Transpiration besitzen.‘ Wie in den meisten sehr trockenen Gebieten tragen in der alpinen Region Java’s die Baumäste eine nur spärliche, hauptsächlich aus Flechten bestehende, epiphytische Flora, und die Lianen sind auf ganz kleine, den unseren habituell ähnliche Formen beschränkt. Noch weit mehr xerophil ist der Charakter der ‚Hochgebirgs- vegetation im trockenen Ostjava. Der feuchte Wald geht hier weit weniger hoch als im Westen. Schon bei 6500" tritt man in die Casuarinaregion ein und glaubt sich in einen europäischen lockeren Nadelholzwald versetzt. Bei ungefähr 8000" nimmt dieser Laubwald Krummholzeharakter an; die Stämme werden niedriger; die Äste schlan- genförmig, die Kronen schirmartig. Die geringe Entwiekelung des Lau- bes im Verhältniss zum Holze ist besonders auffallend. Auch die Casua- rinien werden niedrig, ohne jedoch Krummbolzeharakter anzunehmen. Plötzlich hört der Baumwuchs ganz auf. Man tritt in eine Wiesenformation von steppenartigem Charakter ein. Durch breite Zwischenräume getrennt erheben sich die dichten, schmalblätterigen Büschel eines Grases (Festuca nubigena), der Boden dazwischen ist zum grössten Theile nackt. Nur spärlich wuchern auf demselben meist kleine Pflanzen mit mächtigen Rhizomen oder Wurzeln und dieken Blättern, namentlich alpine Formen der in den tieferen Regionen weit grösseren Pimpinella Pruatjan und Alchemilla villosa, kleine Veilchen, oder ein strauchiges Hypericum, dessen grosse gelbe Blüthen die einzige Zierde der Formation bilden. Das grösste Interesse bean- spruchen aber zwei Arten von australischen Formenkreisen, nämlich Leucopogon javanicus und Coprosma sundana. Erstere ist ein kleiner kriechender Strauch mit spitzen, harten Blättern, der auch auf den benachbarten Vulcanen vorkommt, und auf dem Widodaren den Boden zwischen den Grasbüscheln stellenweise ganz bedeekt. Die zweite Art, eine diekblätterige Rubiacee mit auffallend langen Staubgefässen, " Vergl. darüber meine Monographie der epiphytischen Vegetation America's, 1388. 1054 Sitzung der physikalisel - mathematischen Classe vom 31. Juli. scheint, soweit bekannt, auf der ganzen Welt nirgendwo anders, als auf dem höchsten Gipfel des Widodar’n vorzukommen. Der xerophile Charakter der alpinen Flora Java’s kommt nicht bloss im physiognomischen Gesammtcharakter der Vegetation, im Vor- kommen australischer Formen, in dem beinahe gänzlichen Fehlen der atmosphaerischen Phanerogamen und der Lianen, im Austausch mit der Strand-Flora, im Auftreten sonst epiphytischer Arten als Boden- pflanzen, zum Ausdruck, sondern ist auch in auffallendster Weise in der anatomischen Structur ausgeprägt. Beinahe alle Schutzmittel, die wir für andere Fälle kennen, kommen auch hier zur Verwendung, am wenigsten jedoch Wassergewebe. Sueculenten, die in »alpinen Floren stellenweise häufig sind, fehlen gänzlich; das gewöhnlichste Sehutzmittel ist starke Verdiekung und Cutieularisirung der Aussenwand der Epidermis. Dieselben Arten, in tieferen Regionen eultivirt, ver- lieren sowohl in ihrem Gesammthabitus, als auch im anatomischen Bau den xerophilen Charakter beinahe vollständig. Ich werde an anderer Stelle darauf zurückzukommen haben. Zu ähnlichen Ergebnissen, wie die Besteigung der Vulkane Java’s, führte mich auch diejenige des Pidurutallagalla, des höchsten Berges auf Ceylon, wo der xerophile Charakter der Vegetation sich tiefer einstellt, als in Westjava, ohne jedoch auf dem Gipfel so ausgesprochen zu sein, als in Ostjava. Besonders lehrreich war in gleicher Hinsicht die Besteigung eines nicht genauer gemessenen Gipfels der Serra de Pieu, zwischen den Provinzen Rio de Janeiro und Minas Geraes. Hier folgte auf den tropischen Wald, anstatt der Casuarina, ein Waldgürtel von Araucaria brasiliensis, darauf Krummholz, namentlich von einem Psidium gebildet, endlich eine blumenreiche alpine Matte von ausgesprochen xerophilem Charakter, deren Vegetation systematisch und physiognomisch derjenigen der Campos sehr ähnlich sein soll. Dass wir die Ursache des Aufhörens der Baumvegetation und des xerophilen Charakters jener tropischen alpinen Formationen in un- günstigen Verhältnissen der Wasserversorgung zu suchen haben, kann keinem Zweifel unterliegen. Ebenso ist es klar, dass die Luftver- dünnung, direet dureh ihren fördernden Einfluss auf die Transpiration und indireet durch die kräftigere Insolation, als die wichtigste Ursache zu betrachten ist. Es kommt aber der Umstand hinzu, dass auf den erwähnten Gipfeln die Niederschläge schwächer sind, die Luft trockener, als in den tiefer gelegenen Berg- regionen, jedoch wohl kaum als in der Ebene. Wäre die alpine Region, ähnlich wie die darunter liegende, von Nebel umhüllt, so würde sich eine xerophile Flora nicht entwickelt haben; umgekehrt sehen wir in Ostjava, wo die Nebelbildung meist schwächer ist, die xero- ScHImPER: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1055 phile Flora viel tiefer herunterreichen. Genaueres über die Menge der Niederschläge auf den alpinen Höhen Java’s ist nicht bekannt. Junuunn spricht von heiterem Wetter als Regel, ich habe hingegen sowohl auf Java, wie bei zweimaliger Besteigung des Pidurutallagalla, stetigen Regen gehabt, der nur auf dem Pangerango durch heitere, brennend heisse Pausen unterbrochen wurde, während welcher das feuchte Gras auffallend schnell wieder trocken wurde. Die alpine Flora unserer Gebirge ist, wenn auch unter geringerer Höhe, den gleichen Factoren, wie diejenige Java’s, unterworfen. Die Krummholzbildung, die Baumlosigkeit der höchsten Regionen, die geringe Grösse der alpinen Sträucher, die mächtige Wurzelbildung, die Dickblätterigkeit, die Behaarung, werden der niederen Temperatur zu- geschrieben, als Schutzmittel gegen Winterkälte und gegen den Druck des Schnees aufgefasst. Sie kehren aber auf Java in ganz ähnlicher Weise wieder, bei einer nahezu constanten Temperatur. Andererseits unterliegt es keinem Zweifel, dass der Uharakter unserer alpinen Vege- tation ein ganz xerophiles Gepräge trägt, dass die vorhin erwähnten Eigen- thümlichkeiten sonst als Folgen erschwerter Wasserversorgung auftreten. Ich trage daher kein Bedenken, die Eigenthümlich- keiten der europäischen Hochgebirgsfloren ebenso wie die- jenigen der javanischen auf die durch Luftverdünnung und stärkere Insolation bedingte grössere Transpiration und die dadurch erschwerte Wasserversorgung zurückzuführen. Auch die Ergebnisse der Cultur von alpinen Gewächsen in der Ebene, wo dieselben ähnliche Veränderungen zeigen, wie Halophyten in ge- wöhnlichem Boden, sprechen für diese Ansicht. Späteren Unter- suchungen mag es indessen überlassen bleiben, zu zeigen, ob auch ein Einfluss der Temperatur bei den biologischen Eigenthümlichkeiten der alpinen Floren temperirter Länder anzunehmen ist. Il. Gegenseitiger Standortswechsel von Halophyten, Epiphyten und alpinen Gewächsen. Auf die habituelle Ähnlichkeit zwischen alpinen Gewächsen und Halophyten ist schon zu wiederholten Malen aufmerksam gemacht worden, so namentlich für die algierische Flora durch BArrAnDıeEr ,' welcher das Vorkommen fleischiger oder stark behaarter Gewächse als charakteristisch für den Stand und die höchsten Gipfel des Atlas hervorhebt und erwähnt, dass gewisse ubiquitäre Pflanzen, wie Poly- ! Quelques mots sur les causes de la localisation des especes. S.a. au Bulletin de la societe botanique de France 1887. Sitzungsberichte 1890. 90 1056 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. Juli. carpon tetraphylbım und Plantayo Coronopus an beiden Standorten in ganz ähnlicher Weise von der normalen Form abweichen. Diese Ähnlichkeit erstreckt sich aber auch auf die systematische Zusammen- setzung der Vegetation; die Strandflora und die alpine Flora des Atlas haben manche Arten gemeinsam, die in den Zwischenregionen voll- ständig fehlen. Diese bedeutsame Ähnlichkeit ist nieht auf Algerien beschränkt. So wächst Zrodium maritimm auf den höchsten Gipfeln Corsiea’s. Rhodiola rosea und Primula strieta gedeihen, nach Lecoo, als Halo- phyten auf dem Strand in Lappland, und Hr. Grazıou sagte mir, dass die Flora des Strandes bei Rio de Janeiro mehrere Arten mit derjenigen der Gipfel der Serra do mär, die in den Zwischenregionen fehlen, gemeinsam hat. Eine physiognomische und systematische Analogie ist auch in Süd-Asien zwischen der Vegetation des Strandes und derjenigen der höchsten Regionen nachweisbar. Manche Bäume der Katappaforma- tion und sogar der Mangrove ahmen in ihren knorrigen Gestalten, ihren verbogenen, oft auf dem Boden kriechenden Ästen, die Formen des Krummholzes nach, so auf Java und Singapore Lammnnitzera coccinea, die mit dem alpinen Leptospermum javanieum habituell vergleichbar ist, Seaevola Koenigü, Paritium tiliaceum, in West-Indien Coccoloba uvifera. Dodonaea viscosa, eine der gewöhnlichsten Strandpflanzen Java’s, zeigt sich in einer mehr grossblüthigen Varietät oberhalb 6000* in Ost-Java plötzlich wieder, und die Gattung Casuarina ist auf Java nur durch Bewohner des Strandes und der höheren und höchsten Bergregionen, allerdings durch ungleiche Arten, vertreten. Eine physiognomische Analogie und ein Austausch des Stand- ortes besteht auch zwischen alpinen Bodenpflanzen und tropischen Epiphyten. Die Arten von Rlıododendron, Agapetes, die die Bestand- theile der alpinen Gebüsche bilden, kommen in den tieferen Regionen als Epiphyten vor. Das Gleiche habe ich auf den brasilianischen Gebirgen an Arten von Vriesca und Aechmea eonstatirt und S. Kurz erwähnt eine ähnliche Erscheinung für die Gebirge von Birmah.' Dass sonst nur epiphytisch lebende Pflanzen als Halophyten auf dem Strande vorkommen, ist eine seltenere Erscheinung. Das auffallendste Beispiel dieser Art bot mir Ficus diversifolia, einer der gewöhnlichsten Epiphyten Javas, den ich auf dem Strande bei Singa- pore zwischen typischen Halophyten massenhaft wachsen sah. Auch Arten von Palycerium fand ich hin und wieder als Bodenpflanzen ‘ Preliminary Report on the forest and other vegetation of. Pegu. Caleutta 1875 pP. 17. ScHimper: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1057 am Meere. Zum grossen Theil gehören die Epiphyten jedoch salz- scheuen Familien an (Orchideen, Ericaceen), und der Modus ihrer Verbreitung ist zur Besiedelung des Strandes auch wenig günstig. Dieser Wechsel des Standorts zwischen den Pflanzen der al- pinen Regionen, derjenigen des Strandes und der Epiphyten, der früher räthselhaft erschien, hat für uns nichts unbegreifliches, indem alle diese Gewächse die gemeinsame Eigenthümlichkeit haben, dass an ihren gewöhnlichen Standorten die Verhältnisse der Wasserver- sorgung ungünstig sind, so dass sie überall wesentlich gleiche Sehutzmittel gegen Transpiration erworben haben. Immerhin sind die sonstigen Existenzbedingungen so ungleich, dass der Austausch nicht sehr ergiebig sein konnte. Ganz besonderes Interesse bietet daher das Vorkommen auf Java von salzreichen Stellen in den Bergen, an Orten, die von Epiphyten und Alpenpflanzen leichter erreicht werden können und deren Temperatur weniger von der diesen Gewächsen gewöhnlichen abweicht, als am Meeresrande. Die vulcanischen Gebirge Java’s sind reich an Fumarolen, die entweder aus trockenen, von krystallinischem Schwefel überzogenen Spalten, oder aus kesselförmigen Wasserpfützen, die durch die Gase in heftiger Bewegung unterhalten werden, entweichen. Nach dem Geruch, nach der Natur der Ausscheidungen und Zusammensetzung der Quellen ist zu schliessen, dass diese Dämpfe, wie in anderen Fällen, an Schwefelwasserstoff, schwefliger Säure und Salzsäure reich sind. Die Umgebung dieser Fumarolen, die meist in Mehrzahl auf beschränktem Raum vereinigt sind, ist keineswegs vegetationslos. Kleine Sträucher und Farne zieren vielfach den Rand der dampfenden Kessel und dichtes Gebüsch überzieht die von den Fumarolen etwas entfernteren Theile der Solfatare.. Die ganze im Bereich der sauren Dämpfe und Bäche befindliche Vegetation weicht in ihrer syste- matischen Zusammensetzung und ihrer Physiognomie ganz wesentlich von dem benachbarten Urwald ab. Im Gegensatz zu letzterem, so- wie zu dessen Lichtungen, ist die Flora der Solfataren, auch in den regen- oder nebelreichen Regionen, ganz ausge- sprochen xerophil in ihrem Habitus und setzt sich aus Gewächsen zusammen, deren Vorkommen auf erschwerte Wasserversorgung hinweist. Wie in der alpinen Region, finden wir auch in den Solfataren sonst auf Stämmen und Ästen der Bäume wachsende Arten auf dem Boden gedeihend, und diesen sonst epi- phytischen Arten beigemengt mehrere rein alpine Formen, die sonst erst oberhalb 8oo0" auftreten. Der Boden der nur etwa 3500" hohen Solfatare am S.W.-Ab- hang des Salak, unweit Buitenzorg, ist streckenweise von üppigem 90* 1058 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. Gebüsceh überzogen, dessen höchst merkwürdige Zusammensetzung folgende ist. Die höheren Bäume sind Zlarocarpus augustifolius, die sonst nur alpine Myrsine avenis und eine kleinblätterige Art der Gattung Agapetes, deren zahlreiche schwer zu unterscheidende Formen theils als Epiphyten in der Nebelregion, theils als Bodengewächse auf den höchsten Gipfeln wachsen. Zwischen und unter diesen Bäumchen wächst ein theils manneshohes, theils niedrigeres Unterholz, das vorwiegend aus folgenden Arten besteht: Fieus (Synoecia) diversifolia, sonst Epiphyt und Strandhalophyt: Ahododendron javanicum , sonst Epiphyt, Bodenpflanze nur in der Krummholzregion und in Solfataren; Agapetes rosea, Epiphyt in der Nebelregion, alpine Bodenpflanze; Medinilla javanica, eine sonst nur epiphytische Melastomacee; Terfran- thera eitrata, eine sonst alpine Lauracee; Olcandra nereifolia , en halb- epiphytisch wachsender Farn. Sonerila sp., ein kleines Kraut, ist nebst einigen Farnen und Lycopodien, das einzige Gewächs, das in den Gebüschen der Solfataren ähnlich vorkommt, wie im benach- barten Urwald. Zerstreut ausserhalb des Gebüsches sah ich das sonst beinahe nur alpine Leptospermum javanicum, das sonst nur epiphytische Rhododendron tubiflorum, die CUyperacee Gahnia javanica, die in Solfa- taren und in der alpinen Region nie fehlt, und einige Farne. Die Solfatare am Salak liegt noch ganz und gar in einer tropi- schen Region. In den Solfataren der Nebelregion spielt, der höheren Lage entsprechend, das alpine Element eine wichtigere Rolle, während das epiphytische zurücktritt. So beobachtete ich in der Kawah Ma- noek, sowie am sauren See Telaga Bodas. die beide zwischen 4000 und 5000" liegen, drei der gewöhnlichsten Vertreter der alpinen Flora, die am Salak fehlen, nämlich Agapetes varingiaefolia Bu. (Ag. vulgaris Junen. e. p.), Gaultheria leucocarpa, und Rhododendron retusum, welch’ letzteres in der Nebelregion als Epiphyt wächst, auf den alpinen Höhen jedoch nur als Bodenpflanze vorkommt. Die Untersuchung des anatomischen Baues der Solfatarenpflanzen zeigte, vollständig in Übereinstimmung mit ihrem äusseren Charakter und ihrem sonstigen Vorkommen, das Vorhandensein stark aus- geprägter Schutzmittel gegen Transpiration, wie Wassergewebe (z. B. bei Medinilla), doppelte Epidermis (Ficus diversifolia), sehr starke Cutieula bei den meisten u. s. w. Diese Flora von so ausgeprägt xerophilem Charakter wächst in einer regen- und nebelreichen Region, auf nassem Boden, ist von einer durchaus hygrophilen Vegetation umgeben. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass hier, wie in der Mangrove, die che- mische Beschaffenheit des Substrats Schutzmittel gegen Transpiration zur Lebensbedingung macht. Dass die aus Scurmper: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1059 dem Boden entweichenden Gase Chloride enthalten, ist nach allen Analogieen und nach der Zusammensetzung der Quellen mit Sicher- heit zu schliessen. Es sind aber vorwiegend Sulfate, welche hier die Transpiration beeinflussen und deren Anhäufung in den Blättern schädlich wirken würde. Die nackte Oberfläche des Bodens zeigt sich überall von einem mehligen gelben und weissen Überzug von Schwefel und Schwefelverbindungen bedeckt und bis zu einer gewissen Tiefe von demselben imprägnirt. Dass aus diesen Schwetelverbin- dungen im Boden Sulfate entstehen, kann keinem Zweifel unterliegen und geht übrigens aus der Zusammensetzung der dampfenden Quellen, die einen bedeutenden Reichthum an Alaun aufweist, mit Sicherheit hervor. Es sind dadurch ganz ähnliche, für stark transpirirende Ge- wächse ungünstige Bedingungen vorhanden, wie wir sie auch auf dem Strande wiederfinden und wie sie im Laboratorium nach Belieben hergestellt werden können. Von besonderem Interesse ist in der Flora der Solfataren das Vorkommen von sonst epiphytischen Gewächsen auf nassem, salz- reichem Boden, von alpinen Arten in einer feuchtwarmen Gewächs- hausatmosphaere. Die gemeinsame Eigenthümlichkeit, «dass diese beiden Gruppen von Gewächsen, in Folge ihrer gewöhnlichen Lebens- weise, Schutzmittel gegen Transpiration besitzen, setzte dieselben in den Stand, den Boden zu colonisiren, dessen ursprüngliche, mit der des benachbarten Waldes jedenfalls übereinstimmende Vegetation durch die Entstehung der Fumarolen vernichtet worden war." Die grosse Entfernung und die Art der Samenverbreitung machte, viel- leicht mehr als das Klima, einen Austauch mit der Strandflora bei- nahe zur Unmöglichkeit. Immerhin deutet das Auftreten von Ficus diversifolia als Halophyt auf dem Strand von Singapore und in sämmtlichen Solfataren, als Epiphyt in allen Wäldern, auf eine be- deutsame Analogie in den Existenzbedingungen der Vegetation an scheinbar so ungleichen Standorten. IV. Immergrüne Holzpflanzen in temperirten Ländern. Es ist bekannt, dass bei Eintritt der trockenen Jahreszeit in denjenigen tropischen Gegenden, wo dieselbe sehr ausgesprochen ist, viele Holzgewächse, ähnlich wie bei uns im Spätherbst, ihr Laub abwerfen. Diese Analogie ist häufig hervorgehoben worden; es wurde dabei aber bisher, wie ich glaube, übersehen, dass auch der herbst- ! Die von dichten, feuchten Urwäldern umgebene Solfatare Kawah Manoek soll erst 1772 nach einer Eruption des benachbarten Pepaudajan entstanden sein. 1060 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 31. Juli. liche Laubfall ein Schutzmittel gegen Wasserverlust darstellt. Eben- sowenig, wie zartbelaubte Bäume während der trockenen Jahreszeit, wären die meisten Bäume der kälteren temperirten Zonen im Stande, den durch Transpiration bedingten Wasserverlust während des Winters zu decken, namentlich wenn das Laub durch die Sonne erwärmt, während der Boden in ihrem Schatten noch gefroren sein würde. Dass übrigens die Erkaltung des Bodens nicht bis zum Gefrieren zu gehen braucht, um einen nachtheiligen Einfluss auf die Wasseraufnahme zu üben, ist seit langer Zeit bekannt und leicht, an klaren Herbst- tagen, nach kühlen Nächten, an der Erschlaffung der grösseren oder zarteren Blätter vieler Gewächse in jedem Garten festzustellen. Der Laubfall scheint, sowohl in warmen Klima, als in den tro- pischen Gebieten mit trockener Periode, mehr an eine bestimmte Jahreszeit, als an einen bestimmten Temperatur- bez. Feuchtigkeitsgrad gebunden zu sein. Dieser Zusammenhang geht aber recht bald ver- loren, wenn die Ursache, welche denselben hervorgerufen, nicht mehr vorhanden ist. Ein solches Gebundensein an eine bestimmte Jahres- zeit fand ich z. B. bei den nordtemperirten Bäumen, die auf den Bergen Java’s, namentlich im Versuchsgarten zu Tjibodas, bei nahezu gleichmässig feuchtem und warmem Klima eultivirt werden,. gar nicht mehr, sondern die einzelnen Äste und Systeme von Ästen warfen daselbst ihre Blätter und entwickelten neue zu ungleichen Zeiten. So konnte ich zu Tjibodas, am ı3. December 1889, bei Pyrus Malus, Pyrus communis, (Quercus pedunculata, Liriodendron Tulipifera, Rhus sucedanea u. a., das winterliche, blattlose, das frühjahrliche, das sommer- liche und das herbstliche Stadium an den einzelnen Ästen eines und desselben Baumes beobachten. Die immergrünen Holzgewächse der kalttemperirten Zonen bedürfen offenbar, um den Winter zu überdauern, eben solcher Sehutzmittel gegen Transpiration, wie diejenigen der Tropen, um die trockene Jahreszeit zu ertragen. Die Structur des Laubes unserer immergrünen Holz- pflanzen zeigt in der That, im hohen Grade der Entwickelung, solche Eigenschaften, wie wir sie auch sonst mit erschwerter Wasserzufuhr verknüpft finden, und zwar in besonders starker Ausbildung bei den Nadelhölzern, aber auch bei Laubhölzern, wie Dex aquifolium, Buxus sempervirens, Hedera Helix u. s. w. Bereits Stanz! ist es aufgefallen, dass die Blätter immergrüner Holzgewächse auch im Schatten ausgesprochenes Palissadenparenchym besitzen, während solches von ihm sonst nur in der Sonne beobachtet worden war. Er vergleicht namentlich in dieser Hinsicht den schwam- ' Einfluss des sonnigen oder schattigen Standorts auf die Ausbildung der Laub- blätter. Jena 1883. “ & B . . r Schimrer: Über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration. 1061 migen Bau der dünnen, im Herbst fallenden Blätter der Heidelbeere, mit den dieken und relativ dicht gebauten der immergrünen Preissel- beere. Diese Ungleiehheit im Auftreten des Palissadenparenchyms wird uns ohne weiteres verständlich sein, seitdem wir wissen, dass bei erschwerter Wasserversorgung, ganz abgesehen von der Beleueh- tung, starke Entwickelung desselben die Regel ist. Das Gleiche gilt von allen übrigen Unterschieden zwischen den Blättern der Heidel- und der Preisselbeere. Die derbe Structur des Laubes bei den immergrünen Gewächsen ist bisher, trotz ihrer Übereinstimmung mit derjenigen der Xerophilen, als Schutzmittel gegen Kälte aufgefasst worden. Dass starke Ent- wickelung der Palissaden in keiner Weise, versenkte Spaltöffnungen und dicke Cutieula höchstens in ganz geringem Grade und sehr kurze Zeit die Temperaturabnahme im Protoplasma verzögern können, ist klar. Übrigens zeigt die Fähigkeit, niedere Temperatur zu ertragen, keinen Zusammenhang mit solehen Schutzmitteln, sondern ist eine in ihren Ursachen ganz unbekannte Eigenschaft des Protoplasma. Die überwinternden, wenig tief wurzelnden Kräuter, die sich in ihren Temperaturschwankungen ähnlich wie der Boden verhalten und daher der Schutzmittel gegen Transpiration nicht bedürfen, sind zum grössten Theile sehr zart gebaut, wie z. B. Stellaria media, Veronica-Arten, auch Pilze und Algen. Die verzögernde Wirkung einer niederen Temperatur des Bodens auf die Wasseraufnahme durch die Pflanze macht es uns z. B. viel- leicht auch begreiflich, dass Alpenpflanzen, die im schmelzenden Schnee, wie Ranunculus glacialis oder an Gletscherbächen wachsen. wie Saxi- fraga aizoides, den glühenden Strahlen der Alpensonne ausgesetzt, dick- blätterig oder gar succulent sind, ähnlich wie die Bewohner trockener Standorte. Auch die Eigenthümlichkeiten der Polargewächse, die so viele Analogie mit denjenigen der Wüstenpflanzen zeigen, dürften auf ähnliche Ursachen zurückzuführen sein. Indessen fehlt es mir hier an eigenen Beobachtungen. Die in diesem Kapitel erwähnten That- sachen und Vermuthungen sollen überhaupt nur die Aufmerksamkeit auf einen bisher unbeachteten Factor ziehen, der für das Verständniss der biologischen Eigenthümlichkeiten der Floren in kälteren Klimaten unzweifelhaft von Bedeutung ist. Schluss. Im Vorhergehenden wurde der Versuch gar nicht gemacht, die Sehutzmittel gegen Transpiration physiologisch zu erklären; jeder solcher Versuche wird gegenwärtig nur zu haltlosen Hypothesen führen, 1062 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 31. Juli. Biologisch, also in ihrer Bedeutung für das Pflanzenleben, sind uns diese Eigenthümlichkeiten vollkommen begreiflich, und es sollte in diesem Aufsatz nur der Nachweis geliefert werden, dass solche Schutz- mittel allen Pflanzen zukommen, die dauernd oder periodisch gegen erschwerte Wasserversorgung zu kämpfen haben, möge die Ursache der letzteren in Trockenheit der Atmosphaere und des Bodens, in kräftiger Insolation und Luftverdünnung, in Salzreiehthum des Sub- strats oder zu niederer Temperatur desselben zu suchen sein. Ich hoffe damit den Weg zur Lösung verschiedener pflanzengeographischer Probleme etwas geebnet zu haben. In späteren Arbeiten werde ich diese Ursachen einzeln einer eingehenden Behandlung unterwerfen. Es schien mir jedoch rathsam, den ausführlichen Monographieen, in welehen noch ganz andere Gegenstände zur Besprechung kommen sollen, eine zusammenfassende Erläuterung von Eigenschaften, die ver- schiedenen biologischen Pilanzengruppen gemeinsam sind, voraus- zuschieken, um, z. B. bei der Behandlung der Strandgewächse, die Verhältnisse der Wasserversorgung in der alpinen Region nicht er- läutern zu müssen, um den gegenseitigen Austausch zu erklären. 1063 Über orthogonale Systeme. Von L. KronEcker. (Fortsetzung der Mittheilung vom 22. Mai [St. XXVI].) X. = Fir den Bereich (R = ı), d. h. für den absoluten Rationalitätsbereich der rationalen Zahlen, für welchen sich das Modulsystem (M, M,...) auf einen einfachen ganzzahligen Modul M reducirt, sind nach der vor- stehenden Entwickelung alle diejenigen, aber auch nur diejenigen orthogonalen Systeme ganzer Zahlen (w;) durch die Cavrey'sche Form darstellbar, für welche die Determinante: | Wu + ou | (een modulo M ein Divisor von ı ist; d. h. das Problem der Auffindung ganzzahliger Systeme (W;), welche den Congruenzen genügen: ı Il v WM; W;; == On (mod. M) (GE N)" A | t lässt sich dann und nur dann in der ÖOayrev’schen Weise lösen, wenn die Determinante |w; + ,.| relativ prim zu M ist. In diesem spe- ciellen Falle ganzzahliger Moduln, und überhaupt für jedes Modul- system höchster Stufe, steht hiernach die Anzahl der in der Car- rey’schen Form nicht darstellbaren orthogonalen Systeme zur Anzahl der darstellbaren in endlichem Verhältniss, und die für die Öayrey’sche Darstellungsweise gebotene Beschränkung macht sich somit bei der Ausdehnung auf relativ orthogonale Systeme noch stärker geltend. Dass aber diese Beschränkung nicht in der Natur der orthogonalen Systeme selbst begründet ist, erkennt man z. B. daraus, dass jene der Cayrev'schen Darstellungsweise hinderliche Eigenschaft der orthogonalen Systeme bei deren Composition nicht nothwendig erhalten bleibt. Um dies näher darzulegen, gehe ich auf die im art. VIII ent- haltenen Entwickelungen zurück. Es sind dort die sämmtlichen ortho- gonalen Systeme mit reellen Elementen und der Determinante + ı mit (25P) und mit: Tr (iSi (— On = 2iree. (0 - d,)) ( — oe zree. (dy.+d%)) (,k=1,2,...n) hzı wird, so dass die Compositionsgleichung besteht: «Or (— + 2 rec. (au + 9) (du + 2 rec.(d,.+ d,)) (Gk=2,..n): Da nun andererseits offenbar jedes aus den beiden Systemen rechts componirte System ein orthogonales System des Bereichs (R,R,R”.. .) mit der Determinante + ı ist, sobald für a,.,b;. irgend welche den Gleichungen (84) genügende Grössen desselben Bereichs. genommen werden, so ergiebt sich das Resultat: Alle orthogonalen, einem Rationalitätsbereich (R,W,R”...) angehörigen Systeme (c,) mit der Determinante +1, und nur diese, werden durch die Composition von je zwei Systemen: (= dx Sr 2 Tec. (a; 4 d,)) > (- dr nz 2 Tec. (b;; En d4)) (NS HaD) erhalten, in denen a;., b,. irgend welche den Gleichungen (84) genügende Grössen des Bereichs (R,R,R”...) sind. ! Vergl. den Schluss des $. 22 der eitirten Festschrift. 1068 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Die hier erlangte, ausnahmslos zulässige Darstellungsweise ortho- gonaler Systeme, bei welcher allerdings ein und dasselbe System aus verschiedenen Werthsystemen von a;, by; hervorgeht und also mehr- fach vorkommt, ist auch auf solche Systeme anwendbar, welche nur in Beziehung auf ein gewisses Modulsystem orthogonal sind. Sie bildet eine wesentliche Erweiterung der Cavrrv’schen Darstellungsweise, und diese resultirt selbst daraus, wenn man die sämmtlichen Grössen b,. gleich Null annimmt. Aber bei einer solchen Speeialisation der obigen allgemeineren Darstellungsweise bleibt die volle Allgemeinheit der Darstellbarkeit nicht erhalten. So können, wie schon am Schlusse des art. V gezeigt worden ist, die orthogonalen Systeme: (- O4 ES 2 rec. (A + ,)) (i, k— I, 2,2... n) für endliche Werthe a,, niemals symmetrisch sein, ausser wenn alle Grössen a,, gleich Null sind; aber unter den aus der Composition zweier Systeme: (— d, + 2ree. (a; + 3) : (- du + 2ree. (da +)) Gk=u2...n) hervorgehenden Systemen sind z. B. diejenigen symmetrisch, bei welchen: db; = 77 dr Zr Rec. (: (1 >> £;) dy + & TEC. (— Ar Eu d,)) (1,2 Een) ist, vorausgesetzt, dass die Werthe eg; in gerader Anzahl gleich — ı und die übrigen gleich + ı sind. Denn setzt man: — + 2 Tee. (di + du) = Cu (h,k= 1,2,...n), so wird: — 0, + 2rec. (a;, + 0) = 8,0% (K,i=N1y,2,...m), und aus der Gleichung (85) ergiebt sich alsdann die Relation: hzn er D En Ci Chr (has h=ı durch welche gemäss der Gleichung (6) im art. I das System (c;) als ein orthogonales symmetrisches charakterisirt wird. X. Eine von der Öavrey'schen principiell verschiedene, für den Fall reeller Grössen ausnalımslos zulässige Darstellung orthogonaler Systeme durch ;n (n--ı) Parameter erhält man nach jener Methode der Trans- formation eines Aggregats von Quadraten in ein anderes, welche ich in meiner Mittheilung vom Februar 1873 auseinandergesetzt und auch oben im art. IV. benutzt habe. Krosecker: Über orthogonale Systeme. 1069 Bedeutet nämlich, wie im art. I: (Cr) (ee) irgend ein orthogonales System und: (6) Ri...) ein »elementares«, d. h. ein solches, dessen Elemente in folgender Weise bestimmt sind: gg = E05 dag, G=SMdy, GO = a =, =Ssn0,, = €080,, 0 kzg,kzh )’ Er Os War engen Zh); so resultirt aus der Composition: (Cr) (Ca) ein orthogonales System, in welchem die beiden durch die vorderen Indices g und A charakterisirten Horizontalreihen die Elemente haben: Cge COS Op + Cr SIN Og; 3 (Kn2rren), — Cgp SIN Ogn + Car COS Oyp während die übrigen Horizontalreihen mit denen des Systems (6;.) übereinstimmen. DBezeichnet man nun das elementare orthogonale System (c,), um die Abhängigkeit seiner Elemente von der Winkel- grösse v,, hervorzuheben, mit: (3 (vn) ’ so wird jenes aus der CGomposition mit (c,,) resultirende System durch den Ausdruck: (€ (v,)) (6) symbolisch dargestellt. Es sei jetzt zuerst g=ı,h=n, und ® dass das Element: werde so bestimmt, ın ICE SINEHTE ER RCOSEUEE welches in dem eomponirten System: (€ (v,)) (6) an der ersten Stelle der nten Horizontalreihe steht, gleich Null wird, und dass zugleich das erste Element der ersten Horizontalreihe einen positiven Werth bekommt. Dies ist stets möglich, auch wenn ec, = 0 ist, da in diesem Falle nur »,, gleich -r oder ®r genommen zu werden braucht. 1070 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. Alsdann si g=ı, h=n-—ı und v, „_, werde so bestimmt, dass das erste Element der (r» -— ı)ten Horizontalreihe in dem System: (Ew,.,)) (Ev...) (Ci) gleich Null und zugleich das erste Element der ersten Horizontal- reihe positiv wird. Fährt man in dieser Weise fort, so erlangt man ein System: (E@,)) (Er)... (Ew.._)) (E@)) in welehem alle Elemente der ersten Vertiealreihe, mit Ausnahme des ersten, gleich Null sind und das erste Element einen positiven Werth hat. Es ist also, wenn die Elemente des Systems mit c,„ bezeichnet werden: Cr = ed Un 00% und da das System ein orthogonales ist, also die Gleichungen bestehen: h=n h=n > CH Ci er >64. 6 ——O (k=2,3,...n), R—ı so folgt, dass: Ge — +1 : (Oz —) (Ka) sein muss. Das System (c,) ist daher niehts Anderes als ein ortho- gonales System von (n—ı)’ Elementen: GE (, k—a7 3 en), welehem nur eine Horizontalreihe: W=rtIl, SO, 0, 09, ...0m 0 und eine Vertiealreihe: er, =09, 0... m—o9 angefügt ist. Setzt man von diesem System (c,), welches wesentlich nur ein orthogonales System von (n— 1)” Elementen ist, schon voraus, dass es als Resultat der Composition von lauter elementaren Systemen in folgender Weise darstellbar ist: (E,,)) (EB)... (En); so folgt nunmehr, . dass jedes orthogonale System von n° Elementen sich als Resultat der Composition einer Reihe von > n(n—ı) ele- mentaren orthogonalen Systemen: er (ER) CE.) - 2. (E@._.n) (En) darstellen lässt, deren jedes von einer Grösse v abhängt. Kronecker: Über orthogonale Systeme. 1071 Andererseits ist klar, dass aus der Composition beliebiger elemen- tarer orthogonaler Systeme stets ein orthogonales System hervorgeht. Der mit (87) bezeichnete Ausdruck stellt demnach, in der angekündigten Weise, ausnahmslos jedes orthogonale System mit reellen Elementen durch —n(n —ı) Parameter vo dar. Doch ist dabei zu bemerken, dass nicht jeder einzelne Coefficient der elementaren orthogonalen Systeme (cosv, sinv), sondern nur das Verhältniss (tg vo) rational in den Elementen des durch den Compositionsausdruck (87) darzustellenden Systems ausgedrückt wird. Das mit € (v,,) bezeichnete elementare orthogonale System lässt sich als Resultat der Composition anderer elementarer Systeme in folgender Weise darstellen: (En) (Er.)) (ER) (Eo)) (E@)) (EC) (E@n) (Ei); wenn hierbei: , a 2 — Oo — U — Dr gesetzt wird. Hieraus folgt, dass sich jedes orthogonale System als Resultat der Com- position einer Reihe von elementaren darstellen lässt, welche nur aus den n—ı Systemen: EIS EBE) E(v,.) entnommen zu werden brauchen, und diese Art der Darstellung ist besonders dazu geeignet, die par- tiellen Differentialgleichungen herzuleiten, durch welche die bei ortho- gonalen Transformationen ungeändert bleibenden Funetionen der Coef- ficienten von Formensystemen charakterisirt werden. XIV. Bezeichnet man, wie in den 88. ı3 und ı4 meines am 6. Juni ı889 vorgelegten Aufsatzes' mit: (S) Pe, en) Ne ER)“ RP (0,2%; RO 2) aeze homogene Formen der Dimensionen v,, v,, v. ., ist also wie dort: 33° & Al Le (d) PB A (88) F®O (@,,%,...0) = Doz Be Pı>Pas**-Pn (v0) mg) (89) c® » I d aaa) PP du pilple..pi! AuPıdafa...daPı (PP2»-- PR = 1y2,..-5 PıtPpt-- =; g=1,2,3,-..) ! „Die Decomposition der Systeme von n? Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie der Invarianten«. Sitzungsberichte 1890. 91 1072 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. und werden nunmehr zwei Formensysteme (S), (S’) dann und nur dann als »eigentlich aequivalent« betrachtet, wenn die Formen des einen Systems in die des andern durch eine »eigentliche ortho- gonale« Transformation, d. h. durch eine solche mit der Determi- nante + ı, übergeführt werden können, so wird eine Function der Coeffi- : @ : \ eienten he (90) Inv. ( 5 Be a .) s auf Grund des am Schlusse des vorhergehenden Abschnittes ent- wickelten Resultats, als eine »Invariante der eigentlichen Aequivalenz (S)»(S))« vollständig durch die Bedingung charakterisirt, dass jede der n— ı Functionen: (91) Inv. ( FM eosv-+x,sinv,...x,_,, — 2, Sinv+2%,6089, 2,45» ..) Ey: ER Pi! p2!\...p! Oufıdafz.. On» welche den Werthen r = 2,3,...n entsprechen, von » unabhängig sein muss. Differentiirtt man also diese n—ı Functionen nach » und setzt das Resultat gleich Null, so erhält man » — ı für die Invarianten- eigenschaft der Funetion Inv. k =. Es ne .) charakteristische Differentialrelationen. Das Resultat der Differentiation ist ein Aggregat von Produeten je zweier Faetoren, von denen der eine die nach je einem der Argu- mente: Pr z,cosv + x,sinv,... 22, — sind + 2,0059, Ks --.) Dip. Doro genommene partielle Ableitung der mit (91) bezeichneten Funetion ist, während der andere Factor durch die nach v» genommene par- tielle Ableitung eben dieses Argumentes, d. h. also durch: (v7 +1) 0 F® (x, COSY + X, SINd,...%,_ 1, %,SINnV + %,C059,%,1,5...) (92) f p.!p.!...p,! 0 dat dal?... Inf gebildet wird. Diese letztere Ableitung kann mittels folgender Be- trachtung umgeformt werden. Aus der unmittelbar zu verificirenden Formel: OF(z, cos» + 2,sinv, — x,sino+z,cosv) OF oF 0v Are: x, = dx, erhält man durch successive Differentiation nach den Variabeln x, und x, die allgemeinere Formel; KRronEcker: Über orthogonale Systeme. 1073 OR+k+Hı) 7 or+%) F ar+9 FH g*+k+ı) F gr+H) m (93) Ir nn % Dot Er A dat dat Die Richtigkeit dieser Formel, in welcher der Einfachheit halber die Function: F(x, coso + x,sinv, — z, sinvo + x,cosv) nur durch F bezeichnet ist, kann auch durch Inductionsschluss nach- gewiesen werden. Denn wenn man die Richtigkeit für die Systeme der Zahlen: (h—ı,%k), (h, k—ı) voraussetzt, so folgt das eine Mal durch Differentiation nach x,, das andere Mal durch Differentiation nach x, die Richtigkeit der Formel (93) für das System der Zahlen (Ah, A). Ersetzt man in der Formel (93) 4% durch p,, ferner k durch p, und F durch: Ve) k 1 0 F (x, cosv + 2,sinv,...2,_,— %,Sino-+ x,coso, er) Ps Pr+ Pı! Pa!» . Pu! 022°... 00,1," 00,11"... so werden die beiden letzten Glieder auf der rechten Seite gleich Null, weil sie die (v„+ ı)te, nach Variabeln x,, x,,... genommene Ableitung der Function: Pix, c0sv-+ z,sinv,...%_,,—%,SR0-+ 2,0089, 2,1, >...) enthalten, welche eine homogene Function der Variabeln x von der Dimension v, ist, und der Ausdruck (92) wird hiernach in folgenden umgeformt: 7 (va) N 3 0 F(x,cosv+2,sinv,...%,_,— 2 sino+x,cosv, Ve) Pr pP, +1 — P3 — P,—1 Pr Non den on on onen. (94) () 0 F(&, c0osv + &,sinv,...%,_,, — &,sino-+x,cosv, De) Pr 2 Pr „HI P, p!p.!...p,! dat! oaf?... dal da? e, ZUR Setzt man nun analog der Gleichung (89): F(q) a) FM (2, C080 +1%,SIN9,....0,_ ,, — &,sin9 + 2,C008d, 2,L,>--- Pı»Pa>---Pn pP Pa Pr Deore... .0n, so geht der Ausdruck (94) über in: (Pı -E DC AR Ne zDent- NE nebagalögge und der nach » genommene Differentialqguotient des Ausdrucks (91), d.h. also: yl= 1074 Sitzung der phys. -matlı. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. almv. (...02 9) De 0v wird durch die Summe: Alnv.(...0,2 ce ia (9) Par SEIEN nn NE) ae P1>P2>°"-Pm A ae: (Pr Pa mM, h2, 5 M tt. tmn—W5 = 2, 35...) dargestellt, wenn man darin C'”, falls einer der unteren Indices ne- gativ ist, gleich Null nimmt. Die Gleichungen, welche entstehen, indem der Ausdruck (95) fürr—=2,3,...n gleich Null gesetzt wird, sind vollkommen gleich- bedeutend mit denjenigen, welche man erhält, wenn man die Coeffi- cienten € durch die Coeffieienten (' ersetzt, und es resultiren alsdann die n — ı partiellen Differentialgleichungen: Alnv.(...% ) (9) Pi» Par: Pn’ DI 90@ Pı» Pa>** "Pr olnv. (....02 e) Pı> Pa»: Pn’ IB p RER. (9 UNO, ar welche den n — ı verschiedenen Werthen: 1283.87 entsprechen, und in welchen links in Beziehung auf p,, rechts in Beziehung auf p, nur von ı an, in Beziehung auf alle übrigen Summa- tionsbuchstaben p aber auf beiden Seiten von o an so zu summiren ist, dass stets die Bedingung: p +tPp+---+mn=% erfüllt bleibt, während die Summation in Beziehung auf g von ı an bis zu derjenigen Zahl zu erstrecken ist, welche die Anzahl der Formen des zu Grunde gelegten Formensystems (S) bezeichnet. XV. Die n—ı partiellen Differentialgleichungen (96), durch welche die »Invarianten eigentlich orthogonaler Transformationen des Formensystems:« (d) DD one: (S) IN. Bi... (tn PrsPas::-P, se Kronecker: Über orthogonale Systeme. 1075 vollständig und in elegantester Weise charakterisirt werden, stehen in einer bemerkenswerthen Beziehung zu jenen 2 — 2 partiellen Diffe- rentialgleichungen, welche ich im $. 14 meines schon oben eitirten vorjährigen Aufsatzes' für die Invarianten allgemeiner linearer Trans- formationen mit der Determinante Zins entwickelt und dort mit (V) bezeichnet habe. Setzt man nämlich zur Abkürzung den Differential- ausdruck: oe Inv ( ..c® ) (9) -\* 1 ee Or (97) De) Fra—up...n AO) a Be), PıP;» Pn (= 1,2,.-.; Pi» Ps Ron 2 pP +P,+ +, =: g=1,2,3 ' gleich Dalwıl2 GO, a e]. so werden die a— ı partiellen Differentialgleichungen für die Invarianten eigentlich orthogonaler Transformationen durch: D, „nv. Br pr N — 20). Iny: (: er AR er 3]: .. Dr ’ Mana) aber die 2n— 2 partiellen Differentialgleichungen für die Invarianten allgemeiner linearer Transformationen mit der Determinante Eins durch: Di nv. ( ar a. RER.) —4)..,‚Inw. fe OSTERN) —o Vrnenas ei) dargestellt. Das in den obigen Differentialgleichungen (96) und in den Differentialgleichungen (V) meines vorjährigen Aufsatzes enthaltene Resultat kann also dahin formulirt werden: Während die Invarianten eigentlich orthogonaler Trans- formationen eines Formensystems: Sry, aPızPa .. ar Be ION 1, 2 ne; ) n pP, tPp,+--- +9, =v59=1,2,35..- (98) N Pı>Pa>*-"Pn dadurch vollständig charakterisirt werden, dass jeder der n—ı, den Indices r = 2, 3,...n entsprechenden Differential- ausdrücke: Any. (... ..) Sinnen Meran ı pP, he. —1,...D, 909 Pı»Pa>**-Pn (= IE: P1:P33--- pn —O 1,2,...; P, SD, eo Pu —Vos g9= 1,2,...) ! „Die Deeomposition der Systeme von n2 Grössen und ihre Anwendung auf die Theorie der Invarianten.« 1076 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. bei Vertauschung der Indices p, und p, seinen Werth bei- behält, tritt für die Invarianten allgemeiner linearer Trans- formationen mit der Determinante Eins noch die Bedingung hinzu, dass jeder dieser Werthe gleich Null sein muss. Der besondere Fall, in welchem sich das Formensystem (S) auf eine einzige quadratische Form redueirt, verdient sowohl an sich als auch deshalb hervorgehoben zu werden, weil derselbe auf andere Weise bereits von Hrn. Liescuıtz in seinem oben in der Einleitung eitirten Aufsatze behandelt worden ist.' Bezeichnet man mit: Up (A esse el) -n(n-+ı) unbestimmte Variable und setzt: Un = Ur WR—T2 Ten) so bilden die n? Grössen: U (Ten) ein symmetrisches System, und es ist: Di X; X (Main) i, k eine quadratische Form mit variabeln Coetfieienten. Setzt man also: R EN \ - DDR Oz Ur X; = CO arızP2,.. a. 2 > ad Ed > PrPa---P, ı 2 n Pr +P,+-- +9, =2 2 so wird: ion er Ui Col a Ge Er x gi BE Ge — 2» Gisoh — U 35 Gi ri Zus; IST he, und der oben mit (97) bezeichnete Differentialausdruck geht in fol- genden über: h=n do Inv. oInv. oInv. — + 2U, — Una — ; N ou rd eo U in welchem, der Einfachheit halber, die Argumente der Function Inv. (...%;,...) weggelassen worden sind. Gemäss dem oben mit (98) bezeichneten Resultat werden also die Invarianten orthogonaler 'Transformationen der quadratischen Form: DU 8% BE 22m) ik "Ich bemerke hierbei, dass ich überhaupt erst durch die eitirten Entwicke- lungen des Hrn. Lirscurrz auf das allgemeinere Problem der Ermittelung von partiellen Difierentialgleichungen für die Invarianten orthogonaler Transformationen geführt worden bin, Kronecker: Über orthogonale Systeme. 1077 dadureh vollständig charakterisirt, dass jeder der n — 1, den Indices r = 2,3,... n entsprechenden Differential- ausdrücke: h= . olnv x oInv. (99) Ur a Ar JS, Un ou,, el du, bei Vertausehung der Indices ı und r seinen Wertli beibehält, und die a» —ı partiellen Differentialgleichungen für diese Invarianten entstehen daher aus der folgenden: =. aluya Kalnven a 5 (ölny.gsolny. (100 > Un En U; Ar = Ehre re wenn man darin dem Index r nach einander die Werthe 2, 3,...% beilegt. Bei der obigen Übertragung des mit (98) bezeichneten Resultats auf den speciellen Fall, wo sich das Formensystem (5) auf eine quadratische Form redueirt, musste von der Einschränkung auf eigent- lich orthogonale Transformationen abgesehen werden, weil in diesem Falle die Unterscheidung zwischen den beiden Arten von orthogonalen Transformationen, d. h. zwischen denjenigen mit der Determinante + ı und denjenigen mit der Determinante — ı, hinfällig wird. Jede quadra- tische Form ist nämlich sich selbst uneigentlich aequivalent, d. h. sie kann mittels einer orthogonalen Substitution mit der Determinante — ı in sich selbst transformirt werden, und es kann desshalb keine In- varianten geben, welche ausschliesslich Invarianten für eigentlich orthogonale Transformationen wären. Um sich davon zu überzeugen, dass jede beliebige quadratische Form mit reellen Üoefficienten: > 440% (‚k=1,2,...n) ik durch uneigentlich orthogonale Substitutionen in sieh selbst trans- formirt werden kann, braucht man nur jene stets zulässige, schon im art. I angewendete Darstellung der’Üoefficienten a,. in der Form (1): hn % . dy = D,Pu CC (Ele 2 ea) h=ı zu benutzen, in welcher die Grössen c,; die Elemente eines ortho- gonalen Systems bedeuten. Setzt man nämlich: a >, &Cu0n®/ Gln=12,...n), I,r so wird: N 7 I I 448% En > EjEn Ci mr Cr Ems Lk Kr LT, Wi, Kamin 2yeee n), ik i,k,l,m,r,s 1078 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. und hieraus folgt bei Benutzung des obigen Ausdrucks für a, die Gleichung: 2) PERS, . > 022,0; = D Eh Pr CC (Ai, 2ER en), ik hyi,k also, für , = #1: >, 8 — > au28, (ik oem): i.k i,k Die quadratische Form 3 a,x;x, wird demnach mittels der Substitution: — I, 5CuCr®, (rl ee) I,r in sich selbst transformirt, und diese Substitution ist eine uneigent- lich orthogonale, d. h. eine solche mit der Determinante —ı, wenn eg = —ı und für jeden von ı verschiedenen Index 2, —= +1 genom- men wird. Die Anzahl der von einander unabhängigen Invarianten ortho- gonaler Transformationen der quadratischen Form 3 w,.x;x, ist genau gleich n; sie ergiebt sich nämlich zuvörderst als die Differenz zwischen der Zahl -n(n+1), welche die Mannigfaltigkeit der quadratischen Formen und der Zahl -n(n—ı), welche die Mannigfaltigkeit der orthogonalen Transformationen angiebt, und sie redueirt sich nicht weiter, weil keine auch nur einfache Mannigfaltigkeit, sondern nur eine endliche Anzahl orthogonaler Transformationen der quadratischen Form 3,00, in sich selbst existirt. Die Invarianten ortlıogonaler Transformationen der Form 3u,2;x, bilden hiernach selbst eine nfache Mannigfaltigkeit. Da die quadratische Form: > (2d,4 + U) 2,8% (‚k=1,2,...n), i,k in welcher z eine unbestimmte Variable bedeutet, mittels der ortho- gonalen Substitution: hen =) CY (ne) kh=ı in die Form: N 4 ; (265 + 94) Yi Yr (‚„k=1,2,...n) T,k übergeht, so sind die beiden Determinanten: |2d« + wu |, |204 + 0% | (,k=1,2,...n) einander gleich. Nun ist die quadratische Form > dayı Y, die ortho- gonal transformirte der Form PXLATE die Determinante: | 204 + % | (,k=1,2,...n) Kronecker: Über orthogonale Systeme. 1079 ist also für jeden beliebigen Werth von 2 eine Invariante orthogonaler Transformationen der Form DU 0%, und es kann daher die nfache Mannigfaltigkeit dieser Invarianten durch die nfache Mannigfaltigkeit von Determinanten: + %|, [2% + wel, ----- a. +W%| Gk=12,...n repraesentirt, d. h. es kann jede Invariante als eine Funetion von n, verschiedenen Werthen von z entsprechenden Determinanten: | de + u | Gyk 1,2 Mm) dargestellt werden. Zu einem direeten Nachweis des Bestehens jener partiellen Differentialgleiehungen (100) genügt es hiernach zu zeigen, dass sie erfüllt werden, wenn man darin für Inv. (...%%,...) die Determinante | 2. + “| setzt, oder dass in diesem Falle der mit (99) bezeichnete Differentialausdruck, nämlich: 0 9|2dr + 204, + u | ee l2d4 + Wr | > Gh Urn — I, KIN 2 EN) ouy, R—ı U Ir ou, bei Vertauschung der Indices ı und r seinen Werth nicht ändert. Der angegebene Differentialausdruck kann zuvörderst in folgender Weise dargestellt werden: „old et U; [ar = | 26, + u; | u red, et dur, Da nun das System der Grössen 20,.+ u, ein symmetrisches ist, so BaR—oem): . A N ” . ist der Faetor von 2d,,+ %,, in der vorstehenden Summe genau die . - .. N . . Adjungirte der Grösse 20,,+u,,., d.h. es besteht die Relation: d | 20 + Ur | () A — adj. (2d,,+ %,,). Un, Da ferner für" jeden ‚der Werthe r = 2,3,...n: hz=n >, (28 ıh Ar U) ad). (20) hr + U —uo hi ist, so redueirt sich jener Differentialausdruck auf das Glied: B d [20 + U. | 7 O1, i von welchem, vermöge der Symmetrieeigenschaft des Systems (2,) evident ist, dass es bei der Vertauschung der Indices ı und r unge- ändert bleibt. In dem schliesslich noch zu erwähnenden besonderen Falle, wo das Formensystem (S) aus n linearen Formen: kn D, Und; WAL In) Kr 1080 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. besteht, nehmen die partiellen Differentialgleichungen (96) folgende einfache Gestalt an: kn oI kn oI DV. nV. a Ur MD een): = Od, == U Die Mannigfaltigkeit dieser Formensysteme ist eine n’fache, die der orthogonalen Transformationen, wie immer, eine -n(n—ı)fache, also die der Invarianten eine (n° —n(n— ı)) fache, und diese können sämmtlich als Functionen der -n(n-+1) speciellen Invarianten: hzn D Un ln WR — DET ETR) h=ı dargestellt werden, deren Invarianteneigenschaft unmittelbar erhellt, wenn man die Grössen 2%, %, dureh die orthogonal transformirten: rn sn > Ur Ch > > Ups Con r=1ı SC ersetzt. Dann geht nämlich jene Summe über in: h= zn >% Up > a6 (s—1,2,...n), h=ı und da die innere auf A bezügliche Summe wegen der Orthogo- nalität des Systems (c,) gleich d,, wird, so kommt, wie oben: nn > Ur r=1I Die angegebenen rn n(n-++-1) speciellen Invarianten bleiben auch bei uneigentlichen orthogonalen Transformationen ungeändert, aber im vorliegenden Falle existiren noch Invarianten, welche nur bei eigent- lichen orthogonalen Transformationen ungeändert bleiben. Zu diesen gehört offenbar die Determinante des Functionensystems, nämlich: “| Mk See da die Determinante des transformirten Systems linearer Funcetionen gleich dem Produet: || le | (I re wird. Diese Invariante || lässt sich desshalb nicht als eindeutige Function jener .n (rn +1) Invarianten: h=n > Up Upy (‚k=1,2,...n: i U;n Up, k=1,2,...n) h=ı als ganze rationale Function jener - n (n+1) Invarianten dargestellt. 1081 Über die Composition der Systeme von »’ Grössen mit sich selbst. Von L. KroneEcker. (Vorgetragen am 22. Mai [St. XXV1].) E Pedeaten ze für /,k= ı,2,...n unbestimmte Variable und 2 die "Elemente desjenigen Systems, welches aus r-maliger Composition des Systems (z) mit sich selbst hervorgeht, so sind die Grössen 2 durch die Gleichungen definirt: hzn R ) RZ 1,2,...n (1) Zn m ik = 1,2,...r/? I lin und es bestehen auch die allgemeineren Relationen: h — ih B () (m) __ „(l-+m) Bay A I) (2) > a le “ik ee 9 h=ı wenn für den oberen Index Null: „o) 3 Ik — Ö WelR-—1,2,...n) gesetzt wird. Bedeuten nun ferner: rec. (q,,) (@‚k=1,2,...n) die n* Elemente des zu einem System (a,) reeiproken Systems, so sind dieselben durch die Relationen bestimmt: (3) Laune. ch (l,k=1,2,...n) und stehen zu den Adjungirten der Grössen a, in der einfachen Beziehung: adj. (a4) — [| rec. (44) („k=1,2,...n). Dies vorausgeschickt, erhält man, wie ich bereits im art. VII meines 1082 Sitzung der phys.-ımath. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. im Monatsberieht vom Februar ı873 abgedruckten Aufsatzes' gezeigt NS s 5 0) habe, die folgende Reihenentwiekelung von ree. (d, — 2.) nach fal- lenden Potenzen der Variabeln z: e en (4) rec. (er &;) > _i) Denn der Definitionsgleichung für ree. (dj. — 2;.), wie sie gemäss der Gleichung (3) zu formuliren ist: i_n (5) > (2d — zu) rec. (2d;; — 2) — du (h,k=1,2,...n) BORN DER A: wird genügt, wenn man für rec. (28, — zu) die Reihe auf der rechten Seite der Gleichung (4) substituirt, da alsdann der Ausdruck auf der linken Seite der Gleichung (5) in folgenden übergeht: in Sn zur > (28 An zu) Er 9 r=0“ Jen welcher bei Anwendung der Gleichung (1) sich auf die Differenz: r—& „en r=o „et S -kh a “ch en > „rt > rzo ro d. h. also in der That auf d,. redueirt. In der Gleichung (4) sind die Elemente der durch Composition mit sich selbst entstehenden Systeme als Entwickelungscoeflicienten dargestellt. Man kann dies noch dahin formuliren, dass die nach fallenden Potenzen von 2 fortschreitende un- endliche Reihe: = a > 2 x, Y GRZTI any deren Üoeflieienten bilineare Formen der je n Variabeln ‚y sind, gleich der Reeiproken der bilinearen Form: z > L.Yr — > Zi Di Yr (k==1,.2,..M) k i,k ist, und hieraus ergeben sich unmittelbar die nothwendigen und hin- reichenden Bedingungen dafür, dass aus wiederholter Composition eines Systems mit sich selbst zwei Systeme hervorgehen, welche einander gleich oder auch nur in Bezug auf ein gegebenes Prim- modulsystem einander congruent sind. Dabei ist jedoch die Voraus- setzung hinzuzufügen, dass die Determinante des Systems nieht gleich oder eongruent Null sei. ! „Über die verschiedenen Srurm’schen Reihen und ihre gegenseitigen Bezie- hungen«. KRronEckER: Über d. Composition d. Systeme v. n?2 Grössen mit sich selbst. 1083 N. Bezeichnet man mit: ge Bann) ganze Grössen eines natürlichen Rationalitätsbereichs (R, R’,...) und mit (M, M,...) ein Primmodulsystem desselben Bereichs, so kann die obige Frage dahin formulirt werden, unter welchen Be- dingungen die n” Gongruenzen: 0 — zü+m) mr HR=l,2,...n (6) 3 (mode MN) ( 5 ) dir = I oO, m erfüllt sind, während die Determinante: Rs Gykzenzeneen) moduhs WM, M”,... nieht eongruent Null ist. Gemäss der Gleichung (2) geht aus der Congruenz (6) die fol- gende hervor: Kon = > 1 (moad..M N, .) („k=1,2,...n), =I 2 ) 2. . . . und es kommt also, wenn mit 3 die Adjungirte von . bezeichnet wird: in —m () >=, = MER © (modd.W,M”,...) (,k=1,2,...n) ı—ı 2 kh=ı = oder 1 ee (de — 5) = o (modd.M’, M”,...) (,k=1,2,...n). Da nun die Determinante 3 | nieht eongruent Null ist, so ergiebt sich die Congruenz: > == 04 (modd. M, M,. a) (BE ire)) und hiermit das Resultat: Wenn überhaupt bei der Composition eines Systems (4) mit sich selbst ein und dasselbe System mehr als einmal vorkommt, so muss dabei auch das Einheitssystem vor- kommen, und wenn dieses zum ersten Male bei v-maliger Composition auftritt, so gehen aus der Composition von (3) mit sich selbst nur die v verschiedenen Systeme: zo) (ze = Reber (&)> (Be)> (Be) (de) (ik, 2) hervor. Für die Existenz einer Öongruenz (6) ist daher die einer Congruenz: = da lmeddM., Mi.) (Bk— en) 1084 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31.. 2. Mai. nothwendige und hinreichende Bedingung, und man kann demnach die weitere Untersuchung in der Weise führen, dass man das System der n unbestimmten Variabeln z{. im Sinne der Congruenz für das aus n* Elementen: Bu 2 ik os) bestehende Modulsystem behandelt. IN. Für das Modulsystem (a) geht die aus der Gleichung (2) resultirende Congruenz: h=n (v) _(m) (+m) ; D,2u Zu = (i,k=1,2,...n) kh=1 über in: (m) («+m) ? u Ze & (Re aren)“ und die Gleichung (4) verwandelt sich demnach in die Congruenz: rz=v—I N) (1) (r) 2r—ı 5 (2’—ı) rec. (28, 24) = Da: (‚k=1,2,...n), r—o deren Inhalt man auch dahin formuliren kann, dass die Reciproke der bilinearen Form: me — Zarzyı („k=1,2,...n) für das Modulsystem: at 8.) (,k=1,2,...n) der bilinearen Form: S vor-ı (n u, kan z Sir %i Yr r. —0, In sy —I eongruent ist. Es ergiebt sich also als eine nothwendige Bedingung für die Existenz einer Congruenz (6): 0 = et (modd.M, MY, ...-) (.k=1,2,...n), dass die Reciproke der bilinearen Form: (8) Dunn Si ayı (EHERSBENN nach Multiplication mit 2° —ı, einer ganzen Function von 2 modulis M,M”,... congruent werde. KronEcKkEr: Über d. Composition d. Systeme v. n?®Grössen mit sich selbst. 1085 Dass diese Bedingung aber auch eine hinreichende ist, erkennt man unmittelbar, wenn man in der Congruenz: =v—ıI () I \ (dh) vh-ı Tec. (2d;. is S zu 2 (WR—I12,.. 70)" ar ee" welche der Bedingung gemäss bestehen muss, den Ausdruck auf der rechten Seite auf die Form bringt: = Ski | g=o k=o da alsdann aus der Vergleichung mit dem Ausdruck auf der rechten Seite der Gleichung (4) die nachzuweisende Congruenz: (gv+Ah)___ _(h) , Si Zen: (2er) resultirt. IV. Für den speciellen Fall, wo an Stelle der Congruenzen Gleichungen treten, wird durch die Bedingung, dass die Elemente des zu (28. — 3) reeiproken Systems sich als rationale Functionen von 2 mit dem Nenner 2" —-ı darstellen lassen, wohl in der einfachsten und übersichtlichsten Weise ein System vr überhaupt als ein solches charakterisirt, dessen v-malige Composition mit sich selbst das Einheitssystem liefert.‘ Nun ist eine bilineare Form: >, u) 0 Ye („k=1,2,...n) i,k ’ dann und nur dann in die Form: h-n 2 (2 — %) En N TI transformirbar, d. h. die n” Grössen aD sind dann und nur dann in der Form: 5 hen \ , (0) 3% — I, Ca &n Cr (k—12,...n) hi darstellbar, in welcher (c;), (c7) zu einander reeiproke Systeme be- deuten, wenn die ganze Function von z, welche in dem einfachsten Ausdrucke der Reeiproken von: ! Dem Wesen, wenn auch nicht der Form nach findet sich die Bedingung schon in einem vom 4. April ı887 datirten Aufsatze des Hrn. Lirscnrrz (Acta Mathe- matica X, S. 137). 1086 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. (da — 3); yı (ee) i,k den Nenner bildet, keine gleichen Factoren enthält.‘ Da diese Reei- proke für die oben charakterisirten Systeme }, als ein Ausdruck mit dem Nenner 2’ — ı erscheint, so ist die angegebene Bedingung erfüllt, und es lassen sich daher die Elemente },) jedes Systems, für welches die Gleichung: (10) a Od N sc) besteht, in der Form (9) darstellen. Die Gleichung (10) geht aber alsdann in folgende über: h=n > En Car = Or Gkeua em h=1 und hieraus resultirt, wenn man auf beiden Seiten mit «,;c,, multi- plieirt und dann über alle Werthe von i und A summirt, die Bedingung: Gr I Vet) als eine nothwendige, welche sich aber offenbar auch als eine hin- reichende erweist. In der Form (9) sind also, wenn v die kleinste Zahl ist, für welche die n Bedingungen: en eh... Gm zugleich erfüllt werden, alle Systeme 3,’ und nur solehe enthalten, welche erst nach v-maliger Composition mit sich selbst das Einheits- system liefern.” Die vorstehenden Entwickelungen, welche ganz unmittelbar aus denjenigen meiner schon oben ceitirten Abhandlung vom Februar 1873 und aus meinen in den Monatsberichten von ı874 veröffentlichten Mittheilungen über bilineare Formen hervorgehen, habe ich, genau in der hier auseinandergesetzten Weise, schon im Wintersemester 1875/76 und alsdann auch wiederholentlich in meinen Universitätsvorlesungen über Determinantentheorie vorgetragen. Die Darlegung der weiteren Ergebnisse, welche ich aus meiner neueren Behandlungsweise der bilinearen Formen gewonnen habe, behalte ich einer folgenden Mit- theilung vor; aber einige der hauptsächlichsten will ich schon hier anführen. ! Dieser Satz ist vollständig analog demjenigen über quadratische Formen, welchen ich im art. III meiner vorhergehenden Abhandlung »über orthogonale Systeme « entwickelt und dort mit (21) bezeichnet habe. Der Beweis ist auch genau in derselben Art wie a. a. O. zu führen. ? Vergl. die Ausführungen in der vom Juni 1877 datirten Abhandlung des Hrn. CamıtLE JORDAN (Journal für Mathematik, Bd. 84, S. ıı2). KRronecker: Über d. Composition d. Systeme v. n?Grössen mit sich selbst. 1087 Ist F(z) eine ganze Function mten Grades der Variabeln 2, in I m welcher der Coefficient von 2” gleich Eins ist, und setzt man: F(z) Ir od S 02 (k=0, 1,...m—1ı), k so werden durch die Congruenz: Zu > Cr (mod. F(e)) re) z die Coefficienten c,, für jede positive ganze Zahl r vollkommen be- stimmt. Dabei ist offenbar für r < m: ING Gr — od, (Kon, em) und für r = m stimmen die Üoeffieienten c,„. in der Congruenz mit denen von #(z) überein. Die m’ Elemente des Systems: (ı,) (h,k=0, 1,...m—ı) bilden die Coeffieienten des von z unabhängigen Theiles der bilinearen Form: k=m—ı k=m—ı k=m—ı 2 > %r Yr > Lr—ı Ye — Im-ı > Cmk Yk » k=o k=ı k=o deren Determinante gleich F(z) ist. Durch diese bilineare Form wird, wegen der Variabilität von 2, eine Schaar repraesentirt, und zwar eine in Beziehung auf einen gegebenen Rationalitätsbereich »elementare«, d. h. nicht weiter zerfällbare Schaar, wenn F(z) die Potenz einer in demselben Rationalitätsbereich irreduetibeln Funetion von z ist. Das in allgemeinerer Weise durch irgend welche »n auf einander folgende Werthe des ersten Index charakterisirte System: (Cn+,,%) (h,k=0, I,..,m—ı) entsteht aus der v-maligen Composition des speeiellen Systems: (41,8) (h,k=0, ı,...m—ı) mit sich selbst. Ein solches System ist wegen der Congruenz: ee > Chknk & (mod. F(<)) (,k=o,1,...m—s) k offenbar dann und nur dann das Einheitssystem (d,,), wenn F(z) ein Theiler von 2’ —ı ist. Bezeichnet man ein System von m? ganzen Zahlen, welches erst bei v-maliger Composition mit sich selbst das Einheitssystem ergiebt, als ein »uneigentliches zum Exponenten v gehörendes Einheitssystem«, so ist (C,,,.) ein solches, wenn v die kleinste Zahl ist, für welche 2’ —ı durch F(z) theilbar wird. Bezeichnet man ferner diejenigen Sitzungsberichte 1890. 92 1088 Sitzung der phys.-math. Classe v. 31. Juli. — Mittheilung v. 22. Mai. uneigentlichen Einheitssysteme als »primitive«, für welche F(z) der zu v gehörige irreductible Factor von 2’—ı ist, so kann man das Hauptresultat der Untersuchung dahin formuliren, dass es diese pri- mitiven uneigentlichen Einheitssysteme sind, durch welche sich alle uneigentlichen Einheitssysteme in einfachster Weise darstellen lassen. Dabei ist noch hervorzuheben, dass sich für den Fall #(2) = 2” —ı das System (c,;,,.) auf das uneigentliche Einheitssystem: (nr) (h,k=0, 1,...m—ı) redueirt, in welchem aber d,;, durch d,,. zu ersetzen ist. Da hier- durch eine eyklische Substitution dargestellt wird, so sieht man, dass sich hier eine bemerkenswerthe, aber, wie ich glaube, noch nicht bemerkte Zerlegungsweise eyklischer Substitutionen ergiebt. Ausgegeben am 9. September. Berlin. gedruckt in der Reichsdruckerei 1089 1890. XL. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 23. October. Gesammtsitzung. Vorsitzender Seeretar: Hr. Momnsen. 1. Hr. Kırensorr las: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. fl Die Mittheilung folgt umstehend. 2. Hr. Auwers überreichte im Auftrag des Hrn. Prof. HoLpen, Di- reetors der Sternwarte auf Mt. Hamilton in Californien, Copien zweier photographischen Aufnahmen der totalen Sonnenfinsterniss vom Decem- ber 1889 auf der Station Cayenne durch Hrn. Prof. J. M. SchäÄsere. 3. Von der physikalisch-mathematischen Classe sind für wissen- schaftliche Unternehmungen bewilligt: 2000 Mark der Physikalischen Ge- sellschaft für die Fortführung der »Fortschritte. der Physik«; 6500 Mark für die Herausgabe der im Auftrage der Akademie von Prof. Dr. R. Lersivs in Darmstadt bearbeiteten geologischen Karte von Attika. — Von der philosophiseh-historischen Classe sind bewilligt: 750 Mark der G. Reimer’schen Verlagsbuchhandlung hierselbst, als Beihülfe zur Herausgabe einer Sammlung geistlicher Schauspiele des 14. bis 16. Jahr- hunderts von Hrn. Dr. Borte hierselbst. 4. Dem Königlichen General-Feldmarschall Grafen Dr. vox MoLrke wurde an seinem neunzigsten Geburtstage am 26. October durch die vier Secretare die folgende Adresse überreicht. Sitzungsberichte 1890. 93 1090 Gesammtsitzung vom 23. October. Euer Excellenz bittet die unterzeichnete Akademie der Wissenschaften, welche seit dreissig Jahren die Ehre hat Sie zu ihren Mitgliedern zu zählen, zu dem heutigen Ehrentage Ihnen ihren Glückwunsch darbringen zu dürfen. Es ist ein unvergleichliches Fest, welches alle Classen und alle Kreise der deutschen Nation an diesem Tage in ihren berufensten Vertretern um Sie vereinigt. Den Mann, dem es gegeben war bei dem gewaltigen Bau der Einheit des Vaterlandes ein Eckstein zu sein, den Feldherrn des Wägens und des Wagens, den Tapferen, welcher nie den Kleinmuth und nie den Übermuth gekannt und bis in das höchste Greisenalter den klaren und festen Gleichmuth sich bewahrt hat, den Mann, der die Schlachten so zu beschreiben ver- stand wie zu gewinnen, den Meister des Wortes in der seltenen Rede, den einsichtigen und liebevollen Erforscher und Darsteller des mannichfaltigen Völkerlebens, den wissenschaftlichen Erkunder der Landschaften am Tiber und am Euphrat, den Mann, zu dem Deutsch- lands Fürsten wie Deutschlands Bürger verehrend hinaufsehen, den edlen deutschen Mann, dessen langes Leben ein langer Segen für unser Volk gewesen ist, den feiert heute an seinem neunzigsten Geburtstage mit dem ganzen Vaterland auch die Königliche Akademie. Möge es Euer Excellenz vergönnt sein noch lange der Nation als leuchtendes Mal vor den Augen zu stehen, und ihr, die so schwer sich einigt, die einmüthige Verehrung für den grossen Mann, der keinen Feind hat, ein lebendes Zeugniss ihrer Einigung bleiben. Die Königliche Akademie der Wissenschaften. Die Akademie hat den Correspondenten ihrer physikalisch - matbe- matischen Classe Hrn. Ferıce Casorarı in Pavia am ı1. September dureh den Tod verloren. 1091 Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24.' Von A. Kırcuuorr. D:. Einleitung zum zweiten, unvollendet gebliebenen Theile des Thukydideischen Geschichtswerkes beginnt 5, 25 mit den Worten: usta de Tas omovdas xaı ryv Eunuayıav TÜV Aazedaımoviuv zal Tüv Adnvaıwv, al Eyevovro Hera Tov dexaerg moremov Emil MAsıorora usv &v Ad- nedamovi Ebopov, "AAxaiev 0° dpyovros "Anni, reis usv defausvaos dürds 5 ED) x \ A \ SH 1 n N 2 \ eicnvn NV, ol de KopivSıorı xar Tuv Ev TleAorovvnow moAewv Tıves dlexivouv Ta mergayueva u.s. w. Obwohl es möglich ist, den Relativsatz a &ye- vovre U. S. w. auf rds omovdas und r4v Zuauayızv gleichmässig bezogen zu denken, so geht doch das folgende zör&s, wie die gewählte Aus- drucksform ausser Zweifel stellt, lediglich auf die orovda! zurück und ignorirt die Zuuwayia, als wäre sie gar nicht erwähnt, vollständig. Es folgt daraus, dass die durch den Druck hervorgehobenen Worte ein späterer unorganischer Einschub sind, ‘welchen die ursprüngliche Darstellungsform gar nicht kannte: von der Zuuuxy,a war in dieser überhaupt nicht die Rede. Einer ganz gleichen Erscheinung begegnen wir zu Anfang der eigentlichen Geschichtserzählung im 27. Capitel, wo wir jetzt das Folgende lesen: ersıön yap ai mevrnxovroursis omovdal Eyevovro za) Uore- pov 1 Euunayıa, xaı ai dmo 775 TleAomovuncou moeoBeiaı, almep TApErM- Iycav Es dürg, dveympouv €% TA Adxeduiuovos U. S. W. Mag man hier an dem überlieferten aUrz festhalten oder mit Stau dafür aurds ein- setzen, auf jeden Fall bezieht sich der Ausdruck wiederum lediglich ! Die nachstehenden Bemerkungen verfolgen neben anderen den Zweck, die in den Sitzungsberichten 1883 S. 829 ff. und ı883 S. 850 ff. gegebene Darstellung zu ver- vollständigen und zu berichtigen. Man vergleiche zu ihnen die Auseinandersetzungen von Sreur in seinen Thukydideischen Studien I 1881 S. 72 ff., mit denen ich mich in mehreren Punkten berühre. Ein ıäheres Eingehen auf die -Controverse über das Verhältniss des 26. zum 25. Capitel des fiinften Buches habe ich geglaubt mir ersparen zu dürfen: die Stellung, welche ich zu derselben einnehme, ist aus der obigen Aus- führung ohne Weiteres ersichtlich. 2 Das ai Euuneycr der Handschriften ist ein offenkundiger Schreibfehler, den Coser beri.htigt hat und an dem festzuhalten einem besonnenen Urtheile nicht zu- gemuthet werden kann. 93* 1092 Gesammtsitzung vom 23. October. auf die orovdzi und die dem Abschluss derselben voraufgegangenen Friedensverhandlungen, zu denen allein eingeladen worden war (vergl. oben ı7) und allein eingeladen sein konnte. Es ist das hier um so anstössiger, als durch den Zusatz von Urrepov ausdrücklich betont wird, dass der Abschluss der Symmachie nicht gleichzeitig, sondern später, wenn auch nicht viel später (oö vera Vorepov heisst es im 24. Capitel), als der Friedensschluss erfolgt sei, und dass dennoch, obwohl auf diese Weise im Vordersatze dieser spätere ÖOrientirungspunkt aus- drücklich hervorgehoben worden, der Bericht des Hauptsatzes über ihn zeitlich zurückgreifend an das frühere Ereigniss des Friedens- schlusses als Ausgangspunkt anknüpft, ohne von dem späteren die geringste Notiz zu nehmen. Die hervorgehobenen Worte erweisen sich also auch hier als ein späterer Zusatz. Noch klarer ist meines Erachtens die Sache an einer dritten Stelle, welche sich in demselben 27. Capitel findet. In unmittelbarem Anschluss an die oben besprochenen Worte heisst es nämlich weiter: Kal ol usv aAAcı Em cıXov dmMASev, KopivSio: 0° &s "Apyos TpoLmoLEvOL mousrov Acyous FoloUvrau TrDos FIvas TÜV Ev TEREL Ovruv "Aoyeıwv, ws HPA» Ereıdt Auxe- daımovisı oüx Em’ dyada aaa Em xaradouwesı TA Meromovmoou Omrovdas , > \ \ 2 \ \ 5 , Y er \ xaı Euumaxıav Moos ANyvalous Tous Tpiv EXSIOTOUS MEOMVTAL, Op&v Tous "Apyeious, orws owSmoera 4 Meromovvnooe —. 28. xuı ol uev KopivSuor di- do, Eaures Taura dvey,wonsav &7° olxou u. s. w. Nach der Darstellung, die wir oben im 22. Capitel lesen, wurden die Verhandlungen über eine mit Athen abzuscehliessende Symmachie von den Lakedaemoniern erst eröffnet, nachdem nicht nur der Friede definitiv geschlossen, sondern auch die Gesandten ihrer zum Zwecke der Friedensverhandlungen nach Sparta entbotenen Bündner bereits wieder entlassen worden waren. Ist dies richtig, wie es denn auch an sich genommen durchaus wahr- scheinlich ist, so können die Gesandten der Korinther auf ihrer Heim- kehr über Argos dort sich zwar auf den erfolgten Friedensschluss, unmöglich aber auf die Symmachie als eine perfect gewordene That- sache berufen haben, da alsdann zur Zeit ihrer Anwesenheit in Argos die Unterhandlungen, welche zum Abschluss der Symmachie führten, in Sparta entweder überhaupt noch gar nicht eröffnet waren, oder im besten Falle eben erst begonnen hatten. Unter diesen Umständen müssen die Worte zu Zuuuayıav unserer Stelle ebenso gut als ein späterer Einschub betrachtet werden, wie die entsprechenden Bezug- nahmen auf die Symmachie in den beiden vorhergehenden Stellen. Ohne Zweifel rühren diese Zusätze von derselben Hand her und haben alle den gleichen Zweck im Auge. Offenbar soll durch sie einer Darstellung, welche unmittelbar nach dem Frieden des Nikias einsetzt und die auf ihn folgenden Ereignisse im Zusammenlhange vor- Kırennorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24. 1093 führt, ohne der wichtigen Thatsache des kurz darauf zu Stande ge- kommenen Schutzbündnisses zwischen Athen und Sparta in diesem Zusammenhange Erwähnung zu thun und den Eintluss derselben auf die Entwickelung der politischen Verhältnisse und Begebenheiten in der unmittelbar auf den Friedenschluss folgenden Periode irgend zu berücksichtigen, eine wenn auch zunächst nur rein äusserliche Bezug- nahme auf diese wichtige Thatsache an der dazu passend erscheinen- den Stelle eingefügt werden. In der That findet sich in der ganzen folgenden Erzählung nur später einmal, bei Gelegenheit des Berichtes über die zwischen Sparta und dem Boeotischen Bunde gepflogenen Unterhandlungen wegen der Auslieferung von Panakton, eine ganz beiläufige und nur andeutende Beziehung auf den Bestand eines Bünd- nisses zwischen Athen und Sparta (39. ci d& Bawra oUx ebacay drodwasw, &av un obıcı Euumayıav Day manswıraı wors "Adna; vergl. auch 42. oi Alyvaloı deiwva Emoiouv — muvSavausvoı orı #aı Bowrois idıe Eumuay,tav romomvraı, nämlich ci Auzedziuovcı; vielleicht auch 48. ai usv orovdal zul ai Zuumayıcı (vielmehr 4 Euunayie) ourws &yevorro xal ai rüv Auxedaı- noviwy zal ASyvaıwy (nämlich sowohl die arevdar als die Euunay.ie) oUR aimeisyvro Tourov &vexa c0d” Up Eremwv). Es folgt indessen daraus keinesweges, dass der Thatsache schon im Vorhergehenden an gehöriger Stelle Erwähnung gethan sein muss; denn dergleichen nachträgliche Angaben über Ereignisse, welche in der vorangehenden Erzählung übergangen worden waren, finden sich gerade in diesem Theile der Thukydideischen Darstellung auch sonst gemacht; so wird gleich 48. der stattgefundenen Erweiterung des ursprünglichen Schutzbündnisses zwischen Argos, Mantinea und Elis zu einem Schutz- und Trutz- bündnisse gedacht (KopwSısı 8° "Apyeınv evres Evunayar our EomAdov &s uurds, AAAa xal yevonuns mpo rourou "Hass xui "Apysioıs ul Mavrweücı Euuuaytlas, rois aurols morsuelv zal eionunv ayew, o0 Euywuooev, dpxeiv d Edacav obicı rav RpusryU yevousıyv Eriudylav, armAcıs BonSeiv, Ewveriorparelsw de undevi), ohne dass im Zusammenhange der vorangehenden Erzählung da- von die Rede gewesen wäre, so dass der genaue Zeitpunkt des Eintrittes dieses Ereignisses eben nur vermutliungsweise sich bestimmen lässt. Die Andeutungen in den Capiteln 39. und 42. sind darum auch schwer- lich die Veranlassung zu den in Rede stehenden Einschiebungen ge- wesen; es müssen zwingendere Gründe dazu vorgelegen haben. Und solche lassen sich denn auch ohne Schwierigkeit nachweisen. Die dem 25. unmittelbar vorangehenden Capitel 21 — 24, welche jetzt den Abschluss der Darstellung des zehnjährigen Krieges bilden, führen nämlich die Erzählung über das Datum des Friedensschlusses hinaus bis zum Zustandekommen des in Frage stehenden Schutzbünd- nisses zwischen Sparta und Athen, über welches sie ausführliche Aus- 1094 Gesammtsitzung vom 23. October. kunft geben und dem in der Gesammtdarstellung den ihm gebührenden Platz anzuweisen offenbar ihre alleinige Aufgabe ist. Die mit dem 25. Capitel beginnende Fortsetzung greift aber über sie zurück, nimmt zum Ausgangspunkte das Datum des Friedensschlusses und ignorirt in den Anfängen ihrer Darstellung die Thatsache des in ihren Bereich fallenden Bundesvertrages vollständig in einer Weise, welche den Eindruck macht, als ob der Verfasser zur Zeit ihrer Niederschrift den Inhalt der Capitel 21— 24 gar nicht gekannt oder vergessen ge- habt habe. Diese Unangemessenheit und sie allein ist es offenbar, welche Veranlassung zu jenen nachträglichen Einschiebungen gegeben hat, durch welche ein ganz richtig empfundener Mangel des Zusammen- hanges in der Darstellung beseitigt werden sollte. Dass dabei nicht mit besonderem Geschick verfahren worden ist, muss nach dem oben darüber Bemerkten wohl zugegeben werden, und dieser Umstand wird von Bedeutung für die Beantwortung der Frage, wann und von wem wir uns diese Zusätze gemacht zu denken haben. Noch wichtiger jedoch ist zu diesem Ende eine Analyse des Inhaltes der Capitel 21 bis 24 und ihres Verhältnisses zum Vorhergehenden und Folgenden, da gerade ihre Stellung an ihrem jetzigen Platze es ist, - welche Schwierigkeiten hervorruft, die durch Beseitigung jener Zusätze nicht gehoben, sondern eher vermehrt werden. Von Seiten ihrer Form betrachtet bilden diese Capitel ein be- sonderes, nach rückwärts und vorwärts sich scharf absonderndes Glied der Darstellung, welches ausgehoben oder fortgedaeht werden kann, ohne dass der Zusammenhang derselben dadurch die geringste Störung erleiden würde. Denn das vorangehende. 20. Capitel bildet in deut- lich erkennbarer Weise den formalen Abschluss der Geschichte des Archidamischen Krieges, indem das Datum des Friedensschlusses an- gegeben und darauf hingewiesen wird, dass sonach die Dauer des nunmehr beendeten Krieges sich unschwer als eine nahezu zehnjährige berechnen lasse, und an diesen Abschluss würde sich die Einleitung zur Fortsetzung im 235. 26. Capitel ohne jede weitere Vermittelung durchaus passend anfügen. Der jetzt dazwischen liegende Abschnitt verfolgt auch gar nicht den Zweck, eine solche Vermittelung herzu- stellen, die er im Gegentheil erschwert, sondern ist seinem Inhalte nach nichts weiter als ein Anhang oder Nachtrag zur vorhergehenden Darstellung, seiner Form nach eine kurze Fortsetzung derselben, welche dann einen nochmaligen Abschluss nöthig machte, wie er zu Ende sich in den Worten gegeben findet: xaı ro Seas Tpxe rel Evdexarou Erous. Talra de 7a dena ern 6 mpüros morsmos Euveg,üs Yevomevos Ye yparraı, Worte, welche diejenige Auffassung des Zusammenhanges der Ereignisse von 431—404 zur Voraussetzung haben, welche in der Kırcunorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1095 folgenden Einleitung zum zweiten Theile der Darstellung begründet wird, und jedenfalls erst zu einer Zeit geschrieben sein können, in der beim Verfasser sich diese Auffassung ausgebildet hatte. Was aber in dieser Beziehung von den Schlussworten gilt, hat selbstverständ- lich von dem ganzen Abschnitte zu gelten, dessen Niederschrift so- nach ebenderselben Periode angehören muss. Veranlasst aber ist dieser Anhang oder Zusatz offenbar durch das, was seinen eigentlichen Kern und Hauptinhalt bildet, die Urkunde nämlich des Bundesvertrages zwischen Athen und Sparta, welcher auf den Friedensschluss unmittel- bar gefolgt war und von dem der Verfasser Kenntniss erhalten hatte: der Text dieser Urkunde füllt das ganze 23. und den ersten grösseren Theil des 24. Capitels. Vorangeschickt ist im 21. und 22. Capitel ein kurzer Bericht über die Ereignisse, welche sich in der Zeit zwischen dem Friedensschlusse und dem Zustandekommen des Bundes- vertrages zugetragen und den letzteren veranlasst haben sollen, den Schluss des 24. Capitels füllen nach zwei kurzen und unerheblichen Notizen die oben ausgehobenen Worte, dureh welche der nothwendig gewordene neue Abschluss der Erzählung herbeigeführt wird. Die Urkunde selbst entbehrt einer formellen Datirung; dass in- dessen der Bundesvertrag nicht gleiehzeitig mit dem Friedensvertrage, dessen Urkunde in den Capiteln ı8. 19 sich mitgetheilt findet, abge- schlossen und perfeet geworden ist, beweist der Umstand, dass jeder der beiden Verträge, wie aus den Anhängen, mit denen beide gleich- mässig versehen sind, mit Sicherheit zu folgern ist, besonders be- schworen worden ist, und im Zusammenhange damit die ausdrück- liche Bestimmung des Bundesvertrages: öuclvrau dt raura aimep xaı Tas drras omovdds (d.h. den Friedensvertrag) wuvvev Exarepwv, aus der sich ergibt, dass der Bundesvertrag erst verhandelt und abgeschlossen worden ist, nachdem der Friedensschluss durch Beschwörung bereits perfect geworden war. Andererseits beweisen wieder Umstände, wie, dass beide Verträge auf dieselbe Zeitdauer von funfzig Jahren abge- sehlossen und beide von denselben Personen besehworen worden sind, im Besonderen auch, dass die Bestimmungen des Bundesvertrages über die jährlieh vorzunehmende Erneuerung der beiderseitigen Eide (dvaveouodaı d& [rov Opxov] ar Evimvrov Auxedanmevious ev ievras &s "AStnvers mpos 7a Auwvocıs, "Admvarous Ö’ iovras Es Auxedainove mpos a WaxıvSıe) offenbar dureh ihre genauere Fassung zugleich die gleichartigen, aber zu allgemein gehaltenen Festsetzungen des Friedensvertrages (ray epnov dvavssdoduı zur dusurev dmporspevc) ergänzen sollen, dass die Daten beider Verträge nicht allzuweit von einander abliegen können. Mehr und Genaueres über diesen Punkt hatte auch Thukydides nicht in Erfahrung bringen können, wie aus der Bemerkung zu entnehmen 1096 Gesammtsitzung vom 23. October. ist, welche er dem Texte der Urkunde folgen lässt, und die das fehlende Datum zu ersetzen bestimmt ist: aum % TUMMAY la EyEverd era Tas omovdas cd moAAD vorey. So viel, freilich auch nicht mehr, liess sich, wie heutigen Tages noch, so schon damals an der Haänd der Urkunden selbst feststellen, weil weitere Informationen nicht zur Verfügung standen. Sollte das letztere dennoch der Fall gewesen sein, so können diese Informationen doch nur sehr unbestimmter und unzuverlässiger Natur gewesen sein, wie die weitere Analyse der Angaben, welche gewissermaassen als Commentar der Urkunde bei- gefügt sind, ergeben wird. Zuvor ist es indessen nöthig, noch einen Blick auf den Inhalt der Urkunde selbst zu werfen, von der manche Kritiker der Neuzeit anzunehmen geneigt sind, dass ihr Text uns in stark verstümmeltem und dadurch das Verständniss irre führendem Zustande überliefert sei. Dem überlieferten, im Übrigen durchaus unanstössigen Wort- laute nach, war nämlich die betreffende Symmachie ein einfaches Defensivbündniss, eine Epimachie; damit aber steht in unvereinbarem Widerspruche, wenn im 39. Capitel bei Gelegenheit des Berichtes über die Verhandlungen der Spartaner mit dem Boeotischen Bunde wegen Auslieferung von Panakton gesagt wird, die Spartaner seien auf die ihnen gestellte Forderung des Abschlusses einer besonderen Symmachie mit Boeotien nach Analogie der mit Athen bereits abge- schlossenen eingegangen eidores — crı ddınyaovow "ASyvalous, EipnMEvoV dveu AAAYAwv unre orevdeodal rw unre roreneiv, und in Über- einstimmung damit im 46. Capitel als Inhalt der dem Nikias nach Sparta mitgegebenen Instruction unter anderem hervorgehoben wird, er habe die Forderung an die Spartaner zu stellen gehabt r4v Bawrwv Eunmaylav dveivaı, Edv um Es Tas Omovdds Zoiwoı, 'xadamrep eioyro Eveu &rrnıwv undevi Eumßeivew. Denn es kann meines Erachtens nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, dass an beiden Stellen unter den eiprueva die Bestimmungen des Bündnissvertrages zwischen Athen und Sparta zu verstehen sind, auf den in der ersten im unmittelbar Vorhergehenden ausdrücklich Bezug genommen worden ist; und doch sind diese Bestimmungen die eines weiter ausgreifenden Schutz- und Trutzbündnisses, nicht einer einfachen Epimachie, und in dem über- lieferten Texte der Urkunde nirgends aufzufinden. Diesen offenbaren und ehrlicherweise nicht abzuleugnenden Widerspruch hat man nun in neuerer Zeit unter Anwendung der gewöhnlichen textkritischen Mittel in zweifacher Weise beseitigen zu können gemeint. - Entweder hat man nämlich den Text der Urkunde für verstümmelt erklärt und in einer angenommenen Lücke die vermuthlich fehlenden und ver- geblich gesuchten Formeln eingefügt, oder die unbequemen Stellen des Kırcanorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24. 1097 39. und 46. Capitels für ganz oder theilweise interpolirt genommen und auf diese Weise den schreienden Widerspruch entweder radical be- seitigt oder in eine wünschenswerthe Übereinstimmung verwandelt. Beide Auswege halte ich für unzulässig: unmöglich kann die in Athen zeitweise zur Herrschaft gelangte Partei, welche den allseitig erwünschten Frieden vermittelt hatte, nachdem der Zweck erreicht war, auch beim besten Willen, den Spartanern entgegenzukommen, dem Demos so weit gehende Concessionen zugemuthet und abgerungen haben, welche ein solches Schutz- und Trutzbündniss dargestellt hätte, und unmöglich kann andererseits ein Interpolator gedacht werden, der, wenn auch noch so naseweis und unverständig, ohne jede nachweisbare Veranlassung so consequent und eigensinnig in den Text hineingepfuscht hätte. Ist aber der überlieferte Text der Urkunde wie der späteren Erzählung unangerührt zu lassen und bleibt also der Widerspruch zwischen beiden bestehen, so folgt für jeden, der den Schriftsteller nicht für ganz unverständig und unzu- verlässig halten mag, dass Thukydides, als er jene Capitel der spä- teren Darstellung in der vorliegenden Fassung niederschrieb, von dem Bundesvertrage zwischen Athen und Sparta nur von Hörensagen wusste und im Ermangelung genauerer Information von dem Inhalte und der Tragweite desselben eine unklare, unbestimmte und darum irrige Vorstellung hegte, und dass der unter solchen Umständen wohl begreifliche und natürliche Fehler der Darstellung stehen ge- blieben ist, auch nachdem der Text der Urkunde der Darstellung einverleibt worden war, dessen Kenntniss jene irrige Auffassung ver- hindert hätte, später aber wenigstens zu einer Berichtigung auf- fordern musste. Es erübrigt nun noch, den der Urkunde beigegebenen Commentar einer Prüfung zu unterwerfen. Was zunächst die Notiz betrifft, welche der oben erwähnten Datirung als Abschluss des ganzen Berichtes hinzugefügt wird: xal rous dvdpace ToUs Ex TAs vnoou dmedenav ol "ASmvoicı reis Auxedamovios, so gibt sie Kunde von einem Ereigniss, auf welches als eine vollendete Thatsache auch in der folgenden Darstellung wieder- holt (Cap. 34 und 35) Bezug genommen wird. Durch die Einreihung in den Gang der zusammenhängenden Darstellung erscheint es an unserer Stelle zeitlich bestimmt und es ist nur die Frage, ob diese Datirung auf dem Grunde einer bestimmten dem Verfasser der Darstellung zu- gänglich gewesenen Überlieferung beruht oder lediglich als Ergebniss einer von ihm vermuthungsweise aufgestellten Combination zu be- trachten ist. Ich glaube, dass wir uns für die letztere Annahme zu entscheiden haben werden. Denn wenn nach der Erzählung im 21. Capitel unmittelbar nach von beiden Seiten erfolgter Beschwörung 1098 Gesammtsitzung vom 23. October. des Friedensvertrages die Spartaner, weil das Loos sie getroffen, die vertragsmässigen Stipulationen zuerst in Ausführung zu bringen, zu- nächst zwar die in ihren Händen befindlichen Kriegsgefangenen an die Athener ausgeliefert haben, die beabsichtigte Rückgabe von Am- phipolis an dieselben aber auf Schwierigkeiten gestossen ist, und nun trotzdem die Athener, obwohl unter solehen Umständen dazu nicht verpflichtet, nach dem Zustandekommen des Bundesvertrages die Ge- fangenen von Sphakteria den Spartanern zurückgeben, so soll offenbar das Zustandekommen dieses Vertrages als der Beweggrund erscheinen, weleher ein solches Entgegenkommen von Athenischer Seite hervor- gerufen habe. Danach müsste der Abschluss der Symmachie eine Concession Spartas an Athen sein, welche letzteres durch eine bis dahin verweigerte Leistung gewissermaassen bezahlt hätte. That- sächlich fand aber eerade das umgekehrte Verhältniss statt: Athen und die damaligen Leiter seiner Politik griffen Sparta in seinen Nöthen mit der Symmachie unter die Arme und ganz richtig lässt Thukydides selbst im 22. Capitel die Unterhandlungen wegen eines Symmachie- vertrages von den Spartanern eröffnet werden und gibt als Beweg- grund dazu die bedrohliche Gestaltung ihrer politischen Lage in der Peloponnes an. Unter solchen Umständen aber noch obenein ein in ihren Händen befindliches Pfand für die bisher noch immer nicht vollständig erfolgte Erfüllung vertragsmässiger Verpflichtungen den Spartanern auszuantworten, würde ein Verfahren sein, das eine Gross- muth oder Dummheit auf Seiten der Athener anzunehmen nöthigte, die ihnen zuzutrauen keine Veranlassung oder Berechtigung vorliegt. Der wirkliche Hergang der Dinge dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach der gewesen sein, dass die im Frieden ausbedungenen Rück- gaben nach der Bestimmung des Looses Zug um Zug erfolgten, zunächst die Auswechselung der Kriegsgefangenen stattfand, wobei die Spartaner vorangingen, die Athener unmittelbar nachfolgten, als- dann die Räumung und Rückgabe der oceupirten Gebiete in Angriff genommen wurde, aber nicht zur Ausführung gelangte, weil die Spartaner, welche wieder den Reigen zu eröffnen hatten, Amphi- polis zwar räumten, aber den Athenern in vertragsmässiger Weise auszuantworten nieht im Stande oder nieht gewillt waren, und die Athener darum die Räumung von Pylos verweigerten: der Bundes- vertrag aber und die Verhandlungen, welche zu ihm führten, standen mit diesem Hergange und seinen einzelnen Phasen in keinem ur- sächlichen Zusammenhange. Dann combinirte also in diesem Falle Thukydides die ihm bekannt gewordenen Thatsachen, in Bezug auf deren ehronologische Folge und Beziehung zu einander seine Informa- tionen ihn im Stiche liessen, rein vermuthungsweise, allein er eom- Kırcnnorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1099 binirte nieht richtig, und seine Darstellung entsprieht darum nicht genau der Wirklichkeit der geschehenen Ereignisse. Auch die als Einleitung der Urkunde vorangeschickten Capitel 2 ı und 22, in denen erzählt wird, was sich in der Zeit zwischen dem Friedenssehlusse und dem Zustandekommen des Bundesvertrages zu- getragen und den letzteren veranlasst haben soll, geben eine Dar- stellung, welche nicht als der Wirklichkeit entsprechend und in allen ihren Theilen auf‘ zuverlässiger Überlieferung beruhend anerkannt werden kann. Der Form nach als einfache Fortsetzung unmittelbar an das Vorhergehende anknüpfend, dabei aber über den im 20. Capitel enthaltenen formellen Abschluss zurückgreifend und denselben, als wäre er gar nicht vorhanden, unberücksichtigt lassend, erzählen sie zunächst, dass die Lakedaemonier, weil durch das Loos dazu be- stimmt, mit den im Friedensvertrage stipulirten Rückgaben den An- fang zu machen, die in ihren Händen befindlichen Kriegsgefangenen den Athenern ausgeliefert-und eine aus drei Personen, deren Namen genannt werden, bestehende Gesandtschaft nach 'Thrakien gesendet hätten mit dem Auftrage, einmal dem Harmosten von Amphipolis, Klearidas, den Befehl zu überbringen, die Stadt an die Athener zu übergeben, sodann aber die chalkidischen Städte aufzufordern, dem Frieden unter den: zwischen Sparta und Athen vereinbarten Be- dingungen beizutreten; der verlangte Beitritt sei aber von diesen Städten verweigert worden, und Klearides habe sich aus gewissen Gründen ausser Stande erklärt, den ihm ertheilten Befehl seinem Wortlaute nach auszuführen, eine Weigerung, deren Motive die Lake- daemonier als begründet anerkannt und sich darauf beschränkt hätten, Klearidas mit seinen Truppen von Amphipolis nach Sparta zurück- zubeordern. Fast alle diese T'hatsachen werden weiter unten im 35. Capitel bei Gelegenheit des zusammenfassenden Berichtes über die im Laufe des ganzen Sommers 421 eidüs werd Tas amovdds (d.h. dem Friedenssehlusse) geführten Verhandlungen zwischen Sparta und Athen und der aus ihnen sieh ergebenden zunehmenden Spannung des politischen Verhältnisses zwischen beiden Staaten ebenfalls erwähnt: Fnv yap "Audimorw mparspar Aaryavres Aaxedermovioı dmodidovaı xal TaAAa oUx amededwxecau, oUde Toüs Emi Opgrns mageigov Eupmangeus: Tas Omovdas Beyanevaus. — Aunedanuovis: dS Ta Mev duvare epacay 7 WEmomKEvA" ToUs Yap mapdı odıcı desuwWras ovrac "Adyvalmy dmrodovvaı Kal rols &mı Opexns Orpa- Tıwras drayayeıv (ihres Eintreffens in Sparta unter Führung des Klea- ridas wera 126 omovdds ist kurz vorher im 34. Capitel nebenher Er- wähnung gethan). "Augıroisws 0° oüx Ehanav xpareiv Ware mapadouvan, wobei auffallen muss, dass dies in einer Weise geschieht, die ganz den Eindruck macht, als ob hier zuerst von diesen Dingen geredet 1100 Gesammtsitzung vom 23. October. werde und vorher ihrer noch keine Erwähnung gethan sein könne. Eigenthümlich ist unserer, der früheren Stelle, nur die genaue Angabe über die Zusammensetzung der ersten nach Thrakien ab- geordneten Gesandtschaft, und gerade diese ist es, die durch ihre Verbindung mit den weiteren Angaben des 21. Capitels Schwierig- keiten bereitet, welehe nicht leicht zu lösen sind. Denn da aus der Stellung, welche dem Bericht über die Abordnung der drei Ge- sandten nach Thrakien angewiesen ist, und dem Zusammenhang, in welchem er vorgeführt wird, unzweideutig erhellt, dass diese Ab- ordnung erfolgt sein soll, nachdem der Friedensvertrag von den Spartanern und Athenern feierlich besehworen und somit perfeet und für beide Theile verbindlich geworden war, die Gesandten Ischa- goras, Menas und Philocharidas aber zur Zahl derjenigen Personen gehörten, welehe nach Ausweis des Anhangsprotocolls zum Text des Friedensvertrages, das im 19. Capitel zu lesen ist, im Namen Spartas ihn beschworen hatten, so könnte Klearidas, dem diese Gesandten den Befehl zur Ausantwortung von Amphipolis an die Athener über- bracht haben sollen, darüber auf keinen Fall im Unklaren gewesen sein, dass seine Landsleute sich unter diesen Umständen einer voli- endeten Thatsache gegenüber befanden, an der nichts zu ändern war. Immerhin könnte er dann in soleher Lage, wie erzählt wird, xap- Ceuevos reis Xarzıdevcı, welche den Beitritt zu dem über ihre Köpfe hin geschlossenen Frieden verweigerten, den ihm gewordenen Befehl nicht ausgeführt haben unter dem Vorwande ws co) duvarss em Piz &xeivav mapadıdeveı, auch wenn die Gesandten zunächst anderer An- sicht waren. Er hatte aber alsdann sein Verhalten den Behörden in Sparta gegenüber zu rechtfertigen, und so ist begreiflich, wenn weiter erzählt wird, er habe sich eiligst in Person nach Sparta be- geben, und zwar in Begleitung von Abgeordneten der Chalkidischen Städte,' welche ihm ja durch ihre Protestationen die Richtigkeit seiner Darstellung der Verhältnisse bestätigen und gewissermaassen als Zeugen dienen konnten, um sein Verhalten zu rechtfertigen, falls Ischagoras und Genossen, die als etwa gleichzeitig ihre Rückkehr bewerkstelligend zu denken wären, dasselbe in einer für ihn ungün- stigen und ihn belastenden Weise darstellen sollten: &2%uv d’aürös Kar Toys era mpsoBewv auredev dmoroynrousvos — Es yv Aaxedaiumove, ı Dies ist offenbar der Sinn der Worte ner« rees@euv auroSev; auf die Spar- tanischen Gesandten würden sie sich nur beziehen lassen, wenn der Artikel +%» hinzu- gefügt würde, wie von den Kritikern vorgeschlagen wird; alsdann aber würde auro- Se» ein ganz überflüssiger und völlig unbegreiflicher Zusatz sein. Dass Klearidas seine Reise nach Sparta von seinem damaligen Aufenthaltsorte antrat, ist ja selbst- verständlich, Kırecnnorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1101 Eav Harnyopüciw ol mepi rev "Ioyayopav orı oüx EmsiSero —. Wenn dann aber als weiterer Beweggrund zu diesem Schritte angegeben wird, Klearidas habe zugleich sich überzeugen wollen, ob es nicht noch möglich sei, die getroffene Vereinbarung abzuändern (zu auz Bevro- uevos eidevaı el Erı werazwurn ein % SwoAcyiz), und, nachdem er gefunden, dass seine Landsleute bereits engagirt, verpflichtet seien (ereu4 eüpe xarsırmmuevous, wie richtig jetzt für xzarermunevas der Handschriften gesetzt zu werden pflegt), auf deren Geheiss und von ihnen mit neuen Instruetionen versehen den Rückweg angetreten, so kann diese Motivirung des Herganges in diesem Zusammenhange nicht als zu- treffend und der Wirklichkeit entsprechend anerkannt werden. Eine seinen Wünschen entsprechende Abänderung der Vertragsbestimmungen konnte Klearidas nimmermehr sich einbilden durchsetzen zu können, wenn er wusste, dass der Vertrag bereits beschworen sei, und eben- sowenig hatte er in diesem Falle eine Reise nach Sparta nöthig, um die unliebsame Entdeckung zu machen, dass seine Landsleute bereits fest und in aller Form engagirt seien. Beides war nur möglich und hatte nur einen Sinn, wenn diese Ereignisse sich vor der Beschwörung des Friedensvertrages abspielten und der wirkliche Hergang etwa der folgende war: Nachdem die Friedensverhand- lungen in Sparta zu einem Einverständniss, einer öwoAoyiz, zwischen Sparta und Athen geführt hatten, wurden Ischagoras, Menas und Philocharidas nach Thrakien abgeordert, um den dortigen, in Sparta durch eigene Abgeordnete nicht vertretenen Bundesgenossen der Spar- taner Mittheilung von dem Inhalte des Vertragsentwurfes zu machen und sie aufzufordern, sich mit den Bedingungen desselben einverstanden zu erklären. Diese Zumuthung wurde aber von den Betheiligten ent- schieden zurückgewiesen und ihr Widerstand fand eine Stützg an dem in Amphipolis befehligenden Offizier, Klearidas, welcher schliess- lieh sich ausser Stande erklärte, wider den Willen der Büdner die im Vertragsentwurfe in Aussicht genommene Übergabe von Amphi- polis an die Athener seiner Zeit in Ausführung bringen zu können. Die Gesandten mussten unter diesen Umständen unverrichteter Sache nach Sparta zurückkehren, um gleich darauf bei der Beschwörung des Friedens durch die Spartaner mit Anderen als deren Vertreter zu funeiren; ihnen folgte dann Klearidas selbst und Gesandte der Chalkidier, in der Absicht und mit dem Auftrage, eine ihren Wünschen und Interessen entsprechende Abänderung der mitgetheilten vorläufigen Stipulationen zu beantragen und durchzusetzen. Sie kamen aber zu spät; als sie in Sparta eintrafen, mussten sie erfahren, dass der Ver- trag von Sparta und Athen bereits beschworen und also nichts weiter zu machen sei, und Klearidas sah sich genöthigt, mit der bestimmten 1102 Gesammtsitzung vom 23. October. Instruction versehen, Amphipolis an die Athener auszuantworten, oder, wenn ihm dies nicht möglich sein sollte, jedenfalls die Stadt zu räumen und seine Truppen nach der Peloponnes zurückzuführen, die Rück- reise nach seiner Garnison anzutreten. Somit bleibt uns nur die Wahl, entweder anzunehmen, dass hier ein Bericht vorliege, der den Her- gang thatsächlich correct und in dem richtigen chronologischen Zu- sammenhange erzählt, aber durch Einführung einer unpassenden Mo- tivirung entstellt worden ist, oder zu setzen, dass eine ursprünglich in sich wohlzusammenhängende und widerspruchslose Erzählung da- durch zu einer widerspruchsvollen gemacht worden sei, dass der Vor- fall, von dem sie berichtete, irrthümlich datirt und dadurch in einen falschen Zusammenhang mit anderen gebracht worden war. Ich selbst halte das letztere für das wahrscheinlichere. Immerhin bleibt daneben die Frage offen, ob die unleugbare Unklarheit, an der die Darstellung leidet, bereits in der für sie benutzten Quelle vorlag oder erst durch die Art der Benutzung erzeugt worden ist; und will man Tbukydides eine solche Ungeschicklichkeit nicht zutrauen, so muss doch anerkannt werden, dass er im anderen Falle den Fehler seiner Quelle nicht be- merkt oder zu beseitigen gleichviel aus welchen Gründen unterlassen hat. Wie dem nun aber auch sein möge, mit der Geschichte des Bundesvertrages und seiner Datirung hat, wie man sieht, dieser An- lauf zu einer Fortsetzung der Erzählung unmittelbar nichts zu schaffen; vom Bundesvertrage und dem, was seinem Abschlusse vorangegangen, handelt erst das folgende 22. Capitel. Hier wird nun im unvermittelten Anschluss an die zuletzt erwähnte Rückreise des Klearidas von Sparta berichtet, die Bundesgenossen, d. h. deren Abgeordnete, hätten sich in Sparta.... befunden (a d& Eiunaya Ev ri Aaxsdamoı aürol Erugov &vres lautet die sicher verdorbene Überlieferung unserer Handschriften); die Lakedaemonier hätten nun diejenigen von ihnen, welche den Frieden nicht hatten annehmen wollen, zum Beitritte gedrängt, die Betreffen- den aber unter Berufung auf dieselben Gründe, welche gleich anfäng- lich (ro rzörev) ihre ablehnende Haltung bestimmt hatten, den Beitritt verweigert und günstigere Bedingungen verlangt. Gemeint sind hier die Boeoter, Korinther, Eleer und Meearer und die Haltung, welche diese Staaten bei Gelegenheit der dem Abschlusse des Friedens zwischen Athen und Sparta vorangegangenen Verhandlungen und dann der Ab- stimmung der Bundesversammlung zu Sparta angenommen hatten, worüber oben im 17. Capitel beriehtet worden war (...rore dy mapa- Karsoavres rovs Eaurav Euundyous ci Auxedaumovior za undıoamerw many Bowrav xal KopmIıwv xal "Haeiuv xal Meyapwv rüv dAAuv Ware zararleoIar Tovros Ö° oUx nenxe Ta Tpacccusva” maolvraı Tiv Zuußacıw zul Eomeioavro > n ‚ \ 7] rg 2? \ \ ’ ASyvaious Kal WUoGaV, EXEIVOL TE TMpos ToUs Aazedaunovious). Da Kırcunorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1103 nun die Widerspenstigen nicht zu bewegen gewesen, auf die Forderung der Spartaner einzugehen, seien die Gesandten nach Hause entlassen worden, und die Spartaner hätten ihrerseits Unterhandlungen mit den Athenern wegen Abschlusses einer Symmachie begonnen (aUrei de wpes roüs Adyvarous Fuumayyıav Emorodvre). Demnächst werden in aller Kürze die Beweggründe angegeben, welche die Spartaner zu einem solchen Vorgehen bestimmten, Furcht vor Argos, welches in eine Verlängerung des dem Ablaufe nahen Friedensvertrages mit Sparta nicht willigen wollte (Emeıdg cix nSeAov "Aumerdou zul Aryov &rSovrwv Emiomevdeotaı), Besorgniss wegen der schwankenden Haltung der übrigen Peloponnesi- schen Staaten. Diese Motive sind nicht neu; es sind genau dieselben, welche im 14. Capitel neben anderen als diejenigen bezeichnet werden, welche damals die Spartaner an Frieden mit Athen denken liessen: = \ U Ö8 \ \ y\ > / > mn \ [4 \ > » »5I/N Euveßaıe E Adl pas Tous Apyeıovs auTols TS TOIAKEVFOUTEIG OWoVods Er EEoow j 7 IS TV Kuvovpiav eivaı, xal UAAds 00x 4VeRcv Omevdeoduu ci "Apyelaı, ei my Tıs aure iv drodwcs‘ wor dduvare eivaı Epawero "Apysicıs xal Alyvarıs dung moAsmein züu re Ev MeAomovvyow merewv Ümwrreusv Twas drooryosodaı Tpbs rous "Apyeiovc. Unklar bleibt nur, ob an unserer Stelle jene früher mit Argos ge- führten und dann abgebrochenen Unterhandlungen gemeint sind, oder spätere, nach dem Abschluss des Friedens mit Athen und unmittelbar vor der Eröffnung der Verhandlungen über die Symmachie wieder aufgenommene, aber ebenfalls ergebnisslos gebliebene; die Ausdrucks- form ist an unserer Stelle zu knapp und notizenhaft, als dass sich eine sichere Entscheidung gewinnen liesse. Neu sind jedenfalls die Namen der Lakonischen Unterhändler Ampelidas und Lichas. Wenn es dann nach dieser Motivirung des Vorgehens der Lakedaemonier schliesslich heisst, dass es unter diesen Umständen rapvrwv mpodewv dmo Tüv "Adyvalwv za yevouevav Acyav zum Abschlusse des demnächst seinem Wortlaute nach mitgetheilten Symmachievertrages gekommen sei, so ist allerdings klar, dass diese Darstellung von der Auffassung ausgeht, es sei der Abschluss in Sparta erfolgt und zwar, wie es allen Anschein hat, durch eine eigene zu diesem Zwecke nach Sparta ent- sendete Athenische Gesandtschaft. Ob aber diese Auffassung auf einer bestimmten Überlieferung beruht oder blosser vermutlungsweiser Combination des Darstellenden ihren Ursprung verdankt, ist eine offene Frage, welche sich meines Erachtens mit Sicherheit nicht beantworten lässt; ich kann nur sagen, dass ich für meine Person nach dem Ein- drucke, den die Darstellung des 22. Capitels in ihrer Gesammtheit auf mich macht, nicht glauben kann, dass dem Erzähler neben dem Texte der Urkunde weitere Quellen zu Gebote gestanden haben und er uns hier mehr gibt, als die Vorstellung, welche er durch ihn veranlasst sich von dem Hergange gebildet hatte und zum Zwecke 1104 Gesammtsitzung vom 23. October. einer zusammenhängenden Darstellung der Ereignisse sich zu bilden unter allen Umständen genöthigt war. Grosse Schwierigkeiten bereitet endlich die weitere Frage, in welchem zeitlichen Verhältnisse wir uns nach Meinung und Absicht des Darstellenden die im 22. Capitel erzählten Hergänge zu den im un- mittelbar vorhergehenden vorgeführten stehend zu denken haben: sollen wir uns vorstellen, dass, was im 22. Capitel erzählt wird, sieh mit dem im 2ı. Berichteten gleichzeitig zugetragen hat, oder das eins nach dem anderen sich ereignet hat? Sollen die Unterhandlungen mit den renitenten Bundesgenossen unmittelbar nach Beschwörung des Friedensvertrages in Sparta zu derselben Zeit begonnen haben, zu der die Spartaner mit der Ausführung der Friedensbedingungen den Anfang machten, indem sie die Kriegsgefangenen auslieferten und die Gesandtschaft der drei Männer nach Thrakien abgehen liessen, oder soll man den Widerspenstigen in Sparta erst dann zu Leibe gegangen sein, nachdem jene Gesandtschaft unverrichteter Sache aus Thrakien zurückgekehrt war, Klearidas seine Instruction erhalten und sich auf den Rückweg gemacht hatte? Liest man den Schluss des 21. und den Anfang des 22. Capitels im Zusammenhange, so wird man zu der Ansicht gedrängt, der Erzähler wolle das letztere sagen: «vros (Klearidas) u®v .... ara Tawos Emopevero'|oi dE Eiumanoı Ev TR Auxe- daimovi. . . Eruy,ov övres, zul u. Ss. Ww.; die gewählte Verbindungsform durch die Partikeln uev-de scheint jede andere Deutung des Zusammen- hanges unbedingt auszuschliessen. Alsdann aber muss behauptet werden, dass der Erzähler sich entschieden irrt und uns Dinge zu glauben zumutliet, welehe sich in der von ihm berichteten Weise un- möglich zugetragen haben können. Wollte man es noch denkbar finden, dass die Mitglieder der nach Sparta berufenen Bundesversamm- lung sich nicht gleich unmittelbar nach der Ratification des Friedens- vertrages zwischen Sparta und Athen auf den Heimweg begeben hätten, sondern noch während der ganzen Zeit, welche zwischen der Sendung der Gesandtschaft nach Thrakien und der Heimreise des Klearidas ver- streichen musste, in Sparta verblieben seien, so ist es doch unmöglich und undenkbar, dass die Spartaner diese Zeit hätten unbenutzt lassen und die Unterhandlungen mit den den Beitritt verweigernden Bundesgenossen erst in Angriff nehmen können, nachdem sie den Klearidas expedirt hatten. Unter diesen Umständen ist es begreiflich, wenn Verehrer des Thukydides, welche nicht zugeben mögen, dass der grosse Geschichts- schreiber in seinen historischen Combinationen und Constructionen sich habe irren können, es vorgezogen haben, ihn nur unklar reden zu lassen, wo er doch das Richtige meinte. Das Mittel ist einfach: man braucht ja nur anzunehmen, dass mit jenen Anfangsworten des 22. Capitels Kırcnnorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1105 auf die Zeit unmittelbar nach der Beschwörung des Friedens zurück- gegriffen werden solle, die Partikel de gar nicht in Beziehung zu jenem uev in duros me ... Erropevero stehe, die letzteren Worte viel- mehr in zulässiger Weise für sich, ausser allem logischen Zusammen- hange mit dem Folgenden stehend aufzufassen seien in dem Sinne von ‘er für seine Person trat die Rückreise an (, während seine Be- gleiter in Sparta zurückblieben)'. Alsdann folgen die nacheinander berichteten Ereignisse nicht zeitlich auf einander, sondern laufen einander parallel, und Alles ist in erwünschter Ordnung. Leider aber fehlt in dem einleitenden Satze jede Hinweisung darauf, dass die folgende Erzählung nicht die vorhergehende fortsetzen, sondern mit ihrem Anfange zeitlich hinter dieselbe zurückgreifen und zu ihr in gar keiner Beziehung stehen solle, und ist diese unentbehrliche Hin- weisung auch durch keine irgend denkbare Verbesserung des allerdings verdorbenen zUrc der Überlieferung zu gewinnen, wodurch das Ver- ständniss des Gewollten geradezu unmöglich gemacht und der Leser, ohne es zu merken, verleitet wird, den Zusammenhang ganz anders aufzufassen, als es in der Absicht des Darstellenden ‚läge: die Schuld des unvermeidlichen Missverständnisses wäre alsdann nicht auf Rech- nung des Lesers und seiner mangelnden Einsicht, sondern des Dar- stellenden und der Ungenauigkeit oder Ungeschicklichkeit der von ihm gewählten Darstellungsform zu setzen. Abermals also stehen wir vor einem bedenklichen Entweder, oder: entweder hat Thukydides die ihm überlieferten oder nach eigener Vermuthung gesetzten Thatsachen irrthümlich in seiner Dar- stellung verbunden und zu einander in Beziehung gesetzt, oder seine Erzählung leidet an einer Unklarheit des Ausdruckes, welche in einer zum Abschluss gebrachten Arbeit nicht minder, vielleicht noch mehr auffallen müsste, als jener Mangel der historischen Combination. Es muss für den Philologen wie für den Historiker von Inter- esse sein, sich darüber Rechenschaft zu geben, wie die Beschaffen- heit des besprochenen Abschnittes, welche durch die obige Analyse festzustellen versucht wurde, zu erklären ist und welche Folgerungen etwa daraus zu ziehen sind. Das Urtheil wird nach beiden Rich- tungen ganz nothwendig abhängig sein von der Vorstellung, die sich ein jeder der Urtheilenden von dem Entstehungsprocesse und der durch ihn bedingten Beschaffenheit des Thukydideischen Geschichts- werkes in seiner uns überlieferten Gestalt im Ganzen gebildet hat, und darum auch sehr verschieden ausfallen. Es ist ja bekannt, Sitzungsberichte 1890. 94 1106 Gesammtsitzung vom 23. October. welehe bunte Mannigfaltigkeit der widersprechendsten Ansichten und Meinungen die eingehende Beschäftigung mit dieser Hauptfrage in unserer Zeit zu Tage gefördert hat, und wie wenig Aussicht vor- handen ist, dass dieser Widerstreit der Meinungen sich sobald werde beilegen lassen. Bei solcher Lage der Dinge kann ich selbst Folge- rungen aus dem dargelegten Thatbestande zunächst nur unter einer noch nicht erwiesenen und anerkannten Voraussetzung ziehen, näm- lich der der Richtiekeit meiner eigenen Ansicht von der Sache, welche in Kürze formulirt die folgende ist: Thukydides’ Geschichtswerk, wie es uns dermalen überliefert ist, besteht aus zwei nicht in einem Zuge geschriebenen, sondern in einem zeitlichen, seiner Ausdehnung nach nicht näher bestimmbaren Abstande von einander entstan- denen Theilen, einer Geschichte des zehnjährigen Krieges 43 1—421 (1, 1 — 5, 20), deren ursprüngliche Fassung später von dem Verfasser selbst nach keinem einheitlichen Plane auf verschiedene, zum Theil zufällige Veranlassungen hin durch mannigfache Zusätze verschiedenen Umfanges erweitert worden ist, ohne dass die Überarbeitung zu einem wirklichen Abschlusse gelangt wäre, und einer nach 404 ge- sehriebenen Fortsetzung (5,25— 8,109), welche nach der ausdrücklichen örklärung des Verfassers bestimmt war, eine Darstellung der Er- eignisse von 421—404 zu geben, aber von ihm nicht vollendet und zum grossen Theil in durchaus unfertigem Zustande hinterlassen worden ist. Aus seinem Nachlasse ist dann das ganze Werk von einem Unbekannten noch im Laufe der ersten Hälfte des 4. Jahr- hunderts im Ganzen genau in der Form, in der es sich nach dem Tode des Verfassers vorgefunden hatte, herausgegeben worden, ohne dass bei dieser Gelegenheit irgend wesentliche Zusätze gemacht oder Änderungen vorgenommen worden wären, also von einer Redactions- thätiekeit des Herausgebers die Rede sein könnte. Die schriftliche Überlieferung der folgenden Zeiten hat zwar:den Text durch eine in stetiger Zunahme begriffene Anzahl der gewöhnlichen Fehler entstellt, welche die unausbleiblichen Folgen und Begleiter einer solehen Über- lieferung zu sein pflegen, aber eine weitergreifende Verderbniss durch willkürliches und umfassendes Eingreifen sogenannter ‘Grammatiker’ oder Bearbeiter hat er zu keiner Zeit zu erfahren gehabt. Indem ich diese Auffassung von der Genesis und Beschaffenheit des Geschichtswerkes zu Grunde lege, erklären sich mir die her- vorgehobenen eigenthümlichen und anstössigen Besonderheiten des zwischen beide Haupttheile eingeschobenen Absehnittes, der die Ca- pitel 5, 21— 24 befasst, einfach in folgender Weise: Als Thukydides nach dem Kriege an die Ausarbeitung seiner geplanten Fortsetzung ging und zunächst die Darstellung der Ereignisse in der Zeit un- Kırcnuorr: Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24. 1107 mittelbar nach dem Friedensschlusse von 421 zu skizziren begann, besass er über das Datum des Abschlusses jenes Defensivbündnisses zwischen Athen und Sparta, welches unmittelbar nach dem Frieden zu Stande gekommen war, gar keine, über seinen Inhalt und seine Tragweite nur ganz allgemeine und vielleicht irreführende Informa- tionen, so dass er darauf verzichten musste, diese Thatsache in den chronologischen Zusammenhang der darzustellenden Ereignisse an be- stimmter Stelle einzuordnen, und sich begnügte, ihrer da nebenher zu erwähnen, wo die ihm zur Verfügung stehenden Berichte bei anderen Gelegenheiten darauf Bezug nahmen. Als dann später der Text der Bundesurkunde selbst zu seiner Kenntniss gelangte und nun nachträglich Verwendung finden sollte, würde die Einfügung der Urkunde und dessen, was aus ihr zu entnehmen war und durch sie nothwendig wurde, an der Stelle, welche ihre Chronologie verlangte, also gleich zu Anfang der beim Zeitpunkte des etwas früheren Friedensschlusses einsetzenden Fortsetzung, eine vollständige und durchgreifende Umarbeitung dieser Partie nothwendig gemacht haben. Thukydides zog es darum, vielleicht auch noch aus anderen Gründen, vor, der Urkunde sammt dem ihr nothwendig beizugebenden Commen- tar die Form einer Fortsetzung des ersten Theiles bis zum völligen Ende des zehnten und dem Anfange des nunmehrigen elften Kriegs- Jahres zu geben, und bestimmte diesen Zusatz, als Bindeglied zwischen dem ersten Theil und seiner Fortsetzung eingeschaltet zu werden. Allerdings würden nach Vollzug dieser Einfügung Einleitung und Beginn der Fortsetzung zeitlich über den nunmehrigen Abschluss des Vorhergehenden zurückgegriffen haben, ohne auf den Inhalt des Neuhinzugekommenen Bezug zu nehmen, was nicht zulässig erscheinen konnte. Dem Verfasser entging das auch keinesweges; vielmehr wies er ausdrücklich sich selbst an den drei Stellen, von denen ich oben ausgegangen bin, durch an den Rand gesetzte Notizen darauf hin, dass hier die geeigneten Ergänzungen vorzunehmen sein würden, wobei es ihm passirte, dass er an der dritten Stelle einen kleinen Irrthum beging, indem er, ohne es zu bemerken, sich mit seiner eigenen Darstellung im Vorhergehenden in Widerspruch setzte. Ohne Zweifel würde er bei endgültiger Feststellung des Wortlautes seiner Darstellung diesen Irrthum bemerkt und beseitigt haben und ebenso auch dafür Sorge getragen haben, dass der von ihm noch nicht be- merkte Widerspruch verschwand, der, wie oben hervorgehoben wurde, zwischen seiner eigenen ungenauen Angabe über den Inhalt des Bundesvertrages an einer späteren Stelle und dem Zeugniss der Ur- kunde selbst nach deren Einfügung hervorgetreten war. Es war aber dem Geschichtsschreiber nieht beschieden, seine Arbeit zu Ende 1108 Gesammtsitzung vom 23. October. zu führen, und er hat nicht verhindern können, dass bei Gelegenheit der Herausgabe seines unvollendeten Werkes jene Randnotizen in rein mechanischer und verständnissloser Weise dem Texte einverleibt worden sind, ähnlich, wie das auch an anderen Stellen geschehen ist, z. B. mit jenem mpWrw am Schlusse des 20. Capitels, um einen im eigentlichsten Sinne naheliegenden Fall anzuführen. Trifft aber diese Auffassung im Wesentlichen das Richtige, so gewinnt damit der Philologe wie der Historiker einen Einblick in die Werkstatt des Mannes und man überzeugt sich leicht, wie un- gerecht und unbillig es sein würde, das Urtheil über seinen Werth und seine Bedeutung als Historiker wie als Stilist durch Mängel der Darstellung und des Ausdruckes, wie die besprochenen, beeinflussen zu lassen. Ausgegeben am 30. October. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei 1109 1890. ALM. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 30. October. Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. E. vu Boıs-Revmonv. l. Hr. Bevrıcn las einen. Bericht des Hın. Prof. Dames über eine mit Unterstützung der Akademie angestellte Untersuchung der Schiehtenfolge der Silurbildungen Gotlands und deren Be- ziehungen zu obersilurischen Geschieben Norddeutschlands. 2. Hr. SchwEspener machte eine weitere Mittheilung über die optisch anomale Reaction des Traganth- und Kirschgummis. Beide Mittheilungen folgen umstehend. 3. Hr. Kronecker überreichte im Auftrag des Hrn. E. Laupre das Schlussheft (Nr. III) des von ihm in Gemeinschaft mit dem am 26. Sep- tember verstorbenen Hrn. Max Hrsoch herausgegebenen XIX. Bandes (Jahrgang 1887) des Jahrbuchs über die Fortschritte der Mathematik. Sitzungsberichte 1890. 95 mM m N IE y i j . ru» r * L ’ | IM: u. it . EA ” h AT K 3 , ' r fi ira KR RE Ki Ant r Teradt Js we h DEE a f x (re = lau Ir TER! Hilo na j t Kin. Ant rre e BAT NT EIER ZT DE IITIE nu bh: a er r ur va { De I ARE weg f r » ln fe F ul 14 # ne wre) N L un mE Ma a EIRTT PINEL m LT 7a T I alla uhriänd, ale 6 I FAR 1111 Über die Schichtenfolge der Silurbildungen Gotlands und ihre Beziehungen zu obersilurischen Geschieben Norddeutschlands. Von W. Danss in Berlin. (Vorgelest von Hrn. Beyvrıcn.) Deitdem man nach dem Vorgange LreoroLn von Bucn’s, QUENSTEDT'S, Beyrıecn’s und namentlich Fernınann Röner’s sich nieht mehr damit begnügt, die in den erratischen Blöcken oder Geschieben sedimentärer Entstehung enthaltenen Versteinerungen nur zu bestimmen und neue Arten daraus zu beschreiben, sondern seitdem man das Hauptaugen- merk darauf richtet die Heimath derselben aus dem Vergleich mit noch vorhandenen anstehenden Schichten Scandinaviens, der russischen Ostseeprovinzen und der dazu gehörigen Inseln der Ostsee und somit auch die Richtung ihres 'Transportes kennen zu lernen, ist es Vor- bedingung für den Erfolg einer derartigen Behandlung der Geschiebe- kunde, zunächst die erwälnten Ahlagerungen an Ort und Stelle zu studiren. Nachdem von mir zu (diesem Zweck mehrfache Reisen nach Schweden und Estland nebst Oesel in früheren Jahren ausgeführt waren, machte sich der Wunsch geltend, auch die Insel Gotland kennen zu lernen, dieses classische Gebiet für die obersilurischen Ablagerungen Seandinaviens, das durch seinen Petrefacten - Reichthum seit langer Zeit berühmt ist. Im verflossenen Sommer nun sollte dieser Wunsch in Erfüllung gehen Dank emer von der Königlichen Akademie der Wissenschaften gewährten Reiseunterstützung, für welche ich meinen ehrerbietigsten Dank auszusprechen mir erlaube. Die Reise selbst konnte ich unter der ebenso liebenswürdigen wie lehr- reichen Führung meines hochverehrten Freundes, Hrn. Prof. Dr. G. Linoströn, ausführen, wodurch es möglich wurde in verhältniss- mässig kurzer Zeit einen klaren und übersichtlichen Einblick in den Schichtenbau Gotlands zu gewinnen, da ich keine Zeit mit dem Auf- suchen von deutlichen Profilen und reichen Fundstellen zu verlieren brauchte. Auch ihm sage ich meinen aufrichtigen und herzlichen Dank. 95* 1112 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 30. October. Gerade jetzt war ein Besuch Gotlands von besonderem Interesse, da vor kurzem der alte Streit über die dortige Schichtenfolge zwischen unseren berühmtesten Forschern auf diesem Gebiet, G. Lixpström und Fr. Scmmpt, von Neuem entbrannt ist. Ersterer legte seine Auf- fassung nieder in einem »Über die Schichtenfolge des Silur auf der Insel Gotland«' betitelten Aufsatz, letzterer gab eine Erwiderung hierauf in einem Artikel »Bemerkungen über die Schichtenfolge des Silur auf Gotland«”. Auf die ältere Litteratur über die Geologie Gotlands ist hier nicht näher einzugehen. Eine Zusammenstellung derselben findet sich in einer älteren Abhandlung Fr. Scumwr’s »Beitrag zur Geologie der Insel Gotland«°. Seitdem ist zwar die Litteratur über einzelne palaeontologische Gebiete der dortigen Fauna namentlich durch zahlreiche wichtige Abhandlungen G. Linpströu’s bereichert worden, und in ihnen finden sich auch manche Bemerkungen über die Schichtenfolge, aber über letztere allein sind nur die genannten Abhandlungen vorhanden, auf welche weiter unten ausführlicher einzugehen sein wird. Nur kurz sei der Kernpunkt, um den es sich bei der Streit- frage, die fast so alt, wie das Studium der Geologie Gotlands selbst ist, hervorgehoben. Die eine Ansicht ist zuerst von Murcnıson aus- gesprochen. Er glaubte auf der Insel von Nord nach Süd fortschrei- tend die 3 englischen Obersilur-Glieder, Wenlock, Aymestry und Ludlow wieder gefunden zu haben, und zwar so, dass die Schichten im Norden der Insel unter die im Süden einfielen, dass also bei einem Streichen der Schichten von Nordnordost nach Südsüdwest ein Ein- fallen nach Südsüdost zu beobachten sei, somit die jüngsten Schichten die Südspitze der Insel bildeten. Dem ist Fr. Scammr mit der Modi- fieation gefolgt, dass er das Streichen in Nordost-Südwest änderte. Er gliederte die Schichten in seiner ersten Arbeit in 4 Zonen, in die nordwestliche oder Wisby-Zone, die mittlere, die wiederum in die zwei Unterzonen des Pentamerus estonus und des Pentamerus conchidium zerfällt, und in die südöstliche oder Ludlow-Zone. In seiner letzten Arbeit ist diese Eintheilung im Wesentlichen beibehalten, nur wird die mittlere Zone aufgelöst. Die Unterzone des Pentamerus estomus hebt er auf, die des Pentamerus conchidium zieht er zur südlichen Zone. Die dieser Auffassung schroff gegenüberstehende, andere Ansicht hat ihre Vertreter in Hısıseer, v. HELMERSSEN, F. Römer, AnGeELın und G. Lisoströn. Nach ihr lagern die Schiehten Gotlands nahezu hori- ! Neues Jahrbuchf. Mineralogie, Geologie und Palaeontologie 1888. Bd.I S.147ff.t.5. ® ebenda Bd. II. S. 249ff. 3 Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands ı. Serie Bd. Il. 1859. Danmes: Silurbildungen Gotlands. 1213 zontal, nur gering nach Osten einfallend. Die faunistischen Ver- schiedenheiten in denselben Horizonten der nördlichen nnd südlichen Theile der Insel werden theils durch Facies-Verschiedenheiten, theils durch wechselnde petrographische Ausbildung erklärt. Wenn ich mich dieser letzteren Deutung auf das Entschiedenste anschliesse, so beruht dies einmal auf den thatsächlich beobachteten Lagerungsverhältnissen und weiter auf allgemeinen Betrachtungen. Nach dem, was ich unter @. Liwpsrröm’s belehrender Führung ge- sehen habe, unterliegt es für mich keinem Zweifel, dass die Schichten thatsächlich horizontal liegen, vielleicht mit einem senr unbedeutenden Einfallen nach Osten und mit einer ebenso unbedeutenden Senkung nach Süden. Während Fr. Scmmiwr, von seiner abweichenden Auffassung der Lagerungsverhältnisse ausgehend, die cerinoidenreichen Kalke auf mehrere Horizonte zu vertheilen geneigt ist und hierbei namentlich auf das Vorkommen des Pentamerus conchidium in einer bestimmten NO.—SW. etwa durch die Mitte der Insel streichenden Zone Ge- wicht legt,' sehe ich mit G. Linoströn die gesammten Crinoidenkalke für ein und demselben Horizont angehörend an. Wenn man auf der Spitze des Klintbergs, einer der Hauptfundstellen des genannten Brachiopods, steht, so kann man mit dem Auge deutlich verfolgen, dass die Crinoidenkalke ununterbrochen und ohne Neigung bis an die Westküste, wo Pentamerus conchidium noch nicht gefunden ist, fortsetzen; von einer Überlagerung ist nichts zu sehen. Wenn ferner, was Fr. Scnmipt besonders betont, die Crinoidenkalke am Jakobsberg östlich Wisby höher über dem Meeresniveau liegen, als an der Ost- küste, so erklärt sich das aus einer etwas bedeutenderen Mächtigkeit der Schichten und einer Auftreibung derselben, nicht aber aus einer Überlagerung, denn auch hier kann man sich leicht überzeugen, dass die Crinoidenkalke ununterbrochen bis Wisby fortsetzen, und dass sie sowohl hier wie dort von Mergeln unterlagert werden. Dass aber gerade hier die Schichten sich zu einem flachen Sattel erheben, ist dadurch bewiesen, dass, wie G. Linpsrrön zuerst beobachtet hat, an der Küste von Wisby auf einige Meilen Erstreckung die Schichten mit Siricklandinia lirata zu verfolgen sind, welche sich sonst nicht über das Meeresniveau erheben. Solche locale Abweichungen von ı Wenn Fr. Scnmivr Pentamerus conchidium mit dem Leitfossil des englischen Aymestry, Pentamerus Knight, identifieirt und daraufhin für die Schichten mit Pen- tamerus conchidium dasselbe Alter in Anspruch nimmt, so ist zu bemerken, dass auch Lisosrrön für diese Schichten die Aequivalente im englischen »Aymestry or Ludlow« sucht, hierin zwischen beiden Autoren also keine Verschiedenheit der Ansicht besteht. Immerhin bedarf aber die Identifieirung der beiden genannten Arten noch des Nach- weises,. Nach dem hier zum Vergleich vorhandenen Material möchte ich sie bezweifeln, 1114 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. der horizontalen Lage sind längst bekannt, und Lisoström hat davon genaue Beschreibungen gegeben;' sie können aber die Deutung des allgemeinen Schichtenbaus nicht beeinflussen. Ein weiterer Einwurf Fr. Scumipr’s betrifft die Thatsache, dass bei Östergarn, an der Öst- küste, die sonst in einem bedeutend höheren Niveau anzutreffenden Megalomen-Bänke auf kurze Erstreckung hin das Meeresufer bilden, das im Übrigen von den, die Crinoidenkalke unterlagernden Mergeln und dünnen Kalkbänken zusammengesetzt wird. Ich habe die Stellen besuchen können, und es besteht für mich nicht der geringste Zweifel, dass man es mit abgerutschten Schollen zu thun hat. Wenn man von Östergarn nach dem Hafen Katthammarsvik geht, gewahrt man an einer Wegkreuzung die typischen blauen Mergel durch eine Brunnengrabung aufgeschlossen. Etwas näher am Strande ragen in einem wenig tieferen Niveau aus einem Grasplatz kleine Felsen von Stromatoporenkalken hervor, und im Meeresniveau liegen dann die Megalomenkalke. Letztere, als Unterlage der Stromatoporenbänke, finden sich aber in einem bedeutend höheren Niveau regelmässig horizontal ge- lagert am Gannberg. Die ganze Art ihres jetzigen Vorkommens am Strande zwingt geradezu zu der Annahme, dass sie durch Unter- waschung von dem Massiv des Gannbergs abgerutscht sind und in ein tieferes Niveau gebracht wurden. Gerade die Umgegend von Östergarn lässt solche abgerutschte Felsparthien auch an anderen Stellen klar beobachten. So sahen wir z. B. am Berge Kuppen, östlich von Östergarn, einen mächtigen Fels von Crinoiden- und Stromatoporen-Schichten sich mit starker Neigung in das Meer senken, und an der Ostküste dicht dabei be- steht der Strand auf weite Ausdehnung aus Crinoidenkalken, die hier horizontal liegen, also vertical abgerutscht sind. Wie solche Lagerungsverhältnisse entstehen, hat G. Liwpsrröm auf Lilla Carlsö beobachtet und anschaulich geschildert.” Gerade darin, dass diese Unregelmässigkeiten in der Lagerung ganz und gar an die Strand- gegenden der Insel gebunden sind und im Inneren durchaus vermisst werden, liegt wohl der Hauptbeweis, dass sie aus ihrer ursprüng- lichen Lagerung auf oben angegebene Weise entfernt und nicht, wie Fr. Schmiprt anzunehmen scheint, ursprünglich neben einander zum Absatz gekommen sind. Geht man aber von dem über die ganze Insel verbreiteten, so auffallenden und auch topographisch sich aus- ! Anteckningar om silurlagren pä Carlsöarne (Oefversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar 1882 N. 3). ® Ebenda S. ı2. Dauwes: Silurbildungen Gotlands. 1115 zeichnenden Horizont der Crinoidenkalke als ein und demselben Schichtensystem angehörig aus, so ergiebt sich von selbst die Gleichalterigkeit der darunter liegenden Schichten, und man wird mit G. Linpströn die petrographischen und faunistischen Veränderungen, die dieselben von Nord nach Süd allmählich erleiden, sehr wohl auf Rechnung von Facies-Verschiedenheiten setzen dürfen; dann wird man auch kein Bedenken mehr hegen den Sandstein im Meeresniveau an der Südspitze bei Hoburg als gleichzeitige Bildung mit den Mer- geln und plastischen Thonen weiter nördlich und ebenso die darüber liegenden Oolithe als Aequivalente der nördlich entwickelten dünnen Kalkbänke mit Mergelzwischenlagen anzusprechen, kurz. sich der von G&. Lmpström gegebenen Darstellung dieser Verhältnisse voll und ganz anzuschliessen. Es ist aber noch, wie oben erwähnt, ein zweites Bedenken mehr allgemeiner Art, welches der Annahme des Murcnısox -Schuipr'schen Auffassung entgegen steht. Nach den Untersuchungen von Lixnarssox, Scauipr und Horn, zu welchen auch ich selbst einen ergänzenden Beitrag in einer früheren Arbeit lieferte, stellen die silurischen Schichten Ölands und Gotlands einerseits Estlands mit den dazu ge- hörigen Inseln, namentlich Moon und Ösel, andererseits, die Reste eines grossen, ehedem den grössten Theil des heute von der östlichen Ostsee eingenommenen Silur-Gebietes dar, in welchem die Schichten muldenförmig abgelagert waren, und zwar so, dass sie flach nach dem Muldencentrum hin einfallen. Öland und Gotland sind da- nach Theile des westlichen Muldenrandes, Estland nebst Ösel Theile des östlichen. Öland sowohl wie Gotland haben ihre Hauptlängen- ausdehnung in der Richtung NNO.—SSW., liegen einander also fast parallel. Die Schichtenlage und -Folge auf Öland ist namentlich durch Linsarsson’s grundlegende Arbeiten vollkommen klargelegt. Man weiss, dass die Schichten in der Längsrichtung der Insel streichen. flach nach Osten einfallen und sich dabei sanft nach Norden senken, so dass die ecambrischen Sehichten, welche im südlichen und mittleren Theil der Insel aus dem Meere hervorragen, im nördlichen unter den Meeresspiegel getaucht sind. Mit dieser Lagerung stimmt diejenige Gotlands nach G. Linpsrrön’scher Auffassung vortrefflich überein. Die dem Centrum der Mulde mehr genäherte Lage Gotlands bedingt ein noch flacheres, dem Horizontalen nahekommendes Ein- fallen nach Osten, wie ich es thatsächlich beobachtet zu haben glaube; jedenfalls treten die tiefsten Schichten nur an der Westküste bei Wisby über den Meeresspiegel, auch liegen die Crinoidenkalke hier etwas höher als an der Ostküste, z. B. bei Slite. Man würde bei einer rein hypothetischen Reeonstruction der ostbaltischen Silurmulde 1116 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. von Öland ausgehend für die Stelle, die Gotland jetzt einnimmt, genau dieselben Profillinien, welche sich thatsächlich beobachten lassen, zu ziehen haben, wenn die Insel nicht mehr vorhanden wäre. Man werfe nicht ein, dass Gotland im Gegensatz zu Öland im Norden höher ist als im Süden. Das hat darin seinen Grund, dass im nörd- lichen Theil noch die jüngsten Schichten vorhanden sind, welche durch Abtragung im Süden zerstört wurden. Wollte man aber die Scnuipr’sche Auffassung der Lagerungsverhältnisse Gotlands annehmen, so wäre es schwierig, dieselben mit derjenigen Ölands in Einklang zu bringen. Denn wenn man sich die Streichrichtung, so wie Fr. Scmupr sie auffasst, von Gotland bis Öland verlängert denkt, so trifft sie mit derjenigen Ölands in einem spitzen Winkel zusammen, was für Theile eines und desselben Muldenflügels doch nur durch Dislocationen umfassender Art erklärbar würde, von denen sich bisher keine Spur hat nachweisen lassen. Ich gehe nun nach Darlegung der Gründe, welche mich zu einer Ablehnung der Scnmir’schen und zu einer Annahme der Linosrrön’schen Auffassung bewogen haben, zu einer Besprechung der Schiehtenfolge über, wie sie der letztgenannte Autor in der an- geführten Abhandlung niedergelegt hat. Er theilt das gotländer Ober- silur in 8 Horizonte, die er mit den Buchstaben a bis A bezeichnet. Die Schicht a (rother Mergelschiefer mit Korallen und Trilobiten) ist anstehend nicht, wohl aber aus Auswürflingen des Meeres an der Westküste, namentlich bei Wisby, bekannt. Ebenso ist die Schicht 5 (Mergel mit Strieklandinia lirata) nur auf etwa 20”” nördlich von Wisby am Strande zu verfolgen, wo sie nach Lmpsrrön in Gestalt eines flachen Bogens sich nur wenige Meter über den Meeresspiegel erhebt. Anders verhält es sich mit der folgenden Schieht e (jüngere Mergelsehicht und Sandstein vom Alter des Wenlock Shale), welche in Verbindung mit der darüberliegenden Schicht d (Kalksteinschichten mit ' Mergelbändern), die dem Wenlock Limestone aequivalent gilt, den Strand fast der ganzen Insel bildet und auch ausgedehnte Ge- biete in ihrem Innern einnimmt, wo die höheren Schichten fort- geführt sind, so namentlich im Centrum und im südlichen Theil. Die Schicht ce bekommt von Nord nach Süd ein anderes Aussehen und umschliesst nach G. Limpströn fünf verschiedene, von ihm als gleichzeitig angesehene Faunen, von denen die südliche in reinem Sandstein liegt. Ähnlich, wenn auch nicht so in die Augen fallend, ist der Wechsel der Faunen in der Schicht d. welehe nach Süden in oolithische Gesteine und dann in typische Oolithe übergeht. Hier- her gehören auch eigenthümliche feste graue Kalksteine der Ostküste mit Ilonia prisca Hısıseer sp. und zahlreichen Orthoceren. — Bisher Dames: Silurbildungen Gotlands. a7 nicht überall nachgewiesen, aber scharf von der unterliegenden Schicht getrennt, folgt nun die » Plerygotus-Schicht« (e), der Basis des englischen Ludlow verglichen, welche durch den enormen Reiehthum an Anneliden- kiefern ausgezeichnet ist, die Hınpr beschrieben hat. Ferner führt sie Pterygotus osiliensis und einige andere Crustaceen. G. Linpsrrön nimmt sehr mit Recht an, dass sie in der unmittelbaren Nähe eines Ufers gebildet wurde, was auch durch eine darüberliegende eigenthümliche Bank dargethan ist, welche ganz und gar aus Strandgeröllen besteht, die durch ein kalkiges Bindemittel verkittet sind. Die drei folgenden Schichten (f, 9, }) bilden das, was G. Linpströn früher »den obersten Kalkstein« nannte. Jetzt theilt er ihn ein in f. Crinoiden- und Coralleneonglomerat, g. Megalomus-Bänke, Ah. Cepha- lopoden- und Stromatoporen - Schichten, wobei f. dem Aymestry oder Ludlow, A. dem Upper Ludlow parallelisirt wird. Die Schicht f bildet den am leichtesten zu verfolgenden und überall verbreiteten Horizont. Die ausgezeichneten, bald grauen, bald rothen Crinoidenkalke bestehen fast ausschliesslich aus Stiel- gliedern, die verkittet sind. Selten sind Kelehe, welche in un- gewöhnlicher Häufigkeit bei Follingbo, östlich Wisby, vorkamen. Von hier aus stammt weitaus die Mehrzahl der 175 von ANGELIN beschriebenen Arten. Zuweilen erscheinen Korallen in grösserer Zahl; an einzelnen Stellen, wie bei Lau, werden die Schichten mergeliger und enthalten dann zahlreiche zierliche Fossilien. — Die Megalomus- Bänke (g) sind aus einem harten körnigen Kalk zusammengesetzt, dessen Schichtflächen oft ganz und gar mit den grossen Schaalen des Megalomus gotlandiceus bedeckt sind. Daneben erscheint das riesige Brachiopod, Trimerella, wie G. Linpström beobachtet hat, im Süden die Megalomen ganz ersetzend. Während die Megalomus- Bänke kaum mächtiger als 4” werden, steigt die Mächtigkeit der Schicht Ah auf 10” und mehr. Sie besteht meist aus undeutlich, oder gar nicht geschiehteten Kalken, die zum Theil auf weite Strecken ganz aus Stromatoporen aufgebaut sind. Mit diesen zusammen erscheinen fein- körnige Mergel-Schiehten und namentlich dichte Kalke, theils grau- grünlich, theils (im südlichen Gotland) roth gefärbt. In diesen dichten Kalken liegen die so schön erhaltenen Gastropoden und Cephalopoden, welche ein bedeutendes Contingent für die in den beiden letzten, grossen und schönen Abhandlungen G. Lmpströn’s! beschriebenen Faunen gestellt haben. ' On the silurian Gastropoda and Pteropoda of Gotland. With 2ı Plates. Stockholm 1334 (K. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bandet ı9 No. 6). — The Ascoceratidae and the Lituitidae of the upper silurian Formation of Gotland. With 7 Plates. Stockholm 1890 (ibidem Bandet 23 No. ı2). 1118 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. Nach dem, was mir unter G. Lisosrröm’s Führung auf Gotland zu sehen vergönnt war, glaube ich, dass an seiner, oben kurz skiz- zirten Eintheilung sich nichts ändern wird und sie den natürlichen Verhältnissen überall entspricht, soweit es die Schichten a bis e ein- schliesslich betrifft. Die oberen Schichten f bis A glaube ich ein wenig anders auffassen zu dürfen, wenn ich mir auch nicht ver- hehle, dass es gewagt erscheint, auf Grund eines immerhin kurzen, wenn auch sehr lehrreichen Besuchs von der Auffassung des Gelehrten abzuweichen, welcher sich durch jahrelange eingehende Untersuchungen mit den kleinsten Einzelheiten der Geologie Gotlands vertraut gemacht hat. Auch kann ich meine Ansicht ja nur für eine beschränkte An- zahl von Localitäten geltend machen. Es bleibt der Zukunft über- lassen, zu entscheiden, ob sie auf das ganze Gebiet ausdehnbar ist. Das Wesentliche meiner Auffassung der obersten Schichten f bis A liegt darin, dass ich die Crinoidenkalke und die Stromatoporenbänke für wesentlich gleichalterig halte und in den von ihnen gebildeten Horizont auch die Megalomus-Bänke einbeziehe, und dass ich ferner die Cephalopoden führenden Schichten auf zwei Horizonte vertheile, von denen ich den einen mit G. Linpsrrön als zu den Stromatoporen- bänken gehörig, den anderen jedoch alle übrigen Schichten über- lagernd und somit die jüngste Schicht Gotlands darstellend ansehe. Die Beobachtungen, auf welche sich diese Gliederung stützt, sind folgende: Bei Hoburg, an der Südspitze der Insel, sieht man in den unteren Theilen des Crinoidenkalkes eine Einlagerung eines knolligen Kalkes mit Stromatoporen und Ascoceras bohemicum Barr. — Es ist dieselbe Localität, welche G. Lmpsrrönm 1. ce. pag. 161 erwähnt. Es heisst dort: »Sie (nämlich die Cephalopoden- und Stromatoporen- Sehiehten) bilden dort die oberste Decke, mit Ausnahme der Süd- spitze bei Hoburg, wo eine Schicht rother Crinoidenkalke mit Crota- loerinus ete., möglicherweise in Folge einer Inversion zu oberst liegt und den Cephalopoden -Kalkstein bedeckt. « Ich glaube nieht, dass hier eine Überkippung vorhanden ist, die bei der regelmässigen horizontalen Lage der Schichten dort und in der Umgegend auch schwer zu erklären wäre, sondern sehe die Cephalopodenkalke als eine von Örinoidenkalken vollkommen um- gebene Einlagerung in dieselben an, da in den Crinoidenkalken selbst keine Störung wahrzunehmen ist. Ferner konnte ich solche Ein- lagerungen von Stromatoporenschichten in Crinoidenkalken in der Nähe des Gehöfts Bomunds i Burgen im Kirchspiel När an mehreren Stellen beobachten, am deutlichsten jedoch an einem Steilabfall öst- lich von Lau an der Strasse von När nach Ardre. Der Abfall be- steht aus regelmässig horizontal geschichteten Crinoidenkalken, in D Danmes: Silurbildungen Gotlands. 18 welchen, dureh verschieden lange Zwischenräume getrennt, knollige Kalke mit Stromatoporen felsartig sich erheben. Mit jeden Zweifel ausschliessender Sicherheit liess sich hier die horizontale Anlagerung an die knolligen Kalke feststellen; die Grenze zwischen beiden war stets scharf. Einzelne dieser Felsen ragten wie vorspringende Thürme einer Festungsmauer hervor, weil die benachbarten Crinoidenkalke schneller der Verwitterung unterlegen sind, und erstreckten sich auch mehrfach bis zur obersten Schicht der Crinoidenkalke. Andere waren noch von letzteren bedeckt. Am grossartigsten jedoch sind in dieser Beziehung die Tafelberge entwickelt, welche die Umgebung der an der Ostküste Gotlands liegenden Ortschaft Östergarn auch landschaft- lich auszeichnen. Der Gannberg südlich von dem Gehöft Gutenviks gelegen, zeigt folgendes Profil. Über dem mit Gehängeschutt be- deckten Fuss folgen zwei oder drei wenig mächtige Bänke mit Mega- lomus, durch mächtige Stromatoporenbänke getrennt, dann folgen Crinoidenkalke mit schönen grossen Crotalocrinus - Stielgliedern, und das Plateau wird aus dünngeschichteten hellen Crinoidenkalken ge- bildet, deren Bestandtheile meist von kleineren Arten herzurühren scheinen. Ganz ähnlich wie der Gannberg ist auch der Berg Kuppen, östlich von Östergarn zusammengesetzt, nur mit dem Unterschiede. dass die obersten Schichten der Crinoidenkalke hier roth sind, aber auch hier dünngeschichtet. Dicht dabei sind sie in einer wohl einen Quadratkilometer einnehmenden Partie bis in das Meeresniveau ab- gesunken. Auch war am Kuppen sehr schön zu sehen, wie eine mächtige Felsenmasse ursprünglich horizontal gelagerter Crinoiden- und Stromatoporenkalke durch Fortführung der unterlagernden weicheren Gesteine aus der horizontalen Lage in eine dem Meere zu geneigte gebracht ist. Dass der isolirte Thorsborg ebenso zusammengesetzt ist wie die Tafelberge um Östergarn, hat Fr. Scmupr in seiner ersten Arbeit schon erwähnt (a. a. OÖ. S. 449). — Sämmtliche bisher er- wähnten Vorkommen von Stromatoporenschichten scheinen mit Aus- nahme von Hoburg nach den Fundortsangaben G. Limpströn’s in den beiden angeführten Abhandlungen Gastropoden und Öephalopoden kaum geliefert zu haben, wohl aber ist dies der Fall mit-Sandarfve Kulle und Linde Klint, zwei isolirten Bergen nördlich von Fardhem, welche ungewöhnlich reich an Gastropoden und Öephalopoden sind. Wir haben nur Sandarfve Kulle besucht. Da aber nach G. Linpströn’s Mittheilung Linde Klint genau ebenso beschaffen ist, so kann die folgende Beschreibung für beide gelten. In der oben erwähnten Gastropoden-Monographie S. ı2 beschreibt Lmpsrröu dieselben mit folgenden Worten: »Some isolate hills as Sandarfve and Linde Kullar partially eonsisting of eristalline, erinoidal limestone, partially 1120 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. a conglomerate of larger or smaller pieces of corals and Stromato- porae and partly fine, eartııy, red and gray limestone beds. "The last are remarkably rich in shells of Cephalopoda and Gastropoda.« Sandarfve Kulle fällt nach NW. steil ab, nach SO. sanfter. Die eine Seite des Berges besteht aus Crinoidenkalken, die unten dick- bankig, oben dünngeschichtet sind. Die andere Seite ist aus den erwähnten Stromatoporenkalken und den diehten, rothen oder grauen Kalken zusammengesetzt. Da letztere schwach nach SO. einzufallen scheinen, war ich zuerst geneigt, sie als die hangenden Schichten der Crinoidenkalke anzu- sprechen. Nachdem ich die oben erwähnten anderweitigen Vorkommen der Stromatoporenschichten gesehen hatte, scheint es mir auch für Sandarfve Kulle nicht mehr zweifelhaft, dass keine Überlagerung, sondern eine Anlagerung der Stromatoporenkalke mit ihren Gastro- poden und Cephalopoden an die Crinoidenkalke, die thatsächlich auch einen Theil der Spitze des Hügels zusammensetzen, stattgefunden hat, und dass die Crinoidenkalke sich zu den Stromatoporenkaiken ebenso verhalten, wie bei Hoburg, dessen Stromatoporenkalke mit ihren Cephalopoden von Crinoidenkalken umschlossen werden. Kennen wir auch die Fauna dieser reichen Fundorte noch nicht in ihrer ganzen Vollständigkeit, so genügt doch das von G. Lispsrrön Beschriebene, um einige hervorstechende Züge derselben herausheben zu können. Neben manchen Brachiopoden, wie Spirifer erispus, Strophomena rhomboidalis (typ. et var.), und noch unbeschriebenen Pelecypoden treten 42 Arten Gastropoden in ihnen auf, von denen 2ı Arten nur von hier bekannt sind, während die übrigen theils auch an anderen Fundorten in Schichten theils höheren, theils gleichen Alters oder in beiden zugleich vorkommen. Es sind fast ausnahmslos kleine Formen (»the fauna has a peculiar dwarfed character«, sagt G. Lispsrrön a. a. 0. S. ı5) aus den Gattungen Palacmaea, Platyceras, Bellerophon, Pleurotomaria, Murchisonia, Euomphalus, Loxonema, Trochus, Oriostoma, Autodetus, Holopea, Hollopella, Maerochilina, Euchrysalis , Onychochilus. Der Reichthum an Cephalopoden ist nicht minder gross. Neben zahlreichen Orthoceras- und Cyrtoceras- Arten, welche noch der Be- sehreibung harren, sind namentlich die Gattungen Ascoceras und Ophi- dioceras für diese Kalke bezeichnend. G. Linpström hat von ersterer Gattung aus diesen Cephalopodenschichten 13 Arten beschrieben; davon kommen 6 bei Sandarfve Kulle und Linde Klint vor, und von diesen wiederum 3 Arten nur hier. Die einzige Art der Gattung Glossoceras ist hier und bei Lye gefunden; wie auch die eine der beiden Arten von Gotland bekannten von Ophidioceras, letztere, wie es scheint, besonders Danues: Silurbildungen Gotlands. 1121 häufig. Auch die Cephalopodenfauna besteht zumeist aus kleinen, mitunter geradezu winzigen Formen. Endlich ist noch hervorzuheben, dass die Schalen der Gastro- poden und Gephalopoden in diesen und gleichen Kalken anderer Fund- orte, wie z. B. Samsugn und Lye, vorzüglich erhalten sind und die Seulpturen der Oberfläche bis in die kleinsten Einzelheiten hinein beobachten lassen. Auch sind die Schalen gewöhnlich vollständig: die Gastropoden zeigen häufig noch den Mündungsrand völlig intact. Dass die Ascoceras- Arten meist auseinandergefallen sind, sodass das Nautiloid- und das Ascoceras- Stadium gesondert gefunden wird, erklärt sich leicht aus dem geringen Zusammenhang beider. So stellt sich die Erhaltung und die Vergesellschaftung der kleinen Arten in Gegen- satz zu den häufig zerbrochenen und abgeriebenen Schalen, wie sie in den tieferen Schichten ec und d vorkommen', die zugleich auch ungleich grössere Arten beherbergen. Was endlich die Megalomus-Bänke betrifft, so ist schon oben erwähnt, dass dieselben mit den Stromatoporenbänken am Gannberg wechsellagern. Sie bilden also nicht allein die Decke, sondern treten auch unter derselben schon melırfach auf: ja am Gannberg und Kuppen bilden Crinoidenkalke die Plateaus. G. Lispströn hebt ferner hervor, dass mit den Megalomus- Arten 'Trimerellen zusammen vorkommen oder letztere die ersteren ersetzen. Eine Bank, die von einer grossen noch unbeschriebenen, von F. Römer?” Trimerella ostreiformis genannten Art in beschalten Exemplaren fast ganz zusammengesetzt wird, sahen wir zunächst in Blöcken am Abhange des Steilabfalls nördlich von Wisby, und dann fand sie der ausgezeichnete Sammler, Hr. A. Foruın, anstehend in halber Höhe des von Ürinoidenkalken gebildeten Ab- hangs. Hier wie am Kuppen u. a. O. mögen die obersten Bänke durch Abtragung verschwunden sein, denn thatsächlich tritt als Han- gendes der Grinoiden- und Stromatoporen-Schichten eine Bank mit grossen Megalomen und Trimerellen an manchen Stellen auf. Wir sahen eine solche in einem Walde östlich von Wisby nahe Storweda- Follingbo. Diese oberste Megalomus-Bank bildet einen vorzüglichen Grenzhorizont gegen die unten zu besprechenden obersten Schichten der Insel. Sie würde bei einer speciellen Kartirung unbedingt aus- zuzeichnen sein, aber doch wohl so, dass ihr Zusammenhang mit dem darunterliegenden Schiehteneomplex wahrzunehmen ist. Die hier angenommene Stellung der Megalomus-Bänke zu den Gephalopoden- kalken hat übrigens Fr. Scuumir schon erkannt, der auch angiebt, ! Vergl. hierüber G. Lınoswrön’s Abhandlung über die Gastropoden S. 32 und diejenige über die Ascoceratiden und Lituitiden S. 4. 2 Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft Bd. 30, 1878, 8. 553. 1122 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. dass er bei Bäl ziemlich sicher die Auflagerung der Cephalopoden- kalke von Heinum auf die Mergel von Slite beobachten konnte'. Wenn er dies nun so erklärt, dass dieser Mergel nicht die Fortsetzung des Mergels von Wisby an der Westküste bilde, sondern sich zwischen die Schichten f und g einschiebe, so kann ich ihm darin nicht folgen. Ich würde das von uns nicht besuchte Profil gemäss den obigen Aus- einandersetzungen so deuten, dass die Cephalopodenkalke hier, wie an anderen Stellen, nahe über den Mergeln und Kalken der Schichten ce und d erscheinen ohne Unterlage von Crinoidenkalken. Aus Obigem geht hervor, dass ich die Crinoidenkalke, die Stro- matoporen- und Cephalopodenkalke, sowie die Megalomus-Bänke für ein zusammengehöriges Glied der Schichtenreihe zu halten geneigt bin. Es handelt sich nun um einen Versuch der Erklärung ihrer Entstehung und gegenseitigen Beziehungen. Die Crinoidenkalke sind, wie viele anderer Formationen, wohl so entstanden zu denken, dass der Meeresboden mit zahllosen Indi- viduen dicht besetzt war, die nach dem Absterben in ihre einzelnen Stiel- und Kronenglieder zerfielen und so nach Verkittung durch Kalkabsätze feste Kalke bildeten, deren Mächtigkeit durch jüngere Generationen wuchs. Die an einzelnen Stellen, wie Follingbo, vor- zügliche Erhaltung der Kronen, sowie das häufige Vorkommen noch festhaftender Wurzeltheile schliessen den Gedanken an einen Trans- port oder ein Zusammengeschwemmtsein aus. Auf diesem Crinoiden- Meerboden siedelten sich nun an verschiedenen Stellen und zu ver- schiedenen Zeiten Stromatoporen an, welche allmählich Riffe von sehr verschiedener verticaler und horizontaler Ausdehnung aufbauten, und in der Nähe dieser Hydrozoen-Riffe lebten die zahlreichen kleinen Mollusken und Molluscoiden, deren oben Erwähnung geschah. G&. Lisosrröm sagt in seiner Gastropoden-Monographie S. 33: »It must have been in some sheltered bights, where a calcareous mud found stillness enough to allow it to settle down, that such deposits as the fine grained limestone of Sandarfve, or Samsugn with their numerous and beautifully preserved shells originated.« Das Vor- handensein solcher geschützten Buchten lässt sich durch obige Auf- fassung leicht erklären. Endlich traten noch zu verschiedenen Zeiten Einwanderungen von Megalomen- und Trimerellen-Individuen in soleher Fülle der Individuen ein, dass sie Bänke bildeten, und mit einer solchen Einwanderung schloss dieser ganze Abschnitt des Gotländer Obersilur. Es ist damit aber noch nicht der Schluss der gesammten Ab- lagerungen erreicht, denn über der obersten Megalomus-Bank liegen ! Vergl. Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1890. II. S. 257. Fe Danmes: Silurbildungen Gotlands. 1123 im nördlichen Theil der Insel noch grau-rothe, krystallinische Kalke, die den Eindruck aufgearbeiteter Crinoidenkalke machen, und diese beherbergen eine reiche Fauna grosser Öephalopoden. Am häufigsten scheint ein grosses Phragmoceras zu sein, das nach dem vorliegenden Material der Art nach nicht zu bestimmen ist, und daneben kommen zahlreiche Stücke von Orthoceras, Cyrtoceras und Gomphoceras vor. Wir sahen nur eine Fundstelle dieser Kalke in einem Walde nahe der Eisenbahnhaltestelle Storweda, östlich von Wisby, wo man auch deutlich beobachten konnte, dass sie die oberste Megalomus-Bank überlagern. Mögen auch, wie G. Linoströn mittheilte, zahlreiche Arten den unteren und oberen Cephalopodenlagern gemeinsam sein, so ist doch Gewicht darauf zu legen, dass in den oberen Lagern die Gattung Ascoceras völlig fehlt, dass auch Ophidioceras fast ganz zurücktritt und die Gastropodenfauna Sandarfve’s und der gleichalterigen Kalke anderer Fundorte hier fast ganz vermisst wird. Die Schiehtenfolge des Obersilur auf Gotland stellt sich danach für mich von oben nach unten folgendermaassen dar: Obere Cephalopoden-Kalke, F Crinoiden- und Corallen-Kalke mit eingelagerten Stromato- SQ porenriffen, Gastropoden- und Ascoceras-Ralken nebst Mega- lomus-Bänken, e Pterygotus-Schicht, d Kalkstein- und Oolith-Bänke mit Mergeln, c Mergelschiefer und Sandstein, b Stricklandinia-Schiefer, a Älteste rothe Arachnophyllum-Sehiefer. Hierin ist Schicht a bis e einschliesslich genau nach G. Linpströn beibehalten, die darauf folgenden Schichten glaubte ich etwas anders gruppiren zu können. Doch wird auch hier in sofern nichts Wesent- liches geändert, als G. Linpsrröm’s Altersvergleich mit dem englischen Obersilur unangetastet bleibt. Die Häufigkeit und weite Verbreitung obersilurischer Geschiebe in Norddeutschland hat es mit sich gebracht, dass ihre Fauna oft und eingehend studirt worden ist und so als die am besten bekannte aller Geschiebe gelten kann. Trotzdem ist es bisher nicht gelungen, ihre gegenseitigen Altersbeziehungen innerhalb des Obersilur nach allen Seiten festzustellen. Das ergiebt sich sofort aus einem Vergleich 1124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. der Reihenfolgen, nach welchen die obersilurischen Geschiebe in den Abhandlungen verschiedener Autoren aufgezählt sind, z. B. den- jenigen F. Röner’s,' Gorrscne’s,’ Nöruing’s,' REmELE's’ und meiner selbst.’ Es erklärt sich das leicht dadurch, dass eine Übersicht über die Schichtenfolge auf Gotland bis vor Kurzem fehlte. Nachdem G. Linpström eine solche gegeben, die zudem noch manche werth- volle Angaben über Geschiebe selbst enthält, ist der Versuch an- gezeigt, auf Grund der oben gegebenen Eintheilung auch die Ge- schiebe auf ihre Alterstolge hin genauer zu prüfen; und dabei leistet ein demselben Autor zu verdankendes Verzeichniss der Petrefacten Gotlands® vortreffliche Dienste, da bei jeder Art die vertieale Ver- breitung angegeben ist. Auf dieses Verzeichniss beziehen sich die folgenden Angaben über Verbreitung der einzelnen Arten. — Eine er- schöpfende Behandlung des Stoffes kann hier nieht erwartet werden, wohl aber soll versucht werden, denselben in seinen Hauptzügen zu verfolgen. E Von der Schicht a (ältester rother Mergelschiefer) sind Geschiebe bisher nicht gefunden worden. Wohl kennt man einzelne Exemplare der darin vorkommenden Coralle Syringophylhım organum L. sp., aber das anhaftende Gestein weist mit Bestimmtheit auf Estland hin. Ebensowenig ist von der Schicht 5 (den Strieklandinia-Mergeln) etwas als Geschiebe gefunden, wenn man nicht die lose gefundenen Stücke von Palaeoeychıs porpita L. sp., welche bisher nur je einmal bei Misdroy und Königsberg’ vorgekommen sind, als aus dieser Schicht stammend ansprechen will; in welcher sie nach G. Lispsrrön massenhaft vor- kommt. Jedoch ist sie auch als charakteristisch für Schicht e an- gegeben. Die Schichten e und d (jüngerer Mergelschiefer und Sand- i F. Röner, Lethaea erratica. (Palaeontologische Abhandlungen, herausgegeben von W. Daues und E. Kayser. Berlin 1885. S. 74— 134.) 2 €. Gorrscnhe. Die Sedimentärgeschiebe der Provinz Schleswig -Holstein. Yokohama 1883. S.23—29. 3» F. Nörtins. Die eambrischen und silurischen Geschiebe der Provinzen Ost- und Westpreussen (Jahrbuch der Königlichen Geologischen Landesanstalt und Berg- akademie für ı882. Berlin 1883. S. 291—305). * A. Remerr. Katalog der beim internationalen Geologen-Congress zu Berlin im September und October ı885 ausgestellten Geschiebesammlung. Berlin 1885. S. 26— 28. 5 G. Berenpr und W. Daues, Geognostische Beschreibung der Umgegend von Berlin. (Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den Thü- ringischen Staaten. Bd.8. Heftı. Berlin 1885. S. 106— 107.) 6 G. Lisoserön. List ef the fossil Faunas of Sweden. II. Upper Silurian. Stockholm 1888. S. 2—23. ° @. Meyer, Rugose Corallen als ost- und westpreussische Diluvialgeschiebe. (Schriften der physikalisch -oekonomischen Gesellschaft zu Königsberg. Jahrg. 22. 1881. Abth. ı. S. 98, Taf. V.) Daumes: Silurbildungen Gotlands. 1125 stein vom Alter des Wenlock shale, sowie Kalksteinschichten mit Mergelbändern, oder Oolith in Süd-Gotland) müssen vorläufig zu- sammengefasst werden, da eine Scheidung der ihnen zuzurechnenden Geschiebe nieht durehführbar ist. Ist es auf Gotland selbst nieht immer leicht zu entscheiden, ob man es mit © oder d zu thun hat, wie viel weniger ist das bei losen Geschieben zu erwarten! Beide Schiehten zu- sammen sind dem englischen Wenlock gleichalterig. In diesem Umfange genommen, lassen sich zahlreiche Geschiebe, die bisher häufig mit den später zu erwähnenden Beyrichienkalken vermengt wurden, und auch viele lose gefundene Petrefacten auf die Schichten e und d beziehen. Zu- nächst sind es Geschiebe von Kalken verschiedener Farbe und ver- schiedener Festigkeit, welche namentlich durch das Vorkommen von Dalmania caudata Brünsich sp. neben Calymene-, Enerinurus- und Acidaspis-Arten ausgezeichnet sind. Erstere Art kommt nur in e vor, die anderen haben weitere Verbreitung, ebenso die meisten der sie begleitenden Brachiopoden, vor. Allem Strophomena rhomboidalis WABLENB. sp.,. Strophomene pecten L. sp., Rhynehonella nucula Sow. Sp., Atrypa retieularis L. sp. (die nur in ec und d bekannte var. squamosa Lov£en). Namentlich charakteristisch ist das häufigere Vorkommen grösserer Leperditien und das Fehlen oder bedeutende Zurücktreten der Beyrichien. Remer£ hat zutreffend und auch zuerst derartige Ge- schiebe von dem Beyrichien- und Grapholithengestein als » verschiedene bräunlich- oder gelblichgraue obersilurische Kalksteine«, sowie als »Grünlichgrauer Calymenenkalk« ausgeschieden und ebenso richtig mit ihnen die Aufzählung seiner obersilurischen Geschiebe begonnen. Es gehören ferner hierher einige der von Gasen! und Krzsow” neuerdings beschriebenen Geschiebe, letztere mit Leperditia baltica, die bisher nur in den Schichten d und ce vorgekommen ist, also auf einen unteren Horizont innerhalb des Wenlock weist; damit zusammen kamen Zneri- nurus punctabus und Atrypa retieularis vor. Es gehören ferner hierher die Geschiebe mit Leperditia phaseohıs Hısınser (= Leperditia Hisingeri Fr. Schnur), das sogenannte Leperditien-Gestein, von dem allerdings ein Theil sicher estländischen Ursprungs ist. Ein genau festzustellen- des Alter besitzen gewisse bräunlichgraue, harte, splitterige Kalke, welche zahlreich Ilionia prisca Hısınser sp. führen. Nach G. Linpsrrön liegen dieselben Kalke bei Oestergarn dicht über dem Mergel der ! C. Gaser. Die Brachiopoden der cambrischen und silurischen Geschiebe im Diluvium der Provinzen Ost- und Westpreussen. (Beiträge zur Naturkunde Preussens. No. 6. Königsberg i. Pr. 1890, S. 16.) ® J. Kıesow. Beitrag zur Kenntniss der im westpreussischen Silurgeschiebe ge- fundenen Östracoden (Jahrbuch der Königl. preuss. geologischen Landesanstalt für 1389, Berlin 1890, S. 89). bie} mn Sitzungsherichte 1890. 1126 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 30. October. ‘ Schichten c und beherbergen zu dem noch zahlreiche Orthoceren. Es ist dasselbe Gestein, welehes NörtLise und F. Römer unter der Be- zeichnung Platymermis-Kalke' aufführen, und von denen ein Theil sicher auch von Oesel stammt, wo ein durchaus identisches Gestein bei Koggul ansteht”. Aus diesen Schichten stammen sicher die locker in unseren Di- luvialablagerungen gefundenen obersilurischen Orthoceras- Arten. So wie sie bei uns gefunden werden, liegen sie ununterscheidbar der Erhaltung und dem Gestein nach am Strande von Oestergarn. In unserer Sammlung sind folgende Arten in dieser Weise vertreten: Orthoceras columnare Markuım (Mark), Orthoceras Sjögreni Barr. (Mark), Örthoceras annulatum Sow. (Mark), Orthoceras angulatım Wanu. (Priegnitz), Orthoceras Hagenowi BouL (Mecklenburg), Orthoceras imbricatum Hıs. (Königsberg, Wolmirsleben). Ebenfalls — und zwar den höheren Schichten (d) angehörig — sind hier die nicht häufigen Geschiebe mit Pentamerus oblongus Sow. (? — estonus) zu nennen, sowie die von GAsEL (a. a. O. S. ı4) ange- führten Geschiebe mit Pentamerus tenuistriatus WALMSTEDT, in deren einem, wie auf Gotland, auch Pentamerus oblongus lag. Weiter müssen wir nach dem angeführten Verzeichniss G. Lmp- ström’s die meisten der lose bei uns vorkommenden Korallenstöcke als diesen unteren Schichten entstammend ansprechen, welche F. Römer in der Lethaea erratica S. 77 als obersilurischer Korallenkalk aufge- führt hat. In dem folgenden Verzeichniss sind sämmtliche mir theils aus dem Inhalt unserer Sammlung, theils aus der Litteratur, theils nach mündlichen Mittheilungen bekannt gewordenen Arten von ober- silurischen Korallen aus norddeutschen Geschieben aufgeführt, auch solche, welche älter oder jünger als Wenlock sind, aber nur die- jenigen, welche durch den Namen des Autors die Richtigkeit der Be- stimmung gewährleisten. ! Obigen Name hatte Nörrıns für die bekannte Lucina prisca vorgeschlagen. Er muss aber der älteren Bırrınas’schen Bezeichnung Ilonia weichen, wie G. Lmp- srröm nachwies. 2 In dieses Niveau gehört auch das Grapholithengestein, wie zuerst von G. Lınp- STRÖM ausgesprochen und dann von OÖ. JÄker ausführlich dargethan ist. Sicher ist, dass auf Gotland kein Gestein vorkommt, welches unseren Geschieben des typischen Grapholithengesteins entspricht. Remere hat Schonen als Heimath derselben an- gesprochen, was für einen Theil derselben nicht bezweifelt werden soll. Dagegen stimmen andere Grapholithengesteine so auffallend mit den Coneretionen aus dem Retiolites-Schiefer Dalarne’s überein. dass auch dieses nördliche Silurgebiet sicher als Heimath mit in Betracht zu ziehen ist, wie RemerE das für die Leptaena - Kalke längst nachgewiesen hat. Dames: Silurbildungen Gotlands. 1127 Es bedeutet (R.) Citat nach F. Röner’s Lethaea erratica, (M.) Citat nach G. Mrver’s oben genannter Abhandlung, (F.) nach Hrn. Dr. F. Freon’s mündlicher Mittheilung. Arten. Schichten nach G. Lmpsrrönm. Fundorte. zZ Favosites Forbesi E. H. gotlandicus L. sp. Hisingeri E. H. asper D’ÖRB. Labechei E. H. ” Lonsdalei D’Ore. Heliolites decipiens M’Cov interstinctus L. sp. Plasmopora tubulata Lonspare Halysites catenularius L. sp. „ escharoides Lan. Thecia Swinderneana GoLpF. sp. Syringopora faseicularis L. sp. Monticulipora Fletcheri E. H. Columnaria gotlandica E.H. Stauria favosa L. sp. Lindströmia Dalmani E.H. Zaphrentis vortev Linpströn ? conulus Linpströn Cyathophyllum mitratum Hıs. „ articulatum Hıs. Dinophyllum involutum Linpström Ptychophyllum patellatum ScaLorn. Acervularia ananas WAHLENB. Sp. SP. ” truncala W AHLENEB. Sp. Palaeocyclus porpita L. sp. Syringophyllum organum‘ L. sp. Pholidophyllum tubulatum Scauorn. Omphyma subturbinata D’ORe. Actinocystis Grayi E. H. — Spongophyl- loides Schumanni G. Meyer Sp. b—h ab = er L > Rixdorf (F.), Pommern. Jever, Groningen, Sadewitz bei Oels (R.), Dragebusch bei Kreuz (Remer£), Tapiau (Preussen). Niederkunzendorf (Schlesien). Berlin, Groningen. Mark, Jever. Königsberg (R.), Südpreussen, Schlesien, Groningen (R.), Rixdorf (F.). Rixdorf (F.). Jever, Schlesien. Jever, Sadewitz, Südpreussen. Von Östpreussen bis Holland. Mark, Pommern, Schlesien. Rixdorf (F.), zwischen Groningen und Königsberg (R.). Rixdorf (F.), Jever, Pommern, Schlesien. Danzig. Schlesien. Mark, Dirschan. | Rixdorf (F.). Rixdorf (F.). Neisse (grosses Stück mit zahlreichen Individuen). Rixdorf (F.), Andreaswalde bei Lyck und Königsberg (M.), Hohensaaten bei Oder- berg (REnELE). Rixdorf (F.). | Lyck (R.), Seestrand bei Cranz. (M.). Potsdam (F.), Schlesien. Halle a. S. (F.). Misdroy, Königsberg (M.). | Rixdorf (F.), Schlesien. \ Rixdorf (F.). | Rixdorf (F.). Ostpreussen (M.). Endlich gehören in dieses Niveau die Geschiebe, welche F. Römer Phaeiten-Oolith und Kalksandstein genannt hat. Der Oolith bildet im südlichen Theile Gotlands den Vertreter der Kalke mit Mergel- lagern im Norden (Schicht d) und ist somit auch ein Aequivalent des 1 Kann zum Theil untersilurisch sein. 96* 1128 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. englischen Wenlockkalkes. Über das Vorkommen und den faunisti- schen Inhalt habe ich der Darstellung F. Röner’s nichts hinzuzufügen. Von der Schicht e sind Geschiebe noch nieht beobachtet. Schicht ‚f (die Crinoidenkalke) beginnen auf Gotland mit einer eigenthümlichen Schicht verkitteter Strandgerölle. Geschiebe dieser Sehieht sind selten in der Mark und Mecklenburg gefunden', die erösste Mehrzahl gehört den »Gotländer Crinoidenkalken« F. Röner's an, auf deren ausführliche Beschreibung in der Lethaea erratica zu verweisen ist. Mit ihnen auf das Engste verbunden und nur eine locale Entwiekelung der typischen Crinoidenkalke darstellend sind die Gesteine mit Pentamerus conchidium, der z. B. am Klintberg und bei Hejde in grösserer Individuenmenge erscheint. Giebt man dieser Schicht den Umfang, wie es oben geschehen ist, so wird man zumeist hier wohl die häufig als lose Geschiebe gefundenen Stromatoporen hinrechnen müssen, da dieselben auf Got- land hier ihre Hauptverbreitung haben. Von den zugleich in den Cri- noidenkalken eingeschlossenen Cephalopoden- und Gastropodenkalken haben wir nur spärliche Andeutungen. Hrn. Dr. Hrsry ScHhRöDER ver- danke ich die Kenntniss eines bei Belschwitz gefundenen Geschiebes, das neben Stromatoporen ein Stück von Ophidioceras cfr. reliculahım Asceuı enthält. Ferner führt C. Gaser unter den Nummern ı7 und 19 zwei Geschiebe auf, welche nach G@. Linpström’s Bestimmung hierher ge- hören dürften. Nur einmal ist ein Geschiebe aus den Megalomus-Bänken von G. Laurer bei Bernau gefunden, wie Hr. Dr. Hrsry ScHröper gütigst mittheilte. Dasselbe enthält ausser der genannten Art ein Fragment eines Pentamerus, der seiner Berippung nach gut zu Pentamerus conchi- dium passt. Die Sehicht & in dem hier genommenen Umfang (die oberen Cephalopodenkalke mit grossen Phragmoceren und einem Theile der Schieht A G. Lmpströn’s entsprechend) ist aus Geschieben noch nicht bekannt geworden.” Ich schliesse mit einigen Bemerkungen über unsere so gut stu- dirten und weit verbreiteten Beyrichiengesteine. Fr. Schmipr war der erste, der auf die Ähnlichkeit derselben mit gewissen Gesteinen hin- wies, welche am Ohhesaare Pank einen Theil der Südspitze Oesel’s, also der Halbinsel Sworbe, zusammensetzen. Er identifieirte diese Gesteine auch mit den bei Oestergarn vorkommenden Platten aus ! Vielleicht gehört das in F. Römer’s Lethaea erratica Taf. VI Fig. ı abgebildete Geschiebe von Nieder-Kunzendorf bei Freiburg in Schlesien hierher. ?2 Das von Nörrıng als Phragmoceras imbricatum Barr. beschriebene Stück ge- hört einer anderen Art an, als der in der oben genannten Schicht häufigen. PP Dames: Silurbildungen Gotlands. 1129 Linpoströn’s Schicht ec, wie sie namentlich bei Hammarudd unweit Oestergarn im Meeresniveau liegen. Aber schon G. Linpströn hat darauf hingewiesen, dass unsere Beyrichienkalke mit diesen Got- länder Platten nicht übereinstimmen. Wohl ist der Habitus der gleiche, die Gattungen Pholidops,, Chonetes, Tentaculites und Beyrichia kommen in beiden vor, doch sind die Arten meistens andere. Dass Pholidops implicata Sow. von Oestergarn von Pholidops antigua Scunorn. sp. der Geschiebe gänzlich verschieden ist, hat G. Lisosrrön zuerst ausgesprochen. Die in unseren Geschieben verbreitete Chonetes- Art, die in der Litteratur als Chonetes striatella allgemein aufgeführt wird, ist von dem Typus der Art, wie ich ihn bei Hammarudd sammeln konnte, durch flachere Schaalen und verhältnissmässig gröbere Berippung verschieden. Auch die Tentaculiten scheinen hier und dort verschiedenen Arten anzugehören. Vor Allem aber ist die ge- meinste Beyrichie unserer Geschiebe, Bryrichia tuberculata Kuöpen, auf Gotland, wenn nicht ganz unbekannt, so doch äusserst selten', und ferner fehlen, worauf ebenfalls G. Lisvström zuerst hinwies, die Fischreste vom Ohhesaare Pank und unserer Geschiebe auf Got- land gänzlich. Mit Bestimmtheit kann ausgesprochen werden, dass unsere Beyrichienkalke, und zwar diejenigen, die wir als die typischen betrachten, nicht von der Insel Gotland abzuleiten sind. Doch glaube ich anderseits, dass F. Römer zu weit geht, wenn er deren Heimath unbekannt nennt. Es liegen sowohl vom Ohhesaare Pank, als auch von Klinta am Ringsjö in Schonen von mir gesammelte Handstücke vor, welche mit den Beyrichienkalk-Geschieben durchaus überein- stimmen. Das Hauptgebiet, aus welchem unsere Geschiebe herzu- leiten sein werden, ist das von der Ostsee bedeckte, südlich und westlich von der Halbinsel Sworbe gelegene. Ihre Fischreste machen es wahrscheinlich, dass sie jünger sind, als alle Schichten Gotlands, ja dass sie den jüngsten Schichten des baltischen Obersilur an- gehören.” Es stimmt das auch mit meiner Auffassung der Lagerungs- verhältnisse im nördlichen und östlichen Theil der baltischen Silur- mulde überein, auf welche ich jedoch ohne einen nochmaligen Besuch Oesels nieht näher eingehen kann. Aus diesem Grunde ist es in Obigem auch vermieden, die Parallelisirung des Oeseler und des Got- länder Obersilur zu berühren. ! In das von G. Lınosrrön veröffentlichte Verzeichniss der Gotländer Petre- faeten ist sie nicht aufgenommen. 2 Vergl. hierüber OÖ. JÄkEL, Über das Alter des Grapholithen- Gesteins mit besonderer Berücksichtigung der in demselben enthaltenen Graptolithen (Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft Bd. 41. 1889 S. 653). “4 j u ar hai Bi: h ind B een nit um of E ü ii) \ ‘ 4 {MM ide nn u IR In AD EN 21 aut { ’ ir, in er Ay hihi wu, ik, Dur. “ \ h un TERN Murne \ Ahle! in } f hy ie L / ı “an fi Khan gi I D 5 Mi \ DSTUm EL; Lie, 4, ln Fr an van) he oa ‘ L x Ye re ER N. je Mi Pr " pers a na Aa = feisbrael) vparuhhfhn Kon Be N j n . 1, 1 j 2 ' R Tre A Di al BR T R j ir v IE et k ‚ehr en. j , i an x #.% u etz A | | ‚ \ ( ui { j 1% ER u ‚2 i u j h 3. Du. j ‚ . \ N I» . l Br: Y j DT j 1) ) r „ j | SUR D = Ar P Rn } hi, A je auch u ; ah, Be, Höpeggt bg eiulggs Ay Aal I HE: Re 5 Ar an i B (u ‚u Bu; rl BR Date an“ aha BO m: ul % 7 Hu u 3 Kr f LEE } \ Iren any suihe, la ne are Ian J se la a h Ban: HR % Ka undae. hi 8 aA aa ARE we tl: als ale in Br j Ba ah a) ei, Buuge® bu) T is Ne, I a, ‚u. 2 SE ital uf ra 7 no 1131 Nochmals über die optisch anomale Reaction des Traganth- und Kirschgummis. Von S. SCHWENDENER. W. Frage, wie das optisch anomale Verhalten des gequollenen Tra- ganth- und Kirschgummis zu deuten sei, hat zwischen V. vox EBxEr und mir zu einer Controverse geführt, in welcher, wie ich glaube, die hierauf bezüglichen ersten Veröffentlichungen, sowie die einschlägigen Beobachtungen Augronn’s, Manches zur Klärung der Gegensätze und zur genaueren Kenntniss des Thatsächlichen beigetragen haben, deren Fortsetzung nun aber nach der letzten Erwiederung meines Gegners! eine für mich unerquickliche Aufgabe geworden ist, unerquieklich dadurch, dass V. von Esser die Richtigkeit der von Aumsronn und mir festgestellten und zur Begründung unserer Ansicht verwertheten Thatsachen einfach in Abrede stellt, weil sie mit seinen eigenen Beob- achtungen nicht übereinstimmen. Diese Thatsachen, die durch directe Beobachtung constatirt und daher von jeder theoretischen Deutung unabhängig sind, glaube ich hier vor Allem noch einmal hervor- heben zu sollen. Es sind folgende: ı. Das optische Verhalten des Traganthschleims, wie er durch Quellen des käuflichen Traganths in Wasser erhalten wird, richtet sich »stets nach dem Verlauf der gequollenen Schiehteneomplexe, die zwar in Wasser kaum noch erkennbar sind, aber in einer Mischung von Wasser und Alkohol stellenweise deutlich hervortreten«. Die Hervorhebung dieser Thatsache in meiner ersten diesbezüglichen Ver- öffentlichung” war den ursprünglichen Angaben von Esxer’s’ gegenüber gerechtfertigt, weil hier von einem Filtriren des Traganthschleims vor der Versuchsanstellung nicht die Rede ist. Sie verliert aber selbstverständlich ihre Bedeutung für die später an filtrirtem Schleim beobachteten Anomalien, ebenso für das Verhalten von Gummiarten, welche niemals Spuren von Schichtung zeigen. Darum legte ich in ! Sitzungsberichte der Wiener Akademie Bd. XCVIII, Abth. Ha, October 1880. 2 Diese Berichte, Jahrg. 1887, S. 691. ® Untersuchungen über die Ursachen der Anisotropie organisirter Substanzen. 1882. 1132 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. meiner ersten Erwiederung auf die Angriffe von Esxer’s' das Haupt- gewicht nieht mehr auf den optischen Effeet sichtbarer Structuren, sondern auf die Orientirung kleinster doppelbreehender Theilchen, deren Vorhandensein wir für Membranen, Stärkekörner u. s. w. auch ohne Rücksicht auf das optische Verhalten annehmen müssen, um die Erscheinungen der Quellung befriedigend deuten zu können. Ob diese doppelbrechenden Theilchen in den Gummiarten »stellenweise noch ihre ursprüngliche Lagerung zeigen und als gequollene Membran- stücke zur mikroskopischen Wahrnehmung gelangen, wie beim Tra- ganth, oder ob sie vollständig von einander getrennt und mikros- kopisch unsichtbar sind«, das war für mich fortan ohne Belang. Damit war die Frage allerdings dem thatsächlichen Gebiet. entrückt und auf das theoretische hinübergeschoben: V. von EBNEr vertrat jetzt die Spannungshypothese, ich die Micellartheorie. - Die Thatsache aber, dass gequollene Schiehteneomplexe nicht bloss im unfiltrirten Traganthschleim, sondern auch in anderen Schleimen, welche dureh Verquellung von Membranen entstehen (z. B. von Quitten), den optischen Effeet ganz vorwiegend bedingen, bleibt bestehen; sie kann wohl »zurückgewiesen«, aber nicht widerlegt werden. 2. Eine weitere Beobachtung, die ich bei dem gegenwärtigen Stand der Frage als die wichtigste betrachte, bezieht sich auf das Verhalten schwachgequollener Kirschgummi-Membranen bei Anwen- dung von Druck und Zug. Dieselben reagiren nämlich im ersten Mo- ment wie Glas, also normal; dann aber tritt sehr bald die entgegen- gesetzte Wirkung ein. Mit Gypsblättchen Roth I zeigt sich beispiels- weise zuerst die Additionsfarbe Blau II, nachher die Substractionsfarbe Gelb 1. Die Riehtigkeit dieser zuerst von‘ AmBroNN constatirten Thatsache stellt nun vox Esser gleichfalls in Abrede. Ich kann darauf nur er- wiedern, dass ich die Dinge mit eigenen Augen gesehen und wieder- holt gesehen habe. Dazu die Bemerkung, dass sich die von uns benutzten Gummimembranen ziemlich trocken und fest anfühlten; sie hatten offenbar einen erheblich geringeren Wassergehalt, als die in Dreiviertel-Alkohol gequollenen, mit welchen von EBNER experimen- tirte. Dass diese letzteren die Erscheinungen nicht zeigen, sondern sofort anomal reagiren, davon habe ich mich selbst überzeugt, und ich finde die Erklärung dieses negativen Resultates in der Annahme, dass die Micelle sich in Folge der grösseren Beweglichkeit viel zu 'asch in die Gleichgewichtslage stellen, als dass die Übergänge zur Wahrnehmung gelangen könnten. Ebensowenig lieferten mir Versuche ! Diese Berichte, Jahrg. 1839, S. 234. SCHWENDENER: Optische Anomalien des Traganth- und Kirscheummis. 1133 mit Gummistücken, die in Neunzehntel- Alkohol gelegen hatten, die gewünschten Ergebnisse. Solche Stücke verhielten sich nämlich gerade umgekehrt; sie reagirten auf Druck im Wesentlichen wie trockenes Gummi oder wie Glas, nur dass binnen einer Viertelstunde ein Zurück- gehen der Polarisationsfarbe auf das Roth des Gypsblättehens statt- fand. Dagegen beobachtete ich neuerdings an denselben Gummi- stücken, nachdem sie ein paar Tage in Siebenachtel- Alkohol gelegen hatten, die Eingangs erwähnte Erscheinung sehr deutlich; das im ersten Moment hervortretende Blau II ging in wenigen Minuten auf Gelb I zurück. Die zu diesen Versuchen benutzten Gummistücke hatten eine mm gleichmässige Dicke von ı1—2"” und bildeten kleine Rechtecke von 3—5"" Breite und etwa 6—8"”" Länge. Der erforderliche Druck auf die Langseiten der Stücke wurde bei gleichzeitiger Beobachtung in Diagonalstellung mittels einer Schraube rasch hergestellt, die letztere dann aber nicht weiter gedreht. War die Farbe auf Gelb I gesunken, so genügte ein rasches Vorwärtsdrehen der Schraube um 90°, um ein blitzartig vorübergehendes abermaliges Steigen, meist aber nur bis zum Roth I des Gypsblättchens, zu bewirken, worauf dann sofort wieder Gelb I zur Geltung kam. 3. Meine Angabe, dass ich an flüssigen Kirschgummifäden in der Ruhe Doppelbrechung beobachtet habe, wird zwar nicht direet in Zweifel gezogen, jedoch mit der ungefähr gleichbedeutenden Be- merkung abgefertigt, es sei »unbegreiflich, wie ein flüssiger Faden es anstellt, freibewegliche Micelle dauernd in einer bestimmten Richtung orientirt zu erhalten«. Wenn man indess erwägt, dass es sich hier um zähflüssigen Gummischleim handelt — der sich aber doch leicht in Fäden ausziehen liess —, so wüsste ich nicht, was dabei un- begreiflich sein könnte. Die Beweglichkeit der Micelle ist in diesem Zustande doch offenbar beschränkt und zwar um so mehr, je geringer der Wassergehalt. Wie lange die Doppelbrechung im Faden erhalten bleibt, habe ich nieht untersucht; ich weiss nur, dass sie lange genug dauert, um sie bequem beobachten zu. können. Die in Rede stehende Doppelbrechung flüssiger Fäden habe ich übrigens nicht bloss am Kirschgummi, sondern auch am zähflüssigen Gummischleim von (Uycas revohıta constatirt, dessen optisches Verhalten mit demjenigen von Tragantlı- und Kirschgummi übereinstimmt. Bezüglich der Tragweite dieser 'Thatsachen sei bloss bemerkt, dass sie nicht in der Anisotropie der flüssigen Fäden überhaupt liegt; denn auch zähflüssige Massen mit molecularer (nicht micellarer) Struetur können durch Druck oder Zug anisotrop werden. Die letzteren ver- halten sich aber, soweit bekannt, immer normal, d. h. wie arabisches 1134 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. Gummi oder wie gezogenes Glas, während die Schleime, denen wir auch ohne Rücksicht auf ihr optisches Verhalten ein wmicellares Ge- füge zuschreiben müssen, bald normal, bald abnormal reagiren. Den Ausschlag gibt in diesem Falle, meiner Auffassung zufolge, nicht mehr die Spannung zwischen den Molecülen, die beim Ausziehen der Fäden ja immer dieselbe sein müsste, sondern die Orientirung der wirksamen Elasticitätsellipse in den doppelbrechenden Micellen. Das optische Verhalten der genannten Schleime schliesst sich daher natur- gemäss an das der Fette, Farbstoffe u. s. w. an, welche nach dem Aufstreichen auf Glas gleichfalls vollständig homogene Bänder und Streifen bilden, aber trotz der immer gleichen mechanischen Ein- wirkung, der sie ausgesetzt waren, optisch entgegengesetzt, positiv oder negativ reagiren, je nachdem ihre Elastieitätsellipsen sich beim Aufstreichen parallel oder quer zur Streichrichtung stellen. Hier weiss man aber, dass diese Ellipsen auch in den sichtbaren Krystall- nadeln des unveränderten Versuchsmaterials ungleich orientirt sind, z. B. longitudinal beim Methylenblau, transversal beim Wachs, und dass davon allein der schliessliche Effect im homogenen Zustande abhängt. Liegt es da nicht nahe, eine ähnliche Beziehung auch für die zähflüssigen Gummischleime anzunehmen ? 4. Auch die Thatsache, dass Bastfasern bis zum Zerreissen ge- dehnt werden können, ohne eine merkliche Farbenänderung zu zeigen, wird in der Erwiederung von Egser’s nicht anerkannt, sondern dahin gedreht und gewendet, dass die auf Zug eintretenden Veränderungen wegen der Ungenauigkeit der Beobachtungsmethode nicht bemerkbar seien. Allein damit wird das Thatsächliche des hervorgehobenen Unterschiedes umgangen. Der Sachverhalt ist folgender. Es gibt bekanntlich zahlreiche Objeete und darunter auch vegetabilische Zell- häute, welche in Folge der Dehnung ihre Polarisationsfarbe um eine ganze Stufe in der Farbenscala ändern, obschon sie hierbei eine schwache Quereontraction erfahren, welche der Farbenänderung ent- gegenwirkt. Zu diesen Objecten stehen nun die Bastfasern in einem ausgesprochenen Gegensatz, da hier eine sichtbare Änderung der Inter- ferenzfarbe in Folge der Zugwirkung gar nicht eintritt, und es bedarf wohl keines weiteren Beweises, dass dieser Gegensatz durch grössere Genauigkeit zukünftiger Beobachtungsmethoden nie und nimmer be- seitigt werden kann. Es wird sich höchstens herausstellen, dass die mit den heutigen Mitteln constatirte Unveränderlichkeit keine absolute ist, was man ja ohne Bedenken jetzt schon zugeben kann. Dass die angenommene Quercontraction, die übrigens bei einer Bastzelle von zehn Mik. Durchmesser nur etwa den zwanzigsten Theil eines Mikro- millimeters betragen würde, die Sache nicht befriedigend aufklärt, ” * . . € SchwEndener: Optische Anomalien des Traganth- und Kirschgummis. 1135 glaube ich bereits in meiner früheren Mittheilung' unwiderleglich ge- zeigt zu haben, so dass meinerseits eine Veranlassung, auf diesen Punkt zurückzukommen, nicht vorliegt. 5. Es erübrigt jetzt noch, auf einige Bemerkungen vos EBEr’s einzugehen, welche sich nicht direct auf Thatsachen beziehen, sondern bloss die abweichende Deutung der Erscheinungen kennzeichnen. Ich hatte in meiner Abhandlung über Quellung und Doppel- brechung vegetabilischer Membranen” gesagt: »es dürfte von vorne herein Jedermann einleuchten, dass ein mechanischer Zug in beliebigen Objeeten den Durchmesser der wirksamen Elastieitätsellipse, welcher in die Zugricehtung fällt, nur vergrössern, niemals verkleinern kann«. Hiergegen erhebt nun vox Esser den Einwand, ich habe ganz ver- gessen, »dass das optische Elastieitätsellipsoid eine geometrische Ab- straction ist«, an der man nicht »wie an einem Ellipsoid von Kaut- schuk drücken und ziehen kann«. In diesem Punkte verharre ich indess bei meiner Ansicht, zu deren Rechtfertigung hier noch die folgende Erwägung dienen mag. Wenn man sich in einer Glasplatte einen kleinen Theil durch eine Kugelfläche, beispielsweise von ı"" Durch- messer, abgegrenzt denkt, so ist zwar diese Kugelfläche eine geome- trische Abstraction; das von ihr umschlossene Glas aber ist ein wirk- licher Körper, an dem man »drücken und ziehen kann«. Und wenn auf die Glasplatte ein Druck oder Zug einwirkt, so wird auch dieser kugelförmige Körper gedrückt oder gezogen und erfährt in Folge dessen eine entsprechende Formveränderung, für welche der oben eitirte Satz durchaus zutreffend ist. Dasselbe gilt auch von beliebigen anisotropen Körpern, nur dass hier statt der Kugel ein Ellipsoid als Ausgangs- fläche in die Substanz hineinzudenken ist. Gegen diese Bezeichnungs- und Darstellungsweise hat sich freilich V. von Esser schon in seiner Schrift über die Ursachen der Aniso- tropie (1882) ausgesprochen; ich kann aber nicht finden, dass seine Bedenken begründet sind. Daher meine Opposition; es ist das einer der prineipiellen Punkte unserer Öontroverse, den ich bereits in meiner ersten einschlägigen Mittheilung (1887) erörtert habe. 6. Weiter stellt V. von Esser die befremdliche Behauptung auf, AMmBRronN und ich hätten »die wichtigste Thatsache, welche die ganze Hypothese der krystallinischen Micelle für colloidale Massen, wie Leim- gallerte, Gummiarten u. s. w. vollständig unhaltbar macht«, gar nicht erwähnt. Gemeint ist die von Niemanden bestrittene »Thatsache, dass man Leim- und Gummiarten je nach der Einwirkung wirklich ! Diese Berichte, Jahrg. 1889, S. 239. ® Diese Berichte, Jahrg. 1887, S. 690. Selbstverständlich ist auch hier das von Nägerı und mir im »Mikroskop« gewählte Elasticitätsellipsoid gemeint. 1136 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 30. October. optisch positiv oder optisch negativ machen kann«. »Die krystal- linischen Micelle — so fährt der Autor fort — können nur entweder optisch positiv oder optisch negativ sein, es ist aber offenbar un- denkbar, dass positive Micelle in negative, oder umgekehrt, durch mechanische Einwirkung umgewandelt werden.« Aber wer hat denn je von einer solchen Umwandlung gesprochen? Die Micelle bleiben wie sie sind; auch orientiren sie sich unter dem Einfluss bestimmter mechanischer Kräfte immer in derselben Weise, z. B. in Gummifäden parallel zur Zugrichtung oder doch im Sinne einer Annäherung an dieselbe. Da jedoch die wirksame Elastieitätsellipse bei den einen parallel, bei den anderen quer zu ihrer Längenausdehnung gestellt ist, so richtet sich hiernach der optische Effeet des Fadens, ganz ähnlich wie bei dem vorhin erwälnten Aufstreichen krystallinischer Fette u. dergl. auf Glasplatten. Das ist die Thatsache und die Er- klärung zugleich. Und solche Dinge, welche das Verhalten von Leim und Gummi betreffen, sollen wir gar nicht erwähnt haben? Gerade von ihnen und von ihrer Deutung ist ja stets die Rede gewesen. Für Leser, welche das optische Verhalten verschiedener Gummi- arten selbst zu untersuchen beabsichtigen, sei anhangsweise noch be- merkt, dass nach meinen bisherigen Beobachtungen an trockenen Gummifäden sich bezüglich der Lage ihrer Elastieitätsellipsen folgende Gruppirung ergibt: a) Fäden mit quer gestellter Ellipse. Traganth, Kirsch- gummi, Gummi aus den Blattstielen von Cycas revoluta und Dioon edule,, desgleichen von Angiopteris. b) Fäden mit längs gestellter Ellipse. Arabisches Gumnii, Gummi aus den Blattstielen von Zncephalartos horridus. 7. Endlich bleibt mir noch die gleichfalls unbestrittene Thatsache zu erörtern übrig, dass Gummischleim in der Ruhe nicht depolari- sirend wirkt. Bestände derselbe aus doppelbrechenden Micellen, welche nach allen Richtungen orientirt sind, so müsste er sich doch wohl — so meint V. von Esser — ähnlich verhalten, wie beliebige andere krystallinische Massen, deren Kryställchen ordnungslos durcheinander liegen. Das ist nun allerdings nicht der Fall; der Gummischleim lässt das Gesichtsfeld bei gekreuzten Nicols dunkel. Ein solches Verhalten krystallinischer Medien ist jedoch längst als möglich erkannt worden und muss für bestimmte Fälle mit physi- kalischer Nothwendigkeit eintreten. Schon Bıor' sagt, dass doppel- brechende Systeme in beliebiger (sehr gross gedachter) Anzahl sich wechselseitig compensiren, wenn sie nach allen Richtungen orientirt, ' Traite de Physique experimentale et mathematique, Tome IV (1816), p. 568. SCHWENDENER: Optische Anomalien des Traganth- und Kirschgummis. alay7, aber unter sich gleich und von gleicher Wirkung sind. Solche Systeme, die man sich etwa als äusserst dünne, übereinander gelegte Lamellen denken mag, wirken hiernach in ihrer Gesammtheit wie eine isotrope Substanz, weil der optische Effeet jeder einzelnen Lamelle durch den einer andern, rechtwinklig zu ihr gestellten aufgehoben wird. Überträgt man diese Auffassung, der man auch in der neueren Literatur öfter begegnet, von den Lamellen eines Krystalls auf doppel- brechende Micelle von ungefähr gleicher Grösse, wie wir sie im Gummischleim voraussetzen dürfen, so verliert die Thatsache, dass der letztere trotzdem nicht depolarisirend wirkt, die ihr von meinem Gegner zugeschriebene Beweiskraft gegen die Micellartheorie. Die depolarisirende Eigenschaft krystallinischer Massen, deren Kryställchen in allen möglichen Richtungen liegen, desgleichen der Pulver, welche man durch Zerreiben anisotroper Substanzen erhält, rührt einfach daher, dass die einzelnen Theilchen in ihren Dimensionen sehr un- gleich sind und sich daher nieht in neutral reagirende Paare gruppiren lassen. Ausgegeben am 6. November. 3 Kr u WE u a. N I e £ 2 % u s a ROTER OR v un BA ER: 0 , TH ul SNAET EN ” ‘ Mr ALM gi UN, VAE RemT TREE u u \ En up u ren Be ENT: e 2 ara Yet x Ye 193 FA a mw.» hu Al u an ERS INA Dt a Yu im Tarai Am Mi ia BR ei fl y ri Yu le DAL: f ee Bl b rn, Zyıltan Et a0: ' ET st 4 Dt | ar W AITTEr AR Mn: N 5 Bi £ Wi Er » en Dem Haie Aal „al Deu ih f Mu STEeR N; Kae I UM IM SET) KL am n N TS, ® . Kre an ‚ vr AT Auer er Ye We nn e Be & Zi = ra - Ian ja BT vo i e ö u - i DEZ LE zn. 7 y Mn EL 7 Ya BD = { go s 4 N 2 Be ı® iD 75 Ri 2 " Bine a ee) Bun y 5 ie A | 38 , 2 is a/uN FE Re & Ri A 5 A 1139 1890. XLIN. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. Vorsitzender Secretar: Hr. Momnmsen. Hr. Curtis las: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. Die Mittheilung folgt umstehend. N une En UA j PR le Er u ru Br = er he EYN: vr ? LAT Dat Ip Ns > y EN Bed hAßh ig 7 Yr ar a nl) eh I ira u - | . Eu BEE A I T ? u FUSTEIYDaNZ EU ara le 1 ee Diana U Ft } 7 4 . ei ur . Ä = A - # j i F mr . . 12 — u ® > Wan j 5 Fre Erg | a M { j 1 A - r 5 - + E fe © ® } ’ k 1141 Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. Von E. Currivs. Aur einem Gebiete der Alterthumswissenschaft, das in solcher Gährung begriffen ist wie die Mythologie und Religionsgeschichte der Hellenen, wo die entgegengesetztesten Ansichten mit gleichem Unfehlbarkeits- gefühl vorgetragen werden, wo nach Mafsgabe persönlicher Neigungen und Studienrichtungen die Einen Alles aus dem fernsten Morgenlande herleiten und erklären, die Anderen auch die am sichersten bezeugten Einflüsse des Auslandes in Abrede stellen, dürfte es zur Förderung der Sache am erspriesslichsten sein, so unbefangen wie möglich allen Spuren nachzugehen, welche sich in der Überlieferung der Alten über die Entwickelung ihrer religiösen Vorstellungen finden, um so eine gewisse Verständigung in Betreff einer richtigen Methode mytho- logischer Forschung zu erzielen. Burrmann, welcher zu Anfang des Jahrhunderts unserer Akademie seine im Mythologus gesammelten For- schungen vortrug, brachte den methodischen Sinn des Grammatikers mit; er suchte in der verwirrenden Masse des Stoffs nach durch- greifenden Analogien und bemühte sich, aus der Sprache auch für die Götterlehre gewisse Normen abzuleiten. Er machte zuerst die Beobachtung, dass die Namen der olympischen Gottheiten aus dem uns bekannten Griechisch sämmtlich unerklärlich sind und dass die göttlichen Wesen, welche uns verständliche Namen haben, wie Ge, Uranos, Helios, einer andern Zeit angehören. Merkwürdig ist, dass Burrmann selbst an der vollen Gültigkeit dieser Beobachtung irre wurde, weil der Name Hestia widerspreche; denn diese Ausnahme ist doch die beste Bestätigung seiner Regel, weil wir sofort erkennen müssen, dass die zwölfte Gottheit ihrem Wesen nach von den anderen gänzlich verschieden, dass sie durchaus eigenartig ist. Sie ist das Band, welches den Kreis umschliesst, das Siegel, das der hellenische Geist dem Bande aufgedrückt hat, um diese Vereinigung ursprünglich selbständiger Gottheiten um einen ge- meinsamen Herd als sein Werk zu kennzeichnen. Sitzungsberichte 1890. 97 1142 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 30. October. Wichtiger ist ein anderer Einwand gegen die Burrmann'sche Regel, den WELcKER in seiner Götterlehre (I, 408) erhoben hat bei Besprechung des Sonnendienstes in Korinth und Rhodos. Helios ist eine der Gottheiten, deren Name die gangbare Benennung des Gegen- standes ist, dem sie vorsteht; sie müsste also jüngeren Ursprungs sein und zu den Gottheiten gehören, die keine grossen Volksfeste haben (Mythologus I, 10). Hier können wir Burrmann in der Zeitbestimmung nicht folgen: darin aber hat er vollkommen Recht, dass er zwei ganz verschiedene Reihen göttlicher Wesen unterscheiden lehrt, indem die einen einer allgemeinen Naturreligion angehören, welche das dem natürlichen Menschen Nächste zum Gegenstande hat, die andern der nationalen Religion, der Religion des Olymps, welche die Frucht eines aus- gebreiteten Völkerverkehrs ist. Es fragt sich nun, wie weit es möglich ist, von diesen ver- schiedenen Stufen des religiösen Lebens, das die Hellenen in vorge- schiehtlicher Zeit durchgemacht haben, eine Vorstellung zu gewinnen. Es würde unmöglich sein, wenn es nicht die Gottesdienste wären, in denen sich die Überlieferung überall am festesten bewährt. Religiöse Umzüge sind Urkunden ältester Stadtgeschichte, Opfergebräuche die dauerhaften Zeugnisse alter Sitte. Die Götter lebten nicht anders und besser als die Menschen; so lange diese, von der Aussenwelt abge- schlossen, auf die Erzeugnisse ihres Bodens angewiesen waren, nahm man zu den Spenden Honig und Milch, Pappelblätter, Fenchel, Thymian; die Bergkräuter dienten als Gewürz. Es war das ‘indoeuropäische Ureigenthum’ wie es Hrus nennt, und auch nachdem die Hellenen Öl und Wein angebaut hatten und sich den weinlosen Barbaren des Binnenlandes gegenüber (un riwovres oivov aoßapcı Plut. Symp. IV 63) ihrer reich entwickelten Cultur freuten, blieben die unbarıd iepd, vnbarıcı Bwucı in alten Ehren. Auch zum Anzünden der Opferflamme enthielt - man sich aller fremdländischen Holzarten, die nicht zu den vnbarıc Evra (Hesych.) gehörten, selbst des Reben- und Feigenholzes. Diese Opferbräuche sind also echte Zeugnisse des vom Seeverkehre unbe- rührten Autochthonenthums. Es ist daher für unsere geschichtliche Kenntniss des religiösen Lebens der Griechen ein Glück, dass wir aus Polemon diejenigen Gottheiten kennen, denen die ‘nüchternen Spenden’ dargebracht wurden; vor allen die Quellnymphen, an denen sich am deutlichsten zu erkennen giebt, wie das Ursprüngliche im Volksleben auch die grösste Dauerkraft hat. Ihre Stätten waren die heiligsten im Lande, ehe die Olympier gekommen sind, welche sich durch sie im Lande einheimisch zu machen suchten. Aphrodite wird selbst Nymphe an der Quelle des Hyllikos (Paus. II 32,7), Athena bürgert Currms: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1143 sich mit den Agrauliden in Athen ein; Apollon sucht eine Unterkunft bei. der Quelle Tilphusa; er wird aber von ihr abgewiesen, weil sie lieber allein bleiben will; denn natürlich treten die Quellnymphen vor den neuen Gottheiten in eine bescheidene Stelle zurück. Aber sie überleben die Olympier, und wie diese, suchen auch die christlichen Heiligen dem unsterblichen Nymphendienst sich anzuschliessen, wie @eoroxos % zryn und ähnliche Namen beweisen. Im Quelldienste haben wir die ältesten Zeugnisse einer volksthümlichen Frömmigkeit, welche sich auf alles fliessende Wasser erstreckte; ihm entspricht, was Hesiod in den Werken 735 sagt, es sei ein Frevel in einen Bach gedankenlos hineinzutreten und ihn ohne Waschung und Gebet zu durehwaten. Aus diesem Leben mit der Natur entspringt auch das Bedürfniss, den Gestirnen, die das Menschenleben leiten, Ehrerbietung zu erweisen. Hesiod verbietet, angesichts der Sonne, als wenn sie eine Persönlichkeit wäre, etwas Unanständiges zu thun, und bei Polemon werden Eos, Helios, Selene als Empfänger der Nephalia be- zeugt. Man fühlte diesen Cultus als etwas der Vorzeit Angehöriges, in welcher die Griechen ihre Nationalität noch nicht ausgebildet hatten; darum sagt Aristophanes (Frieden 406) Helios und Selene verriethen Hellas an die Perser. Bei den Barbaren, meinte man, hätten sie mehr Ehre, während sie unter den Hellenen vernachlässigt worden wären, seitdem die Throne der Olympier aufgerichtet seien. An den Tempel- giebeln nehmen Helios und Selene eine untergeordnete Stellung ein, eben so wie die elementaren Gottheiten des Wassers, die mit ihnen die gleichen Opferspenden empfangen. Charakteristisch für diesen ältesten Zustand des religiösen Lebens der Griechen, von dem wir uns eine Vorstellung machen können, ist die Richtung der Andacht auf das natürlich Gegebene und die ausschliessliche Verwerthung dessen, was die eigene Landschaft darbot, zur Verehrung der Gottheiten. Deshalb verschmähten die Chier bei ihren Opferspenden die in Atarneus gewachsene Gerste, weil sie sich scheuten, dadurch einen durch Frevel erworbenen Besitz als einen Theil des Inselgebiets anzuerkennen (Herod. 1,160), und es galt für ein Kennzeichen altbäuerlicher Einfalt, die hymettischen Bergkräuter duft- reicher zu finden als die kostbarsten Salben des Morgenlandes (Theophr. Char. 4). Diese Beschränkung auf das Heimathliche blieb in Geltung, auch seitdem alle Schätze des Auslandes zuströmten: sie wurde bei- behalten und dadurch auch den ärmsten Leuten die Betheiligung am Cultus ermöglicht. An ihnen erkannte man die ältesten Gottesdienste der Heimath, wie z. B. die Diasia, das ehrwürdigste aller attischen Landesfeste, durch die Suusre und reuuzra erıyapız charakterisirt wurden. So wurde auch Zeus als der unsichtbare Urheber von Wasser Sir 1144 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 30. October. und Nahrung durch gleichen Opferdienst mit den Nymphen verbunden; während aber der Nymphendienst an einzelnen Plätzen haftet, ist der Zeusdienst der erste Gottesdienst, welcher die in einer Landschaft zusammen wohnenden Volksgenossen einigt. Suchen wir nun nach dem Übergang aus dieser engen, in sich abgeschlossenen heimathlichen Welt in die geschichtlich bewegte, aus der mythenlosen Zeit ältester Landesreligion in die des sich entwickelnden Polytheismus, so liegt der Keim dieser Umwandlung darin, dass Zeus nicht allein bleibt, dass ein weibliches Wesen hinzutritt. Was bei den Persern als eine geschichtliche Epoche ihres Gottesdienstes aufgezeichnet war, dass dem arischen Manngotte ein weihliches Wesen zugesellt war, dessen Öultus bei den Nachbarn semitischen Stammes so mächtig war, dass man sich seiner nicht erwehren konnte (Herod. I,ı31ı), das hat sich bei den Griechen allmählich vollzogen, und wir erkennen die Anfänge dieser Umgestaltung in gewissen heiligen Sagen, die sich an die älteste Naturreligion anschliessen. Es ist vor allem die Sage von dem iepos yducs, welche den Jahres- segen, den Zeus spendet, als Befruchtung eines weiblichen Wesens auffasste und in der Zeit der Frühlingsregen eine Götterhochzeit an- nahm. Diese Sage ist der Urkeim aller Theogonie, aber selbst nicht mythologisch entwiekelt, sondern mit dem Hintergrund religiöser Naturanschauung verwachsen geblieben, so dass kein Kind die Frucht des Bundes ist, sondern das Naturleben selbst, das in jedem Frühling neu verjüngte. Die Sage ist als Ortssage an der Ostküste zu Hause, am Ocha wie an den Vorsprüngen der argolischen Halbinsel. Es sind Küstenstationen, an denen wir die ersten Spuren einer geisti- gen Bewegung finden, welche das von allem Verkehr abgeschlossene, religiöse Leben der Landesbewohner allmählich umgestalten sollte. Wenn seemächtige Völker mit einem reich ausgebildeten Gewerb- fleisse an den Küsten autochthoner Völker auftreten, so muss dies eine Hauptepoche des Culturlebens sein und sie muss allen andern, durch Völkerverkehr bewirkten Finwirkungen vorangegangen sein. Wie begierig aber autochthone Völker eine überlegene Cultur aufnehmen, davon geben uns die Missionen unserer Tage immer reichlichere Be- lehrung, und die alten Griechen haben sich von den andern Völkern der Erde nur dadurch unterschieden, dass sie das Dargebotene, wie kein anderes uns bekannte Volk, sich innerlich zu eigen zu machen wussten. Wenn jede altphönikische Station ein Heiligthum ihrer Göttin zum Mittelpunkte hatte, so war dieses der Vereinigungspunkt zwischen Eingebornen und Fremden, und es scheint mir einer der befremd- Uvrrrus: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1145 lichsten Rückschritte im Verständniss des Alterthums zu sein, wenn das, was Böcku auf einigen inhaltvollen Seiten der ‘metrologischen Untersuchungen’ mit seinem klaren Blick für antikes Oulturleben über die für die Mittelmeerländer weltgeschichtliche Bedeutung der Aphro- dite Urania gelehrt hat, wieder in Frage gestellt worden ist. WELCKER dachte sich den Dienst einer einheimischen Göttin als den Stamm, dem der fremde Dienst gleichsam aufgepfropft sei, aber A. Huc hat zu Platos Symposion mit Recht darauf hingewiesen, dass davon keine Spur aufzuweisen sei. Wie früh aber die Göttin der Sidonier in Hellas eingeführt worden sei, dafür glaube ich noch einen Beleg nachweisen zu können, nämlich in dem oben erwähnten Zeugniss Polemons, welcher unter den Gottheiten, denen nach ältester Landes- sitte die einfachen Nymphenspenden dargebracht wurden, Aphrodite Urania nennt. So volksthümlich ist in ältester Zeit die fremde Göttin geworden, die ja auch selbst an der Quelle des Hyllikos als Nymphe verehrt wurde. Je früher die Berührung mit dem Auslande fällt, um so anstandsloser haben sich die Eingeborenen den von aussen kommenden Eindrücken hingegeben; wir dürfen also mit gutem Grunde annehmen, dass Aphrodite das göttliche Wesen war, das zuerst in den Kreis der heimathlichen Gottheiten eingetreten ist und zuerst aus dem engen Gesichtskreise der Autochthonen in den weiten Völkerverkehr hinaus- geleitet hat. Die Spenden sind noch dieselben, wie sie den Nymphen dargebracht wurden, aber mit dem Dienste der Göttin ist von der syrischen Küste auch der Weihrauch herüber gekommen, von dem Pindar singt, dass er von den Hetären Korinths Urania geopfert werde. Es giebt einen zweiten Punkt griechischer Religionsgeschichte, der nur im Zusammenhange der Mittelmeergeschichte beurtheilt werden kann. Die Phönizier haben im östlichen Meere nicht anders colonisirt als im westlichen, nur sind hier die Spuren deutlicher geblieben. Wenn wir also in Sicilien, Sardinien, Spanien zweifellos nachweisen können, wie die Tyrier auf kleinen Küsteninseln und dann auf dem gegenüberliegenden Festlande ihrem Stadtgotte Opferplätze errichteten, um welche die Eingeborenen sich zuerst gesammelt und geordnet haben, indem sie ihm als Herakles auf phönikische Weise dienten (Spnoxeverau vöv erı dawızız@s Appian S. 49, 13), wenn Herakleia Minoa auf seinen Münzen die punische Legende des Melkart trägt, wenn wir auch im östlichen Meere, wie bei Erythrai, in alter Ortssage das Schiff bezeugt sehen, auf dem Herakles von Tyros ausgefahren sein sollte, wenn wir endlich dem mit phönikischem Namen benannten Eilande Salamis gegenüber ein Herakleion finden, das als Sammel- 1146 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 30. October. platz des eingeborenen Volks eine centrale Bedeutung gewonnen hat, ganz ebenso wie das der Gaditaner in Spanien — so geht doch durch diese Überlieferungen eine so vollständige Analogie, dass auch die zweite grosse Epoche in der Culturgeschichte des Mittel- meers, die der tyrischen Colonisation und ihrer Einwirkung auf den griechischen Cultus nach meinem Urtheile eine unzweifelhafte That- sache ist, und man kann sich nur wundern, wie tief eingewurzelt das Vorurtheil ist, es sei eine heilige Pflicht des Philologen, das Land der Hellenen mit seinen offenen Küsten und seinem lernbegierigen Volke in den Anfängen seiner Cultur zu isoliren und aus dem Zusammen- hange der Völkergeschichte herauszureissen. Handelsverkehr mit Fremden erfolgte immer unter religiösen Formen und dazu gehörte die Anerkennung von ausländischen Gottheiten. Das Herakleion an der Fähre von Salamis hat dieselbe Lage wie das der Aphrodite Migonitis (zur Tav vnOoV Ev rn Nmeipw Paus. 3, 220,1); das sind die Plätze des ältesten Uferbazars, wo Griechen und Phönikier, Arier und Semiten sich zuerst verständigen lernten. Die Berührung zwischen diesen beiden Völkergruppen hat für alle Epochen der Menschengeschichte eine hervorragende Bedeutung gehabt; sie ist wie in Vorderasien, so in den Mittelmeerländern, eine Hauptepoche der Religionsgeschiehte gewesen; die Berührungspunkte waren die ersten Keimstätten des geschichtlichen Lebens, und ich habe es deshalb immer für eine wich- tige Aufgabe antiker CGulturgeschichte gehalten, die phönikischen Küstenstationen im Peloponnes wie in Mittelgriechenland sorgfältig aufzuspüren. An dieser Stelle möchte ich nur darauf aufmerksam machen, wie verschiedenartig das Verhalten der Griechen gegen die Gottheit von Sidon und die von Tyros gewesen ist. So allgemein und un- bedingt jene die Aufnahme in den nationalen Götterkreis erreicht hat, so langwierig war der Kampf um die Gottheit des Herakles, auch da, wo sein Dienst am tiefsten Wurzel geschlagen hat, wo er am siegreichsten in’s Binnenland vorgedrungen ist, wie dies in Attica der Fall war. Hier hat er von der salaminischen Bucht als Soter und Alexikakos in Melite einen Ehrensitz gewonnen, hier ist er von Athena selbst dem Götterkreise zugeführt worden, und dennoch ist es ihm nicht gelungen, einer der zwölf zu werden; er ist immer als ein nicht Eben- bürtiger behandelt worden. Wir sehen also, wie sich das National- gefühl, welches Aphrodite gegenüber noch durchaus macht- und widerstandslos war, allmählich entwickelt und dem tyrischen Gotte den Olymp verschlossen hat. Der olympische Götterkreis ist die erste nationale That der Hellenen, und wir dürfen uns keine Mühe verdriessen lassen, um uns, so weit Corrws: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1147 es möglich ist, darüber Klarheit zu verschaffen, wie dieser Kreis zu Stande gekommen, woher die verschiedenen Gottheiten stammen, in welcher Folge sie nach einander Aufnahme gefunden und welche Umgestaltung sie durch dieselbe erfahren haben. Ich versuche des- halb, ohne irgend etwas Fertiges geben zu wollen, die Gesichtspunkte zusammenzustellen, die sich mir bei meinem Nachdenken über die ge- schiehtliche Entstehung der hellenischen Götterwelt ergeben haben. Die Zwölfzahl ist, davon können wir ausgehen, nicht aus religiösem Gefühl hervorgegangen; es ist eine, dem Naturleben entlehnte, politische Ordnungszahl, welche auf einer Übereinkunft beruht, die den Zweck hatte, einer Gruppe von Gottesdiensten gemeinsame Anerkennung zu sichern. Es war der Abschluss einer langen Zeit von Gährung und Unfrieden; denn wie die Nachbarstämme in den Zeiten der Siderophorie sich ununterbrochen befehdeten, so auch ihre Gottheiten. Es ist eine Ausnahme, wenn friedlich ein Gott den andern zum Genossen annimmt, wie Dionysos den Apollo in Delphi. Die Anhänger der Artemis und des Dionysos liegen sich mit fanatischen Heerschaaren einander gegenüber. Poseidon und Ares machen der jüngern Göttin Athena den Platz streitig, auf dem sie sich dem thrakischen Volke zum Trotz behauptet. Man sprach von der „rr& red Iloceı@vos (Plut. Symp. Quaest. IX. 6). Das sind keine Gegensätze, die im Lande selbst aus einheimischen Keimen neben einander sich entwickelt haben, sondern darüber ist, so verschwommen im Einzelnen auch die Überlieferungen sind, nur eine Stimme, dass, wenn Stämme ausziehen, um neue Sitze zu gewinnen, auch ihre Gottheiten Anerkennung erreichen müssen. Es gilt als eine religiöse Pflicht, an allen neu entdeckten Landungs- plätzen des einheimischen Gottes zu gedenken, die bis dahin geholfen haben (eixos dupırorsiovsav — ipev Aus, EvIa drixero, MvAun aürod EXew Herod. U. 56), und Odysseus übernimmt es wie eine Mission, den Cult des Poseidon an die Küsten zu tragen, wo man das Ruder für eine Schaufel ansieht. Diese Missionen werden von einzelnen Stämmen, die zugleich Küstenvölker sind und spröde Bergstämme, wie die karischen Kaunier, als ein bedrohlicher Eingriff in ihre autochthone Selbstän- digkeit angesehen, und Jahr für Jahr halten sie in voller Waffen- rüstung ihre kriegerischen Umzüge durch ihr Land, um dadurch zu bezeu- gen, dass sie, den väterlichen Gottheiten unbedingt und ausschliesslich treu, die eingedrungenen Fremdlinge wieder zum Lande hinausjagen (rz- Fploıoı mouvov ypdodaı Yeoioı — vous Eewizovs Seovs &xßarrew Herod. 1, 172). Auch diese religiöse Xenelasie, welche als Eigenthümlichkeit eines Volksstammes überliefert wurde, beweist ja nur, wie lebhaft und allgemein die Einführung überseeischer Culte war; die ganze Vor- geschichte der Hellenen beruht auf dem Austausch des materiellen 1148 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 30. October. und geistigen Besitzes der benachbarten Gestade, auf der Gründung von Filialen auswärtiger Heiligthümer. Herodot trägt es seinen Lands- leuten wie eine von Keinem bezweifelte Thatsache vor, dass die Namen ihrer Landesgötter aus dem Auslande kommen (ra oüvonara Ta dmo ToV Bapßapwv 7xovr&), und erläutert dadurch die sprachliche Beobachtung Burrmann’s, von der wir ausgingen. Wir handeln also gewiss nicht im Sinne der Alten, wenn wir ihnen zu Ehren eine Grenzsperre durch das ägäische Meer zu ziehen uns verpflichtet glauben und als moderne Kaunier alle überseeischen Gottheiten austreiben. Es handelt sich aber nicht nur um Küstenplätze, sondern auch zu Lande sind Götter eingewandert, und wie deutlich sich die Alten des über Land und Meer reichenden grossen Zusammenhanges ihrer Götterwelt bewusst waren, zeigt Homer, wenn er, nachdem Ares und Aphrodite zusammen gekommen sind, die Göttin nach Paphos zurückkehren lässt, den Gott nach Thrakien. Hier haben wir es nicht mit einer poetischen Fietion zu thun, denn für den Dichter sind die Ortsbestimmungen gleichgültig, sondern mit Thatsachen, die feststanden im Bewusstsein des Volks. Die Heimath der Aphrodite ist topographisch genau bekannt und bezeugt. Die Stationen continentaler Götterdienste sind ihrer Natur nach weit schwerer zu bestimmen; man hatte nur das sichere Gefühl, dass Ares im nordischen Gebirgslande seine Heimatlı habe. Merkwürdig ist, wie die Alten selbst die geschichtliche Bewegung anerkannt haben und sich der Altersunterschiede in den Gottes- diensten bewusst waren, wie sie die r«AarySoves von den jüngeren Göttern unterschieden, die vowoSevres ££ deyis von den dva Apovay Außovres nv nun (Paus. 2,26, 6). Man sprach von der Ankunft des Poseidon, die der von Athena vorangegangen, wie von einer geschicht- lichen Thatsache (nxe rp&ros Ilocedäy &mı nv "Arrızyv Apollod. II, 14), und mit Hülfe volksthümlicher Vasenbilder und der unschätzbaren Mit- theilungen, welche wir Pausanias über volksthümliche Anschauungen der Alten verdanken, können wir uns auch eine Vorstellung von der Wasserwelt der Hellenen machen, ehe Poseidon und Amphitrite ihren Thron aufgerichtet haben, von der Zeit, wo die Küstenleute nur ihren ‘Alten vom Meere’ (&Auos yepwv), ihren Nereus und Triton hatten. Vergl. Perey Gardner Journal of philology VI p. 2135 ff. Vielleicht ist es möglich, aus der Überlieferung der Alten gewisse Kennzeichen für die ältere oder jüngere Aufnahme der Gottheiten zu gewinnen. Ich habe schon in meinen Studien über die Geschichte der Artemis darauf hingewiesen, dass die Übertragung ihres Cultus von Osten her in den von ihr sogenannten ‘saronischen’ Golf nicht zu be- Corrivs: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1149 zweifeln sei. Daraus, dass er in Attica eine bedeutende Verbreitung ge- funden, welche die des Athenacultus übertrifft (Sitzungsber. der Akad. ı887 S. 1169), und dass über seine Einbürgerung keinerlei Überliefe- rungen vorhanden sind, dürfen wir auf ein sehr hohes Alter schliessen. Ein hervorragender Sitz war Munichia, wo die ersten, den Hellenen stammverwandten Seeleute, die Minyer, gewohnt haben. Mit ihren Ansiedelungen glaube ich also den Dienst der attischen Artemis in Verbindung setzen zu dürfen; sie ist jünger in Attica als Aphrodite Urania, älter als Poseidon und Athena. Von denselben Gottheiten giebt es nach den Örtlichkeiten, wo sie Aufnahme fanden, verschie- dene Sagen. Dionysos erzwingt sie und zwar von der Wasserseite her, wie seine Züge mit den Meerweibern im Golf von Argos (Paus. II, 22,ı) und sein Kampf mit Triton an der böotischen Küste zeigen. Nach Athen kommt er von der Landseite und wird feierlich willkommen geheissen. Im Athenadienste haben wir keine Überlieferung, welche, wie bei Aphrodite, in volksthümlicher Weise einen überseeischen Ursprung und jenseitigen Ursitz bezeugte; er ist aber durch das Meerbad des Bildes, durch das ihr heilige Schiff und vor Allem durch den Ölbaum mit den jenseitigen Gestaden auf eine zweifellose Weise verbunden. Was endlich den Apollo betrifft, so steht er allen Gottesdiensten, die keine Adventsagen haben, als derjenige gegen- über, dessen Überkunft die letzte grosse Epoche der vorgeschichtlichen Zeit bezeichnet. Sein Kommen ist in Ortslegenden und Hymnenpoesie so‘reich bezeugt, dass wir alle wichtigeren Missionsplätze und die Wege der Verbreitung nachweisen können. Erst durch seine Ankunft ist es möglich geworden, dem Zeitalter der Götterfehden ein Ende zu machen und die Gottheiten alle zu einem Ganzen zu verbinden. Durch ihn ist das nationale Prinzip zum Siege gekommen, und dadurch dem tyrischen Stadtgotte der Olymp verschlossen. So ist es vielleicht möglich, in andeutenden Linien den Übergang aus der starren Autochtlionie der ältesten Landesbewohner zu dem hellenischen Götterkreise verständlicher zu machen. So wenig wir von dem Geologen eine Chronologie der Thatsachen verlangen, deren Endergebniss das gegenwärtige Bodenrelief ist, eben so wenig ist es dem Mythologen möglich mehr nachzuweisen, als die muthmafsliche Folge der Schichten, aus denen sich auf Grund des zunehmenden Völkerverkehrs das Götterwesen der Hellenen aufgebaut hat. Wenn es der Völkerverkehr war, der den griechischen Polytheismus in das Leben gerufen hat, und das Bestreben, durch gegenseitige Anerkennung der wichtigsten Gottesdienste einen friedlichen Völker- verkehr herzustellen, so folgt daraus, dass es die Hauptgötter der verschiedenen Völkerschaften waren, welche man im Kreise der Olym- 1150 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 30. October. pier vereinigte, um ihnen dadurch eine nationale Geltung zu ver- schaffen. Wenn ursprünglich selbständige Gottheiten in einen geschlossenen Götterkreis aufgenommen wurden, so konnte dies nicht ohne mannig- fache Umgestaltung ihres Wesens und Beschränkung ihrer Machtsphäre geschehen. Zwar wurde das besondere Verhältniss, in welchem die einzelnen Gottheiten zu Städten und Stämmen standen, nicht aufge- hoben; Aphrodite ist in Korinth immer die erste geblieben, wie Hermes in Tanagra, Ares in Theben, aber als Mitglieder des nationalen Götter- kreises wurden sie auf gewisse Gebiete eingeschränkt, wie es geschieht, wenn gleichberechtigte Mitglieder eines Herrschergeschlechts sich das £rbe theilen oder wenn die Vollmacht des Königthums in verschiedene Amtskreise übergeht. Nach Analogie der Heraklidenloosung, auf welche die Gliederung der peloponnesischen Staaten zurückgeführt wurde, dachte man sich also auch die Weltherrschaft der Olympier gleichsam in Provinzen gegliedert und sagte vom Poseidon, ihm sei als sein Loos die Salzfluth zugefallen (eAayov Formv &r@ Il. 15,190). Dass er aber nicht von Hause aus Meergott gewesen sei, erhellt daraus, dass er als Quellspender (xorvoöx;os) und Ernährer der Saaten (dvrdruıss) geehrt wurde. Die Weihgeschenke mit Haarflechten, die ihm dar- gebracht wurden, zeigen, dass er in Thessalien der Gott war, welchem man die Blüthe der heranwachsenden Jugend dankte; in Korinth sehen wir am deutlichsten, wie man ihn als den Spender alles dessen ansah, was das Glück und den Stolz des Landes bildete, Rosszucht, Weinbau und künstlerische Technik. Er war ein zeusartiger Gott, und nur deshalb, weil sein Dienst zuerst bei Küstenvölkern ausge- bildet und zu Wasser herübergebracht ist, ist er zum Seegott ge- worden. Eben so wenig wie Poseidon, ist Hephaistos ursprünglich ein Gott des Elements. Er wird mit dem Zeus Areios gleich gestellt, dem Oinomaos als dem höchsten Gotte opfert (Paus. 5,14) und der in Passaron ein Heiligthum hatte, das ein heiliger Mittelpunkt der Epi- roten war (Plut. Pyrhos e. 5). Hermes ist ein zeugungskräftiger Natur- gott, als &pevvios so gewaltig in Ober- und Unterwelt, dass kein gleich- berechtigter denkbar ist; darum war er bei den Thrakern der Stammgott der Könige (Her. V,2) die gewiss nicht auf einen unter- geordneten Gott ihr Geschlecht zurückführen wollten. Auch Dionysos ist ein universaler Gott, dessen Segenskraft in dem Ei angedeutet ist, das er auf den böotischen Reliefs in der Hand trägt, ein Quellgott wie Zeus Ammon, Zeus ebenbürtig und auf alten Bildern ihm voran- schreitend (Monum. IX,17). Ares endlich zeigt die deutlichsten Spuren einer ursprünglich universalen Machtsphäre. Als Segenspender (dbveise) ehrten ihn die Tegeaten und liessen ihn aus der Brust einer gestorbenen Currivs: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1151 Mutter dem durstenden Kinde Nahrung spenden; ihn feiern die Hymnen als den, der blühende Jugendkraft verleiht; der Areshain wird auch Zeushain genannt (WELcKER Gr. Götterl. I, 419). Von den weiblichen Gottheiten habe ich früher nachzuweisen gesucht, wie jeder der- selben die Idee einer &woysvos Sex zu Grunde liegt (Alterthum und Gegen- wart Il, 50). Jeder Olympier ist ursprünglich ein ganzer Gott, ein voller Gott, so wie ihn das Gemüth des Menschen verlangt, der im Gefühl der Unzulänglichkeit seiner Kräfte eines überweltlichen Wesens bedarf, das ihm in allen Lebenslagen helfen kann, ohne dass er sich zu be- sinnen braucht, an welcher Tempelpforte er anklopfen soll, an welchen unter den Vielen er sich zu wenden habe, als den Speeialisten in dem besonderen Fache. Dies natürliche Gottesbedürfniss des Menschen tritt uns auch bei den Naturvölkern entgegen, wie wir sie durch die Missionare kennen lernen. Von den Bassuto Transvaals z. B. sagt MERENsKY in seinen Erinnerungen aus dem Missionsleben in Süd-Afrika: ‘sie reden von Gott als einem höchsten Wesen, verbinden aber mit dieser Vorstellung nicht den Begriff einer Persönlichkeit. Gott ist die lebenspendende und todsendende Macht. Die Geschichte der Götter ist mit dem Eintritt in den Zwölfkreis nicht zu Ende. Innerhalb desselben behalten die Gottheiten zu den einzelnen Stämmen und Städten ihr besonderes und lebensvolles Ver- hältniss. Der ideale Inhalt des Gottesbildes wächst mit der geistigen und politischen Entwickelung der Volksgemeinde, und die Poesie nimmt die Ausgestaltung der Götterwelt nach Art eines menschlichen Familien- kreises in ihre Hand. Das Schicksal der göttlichen Personen ist aber sehr verschiedenartig; ihre ursprüngliche Ebenbürtigkeit tritt immer mehr zurück und das Mafs von Ehrerbietung, das ihnen gezollt wird, hängt damit zusammen, wie weit die Stämme und Geschlechter, denen sie ursprünglich angehören, an der vollen Entwickelung hellenischer Geistes- bildung Antheil haben oder zurückgeblieben sind. Ares -behält den Charakter seiner Landsleute im Norden; ungebärdig, ein wüster Raufbold, ist er dem Vater der Götter verhasst und. wird von Athena wie ein Junge behandelt, bei dem keine Aussicht vorhanden ist, dass er zu einer von Leidenschaften freien, sittlichen Persönlichkeit reife. Der Einfluss des Standesgefühls macht sich geltend. Je mehr sich der Dienst des Hephaistos auf die Handwerkerkreise beschränkt, um so dreister werden alle Mängel des Handwerkerstandes im Ver- gleich mit den das Gemeinwesen nach aussen vertheidigenden und im Innern leitenden Eupatriden auf den Gott übertragen; im Sinne der ritterlichen Poesie wird er zu einer lächerlichen Figur, der sich zwischen den Olympiern ebenso wenig zu benehmen weiss, als wenn ein in 1152 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 30. October. den Werkstuben hockender Lohnarbeiter in den Kreis von Edelleuten eintritt. Am auffälligsten ist die Degradation oder Ehrenminderung bei Hermes, der, wenn Einer der zwölf, die deutlichen Kennzeichen einer ursprünglichen vollen Göttlichkeit an sich trägt. Er behält nicht nur aus seiner nordischen, der Entwickelung des städtischen Wesens ungünstigen Heimath den Charakter des Bäuerlichen, sondern ihm wird am wenigsten ein selbständiges Herrschaftsgebiet zu Theil; er erscheint als ein Lückenbüsser, ein Aushelfender, ein Diener, und nachdem er in diese untergeordnete Stellung geschoben ist, werden ihm nun auch alle die Schwächen aufgebürdet, welche in der menschlichen Gesellschaft dem dienenden Stande anhaften. Wie Hephaistos wird er mit Humor behandelt; schon aus den Windeln heraus beginnt er seine diebischen Streiche. Es sind also vorzugsweise die von Norden zugewanderten Götter, welche eine ungünstige, unehrerbietige Behandlung erfahren haben. Das hängt damit zusammen, dass von den continentalen Stämmen, so zu sagen, am wenigsten geistiges Capital eingeschossen ist zur hellenischen Cultur; darum waren ihre Gottheiten in ihrer göttlichen Würde weniger unangreifbar, als Apol- Ion und Athena, denen keine frivole Mythenbildung etwas anhaben konnte. Religion und Poesie gehen immer mehr ihre verschiedenen Wege. Die wuchernde Phantasie hat den Kern des religiösen Volksglaubens immer dichter umsponnen, und wie es den religiös gestimmten Hellenen, den Dichtern sowohl wie den Philosophen, eine Gewissenssache war, den Kern religiöser Überlieferung von den willkürlichen Zuthaten der Poeten zu reinigen, so beruht auch für uns das Verständniss der griechischen Religion auf einer richtigen Scheidung dieser zwei grund- verschiedenen Elemente. So wenig man also auch ernsthaft daran festhalten kann, die homerischen Gedichte als eine Urkunde griechischer Volksreligion an- zusehen, so hört man doch nicht auf, die novellistischen Tändeleien der Poeten mit dem Inhalt volksthümlicher Gottesideen zusammenzuthun. Man pilegt noch immer die Züge des ursprünglichen Gottesdienstes mit profanen Erfindungen zusammenzuwerfen, als wenn Beides gleich- werthig wäre; man glaubt in der Buhlschaft zwischen Ares und Aphro- dite Mysterien einer uralten Naturreligion zu erkennen und hält es für möglich, dass ein vernunftbegabtes Volk einen Gott anbeten könne, zu dessen angeborenen Charaktereigenschaften die Dieberei gehört. Es giebt nur einen Ort, wo es uns vergönnt ist, der Ausbildung des hellenischen Religionswesens stufenweise nachzugehen und uns eine Vorstellung der wichtigsten Entwickelungsepochen zu bilden; das ist Athen. Hier hat man am treusten das Alte festzuhalten, alle frucht- Currius: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 153 baren Keime auswärtiger Gottesdienste sich anzueignen und das Alte mit dem Neuen harmonisch zu verbinden gewusst. Der älteste Dienst. den die Landeskinder dem strömenden Wasser wie den das Jahr ordnen- den Gestirnen erwiesen, hat durch den überweltlichen Zeus seine höhere Weihe empfangen, und an diesem Höchsten haben sie unersehüttert festgehalten; sie haben ihn nieht durch die Artemis zurückdrängen lassen, wie es an den jenseitigen Gestaden der Fall gewesen ist. Sie haben dem Zuge. der durch die alte Welt geht, einem weiblichen Wesen die Hut des Gemeinwesens anzuvertrauen, nicht widerstanden. Sie haben erst Aphrodite und dann Athena als Pflegerin der Geschlechter und als volksammelnde Göttin geehrt; Athena aber hat den Vorrang gewonnen, indem sie sich Zeus als Tochter unzertrennlich anschloss. Ursprünglich, wie alle weiblichen Gottheiten, mütterlich gedacht und als Spenderin der Acker- und Baumfrucht, hat sie sich, wie keine andere Gottheit, mit der geistigen und staatlichen Entwickelung der Athener immer reicher ausgestaltet, als ritterliche Jungfrau ihr Gemein- wesen schirmend. Zum Heil der Stadt sind auch ihre alten Widersacher. Poseidon und Ares, nicht verdrängt, sondern gewonnen worden; Posei- don ist ihr Hausgenosse, Ares ist auf seinem Hügel ein befreundeter Nachbar geworden, und selbst, wenn von seiner nordischen Heimath die Rede ist, nennt Sophokles ihn &yyrorıs (Antig. 970); ein Ausdruck, der nach meinem Urtheil nur aus der Topographie von Athen zu verstehen ist. Aus altpelasgischer Zeit wird als eine heilige Reliquie noch ein Holzbild des Hermes im Athenatempel aufbewahrt und sein Dienst als ein besonders volksthümlicher erhalten. Hephaistos, den vielfach verunglimpften, haben die Athener von allen am treusten geehrt; als einer ihrer Stammväter tritt er uns nicht nur auf den Werken der Thonmalerei, die seinem Gebiete entstammen, sondern auch in der bildenden Kunst, auch bei Aeschylos und Plato in voller göttlicher Würde entgegen. Demeter hat sich mit Athena über das ursprünglich beiden gemeinsame Segensgebiet verständigt und hütet den Fuss der Stadtburg. Endlich kommt Apollon, um Athen in den vollen Völkerverkehr einzuführen und den ganzen Reiehthum ionischer Cultur ihm zuzueignen. Mit ihm schliesst die volksthümliche Geschichte der attischen Religion; ihre höchste Entfaltung knüpft aber wieder an den Anfang an; der jüngste Gott will nichts Anderes sein als der Prophet des Zeus, des alle Zeit unbedingt Höchsten, und vereinigt sich mit ihm und Athena zu der für Athen charakteristischen Gruppe. In Athen ist der antike Polytheismus auf die würdigste Weise ausgebildet worden; hier erkennen wir am deutlichsten das dem Göttervereine zu Grunde liegende Motiv, die geistigen Kräfte aller Nachbarstämme, die einen für das Volksleben bedeutenden Cultus in 1154 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 30. October. ihrer Mitte ausgebildet haben, zur Herstellung eines vollen National- gefühls zu vereinigen. Die Athener haben dies am sichersten erkannt, am glücklichsten durchgeführt, und der Zwölfgötteraltar der Pisistra- tiden kennzeichnete ihre Stadt schon als einen Sitz öffentlicher Gast- freundschaft und friedlichen Völkerverkehrs. als einen geistigen Mittel- punkt aller Land- und Seestämme, welehe an der Ausbildung des helle- nischen Volkscharakters einen wesentlichen Antheil genommen haben. So lange den Menschenkindern nicht zum Bewusstsein gebracht ist, dass sie nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, machen sie die Gottheit nach ihrem Bilde, und auf diesem Wege der Anthropomorphie haben die Hellenen das Höchste geleistet, indem sie alle edelsten Kräfte des Menschengeistes, Weisheit, Tapferkeit, Barmherzigkeit, Wahr- heitsliebe auf ihre Gottheiten übertrugen. Dadurch wurden dieselben ethische Vorbilder, ideale Gestalten, um welche die Besten des Volks sich einigten. Daher die Erbitterung gegen die Poeten, welche die Ideale herabzogen, zu denen auch Sokrates und Platon mit Ehrerbietung aufschauten. Im Anschluss an frühere Betrachtungen habe ich den Versuch gemacht, das Götterwesen in seiner geschichtlichen Bewegung aufzu- fassen, denn alles geschichtlich Gewordene lässt sich doch nur be- greifen, wenn man es werden sieht. Das Gewöhnliche aber ist bis auf den heutigen Tag, dass man die Götter als stereotype Figuren hinstellt und sie als etwas beschreibt, was immer dasselbe geblieben sei. Ohne Früheres und Späteres, ohne das lose Spiel der Poesie von dem religiösen Kern zu unter- scheiden, pflegt man noch immer sämmtliche Prädikate und Thätig- keiten, die den Gottheiten zugeschrieben wurden, als gleichwerthig und gleich echt an einander zu reihen, und dann den Scharfsinn daran zu üben, im Naturleben etwas aufzufinden, worauf möglicher Weise die ganze, bunte, scheinbar unvereinbare Mannigfaltigkeit von Charakter- zügen sich vereinigen lasse. So ist die griechische Mythologie zu einem Räthselspiel geworden. Die ganze Natur wird in Anspruch genommen, um bald in den verschiedenen Schichten der Luft, bald in den Wirkungen der Himmelskörper, bald im Wasser, bald im Feuer den versteckten Keim zu finden, aus welchem die Götter heran- gewachsen sind. Nur der wahre, allgemein menschliche Keim aller Religion ist dabei nicht in's Auge gefasst, und Niemand hat im Olymp die Vertretung elementarer Kräfte nachweisen, Niemand erklären können, wie ein vernunftbegabtes Volk dazu kommen konnte, aus der Salzfluth oder der Erdnässe oder dem Winde die Idee einer Gottheit zu gewinnen, dem es sich im Glück und Noth, im Leben wie im Tode anvertrauen will. Curvıws: Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1155 Zum Wesen einer Gottheit gehört die Vorstellung einer unbe- grenzten Machtfülle; Partieulargottheiten mit öffentlichem Cultus hat es vor Asklepios kaum gegeben, und hier waren es ganz besondere Verhältnisse, weil die sich immer mehr vördrängende Sorge um persönliches Wohlsein nach solehen Götterdiensten verlangte, welche durch ihre Priesterschaft und priesterlichen Anstalten eine Bürgschaft für Leben und Gesundheit in Aussicht stellte. Hier war es die Wissen- schaft und Technik der Asklepiaden, welehe eine neue Art von gottes- dienstlicher Mission in’s Leben rief. Im Grossen und Ganzen stimmt meine Anschauung mit dem, was H. D. Mürzer über die Entstehung des griechischen Polytheismus gelehrt hat. Nur in zwei Punkten kann ich nicht zustimmen. Er lässt den Olymp aus der Verbindung solcher Stämme hervorgehen, welche von Hause aus zu einer Völkerfamilie gehören. Ich vermag nicht zu erkennen, was uns berechtigt, die stammfremden Völker aus- zuschliessen, welche doch die ersten gewesen sein müssen, die zu Wasser mit den Autochthonen zusammenkamen, und die Einwirkung semitischer Volkselemente halte ich gerade für besonders anregend und einflussreich. Darin stimmt mir auch L. FrıepLÄnner in der Deutschen Rundschau 1837 S. 94 bei. Zweitens kann ich darin nicht folgen, dass jedem der Stammgötter von Hause aus eine besondere Machtsphäre zugewiesen wird, weil jede centrale Gottheit, in deren Dienst die Stammgenossen sich vereinigen, eine universale Macht haben muss. Darum konnte auch K. Fr. Herrmann in seiner Gultur- geschichte der Griechen und Römer S. 39 mit einem gewissen Rechte sagen, die Herleitung des olympischen Kreises aus Stammgottheiten hebe den Polytheismus auf. Das ist aber nieht der Fall; denn es hat, wie wir gesehen haben, eine Naturreligion gegeben, welche neben dem Zeusdienste an den natürlichen Segensorten des heimathlichen Bodens, an Quellen, Bächen und Flüssen ihre heiligen Stätten hatte, welche auch die See mit menschenähnlichen Wesen bevölkerte und den Himmelsgestirnen mit Opfern und Gebeten nahte. Dieser Naturdienst hat sich in der Stille ungestört durch Jahr- tausende erhalten als ältester Volksglaube; seine Gestalten sind nie verdrängt und entthront, nie verabsäumt und vergessen worden. Ohne sie war auch die Götterwelt nicht zu denken. In unzähligen Sagen sind sie mit den Olympiern verbunden worden; ja, bei feierlichen Anlässen werden die Landestöchter, ‘die in den lieblichen Hainen wohnen und an den Quellen der Ströme’, aus ihren heimlichen Plätzen in den Olymp berufen (Nias 20,7). Aber sie bilden nur die plebs im aristokratischen Götterrathe, stimmlos und machtlos, ohne 1156 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 30. October. Einfluss auf die Weltbegebenheiten, auch ohne individuelle Persönlich- keit. Den Landesbewohnern sind sie menschlich immer die nächsten geblieben, im öffentlichen Cultus aber hinter den Olympiern zurück- getreten, denen das Nationalgefühl der Hellenen die Tempel errichtet, die Bilder geschaffen, die grossen Feste gestiftet hat. Hier würden wir nach meinem Urtheil irre gehen, wenn wir nach einer ‘Naturbasis’ suchen wollten; die Olympier lassen sich nicht aus Aether und Luft, aus Erdwärme und Bodennässe, aus Wind und Gewittern erklären; sie sind als ganze und volle Gottheiten in den Verein eingetreten, den Hestia zu einem Familienkreise gemacht hat. Ausgegeben am 6. November. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 1157 1890. XLIV. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 6. November. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen. Hr. vox Syser las: Zur Geschichte des heiligen Rocks in Irier: Ausgegeben am 20. November. Sitzungsberichte 1890. 98 Dir, A RDIRSERS N RN | rt In Dame: a : IRRE sk Br | KESE NEBEN. Aa md ALIANE er ii se er ame u b b ZUBE TE Pr REIT a welt Ri j n 7% ME wr BE ste A Ben. N ne R N D "ert T\ ur IN ne Ds 5 2 ia ri Ei “ u 5 _ ' u >. r Ein HL. een ie neu i u B . - 'MEr E j Br 1159 1890. XLV. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 13. November. Sitzung der philosophisch-historischen Ulasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Monnsen. Hr. Zeiver las: Uber die Abfassungszeit des platonischen Theätet. Ausgegeben am 20. November. 98* , En Art N im I r Br “ ar a. 2 “tan j b 2 0 re ünmais a n. Mana 2 ne WR Va Rn) N BEN >: ’.* “ Bir = P’ u. ? 2 I’ a >> Ar = act Der er eg Yo erjunh 5 3 ei er! NIE EI BET). are \ ER TIIETZET ERFREUT Ra er r E ri, 5 m 1161 1390. XLVI. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 13. November. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Reymonp. Hr. C. Kreis übergab eine Mittheilung des Hrn. Dr. F. Rınse hier- selbst über die Umänderungen, welche die Zeolithe durch Erwärmen bei und nach dem Trübewerden erfahren. Die Mittheilung folgt umstehend. ie a a Br J2 Bi u v2. a NR ER MAT. mi E er . “ var Yale B n n wog EL 73 ) CET: ' Ber ee 3 aa A er I ENTE? fi ET: ru ha SE A Bl: sh i 1163 Über die Umänderungen, welche die Zeolithe durch Erwärmen bei und nach dem Trübewerden erfahren. Von Dır. F. Rınne in Berlin, Assistenten am mineralogisch -petrographischen Institut der Universität. (Vorgelegt von Hrn. Krrin.) D:. Versuche, welehe auf die Erforschung des Einflusses einer er- höhten Temperatur auf die optischen Eigenschaften der Krystalle gerichtet waren, haben besonders in neuerer Zeit zu einer Fülle von Beobachtungsergebnissen geführt, die ihrerseits wiederum zu wichtigen, theoretischen Erörterungen Anlass gegeben haben. Viele Minerale haben sich für derartige Untersuchungen sehr zu- gängig erwiesen. Sie lassen die Einwirkung einer ausserordentlich gesteigerten Temperatur auf sich zu, olıne «er Beobachtung ein Ziel zu setzen. Erst das Schmelzen ihrer Substanz macht dem Versuche ein Ende. Bei manchen anderen ist die Grenze des Beobachtungsbereiches wesentlich enger gezogen. Die in vieler Beziehung so wichtigen Zeolithe gehören in diese Gruppe. Diese wasserhaltigen Minerale, auf deren eigenartiges Verhalten beim Erhitzen, nach dem Vorgange von BEen-Saupe, besonders Martarn die Aufmerksamkeit der Mine- ralogen gelenkt hat, geben unter dem Einflusse der Wärme Wasser ab, werden bald trübe, liehtundurehlässig und nöthigen dadurch den Forscher, seine Versuche im durehfallenden Liehte schon vor Erreichung der Schmelztemperatur aufzugeben. Solehe stark erhitzte Zeolithe bieten das bekannte, unansehnliche Äussere trüber Substanzen dar. Ihr Anblick legt die Vermuthung nahe, dass der gesetzmässige Aufbau des Minerals durch die gewalt- same Wasserentziehung zu Grunde gerichtet sei, und dass nunmehr nur ein wirres Haufwerk der einzelnen Theile vorliege, das den Ralhımen des einst vorhandenen, regelmässig gefügten Krystalls noch inne hat. Diese Vermuthung ist es denn auch wol gewesen, welche 1164 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. die Forscher von der systematischen Untersuchung der trüben Sub- stanzen abgehalten hat. In dieser Meinung hat auch der Verfasser! seiner Zeit seine Erhitzungsversuche am Heulandit beim Eintritt der Trübung der Krystallblättehen abgebrochen. Dass nun aber die eingetretene Trübung zunächst in der That nicht die Erforschung der neu dureh die Hitzewirkung entstandenen Substanzen unmöglich macht, zeigt ein einfacher Versuch. Die Lieht- undurehlässigkeit war bei den untersuchten Mineralen auf das Leichteste zu entfernen: ein Tropfen Öl. auf das trübe Blättehen gebraeht., genügt, letzterem seine Klarheit wieder zu verschaffen. Es ist überraschend zu sehen, wie z. B. ein durch Erhitzen trübe und unansehnlich gewordenes Desminblättehen, wenn man es in einen Öltropfen gleiten lässt, schon im Augenblicke des Untersinkens klar wird, dem Auge in Folge wieder erlangter Durchsichtigkeit fast entschwindet und wasserhell erscheint, noch ehe es auf dem Grunde des 'Tropfens zur Ruhe gekommen ist. Die Untersuchung der in Öl aufgeklärten Blättehen ergiebt nun fernerhin, dass beim Austritt von Wasser und bei der damit verbun- denen Trübung kein Zusammensturz des Krystallaufbaues statt findet. vielmehr die Theilchen noch in vollkommen gesetzmässiger Lagerung verharren und eine neue Gleiehgewichtslage angenommen haben. Spricht schon die Thatsache nicht für einen Zerfall der Krystall- struetur, dass die Festigkeit des aufgeklärten Blättchens meist durch- aus nicht gelitten hat, so dass es ohne zu zerfallen erfasst und z. B. durch Abwisehen vom Öl gereinigt werden kann, so wird man vollends bei der Betrachtung im polarisirten Licht von der Regelmässigkeit der Umlagerung überzeugt durch die Beobachtung, dass die Theilchen noch wohlgeordnet neben einander liegen, das Blättchen einheitlich in seiner optischen Wirkung erscheint und als leieht der Untersuchung zugängliche Substanz sich erweist. Verfasser befand Öl als ein sehr geeignetes Aufklärungsmittel für die trüben Blättehen, indess können auch andere Flüssigkeiten zur Aufhellung benutzt werden. Öl ist indess gegenüber manchen anderen zu empfehlen, da es nieht verdunstet und vor allem wasser- frei ist. Auch Canadabalsam hellt die Schliffe gut auf. Gegenüber diesem Mittel hat indess Öl den Vortheil, dass in ihm ein Schieben, Wenden und Drehen der Blättehen bez. Kryställchen leichter möglich ist als in dem mehr oder minder zähen, kleberigen Balsam. Letzterer wird hingegen zum Aufbewahren der Blättehen auf Objeet- und unter Deckglas zweckmässig verwandt. ı F. Rısne: Über Faujasit und Heulandit. N. Jahrb. f. Mineralogie u. s. w. 1887. Bd. II. S. 36. Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1165 Die Untersuchungen wurden hauptsächlich an Blättchen (Sehliffen und Spaltplatten) ausgeführt. Die Erwärmung geschieht in genügender Weise und am einfachsten auf Objeetgläschen über der Spiritusflamme, will man sehr hohe Temperaturen erzielen, auf Platinblech über dem Bunsen’schen Brenner. Das erhitzte Blättchen schiebt man leicht auf einen bereit stehenden, zweiten Objeetträger in ein Tröpfchen Öl. Erwärmt man mehrere Platten zugleich, so kann man die einzelnen zu verschiedenen Zeiten in bestimmten Zwischenpausen der Wirkung der Flamme entziehen, in reihenförmig auf einem OÖbjectträger ange- ordneten Öltröpfehen bergen und so die Steigerung des dauernden Hitzeeinflusses an den Blättehenreihen verfolgen. Recht werthvoll bei den Untersuchungen ist es zuweilen, dasselbe Praeparat nach verschiedenen Richtungen zu besehen. Man lässt zu dem Zwecke die Blättchen etwas dieker oder benutzt rundum aus- gebildete Kryställchen, welehe man auf einem Uhrgläschen in Öl oder Balsam rollen lässt oder auf dem gewöhnlichen Objectträger auf die betreffende Fläche stellt. Auch hier kann die Methode der Umhüllung der Krystalle mit isotropen Medien ähnlicher Brechbarkeit' mit Vortheil verwandt werden, zumal wenn es sich darum handelt, die Krystalle in Rich- tungen zu prüfen, gegen welche senkrecht einen guten Schliff aus- zuführen in Folge vollkommener Spaltbarkeit unmöglich bez. eine starke Geduldsprobe ist. Da ganze Krystalle oder diekere Platten leicht spaltender Mi- nerale sich leichter ohne zu zerbrechen verschieben und zum Zwecke der Übertragung anfassen lassen als dünne Blättehen, so kann man in schwierigeren Fällen erstere der Erhitzung aussetzen, in Balsam legen und dann erst zum Dünnschleifen schreiten. Natürlich ist bei letzterem nicht Wasser sondern Öl anzuwenden, um Wasseraufnahme zu verhindern. Im Allgemeinen sind jedoch die letzterwähnten um- ständlicheren Verfahren vollkommen überflüssig, da die durch Hitze- wirkung aus den Mineralen hervorgehenden Substanzen sich meist noch als wohl gefestigt erweisen. Die Zeolithe wandeln sich beim Erhitzen in wasserärmere bez. wasserfreie Verbindungen um, die man folgerichtig nieht mehr Zeo- lithe nennen kann, da letzterer Name nur den in der Natur vor- kommenden Mineralen zukommt. Wegen der Ähnlichkeit der ent- standenen Körper mit den Zeolithen und wegen ihrer Beziehungen zu letzteren kann man sie als Metazeolithe bezeichnen und fernerhin 1 C. Krein: Über eine Methode, ganze Krystalle oder Bruchstücke derselben zu Untersuchungen im parallelen und im convergenten polarisirten Lichte zu ver- wenden. Diese Berichte, 1890. XVIII S.347 und XXXI S.703. 1166 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. im Einzelnen von Desmin und Metadesmin, Natrolith und Metana- trolith u. s. w. reden, falls man nicht die umständliche Beschreibung des vorliegenden Umänderungsproductes zur Bezeichnung vorzieht. Die Untersuchung der hauptsächlichsten Metazeolithe ist in den folgenden Seiten in ihren Ergebnissen wiedergegeben worden. Vor Eintritt in diesen Haupttheil vorliegender Arbeit möchte ich auch an dieser Stelle Hrn. Geh. Bergratli Prof. G. Kreın meinen besten Dank ausdrücken für die Überlassung des mannigfachen, werth- vollen Materials, sowie für die mir bereitwilligst und im reichen Maasse gewordene Unterstützung durch Rath und That. Natrolith. Für die in Rede stehenden Untersuchungen lieferte das Vor- kommen vom Puy de Marman in der Auvergne ein vorzügliches Material. Die schönen, klaren Krystalle erweisen sich, wie bekannt, mit den charakteristischen, optischen Eigenschaften eines rhombischen Minerals ausgestattet und man weiss, dass nach Drs-Crorzraux' die Ebene der optischen Axen im Brachypinakoid liegt und in letzterem (die erste positive Mittellinie mit der e-Axe zusammenfällt. Der Winkel (der optischen Axen ist gering (2 V = 59° 29 für rothes Licht nach Des - CLoIzEAux). Diese einfachen Verhältnisse finden zunächst ihren Ausdruck in dem Verhalten der unerhitzten Platten parallel der Längsrichtung der Krystalle. Die Projecetion der Axe e ist bei allen im optischen Sinne Richtung der kleinsten Elastieität”, wie am leiehtesten die Betrachtung mit dem Gypsblättchen vom Roth I. Ordnung lehrt. Werden solehe parallel der Axe « gefertigte Blättchen bis zum Trübewerden erhitzt, in Öl aufgeklärt und im parallelen, polarisirten Lichte betrachtet, so gewahrt man, abgesehen von einer Verringerung der Stärke der Doppelbreehung, keine sonderlich hervor- steehenden Umänderungen in den optischen Eigenschaften. Auch die Anwendung des convergenten, polarisirten Liehts fördert keine An- zeichen für weitgehende Veränderungen zu Tage. Und dennoch haben sich grosse Umwälzungen im Krystallaufbau unter dem Hitzeeinfluss und der dadurch hervorgerufenen Wasser- abgabe vollzogen. ! Des-Crorızeaux: Manuel de Mineralogie s. I. 1862. S. 383. ° Die Anslöschungskreuze in den Figuren sind stets so gezeichnet, dass der längere Krenzesarm der Richtung der grösseren, der kürzere derjenigen der kleineren Elastieität entspricht. 7, " m Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1167 Scehliffe senkrecht zur Säulenrichtung der Krystalle decken die Verhältnisse auf. Nieht erhitzte Blättehen bieten die leicht verständliche Erscheinung dar, welche Fig. ı veran- schaulichen soll. Es ist die Erscheinung eines ein- fach aufgebauten, rhom- bischen Minerals. Der An- blick des zunächst ge- trübten, dann aufgehellten Blättehens lehrt, dass eine andere Gleichgewichts- lage Platz gegriffen hat, deren charakteristischer Ausdruck eine zwillingsmässige Felderthei- lung der Platten nach oP(ooı) ist. Fig. 2 stellt ein solches Verhält- niss dar. In dem Haupttheil der Platte haben sich mit bewundernswerther Fig. 1. ig. 2. Schärfe der Umrandung zwei Felder herausgebildet, die zugleich und mit einer Schiefe von etwa 7'/,° zu einer Zwillingsgrenze auslöschen. Auch der Haupttheil der Platte löscht unter gleicher Schiefe zur nämlichen Linie aus, so dass von Dunkelheit zu Dunkelheit gemessen ein Auslöschungsunterschied von 15° zwischen den anliegenden Feldern festzustellen ist. Die Vertheilung der Elastieitätsaxen lehrt die Figur. Auch die Erscheinung im convergenten, polarisirten Lichte ist aus derselben abzulesen, gleichwie, unter Berücksichtigung der Vertheilung der Axen a und b. der positive Charakter der Mittellinie. Es folgt aus Obigem: Der Natrolith ist dureh die Hitzewirkung und den da- bei stattfindenden Wasserverlust zu monoklinem Metana- trolith geworden. Die Umstellung der Substanz hat sich in krystallographischer Be- »sehung so gestaltet, dass die frühere Säulenriehtung (e-Axenriehtung) zur Orthodiagonale geworden ist. Die frühere Basis stellt mithin jetzt das Klinopinakoid dar. Die erste, positive Mittellinie fällt mit der Orthodiagonale zusammen. Die früheren Prismenflächen können als P® (101) und —P%& (101) aufgefasst werden. Zugleich ist die Substanz zu einer Zwillingsgruppe zerfallen. Die Zwillingsebenen können als © P&(100) und oP(ooı) betrachtet werden. Die Auslöschungsschiefe würde im vorliegenden Falle auf &P&(o10) 7'/,;° zur Richtung der Axe c betragen. Diese beschriebene Umlagerung lässt eine weitere Ausbeute an interessanten 'Tnatsachen zu. 1168 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Zunächst sei erwähnt, dass weitergehende Feldertheilungen die Erscheinung mannigfaltiger gestalten können. Als Beispiele mögen die in Fig. 3 und 4 dargestellten ‘Platten dienen. Sie stellen Schliffe aus demselben Krystall dar. Der Schliff der Fig. 3 war dem oberen, tlächentragenden, derjenige der Fig. 4 dem unteren, abgebroche- nen Krystallende genähert. Der erstere Schliff (Fig. 3) war nur wenig über die Tem- 7 peratur, bei welcher Trübung eintritt, erwärmt. Er zeigt sehr Fig. 3. Fig. 4. zart aber scharf die besprochene Feldertheilung. Diese inneren Felder sind aber ferner von Aussentheilen an allen vier Prismenkanten umgeben. Die Auslöschungsriehtungen weichen nur sehr wenig von den Diagonalrichtungen der Platte ab, in welche sie bei dem unerwärmten Natrolith hineinfallen. Die Erscheinung im convergenten, polarisirten erscheint sogar gar nicht merklich verändert. Der zweite Schliff (Fig. 4) ist stärker als der vorige noch nach dem Trübewerden erhitzt worden. Die Beziehung zu Fig. 2 und 3 ist unschwer zu erkennen. Die in Fig. 2 allein vorhandenen Innenfelder sind mit A und B bezeichnet. Für sie ist im vorliegenden Falle eine Schiefe der Auslöschung von je 34° bezeichnend, die zu der sehr geringen Schiefe des minder stark erwärmten Schliffes (Fig. 3) in Gegensatz tritt. Offenbar macht sich hier ein Einfluss der Wärme und des Hand in Hand gehenden Wasserverlustes auf die Stellung der Ebene der optischen Axen geltend, insofern als eine wachsende Schiefstellung der Axenebene zur Zwillingsgrenze mit steigender Temperatur, d. h. steigendem Wasserverlust, stattfindet. Es sind dies Verhältnisse, wie man sie z. B. beim Heulandit schon früher beobachtet hat.' Hier vollziehen sie sich in der trüben Substanz. Innerhalb der Felder A und B haben sieh Zwickel A’ und B’ herausgebildet. Die Schiefen der Auslöschungsrichtungen sind geringer als in den Theilen A und B; sie betragen etwa 18°. Den Rand des Schliffes nehmen Stellen ein, welche, an die Prismenkante sieh anschliessend, den Rahmen um das innere Bild bilden. Sie sind, wie die Figur zeigt, nicht einheitlich gebaut. Die ! Marrarp: Bullet. de la Societe mineralog. de France, 1882, p. 255. — W. Kreın: Zeitschr. f. Krystallogr. u. s. w. Bd. IX, S. 38. 1884. — F. Rınne: N. Jahrb. f. Mineral. u.s. w. 1887. Bd. II. S. ı7. Rınye: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1169 in ihnen hell gelassenen bez. dunkel angelegten Stellen löschen ver- schieden aus, und zwar die letzteren zusammen mit den nicht an- liegenden Innenfeldern A bez. B, die ersteren zusammen mit den nicht anliegenden Zwickeln A’ bez. B”. Die Randfelder und die ihnen anliegenden Innenfelder haben hier- nach sehr schief auf einander stehende Ebenen der optischen Axen. Nicht vergessen werden sollen schliesslich zwei kleine Felder rechts und links an den Enden des Schliffes, deren Bedeutung sich beim Überblick der Gesammterscheinung des Schliffes ergiebt. Dieser Überblick lehrt eine nicht zu verkennende Gleichartigkeit zwischen der Anlage der entstehenden Felder und den am Natrolitlı zu beobachtenden Flächen. Man wird durch die Felder A und B an die vier Pyramidenflächen des Natroliths erinnert, die, wie bekannt, so oft dureh Vieinalflächen zum Theil ersetzt werden. Nicht schwer ist es, in den Zwickeln A’ und B’ die Analoga dieser Vieinalflächen sich vorzustellen. Ja, sogar die Streifung findet ihren Ausdruck, wie man beim aufmerk- samen Beobachten erkennt. Die Randtheile schliessen sich an die Prismenflächen an. Zwei unbedeutende Feldchen rechts und links entsprechen dem seitlichen Pinakoid. Man hat hiernach eine Feldertheilung mit Anklängen an die Form der Krystalle vor sich. Die Bedeutung dieser Verhältnisse soll weiter unten nicht un- erörtert bleiben. Hier sei zunächst eine weitere Gesetzmässigkeit in der Erscheinung festgestellt: Die Umänderungen des Natroliths, die beim Wasser- verlust sich einstellen, vollziehen sich im Rahmen der alten Form. Bekanntlich sind bei Temperaturveränderungen Übergänge einer Modifieation einer Substanz in eine andere Modifieation unter Formm- veränderungen keine Seltenheit. Im Gegensatz zu derartigen Körpern, welche in den mit der Temperatur wechselnden Gleichgewichtslagen dieselbe empirische Zu- sammensetzung bewahren, erleidet der Natrolith bei seiner Erhitzung einen Substanzverlust durch Wasserabgabe. Dennoch lassen sich keine merklichen Formänderungen wahrnehmen. Die verschiedentlich vorhandenen, rechtwinklich auf einander stehenden Kanten lassen auch nach der Trübung keine Abweichung aus ihrer früheren Lage erkennen, und Neigungswinkel zwischen Pyramiden- und Prismen- flächen wurden, unter Berücksichtigung der möglichen Fehlergrenzen, am Reflexionsgoniometer als ungeändert befunden. Nicht ohne Interesse war es zu sehen, wie selbst die Vieinalflächen der Pyra- miden ihre Stellung behielten. 1170 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 13. November. Es bildet somit der Natrolith eine Bestätigung für die Annahme, dass ohne merkbare Formveränderungen in einem ursprünglich höher symmetrischen Körper eine Umlagerung in Theile von niederer Sym- metrie möglich ist. Die Bedingung für das Zustandekommen der besprochenen Um- änderungen des Natroliths ist die Wasserabgabe. Die Erhaltung der Substanz in monokliner Gleichgewichtslage ist an die Unmöglichkeit des Wasserersatzes gebunden. Im gehärteten Canadabalsam, unter Deckglas, liegen die Platten anscheinend sicher und vor Wasserauf- nahme geschützt. Sie erhalten ihre bezeichnenden, optischen Eigen- schaften bei, nachdem sie längst die Temperatur ihrer Umgebung angenommen haben. Bleiben die Platten an der Luft einige Stunden liegen, so schwinden die Feldertheilungen, offenbar in Folge der durch Wasser- aufnahme bewirkten Wiederherstellung der wasserreicheren Substanz. Die trübe Masse der Schliffe hellt hierbei nieht auf, und erst nach- dem man mit Öl auch diese Blättehen aufgeklärt hat, kann man die Rückkehr des früheren. rhombischen Zustandes erkennen. Der Erneuerung des Versuches an demselben Blättchen steht nichts im Wege. Mit Leichtigkeit stellt sich beim zweitmaligem Erhitzen der Sub- stanz die Feldertheilung auf den Platten nach o P(oo1) wieder ein, um nach längerem Liegen an der wasserdampfhaltigen Luft zur einfacheren Erscheinung der rhombischen Gleichgewichtslage zurückzukehren. Skoleeit. Zur Untersuchung des Skoleeits wurden die prächtigen Krystalle vom Berufjord in Island verwandt. Die optischen Verhältnisse derselben kennzeichnen sich dadurch, dass in der monoklinen Substanz die Ebene der optischen Axen in senkrechter Lage zum klinodiagonalen Hauptschnitte sich befindet, die erste, negative Mittellinie in der Symmetrieebene im stumpfen Winkel 8 liegt und mit der Axe ce einen Winkel von ı8° einschliesst.' Diese einfachen Verhältnisse erleiden bei und nach der Trüb- werdung der Krystalle gewaltsame Umänderungen, und zwar stellen sich dieselben auf den bezeichnenden Schliffen folgendermaassen dar. Platten parallel ©Poo(oıo). Wie bekannt bildet der Skoleeit Zwillinge nach © P% (100). Dieser Aufbau bringt es mit sich, dass ! Auf Platten senkrecht zur Säulenrichtung sind zuweilen Erscheinungen wahr- zunehmen, welche auf ein triklines System der betreffenden Individuen hinweisen. Eine Untersuchung mit Anwendung der in neuester Zeit sehr vervollkommneten Me- thoden muss lehren, wie weit solche Verhältnisse ursprünglicher oder nachträglicher Natur sind, . ” \ Er 7 Rınse: Umänderungen der Zoolithe beim. Erwärmen. za die Blättehen nach © Po (010) im polarisirten Lichte in zwei Längs- theile zerfallen, welehe bei den untersuchten Blättehen eine entgegen- gesetzte und symmetrische Auslöschungsschiefe von 18° besassen. In convergenten, polarisirten Lichte erscheint auf beiden Hälften das eentrische Curvensystem um die zweite, positive Mittellinie. Niehts von alledem hat sich in dem getrübten und wieder in Öl klar gemachten Blättehen erhalten. Die bezeiehnende Zwillingsbildung ist verschwunden und die Schiefe der Auslöschung verloren gegangen. Die Betrachtung im eonvergenten, polarisirten Lichte erweist, dass nieht mehr eine Platte parallel sondern senkrecht zu einer Sym- metrieebene vorliegt. In Fig. 5 ist der frühere Zustand der 4 Platte, in Fig. 6 der nunmehrige zur Dar- AL + stellung gebracht. 8 Völlige Klarheit über die Umänderung gewähren im Verein mit den beschriebenen die Platten parallel ©P&(100). Die uner- Fig. 5. Fig. 6. hitzte Platte ist ganz dem monoklinen System entsprechend in ihrem Verhalten im polari- sirten Lichte. Sie löscht orientirt zur Längsrichtung aus und erweist sich bilateralsymmetrisch und einheitlich gebaut, wie Fig. 7 erkennen lässt. Den erhitzten und wieder aufgeklärten Schliff würde man nicht als das Blättchen wiedererkennen, dessen Eigenschaften soeben beschrieben sind (Fig. 8). Eine deutliche Zwillingsbildung theilt die Platte der Länge nach in zwei Theile. Die Orientirung der Auslöschungs- richtungen ist einer zur Zwillingsgrenze symme- trisch und entgegengesetzt gerichteten gewichen. Die Betrachtung im convergenten, polarisirten Lichte lehrt die Curven- systeme um die negative Mittellinie der neu entstandenen Substanz kennen. Wenngleich die Art der Umänderungen sich bereits leicht aus dem Obigen ableiten lässt, sei zunächst noch des Verhaltens der Platten nach &P(ı1ı0) gedacht. Diese Blättehen sind in Folge der vollkommenen Spaltbarkeit des Skoleeits nach dem Prisma bequem zu erhalten. Eine scharfe Auslöschung unter der Schiefe von 11° gegen die Projection der Axe ce zeichnet sie aus. Die Umänderung offenbart sich an den Blättehen durch eine auffallende Unbestimmtheit in den Auslöschungen, deren Schiefe eine beträchtlichere (26°— 33°) geworden ist. Dass die Auslöschung keine scharfe ist, findet seine 1172 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Erklärung bei der Betrachtung im umgewandelten Mikroskop, welches den fast senkrechten Austritt einer optischen Axe erkennen lässt. Hiernach ist die durch Erhitzen bis zur vollständigen Trübung im Skoleeit verursachte physikalische Umänderung die folgende. Das monokline System ist erhalten. Indess ist nunmehr das frühere Orthopinakoid zum Klinopinakoid, das frühere Klinopinakoid zum Orthopinakoid geworden. Die Zwillings- bildung geht nach dem jetzigen Orthopinakoid, wie sie im unentwässerten Skoleeit nach dem damaligen Orthopinakoid ging. Die Ebene der optischen Axen liegt senkrecht zum jetzigen Klinopinakoid, macht mit der Axe c einen Winkel von 70°, und die negative Mittellinie fällt mit der jetzigen Symmetrieaxe zusammen. Diese eigenartige Umwandlung verdient besondere Aufmerksam- keit im Hinblick auf die Krystallgestalt des Skoleeits. Als mono- klines Mineral mit fast rechtem Winkel ö (= 8905'4 nach Lüpecke!) ist es ausser nach © P&(010) auch fast symmetrisch nach ©P& (100) gebaut. Vollkommen wird diese doppelte Symmetrie dureh die Zwil- lingsbildung nach o P& (100) erreicht. Nach der Erhitzung liegt somit eine Umstellung vor, die in ihren Symmetrieverhältnissen mit der äusseren Flächenanlage der Krystalle wiederum im Einklange steht. Die Theilchen brauchten gewissermaassen nur eine Viertelwendung zu machen, um in dem alten Gehäuse in alter Symmetrie zu bleiben. Mit den beschriebenen Veränderungen ist die Umwandlungs- fähigkeit des Skoleeits nieht zu Ende. Nicht nur bei dem "Trübe- werden der Krystalle vollzieht sich eine Umänderung, bei weiter- gehenden Temperaturerhöhungen gehen wiederum Umstellungen der kleinsten Theilchen vor sich. Diese in den trüben Kırystallen sich einstellende, weitere Ver- änderung kennzeichnet sich beim Skoleecit allgemein durch eine ausser- ordentlich starke Abnahme der Doppelbrechung. Blättehen, die vorher in prächtigen Polarisationsfarben erstrahlten, erscheinen in den Hell- stellungen nur in niedrigen, graublauen Farbentönen. Im Einzelnen verhalten sich die Schliffe und Spaltblättehen folgendermaassen. Platten parallel ©P&(0o10). Die Zwillingsbildung nach © P&(100) ist nach dem starken Erhitzen verschwunden. Das Blättehen löscht orientirt zur Längsrichtung aus. Im convergenten, polarisirten Lichte sind die zu deutenden Curven in Folge der schwachen Doppelbrechung ! Lüpeere: Mesolith und Skoleeit. N. Jahrb. f. Mineralog. u. s. w. 1881. BdlsnSInı. Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 173 breit, verwaschen und wenige. Es sind diejenigen um die positive Mittellinie. Die Ebene der optischen Axen liegt senkrecht zur Längs- riehtung der Schliffe. Man erkennt diese Ver- hältnisse in Fig. 9. Dieselbe zeigt eine Stufe der 4 Umwandlung, wie sie nicht selten erreicht wird, Be und bei der erst der Plattenrand die weitergehende, „ 8 der Haupttheil des Blättchens noch die erste Um- wandlungsstufe erreicht hat. Ein stärkeres Er- % # | hitzen lässt das Aussenfeld die ganze Schlifffläche Sr Be in Besitz nehmen. Fig. 9. Fig. 10. Platten parallel ©P&x(100). Fig. ı0 stellt eine solche dar, welche ganz umgewandelt er- scheint. Soweit die sehr schwache Doppelbrechung die Bestimmung genau zu machen erlaubt, herrscht Orientirung der Auslöschungs- richtungen zur Längsrichtung des Blättehens. Zuweilen bleiben An- deutungen von Zwillingstheilung in unbestimmter Form zurück. Nicht selten gewähren die Platten, wie auch andere parallel der Säulen- richtung, einen faserigen Anblick, wobei einzelne Längsfasern noch etwas hell bleiben, wenn der Haupttheil des Schliffes dunkel erscheint. Man hat es hier offenbar mit Umlagerungen zu thun, bei denen die Theilchen nicht mehr genau parallel geblieben sind, wie es be- sonders bei schnellem Abkühlen der stark erhitzten Platten wohl kommen mag. Man ersieht aus der Figur, dass die Querrichtung der Blättchen mit Axe c zusammenfällt, im Gegensatz zu denen parallel ©P(010) des Skolecits geschnittenen, stark erhitzten Platten, bei welchen die Richtung solche der Axe a ist. Es steht mithin die negative Mittel- linie auf den in Rede stehenden Blättchen senkrecht. Platten parallel &P(110). Auch auf ihnen herrscht nunmehr Orientirung der Auslöschungsrichtungen parallel und senkrecht zur Längsrichtung. Im convergenten, polarisirten Lichte erblickt man eine optische Axe. Hiernach ist die zweite Umänderung, welche der Skoleeit durelı Erhitzen erfährt, wie folgt zusammenzufassen. Es liegt eine rhombische Substanz vor. Die Ebene der optischen Axen ist senkrecht zur Längsrichtung der Krystalle gelegen, die positive Mittellinie steht senkrecht auf dem früheren Klinopinakoid, die negative mithin senkrecht auf dem früheren Orthopinakoid des Skoleecits. Die Doppel- breehung ist sehr schwach. Wiederum ist eine innere Umlagerung vor sich gegangen, welche in die äussere Form des Skoleeits hineinpasst. Die rhombischen Theil- chen befinden sich in einer Krystallgestalt, welche sich in ihrer Flächen- Sitzungsberichte 1890. 99 1174 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 13. November. anlage dem rhombischen Systeme ausserordentlich nähert. Weiter unten wird von solchen Beziehungen des weiteren die Rede sein. Überlässt man den getrübten Skoleeit einige Tage lang der Ein- wirkung der wasserdampfhaltigen Luft, so bemerkt man nicht wie beim Natrolith eine Rückkehr des ursprünglichen Zustandes. Die untersuchten Plättchen hatten ihr Verhalten, welches sie in Folge der Erhitzung angenommen hatten, bewahrt. 'Thomsonit. Die Substanzen, welehe man durch die mehr oder minder grosse Entwässerung des Natroliths oder Skoleeits erhält, stehen dem ur- sprünglichen Mineral noch recht nahe in Bezug auf ihre chemische Zusammensetzung. Um so mehr verdienen die bedeutenden Umände- rungen in den physikalischen Eigenschaften Beachtung, welche sich bei dem Austritt von Wasser aus dem chemischen Molecül vollziehen. Allein diese durchgreifenden Änderungen in der physikalischen Beschaffenheit der betreffenden Körper kehren nicht gleiehmässig bei allen Gliedern der Zeolithgruppe wieder. Dies zu vergegenwär- tigen ist besonders der 'Thomsonit geeignet. Zur Untersuchung diente das Vorkommen vom Seeberg bei Kaden in Böhmen. Die klaren, rhombischen Krystalle spalten nach den beiden verticalen Pinakoiden, und da die Ebene der optischen Axen parallel zur Basis geht, liefern die Spaltblättehen zur Unter- suchung wohlgeeignete Platten senkrecht zur ersten, positiven und senkrecht zur zweiten, negativen Mittellinie. Trotz der Erwärmung und des hiermit bedingten Wasserverlustes erweisen sich die Blättehen in optischer Hinsicht von bemerkens- werther Beständigkeit. Hellt man ein stark erhitztes und getrübtes Blättchen senkrecht zur ersten Mittellinie in Öl auf, so erscheint noch immer die Ebene der optischen Axen in nämlicher Lage wie vorhin, nämlich parallel oP(oo1); die Auslöschungsrichtungen sind dieselben geblieben. Indess fehlt es dennoch nicht an Zeichen der Veränderung. Die Doppel- breehung des Blättchens ist gesunken, wie schon deutlich an der Erweiterung der Curvenabstände zu erkennen ist. Der positive Cha- rakter der Doppelbrechung ist erhalten geblieben. In seltenen Fällen geht die Umänderung weiter und drückt sich auch in einer Lagen- veränderung der Ebene der optischen Axen aus. An einzelnen Stellen einer stark erhitzten Platte war sie in die Normalstellung zur Basis übergegangen. r .. r . ” . - ar Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1175 So ist der Thomsonit in seiner Einfachheit von Interesse. Das rhombische System und die Vertheilung der Elastieitäts- axen (a=a; b=ct; c=h) sind in der trüben Substanz er- halten geblieben. Die Stärke der Doppelbrechung hat sich verringert. Desmin. Der Desmin gehört zu den in hohem Grade wichtigen Mineralen, welche aus Theilen niedriger Symmetrie aufgebaut durch Zwillings- bildungen geometrisch höher symmetrische Formen zeigen. In vollkommener Weise stellt der Desmin geometrisch die drei- fache Symmetrie eines rhombischen Körpers dar, während die ge- naue, optische Untersuchung Laseemanv’s'.die trikline Art der Einzel- theile dargethan hat. Nach den Untersuchungen des Letztgenannten baut sich der Desmin nach Art der triklinen Feldspathe aus Zwillingen nach ©P&(o1o) auf, die nun wiederum in Durchkreuzungen nach oP(ooı) zu einem Zwillingsstock sich vereinigen. Diese vollkommene Erreichung einer hohen äusseren Symmetrie bekommt erneutes Interesse im Hinblick auf die Umänderungen, welche der Desmin beim Trübewerden erfährt. Die getrübte und sodann in Öl in einem Augenblick wieder geklärte Substanz ist von besonders bemerkenswerther Festigkeit und leicht zu untersuchen. Die einzelnen Platten zeigen folgende Erscheinungen. Platten parallel ©P&(o1o). Viele der schönen, klaren Krystalle von Nalsoe, Far-Oer, welche der Untersuchung zu Grunde ge- legt wurden, sind ohne Weiteres zur Untersuchung tauglich. Sie Fig. 11. zeigen, auf das seitliche Pina- koid gelegt, mit grosser Deut- lichkeit die Durchkreuzung der nach oP(ooı) verbundenen Krystalle durch die um 10° von einander abweichende Aus- Fig. 12. löschung der in einer Grenzlinie zusammenstossenden Theile (Fig. ı 1). Es ist wichtig zu beachten, dass die Axe a es ist, welche mit der Längsrichtung der Blättchen fast zusammenfällt. ! L. LanGemann: Beiträge zur Kenntniss der Mineralien: Harmotom, Phillipsit und Desmin.. N. Jahrb. f. Mineralog. ı886. Bd. II. S. 83. 99* 1176 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 13. November. Die Erscheinung im ceonvergenten, polarisirten Lichte ist die um die Senkrechte auf der Ebene der optischen Axen. Trübt man die Blättehen durch kräftiges Erhitzen und hellt sie wieder auf, so lehrt die Betrachtung zunächst den Fortfall der für den Aufbau des Desmins so bezeichnenden, parallel und senkrecht zur Kante gegen oP(oo1) verlaufenden Zwillingsgrenzen und die Orientirung der Auslöschungsrichtungen zu dieser Kante (Fig. 12). Die Bestimmung mit dem Gypsblättchen vom Roth ı. Ordnung thut dar, dass nunmehr die Axe c in die Längsrichtung der Blättchen fällt, und das umgewandelte Mikroskop zeigt das Curvensystem um die negative Mittellinie der neu gebildeten Substanz. Platten parallel oP(ooı). Durch Her- stellung dieser Platten hat man Blättchen fast senkrecht zur positiven, zweiten Mittellinie des Desmins. Die Längsrichtung der Schliffe ist Richtung grösster Elastieität im optischen Sinne (Fig. 13). Nach dem Erhitzen ist sie solcher kleinster Elastieität und die Normale auf der Platte die Richtung der Axe b, also der Senk- rechten auf der Ebene der optischen Axen (Fig. 14). Fig. 13. Fig. 14. Platten senkrecht zu oP(ooı) und &P&(o10). Dieselben sind wegen der Spalt- barkeit in Riehtung des seitlichen Pinakoids schwierig herzustellen. Sie sind aber von besonderem Interesse, da sie das Curvensystem um die erste, negative Mittellinie des Desmins zur Darstellung bringen. Man bemerkt, dass die Ebene der optischen Axen in die Längs- richtung der an den schmalen Seiten durch oP(oo1) begrenzten Blättehen fällt. Nach dem Erhitzen ist das Curvensystem um die erste Mittel- linie gleichfalls noch vorhanden. Indess wesentliche Unterschiede stellen sich bei genauerer Betrachtung heraus. Die Ebene der opti- schen Axen ist nunmehr senkrecht zum seitlichen Pinakoid gelegen, und der Charakter der Doppelbrechung ist positiv. Hiernach ist die Umwandlung, welche der Desmin durch die bis zum erfolgten Trübewerden fortgesetzte Erhitzung erfährt, die nachstehende. Die Theilchen gehören dem rhombischen System an. Die Ebene der optischen Axen fällt in die Ebene der Basis des Desmins und die erste, positive Mittellinie in die Axe a. Was der monoklin bez. triklin aufgefasste Desmin in seiner äusseren Flächenanlage scheinbar zu erkennen giebt, die dreifache f PRBERT FETT m” Rısse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. alzan Symmetrie des rhombischen Systems, ist nach der Erhitzung erreicht. In der rhombischen Form lagern rhombische Theilchen. Die in Canadabalsam eingeschlossenen Desminblättchen bewahren ihren rhombischen Zustand. Liegen die Platten indess an der wasser- dampfhaltigen Luft, so kehrt die Zwillingsbildung und mit ihr der monokline Aufbau zurück. Phillipsit. Zur Untersuchung wurde der Phillipsit aus dem Basaltmandel- stein von Nidda im Vogelsberg benutzt, dessen optische Unter- suchung nach Langemann' auf das trikline System führt. üs kehrt der Aufbau des Desmins zum Theil hier wieder. Nach &P&(oro) verbundene Individuen durchkreuzen sich nach oP(oo1), und zwei soleher Zwillingsstöcke vereinigen sich nach ‚P'&(o1ı) zu den bekannten Kreuzgestalten. Beim Phillipsit von Nidda sind die oP(ooı)-Flächen als schmale Begrenzungsflächen der Kreuzesarme nach aussen gewandt. Auf diese Weise ahmt der Phülipsit nicht nur rhombische, sondern selbst tetragonale Symmetrie nach. Platten parallel oP&(oıo). Die Ebene der optischen Axen durchschneidet den stumpfen Winkel © und macht mit der Axe @ einen Winkel von 19°. Erhitzt man das Blättehen bis zum Trübewerden, so zeigt sich nach der Aufhellung, dass die Ebene der optischen Axen sich um etwa ı0° der Parallelstellung zur Kante nach oP(ooı) genähert hat, und diese Lage bleibt beim Abschluss des Blättchens von der wasser- dampfhaltigen Luft auch erhalten. Wie vor dem Erhitzen erscheint im convergenten, polarisirten Lichte das Curvensystem um die negative Mittellinie. Diese Drehung der Ebene der optischen Axen stellt sich auch auf den Schliffen parallel oP (oo1) und senkrecht oP(ooı) und ©P& (010) dar. Nur die Platten senkrecht oP(ooı) und ©®P&(oo1ı) be- dürfen indess einiger beschreibenden Worte. Sie decken im un- erhitzten Phillipsit durch ihre Achttheilung die trikline Natur des Minerals auf. Da die erste, positive Mittellinie nieht sehr beträcht- lich von dem senkrechten Stande auf der Ebene des Schliffes abweicht, ist das betreffende Curvensystem deutlich zu erkennen. Alle diese Verhältnisse sind nach dem Erhitzen im Wesentlichen erhalten. Hervorzuheben ist, dass der Winkel der optischen Axen ! L. Langemann: Beiträge zur Kenntniss der Mineralien Harmotom, Phillipsit und Desmin. N. Jahrb. f. Mineralogie. 1886. Bd.H. S.S3. 1178 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. sich deutlich vergrössert hat, vor allem aber, dass die verwickelte Zwillingsbildung auf den zierlichen, kreuzförmigen Schliffen nach wie vor in Erscheinung tritt. Hiernach stellt sich die Umänderung des Phillipsits beim Er- hitzen bis zur Trübwerdung folgendermaassen dar. Das trikline System und mit ihm die Zwillingsbildung bleiben erhalten. Die Ebene der optischen Axen durch- schneidet, wie im unerhitzten Phillipsit, den stumpfen Winkel 8, hat sich aber um etwa ı0° der Parallelstellung zur Basis genähert. Man kann in dieser Drehung der Ebene der optischen Axen eine Annäherung an die Verhältnisse des rhombischen Systems er- blicken, dessen Formen der Phillipsit scheinbar besitzt. Die Umwandlungsfähigkeit des Phillipsit ist mit der beschrie- benen Umänderüng noch nicht abgeschlossen. Eine kräftige, fernere Erhitzung der trüben Substanz. lässt deutlichst nochmalige Verände- rungen zu Stande kommen. Dieselben äussern sich zunächst durch das Erscheinen einer schwächeren Doppelbrechung und im Besonderen auf den einzelnen Platten in folgender Weise. Platten parallel ©P&(o10o). Nach dem starken Erhitzen erweisen sich die Richtungen der Auslöschungen abermals geändert. Die der Kante nach oP(oo01) zunächst, im spitzen Winkel 3 liegende Auslöschungsrichtung macht einen Winkel von ungefähr 17° mit ihr, und zwar ist die durch diese Kante angezeigte Längsrichtung der Blättehen von optisch negativem Charakter, im Gegensatz zu den unerhitzten bez. bis zum ersten Stadium der Umwandlung erhitzten Platten, bei denen diese Richtung solche kleinerer Elastieität war. Ein gleichartiges Vertauschen der Elastieitätsaxen ist aus dem Verhalten der Platten parallel oP(o01ı) im parallelen, polarisirten Lichte zu erschliessen. Besonders bemerkenswerth sind jedoch die Platten senkrecht oP(ooı) und ©P& (010). Dieselben zeigen einige Verschiedenheiten auf den einzelnen Platten, und selbst in der Ebene desselben Schliffes äussern sich die Hitzewirkungen nicht in einander entsprechender Weite. Sieht man indess von diesen nur für das Einzelstudium bemerkenswerthen Verhältnissen ab, so ist zweierlei in der allgemeinen Erscheinung von Wichtigkeit. Zunächst hat sich auch jetzt noch die Feldertheilung, der zwillings- mässige Aufbau aus triklinen Theilen, erhalten. Besonders interessant sind unter diesen Feldern solche, die, an oP(oo1) sich anschliessend, bei der Betrachtung mit dem Gypsblättehen vom Roth ı. Ordnung nur geringe Spuren von Doppelbrechung aufweisen, Das umgewandelte Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1179 Mikroskop lehrt, dass in diesen Theilen fast optische Einaxigkeit herrscht. Es erscheint das Curvensystem um die negative Mittellinie mit sehr geringem Winkel der optischen Axen, so dass das in den Normalstellungen sichtbare, etwas aus der Mitte des Gesichtsfeldes verschobene, schwarze Kreuz nur um ein Geringes in der Diagonal- stellung sich öffnet. j Die Ebene der optischen Axen steht hier senkrecht zur Kante nach oP(oo1ı). Dieser Zustand der letztbeschriebenen Felder wird als das End- glied bei dem zweiten Stadium der Umwandlung anzusehen sein. In diesem zweiten Stadium der Umänderung stellen sich die Verhältnisse nach dem Obigen wie folgt dar. Es ist das trikline System und die Zwillingsbildung erhalten geblieben. Eine beträchtliche Verringerung der Stärke der Doppelbrechung hat Platz gegriffen. Die Ebene der optischen Axen weicht nur um ein Geringes von der Normalstellung auf oP(ooı) und Parallelstellung zu&P& (o1o0) ab. Die erste negative Mittellinie macht mit Axea einen Winkel von etwa 17°, und der Winkel der optischen Axen nähert sich stark einem solchen von o°. Es ist unbenommen, in letzterem Verhältnisse eine Annäherung an die Zustände im tetragonalen Systeme zu sehen, dessen Symmetrie der Phillipsit in seiner Flächenanlage in Folge vielfacher Zwillings- bildung zur Schau trägt. Harmotom. In dem Vorkommen des Harmotoms aus den Erzgängen von St. Andreasberg im Harz bietet sich ein prächtiges Material zur Unter- suchung dieses Minerals dar. Der Aufbau des Zwillingsstockes entspricht nach LAneEmAann' ganz der Bauweise von Desmin und Phillipsit. Für das Andreasberger Vorkommen ist im Besondern zu beachten, dass die Kreuzkrystalle die oP& (o1o)-Flächen nach aussen kehren. Die Veränderungen, welche der verwickelt aufgebaute Zwillings- stock bei der Erwärmung bis zur vollendeten Trübung erleidet, sind einfachster Art. Sie stellen sich folgendermaassen auf den einzelnen Platten dar. Platten parallel P%& (010). Die Ebene der optischen Axen durehsehneidet die Platte im stumpfen Winkel 8 und schliesst mit ! L. LanGemann: Beiträge zur Kenntniss der Mineralien Harmotom, Phillipsit und Desmin, N. Jahrb. f. Mineralogie 1886. Bd. II. S. 83. 1180 Sitzung der physikalisch- mathematischen Ulasse vom 13. November. ° ;- der Axe @ einen Winkel von 72° ein. Im convergenten, polari- sirten Liehte erscheint das Curvensystem um die positive Mittellinie (Fig. 15). Kurze Zeit währende Er- hitzung trübt die Blättchen. In Öl klären sie sich schnellstens auf. Die Fig. 15. Hai Veränderungen, welche sie gegen- über ihrem früheren Zustande er- litten haben, kennzeichnen sich zu- REN nächst und auffallend durch eine Fig. 16. bedeutende Verstärkung der Doppel- brechung. Erschienen die Platten vorher in den Farben niederer Ordnung, so pflegen jetzt nur weissliche, höhere Polarisationstöne sich darzustellen, so dass die Bestimmung der Vertheilung der Ela- stieitätsaxen vermittels des Gypsblättchens vom Roth ı. Ordnung nur an den dünnsten Rändern der Platte sicher geschehen kann. Fernerhin ist eine bedeutende Drehung der Ebene der optischen Axen vor sich gegangen (Fig. 16). Ihre Ebene durchschneidet nun zwar auch noch den stumpfen Winkel &, macht indess mit Axe a nicht mehr einen Winkel von 72° sondern von 25°. Die Zwillingsbildung, die sich in der Feldertheilung der Platten ausdrückt, ist erhalten geblieben. Platten parallel oP(oo1). Die Kreuzesform der Harmotome bringt es mit sich, dass derartige Blättchen auch ©®P& (010) des gleichartigen um 90° verwendeten Kreuzesarmes anschneiden können. In der Mitte der Schliffe erscheint dann das zweigetheilte Feld parallel &P&(010) mit seiner bezeichnenden Auslöschung und dem Curven- system um die positive Mittellinie. Der rechts- und linksseitige Rand stellt die Basis dar. Auf diesen Basalfeldern ist das Curvensystem im convergenten, polarisirten Lichte besonders beachtenswerth, welches einen Theil des Systems um die negative Mittellinie darstellt. Da letztere nur um ı8° von der senkrechten Stellung auf der Platte ab- weicht, ist der Mittelpunkt des Systems nicht allzusehr aus der Mitte des Gesichtsfeldes verschoben. Wie die Platten parallel © P&(o1ıo) nach dem Trübewerden lehrten und hier bei den in Rede stehenden Schliffen parallel oP(oo1) die inneren Theile wiederum zeigen, hat sich nach dem Erhitzen die Ebene der optischen Axen um den bedeutenden Winkel von ungefähr 50° der Parallelstellung zur Basis genähert. Dem entsprechend ist nunmehr das Curvensystem auf o P(ooı) weit aus der Mitte des Ge- sichtsfeldes verschoben, denn die negative Mittellinie schneidet jetzt sehr flach in die Platte ein (vergl. Fig. 16). Auch auf den in Rede Rıyse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen, 1181 stehenden Schliffen parallel o P(ooı) tritt die starke Erhöhung der Doppelbrechung gut heraus. Platten senkrecht oP(ooı) und ©P%& (o1o). In klarster und zierlicher Weise ist auf solchen Schliffen die verwickelte Zwillings- natur und dem zu Folge der Aufbau aus triklinen Theilen zu er- kennen. Diese Feldertheilung bleibt auch in der getrübten Sub- stanz bestehen, ja sie tritt noch deutlicher in Erscheinung insofern als die bezeiehnenden Schiefen der Auslöschungen grösser sind als vorher. Die Doppelbrechung hat sich verstärkt. Die bereits oben aus dem Verhalten der Platten parallel © P& (010) und o P(ooı) erschlossene Drehung der Ebene der optischen Axen äussert sich hier in bezeichnender Weise der Art, dass das Curven- system um die negative Mittellinie deutlich im Gesichtsfelde erscheint. Der Axenwinkel ist klein genug, dass man beide Axenpole im um- gewandelten Mikroskop ohne Anwendung von Immersionen sehen kann. Das Bild selbst ist in Folge der starken Doppelbrechung ein scharfes und curvenreiches. Fast genau eentrisch erscheint das betreffende Curvensystem auf Platten parallell © P& (100), wie es im Hinblick auf Fig. 16 nicht anders zu erschliessen war. Der Überbliek über die Erscheinungen lehrt, dass bei der Trübung der Harmotome folgende einfache Umlagerung vor sich gegangen ist. Die Ebene der optischen Axen hat sich um ungefähr 50° der Basis genähert. Die Doppelbrechung ist gestiegen. Das trikline System ist erhalten geblieben. Wie beim Phillipsit so sind auch beim Harmotom die Ent- wässerungszustände nur bei Abschluss von der wasserdampfhaltigen Luft haltbar. An der Luft sind die Platten der Wasseraufnahme und einem leichten Zerfall ausgesetzt. Epistilbit. Gleich dem Desmin und manchem anderen Gliede der Zeolith- gruppe erscheint der Epistilbit geometrisch in einer höheren Sym- metrie als sie die aufbauenden Theilchen besitzen. Die letzteren sind monokliner Natur. Durch Zwillingsbildung nach © P&(100) erlangen die Krystalle ein vollendet rhombisches Äussere. Die durch Wasserverlust bei der Trübung entstehende Substanz ist in Wirklichkeit rhombischer Art. Nunmehr füllen rhombische Theilchen die rhombische Form. Diese bedeutsame Umwandlung vollzieht sich mit grösster Leichtigkeit. 1182 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Voraus sei bemerkt, dass die Ebene der optischen Axen beim Epistilbit in den klinodiagonalen Hauptschnitt fällt und die erste negative Mittellinie um etwa 9° von der Senkrechten auf der vorderen Pinakoidfläche nach unten zu abweicht.' Die am meisten Aufschluss gebende Erscheinung spielt sich auf den leicht dureh Benutzung der Spaltbarkeit zu erlangenden Platten nach ©P&(o10) ab. Eine solche ist in Fig. 17 dargestellt. Die Zweitheilung kennzeichnet den zwillingsmässigen Aufbau. natur nach dem Erhitzen beseitigt. Die Ver- z In vollkommener Weise ist die Zwillings- £ 5 t hältnisse liegen jetzt so, wie sie Fig. ı8 darstellt. Abgesehen von der wichtigsten Erscheinung, Fig. 17. Fig. 18. dem Verschwinden des zwillingsmässigen Auf- baues ist bemerkenswerth, dass nunmehr nicht mehr Axe 5b auf der Platte senkrecht steht, vielmehr das Curven- system um die negative Mittellinie, also das um die Axe a, im con- vergenten, polarisirten Lichte erscheint. Die Bestätigung für die Annahme der Umwandiung in das rhombi- sche System kann dem Verhalten der Platten nach ©P(ı1 10) und derjeni- gen senkrecht zu © P® (100) und © P (or0) entnommen werden. Platten nach &P (110) besitzen dem monoklinen System entsprechend Schiefe der Auslöschungsriehtungen zur Kante nach © Pw (o1ıo). Nach der Umwandlung verlaufen diese Richtungen parallel und senkreeht zur erwähnten Kante. Platten senkrecht zu oP&(ıoo) und Fig. 19 cooP& (010) geben das in Fig. ı9 dargestellte Bild. Nach dem Erhitzen sind sie mannigfach umgeändert (Fig. 20). Ihr Verhalten ist leicht L ableitbar aus der Erwägung, dass nunmehr die Fig.20. |a-——er | positive Mittellinie mit der Plattennormale zu- = sammenfällt. Die Ebene der optischen Axen liegt quer. Einen bemerkenswerthen Zwischenzustand stellte eine nur gelinde bis zur eingetretenen Trübung erhitzte Platte dar. Bei ihr lag die Ebene der optischen Axen noch von vorn nach hinten. Der Axenwinkel war gering, die Doppelbrechung positiv. Es folgt hieraus, dass zunächst die optischen Axen sich im seitlichen Pinakoid einander nähern, um dann in senkrechter Richtung auseinander zu gehen. ! Des-Croizeaux: Sur la forme elinorhombique &ä laquelle doit &tre rapportee l’Epistilbite. Bulletin d. 1. soe. mineral. d. France 1879. p. 161. C..A. Texse: Über den Epistilbit. N. Jahrb. f. Mineral. 188o. Bd. I. S. 43. TR ” . .- au) Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1183 Die einfache Umänderung, welche der Epistilbit bei seiner Trübung erfährt, lässt sich hiernach wie folgt zusammen fassen. Es liegt nach der Erhitzung eine rhombische Substanz vor. Die mit dem vollflächig rhombischen System un- vereinbare Zwillingsbildung nach dem vorderen Pinakoid ist verschwunden. Die Ebene der optischen Axen ist ©P&(100). Zr Abembr 0:0c cc: Beim Liegen an der Luft nehmen die erhitzten Epistilbitblättchen wieder Wasser auf, und zugleich kehrt die Zwillingsbildung und mit ihr das monokline System zurück. Abgeschlossen von Wasser, in Canadabalsam eingelegt, bleibt die charakteristische, rhombische Strue- tur erhalten. Heulandit. Der Heulandit ist bezüglich der hier zu erörternden Verhält- nisse in vieler Beziehung interessant. Es sei daran erinnert, dass auch er eine höhere und zwar rhombische Symmetrie in seiner Aus- gestaltung nachahmt, die besonders in der Winkelähnlichkeit von oP (801):00P (106); — 116° 20’; und oP (oo1):P&o(ror) = 114° 0! sowie dem fast senkrechten Stande der klinodiagonalen Polkante von 2P(221) auf der Axe & hervortritt. In der üblichen Aufstellung, die auch im Folgenden beibehalten ist, tritt diese Annäherung an das rhombische System nicht heraus. Macht man indess dem Obigen entsprechend, unter Belassung von oP(ooı) als Basis, 2P(221) zu coP(1r10), so erhält man als Axenverhältniss a:b:C = 0.40347 :1:0.85856 Die Ebene der optischen Axen steht senkrecht auf oPx (010). Die erste, positive Mittellinie fällt in die Axe b. Die Lage der zweiten Mittellinie ist bei den einzelnen Vor- kommnissen eine verschiedene. Die im Folgenden mitzutheilenden Beobachtungen beziehen sich auf das Vorkommen von St. Andreasberg im Harz. Platten parallel ©P&x(oı1ı0o). Die Feldertheilung, welche alle Heulandite auf ihren Spaltflächen in mehr oder minder ausge- sprochenem Maasse besitzen, zeigt sich bei den Andreasberger Kry- stallen oft in ausserordentlicher Schönheit und Schärfe. Fig. 21 stellt einen solchen Fall dar. Die Ausläschungsrichtungen fallen auf den ooP&(100)- und Pw(ror)-Feldern fast zusammen, während das an 1184 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. oP(oo1) stossende Feld eine um etwa ı0° abweichende Lage der Ebene der optischen Axen besitzt. Die Veränderungen, welche Heulanditplättehen nach © P& (010) beim Erhitzen erfahren, sind besonders bei vier aufeinanderfolgenden Erhitzungsgraden bemerkenswerth. Erstes Stadium der Veränderung. Dasselbe ist, im Gegen- satz zu den drei übrigen bereits bekannt und vom Verfasser seiner Zeit! beschrieben worden. Es tritt bei 150° ein, ohne dass die Platten hierbei trübe werden. Bei dem bei diesem Hitzegrade vor sich ge- henden Wasserverluste liegt eine rhombische Substanz vor. Die Feldertheilung ist verschwunden (Fig. 22). Die auf der Platte ein- heitliche Auslöschung verläuft bei den An- dreasberger Krystallen parallel und senk- recht zur Kante nach oP(oo1ı), welche Fläche, wie gesagt, bei der dem rhombi- schen Aussehen Rechnung tragenden Auf- stellung der Heulanditkrystalle zu einem Pinakoid genommen werden kann. Fig. 21. Fig. 22. Man erreicht die Umwandlung am bequemsten, wenn man die dünnen Spalt- stückehen in Öl einige Minuten kocht. Die Temperatur geht in dieser Flüssigkeit nicht bis zu dem Grade, bei welcher eine weitere Umwandlung eintritt. Die Vertheilung der Elastieitätsaxen der in Öl erhitzten Platten giebt Fig. 22. Im convergenten, polarisirten Lichte erhält man das Curvensystem um die Elastieitätsaxe b. Die Ebene der optischen Axen liegt nicht mehr, wie bei der monoklinen Heulanditsubstanz senkrecht zu ©P&(o10), sondern in dieser Fläche. Den Beweis hierfür vermag am besten die in Öl erhitzte Platte parallel oP(oo1) zu liefern, deren Beschreibung deshalb gleich hier angereiht sein möge. Vor der Erhitzung wird sie durch Fig. 23 dargestellt, nach derselben durch Fig. 24. Man erkennt das cen- trische Bild um die negative Mittellinie. Die x Ebene der optischen Axen fällt m die Spur von EINTCSP.COOTO): Zweites Stadium der Veränderung. Das- selbe tritt beim Trübewerden des Heulandites ein. Die Platten klären sich in Öl vollkommen Fig. 23. Fig. 3. wieder auf, und solche nach © P&(o1o) lassen nunmehr ein in Fig. 25 dargestelltes Bild erkennen. ! Fr. Rınse: Über Faujasit und Heulandit. N. Jahrb. f. Mineralogie u. s. w. 1887. Bd. 11. S. 36. Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1185 Das auf den ersten Blick Auffallendste ist jedenfalls der Wiederkehr der im ersten Umwandlungsstadium fortgefallenen Felder- theilung der Platte. An jede begrenzende Fläche schliesst sich ihr Sector wieder an. Ein genaueres Betrachten lehrt indess, dass dennoch nicht vollkommen der alte Zustand des ursprünglich vorliegenden Heu- Fig. 25. Fig. 26. landites wiedergekehrt ist. Ein Blick auf die Auslöschungsriehtungen zeigt, dass die an ©P&(100) und Px(1o01) stossenden Felder mehr oder minder genau parallel und senkrecht zur Kante nach P&(101) auslöschen und das an oP(ooı) sich anschliessende Feld ein wenig hiervon abweicht. Wie im ursprünglichen Zustande ist nunmehr die Ebene der optischen Axen wieder senkrecht zur Spaltfläche. Man erblickt auf letzterer im convergenten, polarisirten Lichte das Curvensystem um die negative Mittellinie. Die positive Mittellinie steht senkrecht auf P®(101). Die Be- trachtung eines nach dieser Fläche geführten Schiffes sei gleich hier gemacht. Den Vergleich zwischen dem unerhitzten und dem bis zur voll- n zoeenen Trübung erwärmten Plättehen ermöglichen z c . = ie 7 n A = j die Figg. 27 und 28. Letztere zeigt wie ausser einer Vertauschung der Riehtung grösserer und kleinerer Elastieität die bereits ausgesprochene Ver- Fig. 27. Fig. 28. änderung im Aussehen des Curvensystems vor sich gegangen ist, welches man im umgewandelten Mikroskop erhält. Es ist die Erscheinung um die positive Mittellinie auf der Platte zu erblicken. Zum Vergleich mit dem ursprünglichen Zustande sei darauf hingewiesen, dass nunmehr zwar gleichfalls die Ebene der optischen Axen senkrecht zum seitlichen Pinakoid steht, jetzt aber nicht mehr die negative, sondern, wie erwähnt, die positive Mittellinie in der Ebene der seitlichen Endfläche sich befindet. Das Axenbild ist kein vollkommen gleichmässiges. Entsprechend den Störungen auf der Spaltfläche stellen sich hier beim Verschieben der Platte geringe Ungleichheiten im Bilde ein. Zur Beurtheilung des Zustandes, in welchem der Krystall sich in diesem zweiten Entwässerungsstadium befindet, ist besonders die Orientirung der Auslöschungsrichtungen auf dem seitlichen Pinakoid sowie auf der dazu senkrechten Fläche Px (101) zur Kante zwisehen diesen beiden Flächen wichtig. Diese Orientirung ist indess, ent- 1186 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. sprechend der Feldertheilung, nicht vollständig erreicht. Fasst man die Substanz mithin als eine rhombische auf, so ist der wesentliche Zusatz zu machen »mit Störungserscheinungen« oder »optischen Ano- malien«. Drittes Stadium der Veränderung. Es ist leicht, den Heu- landit weit über die Temperatur hinaus, bei welcher seine klaren Krystalle weisslich trübe werden, zu erhitzen, ohne dass die Ge- schlossenheit in seinem Kıystallgefüge Notlı leidet. Noch immer klärt er sich in Öl wieder auf, und eine neue vollständig von den früheren abweichende Erscheinung stellt sich dem Beobachter dar. Die Spaltblättchen strahlten bei den früheren Versuchen in glän- zenden Polarisationsfarben. Diese Farbentöne im parallelen, polarisirten Lichte sind nunmehr verschwunden. Eine bemerkenswerth schwache Doppelbrechung lässt nur graublaue Töne in den Hellstellungen erscheinen. Ein Weiteres hat besonderes Interesse: Die Feldertheilung, die bei den ursprünglich vorliegenden Platten so deutlich vorhanden war, bei den in Öl gekochten zum Verschwinden, bei den bis zur Trübe erhitzten wieder zum Vorschein gebracht war, ist bei den vorliegenden Blättehen wiederum verschwunden. Der Aufbau der Platten ist wieder- um ein normaler. Fig. 26 (S. 1185) giebt die beiden Auslöschungsrichtungen in ihrem Verhältniss zu einander an. Man erkennt fernerhin, dass die Orientirung zur Kante nach Px(101) geblieben ist. Im convergenten, polarisirten Lichte sind die Interferenzeurven in Folge der schwachen Doppelbrechung recht breit, verwaschen und nicht wohl zu einem zur Zeichnung geeigneten Bilde zu vereinigen. Es wurde nicht versäumt, auch Schliffe senkrecht zu den Spalt- flächen des Heulandits in den in Rede stehenden dritten Entwässe- rungszustand zu bringen. Die Doppelbrechung ist bezeichnender Weise gleichfalls sehr gering, doch immerhin deutlichst mit dem Gyps- blättchen vom Roth ı. Ordnung zu erkennen. Die Lage der Aus- löschungsrichtungen und ihre Beziehungen zu einander vermag die Fig. 28 zu erläutern, wenn man von den Axenpunkten und der Buchstabenbezeichnung zunächst absieht. Man hat nach diesen Erfahrungen nunmehr eine normale rhom- bische Verbindung in den besprochenen, stark erhitzten Krystallen vor sich. Viertes Stadium der Veränderung. Es ist erstaunlich, welche Hitzegrade ein Heulanditplättehen aushalten kann, ohne dass es auf- hört seine Theilchen im regelrechten Verbande eines gesetzmässigen Aufbaus geordnet zu bewahren. Nicht nur dass es starke Erwärmung r .. r, . . =) .. rn Rıyne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1187 auf dem Öbjeetgläschen über der Spirituslampe aushält, ohne Zu- sammensturz seiner Krystallstructur zu erfahren, selbst über dem Bunsen’schen Brenner -lebhaft auf glühendem Platinblech erhitzte Krystalle lassen nach ihrer Aufhellung in Öl erkennen, dass ihre Theilehen noch wohlgeordnet parallel an einander liegen und ihren Zusammenhalt bewahrt haben. Spaltblättehen, die auf die angegebene Weise lange erhitzt waren, zeigen nun wiederum eine gesetzmässige Änderung ihrer Krystall- struetur, insofern als ihre Doppelbreehung vollkommen verschwunden ist. Selbst die sorgsamste Untersuchung lässt keine Aufhellung des Blättehens beim Drehen des Objeettisches wahrnehmen, und auch das Gypsblättehen deckt keine Anzeichen von Doppelbrechung auf. Würde man annehmen, dass nun eine reguläre oder amorphe Modifieation vorläge, so würde diese Annahme durch weitere Beob- achtungen nicht unterstützt werden. Denn der Mangel der Doppel- brechung ist bei demselben Blättchen in anderen Richtungen nicht vorhanden. Stellt man Spaltblättehen, welche in Richtung ihrer Senkrechten keine Doppelbrechung mehr zeigen, auf eine der sie randlich begren- zenden Flächen ©P&(100), oP(oo1r) oder Poo(101), so kann man mit dem Gypsblättchen vom Roth ı. Ordnung deutlich die Doppel- brechung feststellen. In allen drei erwähnten Lagen der Blättehen fällt die Axe grösster Elastieität mit der Senkreehten auf der Haupt- fläche des Blättchens zusammen. Es ist bei diesen Beobachtungen zu berücksichtigen, dass man bei den letzteren Bestimmungen durch eine sehr dicke Krystalischicht hindurchblickt und man mithin die anscheinende Stärke der Doppelbrechung des auf die Kante gestellten und auf seine Fläche gelegten Blättehens nicht ohne Weiteres ver- gleichen kann. Schliffe nach ©P%x (100) u. s. w. würden auch hier die Doppelbrechung nicht erkennen lassen. Verfasser glaubt hiernach die Krystalle auch in diesem Zustande für rhombisch halten zu müssen. Sie sind ohne Weiteres denen, welche erst im dritten Erhitzungs- stadium sich befanden, bis auf eine ausserordentlich starke Verringerung der Doppelbrechung gleich. Hiernach stellen sich die Veränderungen, welche der Heulandit beim Erhitzen erleidet, folgendermaassen dar. ı. Unerhitzte Krystalle: Monoklin. Ebene der optischen Axen senkrecht sum seitlichen Pinakoid. Erste, positive Mittellinie in Axe db. Feldertheilung auf dem seitlichen Pinakoid. 2. In Öl gekochte Krystalle. Rhombisch. Ebene der op- tischen Axen parallel dem seitlichen Pinakoid. Negative Mittellinie senkrecht o P(oo1). Keine Feldertheilung auf dem seitlichen Pinakoid. 1188 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. 3. Bis zur vollzogenen Trübung erhitzte Krystalle. Rhombisch. Ebene der optischen Axen senkrecht zum seitlichen Pinakoid. Positive Mittellinie senkrecht P® (101). Feldertheilung auf dem seitlichen Pinakoid. 4. Stark erhitzte Krystalle. Rhombisch. Schwache Doppel- brechung. Ebene der optischen Axen senkrecht zum seitlichen Pinakoid. Positive Mittellinie senkrecht Px (101). Keine Felder- theilung auf dem seitlichen Pinakoid. 5. Auf glühendem Platinblech erhitzte Krystalle. Rhombiseh. Ausserordentlich schwache Doppelbrechung. Sonst wie 4. Übergänge vom Zustand 4 zu Zustand 5 erhält man durch kürzer oder länger währende Erhitzung. Während, wie bekannt, die bis auf niedrige Temperaturen bis zur ersten Umänderung erhitzten Heulanditplättehen in ihren ursprüng- lichen Zustand zurückkehren, falls ihnen Gelegenheit gegeben wird das verlorene Wasser wiederaufzunehmen, war dies bei den stärker erhitzten Heulanditblättehen nach einem viertägigen Liegen an der Luft nicht eingetreten. Der Heulandit ist wohl geeignet, der Frage näher zu treten, ob bei den dureh Hitzewirkung und Wasserverlust eintretenden Umände- rungen eine Gestaltsveränderung der Krystalle eintritt. Die Um- randungslinien der Spaltblättehen sind recht scharf und haben über- dies in dem fast rechtwinkligen Stande der Kanten © P& (o1o): 2P(221) und ©P(o10): oP(oo1) einen Winkel, der Änderungen leicht zum Ausdruck bringen würde. Die Messungen unter dem Mikroskop ergaben keine merklichen Winkelunterschiede zwischen den unerhitzten und den erhitzten Plättchen. Es ist dies ein Ergebniss, welches ganz den Untersuchungen am Natrolith entspricht, bei dem die starken Umänderungen gleichfalls im Rahmen der alten Form vor sich gehen. Analeım. Es ist eine altbekannte 'Thatsache, dass dies Mineral, welches die Formen des regulären Systems in deutlicher Weise zur Schau trägt, in seinen optischen Eigenschaften sieh anisotrop verhält. Nach den Anschauungen von Brx-Saupe' sendet jede Fläche in’s Krystallinnere einen Sector, dessen Basis die betreffende Krystall- fläche ist, und dessen Spitze im Krystalleentrum ruht. ! Arrreno BEn-Savpe: Über den Analeim. N. Jahrb. für Mineralogie. 1882. Bd.I 8:41. Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1189 Man kann hiernach bei den rein ikositetraedrischen Analeimen 24 Sectoren zählen und 30 wenn auch der Würfel an der Krystall- gestalt betheiligt ist. Nach MarrArn! zerfällt der Analeim zwillingsmässig zunächst in sechs Seetoren und zwar in solche pseudoquadratischer Art. Die Riehtungen der scheinbaren optischen Axen verlaufen wie die drei Hauptaxen des Würfels. Jeder dieser pseudoquadratischen Sectoren besteht in Wirklich- keit aus vier Individuen rhombischer Art. Die vom Verfasser zu den Erhitzungsversuchen benutzten Kry- stalle von St. Andreasberg im Harz und von den Cycelopeninseln bei Catania erwiesen sich nach dem von BEn-SaupE gegebenen Schema zusammengesetzt. Sie zeigten sich sehr widerstandsfähig gegen selbst starke Tem- peraturerhöhung. Erst sehr spät trat völlige Trübung ein. Es ist indess bereits vorher in den ersten Stadien der Umänderung Öl ein vortreffliches Klärungsmittel für die getrübte Substanz. Nach dem Wasserverlust wiesen die Platten eine beträchtliche Steigerung der Doppelbrechung auf, ganz im Einvernehmen mit den Versuchen, über welche Brn-Sıupe, ©. Krem, STADTLÄNDER früher berichtet haben. Nach Anwendung starker Glühhitze traten die Feldertheilungen vorzüglich heraus, so dass ein näheres Studium der Analeimstruetur möglich wurde. Diese Untersuchungen ergaben eine bemerkenswerthe Ähnlichkeit im Aufbau des mehr oder minder stark entwässerten Analeims mit dem des Leueits, eine Ähnlichkeit, auf welche bereits von Srapr- LÄNDER” im Allgemeinen hingewiesen worden ist. Da vom Leueit keine vorherrschend würfelförmigen Krystalle bekannt sind, so ist auch nur zwischen den Ikositetraedern des Analeims und denen des Leueits ein Vergleich berechtigt. Wie be- kannt” baut sich der Leueit der Art aus rhombischen Theilen zwillings- mässig auf, dass sechs Individuen sich so vereinigen, dass ihre ersten, positiven Mittellinien in die Richtung der drei Hauptaxen des Ikösi- tetraeders fallen. Der Winkel der optischen Axen ist fast 0°, so dass von pseudoquadratischer Symmetrie gesprochen werden kann. ! E. MaArrarv: Explication des phenomenes optiques anomaux etc. Annales des mines 1876. ® C. SrapreÄnder: Beiträge zur Kenntniss der am Stempel bei Marburg vor- kommenden Mineralien: Analeim, Natrolith und Phillipsit. N. Jahrb. f. Mineralog. 1885. B. Il. S.ıo1ı. ® C. Kreın: Optische Studien am Leueit. N. Jahrb. f. Mineralog. 1885. B. Bd. III. S. 522. - Sitzungsberichte 1890. 100 1190 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Auch der Analeim schickt nach Art des Leueits sechs pseudo- quadratische Sectoren in’s Krystallinnere. Jeder dieser »Hauptsectoren«, die beim Leueit abgesehen von der Zwillingslamellirung einheitlich sind, zerfällt durch doppelte Zwillingsbildung in vier »Einzelseetoren« nach den zwei seiner Längsrichtung parallelen Würfelflächen. Auf diese Art kommt es, dass jede der 24 Ikositetraederflächen ihren Einzelsector in’s Krystallinnere schickt. Je vier um eine octa- edrische Ecke des Krystalls herumliegende Flächen senden einen Hauptseetor aus. Auf den Schliffen verschiedener Lage liegen die Verhältnisse ganz der Darstellung entsprechend, die Bex-Saupr von unerhitzten Krystallen giebt. Sie treten an den vorliegenden, geglühten Krystallen besonders deutlich heraus, so dass auch die Erscheinungen im ceon- vergenten, polarisirten Lichte gut zu beobachten sind und hier wieder- gegeben werden können. Platten parallel oo O oo (100). a) Platten durch die vier Flächen an den octaedrischen Ecken. Dieselben gehen nur durch einen Hauptsector, welcher in vier Einzelsektoren zerfällt. Alle vier Felder des Schliffes sind fast gleich- - artig getroffen. Man erblickt auf jedem im convergenten, polarisirten Lichte ein Axenkreuz, welches das Curvensystem um die erste, negative Mittellinie mit sehr kleinem Winkel der optischen Axen darstellt. b) Platten durch die acht Flächen an den Mittelkanten des Ikositetraeders. Diese ungefähr durch die Mitte der Krystalle geführten Schliffe durchschneiden vier Hauptseetoren, deren Längsrichtungen mit den zwei Hauptaxen zusammenfallen, welche in der Ebene des Schliffes liegen. Die Grenzen zwischen diesen vier Seetoren ziehen mithin auf die stumpfen Ecken des Schliffes, deren Verbindungslinien die digonalen Axen des Ikositetraeders sind. Die Gruppirung in vier Hauptsectoren tritt auf diesen Schliffen vorzüglich bei der Betrachtung mit: dem Gypsblättchen vom Roth erster Ordnung heraus: die zusammengehörigen Felder erscheinen gleichgefärbt. Jeder der durchschnittenen vier Hauptsectoren ist der Länge nach zweigetheilt, so dass also in Wirklichkeit eine Achttheilung vorhanden ist, indess fallen die Auslöschungsrichtungen der zwei einen Hauptsector bildenden Einzelsectoren nahe zusammen. Im convergenten, polarisirten Lichte erscheint auf den Feldern ein centrisches Curvensystem wie um eine positive Mittellinie bei grossem Winkel der optischen Axen oder um die optische Normale. Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1191 Platten parallel O(111). Solche Schliffe, randlich geführt, durehschneiden drei Hauptseetoren und weisen dem entsprechend eine Dreifeldertheilung auf. Im convergenten, polarisirten Lichte erkennt man die Arme des Axenkreuzes beim Drehen des Objeettisches nacheinander. Platten parallel 202(112). Dieselben bilden, falls sie ganz äusserlich vom Krystall genommen sind, die Basis eines Einzelseetors und erscheinen deshalb einheitlich ohne Feldertheilung. Die Schliffe sind schief gegen die scheinbare optische Axe der pseudoquadratischen Individuen geführt. Man erblickt deshalb im convergenten, polari- sirten Lichte das Axenbild entsprechend verschoben. Fasst man die Erscheinungen zusammen, welche der Analeim im unerhitzten Zustande aufweist, so ist es geboten mit Prof. ©. KLem für das normale Mineral mit der regulären Form auch die Isotropie der Substanz anzunehmen. Solch’ normaler Analeim liegt an einzelnen Stellen nicht erhitzter Krystalle noch vor. Sie sind isotrop und zeigen im Gegensatz zu den optisch einaxigen Stellen kein Interferenzbild im convergenten, polarisirten Lichte. Eine Erhöhung der Temperatur treibt nun aus dem nach der Formel Na,Al,Si,O,,+2aq aufgebauten Silicat Wasser aus und nähert die Substanz immer mehr in ihrer Zusammensetzung einem dem Leueit K,Al,Si,O,, entsprechenden Natronleueit (Na, Al,Si,O,). Im Hinblick auf diese chemischen Verhältnisse hat die im Einzelnen nachgewiesene Strueturähnlichkeit des entwässerten Analeims und des Kalileueit sein besonderes Interesse.' Nach dem Glühen des Analeims liegt trikliner Natron- leueit vor. Derselbe ist in den ikositetraedrischen Kry- stallen dem rhombischen Kalileueit entsprechend aus sechs pseudoquadratischen Hauptsectoren aufgebaut, deren Längs- richtungen liegen wie die drei Hauptaxen des Würfels. Jeder der Hauptsectoren zerfällt zwillingsmässig nach den seiner Längsrichtung parallelen zwei Würfelebenen in vier Einzelseetoren. Die Doppelbrechung um die erste Mittel- linie, welche in jedem Einzelseetor etwa 4° von der Rich- ! Bekanntlich hat Leusere bei seinen schönen Versuchen über die Umbildung von Silicaten Leueit in eine Substanz übergeführt, der die Zusammensetzung des Anal- eims zukommt. Wenn nun auch von den Genannten nicht die Beobachtung gemacht ist, dass die betreffende Substanz die physikalischen Eigenschaften, insbesondere die optische Struetur des Analeims besitzt, so sind doch die nahen, genetischen Bezie- hungen zwischen den beiden Silicaten von Interesse, auch für die in Rede stehenden Untersuchungen des Verfassers. 100* 1192 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. tung der anliegenden Hauptaxe des Ikositetraeders ab- weicht, ist negativ. Der Kalileueit und das Glühproduet des Analeims, der Natron- leueit, stehen mithin in einem ähnlichen Verhältniss wie der Kali- feldspath Sanidin und der Natronfeldspath Albit, bei welchen gleichfalls die Natriumverbindung die minder symmetrische ist. Lässt man stark erhitzte Analeimplatten an der wasserdampf- haltigen Luft liegen, so kehren sie nicht in ihren Zustand, den sie vor der Erhitzung besassen, zurück Noch immer weisen sie die stär- kere Doppelbrechung auf, welche sie durch das Erhitzen annahmen. Chabasit. Nach den Untersuchungen von Becke' kommt dem Chabasit das trikline System zu, und die scheinbar rhomboedrischen Krystalle bauen sich nach diesem Forseher durch Zwillingsbildung aus je sechs Individuen auf. Wie bekannt, sind die Chabasite auf den Rhombo- ederflächen mehr oder minder deutlich zweifach, nämlich nach den Begrenzungskanten zu den anliegenden Rhomboederflächen, gestreift. Jedes dieser beiden Streifensysteme auf einer Rhomboederfläche gehört einem Individuum an, deren mithin 3mal 2—= 6 um den Krystallpol herum liegen. Der Aufbau der Chabasitrhomboeder vollzieht sich, bei den ein- zelnen Vorkommnissen verschieden, nach drei Gesetzen. Bei den einen werden die äusseren Rhomboederflächen durch die Flächen der Basis der triklinen Individuen gebildet, bei den zweiten durch die Flächen des vorderen Pinakoids, bei den dritten durch die Flächen des seitlichen Pinakoids. Da auf diesen drei verschiedenen Flächen auch abweichende Auslöschungsrichtungen herrschen, so kann man durch die Bestim- mung der Auslöschungsrichtungen auf den Rhomboederflächen im Verein mit den Erscheinungen im convergenten, polarisirten Lichte erkennen, welchem Typus die betreffenden Krystalle angehören. Bezeichnende Merkmale sind folgende. Bei dem ersten Typus erkennt man auf den Rhomboederflächen zwei der kurzen Diagonale (Mittellinie) der Fläche anliegende Aus- löschungsriehtungen, deren Winkel von etwa 24° nach oben geöffnet ist (Fig. 29). Bei dem zweiten Typus bilden diese Auslöschungsrichtungen einen Winkel von etwa 46°, der nach unten offen ist (Fig. 30). ! Frieprıcn BEcKE: Über die Zwillingsbildung und die optischen Eigenschaften des Chabasit. Mineral. u. petrogr. Mittheilungen. Herausg. v. G. Tschermar. Neue Folge Bd. II. S. 391. 1880, Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1193 OOO® Fig. 29. Fig. 30. Fig. 31. Bei dem dritten Typus schliessen die betreffenden Richtungen einen nach unten geöffneten, sehr kleinen Winkel ein (Fig. 31). Entsprechende Verschiedenheiten zeigen sich auf der angeschliffenen Basisfläche des Rhombo- eders' (Fig. 32). Solche Schliffen zerfallen im Normalfalle in sechs Felder, welehe durch scharfe und da- zwischen liegende verwaschene Grenzen abge- getheilt sind. Erstere ziehen nach den Ecken der angeschliffenen Basis, also nach den Kanten des Rhomboeders, letztere nach den Mitten der Fig. 32. Seiten, also auf die Mitte der Flächen des Rhomboeders. Die Auslöschungsrichtungen weichen von der parallelen und senkrechten Lage zu den begrenzenden Rhomboederkanten ab. Zur Örientirung über die Lage der Ebene der optischen Axen kann man festhalten, dass nach Becke beim ersten Typus diese Ebene senk- recht zu der, von der Kante nach dem Rhomboeder etwas ab- weichenden Auslöschungsrichtung steht, während sie beim zweiten Typus in diese Auslöschungsrichtung fällt. Den selteneren dritten Typus konnte Beeke in Platten nach der Basis der Rhomboeder leider nicht studiren. Bei einem Chabasit des ersten Typus von Far-Oer gewahrte der erwähnte Forscher bei der Betrachtung einer oR(ooo1)-Platte das Curvensystem um eine negative Mittellinie. Auf Grund der scharfsinnigen Darlegungen Becre’s ist es nach einiger Übung möglich, sich in dem Feldergewirre der Chabasit- schliffe zurecht zu finden. Nach den Erfahrungen des Verfassers ist nun beim Studium des Chabasits die Beobachtung mit Hülfe des Gypsblättchens vom Roth ı. Ordnung von besonderem Nutzen, insofern als hierbei eine Grup- pirung der einzelnen untersuchten Vorkommnisse in zwei leicht zu trennende Abtheilungen sich ergiebt. Bei den einen ist auf den 1194 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Rhomboederflächen die Auslöschungsrichtung, welche der kurzen Dia- gonale (Projeetion der Axe c) anliegt, Richtung der kleineren, bei der andere Gruppe Richtung der grösseren Elastieität, ein Unterschied, der sich durch die blaue bez. gelbe Abtönung der in den Polari- sationsfarben erscheinenden Durchschnitte bequem erkennen lässt. Diesem Unterschiede entsprechend erscheint bei den ersteren auf den Schliffen parallel oR(oo0ı) das Curvensystem um eine positive, bei letzteren um eine negative Mittellinie. Fernerhin ist die Lage der Ebene der optischen Axen bei den Gliedern der beiden Gruppen eine verschiedene." Bei der ersten fällt diese Ebene in diejenigen Auslöschungsriehtungen auf oR(ooo1), welche sich den Senkreehten auf den äusseren Begrenzungslinien nähern, bei der zweiten in die Aus- löschungsrichtungen, welche diesen Begrenzungslinien anliegen. Da hiernach mit der Art der Doppelbrechung auch die Lage der Ebene der optischen Axen wechselt, bleiben mithin die Aus- löschungsriehtungen auf oR(oo01), welche den Begrenzungslinien an- liegen, immer Riehtungen kleinerer Elastieität, so dass ohne Anwen- dung des convergenten, polarisirten Lichtes auf den Dünnschliffen noch oR(oo01) von den bedeutenden Verschiedenheiten der Glieder der beiden Gruppen nichts Auffälliges zu Tage tritt. Die Beziehungen der beiden Abtheilungen zu einander werden dureh die Erhitzungsversuche zum Theil klargelegt. Es sollen hier die Erfahrungen, welche an den Chabasiten von Göttenbach bei Idar a. d. Nahe, Osteroe (Far-Oer) und von Aussig gemacht wurden, mitgetheilt werden. Der Chabasit von Idar, welcher klare, kleine Krystalle ein- facher und nach oR(0001) verzwillingter Art bildet und nur die Formen des Rhomboeders R(1o11) zeigte, gehört zur ersten der er- wähnten beiden Gruppen. Die Rhomboederschliffe sind, abgesehen von kleineren Rand- feldern, zweigetheilt nach der kurzen Diagonale, zu welcher Linie die anliegenden (positiven) Auslöschungsrichtungen einen nach unten offenen Winkel bilden. Die vorliegenden Platten zeigen die Aus- löschungen nicht symmetrisch zu der Zwillingsgrenze. Je eine Hälfte ı Wie bei den übrigen Zeolithen, wurden auch beim Chabasit die Unter- suchungen im convergenten, polarisirten Lichte mit Hülfe des umgewandelten Polari- sationsmikroskopes angestellt, welches auch bei schwach doppelbrechenden Mineralen eine Beobachtung der charakteristischen Interferenzeurven und besonders ihres Lagen- verhältnisses zu den Begrenzungselementen zu machen gestattet. Der Chabasit ist in dieser Hinsicht nicht ohne besondere Mühe zu bearbeiten. In zweifelhaften Fällen leistet die Anwendung der Monobromnaphtalinimmersion, sowie die Benutzung des Gypsblättchens vom Roth r. Ordnung im convergenten, polarisirten Lichte gute Dienste. Über letztere Methode gedenke ich demnächst im N. Jahrb. f. Mineralogie zu berichten. Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 93 der Platte löscht deutlich unter einem Winkel von etwa 28° zu der kurzen Diagonale aus, die andere Hälfte unbestimmter und unter kleinerem Winkel. Im umgewandelten Polarisationsmikroskop bemerkt man auf dem letzterwähnten Plattentheile den fast senkrechten, auf der anderen Schliffhälfte den schieferen Austritt einer seitlich ver- schobenen, optischen Axe. Entzieht man solchen Schliffen durch Erhitzen Wasser, so gehen sehr bemerkenswerthe Veränderungen vor sich, die in den optischen Merkmalen folgenden Ausdruck finden. Unterbricht man die Erhitzung nach kurzer Zeit, so gewahrt man, dass eine Wanderung der Auslöschungsrichtungen stattgefunden hat, welche nunmehr einen nach oben offenen Winkel von (in dem zur Besprechung dienenden Einzelfalle) 2 mal 15 = 30° bilden. Zugleich ist die Auslöschungsriehtung, welche der kurzen Diagonale anliegt, die (negative) Richtung grösserer Elastieität geworden, d.h. die Platte hat nunmehr die Eigenschaften einer solchen der zweiten der vom Verfasser aufgestellten Chabasitgruppen angenommen. Im convergenten, polarisirten Lichte erscheinen nicht mehr die seitlich verschobenen Axenbarren, sondern Interferenzeurven der Art, wie sie um eine Mittellinie auftreten. Setzt man die Erwärmung an derselben Platte fort und unterbricht den Versuch nach einiger Zeit, so bemerkt man jetzt wiederum eine Annäherung an das ursprüng- liche Aussehen. Die Auslöschungen bilden beiderseits der kurzen Diagonale einen nach unten offenen Winkel, und die beiden die Schenkel dieses Winkels darstellenden Richtungen haben wiederum positiven Charakter. Es ist dieser Zustand eine Vorstufe zu dem Stadium, in welches die Schliffe durch ankaltendes Erhitzen über der Spirituslampe oder kürzeres über dem Buxsen’schen Brenner gelangen, und welcher sich dadurch offenbart, dass die betreffenden Auslöschungsrichtungen von positivem Charakter einen recht kleinen, nach unten offenen Winkel (von etwa ı2°) bilden. Vor allem ist indess hierbei die Doppelbreehung ausserordentlich gestiegen, und daher kommt es, dass im convergenten, polarisirten Lichte das zu Tage tretende, nach oben verschobene Axenbild von verschiedenen, farbigen Ringen umgeben ist. Bei dem letztgeübten, stärkeren Erhitzen werden die Platten trübe. Die beschriebenen Erscheinungen lassen sich nach der Auf- klärung in Öl erkennen. ; Diese Zustände, in welehe die Rhomboederplatten durch Tempe- raturerhöhungen und damit verbundenen Wasserverlust gerathen, legen einen Vergleich mit den Eigenschaften der Rhomboederschliffe nahe, wie sie nach Becke die Krystalle seines Typus I, II und II 1196 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 13. November. zeigen. Die ursprüngliche Platte entsprach dem Typus II, die mässig stark erhitzte dem Typus I, die sehr kräftig erhitzte den Typus II. Es ist indess durch die Hitzewirkung nicht mehr erreicht als eine Gemeinsamkeit bestimmter Eigenschaften, die sich in der allgemeinen Lage der Auslöschungsriehtungen kund giebt, so dass von einer ein- fachen Überführung eines Typus in einen anderen hier nicht ge- sprochen werden kann. Die Verschiedenheiten zwischen den wechseln- den, durch Erhitzen zu erreichenden Zuständen der Platten und den durch die Natur gebotenen Typen liegen, soweit sie von den in Rede stehenden Rhomboederschliffen ablesbar sind, zunächst in der stärkeren Doppelbrechung der erhitzten Platten und in ihrem labilen Zustande. Die mässig erhitzten Schliffe gehen allmählich durch Wasser- aufnahme in das ursprüngliche Verhältniss zurück, und die stark er- hitzten sind in einen derartigen Spannungszustand gerathen, dass sie beim Liegen an der Luft mit Gewalt in Theilchen zerfallen,. die beim Auslösen der Spannung oft weit weggeschleudert werden. Unter Deckglas, in Canadabalsam, sind auch die erhitzten Platten mit ihren, dem stattgehabten Wasserverlust entsprechenden Eigen- thümlichkeiten haltbar. Die unerhitzten Platten nach o R(oooı) kennzeichnen sich da- durch, dass in jedem der sechs Sectoren im convergenten, polarisirten Lichte das ziemlich schief austretende Curvensystem um eine positve Mittellinie erscheint. Die Ebene der optischen Axen fällt in die (negative) Auslöschungsrichtung, welche sich der Senkrechten auf die äussere Begrenzungslinie des Sectors nähert. Die verschiedenen Zustände der Erhitzung kommen auch auf diesen Platten deutlichst zur Erscheinung. Die schwach erhitzten Platten zeigen nicht mehr das Curven- system um die positive, sondern um die negative Mittellinie. Die Doppelbrechung ist mithin umgeschlagen. Dabei ist aber auch die Ebene der optischen Axen in eine zur ursprünglichen senkrechte Lage übergegangen, so dass im parallelen, polarisirten Lichte ausser einer Verstärkung der Doppelbrechung nichts Auffälliges die eingetretene Veränderung verkündet. Eine Veränderung der Lage der Auslöschungs- riehtungen war mit Sicherheit nicht festzustellen. Setzt man die Schliffe sehr starker Erhitzung aus, so bleibt auch jetzt der Anblick im parallelen, polarisirten Lichte bis auf die sehr erhöhte Stärke der Doppelbrechung im Grossen derselbe. Im convergenten, polarisirten Lichte erblickt man indess jetzt in jedem der noch immer vorhandenen Sectoren ein sehr zierliches Curvensystem von ausgezeichneter Schärfe um die erste Mittellinie, welche senkrecht zur Platte steht. Die Doppelbrechung ist nun Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1.97 wiederum positiv wie in der unerhitzten Platte, und auch die Ebene der optischen Axen ist in die Auslöschungsrichtung zurückgekehrt, welche der Senkrechten auf der äusseren Begrenzungslinie des Sectors sich nähert. Somit stehen die Platten parallel dem Rhomboeder und parallel der Basis in übersichtlicher Beziehung zu einander. Der Chabasit von Osteroe (Far Oer) soll als zweites Beispiel herangezogen werden. Er ist dem soeben geschilderten Chabasit vom Idar in Gestalt und physikalischen Eigenschaften durchaus vergleichbar und ähnlich. Die Unterschiede liegen hauptsächlich in den Winkeln der Aus- löschungen. Die Rhomboederschliffe sind nach der kurzen Diagonale in zwei Hälften getheilt, deren Auslöschungsrichtungen einen der Zwillings- grenze anliegenden, nach unten offenen Winkel bilden, der immer klein ist und zu 11° —-17° gemessen wurde. Die Schenkel dieses Winkels sind Richtungen kleinerer Elastieität. Im convergenten Lichte erscheint auf jedem Felde eine op- tische Axe. Die Platten nach o R(oooı) lassen sich vollständig auf die des Chabasits von Idar beziehen. Es ist bezeichnend für sie, dass auf ihnen das Üurvensystem um eine positive Mittellinie erscheint. Die Ebene der optischen Axen liegt in der (negativen) Auslöschungs- richtung, welche sich der Senkrechten auf der jeweiligen Platten- begrenzung nähert. Die Erhitzung und die damit verbundene Wasserabgabe zieht bei diesem Chabasit ganz dieselben Folgen nach sich wie beim Chabasit von Idar. Der Chabasit von Aussig in Böhmen liefert selten Krystalle, welche sich wie das Vorkommen von Idar aufbauen. Zumeist gehören sie in die zweite Gruppe der Chabasite, bei denen auf den Platten nach o R (0001) das Curvensystem um eine negative Mittellinie erscheint. Das Verhalten der unerhitzten Schliffe ist das Folgende. Die Schliffe nach dem Rhomboeder sind nach der kurzen Diagonale getheilt. Die Auslöschungsrichtungen bilden an der Zwil- lingsgrenze einen nach oben offenen Winkel, dessen Grösse zu 25°, seltener geringer gefunden wurde. Die Schenkel des Winkels sind (negative) Richtungen grösserer Elastieität, wie die Betrachtung mit dem Gypsblättehen vom Roth ı. Ordnung leicht ergiebt. Im convergenten, polarisirten Lichte erscheint auf jeder Hälfte ein Interferenzbild, wie es um Mittellinien auszutreten pflegt. 1198 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. Erhitzt man solche Schliffe auf dem Objeetträger über der Spiritus- lampe, so bemerkt man bald ein Wachsen der Auslöschungsschiefen und ein Stärkerwerden der Doppelbrechung, welch’ letzteres ganz be- sonders im konvergenten, polarisirten Lichte zu erkennen ist. Bei stärkerem Wasserverlust erscheint der Winkel der Auslöschun- gen, der im unerhitzten Schliffe nach oben offen war, nach unten ge- öffnet, und zugleich sind die Schenkel dieses Winkels Richtungen kleinerer Elastieität geworden. Auf diese Weise sind die Platten in ein Stadium getreten, das auch bei den Chabasiten von Idar und Österoe nach längerem Erhitzen erreicht wurde. Von diesem Zustand ab verlaufen die Veränderungen, welche bei weiterem Wasserverlust eintreten, bei allen drei Vorkommnissen gleich- mässig, d. h. auch beim Chabasit von Aussig wächst die Doppelbrechung allmählich bis zu grosser Stärke an. Die Auslöschungsrichtungen an der Zwillingsgrenze bilden dann einen nach unten offenen, kleinen Winkel. Die ergänzenden Daten liefern die Schliffe nach der Basis. Die Mittellinie, um welche das Curvensystem auf diesen Platten er- scheint, hat negativen Charakter der Doppelbrechung. Die Ebene der optischen Axen fällt in die (positive) Auslöschungsriehtung, welehe der äusseren Begrenzung der Sectoren sich anlegt. Führt man die Substanz der Schliffe in die wasserärmere Verbindung über, so kehrt sich das Zeichen der Doppelbrechung um, und zugleich ist auch die Lage der Ebene der optischen Axen verändert. Sie liegt nunmehr in der (nega- tiven) Auslöschungsrichtung, welche der Senkrechten auf der äusseren Begrenzung der Seetoren sich zuneigt. In Folge der starken Doppel- breehung ist das Curvensystem ein sehr scharfes, und da der Axen- winkel nicht gross ist, ein übersichtliches. Auch diese Zustände des Chabasits von Aussig sind labile. Lässt man nicht zu stark erhitzte Schliffe an der Luft liegen, so kehren sie aus dem Stadium der positiven in das der negativen Doppelbrechung zurück. Die geglühten Schliffe, die mithin am meisten Verluste an Wasser gehabt haben, zerfallen leicht in Folge innerer Spannungen. Alle diese Erhitzungszustände sind indess bei Wasserabschluss haltbar. Die betreffenden Platten können unter Deckglas im Canada- balsam bequem für das nachträgliche Studium aufbewahrt werden. Vergleicht man die Veränderungen, welche die verschiedenen Vor- kommnisse durch die Temperaturerhöhung erfahren, miteinander, so tritt eine bereits angedeutete Beziehung nunmehr deutlich heraus. Es seien die Chabasite, bei denen auf oR(o001) das Curvensystem um eine positive Mittellinie zu erkennen ist, kurz positiv doppel- brechende, die, bei denen die Interferenzeurven um eine negative Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1199 Mittellinie auf der nämlichen Platte erscheinen, negativ doppelbrechende genannt. Die positiv doppelbrechenden Chabasite (Idar, Osteroe) nehmen beim Erhitzen, d. h. durch gleichzeitige Vermin- derung ihres Wassergehaltes, die optischen Eigenschaften der negativ doppelbrechenden an. Ein weiteres Erhitzen verändert beide Arten der Chabasite gleichmässig zu stark positiv doppelbrechenden. In allen Erhitzungszuständen bleibt die Zwillingsbildung (das trikline System) erhalten. Es ist mithin kein Zweifel, dass die künstlich hergestellten ne- gativ doppelbrechenden Chabasite weniger Wasser besitzen als die positiv doppelbrechenden, aus denen sie durch Wasserentziehung ge- wonnen sind. In der Natur findet man nun positiv und negativ doppelbrechende Chabasite. Die Vermuthung liegt nicht fern, dass es wesentlich eine Verschiedenheit des Wassergehalts ist, welche mit diesen optischen Unterschieden Hand in Hand geht. Diese Vermuthung soll natürlich nur mit dem nöthigen Vorbehalt ausgesprochen sein. Dass der Wassergehalt bei den Chabasiten verschiedener Vorkomm- nisse, ja im selben Krystalle schwankt, hat bereits Hr. Prof. C. Krem' aus dem verschieden starken Grade der Doppelbrechung erschlossen, welche die Chabasite verschiedener Fundpunkte zeigen, olıne dass den Krystallen durch Schleifen und das damit verbundene Erhitzen beim Einlegen in Kitt oder Balsam Wasser entzogen wäre. Weitere Untersuchungen, bei denen die chemische und die optische Analyse vereint werden müssen, werden die genaueren Verhältnisse erkennen lassen. Die im Obigen zur Darstellung gebrachten Ergebnisse sollen zum Schluss eine zusammenfassende Besprechung erfahren, insofern wenig- stens als sie drei Capitel der Mineralogie, nämlich die Lehre von der Morphotropie, von der Krystallstruectur und von den optischen Ano- malien berühren. Die Lehre von der Morphotropie geht von der Frage aus, welche Veränderungen erfährt die Krystallgestalt einer Verbindung XYZ, wenn einzelne Atome oder Atomgruppen durch andere ersetzt werden, ! ©. Krein: Krystallographisch-optische Untersuchungen, vorgenommen an Rho- dixit, Jeremejewit, Analeim, Chabasit und Phakolith. Sitzungsb. d. K. Pr. Akad. d. Wissensch. z. Berlin 1890. XXXU. S. 703. 1200 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 13. November. XYZ z.B. inXYW übergeführt wird. Derartige durch »Substitution« bewirkte Veränderungen sind bereits reichlich zur Kenntniss gebracht worden. Sie haben zur Aufstellung von Regeln der Morphotropie geführt, welche ganz besonders den »morphotropischen Werth« der einzelnen Atome und Atomgruppen in: den verschiedenartig zu bewerk- stelligenden Substitutionen betreffen. Viel weniger bekannt sind die charakteristischen Gestaltsähnlich- keiten und Gestaltsunterschiede zwischen Verbindungen, die nicht in dem einfachen Verhältniss einer chemischen Substitution, wie XYZ und XYW zu einander stehen, vielmehr nur durch eine »chemische Verwandtschaft« oder Ähnlichkeit verknüpft sind. In einem derartigen Verhältniss würden z. B. die Verbindungen XYZ und XY zu ein- ander stehen, die gemeinsame Bestandtheile führen, aber nicht durch »Substitution« ohne Weiteres aus einander abgeleitet werden können. In der Mineralwelt kommen für letzteres Verhältniss der chemischen Verwandtschaft vor allem die wasserhaltigen und die entsprechenden wasserfreien bez. wasserärmeren Verbindungen in Betracht, wie z. B. Gyps und Anhydrit, gewisse Zeolithe und die Feldspathe u. s. w. Es liegt kein Grund vor, derartige Beziehungen aus der Lehre von der Morphotropie auszuschliessen, ebensowenig wie die vergleichende Betrachtung der Krystallgestalten von Verbindungen, die wie Arragonit und Kalkspath bei gleicher empirischer Zusammensetzung im Ver- hältniss der physikalischen Isomerie zu einander stehen. Für die in Rede stehenden Untersuchungen kommen nur die Zeolithe in Betracht, welche als wasserhaltige Silicate zu wasserärmeren bez. wasserfreien Silicaten in Beziehung zu bringen sind. Solche ent- sprechende Verbindungen liegen nun zum Theil in der Natur vor. Anderseits stehen ihrer künstlichen Erzeugung keine Schwierigkeiten entgegen: Hitzewirkungen vertreiben mehr oder minder grosse Wasser- mengen aus dem Verbande der aufbauenden Theilehen. Die Unter- suchung solcher Verbindungen war der Zweck vorliegender Arbeit. Die künstliche Darstellung der zu vergleichenden Substanzen hat den Vorzug der grösseren Vollständigkeit des Vergleichsmaterials. Bei den natürlichen Verbindungen muss man sich eben mit den vor- handenen Mineralen begnügen, so dass grosse Lücken bei den Ver- gleichungen nicht ausbleiben. Einige solche Beziehungen zwischen Zeolithen und in der Natur vorhandenen, wasserfreien Verbindungen sollen zunächst hier kurz angedeutet werden. Die Formel des Heulandits CaAl,Si,O,,+ 5aq entspricht bis auf das Wasser ganz der des Albits Na,Al,Si;O,,, die wiederum mit der des isomorphen Kalkfeldspathes Anorthit in bekannter Weise in Ein- klang zu setzen ist. Rınne: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1201 Vergleicht man die Formen von Heulandit und Anorthit so empfiehlt es sich, ersterem die Stellung zu geben bei welcher die bei der üblichen Aufstellung (vergl. z. B. Lehrbuch von Naumann 1885. S.714) zur Basis genommene Fläche zuooP%X (100) wird. Der Heu- landit stellt dann einen rhombisch erscheinenden Flächeneomplex dar, der Form oP& (010); oPm (100); oP(ooı); Px (101), dessen rhombisches Aussehen in der fast gleichen Neigung von o P (001) und Px (101) zur Verticalaxe begründet ist. Wie bekannt fällt auch bei den Feldspathen der Umstand, be- sonders in den einfacheren Combinationen, z. B. des Adulars, auf, dass oP(ooı) und Px (101) in ihrer fast gleichen Neigung den Krystallen ein rhombisches Äussere geben. Die Ähnlichkeiten zwischen Heulandit und den Feldspathen sind aber nicht nur der allgemeinen Flächenanlage nach vorhanden, sie erstrecken sich vielmehr selbst auf die Grössen der Winkel. In folgender Tabelle ist die Hauptzone des Heulandits, die der Axe b, mit der entsprechenden des Anorthits verglichen. Heulandit Anorthit SPS ltE0)zoP(001) 116.20 .coP&s(100): oBloen) 17693: e/Bl(oon)2Beslror) — 120240: NiolB(eon)ı:,P,eei(rar)— 128034. Beslror): sobeo(T00) — 114 0!) ;B,oo (100): &oP&(100) — u15°237. Die Ähnlichkeit ist eine so grosse, dass sie in Anbetracht der beträchtlichen chemischen Verschiedenheit der beiden Minerale über- rascht und nicht zu den »Zufälligkeiten« gezählt werden kann, zumal ähnliche Verhältnisse bei anderen Mineralen wiederkehren. Die Formverwandtschaft beschränkt sich wesentlich auf die Haupt- zone der beiden Minerale. Die als kleinere Flächen erscheinenden Ge- stalten des Heulandits finden, wenigstens bei der letztgeübten Auf- stellung, keine Analogie unter den Flächen des Anorthits. Es erinnert dies letztere Verhältniss an das, in welchem bekannter- maassen Körper zu einander oft stehen, welche, durch Substitution von einander ableitbar, ihre morphotropische Beziehung der Art aus- gedrückt zeigen, dass im Axenverhältniss eine Axe bei beiden in ihrer Länge annähernd gleich ist, eine andere beträchtliche Verschieden- heiten aufweist. Es ist bekannt, dass auch andere Zeolithe in ihrer Gestalt und Bauweise mancherlei Ähnlichkeiten mit den ihnen entsprechenden wasserfreien Silicaten zeigen. Es sei hier noch die Desmingruppe und der Analeim berührt. Die Angehörigen der Desmingruppe, vor allem Desmin, Har- motom und Phillipsit, sind, wie bekannt, ganz den triklinen Feld- 1202 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. spathen entsprechend aufgebaut.‘ Man kann die Zwillingsgesetze der Plagioklase ohne weiteres auf sie übertragen. Trikline Individuen vereinigen sich zu Zwillingen nach dem Albitgesetze, welche wiederum durch Zwillingsbildung nach oP(oo1) zu einem höheren Complex erhoben werden. Diese Zwillingsstöcke durchkreuzen sich recht- winkelig nach dem BAvEnoEr Gesetze der Feldspathe. In den Winkel- verhältnissen sind gleichfalls Ähnlichkeiten nieht zu verkennen. Anor'thit Desmin: ı118°50' oP(110):coP(110) {Phillipsit: 119° 18 Harmotom: 120° ı &P(110):@oPiTro) — 120. 300504 (Desmin: 129° 11" 8 = (Phillipsit: 124° 23’ Beinen Harmotom: 124° 50’ EReT- 8. Desmin: O4 a5 > e . n ana 87° 5640 RN N 3, nern: Bor2u 20, Wa 20.3347 „\ 2.P,00.(0217)2.2 P co(027) Einen fast rechtwinkeligen Klinodomenwinkel findet man auch beim Gismondin. Die hedeutsame Formengleichheit zwischen Leueit und den meisten Vorkommnissen des Analeim ist hinlänglich bekannt, und die chemische Analogie zwischen beiden eine auffällige. Hier ist nur der reguläre Analeim mit normalem Wassergehalt zum Vergleich heranzuziehen, der, wie es durch mannigfache Untersuchungen dargethan ist, in manchen Krystallen wenigstens stellenweise noch vorhanden ist und, wie Prof. Kreıy gezeigt hat, nachdem bereits A. Merıaw eine Verringerung der Stärke der Doppelbrechung bei der gelinden Erwärmung des Analeims im Wasser- oder Paraffinbade festgestellt hatte, aus anisotropen Anal- cimen durch Erhitzen unter Zufuhr von Wasserdampf in vollständiger Weise rückerzeugt werden kann. Der Leueit hat die Formel K,Al,Si,O,,, der Analeim Na, Al,Si,O,,+ 2aq. Der nächste vergleichbare, wasser- freie Körper würde für Analeim der Natronleueit sein. Der Kalileueit und der Analeim stehen nicht nur in dem weiteren Verhältniss einer chemischen Verwandtschaft zu einander, sondern auch im engeren Substitutionsverhältniss, da K auf der einen Seite, Na auf der anderen vorhanden ist. Nichts destoweniger erscheinen die Formen beider gleich. Es muss deshalb auch dem in der Natur noch nicht ge- fundenem Natronleueit die reguläre Gestalt zugeschrieben werden, die in dem Analeim, als der entsprechenden Zeolithverbindung, trotz des Wassergehalts erhalten bleibt. ! Vergl. P. Grorn, Tabellarische Übersicht der Mineralien. 3. Aufl. 1889. S. 148. u = £ . | = e Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1203 Derartige Beispiele für nahe Beziehungen der Gestalten von Zeolithen und der ihnen parallel zu stellenden, wasserfreien Silicate liessen sich im Hinblick, z. B auf Epistilbit, Chabasit und andere noch vermehren. Es seien an dieser Stelle indess nunmehr die künstlich mehr oder minder wasserarm gemachten Verbindungen betrachtet, welche man aus den Zeolithen durch Hitzewirkung er- langen kann. Es drängt sich bei diesen Vergleichen die Thatsache unabweisbar auf, dass viele der in der Natur vorliegenden Zeolithe in ihrer Gestalt scheinbar eine hohe Symmetrie darstellen, welche nicht ihren Einzeltheilchen zukommt, vielmehr das Ergebniss einer oft verwickelten Zwillingsbildung ist. Beim Erhitzen gehen sie zum Theil thatsächlich in das System über, welches sich in ihrem ge- wöhnlichen Zustande darzustellen scheinen und durch Zwillingsbildung gewissermaassen anstreben. Es ist dies Verhältniss am einfachsten gewiss im Hinblick auf die Gesetze der Morphotropie zu fassen. Es liegen vor und nach dem Erhitzen zwei chemisch verschiedene Substanzen vor, welche indess sich immerhin so nahe stehen, dass ihrer empirischen Zu- sammensetzung nach nur ein mehr oder minder grosser Wassergehalt sie scheidet. Diese chemisch entfernt verwandten Körper sind zwar auch ihrem Symmetriegrade nach zu unterscheiden, indess wird ander- seits die nahe gegenseitige Beziehung auch in der Form dadurch zum Ausdruck gebracht, dass der niedersymmetrische Körper durch Zwillingsbildungen dem höher symmetrischen sich nähert. In einem solchen Verhältniss stehen zu einander Desmin und sein Entwässerungsproduct, der Metadesmin, Epistilbit und Meta- epistilbit, Skoleeit und Metaskoleeit (zweiter Art). Die unveränderten Zeolithe erscheinen durch Zwillingsbildung rhombisch. Ihre Ent- wässerungsproducte sind es in der That. Bei anderen Zeolithen wird dieselbe morphotropische Beziehung nieht durch zwillingsmässige Verbindung niedersymmetrischer Theile zu höher symmetrischen Einheiten ausgedrückt, sondern die Einzel- theile selbst nähern sich bereits der höheren Symmetrie, welche ihre Entwässerungsproduete besitzen. Hierfür liefert der Heulandit ein Beispiel, welcher ohne Zwillingsbildung bereits das rhombische System in seiner Gestalt andeutet, welches der erhitzten (d.h. mehr oder minder stark entwässerten) Substanz zukommt. Eine fernere Gruppe von Zeolithen lässt sich in wasserärmere Verbindungen überführen, welche mit ersteren das Krystallsystem theilen. Hier ist der Symmetrieunterschied bei den sich entsprechen- den Verbindungen mithin verschwunden. Hierher gehören Harmotom und Phillipsit sowie Chabasit. Alle drei gehören in den vom Ver- 1204 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 13. November. fasser untersuchten Vorkommnissen und in dem Zustande, in dem sie in der Natur vorliegen, in das trikline System, und auch ihre Ent- wässerungsproduete sind in diese Gruppe zu stellen. Immerhin sind dann noch die physikalischen Verhältnisse, wie sie in den optischen Eigenschaften sich ausdrücken, von wesentlicher Verschiedenheit bei den zusammengehörigen, Wasser in verschiedener Menge führenden Verbindungen. Doch auch diese Unterschiede können schliesslich gering werden und sich, wie es beim Thomsonit geschieht, wesent- lich auf den Grad der Doppelbrechung beschränken. Solchen Verhältnissen sind als Gegensätze die entgegenzustellen, wie sie sich beim Natrolith und Metanatrolith vorfinden. Ersterer gehörte nach dem optischen Befund der untersuchten Krystalle dem rhombischen System an. Der Metanatrolith ist in das monokline System zu stellen. Die wasserreichere Verbindung ist hier die höher symmetrische. Das Gesetz der Erscheinungen ist aber auch hier nicht zu verkennen. Die niedersymmetrische Verbindung ahmt durch oft verwickelte Zwillingsbildung die Gestalt der höher symmetrischen nach, und nur die physikalische Untersuchung deckt das wahre Ver- hältniss auf. Die Lehre von der Krystallstructur wird durch die vorliegenden Untersuchungen unmittelbar berührt. Es ist gezeigt worden, dass das Krystallgefüge weitgehende innere Veränderungen verträgt, ohne einen Zusammensturz zu erleiden. Die Umänderungen fallen in den Bereich der Pseudomorphosen- bildungen. In neuerer Zeit sind mannigfache derartige Umstellungen bekannt geworden, welche in die besondere Abtheilung der Para- morphosen gehören. In diesem Sinne, als Paramorphosenbildung vollkommenster Art, hat Prof. ©. Kırıy die physikalische Änderung aufgefasst, welehe der Leueit sowie der Boraeit bei ihrem Übergange aus dem rhombischen in das reguläre System erfahren, gleichwie diejenige, die beim Aragonit bei seiner Überführung in Kalkspath stattfindet. Letzteres Beispiel hat, wie z. B. auch die von Mücer erkannte Änderung des monoklinen in hexagonalen Leadhillit, ganz besonderes Interesse, weil diese Vorgänge die Bestimmung des Stel- lungsverhältnisses der Theilchen vor und nach der Umwandlung zu machen erlauben. Sehr charakteristische Richtungen haben bei beiden Modifieationen Bedeutung. Aragonit sowohl wie Leadhillit stellen bei der groben Betrachtung, besonders wenn Zwillingsbildungen vorhanden sind, hexagonale Symmetrie dar und zeichnen dadurch die Normale auf oP(o01) als scheinbare Hauptaxe aus. Auch in optischer Beziehung ist eine Annäherung an die Verhältnisse des hexagonalen Systems nicht zu verkennen. Auf oP(ooı) erblickt Rınse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1205 man das Curvensystem um die erste Mittellinie, bezeichnender Weise mit sehr geringem Axenwinkel. Nach der Umwandlung ist die Nor- male auf oP(oo1ı) zur Richtung der optischen Axe des optisch ein- axigen Körpers geworden, also zur wirklichen Hauptaxe, welche sie bei der nicht paramorphosirten Verbindung nur zu sein schien. Diese Verhältnisse führen nun unmittelbar zu den Vorgängen über, welche bei den Zeolithen sich dureh Erwärmen einstellen. Es handelt sich hierbei nicht um Paramorphosen, sondern um Pseudomorphosen, die durch Verlust von Bestandtheilen (Wasser) be- wirkt sind. Die Pseudomorphosenbildung vollzieht sich ohne einen Zusammensturz des Krystallgefüges. Die Krystallstruetur ist geändert, aber gesetzmässig geblieben. Im Hinblick auf Aragonit interessiren hier zunächst Desmin, Skoleeit, Epistilbit, Heulandit, welche wie Aragonit, sei es durch Zwillingsbildung oder schon durch ihre Flächenanlage in höherer Symmetrie erscheinen, als die ist, welche sie in Wirklichkeit be- sitzen. Die Krystallstruetur ändert sich der Art, dass nunmehr wie bei Aragonit und Leadhillit, die angedeutete Symmetrie wirklich er- reicht ist. Die Empfindlichkeit der Zeolithe gegen Umänderungen ist eine recht verschiedene. Bei den meisten, wie Desmin, Heulandit, Epistilbit, Natrolith, Skoleeit, ist die getrübte und wieder in Öl geklärte Sub- stanz von ausgezeichneter Festigkeit und kann wie der ursprünglich vorliegende Krystall untersucht werden. Andere, so Harmotom, Phillipsit, Chabasit; zeigen, dass die Umänderung das Krystallgebäude gelockert und dem Einsturz nahe gebracht hat. An der Luft zer- fallen sie bald in Pulver, oft, wie Chabasit, mit einer gewissen Ex- plosivkraft, welehe die Theilchen von einem Schliff mit Gewalt wohl einen Centimeter weit fortschleudert. Unterstützt man das Krystall- gebäude dadurch, dass man die Schliffe in zähen Balsam einlegt unıl durch die oben und unten anliegenden Gläser des Object- und Deck- gläschens ein Ausweichen der Theilchen verhindert, so ist die Krystall- structur durch diese äussere Verfestigung haltbar. Es ist nicht zu verkennen, dass gerade diese gegen Verände- rungen empfindlichen Zeolithe zu gleicher Zeit keine sehr weit- gehenden Umlagerungen aufweisen. Harmotom, Phillipsit, wie Cha- basit bleiben triklin. Vielleicht ist gerade in der leichten Zerstörbar- keit des Materials die Ursache davon zu sehen, dass weitergehende Veränderungen, wie z. B. ein Rhombischwerden der scheinbar rhom- bischen Harmotome und Phillipsite, nicht zur Beobachtung gelangt, wenngleich auch andere Erklärungen für diese Verhältnisse gemacht werden könnten. Sitzungsberichte 1890. 101 1206 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 13. November. An die Betrachtung der normalen Verhältnisse der Krystall- structur schliessen sich naturgemäss die abnormen an, wie sie in den optischen Anomalien zu Tage treten. Hier sollen nur die be- treffenden Erscheinungen, die bei den untersuchten Zeolithen auf- treten, besprochen werden. Eine Hauptfrage in Sachen der optischen Anomalien ist bei diesen Körpern, wie bekannt, die, ob die betref- fenden Krystalle sich ursprünglich aus Theilen niederer Symmetrie zwillingsmässig aufgebaut oder durch nachträgliche Veränderungen im Rahmen der alten Form einen Zerfall in niedersymmetrische Theile erfahren haben. Da direete Beobachtungen über die ursprünglichen Verhältnisse der in der Natur entstandenen, optisch abnormen Krystalle nicht vorliegen, hat hier der Versuch besonders hervorragenden Werth, und es ist ein glücklicher Umstand, dass im Natrolith ein ganz aus- gezeichnet geeignetes Material für die einschlägigen Experimente gefunden ist. Es ist nicht zu bezweifeln, dass dieser Körper in seinen charak- teristischen Schliffen parallel oP(oor) optisch einheitlich gefunden wird. Ob der Natrolith dem rhombischen oder monoklinen System zuzurechnen sei, hat für die m Rede stehende Frage nur eine Be- deutung zweiten Grades. Diese optisch einheitliche Substanz kann, wie aus den weiter oben beschriebenen Versuchen hervorgeht, durch Erhitzen und den dabei hervorgerufenen Wasserverlust in eine Verbindung übergeführt werden, welche alle Eigenschaften der optisch abnormen Substanzen zeigt. Sie ist im Rahmen der alten Form geblieben und aus Theilen niederer Symmetrie aufgebaut. Der nunmehr zwillingsmässige Aufbau zeigt deutliche Beziehungen des Zerfalls zu den Begrenzungselementen. Die Auslöschungen sind wechselnde bei den verschiedenen Krystallen, je nach dem mehr oder minder grossen Weasserverluste. Wenn ganz ähnliche Vorgänge von Prof. ©. KrLem zur Erklärung für die optischen Anomalien anderer Zeolithe angenommen sind, so finden diese Annahmen in dem Verhalten des Natroliths eine starke Stütze. Der Umstand, dass der optisch anomale Natrolith in seinen normalen Zustand beim Liegen an der Luft zurückkehrt, ist kein Hinderungsgrund für die Annahme, dass bei anderen Zeolithen dieser abnorme Zustand zu einem dauernden geworden ist, giebt vielmehr nur die Erklärung dafür ab, dass optisch abnorme Natrolithe in der Natur bislang nicht gefunden worden sind." Bei anderen Zeolithen ! Krystallplatten von Natrolith, die etwa durch das Erhitzen beim Schleifen (Einkitten in heissen Balsam) abnorm geworden sind, sind keine natürlichen mehr. Sie kehren in ihren normalen Zustand beim Liegen an der Luft zurück. > Rıyse: Umänderungen der Zeolithe beim Erwärmen. 1207 ist eben der Vorgang nur ein einseitig verlaufender, kein umkehr- barer, wie die Versuche z. B. am Skoleeit oder Analeim beweisen. Die Beobachtungen, welche an dem geglühten Analeim angestellt werden konnten, lehrten, dass, wie es schon durch frühere Beobach- tungen zuerst von BEen-SaupeE bekannt war, die Stärke der Doppel- brechung, die Deutlichkeit in den Erscheinungen der optischen Ano- malie, nach dem starken Erhitzen mehr und mehr zunimmt. Vorher isotrope (nieht etwa optisch einaxige) Felder sind doppelbrechend geworden. Geglühte Schliffe zeigen kräftigste Wirkung, sodass eine fortlaufende Reihe zwischen dem normalen isotropen Analecim und der deutlichst doppelbrechenden, entsprechenden, wasserfreien Substanz, dem triklinen Natronleueit, hergestellt werden kann. In den Zwischen- zuständen sind solche verschieden starker Doppelbrechung zu sehen, die nicht Zustände der Gesetzwidrigkeit sind (in diesem Sinne wäre der Name optische Anomalie unberechtigt), sondern es liegt eine Substanz vor, die hauptsächlich nur durch die Verschiedenheit des Wasserverlustes an verschiedenen Stellen ein unregelmässiges Aus- sehen gewonnen hat. Es hängen diese Verhältnisse auf’s Engste mit denen des Heu- landits zusammen, wenngleich bei diesem Mineral der normale, mono- kline Zustand noch nicht erreicht ist. Die Spaltblättchen des natürlichen Heulandits zeigten stets mehr oder minder ausgesprochen den Zerfall in optisch verschieden orien- tirte Seetoren, welche sich den Begrenzungselementen anschliessen. Diese optische Anomalie fehlt der durch mässiges Erhitzen theilweise entwässerten Substanz. Sie kehrt bei weiterem Erhitzen bis zum Trübewerden wieder, um abermals bei noch fortgesetzter Temperatur- erhöhung und nun endgültig zu verschwinden. Der Heulandit erweist sich mithin innerhalb bestimmter Grenzen der Wasserführung als optisch normale, ausserhalb dieser Grenzen als optisch abnorme Substanz. Die Prüfung der Krystallisationsfähigkeit des Silieats in den ver- schiedenen Zuständen der grösseren oder geringeren Wasserführung muss als das Endziel der einschlägigen Versuche angesehen werden. Ausgegeben am 20. November. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerri. w m EN En Pe y A Dr [ OR w Es ur ut a a (es ia sun FR u sp AR 77 dach . u Au run By “H Br, > en ih N ia ya Pa Br Pr 7 1209 1890. ALVI. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 20. November. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Momusen. 1. Hr. Momisex las: Über einige neu gefundene römische Urkunden. 2. Hr. vox Hrrnnorrz legte die umstehend folgende Mittheilung des Hrn. Prof. Ferpınann Braun in Tübingen vor: Beobachtungen über Elektrolyse. Sitzungsberichte 1890. 102 “sr \ ) AR PR Ay : \ Y 1} & ß “ 1 T h 1 iv \ ’ 1. % b2 | 1! P nn Ir re \ hi 2 \ » f u: i j ‘ fh I. f AAR- ü # Pi; Zu f 1211 Beobachtungen über Elektrolyse. Von Prof. Fervinanp BRAUN in Tübingen. (Vorgelegt von Hrn. von Hermnorrtz.) (Erste Mittheilung.) L. a Verfolg von Versuchen, deren Deutung auf Schwierig- keiten führte, kam mir eine Beobachtung in Erinnerung, welche Grorrnuss ganz gelegentlich gemacht und in GiLgerr's Annalen! vom Jalıre 1819 beschrieben hat. Das Wesentliche seiner Erfahrung ist das Folgende: Grorrnuuss hatte in der Absicht, Jodwasserstoff zu bereiten, eine unten zugeschmolzene, ziemlich dieke Glasröhre mit einer alkoholischen Jodlösung gefüllt und mit ihrem unteren ge- schlossenen Ende in ein Kelchglas voll Wasser gestellt. Die Pole einer roopaarigen Vorra’schen Batterie tauchten je in eine der beiden Flüssigkeiten, und beide sollten später durch angefeuchtete Asbest- fäden leitend verbunden werden. Nach einigen Stunden bemerkte er, dass in der Jodlösung schon Wirkung stattgefunden hatte, ohne dass die Communication gemacht war. Bei näherer Untersuchung fand sich ein sehr feiner Riss am unteren Ende der Röhre, »durch den aber ohne Mitwirkung des Galvanismus die Flüssigkeit nicht herauszudringen vermochte«. »Er reinigte nun«, um mit seinen eigenen Worten fortzufahren, »den Apparat, füllte die Röhre und das Kelchglas zum Theil mit einer Auflösung von Silbersalpeter-Krystallen in Wasser, und stellte die Röhre, wie vorher, in das Kelchglas. Als darauf der positive Pol mit der Flüssigkeit des Kelchglases, und der negative Pol mit der Flüssigkeit der Röhre in Verbindung gesetzt wurde, bemerkte er Folgendes. Am positiven Pol bildete sich graphitfarbiges Silber- Hyperoxyd, welches sich fest und in krystallinischer tetraedrischer Gestalt am Platindraht anlegte.e Am äusseren Riss der Röhre schlug sich reines, sehr weisses, blätterförmiges Silber metallisch nieder. ! Gitrserr’s Annalen. Bd. 61. S. 65ft. 102* 1212 Gesammtsitzung vom 20. November. Der innere Riss gab nur Gas, das ohne Zweifel Sauerstoffgas war, und der negative Pol (gleichfalls Platindraht) hatte sich, so wie der äussere Riss, mit metallischem, dendritisch geordnetem Silber belegt«. Grortnuss schliesst aus dem Versuch, dass »diese höchst dünne, zwischen den Glasflächen eingepresste Wasserschicht sich wie ein fester Leiter, oder vielmehr wie ein edles Metall verhalte«. Wenn aber, wie nach den Angaben des Verfassers zu vermuthen ist, trotz der Reinigung in dem feinen Riss Jodlösung blieb, so wird sich in dem Spalt ein Niederschlag von Jodsilber gebildet haben. Jodsilber leitet bekanntlich die Elektrieität, und zwar elektrolytisch. Wenn nun die aus der Lösung dem Jodsilber zugeführten Jonen sich vollständig mit denen des Jodsilbers austauschten, so könnte höch- stens eine Verschiebung der ganzen Jodsilberschieht eintreten. Findet aber — und das ist ja fast die Regel — der Austausch nicht voll- ständig statt, so lässt sich eine Abscheidung von Silber wohl denken. Ist aber eine kleine Menge Metall entstanden, so ist auch ein Weiter- wachsen desselben erklärlich. Es braucht an der einen Seite des Silbers nur eine dünne Schicht des metallisch leitenden Superoxydes zu entstehen, so kann sich von ihm aus Sauerstoff entwickeln, während an der anderen Seite sich neues Metall ansetzt. Diese Sauerstofl- - entwickelung beobachtete auch Grorruuss thatsächlich an den zu An- fang des Versuches gebildeten Superoxydschichten der Platinanode. 2. Ich möchte glauben, dass die Grorruuss’sche Beobachtung meist in dieser Weise gedeutet worden sei. Wenigstens habe ich sie früher so aufgefasst. Es schien mir aber jetzt walırscheinlich, dass der Versuch auch unter reinen Bedingungen gelingen möchte. Als ich in die etwa ı"" starke Wand eines unten zugeschmolzenen Glasröhrehens einen feinen Riss gemacht, das Röhrchen innen und aussen mit einer ziemlich concentrirten Lösung von Silbernitrat um- geben und den Strom von 5 Aceumulatoren in der Riehtung von aussen nach innen etwa eine Stunde lang hatte hindurchfliessen lassen, fand ich thatsächlich auf der äusseren Seite den Riss mit fest anhaftenden Silber- stückchen umgeben, während innen ein continuirlicher Strom von feinen Gasbläschen aufstieg. Die Nadel eines in den Stromkreis eingeschalteten Multiplieators war dabei in fortwährenden Schwankungen begriffen. 3. Silbersalze werden, namentlich im Licht, leicht durch orga- nische Substanzen reducirt. Eine, selbst dem bewaffneten Auge vielleicht unsichtbare Quantität metallischen Silbers, die sich im oder am. Spalt abgeschieden hat, kann, ja muss sogar nach dem oben mitgetheilten Verhalten des Silbers weiter wachsen. Die Beobachtung hätte daher, eine solche Anregung zur Metallbildung zugegeben, kein weiteres Interesse. Ist die Metallabscheidung aber nicht durch diese an Zr Braun: Beobachtungen über Elektrolyse. 1213 Eigenschaft der Silbersalze bedingt, so wird man annehmen müssen, dass die Erscheinung allgemeiner Natur sei. Die Versuche, welche ich in der damit gegebenen Richtung anstellte, schienen aber diese Auffassung nicht zu unterstützen. Eine gesättigte Lösung von Kupfer- vitriol zeigte nicht das Verhalten des Silbernitrats. Da die Natur der Säure möglicherweise eine Bedeutung haben könnte, so wurde Kupfernitrat versucht, gleichfalls ohne Erfolg. Ebensowenig zeigte sich eine Wirkung bei Salpetersäure und Chlorkaliumlösung. Als der Lösung von Silbernitrat etwas Salpetersäure zugefügt wurde, in der Absicht, die freiwillige Reduction zu verhindern. war auch keine elektrische Wirkung mehr zu beobachten. Natürlich rechnete man dabei nicht auf ein Ausfallen von Metall, sondern auf das Sichtbar- werden einer Gasentwickelung durch secundäre Umsetzung. Das nega- tive Jon schien danach nicht frei zu werden, wenn nicht gleichzeitig das positive sich metallisch ausscheiden konnte, was gegen unsere sonstigen elektrolytischen Erfahrungen geht. Auch aus einer gesättigten, aber nicht angesäuerten Lösung von Silbersulfat schied sich kein Metall aus. 4. Schwefelsaures Silber löst sich nur zu etwa ı Procent in Wasser. Es könnte die Concentration von Einfluss sein. In der That; als ich eine verdünntere Lösung von Silbernitrat dem Versuch unterwarf, schieden ı2 Accumulatoren in 2 Stunden keine bemerkbare Silbermenge aus. Mit dem Strom von 20 Elementen war aber sofort die Wirkung wieder da. Demnach scheint es, als ob jeder Concentration eine ge- wisse Stromstärke zugehöre, unterhalb deren keine Zersetzung eintritt. 5. Ehe man aber darauf näher einging, schien es mir förderlicher, unter Benutzung der gewonnenen Erfahrung weitere Metallsalze. zu prüfen. Ich griff zunächst nach den Salzen des dem Silber chemisch analogen Bleies. Eine ziemlich ceoncentrirte Lösung von Bleiacetat gab in der That bei mehreren Versuchen deutliche Schüppchen von Blei, welche aber bald abfielen, so dass eine irgend auffällige Krystal- lisation nicht zu erreichen war. Sie schienen mir vom Spalt weg- gestossen zu werden, als ob sich zuerst eine Verbindung gebildet hätte, welche wieder von selber zerfällt. 6. Silber und Blei bilden metallisch leitende Superoxyde; beide absorbiren auch in beträchtlicher Menge Wasserstoff. Erwägungen, die ich hier bei Seite lasse, legten den Gedanken nahe, dass Metalle, welche die eine oder andere Eigenschaft besitzen, ausschliesslich oder wenigstens besonders stark die gesuchte Erscheinung zeigen möchten. Aber weder Wismuthchlorid, noch Wismuth in alkalisch weinsaurer Lösung, welche die bekannten prachtvollen Superoxydsechichten bildet,' I WerniıckE, PoGG. Ann. Bd. 139. 8. 132ff. — Bd. 141. S. 10g9fl. 1214 Gesammtsitzung vom 20. November. ergaben ein Resultat. Auch das hierher gehörige Mangansulfat wurde vergeblich versucht. Die Fähigkeit, Superoxyde zu bilden, scheint daher nicht maassgebend zu sein. — Aber die Eigenschaft Wasserstoff zu absorbiren? In der That, als eine gesättigte Lösung von Palladium- nitrat verwendet wurde, bedeckten bald eine Menge spiessförmige Krystalle den Spalt. Palladiumnitrat ist ein Körper, welcher auch in gesättigter Lösung einer lange Zeit fortschreitenden Spaltung in basisches Salz unterliegt. Die Wände von Glasgefässen, in denen eine solehe Lösung steht, bedecken sich bald mit einer glänzenden Haut, deren Aussehen den Verdacht eines metallischen Überzuges nahelegt, und somit will der Versuch niehts beweisen. — Goldchlorid, eine stabilere Verbindung, zeigte in etwa fünfprocentiger Lösung nach kurzer Zeit auf der einen Seite des Spaltes Wülste von metallischem Gold, während auf der anderen Seite Gasblasen aufstiegen. Durch- setzte der Spalt das vertical gestellte Röhrchen theilweise in horizon- taler Riehtung, so konnte man den Spalt dureh Zug am Röhrchen erweitern, ohne dass die Gasentwickelung aufhörte. Bei Zusammen- drücken schien sie stärker zu werden. Der Verdacht, dass Wasser- stoff, der von der Kathode aus in die Lösung gelangt, zuerst chemisch Gold niederschlage, war aber zu nahe gelegen, als dass der Versuch - beweiskräftig schien. Dieser Verdacht wurde noch dringender, als in einer zehnprocentigen Lösung des viel weniger leicht redueirbaren Platinchlorides keine Metallfällung am Spalt beobachtet wurde. Dies schien auch gegen einen Zusammenhang mit dem Vermögen, Wasser- stoff zu occludiren zu sprechen. Aber die Concentration oder die Stromstärke konnte nicht passend gewesen sein. Ich ging daher weiter: eine gesättigte Lösung des sehr leicht löslichen Cobaltnitrates gab wirklich nach längerem Stromdurchgang auf der einen Spaltseite warzenförmige, sehr feste Bröckehen metallischen Cobalts. Mit diesem Resultat schienen mir zum ersten Male alle Bedenken, welche ich gegen die anderen Versuche hatte, beseitigt. Aber die Lösung ist so wenig durchsichtig, dass man den Vorgang nieht verfolgen kann. — Mit Nickelsulfat, Nickelammonsulfat und mit Lösungen des sehr leieht lösliehen Nickelchlorürs konnte ich keine Metallabscheidung erzielen. — Diese Verschiedenheit von Nickel und Cobalt ist auffallend. Dennoeh versuchte ich Eisensalze. Bei Eisenchlorid konnte man Metallabscheidung nicht erwarten, sondern nur Gasentwickelung einer- seits, Entfärbung durch Chlorürbildung andererseits. Der Versuch war ohne Erfolg. Dagegen lieferte eine gesättigte, frisch hergestellte Lösung von Ferrosulfat auf der einen Spaltseite einen unzweifelhaften, festhaftenden Belag mit metallischem Eisen; auf der anderen Spalt- seite entwickelten sich Anfangs keine Gasbläschen, jedenfalls weil sie Braun: Beobachtungen über Elektrolyse. 1215 in der Lösung für chemische Processe verbraucht wurden. Nach einiger Zeit trat aber auch Gasentwickelung ein. Erst damit schienen mir alle Bedenken erledigt; weder Wasser- stoff, welcher von der Kathode diffundirt, kann hier Metall aus- scheiden, noch kann Sauerstoff, der von der Anode stammt, eine metallisch leitende Verbindung am oder im Spalt erzeugen. Den Versuchen mit Silbernitrat darf man nun auch mehr Vertrauen ent- gegenbringen. Ich überzeugte mich nochmals, dass Silbernitrat die Erscheinung giebt auch. unter Bedingungen, wo nieht wohl von den Elektroden aus Wasserstoff oder Sauerstoff zum Spalt gelangen konnten. Stellt man die positiven Ergebnisse der Versuche zusammen, so wären es diese: ı. Silbernitrat; Bleiacetat, Bleinitrat; Goldehlorid; Cobaltnitrat; Palladiumnitrat; Eisensulfat zeigen die Erscheinung. 2. Es existirt für jede Concentration (und Spaltdimension) eine gewisse Stromstärke, welche erreicht sein muss, ehe Metallabscheidung eintritt; z. B. wurden hindurchgeführt durch eine gesättigte Lösung von Eisensulfat Intens. Resultat von 10 Ace. während 20’ die relative El-Menge 2640 | 132 | keine Wirkung „ I5 » » 8 » » ” 1760 | 217 » 21» » 3’ » » 270 | 360 | Gas am Spalt I » Zn » » 780 | 260 | Gas und Metall am Spalt. Die Stromdichte, für welche Zersetzung eintritt, will ich Grenz- dichte nennen. 7. Diese letztere Erkenntniss legt den Gedanken nahe, zunächst durch starke Ströme, wenn auch von nur kurzer Dauer, eine Metall- abscheidung einzuleiten, um sie dann durch schwache Ströme weiter zu entwickeln. Man sollte zu dem Ende den Primärstrom eines In- ductionsapparates schnell abfallen und langsam ansteigen lassen, und die so erzeugten Inductionsströme durch den Spalt schicken. Das In- duetorium erfüllt diese Bedingung bekanntlich von selber, wenn auch nieht so vollkommen, wie für unsere Zwecke wohl wünschenswerth ist. Immerhin schienen mir einige Versuche in dieser einfachen Form von Interesse. Als man die secundäre Spule eines mittelgrossen Appa- rates durch einige Flüssigkeiten sich entladen liess, schlossen bei den Lösungen von Silbernitrat und Bleiacetat sofort nach beiden Seiten des Spaltes Gasblasen, gemeinschaftlich mit stark erwärmten Flüssig- keitsschichten heraus; im Spalte bildeten sich Funken. Auch hatte sich im Riss etwas Blei und, wie es schien, auch etwas Silber ab- gelagert. Mit Kupfersulfat, Schwefelsäure, Zinksulfat, Chlorkalium- lösung, welche durch den constanten Strom nicht zerlegt wurden, gab auch der Inductionsstrom nichts Bemerkenswerthes. Möglicherweise 1216 Gesammtsitzung vom 20. November. liefert daher das Verhalten im indueirten Kreise ein bequemes Verfahren, die im Spalt zerlegbaren Körper zu erkennen. Doch sind die Verhält- nisse zu complieirt, um schon jetzt nach dieser Richtung weiter zu gehen. 8. Ich wende mich daher wieder zu den einfacheren Erschei- nungen zurück. Betrachtet man den Glasspalt, während ein zur Zersetzung ausreichender Strom hindurchgeht, genauer, so erkennt man schon mit blossem Auge, besser bei schwacher Vergrösserung, wie der Spalt pulsirt. Bei stärkeren Strömen tritt ein knatternder, oft durch das ganze Zimmer hörbarer Ton auf. Man beobachtet, dass im Spalt sich Gasbläschen bilden, welche in Form einer Schlan- genlinie sich durch den engen Raum hindurchwinden, den Spalt aus- einandertreiben, auf der einen Seite entweichen und ihn dann wieder zusammenfallen lassen, um einer neuen Gasschicht Platz zu machen. Ich habe aber nicht erkennen können, dass die Richtung, in welcher die Gasblasen wandern, in einer direeten Beziehung zur Stromrichtung stünde. Es scheint mir vielmehr, wenn ich alles Beobachtete zu- sammenfasse, als ob die Bewegungsrichtung der Bläschen bestimmt sei: ı. durch die hydrostatische Druckdifferenz. Macht man die Flüssigkeitssäule im Rohre höher, so erscheinen mehr Bläschen ausser- halb des Spaltes; und 2. durch die elektrische Fortführung der ganzen Flüssigkeitsmasse durch den Spalt hindurch. Dass die Bläschen am freien Spaltrande sich oft längs desselben in die Höhe begeben, ist natür- lich. Sie erscheinen aber wohl auch an Stellen, welche tiefer gelegen sind, als der auf der anderen Seite befindliche Ort der Metallabseheidung. Sie werden durch den Capillardruck, da sie wie flachgepresste Tropfen im Spalt liegen, nach den breitesten Stellen hingedrückt. — Dass das Metall etwa auf, der einen Seite, das Gas auf der anderen Seite des Spaltes entstehe, möchte ich nicht glauben. Auch Säurelösungen (HCl, H,SO,), desgleichen Lösungen von Alkalisalzen zeigen bei grossen Stromdichten Pulsiren des Spaltes und Gasabscheidung. Wenn ich auch für den Augenblick eine sichere Ent- scheidung noch nicht geben möchte, so sprechen mir doch viele That- sachen für die Annahme, dass dies absorbirte Gase seien, welche in dem (vom Stromdurchgang erwärmten) Riss freigemacht werden. Es ist schwieriger ein sicheres Resultat zu gewinnen, als man denken möchte. Eine andere, auffallende Erscheinung fand ich aber bei Silber- nitrat. Wird eine Lösung mittlerer Coneentration und ein Strom von 20 Aceumulatoren benutzt, so tritt bald Metallabscheidung und Gasentwickelung ein. Aber nach kurzer Zeit entstehen im Spalt auch Funken, bisweilen schon im Hellen siehtbar, welche bald hier, bald dort aufblitzen und bisweilen den Spalt von oben nach unten und dann wieder rückwärts durchwandern. Bei kleineren Stromstärken Braun: Beobachtungen über Elektrolyse. 1217 fallen die Funken weg. Man überzeugt sich, wenn man halbhell macht oder im verfinsterten Zimmer die Helligkeit nach Belieben rasch wechseln kann, dass die Fünkcehen da auftreten, wo man im Hellen ein Gasbläschen springen sieht. Der nächstgelegene Gedanke, man habe es mit Funkenentladungen in der Flüssigkeit zu thun, stösst auf viele Schwierigkeiten, z. B. die, dass im Spalt sich immer noch zusammenhängende Flüssigkeitsschichten befinden, welche dem Ausgleich der Elektrieität einen widerstandsfreieren Weg bieten. Ferner, dass bei anderen Substanzen, wie Schwefelsäure, Salzsäure, welche auch ein Pulsiren des Spaltes und Gas im Innern zeigen, kein Licht auftritt. Wir wollen aber, ohne diese Nebenerscheinung ganz unbeachtet zu lassen, doch zunächst die elektrolytische Zersetzung weiter verfolgen. 9. Die Spalten im Glas waren immer so weit, dass sie von den Flüssigkeiten in kurzer Zeit durchdrungen wurden. Metallische Niederschläge in denselben konnten durch Säuren gelöst und diese wieder durch Wasser und Salzlösungen verdrängt werden. Sie sind daher noch keineswegs von molecularen Dimensionen. Eine merkliche Coneentrationsänderung an den Wänden des Risses scheint nicht stattzufinden. Wenigstens gaben Bestimmungen des Widerstandes, den ein solcher Spalt, mit verschiedenartigen Flüssigkeiten gefüllt, zeigt, Werthe, welche — soweit die Genauigkeit der Messungen reichte — proportional dem in weiten Röhren bestimmten Wider- stande waren. Man konnte daher bei bekannter Wandstärke und Länge des Spaltes seine Breite berechnen. So ergab sich z. B. für einen vielfach benutzten aus einer Widerstandsmessung mit fünfzig- procentiger Silbernitratlösung seine Breite zu 0"”00038. Für die gleiche Lösung und denselben Spalt fand sich die Grenzdichte zu 3.2(Amp./mm?). Wenn nur der Querschnitt des Flüssigkeitsfadens entscheidend wäre, so sollte bei dieser Stromdichte auch die freie Lösung gespalten werden. Es ist freilich kaum anzunehmen, dass eine Lösung, welche etwa in einem genau eylindrischen Capillarrohr sich befindet, durch den Strom gleichzeitig an allen Stellen zerlegt werde. Abgesehen davon, dass man niemals diesen Fall wird realisiren können, würde sonst die Lösung in ihrer ganzen Ausdehnung kurz unterhalb der Grenz- diehte in einem labilen Gleichgewichtszustande sich befinden, und es müsste bei Überschreitung der Grenzdichte plötzlich eine enorme elektro- motorische Kraft auftreten. Wenn auch möglicherweise solche Dis- sociationsarbeiten in der räthselhaften elektromotorischen Gegenkraft des Lichtbogens, vielleicht auch sonst bei Gasentladungen vorkommen, so waren die Thatsachen für Flüssigkeiten doch noch zu wenig ge- sichet, als dass man an eine Prüfung dieser Möglichkeit denken konnte. Sitzungsberichte 1890, 103 1218 Gesammtsitzung vom 20. November. Aber der kleine Werth der gefundenen Grenzdichte liess es möglich erscheinen, auch mit verhältnissmässig kleinen elektromotorisehen Kräften in Spalten von makroskopischen Maassen die Erscheinungen aufzufinden, wenn die Dicke der Wand entsprechend herabgesetzt würde. In ein Glimmerblättehen von o""08 Dicke wurde mit einem ge- wöhnlichen Messer ein Spalt von 15”" Länge geschnitten. Man konnte ihn mit blossem Auge erkennen. Das Blättchen wurde als Scheide- wand in einen kleinen Glastrog gekittet und derselbe mit einer ziemlich verdünnten Lösung von Silbernitrat gefüllt. Der Strom von 21 Accu- mulatoren, welcher mit einer Intensität von etwas über o.ı Ampere die Lösung durchfloss, gab fast momentan mit Stromschluss eine Ab- scheidung schwammigen Silbers an der einen Seite des Spaltes. Der Spalt wurde nach Reinigen mit Salpetersäure in der Mitte mehr klaffend erweitert. Wieder trat Bildung von Silber, zunächst an den dünnsten Stellen des Spaltes ein, sistirte aber in der Nähe der Öffnung. Das- selbe fand statt, als die Mitte des Spaltes zu einem kleinen Loche er- weitert war. Da im ganzen Querschnitt die Stromdichte wesentlich die gleiche ist, so kann diese allein nieht entscheidend sein. Die Vermuthung, dass es auf eine aus den Maassen des Spaltes bestimmte Zahl im Verhältniss zu der Winkelöffnung des angrenzenden, mit dem Elektrolyten gefüllten Raumes ankomme, konnte ich bisher weder genügend bestätigen noch widerlegen. Doch wird sie durch eine Anzahl Thatsachen, auf welche ich ebenso wie auf die Frage selber demnächst ausführlicher zurückkommen möchte, unterstützt. Der obige Spalt war ziemlich unregelmässig. Mit einem besser geschnittenen, dessen Breite ich unter dem Mikroskop zu o"!"o6 be- stimmte, gelangen. die Versuche gleichfalls sehr gut. Eine solche Breite ist mit blossem Auge oder einer schwach vergrössernden Lupe deutlich zu erkennen. ı0. Die bisherigen Versuche hatten lediglich den Zweck einer etwas breiteren Orientirung. Bei dem grossen Umfang, den sie an- nahmen, und den vielen Fragen, welche entstanden, schienen messende Versuche zunächst kaum angebracht. Allerdings erhielt man keinen Aufschluss darüber, wie die günstigsten Bedingungen als Function der Concentration einerseits, der von ihr abhängigen Stromstärke andererseits seien. Es wurde jetzt nöthig, um eine leichtere Lösung weiterer Aufgaben. herbeizuführen, darauf einzugehen. Ich gebe im Folgenden, eine Übersicht von Messungen, welche sich auf Silber- nitrat, beziehen. Dieser Körper gewährt den Vortheil, dass man die Coneentration in sehr weiten Grenzen ändern und die ersten Metall- niederschläge, namentlich in verdünnten Lösungen, sehr. scharf beob- achten kann. Der Spalt war mit einem feinen Scalpell in ein o Braun: Beobachtungen über Elektrolyse. dickes Glimmerblättchen geschnitten. Mittel o"”o17 breit, sein Querschnitt daher ungefähr o"""o61. Er war 3 Silbernitrat. u 6 1219 mm "04 lang und im gmm Gehalt an i Salz in Grenzdichte ‚eronzdichen, Bemerkungen x £ Procentgehalt . 100 Lösung relativ absolut ee ee Tre 5o Procent > 0.700 Amp. |> 11.48 Amp./mm? —_ Starkes Zischen, kein Gas 20 0.420 6.88 0.021 Gas, feinstaubiges Silber wird durch die Flüssig- “ keit geschleudert 10 0.210 3.44 0.021 Gas, feinstaubiges Silber 5 0.110 1.80 0.022 Gasentwickelung 2 0.032 0.524 0.016 Starke Gasentw., Ag- abscheidung 1 0.0090 0.147 0.009 Gasentw. und Metall 0.5 0.0030 0.049 0.006 » » » 0.1 0.0015 0.0246 0.015 » » » 0.05 0.0009 0.0147 0.018 ” » > 0.01 0.0002 0.0041 0.020 » » ) Auf eine nähere Discussion der Zahlen will ich nicht eingehen; doch folgt aus ihnen, dass die Grenzdichte mit dem Procentgehalt abnimmt und in erster Annäherung mit demselben proportional ist. Wiederholt man nach der jetzt gewonnenen besseren Einsieht und in der Überzeugung, dass man eine nicht durch seeundäre Ein- flüsse hervorgerufene Erscheinung vor sich habe, die Versuche mit Spalten in Glasröhren, so bemerkt man, dass in der That auch dort in sehr verdünnten Lösungen die Ausfällungen rasch und sicher er- folgen. Eine o.5procentige Lösung zı B. giebt fast momentan eine Abscheidung feinen Silberpulvers. Wenn bei den Vorversuchen um- gekehrt grössere Concentrationen günstiger schienen, so rührte dies wohl wesentlich daher, dass das feine Silberpulver leicht vom Spalt abfällt, vielleicht auch weil die Wirkungen so überraschend sehnell eintreten, dass man bei den ersten Beobachtungen daran denken musste, es sei durch eine von den vielen Gelegenheiten, welche sich bieten, etwas Metall an den Spalt geführt worden. ıı. Es ist eine überraschende Erscheinung, wenn an der makro- skopischen Spalte eines Glimmerblättchens, welches zwei ganz ver- dünnte Silberlösungen trennt, mit dem Stromschluss fast momentan ein Silberschwamm sich zu bilden beginnt. Es erscheinen am Spalt zuerst schwarze, runde, pilzartig aussehende Fleckchen; diese dringen durch den Riss, während auf der anderen Seite sich neues Silber 1220 Gesammtsitzung vom 20. November. ansetzt. Das Metall ist dabei so dunkel, dass man es fast für Super- oxyd halten möchte. Lässt man die Metallbildung weitergehen, so entfärbt es sich aber an manchen Punkten und wird mattgrau. Das Gleiche tritt nach Stromöffnung_ ein. Diese Änderung hat die folgende Ursache. Die schwarze Aus- scheidung ist kein reines Silber; es ist dem Metall vielmehr, wahr- scheinlich durch Ocelusion, Wasserstoff beigemengt. So lange der Strom das Silber durchsetzt, behält es die durch die Gegenwart des Wasser- stoffs bedingte schwarze Farbe. Trennen sich Theile desselben ab, so dass sie aus der Strombahn herauskommen, so tritt (vermuthlich unter Reduction des Nitrates zu Nitrit die Umwandelung in reines Silber ein, die sich durch die Entfärbung bemerklich macht. Diese Deutung gründet sich auf die Beobachtung, dass die gleichen Farbenwandelungen auch das an der Silberkathode ausgeschiedene Metall durchmacht. Auch dieses ist so auffallend schwarz, dass ich zuerst glaubte, mich in der Stromrichtung getäuscht zu haben. Das Metall ist dabei so stark aufgebläht, dass es oft in der Flüssigkeit schwimmt. Trennt sich ein Ballen desselben ab, so wird er grau. Öffnet man den Strom, so entfärbt sich die Masse und man sieht deutlich, wie die Farbenänderung von aussen nach innen durch den Metallschwamm fortschreitet.' ı2. Neben den chemischen Zersetzungen hatte ich fortwährend mit fast gleichem Interesse die in einzelnen Fällen beobachteten sonderbaren Lichterscheinungen im Auge behalten, weil ich mich des Gedankens nicht entschlagen konnte, dass es Leuchten dureh einen chemischen Process sei, indem etwa die Jonen, welche in den engsten Theilen des Spaltes unter Wirkung des Stromes dissociirt werden, sich wieder vereinigen, sobald sie an breitere Stellen kommen. Sieht man von den Entladungserscheinungen des Inductoriums ab, wo elektrische Funken mitspielen mögen, so war bei eonstantem Strom ein Leuchten nachzuweisen mir nur bei Silbermitrat gelungen. Die zuletzt beschriebenen Versuche hatten mich belehrt, dass Silber, wie es auch schon von anderen Autoren angegeben ist, thatsächlich energisch Wasserstoff in sich ansammelt. Mit dieser Eigenschaft konnte das Leuchten zusammenhängen, und ich fragte mich, ob ich es nicht bei anderen Stoffen von ähnlichem Verhalten antreffen möchte. Mit Platinchlorid hatte ich zwar früher, als ich zehnprocentige Lösung anwendete, überhaupt keine Abscheidung bemerkt. Vielleicht aber war das Metall gleich vom Spalt abgefallen. Ich griff daher wieder ! Vergl. übrigens betreffs einer anderen Auffassung PoGGEnDorrFr in Pos, Ann. Bd. 75. S. 337. 1848, r Braun: Beobachtungen über Elektrolyse. 1221 auf diese Substanz zurück, dampfte die Lösung auf etwa Is ein und wiederholte den Versuch. Es trat sofort lebhafte Gasentwickelung auf, der ganze Spalt glühte in einem — durch die gefärbte Lösung gesehen — rothorangefarbenen Licht, und als man nach einiger Zeit das Röhrchen herauszog, fand sich der grösste Theil des Spaltes dieht mit metallischen Nadeln besetzt, welche an dem äusseren Rande fest hafteten. Die nächstgelegene Annahme war, dass das Platin durch den Strom, der sich nach Zehntel Ampere bemaass, glühend geworden sei. Dann sollte der Versuch auch gelingen, wenn man die Platinlösung durch eine ebenso gut leitende andere ersetzte. Es wurde daher das ausgewaschene Röhrchen in verdünnte Schwefel- säure gesetzt und wieder der Strom von 21 Accumulatoren hindurch- geleitet. Der Spalt leuchtete sofort so hell auf, dass man das Licht in mässiger Dämmerung gut sehen konnte. Es ist aber nicht wohl verständlich, warum der Spalt gleich weissglühend werden soll. Es fiel ferner auf, dass das Licht, jetzt durch die farblose Schwefel- säure gesehen, bläulich erschien, an das Fluorescenzlicht des Chinin- sulfates erinnernd. Das kleine Quantum Flüssigkeit wurde rasch sehr heiss durch den Strom. Als man die Schwefelsäure durch neue ersetzte und die Versuche mehrfach wiederholte, entstanden allerhand Unregelmässig- keiten. Das Leuchten trat bisweilen gar nicht, bisweilen nur bei Stromsehluss blitzartig auf und blieb dann während des ganzen Strom- schlusses verschwunden, obschon die Stromstärke keine wesentliche Änderung erfahren hatte. Auch die Stromriehtung schien Einfluss zu haben. Ich will mich kurz fassen: Das Leuchten trat am stärksten auf und blieb während der ganzen Versuchsdauer bestehen, wenn man ı. den Strom von innen nach aussen leitete und 2. die innere (Platin) Elektrode möglichst tief in das Rohr eintauchen liess. Es blieb aus oder trat nur im ersten Moment des Stromschlusses ein, wenn die Innenelektrode ganz oberhalb des Spaltes lag. Die Erklärung ergiebt sich demnach von selber. Am Platin des Spaltes scheidet der Strom, wo er in das Metall eintritt, Wasserstoff ab, an der Innenelektrode Sauerstoff, der die Flüssigkeit des nur etwa ı°” weiten Rohres in lebhafte Bewegung setzt. Diese beiden Gase vereinigen sich am Platin unter Lichtentwickelung. Wird die Innenelektrode höher gehoben, so dass sie etwa nur der oberen Spalt- hälfte gegenüber steht, so erglüht auch nur diese. Hebt man sie noch mehr und lässt den Strom einige Zeit unterbrochen, so ver- theilt sich durch Diffusion der Sauerstoff durch den Inhalt des Rohres; bei Stromschluss tritt daher ein erstes Aufblitzen ein, welches aber erlischt, sobald der Sauerstoff verbraucht ist. Sitzungsberichte 1890. 104 1222 Gesammtsitzung vom 20. November. Wir haben es also mit einer Liehtentwickelung zu thun, welche gut definirten chemischen Processen entspricht und bei Temperaturen vor sich geht, welche unterhalb 100° liegen. Darin, dass wir die Liehtemission durch den gleichen chemischen Vorgang, die wir ge- wöhnt sind, nur bei hoher Temperatur auftreten zu sehen, nun auch bei variirbaren niederen Temperaturen verfolgen können, scheint mir das Interesse an diesem Versuch zu liegen. 13. Er klärt uns aber auch über die Natur der Funken auf, welehe im Spalt entstehen, wenn eine Silberlösung mittlerer Concen- tration dem Stromdurchgang unterliegt. Während das Silber einer- seits Wasserstoff bei seiner Ausscheidung einschliesst, bildet sich andererseits da, wo der Strom einen Silberfaden verlässt, Sauer- stoffgas. Wenn diese Sauerstoffbläschen bei ihrer scheinbar ganz un- regelmässigen Bewegung durch den Spalt eine Schicht Silberwasserstoff überstreichen, so tritt auch hier diese chemische Phosphorescenz ein. Das sind die wandernden Fünkehen im Spalte. Es stimmt mit dieser Erklärung überein, dass der Funke immer da auftritt, wo man im Hellen ein Gasbläschen bemerkt. 7 ı4. Ich habe im Vorstehenden von jedem Erklärungsversuche noch Abstand genommen. Denn wenn auch die Zahl der Beobach- tungen, aus denen ich die mitgetheilten herausgegriffen habe, nicht unbeträchtlich ist, so verkenne ich doch durchaus nicht, dass sie uns erst an den Anfang einer umsichtigen Untersuchung geführt haben. Auch darüber, ob die hier mitgetheilten Erscheinungen mit den von A. und E. BecQvErzEL wiederholt beschriebenen »electro- eapillaren Reactionen« in Beziehung stehen, möchte ich noch gar keine Vermuthung aussprechen. Ebenso sehe ich auch von Folge- rungen ab. Wie weit die Thatsachen im Gebiete der Mineralogie zur Erklärung metallischer Abscheidungen, wie weit sie für die biologischen Wissenschaften Bedeutung gewinnen können, sind alles Fragen, auf welche man zweckmässiger Weise erst wird eingehen, wenn genauer festgestellt ist, wie die Erscheinungen selber von der Natur der Stoffe und den geometrischen Verhältnissen ihres Bildungsortes bedingt sind, und wenn wir im Anschlusse daran eine gut begründete Anschauung über den Vorgang selber gewonnen haben. Ich hoffe bald weitere Mittheilungen machen zu können. % Ausgegeben am 27. November. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 1223 1890. XLVEI. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 27. November. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. E. vu Boıss-Reymonv. l. Hr. Kroxeorer las über algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. 2. Hr. Lasvorr legte eine dritte Abhandlung des Hrn. Prof. Oscar Liesreichn über den todten Raum bei chemischen Re- actionen vor. 3. Hr. Mögıus beriehtete über die mit Unterstützung der Aka- demie ausgeführten Untersuchungen des Hın. Dr. F. Daun in Kiel über die Thierwelt der Unterelbe. 5 4. Hr. Scnurze übergab einen Beitrag zur Entwickelung der Affen von Hrn. Enın Serexka in Erlangen. Die Mittheilungen ı., 2., 4. folgen umstehend, die Mittheilung 3. wird anderswo veröffentlicht werden. Sitzungsberichte 1890. 105 EETIOEHIETER ji Sr EAN 7 A. Anl I nei an Hl. verke ah j ‚ X Fr Rn IN 1 HER a rel I Aut AT ADS au? ’ u Algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. Von L. Kronecker. D:. vorliegende Arbeit schliesst sich, dem Gegenstande wie der Behandlungsweise nach, in den ersten beiden Paragraphen, welehe die Reduction beliebiger Schaaren bilinearer Formen mit verschwin- dender Determinante enthalten, an meine im Monatsbericht vom Mai ı368 veröffentlichte Mittheilung an, und in den folgenden Paragraphen, in welchen das vollständige Invariantensystem für die allgemeinsten Schaaren bilinearer Formen — ohne jede Ausnahme — entwickelt wird, an meinen Aufsatz über die congruenten Transformationen der bilinearen Formen, welcher auf S. 397—447 der Monatsberichte aus dem Jahre 1874 abgedruckt ist. Ich habe die Arbeit im November 1874, also schon vor ı6 Jahren, verfasst, aber damals nicht publieirt, weil ich während der Abfassung die Mängel der dabei angewendeten analytisch-algebraischen Methoden und in Folge dessen das Bedürfniss einer rein arithmetischen Behand- lung des Problems lebhafter empfand. Nachdem ich aber, vor einiger Zeit, in der arithmetischen Theorie der Schaaren bilinearer Formen zu befriedigenden Resultaten, welche ich nächstens der Akademie vorlegen werde, gelangt bin, nehme ich nicht mehr Anstand, diese meine ältere Arbeit über die algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen zu veröffentlichen, zumal dadurch auch die Verglei- chung mit der neueren arithmetischen Reduction ermöglicht wird. Aus der Abhandlung, welche Hr. Wrırrstrass in der Classen- sitzung vom ı8. Mai ı868 gelesen hat, ist zu entnehmen, dass jede Schaar bilinearer Formen: >» (va; + vb); Yr (ka; ü,k 105* 1226 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. deren Determinante von Null verschieden ist, sich in eine »redu- eirte« Schaar: 3 (U+ uw) V) PU) + Kr (nv Bor) Kıv transformiren.: lässt, wobei ®, Y") durch die Gleichungen: 90 zu n kHr=e-1, »=a,1,...e"7), A,A zu yi) —— > X y® (* +ı= ee =, KOT e >) definirt sind, und YÜ = o zu setzen ist, sobald e” den Werth Eins hat.' Eben dieselbe Transformation besteht aber auch für Schaaren, deren Determinante gleich Null ist, nur dass alsdann für einen Werth von v die sämmtlichen X oder die sämmtlichen Y, deren erster unterer Index gleich e) — ı ist, so wie das zugehörige w" gleich Null sind. Wie dies mit Hülfe der in meinen früheren Mittheilungen enthaltenen Methoden zu erweisen und dadurch die Reduction der Schaaren bilinearer Formen von der in der Wrıerstrass’schen Abhandlung ge- machten Einschränkung zu befreien ist, soll hier im Zusammenhange dargelegt werden. Wenn die Determinante der bilinearen Form: wo(&,, Unze ds Yıs Ya; - ..Y,) Ve, Vz. d,5 Yıryas-- -Y,) für jeden Werth der. Variabeln ww verschwindet, so sind die nach den Variabeln der einen Reihe genommenen Ableitungen mindestens durch eine lineare Relation mit einander verbunden. Sind dies die Ab- leitungen nach den ‚Variabeln x, und setzt man: d N 4 E —= db; ee = Ur; wo —b=f, wo, — rn, (Kerzen) so kann demnach aus den vorhandenen linearen Relationen eine Gleichung: (A) > IC Ww fi —='04 (k=0,1,...0. ma k— Re) h k gebildet werden, für welche die Zahl »» einen möglichst kleinen Werth " Vergl. Monatsbericht vom Mai 1868, S. 319 Formel 38 und Monatsbericht vom März 1874, S. 217 Formel (F). Den Begriff der Formen-Schaaren habe ich in der Mittheilung eingeführt, welche ich in der Classensitzung vom ı8, Mai 1868 unmittelbar an den Vortrag des Hrn. Wrierstrass geknüpft habe, + . ‘ Q 14 Ä en) Kroxzcker: Algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. 1227 hat. Dabei kann angenommen werden, dass m ı ist. Denn wenn m — o wäre, so würden beide Formen $ und W durch die Substitution: , Ir — Cor Lp — Cor %r KT,2,... mn) („Z0 vorausgesetzt, von x, unabhängig werden; die Anzahl der Variabeln x würde also durch lineare Transformation verringert werden können. Man kann aber offenbar die beiden Grundformen der Schaar up + vl sehon von solcher Beschaffenheit voraussetzen, dass weder die Anzahl der Variabeln x, noch die der Variabeln dureh lineare Transformation verringert werden kann. Wendet man nun jene Schlussweise an, welche ich schon in meiner oben eitirten Mittheilung vom ı8. Mai 1868 bei der Darstellung von Schaaren quadratischer Formen mit verschwindender Determinante benutzt habe, so erschliesst man, dass die m + ı Ausdrücke: m ı > Chr Fr (= 0, Kolerera1 772} k=ı von einander linear unabhängig sein müssen, und zwar in dem Sinne, dass keine Relation: Done > (RZON ERSTEN KUN 2) h k existiren kann, in welcher die mit a, bezeichneten Coeffieienten von w unabhängige Constanten wären. Denn wenn eine solche Relation bestände, so würde die aus (A) hervorgehende Gleichung: ID ae: = re > IK MAR DRM g h ı ’ r wenn zur Abkürzung: gh i=h+tm-+ı u EN)! h=0,1,...m —ıI g9=0 i=h+ıI gesetzt wird, in folgender Form dargestellt werden können: > few + > je. io Kennt ') h,k h,k Eee in welcher also kein mit w” multiplieirtes Glied vorkommt. Ersetzt man hierin /,; durch seinen Werth: we, — \%;, so enthält die erstere Summe nur Potenzen von , deren Exponenten kleiner oder gleich m sind, die letztere nur solche, deren Exponenten grösser als m sind. Es müsste also jede der beiden Summen für sich gleich Null sein; aber die Existenz einer Gleichung: Y KIR h=0,1,...m—ı I m few m Be ) h,k 1228 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 27. November. steht mit jener in Bezug auf die Gleichung (A) gemachten Voraus- setzung in Widerspruch, dass die Zahl m darin einen möglichst kleinen Werth habe. Da die (m + ı) Ausdrücke: k=r > of (k 0,1, ...m) k—ı von einander, in dem angegebenen Sinne, linear unabhängig sind, so bilden die Coeffieienten c,. ein System von (m + 1) r Elementen, für welches nieht die sämmtlichen, aus je m + ı Verticalreihen zu bilden- den Determinanten verschwinden, und man kann demnach irgend welche Coeffieienten: Ce (p=m+1,m-+2,...r—ı) pk hinzunehmen, die so beschaffen sind, dass die Determinante: le | (ie ik BZ von Null verschieden ist. Bedeuten nun f’, 9, W’ die durch die Substitution: , — x; — D0y®; i Ih rs aus f,®, U hervorgehenden Funetionen der Variabeln x',y. und setzt man: dx, IX dw. so ist vermöge der Gleichung (A): h=m m > w = (wo, — Vi) uw" — 0 h=o h=o und also: / / ’ UA — Q, Y, — ud 07, 0 W=1,2,.2.M): Die unmittelbar hieraus folgenden Gleichungen: rr Aal ! R id ’ A [2 ! } und, Non) uw — 7 — ’ =T Y on (h=1,2,...m—ı) zeigen, dass zwischen den »n linearen Funetionen der Variabeln y: Vs Ware 2 Um keine lineare Relation bestehen kann; denn sonst würde eine lineare Gleichung zwischen fu. f,;- - - /„_, resultiren, deren Coeffieienten ganze Functionen (m—ı)ten Grades von w wären. Nimmt man daher an Stelle der Variabeln y ebensoviel neue Variabeln y, von denen die ersten m durch die Gleichungen: y, = U, — Pu—ı (h=1,2,...m) Kronxecker: Algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. 1229 bestimmt sind, so wird die Schaar ub Hu, oder, was dasselbe ist: Me S | (ur + Vi) ar, — k=ı in eine Schaar von folgender Gestalt transformirt: h=m 3 y pP = 8: 7 Y N x 7 > un, tv) + D (U + vba) Yr ; h=ı k=ıp=m-+1 welche endlich durch die Substitution: jE * / N Der ut um D=® u P1 sp p pP (zen: TEEN in: h=m kh=m (©) 2 rt od + 2 nt up +oY al 1=2 = übergeht za wo 12, 1a... 1, mearer Pumchonen von rs Int.s ck und ®,Y bilineare Funetionen der Veränderlichen: %n> v, (m | (u + wNv)B) + vy) („v=i,2...) a zu transformiren ist. Der letzte Theil von (©), nämlich v# +oY, enthält nur r — m Varia- beln x und nur s— m Variabeln y; es kann daher die Möglichkeit der Reduction der Schaar u® + vY schon vorausgesetzt werden. Bei der dazu erforderlichen Transformation gehen die Veränderliehen x, in gewisse Variable X über, und f,, f,,...f„ werden alsdann lineare Func- tionen eben dieser Variabeln X allein. Wenn nämlich noch irgend eine Veränderliche x, in den Funetionen f zurückbliebe, so würde zwischen den m+ı nach %,%s-:- %.,%, genommenen partiellen Ab- leitungen der Schaar (©), welche sämmtlich lineare Funetionen von D>D2s... 9, sind, dureh Elimination dieser m Veränderlichen y eine Gleichung entstehen, deren Coefficienten — der obigen Voraussetzung N) . u > entgegen — ganze Functionen (m — ı)ten Grades von — wären. v Setzt man jetzt noch: 10 —i es MIR! K=X e—k—ı) Y = 14 k=1,2,...m), 1230 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. so verwandelt sich die Schaar (&) in: h=ze-—2 (S) y Du: up + ED (u + wo) De) + vy) (w=12,...), = = wo: en En MED a Ve k 2) = S X... N > xXur,) (x ne Ike paes 1...) 1) G+ı= DEM „ el) — —2) ist, und #,,F,,... F,_, homogene lineare Functionen der Variabeln X) bedeuten. Für mn=r—ı, d.h. für den Fall, dass der Grad der Gleichung (A) nur um eine Einheit kleiner ist als die Anzahl der Variabeln x, fällt der erste und der letzte Theil von (S) fort, und es bleibt nur die redueirte Schaar u®°+vY°. Im Allgemeinen aber unterscheidet sich die Schaar (S) von einer Redueirten noch durch den ersten Theil 7 IF, Y,. und es ist nunmehr zu zeigen, wie dieser durch weitere Transformation der Variabeln X, Y wegzuschaffen ist. I. Wenn F, das Glied C, X) enthält und X) eine derjenigen Varia- beln ist, welehe in dem mit « multiplieirten Theile von (S) vorkommen, so fällt bei der Substitution: K=&4+GWOXY)+ X), VO = ICH, (Be N en ieh I—x—ı) D eben jenes Glied C, X) aus F, weg, und im Übrigen bleibt die Form der Schaar (S) erhalten, nur dass für Aae“ wäre, der Grad der ganzen Gleichung — der oben gemachten armer, zuwider — kleiner als e— ı oder m sein. M. Sind $ und U, wie zu Anfang von art. I, zwei ganz beliebige bilineare Functionen von r Variabeln x und s Variabeln y, und ist £ irgend eine Grösse von der Beschaffenheit, dass jede der von Null verschiedenen Determinanten, welche aus den Elementen: "up toV) dx; Oyı W212) gebildet werden können, auch für w+v= o einen von Null ver- schiedenen Werth behält, so ist nach Inhalt der vorstehenden Ent- wickelungen: u > tl = >, (wa + %D) vr, 2...). MV IV Es gehen also die beiden mit &,\% bezeichneten Funetionen der Variabeln x, y gleichzeitig in zwei bilineare Functionen der Variabeln X, Kälber: Saw), DL Wei+L), Ae=nn..) My My 1232 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 27. November. wo: I) —e () u 5 5 2 Pe m @+r=ed—1,2=0,1,...e"— 1), er —_ © yW Y, Pe 1% K+r=e)—2,x=0,1,...e —2), u me, „m — 7 Pe ist. Das System der beiden Formen [$, Y] oder das »Formenpaar« [6.4] wird auf diese Weise in ein »redueirtes« [®, Y] transformirt, welches sich als ein Aggregat von lauter »elementaren« redueirten Formenpaaren: rt +), um + yV] ae) darstellt. Diese elementaren Formenpaare sind in zwei Arten zu scheiden, je nachdem die Anzahl der Variabeln beider Reihen die- selbe ist oder nicht, und die zweite Art der Formensysteme zerfällt wiederum in zwei Abtheilungen, da bei denselben die Anzahl der Variabeln X entweder um eine Einheit grösser oder um eine Einheit kleiner als die der Variabeln Y ist. Bezeichnet man die Anzahl der X in den drei unterschiedenen Fällen bez. mit e,e,e—ı, so wird die Anzahl der Y bez. e,e—ı,e und die Gesammtanzahl n der Va- riabeln X und F ist für die erste Art gleich 2e, für die zweite gleich 2e—ı. Ferner wird die Determinante der zugehörigen Schaar: ua) + LE”) + o(— u 20 + Y) für die erste Art gleich der eten oder -nten Potenz von we" — vu), für die zweite aber identisch gleich Null. Für die erste Abtheilung der zweiten Art besteht zwischen den nach den verschiedenen Va- riabeln X genommenen Ableitungen der Schaar eine lineare Relation, deren Coefiecienten ganze homogene Functionen von x,v sind, und zwar von der Dimension (e—ı) oder —(n—ı). Die bezüglichen Formen- paare sind daher nach art. ] durch: [2 ZX_..n| Glaswänden Fig. 8, dessen kleinster Winkel 9° beträgt, ist auf der Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Basis mit einem 8”” weiten Loch durchbohrt, in welches ein mit Doppelhahn versehenes Glasrohr B hineinpasst. Das Rohr 3 wird Fig. 11. üg. 12. a 5 Prareau, Bericht über die Experimente des Hrn. Bipe. Mem. couronnes par l’Academie de Bruxelles XXV. 1883, eitirt nach Vioree, Cours de Physique 1.750. 1250 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. mit der leichteren gefärbten Flüssigkeit gefüllt, die Hähne e und ce’ geschlossen und das darüber stehende Stück e sehr sorgfältig durch wiederholtes Spülen mit der specifisch schweren Flüssigkeit gereinigt. Man füllt sodann den Theil e sowie das Prisma bis zur Höhe aa’ mit der farblosen Flüssigkeit; der sich als Hyperbel erhebende Meniscus endiet an dem oberen Rand des Prisma’s. Beim Öffnen des Hahnes tritt der eentrale aufsteigende rothe Cylinder in die Höhe, beim Ein- tritt in das Prisma bildet sich eine Contraetio venae mit darüber stehendem Wirbelkopf (Fig. 9), weleher etwa '/"” unter der Ober- fläche anhält. Die zuerst unter dieser angelangte Menge tritt an sie heran, während der seitliche Abtluss in sichtbarer Entfernung von ihr fortschreitet (Fig. 10). In der Nähe des Scheitels der Hyperbel be- einnt die grösste Abbiegung (Fig. ı ı), man sieht nun die Flüssigkeit in den von der Oberfläche und den beiden Seiten des Prisma’s gebildeten Raumwinkel aufsteigen (Fig. ı2), ohne dass weder die Oberfläche be- rührt, noch der von den Prismawänden eingeschlossene Raum erfüllt wird. In Fig. ı2 ist aa’ die Flüssigkeitsoberfläche, 5b’ die Berührungs- linie der Glaswände und bei © die Spitze der rothen Flüssigkeit. Den Fig. 15. Verlauf der Strömung an der Oberfläche zeigt deutlich die Fig. 13." Von den beiden Conturen aa und aa’ stellt die untere bis ce etwa ! Diese Strömungserscheinung wurde beobachtet bei einem Prisma, dessen spitzer Winkel 215 ist. i Liesreicn: Über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 1251 horizontal verlaufende diejenige Curve dar, in welcher die Flüssigkeits- oberfläche durch die den Winkel 5b’ halbirende Verticalebene ge- schnitten wird, und die also bis c das ebene Niveau der Flüssigkeit repraesentirt, aa ist die Grenzlinie zwischen Flüssigkeit und Wand, die Entfernung der beiden Curven aa und aa’ stellt also die mit ab- nehmender Entfernung der beiden Seitenebenen immer geringer wer- dende Breite des in Folge der Benetzung entstehenden Meniscus- saums dar. Man erkennt, dass bei ı die Masse noch sichtbar unter der horizontalen Oberfläche liegt, alsbald beginnt, wie es 2 zeigt, der Eintritt der gefärbten Flüssigkeit in den Meniseussaum zwischen aa und aa’. Dort jedoch, wo keine horizontalen Theile der Oberfläche mehr vorhanden sind, entfernt sich das äusserste Ende der auf- steigenden Flüssigkeit gänzlich von der Oberfläche, steigt in dieser Weise weiter und lässt, wie schon bemerkt, den von der Oberfläche und den beiden Seitentlächen des Prisma’s gebildeten Raumwinkel frei. Bei der weiteren Verdrängung der farblosen Flüssigkeit durch die rothe zeigt sich, dass in der Nähe des Prismabodens beim spitzen Winkel desselben eine Abbiegung der Flüssigkeit nach innen stattfindet. Eine Verzögerung der Füllung tritt auch in dem spitzen Winkelraum des Prisma’s auf; die Grenzlinie zwischen gefärbter und farbloser Flüssigkeit stellt sich hier als eine scharfe Linie dar (Fig. ı2), die etwas von der Vertiecalen abweicht; der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass die Flüssigkeit eine längere Zeit hatte, um den Winkel auszufüllen. Prismen mit grösserem Winkel Fig. 14. bis zu 2175 zeigten dieselben Erscheinungen.' Die Verzögerung des Stromes in dem durch die Prismawände geschaffenen Capillarraum lässt sich durch einen besonderen Versuch deutlich zeigen; man wendet hierzu ein ge- schlossenes Hohlprisma mit einem spitzen Winkel von ı0° an, dessen Aufstellung, wie nebenstehende Fig. 14 es zeigt, so erfolgt, dass die den spitzen Winkel bildende Kante sich horizontal und der Rohröffnung gegen- über befindet. Das Prisma wird mit Ausschluss jeder Luftblase mit Flüssigkeit gefüllt; im Übrigen ist die Ausführung des Versuchs von dem erstbeschriebenen nicht verschieden. Die Flüssigkeit steigt in das ' Sieht man von oben her auf die Flüssigkeit, so zeigt sich eine epheublatt- artige Ausbreitung der rothen Flüssigkeit, welche ich vorläufig glaube unberücksichtigt lassen zu können. 1252 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 27. November. Prisma, breitet sich aus, um in den Raum unter der Kante bis zu einer Entfernung von 3"” vorzudringen, abgegrenzt durch eine scharfe horizontale Linie. Während der andere Theil des Prisma’s sich rasch mit der rothen Flüssigkeit füllt, bleibt der obere spitze Theil farblos bestehen, bis Diffusionsvorgänge auch hier eine Färbung einleiten. $. 8. Die folgenden Apparate sind geeignet, den bei dem Prisma beobachteten verlangsamten Eintritt in den Meniscus noch besser zu verfolgen. Es wurden zu diesem Zweck die Flüssiekeiten zwischen planeylindrischen Gläsern zum Steigen gebracht. Um hier den sich bildenden, von der Hyperbel allerdings abweichenden Meniscus oline Störung beobachten zu können, wurde der Zweck, die leichtere Flüssigkeit in die schwerere bei Erhaltung des Niveaus aufsteigen zu lassen, durch folgenden Apparat annähernd erreicht. Zwei plan- eylindrische Gläser (Fig. ı5) vom Krümmungsradius 13°”8 sind mit Hülfe der Klemmvorrichtungen (Fig. 16) X und Ä’ an einem Stativ befestigt. Diese Cylinder werden in den Kasten A hineingesenkt, der am Boden eine Bohrung hat, in der sich zwischen zwei Hähnen Z und L/ abgeschlossen, die leichtere Flüssigkeit wie in dem früher beschriebenen Apparate befand. Nachdem der Kasten A und die bis zu dem Halın Z reichende Röhre mit der specifisch schwereren farblosen Flüssigkeit gefüllt war, wurden mit Hülfe der Schraube 5 die mit den ctönvexen Flächen zusammenliegenden planeylindrischen Gläser in die Flüssigkeit gesenkt.. Durch Öffnung des Hahnes Z steigt die Flüssigkeit in den oberen Behälter und legt sich unter den Querschnitt der beiden Gläser. Das Steigen beginnt in der Weise, dass entfernt von der Oberfläche auf beiden Seiten, der aufsteigenden Meniscuscurve folgend, die ge- färbte Flüssigkeit in die farblose eindringt, aber entfernt von dieser bleibt. Der anfangs breite farblose Raum, der sich in der Mitte des Prisma’s befindet, verschmälert sich entsprechend der Höhe der auf- steigenden Flüssigkeit. Um nun auch den in $. 23 meiner früheren Abhandlung be- schriebenen Versuch, bei welchem die den todten Raum erzeugende Reaction zwischen Uhrglasschalen ausgeführt wurde, in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, ist folgende Versuchsanordnung getroffen worden. Statt des Prisma’s wurden zwei convexe oder planconvexe Linsen benutzt, und das Steigen zwischen den so sich bildenden Menisken beobachtet. Bei einigen Versuchen habe ich die beiden eonvexen Flächen mit einander in Berührung gebracht, bei anderen eine plane mit einer convexen Seite. Der Krümmungsradius war beträchtlich grösser als bei den Cylinderlinsen. Die specielle Einrichtung des Apparats war folgende. Die Linsen A und A’ Fig. ı7 befinden sich durch Klemmen befestigt in dein Halter B Lissesıcn: Über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 1253 Fig. 15. x l; Fig. 16. Fig. ı 8; dieselben tauchen in den Kasten Z, in welchem die zur Aufnahme des mit der oben besehriebenen Doppelhahnabsperrung @@’ versehenen Rohrs dienende Öffnung sich befindet. Bei ©’ bemerkt man ein kleines Blech, welches durch Anziehen einer Schraube die unteren Ränder der 1254 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. Fig. 17. Fig. 19. Fig. 20. Linse einander mehr oder weniger zu nähern gestattet. Diese letztere Vor- richtung ermöglicht es, verschieden ge- staltete Meniscuseurven zu erzielen, wie es die Zeichnungen zeigen. Fig. ı9 ist charakteristisch für die erste Art der er- haltenen Meniseuseurven. Die Uurve be- steht aus zwei symmetrisch zur Mittel- linie gelegenen Theilen; ihr Scheitel liegt etwas unterhalb des Mittelpunkts der Linsenflächen. Der obere Theil der Curve hat eine parabelähnliche Gestalt, bis ein Wendepunkt eintritt, von dem ab sich der Charakter der Curve ändert. Die verschiedenen Stadien des Steigens zeigen die in die Figur 19 eingezeichneten Con- touren. Fig. 20 stellt die zweite Art der erhaltenen Curven dar. Im Gegen- satz zu dem erst beschriebenen Meniscus besteht der obere Theil aus einer kreisförmigen bez. schwach elliptischen Linie, welche in einem Wendepunkt den Sinn der Krümmung ändert, so dass an das obere Stück ein mehr oder weniger breiter Hals angesetzt erscheint, der er Liesreich: Über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 1255 dann an den unteren Rändern der Linse sich trompetenartig erweitert. Der Verlauf‘ der Strömung im einzelnen ist durch die eingezeichneten Curven angegeben worden. Man erkennt auch bei diesen Versuchen, wie der Charakter der früheren Erscheinung hervortritt. Stets bleibt zwischen der Begrenzung der gefärbten und der Oberfläche der farblosen Flüssigkeit ein freier Raum. ur Um eine weitere Übereinstimmung Fig. 21. ER : R ; E Ä der Flüssigkeitsströmung mit den Erschei- nungen des todten Raumes zu zeigen, wurde das im 8. 7 (Fig. 14) beschriebene Prisma nieht ganz mit Flüssigkeit an- gefüllt, sondern oben eine Luftblase ein- geklemmt. ı, stellt den aufsteigenden Strom mit seinem Wirbelkopf dar, die Cur- ven 2, 3, 4, 5 zeigen den Weg, den die Flüssigkeit entfernt von der Luftblasen- oberfläche und der Wand nimmt. Wie ich noch bemerken will, ist es nieht nöthig, sich bei diesen Versuchen auf Glycerinlösungen zu beschränken, man kann zu demselben Zweck auch Salzlösungen nehmen, «denen man geringe Mengen von Substanzen heimischt, die eine sichtbare chemische Reaction erzeugen. So sind z. B. concentrirte Magnesiumsulfatlösungen von sehr nahe liegendem speei- fischen Gewicht, von denen die eine mit einigen Tropfen Eisenalaun- lösung, die andere mit Ferrocyankalium versetzt wird, geeignet. Lässt man hier mit denselben Vorriehtungen, welche vorher beschrieben sind, die leichtere Flüssigkeit in die schwerere steigen, so markiren sich die Grenzlinien durch blaue Färbung. Allerdings wird dureh die Störung, welche die erste chemische Umsetzung verursacht, bewirkt, dass am Anfang des Stromes eine schraubenlinienartige Windung entsteht. Es ist wahrscheinlich, dass auch bei Anwendung andrer Flüssigkeiten unter den nöthigen Cautelen der Versuch gelingt; die Magnesialösung wurde wegen ihres hohen Reibungscoeffieienten gewählt. $. 9. Schlussfolgerung. Aus früher angestellten Versuchen hat sich ergeben, dass bei chemischen Reactionen ein todter Raum sich zeigt: ı. an der Oberfläche der Flüssigkeit, 2. in der Nähe der festen Wand der Gefässe, und zwar in um so höherem Grade, je grösser das Verhältniss der Wand und der Flüssigkeitsoberfläche zu der von ihnen eingeschlossenen Flüssigkeit ist, am stärksten also in Capillarräumen. Sitzungsberichte 1890. 107 1256 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 27. November. Die in dieser Abhandlung beschriebenen Versuche ergaben, dass die Flüssigkeitsoberfläche einem gegen dieselbe sich bewegenden festen oder flüssigen Körper einen Widerstand in derselben Weise entgegensetzt, wie eine feste Wand. Es muss also in der Nähe der Oberfläche eine verminderte Beweglichkeit der Flüssigkeitstheilchen stattfinden, wie es in der Nähe einer festen Wand der Fall ist. Diese Behinderung der Moleeüle wird auch auf diejenigen Moleeüle sich erstrecken, welche der chemischen Umsetzung unterliegen, hieraus erklärt sich meiner Ansicht nach das Auftreten des todten Raums in seinen verschiedenartigen Formen. Was diejenigen Experimentatoren anlangt, die das Phaenomen nieht hervorrufen konnten und hieraus ihre Schlüsse zogen, so wird ihnen, wie ich glaube, bei grösserer Übung der Versuch gelingen, und so das Irrige ihrer Schlussfolgerungen von selbst zu Tage treten. Hr. J. J. Tuonsox' hat den todten Raum zum Gegenstande einer theoretischen Erörterung gemacht und als Consequenz seiner Rech- nungen ihn durch Variationen der Oberflächenspannung erklärt. Wenn man auch zugeben kann, dass der von Tnuomson angezogene Effeet zur Erzeugung des todten Raums beitragen kann, so ist er jedenfalls nicht als seine einzige Ursache zu betrachten, da der todte Raum auch an anderer Stelle als an der Flüssigkeitsoberfläche auftritt. Dass nieht bei allen Reaetionen die Erscheinung des todten Raums bisher erkannt wurde, findet, wie ich wohl anzunehmen berechtigt bin, darin seine Erklärung, dass der Energie der chemischen Reaction gegenüber die Räume nicht klein genug geschaffen werden konnten, um den Reibungswiderstand zur Geltung zu bringen. ' J. J. Tuonson Anwendung der Dynamik auf Physik und Chemie. Leipzig 1890. Zur Entwickelung der Affen. Von EnmıL SELENKA in Erlangen. (Vorgelegt von Hrn. Schürze.) Wenrend eines sechsmonatlichen Aufenthalts auf Java, Borneo und Geylon habe ich Gelegenheit gefunden, zahlreiche Embryonen ver- schiedener Säugethiere zu sammeln und zu beobachten. Mein Haupt- augenmerk war auf die Entwickelung der Affen geriehtet. Obwohl meine Untersuchungen über diese Gruppe noch nicht abgeschlossen sind, so vermag ich doch über die Anlage der wichtigsten Embryonal- organe schon jetzt Aufschluss zu geben. Wenn ich hier einige Thatsachen herausgreife, so ist meine Ab- sicht, einerseits die typische Übereinstimmung der Entwiekelungs- vorgänge bei allen katarrhinen Geschöpfen, nämlich den Affen der alten Welt so gut als den Menschen, darzulegen, anderseits die Ab- weichungen gewisser Organanlagan vom typischen Bildungsmodus als caenogenetische zu erweisen. — Eine Anzahl neuer Benennungen wird besonderer Erläuterung nicht bedürfen. Den Ausgangstypus müssen wir bei denjenigen Affen suchen, deren Keimblase nieht von einer Deeidua reflexa umwuchert wird. Hier treten zwei scheibenförmige Placenten auf, nämlich eine über der Rückenfläche des Eilings, und eine zweite an der Ventral- seite der Keimblase. Aus dieser Grundform sind, unabhängig von einander, zwei neue Typen dadurch hervorgegangen, dass die Uterinschleimhaut in Gestalt einer Decidua reflexa die Keimblase frühzeitig umwächst und ein- kapselt: enthält die Reflexa sowohl Blutgefässe als Uterindrüsen, so kommt es ebenfalls zur Ausbildung von zwei scheibenförmigen Pla- centen; fehlen aber Gefässe und Drüsen in der Retlexa, so bleibt die zweite Placentaranlage ganz rudimentär und es findet sich nur ein einziger Mutterkuchen. Eine vierte Art der Placentation vermag ich nur als zufällige Hemmungsbildung zu betrachten, und ich will sie fernerhin ausser 107 * 1258 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. s PN} Acht lassen. Ich fand nämlich bei einem fast reifen Fötus des Java- affen (Crreocebus cynomolgus) nur eine Dorsoplacenta entwickelt, während alle anderen Individuen dieser Species auch eine Ventroplacenta be- sassen. Die mikroskopische Untersuchung ergab jedoch, dass auch eine Ventroplacenta wenigstens der Anlage nach existirte, und zwar in Form von degenerirten Ghorionzotten; vermuthlich waren diese Zotten nieht rechtzeitig mit dem Uterusepithel in Berührung gekommen, und in Folge davon gelangte eine Ventroplacenta nicht zur Ausbildung. Die drei Hauptformen der Placentation lassen sieh in Kürze folgendermaassen klarlegen. A. Ausgangsform. Placenta bidiscoidalis typieca. — Die frei im Uterus liegende Keimblase verklebt mit der dorsalen Innenfläche des Tragsacks, und zwar an einer, etwa drei Millimeter grossen Stelle, welehe ich als dorsalen Haftfleck bezeichne. Auf der Berührungs- lläche der Keimblase mit dem Uterusepithel, d. h. auf der dorsalen Area placentalis, sprossen nun zahlreiche Chorionzotten hervor, dringen in «die Uterindrüsen ein und bilden die Anlage der Dorsoplacenta (= Pla- centa dorsalis). Bald darauf verklebt die inzwischen vergrösserte Keim- blase auch mit der gegenüberliegenden Innenfläche die Uteruswand, nämlich am ventralen Haftfleek derselben, und lässt, ebenfalls dureh Einwucherung der auf der ventralen Area placentalis sich er- hebenden Chorionzotten in die Uterindrüsen, einen zweiten Mutter- kuchen entsteken, die Ventroplacenta (= Placenta ventralis). Beide Placenten sind und bleiben nahezu scheibenförmig und werden dauernd getrennt durch ein ringförmiges zottenfreies Chorion laeve eirculare, welehes schliesslich sich flach an die Uteruswand anlegt und locker mit ihr verschmilzt. Eine Einkapselung der Keimblase durch um- wucherndes Gewebe findet nieht statt. — Hierher gehören, so weit meine Erfahrungen reichen, sämmtliehe Katarrhinen der alten Welt, mit Ausnahme der Anthropoiden und des Menschen. B. Placenta bidiscoidalis eireumvallatı. — Während sich die Placenta dorsalis in gleicher Art anlegt wie beim Ausgangstypus, so erhebt sich hier an den Rändern des dorsalen Haftfleeks die Uterin- schleimhaut und umwuchert in der Form eines dieken, Blutgefässe und Uterindrüsen mitführenden Mantels die Keimblase vollständig. es entsteht eine diekwandige Membrana deeidua reflexa, welche das Ei von der Uterinhöhle abschliesst. Die Chorionzotten,. welche danach auch auf der ventralen Hälfte der Keimblase hervorsprossen, finden nun Gelegenheit, in den Uterindrüsen der Retlexa Wurzel zu schlagen und bilden einen zweiten Mutterkuchen, der Ventro- placenta Reflexae heissen mag. — Diese Placentation, welche ich bisher allein beim Hylobates aufgefunden habe, unterscheidet sich Serenka: Zur Entwiekelung der Affen. 1259 vom Typus A nur dadurch, dass die ventrale Placenta uterina nicht der ventralen, sondern vielmehr der dorsalen Wand des Uterus entstammt. C. Placenta monodiscoidalis s. discoidalis. — Wie beim Typus B wird die Keimblase vollständig umwuchert von einer Reflexa, welche jedoch sehr dünnwandig ist und weder Gefässe noch UÜterin- drüsen enthält. Nachdem die Dorsoplacenta in gewöhnlicher Weise angelegt worden ist, erheben sich auch auf der ventralen Seite der Keimblase zahlreiche Zotten, welche aber in der gefäss- und drüsen- freien Reflexa keinen Haft- und Nährboden antreffen und daher bald zu Bindegewebssträngen verkümmern oder zu Grunde gehen. — Hierher gehören, soweit man aus den vorliegenden Publicationen schliessen kann: Chimpanse, Orang utan, Gorilla und Mensch. Die monodis- coidale Placenta dieser Geschöpfe muss demnach der Dorsoplacenta der übrigen Affen homolog erachtet werden, während die Ventro- placenta nur als rudimentäres Embryonalgebilde in Erscheinung tritt, ohne zur Ausbildung zu gelangen. So gross die Verschiedenheit in der Placentation der drei Typen auch sein mag, so geringfügig erscheinen die Unterschiede in der Entwickelung der übrigen Embryonalhäute und der Eilinge selbst. Überall treffe ich die gleichen Vorgänge, wie durch folgende Thatsachen angedeutet sei. Die Anlage des Mutterkuchens, sowohl des dorsalen wie des ventralen, ist immer die gleiche. Nach Verschluss des Amnion- nabels (ein Proamnion im Sinne van Benepens kommt nicht vor) wuchert das aus cubischen Zellen bestehende Chorionektoderm in Gestalt von hohlen Zotten, deren Weitung immer von lockerer Meso- dermgewebe ausgefüllt ist, in die Uterindrüsen des Haftflecks hinein. Chorionektoderm und Drüsenepithel legen sich stets überall fest und untrennbar an einander, und weder das eine noch das andere ver- schwindet während der Tragzeit. Wohl aber ändert sich gar bald die Form des Drüsenepithels mit dem Wachsthum der Uterindrüsen ; indem letztere sieh ausweiten und verästeln, vertlacht sich ihr Epithel zu einer dünnen Membran, welche bald vom mütterlichen Blute direet umspült wird. Das Chorionektoderm dagegen behält die eubische Zellform bei, indem es unter lebhafter Vermehrung seiner Elemente den Drüsentaschen folgt. Die mit dem Blute des Mutterthiers an- gefüllten cavernösen Räume der Placentae uterinae sind ohne allen Zweifel als erweiterte Uapillaren, keineswegs als »intraplacentare Spalträume« aufzufassen. — Schon Turser u. A. haben hervorge- hoben, dass die Structur der Affenplacenta eine auffallende Über- einstimmung zeigt mit der Placenta des Menschen. Das ist voll- kommen richtig: jedoch irrte TURNER, sowie einige andere Forscher, darin, dass sie das Chorionektoderm für das Drüsenepithel ansahen. 1260 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. November. Noch eine ganze Reihe anderer, höchst sonderbarer Embryonal- bildungen sind den katarrhinen Affen und dem Menschen gemeinsam und unterscheiden sie von den übrigen Säugethieren. Diese Sonder- bildungen fügen sich zwanglos unter bekannte Gestaltungsgesetze, indem sie auf Bildungsheimmungen, auf Hypertrophieen, auf locale oder heterochronische Verschiebungen zurückzuführen sind. Einige dieser Umformungen treten übrigens auch innerhalb der Reihe anderer Säugethiergruppen vereinzelt auf; die hier noch zu besprechenden eaeno- genetischen Vorgänge sind daher nicht ohne alle Analogie. Um das Eigenartige der Embryonalanlagen bei den Katarrhinen in's rechte Lieht zu setzen, will ich eine jüngere Keimblase des Lutung (Semnopitheeus maurus) in der Kürze beschreiben. Die 4'/,"” grosse Keimblase besitzt nahezu die Gestalt eines flachen Kegels, dessen Durchmesser doppelt so gross als seine Höhe, und dessen Spitze abgerundet ist. Seine schwach convexe Basis er- seheint glatt, während die ganze Oberfläche des Kegelmantels hun- derte von verästelten Zotten trägt, welche bereits tief in die Uterin- drüsen eingedrungen sind. Der Kegel birgt eine geräumige Höhle (Interamnionhöhle oder Exocoelom), mit gerinnbarer Flüssigkeit er- füllt. Die Wandung des Kegels ist aus zwei untrennbar vereinigten Blättern zusammengesetzt: ı. dem äusseren einschichtigen Chorion- ektoderm und 2. einem inneren mehrschiehtigen, der Somatopleura zu- gehörigen, lockeren Gewebe, welches im Bereiche der Kegelbasis schmächtig ist, unter dem Kegelmantel aber stärker wird und inner- halb der Kegelspitze zu einem dieken Polster anschwillt. Auf diesem Polster ruht die ganze, '/,"" grosse Embryonalanlage nebst Dotter- sack, frei in die Binnenhöhle vorragend. Um ihre Gestalt zu be- schreiben, will ich zu einem Vergleiche greifen. Man denke sich das spitzere Ende eines Vogeleies zipfelig etwas ausgezogen, dann das Ei selbst der Länge nach halbirt und beide Hälften in der Längsachse ein wenig übereinander verschoben. Der vorragende stumpfe Eiabschnitt wäre dem Kopfende des zukünftigen Embryo gleichzustellen, und diese Eihälfte entspräche dem flachen Fruchthofe nebst überwölbendem Amnion; die andere Eihälfte stellt den Dotter- sack vor. Die Verbindung dieses Gebildes mit der äusseren Eihülle oder dem Chorion' bewerkstelligt das Amnion, dessen äussere Lamelle, die Somatopleure, unmittelbar in das erwähnte Mesoderm- ! Unter dem Namen Chorion verstehe ich die embryonale äussere Eihülle, ohne Rücksicht auf ihren histologischen Bau. ımter Allantoischorion denjenigen Abschnitt des Chorion. mit welchem das Gewebe der Allantois verschmolzen ist. unter Dottersackehorion das mit der Dottersackwand verwachsene Chorion. (Vergl. SELENKA. Studien zur Entwickelungsgeschiehte der Thiere. IV. Heft.) SetenkA: Zur Entwiekelung der Affen. 1261 polster des Chorion übergeht; dagegen ragt der von der Splanchno- pleura überzogene Dottersack frei in das Exocoelom hinein. Scheint auf diese Weise die ganze Embryonalanlage nur durch Vermittelung des Amnion in situ gehalten, so betheiligt sich doch, wenn auch nur in geringem Grade, die Splanchnopleure ebenfalls an der Verbindung der Frucht mit dem Chorion, indem der Allantois- höcker, welcher jetzt noch eine kappenartige Wucherung um das zipfelige Ende des Dottersacks bildet, an dem Mesodermpolster hinab- zuwachsen beginnt. — Von Blutbahnen waren nur die Herzanlage und einige Gefässe des Dottersacks nachweisbar. Wenn ich die hier mitgetheilten Befunde von der Beschaffenheit der Hüllen und Anhänge des Embryo’s zusammenstelle mit jenen Er- gebnissen, welche ich an vielen anderen, jüngeren und älteren Keim- blasen gewonnen habe, so entrollt sich folgendes Bild der Entwickelung. Nachdem die junge, '/,"” grosse Keimblase locker mit dem Uterus- epithel des Haftflacks verklebt ist, nimmt sie schnell an Grösse zu; zugleich dehnen sich die Coelomsäcke aus, drängen einerseits den Dottersack, welcher mit dem beschleunigten Wachsthum nieht gleichen Sehritt hält, vollständig vom Chorion ab, und führen andererseits die Verschmelzung der Amnionfalten herbei Durch diese Processe müsste offenbar das ganze Embryonalgebilde vom Chorion gänzlich losgetrennt werden, wenn nicht eine dauernde Verbindungsbrücke zwischen Frucht und Chorion erhalten bliebe im Amnionstiel! Die Ektodermplatte des Amnion schnürt sich freilich vollständig vom Chorionektoderm ab, aber die Somatopleure der beiden Amnionfalten (des Kopf- und Rumpf- amnion) vermittelt als Nabelstiel dauernd den Zusammenhang mit der äusseren Keimhülle. Dies ist das oben beschriebene Mesoderm- polster. Der Amnionstiel besitzt schon von Anfang an eine bedeu- tende Dieke, welche fast dem Durchmesser des Amnion gleichkommt; er liegt nicht genau vertical über dem Fruchthofe, sondern lässt die ganze Kopfpartie des Amnions frei, umfasst dagegen noch dessen zipfeliges Ende, welches auch das Hinterende des Fruchthofs enthält. Der Amnionstiel wird aber bald noch verstärkt durch den Allantoisstiel, dessen Splanchnopleura (Allantoishöcker) an dem Amnionstiel hinabwuchert und damit zugleich die Gefässkeime in das Chorion befördert. Eine Höhlung erhält der Allantoisstiel später erst dadurch, dass ein sehr dünner, kurzer entodermaler Schlauch in den- selben hineinwächst. Diese vereinigten Stiele des Amnions und der Allantois könnte man als Embryonalstiel oder Haftstiel, bezeichnen. Mit der Grössenzunahme des Embryo’s verlängert und verdickt sich der Haft- stiel; er rückt allmählich an das Hinterende des Körpers und schliess- 1262 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 27. November. lieh sogar auf dessen Bauchseite, um nunmehr jenes Gebilde darzu- stellen, welches Hıs bei den menschlichen Embryonen Bauchstiel genannt hat. Der Hıs’sche »Bauchstiel« ist daher nichts anderes, als der, dureh den Allantoisstiel verstärkte und vom Rücken auf die Bauchseite ver- lagerte Amnionstiel! Der Bauchstiel wird schliesslich zum Nabel- strang, indem sich demselben noch der Dottersackstiel anlagert und das Amnion die drei Stiele der ganzen Länge nach vollständig umbhüllt. All diese Bildungen, welche mit den bei menschlichen Früchten heohachteten gut übereinstimmen, lehren, dass einige Embryonal- organe bei Affe und Mensch theils frühzeitiger, theils später zur Entfaltung kommen, als dies bei anderen Säugethieren der Fall ist. Zu den vorfrühen Bildungen gehören ı. die zahlreichen Chorion- zotten; 2. die Coelomsäcke, dureh deren Ausbreitung frühzeitig der Dottersack abgehoben und das Amnion geschlossen wird; 3. der Allantoisstiel. — Umgekehrt erscheinen als zeitlich zurückbleibende Gebilde ı. der Dottersack. Zwar schnürt er sich früh von der Keim- blasenwand ab, aber sein Gefässnetz entwickelt sich erst spät. Da er seiner ursprünglichen Function als Athem- und Nährorgan gänzlich enthoben ist, muss er als rudimentäres Organ betrachtet werden. In das Chorion entsendet er niemals Gefässe, denn alle Blutbahnen des Chorions sind ausschliesslich Allantoisgefässe; 2. verzögert ist ferner das Auftreten einer Allantoishöhle, und 3. die Differenzirung des Fruchthofs. — Als eigenartige Sonderbildungen wären zu nennen: ı. das lockere Gewebe der Somatopleura, welches das CUhorion aus- tapezirt; 2. der persistirende Amnionstiel: 3. die Ausweitung des Amnions und seine Verwachsung mit dem Chorion; 4. die Degradirung des Dottersacks zum rudimentären Organ; 5. die Anlage zweier, ein- ander gegenüberliegender Placenten, von denen die eine jedoch rudi- mentär bleiben kann; 6. Festheftung des nichtplacentalen Theils der Fruchtkapsel — sei dieselbe Chorion laeve oder Deeidua reflexa — an die umgebende Uteruswand. Eine ausführliche Darlegung der hier skizzirten Ergebnisse und Betrachtungen wird im VI. Hefte meiner »Studien zur Entwiekelungs- geschichte« baldigst veröffentlicht werden. Ausgegeben am 4. December. 1263 1890. XLIX. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 27. November. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Monmnsen. Hr. Schraper las: Die Datirung der babylonischen so- genannten Arsacideninschriften. Die Mittheilung erscheint in einem der nächsten Berichte. Ausgegeben am 4. December. Sitzungsberichte 1890. 108 E a DR 1 ur 2 Pe, 5 j Me es ae Err, 1265 1890. L. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 4. December. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Monusen. l. Hr. von Hormann las: Neue Untersuchungen über die Äthylenbasen. 2. Derselbe legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. GABrırr hier- selbst vor: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fett- reihe. Beide Mittheilungen folgen umstehend. 3. Die philosophisch historische Classe hat bewilligt: 900 Mark Hrn. Prof. Dr. Gernarpr in Eisleben zur Herausgabe des 7. Bandes von Leissız’ philosophischen Schriften; 180 Mark der Verlagsbuchhandlung G. Reimer hierselbst, zur Herausgabe des ı0. Heftes des 5. Bandes der »etruskischen Spiegel«. Sitzungsberichte 1890, 109 i de £ a Arc: e Er 3 Z, = 25° di L- I 1 l - “ + N | = Di nt aka v0 770 j) f k e) Pe Bu / ‘ ö WM ” f N > in ‚ ‚a = um: J1 J j erh Fitz 1:3 url N ne J rn N v“ 22 Dr IA PT, | r hr ; £ ed De Eu i ’ 6 * Kuren u - u j u 5 v E I y B EM ü \ DR j I a ee! j Bar u \ i 5 Sur Y er r i E > rt - > ie - 0 u.n8 R CE , h) Br U nA 6 1267 Neue Untersuchungen über die Äthylenbasen. Von A. W.von Hormann. I. Diäthylendiamin und Triäthylentetramin. x Ex eigenthümliches Zusammentreffen von Umständen ist mir Veran- lassung gewesen, noch einmal auf Versuche zurückzukommen, mit denen ich mich bereits vor mehr als dreissig Jahren beschäftigt habe. Unter dem Namen Spermin ist eine Base bekannt, welche von verschiedenen Forschern in thierischen Seereten, zumal im leukämischen Blute, dann aber auch von Lrypex! in dem Auswurfe bei Asthma bronchiale, endlich von Pn. Scnkeiser” in der Samenflüssigkeit beob- achtet worden ist. Letzterer hat auch eine sehr sorgfältige und im Hinblick auf die Schwierigkeiten, welche solche Arbeiten bieten, höchst bemerkenswerthe Untersuchung des Körpers ausgeführt. Seine Ana- Iysen des salzsauren und des Goldsalzes stimmen genau auf die Formeln C,H,N.HCl und G,H,N.HCl.AuCl.. Später haben Lapensure und Age” bei der Destillation des salzsauren Äthylendiamins in kleiner Menge einen Körper erhalten, welchen sie Äthylenimin nannten, dessen Untersuchung zu denselben Resultaten führte, welche der ScurEier'sche Körper geliefert hatte. Die Dampfdichte zeigte aber unzweifelhaft, dass das Äthylenimin eine doppelt so grosse Moleculargrösse besitzt, wie die von SCHREINER ange- nommene. Eine sorgfältige Vergleichung der Eigenschaften des Äthy- lenimins mit denen des Spermins führte die genannten Chemiker zu dem Schlusse, dass die ausserordentliche Ähnlichkeit beider Körper ihre Identität in hohem Grade wahrscheinlich mache, sie glauben dieselbe aber noch nicht mit Sicherheit behaupten zu können. In einer späteren kurzen Notiz’ kommen sie noch einmal auf das Äthylen- imin zurück und werfen im Hinblick auf die Dampfdichtebestimmung ! Leyven, Arch. für path. Anat. LIV, 324. 2 PH. SCHREINER, Lies. Ann. OXCIV, 68. ® LADENBURG und ABEL, Ber. Chem. Ges. XXI, 748. * Dieselben, a. a. O. 2706. 109 * 1268 Gesammtsitzung vom 4. December. des letztgenannten Körpers die Frage auf, ob das Äthylenimin mit dem Diäthylendiamin identisch sei. Sie haben zur Entscheidung dieser Frage das Diäthylendiamin durch Einwirkung von Äthylenehlorid auf Äthylendiamin dargestellt, sprechen aber nach vorläufigen Versuchen sehliesslich die Ansicht aus, dass beide Verbindungen nicht identisch sind, obwohl sie noch keine bestimmte Erklärung darüber abgegeben, sondern weitere Versuche anstellen wollen. Noch später ist eine Angabe über denselben Gegenstand von Sırgrr! erschienen, welcher das Spermin und Äthylenimin als von dem Diäthylendiamin bestimmt verschieden erklärt. Der Schreiner schen Base waren von verschiedener Seite, so zumal von Brown - SEouArn bemerkenswerthe physiologische Eigen- schaften zugeschrieben worden. Unter diesen Umständen musste die Mittheilung”, dass es der berühmten chemischen Fabrik auf Actien, vormals ScHerıne, gelungen sei, das Spermin synthetisch darzustellen, dass das salzsaure Salz dieser Base im Zustand der Reinheit im Handel vorliege, das Interesse medieinischer sowohl wie pharmaceutischer Kreise in Anspruch nehmen. Diäthylendiamin. Als mir vor einigen Wochen eine kleine Probe der neuen Base zu Gesicht kam, wurde ich sofort lebhaft an einen Körper erinnert, den ich vor nahezu dreissig Jahren in den Händen gehabt hatte, näm- lich an das bei der Einwirkung von Ammoniak auf Chlor- oder Brom- äthylen entstehende Diäthylendiamin. Nach einigen Versuchen konnte ich nicht zweifeln, dass hier mehr als eine zufällige Ähnlichkeit vorlag. Hr. Dr. J. F. Hortz, der Direetor der genannten Fabrik, dem ich meine Wahrnehmung mittheilte, hatte die Güte, mir mit gewohnter Liebenswürdigkeit ein Paar Gramm der in den Werkstätten der Fabrik gewonnenen Substanz, die aber nicht mehr als Spermin, sondern als Piperazidin (wohl richtiger Piperazin?) bezeichnet war, zur Verfügung zu stellen, so dass ich eine genauere Vergleichung der in Frage stehenden Verbindungen vornehmen konnte. Das Ergebniss dieser Vergleichung ist die Erkenntniss, dass das mir von Hrn. Dr. Horrz übersendete Spermin oder Piperazidin mit dem Diäthylen- diamin identisch ist. Der Grund, weshalb man diese Identität nieht sofort erkannt hat, muss in der unvollkommenen Beschreibung gesucht werden, welche bisher von dem Diätlıylendiamin vorlag. ı Sırger, Ber. Chem. Ges. XXIII, 326. ?2 Pharmaceutische Zeitung 1890 No. 87 7, 821697: von Hormann: Neue Untersuchungen über die Athylenbasen. 1269 In der Literatur wird das Diäthylendiamin gewöhnlich als eine bei 170° siedende Flüssigkeit beschrieben." Cro&z,” welcher zuerst die Einwirkung von Ammoniak auf Äthylenbromid studirte, beschreibt unter dem Namen Acetyliak eine flüssige Base, welche er durch die Formel G,H.N darstellt und deren Siedepunkt bei 200° angegeben wird. NAaTAnson’, welcher später das Verhalten des Äthylenchlorids gegen Ammoniak untersuchte, erhielt gleichfalls eine flüssige, von ihm Acetylamin ge- nannte Base von der Zusammensetzung GEN, welche erst bei 218° siedete. Als ich später die Erforschung dieser Körper aufnahm, fand ich in den Reaetionsprodueten zwischen Ammoniak und Äthylenchlorid oder Äthylenbromid gleichfalls einen Körper von der oben gegebenen Zusammensetzung, allein ich konnte (denselben im Hinblick auf die allgemeinen Ergebnisse der Untersuehung nicht mehr als Acetylamin gelten lassen, sondern musste ihn vielmehr als Diäthylendiamin, C,H, 5 GER .N, oder GH a CH, , H;;) 5 wie wir heute schreiben würden, betrachten.' Ich habe das Diäthylendiamin damals aus den Rohbasen in der Weise gewonnen, dass ich die bei etwa 170° siedende Fraction be- sonders aufsammelte und in das jodwasserstoflsaure oder salzsaure Salz verwandelte. Die Salze wurden mehrfach aus verdünntem Alkohol umkrystallisirt und zeigten alsdann die Zusammensetzung beziehungs- weise des jodwasserstoffsauren und salzsauren Diäthylendiamins. Die erhaltenen Zahlen stimmten auf die Formeln GHEN,.«2Hl und GHZN, .2zHGl: Letzteres lieferte ein schönes, schwerlösliches Platinsalz von der Zusammensetzung G,H.N,:2HCI. PC]. Diese Ergebnisse hatten begreiflich keine Beweiskraft für die Diaminnatur der Base, da man durelı Halbirung der Formel C,H,,N, einfach auf den von Croiz und Naranson gegebenen Ausdruck gelangt. ! Beitstein (2) 1,919. Cro&z, Instit. 1843. 213. 3 Naranson, Lieb. Ann. XCI, 48; XCVII, 291. * Hormann, R. Soc. Proc. X, 224. ; [0 1270 Gesammtsitzung vom 4. December. Ein entscheidendes Ergebniss musste die Gasvolumgewichts- bestimmung liefern; zu dem Ende wurde die Base aus dem salz- sauren Salze in Freiheit gesetzt und mehrfach über Baryt destillirt. Bei dieser Gelegenheit wurde das Diäthylendiamin zum ersten Male in starrem Zustande beobachtet. Die nach dem Verfahren von Gay- Lussac ausgeführte Bestimmung gab keine besonders scharfe Zahl, die aber gleichwohl hinreichte, die Frage zu entscheiden. Das Gas- volumgewicht wurde zu 39 gefunden,‘ während die Diaminformel 43 verlangt. Ein nach der Ansicht von Cro&z und NaTanson constituirter Körper würde das Gasvolumgewicht von 21.5 geliefert haben. Ganz unzweifelhaft für die Natur des Diäthylendiamins war in- dessen das Verhalten der Base gegen Äthyljodid.” Durch geeignete Behandlung mit diesem Agens verwandelte sich die von mir als Diäthylendiamin ausgesprochene Base in folgende Jodverbindungen: 3) (CDU). (CHE Npr sei: b) (GHJ.(C,H,.N, | est c) (GH),.CH),N 2>CHT Eine Verbindung b war nur denkbar, wenn die in Frage stehende Base Diäthylendiamin war. Wenn man im Hinblick auf die vorstehend eitirten Versuche die Natur des Diäthylendiamin als mit Sicherheit festgestellt betrachten durfte, so waren die Eigenschaften der freien Base bisher so gut wie unbekannt geblieben. Ich hatte die Base, wie bereits bemerkt, einmal im starren Zustande beobachtet, allein die Substanz war nicht hinreichend rein, um eine Bestimmung des Schmelzpunkts oder des Siedepunkts auszuführen. Ein glücklicher Zufall hat mich in den Stand gesetzt, die Ge- schichte des Diäthylendiamins in der angedeuteten Richtung zu ver- vollständigen. Bei Darstellung einer grösseren Menge von Äthylenbasen durch Einwirkung von Ammoniak auf Äthylenechlorid sowohl als auf Äthylen- bromid hatte sich aus dem Gemisch basischer Öle, welche aus dem Rohproduct durch Alkali in Freiheit gesetzt worden war, während der Ferien eine blätterige Krystallisation ausgeschieden, welche als Diäthylendiamin angesprochen werden konnte. Etwas mehr von. diesen Krystallen wurde gewonnen, als das Rohproduet behufs Ge- winnung des Äthylendiamins der Destillation unterworfen wurde. Aus dem nach Abscheidung des Äthylendiamins zwischen 130 und 180° ! Hormann, R. Soc. Proc. X, 231. 2 Derselbe, a. a. O. XI, 278. vos Hormans: Neue Untersuchungen über die Athylenbasen. 1271 siedenden Öle sonderte sich eine etwas grössere Menge der Krystalle ab. Die Quantität war aber im Verhältniss zu der Menge der übrigen basischen Öle stets eine geringe, so dass die Darstellung des Diäthylendiamins immer noch mit grossen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Die ausgeschiedenen Krystalle wurden durch Absaugen von der anhängenden Flüssigkeit getrennt, möglichst schnell zwischen Fliess- papier gepresst und dann geschmolzen längere Zeit mit Kalihydrat digerirt. Es ergab sich, dass noch etwas Wasser entfernt wurde. Von dem Kalihydrat abgegossen, zeigte die Base nunmehr einen annähernd constanten Siedepunkt bei 137°. Allein metallisches Natrium mit der geschmolzenen Base in Berührung gebracht, entwickelte noch deutlich Wasserstoffgas. Der Körper wurde daher noch ein paar Stunden lang mit Natrium im Wasserbade digerirt, bis jede Gasentwickelung auf- gehört hatte. Die so gereinigte Base siedete nunmehr (von Platin aus) constant bei 145— 146°. Bei rascher Abkühlung zeigt der Dampf der Base ein eigenthümliches Verhalten. Bringt man z. B. in eine mit dem Dampfe der Base erfüllte Retorte einen kalten Glasstab, so hüllt sich derselbe sofort in eine Wolke leicht beweglicher schillernder Blättehen. Der Schmelzpunkt des Diäthylendiamins liegt bei 104°. Bei Bestimmung desselben beobachtet man in der geschmolzenen Masse stets einige Filamente, welche erst bei etwas höherer Tempe- ratur, etwa 114° verschwinden. Ich bin geneigt. diese Erscheinung der Gegenwart von Spuren des Carbonats, dessen Bildung sich schwer völlig vermeiden lässt, zuzuschreiben. Die geschmolzene Base erstarrt beim Erkalten zu einer schneeweissen harten Krystallmasse. Sie zerfliesst in feuchter Luft ziemlich schnell. Die Base ist, wie das Äthylendiamin, ausserordentlich löslich in Wasser; die Lösung ist stark alkalisch. Auch in absolutem Alkohol löst sie sich; beim Verdampfen desselben werden grosse durchsichtige Krystalle erhalten. In Äther ist sie unlöslieh, die Lösung in absolutem Alkohol wird durch absoluten Äther nicht gefällt. Um zu entscheiden. ob das wasserfreie Diäthylendiamin vorlag, wurde eine Stickstoffbestimmung ausgeführt. Die wasserfreie Base enthält 32.56 Procent; gefunden wurden 32.75 Procent. Das Gasvolumgewicht des wasserfreien Diä- thylendiamins auf Wasserstoff bezogen beträgt 43. Bei der Dampf- ‚dichtebestimmung in der Barometerleere wurde 40.3 gefunden. Die mir von Hrn. Dr. Horız übersandte Base zeigte sämmt- liche oben angegebenen Eigenschaften. Die Krystalle enthielten noch Wasser. Wahrscheinlich bildet das Diäthylendiamin wie das Äthylen- diamin ein Hydrat. Durch Kalihydrat und schliesslich durch metal- lisches Natrium entwässert, schmilzt die. Substanz bei 104° und 1272 Gesammtsitzung vom 4. December. siedet (vom Platin) bei 145—ı46°. Bei der Schmelzpunktsbestim- mung wurde dieselbe leichte Trübung der geschmolzenen Masse beobachtet, wie bei den Diäthylendiamin; auch bei der Destillation trat die charakteristische Erscheinung auf, welche das Diäthylendiamin gezeigt hatte; der plötzlich abgekühlte Dampf erfüllte sich mit irisirenden Blättehen. Bei der Dampfdichtebestimmung nach der Ver- drängungsmethode ward 39.11 statt 43 gefunden. Ebenso wie die Eigenschaften der mit einander verglichenen Basen stimmen auch diejenigen ihrer Salze überein. Ich habe die salzsauren Salze derselben dargestellt; die langen schräg zugespitzten Spiesse lassen sich nieht von einander unterscheiden. Sie sind ausserordentlich löslich in Wasser und werden aus der wässerigen Lösung durch Alkohol in Gestalt feiner verfilzter Nadeln gefällt. Bei der Analyse des aus der Horrz’schen Base dargestellten Chlorhydrats wurden 44.85 Procent gefunden, Die Formel G,B.N, »H@ verlangt 44.65 Procent. Auch die aus den beiden Basen gewonnenen Platinsalze zeigen genau denselben Habitus. Es sind charakteristische vierseitige Blättchen, dem entsprechenden Salze des Äthylendiamins sehr ähnlich, aber löslicher und daher aus verdünnter Lösung auch leichter in grösseren Krystallen zu gewinnen. Bei der Analyse desselben wurde 39.33 Procent Platin erhalten. Der Formel C,H,.N..2HC1.PtCl, entsprechen 39.27 Procent. Auch die scharlachrothen, nach einiger Zeit in’s Gelbliche spielenden krystallinischen Niederschläge, welche Jodwismuthkalium in den Lösungen beider Basen hervorbringt, haben genau dasselbe Aussehen. Es schien von Interesse, zur Identifieirung noch einen weiteren Versuch auszuführen. Zu dem Ende wurde die Benzoylverbindung des Diäthylendiamins nach dem bekannten eleganten Verfahren von ScHoTTen,' welches später von Baumann” methodisch ausgebildet worden ist, dargestellt. Beim Schütteln einer verdünnten Natronlösung mit Diäthylendiamin und Benzoylchlorid schwimmt die neue Verbindung nach kurzer Frist als krystallinische Masse auf der Flüssigkeit. Mit kaltem Wasser gewaschen und aus heissem Alkohol umkrystallisirt, liefert sie schön ausgebildete, durchsichtige, in Rhomben anschiessende Krystalle von dem bei nochmaligem Umkrystallisiren constant blei- benden Schmelzpunkt 191° und von der Zusammensetzung: ! Schotten, Ber. Chem. Ges. XVII, 2 ® Baumann, Ber. Chem. Ges. XIX, 3 von Hormann: Neue Untersuchungen über die Äthylenbasen. 1273 C,H, N,0,=(C,H,),(C,H,0),N, Theorie Versuch 0 73-47 73-29 H 6.12 6.37 Als man den Versuch mit der fabrikatorisch gewonnenen Base anstellte, wurden genau dieselben Erscheinungen beobachtet. Die Benzoylverbindung liess sich von der aus dem Diäthylendiamin dar- gestellten nicht unterscheiden. Sie schmilzt ebenfalls bei 191°. Mit concentrirter Salzsäure auf 180° erhitzt spaltet sich die Benzoylverbin- dung vollständig m Benzoesäure und Diäthylendiamin. Die Zerlegung erfolgt zum grossen Theil auch schon bei 100°. Für die Entscheidung von Fragen bezüglich der Identität von Körpern, welche sich benzoyliren lassen, leistet die Benzoylirung in alkalischer Lösung vorzügliche Dienste. Ich beabsichtige, dieselbe auch auf das Äthylenimin anzuwenden. Das Diäthylendiamin ist in mehr als einer Beziehung ein inter- essanter Körper, der jedenfalls eine genauere Untersuchung verdient. Seine Gewinnung als Nebenproduet bei der Darstellung des Äthylen- diamins ist immer noch mit erheblichen Schwierigkeiten verknüpft. Auch bei der Einwirkung von Äthylenbromid auf Äthylendiamin, welche den Körper in reichlicher Menge liefern sollte, entstehen, wie weiter unten gezeigt werden soll, fast überwiegend andere Verbindungen. Es wäre erwünscht, wenn das von der mehrfach erwähnten Fabrik ein- geschlagene, noch nicht veröffentlichte Verfahren den in Rede stehenden Körper leichter und billiger zu liefern vermöchte. Hierfür ist einige Aussicht gegeben, insofern nach neuesten Mittheilungen' das Diäthylen- diamin Eigenschaften besitzt. welche seine Gewinnung in grösserem Maassstabe wünschenswerth erscheinen lassen. Der Base ist in hohem Grade die Fähigkeit eigen, die Harnsäure zu lösen. Sie soll ı2mal soviel Harnsäure lösen als das Lithiumearbonat. Dem Diäthylendiamin ist daher möglicherweise noch eine therapeutische Zukunft vorbehalten. Triäthylentetramin. Die vorstehend beschriebenen Versuche sind mir Veranlassung gewesen, das unvollendet gebliebene Studium auch der hochsiedenden Äthylenbasen wieder aufzunehmen. Bekanntlich zeigen die basi- schen Öle, welche bei der Einwirkung von Kaliumhydrat auf das bei der Behandlung von Äthylenbromid mit Ammoniak entstehende Re- actionsproduet in Freiheit gesetzt werden, einen continuirlich stei- U Pharm. Centr. Halle 1890, Nr. 48, S. 714. 1274 Gesammtsitzung vom 4. December. genden Siedepunkt, der sieh bis über die Grenze «des Quecksilber- thermometers erhebt. Die Reindarstellung des bei 117— 121° sie- denden Äthylendiamins bietet keine besondere Schwierigkeit; es bedarf schon einer mehrfach wiederholten fraetionirten Destillation um das, wie man jetzt weiss, bei 146° siedende Diäthylendiamin im krystalli- sirten Zustande zu erhalten. Bei dieser Fractionirung erkennt man unschwer, dass jenseits 200° wieder ein constanter Siedepunkt liegt. Aus der zwischen 200° und 225° siedenden Fraetion entsteht nach Zusatz von Chlorwasserstoffsäure ein gut krystallisirtes Salz. Dieses Salz besteht zum grossen Theile aus dem Chlorhydrat des Diäthylentriamins Eu cn 27 N welehes ich sehon früher beschrieben habe." Im Laufe der heute mitzutheilenden Versuche habe ich diesen Körper in grösserer Menge gewonnen und Gelegenheit gehabt. die früher mit kleineren Quantitäten angestellten Beobachtungen allseitig zu bestätigen. Es sind "aber auch. wie dies bei Wiederholung von vor langer Zeit gemachten Versuchen nicht wohl anders erwartet werden konnte, einige neue Erscheinungen wahrgenommen worden. so dass ich demnächst wohl auch noch einmal auf das Triamin zurückzukommen haben werde. Lässt man auf die jenseits 225° siedende Fraction der Basen Salzsäure einwirken. so zeigt das Auftreten von Krystallen, dass auch die nunmehr übergehenden Basen erhebliche Mengen von Diäthylen- triamin enthalten, der Gehalt nimmt aber mit dem steigenden Siede- punkte ab, und die zwischen 250 und 300° siedenden Öle liefern bei der Behandlung mit Salzsäure nur noch auf Zusatz von Weingeist ein öliges allmählich krystallinisch erstarrendes Chlorhydrat. Dagegen verdiekt sich die genannte Fraction beim Abdampfen mit einem Überschusse conceentrirter Bromwasserstoffsäure zu einem Syrup. welcher bald undurehsiehtig wird und nach kurzer Frist krystallinisch erstarrt. Das so erhaltene Bromhydrat ist ausserordentlich löslich in Wasser, unlöslich in Alkohol. Um die Krystalle rein zu erhalten, werden sie mit einer kleinen Menge von Weingeist angerührt und dureh Absaugen von einer braungefärbten Mutterlauge getrennt. Durch Waschen mit Weingeist wird ein vollkommen farbloses aus kleinen Krystallen bestehendes Bromhydrat gewonnen, welches durch noch- maliges Auflösen in wenig Wasser und Zusatz von Alkohol im guten Krystallen von vollkommener Reinheit erhalten wird. oo u. r ! Hormann R. Soc. Proc. X]. 420. 2 r - . pe )mR von Hormans: Neue Untersuchungen über die Athylenbasen. 275 Die weiter unten anzuführende Analyse lässt in den Krystallen das Tetrabromhydrat einer triäthylenirten Tetraminbase' von der Formel CH _NH,H.Br 2 + [1 = > C,H,sN,. 4HBr = Cs A. GENE Br erkennen, welche offenbar auf die Art zu Stande gekommen ist, dass eine Äthylengruppe 2 Mol. Äthylendiamin mit einander verankert hat. der Bildung des obengenannten Diäthylentriamins ähnlich, welches seine Entstehung der Verschmelzung von ı Mol. Äthylendiamin und ı Mol. Ammoniak durch die Äthylengruppe verdankt. War diese Auffassung die richtige, so musste das Tetramin sofort und in reichlicher Menge bei der Einwirkung von Äthylenchlorid oder -bromid auf Äthylendiamin gebildet werden. Diese Erwartung ist denn auch durch den Versuch in erwünschter Weise bestätigt worden. Allerdings entsteht das Tetramin nicht ausschliesslich, sondern es kommen gleichzeitig verschiedene andere Basen, ins- besondere Diäthylendiamin zu Stande, auch ist das Verhältniss, in dem man die beiden Substanzen auf einander einwirken lässt, nicht ohne Einfluss auf die Ausbeute. Befriedigende Ergebnisse wurden erhalten, als man 2 Gew.-Th. Äthylenchlorid auf 5 Gew.-Th. Äthylendiaminhydrat einwirken liess. Dies Verhältniss entspricht annähernd ı Mol. Äthylenchlorid auf 3 Mol. Äthylendiamin und man konnte daher die Phase der Reaction, welche die Bildung der Tetraminbasen veranlasst, durch die Gleichung 3G,H,;N, + C,H, C, = GH,N, + OH;N, >2HOl ausdrücken: allein aus dem Umstand, dass die Flüssigkeit am Schlusse der Reaetion neutral ist. erhellt sehon. dass eine erhebliche Quan- tität des Chloräthylens zur Bildung hochgegliederter Basen verwendet werden muss, wodurch die zur Sättigung des Tetramins erforderliche Säure geliefert wird. Bei (der Digestion beider Substanzen im Wasser- bade am Rücktlusskühler wurde noch etwas Wasser zugesetzt. Nach zwölf Stunden war das Chloräthylen verschwunden und die Flüssig- keit neutral geworden. Das Reactionsproduet wurde nunmehr mit Kalihydrat behandelt, wodurch eine erhebliche basische Ölschieht in Freiheit gesetzt ward. welehe man durch festes Kalihydrat in der Wärme entwässerte und der Destillation unterwarf. Das Öl siedete von 120° bis etwa 300°, erwies sich also als ein complexes Gemenge. Bei einer zweiten ! Die Existenz eines solchen Tetramins hab’ ich schon früher flüchtig angedeutet. Vgl. R. Soc. Proc. XI. 424. 1276 Gesammtsitzung vom 4. December. Destillation wurde die Flüssigkeit, welche zwischen 120° und 200° siedete, besonders aufgesammelt. Sie enthielt Äthylendiamin, Diäthylen- diamin, welches bei der fraetionirten Destillation auskrystallisirte, und andere Producte. Da in dem hier vorliegenden Gemenge von Basen das bei der Einwirkung von Chloräthylen auf Ammoniak entstehende Triamin nieht enthalten sein konnte, so wurde die zwischen 200° und 300° siedende Fraction sofort mit etwas Wasser gemischt, wo- bei starke Erwärmung eintrat, und mit Salzsäure gesättigt. Auf Zusatz von Weingeist zu dieser Lösung fiel ein weisses krystallinisches Salz. Bisweilen schied sich dieses Salz zunächst als Öl aus. welches aber allmählich erstarrte. Indem man das Salz wiederholt in Wasser löste und mit Alkohol fällte, wurde eine Reinigung desselben bewerkstelligt. Als die Base aus diesem Salze mit Silberoxyd in Freiheit gesetzt und die alkalische Flüssigkeit mit Bromwasserstoffsäure gesättigt ward, entstand, wie die Analyse zeigte, dasselbe Bromhydrat, welches bei der direeten Behandlung der zwischen 250° und 300° siedenden Fraction der durch Einwirkung von Äthylenchlorid auf Ammoniak entstehenden Basen mit Bromwasser- stoffsäure erhalten worden war. Triäthylentetramin. Aus dem Bromhydrat, dessen Reinheit durch die weiter unten angeführte Analyse festgestellt worden war, wurde die Base dureh concentrirte Natronlauge in Freiheit gesetzt. Sie stieg als schwach gefärbte Flüssigkeit in die Höhe und wurde durch Kali- hydrat in der Wärme zu entwässern versucht. Die Flüssigkeit, welche auf diese Weise gewonnen wurde, war aber noch ein Hydrat. welches sich aber sofort bei der Destillation spaltete. Die Base siedete zunächst bei 100°, indem Wasser mit sehr wenig Base überging. dann stieg plötzlich der Siedepunkt auf 266— 267°: die nunmehr destillirende Base war das wasserfreie Tetramin: mit Natrium in Berührung ent- wickelte es nur noch Spuren von Wasserstoff. Die freie Base ist ein farbloser zäh-flüssiger, aber schon bei gelindem Erwärmen leicht- flüssig werdender Körper, welcher sich unter starker Wärmeentwicke- lung im Wasser löst. Die Lösung hat eine stark alkalische Reaetion und zieht mit Begierde Kohlensäure an. Bei 15° besitzt die Base das Vol. Gew. 0.9817: in einer Kältemischung von beiläufig — 18° er- starrt sie zu einer strahlig-krystallinischen Masse, welche bei + 12° wieder völlig geschmolzen ist. Ihre Zusammensetzung wurde durch die Analyse des Bromlıydrats, Chlorhydrats, des Platin- und des Gold- salzes und der Benzoylverbindung festgestellt. Bromwasserstoffsaures Triäthylentetramin. Es ist von allen Salzen, die ich studirt habe, «das ‚schönste. Seine Darstellung ist bereits oben beschrieben worden. Zu bemerken ist, dass die Lösung, aus der IS 2 . “ ERBE - von Hormann: Neue Untersuchungen über die Athylenbasen. 127% man es gewinnen will, freie Bromwasserstoffsäure enthalten muss. . Fast unbegrenzt löslich in Wasser, wird es von absolutem Alkohol kaum gelöst. Am schönsten krystallisirt es aus heissem verdünnten Weingeist. aus Athylendiamin, für II Salz aus Ammoniak verwendet. Ihre Ergeb- Bei den folgenden Analysen wurde für I und II Salz nisse führen unzweideutig zu der Formel: C;H,,N, Br, = (C,H,),H;N, . 4HBr Theorie Versuch I II II (97 7 05.32 15.42 — — H, 22 4.68 4.73 = — N 56 ur92 t 2) S Br, 320 68.08 — 68.14 69.20 470 100.00 Diese Zahlen beziehen sich auf das bei 100° getrocknete Salz. Das aus verdünnten Alkohol krystallisirte Salz enthält ı Mol. Wasser. Gefunden wurde 3.62 und 3.94 Procent. Die Theorie verlangt 3.67 Procent Wasser. Die Lösung des Salzes reagirt stark sauer. Bei- einer Darstellung der Salze in etwas grösserem Maassstabe werden wohlausgebildete Krystalle erhalten, welche Hr. Dr. A. Fock die Güte gehabt hat zu messen. Er theilt mir darüber Folgendes mit: »Krystallsystem: rhombisch; hemimorph. asjbr/ec= 70.505427: 0.5004. Beobachtete Formen: m = }110|®o0P, e=}ooı}oP, Be \ulonY Ploo und p — ina1l»P2- Kleine farblose Krystalle von prismatischem Habi- tus, an deren einem Ende die Pyramide p, und deren anderen Ende die Basis © und das Makrodoma r bheob- achtet wurden. Beobachtet Berechnet DU (110): (NO) 5858 — 2 (Lon):lwor)— 83 8, — 00 —_ (on). (710) 540857 54043 2,3 (en) age 7132465 np (ver)).(122) 03250, 64° 6, »:m— (122): (110) 402.46} 40°46. Spaltbarkeit deutlich nach der Basis c. Ebene der optischen Axen = Basis. Erste Mittellinie = Axe a. Dispersion 0> 7. 1278 Gesammtsitzung vom 4. December. Durch die Prismenflächen gesehen, tritt eine Axe scheinbar etwa 27° gegen die zugehörige Normale geneigt aus, und zwar geneigt in der Richtung nach der Brachydiagonale, so dass demnach die Sub- stanz einen sehr kleinen Axenwinkel besitzen muss. Nähere optische Untersuchung wegen der geringen Grösse der Krystalle nicht durch- führbar. « Es giebt noch ein zweites säureärmeres Bromhydrat, welches sich aus neutralen Lösungen ausseheidet. Die Analyse führte zu der Formel 03, NgBr, — (CH) EN es Hr ‘Theorie Versuch I II C; 72 18.51 18.42 2% EL 21 5.40 5.44 ar N, 56 14.40 — Br Bra2220 61.69 _ 61.84 389 100.00 Die Lösung des Salzes ist neutral. Chlorwasserstoffsaures Triäthylentetramin. Das salzsaure Salz, dessen Darstellung schon oben beschrieben wurde, gleicht in seinen Eigen- schaften dem bromwasserstoffsauren; es krystallisirt kaum minder gut. Durch mehrfaches Lösen in Wasser und Fällen mit Alkohol wurde es rein erhalten. Das bei 100° getrocknete Salz enthält 48.30 Chlor. Der Formel (C,H,),HsN,.4HÜl entsprechen 48.63 Procent. Platinsalz. Die wässerige Lösung des salzsauren Salzes liefert mit Platinehlorid ein in dünnen Blättchen krystallisirendes schwerlös- liches Platinsalz. Die Analyse des bei 100° getrockneten Salzes stimmt auf die Formel CH,,N,Pt,C1,—(C, H,),H;N,-4HCl.2PtCl, Theorie Versuch I II III IV V. G, 72 7.48 7-53 — —— =— — lEla: 22 2.28 EN ws ai en. N, 56 5.80 —— - — Piss280:2, 210.32 — 40.40 40.26 40.18 40.28 Cl, 426 44.14 z welche mit der aus dem Äthylendiamin gewonnenen Base dargestellt worden waren. Goldsalze. Es fällt in schönen schimmernden Krystallblättchen beim Vermischen einer mässig coneentrirten Lösung des salzsauren von Hornann: Neue Untersuchungen über die Äthylenbasen. 1279 Salzes mit unzureichendem Goldehlorid. Das Salz lässt sich aus heissem Wasser umkrystallisiren. Die Formel (C,H), H6N, . 4HC1. 4 Aull, verlangt 52.32 Procent Gold: gefunden wurden 52.57 Procent. Es existirt noch ein zweites Goldsalz, welches sich bei einem Übersehusse von Goldehlorid aus verdünnter Lösung beim Kochen ausscheidet. Es ist nur schwach krystallinisch, in Wasser unlöslieh und enthält auf ı Mol. des salzsauren Salzes nicht 4, sondern 8 Mol. Goldehlorid. Der Formel GIER WEIENERAHCL BACH 4/53 t 3 entsprechen 57.94 Procent Gold. Der Versuch ergab 57.65, 58.03 und 57.51 Procent. Die ungewöhnliche Zusammensetzung des Salzes war Veranlassung, dass es dreimal dargestellt worden ist. Der Ver- such, ein analoges Platinsalz zu gewinnen, ist erfolglos geblieben. Die obenangeführte Platinbestimmung V bezieht sich auf ein Salz, welches unter genau den Bedingungen dargestellt worden war, welche das anomale Goldsalz geliefert hatten. Andere Salze des Tetramins hab’ ich nicht genauer untersucht. Ich will indessen bemerken, dass sie fast alle leicht löslich in Wasser sind und aus dieser Lösung durch Alkohol gefällt werden. Nur das Oxalat ist schwer löslich: es wird aus der wässerigen Lösung der Base in weissen undeutlich krystallinischen Flocken gefällt, welche in einer grossen Menge siedenden Wassers löslich sind und sich aus demselben beim Erkalten, aber kaum mehr krystallinisch, wieder ausscheiden. Das Sulfat ist ziemlich gut krystallisirt, noch besser das Nitrat, welches in kaltem Wasser mässig löslich, in heissem Wasser löslicher ist. Das Jodhydrat ist ausserordentlich löslich. Jodmethyl wirkt auf das Tetramin mit ausserordentlicher Heftigkeit ein. Ob die bis jetzt nicht krystal- lisirt erhaltene Verbindung das von der Theorie angezeigte dekamethy- lirte Tetramin ist, muss durch weitere Versuche entschieden werden. Benzoylverbindung. Obwohl die vorstehend beschriebenen Ver- suche Bildung und Zusammenhang des Tetramins unzweifelhaft fest- stellen, so wurde zu weiterer Bestätigung auch noch die Benzoyl- verbindung untersucht. Sie bildet sich in alkalischer Lösung mit grosser Leichtigkeit. Da sie in Äthylalkohol ausserordentlich schwer löslich ist, so wurde sie aus Amylalkohol umkrystallisirt, aus dem sie in kleinen Nadeln mit constant bleibendem Schmp. 228 — 229° anschiesst. Der Versuch wurde mit Tetraminproben angestellt, welche sowohl aus Ammoniak als auch aus Äthylendiamin stammten. Die Analyse zeigte, dass sowohl die Amidgruppen als auch die Imidgruppen des Tetramins benzoylirt werden, dass die Verbindung mithin nach der Formel: 1280 Gesammtsitzung von 4. December. INH, H,O x Ei { 1 NG H. ö TE = He Br NG, H, Ö ‘NHG, HM, 0 zusammengesetzt ist. Theorie Versuch 1. 11. G, 70308 72.60 Tara — E47 034 6.05 6.38 — N, 56 9.96 —— 10.17 Ö, 64 739 — = 462 100.00 Das Triäthylentetramin wird man wahrscheinlich auch dureh Ein- wirkung von Äthylenoxyd auf Äthylendiamin erhalten können, gerade so wie sieh das Glyeol durch dieses Agens in Diäthylenalkohol verwandelt. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden, ‘dass das vor- stehend eingehender Triäthylentetramin dem Wüurrz’schen' Triäthylenalkohol entspricht, während das oben (S 1273) flüchtig er- wähnte Diäthylentriamin die dem Diäthylenalkohol correspondirende Zusammensetzung besitzt: studirte Glyeole. rlelät OH A HECO II. £-Bromäthylamin und y-Brompropylamin. Bei den im ersten Abschnitte beschriebenen Versuchen mit den Phtalylderivaten des bromirten Äthyl- und Propylamins ist stets das Halogen gegen einen Atomcomplex ausgetauscht worden, so dass die nach Abspaltung des Phtalyls resultirenden Körper insgesammt als ß-substituirte Äthylamine RCH,CH,NH, bez. y-substituirte Propyl- amine R(CH,), NH, aufzufassen waren. Bei den nunmehr zu schildern- den Umsetzungen der beiden bromirten Amine handelte es sich da- gegen um den Ersatz eines Amidwasserstoffs, nämlich um die Bildung bromirter Körper der Formel: Br(CH,),NHX bez. Br(CH,),NHX, in welehen durch X die Complexe (CSNH,), (CO NH,), (CSeNH,), (COC,;H,), (COCH,) und (CSSH) bezeichnet werden sollen. Die Körper der an- gegebenen Constitution geben nun, wie aus Folgendem hervorgeht, A r, r » 1, . x . R GasrıeL: Zur Kenntniss bromhaltger Amine aus der Fettreihe. 1285 theils sofort und freiwillig, theils unter gewissen Bedingungen die Elemente des Bromwasserstoffs ab und verwandeln sich dabei in Ver- bindungen, in welchen eine ringförmige Atomgruppirung G7IS(Se,®) yE — S(Se, O)\ | C bez. C ) (a N a . ee eg, anzunehmen ist. ı. Die Einwirkung des Benzoylchlorids, welche bis jetzt eingehender nur am Bromäthylamin studirt worden ist, führt mit Leichtigkeit zum ®-Bromäthylbenzamid Br (CH,), NHCOC,H, vom Schmp. 105 — 106°, welches aus Benzol oder Essigester ohne Zersetzung umkrystallisirt werden kann. Löst man es dagegen schnell in heissem Wasser auf, so lagert es sich in bromwasserstoffsaures u-Phenyloxazolin CH,.O | 20 GESSHEr CH,.N um, aus welchem die freie Base (Sdp. 242— 243°) durch Alkali gefällt und mit Wasserdampf abgeblasen werden kann. Dieses Oxa- zolin-geht durch Eindampfen mit überschüssiger Bromwasserstoff- säure nach der Gleichung CH, . O\ CH,Br | >C.C;H, + HBr = CH,.N/ CH,.NH.COC;H, in das ursprüngliche Bromäthylbenzamid zurück, und wird durch überschüssige Salzsäure auf analogem Wege in 8-Chloräthylbenz- amid (Schmp. 102°) verwandelt. Dampft man die Base dagegen mit einer nur aequimolecularen Menge Chlor- oder Bromwasserstoff ein, so verwandelt sie sich unter Wasseraufnahme nach der Gleichung CHELORS CH,.0COC,H, | 20.GH,+H,O= | CH,.N/ CH, .NH, in 8-Amidoäthylbenzoat, eine ölige, wasserlösliche Base, deren Chlorhydrat (Schmp. 133 —ı35°), Bromhydrat (Schmp. 142 — 143°), Pikrat (Schmp. 195°) und Chloroplatinat sämmtlich schön krystallisirte Salze darstellen. 1286 Gesammtsitzung vom 4. December. Mit dem &-Bromäthylamin zeigt, wie zu erwarten war, das %-Brompropylamin CH,.CHBr.CH,NH,' vollständige Analogie: es liefert nämlich mit Benzoylchlorid 8-Brompropylbenzamid (Schmp. 92 — 93°), welches sieh in (8, #)- Methylphenyloxazolin CH,.CH.O - | CC,H, (Sdp. 243 — 244°) umlagern lässt; aus diesem CH,.N kann durch Anlagerung von Chlorwasserstoff bez. Wasser 8-Chlor- propylbenzamid (Schmp. 72— 73°) bez. &-Amidopropylbenzoat (eine wasserlösliche, ölige Base) erhalten werden. 2. Verhalten gegen Essigsäureanhydrid. Nach dem Verhalten des Bromäthylbenzamids durfte man er- warten, dass Bromäthylacetamid in #-Methyloxazolin CH,.Br CE | | >C.CH, +HBr CH,.NHCOCH, CH,—N übergehen werde. Dies scheint in der That der Fall zu sein. Als nämlich Bromäthylaminbromhydrat mit Natriumacetat und Essigsäureanhydrid gekocht und das Reactionsproduct mit Natrium- pikrat versetzt wurde, schieden sich Kıystalle vom Schmp. 147— 149° ab, welche die Zusammensetzung des „-Methyloxazolinpikrates CG,H,NO.C;H,N;O, zeigten. Dieses Salz entwickelt beim Ubergiessen mit Kalilauge einen süsslichen Geruch, welcher von der freien Base herrührt, und nimmt beim Kochen mit Wasser, ähnlich den im vorangehenden Abschnitte geschilderten Oxazolinsalzen, die Elemente des Wassers auf. Hierdurch entsteht ein Salz C,H,NO,.C;H,N,O, vom Sehmp. 167— 160°, in welchem offenbar das Pikrat des Amidoäthylacetats NH,.CH,.CH,.0.COCH, vorliegt. 3. Verhalten gegen Rhodankalium. a) Bromäthylamin. Wenn man eine Lösung aequimolecularer Mengen von Bromäthyl- aminbromhydrat und Rhodankalium zur Trockniss eindampft und das Product aus Alkohol umkrystallisirt, so gewinnt man lange Nadeln, welehe die Zusammensetzung des erwarteten Bromäthylthioharnstoffs ! GaRRIEL und WEINerR, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 21 2675. Gaprier: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1287 Br6,H,NHCSNH, aufweisen. Die neue Verbindung ist jedoch kein bromirter Harnstoff, sondern stellt das Bromhydrat einer Base C,H;N,S dar. Letztere schmilzt bei 84 — 85°, ist leieht löslich in den üblichen Lösungsmitteln, auch in Wasser, welchem sie stark alkalische Reaction ertheilt, und liefert schön krystallisirte Salze. Sie soll, da sie mit Äthylenthioharnstoff' isomer ist, Äthylen-Y-thioharnstoff C,H,N,S genannt werden. Für die Beurtheilung ihrer Constitution ist die Umwandlung von Wichtigkeit, welche sie bei der Oxydation mit Bromwasser erleidet: sie wird nämlich nach der Gleichung ® \ CH, .SO,H C,H,N,S + 4H,0O + Bu, =6HBr + - > - CHF >NHEICON NHL in Taurocarbaminsäure übergeführt; hierdurch ist die Gruppirung des Kohlenstoffs, Schwefels und Stickstoffs im Sinne des Schemas CH, —S CH, —N gegeben. Erwägt man nun, dass Äthylen-"b-thioharnstoff aus Brom- äthylamin in Rhodanwasserstoff, d. h. aus [OH;r. Br HOSE 3 und ap CH....NH, CN entstanden ist, so ergiebt sich ferner die im folgenden Schema punktirt gezeichnete Bindung zwischen C und S OS | EN | ZEN: CH, — N/ An diesem Skelett fehlen zur Vervollständigung der Molecular- formel des Äthylen -&-thioharnstoffs nur noch 2 Wasserstoffatome: dieselben können nur im Sinne folgender Formeln vertheilt sein: CERISS_ CEE=S (D| >C:NH oder (M) | )C.NH.. CH,.NH’ CH, .N/ Körper der angegebenen Constitution werden sich durch Austritt von Bromwasserstoff aus den labilen Formen des Bromäthylharnstoffs CH.Br HIN CH.Br HN. | C: NH bez. | _ıC.NH, CH, . NH CH, . N gebildet haben und können nach der von Hanzzscn” vorgeschlagenen ı A. W. Hormann, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 5 242. ® Lies. Ann. 249 ı 1288 Gesammtsitzung vom 4. December. Nomenclatur als #-Imidothiazolidin bez. #-Amidothiazolin bezeichnet werden. Die Formel II liess sich nieht beweisen, weil der Nachweis einer Amidogruppe misslang; mit der Formel I harmonirt dagegen das weiter unten beschriebene Verhalten der Base gegen Jodmethyl: dennoch soll die Entscheidung zwischen beiden Formeln offen bleiben, weil die dem Äthylen-\V-thioharnstoff äusserst Ähnlichen #-Amidothiazole im Sinne der beiden Formeln' CH. SM CH.S | >C:NH und | )C. NH, CH.NH/ CH.N/ reagiren. Statt der die Vertheilung der beiden Wasserstoffatome prae- judieirenden Namen Imidothiazolidin und Amidothiazolin soll daher weiterhin die Bezeichnung Äthylen-"W-thioharnstoff benutzt werden. Äthylen-W-thioharnstoff und Jodmethyl reagiren gemäss der Gleichung CHE St, CH SU >C:NH+CHJ=HJ+ | —C: NH. CH,. NH CH,.N(CH,)- Die neue Base Methyläthylen-W-thioharnstoff ist ein Öl, löst sich mit stark alkalischer Reaction in Wasser und liefert schön kry- stallisirte Salze (Jodhydrat Schmp. 159— 160°, Pikrat 200— 203°); die in der Constitutionsformel angegebene Stellung der Methylgruppe wird durch die Beobachtung bewiesen, dass bei der Oxydation der Methylbase mittels Bromwassers Dirrricn's®’ Methyltaurin SO, Hr. /CH, CER CHESNEICEH, vom Schmp. 243° gemäss. folgender Gleichung entsteht: Cie S = CH; =S0,8 | >—>6:NH + 0,+ 2H,0—CO, + NH, + TER CH,.N(CH,)“ CH,.NHCH, Eine mit der vorhergehenden isomere Methylbase erhält man durch Vereinigung von freiem Bromäthylamin mit Methyl- senföl nach folgender Gleichung: CH,Br SS CH,.S | u] — HBr = | 2C.NHCH, CH,NH, . C.NCH, CH,.N/ CH, .8S oder | IC: NCH,. CH, .. NH/ ; ! Traumann, Lıiep. Ann. 249 53, Wonmann ebend. 259 277. ? Journ. pr. Chem. [2]18 63. GAßrien: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1289 Diese neue Base krystallisirt aus Ligroin in Nadeln vom Schmp. 90°, ist leicht in Wasser mit stark alkalischer Reaction löslich und liefert ein Pikrat vom Schmp. 224 — 226°. Sie unter- scheidet sich von der isomeren Base durch die Stellung des Methyls. welche aus der Bildungsgleichung ersichtlich ist und bestätigt wird durch das Verhalten der Base bei der Oxydation mit Bromwasser und darauf folgende Zerlegung mit Salzsäure: unter diesen Umständen wird die Base nämlich, wie folgt, gespalten: CH, .S C.NHCH, + 0, + 2H,0 CH, . N? h | CH,SO,H —= CO, + NH,CH, + (Taurin). GEHE ENH, b) y-Brompropylamin. Das Verhalten des Bromhydrates dieser Base gegen Rhodankalium ist demjenigen des Bromäthylaminsalzes durchaus analog: es entsteht nämlich das Bromlıydrat einer dem Äthylen-V-thioharnstoff ähnlichen starken Base, welche als ‚CH, —S-_ Trimethylen- „-thioharnstoff GERT >C:NH 1 NCH,— NH/ bezeichnet wird; ihr Bromhydrat schmilzt bei 135— 136°, ihr Pikrat bei 128°; sie ist isomer mit dem Trimethylenthioharnstoff von LELLMANnN und WÜRTHNER.” c) 8- Brompropylamin CH,.CHBr.CH,.NH, . Das Bromhydrat dieser Base setzt sich mit Rhodankalium um in das Bromhydrat des CH,.CH.S- Propylen-X-thioharnstoffs I SoNEN. CIE .NHE welcher ein stark alkalisches, wasserlösliches Öl darstellt, ein Pikrat ! Der besseren Übersichtlichkeit halber ist bei diesen und den in Abschnitt 5 und 6 erwähnten \/-Harnstoffen nur die Imido- nicht auch die Amidoformel (vergl. S. 1287 und 1288) angeführt. 2 Lies. Ann. 228 233. 1290 Gesammtsitzung vom 4. December. vom Schmp. 199—— 200° sowie ein Platinsalz vom Zersetzungspunkt 210—- 212° liefert und durch Bromwasser zu CH,.CH.SO,H CH,.NH.CO.NH, 8-M ethyltaurocarbaminsäure oxydirt wird; aus ihr wird durch Spaltung mit Salzsäure CH,.CH.SO,H ®-Methyltaurin } CH,.NH, gewonnen. Die Methylirung des Propylen-\L-thioharnstoffs führt zum arm So Methylpropylen-\W-thioharnstoff | CN CH,.N(CH,) einer öligen Base, welche sich leicht in Wasser mit stark alkalischer Reaction löst, ein Jodhydrat vom Schmp. 17 1— 172° liefert und durch Oxydation und darauf folgende Spaltung mit Salzsäure CH,.CH.SO,H (8,v)-Dimethyltaurin CH.NHCH, giebt. 4. Verhalten gegen Selencyankalium. Die Bromhydrate von £-Bromäthylamin sowie von ß- und y-Brom- propylamin, setzen sich mit Seleneyankalium zu Bromhydraten selen- haltiger Basen um. Letztere konnten zwar Angesichts ihrer leichten Zersetzlichkeit nicht isolirt werden, und ihre Constitution liess sich durch eine Untersuchung der Oxydationsproduete aus dem Grunde nicht erweisen, weil die neuen Basen bei der Oxydation selenfreie Producte ergaben. Man wird indessen kaum fehlgehen, wenn man die Selenbasen, da sie analog den Alkylen-\-thioharnstoffen ent- standen sind, als Alkylen-Y-selenharnstoffe anspricht und wie folgt formulirt: CH, . Se\_ ı. Äthylen-ı-selenharnstoff | >C:NH; das Brom- CH,. NH/ hydrat schmilzt bei etwa 170°, das Pikrat zersetzt sich bei 220°. CHL CE 2. Propylen-„-selenharnstoff >C:NH; das CH,.NH/ Pikrat schmilzt und zerfällt bei ı 10°, Gasrier: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1291 CIE .Ses_ 3. Trimethylen-\-selenharnstoff CH, GENE: CHE. NH das Bromhydrat schmilzt bei 133 — 135°, das Pikrat bei 50—53° unter Zerfall. 5. Verhalten gegen Kaliumcyanat. Aus den Salzen der drei bromirten Amine gehen durch Ein- wirkung von Kaliumeyanat drei starke sauerstoffhaltige Basen hervor, welche analog den U-Thioharnstoffen zusammengesetzt sind und daher als W-Harnstoffe aufgefasst werden, nämlich: CH,.O ı. Äthylen-W-harnstoff | C:NH; sein Pikrat er- i CH,.NH weicht bei 170° und schmilzt bei 186— 188°. CH,.CH..O-_ 2. Propylen- L-harnstoff >C:NH; sein Pikrat CH,.NH/ schmilzt bei 186°. -CH,:0 3. Trimethylen-\-harnstoff CH< >C:NH; sein \CH,.NH Pikrat erweicht bei 190° und schmilzt bei 200°. 6. Verhalten gegen Schwefelkohlenstoff. Bringt man ı Mol. Bromäthylaminbromhydrat mit 2 Mol. Ka- liumhydrat und mit Schwefelkohlenstoff in wässerig - alkoholischer Lösung zusammen, so entsteht eine bei 106— 107° schmelzende Ver- bindung C,H,NS,, welche offenbar durch Austritt von Bromwasser- stoff aus zunächst entstandener Bromätlyldithiocarbaminsäure BrCH,.CH,.NH.CS.SH hervorgegangen und demnach CHLESS_ CH, .S\ D| >>CS oder (M) | 7C:SH CH,.NH CH,.N/ #-Mercaptothiazolin zu formuliren ist. Der neue Körper wird nämlich durch Bromwasser zu Ammoniak, Schwefelsäure und Taurin SO,H.CH,.CH,.NH, oxy- dirt. Die ausgeprägt sauren Eigenschaften der Substanz — sie löst sich leicht in fixen Alkalien — liessen schon vermuthen, dass die Formel II, nicht I zutreffe; diese Vermuthung fand ihre Bestätigung 1292 Gesammtsitzung vom 4. December. durch das Verhalten des Methyläthers, welcher bei der Einwirkung von Jodmethyl auf die alkalische Lösung der Substanz gewonnen wird. Der Methyläther, C,H,NS,.CH,, eine bei 216—217° siedende Base von ehinolinähnlichem Geruche, wird nämlich bei der Oxydation durch Bromwasser in Methansulfosäure und Taurin übergeführt, enthält also die Methylgruppe am Schwefel: CH,.S CH,.SO,H | JC.SCH, + 0; + 2H,0 = | +60,+ CH,SO,H. CH,.N/ CH,NH, Auf analogem Wege wurden aus dem 8- bez. y-Brompropylamin und Schwefelkohlenstoff erhalten GHRICH ESS (u, 8,)-Mereaptomethylthiazolin ng >C.SH CH,.N ‚CH, .S\ bez. „-Mercaptopenthiazolin CH,< SC. SHL NCH,.N Ersteres schmilzt bei 82° und liefert Methyl- bez. Äthyl- bez. Pro- pylester, welche bei 216— 218°, bez. 228— 229°, bez. 246 — 248° sieden und sämmtlich ausgesprochene Basen sind. Das u#-Mercapto- ° und wird durch Bromwasser zu CH, .SO,H y-Amidopropylsulfosäure CH, h CH, NEE penthiazolin schmilzt bei 132 einem Homologen des Taurins, oxydirt. Umlagerung der Allylharnstoffe in isomere Basen. Die weiter oben (S. 1286) beschriebene Entstehung von Al- kylen-W-thioharnstoffen aus den Bromhydraten der bromirten Amine und Rhodankalium ist durch die Annahme erklärt worden, dass zu- nächst Bromalkylharnstoffe sich bilden, und erst aus ihnen durch Umlagerung die Bromhydrate der Alkylen - \V - harnstoffe hervor- gehen: z. B. CH, . CHBr Br £ CH, . CHBr LANE + KSCN — KBr = : CH,NH,, HBr CH,. NE. CS. NH, 2-Brompropylaminbromhydrat (nicht isolirt) CH. SCH a >6:NH, HBr, CH, . NH? Propylen - U - thioharnstoff- Bromhydrat. Gasrten: Zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1293 Diese Annahme einer intermediären Bildung von Bromalkylharn- stoffen, welche selber nicht existenzfähig zu sein scheinen, musste nun eine wesentliche Stütze finden, wenn es gelang, Harnstoffe mit einem ungesättigten Radical (z. B. Allylthioharnstoff) durch Anlage- rung von Bromwasserstoff in das Bromhydrat eines Alkylen-V-harn- stoffes überzuführen; bei dem Allylthioharnstoff z. B. sollte die Re- action folgendermaassen verlaufen: CH, : CH CH, . CHBr 2 + HBr = en CHSNHGSCST NIE CH,. NH.CS.NH, Allylthioharnstoff CH, .cH .S=_ — | >C:NH, HBr, CH, . NH d. h. derselbe Propylen-"-thioharnstoff sich bilden, welcher aus 8-Brompropylaminbromhydrat erhältlich ist. Die Versuche haben nun in der That ergeben, dass die gewünschte Umlagerung des Allylthioharnstoffs in Propylen- &-thioharnstoff (Y-Thiosinnamin) sich durch eine einstündige Digestion mit rauchender Bromwasserstoffsäure oder auch noch bequemer mit rauchender Salzsäure bewerkstelligen lässt. Aus Allylharnstoff. entstand auf demselben Wege der oben (S. 1291) erwähnte isomere Propylen-V-harnstoff. Im Anschluss an diese Beobachtungen wurde nunmehr auch das Verhalten von Substitutionsprodueten des Allylthioharnstoffs gegen rauchende Salzsäure bei 100° geprüft, wobei sich bis jetzt Folgendes ergeben hat. Die symmetrischen Monoalkylthiosinnamine der Formel CH,:CH.CH,.NH.CS.NHX, in welcher X — Methyl, Äthyl, Propyl, Amyl, Phenyl, o-Tolyl, #-Naphtyl bedeutet, werden durch das ge- nannte Agens umgelagert in isomere W-Thioharnstoffe; während aber für die aus dem Allylthioharnstoff selber und für die aus den bro- mirten Aminen (vergl. Abschnitt II, 3) darstellbaren "-Harnstoffe nach dem Verhalten ihrer Methylderivate die Diimidoformel GER CHESS CH,.S | >>C:NH bez. | C:NH CH,. NH CH,.NH zu bevorzugen ist, kommt den aus den genannten Alkylallylthioharn- stoffen erhältlichen Y-Harnstoffen aus analogen Gründen die Amido- formel =994 Gesammtsitzung vom 4. December. CHEACEHN SI | DLRUR GEBANZT zu. Auch Dialkylthiosinnamine der Formel GH, : GH. CHRZNH GB, NXY, nämlich Diäthyl-, und Methylphenyl- bez. Piperylthiosinnamin lagern sich um in isomere Basen, denen begreiflicherweise nur die Formel CH. CE S Br C.NXY GEN zugeschrieben werden kann. Schliesslich wurden noch die den Alkylthiosinnaminen nahestehen- den Alkylallylsulfosemicarbazide CH,:CH.CH,.CS.NH.NHX, welche man durch Vereinigung von Allylsenföl mit Alkylhydrazinen (z. B. mit Phenyl-, o- und p-Tolyl-, 3-Naphtylhydrazin) bereitete, auf ihr Verhalten gegen rauchende Salzsäure geprüft; die Versuche er- gaben, dass auch in diesen Fällen isomere Basen, GEL .CH .S CH, .CH—SıN ; C:N.NHX bez. ne >C.NH.NHX CH, .NE GH; NZ entstehen, welche Alkylpropylen-ı-sulfosemicarbazide genannt worden sind. An der vorliegenden Untersuchung haben sich betheiligt die HH. W. Ascnan, ©. Avernarıus. W. BARINGER, V. COBLENTZ, Ü. GOEDECKE- MEYER, A. GoLDENRInG, H. K. GüntHeEer, Pu. Heymann, Pu. Hırscn, K. Krosegere, W. E. Lauer, A. Neumann, B. PRAGER, CHR. SCHMIDT, R. SCHREIBER und J. WEINER. 1295 Zur Theorie der Gyklonen. Von WiLHELM von BEzoLD. (Vorgetragen am 19. Juni |s. oben S. 689].) Wenn man die meteorologische Litteratur der letzten Jahre aufmerk- sam verfolgt, so kann man nicht verkennen, dass sich in den Grund- anschauungen über die atmosphaerischen Bewegungen allmählich ein gewaltiger Umschwung vorbereitet. Während man unter der Herrschaft der alten Passattheorie fast all’ diese Bewegungen nur als Folgeerscheinungen des zwischen Pol und Aequator vor sich gehenden Luftaustausches betrachtete und beinahe sämmtliche Einzelvorgänge unter diesem Gesichtspunkte zu erklären versuchte, verfiel man seit der Begründung der sogenannten modernen Meteorologie in das entgegengesetzte Extrem. Als man nämlich an der Hand’ der Wetterkarten die Bedeutung hatte kennen lernen, welche den Gebieten hohen und niedrigen Luft- druckes zukommt, so glaubte man, dass die alte Anschauungsweise höchstens für das Verständniss der Vorgänge in der Tropenzone noch von gewissem Werthe sei, während in höheren Breiten nur locale Erwärmung und Abkühlung, sowie die Feuchtigkeitsverhältnisse für die Bildung von Cyklonen und Antieyklonen und damit für die ge- sammten Witterungserscheinungen maassgebend seien. Den niedrigen Luftdruck im Innern der Cyklone betrachtete man früher nur als eine Folge der durch Zusammenwirken von Aequa- torial- und Polarstrom erzeugten Wirbelbewegung. Später dachte man sich im Gegentheil diese Wirbelbewegung ausschliesslich als Folge des niedrigen Druckes, der seinerseits eben den genannten localen Ver- hältnissen seine Entstehung verdanken sollte. Wie viel Wahres diese neuere Auffassung an sich hatte und wie sehr die Wissenschaft durch sie gefördert wurde, dies bedarf keiner Auseinandersetzung, trotzdem lässt sich nicht in Abrede stellen, dass man zu weit gegangen ist, wenn man in ihr den Schlüssel zu haben glaubte für die Erklärung der gesammten Witterungsverhältnisse. 1296 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. Man hatte eben, verlockt durch die vielen Erfolge, welche das Studium der Einzelvorgänge unter den neuen Gesichtspunkten bot, über diesen die grosse Cireulation beinahe ganz aus den Augen ver- loren. Zwar machten einzelne Forscher hiervon eine rühmliche Aus- nahme und hat insbesondere FErrREL, wie in der ganzen Dynamik der Atmosphaere, so vor Allem auch in der Lehre von der allgemeinen Cireulation, grundlegende Arbeiten durchgeführt. Aber abgesehen davon, dass sie erst durch das Sprune’sche Lehrbuch in weiteren Kreisen bekannt wurden, so betrachtet doch FeErrer diese Circulation gewissermaassen als ein in sich geschlossenes Gebiet von Erscheinungen, während die Cyklonen und Antieyklonen für ihn ebenso wie für die Mehrzahl der modernen Meteorologen selbständige Gebilde sind, deren Theorie er dementsprechend auch unabhängig von jenen der allge- meinen Circulation zu entwickeln versucht. Dagegen hat Hann bereits im Jahre 1879' gelegentlich für eine allgemeinere Auffassung seine Stimme erhoben und in einem kurzen Aufsatze unter dem Titel »Einige Bemerkungen zur Lehre von den allgemeinen atmosphaerischen Strömungen« Anschauungen entwickelt, wie sie im Grossen und Ganzen jenen entsprechen, auf welche die neuesten Forschungen hinführen. Diese Abhandlung scheint jedoch wenig Beachtung gefunden zu haben und ich gestehe gern zu, dass ich selbst erst ganz vor Kurzem durch Hrn. Hann auf dieselbe hingewiesen worden bin, da sie auch mir früher entgangen war, was freilich leicht erklärlich ist, da ihre Veröffentlichung in eine Zeit fiel, in welcher ich eben erst angefangen hatte, mich mit Meteorologie zu beschäftigen und mich deshalb erst mit dem Inhalte der landläufigen Theorien bekannt machen musste. Das Verdienst die Aufmerksamkeit der Meteorologen in weiteren Kreisen auf die Behandlung dieser Fragen unter allgemeineren Gesichts- punkten gelenkt zu haben, gebührt unstreitig Hrn. WERNER von SIEMENS,” dessen Abhandlung »Über die Erhaltung der Kraft im Luftmeere« eine mächtige Anregung gegeben hat, ganz ohne Rücksicht darauf, wie man über die dort entwiekelten Anschauungen im Einzelnen denken mag. Von diesem Zeitpunkte an sind dann verschiedene Arbeiten er- schienen, welche entweder direet die Erforschung der allgemeinen Cireulation der Atmosphaere zum Gegenstand haben oder wenigstens dahin zielen, die Unzulänglichkeit der bisherigen allzu, engherzig ent- wiekelten Lehre von den Cyklonen und Anticyklonen darzutlun. ! Hann, Ztschft. Bd: XIV. S. 33 — 41. 2 Diese Ber. f. 1886, S. 261—27 von Bezorn: Zur Theorie der Cyklonen. 1297 In erster Linie war es Hr. von Hernnortz, weleher in einer Ab- handlung »Uber atmosphaerische Bewegungen« nachwies', »dass es in »der Luftmasse durch continuirlich wirkende Kräfte zur Bildung von __MPiscontinuitätsflächen kommen kann, und dass die antieyklonische »Bewegung der unteren, und der grosse und allmählich wachsende Cyklon »der oberen Schichten, die am Pole zu erwarten wären, sich in eine »grosse Zahl unregelmässig fortwandernder Cyklone und Antieyklonen »nit Übergewicht der ersteren auflösen«. Damit ist wenigstens der Weg angedeutet, auf welchem man die Verbindung der Einzelerscheinungen, wie man sie in den Cyklonen und Antieyklonen vor sich hat, und die man bisher als ganz selbständige Individuen betrachtete, mit dem grossen Kreislaufe zu suchen hat. Der Untersuchungen von MÖLLER, ÖBERBECK und anderen, die ‚ebenfalls die allgemeine Cireulation in der Atmosphaere betreffen, mag nur nebenher gedacht sein. Während so theoretische Forschungen nach einer allgemeineren und grossartigeren Auffassung der gesammten Luftbewegungen hin- drängten, unternahm es Hans” den früher a. a. OÖ. ausgesprochenen Vermuthungen über die Unvollständigkeit der bisherigen Anschauungen durch das von den Hochstationen gelieferte Beobachtungsmaterial that- sächliche Unterlage zu geben. Er wies nach, dass in sehr verschiedenen Fällen die Temperaturen im Innern der Cyklonen und Antieyklonen bis zu beträchtlichen Höhen hinauf derartige sind, dass es unmöglich ist, das Zustandekommen dieser Gebilde aus dem speecifischen Gewichte der centralen Luftsäule zu erklären, und dass man unwillkürlich darauf geführt wird, die Ein- wirkung der grossen Cireulation zur Erklärung heranzuziehen. Die bisher gebräuchlichen Theorien über die Entstehung und Fortpflanzung der Cyklonen und Antieyklonen bedürfen demnach un- zweifelhaft nicht unwesentlicher Modifieationen, und zwar wird es sich darum handeln, klar zu legen, in weleher Weise die oben erwähnten loealen Ursachen bez. das durch sie bedingte speeifische Gewielit der Luftsäule und die allgemeine Circulation zusammenwirken, um die tatsächlich beobachteten Erscheinungen hervorzubringen. Verhältnissmässig leicht erkennt man dieses Zusammenwirken in dem Verlaufe der mittleren Jahres- und Monatsisothermen der Erde, wie ich im Nachstehenden flüchtig skizziren will: ! Diese Ber. f. 1888 S. 663. ?2 Über die Beziehungen zw. Luftdruck - u. Temp.-Variat. auf Berggipfeln. Ztschft. f. Met. 1888 S.7— ı7, insbesonders S.ı 5. — DasLuftdruckmaximum vom Nov. 188g. Denk- schrift d. Wiener Akad. Bd. LVN. S. 401 — 424. 1890. — Bemerkungen üb. d. Temp. in den Cyklonen und Antieyklonen. Ztschft, f, Met, 1890. S, 323 — 344. Sitzungsberichte 1890, 11 — e| 1298 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. Der Temperaturunterschied zwischen den aequatorialen und po- laren Gegenden bedingt in den hohen Regionen der Aequatorialzone einen Luftabfluss nach dem Pole zu. Dieser Strom wird in Folge der ablenkenden Kraft der Erdrotation zuerst in einen südwestlichen — auf der Südhemisphaere in einen nordwestlichen — dann mehr und mehr in einen nahezu reinwestlichen verwandelt. Zugleich wächst nach dem Flächensatze seine Geschwindigkeit mit dem Weiter- schreiten nach höheren Breiten. Die hieraus sich entwickelnden Centrifugalkräfte überwiegen nun von bestimmten Breiten an über den Einfluss der Temperaturen, welcher ein fortgesetztes Steigen des Luftdruckes nach den Polen hin bedingen würde, so dass dieser Druck, der anfänglich mit der Entfernung vom Aequator thatsächlich wächst, von diesen Stellen ab wieder abnimmt und zwar beinahe bis zum Pole hin. So entstehen zwei Gürtel höheren Druckes, die sich in den Mittelwerthen mehr oder minder geschlossen, jedoch mit deutlich erkennbaren getrennten Kernen, in den Einzelfällen vielfach durchbrochen zeigen. Diese beiden Gürtel hohen Druckes sind Gebiete absteigenden Stromes, wie sich schon in den Bewölkungsverhältnissen zu er- kennen giebt. Zugleich sind die Luftbewegungen dort schwach, da bei der enormen Änderung im Querschnitt, welehe die Luftströme beim Über- gange aus den horizontalen in die verticale Richtung erfahren, die kinetische Energie erheblich vermindert wird. Auf der aequatorialen Seite der beiden Gürtel wehen die Pas- sate — abgesehen von der Unterbrechungsstelle, welche durch die Monsune in das ganze System gebracht wird —, auf den polaren finden sich wenigstens in grösseren Höhen die Bedingungen erfüllt, welche nach Hın. von HeıımnorLzz zur Entstehung von Wirbeln An- lass geben müssen. So folgen in diesen Gegenden Cyklone auf Cyklone, die nur durch Kämme höheren Druckes von einander getrennt in den grossen die Pole umgebenden Wirbeln ostwärts weiter getragen werden. Die Antieyklonen dagegen sind Theile der Ringe hohen Druckes und für die Lage ihrer Kerne sind nun die Temperaturverhältnisse von wesent- lichem Belange, insofern sie immer relativ kalte Gebiete aufsuchen, also im Sommer und in niedrigeren Breiten die Meere, im Winter und in höheren Breiten die Festländer. Diesen Verhältnissen ist es zuzuschreiben, dass der Ring hohen Druckes sich auf der südlichen Hemisphaere nahezu in der Gestalt zeigt, wie man sie nach der T'heorie zu erwarten hat, während er auf der nördlichen gewaltig verzerrt erscheint. von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1299 Insbesondere macht sich der Einfluss des grossen asiatischen Continents in so hohem Grade geltend, dass der Kern der grossen sibirischen Antieyklone um 25° aus jener Breite hinausgerückt ist, in welcher das Luftdruckmittel für ganze Breitekreise den Maximal- werth erreicht. Während nämlich dieser Werth sowohl im Jahres- mittel als auch in extremen Monaten ungefähr auf den 35. Breiten- grad fällt,' so findet man den Kern der sibirischen Antieyklone im Januar etwa in 60° nördlicher Breite.” Führt man das hier nur in wenigen Zügen angedeutete Bild weiter aus, so sieht man, wie leieht und einfach sieh die mittlere Luftdruckvertheilung an der Erdoberfläche überblicken lässt. Eine Anwendung ähnlicher Betrachtungsweisen auf einzelne Fälle und die Erklärung ganz bestimmter ürscheinungen aus dem Zusammen- wirken der allgemeinen Cireulation mit den localen Bedingungen dürfte wohl auf Jahre hinaus eine der wichtigsten Aufgaben der Forschung bilden. Eine vollständige und strenge Lösung dieser Fragen wird frei- lich ganz gewaltige Schwierigkeiten bieten, und ist nicht abzusehen, bis wann eine solche gelingen wird. Man wird sich deshalb zunächst damit begnügen müssen, ganz besonders einfache Fälle unter den eben entwickelten Gesichtspunkten zu betrachten. Vor Allem aber scheint es wichtig, einfache Kennzeichen dafür aufzustellen, ob bei ganz bestimmten Erscheinungen, oder noch besser, bei gegebenen Cyklonen oder Antieyklonen die Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse allein hinreichen, die Thatsachen zu erklären oder ob und in wieweit man hier die Mitwirkung von Bewegungen zu berücksichtigen hat, deren Ursachen ausserhalb des betrachteten Wirbels oder wenigstens ausserhalb des gerade betrachteten Theiles eines Wirbels liegen. Der Zweck der nachfolgenden Zeilen ist, einen Beitrag nach dieser Richtung zu liefern, sie verfolgen demnach im Wesentlichen dasselbe Ziel, wie die oben erwähnten Untersuchungen Hans’s. Aber während bei den letzteren der Schwerpunkt in der Dis- eussion von Beobachtungszahlen liegt, und überdies vorzugsweise die Temperaturverhältnisse berücksichtigt sind, so sollen hier rein theore- tische Betrachtungen durchgeführt und hiebei vor Allem Luftdruck und Wind in’s Auge gefasst werden. ! Sprung, Lehrb. S. ı93. Im Folgenden werde ich häufig dieses Lehrbuch eitiren anstatt der Originalabhandlungen, da die -letzteren vielfach nur schwer zu beschaffen sind und da man in dem genannten Buche die Rückweise findet. 2 Hann, Atlas Nr, VII. 111 1300 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. Die Frage nach der Einwirkung der grossen atmosphaerischen Cireulation auf die Vorgänge in einer Cyklone lässt sich, immer unter der Voraussetzung eines stationären Zustandes, dahin formuliren: Genügt die thatsächlich bestehende Vertheilung von Luftdruck und Temperatur, um die gleichzeitig vorhandenen Bewegungen voll- ständig zu erklären oder nicht? Oder mit anderen Worten: ’ Sind die Bewegungen in der Cyklone ausschliesslich Folge der in ihrem Centrum vorhandenen Luftverdünnung oder ist umgekehrt die letztere ganz oder theilweise die Folge dieser Bewegungen, die alsdann ihre Ursache natürlich ausserhalb finden müssen? Betrachtet man nur einen Theil des Wirbels, so lehrt die Be- jahung der letzten Frage nur, dass die Ursache jedenfalls ausserhalb des betrachteten Theiles liegen muss, ohne dass man sie deshalb noth- wendiger Weise ausserhalb des ganzen Wirbels zu suchen hat. Leider lässt sich selbst die einfache Frage, ob in einem Theile des Wirbels die vorhandenen Bewegungen ganz aus der Druckvertheilung zu erklären sind, noch nicht in aller Allgemeinheit beantworten, da man immer noch allerlei mehr oder minder willkürliche Annahmen über den Reibungscoefficienten und über die Beeinflussung benach- barter Schichten zu machen hat. Dagegen ist sie ohne Weiteres zu verneinen sowie der sogenannte Ablenkungswinkel gleich oder grösser wird als 90°, d. h. sowie die Windrichtung in die Isobare fällt oder gar mit einer Componente gegen den Gradienten geht. Unter diesen Bedingungen ist nämlich Arbeit zu leisten, die keinenfalls von der in der Cyklone oder in dem betreffenden Theile. der Cyklone vorhandenen Gradientkraft geleistet werden kann, da im ersteren Falle die Gradientkraft senkrecht steht auf der Richtung, nach welcher die Arbeit, die hier in der Überwindung der Reibung besteht, zu leisten ist, während im zweiten gar noch eine Krafteompo- nente vorhanden sein müsste, die der einzigen aus der Druckverthei- lung entspringenden entgegengesetzt gerichtet wäre. Von diesen beiden Fällen ist der erstgenannte der mathematischen Behandlung leicht zugänglich und ihm sollen deshalb auch die nach- stehenden Betrachtungen gelten, d. h. die Untersuehung soll sich auf Cyklonen beschränken mit kreisförmigen Isobaren und mit Winden, die in die Richtung dieser Isobaren fallen oder nach Sprune’s Bezeich- nungsweise' mit Cyklonen von symmetrisch eireularer Gestaltung und mit dem Ablenkungswinkel 90°. ! Sprung Lehrb. S. 208, von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1301 Vielleicht könnte man solche Cyklonen nach Analogie centrirter optischer Systeme als »centrirte Cyklonen« oder allgemein solche Wirbel als »centrirte Wirbel« bezeichnen. Es mag nun freilich scheinen, als ob mit der Beschränkung der Betrachtung auf solch’ centrirte Wirbel die Speeialisirung der Frage auf's alleräusserste getrieben sei und damit die Resultate ziemlich werthlos würden. Diese Auffassung ist aber doch nicht ganz berechtigt; denn einer- seits lehren die synoptischen Karten, dass sich bei stark entwickelten Cyklonen die Winde sehr häufig den Isobaren anschmiegen, d.h. dass deren Richtung in die Tangente der Isobaren fällt, und andererseits ist man bis jetzt überhaupt noch nicht im Stande gewesen, sich bei theoretischen Untersuchungen von der vereinfachenden Annahme kreis- förmiger Isobaren frei zu machen. Im Gegentheil will es mich bedünken, als wenn schon die Unter- suchung dieses einfachsten Falles hinreichend wäre, um das Verständ- niss der eyklonalen oder antieyklonalen Bewegungen wesentlich zu fördern und über manchen Punkt Klarheit zu verschaffen, der bisher oft eine minder richtige Beurtheilung erfahren hat. | Zugleich besitzt der centrirte Wirbel oder der centrirte Theil eines solchen besonderes Interesse, insofern er den Grenzfall darstellt zwischen Wirbeln mit centripetaler oder mit centrifugaler Bewegung, beziehungs- weise zwischen den entsprechenden Theilen solcher Wirbel. Es handelt sich nun vor Allem darum, die Grundbedingung für den centrirten Wirbel in scharfe Form zu bringen. Dies ist ausser- ordentlich leicht. Auf jedes Theilchen des Wirbels wirken nämlich drei Kräfte: Die Centrifugalkraft p,, wie sie aus der Rotation um die Wirbelaxe entspringt, die ablenkende Kraft der Erdrotation p;, die man sich auch als eine nach dem Krümmungsmittelpunkte der Trägheitseurve ge- richtete Centripetalkraft vorstellen kann, und endlich die Gradient- kraft T, d. i. die aus den Unterschieden des Luftdruckes entsprin- gende Kraft. Diese drei Kräfte fallen beim, centrirten Wirbel, bei welchem jedes Theilchen einen Kreis beschreibt, in die Richtung des Radius dieses Kreises und ist nur der Sinn derselben ein verschiedener, je nachdem man es mit ein- oder auswärts gerichtetem Gradienten, d.h. mit cyklonaler oder anticyklonaler Luftdruckvertheilung und mit eyklo- naler oder antieyklonaler Rotation zu thun hat. Die Grundbedingung für die Erhaltung des centrirten Wirbels ist demnach P+p +rF=o0, (1) 1302 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. wobei diese Summe als eine algebraische aufzufassen ist und man erst jeder der Grössen das richtige Vorzeichen zu geben hat. Betrachtet man aber die Grössen p,, p; F ihrem absolutem Werthe nach als gegeben und ertheilt man ihnen dann wirklich die erforder- lichen Vorzeichen, so hat man vier Fälle zu unterscheiden: ı. Cyklonale Rotation bei einwärts gerichtetem Gradienten oder, wie man wohl zweckmässig sagen kann, bei eyklonaler Druck vertheilung. In diesem Falle, den man in dem unteren Theile der gewöhn- lichen Cyklonen vor sich hat, haben p; und p, das gleiche, T’aber das entgegengesetzte Vorzeichen, und mithin lautet die Gleichung 2.+p-T=°. \ (2) 2. Cyklonale Rotation bei auswärts gerichtetem Gradienten d.h. bei antieyklonaler Luftdruckvertheilung. Diesen Verhältnissen begegnet man in den oberen Theilen der Cyklone mit warmem Centrum. Hier wirkt der Gradient nach aussen, trotzdem muss die Krümmung der Luftbahnen bis zu ganz bedeutenden Höhen eine cyklonale sein, da das Drehungsmoment, welches die Luftmasse unter den gewöhnlichen Verhältnissen aus den tieferen Schichten mitgebracht hat, nicht sofort verschwinden kann.' Centrirt kann jedoch der Wirbel unter diesen Bedingungen nicht sein, da die auf diesen Fall bezügliche Gleichung ee) (3 nicht erfüllbar ist, es müsste denn vollkommenes Gleichgew icht herr- schen, d.h. jede der drei Grössen — o sein. 3. Antieyklonale Rotation bei auswärts gerichteten Gradienten, mithin bei antieyklonaler Druckvertheilung. Dies sind die Verhält- nisse, wie man sie in den unteren Theilen der Antieyklone gewöhnlich begeenet. Die Bedingungsgleichung für den centrirten Wirbel hiesse in diesem Falle: pp +tl=o. (4) Wenn auch theoretisch nicht unerfüllbar, so dürfte diese Gleichung doch praktisch vollkommen bedeutungslos sein, da die Verhältnisse ' Diesen Vorstellungen entspricht auch das von Crementr Ley — Quat. Journ. Met. Soe. III. 1877. S. 437 — aus Beobachtungen der Cirrhuswolken abgeleitete Schema für die Luftbewegung im oberen Theile der Cyklonen. Man erhält dasselbe, indem man sich eine cyklonale Bewegung denkt, bei welcher die Luftbahnen durch die in gleichem Sinne wirkenden Kräfte p.. pi u. I mehr und mehr gestreckt, und schliesslich in antieyklonalem Sinne gekrümmt werden. während die Geschwindigkeit des Aus- strömens wächst und zugleich das ganze System in dem grossen Wirbel der Polcalotte ostwärts getragen wird. von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1303 in den unteren Theilen der Antieyklonen stets derartige sind, dass ein Zusammenfällen der Windrichtung mit den Isobaren nicht denk- bar ist. Es bliebe dann höchstens der alleroberste Theil der Cyklonen mit warmem Centrum übrig, in welchem ja antieyklonale Druck- vertheilung herrschen muss und vielleicht auch antieyklonale Luft- bewegung vorhanden sein kann, sofern dies System so weit in die Höhe reicht, dass das von unten mitgebrachte Drehungsmoment im eyklonalen Sinne bereits vollkommen zur Überwindung von Wider- ständen verbraucht ist. Da jedoch für die Untersuchung dieser Fragen jede thatsächliche Grundlage fehlt, so wird es besser sein, sie ganz bei Seite zu lassen. 4. Antieyklonale Rotation bei einwärts gerichteten Gradienten, d. h. bei eyklonaler Druckvertheilung. In diesem Falle hiesse die Bedingung für die Centrirung: pP. -p - T=o. (5) Auch von dieser Gleichung ist es fraglich, ob sie irgend welche praktische Bedeutung hat. In den unteren Schichten der Atmo- sphaere begegnet man überhaupt nur den unter ı. und 3. besprochenen Fällen. Nun nimmt man zwar an, dass in den oberen Theilen der Antieyklonen eine eyklonale Druckvertheilung, d.h. ein einwärts ge- richteter Gradient herrsche,' da man einen solehen für nothwendig hält, um das Zuströmen von oben zu erklären. Das Vorhandensein einer sölchen Luftdruckvertheilung in der oberen Hälfte der Anti- eyklonen ist jedoch, soviel mir bekannt, noch nirgends durch That- sachen erhärtet, im Gegentheil machen es thermodynamische Be- trachtungen höchst unwahrscheinlich, dass die niedrige "Temperatur, wie sie an der Grundfläche der sogenannten Cyklone mit kaltem Centrum beobachtet wird, sich auf einigermaassen beträchtlichere Höhen erstrecke. Wenn aber letzteres nicht der Fall ist, so kann auch die an- genommene Änderung in der Krümmung der Flächen gleichen Druckes, die von nach oben eonvexen in grösseren Höhen allmählich in con- cave übergehen sollen, nicht eintreten. Das in höheren Regionen erfolgende Zuströmen nach den Antieyklonen ist demnach auch kaum durch die Wirkung einwärts gerichteter Gradienten, sondern vielmehr dynamisch aus Stauerscheinungen zu erklären. Sollte aber dennoch die bisher gebräuchliche Annahme von der eyklonalen Druckvertheilung in den obersten Theilen der Antieyklone in einzelnen Fällen richtig sein, so ist doch bei dem geringen Drehungs- moment, wie es in dem antieyklonalen Wirbel vorhanden ist, kein Grund vorhanden, dass der Sinn der Drehung ähnlich wie bei den * S. z.B. Sprung, Lehrb, S. zıı Fig. 39. 1304 Gesammtsitzung vom 4. Dec. — Mittheilung vom 19. Juni. Oyklonen auf nennenswerthe Erstreckung auch dort noch der gleiche bleiben müsse, wo jener der Druekvertheilung der entgegengesetzte geworden ist. Nach dem eben Gesagten hat unter den vier Fällen, welche beim centrirten Wirbel dem Prineip nach denkbar sind, nur der erste eine praktische Bedeutung für die Meteorologie und seiner Untersuchung sollen deshalb auch die folgenden Zeilen gewidmet sein: Es handelt sich demnach hier nur um Wirbel mit einwärts ge- richtetem Gradienten, kreisförmigen Isobaren und eyklonaler Luft- bewegung unter der besonderen Voraussetzung, dass die Windrichtung allenthalben in die Tangente der Isobaren fällt. Unter diesen Bedingungen muss die Gleichung: ee er erfüllt sein, und die Aufgabe besteht mithin wesentlich darin, eben diese Gleichung zu discutiren. Nimmt man nun eine bestimmte Isobare heraus und bezeichnet man deren Radius mit r,, den Krümmungsradius der Trägheitsbahn mit r, und die Geschwindigkeit des Windes in der Isobare dureh », so gelten für ein Lufttheilechen von der Masse m, das sich auf der Isobare in der angegebenen Weise bewegt, die Beziehungen: v Pe — mM > c 2 und 9 = m—. 5 D Denkt man sich den ganzen Vorgang unter der geographischen Breite $ vor sich gehend, und nimmt man der Einfachheit wegen an, dass diese Breite für alle Punkte der Isobare die gleiche sei. was. freilich nieht der Fall ist, aber bei Annahme eines mittleren Werthes für $ keine grossen Fehler bedingt, und bezeichnet man endlich die Länge des Sterntages in mittleren Seeunden dureh T, so hat man auch :T il U FE 47 sin & oder Am p: = T sın db und mithin v Am. rn 4 nm Gsin® 7, ! Sprung, Lehrb. S. 24. von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1305 ” T Buchstaben % und setzt man T = my, wo y die durch die Gradient- kraft T der Masse m ertheilte Beschleunigung ist, so erhält man die noch einfachere Form 5 Wählt man endlich noch für die Grösse — 0.0001458 den v j t y=— + vksind. (6) T, Für die Beschleunigung y aber gilt ausserdem die Gleichung suns Y 5 5 G 13.6, g = ——— 9 = 0.00012237.@- (7) BEDLIT NO h) l wenn @ der Gradient d. h. der Unterschied der Barometerstände an zwei in der Richtung des grössten barometrischen Gefälles liegenden um die Länge von ı Meridiangrad oder um ııııır" von einander abstehenden Punkten ist. Zugleich ist I y-79=gtga (8) wenn man unter A die Höhe versteht, um welche die Fläche gleichen Druckes, die sich durch den betrachteten Punkt legen lässt, auf die hori- zontale Erstreckung / steigt, oder fällt, und unter z den Winkel, den die Flächen gleichen Druckes an dieser Stelle mit den Horizontalen bilden. Demnach ist auch die Beschleunigung, welche der Luft durch die Gradientkraft ertheilt wird gleich jener, welche ein schwerer Punkt erfährt, wenn er ohne Reibung auf der fest gedachten Fläche gleichen Druckes herabgleiten würde, sofern nur, was bier stets der Fall ist, & klein genug ist, um sin und tg einander gleich setzen zu dürfen. Die beim Herabgleiten sich ergebende Beschleunigung ist nämlich g sin, während gtg« die Kraft ist, welehe im horizontalen Sinne auf den Punkt auszuüben ist, um das Herabgleiten zu verhindern. Merkwürdiger Weise ist eine Ableitung und strenge Formulirung dieses wichtigen Satzes, von dem man stillschweigend unzählige Maie Gebrauch gemacht hat — ich erinnere z. B. nur an die Figuren 27, 39, 40 des Sprune’schen Buches —, soviel mir bekannt, erst vor wenigen Jahren, und zwar von Hrn. Mörter,' gegeben worden. Da diese Abhandlung kaum allgemein zugänglich sein dürfte, so halte ich es nicht für überflüssig, eine ganz kurze Ableitung dieses Satzes hier in der Anmerkung mitzutheilen.” ! Der Kreislauf d. atm. Luft u. s. w. Arch. d. Seewarte. Jahrg. X. Nr. 3. 1887. 2 Sind 5, und 5, die Barometerstände einer in der Richtung des Gradienten 1—b, @ liegenden Geraden von der Länge /, so ist er a die durch diesen Druck- TIıTı 1306 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. Setzt man nun die in (7) und (8) gefundenen Werthe von y in die Gleichung (6) ein, und schreibt man, da r; nicht mehr in der Formel vorkommt, einfach r statt r,, so nimmt die Bedingungs- gleichung für den centrirten Wirbel schliesslich die Formen an: % v \ 0.00012237 9— = — + vk sind p A 13.6 db v , oder: g— — ok sin g p dr r a0 2 (9) v oder endlich: gtga= — + vksind, r Gleichungen, die man im Einzelfalle noch weiter vereinfachen kann, indem man & constant betrachtet, und k sin $ = K setzt. In der ersten Form hätte man übrigens diese Gleichung auch unmittelbar aus den GuLpser6-Monw’schen Grundgleichungen ableiten können, natürlich mit Beachtung der hier gewählten Vorzeichen. Für die Anwendung auf bestimmte den Wetterkarten zu ent- nehmende Fälle ist jedoch die zweite Form die bequemere, besonders x I dr t wenn man statt tg « den Werth — bez. —- einführt.! Die Höhen 4% kann man nämlich für bestimmte Werthe von Druck und Temperatur unmittelbar aus den Tabellen entnehmen, welche die Höhe der Luftsäule angeben, deren Druck ı"" ausmacht, wie man unterschied hervorgebrachte Beschleunigung aber ergiebt sich folgendermaassen: Denkt man sich einen Lufteylinder herausgenommen, dessen Axe die Länge / hat und dessen Basis die Fläche s haben mag. so wirken auf die beiden Grundflächen die Drucke 13.6 gsb,; und 13.6 9sb., wenn das specifische Gewicht des Quecksilbers zu 13.6 angenommen wird. Die in dem Cylinder enthaltene Masse aber ist so. wenn > die Masse der Luft im Cubikmeter ist. Diese Masse erhält durch den Druckunterschied 13.6 gs(bı—b.) eine Beschleunigung: » bb @ I 6 db 13.6 # A 13.69 = 7 iHaleTe > Fragt man sich nun, um welche Höhe A man sich über dem Endpunkte der Linie /. zu welchem der (höhere) Barometerstand db, gehört, erheben muss, um auf diesem Wege ebenfalls zu dem Stande b, zu gelangen. so findet man nach den Grund- b b Fe 2 lagen für die Barometerformel hg — (b,—b,) 13.6 oder A — u 13.6 und mithin ll (2 yI— T gz=ygige. 2 _ = 93 I1ılll 2 Beachtet man ausserdem, in welcher Weise g bei gleichbleibendem Drucke von der Temperatur abhängt, so sieht man sofort, dass benachbarte Druckflächen parallel verlaufen, wenn die Temperatur zwischen ihnen eonstant ist. während sie andernfalls nach der Seite der sinkenden Temperaturen eonvergiren. indem der verticale Abstand der benachbarten Drucktlächen jederzeit der an den betreffenden Stellen herrschenden absoluten Temperatur proportional ist. ! Sprung, Lehrb, S. 119 Gl. (5). von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1307 sie z. B. in Monn’s Grundzügen als Tabelle V findet, während sich mm die Entfernung der Isöbaren, welche um ı""" verschiedenem Barometer- ‚stande entsprechen, direet aus der Wetterkarte ergiebt. Gesetzt z. B. man wollte aus der in Sprunge’s Lehrbuch! mitge- theilten Wetterkarte vom 14. October ı88ı für das nördliche England, also ungefähr für Punkte zwischen Shields und Bradford, die Neigung der Druckflächen bestimmen, so fände man für den damals herr- und die Temperatur 10° für 4 den Werth ı1?3, für die Entfernung der Isobaren 725 und 735 aber ı80"" und mm schenden Druck von 730 mithin die Entfernung der Isobaren 729 und 730 oder 730 und 731 B ; ES ES, annähernd gleich 18” und demnach ga = — — —=tgo’ı 36. Dieses Beispiel ist auch insofern interessant als es recht deutlich zeigt, wie ausserordentlich gering im Allgemeinen die Neigung der Flächen gleichen Druckes ist, da man selbst bei der starken atmo- sphaerischen Störung, wie sie an dem betreffenden Tage in der be- trachteten Gegend herrschte, dennoch von dem betrachteten Punkte um ı8"® nordwärts gehen musste, um die gleiche Änderung des Luftdrucks zu erhalten wie bei der Erhebung um nicht einmal 12". Sucht man nun aus der Gleichung (9) allgemeine Schlüsse zu ziehen, so entnimmt man aus ihr vor Allem, dass es für das Bestehen eines centrirten cyklonalen Wirbels unerlässlich ist, dass zwischen der Druckvertheilung und den Windgeschwindigkeiten ganz bestimmte Beziehungen vorhanden seien. Es giebt demnach in allen Fällen, wo die Winde ein Centrum im ächten Sinne des Wortes umkreisen, eine ganz bestimmte Druck- vertheilung, welche das Fortbestehen eines solchen Wirbels ermöglicht, und umgekehrt bei jeder symmetrisch eireularen Druckvertheilung ganz bestimmte Geschwindigkeiten, für welche das Gleiche gilt. Wenn hiebei die Reibung ganz unberücksichtigt ist, so schliesst dies die Voraussetzung in sich, dass sie durch Kräfte überwunden wird, welche hier garnicht in der Rechnung erscheinen, also z. B. durch die Geschwindigkeitsunterschiede in den benachbarten Schichten, die ihrerseits freilich wieder dureh Ursachen unterhalten werden werden müssen, die ausserhalb des betrachteten Gebietes liegen. Keinenfalls können diese Widerstände im centrirten Wirbel durch die aus der Druckvertheilung entspringenden Kräfte überwunden werden und dies ist für die nachstehenden Betrachtungen das Wesentliche. Die Fragen, welche hinsichtlich der genannten Wirbel bei den Meteorologen interessiren, sind nun die folgenden: ! Tafel VII. 1308 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. ı. Giebt es wirklich Cyklonen, welche wenigstens an der Erd- oberfläche selbst solehe Druck- und Windvertheilung aufweisen, wie sie in der centrirten Cyklone bestehen müssen? 2. Können diese Bedingungen unter den in der Atmosphaere herrschenden Verhältnissen in Schichten von grösserer verticaler Erstreekung gleichzeitig erfüllt sein, oder ist es unwahrscheinlich, dass eine Cyklone, die an der Erdoberfläche als centrirter Wirbel erscheint, auch noch in grösseren, wenn auch nur mässigen Höhen, die gleiche Eigenthümlichkeit besitze? 3. Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen, wenn die Be- dingungsgleichung (9) nicht erfüllt ist, sondern wenn Abweichungen davon in bestimmtem Sinne vorhanden sind? Betrachtet man nun die Formel: v : gtgae = — + vksind, Re die man mit Rücksicht darauf, dass r;, im Folgenden nicht mehr vorkommt, sowie dass man sich bei der Untersuchung immer auf einen bestimmten Werth von $ beschränken wird, in die noch ein- fachere Gestalt v E gtga« = — +tvK - bringen kann, unter dem in der ersten Frage aufgeworfenen Gesichts- punkte, so bemerkt man vor Allem, dass sofern nicht durch gleichzeitige Abnahme der Geschwindigkeit eine Compensation eintritt, bei ab- nehmenden Werthen von 7, d. h. bei Annäherung an das Centrum, die Neigung der Flächen gleichen Druckes oder, was auf dasselbe hinauskommt, der Gradient, wachsen muss. Dies gilt in um so höherem Grade, wenn auch die Geschwindigkeit mit der Annäherung an das Üentrum wächst. In der allernächsten Nähe des Centrums würde selbst bei gleicher Geschwindigkeit der inneren und äusseren Ringe der Gradient unendlich werden, was natürlich unmöglich ist. Dagegen kann die Zunahme der Centrifugalkraft, wie sie durch die Abnahme von r bedingt ist, durch eine entsprechende Verminderung der Gesehwindigkeit wieder aufgehoben, ja sogar übercompensirt werden, so dass die Gradienten in unmittelbarer Umgebung des Centrums wieder abnehmen, ganz so wie man es thatsächlieh häufig beobachtet. Man sieht aus dem eben Gesagten, dass man den Ver- hältnissen, wie sie hier als Bedingung für die centrirte Cyklone auf- gestellt wurden, wenigstens sofern man sich auf die rein qualitative Betrachtung beschränkt, in Wirklichkeit häufig begegnet, und dass | i | vos Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1309 somit die Existenz centrirter Cyklonen durchaus nieht unwahrschein- lich ist. Aber auch dann, wenn man der Sache rechnerisch näher tritt. kommt man zu dem gleichen Ergebnisse und findet man, dass Uy- klonen die an ihrer Basis wenigstens annäherungsweise centrirt sind, kaum zu den Seltenheiten gehören können. Um hierfür einen Anhaltspunkt zu gewinnen habe ich berechnet, welche Windgeschwindigkeiten erforderlich wären, wenn bei einer Luftdruckvertheilung, wie sie Hr. Sprune als mittlere Vertheilung für vier wohlausgebildete Cyklonen erhalten hat,' diese Cyklone centrirt sein sollte. Es ergaben sich hiebei für Entfernungen vom Centrum um 100, 200, 300, 400, 600, 800, 1000"”" Geschwindigkeiten von 108, 20"7, 2194, 23”0, ı8"o, ı3"3, 10”4 in der Secunde, das sind Zahlen, welche mit den Windstärken, wie man sie aus den synoptischen Karten für die betreffenden Tage entnimmt, nicht in Widerspruch stehen. Noch leiehter übersieht man dies, wenn man annimmt, die Cy- klone befinden sich unter dem 45. Breitengrade und in dem be- trachteten Theile derselben herrsche bei einer Temperatur von 10° der Barometerstand 730 oder bei 15° der Barometerstand 745 u. S. w., G alsdann ist nämlich 0.00012237 - J beinahe genau — 0.001 und 0.0001458 sin d = 0.0001031 oder nahezu = 0.0001. Mithin nimmt die Gleichung (9) unter diesen Voraussetzungen die ausserordentlich einfache Form an: 2 0.001@ = — + 0,0001 0, - oder wenn man die Barometerstände an den Endpunkten einer in die Richtung des Gradienten fallenden Linie von der Länge eines Meridiangrades mit 8, und $, bezeichnet: v” G=A-%,=ı1000 +oıv. (10) Hieraus entnimmt man sofort, dass im centrirten Wirbel bei einer Windgeschwindigkeit von 10” in der Secunde in Entfernungen km von 100, ı0o und ı” vom Centrum Gradienten bestehen müssten ” auf den Grad. von 2, ıı und Tor Gradienten wie der letztgenannte kommen wohl nie oder höch- stens auf ganz beschränkten Stellen vor, aber gerade hieraus ersieht man recht schlagend, wie gewaltig selbst bei sehr mässigen Wind- ! S, Sprung, Lehrb. S. 150. 1310 Gesammtsitzung vom 4. Dec. — Mittheilung vom 19. Juni. stärken — ein Wind von ı0” in der Secunde wird noch nicht ein- mal als »stark« bezeichnet — in der Nähe des Centrums die Centri- fugalkraft zur Geltung kommt, und wie ausserordentlich stark dort die Gradienten sein müssten — für vo = 20 würden die Werthe sich nahezu vervierfachen — wenn in diesen Theilen nicht centrifugale Bewegungen an die Stelle der centripetalen treten sollen. Bei den gewöhnlichen Cyklonen nimmt jedoch die Windgeschwin- digkeit mit der Annäherung an das Centrum von einer bestimmten - oft nieht unbeträchtlichen Entfernung an wieder ab, ebenso wie die Grösse der Gradienten, so dass sie auch in diesen Theilen sehr wohl centrirt bleiben können, wie das an dem oben genauer erörterten Beispiele der schematischen Cyklone bereits nachgewiesen wurde. Übrigens scheint der Gedanke nicht ausgeschlossen, dass auch bei diesen dann und wann schon in mässigen Höhen centrifugale Bewegungen an Stelle der centripetalen treten, und sofern die zur Erhaltung derselben erforderlichen Luftmengen nicht ganz von unten beschafft werden können, auch absteigende Ströme an Stelle der auf- steigenden treten. Wenigstens spricht die nicht selten beobachtete Abnahme der Bewölkung bei Annäherung an das Centrum, die sich manchesmal sogar als »Auge des Sturms« zu erkennen giebt, sehr entschieden dafür. Wie sich diese Verhältnisse bei den eigentlichen Tornado’s oder gar bei den Tromben gestalten, davon soll später noch gesprochen werden. An zweiter Stelle wurde danach gefragt, ob es wahrscheinlich sei, dass eine an ihrer Basis centrirte Oyklone diese Eigenthümlich- keit auch noch in grösseren Höhen besitze? Diese Frage hätte man natürlich von vornherein zu bejahen, wenn die Annahme gestattet wäre, dass über jedem Punkte der Grund- fläche einer solchen Cyklone auf grosse Erstreckung die Bewegung und das barometrische Gefälle die gleichen seien. Da dies jedoch nur in Ausnahmsfällen und auch dann nur in Schichten von mässiger Mächtigkeit zutreffen wird, so ist die Frage dahin zu modifieiren, ob solche Änderungen der beiden in Betracht kommenden Elemente denkbar sind, dass trotz derselben die Bedin- gung der Centrirung erfüllt bleibt? Einen Überblick über diese Verhältnisse erhält man am leichtesten durch die nachstehende Betrachtung: Bezeichnet man die Höhe eines Punktes über der horizontalen Grundfläche durch 2, so gelten im Falle symmetrisch eircularer Ge- staltung des ganzen Wirbels die Gleichungen: b= 7 (M2) von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1311 und DI MSZ): Benutzt man nämlich die zweite der oben unter [9] auf- gestellten Gleichungen und erinnert man sich zugleich daran, dass b,R277: h MAIER = P=hy, T’ wo 9% =1.293, b= 760 und T die absolute Tempe- o ratur ist, so kann man diese Gleichung in die Form bringen: 0653.3.0..1°.db v e ——— — — =—+oR BL 35 Du dr r oder wenn man 7 in jeder Horizontalebene, d. h. für jedes gegebene 2 als constant betrachtet, was ohne grossen Fehler zulässig ist, in die noch einfachere: K' db v 3 b d D7 r Se Beachtet man nun die eben aufgestellte Beziehung, wonach db v=6(r,2), so tritt an die Stelle von EB der partielle Differentialquotient ZB und man erhält: K 0b. [e(r,2)) M == - + o(r,2) K. (mr) a ee Diese Gleichung lehrt, dass es für jede gegebene symmetrisch eireulare Druckvertheilung ein System von Geschwindigkeiten giebt, für welches der Wirbel ein centrirter wird, und dass es umgekehrt für jedes System gleichförmiger Kreisbewegungen um ein und dieselbe Axe, wenn sie nur stetig in einander übergehen, eine bestimmte Druckvertheilung giebt, bei welcher diese Bewegungen dauernde sind, d.h. den Bedingungen des centrirten Wirbels entsprechen; natürlich nur sofern man von Reibungswiderständen absehen darf. Nimmt man zuerst die Druckvertheilung als gegeben an, und denkt man sich die Druckflächen plötzlich in starre verwandelt und schweren in denselben ohne Reibung verschiebbaren Punkten die Geschwindigkeiten ertheilt, wie sie aus der Gleichung (11) folgen, so bleiben sie sämmtlich auf den horizontalen Kreisen und setzen ihre Bewegungen in gleicher Weise fort, da aus dem Widerstande der Fläche in diesem Falle eine nach einwärts gerichtete Kraft entspringt, welche der nach auswärts gerichteten g tg« das Gleichgewicht hält. Die Beschleunigung, welche in diesem Falle einem auf der Fläche befindlichen Massenpunkte durch die Schwerkraft in der Richtung des Gefälles ertheilt wird ist g sin, während die Componente der nach auswärts gerichteten Horizontalkraft 9 tgz, welche den Punkt 1312 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. auf der Fläche in die Höhe zu treiben sucht g tg& cos d. i. eben- falls y sin« ist. Wären die Geschwindigkeiten an irgend einer Stelle bez. auf irgend einem Horizontalkreise grösser oder kleiner als es die Gleichung (11) verlangt, so würde ein Aufsteigen oder Herabgleiten des Punktes eintreten. Die Geschwindigkeiten, wie sie sich bei einer bestimmten Druck- vertheilung aus der Gleichung ergeben, sollen deshalb die »kritischen Geschwindigkeiten« heissen, während die Druckflächen, wie sie sich bei bestimmten Geschwindigkeiten aus der Gleichung ergeben, »kritische Flächen« heissen sollen. Der Gradient aber, wie er dieser »kritischen Druckvertheilung« entspricht, soll im Gegensatze zu dem jemals vorhandenen »effeetiven Gradienten« als »kritischer Gradient« bezeichnet werden, so dass man die Grundbedingung für den centrirten Wirbel auch in die Form bringen kann: »Im centrirten Wirbel müssen die Druckflächen mit »den kritischen Flächen zusammenfallen und die effeetiven Gradienten »gleich den kritischen Gradienten sein.« Mit Hülfe dieses Satzes übersieht man nun sofort, dass es durch- aus nicht wahrscheinlich ist, dass eine an der Erdoberfläche centrirte Cyklone, auch noch in grösseren Höhen die gleiche Eigenthümlichkeit besitze. Der Abstand zweier bestimmter Druckflächen ist nämlich im Allgemeinen auf ihre ganze Erstreekung hin nur mässigen Änderungen unterworfen, da er einfach den an ‘den verschiedenen Stellen herr- schenden absoluten Temperaturen proportional ist. . In der Cyklone werden demnach die Druckflächen bei der Ent- fernung von der Axe, wegen der Temperaturabnahme mit der Höhe allmählich etwas aneinander rücken, selbst wenn die Temperatur an der Grundfläche mit der Entfernung von der Axe nicht abnähme, wie dies bei der Cyklone mit warmem Centrum der Fall ist, aber immerhin wird diese Annäherung eine verhältnissmässig geringe bleiben. Ganz anders verhält es sich mit den kritischen Flächen, diese heben sich nach aussen hin ganz beträchtlich, sowie die Geschwindig- keiten mit der Höhe zunehmen. Da nämlich das zweite Glied der Gleichung im Allgemeinen nur wenig in Betracht kommt, so wächst die Neigung der Druckflächen nahezu mit dem Quadrate der Geschwindigkeit. Haben demnach die Druckflächen bei einer Cyklone einen Verlauf wie er in der nebenstehenden Figur durch die ausgezogenen Linien dargestellt ist, und wie er häufig vorkommenden Verhältnissen ent- spricht, und wäre diese Cyklone. in einem Horizontalschnitte AA von Bezor.o: Zur Theorie der Cyklonen. 1818 centrirt, so wird sie dies oberhalb und unterhalb dieses Schnittes nicht mehr sein, sowie die Geschwindigkeiten mit der Höhe zunehmen. Unter dieser Voraussetzung verlaufen nämlich die kritischen Flächen ähnlich wie dies in der Figur durch die gestrichelten Linien angedeutet ist und fallen demnach nur in dem Schnitte A A mit den Druckflächen zusammen, da sie dort gemeinsame Tangenten haben. »Oberhalb dieses Schnittes sind die Uentrifugalkräfte grösser als »die nach der Axe gerichteten Gradientkräfte und müssen demnach »auch Bewegungen gegen den Gradienten stattfinden. « Die erwähnte Schnittfläche, die aber durchaus nicht eine Ebene zu sein braucht, sondern hier nur der Einfachheit halber als solche gedacht wurde, scheidet demnach ein Gebiet von centripetalen Bewe- gungen von einem solchen mit centrifugalen. Druekflächen und kritische Flächen in einer Cyklone. Zugleich übersieht man leicht, dass ein solches Umschlagen im Sinne der Bewegung auch ohne Änderung im Vorzeichen des Gra- dienten eintreten muss, sowie die Bewegung an der Erdoberfläche der rein kreisförmigen einigermaassen nahe kommt: Denn da die Wind- geschwindigkeiten erfahrungsgemäss mit der Höhe rasch zunehmen, während die Neigung der Druckflächen meistentheils sogar eine Ab- nahme aufweisen wird, so muss sich eine Bewegung wie die eben betrachtete, die am Erdboden eine schwache eentripetale Componente hatte, bei dem Übergang in höhere Schichten zuerst in eine centrirte und später sogar in eine centrifugale verwandeln. Die zweite der oben aufgestellten Fragen ist demnach zu verneinen und dahin zu beantworten, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass Cyklonen auf grössere verticale Erstreckung hin centrirt bleiben. Man hat vielmehr in den oberen Theilen soleher Cyklonen centrifugale Be- wegungen zu erwarten, selbst wenn sie gegen den Gradienten erfolgen müssen. Der vorige Abschnitt, welcher eigentlich der Beantwortung der zweiten der oben aufgestellten Fragen gewidmet war, enthält zugleich jene der dritten in sich. Diese letztere bezog sich auf die Schlüsse, welehe sich aus der Nichterfüllung der für den centrirten Wirbel gültigen Bedingungen ziehen lassen. Sitzungsberichte 1890. 112 1314 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 19. Juni. Diese Bedingungen wurden durch Einführung des Begriffes der kritischen Fläche in die einfache Form gebracht: »im centrirten »Wirbel müssen die kritischen Flächen und die Flächen gleichen »Druckes zusammenfallen«. Die Neigung der Fläche gleichen Druckes misst nämlich nach dem oben Gesagten die Grösse der nach der Axe hin wirksamen Gradientkraft, die Neigung der kritischen Fläche aber die aus der Centrifugalkraft sowie aus der Erdrotation entspringende von der Axe abgewendete Componente. Besitzt demnach an einer gegebenen Stelle die kritische Fläche eine geringere Neigung als die Druckfläche, so hat man es mit einer einwärts gerichteten, also centripetalen Resultante zu thun, ist die kritische Fläche stärker geneigt als die Druckfläche, so ist die Re- sultante centrifugal. Hierbei muss man jedoch wohl beachten, dass die kritischen Flächen auch bei symmetrisch eireularer Druckvertheilung nur dann Rotationsflächen sind, wenn die Luftbewegungen in Kreisbahnen vor sich gehen, diesauf der Axe senkrecht stehen, und deren Mittelpunkte in eben dieser Axe liegen. Unter diesen Bedingungen ist aber der Zustand ein labiler, so- fern die Druckflächen und die kritischen Flächen nicht an jeder Stelle die gleiche Neigung haben bez. nicht innerhalb des ganzen betrachteten Raumstückes zusammenfallen. Trotzdem hat auch die Untersuchung dieses natürlich nur als Durchgangszustand denkbaren Falles ein gewisses Interesse, da wie schon oben erörtert die Bewegungen, wie man sie beobachtet, that- sächlich sehr häufig den Kreisbewegungen ausserordentlich nahe kommen, während andererseits die Verallgemeinerung der Aufgabe nicht unerhebliche Schwierigkeiten bietet. Nahezu kreisförmige Bewegungen hat man z. B. vermuthlich bei den Tornados und Tromben in der Nähe der Axe vor sich. Wendet man nun die eben eingeführte Betrachtungsweise auf solche Fälle an, so findet man, dass bei Annäherung an die Axe die kritischen Flächen ganz ausserordentlich starke Neigung besitzen, und mithin ganz enorme Gradienten vorhanden sein müssen, wenn diese Kreisbewegungen nicht in centrifugale übergehen sollen. So ergiebt sich z. B. aus der angenäherten Formel (10) für r=ıo und v=30, d.h. für eine Windgeschwindigkeit von 30” in einem Abstande von der Axe von 10”, ein Gradient von 90000, d.h. eine Druckabnahme von 0.81"" für ı" Annäherung an die Axe. Der Neigungswinkel der kritischen Fläche aber wird unter den angegebenen Voraussetzungen etwa 84°. von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1315 Werden demnach solehe Bewegungen eingeleitet auf Kosten von Energie, die an anderen Stellen gewonnen wurde, so müssen in der Umgebung der Axe starke Luftverdünnungen auftreten, die man berechnen kann, wenn man über die Abnahme der Geschwindigkeit mit der Entfernung von der Axe bestimmte Voraussetzungen macht. Solehe Rechnungen hat bereits FerrerL' für den Tornado ange- stellt, den er eben als einfachen centrirten Wirbel betrachtet, und für den er auch die Gestalt der Druckflächen, die unter der Annahme gegebener Geschwindigkeiten eben unsere kritischen Flächen sind, in einer Figur dargestellt hat. Es wäre deshalb kaum nöthig gewesen, diesen Punkt hier noch einmal zu berühren, wenn es mir nicht schiene, als ob nach einer Richtung hin aus diesen Betrachtungen andere Schlüsse zu ziehen wären, als sie der genannte Forscher gezogen hat. Die ganz enormen Gradienten, welche in einem, wenn auch nur sehr dünnen, die Axe des Tornado’s umgebenden Mantel herrschen müssen, wenn keine centrifugalen Bewegungen eintreten sollen, machen es nämlich sehr unwahrscheinlich, dass Luft von aussen her diesen Mantel durchdringt und sich nach der Axe hin bewegt, d. h., dass centripetale Bewegungen eintreten. Um solehe hervorzubringen, müssten ja die thatsächlich vor- handenen Druckflächen noch stärker geneigt sein als die kritischen Flächen oder was dasselbe ist, die effeetiven Gradienten müssten noch grösser sein als die kritischen, die schon so ausserordentlich grosse Werthe annehmen. Wenn aber kein fortgesetztes Zuströmen nach der Axe hin statt- findet, dann ist auch das Bestehen eines aufsteigenden Stromes in dieser selbst nicht denkbar. Im Gegentheile möchte ich es für wahrscheinlich halten, dass in dem Axenkanal keine sehr bedeutenden verticalen Bewegungen stattfinden, sondern dass derselbe im wesentlichen ein fortschreitender luftverdünnter Raum ist, wobei jedoch immer neue Lufttheilchen in die Bewegung hineingerissen und damit der Verdünnung unterworfen werden. Die Annahme eines aufsteigenden Stromes in dem Axenkanal ist auch gar nicht nothwendig, da ja eben Ferrer nachgewiesen hat, dass die durch die Centrifugalkraft hervorgerufene Luftverdünnung, der keine Wärmezufuhr zur Seite steht, ausreichend ist, um die Con- densation und damit die Entstehung des Wolkenschlauches zu erklären. Wenn sich dabei der Schlauch zuerst als herabhängender Ansatz an ! Sprung, Lehrb. S. 224. 112* 1316 Gesammtsitzung vom 4. Dec. — Mittheilung vom 19. ‚Juni. der Wolke zu erkennen giebt und dann erst allmählich herunterzusteigen scheint, so ist dies ganz natürlich, da dort, wo die Reibung am Erdboden nieht in Betracht kommt, sehon in einem früheren Ent- wiekelungsstadium der Erscheinung erhebliche Geschwindigkeiten auf- treten werden, die dann die Luftverdünnung und damit die Conden- sation im Gefolge haben müssen. Überdies steht die Luft gerade unterhalb der Wolke der Sättigung am nächsten und bedarf es dort nur ganz geringer Luftverdünnung um Condensation hervorzubringen. Erst wenn die Gesehwindigkeiten auch in den unteren Schichten der Atmosphaere die entsprechende Steigerung erfahren haben, schreitet auch dort die Verdünnung soweit fort, dass der Wolkenschlauch bis zur Erde herabreicht. Dabei darf man jedoch hieraus keineswegs den Schluss ziehen, dass die Ursache der ganzen Erscheinung in den oberen Regionen zu suchen sei, es ist vielmehr zu erwarten, dass auch in den Fällen, wo der Vorgang durch Überhitzung der untersten Luftschiehten und den dadurch erzeugten labilen Gleichgewichtszustand eingeleitet wird, dennoch in grösserer Höhe früher bedeutende Gesehwindigkeiten erreicht werden als unten. Da nämlich gerade nach Auslösung des labilen Gleiehgewichtes die beschleunigenden Kräfte mit der Höhe zunehmen, so muss nicht nur der aufsteigende Strom, den man sich aber nicht gerade in der Axe des später entstehenden Tornados, sondern über grösserer Fläche zu denken hat, an sich immer grössere Geschwindigkeiten erlangen, sondern es muss dies vor Allem auch von den seitlich zuströmenden Luftmengen gelten, da sich ihnen mit wachsender Höhe geringere Widerstände entgegenstellen. Überhaupt gestattet der Umstand, dass die Wolkenschläuche von oben herabzusinken scheinen, gar keinen Rückschluss darauf, ob man den eigentlichen Entstehungsherd oben oder unten zu suchen habe. Ebensowenig darf man aus diesem scheinbaren Herabsteigen des Wolkenschlauches auf abwärts gerichtete Bewegungen im Innern desselben schliessen. Im Gegentheile beweist eben das Auftreten des Schlauches, dass in einem solchen Falle die absteigenden Bewegungen, die an sich keineswegs unwahrscheinlich sind, nieht sehr bedeutend sein können, da sonst adiabatische Compression eintreten müsste und somit Wol- kenbildung unmöglich wäre. Bei den grossen Cyklonen ist dies etwas anderes, hier ist es sehr wohl denkbar; dass bei Entstehung oder bei besonders starker öntwiekelung derselben in den mittleren Schichten der Atmosphäre, [7 rs * a1 & 7 von Bezorp: Zur Theorie der Cyklonen. 1 die sowohl durch die allgemeine Circulation als auch in Folge localer Autlockerung der Luft eintreten kann, ebensowohl von oben als von unten Luft angesogen werde. Auch kann man durch einfache Modificationen der oben mit- getheilten Figur zu Systemen von kritischen und Druckflächen ge- langen, bei welchen das Herabsaugen sich bis zur Erdoberfläche er- strecken muss, so dass sowohl das sogenannte »Auge des Sturmes« als auch die merkwürdige Trockenheit im Innern der Cyklone, wie sie z.B. bei dem Orkan von Manila am 28. October 1882 beobachtet wurde,' hierdurch ihre naturgemässe Erklärung finden. Die hier durchgeführten Untersuchungen gingen von der Be- trachtung der centrirten Wirbel aus. Trotz der Beschränkung auf diesen ganz speciellen Fall, scheinen sie genügend, um den eigenartigen Verhältnissen, wie sie Hans in Cyklonen mit kaltem und in Antieyklonen mit im Wesentlichen warmem Centrum nachgewiesen hat, den Charakter des Abnormen, Unerklärlichen zu nehmen. Nieht minder dürften sie geeignet sein, um die von Hrn. Fave verfochtene Ansicht von den absteigenden Strömen im Innern der Cyklonen auf das richtige Maass zurückzuführen und innerhalb ge- wisser Grenzen eine Versöhnung zwischen dieser Anschauung und den sonst fast allgemein vertretenen anzubahnen. I SPRUNG, S. 241. ’ FB % AP, RN “ h OR; ER TER. a A S REINE EAN ar. FAR IT IKFTE 7 u IH - 1 hun N B IUDP= HC Arie: FU j f LK PER ei s it j Na ıEaT Tai eu 1319 Die Datirung der babylonischen sogenannten Arsacideninschriften. Von Es». ScHRADER. (Vorgetragen am 27. November [s. oben S. 1263].) Ir III. Bande der Zeitschrift für Assyriologie S. 129 ff. hat J. N. Strass- MAIER eine Reihe von in babylonischer Schrift und Sprache uns über- kommenen »Arsaeideninschriften« veröffentlicht, welche, abgesehen von dem sonstigen Inhalte derselben, namentlich wegen der in ihnen sich findenden Datirungen, die Aufmerksamkeit mit gutem Fug auf sich ge- lenkt haben. Wiederholt sind denn auch dieselben bereits sowohl seitens assyriologischer als astronomischer Fachmänner Gegenstand der Unter- suchung gewesen, wobei dann freilich ziemlich weitgehende Differenzen in den Resultaten zu Tage traten, Differenzen, die bis zur Stunde als unausgeglichen bezeichnet werden müssen. Eine eingehendere Untersuchung der Sachlage dürfte darum nicht überflüssig erscheinen. Die Inschriften, die hier in erster Linie in Betracht kommen, sind ihrer neun (Nr. 1—9.a.a. 0.), wozu dann noch Inschrift Nr. ı3 aus dem Jahre 94 Seleucus, sowie Nr. 14 vom Jahre 14 Seleueus kommen würden, mit welchen beiden es freilich ebenso wie mit den Inschriften Jahr ı 1... Demetrius (? Nr. 10) und 170 Demetrius (Nr. ı 1), sowie der weiteren aus Jahr 6 Alexander, Sohn Alexander’s (Nr. 12) wiederum besonders sich verhält. P. 8. Vergl. hierzu »Nachtrag« S. 1332. Jene neun Inschriften — beiläufig sehr verschiedenartigen Inhalts — tragen sei es an ihrer Spitze (Nr. 3. 9), sei es am Anfang oder am Ende und gelegentlich auch sonst (s. 1. 2. 4. 8) Datirungen ünd zwar wiederum theils einfache: Nr. ı. 3. 6, theils zwiefache, doppelte: 4: 5. 7. 8. 9, zu denen sich dann noch die verstümmelte Datirung in Nr.2 gesellen würde. Von den letzteren wieder, den doppeldatirten Täfelehen, weisen mehrere in den chronologischen Angaben den Namen Arsakä(kan) = Arsaces auf, so: Nr. 1,10; 4, 23; 5,16; 6,14; 7, 29; 8,3; 9,2. Bei Nr. 3 fehlt von der die chronologische Angabe ent- haltenden Zeile ı der zweite, Schluss-Theil, so dass sich über die Be- schaffenheit der betreffenden Aussage durchaus Sicheres zunächst nich 1320 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. aussagen lässt. Indess der Typus der ganzen Inschrift, die Beschaffen- heit der Datirung, endlich die Jahreszahl (= 209) selber weisen mit soleher Bestimmtheit auf eine analoge Datirung hin, dass wir mit Zuversicht werden auch hier den Namen Ars$akä ergänzen können. Nr. 2 wiederum bietet, wie schon bemerkt, die chronologische An- gabe in Z.ı0 flg. in verstümmelter Gestalt. Dass die betreffende Angabe mit der Jahreszahl 156 aber auch den Namen Arsakä bot, erhellt aus dem auf dem Täfelchen Erhaltenen direct (s. die Autographie a. a. O. 143 Z. 11). Als Resultat gewinnen wir, dass die sämmtlichen neun Inschriften in ihren Datirungen irgendwie mit dem Namen Arsakä in Beziehung gesetzt werden. Die angeführten Jahre schwanken zwischen 108 Arsakä (Nr. ı) und 232 Arsakä (Nr. 9), erstrecken sich somit auf einen Zeitraum von im Ganzen 125 Jahren!. Neben diesen Datirungen, denen also der Name Arsakä irgendwie beigeschrieben ist, läuft nun bei mehreren Inschriften, wie bemerkt, nebenher je eine zweite, andersartige Datirung, welche der besprochenen aber immer voraufgeht. Als mustergültiges Beispiel mag die Schluss- datirung der Inschrift Nr. 7 dienen (Z. 27— 29): [> 7. arahb Ulülu ümu 20 KAN Sattu 155 KAN $a Si-i Sattu 219 KAN [9 29. Ar-sa-ka-a Sar Sarräni (vgl. Z. 1ı—3 mit ümu 6). Man sieht, das Jahr 155 wird einem Jahr 219 gleichgesetzt, das um 64 Jahre von ihm absteht, und bei letzterem findet sich dazu der Name Arsakä »Arsaces« beigeschrieben. Und das wiederholt sich bei allen Doppeldaten. Wir haben: Nr. 4: Jahr ı5ı der ersten Reihe — Jahr 215 der anderen » 5 : » I 5 4 » » » == » ZU 8 » » » 7 s » us 5 » » » —= » 24 [6) » » » 8 2 » » » » » == » » » » » € e)n3 » ı68 » » » >= » 23 2 » » Überall besteht zwischen den beiden Reihen A und B die gleiche Differenz der Jahre. Es leuchtet ein, dass die eine der in Aussicht genommenen beiden Aeren — denn dass es sich um solche handelt, versteht sich wohl von selbst — hinter der anderen um 64 Jahre zurückliegt, dass die eine um 64 Jahre früher beginnt als die andere. Welches nun sind die hier in Aussicht genommenen Aeren? Nach des Astro- ! Im Heft I des Jahrgangs VI (1891) der Zeitschrift für Assyriologie S. 28 veröffentlicht BezorLp die Legende eines von P. Srrassuaıer im Brit. Mus. aufge- fundenen Arsacidentäfelchens, welches die Jahreszahl 244 ArSakan aufweist. den Zeit- raum des Vorkommens von Arsacidentäfelchen also noch um ı2 Jahre verlängert. SCHRADER: Die Datirung der babylonischen sog. Arsacideninschriften. al nomen Maurer (Wien)! Ansicht sind die Zahlen der Reihe B, d. h. die Jahreszahlen, die den Namen Arsakä(kan) unmittelbar nach sich haben, solche der Arsaeidenaera und sind danach zu berechnen. Lässt man also, wie das MaAnter thut (früher so auch J. OrpErt, Ss. Comptes rendus am unten angeführten Orte) die Arsacidenaera mit dem Jahr 255 (256) beginnen, so würden wir mit dem Datum der Inschrift Nr. 5 = 219 Arsakä in das Jahr 37 v. Chr. gelangen; Nr. 4 (= 215 Ars.) ferner würde uns in das Jahr 41; Nr. 7 und 8 (= 209. Jahr) in das Jahr 47 v. Chr.; Nr. 9 (= 232. Jahr Ars.) endlich in das Jahr 24 v. Chr. weisen. Aber gegen (diese Annahme erheben sich doch nicht unerhebliche Bedenken. Zunächst ist der Ansatz des Beginns der Arsaeidenaera auf 255 (256) v. Chr. nichts weniger als ein sicherer. Er beruht auf der An- gabe des Justin (41.4), dass die Parther unter dem Consulate des L. Manlius Vulso und des M. Attilius Regulus, das wäre im Jahre 256, abgefallen wären. Dem aber steht «das bestimmte Zeugniss von Eusebius’ Chronik (ed. A. Scuorse I p. ı20. 121) entgegen, die den Abfall in das Jahr 248 v. Chr. setzt, weshalb gewiss mit gutem Fug eine Verwechselung des M. Attilius mit C. Attilius, der neben L. Man- lius Vulso im Jahre 250 das Consulat verwaltete’, bei Justin ange- nommen und gemeinhin jetzt das Jahr 250 (bez. 248)” als Abfallsjahr angesetzt wird. Ich verweise auf G. Rawumson VI. Orient. Mon. p- 44, sowie A. v. Gutscumi, Geschichte Irans, Tüb. 1888 S. 30. Würde nun dieses Bedenken lediglich den Ansatz des um 6 bez. 8 Jahre herabzurückenden Beginnes der Arsacidenaera treffen, so berührt ein anderes solches die in Rede stehenden Doppeldati- rungen der betreffenden Inschriften überhaupt. Beziehen sich je die Daten der zweiten Reihe auf die Arsacidenaera, so müssen sich nothwendig die um 64 Jahre von dieser differirenden Daten auf eine andere, um diesen Zeitraum jüngere, dazu im Orient im Gebrauch gewesene Aera beziehen. Eine solche aber ist für die Zeit der Arsa- eiden schlechterdings nicht bekannt. und wenn ein argumentum ex silentio ja auch immer sein Bedenken hat, so wird man die Be- deutung desselben doch gerade in diesem Falle schwerlich unter- schätzen, da wir es ja hier unter allen Umständen mit einer, lange Jahre im Gebrauch gewesenen zweiten festen Aera zu thun haben, einer neuen Aera, die uns denn doch schwerlich so gänzlich un- bekannt geblieben sein würde. ! Gef. Mittheilung vom 28. Juli d.J. * S. Corp. inser. Latin. I p. 520. ® Über die Differenz 250 bez. 248 s. unten. 1322 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. Man wird unwillkürlich dazu gedrängt. sich nach einem anderen Ausweg umzusehen. Ist es denn nun aber so unumstösslich sicher, dass das Arsakä Sar Sarräni zu den Zahlen der zweiten Reihe ge- hört? Könnte es nicht zu den Zahlen der ersten Reihe genommen werden? — Wir lassen hier zunächst alles Grammatische bei Seite (wir kommen unten darauf zurück) und erwägen vorab lediglich das mate- vielle Ergebniss einer solehen Beziehung. Ist das Arsakä nicht zu dem zweiten, sondern je zu dem ersten Datum zu ziehen, so würde die erste Reihe der Jahreszahlen die Arsaeidenaera repraesentiren, die zweite, um 64 Jahre in der Zeit zurückliegende, könnte dann z.B. die uns wohlbekannte mit dem Herbst des Jahres 31 ı begin- nende Seleucidenaera repraesentiren, die bei der Differenz von 3ır und 250 dieser beiden Aeren = 61 Jahr der Differenz von 64 Jahren der in den Inschriften vorliegenden Aeren schon ziemlich nahe käme. Noch näher würde die Differenz der Daten der Diffe- renz der Aeren kommen, beziehungsweise beide würden sich einfach decken, wenn die Angaben der zweiten Reihe auf die Seleueiden- aera bezogen, der Anfang der Arsacidenaera auf Herbst 247 v. Chr. (astronomisch = — 246 v. Chr.) angesetzt würde. Dieses die Ansicht des Herausgebers der Inschriften, STRASSMAIER, der sich dabei seiner- seits wieder auf die astronomische Beweisführung J. Errine's stützt. Letzterer nämlich hat gleicherweise wie OPrrert (a. a. O.) die In- schrift Nr. 9 der in Rede stehenden Inschriften (ZA. IIL 147 flg.), welehe Z. 2.4 datirt ist: ı3. Nisan 232 der einen Aera, 168 der anderen Aera, nach ihrem astronomischen Inhalt zum Gegenstand einer Unter- suchung gemacht. Die Inschrift enthält nach Err. den Bericht über eine an diesem Tage an der südlichen Seite der Ekliptik stattge- habten Mondfinsterniss. Auf Grund der astronomischen Angaben des keilinsehriftlichen Berichts gelangt Errıns zu dem Resultat, dass die signalisirte Mondfinsterniss diejenige vom ı0./ı1. April des Jahres 80 v. Chr. (astron. = — 79) ist (ZA. IV. 76. 77). Dieses Jahr, dem Jahre 232 der Aera der zweiten Reihe gleich gesetzt, gelangen wir in das Jahr 312/311 v. Chr. als das Anfangsjahr der betreffenden Aera; dieses Jahr nun aber entspricht dem Jahr ı der Seleueiden- aera. Das Anfangsjahr der anderen Aera, nach EPrpıne-STRASSMAIER derjenigen der Arsaciden, würde uns demnach in das Jahr 248/247 als Jahr ı dieser Aera führen.' OrrErT , der den Namen Arsakä mit dem zweiten Datum 232, ! So auch Gursennm. a. a. OÖ. 30 Anm. auf Grund einer Notiz G. Smrrm's, Assyrian discoveries ete. p. 389. ® S. Comptes rendus hebd, des seances de l’Academie des sciences CVII. 1888 p- 467 s. (3 Septbr. 1888). ScHrAper: Die Datirung der babylonischen sog. Arsaeideninschriften. 1323 also dem Jahre 232 der Arsacidenaera in Verbindung setzt, dachte, nach einer in Betracht zu ziebenden Mondfinsterniss Umschau haltend. in Rücksicht auf die bezüglichen Angaben Pinerr s und ÜPPOLZER'S. an die Mondfinsterniss vom 23. März des Jahres 24 v.Chr. und gelangte damit zugleich für den Anfang der Arsacidenaera in das Jahr 232 + 24. d.i. in das Jahr 256 (255), wobei ihm das Zusammentreffen dieses so gefundenen Anfangs der Arsacidenaera mit der ganz gleichen Angabe des Justin —— gemäss der überlieferten Lesart (s. oben) — begreiflicher- weise nur erwünscht war. Freilich hat er sich später von der Unhalt- barkeit seiner Ansicht überzeugen müssen und dann dieselbe wieder aufgegeben (s. sogleich). Spricht nämlich nach dem oben Ausgeführten gegen diesen Ansatz schon der Umstand, dass dann der Beginn der Arsacidenaera in das Jahr 256/55 anstatt 250 bez. 248 v. Chr. entgegen der ausdrücklichen Angabe des Eusebius (s. oben) zu verlegen wäre, so schliessen zwei weitere von Eprrıne veröffentlichte astronomische Inschriften, enthaltend Calenderangaben betreffend die Jahre 189 und 201 (Arsakä), diese Heranziehung der Finsterniss vom Jahre 24 v. Chr. ihrerseits aus: »mais les textes du P. Erriın& m’ont demontre que cette ere ne pouvait prendre naissance non plus en avril 255 avant J. Ö.« (Journ. Asiat. Avril-Mai 1889, seance du 10 Mai, p. 51 a.a.0.p. 512). Er denkt jetzt für die Mondfinsterniss des Jahres 232 Ar$akä an die Finsterniss vom Jahre 5ı unserer Aera und gelangt für den in Aussicht genommenen Anfang der Arsacidenaera in das Jahr ı8ı v.Chr. (181 v. Chr. + 5ı n. Chr. = 232 Jahre): »le texte aura ete redige sous l’empereur Claude« (a. a. O. p. 513).' Andererseits hält Errine in ausführlicher Begründung seine Beziehung der Angaben der Inschrift des Jahres 232 auf die Mondfinsterniss vom Jahre So (= — 79) nicht nur mit Entschiedenheit fest (s. denselben in Z. f. A. IV, 76— 82), sondern macht auch inzwischen noch weitere Instanzen für jene Annahme geltend. Er sieht diese Instanzen in zwei keilschriftlichen Berichten über zwei Mondephemeriden und zwar (s. vorhin) einer solehen gemäss Schlussdatirung aus dem Jahre 125 = ı89 Arsakä und der an- deren 137 = 201 Arsakä. Er findet. dass die in der ersten Tafel er- wähnte Mondfinsterniss nur diejenige des Jahres 139 der Seleucidenaera — 23. März 123 (— 122) v. Chr., die andere nur die vom Jahre 201 der Seleucidenaera = 10. April + ırı (—- 110) sein kann. »Die An- gaben, welche bei den Jahren 189 und 201 SA in den Tafeln gemacht Vergl. S. 508 a.a.0.: »Si on n’assimile pas l’eelipse deerite a celle de l’an 24 [avant J. C.] il n’y a pour satisfaire aux exigences de la deseription que les €elipses du 14 avril 5ı etdu 14 avril 116 apres J. C. Nous devrons examiner ete.« S. auch in Z. f. Ass. IV (1889 S. 399). ? Oprerr's gegentheilige Argumente s. in Z, f. A. IV. 397 ff. und J. A.(1888) a. a. O, 1324 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. sind. weisen auf eine Gesammtheit von astronomischen Erscheinungen hin, die nur für die Jahre — ı22 und — ııo passen, und zwar mit einer Ausschliesslichkeit. welche sich auf Jahrtausende erstreckt« (Erring, Astronomisches aus Babylon, Freib. 1889 8.176). Die Aera der Arsakä- Jahre wäre dann auch hiernach in Wirklichkeit die Seleucidenaera, die correet mit Herbst 311 (= — 310) begönne, und die um 64 Jahre jüngere (Beginn 247 v. Chr.) könnte dann als Arsaeidenaera betrachtet werden (s. oben). Anders wiederum OPrerT. Zwar eine früher vertretene Ansicht, dass sich die betreffenden Angaben der beiden Thontäfelchen ‘auf die Mondfinsternisse der Jahre 67 und 55 v. Chr. bezögen, hat er auf Grund der Texte Srrassmarers und wohl auch der Lesungen Errine’s inzwischen aufgegeben (Journ. Asiat. a. 0. 508; 513; Z.J. A. IV, 399). Aber er glaubt nunmehr in den Eklipsen der Jahre 8 und 20 nach Chr. diejenigen Finsternisse gefunden zu haben, welche den auf den die Mondephemeriden enthaltenden Thontäfelchen (Eprıng, Astronomisches aus Babylon S. 49—55) in Aussicht genommenen Inschriften der Jahre 189 und 201 Arsakä entsprächen, so dass (s. oben) der Beginn der Arsacidenaera in das Jahr 181 v. Chr. hinab- zurücken wäre (a. a. O. 513). Er beruft sich dabei insbesondere noch auf eine Angabe, betreffend die Finsterniss vom 28. Thammız, welche diejenige vom 21. Juli des Jahres $S n. Chr. sei, was zu einer Angabe des Textes, betreffend den gleichen Tag als Tag des Auf- ganges des Sirius gut stimme (a. a. O.). Zu diesen verschiedenen Hypothesen und zwar vom fachmännisch- astronomischen Standpunkte aus Stellung zu nehmen, darauf müssen wir verzichten. Was aber, abgesehen von dem specifisch Astronomischen, sehr erheblich für Errise in’s Gewieht zu fallen scheint, ist zunächst der Umstand, dass, sind Errme’s Berechnungen und Ansätze die richtigen, nieht bloss die drei Finsternisse vom Jahre 80 (— 79), 123 (—122), 111 (— 110) v. Chr. unter einander in befriedigender Weise zu einander sich fügen, sondern auch zu den sonst gesicherten Angaben, betreffend den Anfang der Seleucilenaera — Herbst 311 (—310) gut stimmen würden. Es kommt hinzu. dass lediglich und ausschliess- lich bei dieser Annahme und diesen Gleichstellungen sich die andere jüngere (erste) Datenreihe mit ihrer Differenz von constant 64 Jahren gegenüber der anderen in befriedigender Weise mit dieser zweiten in Beziehung setzen lässt (Anfangsjahr der Arsacidenaera 247 v. Chr. — 250 Justin, 248 Eusebius). Bei den anderen versuchten Dati- rungen der zweiten Reihe würde die erstere in der Luft schweben, während wiederum denn doch der Umstand, dass auch nach ihr für Jahrhunderte gezählt ward, darauf führt, dass wir es auch bei ScHRADER: Die Datirung der babylonischen sog. Arsacideninschriften. 1328 dieser Aera mit einer festen, lange im Gebrauch gewesenen und sicherlich auch öffentlich anerkannten zu thun haben. Ohnehin muss bei der einen der beiden Aeren jedenfalls an eine irgendwie anzu- setzende Arsacidenaera zu denken sein, wie der ständige Zusatz Arsakä Sar Sarräni unwiderleglich beweist. Hier nun aber erheben sich Bedenken, welche auf einem ganz anderen, nämlich dem historischen Gebiete liegen und welche diese ganzen astronomischen Aufstellungen bezüglich der Ergebnisse in Frage zu stellen drohen, Bedenken, welche wohl aueh in erster Linie OPrErT dazu führten, die Riehtiekeit derselben anzuzweifeln.' Zwar zunächst, dass die nach der Seleueidenaera datirten Täfelchen auch den Namen des Seleucus nach der Jahreszahl aufweisen (»mais l’ere des Seleueides est toujours distinguee par le nom de Seleucus« Compt. rend. l. ec. 468), kann in dieser Ausschliesslichkeit nicht wohl behauptet werden: Insehrift ıı bei Srrasswmaıer (ZA. III, 149 = 137) weist hinter der Jahreszahl 170 (Sattu 170 KAN Dimitri(su?°), d.i. 170 der Seleucidenaera — 142 v.Chr.), den Namen Dimitri(su), d. i. Deme- trius auf, das ist aber Demetrius II Nieator, der e. 145 auf den Thron kam,’ nieht also den Namen Siluku, wennauch Demetrius ein Seleucide war. Waren ferner die Arsaciden in den Augen der Babylonier Reehtsnachfolger in der Herrschaft des Seleucus und der Seleuciden, wie Demetrius ein solcher war, so konnten die Tafelschreiber un- bedenklich der betreffenden Jahreszahl der Seleueidenaera auch den Namen Arsakä beischreiben, weil die betreffenden Documente ebenso unter einem Arsaces aufgesetzt wurden, wie jenes andere unter einem Demetrius, und ist die betreffende Datirung auf dem Demetriustäfelehen etwa zu interpretiren: »Jahr 170 [der Seleucidenaera zur Zeit, da] Demetrius [regierte]«, so liesse sich die andere des sogenannten Arsa- eidentäfelehens Nr. 9 etwa fassen: »Jahr 232 [der Seleueidenaera zur Zeit als] Arsakä [regierte]«. - Die Doppeldatirungen liessen sich nach diesem Analogon ebenfalls ohne Sehwierigkeit ganz plausibel interpretiren, z. B. diejenige der In- schrift Nr. 9: Sattu 168 KAN]|Sa Si Sattu 232 KAN — »Jahr 168 | welches ist Jahr 232 |Arsaces, König der Könige | Arsakä Sar Sarräni| d. i. Jahr 168 (seil. der Arsacidenaera), welches gleich ist dem Jahre 232 (seil. der Seleueidenaera), (als) Arsaces König der Könige (war)«. ! „Mais ce n’est pas aux astronomes de nous dire quand a commenee l’ere des , Arsacides: e’est A nous de leur notifier ces faits; c'est A nous de leur expliquer que lan 108 des Arsacides ne peut etre l’an 204 avant J. C., puisqu’a cette epoque Antiochus III &tait encore maitre de Babylone« ete. (J. A. 1. c. 507. Vergl. Comptes rendus 1. c. p. 468; ZA. IV. 399). > S. weiter »Nachtrag« S 5 1332; ® 5. v. GUWSCHMID a. a. 0. 51; 1326 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. ? {o} Eine besondere »Aera des Demetrius« anzunehmen, dazu liegt natürlich kein Grund vor. S. dazu weiter »Nachtrag«. Das unter allen Umständen gänzlich lose und unvermittelt an- geschlossene Arsakä Sar Sarräni (beachte das Fehlen eines rela- tivischen Sa vor demselben, wie übrigens auch bei den nach Dimi- tri[su], Siluku, Aliksandar [II] datirten) wäre dann entweder, wie bei Dimitri(su), auf eine Einzelperson, nämlich einen der dreissig und so und soviel Arsaciden, oder aber auf die durch den ersten Arsaces gestiftete Gesammtheit der Dynastie zu beziehen, wie bei Siluku Sarru »Seleueus, der König«,' in Fällen wie Sattu 94 Siluku u.s. w. (Taf. Nr. 13) und ähnlichen, d.i. bei Jahren und in Zeiten, da Könige ganz anderen Namens, als des Namens Siluku, wenn im Übrigen auch Angehörige der Seleucus-Dynastie, auf dem Thron sassen. Ein erheblicheres Bedenken dagegen würde schon der Umstand involviren, wenn auf einem solchen Täfelehen ein Partherkönig mit Namen aufgeführt wäre, dessen Zeit zu der bei den oben ange- nommenen Aeren sich nicht fügen würde. Einen solehen Fall würden wir bei der Inschrift Nr. 9, datirt aus dem Jahre 232 Arsakä, vor- liegend finden, falls wir hier mit Orrert bei dem dort genannten, das Horoskop (?) stellenden (?) Urudä an einen »König« Orodes” zu denken hätten. Der einzige Partherkönig dieses Namens, der hier füg- lich in Betracht kommen könnte, ist König Orodes I. (54 [?])’— 37 v. Chr.),' der bekannte Gegner der Römer. Wir würden dann mit dem Jahre 232 Arsakä bis in dessen Regierungszeit hinabzugelangen haben. Für diesen Zeitraum steht aber keine geeignete Mondfinsterniss in den Tafeln der Astronomen zu Gebote, da diejenige des Jahres 24 v. Chr., ebenso wie die der Jahre 5ı und ı16 n. Chr., durch die Zeit des Königs (54 [?|— 37 v. Chr.) eben ausgeschlossen sind. So stehen wir vor einem völligen Räthsel, und die nächste Frage, die sich uns nunmehr aufdrängt, ist die: ist denn hier auch überhaupt von einem König des Namens Orodes die Rede? — In der Autographie der betreffenden Inschrift (ZA. Bd. III. 147) bietet STRASSMAIER in Z. 3 hinter dem Namen U-ru-da-a die Reste, ! Der Titel Sar Sarräni »König der Könige« wurde den Seleueiden von den Ba- byloniern wohl überhaupt nicht beigelegt. nannte sich doch auch Seleueus selber ebenso wie seine Nachfolger immer nur einfach O&sırzVs. Auch die Arsaciden dazu haben den Titel »Grosser König der Könige« erst verhältnissmässig spät angenommen. S. Gurschmm a.a. 0.57 und vergl. unten. Auch sie selber wurden noch später ge- legentlich bloss Sarru titulirt, s. S. 1327 Anmerkung ı. 2 Dass der Name Urudä mit dem Namen Örodes "Oguöns, "Nawöns sich deekt, bedarf keiner Erörterung. ® Nach Gurscunıp ward sein Vorgänger Phraates III. um 57 ermordet (a.a.O. 86). * Orodes II, um 6 n, Chr, regierte nur kurze Zeit s. Gurschmip 118. SCHRADER: Die Datirung der babylonischen sog. Arsacideninschriften. 1327 näher die Köpfe dreier horizontaler Keile, hinter denen die Keil- sehriftzeichen gänzlich verwischt und unleserlich erscheinen. Auf eine Bestimmung des betreffenden Keilschriftzeichens als Ganzes ver- zichtete zunächst seinerzeit STRASSMAIER in seiner Transseription. Später glaubte er in den Zeichenresten die Reste des Zeichens ZUM d.i. des Zeichens für Sangü »Priester, Gelehrter« zu erkennen, und darauf geht vermuthlich Orrerr's »astronome« (Comptes rendus a. a. 0. 469) zurück. Neuerdings aber glaubte Srrassmaıer den Anfang des babylonischen Zeichens für »König« Sarru, nämlich ei) zu er- kennen, und darauf hin hat dann wieder, soviel ich weiss, OPPERT die Inschrift auf‘ einen Partherkönig Orodes bezogen. Bei der Wichtigkeit der Sache hielt ich es für angezeigt, vorab das palaeographisch zu Ermittelnde festzustellen. Ich wandte mich zunächst an den Herausgeber der Inschriften selber mit der Bitte um erneute Untersuchung der Inschrift auf diesen speciellen Punkt hin. Srrassmarer schreibt mir unter dem 30. September d. J.: »Das beschädigte Zeichen der (»sehr schlecht geschriebenen« STRASSMAIER) Tafel [R” IV, ı 18°] am Ende Zeile 3 scheint mir am wahrscheinlichsten > Sarru und nicht = mis —sangü, dupsarru zu sein«. Bei dieser einigermaassen unbestimmt lautenden Aussage bat ich Hrn. Dr. BzrzoLın vom Brit. Museum um gefällige Einsichtnahme von dem Original auch seinerseits. Seine Mittheilung vom ı3. October d. J. lautet: »R” IV, 1183 — ZA 1888, 147 Nr. 9 Z.3. Zu sehen ist etwa =; man glaubt also zunächst nach > einen senkrechten Keil setzen zu müssen. Vergleicht man aber das Zeichen nach >> in Z. 2 damit, so fällt in die Augen, dass dies mit dem fraglichen Zeichen in Z. 3 höchst wahrscheinlich identisch ist, also in der That Sarru zu lesen wäre«. Hiernach scheint denn allerdings die Lesung U-ru-da-a Salrru] die palaeographisch am besten verbürgte zu sein; jedenfalls ist mit ihr in erster Linie zu rechnen. Z.ı—3 der betreffenden Inschrift würden danach in Transseription lauten: ı. sattu 168 KAN Sa Si-i 2. Sattu 232 KAN Ar-Sa-kan Sar [sarräni'] 3. Sa it-tar-ri-is()... . U-ru-da-a [Sar Sarräni(?)] . . Dann folgt von Z. 4 an mit aralı Nisannu »Monat Nisan« der astro- nomische Bericht. ! Nach Bezor.o fehlt Z. 2 hinter \f -T1«T Y >75 >= nichts. Wir hätten >> en hier den analogen Fall wie in den Inschriften Sp. 189. 129 bei ErrıngG - SrRrAsSsMAIER, Astron., autogr. Beigabe Z. 75 und Rand ı, bez. Z. 72 und Rand 2, an welchen Stellen wir (wie übrigens auch sonst) dem einfachen Sarru »König« hinter Ar$akä begegnen, 1328 Gesammtsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. Leider erhebt sieh, die Lesung Z&4 hinter Urudä als die best- verbürgte einmal zu Grunde gelegt, eine neue Schwierigkeit in dem das Verbum enthaltenden Sa it-tar-vi-is Z. 3. indem BrzoLp anstatt des schliessenden Zeichens z] das andere ZT = it-tar-ri-du als das am wahrscheinlichsten zu lesende zu erkennen glaubt (a.a.O.) Während ferner bei Zugrundelegung der Lesung ittarris STRASSMAIER - Errine über- setzen (ZA. IV, 78): »Beobachtungsbericht von Urudä« (sie fassten die Worte wohl: »was festgestellt wurde in Bezug auf [König] Urudä«), gab Orpert die Worte wieder als: »que predit Orode«, fasste also Urudä nicht als Objeet der Weissagung bezw. Horoskops. sondern als weis- sagendes Subject, freilich zu einer Zeit, als er in Orode noch »l'astro- nome« sah (Ö.r.a.a. 0.467). Bei der Lückenhaftigkeit des Textes gerade in Zeile 3 und der Dunkelheit des ganzen Zusammenhangs möchte ich für meinen Theil, selbst die Richtigkeit der Lesung ittarris angenommen, einen Entscheid nicht geben; doch scheint mir, billigt man die Lesung Urudä Sarru, geschähe also des Königs Erwähnung, die erstere Lesung in unseren Augen eine grössere Wahrscheinlich- keit für sich zu haben. Alles aber würde natürlich wieder in Frage gestellt erscheinen bei einer — zunächst gänzlich unverständlichen — Lesung ittaridu (s. oben). Aber wie nun kann im Jahre 80 v. Chr., in welches Jahr Errıne-Strassmaier die Inschrift verlegen, des »Königs« Orodes Erwähnung gethan, ihm ein Horoskop ge- stellt sein, ihm, der erst zwanzig. und mehr Jahre und zwar ge- waltsam, durch die Ermordung seines Vaters, auf den Thron ge- langte? — SrrassmArER glaubt. gemäss einer gefälligen brieflichen Mittheilung, die Schwierigkeit dadurch überwinden zu können, dass er annimmt, das Horoskop sei niedergeschrieben, als Orodes auf den Thron gelangte, vielleicht ungefähr 25 Jahr alt war, so dass — wir denken ex sensu unseres Fachgenossen — dadurch etwa seine Legitimität nachträglich dargethan werden sollte. Es wären mit einem Worte, auf Grund früherer astronomischer Aufzeichnun- gen, die betreffenden Himmelserscheinungen nachträglich auf den »König« Orodes bezogen, der vielleicht im Jahre der beobachteten Himmelserscheinung geboren wäre —- eine sicherlich kühne, aber am Ende vielleicht nieht unmögliche Annahme. Ist die Lesung it- taridu (s. oben) die urkundliche, so würde freilich auch dieser Com- bination der Boden entzogen sein. Unter allen Umständen kann aus dieser Inschrift mit ihrer erörterten Aussage über Urudä eine ent- scheidende Instanz für das pro und contra der uns beschäftigenden Frage nicht hergenommen werden. So spitzt sich denn schliesslich Alles zu der Frage zu: stimmen denn die Daten selber auch zu den geschichtlichen Verhältnissen, zu ScHRADER: Die Datirung der babylonischen sog. Arsaeideninschriften. 1329 der politischen Lage und den Ereignissen der Zeit, aus welcher die Täfelehen, falls die je zweite Zahlenangabe auf die Seleucidenaera be- zogen wird, datirt sein würden? Stimmen die betreffenden Datirungen zu den für diese Zeit vorauszusetzenden historischen Thatsachen? Dass diese Frage bezüglich der Documente und Berichte, welche aus der Zeit nach dem Sturze des Demetrius Il. Nicator, d.i. nach 142 bez. 140(39) (Gursenn. 5 ıflg.) stammen, unbedenklich mit Ja beantwortet werden kann (wir reden, wie ich wiederhole, nur von den zweiten, der Seleucidenaera zugewiesenen Jahresangaben), wird zugestanden werden müssen. Denn seit Mithridates I. den Demetrius definitiv niedergeworfen hatte, war an die Stelle der Seleueiden die Dynastie der Parther auch in Babylonien getreten und es ist durchaus begreiflich, dass seit dieser Zeit bei den Jahresangaben auf babylonischen Documenten der Name des Partherkönies (als »Arsakä Sar Sarräni«) erscheint. Freilich würde man auch so, im Hinblick auf die sonst bei den Babyloniern bestehende Übung, die Partherherrschaft erst von dem Jahre an datirt zu sehen erwarten, wo der Partherkönig auch wirklich Babylonien unter seine Botmässigkeit gebracht hatte, also z. B. nicht bereits vom Jahre 250/248 an. Indess können ja nach so radicaler Umwälzung aller Verhältnisse, wie sie durch die griechische Eroberung und die griechische Herr- schaft herbeigeführt war, bestehende alte Übungen verlassen sein. Und dass die Beifügung des Namens Arsakä bei der auch die Seleu- eidenjahre berücksichtigenden Angabe an der nackten Beifügung des Namens Dimitri(su) = Demetrius (II, Nicator) ein hinlängliches Ana- logon hat, habe ich schon oben bemerkt. Anders aber steht es mit den Täfelehen, die aus Jahren vor dem definitiven Ende der Seleucidenherrschaft in Babylonien, sagen wir rund vor ı40 v. Chr., datirt sind. Dass babylonische Doeumente und Berichte zur Zeit der legitim und factisch in Babylonien be- stehenden Herrschaft der Seleueidenkönige wie nach der Aera dieser legitimen Herrscher so zugleich auch nach einer anderen, fremden, Babylonien gar nichts angehenden Dynastie datiren sollten, wäre unbegreiflich. Derartiger Daten nun aber haben wir mehrere. Von diesen sind bis jetzt die nachfolgenden bekannt: 1. STRASSMAIER Nr. 108 ATS (108; Sel. 204 v. Chr.); 2. SITRASSM.-Bepıng » » = 153 » (153 » —ıI59» »); 3. STRASSMAIER 35 50 Hl 56» — 150 ©); 4: } ee u PN HE Rn): Auch die drei jüngsten dieser Daten = 159— 155 v. Chr. würden noch in eine Zeit treffen — die des Demetrius Soter (162— 150 nach ISA SVE 3154, Sitzungsberichte 1890. 113 1330 Gesammtsitzung vom 4. Dec. — Mittheilung vom 27. Nov. GurscnmD 42. 51) —, in welcher die griechische Herrschaft als solehe in Babylonien eine von den Parthern noch unbestrittene war: eine Datirung von babylonischen Urkunden nach Jahren der noch gar nieht in Babylonien gebietenden Parther müsste ausser- ordentlich befremden. Vollends die Datirung eines Täfelchens aus dem Jahre 204 v. Chr., aus der Zeit Antiochus IIl., des Grossen (223—ı87 nach Gurscnm.)! Noch einmal hatte das Seleucidenreich eine Ausdehnung im Osten erreicht, wie nur je das Alexanderreich. Auf dem gewaltigen Zuge des Antiochus vom Jahre 209 und den folgenden Jahren nach dem Osten, auf welchen er bis zum Paropamisus und in’s Kabulthal hinab- gelangte, um durch Arachosien und Drangiana den Rückmarsch anzutreten, zog dieser auch Parthien in Mitleidenschaft, das zum Frieden gezwungen und dessen König Arsaces II. (ID), wie Gursennp annimmt, »ohne Zweifel zur Anerkennung der macedonischen Ober- hoheit genöthigt wurde« (a. a. ©. 37). Im Jahre 206 ward der Friede mit Baktrien abgeschlossen (ebenda 38). Und zwei Jahre später (204 v. Chr. s. ob. S.ı329 unter ı) sollte man in Babylon nach Jahren der im fernen Hyrcanien und jenseit desselben siedelnden Parther, der von den Macedoniern besiegten Parther datirt haben? — Mit gutem Fug hat Orrert an dieser historischen Unmöglichkeit an- gestossen und darauf seinen Finger gelegt (Comptes rendus |. ce. 468; J. A. 1. ce., ZA. IV, 176), um damit seine Zweifel an der Richtig- keit der entgegengesetzten chronologischen Aufstellung zu begründen. Bei dem, wie auch ich glaube, entscheidenden Gewichte, welches diesen Datirungen zukommt, hielt ich es für angezeigt, über die Ver- lässlichkeit der palaeographischen Wiedergabe der betreffenden Keil- schriftzeichen auch dieser Inschriften zur Sicherheit zu gelangen. P. Srrassmaıer schrieb mir nun hierüber unter dem 30. Sept. d. J.: »(Auch) die Inschrift R” IV, 106 (ZA. III, S. 143) habe ich collationirt. Dieselbe ist sehr schlecht erhalten, doch die Zahl a Y- We ist ziemlich sicher; es könnte vielleicht die Zahl 107 — „= 1), sein: aber nicht 208 [= YT [- M]«. Da das »ziemlich sicher« der gütigen Mittheilung noch immer eine gewisse Latitüde liess, glaubte ich noch des Weiteren den dazu bei der betreffenden Streitfrage für seine Person völlig unbetheiligten Hın. Dr. BrzoLp vom Brit. Museum um eine gefällige Inspeetion des Öriginaltäfelehens auch seinerseits ersuchen zu sollen. Seine Angaben bestätigen die Angaben Srrassuamer's durchaus. Er schreibt mir unter dem ı3. October d. J., betreffs R® IV, 106, Z. 9: »...die r rrr . e » VII (m) vor kam undeutlich, aber wahrscheinlich. Das vorher- SCHRADER: Die Datirung der babylonischen sog. Arsaeideninschriften. 133] gehende mi (T-) ist auch etwas verwischt, jedoch sehr wahrschein- lich. Aber das diesem vorhergehende I N ist wiederum ganz klar und deutlich, also ganz sicher: Einhundert ....«. Ebenso be- stätigt mir derselbe, dass die das Datum 156 [Arsakä] = (?)ı 56 v. Chr. aufweisende Inschrift Nr. 2 Srrassmaier = Sp. I, 567 in Z. ıo: I- «m >22: also »einhundert sechs und fünfzig« bietet. Diese Daten N nalen Inschriften, dieselben auf die Seleucidenaera be- zogen, sind aber für den Historiker bei dem dermaligen Stande des historischen Wissens unannehmbare, zumal die Daten Nr. 3 und 4 (s. oben) ohnehin diesen palaeographischen Erhebungen nur zur Be- stätigung gereichen. Ist dem aber so, so fällt anderseits nach unserm Dafürhalten auch jede Möglichkeit hinweg, die zweite Reihe der Daten der in Rede stehenden Inschriften, d. i. derjenigen Daten, welche das Arsakä(kan) Sar Sarräni unmittelbar hinter sieh auf- weisen, auf die Seleueidenaera zu beziehen. Ich mache in beregter Hinsicht schliesslich noch darauf auf- merksam, dass von den in Rede stehenden babylonischen Inschriften schon die älteste (es ist die Inschrift vom Jahre 108 Ars. (Nr. ı; über Nr. 9 s. vorhin), bei Arsakä den Titel Sar Sarräni »König der Könige« bietet, das ist aber den Titel, den sich zuerst Mithridates I. (174 (bez. 171)— 137 v.Chr.) beilegte, (v. Gurscnu. a.a. 0.57; vergl. G. RAwLınson a.a.0.88). Also im Jahre 108 der Seleucidenära (nach STRASSMAIER- Errpine), d.i. im Jahre 204 v. Chr.,. hätten die Babylonier dem fremden Arsacidenkönig, der ihr Gebiet ohnehin noch gar nicht als Eroberer oder Herrscher betreten hatte, den Elhrentitel eines »Königs der Könige« bei- gelegt, den ihre eigenen Könige sich niemals beigelegt hatten! und den ein König jener anderen, fremden Dynastie erst 30 und mehr Jahre später anzunehmen für gut fand”? Das scheint uns völlig unglaub- lich (vergl. hierzu oben S. 1326 Anm. ı). So schliessen wir, da die wohl versuchten positiven Aufstellungen des um die Aufhellung des uns hier entgegentretenden Räthsels so Auch Antiochus Soter (230— 260 v. Chr.) nennt sich auf einer babylonischen, nach Art der alten babylonisch - assyrischen Inschriften stilisirten Thoneylinderinschrift Col. 1, ı flg. (s. Keilinschr. Bibl. III, 2 S. 136 lg.) ausser: »der grosse König, der mächtige König« u. s. w. lediglich nach Weise der Perserkönige Sar mätäti »König der Länder« nicht: Sar Sarräni. ? Hr. A. v. Sarrer bestätigt mir unter dem 24. November d.J., dass auch ihm keine Münze vor Arsaces VI — Mithridates I bekannt sei, welche den Titel Gars Bearırzov neyarov führe. Er: fügt hinzu: »Auch sind es von Arsaces VI nur seine offenbar allerspätesten Münzen (mit Tiara), die diesen Titel zeigen; man sieht dies am Stil und an dem gealterten Gesicht. Die anderen, früheren Münzen des Königs haben nur das alte Basırzus neyahou.« Das stimmt wiederum ent zu dem oben Bemerkten: bekanntlich fällt die Eroberung Babyloniens erst in die Zeit gegen Ende 1332 Gesamıntsitzung vom 4. Dee. — Mittheilung vom 27. Nov. hervorragend bemüht gewesenen Hrn. Collegen Orrerr ihrerseits wieder von Bedenken nicht frei sind, mit einem völlig negativen Ergebnisse, mit einem einfachen Non liquet. Unbeschadet der Anerkennung des Gewiehts der geradezu blendenden astronomischen Ergebnisse Errıng’s müssen wir vor dem Proteste, den die hinlänglich beglaubigte ge- schichtliehe Überlieferung einlegt, zurückweichen. Die Doppeldaten der sogenannten Arsacideninschriften sind für uns zur Zeit noch nicht erklärt. Nachtrag. Weitere derartige Daten finden sich auf den von Erring und Srrassmarer bearbeiteten »Neuen babylonischen Planeten- Tafeln« (Z. f. Ass. V S. 341ff.). Von diesen reicht das älteste nur bis in das Jahr 89 = 153 [Ar$.] hinauf (S. 354), trägt also zur Ent- scheidung der uns beschäftigenden Frage nichts Neues aus. Unter denselben befindet sich auch eine Tafel, datirt: Sattu 157 KAN Di- mit-ri Sarru, d.i. »Jahr 157 Demetrius, König«. Das Jahr 157 der (hier natürlich gemeinten) Seleucidenaera weist uns in das Jahr 155 v. Chr. Der hier gemeinte Demetrius ist somit Demetrius I Soter, der von 162— 150 (s. v. Gurscnum 62) auf dem Throne sass. Bei- läufig wird dureh diese Tafel die Schreibung bez. Aussprache Dimi- tri (anstatt Dimitri-su) als eine thatsächliche erhärtet. Vermuthlich ist danach auch die Lesung: T «TEE »< »TY«J KEN, in der Inschrift r ı bei Strassmaıer ZA. III, ı49 (oben S.ı325) zu der andern: Di-mit-ri za — Sarru zu ergänzen. seiner Regierung; G. Rawrınson a.a. 0.77 setzt die (erste) Eroberung in die Zeit um 150 v.Chr.; Gurscaum a.a.O. 52 den Fall Seleucias in die Zeit nach 147 v. Chr. Die definitive Besiegung des Demetrius II fällt nach dem Letzteren zudem erst in das Jahr 139 v. Chr. Ausgegeben am 11. December. * Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 1333 1890. ul. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 11. December. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Momnmsen. l. Hr. von Syger las: Die Entstehung des Amts des General- polizeidireetors im Jahre 1854. 2. Hr. Scumipr legte einen Bericht des Hrn. Prof. A. Brückner hierselbst vor über seine von der Königlichen Akademie subventionirte Reise 1889/1890. Der Bericht folgt umstehend. Sitzungsberichte 1890. 114 4 " MP j ” es i - y N N eo ana ra j . I ji REN 2 TORTEN: NIRTINETIN gl tk Hal az oV a ii j j naar nella 1 3 x RAT „A, le j IE ET Wh Cyan Bir: vr BIEESIER ET nd 0 IR ur RAY END SR Men) ae) ach 4 j f s pH de: sn a Eng Iatanhisp mioe, lan ß a 1335 Bericht des Prof. A. BRÜCkNER über seine von der Königlichen Akademie subventionirte Reise 1889/1890. Di: Zwecke einer Neubearbeitung der älteren polnischen Litteratur- geschichte (bis zur zweiten Hälfe des XVIH. Jahrhunderts) war vor allem Einsicht zu gewinnen in bisher wenig oder gar nicht bekannte handschriftliche Quellen, welche das vorhandene Material erheblich bereichern sollten. Nach dieser Richtung hin wurde nun das Hand- schriftenmaterial der Kaiserlichen öffentlichen Bibliothek in Petersburg, sowie dasjenige einiger Öffentlichen und Privatsammlungen in War- schau, Krakau, Lemberg, Danzig und Königsberg untersucht; das hierbei gewonnene Material wird im Folgenden summarisch verzeichnet. I. Litteratur des Mittelalters (1350 — 1500). a) Das älteste Denkmal der polnischen Sprache, sechs Predigten (eine vollständig, von den übrigen Fragmente) auf Fest- und Heiligen- tage, Rest einer grösseren Sammlung; das Denkmal fällt schon durch seine Schreibung auf, in welcher das System der lateinischen Abbre- viaturen auf die lingua vulgaris angewendet wird. b) Tischzucht des Slota in ı14 Versen, das älteste polnische Originalgedicht weltlichen Inhaltes, bald nach 1400 abgefasst. ec) Viele Abschriften gereimter Dekaloge beider Fassungen und des Salve regina; mehrere Christ-Marien- und Heiligegeistlieder: eine Dorotheenlegende in zwölf dreitheiligen Strophen, Transseription eines böhmischen Textes, aus dem Anfange des XV. Jahrhunderts. d) Historia trium regum aus dem lateinischen des Johannes von Hildesheim in etwas gekürzter Fassung, sonst wörtlich übersetzt; ausführliche Passio und Höllenfahrt Christi nach den vier Evangelisten und Apokryphen; eine andere Passio Christi in 102 Capiteln; alle drei Texte in Abschriften des XVI. Jahrhunderts. Ausserdem eine Übersetzung der Evangelieneoncordanz, von der jedoch nur der An- fang erhalten ist; Übersetzung des canon missae in mehreren Ab- schriften; einzelne Gebete u. dergl. m. 114* 1336 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. December. e) Historia Alexandri magni regis Macedoniae de proeliis, wört- lich aus einer lateinischen Ineunabel (z. B. Argentine 1486) wahr- scheinlich vom Übersetzer der Dreikönigslegende übersetzt, in einer Abschrift vom Jahre 1510. f) Ein ausführlicheres lateinisch-polnisches Glossar aus der Mitte des XV. Jahrhunderts in mehreren Abtheilungen; zahlreiche Absehriften eines lateinischen Wörterbuches (der Rosarius oder Granarius) mit ein- zelnen polnischen Glossen; mehrere kleine lateinisch-polnische Wort- verzeichnisse. 2) Lateinische Predigten, meist polnischer Verfasser, z. B. des Lucas de Magna Üoszmin, Johannes de Slupeza, Wigandus von Przemysl, Nicolaus in Wilno (1501), Paulus de Zator u. a.. mit polnischen Glossen, etwa 50 Handschriften der Art; be- deutsamer als die Glossen selbst sind die in den Predigten enthaltenen Angaben über Sitten und Aberglauben in Polen, welche u. a. die auffallenden Angaben des Dhugosz über polnischen Götterglauben bestätigen und erweitern. h) Glossen zu zahlreichen lateinischen Texten, z. B. zu Ovidius, Claudianus, Aesopus, Maximianus u. a., zum sogenannten Seneca de quattuor virtutibus, Guidrinus (Oyrilli Quadripartitus) u. a., besonders reichlich zu den Apostelbriefen und zu den Kirchenhymnen (Hdschr. von I444). i) Lateinische Gedichte polnischer Autoren, so das Metrificale des Marcus de Opatowiee und Epitaphien des Martinus de Slupeza auf einen Erzbischof von Gnesen und auf einen Castellan von Meseritz. I. Sechszehntes Jahrhundert. a) Von dem bedeutendsten Diehter dieser Zeit, Jan Kocha- nowski, wurde aufgefunden eine frühe Redaction (vor 1562) zweier Bücher seiner Elegien, die im Drucke 1584 erschienen; diese Redac- tion enthält einige unbekannte Elegien, die z. B. von der freien Auffassung des Dichters über Coelibat der Geistlichkeit und weltliche Herrschaft des Papstes Zeugniss ablegen; der Text der übrigen Ele- gien weicht von dem gedruckten, in welchem z. B. Anspielungen auf Ort und Zeit ausgemerzt wurden, erheblich ab. Von demselben J. K. eine satirische Fabel auf Heinrich von Valois in Polen ‘ad Nicolaum Firley de electione coronatione et fuga Galli‘. b) Der poetische Nachlass des jung verstorbenen Mikolaj Sza- rzynhski, welchen schon der eigene Bruder nicht recht hatte sammeln können, liess sich fast um das Doppelte vermehren. Das jetzt hinzu- kommende Material zeigt neue Seiten seines poetischen Talentes. Brückner: Bericht über seine Reise 1889/1890. 1337 e) Gedichte eines Anonymus aus der zweiten Hälfte des Jahr- hunderts, von grösserem Werthe sowohl wegen ihrer glatten Form wie wegen ihres Inhaltes, meist Bilder zeitgenössischen adeligen Treibens. d) Gelegenheitsgedichte aller Art, z. B. Epitaphien auf den Woje- woden Hieron. Laski, auf Orzechowski u. a.; paraenetische, politische, satirische (zumal auf die Ereignisse der Jahre 1573 und folgende) Gedichte, lateinisch und polnisch; fromme Lieder u. dergl. m. e) Briefe, Memoiren, satirische Dialoge, Tractate zur Zeitge- schichte. Besonders genannt sei eine Abschrift der Gorrespondenz des Jan Laski, des berühmten polnischen Reformators, mit Erasmus, Melanehton u. a., aus denjenigen Jahren (1526 —ı536), für welche sein deutscher Biograph Dalton nur über geringes Material verfügen konnte; darin auch Erwähnung des Monumentum des Joan. Ostrorog (XV. Jahrhundert). Dann drei Briefe des Dichters Ulemens Janicki (1537, 1539): des Stanislaw Orzechowski (Orichovius) wichtige Autobiographie an den päpstlichen Legaten Commendoni von 1504, Briefe von ihm, seine Schrift gegen die zweite Ehe des Königs Sigis- mund August; gegen dieselbe auch ein Dialog des Andr. Trzycieski, beide vom Jahre 1548; Diarius des Reichstages von 1556; allerlei Reden, darunter die des Krakauer Bischofs an Königin Barbara (Ge- mahlin Sigismund I.), polnisch, u. a. Il. Periode von 1600— 1750. a) Die Zahl der Werke des bedeutendsten Dichters dieser Periode, Waclaw Potocki. wird erheblich vermehrt, das neugewonnene Material beträgt an 200000 Verse. Dasselbe lässt sich eintheilen in a) religiöse Gedichte, darunter eine ausführliche Paraphrase der vier Evangelien; Busslieder, ein Jugendwerk: Andachtslieder (1678); Klage- lieder auf den Tod von Sohn und Tochter (1677) u. s. w.; 8) Spruch- gedichte, Moralia, deren erster Theil in fünf Büchern auf 1000 Folio- seiten die Adagia des Erasmus zu Grunde legt; y) politische Gedichte, auf den Aufstand des &. Lubomirski. mit scharfen Ausfällen gegen die Königlichen; 0) Novellen in Versen, Geschichte der Tressa und der Gazela (vom J. 1675). der Stoff den spanischholländischen Kriegen entnommen; e) Idyllen, auf Lipski (von 1676): Libussa; £) vermischte Gedichte, Erzählungen, Schwänke u. dergl., eine Sammlung von etwa 900 Folioseiten, u. d. Titel ‘Ein Garten, aber ungejätet u. s. w.'; 7) Wappenverse, die ihres Inhaltes wegen in das gedruckte Werk, Poczet herbow 1696, nicht aufgenommen worden sind, betitelt ‘Odiemek od herbow szlacheckich'. 1338 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 11. December. b) Von den Werken des gebildetsten Polen seiner Zeit, St. H. Lubomirski, sind Jugendwerke ermittelt, ein Schäferdrama Ermida; eine burleske Gomödie, Lopes; eine andere, Gusman; ausserdem Verse und Aufsätze aus seinen letzten Lebensjahren. c) Gediehte des Andrzej Morsztyn, in drei Hdssr., welche den Inhalt der Warschauer Gesammtausgabe (1883) erheblich ver- vollständigen, meist erotica, vieles obscoen; ungedruckte Gedichte des Hieronim Morsztyn, in vielen Sammelhandschriften. d) Der Adone des Marini in der trefflichen Übersetzung eines Ungenannten (Grotkowski?) leider unvollständig (Gesang I—-VI in einer Krakauer Hds.. der Rest fragmentarisch in einer Petersburger). Das Werk tritt den Übersetzungen des Befreiten Jerusalem und des Rasenden Roland würdig zur Seite; vom zweiten noch ungedruckten Theile des Roland (Gesang XXIV ff.) sind in Warschau zwei Hdssr. vorhanden. e) Religiöse Gedichte des Marein Zamoyski ‘Passia’ (in drei Abschriften) 1715, des Kaz. Woyc. Kurdwanowski 1716 u.a. f) Historische Gedichte: des Eliasz Pielgrzymowski aus- führliche Relation über die Gesandtschaft nach Moskau vom J. 1601 (vorher nur ein unvollständiges Tagebuch in Prosa bekannt) und über die russische Gesandtschaft in Wilno 1602, lehrreich sowohl für die Verhandlungen selbst wie für die Culturgeschichte der Zeit; eines Ungenannten über die Befreiung Samogitiens von den Schweden 1657; einer Dame Autobiographie in Versen 1685 u.a. g) Romane und Novellen in Versen: die Dionea des Wojewoden Kaz. Oginski (zwei Copien); des Franc. Morawski Kawaler polski 1747: des Adam Korezynski Wizerunk u. s. w. 1698 (ausführliche, sehr gelungene Behandlung eines Stoffes, den u. a. eine Erzählung im Buch von den sieben weisen Meistern enthält); in Prosa: die Dionea (drei Copien);: Alkamen und Menalippe, übersetzt von Balbina Wollowiez; Cassandra des de la Calprenede (unvollständig); Cleomira: Chryses und Arimant; Galatea, Schäferroman; Abenteuer des Oleander; Der treue Coloander: Don Pedro (Novelle) u. a.; ein Originalroman aus der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts, Romans o Krolowey Bonie (Gemahlin Sigismund I.), mehrere Copien. h) Verse u. a. eines Zabezyc, Georg Dzieduszycki, U. Chr. Radziwil (er selbst übersetzt Sativen aus dem Französischen, die Medea des Corneille, die Comödie Ezop, seine Gemahlin Lebensmaximen) und vieler anderer; eine Menge von Satiren und politischen Gedichten, zumal auf die Ereignisse von 1607 ff., 1648, 1667 fl.; Gelegenheits- gedichte jeglicher Art, einzelne in mazurischen Dialekte; Macaronica des Orzelski (fünf Copien) u. s. w. Brückner: Bericht über seine Reise 1859/1890. 1339 i) Intermedien in Vers und Prosa. komische Einlagen in Schul- dramen, charakteristisch durch Verwendung der Localdialekte (li- tauisch, weissrussisch, kleinrussisch. mazurisch) zur Erhöhung der Wirkung. k) Von den zahlreichen prosaischen Tractaten, Dialogen u. s. w. seien nur hervorgehoben: Antijesuitica, namentlich der vierte und schärfste, ungedruckte Dialog des Broscius (Varietas, in zwei Gopien) und des J. Zaremba Unterredung zweier Gefährten von 1694; ausseı- dem der Liber plebeianorum, verfasst 1626 — 1636, Verzeichniss der Eindringlinge in den polnischen Adel, obwohl nicht immer verlässlich, doch eine der interessantesten Quellen für Culturgeschichte der Zeit (Originalbrouillon in Petersburg, Abschrift in Lemberg). In dieses Verzeichniss sind nicht aufgenommen worden diejenigen handsehriftlichen Werke, die sich schliesslich als irgendwo gedruckt erwiesen. z. B. der Orpheus des St. H. Lubomirski, 1753 als Werk eines Anonymus gedruckt; die Beschreibung des walachischen und multanischen Landes in polnischen Versen durch den rumänischen Dichter Miron Costin an König Johann II. 1684, gedruckt in den Schriften des Grafen Borkowski I, 1856, (drei Copien in Petersburg), des Waclaw Potocki Wirginja, Novelle in Versen (drei Copien) u. a. Es blieben auch ausgeschlossen handschriftliche Übersetzungen mehrerer umfangreicher Werke, z. B. der revelationes Brigittae (Hs. in der Bibli- othek der katholischen geistlichen Akademie in Petersburg), des Plutarch (übersetzt durch M. K. 1570), der Catechesen des Cyrill von Jerusalem (aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrh.), der Politik des J. Lipsius (übersetzt von Jan Komorowski zu Anfang des XVII. Jahrh.), des Jac. Bozius Geschichte der Kreuzzüge u. a. 1623, des Strada belgische Kriege 1652 u. dergl. m. Bei dieser Durchforschung von vielen Hunderten von Hand- schriften ergaben sich einige Beiträge für andere slavische Litteraturen. Für die russische waren es einige weissrussisch-kirchenslavische Texte, aus dem polnischen oder böhmischen zu Anfang des XVI. Jahrhunderts übersetzt, z. B. eine Visio Tundali, welehe die verlorene böhmische Vorlage vertritt, eine Dreikönigslegende, aus einem polnischen Texte, der jedoch mit dem oben genannten nieht identisch ist, wegen seiner ausführlichen Fassung; einige kleinere Texte (Sybille: über die drei Stände nach dem h. Augustin, u. a.). Für die böhmische Litteratur liess sich eine Reihe kleinerer Denkmäler sammeln, mehrfach nur neue Abschriften schon bekannter Texte (Bibel, Legenden in Vers und Prosa, Cato,. des Vaters Rath an den Sohn), dann einige glossirte Texte (Predigten, Rayneri Fagifacetus), fast alles erst aus dem XV. Jahrhundert. 1340 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 11. December. Endlich wurden für die Zwecke der Litteraturgeschichte viele Drucke excerpirt; dabei ist einer und der andere bisher verschollene Druck aufgefunden worden, z. B. der litauisch-polnische Catechismus von 1598 (sammt ausgewählten Psalmen, Liedern und einer Agende); ein Gedicht des Marein Kwiatkowski auf König Stephan 1577 u. a.; die Muza polska von 1674 enthält Gedichte des St. H. Lubomirski und die Poczta des W. Potocki u. dergl. m. Berlin, 28. November 1890. Prof. A. BRÜCKNER. Ausgegeben am 18. December. 1341 1890. LH. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 11. December. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıss-Reymonp. Hr. Auwers las über eine Bestimmung der Sonnenparal- laxe aus Meridianbeobachtungen des Planeten Iris in der Erscheinung von 1888. Ausgegeben am 18. December. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1890. 115 wi VAN e ua WR vhs ua $ ae, 5. bir, fir | v9 re Fü DEE er eh 1 Sahalııka 4 En — 1343 1890. LAN. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. 15. December. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Monnsen. l. Hr. Dıvımann las: Textkritisches zum Buche Ijob. 2. Hr. Kronecker las: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. Beide Mittheilungen folgen umstehend. 3. Hr. Auwers überreichte im Auftrage des Hrn. Prof. E. Horven, Directors der Sternwarte auf Mt. Hamilton, Cal., eine mit dem grossen Refraetor derselben aufgenommene Photographie der Sternhaufen im Schwertgriff des Perseus. 4. Die philosophisch-historische Classe bewilligte: 700 Mark Hrn. Prof. Dr. Schwartz in Rostock für die Collation von Handschriften der Kirchengeschichte des Eusebius. Sitzungsberichte 1890. 116 1345 ‚Textkritisches zum Buche Jjoh. Von A. DiLLmann. E = längst erhoffte Ausgabe der von Cardinal Srernanus Borcıa gesammelten und nach seinem Tod ı804 zum grössten Theil der Congregatio de propaganda fide, zu einem kleineren Theil der bour- bonischen Bibliothek in Neapel zugefallenen saidischen d. h. ober- ägyptischen koptischen Bibel-Handschriften ist neuerdings auf Befehl des Papstes Leo XIII vom Collegium der Propaganda in die Hand genommen und dem gelehrten Augustiner Pater Crasca übertragen worden. Unter dem Titel Sacrorum Bibliorum fragmenta Copto- Sahidica Musei Borgiani, jussu et sumptibus S. Congregationis de propaganda fide, studio P. Aucustısı Crasca edita erschien 1885 in prächtiger Ausstattung Bd. I, welcher ausser der Beschreibung der sämmtlichen unter jene Rubrik gehörenden Handschriftenfragmente der Borgianischen Bibliothek und 18 photolithographischen Schrifttafeln den Abdruck der Reste der geschichtlichen Bücher des A. T., mit ausführlichen kritischen Anmerkungen versehen, enthält; Bd. II, im Jahr ı889 ausgegeben, brachte dann, in gleicher Weise bearbeitet, die Reste der profetischen und poetischen Bücher, sammt einer sorg- fältigen gelehrten Einleitung über Werth und Beschaffenheit derselben, und 3 weiteren Schrifttafeln. Den Sprachforschern ebenso, wie den Bibelkritikern ist durch diese preiswürdige Ausgabe reiches neues Material dargeboten. Die Perle der ganzen Sammlung und Ausgabe aber ist ohne Zweifel das in Bd. II S. 1—68 mitgetheilte Buch Ijob', nicht blos weil dasselbe fast vollständig erhalten ist (es fehlt nur Cp. 39, 9” bis 40, 7), sondern auch weil wir damit von einem ganzen grösseren Buch einen bisher fehlenden vorhexaplarischen Text ge- wonnen haben. Was das sagen will, soll zunächst in Kürze erläutert werden. Dass der hebräische Text des A. T. von Fehlern und zufälligen Ver- ! Von Op. 1,1—-39, 9° aus dem im Zozsa’schen Catalog mit Nr. 24 bezeichneten Ms. des Museum Borgianum, von Cp. 40,8 bis zum Ende des Buchs aus der jetzt in Neapel befindlichen Nr. 25 geschöpft. 116* 1346 Gesammtsitzung vom 18. December. derbnissen, auch absichtlichen Änderungen nicht frei ist und seine jetzige Gestalt auf eine nicht vor dem Ende des ersten oder Anfang des zweiten christlichen Jahrhunderts gemachte Festsetzung zurückgeht, wird heutzutage fast allgemein zugestanden. Für die Beschaffenheit des hebr. Textes in der früheren Zeit haben wir einen äusseren Zeugen nur in der s. g. LXX Übersetzung, welehe in Ägypten zum Gebrauch der griechisch redenden Juden gemacht wurde, und in der Hauptsache in der zweiten Hälfte des dritten und im zweiten Jahr- hundert v. Ch. vollendet sein wird. Trotzdem, dass bei den einzelnen Büchern die Sprach- und Sachkenntniss, die Kunst und Methode der Übersetzer eine sehr verschiedene war und in manchen, namentlich schwierigeren Schrifttheilen das Original oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist, bietet doch diese LXX Übersetzung im ganzen zur Fest- stellung des hbr. Textes, wie er im 3. und 2. Jahrhundert v. Ch. eireulirte, ein vorzügliches Hilfsmittel, und würde für diesen Zweck noch tauglicher sein, wenn wir dieselbe noch in ihrem ursprünglichen Wortlaut hätten. Aber diese griechische Version wurde mit der Zeit durch willkührliche Änderungen der Leser und Schreiber entstellt. Sodann im 2. Jahrhundert n. Ch., nachdem bei den Juden der hebr. Text seine endgültige Gestalt erhalten hatte, wurden nach dieser hebraea veritas eine Reihe neuer oder revidirter griechischer Über- setzungen durch Aquila, Theodotion und Symmachus hergestellt, und nun drangen sporadisch schon vor Origenes Lesarten aus diesen neuen Übersetzungen, theils neben den alten, theils statt derselben in die Abschriften der LXX ein. Im ausgedehntem Maasse aber geschah das, nachdem Origenes in seinem grossen Sammelwerk, genannt Hexapla, die LXX und diese neuen Übersetzungen columnenweise neben ein- ander gestellt hatte, indem er zugleich die bei der Vergleichung derselben sich ergebenden Defeete des LXX Textes durch Einsätze aus den neuen Übersetzungen, meist aus Theodotion, ergänzte, die- selben jedoch als solche vorn durch den Asteriskos und hinten durch den Metobelos kenntlich machte, das in den LXX Überschüssige aber vorn mit dem Obelos und hinten mit dem Metobelos versah. Diese so nach dem damaligen hebr. Text revidirte LXX fand in der Kirche Eingang. Ihre Lesarten wurden in den schon in Umlauf befindlichen Handschriften nachgetragen oder in die neu verfertigten Abschriften aufgenommen, die kritischen Zeichen aber vielfach, mit der Zeit ganz weggelassen, und so kam schon im Laufe eines Jahrhunderts ein nach der Hexapla revidirter LXX Text in Gebrauch. Alle unsere LXX Handschriften, auch die ältesten, sind mehr oder weniger mit solchen hexaplarischen Lesarten durchsetzt; nur in wenigen derselben (theils griechischen, theils lateinischen oder syrischen Handschriften) Dirrmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1347 sind die kritischen Zeichen der Hexapla, theils vereinzelt, theils regel- mässiger, nirgends aber vollständig und nirgends ganz correet fort- überliefert. Aus diesen, sowie aus den Resten der altlateinischen Version und den Citaten der jüdischen und christlichen Schriftsteller, die vor Origenes schrieben, galt es, mühsam die Text-Gestalt der alten LXX herauszufinden. Aber nicht für alle Bücher oder Buchtheile des A.T. reichten diese Mittel gleichmässig aus, für einige versagten sie fast ganz, weil jene Handschriften mit den hexaplarischen Zeichen in der Regel nur einen Theil der Bücher des A.T., nie das ganze, umfassen. Für das B. I]job speciell, um nun bei diesem stehen zu bleiben, hatte man. bisher ı) 2 griechische Handschriften: den Cod. Colbertinus 1952 (in der Nationalbihliothek in Paris), von Monrraucon für seine Ausgabe der hexaplarischen Fragmente verglichen, und God. Vaticanus 346, von Hoınes-Parsoss unter ihrer Numer 248 benutzt; die erstere viel genauer, als die zweite, aber mit einigen Lücken; 2) die von Hieronymus nach der Hexapla verbesserte und mit den kritischen Zeichen derselben versehene altlateinische Übersetzung, erhalten in 2 Abschriften, die eine des Klosters von Marmoutier und gedruckt im ı. Bd. der Ausgabe der Werke des Hieronymus von Martianay (col. 1189 ff.), die andere als Cod. bibliothecae Bodleianae Nr. 2426, aus der schon GRABE, und neuerdings Hawkes für Hrn. BıekerL Ex- cerpte gab; auf beiden zusammen ruht die Ausgabe P. pr Lasarpe’s in seiner Schrift »Mittheilungen« Bd.1I. Gött. 1887, S. 189 — 237; 3) die im Jahr 617 f. von Paulus, dem monophysitischen Bischof von Tella bearbeitete syrisch-hexaplarische Übersetzung, die in einem Codex der ambrosianischen Bibliothek in Mailand erhalten ist, und 1835 von MippEeLporpF, 1874 und zwar photolithographisch von ÜERrIANI herausgegeben wurde. Mit Hilfe dieser Zeugen liess sich zwar ein ein ziemlich richtiges Bild der vorhexaplarischen LXX zu Ijob her- stellen, aber kein ganz genaues und sicheres. Denn nicht nur stimmen diese dreierlei Zeugen mit einander, und wo der eine in mehreren Handschriften erhalten ist. diese unter sich selbst nicht durchaus überein (was immer eine Art Misstrauen gegen diese Überlieferung einflösste), sondern es ist auch misslich, dass der LXX Text selbst in der Übersetzung sowohl des Hieronymus, als des Syrers alterirt ist, in jener durch von Hieronymus auf eigene Hand vorgenommene Änderungen', in dieser nach der Pesita und jüngeren Recensionen. Dazu kommt, dass auch mit der Möglichkeit gerechnet werden musste, dass in Origenes’ zu Grund gelegter Handschrift der LXX einzelne ! Wie er selbst gesteht, bei Martianay I ce. 1187 f.: nee non et illa, quae habere videbamur, et ita corrupta erant, ut sensum legentibus tollerent, orantibus vobis magno labore correxi. 1348 Gesammtsitzung vom 18. December. Worte gefehlt haben können, die in andern Handschriften noch standen, so wie dass durch die hexaplarischen Einsätze des Origenes da und dort Bruchtheile der ursprünglichen LXX verdrängt wurden. Als Beleg für den erstgenannten Fall darf man schwerlich anführen Cap. 30, 22 nal dmeipnlas we dmo Owrraas, was Hieron. und Syr. sub asterisco setzen, was aber der Kopte wirklich im Texte hat. Aber als Bei- spiele für den andern Fall bemerke ich Cap. 9, 14 am Ende, wo Sah. noch tnacene riecgpan (— wewn> rn) hat, während es in der Kon ausgefallen ist, nachdem am Ende von V.ı5, also an seinem eigentlichen Ort, es von ÖOrigenes mit rov xplndTos aurod denSmocudı eingefügt war: und Cp. 14,12‘, wo der Kopte zwar nicht den Zusatz xaı oux EEumuosnoovrei EE imvov aurov, wohl aber an dessen Stelle und zugleich für V’ ayw iinerei Erovii HEe7HpPHF Epe TNE Woon hat, was als die ursprüngliche Übersetzung von V"” anzusehen ist. Kaum hieher gehört Cap. 20, 3. 4‘, wo der Syr. alles (mit Ausnahme von drexpiverai wc), andere Zeugen wenigstens V. 3 mit dem Asterisk versehen, aber der Kopte im Texte Fewrm Frech» Mnaznio Arw ori oFnNR AMNTPMNHHT” NAOTWWyb mal. MH arcorii mat gibt. Unter diesen Umständen leuchtet von selbst ein, von welcher Be- deutung es ist, dass wir nun durch die Sahidica eine vorhexaplarische LXX zum B. Ijob, wenn auch nur in Übersetzung, gewonnen haben. Dass aber die von Crasca herausgegebene oberägyptische Über- setzung in der That vorhexaplarisch d. h. gemacht ist entweder vor Origenes’ Arbeit, oder doch bevor seine Verbesserungen der LXX sich von Caesarea aus in den Handschriften der xewn verbreiteten, hat m. E. Crasca (Bd. II S. XIX ff.) richtig daraus bewiesen, dass alle die Stellen, welche Origenes (in seinem Briefe an Africanus $. 3 f.) ausdrücklich als in LXX überschüssig anmerkt, wirklich in derselben stehen, ferner alle die Stellen, welche in den hexaplarischen Zeugen theils einstimmig, theils in dem einen oder andern, als Einsätze des Origenes bezeichnet werden, wirklich in derselben fehlen. Nur vier- mal fehlt in ihr etwas, was diese nicht unter dem Asteriskos haben. nämlich 1, 15°. 6, 15°. 15, 19°. 33, 15°—16°, aber ohne Zweifel nur durch Fehler des Schreibers von Cod. XXIV, in dem Falle 33, ı 5°— 16“ offenbar wegen des Homoeotoleuton pwme. In 2 anderen Fällen, nämlich 16, 20’—2ı* und 23, ı6”, lässt sich aus 2 anderen Frag- menten der Borgianischen Sammlung (Cod. XXXU = J. 16, 14 — 22: God. IC = ]j.12,17—13, 1. 23, 2— 24,25. 27,16--28, 1.20, 217 30, 29), wo sie stehen, wahrscheinlich machen, dass auch diese Defecte nur auf Rechnung des Schreibers von Cod. XXIV kommen. Einen Einwand gegen das vorhexaplarische Alter der Übersetzung könnte man daher entnehmen, dass Eorycav (dt) zul xarevenodv Me Dirrmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1349 Cp. 30, 20”, was im Syr. und in beiden Handschriften des Hieronymus unter dem Asteriskos steht, auch im Sahid. IC fehlt, gleichwohl im Cod. XXIV sich findet. Daraus wird, wie ich glaube', zu folgern sein, dass Vereinzeltes schon vor der hexapl. Verbesserung aus den neueren Versionen (hier aus Theod.) in die xcw7 oder deren Übersetzung ein- gedrungen war. In der gleichen Richtung ist mir noch aufgestossen Cp. 17,16” 4 omoSvuadev ri ywuaros zaraßyoouede:; von Syr. und ı Hier. mit dem Asteriskos bezeichnet, wo wenigstens Ywnaros (wofür übrigens der Kopte sag hat) auf Theodotion zurückgehen wird (vgl. 14, 19. 20, 11. 22, 24. 28, 6); ferner Cp. 9, 3. sofern hier co) un Uraxeovon aura (aus Theodotion) auch in Sah., und zwar neben w& un dvreimn, steht”. Über Cap. 20, 3.4° und 30, 22 s. oben S. 1348. Für denselben Satz, dass sehon vor Origenes allerlei Zusätze in die zcwy hineinkamen (sei es aus den Übersetzungen des 2. Jahrhunderts, oder noch früher). zeugen ja auch allerlei Dubletten, die selbst Origenes als Zusätze nicht markirte und die auch Sah. hat, z. B. ı,3 die Doppelübersetzung von 77271 Rn 729 oder 1,1. 8. 2,3 von "Ön, oder 30,1 vüv vouderoüct WE Ev nepEl, oder 42,6 xaı Erdxyv neben EdavAıca Euaurov (ON als ONAN und als oxox gelesen). Ich glaube darum nicht, dass man jene genannten Stellen als Einwand gegen die vorhexaplarische Abkunft der Sah. benützen darf, um so weniger, als an anderen Stellen jüngere Zu- sätze, z.B. 15,8 A ouußevmw cc &ypmoaro 6 Secc; was nicht einmal bei Origenes als Zusatz bezeichnet wurde, in der Sah. noch fehlen. Hr. Crasca (S. XXXVI) wollte nun freilich weiter beweisen, dass die Übersetzung schon aus der Zeit vor der schriftstellerischen Thätig- keit des Clemens Al. datire. Von ihm wird nämlich im Strom. 6, 6 p: 763 die Stelle ]j. 28, 21-— 22° so eitirt: Aeyı 6 dins TH dmwäsie Eidos usv aured oUx eidouev, dwuyv de aureun Nxouoauew. Da in der Sah. diese Worte fehlen, so meint er, dieselbe sei vor Ülemens verfertigt, zu einer Zeit. als diese Worte in der xcavy noch nicht zu lesen waren. Aber da diese Worte auch in der späteren zews sich nieht so finden (dort lautet vielmehr V. 22 nach Origenes’ Ver- besserung % % drureıa xal 6 Iavaros eimau Y "Annxoauev (de) aurfs To xAcon), so könnte man eher mit BıckerL” annehmen, dass die ursprüngliche, von Clemens noch gelesene LXX Übersetzung von V.2ı und 22 lautete AEANDE mayra, auSpwmov' Aeyeı de 6 @dns TH dmwäeie Eidos uev aurns oüx eidouev, drmxocduev dE aürAs 78 xAeos, dass aber nachdem durch Origenes hinter avIpwrrov die Worte xul drs wersway Tod oupavou &xpußn. N dmwAsd Kal ! Ciasca S. XXXII Anm. b spricht sich nicht näher darüber aus. ® während Cıasca S. XXXV beide Sätzchen für ursprünglich hält. ® in seiner sehr gründlichen und verdienstlichen Erstlingsschrift De indole ac ratione versionis Alexandrinae in interpretando libri Jobi, Marb. 1863. 8°, S. 31. 1350 Gesammtsitzung vom 18. December. 6 Iuvaros eimav eingeschoben waren, das ursprüngliche Asyeı de o &ons Tr drwreie Eidos mtv dürfe cüx eidouev fortfiel. Nun hat aber Sah. für V.2ı nur CHHTT EPWME MIM* und für V.22 nur aucwTM Enece005, d. h. AddySe TAUTE auSpwmrov‘ dxmxoauev (ohne de) zUr4s To xAeos. Also wird man eher schliessen müssen, dass zwar das Exemplar des Clemens mit dem (im hebr. Text so nicht stehenden) Zusatz Asycı © &öys 7 drwAcıe Eidos neu aöras 00x eidouev bereichert, dieser Zusatz aber in die griech. Vorlage der Sah. noch nieht eingedrungen war. Möglicher Weise aber ist das Citat des Olemens eben nur ein freies Citat. Auch aus andern Gründen wird man kaum annehmen dürfen, dass ein Buch, wie das B. ]job, das nieht zu den nothwendigsten und viel gelesenen Büchern der Gesammtbibel ge- hörte, unter den schon um’s Jahr 200 in's Oberägyptische übersetzten Büchern war. Wir werden uns darum damit begnügen müssen, dass die vorliegende Version vorhexaplarisch in dem oben definirten Sinn ist. Auch wenn erst in der Mitte oder gegen Ende des 3. Jahrhunderts ge- macht, ist sie wichtig genug. Sie kann unter anderem auch dazu dienen, zu zeigen, dass, wenn es sich um die Feststellung der ursprünglichen xcwy (wenigstens wie sie in Ägypten gelesen wurde) handelt, der Cod. Vatie. (B) keineswegs den unbedingten Vorzug vor dem Cod. Alex. (A) verdient, den man ihm oft zuschreibt. Denn obwohl viel häufiger mit B gehend (auch in so verderbten Lesarten wie 23,5 und 38, 30), stimmt doch Sah. nicht selten zu A gegen B, z.B. ı,6 a. E. in dem Zusatz re- per Iuv ryv YAv X. 7.A.. 1,8 c0x Eorı dvSpwmos OuolOs auro Tüv Emi. 2,3 dv- Ipwros mass aürd. 2, 4 duce für exrıosı. 2,9 + mepıspyowevn nach rerou. 3,22 + Savdrov nach xararuywnı . 4,12 x0x0v für xaxov . 6,7 box für öpn . 7,11 & dvasyan wv Tod mveuuaros Mov und To oroud Wou Ev mırpie Duyis . 7,18 Ews . 9,23 + dmoroüvraı nach Efaısiw . 10,20 6 wpovos Tod Biov mov. u.8. w.; so hat Sah. auch noch mit A den Vers 35,3 (n gps ri Famew Auapruv;) der in B fehlt; oder 20, 19 ddwarwv, oder 22,4 &reykaı oe, oder 34, 2 &vwrileode To xarcv. Hie und da trifft man auch noch Lesarten, die weder B noch A hat, z. B. 1,17 rayuarz, nicht xepards oder dpyds . 10,17 NTachwye plagam meam oder vulnus meum, nicht nv Eracıy vov. Doch sollen derlei Er- gebnisse aus dem sahidischen Text hier nicht weiter verfolgt werden. Wohl aber erfordert eine andere Frage, vor welche man sich ange- sichts dieser Publieation gestellt sieht, eine Erörterung. N. Nach Origenes Epist. ad Africanum (Opp. I p.ı5 Delarue) war zu seiner Zeit die xow4 des B. ljob, verglichen mit dem damaligen hebr. Text, sehr lückenhaft, und fehlten oft 3—4, an ınanchen Stellen 14—ı9 Stichen oder Verse. Hieronymus in der Vorrede zu Dirmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1351 seiner aus dem hebr. Text gemachten Übersetzung des Ijob gibt den Betrag der vor seiner hexaplarischen Verbesserung in der Latina fehlenden Verse auf 700—800 an’. Bıckerr” zählte 373 Stichen, die Origenes unter dem Asteriskos eingefügt habe; Crasca” fand nach der Sah. als die Zahl derselben 360 + 16; reehnet man aber dazu auch noch die nicht ganz kleine Zahl der vom Griechen um ı oder 2 Stichen verkürzten Verse, welche Origenes nicht ergänzt hat, so wird man auf etwa 400 kommen. Die Zahlangabe des Hieronymus scheint übertrieben, man müsste denn annehmen, dass in der alten Latina die Sache noch schlimmer stand, als in der xowy. Gegenüber von dem amtlichen Text der Hebräer lasen also die Griechen jeden- falls einen stark verkürzten Text des Buches. Den Grund dieser Verkürzung hat man bisher insgemein in der Freiheit gesucht, welche sich der Übersetzer genommen hat. Diese Annahme war auch in Anbetracht der sonstigen Beschaffenheit seiner Übersetzung die nächst- liegende. In der That gehört dieses Buch zu den am schlechtesten übersetzten des AT. Möglicherweise litt schon seine hebr. Vorlage an allerlei Mängeln, und war nicht deutlich und correet genug ge- schrieben, denn der Buchstabenverwechslungen ist eine grosse Menge'; für einen unpunktirten Text von solcher Schwierigkeit, wie sie viele der Reden in diesem Buche bieten, reichte seine Sprachkenntniss nicht aus, und eine feste mündliche Überlieferung über die Lesung und Auslegung scheint sich zu seiner Zeit noch nicht gebildet zu haben. Für das for- male Wesen der hebr. Poesie hat er offenbar kein rechtes Verständniss gehabt, sonst wäre es ihm nicht möglich gewesen, den Rhythmus der Versglieder so gründlich zu zerstören, wie er oft genug thut. Man hat zwar davon gesprochen, dass er die Diehtung dichterisch übersetzen wollte und deshalb sich freier bewegte, aber mit Ausnahme einiger auch bei griechischen Dichtern vorkommender Ausdrücke, die er gebrauchte’, ist von dichterischem Anhauch seiner Arbeit wenig ! Caeterum apud Latinos ante eam translationem, quam sub asteriscis et obelis nuper edidimus, septingenti ferme aut octingenti versus desunt, ut deeurtatus et lace- ratus eorrosusque libellus foeditatem sui publice legentibus praebeat. Na 00530 3 S. XXXII. * S. Bıcrerr S. Sff. Wenn jedoch B. meint, seine Vorlage sei noch in der alt- hebräischen Schrift geschrieben gewesen, so scheint mir das nicht bewiesen zu sein, denn es ist ja denkbar, dass schon der, der aus einem Exemplar mit alter Schrift in die neue umschrieb, die aus der alten Schrift erklärbare Buchstabenverwechslung sich zu Schulden kommen liess. Im übrigen ist auch 2 und > (22,23 . 28,23 . 42,8), 1 und > (7,3 wor), m und m (35,14), 2 und > (30,23), > und » (26,13 vb für mv), ı und (z.B. 33,4 »ımn, u. ö.) verwechselt. ° €. Esrı im Rheinischen Museum für Philologie Bd. XII (1857) S. 444 —S, der aber auch einiges hierherzog, was vielmehr dem Theodotion angehört. 1352 Gesammtsitzung vom 18. December. zu verspüren. Viel eher kann man seine Übersetzung paraphrastisch nennen: überaus häufig drückt er mehr den Sinn als den Wortlaut aus, und in den ungezählt vielen Fällen, wo er über den Wortlaut nicht im Klaren war, begnügt er sich, das wiederzugeben, was er als den Sinn vermuthete, ohne sich um einzelne Wörter (selbst Negationen), die im Wege standen, und die grammatischen Formen viel zu kümmern. Ausserdem tritt bei ihm allentbalben das Bestreben zu Tage, dem Geschmack und den Bedürfnissen des jüngeren, griechisch- jüdischen Leserkreises, für den er arbeitete, Rechnung zu tragen, also alles dem verfeinerten religiösen Gefühl Anstössige wegzuräumen, anthropomorphische Aussagen über Gott möglichst durch schieklichere Ausdrücke zu ersetzen, die mancherlei kühnen Reden über und gegen Gott und seine Weltregierung zu mildern oder zu beseitigen, oder auch den Dulder Ijob von zu schwerer Verschuldung im Reden zu entlasten'. In dieser Richtung erscheint er oft mehr als Bearbeiter, denn als Übersetzer. R Ob nun aber aus dieser Stellung des UÜbersetzers zu seiner Vor- lage alle die Lücken, welche seine Arbeit gegenüber von dem reei- pirten hebr. Texte enthält, sich erklären lassen, kann man immerhin fragen. E. Haren (der Wissenschaft zu früh entrissen), in seinen Essays in Biblical Greek Oxf. 1889 p. 215 ff., hat die Frage ausdrücklich gestellt und als seine Meinung ausgesprochen, dass vielleicht einzelne der Aus- lassungen durch die sprachlichen Schwierigkeiten oder durch dogma- tische Rücksiehten veranlasst sein mögen, für alle aber und besonders einige grössere derselben diese Erklärung nieht ausreiche, weil darunter auch solche seien, deren hebräischer Text weder besonders schwierig, noch dogmatisch bedenklich sei. Wenn man also nicht auf die reine Willkühr des Übersetzers sich zurückziehen wolle, werde nichts übrig bleiben, als, die Annahme. dass der ursprüngliche LXX Text in der Hauptsache den ursprünglichen hebr. Text wiedergebe, und dass vielmehr erst in der Zeit nach Herstellung dieser griech. Übersetzung der hebr. Text mit solchen in der LXX fehlenden Stücken erweitert worden sei. Die Durchführbarkeit dieser Hypothese sucht er dann beispielshalber an den Abschnitten Cp. ı7., 3—5. 21, 28 — 33. 24, 14°— 18. 26,5—11. 28,13 —22. 31,1—4 und besonders 33: (313 ot Vorstellungen von der Behandlung ihrer alten Bücher bei den Juden ! Wie das alles schon von Biekerr S. ı2 fl.. 4ıfl. im ganzen zutreftend naclh- gewiesen ist. DirLmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1353 der letzten vorchristlichen Jahrhunderte sehr wesentlich zu modifi- eiren. Durch einen Mann wie E. Haren angeregt, kann die Sache nicht mehr unbeachtet gelassen werden. Indem ich sie einer Nach- prüfung unterziehe, bemerke ich, dass derselbe seine Beweisführung nur auf den kritischen Textbefund aufbaut, der sich ihm aus dem Verhör der bis 1889 bekannten hexaplarischen Zeugen ergab, die Sahidica ihm aber noch nicht in Crasca’s Ausgabe vorlag, sondern er über sie nur die vorläufigen Angaben des Bischofs Asarıos Bscrar' benutzen konnte, welche, wie sich jetzt zeigt, weder vollständig noch durchaus zutreffend waren. Ich werde im Folgenden auelı den Weg der Einzelprüfung einschlagen, und erst zuletzt noch einige allgemeinere Gesichtspunkte, die in Betracht kommen, hervorheben. Ich werde mich aber nicht auf die von Haren behandelten Abschnitte beschränken, sondern auch die übrigen in LXX fehlenden Theile und Theilchen mithereinziehen, weil nur aus der Gesammtübersicht ein abschliessendes Urtheil sich ergeben kann. Geht man die Aus- lassungen in der LXX im einzelnen durch, so ergibt sich zunäclıst, a) dass deren im Prolog und im ersten Redekreis des Buchs, Cp. ı—ı4 sehr wenige sind, und kaum mehr, als sie wohl auch in andern Schriften vorkommen.” 2, 1° TopaoTAva Evavriov ToU Kupiou könnte im Hebr. eine Glosse sein; wahrscheinlicher aber ist es vom Griechen ausgelassen als unnöthig nach ı', oder als anstössig (damit Satan nicht den andern Engeln ganz gleichgestellt werde, Bıck. 43). 7,8 o0 mepßrelberai ne 6bIaAuos epuvros me oi obIaruaı Tov Ev &moi xaı oöx erı ein. Obwohl der V. im Zusammenhang nicht nothwendig. strophisch sogar überschüssig ist, stimmt doch seine hebr. Dietion mit der des Dichters gut überein: er kann ebensogut vom Über- setzer als unnöthig weggelassen, oder bei den Griechen durch Zufall weggefallen sein, da schon V. 7” epSaruos vorangeht. Oo Too wma xpirav aurns Guyzarumteı‘ ei de UN auros Eorı, TIs eorıw; durch diese Auslassung ist V'. isolirt und kein Vers mehr. Wie der Übersetzer schon V. 22 das nicht verstandene 87 78 weggelassen, und die Aussagen 22”. 23. 24°, die ihm die schuldige Ehrfureht vor Gott zu verletzen schienen, umgebildet hat, so hat er aus dem gleichen Grund 24”° ganz aufgegeben. 10,4° 7 xaSus op& auDpwros Breıly; fehlt bloss anscheinend, in Wahr- heit hat er auch V*. 7 22 sm umschreibend wiedergeben zu ! In dem Moniteur de Rome vom 26. Oct. 1883; s. darüber bei pe LaGArDE Mittheilungen. Gött. 1884 S. 200 ff. ? Die Citate sind nach der Tıscnenvorr'schen Ausgabe gemacht. 1354 Gesammtsitzung vom 18. December. müssen geglaubt, und deshalb V.’” zu einem eingliedrigen V. n women ports öpe xaSop&s; zusammengezogen. 11,5” hat Origenes za dvazeı yeırm aureu mers oc nachgetragen; der Übers. aber hat vielmehr absichtlich gekürzt, wie aus mis oe hinter Aarycaı hervorgeht. Cap. ı2 erregt der hebr. Text durch Mangel an strengem Zusammen- hang und rythmischem Gleichmaass, durch allerlei Unklarheiten und den Gottesnamen mm V.og mannigfache Bedenken. Aber wenn man beachtet, dass der Üb. V.3. 4. 5 lauter eingliedrige (unmögliche) Verse darbietet, und V. 5. 6 einen vom hebr. Text völlig verschiedenen, in sich selbst unklaren und jedenfalls zu- sammenhangswidrigen Sinn herstellt, so wird man nicht behaupten können, dass er ı8”. 21° (in dessen 2.Gl. er 757 mit 827 ver- wechselte), die Orig. ergänzt hat, in seiner Vorlage nicht gelesen habe. Eher könnte das der Fall sein bei 8”. 9. 23 (von Orig. er- gänzt), die auch im Hebr. ihre Schwierigkeiten haben; aber bei dem Bestreben des Üb., zu kürzen, ist auch das nicht sicher. 13, 19°. 20” örı vov xubeiow zul exrenlw und Tore dmo To) mpoowmoU scv od xußyooun sind vom Üb. weggelassen, jenes, weil er den hypothetischen Sinn des my (vergl. 3, 13) nieht erkannte, dieses, weil er an der Aussage Anstoss nahm (vergl. Ps. 139, 7 ff.). 14, 12° war nicht eigentlich weggelassen, wohl aber die directe Läugnung der Auferstehung gemildert, denn Sah. gibt für Gl. be »und sie werden nieht zusammenkommen, während der Himmel ist«. Als von Orig. eingesetzt gilt zul oux eZurviotncovra EE Umvov aurar. 14,18. 19 sind von ihm unterdrückt, weil die Vergleichungen auf den Satz »und die Hoffnung des Menschen hast du vernichtet« hinauslaufen. b) Sehon viel mehr sind die Auslassungen im 2. und 3. Gespräch sammt Ijobs Schlussrede, wo auch der hebr. Text vielfach schwieriger ist. 15, 10 ist der Sprache nach echt und für die Strophe unentbehrlich; dem Üb. mag die Aussage über das Alter eines der Theilnehmer bedenklich gewesen sein. 15, 26° &v maysı vwrov domidos aured und 27 (im Syr. nicht als Zusatz bezeiehnet; wohl aber im Colb. und ı Hier.) fehlen in Sah. Zwar hat die Strophe 15, 25— 30 vier Stichen zu viel, aber der Anstoss liegt mn V.29f. (die im Hebr. ein Zusatz zu sein scheinen), die der Grieche hat, und nicht in 26". 27, die er nieht hat. Er mag sie als ihm unverständlich übergangen, oder aber sie so unvoll- kommen übersetzt haben, dass weiterhin die griech. Leser sie lieber wegliessen, Dirınann: Textkritisches zum Buche Ijob. 11398) 16,3” 9 ri mapevoyAycsı vor orı droxpiwn; Wahrscheinlich hat er 727%) nicht verstanden, wie wir heute noch es nieht sicher verstehen ; sein eingliedriger V. ist unzulässig. 16, 7” fehlt in Wirklichkeit nicht, sondern scheint durch Uwpov GE0Y- rora ausgedrückt sein zu sollen. 16,8 (schwierig genug) ist als unverständlich fortgelassen. 16, 21° ebenso; V.2ı wird dadurch eingliedrig. In dem berühmten, aber sehr schwierigen Abschnitt Cap. 16, 18— 17, 9, wo ]j., nach der Schilderung seiner trostlosen Lage, an welcher ihm aber das so schrecklich ist, dass er trotz seiner Unschuld darein versetzt ist, plötzlich umspringt, um Gott als den Zeugen seiner Unschuld anzurufen und-ihn anzuflehen, dass er sich zu ihm bekennen wolle, weil unter den Menschen keiner mehr sei, der für ihn einstehe, hat der Grieche schon V.ı sehr fehlerhaft übersetzt (2) man 77 zusammengenommen, und 3773 zu a2p be- zogen als entschwunden gefasst), für V. 2—4 (deren erster wohl auch im jetzigen hebr. Text verderbt ist) ein Paar Worte frei ein- a gesetzt, auch 5° gegeben, als lautete er: ar 32% 7, und erst von 5” an die Übersetzung wieder aufgenommen. Bei ihm lauten V.1— 5: "Orexouaı mveluarı bepowevos, deouaı de TAdNS Kal o) TUYyYavw. Alooonaı xauvuv xl rı mooas; Enderlav de mov ra Umapwovra dAAorpar' &pSaruoı de Ep vieis eraxyoav. Dass die 2 letzten Kommata in diesem Zusammenhang sinnlos sind, ist leicht zu sehen. Gleich- wohl meint Harcn, dass der griech. Text ursprünglich und der hebräische secundär sei. Freilich will er die letzten Kommata exräelav — Eraxycav beseitigen, während sie doch in allen Aucto- ritäten, auch Sah., als LXX Text bezeugt sind, und rı remoas; (Hieron.: et quid feci?) als r/ romoas; what hast thou done? lesen, so dass sich V. 6 &S$ov de me SpvAAmus als Antwort anschlösse. Aber das ist dann nicht mehr LXX Text, sondern ein willkürlich zu- rechtgemachter, und die Aussagen desselben würden sich zwar so ohne Anstoss aneimanderreihen, aber für die von 16,19 an be- ginnende Gedankendarlegung völlig bedeutungslos sein, da sie sich in farblosester Allgemeinheit halten. Von einem Vorzug des griech. Textes kann also hier keine Rede sein; die Übersetzung ist. viel- mehr ganz unbrauchbar, wie auch V. 7” werorspryun (aus 2%) neyarws Ümo Tavrwv wieder zeigt. 17,12, an dem nichts Verdächtiges ist, ist weggelassen, weil seine Bedeutung im Zusammenhang und V.” nach seinem Wortlaut nicht verstanden wurde. 17,16° s. oben S. 1349. 18,9” xarıoylası Em’ aurov dnbovras und ıo kann sehr wohl, weil o'ax 1356 Gesammtsitzung vom 18. December. nicht verstanden wurde (vergl. 5. 5) und derselbe Gedanke schon V.8. 9° genugsam varirt schien, weggelassen sein (bemerke den Plur. erSaoav raoyıdas), obgleich zuzugeben ist, dass V. ıo für das Strophenmaass überschüssig ist. 18,15. 16.17” sind von Orig. ergänzt. Thatsächlich hat der Übers. die von Bırpan absichtlich langgedehnte Schilderung der Strafe der Gottlosen nach seiner Manier abgekürzt, also nur ı5” (jetzt im griech. Text in 19° verschlagen) ı7°. ı8* übersetzt und ı6 weg- gelassen, dadurch aber sowohl den Versbau als die strophische Gliederung zerstört. 19. 3 ist statt 292 2> tr ein nach V. 6° gebildetes Sätzchen in den griech. Handschriften gelesen und von Origenes nicht geändert. 19, 24" &v ypabeım und xal werıw ist nur fallen gelassen, weil es zu &v SıßXıw V.23 nicht zu passen schien, aber 795 eis rov alava steht noch V.23 a.E. 19, 28” taugte zu dem vom Griechen dem V*. unterlegten Sinn nicht. 220,,3..45 8. oben 8.7348: 20,9 kann als nach V.8 überflüssig und wegen naTw übergangen sein. 20,11— 13. ı4” und damit die niedliche Schilderung, wie man einen Leckerbissen isst, ist übergangen, aber indem der Grieche den letzten Sinn derselben mit der Phrase za co wn dumnr. Bonsreaı &svrw, d.h. »es hilft ihm alles nichts« (vgl. 4. 20), die jetzt als griech. 14° steht, ausdrückt, zeigt er, dass er den Passus vor sich gehabt hat. Die Schilderung mag ihm unschicklich gedäucht haben. ist von Orig. ergänzt; dass aber cix eorıv aured owrupia a 20, 20°. 21 reis Ümapyoucw (20"), dia Teure oüx dvSyası aüred ra ayada (21?) des Übers. nicht ursprünglicher Text ist, sondern auf ungehöriger Kürzung beruht, zeigt dı2 roüre. 20, 23° ei rws el mAnpWodı yaorepa aurov. Man hat schon gezweifelt (Merx), ob "a2 »>n> 7 nicht eine Glosse im hebr. Text sei, aber »orn5a V°. entscheidet für die Echtheit, und der Grieche hat nur, wie so oft, gekürzt und umschrieben. 20, 25° ist em aürd doßcoı = DroR 759 fortgefallen, weil Übers. man p12 falsch verstand. 21,15. Diese gotteslästerliche Rede wollte er seinen Lesern lieber vorenthalten. 21,19” dvramodweeı Moos aurev xaı yvwoerau. Da er V.ıgf. als Einwurf nicht verstand und V.* ins Gegentheil verkehrte, war für ihn V.’ zwischen ı9° und 2o nicht mehr von Belang. 21,21. Die Weglassung war die nothwendige Folge davon, dass er V.ıof. als Einwurf nicht erkannt hatte. 21,28—33. Nachdem die Rede Ijob's vom Glück der Frevler V.7ft. DirLnann: Textkritisches zum Buche Ijob. 133% beim Griechen schon dureh die V. ı7 ff., deren Sinn er umgeändert hat, widerlegt, auch die Aussage von V. 22 (wie 22,2) umgedeutet, V. 23 als zu anstössig weggelassen (obwohl sein © de in V.25 ein ooros in V. 23 voraussetzt), der Sinn von V. 24 hinwiederum in sein Gegentheil umgewandelt. dadurch auch dem V. 27, den er gleichwohl (sogar mit were eingeleitet) beibehält, seine Berechtigung im Zusammenhang entzogen ist, kann er die neue Schilderung der Verkehrtheit der Welt V. 28— 33 nicht mehr brauchen, lässt sie also fallen, und hält nur den Schlussvers 34, obwohl er jetzt keinen Sinn mehr hat, fest. Die Art seiner Behandlung der Vor- lage ist hier recht durchsichtig. Zwar meint nun Haren, V. 34 schliesse sich gut an V. 27 an, und V. 28—33 sei eine erst später im hebr. Text eingefügte Erweiterung von V. 27 oder von 34°. Aber wenn Ijob in seiner Rede bis V. 26 nach dem Griechen nur das Gleiche ausgeführt hat, was die Freunde immer behauptet hatten, nämlich Gottes gerechte Bestrafung der Frevler, welchen Sinn soll denn dann das rerun Erixacde mo V. 27 oder das mapa- xareire ue zeva haben? Gerade diese Sätze zeigen, dass vielmehr der Grieche den ursprünglichen Text tendenziös umgearbeitet, und nur die VV. 27 und 34 als unschädliche Reste beibehalten hat. 22,3 soll nach Örigenes 7 wperew ri dmAwens mv ödov vou; fehlen; in Wahrheit ist, wie reis epyas dusurtos zeigt, Gl. a und b vom Griechen nur zusammengezogen. 22,13— 16. Die gotteslästerliche Rede, welche Elifaz dem Ijob in den Mund legt, fand der griech. Bearbeiter nicht gut seinen Lesern darzubieten. Indem er also V. ı3f. strich, wurde V. ı5f. mit fort- gerissen, V.ı7f. aber, als an den falsch verstandenen V.ı2” sich anschliessend beibehalten. Dass jedoch V.ı3 —1ı6 nicht ursprüng- lich gefehlt hat. sieht man aus ı8", was auch der Grieche hat. 22,20. Diese Worte der Schadenfreude hat der Übersetzer seinen Lesern lieber vorenthalten; es genügte ihm ausurros de EuuxrYgIoeV. Übrigens ist der V. strophisch unentbehrlich. 22,24 wird als blosse Specialisirung des V. 23 Gesagten fortgelassen sein, zugleich weil der Übersetzer die Construction und die Worte ("z2 hat auch Theod. verkannt) nieht verstand. 22,29. 30. Hier ist der gleiche Fall (auch bezüglich Theodotion’s), und zum Abschluss schienen diese Worte nicht durchaus nothwendig. 23,9. Da er V.8 verkehrt verstand, konnte er mit V.g nichts machen. 23,14 hebr. ist weggelassen, wahrscheinlich wegen ey ma) mm21; griech. 14 ist hebr. ı5, und griech. ı5 eine andere (des Theod.) Übersetzung des hebr. 15. 1358 Gesammitsitzung vom 18. December. 24,1 ist nach der Art des Üb. in einen Stichos zusammengezogen ; von Orig. nicht ergänzt. 24,4 ebenso verkürzt, aber durch Orig. mit suoFunadev de Expußncev mpaeis Yns ergänzt. 24,5 opewv Uypawovraı aus Theod. stammen, ist mit (Ausnahme von 6” 2 r G > m ” > ’ q > \ AN 8, wo 5° Adunn aUTW dpTos eis vewrepous und 8° dro Vexraduv und 8”) so umgebogen, dass die Gottlosen zum Subj. der Aussagen wurden, darum wohl auch 5° und 8° ausgelassen, zugleieh 5°” ver- kehrt gedeutet. 24,14°— 18° (xal vuxrros — üdaros) und 25” xdı Iyaeı eis oUdev Ta Dymard, #ov. Nämlich von V.9 an wiederholt sieh die zu V.5—8 gezeichnete Manipulation: weil V. 9 die Tyrannen Subjeet sind, drängte der Üb. auch V.ıo und ıı dem Text dieses Subject auf, und setzte ı1°, wo das nieht mehr gieng, einen Satz aus V.ı3 ein, milderte 12° (gr. 13°) das bon oo) 85 mon durch dia ri (vgl. die Änderungen [i in 21,17. 22. 24,1), bildete 13°" um, und fuhr mit einem aus 34,25 genommenen! Gemeinplatz fort (der jetzt als griech. ı4* steht), liess 14 —ı7 aus, und gab von 18— 20 eine höchst willkührliche, auf blossem Errathen beruhende Übersetzung (in der nur einzelne Wörter des hebr. Textes wieder erkennbar sind wie 18”; stm und "or V.ı19; 20°; dabei ist zwischen 19 und 20 unrichtig abgetheilt, und ı8° in 20” versetzt), fasste V. 22 als Aussage über die Hand- lung des sn und bildete ihn demgemäss um, ebenso V. 23. 24”, und liess endlich 25” als unverständlich weg. Nun ist ja freilich der Zusammenhang dieses Cap. schwierig, öfters brüchig, und sowohl V.ı3-——ı7 als V.ı8—24 neuerdings von Merx und GrirL mit beachtungswerthen Gründen angefochten, und ist also fraglich, ob der hbr. Text richtig überliefert ist. Aber dass der Grieche einen besseren und älteren Text wenigstens für V.ı3— 20 gebe, wie Harcn meint, muss bestritten werden. Denn wenn nach diesem griech. Text Ijob V. ı3* fragt, warum Gott solche verkehrten Zustände unheimgesucht lasse, und nun nach griech. 13". 14°. ı8’— 20 Ijob die Antwort gäbe, dass weil die Sünder Gott nicht anerkannten und auf seinen Wegen wandelten, er, sobald er ihre Werke erkannte, sie der Finsterniss überlieferte, und Ijob selbst nun weiter sie verwünschte: »möge ihr Antheil vom Fluch getroffen, ihre Pflanzungen dürre und sie selbst wie ein Baum zerbrochen werden!« wie würde denn dies in dem Zusammenhang dieser Rede, wo ]j. das Räthsel des Nichteinschreitens Gottes gegen die Frevler seinen Gegnern vorhalten will (V. ı) passen? er würde ja ! Franke Vorstudien zu der Septuaginta 1841 S. 85f.; Bickerr S. 21. Dirrmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1359 damit sich ganz auf den Standpunkt der Gegner oder des Elihu stellen, und alles zugeben, was sie gegen ihn anführten. Und ab- gesehen davon was wäre das für ein wunderliches Durcheinander von Flüchen (18’—.19') und Grundangaben für den Fluch (19”) und Erzählung des Schicksals der Gottlosen (20*°) und wieder von Flüchen (20”°)? und was für eine wunderliche Strafe wäre 18°— 19° (dvabavem de Ta dura alrav mi as Enpe)? Auch lässt sich nach- weisen, das die einzelnen Sätze auf falscher Übersetzung des hebr. Textes beruhen (z.B. V.ı3 ist &mı yAs övrwv aurwv frei etwa nach der Lesung ix 702 777; 14" ist aus 34,25 entlehnt; in 18°—20 ist noch En», mw, Dr, or deutlich erkennbar, und 20° m» sinnlos mit dvidrw gegeben u. s. w.). Diese Um- und Missdeutung der VV.13— 20 entspricht aber ganz der Art, wie er auch sonst in diesem Cap. und anderswo verfährt. Auf einen annehmbaren hbr. Text als Vorlage wird man dadurch nirgends geführt. Möglicherweise ist schon der hbr. Text da und dort corrigirt, um Anstössiges wegzuschaffen; in diesem Streben gieng aber der griech. Üb. noch viel weiter. 26,5 —ııund 14°” (Wov— aüro) fehlten. Auch hier ‚muthmaasst Harcn, dass diese Verse im Hebr. erst nachträglich eingefügt seien. Man sieht in V.5—ı3 gewöhnlich, und mit Recht, eine die kurzen Andeutungen des Bildad (25,2 f.) von Gottes Herrschergrösse und Allmacht überbietende Ausführung desselben Thema’s. Die Pointe der Ausführung liegt da eben in der Fülle der dem ]j. fortwährend zuströmenden Eindrücke von Gottes Grösse. Nimmt man nun von dieser 9 Verse umfassenden Ausführung ganze 7 Verse weg, so wird derselben die Spitze abgebrochen. Die 2 übrig bleibenden Verse können das, was beabsichtigt war, nicht leisten und vollends 14° erscheint völlig nichtssagend. Irgend ein hörbarer Grund, warum Tjob die VV. ı2 und ı3. 14° seiner ironischen Abfertigung des Bildad in V. 2—4 hinzugefügt hätte, lässt sich nicht finden. Dazu kommt, dass wie V.2—4 vom Griechen schlecht über- setzt sind, so auch ı3? (für 28 am imma liest er pad ma my; was sollen aber xAeiIpw oupavoü sein!), und 14° missverstanden ist. Also dass greh. 26, 1—4. 12 f. 14° ursprünglicher seien, als hbr. Cp. 26, kann man in keiner Weise zugeben. Was freilich der Grund der Auslassung des ganzen Passus sei? kann man mit Sicherheit nicht sagen. Schlechte Beschaffenheit des hebr. Ms. oder Mangel an Verständniss oder das Streben nach Kürzung der sich so oft wiederholenden Ausführungen desselben Themas können hier mitgewirkt haben. 27,19” ömSaruoüs auroo dmvase xaı oux corı ist als überflüssig weg- gelassen, wie auch V.ı8 gekürzt ist. Sitzungsberichte 1890. 117 1360 Gesammtsitzung vom 18. December. 7.21— 23 scheinen fortgelassen, weil was diese VV. sagen wollen, schon vorher hingänglich gesagt war: V.2ı ist fast synonym mit 20, und V.22 f. enthalten sprachliche Schwierigkeiten. 28, 3’°—4° (zul may mepas — xoviac) und 4°—9" (Evareisycav Keipe avrod). Dieser Defeet erklärt sich vollkommen aus der grossen Schwierigkeit des Textes. Dass wirklich erst der Grieche hier gekürzt hat, ergibt sich aus dem isolirt stehenden 4” (ei de Emı- AuvSavousvor &x ßporwv), das weder an 3° noch an 9” Anschluss hat. 28,14— 19. Hier hat die Lücke besseren Grund, wie sowohl Bickrız! als Harcm annehmen. Denn da V. ız nach dem Fundort der Weisheit fragt, V. 15— 19 aber von dem alle Schätze der Welt über- steigenden Werth derselben handeln, und erst V. 20, durch Wieder- aufnahme der Frage des V. 12, wieder in das erwartete Geleise ein- lenkt, so wird allerdings zu urtheilen sein, dass V.15— 19 im hbr. Text interpolirt sind, zumal der V.ı3 statt des auf die Interpola- tion vorbereitenden 7279 der Grieche noch ödav aurns (7277) hat. Aber doch liegt die Sache nicht so, wie Harcn meinte, dass V. 14—19 im Hebr. erst nach Verfertigung der LXX eingefügt wären. Denn der Grieche hat doch V. 20, wodurch nach der Digression V.ı2 wieder aufgenommen werden soll. Daraus folgt doch entschieden, dass der Grieche den Einsatz V.ı5—ı9 schon in seiner Vorlage vorfand. Es hat ihn aber weggelassen, sei es weil er zu der Frage V. ı2 (damals stand noch 7277 im Text) nieht zu passen schien, sei es weil er vor der ziemlich prosaischen Aufzählung von kostbaren Sachen, deren Namen ihm wohl auch zum Theil dunkel waren, zurückscheute, sei es weil er in seiner Vorlage noch irgend ein Zeichen der Nichtursprünglichkeit fand (z. B. dass der Einsatz nur auf dem Rande stand). Er irrte aber in der Ab- grenzung des Zusatzes, denn während er den sicher echten V. ı4 fallen liess, nahm er dagegen V. 20 auf, und liess dann folge- richtig auch die Copula 7 vor V. 2ı weg. 28, 21°. 22° xoi do mereway —- eimav. Hier mag ihm die Erwähnung der Vögel in diesem Zusammenhang unpassend, ‚und die Personi- fieirung von Mm 7178 anstössig gewesen sein. Dass aber diese Stichen im Hebr, nicht ursprünglich fehlten, zeigt für V.2ı” der Rhythmus und für 22° die folgende Rede "Axnzcauev x. 7.%., die jetzt uneingeleitet, somit abrupt steht.” 28, 26°. 27° xl dev — EEnynoaro güryv, d.h. er hat V. 26 die Worte np mm 771 pm mom nicht ausgedrückt, aber nur weil er moy3 ! in der Zeitschrift für katholische Theologie X (1886) S. 562. 2 über das Citat dieser Stelle bei Clemens Al. s. oben 8. 1349 f. Dirrmann: Textkritisches zum Buche 1job. 1361 zu V.25 zog, und ihm mit der parallelen Aussage in V. 25 genug gesagt schien. 29, Io”. II" x yAdocda — Euarapıne #e. Aber in Wahrheit fehlt vielmehr hebr. V.ıo, und dieser vielleicht mit Recht, da er mit V.g dem Sinne nach identisch ist (s. Hırzıc z. St.). 29,13" eüRoyia — &Adcı. Vielmehr sind beide Stichen von ihm nur zusammengezogen, wie sein eÜRoyNTE beweist. 29,19. 20 fehlen vielleicht nur, weil der Üb. sie für überflüssig er- achtete, oder weil er ihnen keinen guten Sinn abgewinnen konnte. 29,24". 25 xal düs — Tapexarüv, vielleicht aus demselben Grund. Jedenfalls ist 24° kein voller Vers, und gibt auch keinen guten Schluss der Rede. 30,1 &v E£ovdevouv TeUs marspas auray. In Wahrheit war der ganze V. übersetzt, aber verkürzt, und ist jetzt zugleich erweitert (s. oben S. 1349). 30,2 —4° xaı ye ioyüs — Ayoüyrı. Vielmehr aber ist LXX V.4 von oirwes an die zusammengezogene Wiedergabe von V. 2—4, wie auch hebr. V.5—7 im griech. 5. 6. 7° nur stark verkürzt (zum Theil missverstanden) übersetzt ist. 30, 7° dva meoov eunywv Boncovrau. SS. zuvor. ® ul Yarıvov — role neu. Auch von diesen schwierigen V.ıı—ı3 sind nur einige Bruchstücke beibehalten. R b 30,01 —13 30,16” zal vv — 4 buy uou. Der Grieche hat nur einen unvollstän- digen Vers. 30,18” worep — mepeoyge we. Er hat ı8° nicht verstanden. 30,20” eornoav de xal »areveyodv us. Ebenso. 30,22” s. oben S. 1348. 30,27 9 xoAla — rwygias. In Wahrheit sind V.26. 27 vom Üh. zusammengezogen, wie Auspsı zaxäv a. E. von V.26 (aus 27") beweist. Die Manier der Kürzung tritt im ganzen Cap. deutlich hervor. 31,1—4 fehlen, obwohl sonst Cp. 3ı nicht so oberflächlich, wie manche andere, vom Üb. behandelt ist. Harcn meint, die Verse seien nicht nothwendig und 31,6 (soll heissen 5) habe bessern An- schluss an Cp. 30. Das kann nur zugegeben werden, wenn man V. 2—4 anders erklärt, als der. Zusammenhang fordert. Der Grieche kann sie ausgelassen haben, weil er den Sinn von V. 2 f£f. hinter V.ı nicht verstand, und weil die Reihe der Bedingungen (Verwünschungen) erst mit V.5 beginnt. Den Eindruck, dass sie jungen Text geben, machen die Verse nicht. 31,18; der Vers ist allerdings zur Noth entbehrlich, aber es ist eben- sogut möglich, dass er als blosse Parenthese ausgelassen wurde, oder auclı wegen seiner stark hyperbolischen Aussagen. 172 1362 Gesammtsitzung vom 18. December. 31,23” drs oo Ayumaros — üreiow. Vielmehr aber ist 23°” vom Üb. zusammengezogen. : 31, 24° &i erafa — %Xelv mov. Hier gilt dasselbe, was zu V.23 ge- sagt ist. 31,27" xal ei Amarıın — xapdis mov. Auch hier ist V.26. 27 zu- sammengezogen, zum Theil auch missverstanden. 31, 35° rıs dwn dxovovrd mov; V.34. 35 theilweise verkehrt aufgefasst, frei und verkürzt wiedergegeben. c) Am freiesten sind die Elihu-Reden behandelt. 32,4”. 5 orı mpeoßurepn — öpyfi aurei. Sie sind weggelassen, weil V. 5 inhaltlich schon V.3 da war. Da V.4* auch beim Griechen steht, an den sich V.6 nicht gut anschliesst, so können sie nicht ein jüngerer Zusatz im Hebr. sein. Nach Harcn soll griech. .ır’—ı8° d. h. &vwriceoSe Mov-— rar rarıcw, d. h. hebr. V.11—ı7 (die V.ı7 mit denselben Worten enden, wie "12 dypıs od Eracyre — EE Und. v ; RR 5 AmExpISNodV 2°. 3 nd > ! 32,15.16 Emroysyaav V.ı0o) im hebr. Text secundär sein. Aber ı) wenn sie ursprünglich dort fehlten, so konnte es nieht leicht jemand einfallen, sie ein- zusetzen, da sie nichts wesentlich Neues hinzubringen; sodann 2) ist es nicht so, dass £&vwrileode ou Ta bnuare, Epw yap Unwv dxovevrwv, ferner va um eimnre" Eüpouev oodıav Kupiw mposYeuevar . dv- Soumw de Emerpeilare AuAfodı Taaurd fyuarı in LXX fehlen, wie Haren nach ı Hieron. annimmt, sondern diese Worte sind, nach den besten hexapl. Zeugen und wie man jetzt sieht nach Sah., Text der LXX, und stehen auch unter sich im Zusammenhang. Daraus aber ist klar, dass der Grieche Hebr. V.ıı—ı7 in seiner Vorlage hatte, denn jene Worte sind aus hebr. V.ı1—ı7 ausge- zogen und sollen den ungefähren Sinn derselben ausdrücken. Blos ausgezogen aber, nicht voll wiedergegeben sind jene Verse von ihm, weil darin manches schon vor V.ıı Gesagtes sich wiederholt. Zuletzt hat er hebr. V.ı7, worin hebr. V.ıo theilweise wiederkehrt, durch die Wendung üreraßuv dt "EAısüs Asycı Dar Aaryow ersetzt. 33, 8% may eimas Ev wor mov. Also kein regelrechter Vers mehr. 33, 10° xaı mANSos doruv aured Evaoxnos. Als unverstanden weggelassen. 33,20” za buy aurod Bowow EmSuunes. Vielmehr sind die beiden Stichen, wie Bpwrev oirev zeigt, frei zusammengezogen. 33, 28. 29. 31” (zwbevoov— Aarrow) und 32. 33 sind von Orig. zugesetzt. Die Sache ist hier die: von 33, 27ff. steht hebr. 27.in griech. 27, bebr. 28 in griech. 30, dann ist hebr. 29. 30 ob homoeotel. (weil 30 wieder mit "7 ms2 schliesst, wie 28 mit 'n 82) weggelassen, Dirımann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1365 und von hebr. 31—33 nur &vwrikov Iw® xai axeve wov behalten, die ganze übrige wortreiche Rede als überflüssig weggelassen. Die hexaplarische Ergänzung, griech. 28. 29, ist (im vatikanischen Text) an falscher Stelle eingetragen, da Origenes mit Unrecht griech. 30 für die Übersetzung von Hebr. 30 angesehen und darum eine Über- setzung von hebr. 28.29 vor 30 eingeschoben hat. Im Cod. Alex. der LXX ist die Verwirrung noch grösser. Gleichwohl will Haren als ursprünglichen Text der LXX griech. 26 (= hebr. 26), 29 (= hebr. 29), die Worte des Alex. roü Emorbar Luyyv aürod €x dinbSopäs, red buriodı aurd &v durı Quvruv (— hebr. 30), endlich noch einmal dAR eipvoaro av buxm mov &x Savarou, wa dh Cum mov Ev bwri av? aurcv (= griech. 30 = hebr. 28) festlegen, obgleich nun die ı. Person (nachdem der V. von hebr. 27 abgerissen ist) sinnlos ist. Alles Übrige soll im hebr. Text secundär sein. Aber dass er damit nicht den wirklichen LXX Text getroffen, sondern einen Text frei zusammengesetzt hat, wird jetzt glänzend auch durch Sah. bestätigt, welche hebr. 27. 28 (griech. 27. 30), und zwar hintereinander, hat, ebenso 31" (griech. 31‘), dagegen von 29. 30 nichts gibt. Also auch hier scheitert die Hypothese am Thatbestand. Auch in Cp. 34 verhält sich der Üb. abkürzend, was bei der weitschweifigen Redeweise des Elihu nicht Wunder nimmt. Also 34, 3.4 fehlt scheinbar ganz und ist von Origenes ergänzt. Aber To xarov hinter &vwrileo$e V. 2 (s. darüber oben S. 1350) zeigt noch das letzte Wort von hebr. V. 4, und beweist, dass V. 3f. in der Vorlage nieht gefehlt haben, obwohl sonst V. 3 (aus ı2, ı1 wieder- holt) und 4 leicht entbehrlich wären, wie denn auch Haren sie als seeundär im Hebr. ansehen wollte. 34, 6° Blarov 70 Beros mov dveu ddızıas. Aber 6” ist vielmehr in LXX 8° (oüx, duspruv oude dos@ycas) erhalten. 34, 7 scheint ausgelassen, weil er eine zu grobe Anklage gegen Ijob ent- hält!; man vergleiche, wie V.g was "> zu einer Abmahnung nn ydp eimns umgebildet ist. Hätte, wie Harcn meint, V.7 schon im Hebr. gefehlt, und läge dem Üb. V.7 nieht doch im Sinn, so begriffe man nicht, wie er hinter &Wevoaro (se. Seos) TÖ xeinari mou gleichwohl mit Part. Nom. auf Ijob bezüglich, eux, duaprav x. 7.%. fortfahren konnte. 34; 11? xaı &v— are. Vielmehr Gl. a und b zusammengezogen, wie exaoros V.* (= En) beweist. 34,18 dss@ns und dosleorars reis dpyevow. V.18” tautologisch mit 18° schien ihm entbehrlich. ı s, Biekerr, S.45, der bemerkt, dass darum auch 35,16. 36,17. z20f. aus- gemerzt sind. 1364 Gesammtsitzung vom 18. December. en -, N, h „ r. . = 34, 23" orı oüx Er avdpa Sycsı er. Vielmehr der ganze V. frei wieder- gegeben. ’ [4 - . 34,25” za orpla — rarewwSycovrau. Der Stichos steht jetzt 24, 14. 34, 28—33 fehlen. Weil in einigen hexaplarischen Zeugen auch V.22'. 23. 25—27 als eingeschoben bezeichnet sind, setzt sich HarcH über V. 24 (den keiner als solchen nennt) weg, und sagt V. 23 (oder 22)—33 sei im hebr. Text seeundär und für die Argumentation des Elihu entbehrlich. Aber ausser V. 24 steht auch doch ganz 22. 23 (abgekürzt). 25°. 26. 27 im Syr. und Sah., also im ursprüng- lichen LXX Text, und schon darum ist seine These, dass V. 23--33 im Hebräischen em späterer Einschub seien, unannehmbar. Sodann ist zu bemerken: Elilıu beweist seinen Satz, dass Gott nicht un- gerecht handle, a) V. 12 —ı5 aus Gottes selbstsuchtloser Schöpfer- liebe, b) V. 16—30 aus der Idee der Weltregierung, die ohne die Absicht, die Gerechtigkeit zu handhaben, überhaupt zweeklos wäre und die doch durch so viele Thatsachen als wirklich bezeugt werde. Da kann man nun freilich sagen, dass von V. 16—24 diese Ausführung schon vollendet, und die nochmalige ausführlichere Schilderung der Art, wie Gott richterlich in die Welt eingreift, entbehrlich sei. Aber der Thatbestand ist, dass eben auch von dieser zweiten Ausführung einige Stücke beim Griechen sich finden (25°. 26. 27). Und freilich könnten V. 31—33, die zu I]job um- lenkend das Endurtheil über seine unziemlichen Reden sprechen, zur Noth auch entbehrt werden; um so weniger aber wäre zu verstehen, wie und warum ein Späterer im Hebr. diese Verse 31—33 eingesetzt hätte. Bedenkt man nun aber weiter, wie der Grieche da, wo er nicht auslässt, sondern übersetzt, die eigentlichen Pointen (V. 17. 23. 25) umgeht und etwas anderes in den Text hineinliest, als darin steht, so wird man vielmehr urtheilen müssen, dass er auch hier, wie sonst, sich begnügt, aus dem oft recht dunkeln hebr. Text einen ungefähren Sinn herauszubringen (hier von V. 16 an den Sinn, dass Gott nicht Unrecht thue, weil er unparteiisch sei und alles sehe und wisse), alles dazu nicht Passende übergeht oder umbiegt, namentlich auch V. 28—30, weil sie nichts, das nieht gesagt wäre, hinzubringen, auslässt, auch V. 31—33 entweder weil nicht verstanden oder als dem Ijob zu nahe tretend (wie 34,7) fallen lässt, wie er aus demselben Grund auch V. 36 f., die er sicher vor sich gehabt hat, umgestaltet, indem er 36° den übeln Wunsch des Elihu nach weiterer Prüfung Ijobs ganz unterdrückt, den V. 36 vielmehr zu einer Warnung an ]job und in V. 37 die Rede über ihn zu einer Rede in der ı. pers. Plur. umändert. 35,3 (im Vat. Text fehlend, aber im Sah. erhalten, s. oben S.1350). Hier Diremans: Textkritisches zum Buche Ijob. 1365 ist die unziemliche, dem Ijob in den Mund gelegte Rede umgedeutet und verkürzt (wie 34,9. 22,2, und wie auch 35,6 durch Auslassung von "2 und “> das Anstössige von Elihu’s Worten weggeschafft wird). 35, 7’ —ı0%. 12”. ı5. 16. Diese (exe. 12°) sollen nach Haren mit Recht fehlen, und soll also ee Ö& oiv dixaıcs ei, rı dwosıs aurw (7°); © xoarardsowv buAarnds vurrepwas (10), 5 diopi@uv Me dmo rerpumodwv Yyic, mo de merewöv oUpavod (11): Exil xexpafovraı xal oo mm eisazoucn (12°), ko dmo Udpews movnpwv (12”)" droma yap co Bouneras idelv 6 Kupıoc. aöros yap 6 mawroxpdrwp öparns Eorı (13) FAv GuvreAouvrwv Ta dvoud, zal oweeı Me. rom Ö& Evavriov durod, Ei divandı aüror aweomı Ws &orı (14) zusammengehören, und für die Argumentation des Elihu ausreichend sein. Während nämlich nach dem massoretischen Text Elihu dem Ijob darlegen will, dass allerdings die Frömmigkeit den Menschen zum Nutzen, wie ihr Gegentheil zum Schaden ausschlage (V. 1—8), - dass aber die Fälle, wo jemand vergeblich Rettung vor Gewaltthat erflehe, aus der Mangelhaftigkeit seiner Gottesfurcht sich erkläre, zumal wenn man in so rechthaberischer Weise zu Gott schreie, wie Ijob tlıue (V. 9—ı6) so ist dagegen der ganze Fragepunkt beim Griechen verwiseht, indem er die Verse 3 u. 6, worin derselbe gestellt ist, als für Gottesfürchtige anstössig, änderte. Da er zugleich 7’ u. 8, vom zweiten Abschnitt 9 u. 10° wegliess, kommt bei ihm alles darauf hinaus, die Allgenugsamkeit Gottes dem Ijob zu Gemüth zu führen. Aber selbst zu diesem Zweck sind jene Worte wenig tauglich; V. 10” (wo mat mit nat verwechselt ist) ist als Beweis der Grösse Gottes an sich sinnlos; V. ıı gibt auch keinen passenden Beweis; ı2° den Harcn beibehält ist nieht LXX sondern Theodotion- Text; ı2° hat keinen Anschluss an ıı; V. ı3 ist die Anschliessung durch yap an ıı1. ı2” ganz unlogisch; ebenso zeigt die Einführung einer ı. pers. xai owceı we V. ı4, dass hier jeder Zusammenhang fehlt, wie denn auch 14” ein $ rm (für 5 Form) ei divanaı aiveoaı sich als blosses Missverständniss ausweist. — Dass der allerdings dunkle V. ı5 mit V. 16 fehlt, erklärt sich schon aus seiner Schwie- rigkeit, er scheint auch darum weggelassen zu sein, weil er Ijob zu nahe tritt. Damit fehlt aber auch der Rede ein guter Abschluss. Im hebr. Text sind Gedanken und eine Entwickelung derselben, der griechische kommt über nichtssagende (von Elihu schon öfters vorgetragene) Gemeinplätze nieht hinaus. In Cap. 36 f., seiner Schlussrede, entwickelt nach dem hebr. Text Elihu, ohne Rücksieht auf einen bestimmten Ausspruch des Ijob, seine Gesammtansicht von der in den Leidenssendungen thätigen, ebenso gnädigen wie gerechten Machtentfaltung Gottes (36, 5— 7), indem er ı. zuerst a) auseinandersetzt, dass Gott sich keinem Frommen 1366 Gesammtsitzung vom 18. December. entziehe, durch die Leiden vielmehr sein Bestes suche und nur dem Trotzigen sie zum Verderben ausschlagen lasse (V. 8S—ı5), und b) den Ijob ermahnt, sein Leiden in diesem Sinn an sich wirken zu lassen (V.1ı6—25, einer allerdings besonders schwierigen Stelle), 2. sodann a) eine lobpreisende Betrachtung der Grösse Gottes in den Wundern der Natur anstellt (36, 26— 37,13), um b) wiederum mahnend dem Ijob an’s Herz zu legen, dass er sich mit diesem unbegreiflichen Gott nicht messen könne, sondern in Ehrfurcht und Demuth sich ihm unterwerfen müsse (V. 14 — 24). “Von dieser Rede ist in LXX der Eingang 36, 1ı—4 belassen (ob- wohl durch &yas mov für >yE> V.3 und durch eine ganz vage Wiedergabe des V. 4 verschlechtert), von dem das Thema und die erste Ausführung und Ermahnung enthaltenden Theil aber folgender Text hergestellt: Twuszs de orı 6 Kupos cü um dmoramanraı tiv dxarov (5'), dAAL Too dixdiov eisurovoersı (gr. 10° aus hebr. 10— 11), dosßeis dt ou dinawec mapa re un BovreoIaı aurous eidevaı Fov Kupiov, xal diorı vouSerounevon dvnzooı Acav (griech. 12 aus hebr. 12 — 13). dmoSdvon rowuv Ev veorgrı 1 "buxyn aürav, # de Cum urn Tırpwoxonevn Umo ayyeruv (DNÖTP, 14), avY wv eIAnlar dadevn zu ddu- varov (15° frei aus hebr. 15). xpına de mpaewv &xSyceı (15" aus hebr. 6’). ou, boremyos dt dme dıxaiwv xpiua (17 aus hebr. 7°), Suuos de (man) Er doeBeis Eoraı di dosherav dwpwv (NED) wv Edexovro Em adızıaıs (18 aus hebr. 18). My os ErxAwarw (TION 2) Exuv 6 vous deyaews &v dvayın dvruv ddvrdarwv (19 aus hebr. 16). dAra burafaı um medens E77 2 ! > > > \ N I arona (21° aus hebr. 21). Tis yap Eorı Xar aurov Ouvaorns (22” aus hebr. 22); rıs de &orıw 6 Eralwv aurod ra Eoya; A is 6 eimwv "Empakev adızaz (23 aus hebr. 23). Mwosyr erı ueydra Eoriv auroed Ta £pya (24° aus hebr. 24°). &00 rırpwoxonsvor eicı Oporoi (25° aus hebr. 24"). — Dies ist ein freies Excerpt aus dem hebr. Text, mit starken Umbildungen und eigenen Zusätzen, wodurch alles Schwierige be- seitigt und besonders die Stelle V.ı6 —2ı aus Schonung für job theils fortgelassen, theils abgeschwächt und ihrem Sinn nach ab- geändert ist. Mit Ausnahme des. Schlusssatzes, der auf Verlesung des 3778 (a7112?) beruht, ist auch ein leidlicher Zusammenhang. Aber alle concreten Aussagen sind in Allgemeinheiten verwaschen, und namentlich Elihu’s Theorie über die Leidenszucht aus diesem Text nicht mehr zu erkennen. Dass er aber den hebr. Text vor sich gehabt hat, beweisen zur Genüge gewisse von ihm falsch ge- lesene oder verstandene Ausdrücke. Aus diesem Text könnte der jetzige hebr. Text nur durch einen Wunderkünstler hergestellt sein; als freier Auszug aus dem hebräischen in der Manier dieses Übersetzers versteht sich der griech. Text leicht. Dırrmann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1367 Anderer Meinung ist jedoch Haren. Er will in dem griech. Text bis V. 18° (eoraı) eine wohlzusammenhängende Ausführung über den Contrast in der Behandlung der Rechtschaffenen und Gottlosen durch Gott erkennen, ohne freilich weiter auf die Frage einzugehen, was nach der Ausführung über denselben Gegenstand in Cap. 34 LXX diese neue Ausführung für einen Fortschritt bringen soll. Sodann will er in den aus Theodotion (sub asterisco) eingefügten Sätzen des vati- eanischen Textes, nämlich 36, 5". 6—9. ı0”. ı1. 13, ebenfalls eine in sich zusammenhängende, aber ursprünglich selbständige Ausfüh- rung über Gottes Verfahren mit den Rechtschaffenen und Gottlosen (V. 6 £.) und über den Contrast der Zucht Gottes an jenen und diesen sehen, obwohl er zugesteht, dass zwischen 9 und 10°’ der Zusammen- hang brüchig sei. Mit den übrigen nach Theod. eingefügten Versen aber, nämlich 16. ı9 (aber ı9 ist LXX Text, nicht Theod.) 20. 21” weiss er nichts anzufangen, gibt vielmehr zu, dass 16. 20 für sich ganz unverständlich seien. Hierdurch ist aber m. E. seine Hypothese von einem selbständigen zweiten Text gerichtet, und vielmehr die Unmöglichkeit, das über den LXX Text Überschüssige (aus Theod. Eingefügte) in einen Zusammenhang zu bringen, erwiesen. Dass V. 5°. 6—9. 10”. ıı1. 13, für sich gelesen, einen möglichen Sinn geben, ist eben ein Zufall, der sich übrigens daraus leicht erklärt, dass jene angebliche selbständige Ausführung nichts ist, als die, wenn auch nicht immer treffende Übersetzung Theodotions von den in sich wohl zusammenhängenden hebr. Versen 5’—ı3 (mit wenigen Lücken). Nach alle dem kann der jetzige hebr. Text nicht jünger als LXX und nicht als Zusammenschmelzung eines zweiten späteren Textes mit einem älteren aufgefasst werden. Ganz dieselbe Übersetzungsweise findet sich in LXX auch für den Betrachtungsabschnitt des 2. Theils der Elihu-Rede 37,26 bis 37,12 (hebr. 13), welcher freilich für das Verständniss noch grössere Schwierigkeiten darbietet. Von dieser ganzen Betrachtung des Elihu a > / x ! > > 18 n x ce Y ’ DIN 28. Eoxınoe de vedn Em duusyru Üpord. wpav EIero xruveow, oldamı [ ER ; Su aEz EN hat der Grieche nur: 27 apSuyrat de aürw orayoves Verod (aus hebr. 27). en N ’ / r N > 57 7 € NURE Jar de Kong rag. ETI TOUTOIS MÄAOLW oUX EZioTardı CGov N didvams, oUde N r , r N N ! % ” OlaAAKCOErAL GoU 1 Xapdıa dmo owucdros (worin Reste von hebr. 28 £. od =. Schrbarzeing| u ! en ce 33. mpn. 37,8. ı sichtbar sind). 37,4 Emwomoe Ydp meyada a ou DEN E 7 ! 2 > x \ \ c N ndeanev (hebr. 5°). 5" ouvracewy yovı Dwvov Emi yns, zu Yemwv Üeros > n 2 n nm y \ € 23 2 b (hebr. 6), 6” ia yıw mas ovSpwmos ryv Eavrov aoDevsiav (hebr. 7”). \ ee N ‚ N ’ ER NUR ß 7 EishASE de Impın Ümo Tyv oxemyv, Nouyaoav de emi xorns (hebr. 8). , 2 ’ 3: xt N NBN > , ni 8 Ex Tanızıwv EmMEpXovraı Oduvaı, dmc de dxpwrnpiWv YViy,os (hebr. 9). J ; N \.c € EN Ay F d Re ’ 9” olaxıceı de To üdwo ws eay Bouäyraı (hebr. 12°). 11" ara ouvreraxtaı mop aureu em Tis Yis (hebr. 122403): 1368 Gesammtsitzung vom 18. December. Was diese Sätze besagen sollen, wird nicht leicht jemand ver- stehen, der den hebr. Text nicht zur Hand hat; ebenso wenig wird man leugnen können, dass sie in sich nicht zusammenhängen, sondern sich wie zusammengewürfelte Trümmer ausnehmen. Des- halb sieht sich Haren hier zu der Annahme genöthigt, dass schon dieser LXX Text 2 ursprünglich selbständige und erst nachher zu- sammengefügte Gedichtchen in sich enthalte: ı. Das erste habe be- standen aus 36, 22 — 24° (s. den vorigen Abschnitt S. 1366) und 28 von wpay — Swuaros, und habe eine Aufzählung der Werke Gottes ge- geben. Dabei werden aber von ihm 36,25”. 27. 28 eoxıuae — Bporw, die mn LXX stehen, ignorirt. 2. Das zweite (nach ed. TiscHExn.) habe 37,4”. 5%. 6°(2). 7. 8 umfasst (er hätte aber auch 9’ und ı 1“ hinzufügen müssen, denn diese sind LXX, nicht, wie er meint, Theodotion-Text), und eine andere Aufzählung der Werke Gottes eegeben. Durch diese Zertheilung des Textes in 2 Gedichte soll der Mangel an Ordnung in jenen Sätzen erträglicher gemacht werden, aber auch so kann er nieht wegbringen, dass in jedem von beiden von den Thieren die Rede ist. Da nun aber die von ÖOrigenes aus Theodotion in die LXX eingearbeiteten Ergänzungen auch keinen fortlaufenden Zusammen- hang erbringen können, so wiederholt Harcn hier dieselbe Hypo- these, dass auch diese aus 2 ursprünglich selbständigen Gedichtehen bestehen. Das eine sei 36, 26-— 28”. 29— 34, eine Beschreibung der Grösse Gottes durch Aufzählung seiner Werke, und des Ein- drucks, den dieselben auf Elihu machen. Aber 24°— 25° (av noEav — Euurd) die dazu gehören, werden übergangen, und 27" (dpiSunraei — vero) und 28” (eoxızae — Bporö), die LXX Text sind, werden dazugezogen! Das andere sei (nach ed. TıscnH.) 37,1—4". 5—6° (za yeınwv — xaranppayıke). 8”. 9—ı2, mehr fragmen- tarisch als das vorige, und die 2 letzten Verse seien unverständlich. Aber auch hier'ist 8” (dre dt dxpwrnpwv Wöxoe). 9” (oiamıgeı — Bov- Anyraı). 11! (raUre — 'yrc) vielmehr LXX Text! Die Scheidung zwischen LXX und Einsehub ist beidemal unrichtig, also auch die Zugehörigkeit sämmtlicher von ihm dem einen und anderen Gedicht zugewiesenen Bestandtheile zu denselben zu beanstanden. Dass im übrigen jedes derselben eine Art Zusammenhang seiner Theile hat, kommt auch hier nur daher, dass jene Verscomplexe schon im hebr. Text zusammenhängen und nur einzelne Bruchtheile daraus entfernt sind. Aus diesen viererlei Gedichten wäre also schliesslich der hebr. Text zusammengesetzt. Die Künstlichkeit dieser Hypothese liegt auf der Hand. Da sie nur «die Consequenz der Grundtlese (dass Dirımann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1369 der LXX Text primär, der hebr. secundär sei) ist, so ist damit die These selbst als unhaltbar erwiesen. In der Paränese des 2. Theils der Elihurede 37,13 — 23 (hebr. 14— 24), die ebenfalls von Missverständnissen und Umbildungen wimmelt, ist ganz ausgelassen nur ı7 (hebr. 18), weil nicht ver- standen, und 20” (hebr. 21°: ryAauyss — Tardınuacw), der Vers selbst ohne Sinn. d) Mit den Gottesreden Cp. 38 beginnt wieder bessere Arbeit des Übersetzers. Der hbr. Text ist klarer und verständlicher als in den Elihu-Reden; auch der Respect vor der: Gottesrede als solcher mag es erklären, dass der Übersetzer sich mehr an den Text hielt, obeleich auch hier schlechte Schrift oder unrichtige Lesung des Originals’ (z. B. 38,20. 39, 27 NS für 9? 41,3. 26, 7% für FB), unrichtige Aus- sprache des Consonantentexts (38, 17. 21. 41,24), Unkenntniss der Wortbedeutung (38, 36. 40, 30. 41,7. 22) zu allerlei Missgriffen Anlass gaben, und schwere Missverständnisse mit unterlaufen (38. 14. 30°. 33°. 36. 38. 41,1. 2°. 22. 24°), auch seine Manier zu kürzen (39, 1—4. 6. 23), oder nur den ungefähren Sinn wiederzugeben (39,10. 20. 22. 106, 2.4. 8.13. 22. 31. 41,16..17. 18. 20. 42,3. 9. 10), oder aus dog- matischen Gründen zu ändern (38,7 7m 72. 40, 8.11. 42,3. 7) oder zu glossiren (39, 26. 40,19. 20. 32) sich geltend macht. Es fehlen 38, 26. 27, die weder strophisch entbehrlich, noch schwer verständlich sind. Der Grund des Ausfalls ist nicht klar, er kann auf einem Zufall beruhen. 38,32, weil er ma und mu2 >9 nicht verstand. 39,1—4 hat er stark verkürzt und zusammengezogen. Von Origenes ist 1" ei eyyws — merpas. 3” wolvas — Efumooreieis, 4 nachgeholt. Dass aber der Grieche V.ı—-4 vor sich hatte, zeigt z. B. sein EL ın 7 . a N b . * . eZw Goßov V. 3, womit er den Sinn von 4° wiedergeben will. r \ \ + 7 r 39. 6° xaı 74 — aruvpda) weggelassen als synonym mit V*. 39, erachtet, oder war der V. in seiner Vorlage ihm unverständlich. 8, ist aber strophisch unentbehrlich; scheint vom Ub. als unnöthig 39,13 —ı8 der Passus über den Vogel Strauss. Man könnte ver- muthen, dass der Üb. 2° nicht verstand, und darum das ganze Thierbild, dessen Einzelheiten allerlei Schwierigkeiten bieten, aus- liess. Indessen hat schon BıckeıL” darauf aufmerksam gemacht, dass dasselbe, obwohl fast auf der Höhe der übrigen Thier- schilderungen, mit seinen ı2 Stichen in der Reihe der achtzeiligen Strophen sich fremd ausnimmt, dass Ijob darin nieht angeredet ! alle diese Citate nach dem hbr. Text. ® in der Zeitschrift für katholische Theologie (1886) Bd. X S. 502. 1370 Gesammtsitzung vom 18. December. ist. auch der Zweck, denselben der Beschränktheit seiner Macht und Erkenntniss zu überführen, nicht deutlich hervortritt. und dass von Gott in der 3. Pers. die Rede ist (V.ı7). Die Möglich- keit, dass dieses Stückchen ein späterer Zusatz zum ursprünglichen 3uch ist, muss zugegeben werden, aber dann nicht etwa jünger als die LXX (da man damals schwerlich mehr so aus der lebendigen Sprache schöpfen konnte; es sind darin mehrere Hapaxlegomena: am, 029, Dan, nam). Zuerst von einem Leser auf dem Rand beigeschrieben, drang es noch nicht sofort in alle Manuseripte ein, und so mag es auch noch in der Vorlage des Griechen gefehlt haben. 39,28 und 29" (mopwDev — cxorsvovoı). Auch hier hat der Üb. wohl nur gekürzt und zusammengezogen: V. 29° ist für sich kein Vers, und dass 28 nicht ursprünglich fehlte, scheint sich aus ExeIGE wv (aßn) V. 29 zu ergeben. 40,ı hbr., später durch den Einsatz griech. 39, 31. 32 ersetzt, fehlte in LXX, nach Bickerrn a. a.O. mit Recht. Aber vielmehr nach der langen Rede Gottes erwartet man nothwendig eine, Aufforderung für job. dass er jetzt antworten soll, und dass der Üb. den V. 2 gelesen hat, ist sicher, nur ist er von ihm vor V.4 (griech. 39, 34°) gezogen, zugleich der harte Tadel gegen Ijob gemildert. 10, 23” — gr. 40,18” #ercıSev -— aurod mag wegen des 77% dem Üb. unpassend geschienen haben, und jedenfalls ist 18° kein Vers. 40,24 = 8T. 40.19, ist auch im Hebr. unklar, und ein schlechter Schluss der Beschreibung: die Auslassung dürfte also guten Grund haben. a a - DS N/ ’ > n n m . 40, 26° = gr. 40, 21" 97 ÖYosıs zoıXov Ev TO MUXTNDL aurov: ist als syno- & D N | N b . a b Ben .. .. . nym mit den Aussagen 25. 26’ (20. 21) für überflüssig erachtet. 41,4 = gr. 3 ein verdächtiger Vers, fehlt wohl mit Recht. 41,8% — gr. 7° eic Tod £voc xoAAdvraı wurde durch den Ausdruck ouvderuos red im griech. 6 überflüssig, sogar unmöglich gemacht. 41,9 = gr. 8; hier gilt dasselbe, und sogar im hbr. Text ist dieser Vers vielleicht eine Glosse. 41,15” = gr. 14" xarayssı Em’ alrov, od Garsußycerdi, ist wohl als unverstanden ausgelassen; noch Theodotion verstand es nicht. ) NW h nn .. 4 >” dopu zul Supaxd Dem UÜb. genügte Aoyyaı statt AI, 080 Dorn aller 4 Waffen. 41,217 = gr. 20° Ws xardum Eroyio9ncav opup& ist wohl wegen gleichen Anfangs mit 20” (19”), nämlich Yp> und %p>, übergangen. 41,23” griech. &Aoyıcaro dßvoseov sis wepimarov, ist von Origenes ein- gesetzt, weil er 23° für ungenügende Übersetzung von hbr. 24 hielt. In Wahrheit ist griech. 23" Übersetzung von hbr. 24”, und ist hbr. 24' ausgelassen, weil der Grieche 24° missverstand. Dirımann: Textkritisches zum Buche Ijob. 1371 42,8 orı ei m mposumov aüred Ambousı ist von Origenes mit Unrecht eingefügt, denn der Üb. hatte es schon durch & w yap di aurov ausgedrückt. 42,16”. 17 xu eidev — Auepwv, der Schluss des Buchs, ist durch den apokryphischen Zusatz am Ende verdrängt. Aus dieser Übersicht über die sämmtlichen Defeete der LXX ergibt sich, dass immerhin einzelne darunter sind, welche kritisch von Belang sein mögen und über deren Ursprünglichkeit sich streiten lässt, dass diese aber in der Regel nur aus einzelnen Stichen oder IMersen "bestehen, ‚wie 2,1% 7,8.'12,8°. 9. 23..18,9". 70. 20,23%. 27822.223..29,16. 41,9 (8), namentlich 40,.24.(19). 41,4 (3). An grösseren Abschnitten können füglich nur 28, 14—19. 31, 1—4. [9% 39, 13— 18 hieher gezählt werden, aber selbst bei diesen ist es höchst zweifelhaft, ob sie noch zur Zeit des griechischen Übersetzers im hebr. Text gefehlt haben, und nicht vielmehr ihre Auslassung in LXX auf anderen Gründen beruht. Harcn hat ausser 28, 14— 19. 31, 1—4 die Stücke 17, 3—5. 21, 28—33. 24, 14°— 18°. 26,5—ıı für sich geltend gemacht, aber hier hat sich uns ergeben, dass der von ihm zu Grund gelegte griechische Text theils mit dem wirklichen LXX Text, wie man nach Sah. und den andern Zeugen ihn feststellen muss, sich nicht deckt, theils seinem Inhalt nach zu ungenügend und dem Zu- sammenhang und Fortschritt des Redestreits zu wenig entsprechend ist, als dass er für ursprünglicher angesehen werden könnte, denn der hebräische. Vollends in den Elihu-Stücken, für die sich nach seinem Dafürhalten seine Hypothese am meisten empfehlen sollte, hat sie sich uns zumal in der näheren Ausgestaltung, die er ihr gibt, als gänzlich undurchführbar gezeigt. Vielmehr tritt gerade in den Elihu-Reden, diesem jüngeren Bestandtheil des Buches, mit seiner weitläufigen und doch oft so wenig klaren Dietion und seinem nicht sehr correeten Text, die freie Übersetzungsweise des Griechen, wie er sie durch das ganze Buch hindurch bethätigt, am stärksten zu Tag, und erweist sich viel mehr als neue Bearbeitung, denn als Übersetzung, in der es ihm darauf ankam, den Helden des Buchs gegen die ihm zugeschriebenen übeln Reden in Schutz zu nehmen, allerlei Anstössigkeiten wegzuräumen, dem Ganzen eine kürzere Fassung zu geben, und den allgemeinen Inhalt, wie er ihn zu verstehen glaubte oder ihn für seine Leser haben wollte, ungefähr wiederzugeben. Auch hat er bei diesem Verfahren gerade die Hauptsätze, die Elihu durch- führen wollte, als solche nieht scharf erkannt und darum auch in seiner Bearbeitung nicht zum Ausdruck gebracht. Dass erst auf Grund dieses angeblich älteren Textes, der in der LXX erhalten wäre, von einem späteren Bearbeiter der jetzige hebräische, in das Problem 1372 Gesammtsitzung vom 13. December. des Buches viel tiefer eindringende Text gebildet wäre, also der bessere aus dem schlechteren erst herausgewachsen wäre, ist an sich nicht gut denkbar, und auch darum nicht anzunehmen, weil die Ver- schleehterung der hebr. Vorlage sich auch im ganzen übrigen Buch als die Regel zeigt, und weil m den griechischen Elihureden die Trümmer des besseren hebräischen Textes noch reichlich nachweisbar sind. Es soll damit nicht in Abrede gestellt werden, dass auch in den Elihureden, wie im übrigen Buch, an Einzelheiten des Textes von den jüdischen Schriftgelehrten, selbst nach der Zeit des grieehischen Übersetzers, noch gemodelt worden sein kann (zumal wo der über- lieferte Wortlaut verdorben oder eine scharfe Ecke abzustumpfen war), und auch diese oder jene Lesart des Hebräers aus der LXX vielleicht noch verbessert werden kann, obgleich dieser Fall gerade im Buch job viel seltener eintritt, als in manchen anderen Büchern des AT. Aber dass nach der Zeit der LXX-Übersetzung das Buch noch mit so vielen und umfangreichen Zusätzen erweitert worden wäre, wie Harcn annimmt, muss gerade auf Grund der Prüfung des vorhexa- plarischen LXX-Textes in Abrede gestellt werden. In der That fehlen ja auch sichere sonstige Analogien für so umfangreiche Erweiterungen eines älteren in sich geschlossenen Buchs durch die jüdischen Schriftgelehrten der beiden letzten vorchristlichen Jahrhunderte. Wohl hat man schon ı Sam. 17, 12—31. 55—198, 5. 9—11. 12? (17-—ı9. 21°. 26°. 29” 30) in der Weise beurtheilt, dass diese Stellen erst nach der Zeit der LXX-Übersetzung in den hebr. Text eingefügt wären, aber selbst hier, wo die Entscheidung schwieriger b ist, ringt sich doch neuerdings wieder die m. E. zutreffendere Ansicht durech', dass vielmehr die LXX durch Auslassungen die inneren Widersprüche der Erzählung beseitigt, also »harmonistische Kritik« geübt haben. Mit Recht wurde betont’, dass Art und Sprache der betreffenden (in LXX fehlenden) Abschnitte des hebr. Textes gegen ein so spätes Zeitalter zeugen, wie sie umgekehrt mit der des übrigen Buchs völlig übereinstimmen. Dasselbe gilt auch von den betreffenden Absehnitten des B. job in ihrem Verhältniss zum übrigen Buch. Ausserdem ist allgemein zugestanden, dass die biblischen Bücher dritter Stufe, zumal die älteren derselben, bei den palästinischen Juden immer in viel höherem Ansehen standen, als bei den griechischen, und allmählig als heilige und speeifisch höhere allen jüngeren Büchern ! WerraAausen in Breer’s Einleitung in das AT.t (1878) S. 216; theilweise wenigstens Kvurxen hist. krit. Onderzoek naar het ontstan van de boeken des Ouden Verbonds? (1887) I S. 391 f.; besonders Bupve die Bücher Richter und Samuel (1890) SZENE ? Buppe S. 213. Dirmann: Textkritisches zum Buche ]job. 1373 entgegengesetzt wurden, während bei den griechischen Juden noch bis gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Ch. die Grenze zwischen den Hagiographen und den anderen neueren Schriften niemals scharf gezogen war. Auch hiernach erscheint die freie Behandlung, welche das Buch Ijob durch einen griechischen Übersetzer erfuhr, viel weniger auffallend, als sie bei den palästinischen Juden erscheinen würde. Natürlich kann mit solchen allgemeinen Erwägungen zum voraus nichts entschieden werden. Es kommt in derartigen Fragen auf die Prüfung des einzelnen Falles an. Aber gerade diese scheint ‘ mir gegen Haren’s These zu entscheiden. Nur wenn das Buch erst kurz vor dem J. 70 n. Chr. in’s Griechische übersetzt wäre, wie Grätz! erweisen wollte, dann müsste man jene These auch schon aus allgemeinen Gründen zum voraus verwerfen. Aber dieser Beweis leidet an zu vielen willkürlichen Annahmen, als dass er für gültig erachtet werden könnte. 1 In der Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums XXVI (1877) S. 83 ff. j Kr Mi i 4 1375 Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. Von L. Kronecker. Die Methode, welche ich in meinem neulich der Akademie vor- gelegten Aufsatze zur algebraischen Reduction der Schaaren bilinearer Formen benutzt habe, ist auch bei Schaaren quadratischer Formen anwendbar. Ich will dies hier im Anschluss an die in dem erwähnten Aufsatz gegebenen Entwickelungen zeigen, aber dabei auch einige Modificationen darlegen, welche für die später auseinanderzusetzende arithmetische Reduction der Schaaren quadratischer Formen er- forderlich sind. I. Bedeuten u,», sowie &,,%,, ....z, unbestimmte Variable und: (X, ,%,, ... n); Va ,2; Sieg ,) zwei homogene quadratische Formen, so stellt das Aggregat un — ul eine »Schaar« quadratischer Formen dar. Es soll nun angenommen werden, dass die Determinante der Schaar gleich Null ist, d. h. also, dass, wenn zur Abkürzung: af dp a 35, 1 dei Pk > 0 Y hi 3 En aan © gesetzt wird, die Gleichung: (A) Ya | = |u9a — eV. | = 0 (,k=1,2,...n) besteht. Alsdann sind die » Ableitungen f,,f,, - - . /, mindestens durch eine lineare homogene Relation mit einander verbunden, deren Üoef- Sitzungsberichte 1890. 118 1376 Gesammitsitzung vom 18. December. fieienten ganze homogene Funetionen von x und v sind, und es kann demnach aus den vorhandenen Relationen eine Gleichung: m ION EN ®) I om fu = ee h,k gebildet werden, für welche die Zahl m, d. h. die Dimension in Beziehung auf x und v, einen möglichst kleinen Werth hat. Ist mı—0: also: (©) I, CF = u> Cd — OD, Cor Wr —o (k=1,2,...n) k k k und folglich: Did 0; >, Caı = 0 k=1,2,...n), _ k k so kann einer der Coefficienten @, Z. B. @,,, von Null verschieden 'on? vorausgesetzt werden, und die Schaar f geht mittelst der Substitution: , (0 pl (k=1,2,...n N) in eine solche der n — ı Variabeln «/,x,...x/_, über. Ist die n—1 Determinante der so erhaltenen Schaar quadratischer Formen von rn — ı Variabeln wiederum gleich Null, und besteht auch zwischen den nach den » — ı Variabeln gebildeten partiellen Ableitungen eine lineare homogene Relation, wie (6), mit Coeffieienten, die von den Variabeln © und » unabhängig sind, so ist die Anzahl der Variabeln auf mn — 2 zu redueiren, und durch Fortsetzung dieses Verfahrens muss man schliesslich zu einer Schaar gelangen, bei welcher die An- zahl der Variabeln sich nicht mehr verringern lässt. Man kann dem- nach annehmen, dass schon die oben mit f bezeichnete Schaar up — ol eine »eigentliche« Schaar von n Variabeln sei, d. h. eine solche, welche nicht durch lineare Transformation der n Variabeln auf eine Schaar von weniger als n Variabeln redueirt werden kann. Dies vorausgesetzt, muss die Zahl »n in der Gleichung (®) wenigstens gleich Eins sein. Dass sie andererseits nicht grösser als die Rang- zahl des Systems, also höchstens gleich » — ı sein kann, ist aus folgender Betrachtung zu ersehen. Bezeichnet r den Rang des Systems der n? Grössen fj, und ist die Determinante rter Ordnung: ' » —hsigyerel ©) A| a) von Null verschieden, so ist die Determinante: rfasa An ; Fuck, | (KAT DR AAT N) gleich Null, weil alle aus dem System der n? Grössen f;. zu bildenden Subdeterminanten (r + ı)ter Ordnung gleich Null sind, und es besteht Krosecker: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1347 demgemäss zwischen den +1 Ableitungen 1: eine lineare homogene eh : Relation: DA, ze (Wet) = ; in welcher die Coeffieienten A, Subdeterminanten rter Ordnung des Systems (f;,) oder (u®;. — oıb,) und also homogene Funetionen rter Ord- nung von u und ® sind. Da überdies mindestens eine dieser Sub- determinanten, nämlich A,,, oder (D), der Voraussetzung nach von Null verschieden ist, so existirt jedenfalls eine Relation (B), in welcher m nieht grösser als die Rangzahl des Systems (f,), also höchstens gleich n — ı ist. ‘Das System der (m-+ı)n Üoefficienten: oem Ehk eo] welche in der Gleichung (8) vorkommen, ist vom Range m-+ı, d. h. es können nicht alle aus den Elementen <,. zu bildenden De- terminanten (nr +ı)ter Ordnung gleich Null sein. Denn wenn m-+ı Coeffieienten @,, @,, ... a, existirten, für welche die Gleichung: m h=m > a — o (Ka n2e) h=o erfüllt wäre, so würde in der aus der Relation (®) hervorgehenden Gleichung: k—=n h=m g=m > 2 > m—g+h,m +9 —h _ > DD Grfe u ? —.o Sr ll „m der Coefficient von «”o” gleich Null sein. Es würde daher auch die Gleichung . = h=m g=h-ı k—=n h=m g=m —g+h m+g—h m—g+h m+g—h _ 32 DD >a, Gele Un ? +3, > Sacıın ® — 09, Dr Men te k=ı h=og=h-+ı welche, wenn: h=m kh=i / u Di Ch — 65 D, Gm +30 — 6 Hu h=o gesetzt wird, in folgender Weise dargestellt werden kann: ET an kn i=m—ı ES SINSGhem ns we eun ie Pax) v—ı k—1 i=o Ersetzt man in dem Ausdruck auf der linken Seite /, durch u, —ıV,, so enthält der erste Theil nur Potenzen von «, deren Exponenten grösser als m sind, der zweite nur solche, deren Exponenten nicht 115* 1378 Gesammtsitzung vom 18. December. grösser als m sind. Beide Theile müssten also für sich gleich Null sein, während doch die Existenz einer Gleichung: 7 me i=0,1I,...m—1I > freu 3 u mr ) i,k jener Annahme widerspricht, dass die Zahl m in der Gleiehung (®) einen möglichst kleinen Wertlı habe. Da das System der (m +1)n Coeffieienten, wie jetzt bewiesen worden, vom Range m +1 ist, so kann man irgend welche Üoeffieienten (a Gyr k aa pP hinzunehmen, die so beschaffen sind, dass die Determinante: | | (WR von Null verschieden wird. Bedeuten nun f, , W’ die durch die Substitution: Di Da („k=1,2,...n) i aus f, ®, W hervorgehenden Functionen der Variabeln x, und setzt man: I ’ Nor ER = = JE: —a: Nr ale —— 7 ) aD k dw; dx (KON so wird: kn Zonfı — (h=0,1,...n—1), =I und die Gleiehung (®) geht daher in die folgende über: h=m h=m (©) Dh "r— Dun — oh) t=o, h=o ei welche auch so dargestellt werden kann: h=m HD (nn. er tueto—o. h=ı Es bestehen hiernach die Relationen: (&) W=0, Mmu—=Vı, n—0 h=1,2,...m) und die Functionen f” bestimmen sich demgemäss in folgender Weise: Y ’ ’ ’ ’ N ’ a Rees. - ob =h>»==- m lern Hieraus ersieht man zuvörderst, dass zwischen den »n linearen Funetionen der n Variabeln x’: Ws ur YV keine lineare homogene Relation bestehen kann: denn aus einer Krosecker: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1379 solehen würde eine lineare homogene Gleichung zwischen den »n Aus- drücken: Dee folgen, deren Coeffieienten ganze homogene Functionen (mm — ı)ter Dimension von «4,» wären. Es ist nun ferner zu zeigen, dass die »n linearen Funetionen W’ von den m -+ı. Variabeln &), &\,... x, m unabhängig sind. In der "That ergeben sich aus den Relationen (4) für die zweiten Ableitungen der Funetionen 9 und W’ die Gleichungen: PINK, 329’ dep’ m —— Tr en ME 0, nen ML) OR +1 Or 007, 00% 0x7 O4, Ad I Ng [4 ro 0” Mal —— nal 6} (h=0,1,...m—1), m AR = AyEzaN Xn-ı 0X, 0X, 0X und da Y = o ist, so erschliesst man hieraus, indem man der Reihe nach A=o,1,...m — ı setzt, dass die zweiten Ableitungen: EN VZ ne (R,k=0, 1: m) da da, sämmtlich gleich Null sind. Nunmehr erhellt, dass der Ausdruck: k=m up’ — vd’ — > (ux;_, — vr) Wı k=ı von den Variabeln &/, &,,...x,, unabhängig ist; denn das Resultat der Differentiation nach einer dieser Variabeln, die mit x/ bezeichnet werden möge, wird, da die Funetionen /&/ von x, unabhängig sind: udy — ob; = (biz == od;) D also, vermöge der Relationen (%), gleich Null. Es ist daher: k—m ud’ — vl’ —= >, (un; _, — 7) y; + u + oY, 1 wo ®, Y quadratische Formen der n — m — ı Variabeln: / ! ! Imtı 9 Im+2 JnescHe In—ı bedeuten, und da die »n linearen Funetionen derselben: Vi Wann 1? BEER SEE HERE sich als von einander unabhängig erwiesen haben, so können sie als neue Variable an Stelle von m der n— m — ı Variabeln ’ 4 ’ Imtı ’ Im+2> reis In—ı eingeführt werden. Man kann also das Ergebniss der vorstehenden Entwickelungen dahin formuliren: 1380 Gesammtsitzung vom 18. December. Jede Schaar quadratischer Formen: Uhl, 2:20) DO me), deren Determinante gleich Null ist, lässt sich auf die Gestalt bringen: (6) >: BE) En re > (ua; + du) Em-tilm+k> h i,k (WE 2 ET) (en 8) WO L,.%, . .. von einander unabhängige, homogene, lineare Funetionen der Variabeln x bedeuten, deren Üoeffieienten, ebenso wie die Coeffieienten a;.. b;., dem Rationalitätsbereich der Coeffieienten der quadratischen Formen &, \L angehören, und jede Schaar von solcher Gestalt (6) hat die Eigenschaft, dass ihre Determinante gleich Null ist. Dieses Ergebniss findet sich schon in meiner Mittheilung vom ı8. Mai ı868,' und es ist dort auch in ähnlicher Weise hergeleitet worden. Aber um das Verständniss des vorliegenden Aufsatzes zu erleichtern, habe ich geglaubt, die erwähnte Deduction hier mit auf- nehmen und in manchen Punkten mehr ausführen zu sollen. 1. Ist irgend eine Schaar quadratischer Formen: ud, „Une. x.) ale ode, De Ze 7 gegeben, deren Determinante gleich Null ist, so kann man dazu, wie jetzt gezeigt werden soll, stets eine Schaar oder mehrere Schaaren von der Art, wie der erste Theil von (6), nämlich: h=m (6,) > (u + Oi )Emın h=ı finden, nach deren Subtraetion von ud +vıV entweder gar keine Schaar mehr übrig bleibt, oder doch keine solche, deren Deter- minante gleich Null wäre. Hierbei kann offenbar, wie im art. I, angenommen werden, dass unter den zwischen den ersten Ableitungen von x$ + vb bestehenden homogenen, linearen Relationen mindestens eine sei, in welcher die Coefficienten in Beziehung auf « und © von der Dimension m sind, aber keine solche, in welcher die Dimension kleiner als m» wäre, und in dieser Voraussetzung ist schon die enthalten, dass die Schaar up + vo eine eigentliche Schaar von rVariabeln, also nicht in eine ! Monatsbericht vom Mai 1868, S. 339 — 346. a Kronecker: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1381 Schaar von weniger Variabeln transformirbar sein soll. Ferner können die mit $, % bezeichneten Grundformen der Schaar als so gewählt vorausgesetzt werden, dass für «= o nur diejenigen Subdeterminanten des Systems der Coeffieienten von ub + eV verschwinden, welche für alle Werthe von w gleich Null sind. Um nun die Schaaren von der mit (6,) bezeichneten Art zu finden, hat man zuvörderst up + nach der im art. T ange&ebenen Methode auf die Gestalt (6) zu bringen und den zweiten Theil wiederum in zwei Theile zu sondern: im k=n—m—ı (6,) > > (ua; 17 ob;.) Im+ i Im-+k F) e—1 kr i—=n—m k=n—m—ı (6,) >23 > (ua + ob) Im rim: i—=m-+1 k=i von denen der letztere eine Schaar quadratischer Formen von nur un 2m ı Näariabeln Enıı> Em+z> +: &%n— repraesentirt. Alsdann hat man die Substitution: , = aan G-ı = G-ı A I Gr Em+r ve einen er) 2 = D = = 1,2 524. Mm—I En — En Sie 33 (b,, =, a) NEE = > D,.4 Im-+% " =m,m-1,... | i k i anzuwenden, durch welche die Schaar (&,) in eine Schaar von der- selben Gestalt: h=ın (6) > (wu, + 0%) Imya h=ı transformirt und zugleich aus der Schaar ($,) sowohl der ganze mit « multiplieirte Theil weggeschafft wird, als auch derjenige, welcher mit vx,, multiplieirt ist. Diese Schaar ($,) ist demnach durch die angegebene Substitution auf das Aggregat der beiden quadratischen Formen: i=m—ı k=m—ı (6, ,) v> Dialer <—ı Eu i=m—ı k=n—m-—ı ; Ne (6, ;) > >= d; Imki Im-+ k 2—I k=m-+ı redueirt, in welchen ‚die Coeffieienten b;, durch die Gleichungen: 7 2 ne e « b;; = b;, bi —— b;. nz (i * u=4+r b,. Em gekisers, In le b,; Im—h+itk> wobei im Falle i+k = m: 9g=0,1,...?-ı und A=%k,k+1,...k+i- 1, aber im Falle + k>m: g=ilk- m,itk—mHtı,...te -ı nd A=k,kIT7,..m zu nehmen ist. Hiermit ist also schon nachgewiesen, dass man jeder Schaar quadratischer Formen von 2m-+1 Variabeln: ub tod die mit (&,) bezeichnete Gestalt geben kann: h=m >, (ut U) Einrrs h=ı wenn zwischen den ersten Ableitungen von ub to eine lineare homogene Relation besteht, in welcher die Coefficienten von der mten Dimension in Beziehung auf v und » sind, aber keine solche Relation, deren Dimension in Beziehung auf x und v» kleiner als m wäre. An die hier zur leichteren Übersicht vorangeschiekte Behandlung des einfachsten Falles lässt sich eine wesentliche Bemerkung anknüpfen. Setzt man nämlich: u—= au + yo, v—= Bu + = ao+Rl, VW = yo+reb so ist die Schaar «9° + vo” mit up tel identisch, und da man nun 2°9° + vl? auf die Gestalt: (®— Pro), h=m wo + h=ı bringen kann, so sieht man, dass zwei beliebig gewählte Grund- formen einer Schaar von der angegebenen Beschaffenheit, d. h. also je zwei von einander wesentlich (nicht bloss durch einen constanten Factor) verschiedene Formen einer solehen Scehaar, mittels einer und derselben linearen Substitution in die beiden Formen: h=m h=m >: G-ı Im-EA ’ > & Im-tA BT h=ı transformirt werden können. Kronecker: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1383 Da in dem jetzt zu behandelnden Falle, wo n>2m-+ı ist, die oben mit (6,) bezeichnete Schaar quadratischer Formen nur n — am -— ı Variable enthält, so kann angenommen werden, dass hierfür schon Schaaren von der Gestalt (6,) gefunden seien, nach deren Subtraction von (6,) keine Schaar mehr übrig bleibt, oder nur eine solche uß +vY, deren Determinante von Null verschieden ist. Alsdann muss auch die Determinante der quadratischen Form Y von Null ver- schieden sein. Denn das Aggregat von (G,) und (®,) ist eine lineare homogene Function der sn Variabeln Kr und alse eine quadratische Form von eigentlich nur 2m Variabeln. Ebenso lässt sieh in jeder der Schaaren von der Art (6) die Anzahl der Variabeln um eine Einheit vermindern, wenn man lineare Trans- formationen mit Coeffieienten, die von u und v abhängig sind, an- wendet. Durch solche Transformationen ist hiernach, wenn / die Anzahl der von (6,) zu subtrahirenden Schaaren der mit (G,) be- zeichneten Art bedeutet, die Gesammtzahl der Variabeln der Sehaar ub+vb von n auf n—!—ı zu redueiren, und es sind also die sämmtlichen Subdeterminanten (rn —/)ter Ordnung des Systems der Coefficienten von up +vX gleich Null, nicht aber diejenigen der (na—!—ı)ten Ordnung. Dagegen würden, wenn die Determinante jener quadratischen Form Y gleich Null wäre, auch alle Subdeter- minanten (a —/— ı)ter Ordnung des Systems der Coeffieienten von Y verschwinden, während oben ausdrücklich vorausgesetzt worden ist, dass für © — o nur solche Subdeterminanten des Systems der Coef- ficienten von ud + verschwinden, welche für alle Werthe von u gleich Null sind. Da die Determinante der quadratischen Form % von Null ver- schieden ist, so kann man sich die Schaar u® +vY auf die Form gebracht denken: (5) u> A, 3,2, = o> BrEi BR 2), i,k ke wo 3,,8,,...=, lineare homogene Functionen der Variabeln %,..+.; Umtas +: %n_, mit Coefficienten des Rationalitätsbereichs der Schaar (6,) bedeuten.‘ Ferner kann man als die vorerwähnten Schaaren von der Gestalt (6,) die folgenden annehmen: ‘ Die Möglichkeit der Transformation einer beliebigen quadratischen Form F(x1,%,...2%.) in ein Aggregat von (Juadraten linearer Functionen der Variabeln « mit Coefficienten des Rationalitätsbereichs der Form F folgt wohl am einfachsten daraus, dass zwischen den ersten Ableitungen der durch die Gleichung: Sitzungsberiehte 1890. 119 1384 Gesammtsitzung vom 18. December. I — u HD. DWint+tee)e Duo ee »=1 ’ a in denen &£’,£”,... lineare homogene Functionen der Variabeln x,,,, Umtas + %n, mit Coefficienten des Rationalitätsbereichs der Schaar (6.) sind. Hiernach kann die gegebene Schaar us +vı durch ein Aggregat von Ausdrücken: ($), (6,,.), (62.), (5), (R) dargestellt werden, und da die Schaaren (8) sämmtlich von der Gestalt (6) sind, so ist nur noch zu zeigen, dass die mit (G, ,), (6, .) bezeichneten Theile weggeschafft werden können. Der mit (&,,) bezeichnete Theil sondert sich, wenn die Va- riabeln 3, £',£”... an Stelle der Variabeln: ae (k=m-+1,m+2,...n —m—ı) eingeführt werden, in drei Theile, je nachdem die Variabeln = oder £ darin vorkommen, oder irgend welche von den Variabeln: er (k=m+1,m-+2,...n—m-— I), die etwa nach Einführung der Variabeln Z,£ noch zurückgeblieben sind. Bezeiehnet man diese drei Theile bez. mit (6, .), (6/.), (67), so enthält (6/,) lauter Glieder vOyx,.:E, 5 Tun ee) | (6,,) lauter Glieder ve,t.+:£&, N) i—1,2,...m—1 oder Dan ( u ) f 5 II, 2, REMIS (6/,) lauter Glieder vt,x,,4;%, ( ) £ Aber Glieder der letzteren Art können nicht wirklich vorkommen. Denn da, der Voraussetzung nach, die Variabeln x, einzig und allein in dem mit (6,,) bezeichneten Theile der Schaar vb +) enthalten sein sollen, so würde die nach x, genommene partielle Ableitung der Schaar durch die Gleichung: Mut) Tan DE ur DE % e definirten quadratischen Form /(xı,22,...2.) die Relation besteht: kn af S: Er Le =;O el: ET dass also eben diese Form f in eine quadratische Form von »—ı Variabeln trans- formirbar ist. Dabei ist die Wahl der Grössen &,, &,...&n nur der Beschränkung unterworfen, dass F(E:, &, a En) nicht gleich Null sein darf. Kronecker: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1385 gegeben sein. Vermöge der Relation: kh=m-—i (up +) OT = a ee (=1,2,...m-—ı) Imti 2 ) d : würde also die Gleichung bestehen: i=m—ı h=m-—i il 9 (up eis N) _ > S En 1)" ym—hmı u" c 9 (up mg ob) Z ( ne BEN = Oi: d. h. es würde zwischen den ersten Ableitungen der Schaar up + m! eine lineare homogene Relation existiren, deren Coeffieienten ganze homogene Funetionen (m — ı)ter Dimension von « und vo wären. Dies widerspricht aber der gleich im Anfange dieses art. II gemachten Vor- aussetzung, dass zwischen den ersten Ableitungen der Schaar up + ol keine Relation bestehe, deren Coeffieienten in Beziehung auf v und v von niedrigerer als der mten Dimension wären. Bei der oben angegebenen Darstellungsweise der Schaar u® + ol können hiernach nur sechs von den sieben unterschiedenen Theilen vorkommen, nämlich: h—=m (6;) > (U _, SE ou)% Sm+h>» = ==1 i=m—ı k=em—ı (6, .) v2, > bj. Im+i% Sm-+k > \ ii k=i ! und die oben mit ($/,), (6/,), (9). (®) bezeichneten Theile, und es soll nunmehr in dem folgenden Abschnitte gezeigt werden, wie man durch lineare Transformation der Reihe nach (6/ ,), (6/,), (6, ,) weg- schaffen kann. IU. ı. Die einzelnen Theile von (G, ,): =v aD E =, »—I werden der Reihe nach für = m—ı, m—2,....ı weggeschafftt, wenn man die Substitution: — C;, E27 _ age md: MDR) » K-ı 72 a a, +: Cr Em) Y,2=1,2,...V) ae BB, der Reihe nach für i= m-—ı, m — 2,....ı anwendet. Denn wenn nur noch Theile von (6,,) vorhanden sind, welche die Variabeln 1386 Gesammtsitzung vom 18. December. Yutır Amfas-: Imyi enthalten, so fallen bei der angegebenen Sub- stitution alle mit x„,, multiplieirten Glieder weg, während im Übrigen die Form der Ausdrücke: (6); (6, .); (6, .); (9); (R): durch deren Aggregat die Schaar u® + vd dargestellt ist, vollkommen erhalten bleibt. 2. Die einzelnen Glieder der zweiten Art von (6,,), nämlich: a 5 i—1,2. .. MT 4 VO mi Sur (; — dem ) werden durch folgende Substitution weggeschafft: A Zen „! Et Fe A & == Gt e EEE Sy a ee, wenn hierbei im Falle +» Su: = 0,1, 4 Ver RT, een und im Falle ©e+x>u: hzi-u+tx,i—u+tx+t1,...i-1I; y=%XH1,...u4 genommen wird. Zur Wegschaffung derjenigen einzelnen Glieder erster Art von (6; ,), nämlich: I ER =1,2,...m —ı), in welchen x nicht gleich Null ist, also nur einen der u Werthe I,2,3,...% hat, dient die Substitution: Re 3 2 er Y, u ai Gr Fl Geuhy > ee Ci lm it ya) wenn hierbei im Falle :S«: h=0,1, «Ib YES LIL,R U 2... und im Falle ©>«: KZEIeRI— HL, DER genommen wird. In diesem letzteren Falle tritt aber an Stelle des weggeschafften Gliedes: nn. 7 c ÖC;, Umtr 5x das Glied hinzu: Ve, £ ÜG,, Im-i— So ] und es ist nun eben noch zu zeigen, wie eines derjenigen Glieder „ . . . . erster Art von (®,,), in welchen x = o ist, also ein Glied: I 2, (ee) wegzuschaffen ist. Kroneerer: Algebraische Reduction der Schaaren quadratischer Formen. 1387 Dies geschieht in der T'hat durch die Substitution: ER — U Go Se = Er I Colmti- wenn: VE Rem So mi genommen wird. Damit hierbei die als Indices von £ vorkommenden Zahlen: Oase und a + 1,0 +2,...m tm—i nur beziehungsweise Werthe aus den Zahlenreihen: OD und x +1,» -+2,...2u bekommen, ist die Bedingung »» —? > a nothwendig und ausreichend, und diese ist erfüllt, da Ö nicht kleiner als ı und x sogar nicht kleiner als 2 sein kann. Denn wegen jenes Theiles der Schaar vo + mb: DW. SF v&,) at»? „=I in welchem allein die 24 -+1Variabeln &. &....&, vorkommen, findet zwischen den Ableitungen von up + ul die Relation statt: Bee -_,o(up + ml) > DE" 0 = und da vorausgesetzt worden ist, dass keine solche Relation existire, welche in Beziehung auf « und » von niedrigerer als mter Dimension wäre, so kann u nicht kleiner als »n sein. 3. Um endlich die einzelnen Glieder: b. . . ® kim im des mit (&,,) bezeichneten Theiles wegzuschaffen, hat man die schon oben im art. II bei der Behandlung des einfachsten Falles angegebene Substitution: RR = me Dee 9 = lm —atit% für alle den Ungleichheitsbedingungen: 9 (way; + vba) 28% (‚k=1,2,...n) i,k lässt sich als ein Aggregat von Schaaren: ZEN 2: = z 7(q r r (%) > (UA, or vB.) A, A,+ > > (uXz2, 3 oX,) A,4m, I,h DET (game EN) (pP=12,...M 5; g—12,...L2) so darstellen, dass die Determinante: |uA,+vB,| (GERT Dre) von Null verschieden ist, und dass sowohl die Öoefficienten der mit X bezeichneten linearen homogenen Funetionen der n Variabeln x als auch die Coefficienten A,,. B,, demselben ah Rationalitätsbereich angehören wie die CGoefficienten a,,., by. Aus (dieser mit (%) bezeichneten Darstellung ist unmittelbar ersichtlich, dass zwischen den verschiedenen partiellen ersten, nach den nVaria- beln @ genommenen Ableitungen der Schaar: = (va, + vb) ©;%; Henasen) BL 5z genau ZL von einander linear unabhängige Relationen bestehen, deren Coefficienten die Variabeln x, » beziehungsweise in .den Dimensionen M,. M,. ... M, enthalten. Bedeutet nun / die Anzahl solcher Re- lationen, deren Üoefficienten von , v unabhängie sind, und r den Rang des Systems der Üoeffieienten: ua + vb; GE—TENeEn)N so bestehen die Gleichungen: r+/+L=n, I+-M+M+M,+...+M, =n, und die Zahlen », L, M, M,. M,, ... M, sind also durch die Relation: r+L=M+M+M,+t...+M, mit einander verbunden. (Fortsetzung folgt.) Ausgegeben am '31. December, Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei (1) VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. ERSTES VIERTELJAHR. (Die Schriften, bei denen kein Format angegeben ist, sind in Oetav.) Verhandlungen der Kaiserlich Leopoldinisch Carolinischen Deutschen Akademie der Natur- ‚Forscher. Bd. 52.53. Halle 1888. 1859. 4. Kataloy der Bibliothek der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. Lief. 2. Halle 1559. Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Jahrg. 1889. Heft XXV. N. 23.24. 1890. Heft XXVI. N. 1—4. Halle 1889. 4. Abhandlungen der historischen Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. XVII. Abth. II. II. München 1859. 4. Nebst drei Festreden von Dr. P. Grown, von E. LommeL und von J. W. von PLanck. Gedächtnissrede auf K. von Praxzr von W. v. Carısr. München 1888. 1889. 4. Sitzungsberichte der mathematisch - physikalischen Classe der K. B. Akademie der Wissen- schaften zu München. 1589. Heft III. — Der philos.-philol. w. hist. Olasse. 1859. Bd. Il. Heft II. München 1590. Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften und der (Georg -Augusts- Universität zu Göttingen. 1589. N. 19 — 21. Göttingen 1889. Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. — Philol. hist. Classe. 1889. II. III. Leipzig 1889. Abhandlungen der philol. hist. Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. XI. N. V. Leipzig 1889. ' Preisschriften gekrönt und herausgegeben von der Fürstlich JaBLonowsKT'schen Gesellschaft zu Leipzig. Math.-naturwiss. Seetion N. X. Leipzig 1589. Sitzungs-Berichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin. Jahrg. 1889. Berlin 1889. Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. XLl. Heft 2. 3. 1889. Berlin 1889. Preussische Statistik. NC. Die Heilanstalten im Preuss. Staate während der Jahre 1550 bis 1385. — C. Die Irrenanstalten im Preuss. Staate während der Jahre 1880 bis 1885. — 107. Die Geburten u. s. w. während des Jahres 1838. — 102. Statistik der preuss. Landesuniversitäten für das Studienjahr Michaelis 1886/87. Berlin 1890. 4. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XVII (1889). Heft 6. NVIII (1889). Ergänzungsband I. ıv. XIX (1890). Heft 1. Berlin 1889. 1590. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXU. N. 17.18, XXIII. N. 1.3.4.5. Berlin 1889. 1890. Verhandlungen der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin im Jahre 1889. Jahrg. VIN. Berlin 1890. Die Fortschritte der Physik im Jahre 1883. Jahrg. XXXIX. Abth. 1.2.3. Berlin 1859. Elektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. XI. 1590. N. 1—12. Berlin 1890. 4. Sitzungsberichte 1590. A (A) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen- Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXXVI. 2. 3. Statistische Lieferung. Bd. XXXVII. Heft 1. 2. und Tafel I-XVII. Berlin 1890. 4. u. Fol. Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. IV. 1889. Heft4. Ber- lin 1890. 4. Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd. XIV. Heft 4. Athen 1889. Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abtheilung. Bd. IV. Heft4. Rom 1889. ‚Jahresbericht und Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Magdeburg 1888. Magdeburg 1889. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 65. Heft 2. Görlitz 1889. Bremisches Jahrbuch. Bd. XV. Bremen 1889. Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg. Bd. 43. Regens- burg 1889. Bericht über die SENKENBERGIsche naturforschende Gesellschaft in Frankfurt am Main. — 1889. Frankfurt a. M. 1889. Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1887-1888. Frankfurt a. M. 1889. Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften. Bd.8. Freiburg i. Br. 1889. Bulletin mensuel de la Societe des Sciences, Agriculture et Arts de la Basse- Alsace. T. XXI. fase. 9. 10. XXIV. fase. 1—2. 1890. Strassburg 1859. 1390. Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1888. Beobachtungs - System der Deutschen Seewarte. Jahrg. XI. Hamburg 1889. 4. Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1888. Beobachtungs-System des Königreiches Sachsen. Jahrg. VI. 1888. Chemnitz 1889. 4. Deutsche Seewarte. Wetterbericht vom 1. October bis 31. December 1889. 1889. Jahrg. XIV. Nr. 274—365 nebst Correeturen u. Nachträgen. Hamburg. Fol. Monatsbericht der Deutschen Seewarte. Juni—Oect. 1889. Hamburg. 4. Meteorologische Beobachtungen der K.Sternwarte bei München im Jahre 1888. München s.a. 4. Sep. Abdr. Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein für Neu-Vorpommern und Rügen in Greifswald. Jahrg. XXI. 1889. Berlin 1890. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 43. Heft IV. Leipzig 1889. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen- schaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1888. Heft I — X. Berlin 1890. 4. Monumenta Germaniae historica. Necrologia Germaniae Il. Dioecesis Salisburgensis Pars prior. Berolini 1890. 4. Festschrift, herausgegeben von der Mathematischen Gesellschaft in Hamburg anlässlich ihres 200 jährigen Jubelfestes 1890. Th. 1. 11. III. Leipzig, Hamburg 1890. Hechvigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXVIlI. Heft 6. 1889. XXIX. Heft 1. 1590. Dresden 1889. 1890. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. 15. Heft 2. Han- nover 1890. Königliche Museen zu Berlin. Mittheilungen aus den Orientalischen Sammlungen. Heft Il. Der Thontafelfund von El Amarna. 11. 1. Hälfte. Berlin 1890. 4. Geologische Karte der Provinz Preussen. Sect. 22. Wormditt. 1 Bl. Fol. Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (3) Berliner astronomisches Jahrbuch für 1892. Berlin 1890. Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 25. Heft 1. Leipzig 1890. Astronomische Nachrichten. Bd. 123. Kiel 1590. 4. Die Forschungsreise S. M. S. »Gazelle« in den Jahren 1874 bis 1876 unter Kommando des Kapitain zur See Freiherrn vox Sonzeinızz. Herausgegeben von dem Hydrographischen Amt des Reichs-Marine-Amts. Th. I. II. III. IV. Berlin 1888. 1889. Desgl. Bd. Il. Zoologie und Geologie. Berlin 1859. 4. Anzeiger des germanischen Nationalmuseums. Bd. 11. Heft 3. Jahrg. 1589. Nürnberg 1889, Mittheilungen aus dem germanischen Nationalmuseum. Bd. 11. Heft 3. Jahrg. 1889. Nürn- berg 1839. Katalog der im germanischen Museum vorhandenen interessanten Bucheinbände und Theile von solchen. Nürnberg; 1389. Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit. Bd. 21. Geschichte der Kriegswissenschaften vornehmlich in Deutschland von M. Jänns. Abth. I. München und Leipzig 1589. Diers, H. Sibyllinische Blätter. Berlin 1590. LAspEeyres, H. Heınrıcn von Dronen. Ein Lebensbild. Bonn 1859. LoEWENBERG. B. Akustische Untersuchungen über die Nasenvocale. Berlin 1889. Sep. Abdr. von EBerstein, L. F. Urkundliche Geschichte des reichsrüterlichen Geschlechtes ERERSTELN voM EBERSTEIN auf der Rhön. Bd. 1.2.3. Berlin 1889. 2. Aufl. 4. — —. Historische Nachrichten über den u. s. w. Marktflecken Gehofen. Berlin 1359. 4. — —. Kriegsberichte. Berlin 1589. 4. — —. (orrespondenz. Berlin 1889. 4. Hamann. OÖ. Der Organismus der Hydroidpolypen. Jena 1882. Sep. Abdr. — —. In Gammarus pulex lebende Cysticerkoiden mit Schwanzanhängen. Jena 1889. Sep. Abdr. — —. Taenia lineata Goeze. ‚Jena 1885. Sep. Abr. — —. Die wandernden Urkeimzellen und ihre Reifungsstätten bei den Echinodermen. Leipzig 1887. Sep. Abdr. — —. Beiträge zur Histiologie der Echinodermen. Wett 1. Jena 1884. 8. Bünter, W. Zwei Materien mit drei Fundamental- Gesetzen nebst einer Theorie der Atome. Stuttgart 1890. JacossıHaL, E. Rückblicke auf die baukünstlerischen Prinzipien ScHinkEr's und BoRTTICHER's. Rede zum Geburtsfeste S. Maj. des Kaisers und Königs Wilhelm Il. Berlin 1890. 4. SCHMARSOW, A. Italienische Forschungen zur Kunstgeschichte. Bd.1. Breslau 1590: STUHLMANN, Fr. Bericht über eine Reise durch Usegua und Ungiu. Hamburg 1887/88. Sep. Abdr. Leypıs, Fr. Beiträge zur Kenntniss des thierischen Eies im wunbefruchteten Zustande. Sep. Abdr. Vier Erzählungen aus der Qukasaptati. Sanskrit und Deutsch von R. Senn. Kiel 1590. Lessing- Gymnasium zu Berlin. Achter Jahresbericht. Ostern 1390; nebst einer wissen- schaftlichen Beilage von Dr. G. Borrrrc#er. Berlin 1890. 3 Ex. 4. Sitzungsberichte der math. naturw. Classe der K. Akademie der Wissenschaften in Wien. Jahrg. 1889. N. XXV-—XXVIM. 1890. N.I-V. Wien 1890. Mittheilungen der K. K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale. Bd.NXV. Heft 3.4. (Schluss.) Wien 1889. 4. Verhandlungen der k. k. zoologisch- botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1589. Bd. XXXIX. Quartal III. IV. Wien 1839. AR (4) Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften. Erstes Vierteljahr. Mittheilungen der Section fir Naturkunde des Österreichischen Touristen-Chub. Jahve. I. Wien 1889. 4. Mittheilungen der K. K. Geographischen Gesellschaft in Wien. 1839. Bd. XXXI (der neuen Folge XXIII). Wien 1859. Abhandlungen der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XI1l. Heft 1. Bd. XV. Heft. Wien 1889. 4. Verhandlungen der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 1889. N. 13 —18. Schlussnummer. 1890. N. 1. 2. Wien. Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1889. Bd. XXXIX. Heft 3. 4. Wien 1889. 3 Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XIX. Heft IV. Wien 1889. 4. Sitzungsberichte der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Math. naturw. Classe. 1889. Il. Prag 1890. ‚Jahresbericht der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften für das Jahr 1889. Prag 1890. Berichte des naturwissenschaftlich - medizinischen Vereines in Innsbruck. Jahrg. XVIM. 1538/89. Innsbruck 1589. Astronomische Beobachtungen an der K. K. Sternwarte zu Prag in den ‚Jahren 1885, 1886 und 1887, enthaltend Originalzeichnungen des Mondes. Herausgegeben von Prof. Dr. L. WEıner. Prag; 1890. 4. IV. V. VII. Bericht der meteorologischen Commission des naturforschenden Vereines in Brünn. Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1884. 1885. 1857. Brünn 1886. 1837. 1889. Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Folge 3. Heft 33. Innsbruck 1889. 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Compte - rendu sommaire des seances de la Societe philomatique de Paris. 1890. N.5—11. Paris. Bulletin de la Societe philomatiqgue de Paris. Ser. VIII. T.1. N. 3.4. Paris 1889. Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et Documents. Ser. VI. Calı. 10—12. AnneelX. 1889. Paris. Annales des Mines. Ser. VIll. T. XVI. Livr. 4.5. 1889. Paris 1889. Annales de Chimie et de Physigue. Ser. Vl. T. XIX. 1890. Janv.-Feyr. Paris 1890. Revue numismatique. Ser. Il. T. VII. Trim. 4. 1889. Paris 1589. Revue archeologique. Ser. 111. T.XV. 1889. Nov.-Dee. T.XV. 1890. Jan.-Fevr. Paris 1889. 1890. Revue scientifique. T.44. Ser. 3. Annee IX. Sem.2. 1889. N.25.26. T.45. Sem. 1. N. 1-3. 5—-7. 9—-12. 1890. Paris 1889. 1890. 4. Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Part. techn. Ser. I. T. XI. Livr. 12. T. XIll. Live. 1-3. — Part. litt. Ser. I. T. XXX. Liyr. 6. T.XXXI. Live. 13. Paris 1889. 1890. Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques de Paris. Annee XII. 1889. Sem. 2. 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Livr. 263 bis 280. Paris 1889. 1890. Bulletin des seances de la Societe des Sciences de Nancy. Anncel. 1889. N.2—5. Nancy 1889. Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Annce 12. Ser. II. N.21— 24. Annee 13. Ser. II. N. 1—5. Bordeaux 1859. 1890. Academie d’Hippone. Comptes-rendus des reunions. Reunion du 15 dee. 1588 et du 25 mars 1889. Bone 1589. Prince ALBERT DE Monaco. Recherche des animaux marins. Paris 1389. Extr. Prince Arserr I. pe Monaco. Resultats des Campagnes scientifiques accomplies sur son Yacht. Fase. 1. Monaco 1889. 4. BrancHarn, E. Les prewes de la dislocation de Vextremite sud-est du continent asiatique pendant läge moderne de la Terre, Paris 1590. 4. Extr. Lecog DE Boıssaupran. Remarques sur un discours de M. W. Crooxes relatif a l’histoire des terres rares. Paris s. a. Drzewieerı, S. Les oiseaux consideres comme des Aeroplanes animes. Clermont (Oise) 1889. Refutation peremptoire d’une brochure intitulee: Etude historique sur l’emploi de air comprime, envoyee par Mr. DurrEsne- SOMMEILLER. S. |. et a. 4. Atti della Reale Accademia dei Lincel. Anno CCLNXNXVI. 1889. Ser. IV. Rendieonti. Vol.V. Fasc. 5—13. Sem. 2. Vol.VI. Sem. 1. Fasc. 1. 2. Roma 1889. 1890. Atti della R. Accademia dei Fisiocritici di Siena. Ser. IV. Vol.1. Fase. 10. Siena 1889. Aiti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXV. Disp. I—5. 1859 —1390 et Eleneo. Torino. Atti del Reale Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Art. T.VU. Ser. VI. Disp. 3 1888—1889. Venezia. Atti e Rendiconti della Accademia medico-chirurgica di Perugia. Vol.ll. Fase.I. Perugia 1390. 10. Atti della Societa Toscana di Scienze naturali residente in Pisa. Processi verbali VI. 1888 bis 1889. VII. 1889—1891. Memorie. Vol. X. 1889. Pisa 1889. Atti della Reale Accademia Lucchese di Seienze, Lettere ed Art. TV. XNV. Lucca 1889. Atti dell’ Accademia Pontificia de Nuovi Lincei. Anno XLI. Sess. I—VIll. Roma 1858 bis 1889. 4. Bollettino della Societa geografica italiana. Ser. III. Vol. UI. Fase. 12. Die. 1889. Vol. II. Fase. I. Gen. 1590. Roma 1859. 1890. Rendiconti dell’ Accademia delle Scienze fisiche e matematiche. (Sezione della Societa Reale di Napoli.) Ser. 11. Vol. III. (Anno XV Ill.) Fase. 1—12. 1559. Napoli 1889. 4. Annuario della Societa Reale di Napoli. Napoli 1890. Memorie della R. Accademia delle Scienze del U’ Istituto di Bologna. Ser. IV. T.IX. Bologna 1888. 4. Nomveaux progres de la question du Calendrier universel et du Meridien universel. Bologne 188). Ateneo Liyure. Rassegna mensile della Societä.di Letture e Conversazioni seientifiche di Genova. Anno Xll. Nov.-Die. 1559. Genova 1859. Archivio della R. Societa Romana di Storia patria. Vol. X1l. Fase. I-IV. Roma 188%. Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. T. 111. Anno 1889. Fase. VI. T. IV. Anno 1890. Fase.lell. Palermo 1889. (5) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. Bulletino di Archeologia eristiana. Anno VI. Ser. IV. N.1.2. Roma 1888—1889. Bonconrassı, B. Bulletino di Bibliografia e di Storia delle Scienze matematiche e fisiche. T.XX. Indiei dei venti Tomi. Roma 1890. 4. Verson, E. La formazione delle ale nella larva del Bombyx mori. Padova 1890. Praccıa Cav. Giovannı. Su due Contramarche in Monete Romane. Bologna 1889. - —, Antiche Monete Siciliane. Roma 1889. Scacen, A. 3 Eıxtr. in 4 aus den Jahren 1889—1890. Firenze. Srossıen, M. 7 Extr. aus den Jahren 1885—1890 naturwissenschaftlichen Inhalts. Venedig. Memoires de l’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Ser. VII. N. 2.3. T.XXXVI. St. Petersbourg 1589. 4. Bulletin de U’ _Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. N. Ser. I. (XXXII.) N.3. St. Petersbourg 1890. Bulletin de la Soeiete Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1889. N.2.3. und Beilage: Meteorol. Beobachtungen (1889. 1. Hälfte). Moseon 1889. 1890. 4. Neurussische Gesellschaft der Naturforscher. Math. Abtheilung. Bd. X. Odessa 1889. Denksehriften. Bd. XIV. 2. Odessa 1889. (vuss.) Bulletin de la Societe Ouralienne d’Amateurs des Sciences naturelles. "U. X. Livr. 3. XI. Liv. 1.2. St. Petersbourg 1857. 1558. 4. Repertorium für Meteorologie. Redigirt von Dr. H. Wırv. Bd. X. St. Petersburg 1889. 4. Annalen des Physikalischen Central-Observatoriums. Herausgegeben von H. Wiırn. Jahrg. 1888. Th. 1. II. St. Petersburg 1889. 4. Meteorologische Beobachtungen des Tifliser physikalischen Observatoriums in den Jahren 1887—1888. Herausgegeben von J. MieLsers. Titlis 1859. Universitäts- Nachrichten. Bd. XXIX. N. 11.12. Kiew 1859. (russ.) Ürgänzungen zum Russischen Gesetzbuch aus den Jahren 1885, 1886 und 1887. 37 Heite. St. Petersburg. (rmuss.) Meddelanden af Societas pro Fauna et Flora Fennica. (1876). 1. (1881). 6.7.8. (1889). 15. Helsingfors. ‚Acta Societatis pro Fauna et Flora Fennica. Vol.V. P.I. Helsingfors 1888. Herbarium Musei Fenniei. Editio seeunda. 1. Plantae vasculares cur. Th. Savan. A. O. Kıurnan. Dj. Hjelt. Helsingforsiae 1839. IHıarmar Hoenr. Dotae conspectus florae Fennicae. Helsingforsiae 1888. Kongliga Svenska Vetenskaps - Akademiens Handlingar. N. F. Bd. 20. 1882 och 1883. l. II. Bd. 21. 1884 och 1885. I. II. Stoekholm 1882. 1885. 4. Surer, F.A. Kritisk Förteckning öfver de i Riksmuseum befintliga Salmonider Atlas. (zu 3d. 21.) Stockholm 1887. Fol. Öfversigt af Kongl. Vetenskaps - Akademiens Förhandlingar. Ärg. 46. 1889. 0292 10: Äre. 47. 1890. N.1. Stockholm 1889. 1890. Lefnadsteckningar öfver Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens. Bd. 2. Häfte 3. Stock- holm 1885. } Danssren,. E. W. Förtechning öfver Innehället i Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens Skrifter 1526— 1883. Stoekholın 1884. Observations meteorologiques suedoises. Publices par l’Academie Royale des Sciences de Suede. Vol. 22—26. 1880 — 1884. Stockholm. 4. Acta mathematica. Zeitschrift herausgegeben von G. MirraG-Lereter. 14:1. Stock- holm 1890. 4. Antiquarisk Tidskrift för Sverige. Genom H. Hırpesrann. Deel X. Häftet >. Stock- holm 1889. Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (9) Dlemoires de l’Academie Royale de Copenhague. Classe des Seiences. Ser. VI. Vol. V. N.1. 2. Classe des Lettres. Ser. VI. Vol.II. N.6. Vol.II. N.1. Kjeben- havn 1889. 4. Bulletin de l’Academie Royale de Copenhague. 1889. N.2. Kjebenhavn 1889. Archives Neerlandaises des Sciences exactes et naturelles. T. XXIV. Livr.1. Harlem 1890. Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde. Jaarg. 1—8. Leiden 1881 —1888. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch- Indiö. Volg.V. Deel V. Aft.1. ’s Gravenhage 1890. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXXII. Aft.2.3. 4. Batavia 1859. ScHLEGEL, G. Nederlandsch-chineesch Woordenbock. Deel IV. Aft. III. Leiden 1890. Jan Kors und van Erven. Flora Batava. Aft. 237. 288. Leiden 1339. 4. Nederlandsch- Indisch Plakaatboek. 1602 —18S11, door J. A. van DER Cnuus. Deel VI. 1750— 1754. Batavia 1889. 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N. 14—17. Einen Aufsatz über »Jomann SANUEL Könıs, ein bernischer Mathematiker des 18. Jahrhunderts« enthaltend. Worr, R. Astronomische Mittheilungen. LXXIV. Zürich 1889. Bulletin de la SocietE Vaudoise des Sciences naturelles. Ser. III. Vol. XXV. N. 100. Lau- sanne 1889. Praxvamour, Pu. Des mouvements periodiques du Sol, accuses par des niveauxc a bulle d’air. Geneve 1889. Extr. Sarasın et Z. pe La Rıve. Sur la resonnance multiple des ondulations electriques de M. Herzz. Geneve 1890. Extr. Boletin de la Real Academia de la Historia. T. XV. Cuad.V]. Die. 1889. T. XVI. Cuad. I. II. 1890. Madrid 1889. 1890. : Communicagoes da Commissao dos Trabalhos geologicos de Portugal. T.Il. Fase. I. 1888 bis 1889. Lisboa 1889. Diaz ve Carvarno, H. A. O. Lusuco. Algumas observagoes sobre 0 livro do Sr. Latrobe Bateman intitulado » The first Ascent of the Kasai«. Lisboa 188). Le Bulletin de la Societe des Medecins et des Naturalistes de Jassy. Annee ll. Vol. Ill. N. II. III. 1889. Jassy 1889. 4. Sitzungsberichte 1890. B (10) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. pe Hurmuzarı, L. Documente privitore la Istoria Romänilor. Suppl.I. Vol. III. Fase. II. 1795 —1803. Bucuresci 1889. 4. Annals of the New York Academy of Sciences, late Lyceum of Natural History. Vol. IV. N.12. New York 1889. Transactions of the New York Academy of Sciences. Vol. VIll. N.5—8. 1888 —1889. New York 1889. Proceedings of the American Academy of Arts and Science. N.Ser. Vol.XV. P.Il. Boston 1888. The Astronomical Journal. Vol.IX. 1889. N. 15—20. Boston 1889. 4. Transactions of the American Philological Association. 1888. Vol. XIX. Boston 1859. Proceedings of the boston Society of Natural History. Vol. XXIV. T.I. II. 1355 —1889. Boston 1889, Proceedings of the United States National Museum. Vol. X. 1887. XI. 1888. Washing- ton 1888. 1889. Bulletin of the United States National Museum. N.33—37. Washington 1889. United States Coast and Geodetic Survey. Bulletin N. 13. 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The American Journal of Science. Vol. XXXIX. N. 229. 230. 231. New Haven 1890. Transactions of the Astronomical Observatory of Yale University. Vol.I. P.II. New Haven 1889. 4. Report of the Iowa Weather Service for the years 1878— 1883. 1884. 1885. 1887. By G. Hınrıcas. Des Moines 1888. 1889. Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (ll) Reports on the Observations of the Total Eelipse of the Sun of January 1, 1889. Published by the Lick Observatory. Sacramento 1889. Report of the Commissioner of Education for the year 1887—1888. Washington 1889. Annual Report of the Geological Survey of Pennsylvania for 1887. South Mountain Map, Sheet ©, 1—4. D 6. (Geol. Survey.) Harrisburg 1889. Lestev, J. P. A Dictionary of the Fossils of Pennsylvania and neighboring states. Vol.1. (Pennsylvania Geol. Survey.) Harrisburg 1889. A—M.P. 4. Rean, M. C. Archaeology of Ohio. Cleveland, Ohio. s. a. Anuario del Observatorio astronomico nacional de Tacubaya para el ano de 1890. 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Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissen- schaften zu München. 1890. Heft 1.1. München 1390. Abhandlungen der math.-physik. Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 3d. XVII. Abth.I. Der historischen Classe. Bd. XIX. Abth. I. München 1389. 4. Abhandlungen der math.-physischen Classe der RK. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. XV. N. VII. VII. IX. Leipzig 1889. Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft zu Leipzig. Math. - phys. Classe. 1889 11. III. IV. Leipzig 1590. Register zu den Jahrgängen 1846—1885 der Berichte über die Verhandlungen und zu den Bänden I.—X1I. der Abhandlungen der math.-phys. Classe der K. Sächsischen Gesell- schaft der Wissenschaften zu Leipzig. Leipzig 1889. Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. ‚Philol.- hist. Classe. 1889. IV. Leipzig 1890. B* (12) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. Abhandlungen der philol.-hist. Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. X1. N. VI. Leipzig 1890. Preussische Statistik. 102. Statistik der Preuss. Landesuniversitäten für das Studienjahr Michaelis 1886/87. Berlin 1890. 4. — 103. Grundeigenthum und Gebäude im Preuss. Staate vom Jahre 1878. Berlin 1889. 4. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXIII. N.6—10. Berlin 1890. Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XIX (1890). Heft 2.3. Berlin 1890. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen- Wesen im Preussischen Staate. Bd. XXXVII. Heft 3. nebst Atlas, Tafel XIX—XXV; sowie die Texttafel b. Berlin 1890. 4. u. Fol. Deutsches meteorologisches Jahrbuch für 1889. Heft ll. Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre 1889. Berlin 1890. 4. Blektrotechnische Zeitschrift. Jahrg. XI. Heft 13—26. Berlin 1890. 4. Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. V. 1890. Heft 1. Ber- lin 1890. 4. Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd. XV. Heft 1. Athen 1890. Ephemeris epigraphica. Corporis inscriptionum Latinarum supplementum. Vol. VI. Fasc. 3. Berolini 1890. I rilievi delle Urne etrusche pubbl. a nome dell’ Instituto di Corrispondenza archeologico. Vol. I pubbl. da E. Bruns. Roma 1870. Vol. II P. I pubbl. da G. Körrz. Roma 1390. 4. Die Kriege Friedrichs des Grossen. Erster Theil. Der erste Schlesische Krieg. 1740 bis 1742. Herausgegeben vom Grossen Generalstabe. Bd.I. Berlin 1890. Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd.IX. Heft 3. Berlin 1590. Congres international des Americanistes. Compte-rendu de la septieme Session. Berlin 1888. Berlin 1890. Antike Denkmäler. Herausgegeben vom K. Deutschen Archäologischen Institut. Bd. I. Heft 4. (1889). Berlin 1890. Fol. Bestimmung der erdmagnetischen Elemente an 40 Stationen im nordwestlichen Deutschland, ausgeführt im Auftrage der Kaiserlichen Admiralität in den Jahren 1887 und 1888 von D. M. EscHenHAsen. Berlin 1890. 4. Geognostische Jahreshefte. Jahrg. 2. 1589. Cassel 1889. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 66. Heft 1. Görlitz 1890. Publication der K. Sternwarte in Kiel. IV. Anhang zu den Zonenbeobachtungen der Sterne zwischen 55 und 65 Grad nördlicher Declination, angestellt an den Sternwarten zu Helsingfors und Gotha. Kiel 1890. 4. Zeitschrift für Naturwissenschaften. Bd. LXU. 4. Folge. Bd.8. Heft 3—5. Halle a. S. Jahrbücher der K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. N. Folge. Heft XVI. Erfurt 1890. Abhandlungen herausgegeben von der SENCKENBERGiSchen naturforschenden (Gesellschaft. Bd. XVI. Heft 1. Frankfurt a. M. 1890. 4. Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1888— 1889. Frankfurt a. M. 1890. Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Heft LXXXVII. Bonn 1889. Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. XV. Heft 3. Hannover 1890. 38. 39. Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover für die Geschäftsjahre 1887/88 und 1888/89. Hannover 1890. Catalog der Astronomischen Gesellschaft. Abthlg. 1. 4. Stück. Zone + 55° bis + 65°. Beobachtet auf den Sternwarten Helsingfors und Gotha. Abthlg. 1. 14. Stück. Zone + 1° bis + 5°. Beobachtet auf der Sternwarte Albany. Leipzig 1890. 4. r * * * . . r. . g Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften. Zweites Vierteljahr. (13) Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. XXIV. . Heft 1. Leipzig 1890. Vorläufige Mittheilung aus den Jahrbüchern des K. Sächs. meteorologischen Instituts zu Chemnitz. Chemnitz 1890. 4. Hedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXIX. 1890. Heft 2. Dresden. Sitzungsberichte der physikalisch-medicinischen Societät in Erlangen. 1890. Heft 21. Erlangen 1890. Verhandlungen der physikalisch- medicinischen Gesellschaft zu Würzburg. N. Folge. Bd. XXI. Würzburg 1890. 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Memorias de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T.1ll. Cuad. N. 11.12. T.1IV. Cuad. 1.2. Mexico 1890. Estados unidos Mexicanos. Secretarıa de Fomento. Seceion 4. Informes interior y exterior. Agrieultura € Industrias. 1590. N. 55—63. Mexico 1890. Revista do Observatorio do Rio de Janeiro. Anno V. 1890. N. 8.9. Rio de Janeiro 1890. 40 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. oo = ) Resultados del Observatorio Nacional Argentino en Cordoba. Vol. X. Observaeiones del ano 1879. Buenos Aires 1390. 4. MorErno, Fr. P. Le Musee de La Plata. La Plata 1890. Extr. Boletin de la Academia Nacional de Ciencias en Cordoba. T. XI. Entr. 4. Buenos Aires 1559. The Journal of the College of Science, Imperial University, Japan. Vol. UI. P.IV. Tokyo 1890. Transactions of the Seismological Society of Japan. Vol.XV. 1890. Yokohama. Bw Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (41) NAMENREGISTER. Arons, Dr. L. in Berlin, Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln. 953. 969 — 973. AUERBACH, Prof. L. in Breslau, zur Kenntniss der thierischen Zellen. 701. 735 —749. =AuweERS, Festrede zur Feier des Gedenktages Frırprıcn’s II. und zur Vorfeier des Geburtsfestes Seiner Majestät des regierenden Kaisers und Königs. 75. , Mittheilung über die Bahnbewegung des Sterns « Virginis. 401-— 402. , über eine Bestimmung der Sonnenparallaxe aus Meridianbeobachtungen des Planeten Iris in der Erscheinung von 1888. 1341. Bauca, Öberlehrer Dr. G. in Bıeslau, erhält 500 Mark für bibliothekarische Forschungen zur Geschichte des Humanismus. 953. Baunnaver, Dr. Heinr. in Lüdinghausen, über die Abhängigkeit der Ätzfiguren des Apatits von der Natur und Concentration des Ätzmittels. 431. 447— 465. Bernstein, Prof. Julius in Halle, phototelephonische Untersuchung des zeitlichen Verlaufs elektrischer Ströme. 141. 153 —157. von Bezorp, zur Thermodynamik der Atmosphaere. 355 — 390. u ‚ zur Theorie der Cyklonen. 689. 1295 —1317. pu Boıs-Revuonp, Bericht über die Humboldt-Stifiung. 82—.87. ———., über secundär-elektromotorische Erscheinungen an den elek- trischen Geweben. 627. 639 — 677. —- — , Festrede zur Feier des Leisnızischen Gedächtnisstages. 753 — 744. - — , Erwiderung auf Engrer’s Antrittsrede. 778—780. pu Boıs, Dr. H.E. J. G. in Berlin und Rvsens, Brechung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 953. 955—. 968. Braun, Prof. Ferdinand in Tübingen, Beobachtungen über Elektrolyse. 1209. 1211-——1222. Brückner, Prof. A. in Berlin, Bericht über eine von der Königlichen Akademie subventionirte Reise 1889/1890. 1333. 1335 —1340. Brunner, über absichtslose Missethat im altdeutschen Strafrechte. 255. 815 — 842. Bruns, Prof. H. in Leipzig, über das Problem der Saecularstörungen. 467. 543 — 545. Buys-Barror, starb am 3. Februar in Utrecht. 121. Casorarı, starb am 11. Sept. in Pavia. 1090. =ÖoNnze, über die Attischen Grabreliefs. 51. , über die bei Vurwa und Velanidesa in Attika neu aufgedeckten Grabmäler. 95. ‚ Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologischen Instituts. 555. 589 — 597. Currıus, Erwiderung auf WEınHoLpD’s und vVoN DER GABELENTZ Antrittsreden. 786 — 738. ‚ Studien zur Geschichte des griechischen Olymps. 1139. 1141—1156. Danes, Prof. W. in Berlin, erhält 1200 Mark zu einer geologischen Untersuchung der Insel Gotland und Dalekarliens. 556. (42) Namenregister. Dauzs, über die Schichtenfolge der Silurbildungen Gotlands und ihre Beziehungen zu obersilurischen Geschieben Norddeutschlands. 1109. 1111—1129. Dıirrs, Bericht über die Ausgabe der Aristoteles- Commentatoren. 77—78. — ——., über eine pythagoraeische Fälschung. 181. DırL.mann, Bemerkungen zur Grammatik des Geez und zur alten Geschichte Abessiniens. 1. 3—17. Dırırnev, Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Aussenwelt und seinem Recht. 427. 977 — 1022. Dünnter, über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 553. 935 — 952. Enter, Prof. Dr. Adolph in Berlin, als ordentliches Mitglied der physikalisch- mathematischen Classe bestätigt. 181. — _ _ _ _, Antxittsrede. 775-718. FrEıscumann, Privatdocent Dr. A. in Erlangen. Die Stammesverwandtschaft der Nager (Rodentia) mit den Beutelthieren (Marsupialia). 297. 299 — 305. Fvcns, zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 19. 21—38. — ——., über algebraisch integrirbare lineare Differentialgleichungen. 467. 469 — 483. VON DER GABELENTZ, über die Kabakadasprache in Neupommern. 751. _ —— , Antrittsrede. 782 —785. GasrıEL, Prof. S. in Berlin, zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1265. 1231 — 1294. GerumAarDT, erhält 900 Mark zur Herausgabe des 7. Bandes von Leısnız' philosophi- schen Schriften. 1265. Gırr, David, Direetor der Königlichen Sternwarte am Cap der guten Hoffnung, zum correspondirenden Mitglied der physikalisch - mathematischen Classe gewählt. 596. ' Hanuann, Privatdocent Dr. O. in Göttingen, erhält 1000 Mark zur Fortsetzung seiner Untersuchungen über Echinorhynchen. 953. Harsack, Prof. Dr. Adolph in Berlin, als ordentliches Mitglied der philosophisch- historischen Classe bestätigt. 205. , Antrittsrede. 788—791. Harzer, Prof. P. in Gotha, erhält 500 Mark zur Bezahlung von Hülfsarbeiten bei der Berechnung einer an der Herzoglichen Sternwarte angestellten Beobachtungs- reihe. 353. von Hernnorrz, die Energie der Wogen und des Windes. 843. 8553 — 872. Hessen, Prof. V.in Kiel, einige Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt- ‘Stiftung. 217. 243—253. Hırscurero, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. 76—-77. , über einige Daten der römischen Kaiserzeit. 319. von Hormann, Dissociationsversuche. 121. 183— 199. — 2, neue Untersuchungen über die Äthylenbasen. 1265. 1267 — 1280. Jesse, OÖ. in Steglitz, erhält 3600 Mark zu Untersuchungen über die leuchtenden Nachtwolken. 353. , Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1023. 1031—1044. Kayser, Prof. H. in Hannover, und Runge, über die Speetren der Alkalien. 555. 399 — 600. "RKırrert, übergibt eine Specialkarte des westlichen Kleinasiens und eine des griechi- schen Sprachgebiets bei Trapezunt. 975. Kırennorr, Bericht über die Sammlungen der griechischen Inschriften. 75—76. zZ ‚ Bemerkungen zu Thukydides 5, 21—24. 1089. 1091 — 1108. Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (43) Kreıv, über eine Methode, ganze Krystalle oder Bruchstücke derselben zu Unter- suchungen im parallelen und im convergenten polarisirten Lichte zu verwenden. 345. 347 — 351. krystallographisch - optische Untersuchungen, vorgenommen an Rhodizit, Jeremejewit, Analeim, Chabasit und Phakolith. 701. 703— 733. Köster, über die Diadochengeschichte Arrian’s. 555. 557 —588. KroNEcKER, zur Theorie der elliptischen Functionen. 97. 99—120. 123--150. 217. 219— 241. 307— 318. 1023. 1025— 1029. — — ., Mittheilung, betreffend die Summation der Reihe Ser (E, 1,%,v,w). 121. —__, fiber orthogonale Systeme. 467. 525—541. 601—607. 691— 69. 873 — 885. 1063— 1080. — , über die Composition der Systeme von n2 Grössen mit sich selbst. 467. 1081 — 1088. — — — — — _ ___, algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. 1223. 1225 bis 1237. #=Kuxpr, über das optische und elektrische Verhalten dünner Metallschichten. 953. #=Lanporr, über die Prour'sche Hypothese. 429. *Lersıus, Prof. R. in Darmstadt, die griechischen Marmorbrüche und die Benutzung derselben im Alterthum. 205. , Bewilligung von 6500 Mark zur Herausgabe der von demselben auf Kosten der Akademie aufgenommenen geologischen Karte von Attika. 1089. Lıiesreicn, Prof. Oscar in Berlin, dritte Abhandlung über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 1223. 1239 — 1256. Lınck, Privatdocent Dr. J. in Strassburg i. E., erhält 500 Mark zur petrogenetischen Untersuchung einer Gesteinsinsel des oberen Veltlins. 953. Lırscnrrz, Beiträge zu der Theorie der gleichzeitigen Transformation von zwei quadratischen oder bilinearen Formen. 429: 485 — 523. MarrHıEessen, Prof. in Rostock, erhält 1500 Mark zu einer Reise nach den Fang- stationen der Walfische am nördlichen Eismeer behufs ophthalmologischer Unter- suchungen an Cetaceen. 5l. Meyer, Prof. Wilh. in Göttingen, die Berliner Centones der Laudes dei des Dracon- tius. 95. 257 — 296. Mörıns, über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thiersysteme. 543. 845 — 851. = ______, über die mit Unterstützung der Akademie ausgeführten Untersuchungen des Hrn. Dr. F. Dauı in Kiel über die Thierwelt der Unterelbe. 1223. Mörrer, Forstassessor Dr. A. in Eberswalde, erhält 3000 Mark zu einer Reise nach Süd-Brasilien behufs Ausführung mykologischer Studien. 953. Morrxke, General-Feldmarschall Graf Dr. von, Adresse an ihn zu seinem 90. Geburts- tage. 1089 — 1090. Mommsen, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. 76 — 77. rr ide , Bericht über die Prosopographie der römischen Kaiserzeit. „ Bericht über die Corpus nummorum. 78. , übergiebt Srupenunp’s hinterlassene Collectanen für die Institutionen des Gaius und für die Schriften des Fronto. 403. ‚ Erwiderung auf Harnack’s Antrittsrede. 791 — 79. , über das römisch -germanische Herrscherjahr. 797. , über einige neu gefundene römische Urkunden. 1209. Munk, Sehsphaere und Augenbewegungen. 53— 74. , Untersuchungen über die Fühlsphaere der Grosshirnrinde. 345. (44) Namenregister. NaGer, Dr. W. in Berlin, über die Entwickelung des Uterus und der Vagina beim Menschen. 467. 547 — 552. *Pernıcz, über den Modus bei Übereignungsgeschäften im klassischen römischen Rechte. 201. RAMMELSBERG, über die chemische Natur der Turmaline. 627. 679 — 688. vow REBEuUR-Pascawerz, Dr. E., z. Z. auf Teneriffa, erhält 2000 Mark zur Fort- setzung seiner Versuche über Schwankungen der Lothlinie. 353. Rınse, Dr. F. in Berlin, erhält 1200 Mark zur Untersuchung der mitteldeutschen. Basalte. 556. , über die Umänderungen, welche die Zeolithe durch Erwärmen bei und nach dem Trübewerden erfahren. 1161. 1163— 1207. Roupe, E., Privatdoe. in Breslau, erhält 1800 Mark zu Untersuchungen über das Central- nervensystem der Haifische und Echinodermen auf der zoologischen Station in Neapel. 51. RosenrnHar, Prof. J. in Erlangen, calorimetrische Untersuchungen an Säugethieren. 391. 393 — 398. ®Roru, über die Veränderungen, welche die Gesteine durch Contaet mit Eruptiv- gesteinen erleiden. 203. Rusens, Dr. H. in Berlin und vu Boıs, Brechung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 953. 955 — 968. Runge, Prof. €. in Hannover und Kayser, über die Spectren der Alkalien. 555. 599 — 600. #SacHau, die altaramaeische Inschrift auf dem Standbilde des Königs Panammü von Sam’al aus dem 8. Jahrh. vor Chr. Geburt. 399. ScHEINER, Dr. J. in Potsdam, Untersuchungen über die Sternspeetra vom I. Typus auf Grund von photographischen Aufnahmen. 141. 143 — 151. j SCcHELLONG, Dr. in Königsberg, erhält 600 Mark zur Bearbeitung des von ihm auf Nen-Guinea gesammelten anthropologischen Materials. 51. ®=SCHIMPER, Prof. A. F. W. in Bonn, Bericht über seine Reise nach Java. 1023. — , über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, besonders in der Flora Java’s. 1023. 1045 — 1062. Scunıpr, über die Urheimath der Indogermanen und das europäische Zahlsystem. 297. ScHMoLLER,; Bericht über die politische Correspondenz FRrıEprıcH's des Grossen. 738— 31. — — _, Bericht über die Acta Borussiea. 81—-82. #=____, jiber das deutsche städtische Fremdenrecht von 1200 —1500. 401. ScHNEIDER, Dr. R. in Berlin, nene histologische Untersuchungen über die Eisenauf- nahme in den Körper des Proteus. 887 — 897. SCHRADER, zur Geographie des assyrischen Reichs. 321 — 344. — —— —., die Datirung der babylonischen sogenannten Arsaeideninschriften. 1263. 1319 —1332. SCHWENDENER, die Mestomscheiden der Gramineenblätter. 353. 405 — 426. „ nochmals über die optisch anomale Reaction des Traganth - und Kirsch- gummis. 1109. 1131 — 1137. SELENnkA, Prof. Emil in Erlangen, zur Entwickelung der Affen. 1223. 1257 —1262. 638. STEINER, Prof. J. in Köln, die Funetionen des Centralnervensystems der wirbellosen Thiere. 19. 39—49. STRASBURGER, die Vertreterinnen der Geleitzellen im Siebtlieille der Gyimnospermen. 205. 207 — 216. von SırmENs, über das allgemeine Windsystem der Erde. 627. 629 Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (45) von Syser, Bericht über die Politische Correspondenz Frıeprıen's des Grossen. 78—81. , Bericht über die Acta Borussica. 81—.82. , Bericht über das Königliche Historische Institut in Rom. 88— 91. = , Mittheilungen über Hassenpflug. 95. #®_ _____, zur Geschichte des heiligen Rocks in Trier. 1157. , die Entstehung des Amts des Generalpolizeidirectors im Jahre 1854. 1353. TuıeEsen, Dr. M. in Charlottenburg, Beiträge zur Dioptrik. 797. 799 — 813. Tsc#ırcn, Dr. Al. in Berlin, die Saugorgane der Seitamineen-Samen. 121. 151140. Ursan, Prof. I. in Berlin, erhält 1200 Mark zu einer Reise nach Paris zum Zweck des Studiums der dort befindlichen Exemplare der westindischen Flora. 556. Voser, Prof. H. €. in Potsdam, Bahnbewegung des Sterns « Virginis. 401—402. WALDEYER, die Rückbildung der Thymus. 431. 433 — 446. Warrensacn, Bericht über das Königliche Historische Institut in Rom. 885— 21. , die Briefe des Canonieus Guido von Bazoches, Cantors zu Chälons im 12. Jahrh. 159. 161 — 179. WEBER, die Griechen in Indien. 899. 901 — 933. Weınnorp, über den Mythus vom Wanenkrieg. 609. 611—625. , Antrittsrede. 780— 781. Wırr, Privatdocent Dr. in Rostock, erhält 2000 Mark zu einer Reise nach den Bale- aren und nach Algier, um die Entwickelung der Geekonen und verwandter Formen zu verfolgen. 353- WinkteEr. Prof. in Breslau, erhält 500 Mark zu einer Reise nach Petersburg zur Ausbeutung der dortigen Materialien für die samojedische, tungusische und tür- kische Sprache. 51. Zeuter, Bericht über die Ausgabe der Aristoteles-Commentatoren. 77 —78. „ Bericht über die Vollendung der akademischen Ausgabe von Leıeniız' philo- sophischen Schriften. 774— 775. , über die Abfassungszeit des platonischen Theätet. 1159. (46) SACHREGISTER. Abessinien, Bemerkungen zur alten Geschichte desselben, von Dirrmann. 1. 3—17. Acta Borussiea, Bericht. 31 — 82. Adresse an General-Feldmarschall Graf von Morrke zu seinem 90. Geburtstage. 1089 — 1090. Äth ylenbasen, neue Untersuchungen über dieselben, von v. Hormann. 1265. 1267 — 1280. Affen, zur Entwiekelung derselben, von E. Serenka. 1223. 1257 — 1262. Akademische Preisaufgabe. 79%. Algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen, von Kronecker. 1223. 1225 — 1237. Alkalien, über die Spectren derselben, von H. Kayser und (. Runge. 555. 599 —600. Altaramaeische Inschrift anf dem Standbilde des Königs Panammü von Sam’al, von SAcHau. 399. Altdeutsches Strafrecht, über absichtslose Missethat in demselben, von BRUNNER. 255. 815 — 842. Amine, s. Bromhaltige Amine. Anatomie und Physiologie: L. AuversacH, zur Kenntniss der thierischen Zellen. 701. 735—749. — E. ou Bors-Reymonp, über secundär-elektromotorische Erscheinuegen an den elektrischen Geweben. 62% 639 — 677. — Munk, Sehsphaere und Augen- bewegungen. 53—74. — Derselbe, Untersuchungen über die Fühlsphaere der Grosshirnrinde. 345. — W. Nasen, über die Entwickelung des Uterus und der Vagina beim Menschen. 467. 547 — 552. — J. RosentHuAaL, calorimetrische Unter- suchungen an Säugethieren. 391. 393—398. — R. Schneider, neue histologische Untersuchungen über die Eisenaufnahme in den Körper des. Proteus. 887 — 897. — E. Serenka, zur Entwickelungs der Affen. 1223. 1257—1262. — I. SrEINER, die Functionen des Centralnervensystems der wirbellosen Thiere. 19. 39—49. — Wwarpeyer, die Rückbildung der Thymus. 431. 433 — 446. Ansprache an Seine Majestät den Kaiser und König aus Anlass des Todes Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta. 93 — 94. Apatit, über die Abhängigkeit der Ätzfiguren desselben von der Natur und Concen- tration des Ätzmittels. von H. BaumnAaver. 431. 447 — 465. Archaeologie: Conze, über die attischen Grabreliefs. 51. — Derselbe, über die bei Vurwa und Velanidesa in Attika neu aufgefundenen Grabmäler. 95. — R. Lersivs, die griechischen Marmorbrüche und die Benutzung derselben im Alter- thum. 205. — ‚Jahresbericht des Kaiserlich Archaeologischen Instituts. 555. 589 — 597. Archaeologisches Institut. Neue Publieationen. 403. — Jahresbericht. 555. 589 — 597. Aristoteles-Commentatoren: Bericht. 77—78. — Geldbewilligung. 555. Arrian. über dessen Diadochengeschichte, von Könter. 555. 557 — 588. Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (47) Arsacideninschriften, die Datirung der babylonischen sogenannten —, von SCHRADER. 1265. 1319 — 1332. Assyrisches Reich, zur Geographie desselben, von Scuraver. 321—344. Astronomie: Auwers, Mittheilung über die Bahnbewegung des Sterns « Virginis. 401 — 402. — Derselbe, über eine Bestimmung der Sonnenpanallaxe aus Meridian- beobachtungen des Planeten Iris in der Erscheinung von 1888. 1341. — H. Bruns, über das Problem der Saecularstörungen. 467. 543 — 545. J. ScHEiser, Unter- suchungen über die Sternspeetra vom I. Typus auf Grund von photographischen Aufnahmen. 141. 143—151. i Atmosphaere, s. Thermodynamik. Attische Grabreliefs, über dieselben, von Coxze. 51. — neu aufgedeckte Grab- denkmäler, von demselben. 95. Babylonische sogenannte Arsacideninschriften, die Datirung derselben von Scurapkr. 1263. 1319 —1332. Bazoches, s. Guido. Beutelthiere, die Stammesverwandtschaft der Nager mit denselben, von A. Freisch- MANN. 297. 299 — 305. Bilineare Formen, algebraische Reduction von Schaaren solcher, von Kroxecker. 1223. 1225 —1237. — Beiträge zu der Theorie der gleichzeitigen Transformation von zwei solcher, von Lirscarrz. 429. 485 —523. Bopp-Stiftung, Jahresbericht. 87. Botanik: A. F. W. Scuinper, über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, be- sonders in der Flora Java’s. 1023. 1045— 1062. — SchwEnpENER, die Mestom- scheiden der Gramineenblätter. 353. 405 — 426. — Derselbe, nochmals üher die optisch-anomale Reaction des Traganth- und Kirschgummis. 1109. 1131—1137. E.StRASBURGER, die Vertreterinnen der Geleitzellen im Siebtheile der Gymnospermen. 205. 207— 216. — Ar. Tscuircah, die Saugorgane der Seitamineen-Samen. 121. 131 — 140. Brecehung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen, von H.E. J. G. nu Boıs und H. Rusens. 953. 955 — 968. Bromhaltige Amine aus der Fettreihe, zur Kenntniss derselben, von S. Gaskıer. 1265. 1281 — 1294. Calorimetrische Untersuchungen an Säugethieren, von J. Rosentnar. 391. 393 — 398. Centralnervensystem der wirbellosen Thiere, die Funetionen desselben, von I. Steiner. 19. 39 — 49. Chemie: S. GaprıeL, zur Kenntniss bromhaltiger Amine aus der Fettreihe. 1265. 1281 —1294. — von Hormann, Dissociationsversuche. 121. 1833—199. — Der- selbe, neue Untersuehungen über die Äthylenbasen. 1265. 1267 — 1280. H. Kayser und €. Runge, über die Spectren der Alkalien. 555. 599 — 600. — Lanporr, über die Prour'’sche Hypothese. 429. — O. Liesreica,, dritte Abhandlung über den todten Raum bei chemischen Reactionen. 1223. 1239— 1256. — Rau- MELSBERG, über die chemische Natur der Turmaline. 627. 679 —688. Christian von Stavelot, über denselben und seine Auslegung zum Matthäus, von Dümnter. 553. 935 — 952° Composition der Systeme von n? Grössen mit sich selbst, über dieselbe, von Kronxecker. 467. 1081 —1088. Contaetwirkung der Eruptivgesteine, von Rors. 203. Corpus Inseriptionum Graecarum: Bericht. 75— 76. — Geldbewilligung. 55 Latinarum: Bericht. 76— 77. — Geldbewilligung. 555. 797. Sitzungsberichte 1890. G (48) Sachregister. Corpus nummorum: Bericht. .78. — Geldbewilligung. 555. 689. Cyklonen, zur Theorie derselben, von v. Bezorn. 689. 1295 — 1317. Dahl, über dessen Untersuchungen über die Thierwelt der Unterelbe, von Mösıvs. 1223. Deutsches städtisches Fremdenrecht, von Scamorzer. 401. Differentialgleichungen, zur Theorie der linearen —, von Fucus. 19. 21—38, — über algebraisch. integrirbare lineare —., von demselben. 467. 469 —483. Dioptrik, Beiträge zu derselben, von M. Taıesex. 797. 799 — 813. Dissociationsversuche, von v. Hormans. 121. 183— 199. Dracontius, die Berliner Centones der Laudes dei desselben, von W. Meyer aus Speyer. 95. 257 — 296. Eisenaufnahme in den Körper des Proteus, neue histologische Untersuchungen über dieselbe, von R. Scuhneiver. 887 —897. ; Elektrische Ströme, phototelephonische Untersuchung des zeitlichen Verlanfs der- selben, von J. Bernstein. 141. 153— 157. Elektrisch-polarisirte Platinspiegel, Beobachtungen an denselben, von L. Arons. 953. 969 — 973. Elektrolyse, Beobachtungen über dieselbe, von F. Braun. 1209. 1211 — 1222. Elektromotorische Erscheinungen, s. Secundär - elektromotorisch. Elliptische Functionen, zur Theorie derselben, von Kroxecker. 97. 99 — 120. 123—130. 217. 219 — 241. 307—318. 1023. 1025 — 1029. Eruptivgesteine, über die Veränderungen, welche die Gesteine durch Contaet mit denselben erleiden, von Rorn. 203. Europäisches Zahlsystem, über dasselbe, von Scauipr. 297. Festreden: zur Feier des Gedenktages Frıeprıc#'s Il. und zur Vorfeier des Ge- burtsfestes S. M. des regierenden Kaisers und Königs (Auwers). »75. — zur Feier des Leissızischen Gedächtnisstages (E. pu Bois-Reymoxn). 753— 774. Fremdenrecht, deutsches städtisches, von Scuwmorzer. 401. Friedrich der Grosse, s. Politische Correspondenz. Fronto, s. SrupEmunD. E Fühlsphaere der Grosshirnrinde, Untersuchungen über dieselbe, von Muxk. 345. Gaius, Ss. STUDENUND. Geez, Bemerkungen zur Grammatik desselben, von Dirımann. 1. 3—17. Geldbewilligungen zur Fortführung der wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie: Corpus inseriptionum Latinarum. 555. 797. — Prosopographie. 555. — Corpus insceriptionum Graecarum. 555. — Aristoteles-Commentatoren. 555. — Politische Correspondenz und Staatsschriften Frieprıcn’s II. 555. — Corpus nummorum. 599. 689. Geldbewilligungen für besondere wissenschaftliche Untersuchungen und Veröffent- lichungen: Bavcn, Geschichte des Humanismus. 953. — Nusssaun, californische Cirrhipedien. 556. — Danes, geologische Untersuchungen auf Gotland. 556. — Deutsche anatomische Gesellschaft, anatomische Terminologie. 556. — Schumann, Blüthenanschluss. 556. — Gerkarpr, Leizxız’ philosophische Schriften. 1265. — Hamans, Echinorhynchen. 953. — Harzer, Beobachtungen der Gothaer Sternwarte. 353. — Jesse, leuchtende Nachtwolken. 353. — Lersivs, geologische Karte von Attika. 1089. — Linck, Gesteinsinsel des obern Veltlins. 953. — MarrHiessen, ophthalmologische Untersuchungen an Cetaceen. 51. — Mörer, mykologische Studien. 953. — Physikalische Gesellschaft, Fortschritte der Physik. 1089. — vos Reseur - Paschwırz, Schwankungen der Lothlinie. 353. Borre, geistliche Schauspiele des 14.— 16. Jahrhunderts. 1089. — Reimer’sche Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (49) Buchhandlung, Etruskische Spiegel. 1265. — Ronpe, Centralnervensystem der Haifische. 51. — Scuerrons, anthropologisches Material von Nen-Guinea. 51. — Ursay, westindische Flora. 556. — Wırr, Geckonen. 353. — WiınkteEr, samojedische, tungusische und türkische Sprache. 51. Geleitzellen im Siebtheile der Gymnospermen, die Vertreterinnen derselben, von E. SrrAsBuURGER. 205. 207 — 216. Generalpolizeidireetor, dieEntstehung dieses Amtesim Jahre 1854, vonv. Syeer. 1333. Geographie: Kırrrrr, Specialkarte des westlichen Kleinasiens und eine des grie- chischen Sprachgebiets bei Trapezunt. 975. — ScHRADER, zur Geographie des assyrischen Reichs. 321 — 344. Geologie und Mineralogie: H. Baunsnaver, über die Abhängiekeit der Ätzfiguren des Apatits von der Natur und Coneentration des Ätzmittels. 431. 447 — 465. — W. Danes., über die Schichtenfolge der Silurbildungen Gotlands und ihre Be- ziehungen zu obersilurischen Geschieben Norddeutschlands. 1109. 1111—1129. — Kreıv, über eine Methode, ganze Krystalle oder Bruchstücke derselben zu Unter- suchungen im parallelen und im convergenten polarisirten Lichte zu verwenden. 345. 347 — 351. — Derselbe, krystallographisch- optische Untersuchungen , vor- genommen an Rhodizit, Jeremejewit, Analeim, Chabasit und Phakolith. 701. 703— 733. — R. Lersıvs, die griechischen Marmorbrüche und die Benutzung derselben im Alterthum. 205. — F. Rınse, über die Umänderungen, welche die Zeolithe durch Erwärmen bei und nach dem Trübewerden erfahren. 1161. 1163— 1207. — Rors, über die Veränderungen, welche die Gesteine durch Contact mit Eruptivgesteinen erleiden. 203. Geschichte: Acta Borussica. 81—82. — Corpus nummorum. 78. 555. 689. — Diremans, Bemerkungen zur alten Geschichte Abessiniens. 1. 3—17. — Dünnter, über Christian von Stavelot und seine Auslegung zum Matthäus. 553. 935 — 952. — Frieprıcn's des Grossen politische Correspondenz. 78—81. 555. — HiırschHrELD, über einige Daten der römischen Kaiserzeit. 319. — Historisches Institut in Rom. 88—91. — Monusen, über das römisch - germanische Herrscherjahr. 797. — Derselbe, über einige neu gefundene römische Urkunden. 1209. — Römische Prosopographie. 77. 555. — Scammr, über die Urheimath der Indogermanen. 297. — von SyseL, Mittheilungen über HassexerzuG. 95. — Derselbe, zur Geschichte des heiligen Rocks in Trier. 1157. — Derselbe, die Entstehung des Amts des Generalpolizeidireetors im Jahre 1854. 1333. — Warressach, die Briefe des Canonieus Guido von Bazoches, Cantors zu Chälons im 12. Jahrh. 159. 161—179. — Weser, die Griechen in Indien. 899. 901 —933. Gotland, s. Silurbildungen. Grabdenkmäler. über die bei Vurwa und Velanidesa in Attika neu aufgedeckten, von ConzE. 95. Grabreliefs, über attische, von Coxze. 51. Gramineenblätter, s. Mestomscheiden. Griechen, die —, in Indien, von Weser. 899. 901—933. Griechische Marmorbrüche und ihre Benutzung im Alterthum. von R. Lersıvs. 205. Griechischer Olymp, Studienzur Geschichte desselben, von Currıvs. 1139. 1141— 1156. Griechisches Sprachgebiet bei Trapezunt, Karte desselben, von Kırrerr. 975. Grosshirnrinde, Untersuchungen über die Füllsphaere derselben, von Munk. 345. Guido von Bazoches, Briefe desselben, von Warrenvach. 159. 161—179. Gymnospermen, s. Geleitzellen. Hassenpflug. Mittheilungen über ihn, von v. Syerr. 95. Heiliger Rock in Trier, zur Geschichte desselben, von v. Svser. 1157. G* (50) Sachregister. Historisches Institut in Rom, Bericht. 88 —91. Humboldt-Stiftung, Bericht von E. pu Bors-Reymonp. 82—87. — Bericht von V. Hensen. 217. 243 — 253. Java. Bericht über seine Reise dorthin, von A. F. W. Schmrer. 1023. — über Schutzmittel des Laubes gegen Transpiration, besonders in der dortigen Flora, von demselben. 1023. 1045 — 1062. Indogermanen, über die Urheimath derselben, und das europäische Zalhlsystem, von Scnmipr. 297. Inschriften: Sacuau, die altaramaeische Inschrift auf dem Standbilde des Königs Panammit von Samal aus dem 8. Jahrh. vor Chr. Geburt. 399. — ScHrADER, die Datirung der babylonischen sogenannten Arsaeideninschriften. 1263. 1319 — 1332. Vergl. Corpus Ineriptionum. Iris, s. Sonnenparallaxe. Kabakadasprache in Neupommern, über dieselbe, von von DER GABELENTZ. 751. Kleinasien, Speeialkarte des westlichen —, von Kırrerr. 975. Krystalle, über eine Methode, dieselben zu Untersuchungen im parallelen und im convergenten polarisirten Liehte zu verwenden, von Kreın. 345. 347— 351. Krystallographisch-optische Untersuchungen, von Kırın. 345. 347 — 351. 701..703-733: - Laub, über Schutzmittel desselben gegen Transpiration, von A. F. W. Scuinper. 1023. 1045 — 1062. Leınnız, Vollendung der akademischen Ausgabe von dessen philosophischen Schriften, Bericht von ZELLER. 774 — 775. LEJEUNE-DirıcaLer, Ausgabe seiner Werke. 82. Leuchtende Wolken, Untersuchungen über die sogenannten —, von O. Jesse. 1023. 1031 — 1044. Licht, s. Brechung, Krystalle. Marmorbrüche, griechische und ihre Benutzung im Alterthum, von R. Lersıus. 205. Mathematik: Fuchs, zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 19. 21—38. — Derselbe, über algebraisch integrirbare lineare Differentialgleichungen. 467. 469—483. — Kronecker, zur Theorie der elliptischen Functionen. 97. 99—120. 123—130. 217. 219— 241. 307—318. 1023. 1025 — 1029. — Derselbe, Mit- theilung, betreffend die Summation der Reihe Ser (E&,»,u,v,w). 121. — Der- selbe, über orthogonale Systeme. 467. 525—541. 601—607. 691—699. 873—885. 1063— 1080. — Derselbe, über die Composition der Systeme von n? Grössen mit sich selbst. 467. 1081 —1088. — Derselbe, algebraische Reduction der Schaaren bilinearer Formen. 1223. 1225 — 1237. — Leseune-Dirıcarer's Werke. 82. — Lirsonmz, Beiträge zu der Theorie der gleichzeitigen Transformation von zwei quadratischen oder bilinearen Formen. 429. 485 — 523. MarımÄvs, s. Christian von Stavelot. Mestomscheiden der Gramineenblätter, von SCHWENDENER. 353. 405 — 426. Metalle, s. Brechung. Metallschichten, s. Optisches Verhalten. Meteorologie und tellurische Physik: von Bzzor», zur Thermodynamik der Atmo- sphaere. 355 — 390. — Derselbe, zur Theorie der Cyklonen. 689. 1295 —1317. — von Hrrunorrz, die Energie der Wogen und des Windes. 843. 853— 872. — 0. Jesse, Untersuchungen über die sogenannten leuchtenden Wolken. 1023. 1031—1044. — E. von Resrur-Pascuwivz, Störungen der Lothlinie. 353. — VON SIEMENS, über das allgemeine Windsystem der Erde. 627. 629 — 638. von Miloszewski'sche Preisaufgabe. 794 —795. Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (51) Mineralogie, s. Geologie. Missethat, absichtslose, im altdeutschen Strafrechte, von Brunser. 255. 815 — 842. Mythologie: Curris, Studien zur Geschichte des griechischen Ölymps. 1139. 1141— 1156. — Wemnorn, über den Mythus vom Wanenkrieg. 609. 611— 625. 297. 299 — 305. Neupommern, s. Kabakadasprache. Optisches und elektrisches Verhalten dünner Metallschiehten, über dasselbe. von Kunprr. 953. Orthogonale Systeme, über solche, von Kronkcker. 467. 525 —541. 601-607. 691— 699. 873 — 885. 1063—1080. Panammü, s. Altaramaeische Inschrift. Personalveränderungen. 92. — Vergl. Todesanzeigen und Wahlen. Philologie, allgemeine: Scnmir, über die Urheimath der Indogermanen und das europäische Zahlsystem. 297. — _ _ _____, lateinische: W. Merver, die Berliner Centones der Laudes dei des Draeontius. 95. 257 — 296. „ griechische: Aristoteles- Commentatoren. 77—78. 555. — Diers, über eine pythagoräische Fälschung. 181. — Kırennorr, Bemerkungen zu Thukydides 5, 21— 24. 1089. 1091—1108. — Könrter, über die Diadochengeschiehte Arrian’s. 555. 557— 538. — ZELLER, über die Abfassungszeit des platonischen Theätet. 1159. —_ _ _ ____, orientalische: Dirumans, Bemerkungen zur Grammatik des Geez. 1. 3—17. — von DER GABELENTZ, über die Kabakadasprache in Neupommern. 751. — Vergl. Inschriften. _ _ _ __, slavische: A. Brückxer, Bericht über seine Reise 1859/1890. 1333. 1335 — 1340. Philosophie: Divrney, Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an die Realität der Aussenwelt und seinem Recht. 427. 977—1022. Leisnız' philosophische Schriften, Vollendung der akademischen Ausgabe. 774—775. Physik: L. Arons, Beobachtungen an elektrisch polarisirten Platinspiegeln. 953. 969 — 973. — J. BERNSTEIN, phototelephonische Untersuchung des zeitlichen Ver- laufs elektrischer Ströme. 141. 153—157. — H.E. J. G. vu Bors und H. Rusens, Brechung und Dispersion des Lichts in einigen Metallen. 953. 955 — 968. — F. Braun, Beobachtungen über Elektrolyse. 1209. 1211—1222. — H. Kayser und Ü. Runge, über die Speetren der Alkalien. 555. 599—600. — Kunxpr, über das optische und elektrisclie Verhalten dünner Metallschichten. 953. — M. Tuızsen. Beiträge zur Dioptrik. 797. 799 — 813. ‚ tellurische, s. Meteorologie. Physiologie, s. Anatomie. Plankton-Expedition, Bericht von E. pu Boıs-Reymonn. 82—87; — Bericht von Hensen. 217. 243—253. Platinspiegel, Beobachtungen an elektrisch polarisirten —, von L. Arons. 953. 969— 973. Platon, über die Abfassungszeit von dessen Theätet, von Zerrer. 1159. Polarisirtes Licht, s. Krystalle. Politische Correspondenz Frırorıcn’s des Grossen, Bericht. 73—81. — Geld- bewilligung. 555. Preisaufgaben: Sweıner'sche. 793—794. — von MiLoszewski’sche. 794 —-795. — akademische. 7906. Prosopographie der römischen Kaiserzeit: Bericht. 77. — Geldbewilligung. 555. (22) Sachregister. Proteus, s. Eisenaufnahme. Prout’sche Hypothese, über dieselbe, von Lanporr. 429. Pythagoräische Fälschung, über eine, von Diers. 181. Quadratische Formen, s. Bilineare Formen. Realität der Aussenwelt, Beiträge zur Lösung der Frage vom Ursprung unseres Glaubens an dieselbe, von Dirıney. 427. 977—1022. Rechtsgeschichte: Bruxxer, über absichtslose Missethat im altdeutschen Straf- rechte. 255. 815— 842. — Prrnıcr, über den Modus bei Übereignungsgeschäften im klassischen römischen Rechte. 201. — ScHwmoLter, über das deutsche städtische Fremdenrecht von 1200—1500. 401. Reisen: A. Brückner, Bericht über seine von der Königlichen Akademie subventionirte Reise 1389/90. 1333. 1335 —1340. — Plankton-Expedition. 82—87.217. 243—253. — A. F. W. Scumirer, Bericht über seine Reise nach Java. 1023. Römische Kaiserzeit, über einige Daten derselben, von Hırschrer». 319. Prosopographie: Bericht. 77. — Geldbewilligung. 555. Urkunden, über einige neu gefundene, von Mounusen. 1209. Römisch-germanisches Herrscherjahr, über dasselbe, von Momusen. 797. Saeeularstörungen, über das Problem derselben, von H. Bruns. 467. 543 — 545. Säugethiere, calorimetrische Untersuchungen an denselben, von J. Rosextuar. 391. 393 — 398. Savigny-Stiftung, Bericht. 88. Seitamineen-Samen, die Saugorgane derselben, von A. Tscrırc#. 121. 131—140. Seceundär-elektromotorische Erscheinungen an den elektrischen Geweben, von E. pu Boıs- Reymonn. 627. 639— 677. Sehsphaere und Augenbewegungen, von Munk. 53 — 74. Silurbildungen Gotlands, über die Schichtenfolge derselben und ihre Beziehungen zu obersilurischen Geschieben Norddeutschlands, von W. Dames. 1109. 1111— 1129. Sonnenparallaxe. über eine Bestimmung derselben aus Meridianbeobachtungen des Planeten Iris in der Erscheinung von 1888, von Auwers. 1341. Speetren, s. Alkalien. Sternspectra. Steiner’scher Preis. 793— 794. Stern « Virginis, Mittheilung über die Bahnbewegung desselben, von AuweRs. 401 — 402. Sternspeetra vom I. Typus, Untersuchungen über dieselben auf Grund von photo- graphischen Aufnahmen, von J. Scueiner. 141. 143—131. Studemund, hinterlassene Colleetaneen für die Institutionen des Gaius und die Schriften des Fronto, übergeben von Monusen. 403. Summation der Reilie Ser (£.7,u,v,w), von Kroxecker. 121. Theaetet, s. Plato. Thermodynamik der Atmosphaere, von v. Brzonn. 355 — 39%. Thierische Zellen, zur Kenntniss derselben, von L. Aversacn. 701. 735 — 749. Thiersysteme, über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer —, von Möpıvus. 843. 845 — 851. Thierwelt der Unterelbe, über die Untersuchungen des Hrn. Dr. F. Danr in Kiel über dieselbe, von Mösıvs. 1223. Thukydides 5, 21—24, Bemerkungen dazu, von Kırennorr. 1089. 1091 — 1108. Thymus, die Rückbildung derselben, von Warpever. 431. 433 —446. Todesanzeigen: Buys-Barror. 121. — Casorarı. 1090. Todter Raum bei chemischen Reactionen, dritte Abhandlung über denselben, von OÖ. Liesreicn. 1223. 1239 — 1256. Der erste Jahresband endet mit Seite 554. (55) Traganth- und Kirschgummi, nochmals über dessen optisch-anomale Reaction, von SCHWENDENER. 1109. 1131 — 1137. Transformation von zwei quadratischen oder bilinearen Formen, Beiträge zu der Theorie der gleichzeitigen —, von Lirsenrz. 429. 485 — 523. Transpiration, s. Laub. Trapezunt, Karte des griechischen Sprachgebiets daselbst, von Kırrerr. 975. Trier, s. Heiliger Rock. Turmaline, über die chemische Natur derselben, von Raunerssers. 627. 679— 688. Ü bereignungsgeschäfte, über den Modus bei denselben im klassischen römischen Rechte, von PernxıcE. 201. Unterelbe, s. Thierwelt. Uterus und Vagina des Menschen, über die Entwickelung derselben, von W. NaGer. 467. 547 Velanidesa und Vurwa, s. Grabdenkmäler. 552. Wahl von ordentlichen Mitgliedern: A. Enster. 181. — A. Harnack. 205. von correspondirenden Mitgliedern: D. Girr. 556. Wanenkrieg, über den Mythus von demselben, von Weıinnorn. 609. 611— 625. 97 Windsystem, über das allgemeine der Erde, von v. Sıemens. 627. 629 — 63 Wirbellose Thiere, die Function des Centralnervensystems derselben, von I. Steiner. 19. 39 —49. Wogen und Wind, über die Energie derselben, von v. Herunorız. 543. 353 — 872. Wolken, s. leuchtende Wolken. Zahlsystem, über das europäische, von Scauipr. 297. Zeolithe, über die Umänderungen, welche dieselben durch Erwärmen bei und nach 1207. Zoologie: A. Freıscumann, die Stammverwandtschaft der Nager (Rodentia) mit den dem 'Trübewerden erfahren, von F. Rınne. 1161. 1163 Beutelthieren (Marsupialia). 297. 299— 305. — Hessen, Plankton -Expedition. 82—87. 217. 243—253. — Mösıvs, über die Bildung und Bedeutung der Gruppen- begriffe unserer Thiersysteme. 843. 815—851. — Derselbe, über die mit Unter- stützung der Akademie ausgeführten Untersuchungen des Hrn. Dr. F. Daur in Kiel über die Thierwelt der Unterelbe. 1223. Berichtigungen. S: 402, 7. DU wu. statt Xo4ns lies 0/o13 » 13501 »oglv2o. > Krnlaleoe » 7,18, Ews Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. $ a F ass vn WISSENSCHAFTEN. Anzeige. | - Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende‘ Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 8.1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginivung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummern. 8 2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Daruf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissensehaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8 28. l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitcheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 6 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- senden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus I Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. SE Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden lasse, 88. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. se : l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. Sal. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- tar Anzeige gemacht hat. $ 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. 8-29. 1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. —e—— 1 i | | a 0 co SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXIX. XIX 12. Junı 1890. Se tyaamınn me), BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummern. $ 2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftliehen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. $ 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 7 Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. S 8. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 9. l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. $ 11. r 1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser ‚steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. $ 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. 8 29. 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. —n BR vn EN ie ba he Pr Si 9 a u Te Dr aa SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXX. 19. Junı 1890. en N DEC 8 1890 SER an pet s BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) sl. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummern. 82. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA4. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung drucekfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 86. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassen, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen zuf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. SUR Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlieht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. S 8. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verziehten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. % 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebraebt werden. $ 11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- tar Anzeige gemacht hat. $5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsieht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleiehen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. s 29, 1. Der redigirvende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. -——— asia % SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXX. XXXDOL 26. Junı 1890. Vorrat NR DEC 8 1880 ) De ehe BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, faleyelepelegeleteleyelspelereletel=Tel-Tel-TeI-Tel=Tel=TeJSTeISTS1STS1STSJeTSJeTSIeT=IeT=IeT-Iereler=ler=ler=ler=1e7=ler=JeT ler. Anzeige. Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind 1 an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende, Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) Sul. 2. Diese erselteinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2, 1. Jeden Sitzungsberieht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2, Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welehe in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben? $ 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitsliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. «2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Sehrift der Sitzungsberiehte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Olasse statthaft. 8. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. S 7. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlieht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftliehen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. $8. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 8.9: E 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebraebt werden. $ 11. 1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- tar Anzeige gemacht hat. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. $ 29, 1. Der redigirende Seceretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. Der Satz einer Mit- n SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXXIV. 3. Juzı 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, lT-[-T=l=T=1T=1-T=1T- 17-12 2] Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophlsch-historischen Classe ungerade Nummern. $ 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28, 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnalıme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzusehaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. $8 S 9 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 8». 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebraebt werden. gıl, 1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. S 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redaec- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. $ 29. l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlieh. .——2 >—— SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXXV. 10. Juzı 1890. Be =) N 8 2 BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. [-J-TI=T=1-T=lST=1eT=leTelST=1eTSIST= IST] Terre] Beiliegend ein Carton S. 795 und 796. im} Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende | Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem. Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophtseh-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersielit über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8.28. l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der -Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzusehaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 7. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. 8. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. DE 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginivung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. sıl. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. x 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. $ 29, 1. Der redigivende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlieh. a ae cn ir SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXXVEL XXXV 17. Jurı 1890. a Or 805 MIT TAFELV. Li 35/4 "788 S 8 1890 , BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte.«.) $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummer. 82 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 8A. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen, Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octay in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche J | Auflage eingeliefert ist. 7. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies, gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. 8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. SEHE 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. $ 11. 1. Jeder Verfasser einer unter den »Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. 85 Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte, Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. $ 29, l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich, Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. —m—— TE ' i es] SIFZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN XXXVIN. MIT TAFEL VI. 24. Juzı 1890. HIERBEI VERZEICHNISS DER IM ZWEITEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. or ZN & 2 14775° o _DE0 8 1800) BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. er ersTeletleTS Tell Tele Tel Tee TS Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende | Bestimmungen gelten. A (Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummern, $ 2, 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten, SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklieher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- venden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus ———as——— | 2 nen Anschhe IR een Br Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer E theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in de Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderli J Auflage eingeliefert ist. 1 $ 7. Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der el des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in dem! z scher Sprache‘ veröffentlicht 'sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder 4 betreffenden Classe. S8. } 3.. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verziehten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. \ | 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publicirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. I $ 11. E 1. Jeder Verfasser einer unter den »Wissenschaft- | lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- seltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 1 welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. I 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere _ gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert N zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- ! tar Anzeige gemacht hat. 8:5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar. 829. H 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des 4 A nn ar geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XXXIX. AL. MIT TAFEL VI. 31. Juzı 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, Anzeige. Mit dem Deeemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welehe unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) sl. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oectav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophlsch-historischen Classe ungerade Nummern. 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welehe direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. S 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft, 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87 Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. 8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 89. 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginivung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden, $ 11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungene abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- tar Anzeige gemacht hat. 8 5. Den Bericht über jede 'einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar, $ 29, 1. Der redieivende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. in PErBeE = _ und es sind DE Ze Ze ee ehe an TE nat einer en 0 nn ER ehe u er a en bin nah Er LET LTE Een äm in. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XL. 33. Ocroger 1890. HIERBEI VERZEICHNISS DER IM DRITTEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, relerzlerelsyzlerelerelerelereletelor=eTeler=lereletelerelS Anzeige. I Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberiehte« getreten, für welehe unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) Sl. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav rezelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophlseh-historischen Classe ungerade Nummern. 8,2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftliehen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druekfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. Sa 2. Das Verzeiehniss der eingegangenen Drucksehriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8.28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direot bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 86. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Sehrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus | Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. 8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. Se0: 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. $ 1. ' 1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- liehen Mittheilungen«e abgedruckteu Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- tar Anzeige gemacht hat. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. 8.29, 1, Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. —— ———— | | | SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XLH. XLIM. 30. OcrogEer 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welehe unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) sl 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophlsch-historischen Classe ungerade Nummern. 52 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichnng geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. g 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftliehen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberiehte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. $ 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzusehaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. Se Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. un 8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 9 l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. S11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. $ 5. Den Bericht über jede einzelne. Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte, Derselbe Seceretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. $ 29. l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. N SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XLIV. XLV. XLVL 6. 13. Novemger 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER,. stalsjettelstelsTelstlstel Tel Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberiehte der Königlich : x Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für: welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81, 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav rezelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophlsch-historischen Classe ungerade Nummern. 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissensehaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Rege] zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. 8 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- senden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus | | | Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von „ besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissensehaft- liehe Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. NS: 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten dami auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 89. l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung verschen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. 8 ıl. 1. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungens abgedruckteu Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, : sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. $ 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissensehaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. $ 29, l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. ——ar— a eu SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XLVI. 20. NovEnger 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, I LI LI LALAlLAlLJLAJLJLJLJLJLJLJLJL„J[L„[L[ IL. IJ[.I0-O2-.I2.I2-.I.S.IEIEIEIE.I EI EI TI FI EI I I Ice ee Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 188] haben die »Monatsberichte der Königlic Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, i getreten, Bestimmungen gelten. an deren Stelle »Sitzungsberichte« (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) &1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine dureli den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophlseh-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2, 1. Jeden Sitzungsberieht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. N 9 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. 828. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache ängehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nieht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitsliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 8 6. 2. Der Umfang der Mittheilune darf 32 Seiten in Oetar in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akudemie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist uur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus und es für welche unter anderen folge Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in « Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderlie Auflage Ankankert ist. Sr \ Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissense liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ansg: des Hetseken den Stückes anderweitig, sei es auch n auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in di scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. We der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftli Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlich: beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf dazu ‘der Einwilligung der Gesammtakademie oder betreffenden Olese- s ‘8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonder Verlangen verschickt. _ Die Verfasser verzichten dan auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 2 SR vn 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitz berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung verschen und mit besonderem Veikautspnen ; in "en Buchhandel gebracht werden, $ ıl. ; l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenscha lichen Mittheilungene abgedrucktea Arbeit erhält une, geltlich fünfzig Sonäerabdrueke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weite gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem een Seere tar Anzeige gemacht hat. $ 5. r Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Red: tion und den Druck der in dem gleichen Stück ersch nenden wissenschaftlichen Arheiken? in dieser Eigenscha heisst er der redigirende Seeretar. 28; # 1. Der redieirende Ka ist für den Inhalt ER geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortli Für alle übrizen 'Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich, SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. XLVI. XLIX. 27. NovEemgEer 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, | Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welehe unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) sl. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtliehen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen\ Band mit fortlaufender Pazinirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römisehe Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophtsch-historischen Classe ungerade Nummern. 8325 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Sa 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen answärtiger oder correspon- divender Mitglieder, welche diveet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage-zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilune in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu heschliessen. S 6. 2. Der Umfang der Mittheilune darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betrefienden Classe statthaft. ; 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 7. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. $8. 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 4 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. s 11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. 5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darın den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar., D $ 29, l. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortlich Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich, SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN 4. Decemger 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlieli Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichtes getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophlsch-historischen Classe ungerade Nummern. 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften wird vierteljährlich ausgegeben. $ 28. l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. $ 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mir- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. SR Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deur- scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenselaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. 8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. g9. l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. $ 11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welehem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. $5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftliehen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar. $ 29. l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. SITZUNGSBERICHTE - KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER WT=ISTSISTSIST=IST=1eT=lST=1ST=1STSJSTSISTSISTSJSTSJST=1eT=1eTeleTelerelerelerelerelet=leTelerelereleTeTelerelerelere erben Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende Bestimmungen gelten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) sl. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav rerelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Beriehte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die übeı Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. SA. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften wird vierteljährlieh ausgegeben. S 28. 1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mitrheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schviften ordnungsmässig zu beschliessen. 2 $ 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betreffenden ÜOlasse statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. ‘Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. » 7 Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlieht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. s® 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 9. 1. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebracht werden. 8 11. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderablrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secere- tar Anzeige gemacht hat. 85, Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. . Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissensehaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Seeretar, s 8.29. l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. Far STETS STISTELSTSLSTISTSI TI TEISTSTI TI TS T TEL TS [e1 Te TTS TI SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU. BERLIN. 18. Decemger 1890. BERLIN 1890. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER Anzeige. Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, erscheinen aufgehört, und es sind für welche unter anderen folgende Bestimmungen selten. (Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach ‚jeder Sitzung. Die simmtlichen zu einem Kalender- Jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band olıne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophlseh-historischen Clusse ungerade Nummer. $ 2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersieht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen zehö- rigen Stücken nicht erscheinen. konnten. $4. 2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften wird vierteljährlich auszezeben. $ 28. 1. Die zur Aufnalıme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der yorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. _ Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen, $ 6. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- demie oder der betweffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzusehaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- scher Sprache veröffentlieht sein oder werden. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der betreffenden Classe. ‘8 3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. ‘9. l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher Mittheilungen auch abzesondert in der Weise publicirt werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender Pasinirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis in den Buchhandel gebraebt werden. 811. l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umsehlag, auf welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Seere- tar Anzeige gemacht hat. SD. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, weleher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft heisst er der redigirende Secretar, . 8 29. I. Der redigirende Seererar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberiehte verantwortlich Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verantwortlich. me > r TR zu St. LI. Seite Büche ohyaa.2 2. y : u rn Se Ya =: Reduetion der Schaaren eeiulchen Korller BUlg far As “ 1375 en JUNGEN ‚DER AKADEMIE ans den . Jahren, 1888, 1889, 1890. i ne Be mn a Sudieı zu a: und Geschichte, deschidischen.. 3.72. 2) 0, le 50 ie Urk REN EA > inner BT De ee ae FE Ber ve... =D Kirchenbibliothek St. Nicolai in FE ES A Fre 1200) KR ET ne OO NER TREO R, gramma Pi des RK a RE ARRE 0 die chemische Nat t EN er a ne ERDO ien | Ba er AROO Ne BE Ra Ins "6.00 se i SE Re, 500 Urhi imatl Kder Bin a opt Zahleystene ah Nee 2.50 { ie ehominche Natur der Turm: ER PEN MA Re BIN TSUN SSR RE Near. \ ein neuer RR ıs Urug i 2 Er ea REAL NIE | ‚Speetren der Be, ee a { EEE Con A) i { Es ‚Funetionen 1} hi j ER = RT nn a RE * antiken 'opoer: t der Pa l 5 ee BEN ee ah, AR CAR in = 3 Die poor 2 a ee Die € er 30‘ RR. 30 ANZEIGE. Seit dem 1. Januar 1882 gibt die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berl wöchentliche »Sitzungsberichte« heraus. Die dafür geltenden Bestimmungen finden sich im Aus zuge auf der zweiten: Seite dieses Umschlages abgedruckt. ö Um dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Leserkreise den ihn näher angelienden ‘The des Stoffes der »Sitzungsberichte« in bequemerer Form darzubieten, wird ein Auszug aus diese Berichten unter dem Titel: \ MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN herausgegeben. Diese Sonderausgabe enthält sämmtliche Arbeiten aus dem Gebiet der reine Mathematik wie aus dem der theoretischen, experimentellen und beobachtenden Naturwissenschaft in vollständigem Abdruck, welche in Sitzungen der Akademie von deren Miteliedern oder ih fremden Verfassern mitgetheilt in die »Sitzungsberielte« aufgenommen wurden. Auch demselbe Gebiet angehörige geschäftliche Berichte, Preis-Aufgaben und -Ertheilungen, Adressen, Rede und dergl. mehr, finden darin Platz. Die »Mittheilungen« erscheinen bis auf Weiteres in Monat: heften, welche jährlich einen Band ausmachen. Das zu einem Monat gehörige Stück wird in de Regel am zweiten Donnerstag des folgenden Monats ausgegeben. Personen, Gesellschaften um Institute, welche bisher die »Monatsberichte« empfiengen und statt der vollständigen »Sitzung berichte« fortan die »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen Mittheilungen« sich zuschicke zu lassen vorziehen, werden ersucht, von diesem Wunsch-dem Seeretarjat Nachricht zu geben Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichtes oder die » Mathematischen und Naturwissenschaftlie Mittheilungen« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftenverkehr steht, jährlich drei Mal, nämlich : r die Stücke von Januar bis April in der ersien Hälfte des Monats Mai, » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, » ” ». October bis December zu Anfang des nächsten Jahres sogleich nach Fertigstell “ des Registers. Diejenigen Empfänger, welchen Theile des Jahrgangs 1889 nicht zugekommen sein sollten, werden ersuch hiervon baldigst bei der Akademie Anzeige zu machen, da eime Berücksichtigung etwaiger Reclamationen no ü Aussicht gesteılt werden kann, wenn dieselben spätestens bis zum Ende des Jahres 1890 angebracht werden. Wegen etwa gewünschler Zusendung in kürzeren Zwischenräumen sowie wegen des buchhändlerischen zuges der »Sitzungsberichte« u. s. w. siehe unten. In Commission bei GEORG REIMER in Berlin erscheinen in wöchentlichen Stücken: SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. gr. 8. Geheftet. Preis des Jahrgangs 12 M. Getrennt von denselben erscheinen ausserdem, ebenda in Commission, in Monatsheften: MATHEMATISCHE UND NATURWISSENSCHAFTLICHE MITTHEILUNGEN AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN » x DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. gr. 8. Geheftet. Preis des Jahrgangs 8 M. GezorG Reıser’s Verlagsbuchhandlung erbietet sich ferner denjenigen Empfängern der »Sitzungsberichte= oder der »Mathematischen und Naturwissenschaftlichen Mittheilungen«, welchen diese Schriften von Seiten) der Akademie, jedoch nur in längeren Zwischenräumen gesammelt zugesandt werden, dieselben in einzelnen? Stücken sogleich nach deren Ausgabe durch die Post, gegen Erstattung der Selbstkosten zuzusenden. Diejenigen Empfänger, welche diese Bezugsart vorziehen, wollen sich deshalb diveet mit der genannten Buchhandlung in Verbindung setzen. Zi. LO F.- SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES m Im |