Kibrarn of tbe Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. u a Fr a e The gift rehehefe de R ‚No. 3 2 A SITZUNGS-BERICHTE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE ZU BERLIN. JAHRGANG 1894. BERLIN. In Commission BEI R. FRIEDLÄNDER UND SOHN. NW. CARL-STRASSE 149 >781894. Bj Yan at \/ - N EN v - UV | J g Inhalts-Verzeichniss aus dem Jahre 1894. ÄSCHERSON. Die Verwandtschafts-Verhältnisse der mitteleuropäischen Carices monostachyae, (Psyllophorae), p. 126. — Biographie KoEL- REUTER’S, p. 236. (Nur Titel.) BARTELS. Japanisches Holzschnittwerk (Octopus), p. 260. DAmzEs. Die Herkunft der Schildkröten von Landthieren, p. 126. (Nur Titel.) Heymons. Die Fortpflanzung der Ohrwürmer, p. 65. HILGENDORF. Briefl. Mitth. von MARCUSEN (Eocuma), p. 170. — Er- gänzungen, betreffend Eocuma hilgendorfi MARCUSEN, p. 171. — Neue Characinidengattung, Petersius, aus dem Kinganiflusse, p. 172. JAEKEL. Das Porensystem der Pelmatozoen und die Stammesge- schichte der Crinoiden, p. 97. (Nur andrer Titel für d. folg. Mitth.) — Die Morphogenie und Phylogenie der Crinoiden, p. 101. — Sog. Faltenzähne und complicirtere Zahnbildungen überhaupt, p. 146. — Platte mit Enerinus Carnalli BEYR., p. 155. (Abb.) — Ueber die älteste Echiniden-Gattung Bothriocidaris, p. 248. (Abb.) KoLBE. Ueber fossile Reste von Coleopteren aus einem alten Torf- lager (Schmierkohle) bei Gr. Räschen in der Nieder-Lausitz, p. 236. KRAUE (ARTHUR). Nackte Landschnecken von Tenerifa, p. 30. MARCUSEN. Neues Cumaceen - Genus Eocuma, p. 170 (vergl. Hır- GENORF). VON MARTENS. Ueber einige den nördlichen und südlichen Kalkalpen gemeinsame Landschnecken, p. 47. — In Paraguay gesammelte Mollusken , insbesondere einige Varietäten von ÖOdontostomus striatus, p. 163. — Neue Süsswasser - Conchylien aus Korea, p- 207. — Vorlage der Schulpe und des Kiefers eines grossen Tintenfisches (Ommastr. gigas), p. 234. MATscHIE. Die natürliche Verwandtschaft und die Verbreitung der Manis-Arten, p. 1. (Abb.) — Die von Herrn PAuL NEUMANN in Argentinien gesammelten und beobachteten Säugethiere, p. 57. — Drei neue Säugethiere (Herpestes etc.) von Ostafrika, p. 121. — Ueber Procavia syriaca (SCHREB.), p. 193. — Neue Säugethiere Iv Inhalts - Verzeichniss. Dt aus den Sammlungen der Herren ZENKER, NEUMANN, STUHL ELx MANN und EMin, P- 194. en — Ueber ein neues Eichhörn Sn a6 Burcn., p. 258. “A Mößıus. Die Temperatur und der Salzgehalt des östlichen a meeres und die Echinodermen und Polychäten, p. 66. (Referat.) — Faunistische und physikalische Untersuchungen im re Belt, p. 67. (Referat.) — Die neue französische Austernzucht, p. 141. — Mittheilung über das Ableben des Dr. ERICH HAASE. in % Bangkok, p. 168. “ NEHRING. Säugethiere von den Philippinen, namen von der Pa lawan-Gruppe, p. 179. (Abb.) — Ueber Sus Marchei Huer und Tragulus nigricans THOMAS, p. 219. (Abb.) Si PoTonIE. Anastatischer Nachdruck von SPENGEL'S entdecktem Ger Ra heimniss der Natur, p. 23. (Nur Titel.) j RABL-RÜCKHARD. Gehirn von der Riesenschlange, p. 45. Rawırz. Bemerkungen zur histologischen Färbetechnik, p. 174. SCHAUDINN. Die systematische Stellung und Fortpflanzung von Hya- > lopus n. g., p. 14. — Ueber Haleremita cumulans, einen neuen ma- rinen ER p. 226. (Abb.) ScHULZE (F. E.). Fossile Muskelquerstreitung an Goslar p. 125. (Nur Titel.) — Aus Hexactinelliden hergestellte Artefakte von der Philippinen-Insel Cebu, p. 137. (Abb.) — Ueber den Bau X von Limnocnida taganicae GÜNTHER, p. 162. (Nur Titel.) — Die Akkomodation des Fischauges von Tu. BEER ° u), p. ar — Vergl. p. 235. STADELMANN. Ueber Vespa fruhstorferı n. Sp., p. 89. — Ueber Sk el gylus eireumeinctus aus dem Labmagen des Schafes, p. 142. (Abb.) ie TORNIER. Fussknochen-Variation, ihre Entstehungsursachen und Fol- gen (vorl. Mitth.), p. 28. (Abb.) — Das Fussgewölbe in see Hauptmodificationen (vorl. Mitth.), p. 67. nr VIRcHow (H.). Embryologische und angiologische Erfahrungen il nordamerikanische Wirbelthiere, p. 33. — Vorlage von Tafeln die Entwicklung des Dottersackkreislaufes des Huhnes betreffend p- 125.: (Nur Titel.) je WANDOLLECK. Das Kopfskelett der Dipterenfamilie Henopü, p. @. WELTNER. Zwei neue Cirripedien aus dem indischen Ocean, p. ‚80. (Abb.) PER WırrmAck. Photographien aus den Vereinigten Staaten, betreffe Botanisches und Gärtnerei, p. 44. (Nur Titel.) — Vaaen v Photographien der Grube Victoria, p. 239. : ö Br “ he k: he ET IE ET Mr. r 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 16. Januar 1894. Director! Herr ASCHERSON. Herr MATScHIE besprach die natürliche Verwandt- schaft und die Verbreitung der Man:s-Arten. JENTINK unterscheidet in seiner Revision of the Ma- nidae in the Leyden-Museum!) zwei zoo-geographische Gruppen unter den Schuppenthieren: A. Maniden des indischen Continents und ma- layischen Archipels (M. javanica, aurita, pentadactyla°)). — Mittelreihe der Schwanzschuppen bis zur Schwanzspitze ununterbrochen; Borsten unter den Schuppen. B. Maniden von Afrika. (M. temmincki, gigantea, tetradactyla?), trieuspis.) — Mittelreihe der Schwanzschuppen in einiger Entfernung von der Schwanzspitze unterbrochen; keine Borstenhaare unter den Schuppen. Das zuletzt genannte Merkmal ist von dem Autor nur bedingungsweise aufgestellt worden, da es ihm wohl be- kannt war, dass junge afrikanische Maniden steife Haare !) Notes from the Leyden Museum, vol. IV, Mai 1882, p. 193 bis 209. ?) M. pentadactyla ist der älteste Name für M. crassicaudata, ebenso ist M. tetradactyla L. für den ungiltigen Brısson’schen Namen M. longicaudata zu setzen. 1 2 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. unter den Schuppen trägen. Er nahm jedoch auf Grund des ihm zugänglichen Materials an, dass die An- oder Ab- wesenheit der Borsten bei ausgewachsenen Thieren ein sicheres Kennzeichen zur Unterscheidung der afrikanischen von den asiatischen Formen darstelle. Nun hat aber WE- BER!) zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass die Suma- traner ein Schuppenthier mit „Tenggilinikan“ (Fisch-Schup- penthier) bezeichnen, welches nur Schuppen haben soll; ferner befindet sich in der zoologischen Sammlung des Königl. Museum für Naturkunde zu Berlin ein sehr grosses Exemplar der vorderindischen M. pentadactyla L., welches nur an den Schuppen der Schwanzspitze einige Borsten- naare aufweist. Ich möchte deshalb an der Zuverlässigkeit dieses Kennzeichens zweifeln. Dagegen bietet das Verhal- ten der Schwanzschuppen offenbar ein untrügliches Merk- mal, dessen Werth auch durch die neuerdings von Lan- dana beschriebene M. hessi?), welche eine ununterbrochene Schuppenreihe besitzen soll, keineswegs verringert wird, wie ich später zeigen werde. WEBER?) giebt ein weiteres, sehr interessantes Unter- scheidungsmerkmal für die beiden von JENTINK aufgestellten geographischen Gruppen an. Während bei den asiatischen Formen das Xiphisternum verhältnissmässig kurz ist und in einer verbreiterten Platte endet, reicht dasselbe bei den afrikanischen Schuppenthieren wenigstens bis zum Becken, ja selbst bis über dasselbe hinaus und ist in seinem knor- peligen Theile gespalten und lang ausgezogen. Zur Unterscheidung der einzelnen Schuppenthier-For- men verwendet JENTINK ausser der Gestalt der Schuppen die Anzahl und Anordnung der Schuppenreihen, die Form des Schwanzes und die Färbung der behaarten Theile, so- wie eine Reihe von Merkmalen, welche ich sogleich auf- führen werde. !) Zoolog. Ergebnisse einer Reise in NICHERLBRENEER Öst-Indien, Bd. I, p. 113 und Bd. II, Heft 1, p. 21, 22. ?) Noack. Zoolog. Jahrb., Abth. f. Systematik, IV, 1889, p. 100 ff. ®) WEBER. |. c., Bd. II, Hft. 1, p. 85, 86. Sitzung vom 16. Januar 1894. B Diesen letzteren Kennzeichen gegenüber verhält sich M. tetradactyla genau wie M.trieuspis, M.temmincki so wie M. gigantea, sodass ich nur je eine dieser Formen in die Betrachtung vorläufig einzubeziehen nöthig habe. Die von JENTINk verwendeten Merkmale, zu welchen ich das von WEBER angegebene hinzufüge, sind folgende: 1a) Mittelreihe der Schwanzschuppen ununterbrochen oder 1b) unterbrochen. 2a) Xiphisternum in einer verbreiterten Platte endend oder 2b) in einen langen gespaltenen Knorpel ausgezogen. 3a) Schwanzende an der Unterseite mit nacktem Fleck oder 3b) ohne solchen. 4a) Klauen der Hinterfüsse viel kleiner als diejenigen der Vorderfüsse oder 4b) annähernd von gleicher Grösse. 5a) Schuppen der Hinterbeine und Körperseiten ge- kielt oder 5b) glatt. 6a) Schwanz kürzer als der übrige Körper, höchstens ungefähr gleich lang oder 6b) viel länger als derselbe. 7a) Aussenseite des Unterarms mit Schuppen bedeckt oder 7b) behaart. Die nachstehende Tabelle stellt die Uebereinstimmung der einzelnen Formen mit einander in den durch Zahlen und Buchstaben angegebenen Merkmalen dar: | | temmincki | tetradactyla aurita | pentadactyla | (resp. gigan- | (resp. tricus- | | tea) Ps) RERB la; 2a; 3a;|1a; 2a; 3a; ; j j i b Javanica 5a: 6a: 7a. 6a: Ta; 6a; 7a; |3a; Ab; 5a; e la; 2a; 3a; h £ 1 4 i aurita | Aa: ba: Ta: 4a; 6a; 7a; 8a; 5a; pentadactyla | an a2 ar 32; temmincki | 2% (resp. gigan- 1b; 2b; tea) | 4 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Wenn man mit JENTINK die drei asiatischen Formen Javanica, aurita und pentadactyla den vier afrikanischen tem- mincki, giganteus, tetradactyla und trieuspis gegenüber stellt, so sieht man, dass die drei Asiaten allerdings sehr viel Aehnlichkeit mit einander haben, dass dagegen die Afri- kaner desto weniger Uebereinstimmung mit einander zeigen. Während die Asiaten ausser den von JENTINK und WEBER für die Gruppe angegebenen beiden Merkmalen (1a, 2a) noch mindestens 3 Kennzeichen gemeinsam haben, findet man zwischen temminckt resp. gigantea und tetradactyla resp. tricuspis keine weitere Verwandtschaft als die durch 1b), 2b) ausgedrückte.. Wohl aber giebt es zwei Charaktere (6a und 7a), welche temmincki resp. gigantea zugleich mit allen drei asiatischen Formen besitzt, ja ausser diesen stimmt dieselbe mit aurita in noch einem, mit pentadactyla sogar in 2 Merkmalen überein. M. tetradactyla und tri- cuspis haben mit nur einer einzigen anderen Art von den 7 oben aufgeführten Kennzeichen drei, mit allen übrigen nur 2, mit pentadactyla sogar nur ein einziges Merkmal ge- meinsam. Hieraus schliesse ich wohl mit Recht, dass es vortheilhaft ist, JENTINK’s Eintheilung zu verlassen und die beiden Formen M. tetradactyla und trieuspis allen übrigen gegenüber zu stellen. — Diese Gruppirung halte ich für na- türlich, weil sie durch die Lebensweise der Thiere bestä- tigt wird. BüÜTTIKOFER erwähnt'). dass sowohl Zetradaetyla als tricuspis gewandt auf Bäume klettern, während M. gi- gantea sehr schnell auf der Erde läuft. Von temmuincki weiss man durch HEuGLın?), dass es in der Steppe lebt; BLANFORD°®) erwähnt nur von javanıca, dass es zuweilen Bäume besteigt. -—- Einen weiteren Beweis für die Natürlich- keit der von mir vorgeschlagenen Eintheilung sehe ich in der geographischen Verbreitung der Schuppenthiere. Wäh- rend in West- Afrika drei Formen neben einander leben, '!) Notes Leyden Museum, X, 1888, p. 56, 57. 2) HEUGLIN. Syst. Uebers., p. 581. ®) BLANFORD. The Fauna of British India. Mammalia, p. 597 bis 600, NÖ nn Ale a di Sitzung vom 16. Januar 1894. 5 M. tetradactyla, tricuspis und gigantea, kommt im ganzen übrigen tropischen Afrika, in Vorder-Indien, im Himalaya und Süd-China, in Hinter-Indien und im Sunda-Archipel überall nur eine Form vor. Von diesen Formen bewohnt eine jede ein bestimmtes Gebiet allein; sollten an irgend einem Punkte von Afrika oder Asien zwei verschiedene Formen von Schuppenthieren gefunden werden, so ist sicher anzunehmen, dass der Fundort in dem Grenzgebiet zwischen zwei zoogeographischen Regionen zu suchen ist. M. tem- mincki kennen wir von den verschiedensten Gegenden des südlichen und östlichen Afrikas, vom Vaal- Fluss hinauf bis nach Süd-Kordofan in ungefähr 17° nördl. Br. Diese Form wird in West-Afrika ersetzt durch gigantea, welche vom Gabun an bis Senegambien bekannt ist. BARBOZA DU BocAgE!) erwähnt, dass M. temmincki südlich vom Cuanza an auftrete. JENTINK nennt zwar von der Goldküste M. temmincki, aber einerseits beschreibt TEMMINcK ?) unter diesem Namen M. gigantea von jener Gegend, andererseits stammt das fragliche Exemplar vom Händler FRANK, des- sen Vaterlands-Angaben nach der Erfahrung, welche ich an Stücken, die dem Berliner Museum von ihm geliefert wurden, gemacht habe, doch einer sehr genauen Prüfung bedürfen. Ich behaupte, dass M. temmincki und gigantea bei der ge- ringen Verschiedenheit ihrer Merkmale als besondere For- men nicht aufrecht erhalten werden könnten, wenn sie an einem Orte, der nicht auf der Grenze ihrer beiderseitigen Verbreitungsgebiete liegt, neben einander vorkommen. Nach BLANFORD lebt M. pentadactyla im Vorder-Indien und Ceylon, nordwestlich vielleicht bis Beludschistan, nordöstlich bis Ben- galen und geht nach Norden nicht in die Vorberge des Himalaya. Von Nepal nach Osten, über Assam in den niedrigeren Zügen des Himalaya bis nach Süd-China und Formosa, nach Süden bis Bamo am Irawaddi und in die Höhe von Hainan erstreckt sich das Gebiet von M. aurita. Südlich davon in Hinter-Indien und auf den grossen Sunda- !) Journ. Scienc. Math. Phys., Lisboa 1890, 2. Ser., No. V, p. 30. ?) Esquisses zoolog. s. 1. cöte de Guine, 1853, p. 173, 6 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Inseln lebt M. javanıca. Alle diese 5 Formen sind also nichts weiter als Localformen einer Art. Ueber ihre ver- wandtschaftlichen Verhältnisse giebt die obige Tabelle in- ' teressante Aufschlüsse. MM. javanıca hat mit der geogra- phisch am nächsten stehenden aurita von 7 Merkmalen 6 gemeinsam, ebenso aurita mit der benachbarten pentadactyla; dagegen stimmt die vorderindische pentadactyla mit der hin- terindischen javanıca nur noch in 5 Merkmalen überein. M. temminckt hat mit der westafrikanischen gigantea alle 7 Kennzeichen übereinstimmend, nach Osten zu nimmt die Zahl der gemeinsamen Merkmale mit der Entfernung ab, mit pentadactyla sind 4, mit aurda 3, mit javamıca nur 2 \rerkmale gemeinsam. M. tetradactyla und tricuspis bewohnen gemeinsam West- Afrika vom Gambia bis Angola. Wir haben tricuspis von Loango, Zetradactyla von Tschintschoscho; BÜTTIKOFER traf beide in Liberia; Peru sammelte sie an der Goldküste. Südlich vom Cuanza und östlich von den grossen Seeen kommt keine von beiden Formen vor. JENTINK’s mit einem Fragezeichen versehene Angabe: „Mozambique? (Guy, Pe- TERS)* bezieht sich auf die Form, welche FocıLLox') als tridentata nach drei durch den Naturalienhändler Gouy in Paris angeblich von Mozambique erhaltenen Exemplaren beschrieben hat. PErers?) sagt, er habe in San Paulo de Loanda ein langschwänziges Schuppenthier gesehen, in Mossambique sei ihm nur das kurzschwänzige vorgekom- men. M. tricuspis ist nach Osten am weitesten in Makraka und Sandeh nachgewiesen worden. Wenn man alle Formen der Schuppenthiere in einer Gattung vereinigt, so lässt sich die natürliche Verwandt- schaft der einzelnen Formen entweder so darstellen, dass man 3 Arten annimmt: M. tetradactyla L., M. tricuspis Rar. und M. pentadactyla L. und die M. pentadactyla in 5 Localformen trennt: M. pentadactyla javanıca Desm., M. pentadactyla aurita Honpss. u. Ss. w. -—— oder dass man M. !) Revue zool., 1850, p. 472. ”) Reise nach Mossambique, p. 173, Sitzung vom 16. Januar 1894. | 7 tetradactyla L. und tricuspis Rar. unter dem Untergattungs- namen Manis s. str. vereinigt, die übrigen Formen aber unter Pholidotus STORR'!) aufführt. Zur leichten Bestimmung der einzelnen Formen diene folgender Schlüssel: A. Unterarme behaart; Schwanz viel länger als der Körper; Mittelreihe der Schwanzschuppen reicht nicht bis zur. Schwanzspitze; Unterseite der Schwanzspitze mit nacktem Fleck; Vorder- und Hinterklauen ziemlich gleich gross. 1. Schuppen breit, zum Theil in eine gekielte Spitze auslaufend; die behaarten Theile dunkelbraun, 13 Längsreihen von Schuppen auf dem Körper; 44 Rand- schuppen am Schwanz; zwei Reihen von je 9—10 Schuppen vor der Schwanzspitze: M. tetradactyla L. West-Afrika vom Gambia bis zum Cunene. 2. Schuppen schmal, zum Theil in 3 gekielte Spitzen auslaufend; die behaarten Theile weiss; 21 Längs- reihen von Schuppen auf dem Körper; 34—37 Rand- schuppen am Schwanz; zwei Reihen von je 3 — 6 Schuppen vor der Schwanzspitze: M. tricuspis Rar. West- Afrika vom Gambia bis zum Cunene. B. Unterarme mit Schuppen bedeckt, Schwanz höchstens so lang wie der Körper: a. Mittelreihe der Schwanzschuppen reicht nicht bis zur Schwanzspitze; Unterseite der Schwanzspitze ohne nackten Fleck; Klauen der Hinterfüsse kleiner als die der Vorderfüsse: Schwanz spitz zulaufend; 17 Längsreihen von Schuppen auf dem Körper; 15 -19 Randschuppen am Schwanz; zwei Reihen von je 3—4 Schuppen vor der Schwanzspitze: M. gigantea IuL. West-Afrika vom Gambia bis zum Cunene. ?), Prodromus methodi mammalium, 1780, p. 40, Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Schwanz am Ende abgerundet; 11—13 Längs- reihen von Schuppen auf dem Körper; 11—13 Rand- schuppen am Schwanz; zwei Reihen von je 4+—9 Schuppen vor der Schwanzspitze: M. temmincki SMmuTs. Süd - Afrika nördlich vom Vaal-Fluss, Ost- Afrika bis zu 17° nördl. Br. b. Mittelreihe der Schuppen bis zur Schwanzspitze un- unterbrochen; Unterseite der Schwanzspitze mit nack- tem Fleck; | Schuppen der Körperseiten und Hinterfüsse nicht gekielt; Klauen der Hinterfüsse kleiner als die der Vorderfüsse; 11—13 Längsreihen von Schuppen auf dem Körper; 14—17 Schuppen in der Mittelreihe des Schwanzes: M. pentadactyla L. Vorder-Indien. Schuppen der Körperseiten und Hinterfüsse ge- kielt; Klauen der Hinterfüsse kleiner als die der Vor- derfüsse;, 16—18 Längsreihen von Schuppen auf dem Körper; 16—20 Schuppen in der Mittelreihe des Schwanzes: M. aurita Hopss. Himalaya u Süd- China bis zum Wendekreis. Schuppen der Körperseiten und Hinterfüsse ge- kielt; Klauen der Hinterfüsse nur wenig kürzer als die der Vorderfüsse; 15—21 Längsreihen von Schup- pen auf dem Körper; 21—30 Schuppen in der Mittel- reihe des Schwanzes:! M. javanıca Desm. Hinter - Indien, südlich vom Wendekreis, Sunda- Inseln. Die Synonymie der Schuppenthier-Formen ist folgende: M. tetradactyla L. = M. longicaudata Brıss., macroura ErxL., africana DEsm., guwineensis FiTz., senegalensis Fırz., longicauda SUND. GRAY, hessi NOACK. M. tricuspis Rar. —= M. multiscutata GRAY, tridentata FoOCILLON. | Sitzung vom 16. Januar 1894. 9 M. gigantea ILL. — M. africana GRAY, wagneri FITz. M. gigantea temminckt SMUTS. —= M. hedenborgi FiTz. M. pentadactyla L. —= M. crassicaudata GEOFFR., indicus Less., laticaudata IuL., laticauda Suxn., bengalensis Firz., brachyura ERrxL. | M. aurita Hopass. = M. dalmanni SUND., assamensis Fitz. M. javanıca Desm. —= M. aspera SunD., leptura BLyTH., leucura BLyTH, guy FOCILLON, javanus GRAY, ma- laccensis Fırz., labuanus FiTz. Ich habe die neuerdings!) beschriebene Manıs hessi NoAcK zu M. tetradactyla gestellt; dies geschieht aus fol- genden Gründen: Die Beschreibung von M. hessi lautet: „Das vorlie- gende Exemplar unterscheidet sich gänzlich von allen bis- her bekannten afrikanischen Schuppenthieren und steht den asiatischen Arten dadurch nahe, dass die mittlere Schup- penreihe des Schwanzes ununterbrochen bis zum Schwanzende verläuft. Uebrigens zeigt es sowohl Eigenthümlichkeiten von Manis temmincki wie von longt- caudata.“ | M. temmincki wird nur einmal in der Beschreibung zum Vergleich herangezogen: „Alle Schuppen zeigen die grosse, breit ovale Form wie bei temmincki und longecaudata.* Durch die Güte des Herrn Oberlehrer J. BLum in Frankfurt a. Main, welchem ich hierdurch meinen ergeben- sten Dank ausdrücke, war es mir vergönnt, das Original- Exemplar zu prüfen. Dasselbe trägt auf dem Etiquett von Noack’s Hand die Bezeichnung M. hessi NoAcK Spec. nov. Nach der Beschreibung soll M. hesst 30 Marginal-Schuppen und 32 Schuppen auf der Oberseite des Schwanzes tragen. Das mir vorliegende Stück stimmt mit dieser Angabe über- ein, eine nachträgliche Verletzung des Schwanzes hat also nicht stattgefunden. Die umstehenden Abbildungen sind photographische Reproductionen von NoAck’s Zeichnung, sowie der Ober- und Unterseite des Schwanzendes von M. ') Zool. Jahrb. (Syst.), Bd. IV. 10 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 1. Autotypie nach einer Photographie der Tafel I im Zoolog. Jahrb., Abth. f. Syst., Bd. IV. (Dr. Tu. NoAck ad nat. del.) 2. Autotypie nach einer Photographie des Schwanzendes von Manis hessi NOACK ex orig. * ni > _ er 3. Autotypie nach einer Photographie der Unterseite des Schwanzendes von Manis hessi NOACK ex. orig. Burn Sitzung vom 16. Januar 1894. 11 hessi. Diese Photographien beweisen nun, dass M. hessi einen verstümmelten Schwanz besitzt. Wir haben ein de- fectes Exemplar von M. tetradactyla vor uns. WEBER!) hatte somit Recht, als er M. hessi, „da die Beschreibung dieses Thieres zahlreiche Unrichtigkeiten enthält“, bis auf weitere Bestätigung anzweifelte. Er erwähnt auch?) schon die merkwürdige Annahme Noack s. die am Kiefer von M. hessi befindlichen Knochenleisten seien Rudimente von Zähnen mit den Worten: „So lange Knochenleisten noch nicht für Zähne gelten, bedarf diese Darlegung wohl kei- ner Widerlegung.“ Trotzdem hält Noack’) zwei Jahre später seine Entdeckung aufrecht! „Bei Manis hessi habe ich undeutliche Spuren von Zähnen nachgewiesen.“ In derselben Arbeit‘) werden auch einige meiner frü- heren Aufstellungen kritisirt; die Mehrzahl der dort gege- benen Beweisversuche bedarf keiner Widerlegung, da nichts vorgebracht ist, was meine Angaben widerlegen könnte. Es sei mir nur gestattet, auf einige Punkte kurz hinzuweisen. „Antilope soemmeringi berberana ist mindestens frag- lich.“ Trotzdem giebt der Verfasser zu, „dass der Unter- schied (zwischen der Somali- und Ost-Sudan-Form), wie im Körperbau, nur in der bedeutend stärkeren Entwickelung der Hörner beruht.“ Caracal berberorum ist deswegen nicht zu billigen, weil „ich habe schon viele Caracal - Bälge der verschiedensten Färbung unter Händen gehabt, aber nie artliche Differenzen entdecken können.“ Sobald der Herr Verfasser einen Caracal aus dem Gebiete nördlich von der Sahara gesehen haben wird, dürfte er die von mir aufgestellte Form sofort unbe- denklich anerkennen. Ich habe neuerdings einen mit Fell überzogenen Schädel von Tunis erhalten, der die charakte- ristische Gestalt und Färbung des Original-Exemplars trägt. Wenn ich incorreeter Weise Herrn NoAck die Bestim- mung der von Böhm angeführten Arten zugeschrieben habe, so !) 1. e., Bd. II, Heft 1, p. 84—85. YL Ai ®) Zool. Jahrb., Abth. f. Syst., 1893, p. 558. *) ]. e., p. 590—59. 12 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. thut mir das sehr leid. Ich wurde verführt dadurch, dass die Anführungsstriche bei den von NoAck nicht selbst be- stimmten Arten fehlen. „MartscHies Equus böhmi ist gänz- lich hinfällig und nicht, wie Bönm meinte, mit Equus zebra, sondern mit Kguus chapmanni identisch.“ Eguus böhmi ist, wie ich im „Zoologischen Garten“ nachweisen werde, eine sehr gut charakterisirte Localform und von E. chapmanni verschieden. Der Verfasser giebt dies selbst zu, wenn er sagt: „Später wird das Weiss gewöhnlich gelblich — doch bleibt auch die schwarz-weisse Färbung.“ Die Hamburger Thiere beweisen nichts. da nur das eine derselben E. böhmi, das andere aber E. antiquorum ist. Ueber das angebliche Vorkommen von E. zebra in Nordost-Afrika vergleiche man meine Angaben im „Zoolog. Garten“ 1894. „MASTCHIE' Ss BDubalis leucoprymnus ist hinfällig und mit B. lichtensteini identisch, wie schon der einheimische Name „Konzi“ beweist, den das Thier auch in Ost-Afrika trägt.“ Dieser Beweis spricht für sich selbst. SeLous') sprach die von ihm abgebildete Antilope sehr richtig für BD. kchten- stein: an, er hat das Gebiet von leucoprymnus nie betreten. Der Verfasser sagt: „Als sichere Arten lassen sich heute nur Alcelaphus lunatus, caama, lichtensteini und swaynei er- kennen.“ Ausser diesen kennt jeder Besucher der zoolo- gischen Gärten mindestens Zora und bubalis, welche zu den häufigsten Erscheinungen dieser Institute gehören. Ferner steht jedem Zoologen das Studium der im Berliner Museum aufbewahrten Gehörne von B. major, cokei, jacksoni und leucoprymnus frei, welche mindestens gleichen Art-Werth be- sitzen wie gerade die von NoAck aufgeführte, der Zora so ähnliche swaynei. FISCHERS caama vom Massai-Land ist, wie das Hamburger Exemplar beweist, cokei. Damalis jimela hat mit D. &ang nichts zu thun; denn ang besitzt einen dunklen Rückenstreif, der jümela fehlt. „Hätte MATtscHıE das oben eitirte Buch von SELOUS verglichen, würde er sich überzeugt haben, das Kobus var- doni auch in Südafrika vorkommt.“ Meine Angaben über !) A. Hunter’s wanderings in Africa, p. 224. Sitzung vom 16. Januar 1894. 13 ‚das Vaterland von K. vardon: sind gerade diesem Buche theilweise entnommen. Nach SeLous, p. 220 lebt dieses Thier 60 Meilen westlich von der Chobe - Mündung, am oberen Zambese bei Sescheke bis zum Barotse-Thal und bis zu den Victoria-Fällen. Ich habe gerade diese Gegend aufgeführt). — Seiurus cepapi Noack ist Sc. mutabılis PTRS., wie jeder Fachgenosse bei der Vergleichung ersehen wird, ebenso lässt sich Noack’ s Viverra megaspila schlechterdings nicht mit der echten megaspila identifieiren. „Wie MarscHıE dazu kommt, die Verbreitung von Canis aureus auf Vorder - Indien und Ceylon zu beschrän- ken, ist mir unerfindlich.“ Ich habe für Canis aureus Vor- der - Indien und Ceylon angegeben, hätte allerdings auch noch betonen sollen, dass die Schakale von West - Asien und Südwest - Europa zu der kleinohrigen indischen Form gehören. Mir kam es vornehmlich darauf an, auf die Ver- schiedenheit der afrikanischen Schakale von den indisch- europäischen aufmerksam zu machen. Im hiesigen zoolo- gischen Garten leben noch tunesische Schakale, die mit anthus, lupaster, mesomelas und adustus in eine Gruppe ge- hören. Ich habe vorwiegend betont, dass Ü. aureus in Deutsch-Ost- Afrika nicht vorkommen kann. „Bei Scotophilus schlieffeni verschweigt MATSCHIE, dass nicht PETERS das Thier in das Genus Scotophilus gestellt hat, sondern ich, wie O. Tuomas l.c. anerkennt.“ ©. Tno- MAS?) hat nur nachgewiesen, dass eine von NoAck _be- schriebene Art Scotophilus minimus zu schleffeni als Syno- nym zu ziehen ist. Der Verfasser hat seinen Se. minimus mit schlieffeni überhaupt nicht verglichen und konnte somit auch nicht nachweisen, dass Nyeticejus schlieffeni zu Scoto- philus gehört. Ich habe auch wohlweislich bei Scotophilus schlieffeni (Prrs.) den Namen PETERS im Klammern gesetzt, weil PETERS die Art nicht zu Scotophelus gerechnet hat. !) Sitz.-Ber. Naturf. Freunde, 1892, p. 139. 2) Ann. Mus. Civ. Genova, Ser. IIa, Vol. IX, p. 87 und Sitz.-Ber. Naturf. Freunde, 1893, p. 26—27. ni. 14 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Herr F. ScHaupinn besprach die systematische Stel- lung und Fortpflanzung von Hyalopus n.g. (Gromia dujardinii M. SCHULTZE). MAx SCHULTZE fand in der Adria bei Triest und Ve- nedig einen Rhizopoden, den er auf Grund der Schalen- gestalt zu den Gromien stellte und in seinem berühmten Werk „Ueber den Organismus der Polythalamien“ !) mit dem Namen Gromia dujardinü belegte. Nach seiner Beschreibung besass dieses Thier kugelige oder ovale Gestalt und war mit einer chitinösen Schale bedeckt, die nur eine einzige Mündung für den Durchtritt der Pseudopodien hatte, es stimmte also in diesen Punkten vollkommen mit den übri- gen Gromien überein. Eine wesentliehe Abweichung fand MAx SCHULTZE aber in Bezug auf die Pseudopodien und den in der Schale befindlichen Weichkörper. - Während nämlich die Scheinfüsschen der übrigen Gromien, wie über- haupt aller Foraminiferen, das Phänomen der Körnchen- strömung zeigen und sehr zur Anastomosenbildung neigen, sind die Pseudopodien von Gromia dujardinuı vollkommen körnchenfrei, hyalin und zähflüssig. MAx SCHULTZE be- hauptet zwar Anastomosenbildung, obwohl selten beobachtet zu haben, doch giebt BürscaLı?), der die Pseudopodien unseres Rhizopoden sehr genau untersucht hat, ausdrück- lich an, dass er niemals Verschmelzen derselben beobachtet habe, was ich ebenso, wie alle übrigen Angaben dieses Forschers über unsern Organismus bestätigen kann. Die zweite Eigenthümlichkeit, auf die MAx SCHULTZE aufmerksam macht, betrifft das in der Schale befindliche Plasma. In demselben befinden sich eigenthümliche braune, stark lichtbrechende Körper, die sich durch grosse Resistenz gegen Alkalien und Säuren auszeichnen und Inhaltsgebilde darstellen, wie sie bisher bei keinem anderen Rhizopoden beobachtet worden sind. — Diese beiden Charaktere, die !) MAx SCHULTZE. „Ueber den Organismus der Polythalamien“. Leipzig 1854. ?), OÖ. BürschLıi. „Untersuchungen über Mikroskopische Schäume und das Protoplasma“. Leipzig 1892, p. 69 ff. ar ni Pe = - En Rn pe R Du g a a a 2 A a u we rZ ee EIANETE # ’ f h Ei u . i n ! 3 | Sıtzung vom 16. Januar 1894. 15 hyalinen Pseudopodien und die braunen Körner des Plasmas machen Gromia dujardinii nicht nur unter den Gromien, son- dern unter allen Rhizopoden leicht kenntlich. Ich fand dieses Protozoon in grossen Mengen in den Seewasseraquarien des hiesigen zool. Instituts, deren Un- tersuchung mir mein verehrter Lehrer, Herr Geheimrath Prof. Dr. F. E. Scuuzze freundlichst gestattete, wofür ich ihm meinen besten Dank sage. Die Aquarien hatten ihre Füllung durch die zool. Station in Rovigno erhalten, sodass ich als Herkunftsort meines Materials die Adria bei Rovigno angeben kann. WUeberdies erhielt ich bei jeder Sendung lebender Foraminiferen aus Rovigno einige lebenskräftige Exemplare mit, die sich in meinen Aquarien gut vermehr- ten, sodass ich über sehr reiches Material verfüge. Eine grosse Unterstützung für die Beobachtung der Fortpflanzung bietet das von F. E. SCHULZE construirte Horizontalmicro- scop, welches ich schon früher‘) zur Protozoenuntersuchung empfohlen habe. Das Erste, was mir bei meinen Untersuchungen auf- fiel, war, dass Gromia dujardini durchaus nicht immer nur eine Oeffnung in der Schale besitzt, ich fand zwei, drei, ja bei einzelnen sehr grossen Individuen sogar 20 — 25 Oefinungen, aus denen Pseudopodien hervortraten. Die Bildung neuer Mündungen habe ich mehrmals direct beob- achtet; z. B. bei einem ovalen Exemplar, das anfangs nur eine Oeffnung an einem Pol besass. Das Thier hing mit seinen Pseudopodien an der senkrechten Glaswand des Aquariums; an dem aboralen Pol, der zuvor ganz abge- rundet war, zeigte sich eine hügelartige Hervorwölbung, die allmählich mehr hervortrat, bis zuletzt auf der Spitze des Hügels der Weichkörper durchbrach und zahlreiche Pseudo- podien entwickelte. Die charakteristische, von BÜTscHLı (l. ec.) beschriebene Verdiekung des Mundrandes wurde noch im Verlauf desselben Tages gebildet. In ähnlicher Weise können zahlreiche Mündungen auf verschiedenen Seiten des Thieres entstehen. Durch den Zug der austretenden Pseu- !) Zeitschrift für wissensch. Zoologie, Bd. LVII, p. IX. 16 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. dopodien werden die Mündungsränder gewöhnlich zitzen- artig vorgezogen, während bei eingezogenen Scheinfüsschen die halsartige Verlängerung der Mündungsgegend zurück- tritt. Die verdeckten Mündungsränder nähern sich dann sehr stark, sodass es fast zu einem vollständigen Verschluss der Oefinung kommt. Auch in Bezug auf die Gestalt der Thiere habe ich einige merkwürdige Abweichungen von der Beschreibung Max SCHULTZE’S gefunden. Und zwar zeigte sich hierbei eine interessante Anpassungsfähigkeit dieser Organismen an ihren Aufenthaltsort. Während die auf dem Boden der Aquarien im Schlamm lebenden Individuen, gleichgültig, vb sie eine oder zahlreiche Mündungen besitzen, einfach kugelig oder oval sind und höchstens beim Austritt der Pseudopodien die vorhin erwähnten flachen Buckel zeigen, sind die auf verästelten oder durcheinander geknäuelten Algen lebenden Exemplare ganz anders gestaltet. Von ihrer Oberfläche erheben sich lange, fingerartige, bisweilen sogar verästelte Fortsätze, ähnlich wie dies bei Dendro- phrya radiata') bekannt ist. Durch diese mit Ausbuchtun- gen abwechselnden, soliden, und rundlichen Fortsätze wird die Gestalt ganz unregelmässig. oft hirschgeweihähnlich. Die Mündungen sitzen auf. den Enden der armartigen Aus- läufer. Als ich diese Thiere fand, glaubte ich, trotz der hyalinen Pseudopodien und der braunen Körner im Plasma, einen neuen Rhizopoden vor mir zu haben; doch überzeugte ich mich bald, dass zwischen den kugeligen, am Boden lebenden Individuen und den hirschgeweihartig verästelten, auf Algen lebenden Thieren sich alle Uebergangsstadien finden lassen. Zur Sicherheit habe ich diesen Uebergang auch experimentell nachgewiesen. Ich setzte ein kleines, kugeliges, mit nur einer Oeffnung versehenes Thier, wel- ches ich vom Boden des Aquariums nahm, isolirt in einem reich mit Algen bewachsenen Aquarium auf ein dichtes Ge- flecht von Fadenalgen und konnte in der Zeit zweier Mo- ') Of. K. Mögıus. Bruchstücke einer Rhizopoden-Fauna der Kieler Bucht. Abhandl. d. Akad, Berlin, 1888, Taf. VI, Fig. 22—25. Sitzung vom 16. Januar 1894. 17 nate die Umbildung oder besser das Auswachsen desselben zu einem grossen, fünfarmigen Individuum direct beobachten. Nachdem das Thier mehrere Tage bewegungslos gelegen hatte, wurden Pseudopodien ausgesandt, die sich weit ver- zweigt zwischen den Algen verbreiteten. Dieselben zogen das Thier zu einem wagerecht liegenden Algenfaden empor, von dem die mit ihrer Mündung befestigte Kugel nun frei und senkrecht herabhing. Die Mündungsgegend wurde durch die Schwere des Weichkörpers allmählich stark hals- artig ausgezogen und es streckte sich überhaupt der ganze Körper beim weiteren Wachsthum sehr in die Länge, so dass seine Gestalt flaschenförmig genannt werden konnte. Nach 3 Wochen entstand am aboralen Pol eine zweite Mündung. Die hier austretenden Pseudopodien hoben den senkrecht herabhängenden Körper in eine wagerechte Stel- lung. Die Umgebung der zweiten Mündung wurde eben- falls halsartig verlängert; es besass das Thier nun spindel- förmige Gestalt und stellte eine wagerechte Brücke zwi- schen 2 Algenfäden dar. Der Mitteltheil der Spindel, der natürlich am dicksten und schwersten war, zog in senk- rechter Richtung nach unten, wodurch bewirkt wurde, dass nach kurzer Zeit die Spindel sich in eine Sichel mit nach unten gerichteter Convexität verwandelte. An der am tief- sten gelegenen Stelle der Sichel entstand nun die 3. Oeff- nung und durch den Zug der Pseudopodien der 3. armartige Fortsatz, gleichzeitig wurde auch wieder der Schwerpunkt des Thieres verlagert, wodurch die Entstehung eines 4. und dann 5. Armes mit Mündung bedingt wurde. Dass diese Art des Wachsthums für die zwischen Al- gengeflechten lebenden Thiere von Vortheil ist, kann leicht eingesehen werden. Denn erstens ist die Gefahr des Her- unterfallens und damit der Entfernung aus einem guten Nahrungsgebiet kleiner als bei kugeligen Individuen, weil auch bei starker Erschütterung, wenn alle Pseudopodien eingezogen werden, .die Thiere mit ihren verästelten, zwi- schen die Algen eingreifenden Armen hängen bleiben. Zwei- tens bietet aber die verästelte Gestalt auch einen Schutz gegen Feinde, weil sich die Thiere von den gleichfalls ver- 1? 18 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ästelten und oft sehr ähnlich gefärbten Algen nur wenig abheben. So ist es mir selbst passirt, dass ich bei der oberflächlichen Betrachtung eines Knäuels von Fadenalgen nur 3 Tbiere bemerkte, beim sorgfältigen Zerzupfen aber 26 Exemplare erhielt. Erwähnen will ich noch, dass sowohl unter den run- den,, wie verästelten Individuen sich solche von bisher bei diesen Thieren nicht bekannter Grösse befanden. Exem- plare von 5 mm Durchmesser gehören nicht zu den Selten- heiten und sind mithin diese Organismen zu den Riesen unter den Protozoön zu rechnen. Die kleinsten Individuen, die ich fand, hatten hingegen einen Durchmesser von 0,026 mm. Auf das Verhalten des Plasmas und der Kerne kann ich hier nicht näher eingehen, da eine erschöpfende und einigermaassen verständliche Darstellung der Beobachtungen über diese Dinge in Kürze und ohne Abbildungen nicht möglich ist. Nach Abschluss meiner Untersuchungen wird hierüber eine eingehende Arbeit veröffentlicht werden. Ich will hier nur kurz erwähnen, dass es mir gelungen ist, mit Hülfe der Schnittmethode zahlreiche, verschieden gestaltete und structurirte Kerne im Weichkörper der Gromia dujar- dinii zu finden. In der Litteratur finden sich meines Wis- sens keine Angaben über die Kernverhältnisse unseres Thieres, doch glaube ich, dass GRUBER!) schon die Kerne der Gromia dujardını gesehen hat, obwohl er es selbst nicht annimmt. Er fand nämlich beim Zerquetschen des Thieres ausser den bräunlichen von M. SCHULTZE beschrie- benen Kugeln, vollkommen farblose, die sich aber mit Kern- järbemitteln intensiv färbten, und es ist mir zweifellos. dass diese gefärbten Körper die Kerne darstellen. GRUBER spricht nun die Vermuthung aus, dass die braunen Kugeln und die blassen Körper, welche er aber, wie gesagt, nicht für Kerne hielt, in Beziehung zum Stoffwechsel stehen. Er sagt: „Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass die Körner !) A. GRUBER. Die Protozoön des Hafens von Genua. Halle, 1884, p. 21. Sitzung vom 16. Januar 1894. 19 (braune und blasse Kugeln) hier die feinsten Nahrungs- bestandtheile verarbeiten und verdauen, während das unge- formte Plasma auf Nahrungserwerb ausgeht.“ Angeregt durch diesen Gedanken. habe ich diese Verhältnisse durch Beobachtung lebender Thiere, Abtötung verschieden gut genährter Individuen und Vergleichung zahlreicher Schnitt- serien zu verfolgen gesucht und glaube die Vermuthung GRUBER S vollkommen bestätigen zu können. Die hellen Körper, die ich für Kerne halte, sind bei längerem Nah- rungsmangel kugelig und chromatinarm, bei reicher Nahrung hingegen sehr chromatinreich und es treten dieselben dann in eigenthümliche Beziehungen, sowohl zu den braunen Ku- geln, als zu den Nahrungskörpern. Sie sind nämlich den- selben dicht angelagert und besitzen spitz zulaufende Fort- sätze, welche die gelblichen Kugeln oder Diatomeen und andere Algenzellen umgreifen; oft liegen auch mehrere der genannten Inhaltsgebiete um einen grossen Kern, der mit seinen Fortsätzen zwischen dieselben hinein greift. Zwi- schen diesen aus braunen Kugeln, Nahrungskörpern und Kernen bestehenden Gruppen befinden sich spärliche Men- gen hyalinen Plasmas. Ferner habe ich gefunden, dass die hyalinen Pseudo- podien nicht im Stande sind, Nahrungskörper ausserhalb der Schale zu verdauen, vielmehr schaffen sie dieselben nur herbei und lagern sie vor der Mündung ab, wo sie zu- nächst in grossen Mengen angehäuft und dann langsam in das Innere der Schale befördert werden. Aus diesen Beobachtungen schliesse ich, dass die Kerne und braunen Körper gemeinsam die Assimilation der Nah- rung besorgen, während die Pseudopodien nur zur Herbei- schaffung der Nahrung und zur Locomotion dienen. Eine ähnliche Differenzirung des Plasmas ist bei den übrigen Gromien, wie überhaupt den Foraminiferen nicht bekannt, vielmehr sind hier die körnchenführenden Pseudopodien im Stande, Nahrungskörper ausserhalb der Schale zu ver- dauen. Es besteht demnach nicht nur ein fundamentaler morphologischer, sondern auch physiologischer Unterschied zwischen den Pseudopodien der Gromia dujardinui und den- 1 ** 0 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. jenigen aller anderen Foraminiferen, der, wie ich glaube, genügt, um eine Abtrennung dieser Form von der Gattung @romia zu rechtfertigen. Ich schlage auf den Rath des Herrn Geheimrath Prof. Dr. SCHULZE für unseren Organis- mus den Gattungsnamen Hyalopus vor, wonach die vor- liegende Species als Hyalopus dujardinü (M. SCHULTZE) zu bezeichnen wäre. Ueber die nähere Verwandtschaft des Hyalopus lässt sich vorläufig nichts Bestimmtes aussagen. Nach der Eintheilung der Rhizopoda, die F. E. SCHULZE!) gegeben hat, würde er in die Abtheilung der Foosa zu stellen sein; jedenfalls nimmt er bei unseren heutigen Kenntnissen der Rhizopoden noch eine ganz isolirte Stel- lung ein. Ueber die Fortpflanzung unseres Thieres ist bisher nichts Sicheres bekannt geworden. Zunächst gelang es mir, Zweitheilung des Körpers sammt der Schale zu beobachten. Ein ovales Individuum, das an beiden Polen Mündungen besass, wurde allmählich in die Länge gezogen, in der Mitte trat dann eine seichte Einschnürung auf, die langsanı tiefer einschnitt, bis schliesslich zuerst das Plasma und kurz darauf auch die Schale in der Mitte durchriss. Die Rissstelle kann bei jedem der Theilstücke zu einer Mün- dung umgebildet oder auch verschlossen werden. Der Thei- lungsprocess ging sehr langsam vor sich, er dauerte un- gefähr 3 Wochen. In ähnlicher Weise findet eine Theilung des Thieres in 3 Theile statt. Ein mit einer Mündung versehenes Indi- viduum hing mit seinen Pseudopodien befestigt in senk- rechter Stellung an der Glaswand des Aquariums; die an- fangs kugelige Gestalt wurde während des weiteren Wachs- thums lang flaschenförmig dadurch, dass die Umgebung der Mündung halsartig auswuchs. In dem dünnen Hals sam- melte sich nun Plasma an und veranlasste zwei kugelige Auftreibungen desselben, die natürlich mit tiefen Einschnü- rungen abwechselten. Zuerst schnürte sich die unterste und !) F. E. Scuurze. Rhizopodenstudien, VI. Archiv für mikrose. Anatomie, Bd, 13, 1877, p. 21 ff. | Sitzung vom 16. Januar 1894. 3 grösste der drei Kugeln ab und dann trennten sich erst die beiden anderen. Die unterste Kugel besass eine Oeffnung, die beiden anderen je zwei, von denen aber bei der mitt- leren eine zugebaut wurde. Schon hier war die Grösse der Theilstücke verschieden. Die Theilung verlief in diesem Fall schneller, sie dauerte 1 Woche. Die Grössendifferenzen der Theilstücke können sehr gross werden, besonders. bei den hirschgeweihartig verästel- ten Individuen. Hier habe ich häufig beobachtet, dass ein- zelne, selbst sehr kleine, armartige Fortsätze sich ablösten und zu selbständigen Thieren wurden, und kann man diese Art der Fortpflanzung wohl als Knospung bezeichnen. Bis- weilen ist die Ablösung des Sprösslings noch mit ein- oder mehrmaliger Theilung desselben verbunden, indem ein sol- cher Armfortsatz schon vor seiner Ablösung durch 2 oder 3 Einschnürungen in segmentartige Theile gegliedert wird, die sich nach der Ablösung des ganzen Armes von einander trennen. — Die Theilstücke waren in allen beobachteten Fällen vielkernig. Ausser der Theilung, deren Modificationen, wie hier kurz angedeutet, sehr mannigfaltig bei unserem Organis- mus sind, habe ich noch eine andere, interessantere Art der Fortpflanzung beobachtet, nämlich die Bildung von Schwärmsporen und zwar bisher in 7 Fällen, sodass ich nicht zweifele, dass dies eine normale Art der Vermehrung ist. Fünf bis zwölf Stunden vor dem Austreten der Schwär- mer ziehen die Thiere ihre Pseudopodien ein und ver- schliessen ihre Mündungen. Das hyaline Pseudopodien- plasma vertheilt sich zwischen den sehr chromatinreichen Kernen, und dann zerfällt der ganze Weichkörper in kugelige Stücke, die aus je einem grossen Kern bestehen, der mit einer dem Volumen nach ungefähr gleichen Masse hyalinen Plasmas umgeben ist. Das anfangs amöboide Plasma run- det sich ab und entwickelt eine sehr lange Geissel. Die braunen Körner und die Nahrungsreste sinken auf den Bo- den der Schale, die sie dann etwa bis zur Hälfte ausfällen. In der anderen Hälfte bewegen sich die Schwärmer lebhaft umher. Je zwei derselben copuliren sich. Die Gestalt der 39 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Sporen ist oval oder birnförmig, ihre Grösse schwankt zwi- schen 5 und 8 y, wovon 3—6 y. auf den Durchmesser des Kernes zu rechnen sind. Die Länge der Geissel beträgt 30 — 38 ». Der Kern liegt im vorderen Theil des Schwärmers, dann folgt eine halbkugelige Kalotte hyalinen Plasmas. Bei sehr starker Vergrösserung zeigt dasselbe einen vacuolären Bau. Die Waben sind sowohl um den Kern, als an der Oberfläche radiär angeordnet und erscheinen daher im opti- schen Durchschnitt als regelmässige Alveolarsäume. In der Mitte der Plasmakalotte liegt stets eine grössere Vacuole und in der Nähe derselben ein dunkles Korn, welches viel- leicht die Bedeutung eines Centrosoms hat. Bei copulirten Schwärmern finden sich immer 2 grosse Vacuolen und 2 dunkle Körner. Indessen ist es mir bisher noch nicht ge- lungen, das weitere Schicksal dieser Vacuolen und Körner zu verfolgen, ebensowenig wie ich anzugeben vermag, was aus den copulirten Schwärmern wird; denn wenn dieselben erst die Schale verlassen haben, was meistens schon nach wenigen Stunden geschieht, verliert man sie wegen ihrer Kleinheit schnell aus den Augen. In der feuchten Kammer sterben sie nach kurzer Zeit. — Das Vorkommen von Schwärmerbildung bei Hyalopus dujardinü ist von beson- derem Interesse, weil in der Gruppe der Rhizopoden (s. str.) bisher nur selten diese Art der Fortpflanzung beobachtet worden ist. Mir sind nur zwei sichere Fälle aus der Lit- teratur bekannt geworden; der eine betrifft Protomyxa auran- tiaca HcKL.!), der andere Microgromia socialis R. HERTWIG?). In der Abtheilung der Radiolarien hingegen scheint die Schwärmerbildung allgemein verbreitet zu sein, auch bei Heliozoen liegen mehrfache Beobachtungen vor. Ich glaube, das bei Erweiterung unserer Kenntnisse von der Rhizopo- den-Fortpflanzung das Vorkommen von Schwärmern nächst dem Pseudopodien-Charakter für die systematische Stellung des Hyalopus maassgebend sein wird. !) E. HÄckeL. Monographie der Moneren. Jenaische Zeitschrift f. Naturw., IV, 1868, p. 85, Taf. H, Fig. 4. ?) R. HurtwiG. Ueber Microgromia socialis. Arch. f. mikroscop. Anat., X. Suppl., 1874, p. 10, t. 1. Sitzung vom 16. Januar 1894. >53 Herr PoTonıE legte den anastatischen Nachdruck von Spensers entdecktem Geheimniss der Natur vor. Herr Gustav TorNIER Sprach über Fussknochen-Va- riation, ihre Entstehungsursachen und Folgen (vor- läufige Mittheilung). Alle Formänderungen, welche die einzelnen Fuss- knochen während ihrer Phylogenese erleiden, haben zwei Entstehungsursachen: Entweder ändert sich der Knochen selbst, von Innen heraus, indem er gezwungen wird, sich neuen statischen Bedingungen anzupassen: ein Knochen- wachsthum, das man als internes bezeichnen kann, oder es ändert der Knochen seine Gestalt dadurch, dass Bänder und Sehnentheile, die an ihm inseriren, von ihm aus mehr oder weniger ossifieiren: ein Knochenwachsthum, das peri- pherisches genannt werden mag. Dabei ossifieirt ein Band, das zwei Knochen verbindet, in verschiedener Form: es ossifieirt entweder von einem der beiden Knochen aus oder von beiden gleichzeitig oder es entsteht drittens in ihm ein selbständiger secundärer Knochenkern. Verknöchert es von einem der beiden Knochen aus, dann entsteht aus ihm an dem Knochen, der die Ossification einleitet, ein Kno- chenfortsatz, der durch den intact gebliebenen Bandabschnitt mit dem anderen intact bleibenden Knochen verbunden ist. Verknöchert auf diese Weise zuletzt das ganze Band. dann führt dies entweder zur Synostose der beidenKnochen oder es entsteht an dem, welcher die Ossification einleitet, ein Fort- satz von bedeutendem Umfang, der mit dem intact blei- benden zweiten Knochen gelenkt. Aehnliche Erscheinungen treten dann ein, wenn das Band gleichzeitig von beiden Knochen ossifieirt. Entsteht drittens im Band ein selbstän- diger secundärer Knochenkern, dann kann dieser entweder durch Bandreste mit beiden Knochen verbunden sein, oder er kann mit einem oder beiden ein Gelenk ausbilden, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass unter gewissen Umständen auch die durch Bandverknöcherung entstandenen Knochenfortsätze secundär als selbständige Knöchelchen auftreten und sich ähnlich verhalten können. Endlich kann aber auch noch 94 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. die Verknöcherung, die in einem Bande stattfindet, in ein mit ihm verwachsenes zweites Band übergreifen, es ver- halten sich dann die als Einheit zu betrachtenden Liga- mente wie ein einziges Band und können alle Össifications- modalitäten gemeinsam erleiden. Alle diese Bandverknö- cherungen sind am Säugethierfuss so häufig, dass man wohl ohne Uebertreibung sagen kann: Weitaus die meisten Bän- der des primitiven Säugethierfusses erleiden, während sich dieser Fuss in seine höher entwickelten, zahlreichen Des- cendenten umbildet, derartige Verknöcherungen, und sie vor Allem sind es, welche den Füssen und Fussknochen der einzelnen Familien, Gattungen und Arten ihr charakte- ristisches Gepräge verleihen. Ich werde dies für den grössten Theil der Säugethier-Familien und -Gattungen in der demnächst erscheinenden Fortsetzung meiner Arbeit über die Phylogenese des Säugethierfusses klarlegen, hier nur wenige Beispiele: Die Malleoli der Tibia und Fibula sind derartig entstandene secundäre Bandverknöcherungen. Sie fehlen manchen Säugethieren ganz, bei anderen sind sie nur sehr schwach entwickelt. Ihre Entstehung ist folgende: Bekanntlich ist bei allen Säugethieren die Fib. an ihrer lateral-proximalen Ecke mit der Ast.-Lateralseite durch das Lig. fib.-cal. posticum der Anthropotomen verbunden, mit diesem Band verbindet sich gewöhnlich ein anderes gleichlaufendes, welches die Fib. an den Cal. befestigt (Lig. fib.-cal. posticum der Anthropotomen). In Facto sind beide Bänder nur Fasern eines Bandes, welches von der Fib. kommt und sich gleichzeitig am Ast. und Cal. festsetzt. An Säugethierfüssen, welche keinen ausgebildeten Malleolus externus besitzen (Eguus z. B.) entspringt an der Fib.-La- teraldistal-Ecke ein ganz entsprechend gestaltetes Band, dasselbe läuft schräg vorwärts und inserirt am Ast.-Körper an der Lateraldistal - Ecke und an der darunter liegenden Partie des Cal.-Körpers. Es könnte als Lig. fib. -ast.-cal. anticum bezeichnet werden und besteht aus den Abschnitten Lig. fib.-ast. anticum und Lig. fib. - cal. anticum.. Dieses Band kann nun in sehr verschiedener Weise verknöchern: einmal von der Fib. aus; es entsteht dann an derselben ein Sitzung vom 16. Januar 1894. 35 Fortsatz (Malleolus externus), der sich an der Ast.-Lateral- seite gegen den Cal. hinabschiebt, er kann so lange wach- sen bis das ganze Band verknöchert ist und der Malleol. ext. an den unveränderten Cal.-Körper stösst, wobei er mit diesem und dem senkrecht abgeschliffenen Ast.- Körper in Gelenkverbindung tritt (Elephas, Manis). Es kann zweitens das Lig. fib. -ast.-cal. anticum verknöchern gleichzeitig von der Fib. und vom Cal. aus (Artiodactylen), dann entsteht ein Malleolus externus, dem vom Cal. aus ein Fortsatz entgegenwächst, beide gelenken zum Schluss mit einander und mit der Ast.-Lateralseite (Zweite Form des Fib.-Cal.-Gelenks). Es kann drittens das Band ver- knöchern von der Fib. und vom Ast. aus, es schiebt sich dann ein Ast.-Fortsatz zwischen den Cal.-Körper und den Malleolus externus, und gelenkt mit beiden (Mensch, Affen, Raubthiere mit Ausnahme der Mustelinidae, wo das Band nur von der Fib. aus eine Strecke weit verknöchert und der Ast. demnach eine Malleolus-externus-Facette mit senk- rechter Abschleifung besitzt. Endlich kann das Band in Gemeinschaft mit dem Lig. cal.-fib. posticum fast ausschliess- lich von der Ast.-Lateralseite verknöchern; bei einem der- artig umgewandelten Ast. liegt die Malleolus-externus- Ge- lenkfläche fast horizontal und schaut dorsalwärts (bei den meisten Beutelthieren). Ganz ähnliche Entstehung hat der Malleolus internus der Säugethiere. Es entspringt nämlich bei ihnen norma- lerweise an der Tib. an der medial-proximalen Ecke ein sehr starkes Band (Lig. talo-tibiale posticum der Anthro- potomen) und inserirt an der Ast.-Medialseite an der Tu- berositas medialis; ein entsprechendes Band entspringt bei Thieren ohne oder mit wenig ausgebildetem Malleolus in- ternus (Phoca, Hydrochoerus capybara u. a.) an der Tib.- Medialdistal-Ecke, setzt sich einmal an den Ast.-Hals und zieht dann (als Lig. deltoideum der Anthropotomen) zum Sustentaculum taliÄ, Nav. u.s. w. Dieses Band, soweit es am Ast. inserirt, verknöchert oft extrem von der Tib. und bildet dann einen in einer Grube des Ast. - Halses gelen- kenden Malleolus internus (Affen, Halbaffen, Wiederkäuer); 26 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. bei einer Myrmecophaga tetradactyla fand ich in diesem Band einen selbständigen Knochenkern in Vertretung des Mal- leolus internus. Bei den meisten Beutelthieren ist das Band vom Ast.-Hals aus verknöchert. Seltener verknöchert bei Säugethieren das Lig. tib.-ast. posticum von der Tib. aus (Orycteropus capensis. Dasypus gigas); bei den Musteli- niden sind beide Bänder gleichzeitig stark, aber nicht zum Maximum, von der Tib. aus verknöchert und gelenken daher noch verhältnissmässig wenig an der Ast.-Medialseite. Auch die Tib.- und Ast.-Proximalseite sind am primi- tiven Säugethierfuss durch starke Bandmassen verbunden, die mit der Gelenkkapsel untrennbar verwachsen sind. Bei vielen Beutelthieren entstehen in dieser Bandmasse und aus ihr ein oder zwei selbständige Knöchelchen (bisher war, soviel ich weiss, nur eins bekannt und von BARDE- LEBEN als Intermedium tarsi gedeutet worden, eine An- schauung, der mit Recht von Baur widersprochen ist). Beide Knochen bilden bei den Placentalthieren Fortsätze der Fib. (Dabei wäre noch zu bemerken, dass das von BARDELEBEN ebenfalls als Intermedium tarsi angesprochene, zuweilen beim Menschen vorkommende, vom Ast. abge- trennte Knöchelchen ganz anderen Ursprungs ist, und zwar entweder aus dem Lig. fib.-ast. posticum neu entsteht oder als wirklicher Ast.-Fortsatz aus einem Bande hervorgegan- gen ist, das an tiefer stehenden Füssen den Ast. und Cal. unmittelbar hinter den lateralen Facetten verbindet.) Im CHorArT'schen Gelenk interessirt vor Allem die Verknöche- rung des Lig. cal.-nav. plantar-laterale, dieses Band ent- springt von der Cal. -Kopf-Medialseite unten und inserirt an der Nav.-Plantar-lateral-Ecke. Beim Menschen kann man die eine Art seiner Verknöcherung durch alle Ent- wicklungsstadien verfolgen: Es verknöchert dort einmal vom Cal.-Kopf aus, dessen Processus anterior bildend, der zuweilen als selbständiges Knöchelchen auftritt, wie GRUBER angiebt, und ferner oft auch noch vom Nav. aus, dessen plantar-laterale Ausbuchtung bildend, die nach Erreichung einer gewissen Grösse ebenso wie der Cal.-Processus ante- rior am Ast.-Kopf gelenkt, der sich zu diesem Zweck auf Sitzung vom 16. Januar 1894. 27 Kosten des Lig. cal.-ast. interosseum vergrössert. Im Maximum ihrer Ausbildung stossen beim Menschen der Cal.-Processus anterior und Nav.-Processus plantar-lateralis in einem Gelenk zusammen oder verwachsen, sodass im letzteren Fall Cal. und Nav. untrennbar vereinigt sind. Ein ähnliches Verhalten zeigt das Band bei sämmtlichen Affen, bei den Ursiden, Caniden und Feliden, bei letzteren ist allerdings der Cal.-Processus anterior gewöhnlich erst als kleines Höckerchen am Cal. vorhanden, dagegen ist bei den Hyäniden das ganze Band vom Nav. aus verknöchert, wäh- rend bei den Wiederkäuern auf seine Kosten zwar ein Oal.- Processus anterior entsteht, dann aber nicht ein Nav.- Fortsatz, sondern vermittelst eines mit ihm verbundenen Hilfs-Bandes ein Cub.-Fortsatz, sodass hier das Cub. mit dem Cal.-Processus anterior und ferner mit dem Ast.-Kopf unten gelenkt. Ebenso verschieden verknöchert im CHOPART' schen Ge- lenk des Lig. ceal.-nav.-cub. interosseum, ein Doppelband, dessen Fasern von der Cal.-Kopf-Medialseite über dem vo- rigen Band entspringen und an der Nav.-Dorsal-medial- Ecke und Cub. - Dorsal - lateral - Ecke inseriren. Es ver- knöchert dieses Band bei den Alt-, Neuwelt- und Halbaffen stets vom Nav. und Cal. aus, ebenso bei Uynaelurus gut- tatus, beide Knochen senden dann Fortsätze gegen einander vor, die zum Schluss mit einander gelenken, durch diese Fortsätze wird es dem Cub. unmöglich gemacht, sich dem Ast.-Kopf wie bisher zu nähern. Ganz ausschliesslich vom Nav. aus verknöchert das Band bei Elephas und den Equi- den; in noch anderen Fällen verknöchert das Band vom Ast.-Kopf und Cub. aus, dann entsteht auf seine Kosten ein oberes Ast.-Cub.-Gelenk (Schimpanse, Bären, bei Muste- liniden ist es in der Entwicklung). Bei den Caniden, eini- den Feliden (Jaguar nach SCHLOSsER, auch von mir beob- achtet), Proeyon und Nasua ist das Band bald intaet vor- handen, bald verknöchert es zu einem Ast.-Cub.-Gelenk, oder zu einem Cal.-nav.-Gelenk). In diesen Fällen zeigt sich, dass der Fuss mit intactem Band die freiesten Seit- wärtsdrehungen gestattet und dass der Fuss mit oberem 98 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Nav.-Cal.-Gelenk weniger einwärts, der mit oberem Cub.- ast. - Gelenk weniger auswärts als bisher gedreht werden kann. Hieraus ergiebt sich, dass die Füsse mit oberem Cal.-nav.-Gelenk und die mit oberem Cub.-ast.-Gelenk divergente Entwicklungsformen aus gemeinsamer Urform darstellen. Bei den Artiodactylen, Tapiriden, Paläotheri- den, bei Mans u. s. w. ist das Band vorwiegend vom Ast.-Kopf aus verknöchert, es schiebt an derartig umgebil- deten Füssen der Ast.-Kopf eine Knochengräte zwischen das Nav. und Cub., die jede Ein- und Auswärtsdrehung des Fusses verhindert. Dies ist also die vierte Entwicklungs- form eines Fussabschnitts aus gemeinsamer Urform. ‚Andere ebenso wichtige Bandverknöcherungen sind in meiner Arbeit über den Prähallux klargelegt, noch andere werde ich demnächst beschreiben. Ebenso wie Bandabschnitte können Sehnenabschnitte verknöchern und zwar einmal direct von einem ihrer Inser- tionspunkte aus, dann auch selbständig, indem in ihnen secundäre Knochenkerne entstehen, das letztere geschieht gewöhnlich dort, wo Sehnen an benachbarten Knochen vor- überziehen und dieselben als Rollen benutzen. Als beson- ders auffälliges Beispiel ist zu erwähnen das Verhalten der Musculus-peronaeuslongus-Endsehne. Bei den Hundsaffen verknöchert ein Abschnitt dieser Sehne direct vom Mtsı aus, dies geschieht auch bei allen Raubthieren, bei Myrme- cophaga- Arten und in ganz extremer Weise bei den Halb- affen, ausserdem findet man bei den Altweltaffen in dieser Endsehne, wo sie am Cub. reibt, einen selbständigen Kno- chenkern, dem beim Menschen ein entsprechend gelegener Knorpelkern entspricht. — Es verknöchert ferner bei den meisten Raubthieren und bei Myrmecophaga ein dem Musc. tibialis anticus und Musc. abductor hallucis gemeinsamer Sehnentheil direet vom Mtsı, bei den Neuweltaffen und Hylobates-Arten entsteht aus demselben Sehnenabschnitt ein selbständiges Knöchelchen. Die physiologischen Ursachen solcher Band- und Seh- nenverknöcherungen sind dieselben, wie diejenigen, welche das interne Knochenwachsthum beherrschen: Druck und Sitzung vom 16. Januar 1894. 29 Zug, und zwar erzeugt, wie später ausführlich bewiesen werden wird, extreme Zugwirkung in Bändern und Sehnen die Knochenpartien, der Druck, den diese Knochenpar- tien in Berührung mit anderen Knochen erleiden, schleift sie ab, und erzeugt ihre Gelenkflächen, denn der Druck bringt, wie längst bekannt, Knochensubstanz zum schwin- den. Die Gesetze der Druckwirkung auf den Knochen sind gut bekannt, dagegen ist der das Knochenwachsthum anre- gende Einfluss der Zugwirkung auf Knochen und Bänder bis jetzt noch sehr wenig erforscht und doch kommt ihm fundamentale Bedeutung zu, denn unter anderem verdanken ihm in letzter Instanz die langen Knochen ihr extremes Längenwachsthum, während diesen homologe Knochen, die unter starker Druckspannung stehen, im Verhältniss zu ihrem Volumen kurze Knochen sind. (Man vergleiche die Metatarsen der vorwiegend grabenden mit denen der vor- wiegend rennenden Thiere: die der Manis- und Musteli- niden-Arten mit denen der extremen Caniden.) Ueber die Entstehung der Bandverknöcherungen wäre in dieser vorläufigen Mittheilung noch folgendes zu bemer- ken: Bänder werden, wie bekannt, dadurch zur Spannung gebracht, dass Muskeln, die an der ihnen gegenüberliegen- den Gelenkseite inseriren, in Contraction gerathen. Jeder derartigen Muskelcontraction kommen zwei Wirkungen auf das von ihr beherrschte Gelenk zu, einmal eine directe Einwirkung, die internes Knochenwachsthum erzeugt: Die Knochen werden an der Muskelseite auf einander gedrückt und zur Verkürzung angeregt, auf der Bandseite von ein- ander entfernt und durch das verbindende Band, sobald dieses in Zugspannung geräth, in Zugspannung versetzt und zur Verlängerung angeregt, würde dieselbe Muskelcontrac- tion oft ausgeführt und wirkte ıhr dabei keine ebenso ener- gische antagonistische Bewegung entgegen, dann würde be- reits durch dieses interne Knochenwachsthum das Gelenk eine Form annehmen, die es gleichsam in der durch die Mus- kelcontraction vorübergehend erzeugten Stellung erstarren lässt (vorläufig zu vergleichen die interessanten Expe- rimente von R. Fıck: Archiv für Anat. und Physiol. 30 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 1890 und die Roux’schen Bemerkungen über dieselben, die ihnen erst ihren grundlegenden Werth verleihen: Biolog. Centralbl. 1891, p. 189). Das der Muskelcontraction an- tagonistisch entgegenwirkende Band wird durch die Muskel- contraction in Spannung versetzt und dadurch zur Ver- knöcherung angeregt, d. h. die Muskelcontraction erzeugt zweitens peripherisches Knochenwachsthum. Das auf diese Weise im Band entstehende secundäre Knöchelchen oder die aus ihm in gleicher Weise hervorgehenden Knochen- fortsätze modifieiren ebenfalls die Bewegungsfähigkeit des Gelenks und zwar dadurch, dass sie dessen Bewegung in der der Muskelwirkung antagonistischen Richtung modificiren, beschränken oder ganz aufheben, so erlangt eine Muskel- kraft, indem sie die Bänder der antagonistischen Gelenk- seite zur Verknöcherung zwingt, Einfluss auf die sonst ihrem Einfluss nicht unterworfene antagonistische Fussseite und es kann auf diese Weise ein Gelenk, das ursprüng- lich zwei antagonistische Bewegungen gleich gut auszu- führen vermag, bei einseitiger Verwendung zu einer Bewe- gung die Befähigung zur Ausführung der anderen ganz verlieren. Werden also z. B. in einem Fuss überwiegend Streckbewegungen ausgeführt, dann passt sich nicht nur dieser Fuss durch internes Knochenwachsthum diesen Ge- lenkbewegungen an, sondern er verliert auch mit Hilfe des peripherischen Wachsthums seiner Knochen die Befähigung, Beugebewegungen in der früher vorhandenen Ergiebigkeit auszuführen. Die Detailausführung dieser Gedanken be- halte ich mir für meine demnächst erscheinende grössere Arbeit vor. Herr ARTHUR KrAusE machte folgende Mittheilungen über nackte Landschnecken von Tenerifa, die sein Bru- der AuREL KrAuse in den Monaten Februar und März des Jahres 1893 daselbst gesammelt hat. Während die übrigen Pulmonaten von Tenerifa gut be- kannt sind und namentlich in den Werken von Moussonx (Rövision de la Faune Malacologique des Canaries, 1872), von WorrAston (Testacea Atlantica, 1878) und von MABILLE Sitzung vom 16. Januar 1894. 31 Nouv. Archiv. du Mus., VII) recht erschöpfend behandelt sind, finden sich darin über Nacktschneeken nur die alten Angaben von D OÖrBIGyY wiederholt. Dieser hatte für Te- nerifa zwei neue Arten, Limax canariensis und carenatus aufgestellt; spätere hier und da zerstreute Angaben neuerer Forscher erwähnen dagegen für diese Insel nur bekannte europäische Arten und auch die im Folgenden aufgezählten Funde meines Bruders machen es ziemlich sicher, dass die D Orssıny' schen Arten einzuziehen sind. Limax variegatus Drar. — Ein grosses, ausgewach- senes Stück vom Barranco del Castro bei Orotava und ein junges Stück von der Südseite der Insel. — Das Thier wurde nicht zerlegt, konnte aber an den äusseren Merk- malen mit Sicherheit bestimmt werden. Die Art ist ausser von HEINEMANN (Mal. Jahrb., XII, p. 289) auch von Herrn Prof. SIMROTH nach brieflicher Mittheilung durch Unter- suchung eines Stückes im Wiener Museum für Tenerifa festgestellt worden. — Zu dieser und nicht zu einer der folgenden Arten möchte ich mit HEINEMANN, schon der Grösse wegen, den Lömax canariensis DORB. stellen. Limaxz arborum BoucH. 1. forma typica. Drei Stücke von Puerto. — Die Zeichnung der Thiere, sowie die Genitalien und die Radula eines zerlegten Stückes zeigen keine erwähnenswerthen Ab- weichungen von den Verhältnissen der typischen Form, die hierdurch zum ersten Mal für Tenerifa erwähnt wird. 2. var. valentianus FER. Vier Stücke von Puerto. — Diese Varietät ist schon von SIMROTH nach Stücken aus dem Senckenbergischen Museum als Bewohner von Tenerifa erkannt worden. (Acta Leopold., Taf. 3, Fig. 5 u. 5a.) Agriolimaz agrestis L. Sieben Stück aus der Um- gegend von Puerto. — Nach der Zeichnung liegt die typische retieulatus- Form vor, auch die anatomische Untersuchung rechtfertigte die Bestimmung. Das Vorkommen von Agr. agrestis auf Tenerifa wird schon von FErussac (Hist. nat., II, 96, E) nach LEpru erwähnt, später von HEINEMANN (Mal. Jahrb., XII, p. 289) und von SımkotH (ebenda, XIII, 39 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. p. 319) bestätigt. -— An derselben Stelle erwähnt SIMROTH das Vorkommen von Agr. Drymonius BourG. auf Tenerifa; diese — Art oder Abart — ist nach ihm äusserlich von Agr. agrestis nicht zu unterscheiden, aber durch den Mangel des Reizkörpers charakterisirt.') Amalia gagates Drar. Zwölf Stück, namentlich aus der Umgegend von Puerto, aber auch aus der Erikenregion oberhalb Cruzanta. — Die Thiere sind einfarbig schwarz, an den Seiten mehr oder weniger heller grau. Radula und Genitalien zweier zerlegten Stücke stimmen zu der typischen Form. Bei drei Exemplaren war der Reizkörper herausgestreckt und bei zweien derselben zeigte sich neben demselben die Spermatophore; die richtige Deutung dieser Theile vor der erst später ausgeführten Zerlegung verdanke ich einer freundlichen Mittheilung des Herrn Prof. SIMROTH. — Die aus biegsamem, braunem Conchiolin bestehende Spermatophore zeigt 1'1/.—2 korkzieherähnliche Windungen; sie stak mit dem dickeren Ende in der Patronenstrecke und war an der frei herausragenden Spitze mit einfachen, rückwärts gerichteten Dornen, weiter unten mit mehr und mehr dichotom zerschlitzten, platten Stacheln besetzt. Die Länge der ausgestreckten Spermatophore beträgt ca. 9 mm, der stärkste Durchmesser der Achse 0,4 mm, und die Sta- cheln, die namentlich auf der convexen Seite derselben aufsitzen, erreichen in der Mitte eine Länge von 0,6 mm. — Diese Schnecke ist, wie schon HEINEMANN nach den Sammlungen von GRENACHER und NoLL feststellte (Mal. Jahrb. XII, pag. 290), unzweifelhaft der Limax carenatus D’ORB. Auch SIMmROTH erwähnt das Vorkommen von Amalia gagates auf den Canaren (Mal. Jahrb. XIII, pag. 322, und Nov. Acta Leop. LXI, Taf. 3, Fig. 2. !) Eine später vorgenommene Untersuchung zweier weiteren Exem- plare zeigte in der That, dass eines derselben zu agrestis, das andere aber zu Drymonius zu rechnen ist, da im Penis statt eines freien conischen Reizkörpers nur drei Längsfalten vorhanden sind. Sitzung vom 16. Januar 1894. 33 Herr Hans VircHow theilte einige embryologische und angiologische Erfahrungen über nordamerikanische Wirbelthiere mit. Ich berichte hier über eine im Frühling und Sommer 1893 angestellte Reise, welche z. Th. wissenschaftlichen Aufgaben diente, bemerke aber gleich, dass nur ein Theil meiner Zeit diesen Zwecken gewidmet war. Es kam mir in erster Linie darauf an, das Land und seine Einrichtungen kennen zu lernen; auch hatte ich einen Auftrag für Chicago, der mich gerade in der Zeit, welche ich für embryologische Untersuchungen hätte brauchen können, in empfindlicher Weise störte. Ich hatte von vornherein nur ins Auge ge- fasst, embryologisches Material zu konserviren und einige Gefäss-Injectionen und Präparationen, die an Ort und Stelle gemacht werden mussten, auszuführen. Da ich von vornherein nicht wissen konnte, was ich in dem fremden Lande erreichen würde, so hatte ich verschiedene Fragen in's Auge gefasst: Ich dachte an die Entwicklung von Le- pidosteus, Amia, Necturus und Spatularia. Von Lepidosteus habe ich am Black Lake im Staate New-York, dem klassischen Orte für Leprdosteus-Embryologie, ein ziemlich reichliches Material erhalten, jedoch ohne die frühesten Stadien. Ich kam dorthin acht Tage zu spät. Von Amia habe ich nur einige Larven erhalten, welche mir Herr Hay in Chicago schenkte. Von Necturus erhielt ich in Oco- nomowoc im Staate Wisconsin nur 13 Larven; ich kam dorthin mehrere Monate zu spät. Ueber Laichzeit und Laichplätze von Spatularia konnte ich weder bei Gelehr- ten noch bei Fischern irgend etwas erfahren; obwohl ich eine Reise nach Dubuque in Jova machte und dort einen Grossfischer aufsuchte, der häufig diesen Fisch für den Ver- kauf fing, so waren doch, die Nachforschungen nach der Laichzeit erfolglos. Zu den gerannten’ Thieren kam noch Amblystoma punctatum, worauf mich Herr Ramsay WRIGHT in Toronto aufmerksam machte. Zu diesen embryologischen Aufgaben kamen einige ver- gleichend anatomische. Namentlich interessirten mich die Kopf- und Kiemengefässe und die Augen von Lepidosteus ı** 34 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und Amia. Von Lepidosteus osseus erhielt ich in Kingston (Ont.) in Canada einige lebende Exemplare und führte gut gelingende Injectionen aus. Von Amia war es schwer, lebende Thiere zu erhalten, da dieser Fisch im Sommer in die Binsen geht, d. h. sich in flache, sumpfige, dicht mit Wassergräsern bedeckte Stellen der See- und Flussufer zurückzieht, wo man ihm mit Netzen nicht beikommen kann; ich bekam nur ein lebendes Exemplar. Trotz der ausserordentlichen Zähigkeit dieses Fisches (welche z. B. dahin führte, dass in den Aquarien der Fisch-Commission auf der Chicagoer Ausstellung sich die Amiae mit der Zeit besonders häuften, weil von den stets erneuten Zu- fuhren die übrigen Fische früher oder später starben und die Amiae übrig blieben), starb mein Exemplar, da es während der Nacht aus dem Becken gesprungen war. _ Unter denen, welchen ich Dank schulde, hebe ich heraus Prof. Ramsay WrıcHT in Toronto, der mich in dem sauberen. gut eingerichteten, hübsch gelegenen biologischen Laboratorium der Queen’s University gastlich aufnahm, so- wie seine Assistenten, die Herren JEFFREY und MACRAE, welche mich zu den Laichplätzen von Amblystoma puncta- tum führten und Eier und Larven in meiner Abwesenheit für mich conservirten; sodann den Prineiple (Präsidenten der Universität) Herrn GRANT, Professor der Zoologie Herrn FowLer und Professor der Physiologie Herrn Knı6HT in Kingston Ont., welche mir die Hülfsmittel der Uni- versität, der Bibliothek und des histiologischen Institutes der King's University zur Verfügung stellten, Herrn Wnır- MAN in Chicago, der mir Oconomowoec als einen geeigneten Platz für Neeturus-Entwicklung nachwies, Herrn BAur, der mir einige ältere Larven von Neeturus, und Herrn Hay, der mir zwei Larven von Amia schenkte. Doch bewahre ich in dankbarer Erinnerung die Namen zahlreicher anderer Personen, welche mich durch Rathschläge, Empfehlungen und Beförderung unterstützten. Auch die beiden Fischer, Herrn Perry in Edvardsville am Black Lake N.-Y. und Herrn Hexey Meyer in Oconomowoc Wis., muss ich rühmen, sowohl wegen ihrer genauen Kenntniss der Laich- Sitzung vom 16. Januar 1894. 35 plätze, als auch wegen ihrer praktischen Hülfe. Der reisende Forscher findet sich in den vereinigten Staaten durch die Intelligenz und schnelle Auffassung auch der ländlichen Bevölkerung sehr gefördert, und ich glaube auch nach meinen persönlichen Erfahrungen, dass dieser Theil der Bevölkerung drüben mindestens ebenso gefällig ist, dem Fremden zu helfen, wie bei uns. Dazu kommt noch, dass für den Amerikaner der Gedanke, dass gerade er der Mann sei, eine Sache zu machen, die Andere nicht machen können, etwas Aufstachelndes besitzt. Ich will nun ausdrücklich bemerken, dass es von vorn- herein nicht meine Absicht war, die Embryologie der oben genannten Formen in ausführlicher, etwa monographischer Weise zu behandeln. Dazu sind derartige vorübergehende Besuche nicht geeignet. Es gehört überhaupt zu der Vor- bereitung einer monographisch embryologischen Bearbeitung selbst im günstigen Falle eine zweijährige Campagne: im ersten Jahre muss man die Gelegenheiten kennen lernen und sich mit dem Material vertraut machen, im zweiten kann man dann mit guter Disposition an die Arbeit gehen, wobei ja auch eine Fülle von Beobachtungen am frischen lebenden Material zu sammeln ist. Solche mehr mono- graphisch angelegten Bearbeitungen sind auch theilweise schon von amerikanischen Forschern gemacht, für die das Material leichter erreichbar ist (Lepidosteus, Amblystoma), theilweise sind sie, wie ich erfuhr, in Vorbereitung. Das von mir gesammelte embryologische Material habe ich bisher in keiner Richtung durchgearbeitet, da ich seit meiner Rückkehr mit anderen Aufgaben beschäftigt war. Ich will daher nur einiges über Laichzeiten, Laichplätze und Larvenzustände mittheilen. 1. Amblystoma punctatum. — Am 25. und am 27. April sammelte ich bei Toronto mit den Herren Mac- CALLUM und JEFFREY Laich in mehreren Tümpeln. Das Wetter war in der vorausgehenden Zeit anhaltend kühl gewesen. Die Laichplätze sind kleinere und grössere Tümpel. Die gesammelten Stadien waren ziemlich ver- schieden, woraus zu schliessen ist, dass die Laichzeit sich 36 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. über einen längeren Zeitraum erstreckt. Innerhalb der einzelnen Eihaufen, welche durchaus den Eihaufen unserer Frösche gleichen — nur ist das Eiweiss sehr compakt —, sind alle Eier stets auf derselben Stufe der Fntwicklung. Wenn also bei Zimmertemperatur hier Differenzen vor- kommen, so muss man dies auf Störungen zurückführen. Die Eihaufen wurden dann zusammen mit Wasserpflanzen in einem cementirten Becken des biologischen Institutes aufbewahrt, welches sich unter einem Glasdach befand, dessen Wasser also durch die Sonne eine ziemlich hohe Temperatur annehmen konnte und im Laufe des Sommers grossentheils verdunstete.e. Am 20. Mai hatten die Larven zum grössten Theil die Hüllen verlassen, einige jedoch noch nicht. Sie waren von sehr verschiedener Grösse; die grösseren verschlangen die kleineren, sowie es Sala- mander-Larven in Gefangenschaft zu thun lieben. Am 9. Juli, wo ich die Larven nach längerer Abwesenheit wiedersah, fand ich die äusseren Kiemen wohl entwickelt. Die Thiere schwammen geschickt und ruckartig, bewegten sich aber, wenn sie nicht gestört wurden, vorwiegend gehend auf dem Grunde des Wassers. Am 21. September hatte eine einzige Larve die äusseren Kiemen verloren. Ich con- servirte die Mehrzahl der noch verbliebenen und versuchte noch fünf derselben lebend mit nach Europa zu bringen, von welchen aber drei in Folge von gegenseitigem An- fressen auf der Ueberfahrt starben. Der eine der beiden Ueberlebenden hatte am 9. Oktober die äusseren Kiemen verloren. Die Larven liessen sich mit Fleischstückchen gut füttern. Die Färbung der Larven ist am Rücken und an den Seiten ein helles Gelbbraun, welchem schwarzes Pigment beigemischt ist. An den Seiten finden sich weisse Flecke. Der Bauch ist mehr gleichmässig weiss. In der Mittellinie desselben verläuft ein unpigmentirter Streifen, durch wel- chen man die Bauchvene sieht, auch die Kehlhaut ist un- pigmentirt. Die Larve, welche die äusseren Kiemen ver- loren hatte, zeigte am Rücken und an den Seiten eine mehr ” Pi ee P22) 2 - nn nn nn ng eg er Anz a en .— Sitzung vom 16. Januar 1894. 37 schwarze Färbung und einen dickeren Schwanz, als die übrigen. 2. Necturus. Necturus kommt in den zahlreichen Seeen im südlichen Wisconsin häufig vor und auch an an- deren Stellen der Vereinigten Staaten. Die Laichzeit ist nach mündlichen Angaben der Brüder MEYER Mitte Mai, im Jahre 1893 fiel sie auf den 22. Mai, d. h. später wie gewöhn- lich; sie variirt nach dem Wasserstande. Die Thiere legen nicht zu verschiedenen Zeiten ab. sondern angeblich zu gleicher Zeit, sozusagen auf dieselbe Stunde. Die Laichplätze finden sich im See an flachen Stellen, oft ganz dicht am Ufer, z. Th. auch fünf bis sechs Fuss unter der Oberfläche. Die Eier werden äusserst versteckt an die Unterseite von Brettern u. s. w. abgesetzt, an welchen sie ankleben. Man kann die Stelle als einen flachen Gang im Sande erkennen, welcher zu einer niedrigen Oeffnung zwischen dem Rande des Brettes und dem Seeboden hin- führt. Das Weibchen liegt unter dem Brett, die Eier be- wachend. Ich erhielt in Oconomowoc am 27. Juli nur dreizehn Larven, die acht Tage früher in den Eihüllen gefunden, aber inzwischen ausgeschlüpft waren; sie waren alle gleich weit entwickelt und das Dotterorgan von beträchtlicher Grösse. Das letztere hatte eine rein gelbe Färbung in seiner unteren Hälfte, die obere Hälfte besass sehwarzes Pigment, durch welche das Gelb hindurchschimmerte. Am 3. August waren am Dotterorgan Einkerbungen bemerkbar, welche sich am 5. August, an welchem Tage ich die letzten Larven conservirte, stärker ausgebildet hatten. Die übrige Färbung der Larve ist eigenthümlich: auf dem Rücken läuft ein bräunlich-schwarzer Streifen, seitlich davon ein hell-fleischfarbener Streifen, fast gänzlich ohne schwarzes Pigment. Ein ebenso gefärbter, aber sehr feiner Strich theilt den schwarzen Rückenstreifen im Bereich der hinteren Rumpfhälfte in einen rechten und linken. An der Seite des Thieres verläuft wieder ein schwarzer Streifen; am Kopf verbreitert sich der dorsale Streifen sehr. Der schwarze Seitenstreifen läuft über das Auge weg; über der Schnauze 38 Gesellschaft natwrforschender Freunde, Berlin trifft er mit dem Rückenstreifen zusammen. Die Extre- mitätenenden sind unpigmentirt und weisslich, d. h. weniger transparent wie Schwanz und Kiemen. Die Bewegungen. dieser frisch ausgeschlüpften Larven sind ausgiebig schlängelnd, jedoch liegen die T'hiere meist ruhig. Zuweilen fallen sie auf den Rücken und bleiben dann einige Minuten so liegen. Die Extremitäten werden nicht benutzt. Schon am 3. August fand ich jedoch die Extremitäten in Thätigkeit. 3. Lepidosteus osseus. Lepidosteus osseus ist in den Vereinigten Staaten sehr verbreitet; dennoch habe ich, ob- wohl ich an verschiedenen Plätzen eingehende Erkundigungen einzog und selbst manchen Tag im Boot und in Wasserstiefeln auf das Absuchen der von ihm besuchten Ufer verwendete, nur in Oconomowoe und am Black Lake etwas über seine Laich- gewohnheiten erfahren. Ich will daher den letzteren Ort, der als die classische Lokalität für Lepidosteus-Entwicklung be- zeichnet werden kann, schildern. Der „schwarze See“ im Norden des Staates New-York ist 18 englische Meilen lang und erstreckt sich von Südwest nach Nordost, hat also ein süd- liches, zu gleicher Zeit östliches, und ein nördliches, zu gleicher Zeit westliches Ufer. Die engste Stelle (the narrows), durch eine grössere Insel ausgezeichnet, findet sich bei Edvardsville in halber Länge des See’s. Der See liegt in der Gneisformation, welche auch der St. Lorenz in seinem Anfangsstück durchbricht, die berühmten „tausend Inseln“ bildend. Ausserdem trifft man eine zweite For- mation von Kalk oder Sandstein. Infolge dessen ist das Ufer zum grossen Theil felsig, ebenso wie die in dem See gelegenen Inseln; auch trifft man isolirte Felsen mitten im Wasser über die Oberfläche oder bis dicht an die Ober- fläche emporragend. Trotzdem hat der hübsche See in keiner Weise einen pittoresken Charakter. Die Höhen hinter dem Ufer erheben sich nämlich selten über 40, die Felsen, die das Ufer selbst ‚bilden, selten über 20 Fuss. Fast nie fällt der Felsen in Form einer Wand in das Wasser selbst ab, sondern fast immer sind ihm Fels- trümmer vorgelagert, welche durch die athmosphärischen Sitzung vom 16. Januar 1894. 39 Einflüsse abgebröckelt sind. Andere Theile des Ufers sind ganz flach und enthalten sumpfige Parthieen (marshes) mit Gräben (creeks) in grosser Menge, ein Umstand, dem der See seine dunkle Farbe verdankt. Er ist z. Th., nament- lich auf der Westseite, von eultivirtem Lande, zum grösseren Theil aber von Gehölz begrenzt. Die grösste Tiefe fanden wir bei verschiedenen Lothungen nicht über 18 Fuss. Die Farbe des Wassers ist braunschwarz, etwa so wie Kaffee, auch an flachen Stellen braun und selbst im Glase bräun- lich, im Uebrigen klar ausser bei Bewegung in der Nähe sandiger Stellen. Der Grund des See’s scheint muddig zu sein. Die Temperatur fand ich am 13. Juni mittelst eines im -Wirthshaus vorgefundenen Thermometers, über dessen Zuverlässigkeit ich nichts aussagen kann, 76° Fahrenheit, was mir allerdings kaum glaublich scheint, und am 14. Juni 10° höher. Jedenfalls begünstigt die dunkle Farbe des Wassers die Erwärmung ausserordentlich, und die Tage vom 11. bis 14. Juni waren äusserst heiss und fast wind- stil. Am 14. Juni begann eine reichliche Menge von schwimmenden kleinen grünen Algen in dem ganzen See sichtbar zu werden. Der See gilt als sehr fischreich. Die Lepidostee erscheinen um die Laichzeit dicht an der Oberfläche in Scharen, an der Küste hinziehend, ein Weibchen von vier bis zehn Männchen gefolgt. Sie sind dann so achtlos, dass sie mit Leichtigkeit gefangen werden können. Ausserhalb der Laichzeit führen sie im Ganzen ein verstecktes Leben, doch kommen sie auch im Laufe des Sommers gelegentlich an die Oberfläche. In dem See bei Oconomowoc werden sie angeblich auch ausser der Laichzeit häufiger beobachtet, was wahrscheinlich wesent- lich dem hellen Wasser zuzuschreiben ist. Ich machte dem Black Lake einen Besuch am 6. Juni und hielt mich dann vom 12. bis 15. Juni einschliesslich dort auf. Ich fand in dieser Zeit nur wenige Eier, an denen die Embryonalanlage noch nicht sichtbar war, da- gegen eine grössere Anzahl von Eiern, bei denen das Schwanzende schon abgehoben war, und eine grosse Menge von Larven aus verschiedenen Stadien. Trotz des langen 40 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Winters und kalten Frühlings jenes Jahres war also der See durch die heissen Tage des Mai und Juni genügend erwärmt, um eine Verspätung im Eintritt der Laichzeit zu verhindern. Man hat damit zu rechnen, dass am schwarzen See die Laichzeit von Lepidosteus mit dem 20. Mai be- ginnen kann. Die gefundenen Eier nnd Larven zeigten öfters an weit von einander entfernten Plätzen genau gleiche Stadien, während sich gewisse Stadien an manchen Tagen gar nicht fanden. Man muss also annehmen, dass an günstigen Tagen an verschiedenen Plätzen gleichzeitig ge- laicht wird. Der letzte Haufen, den ich fand, war wahr- scheinlich am 13. Juni abgesetzt. Die Laichplätze scheinen sich ausschliesslich auf dem südlichen, zugleich östlichen Ufer zu finden und sehr con- stant zu sein, wenigstens fanden wir keine Plätze ausser an Stellen, welche Herrn Perry schon bekannt waren. Die Plätze sind nie auf sandigem bezw. muddigem Grunde, sondern immer auf steinigem, aber auch nicht auf felsigem Grunde, sondern auf solchen Stellen, wo abgebröckelte Steine den Felswänden vorgelagert sind. Die Eier liegen von 10 bis zu 40 Centimeter unter der Oberfläche des Wassers, in einem Falle 50 Centimeter, doch waren in diesem Falle alle Eier abgestorben. 20 bis 25 Centi- meter dürfte wohl die Regel sein. Die Plätze sind z. Th. an vorspringenden Ecken des Ufers (points), z. Th. an den Seiten von Buchten, die Nähe von Marschen ist nur zu- fällige. Nur einmal fanden wir einen Laichplatz an einer der Inseln. Oft findet man an mehreren benachbarten Stellen Eier im gleichen Stadium, vielleicht von dem gleichen Weibchen herrührend, aber von verschiedenen Männchen befruchtet. Die Eier liegen in klarem Wasser, welches jedoch bei bewegtem See nicht ganz so klar ist, wie in der Mitte des letzteren. Die Eier sind nicht an senkrechten Wänden befestigt, sondern an der oberen, zu- weilen auch an der unteren Fläche der lose liegenden Steine; zuweilen ist ein Eihaufen über einen einzigen grossen Stein ausgebreitet, in der Regel aber über mehrere oder viele kleine Steine. Die Eier liegen nie dicht, oft 2 Sitzung vom 16. Januar 1894. 41 berühren sich zwei oder drei derselben, meist aber sind sie durch einen Zwischenraum von mehreren Centimetern ge- trennt. Die Steine sind nie ganz rein, sondern stets mit einem leichten Ueberzuge brauner, oft aber mit einem dichteren Rasen grüner Algen bedeckt, so dass die Eier seltener an den Steinen selbst als an dem Algenüberzuge haften. Wenn jedoch das Erstere der Fall ist, so ist die Berührung nur punktförmig und sehr fest. Es scheint, dass diese Eier besser gedeihen als diejenigen, welche auf dichten Algenrasen liegen; denn unter den letzteren findet man weit mehr abgestorbene. Es findet sich nämlich eine sehr grosse Zahl todter Eier, oft die überwiegende Menge. und diese sind dann von einer dichten Vegetation von Schimmel- pilzen überzogen, welche ich als die Folge und nicht als die Ursache des Absterbens ansehe. Den schädlichen Ein- fluss der Algen konnte ich auch beim Transport von Larven in einem Glase von den Laichplätzen nach dem Hause be- obachten. Es starb nämlich die überwiegende Zahl der Larven, welchen ich geglaubt hatte, durch die Algen einen Dienst zu erweisen, unterwegs ab, dagegen wurden Larven in reinem Wasser unter sonst gleichen Bedingungen ohne Verlust transportirt, während mitgenommene kleine Tele- ostierlarven ausnahmslos starben. Ueberhaupt zeichnen sich . die Lepidosteus-Larven durch grosse Resistenz aus. Die Eischale ist dünn und leicht zerreisslich. Sie scheint völlig klar und durchsichtig zu sein und ihre fast immer bräunliche Farbe von einer Auflagerung von Seiten des Wassers herzurühren. Von einer die Schale umgeben- den Schleimhülle ist nichts zu bemerken. Zwischen der Schale und dem eigentlichen Ei ist schon in frühen Stadien ein bedeutender Zwischenraum, welcher sich noch erheb- lich vergrössert, so dass das Thier in einer geräumigen Höhle liegt. Vor dem Ausschlüpfen misst der Durchmesser dieser Hülle 5 Millimeter. Die untere Eihälfte hat einen leicht chocoladenfarbenen Ton, die obere umwachsende ist weiss. Um die Zeit des Ausschlüpfens ist der Dottersack fast weiss, etwas gelblich, die unpigmentirte Larve mehr transparent, jedoch auch weisslich. Nach dem Ausschlüpfen 49 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. halten sich die Larven ausnahmslos an der unteren Fläche der Steine auf, durch ihre Saugscheibe fixirt. Werden die Steine aufgehoben, so lassen sich die Larven zu Boden sinken und suchen neue Verstecke. Auch in einem Becken, wenn Steine in dasselbe gelegt wurden, nahmen sie ihren Platz an der Unterseite derselben ein. Es kann daher an- genommen werden, dass die von anderen Beobachtern be- schriebene Anheftung an die Wand nahe dem Wasserrande oder an die Oberfläche des Wassers selbst nicht den natür- lichen Gewohnheiten entspricht, sondern durch ungünstige Umstände bedingt ist. Beim Hängen an der Oberfläche des Wassers wird an dieser eine kleine Delle erzeugt. Auch grössere Larven leben versteckt unter Steinen; wird jedoch der Grund des Wassers aufgerührt, so kommen sie an die Oberfläche. In einigen Fällen, wo eine leichte Brise die Oberfläche bewegte, fand ich die Larven in grosser Zahl dicht an der letzteren schwimmend. Die eben ausgeschlüpften Embryonen verharren fast bewegungslos. Grössere Larven, wenn sie an der Ober- fläche des Wassers schwimmen, bewegen sich sehr hurtig, wobei der grössere hintere Theil des Körpers in schlängelnde Bewegung ist und die Vorderflossen sich in schnellster Vibration befinden. Bei Erschütterungen des Gefässes suchen solche Larven den Boden auf. Noch weiter ent- wickelte Larve (vom 4. Juli) zeigen zwei Arten der Fort- bewegung: Die gewöhnliche besteht in einem langsamen Fortgleiten, wobei entweder die Vorderflossen und die Schwanzspitze oder nur die Vorderflossen bewegt werden, und zwar diese in so rascher Vibration, dass der ganze Bewegungskegel der Extremität als ein solider Körper er- scheint. Bei ausgiebiger Vorbewegung dagegen wird der ganze Schwanz oder auch der Körper schlangenartig ge- krümmt, und die Thiere schiessen dann blitzartig durch das Wasser. Die älteren Larven zeigen eine eigenthümliche Larven- färbung: der Rücken ist braun gefleckt, an der Seite läuft ein schwarzer Streifen entlang, darunter ein brauner, darunter wieder ein schwarzer. Später ist der Rücken rehfarben, = - Ta -. sea - Sitzung vom 16. Januar 1894. 43 seitlich dunkler und an der Seite läuft ein schwarzer, dann ein weisser und dann wieder ein schwarzer Streifen ent- lang, von denen der obere schwarz gefleckt ist. Das letzte Ei, welches ich am schwarzen See sammelte, zeigte eine interessante Missbildung. Der Dotter war näm- lich nicht völlig umwachsen, wie bei den übrigen, durch- aus gleichmässig entwickelten Eiern desselben Haufens, sondern ein Theil desselben unbedeckt; der Schwanz ge- spalten und rudimentär, und am Rande des Dotterloches, um den dritten Theil des Umfanges von der Schwanzstelle entfernt, fand sich ein kleines Knötchen. Nach diesen embryologischen Bemerkungen füge ich einiges bei über meine angiologischen Erfahrungen. Ich verwendete auf die diesbezüglichen Untersuchungen einen mehrwöchentlichen Aufenthalt in Kingston Ont. in Canada, wo ich in dem Hause des Dr. SuLLıvan die gastlichste Aufnahme fand. Bekanntlich besteht in der Litteratur ein Streit darüber, ob die beiden bei Zepidosteus am Kiemendeckel vorkommen- den Kiemenabschnitte zwei verschiedenen Kiemen, der Hyoid- und der Spritzloch-Kieme angehören (JOHANNES MÜLLER), oder ob sie Stücke einer Kieme, der Hyoidkieme, seien (GEGENBAUR). Dass die letztere Ansicht aufkommen konnte, wird allerdings bei der Betrachtung der Präparate ver- ständlich: die Basen beider Stücke liegen auf der gleichen (gekrümmten) Linie; sie haben dieselbe Höhe und ihr Charakter, von der freien Fläche betrachtet, ist gleich; sie berühren sich oder sind doch nur durch einen kleinen Zwischenraum getrennt. Dennoch war ich von vornherein von der Richtigkeit der MÜLLERrR'schen Auffassung über- zeugt, wegen der Verbindungen mit den Kopfgefässen. Es kam mir jedoch darauf an, womöglich eine Zwischenform zwischen dem Verhalten bei Selachiern und bei Teleostiern zu finden. Eine solche hat sich, soweit der Charakter der Hyoidkieme selbst in Betracht kommt, nicht herausgestellt, denn der Bau derselben ist vollkommen so einfach, wie bei Teleostiern, und es findet sich nichts von dem charak- teristischen Gefässnetz, durch welches bei manchen Squaliden He 44 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und in geringerem Maasse auch bei Acipenser die vordere Fläche der Spritzlochkieme ausgezeichnet ist. Dagegen zeigt mit Beziehung auf die zuführende Arterie der Spritz- lochkieme Lepidosteus ein wohl charakterisirtes Verbindungs- glied zwischen Selachiern und Teleostiern, indem, wie schon JOH. MÜLLER wusste, die Arteria afferens spiracularıs ge- bildet wird durch den Zusammentritt einer Arteria afferens hyordea, wie bei Selachiern, und einer Arteria efferens branchialis, wie bei Teleostiern. Lepredosteus verhält sich hierin wie Accipenser, obwohl im Einzelnen das Bild ab- weicht. Mit Rücksicht auf die Chorioidealgefässe lag folgende Fragestellung vor. Lepedosteus entbehrt des Chorioideal- körpers und Ama besitzt einen solchen. Es konnte daher daran gedacht werden, dass nicht nur Lepidosteus eine Ver- bindung mit den Chorioidealgefässen der Selachier würde erkennen lassen. sondern dass auch Amia ermöglichen würde, die Gefässverhältnisse des Chorioidealkörpers aus der primitiven Anordnung der Chorioidealgefässe abzuleiten. Die letztere Erwartung hat sich nicht bestätigt, denn der Chorioidealkörper von Amia ist bereits sehr stark ent- wickelt und von primitiven Verhältnissen entfernt. In der Chorioides von Lepidosteus findet man allerdings eine dorsale und eine ventrale Vene und einen nasalen und temporalen Arterienzweig, also eine Anordnung, welche dem allge- meinen Gefässtypus der Wirbelthierchorioides entspricht, aber in der Anordnung im Einzelnen finden sich Besonder- heiten, die sich zunächst nicht weiter verwerthen lassen. Ueber die Glaskörpergefässe sei noch bemerkt, dass in der Anordnung derselben Lepidosteus und -Amia erheblich von einander abweichen. Herr Wırtmack legte Photographien aus den Ver- einigten Staaten, betreffend Botanisches und Gaärt- nerei, vor. J. F. Starcke, Berlin W, Nr. 2. 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 20. Februar 1894. Vorsitzender: Herr ASCHERSON. Herr RaBL-RÜckHARD berichtet über seine Untersuchungen an einem Exemplar des Gehirns von der Riesenschlange (Python molurus). — Diese werden an anderer Stelle ausführlich erscheinen. Was zunächst den allgemeinen Bau des Gehirns anbe- langt, so fällt die kolossale Dicke der Tractus olfactorii in die Äugen, worauf bereits frühere Beobachter aufmerksam mach- ten. Ferner besteht eine deutliche Längs- und Querfurche der Oberfläche des Mittelhirns, so dass ein wirklicher Vier- hügel gebildet wird. Das Cerebellum ist nicht, wie LussanA angiebt, stark entwickelt, sondern eine einfache, dem vier- ten Ventrikel flach aufliegende und ihn in seinem vorderen Theil überbrückende dünne Lamelle. Am Rückenmark konnte RABL-RÜCKHARD die bereits von BERGER beschrie- benen elastischen Längsbänder in der lateral-ventralen Region bestätigen und schliesst sich der Ansicht des Ent- deckers an, dass sie bestimmt sind, übermässige Zerrungen des Rückenmarks bei den Windungen des Körpers der Schlange zu verhüten. Den feineren Bau betreffend, be- schreibt Vortragender die vordere Grosshirnkommissur als 2 yet 46 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. aus einem stark entwickelten basalen Riech- und einem dorsalen Schläfenantheil (Pars olfactoria und temporalis) bestehend. Dorsal davon liegt der von OsBorRN als Cor- pus callosum gedeutete, in die medianen Mantelwände aus- strahlende Faserzug. Von der Commissura anterior ziehen sich in der Medianebene kreuzende Züge zu jenem empor, wie sie der Vortragende vor Jahren am Gehirn von Psammo- saurus auffand und neuerdings AD. MEYER (Chicago) bei der Aeskulapschlange bestätigt hat. Das ebenfalls bei Psammosaurus von ihm beschriebene Fornix-Rudiment (Commissura fornieis transversa) fehlt — es findet sich nicht bei den Ophidieen, Crocodiliern und Cheloniern, dagegen constant bei den Sauriern, und ist neuerdings von AD. MEYER von Jguana tuberculata richtig abgebildet worden, während andere Forscher damit offen- bar die sog. Commissura superior verwechselten oder zu- sammenwarfen. Letztere ist eine Commissur des sog. Hirn- stocks oder Stammhirns (REICHERT), in Sonderheit der Ganglia habenulae, jene dagegen verbindet den caudalen Theil der medialen Mantelwände des Grosshirns, den neuere Autoren als Fornixleiste (EDINGER) oder als Hippocampus (HERRICK) bezeichnen, und für den der Vortragende die Bezeichnung Ammonsfalte vorziehtt. Am Mittelhirn beschreibt er die sehr entwickelte absteigende Trigeminuswurzel, am ven- tralen Theil eine doppelte Faserkreuzung, die er der MEYNERT- schen und ForEr’schen Haubenkreuzung homologisirt. Ueber die Hirnnervenursprünge behält er sich ein- gehende Mittheilungen an anderem Ort vor. Schliesslich empfiehlt. er warm für die Zeichnung netz- förmiger Strukturen an Gehirnschnitten das GÜNZBERG’sche Zeichenverfahren mit Antitouche. Herr Fr. EILHARD SCHULZE bemerkt, dass ihm die starke Entwicklung des Riechhirns interessant sei, und viel- leicht in Beziehungen zu eigenthümlichen, noch nicht ge- nauer untersuchten, von Schleimhaut ausgekleideten Grüb- chen stehe, die sich längs des Oberkieferrandes an der Schnauzenspitze der Schlangen fänden. Sıtzung vom 20. Februar 1894. 47 Herr von MARTENS zeigte einige Landschnecken vor, welche derselbe in diesem Herbst bei Kufstein gesammelt hat. und sprach im Anschluss über einige den nördlichen und südlichen Kalkalpen gemeinsame Landschnecken, welche aber den dazwischen liegenden Centralalpen fehlen. Für eine Art hat das schon P. Vınc. GREDLER in seiner trefflichen Arbeit über Tirols Land- und Süsswasser- Conchylien 1856 hervorgehoben, nämlich für Helix (Campy- laea) presli Rossm., eine ächte Felsenschnecke von vor- herrschend weisslicher Färbung. Dieselbe ist dem Vor- tragenden aus ungefähr einem Dutzend einzelner Fundorte in Oberbaiern und Nordtirol aus eigener Anschauung be- kannt, der westlichste ist Steg im oberen Lechthal, bei Cressin 1865 angegeben und von mir bestätigt, der öst- lichste die sog. Eiskapelle oberhalb St. Bartholomä, die nördlichsten Hohenschwangau in der Klamm oberhalb der Gypsmühle, das südliche Ufer des Kochelsee’s, schon 1853 von HEINR. DESSAUER gefunden, 1890 von mir bestätigt, Kufstein in der Kienbergklamm und Sparchenklamm, der Pass Klobenstein zwischen Marquardstein und Kössen und der Staubfall im Fischbachthal bei Seehaus, diese beiden von Herrn Aur. Krause 1885 beobachtet, endlich bei Reichenhall am Hochstaufen, oberhalb der Padinger Alp. Im Ober- und Unter-Innthal bleibt sie auf der nördlichen Seite des Flusses: Telfs, Zirl, die Klammen gegenüber Innsbruck und Haller Salzberg werden als Fundorte von GREDLER und GREMBLICH angegeben. Die Meereshöhen des Thalbodens der genannten Orte bewegen sich zwischen 487 (Kufstein) und 1118 (Steg) Meter und ich fand die lebende Schnecke oft kaum einige Fuss über dem Boden der Landstrasse oder dem Spiegel des nahen Sees, so weit eben gerade noch schroffe Felsenwände herranreichen, nicht selten in durch die Strassensprengung bedingten Einschnitten; der niederste Punkt, wo ich sie lebend fand, dürfte die Sparchenklamm bei Kufstein sein, wenige Meter über der Thalebene. Aus dem Erzherzogthum Oestreich ist sie bis jetzt so wenig als aus Vorarlberg oder der Schweiz bekannt; am 2* 48 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ehesten möchte man sie noch am Atter- und Traunsee er- warten. Ganz davon getrennt durch die kalklosen Central- Alpen ist nun das südlichere Verbreitungsgebiet dieser Art. Zunächst findet sich eine Gruppe unter sich benachbarter Fundorte im sog. Dolomitengebiet Südosttirols, zwischen Eisack und Pusterthal; GREDLER kennt sie vom Schlern bei Castelrutt, ich beobachtete sie in verschiedenen Jahren bei der Ruine Wolkenstein, 1563 Meter, im oberen Theil des Grödner Thals; auf der Höhe des Grödner Joches selbst, 2137 Meter; bei St. Cassian, 1526 Meter, am Fuss der Verella; ferner bei Schluderbach, 1442 Meter, am Ein- gang der Val fonda; an der Crepa. 1535 Meter, bei Cor- tina; bei S. Martino di Castrozza, 1465 Meter, alle in Höhen zwischen 1440 und 2140 Meter, aber auch an der Leisach bei Lienz, bedeutend tiefer, wenig über 680 Meter; im Grödner Thal dagegen fand sich schon am Kirchhof von St. Ulrich, 1236 Meter, nicht mehr diese Art, sondern die von unten, dem Eisackthal, heraufgedrungene nahe ver- wandte H. eingulata. An dieses Gebiet schliessen sich wohl mehr oder weniger eng nach Süden und Südosten die in der Literatur vorhandenen Fundortsangaben im Tesino- Thal, nördlich von Val Sugana, im Fella-Thal bei Pon- tebba im oberen Friaul. beim Raibler See und bei Unter- Loibl an der Grenze von Kärnthen gegen Krain, und in der Wochein, der krainischen Schweiz, am Wasserfall der Saviza, Originalfundort der Art durch PrestL und FERD. ScHMipT. Eine Varietät, nesoria (RossMm.) ADAMI. scheint auch in Oberitalien, westlich vom Etschthal vorzukommen, nämlich in der Val Trompia und an den Seen von Iseo und Idro; die auf ihre Landschnecken vielfach durchsuchten Gebiete von Bozen und Meran. dem Nonsberg und Trient liegen trennend zwischen diesem und dem vorhergehenden Gebiete. Ebenso auffallend ist die Zweitheilung der Verbreitung bei Clausilia bergeri MEYER, auch einer Alpenschnecke, die aber mehr an feuchten bewachsenen Steinen und Fels- stücken lebt, eine der wenigen Clausilien, die mit keiner anderen verwechselt werden kann. In den Büchern steht Sitzung vom 20. Februar 1894. A wohl, sie finde sich im Salzburgischen, Kärnthen, Krain und dem östreichischen Küstenlande, so dass man glauben könnte, sie habe eine continuirliche Verbreitung von Norden nach Süden über die Alpenkette hin, aber dieser Schein ent- steht nur durch die künstliche Umgrenzung dieser Provin- zen und wenn wir die einzelnen Fundorte dieser Art auf der Karte nachsehen, so ergeben sich sofort zwei von ein- ander entfernte und räumlich ziemlich beschränkte Ver- breitungsgebiete; dasjenige in den nördlichen Kalkalpen er- streckt sich vom Kaisergebirge bei Kufstein (©. HELLER, 1876, ich fand sie daselbst in diesem Herbst beim Hinter- bärenbad, 831 Meter) über Kössen (GREMBLICH) und das Lofener Hochthal nach dem Hochstauffen bei Reichenhall, etwas oberhalb der Padinger Alp, 662 Meter, und der Eis- kapelle, 840 Meter im Königssee, an beiden Orten in Ge- meinschaft mit A. presli, ferner zu den Gollinger Oefen, etwa 554 Meter (L. PrEIFFER, 1841), und endlich bis Weidenbach am Attersee, 464 Meter (J. P. E. Fr. STEIN); am Watzmann hat sie MICHAHELLES nach PFEIFFER’sS Angabe in einer Höhe von 6000’, also etwa 2000 Metern gefunden. Das zweite Vorkommen dieser Art liegt in den südlichen Kalkalpen zwischen der Drau und dem oberen Lauf der Save, wo die Grafschaft Görz, Krain, Kärnthen und Steier- mark aneinander grenzen, d. h. in den Karawanken: Wer- tatscha am Aufstieg zum Stou oder Stuhlberg (KokEıL und RossMÄsSLER „in bedeutender Höhe“), Hochgebirg des nörd- lichsten Theiles der Grafschaft Görz, von 1200 Meter an, stellenweise aber auch schon am Thalboden, etwa 700 Meter, (ERJAvEC), und in den Steiner- oder Sannthaler Alpen: Steiner Sattel 1879 Meter, Velka planava 2392 Meter, und Seleniza. Die genannten Schnecken sind auf die östliche Hälfte der Alpen beschränkt. Zwei andere, welche ebensowohl im westlichen als im östlichen Theil der Alpen sich finden und theilweise darüber hinausgehen, zeigen dieselbe Zwei- theilung, wenn auch nicht überall so ausgeprägt. Die kleine Kreismundschnecke, Pomatias septemspiralis Ratz. (ma- culatus DraP.), kommt im oberbairischen Gebirg an ver- schiedenen Stellen vor, ich fand sie z. B. dieses Jahr in 50 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. der Wolfsschlucht bei Fischbach, zwischen Rosenheim und Kufstein, an der linken Seite des Inn, früher in der Stadt Berchtesgaden und zwar an alten Mauern, HELD nennt sie von Tegernsee, und sie hat sogar einen vereinzelten Vorposten an den Kalkfelsen des linken (nördlichen) Ufers der Donau bei Kelheim, oberhalb Regensburg, wo sie zuerst mein Vater 1818 auffand (G. v. MARTENS, Reise nach Venedig, 1824, S. 94); dieses Vorkommen ist später von ÜLESSIN bestätigt worden. Häufiger ist sie im Salzburgischen und im Erzherzogthum Oestreich. Dagegen fehlt sie nicht nur in den Centralalpen Tirols, sondern ist auch im Ober- und Unter-Innthal noch nicht gefunden, so dass die Tiroler Conchyliologen sie nur als südliche Art, im Val di Non und im Fleimser Thal beginnend, kennen und in dieser Meri- dianzone sie eine Kalkschnecke mit zweigetheilter Ver- breitung ist, aber in Kärnthen soll sie nach RossmÄSSLER und GALLENSTEIN überall häufig sein, obwohl ein grosser Theil dieses Landes aus Gneiss und Glimmerschiefer be- steht, doch kommt auch Kohlenkalk mehrfach dort vor; GALLENSTEIN giebt keine einzelnen Fundorte, L. PFEIFFER fand sie häufig bei Klagenfurt, was Urgebirgsboden hat, aber ziemlich nahe einer Kohlenkalk-Insel liegt. Ueber Steiermark fehlen mir bestimmte Nachrichten. Es scheint demnach, dass für unsere Art hier im Osten eine Ver- bindung oder doch grössere Annäherung zwischen dem nördlichen Kalkgebiet im Erzherzogthum Oestreich und dem südlichen in Friaul und Krain stattfindet, vielleicht unabhängig von der chemischen Beschaffenheit der festen Unterlage, was um so eher möglich ist, als sie nicht aus- schliesslich, ja nicht einmal vorherrschend an wirklichen Felsen lebt. Wie verhält sie sich nun im westlichen Theil der Alpen? Im italienischen Kalkgebiet bleibt sie häufig bis Lugano und Varese, verschwindet aber am Lago Maggiore, wo der Kalk aufhört, und fehlt daher auch in ganz Piemont nach STABILE. Sie ist aber wieder häufig in den Jura- und Kreide-Bildungen der französischen Alpen, einschliesslich Savoyen, und geht von da auf das fran- zösische und schweizerische Jura-Gebirge über, von wo sie Sitzung vom 20. Februar 1894. 51 noch ihre Vorposten in's Ober-Elsass und Grossherzogthum Baden vorschiebt: Pfirt oder Ferette, von GAULARD bei Purox 1847 angegeben, später von F. MEYER bestätigt, Klein-Kems, Bez. Lörrach, SANDBERGER, und im Wutach- thal (F. H. Lemumann); ersterer Fundort auf Jurakalk, die beiden letzteren auf Muschelkalk. Das Waadtland, wo sie häufig ist, bildet die Verbindung vom Jura zu den nördlichen Kalkalpen der Schweiz, ich sah sie noch bei $. Maurice in Wallis, ‘dagegen scheint sie im Berner Oberland ganz zu fehlen und tritt erst im Kreide- gebiet an beiden Ufern des Vierwaldsättersee's wieder auf, bei Beckenried, Bürgen, Hergiswyl, Neu-Habsburg unweit Küssnacht und Gersau von BOURGUIGNAT, am Pilatus von C. Koch, bei Brunnen von mir 1882 gefunden. Ferner ist noch ein isolirter Fundort zu erwähnen: Auf der Maien- felder Furke (Trias-Dolomit), zwischen Davos und Arosa in Graubündten, etwa 2445 Meter hoch, von SUTER-NÄF entdeckt (Am Stein, Mollusken Graubündtens, 1883/84, S. 83), immer noch etwas über 200 Kilometer in der Luftlinie von dem nächsten bairischen Fundort Fischbach entfernt. In Frankreich ist die Art noch weiter verbreitet, zwar nicht über fast ganz Frankreich, wie Dupuy und Moguın Tanpon sagen; von 39 Departements, über deren Mollusken mir spezielle Listen vorliegen, einschliesslich Nizza und Savoyen, fehlt sie in 22, also ein wenig mehr als der Hälfte; es ist hauptsächlich der südöstliche Theil Frankreichs. in dem sie verbreitet ist, die alten Provinzen Dauphine, Lyonnais, Burgund und Lothringen nebst Savoyen, nach Südosten zu findet sie sich noch in der Auvergne (?) und bis zur Gironde, während in den Pyrenäen andere Arten derselben Gattung häufig sind, nach Nordwesten bis in die Departements Haute-Marne (von Dr. KoBELT er- halten), Aube (Drouet) und Oise (bei Try nach Eu. CHE- VALIER, bei BAaupon, zweite Ausgabe); die früheren An- gaben über ihr Vorkommen an der Nordküste, im Departe- ment Pas-de-Calais und Finisterre, erscheinen zweifelhaft, da sie neuerdings nicht bestätigt sind und in den benach- barten Departements die Art nicht gefunden wurde. Die 592 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nördlichsten Fundorte in Frankreich liegen jedenfalls noch etwas nördlicher als Kelheim an der Donau. Pomatias septemspiralis hat demnach drei verschiedene Verbreitungsgebiete: 1. Das südliche und östliche Frankreich nebst Savoyen, dem Schweizer Jura und dem Waadtland. 2. Die südlichen Kalkalpen von den Seen Oberitaliens bis Krain, Kroatien und Bosnien. 3. Die nördlichen Kalkalpen, im Westen mehr ver- einzelt, am Vierwaldstätter See und im mittleren Grau- bündten, im Osten mehr zusammenhängend in der östlichen Hälfte des oberbairischen Gebirges, im Salzburgischen und im Erzherzogthum Oestreich. 'Das zweite und das dritte Gebiet hängen vielleicht im Osten durch Kärnthen zusammen, sind aber in Tirol und der Schweiz scharf durch die kalklosen Centralalpen ge- schieden, das erste und dritte durch die Molasse-Hochebene der nördlichen Schweiz und durch die Berner Alpen, ob- gleich diese kalkreich sind, das erste und zweite durch die (sneisse und Glimmerschiefer, krystallinischen und sog. meta- morphischen Bildungen der penninischen, grajischen und cottischen Alpen. Pupa pagodula DesmouL., eine kleine, aber nicht mit einer andern Art zu verwechselnde Erd- und Stein- schnecke, verhält sich ungefähr ähnlich zu Pomatias septem- spiralis, wie Olausilia bergeri zu Helix presli, d. h. sie kommt auch in denselben drei Gebieten vor, ist aber doch weit beschränkter in ihrer Ausdehnung. In den nördlichen Kalk- alpen fand ich sie 1882 im sog. Alpgarten, etwa 550 Meter, bei Reichenhall, ein Stück in der ALgers’schen Sammlung, von Ap. ScHMipt gegeben, ist nach der Etikette bei Berchtesgaden gefunden, und in Salzburg und dem Erzherzog- thum Oestreich kennen wir eine ganze Reihe von Fund- orten, z. B. die Gollinger Oefen, Ischl, Oetscher, Baden bei Wien. In Tirol aber trifft man sie erst wieder in der Umgegend von Meran (Rabland, Marlinger Berg, Ulten, nach GREDLER), also hier am südöstlichen Rande des Urgebirges, und weiter südlich im Juragebiet der Val di Non und bei Ber +) Pi “ En ., Sitzung vom 20. Februar 1894. 53 Salurn, endlich weniger selten am Fuss der Alpen. In den Kalkgebirgen Kärnthens nach GALLENSTEIN keineswegs häufig. am zahlreichsten auf der Sattnitz, südlich von Klagen- furt, zwischen Glanfurt und Drau. Auch in Krain ist sie nach F. ScHmipt noch selten, nach HAuFFENn aber doch bei Glincee und Weichselburg häufig. Allgemeiner ver- breitet sodann in der Grafschaft Görz (ERJAVEC) und in Friaul (Brumarı), ferner am Fuss der Alpen längs der italienischen Seen. Aus Piemont giebt STABILE nur einen Fundort, das Thal der Stura bei Lanzo, nordwestlich von Turin, auf Gabbro oder Serpentin. Endlich tritt sie wieder in Südfrankreich auf, wo sie von einigen Orten des De- partements Drome und Hautes-Älpes (Dauphine), sowie von Grasse im Departement Var genannt wird, dann in der Auvergne (?), und ihr östlicher, zugleich ältester Fundort ist bei dem Schloss von Lanquais, bei Bergerac, Departe- ment Dordogne. im Gebiet der Garonne, alles, mit Aus- nahme der Auvergne, Jura-, Kreide- oder Tertiär-Bildungen. Eine andere weitverbreitete Felsenschnecke, Helix rupestris Drar., ist auch in den nördlichen und in den südlichen Kalkalpen sehr häufig, fehlt aber auch nicht ganz in den Centralalpen. Mittelst der verschiedenen Lokalver- zeichnisse verfolgen wir ihr Vorkommen in den westlichen und nördlichen Kalkalpen auf Jura und Kreide, von Nizza an über Dauphine, Savoyen, Genf, das Rhonethal aufwärts bis Siders (Sierre) und Leuk, also gerade so weit, als hier die Jura-Formation reicht, ferner über das Berner Oberland, die Ufer des Vierwaldstättersee's, viele Stellen in Grau- bündten, St. Gallen, Appenzell, Vorarlberg, Allgäu (Grün- ten), Nord-Tirol, Oberbaiern, Salzburg und Erzherzogthum Oestreich, und ebenso in den südlichen Kalkalpen, wo stellenweise noch Muschelkalk und Porphyr (Bozen) als Unterlage dazu kommt, vom Lago Maggiore an durch Ober- italien, Süd-Tirol, Kärnthen südlich von der Drau (Tristach bei Lienz, in der Sattnitz, am Loibl). Krain und Istrien bis Kroatien, und Dalmatien. Die meisten Beobachter heben hervor, dass sie an Kalkfelsen lebe, und L. PFEIFFER, der auf seiner Sammelreise von Salzburg bis Triest die Kalk- 54 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und Centralalpen quer durchschnitten hat, sagt ausdrück- lich, dass er diese Art nie an anderen Formationen, als Kalk, gesehen habe (Archiv für Naturgeschichte, 1841, S. 219). Doch findet sie sich auch in den Centralalpen, aber nicht so zahlreich und weit verbreitet. STABILE nennt mehrere Fundorte in den oberen Thälern der Dora riparia, Stura und Dora baltea in Piemont. wo ausser Gneiss und krystallinischen Schiefern nur noch stellenweise Gabbro, Melaphyr oder Serpentin vorkommt, ich fand sie bei Chia- venna, auf der Passhöhe des Bernina, und bei Trafoi, für mehrere Fundorte in Graubündten und in der Umgegend von Innsbruck geben Am. STEIN 1385 und GREMBLICH 1879 ausdrücklich‘ Schieferfels als Unterlage an, wie sie auch schon auf dem Brenner und bei Sterzing (hier von Sanitäts- rath BARTELS) gefunden wurde. In Süd-Europa ist diese Art weit verbreitet, auf der pyrenäischen Halbinsel bis Lissabon und den Felsen von Gibraltar (KoBELT) und auch auf Minorka, in Italien in den Appenninen durch Toscana, Umbrien und Calabrien, sowie auf Corsica und Siecilien, hier namentlich auf den Kalkbergen der Madonie und bei Palermo, auf der Balkanhalbinsel noch in Thessalien, Attika und in Morea bei’Nauplia, auf den jonischen Inseln und endlich auf Samos an der Küste von Kleinasien. Oestlich von den Alpen, noch in Siebenbürgen, „ausschliesslich an Kalkfelsen“ (Bıerz), bei Brünn (Kohlenkalkstein?), in der Tatra (Urgebirg, Keuper oder Eocän) und bei Krakau auf Jurakalk (Kror 1876). Im Westen der Alpen in der Pro- vence bei Montpellier, wahrscheinlich auf Muschelkalk, und in den Pyrenäen, aber auch in der Auvergne, weiter nörd- lich in Frankreich auf dem Juraboden der Departements Cöte d’or, Haute Marne, Nievre, Sarthe und Maine et Loire, aber auch auf silurischer Grundlage im Departement Ille et Vilaine. Sie ist auch die einzige unter den fünf hier besprochenen Arten, welche noch in England, nördlich bis Westmoreland, und Irland vorkommt. Nördlich von den Alpen ist sie nicht nur von den Flüssen in die bairische Hochebene herabgeschwemmt und hat sich an steilen Thal- wänden auf Nagelflueblöcken ‚angesiedelt, so in der Um- Sitzung vom 20. Februar 1894. 55 gebung von München bei Harlaching und Hessellohe (Aug. SCHENK diss. 1838) und bei der Menterschwaige (JoH. ROTH 1854), sondern sie ist auch wiederum an den Kalkfelsen des Juragebirges zu Hause, häufig und weit verbreitet im Schweizer Jura (Neufschatel, Solothurn, Basel), von wo sie auch noch über den Rhein in’s Grossherzogthum Baden ein- tritt, wie Pomatias septemspiralis (Efringen und Istein, im Bezirksamt Lörrach) auf Korallenkalk, weniger zahlreich und allgemein im schwäbischen und fränkischen Jura, aber doch jetzt schon von einer Anzahl von Fundorten daselbst bekannt, so im schwäbischen (der rauhen Alp) Ehingen und Zwiefalten (KREGLINGER), Urach (Krees 1818 und Weıx- LAND), Mösselberg bei Donzdorf (GEORG v. MARTENS 1830), Ulm (Cuessın), im fränkischen, namentlich an der Süd- seite bis Regensburg (Cuessın), wahrscheinlich auch bei Bamberg: (Küster 1852), und auf ihn bezieht sich wohl auch, wenn HELD sie aus dem „Donaugebirg“ in Baiern angiebt. Aber auch im Muschelkalk des Maingebietes findet sie sich wieder, so bei Schweinfurt (GusT. SCHNEIDER 1856) und bei Rothenburg an der Tauber. Weiter nördlich sind die Fundorte für H. rupestris sehr spärlich, zunächst noch zwei im Lahnthal, bei Runkel unterhalb Weilburg (A. Römer), wahrscheinlich auf Muschelkalk, und zwischen Ems und Lahnstein (SERvAIN) auf devonischem Kalk, ferner am Rande des anstehenden Gesteins gegen die norddeutsch- niederländische Ebene, bei Namur (MaALzıne), Silur oder Devon, und an Kalkwänden des Kitzelberges bei Ober- kaufung, nördlich von Hirschberg in Schlesien, schon von SCHOLZ 1843 angegeben und von mir 1886 bestätigt. Diesen für Deutschland nördlichsten und ganz isolirten Fundort könnte man versucht sein, mit der Tatra in Verbindung zu bringen, aber in dem doch schon so vielfach durchforschten Riesengebirge ist sie noch nicht gefunden worden. Ohne Zweifel werden sich noch manche andere Fundorte in Deutschland ergeben, aber eine einigermaassen kontinuir- liche Verbreitung durch Mitteldeutschland kann doch nicht angenommen werden. Das Auffinden einzelner Exemplare 56 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. in Flussanschwemmungen (Wiesbaden durch A. RÖMER, Bonn durch OÖ. GoLDFuss) ist hier absichtlich nicht berück- sichtigt, da man nicht wissen kann, von wie weit oben sie herabkommen, ebenso die Angabe von ELBERLING, dass H. rupestris in einem einzigen Exemplar im Kalktuff bei Veile in Jütland vorgekommen sei (MÖRcH, synops. moll. terr. fluv. Daniae, 1884, p. 16), vielleicht doch eine falsche Bestimmung, wie WESTERLAND, Sveriges Norges Danmarks' och Finlands Land och Söttvattens Moll., 1884. p. 70, ver- muthet. Dass Thierarten, welche eine ganz bestimmte Boden- bildung verlangen, wie Hehkx presi und rupestris senk- rechte Felswände, nicht ganz kontinuirlich verbreitet sein können, versteht sich eigentlich von selbst. Aber wenn die Entfernungen der Fundorte von einander so gross sind, wie. zwischen den nördlichen und südlichen Kalkalpen oder zwischen dem Kitzelberg und der Tatra, so fragt man sich doch, wie mag das gekommen sein? Sind die heutigen Fundorte nur übrig gebliebene Reste einer früheren all- gemeineren Verbreitung? Dafür spricht bei Pomatias septem- spiralıs, dass diese Art im mittelpleistocänen Sauerwasser- Tuff von Canstatt in Württemberg vorkommt, ungefähr halb- wegs zwischen dem französischen oder badischen Vor- kommen und Kelheim; aber die vier anderen Arten fehlen alle in SANDBERGER'S Land- und Süsswasser-Öonchylien der Vorwelt. Und sollten die nördlichen und die südlichen Kalkalpen je einmal in directem Zusammenhang gestanden sein, zu einer Zeit, als schon die jetzigen Schneckenarten lebten? Oder reicht die allgemeine Erklärung hin, dass von jeder Art zuweilen einzelne Individuen erwachsen oder als Eier durch irgend welchen Zufall weit verschleppt werden und zwar meist dabei zu Grunde gehen, aber doch in einzelnen Fällen eine geeignete neue Wohnstätte finden und sich da ansiedeln. Dass der Mensch dazu unabsicht- lich beitragen kann, lehrt der Fall mit Helix cingulata am Staffelstein (siehe Sitzungsberichte 1888, S. 75), die durch Dr. Funk in Bamberg zufällig dahin gebracht worden ist, | H i un nd ee en u Sitzung vom 20. Februar 1894. h7 Herr MATSCHIE besprach die von Herrn Pau Nerv- MANN in Argentinien gesammelten und beobachteten Saugethiere. Herr PAuL NEUMANN hat in freigebigster Weise die von ihm gelegentlich eines halbjährigen Aufenthaltes in Argentinien gesammelten zoologischen Objecte der Berliner Sammlung als Geschenk überlassen. Unter diesen befinden sich neben zahlreiehen, von Eingeborenen präparirten Fellen mehrere selbst angefertigte Bälge von Säugethieren nebst den dazu gehörigen Schädeln, sowie einige Thiere in Alcohol. Die Sendung war von werthvollen biologischen Notizen .be- gleitet, von welchen ich einige der interessantesten bei der Zusammenstellung der nachfolgenden Liste benutzt habe. Der Reisende hat zunächst Süd-Argentinien, alsdann die Provinzen Tucuman und Jujuy bereist. Die einzelnen Fund- orte sind folgende: Tornquist am Sance Chico, wenige Stunden nördlich von Bahia Blanca und eine Stunde für den Reiter südlich von der Sierra de la Ventana (Sierra de Curumalan) in Süd-Argentinien, Famailla, westlich von Tueuman nahe der Flussscheide zwischen Argentinien und Chile in der Kette des Aconquija; Palos a pique, Aival, San Lorenzo, San Pedro, Juntas, Garrapatal, Agua Caliente in der Provinz Jujuy, Nord-Argentinien, zwischen der Stadt Jujuy und der bolivianischen Grenze. Es liegen mir ca. 40. Objecte in 23 Arten vor, über weitere 19 sind Beob- achtungs-Notizen vorhanden. | | 1. Cebus azarae Rense. 3 Felle Z ad. o' juv. und Q juv., ferner der Schädel eines @ ad. Garrapatal, 150 km nördlich von Jujuy. 17. Nov. 1893. „An bergigen Stellen überall im Urwalde, aber nicht häufig.“ Uebereinstimmend mit Ren@G@eEr’s Beschreibung (Naturg. Säugeth. Paraguay, p. 46) im Allgemeinen, Pelz lang- haarig. etwas wollig, dicht; Oberseite graubraun, bei den jüngeren Thieren heller als bei dem ausgewachsenen Exem- plar, am Schwanz und an der Aussenseite der Beine viel dunkler, fast schwarzbraun. Unterseite chamoisfarbig, mehr oder weniger mit einem Stich in’s Braune, Das alte J' ‚hat, 2 Haarbüschel auf dem Kopf; bei allen 3 Stücken Ä8 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. läuft die schwarz-braune Färbung des Oberkopfes nach der Stirn zu in eine spitze Schnebbe aus, welche von weisslich gelbbraunen Haaren umgeben ist. Das 5‘ ad. scheint sehr alt zu sein, da am Schädel nicht nur die Molaren, sondern auch die Ineisiven stark abgekaut sind, die Crista sehr ausgebildet ist und auf der Stirn in eine stark wulstig verbreiterte Auftreibung endet, so dass das Gesichts-Profil an der oberen Nase eine S-föürmige Linie bilde. Ebenso ist das @ ad. sehr alt, hat sehr stark abgekaute Incisiven und Molaren und die Lineae semieirculares stehen auf der Stirn nur 1 mm von einander. | Lg. tota: 46, 36, 34. Lg. caudae: def., 38, 36 cm. Die Maasse der Schädel sind: Basal-Länge: Grösste Schädellänge: Grösste Breite: d‘ ’ilmm 101 mm 73 mm 2 67 „ 02 A 63T, Q juv. 57 , 887.7 N en 2. Vespertilio chiloensis WATERH. cf‘ in Alcohol. Unter- arm 39 mm, Schwanz 37 mm. Flughaut von der Basis der Zehen; ein kleiner Haut- lappen hinter dem Spornbein; Ohren so lang wie der Kopf; Hinterrand der Schwanz-Flughaut ungewimpert. Dach der Zuckerfabrik in Famailla. 3. Nyetinomus brasiliensis Js. GEOFF. 2 29,12% in Alcohol. Dach der Zuckerfabrik in Famailla. „Im Ge- birge des Aconquija waren täglich an den Maulthieren Biss- wunden von Phyllostominen oder Desmodus zu sehen.“ 4. Felis concolor L.. und 5. Felis puma Mor. „Bei Bahia Blanca selten; frische Fährten daselbst in der Sierra ge- sehen; im Waldgebirge bei Famailla häufig; hier röthlich- gelbe und silbergraue nebeneinander. Im Museum von La Plata aus der Pampa central zwei Exemplare, das eine röthlichgelb, das andere silbergrau. Bei Jujuy nur roth- gelbe, niemals silbergraue Thiere.“ „Was Ihre Theorie in Betreff des Puma anbelangt (cf. Sitzungsber. Ges. Naturf. Freunde, 1892, p. 220—222), so stimmt das genau mit dem von mir Beobachteten überein. Die Grenze ist wohl nicht Sitzung vom 20. Februar 1894. 59 scharf; ich glaube, dass der Uebergang in der Höhe von 33° ungefähr stattfindet.“ Ich hatte 1. c. behauptet, dass die graue Form nirgends nördlich von 25° s. Br. er- wähnt sei, dass der silbergraue Puma als südliche Form des gelbrothen sich herausstellen wird, und dass sein Ver- breitungsgebiet Patagonien, das südliche Chile und Süd- Argentinien umfassen dürfte. Herr NEUMANN hat 2 junge Thiere der rothgelben Form F. concolor von Jujuy aus ein- geschickt; dieselben stammen von der Puna, dem Hoch- plateau an der bolivianischen Grenze. 6. Felis onca L. „Bei Tornquist vor 5 Jahren der letzte erlegt. Im Waldgebirge bei Famailla ziemlich häufig, auch bei Jujuy gefunden. Variirt sehr stark in der Fär- bung.“ Ein schwarzbraunes Fell von Curumba befindet sich im Besitz der Familie des Reisenden. 7. Felis mitis F. Cuv. 5 verstümmelte Felle von Palos a pique und Juntas. „Onza.“ Ueberall häufig. Herr NEUMANN sah einmal ein Exemplar im Walde, welches durch dicken Kopf, langen, dünnen Schwanz und hinten sehr überbauten Körper ihm auffiel. Die Indianer jagen diese Katzen mit Hunden auf Bäume, von welchen sie herunter- geschossen oder herunterlassirt werden.“ „Die Farben- varietäten zeigen in demselben Gebiete alle Mittelstufen zwischen dem grauen, schwach gelblichen angeflogenen, mit länglichen, schwarz gesäumten Feldern besetzten Kleide, und zwischen dem ausgeprägt gelben Kleide mit runden, schwarz gesäumten Flecken. Von grösseren gefleckten Katzen scheinen in Süd- Amerika ausser dem Jaguar 2 Formen zu leben, F: pardalis L., mit sehr langen, schwarzumsäumten Seitenflecken im Norden und F. mitis Cuv. mit kürzeren, oft runden Seitenflecken, im Süden. 8. F. geoffroyi Ors. und 9. F. guigna Mor. Die ge- tüpfelten Tigerkatzen sind im Süden gelbgrau mit breiten Punktflecken, in Jujuy zierlicher, mehr grau und mit kleineren und feineren Tüpfeln bedeckt, welche Neigung zu Rosetten zeigen. Die südliche Form ist F. geoffroyi, die nördliche resp. westliche, chilenische F! guigna. Bei Torn- ° 60 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. quist ist F\ geoffroyi sehr häufig, woher 2 Felle mit Schädeln eingeschickt sind von in Kastenfallen gefangenen Exem- plaren. F. guigna von Tucuman gleicht der von Jujuy; von letzterem Orte liegt ein Fell vor. 10. Felis pajeros Desm. und 11. F. colocolo H. Sm. Wie F. geoffroyi zu F. guigna, so scheint F. pajeros sich zu F. colocolo zu verhalten. Die Pampaskatze ist nach den Mittheilungen des Herrn NEUMANN bei Tornquist einfarbig geblich-grau, kaum dunkel gebändert. Die Innenseite der Schenkel zeigt einige schwarze Streifen; Bauch und Kehle sind weisslich, die Beine und Ohren gelblich. Ein von der Puna bei Jujuy stammendes Fell hat Längsflecken, wie F, colocolo. In Chile lebt die letztere Form, wie PHıLIPPI (Arch. Naturg., 1873, p. 8 ff.) angiebt. 12. Canis azarae Wıep. Bei Tornquist häufig, von dort ein Feil und ein Schädel, der mit Hexser’schen Exem- plaren von Rio grande do Sul sehr gut übereinstimmt. Nach NEUMANN s Erkundigungen soll ungefähr 30 deutsche Meilen westlich in der Pampa central eine andere Art vor- kommen. 13. Canis gracilis Burm. Von Famailla westlich von Tucuman liegt ein Schädel vor, welcher eine Basallänge von 12,8 cm hat. Dies stimmt nach BURMEISTER'S An- gaben (Arch. f. Naturg., 1876, p. 118) zu seinem gracıls. Der Sammler beschreibt diese Form folgendermaassen: Kleiner als azarae, Rumpf schwärzlich, viel dunkler als bei CO. azarae, Kopf röthlich-grau; Beine röthlich; Schwanz fahl- gelb mit schwarzer Spitze. C. ‘gracilis dürfte der westliche resp. nordwestliche Vertreter von Ü., azarae sein. 14. Canis canerivorus Desm. 2 Felle und 1 Schädel. Aival und Juntas in der Provinz Jujuy. Dieser Hund scheint ©. azarae im Parana-Gebiete und weiter nördlich zu ersetzen. BURMEISTER erhielt ihn von Bolivia. 15. Lutra paranensis Rense. Schädel; aus einem Nebenflusse des Rio Grande de Jujuy bei Mahler, im Rio Grande sehr häufig. 16. Galietis barbara L. Schädelstück bei A0an Caliente gefunden. Basilarlänge nach HexseL 90, Totallänge vom el Ze ae . Sitzung vom 20. Februar 1894. 61 Hinterrande des Condylus oceipitalis 99. Vielleicht ist die westliche Form der Tayra, ähnlich wie die chilenische @. vittata, kleiner als die an der Ostküste lebende. 17. Gealictis vittata SCHREB. „Huron* soll nach den Angaben des Herrn NEUMANN bei Tucuman im Camp nicht selten sein. 18. Mephitis patagonica LcutT. „Bei Tornquist häufig.“ 19. Nasua nasua L. „Lakatero“ oder „Tojori.“ 3 Felle von Palos a Pique. „Immer in kleinen Gesellschaften von 3—6 Exemplaren auf Bäumen. Am Rio grande de Jujuy mehrmals gesehen, fehlt bei Tucuman.“ Der Pelz ist gelbgrau. 20. Procyon cancrworus Cuv. „Marjuato.“ „Sacha Mono.“ An Waldbächen bei Tucuman immer einzeln. Koth besteht fast nur aus Krebsschalen und einzelnen Vögel- knöchelchen. Bei Jujuy allgemein bekannt. Handförmige Spuren im Sande am Wasser. 21. Sciurus spec. „Noassero“-„Nussesser.“ Nicht ge- sehen, aber in einer Berggegend bei Capillas, 25 km nörd- lich von Jujuy, in bewaldeten Schluchten zahlreiche von ihnen ausgefressene Nüsse gefunden. 22. Phyllotis griseoflavus a ? „Eine hell-blau- graue Maus mit schneeweissem Bauch fing ich in meinen Satteltaschen, als wir an einer sumpfigen Wiese im Waide bei Aival campirt hatten.“ Das betreffende Exemplar konnte ich bis jetzt nicht mit genügender Sicherheit bei dem ungenügenden Materiale unserer Sammlung bestimmen. 23. Myopotamus coypus MoL. Bei Tornquist ziemlich selten, aber in der nahen Lagune sehr häufig. 24. Dolichotis patagonica SHAw. „Bei Tornquist sehr selten; zwei Baue sind vorhanden.“ 25. Cavia australis GEOFFR. „Bei Tornquist stellen- weise häufig und dreist, meist aber sehr scheu. In der Nähe seiner Höhlen vernimmt man häufig einen Ton. als ob mit einem Hammer von unten gegen den Boden ge- schlagen würde.“ 26. Cavia leucoblephara Burm. „Cunejo.“ „Bei Tucu- man sehr häufig.“ Hieher gehört wohl auch die Form, 2* 62 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. welche bei San Pedro in der Provinz Jujuy die Hecken der Dörfer bewohnt und trotz Hunden und Katzen in staunen- erregender Anzahl in der Nähe menschlicher Ansiedelungen lebt. Leider liegen von beiden Formen keine Exem- plare vor. 27. Lagostomus trichodactylus BROOKES. „Viscacha.“ „Bei Tornquist und Tucuman gemein, fehlt bei Jujuy.“ 28. Lepus brasıliensis L. „Soll nach Aussage eines deutschen Ingenieurs 15 km nördlich von Tucuman. vor- kommen.“ Bei Jujuy drei Stück erlegt, halb so gross wie L. timidus, bei Famailla unbekannt. 29. Dasypus sexeinetus L. „Hualacata.“ Ein junges, noch blindes Exemplar in Alcohol. Dasselbe ist 14 Tage lang von den Chaco-Indianerinnen an den Brüsten genährt worden. San Lorenzo. Lebt im ganzen Urwaldgebiet von Jujuy an nördlich.“ 30. Euphractus minutus Desm. „Quirquincho.“*“ „Im freien Camp bei Tucuman und Jujuy häufig“. 31. Euphractus villosus Desm. „Peludo.* „Bei Torn- quist sehr häufig. Der Camp ist stellenweise so unter- wühlt, dass das Reiten fast unmöglich wird. Bei Buenos Ayres und Arias in Süd-Cordoba seltener. Fehlt bei Tucu- man. Wird auf dem Camp gegessen.“ R 32. Tatusia hybrıda Desm. „Mulita.“ „Soll bei Torn- quist selten vorkommen; bei Buenos Ayres in allen Deli- catessenhandlungen und feinen Restaurants angeboten. Ueber- wiegt bei Arias; bei Tucuman unbekannt.“ 33. Tolypentes conurus 18. GEOFFR. „Längs der Cor- dilleren, bei Tucuman nicht gefunden.“ „Chlamydophorus truncatus HarL. lebt im zoologischen Garten von Buenos Ayres seit 4 Jahren in der Gefangen- schaft und befindet sich dort scheinbar sehr wohl. Zwei- mal am Tage wird es von dem Wärter aus dem Sande seines Behälters ausgescharrt und in einen Napf mit Milch und gequetschter Semmel gesetzt, den es ausleckt; sonst bekommt es nichts zu essen.“ 34. Myrmecophaga jubata L. „Ueberall im ganzen Ge- . Sitzung vom 20. Februar 1894. 63 biete, auch bei Jujuy selten.“ Ein Schädel von San Lorenzo. „Oso hormiguero.“ 35. Tamandua tridactyla L. „Oso horm. blanco.“ „Bei Palos & pique ein im Walde aufgehängtes vertrocknetes Exemplar gefunden.“ Schädel mit Kopfhaut liegt vor. Rumpf und Kopf 50 cm lang, Schwanz fehlt. Hellgelb- weiss, von jeder Schulter eine schwarze Binde bis zur Mitte des Kreuzes. Hinterrücken mit verschwommenen schwarzen Streifen. Nur auf der rechten Seite des Rio grande de Jujuy. Scheint südlicher nicht vorzukommen. 36. Dicotyles torquatus Cuv. „Chancho rosillo* und 37. Dicotyles labiatus Cuv. „Chancho machado“. D.tor- quatus ist überall häufiger als labiatus und wird öfter erlegt, da es, im Gegensatz zu diesem, verfolgt in hohle Bäume, Steinhaufen u. s. w. flüchtet und so gefangen werden kann. Bei Cafatales in Jujuy wurden 6 Stück unter einem Stein- haufen mit Schlingen aus fingerdicken Lianen, welche vermittelst gabelförmiger Ruthen sehr geschickt über sie geworfen wurden, erwürgt. Im November hat diese Art bei Jujuy meist Junge. D. labiatus ist im Gebirge bei Fa- mailla und bei Jujuy ziemlich häufig. Beide Arten gehen nie in den Camp, sondern leben im Busch und Urwald. 38. Tapirus americanus SCHREB. „Anta.“ „Im Wald- gebiet bei Famailla und Jujuy nicht selten.“ 39. Cervus campestris F. Cuv. 2 Felle mit Schädeln. S, 2 und 6 Geweihe von Tornquist. Sehr häufig bei Bahia Blanca; wird hier bald ausgerottet sein, da nur weibliche Thiere gejagt und gegessen werden; ich sah noch Rudel von 100 Stück. Mir wurden weite Strecken gezeigt, die noch vor 4 Jahren mit diesen Hirschen dicht bevölkert waren. Alle Ricken Ende Juni tragend. 2 Embryonen ein- gesendet. Junge weiss gefleckt. Mitte August die ersten jungen Thiere. Im Geweih viele Abänderungen; das Sechser- geweih ist das gewöhnliche; Spiesser nie gesehen, das Ge- weih scheint sehr früh die Gablerstufe zu erreichen, wie ein vorliegendes Geweih beweist. 40. Cervus antisiensis GERV. Fell von der Puna bei Jujuy. ver 64 . Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 41. Cervus rufus IuL. Ein Schädel von Famailla. „Anfang October hoch tragend. Hals scharf abgesetzt, schwärzlich-grau; Lippen und Nase schwarzgrau, Kehle etwas heller; zu beiden Seiten des Nasenrückens bis zur Stirn ein röthlichbrauner, oben breiter werdender Streif; ein halbrunder, röthlichbrauner Fleck unter jedem Auge. Körper 102 cm lang. Das völlig ausgetragene Junge hatte mehr braunen Ton mit 3 Reihen weisser Flecken jeder- seits; auch bei dem ganz jungen Thier sind Hals und Kopf scharf abgesetzt grau. Bei Jujuy nur auf den mit wenigen Bäumen bestandenen Hügeln bei der Stadt.“ 42. Cervus nemorivagus GoLDF. 2 Fell mit Schädel. Famailla. „Ende September nicht tragend. Eckzähne im Oberkiefer. Bei Jujuy die häufigste Art. Die beob- achteten Exemplare waren bei Jujuy im November brauner und weniger grau als das bei Tucuman erlegte und präpa- rirte Weibchen. Das Sommerfell scheint also mehr hell- braun zu sein.“ 43. Didelphys azarae Temm. „Im Camp bei Tucuman. gemein an Bewässerungsgräben. “ 44. Didelphys noctwaga TscHaupı. Gebirgswald bei Famailla. Aus der von Herrn NEUMANN zusammengebrachten kleinen Collection kann man folgende Schlüsse ziehen: a. Zwischen Tucuman und Jujuy ist die Grenze des südargentinisch-patagonischen Gebietes und der tropisch- südamerikanischen Subregion. Denn Lepus, Seiurus, Cebus, Dasypus, Tamandua sind für Jujuy nachgewiesen, fehlen aber schon bei Tucuman. Von Schakalen findet sich hier der tropische F. cancerworus, für den südlichen F. puma tritt F. concolor ein. b. Westlich von Tucuman beginnt das chilenische Gebiet, eine Provinz der südlichen, argentinischen Region. Von Canis azarae lebt hier der westliche Vertreter ©. gracils, für F. geoffroyi tritt F. gwigna, für F. ‚pajeros F. colocolo, für Euphractus villosus Euphr. minutus ein. Sitzung vom 20. Februar 1894. 65 Herr R. Heymons sprach über die Fortpflanzung der Ohrwürmer. Bereits seit längerer Zeit ist es bekannt, dass bei dem Ohrwurme (Forficula auricularia L.) eine Brutpflege statt- findet, indem das Weibchen die abgelegten Eier bis zum Ausschlüpfen der Jungen bewacht, und indem auch die letzteren noch längere Zeit hindurch bei der Mutter bleiben. Beobachtungen hierüber liegen schon aus dem vorigen Jahrhundert vor, und es sind die bisherigen Mittheilungen von MEINERT') zusammengestellt worden. Es ist nicht schwer, auch bei Ohrwürmern, welche in der Gefangenschaft gehalten werden, diese Brutpflege zu beobachten. Der Vortragende hatte zum Zwecke embryo- logischer Untersuchungen eine grössere Anzahl von Indivi- duen der Forficula aurieularia eingesammelt. Bereits im Herbste begannen die Thiere zur Fortpflanzung zu schreiten. Die Begattung dauerte oft über zwei Stunden und fand in Verstecken oder an dunklen Orten statt. Bei der Copula- tion berühren sich Männchen und Weibchen nur mit den Enden ihrer Hinterleiber. Der penis des ersteren wird in die Geschlechtsöffnung des letzteren eingeführt. Die Zan- gen der beiden Thiere sind gekreuzt, die Kopfenden nach entgegengesetzten Richtungen gewendet. Diese Art der Begattung erinnert an diejenige vieler Käfer, weicht dagegen von der zahlreicher Orthopteren, z. B. Gryllus, Blatta, Dectieus u. a. ab. Bei letzteren For- men kriecht das Männchen rückwärts schreitend von vorn her unter das Weibchen und schiebt seinen Hinterleib auf- wärts zur vagina empor. Die Köpfe der beiden Thiere sind in diesem Falle nach derselben Richtung gewendet, die Begattung selbst dauert höchstens wenige Minuten. In der Gefangenschaft beginnt bei Forficula die Ablage der Eier bereits Anfang November, sie findet hauptsächlich von Ende December bis Anfang Februar statt und dehnt sich bis in den März hinein aus. Die Eier werden nicht auf einmal abgelegt, sondern an zwei bis drei aufeinander folgenden Tagen. !) FR. MEINERT. Anatomia Forficularum, Kopenhagen 1863, 66 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Zur Ablage wählt das Weibchen geeignete Orte unter Rindenstücken, Steinen u. dergl. aus, oder es trägt später die Eier mit seinen Kiefern in selbstgegrabene, nestartige Vertiefungen in die Erde. Die Brutpflege wird ausschliesslich von den Weibchen, niemals aber von den Männchen vollzogen. Es gelingt leicht, die Eier von verschiedenen Weibchen mit einander zu vertauschen, und die Thiere zum Bewachen der Eier fremder Individuen zu veranlassen. Dagegen gelang es nicht, einem Weibchen, welches soeben Eier abgelegt hatte, solche Eier unterzuschieben, welche schon sehr weit in der Entwicklung fortgeschritten waren. Versuche, die Weibchen von Forficula zum Bewachen der Eier anderer Thiere zu veranlassen, schlugen gleichfalls fehl. Solche Versuche sind mit den Eiern von Spinnen (einer T’heridium- oder Linyphia - Art) sowie mit denen des Mehlkäfers (Tenebrio molitor L.) angestellt worden. Die fremden Eier, welche unter die Ohrwurmeier gemengt waren, wurden von den Weibchen entweder gefressen oder weggetragen. Die Dauer der Embryonalentwicklung ist von der Tem- peratur abhängig und unterliegt demgemäss Schwankungen. Bei einer Durchschnitts-Temperatur von 10—12° C. dürfte sie etwa 5—6 Wochen betragen. Das Ausschlüpfen der Jungen aus den Eiern vollzieht sich ohne Beihülfe der Mutter. Die Eischale wird von dem Embryo mittelst eines am Kopfende befindlichen euticularen Eizahnes gesprengt. Bei dem Ausschlüpfen findet gleich- zeitig die erste Häutung statt, bei welcher auch der Eizahn abgeworfen wird. ; Der Vortragende demonstrirte eine Anzahl von Weib- chen mit Eierhäufchen, sowie vor Kurzem ausgeschlüpfte Larven von Forficula auricularia. Herr K. Mösıus sprach über die Temperatur und den Salzgehalt des östlichen Mittelmeeres und die dort in grösseren Tiefen gefundenen Echinodermen und Polychäten nach dem „Berichte der Commission für Er- forschung des östlichen Mittelmeeres. Zweite Reihe. Denk- 12 Sitzung vom 20. Februar 1894. 67 schriften der Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. LX. — Ferner über faunistische und physikalische Untersuchungen im Kleinen Belt nach „Report of the Danish biological Station, II, by C. G. JoH. PETERSEN, 1895“. Besonders interessante Ergebnisse lieferten Planktonnetze,, welche nachts an der schwimmenden Station ausgehängt waren. Herr Gustav ToRNIER sprach über das Fussgewölbe in seinen Hauptmodificationen (vorläufige Mittheilung). Es ist eine bekannte Thatsache, dass der menschliche Fuss bei normaler Structur ein Kuppelgewölbe darstellt, das mit nur drei Punkten den Boden berührt: mit der Hacke, mit dem Mtsı-Kopf und mit dem des Mts;. Dieses Gewölbe wird seiner Structur nach zusammengesetzt: erstens aus einer Anzahl Längsbögen, die sämmtlich ihren Ursprung in der Hacke haben, ihren Höhepunkt im Tarsus erreichen und in den Mts.-Köpfen enden; zweitens nehmen an seiner Ausbildung Theil eine Anzahl Transversalbögen. Deren erster beginnt in der Mtsı-Basis, steigt steil auf zu dem zwi- schen Mtsı- und Mts>-Basis gelegenen Zwischenraum und fällt steil ab zur Mts;-Tuberositas lateralis; den zweiten Fuss- querbogen bildet der distale Fusswurzel - Abschnitt; den dritten Bogen der Ast. und Cal.e — Dieses menschliche Fussgewölbe ist das Product einer Fussentwicklung, die ihren Ursprung aus der Amphibien - Gliedmasse nimmt, eine beständige Steigerung erfährt während der Fortent- wicklung dieser Gliedmasse durch die ganze Länge des Reptilien- und Säugethierstammes und ihren Abschluss erst erhält im Menschenfuss. Bei den Amphibien sind die fünf Metatarsen Knochen von mässiger Länge, sie liegen in einer Horizontalebene nebeneinander und berühren sich mit ihren Basen (Fig. ]). Ihre Vorderflächen von annähernd ovaler Form (Fig. Id) ge- lenken mit je einem Knochen des distalen Tarsusabschnitts, welche entsprechende Gelenkflächen besitzen und ebenfalls in einer Horizontalebene liegen; so gelenkt der nicht se- cundär veränderte Mtsı mit dem Tı, der Mtse mit dem Ts, Mtss mit Ts, Mtsı und ;s mit dem Cub., das entstanden ist 68 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. durch Verwachsung von Tı und Ts. Diese Tarsusknochen wiederum gelenken mit anderen, die das Nav., den Ast. und Cal. repräsentiren und ebenfalls in einer Horizontal- ebene liegen; der ganze Fuss ruht demnach völlig flach dem Boden auf und berührt ihn mit allen Theilen seiner Sohle. Die Weiterentwicklung der einzelnen Mts. und der mit ihnen gelenkenden Tarsus-Knochen ist nun eine durch- aus gleichmässige, man kann sagen fast parallele. Es ent- stehen nämlich zuerst an allen Metatarsusbasen an der Unter- seite in der Mitte Längsgräten (Fig. II, 1p), desgleichen an den zugehörigen Tarsusknochen. Haben dieselben in beiden Knochenreihen eine bestimmte Grösse erreicht (Fig. IH, p), dann stossen sie in der Höhe der ursprünglichen Metatarsus- Tarsus-Gelenke aneinander unter Ausbildung von Gelenk- flächen (also die Mtsı-Gräte an die Tı-Gräte, die des Mtss an die Ts-Gräte [Fig. II] u. s. w.); und zwar berühren die Gräten sich meistens zuerst nur mit ihren etwas verdickten Plantar- rändern (p), was bewirkt, dass in den so vergrösserten Meta- tarsus-Tarsus-Gelenken die ursprünglich vorhandenen Gelenk- flächen (Fig. III, d) von den neu entstandenen (Fig. IIL, p) durch Knochenbuchten (x) getrennt sind, die nicht Gelenk- knorpel tragen. Deren Ueberknorpelung findet später eben- falls statt und die Metatarsus-Tarsus-Gelenkflächen haben in diesem Entwicklungsstadium die Form eines Nagels mit ova- lem Kopf und kurzem Stiel (Fig. IL, 3 dp). Damit ist die Ent- wicklung der Gelenkflächen indess noch durchaus nicht been- det: das nächste ist, dass an ihren stielartigen Plantarab- schnitten (Fig. II, 3 p) seitliche Ausbuchtungen auftreten, eine mediale (pm) und eine laterale (pl. Haben- dieselben eine bestimmte Grösse erreicht, dann wachsen sie nicht mehr nach den Seiten fort, sondern nur nach oben hin (Fig. II, 4 u.5) und verschmelzen schliesslich untrennbar mit den Dorsalabschnitten der Gelenkflächen (Fig. I, 5 u. Fig. IV); dabei ist aber an ihren Dorsalabschnitten die Seitenentwick- lung stets so beschränkt, dass die Gelenkflächen nach Vollendung des letztbeschriebenen Entwicklungsstadiums (Fig. IL, 5 u. Fig. IV) die Gestalt eines Vierecks besitzen, das nach unten verschmälert ist, ig Sitzung vom 20. Februar 1894. 69 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass bei den Amphibien sämmtliche Metatarsusbasen in ein und dersel- ben Horizontalebene liegen und an einanderstossen (Fig. I); würden sie diese Lage auch dann beibehalten, wenn sie sich in der bisher beschriebenen Weise fortentwickelt haben (Fig. IV), dann würden ihre Plantarabschnitte durch weite Zwischenräume von einander getrennt sein; dies ist indess nicht der Fall in Folge der Einwirkung der Muse.-peroneus- longus-Endsehne auf die Knochen (Fig. IV u. V, pero). Der Muse. peroneus longus, der an der Mtsı- u. Tı-Planta in- serirt, entlang zieht hinter sämmtlichen Tarsusknochen und sich um das Cub. herumwindet, wirkt dadurch wie eine Schlinge auf den distalen Tarsusabschnitt und presst bei seiner Contraction die einzelnen Tarsusknochen mit ihren Plantar-Abschnitten gegen einander (Fig. V). In seiner ent- sprechenden Einwirkung auf die Mts. - Basen wird er we- sentlich unterstützt durch den Muse. -mtss-abductor (Fig. IV u. V abd), der von der Hacken-Unterseite entspringt und an der Mts - Tuberositas lateralis inserirt, der Muskel wirkt bei seiner Zusammenziehung dem Seitendruck des Muse. peroneus longus entgegen und hilft dadurch die Mts.-Basen aneinanderpressen. Sobald die fünf Metatarsen mit ihren Köpfen einen Transversalbogen bilden, wird einer von ihnen zum Schluss- stück des Bogens, während die übrigen zur Ausbildung der Bogenschenkel zusammentreten. Es sei schon hier bemerkt, dass nicht immer ein und derselbe Mts. zum Bogenschluss- stück wird. Nehmen wir an, es bilde der Mtss den Bogenschei- tel, wie es bei den Bären der Fall ist (Fig. V 3), dann behält dieser Mts; seine bisher erworbene Gestalt eines Vierecks bei, kann aber noch ausserdem (Fig.V,3tp) eine Tuberositas plan- taris ausbilden, die rein plantarwärts schaut und im Maxi- mum ihrer Entwicklung an ihrer Spitze eine knopfartige Ver- dickung trägt; die anderen Mts. erleiden dann aber gewöhn- lich noch eine viel weiter gehende Entwicklung, zuerst verlieren die beiden zu äusserst liegenden durch interne Atrophie ihre äusseren Rückenkanten, der Mtsı die dorsal- mediale Kante (Fig. V, 1z) und der Mts;s seine dorsal- 70 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. laterale Kante (Fig. V, 5z), die ursprünglich viereckigen Knochen werden dadurch dreieckig,. Hat diese Kanten- Atrophie eine oft sehr beträchtliche Grösse erreicht, dann beginnt ausserdem noch eine ähnliche Atrophie an den bei- den anderen, dem Mtss näher liegenden Knochen (Mts» und 4) (Fig. V, 2z), auf diese Weise nimmt die Spannung des Bogens mehr und mehr zu; ihr Maximum erreicht sie in- dess erst, wenn die atrophirenden Knochen oder wenigstens die äussersten von ihnen sich nach der Fusssohle hin noch weiter entwickeln. Dies kann in dreifacher Form gesche- hen, einmal durch Ausbildung der bereits beschriebenen reinen Tuberositas plantaris (Fig. V, 3tp). oder durch Aus- bildung einer Tuberositas plantar-medialis oder Tuberositas plantar - lateralis (Fig. V, tpm u. tpl), deren Lage durch ihre Namen charakterisirt sind. Es giebt Knochen, die zwei dieser Tuberositäten besitzen, so haben bei den Bären und Musteliniden das Mtsı und Mts; eine Tuberositas plantar- medialis und plantar -lateralis (wie in Fig. V, 1 und 5), während bei Viverra am Mts;s dieselben, am Mtsı die Tu- berositas plantaris und plantar - lateralis vorhanden sind. In allen Fällen wachsen wie in Fig. V die am Tı befind- liche Tuberositas plantar - lateralis (tpl) und die am Mts entstehende Tuberositas plantar-medialis (5 tpm) schräg ge- geneinander und gegen das Ts hin in die Fusssohle hinein, sie verengen dadurch die Fusssohle und verstärken ausser- dem sehr ihre Bogenspannung. Bei anderen Thieren (Halb- affen) ist im Tarsus diese Tuberositas-Entwicklung so stark, dass dort unter dem Ts das Ts und Cub. in einer Gelenk- fläche aneinander stossen, während das Tı ebenfalls bis dicht an das Cub. reicht; man kann sagen, der Tarsusbogen schliesst sich hier zu einem Kreis zusammen. Zum Beweis meiner früheren Angaben, dass das Säugethier-Fussgewölbe in der Querrichtung durchaus nicht immer um ein und denselben Mts. eingerollt ist, gebe ich dem Text eine Anzahl Abbildungen bei. Fig. VIII zeigt den bei Hyaena erocuta vorhandenen Tarsus-Querbogen; sie lässt zugleich erkennen, dass diese Sıtzung vom 20. Februar 1894. 71 Bogenentwicklung nicht immer genau in der bisher beschrie- benen Weise geschieht. Den Bogenscheitel bildet das Ts und Mtss. Das Ts hat einen Dorsal- und Plantar-Abschnitt (Fig. VII, d u. p), dagegen fehlen seinem Plantar - Abschnitt die seitlichen Ausbuchtungen ganz, dafür aber haben die Tornier u. Rübsaamen del. benachbarten Tarsus-Knochen (das Te und Cub.) an ihren Plantar-Abschnitten um so grössere Ausbuchtungen gegen das Ts hin entwickelt, man kann sagen, sie bohren sich mit den- selben in das Ts hinein, ausserdem atrophiren dabei gleich- zeitig das Te von seiner Dorsal-medial-Kante aus und das Cub. von seiner Dorsal-lateral-Kante aus so sehr, dass beide Knochen scheinbar am Ts hinabgerückt sind und das Ts - Dorsum sie nach den Seiten hin gleichsam überdacht, 2 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Die dadurch von den drei Tarsusknochen erzeugte sehr starke Bogenspannung wird noch wesentlich erhöht durch das Tı, das erstens eine Tuberositas plantar-lateralis (tpl) von so be- trächtlicher Grösse entwickelt hat, dass sie fast bis zur Ts- Tuberositas plantaris reicht, und dann zweitens gleichzeitig so stark von seiner Dorsal-medial-Kante aus atrophirt ist, dass von ihm eigentlich nur noch diese Tuberositas übrig geblieben ist; das Tı liegt deshalb fast gar nicht mehr neben dem Te, sondern ist scheinbar ganz in die Fusssohle hineingerückt. Am Macropus-Fuss (Fig. VI) findet die Fuss-Einrol- lung um die Mtsı-Längsaxe statt. Der Mtsı besteht hier aus einem Dorsal- Abschnitt (d), dem Plantar- Abschnitt (p) und der zwischen beiden gelegenen Knochenbrücke, die erst zum Theil überknorpelt ist (x), ausserdem findet man an diesem Mtsı eine Tuberositas plantaris in der Ausbildung begriffen (tp), das Cub. ist von der Dorsal-lateral-Kante so stark atrophirt, dass es oben vom Mtsı überragt wird; ebenso ist das Ts von der Dorsal-medial-Kante sehr stark atrophirt, zeigt jedoch deutlich einen Dorsal- und Plantar- Abschnitt (d u. p), und eine Tuberositas plantaris mit knopf- förmigem Endstück (tp). Das Mtse und Mtsı sind so stark atrophirt, dass sie nahezu senkrecht unter dem Mitsı liegen und von ihm oben stark überragt werden. Bei den Artiodactylen (Fig. VII) und den Halbaffen findet die Metatarsus-Einrollung um eine Axe statt, welche den zwi- schen Mtss und Mtsı befindlichen Zwischenraum senkrecht durchzieht. Am Hyänidenfuss findet, wie beschrieben worden ist, die Tarsus-Einrollung um eine Scheitelebene statt, die durch. die T3-Mitte geht. Dasselbe ist an allen Raubthierfüssen der Fall; dabei unterscheidet sich indess der Hyänidenfuss‘ durch eine stärkere Einrollung der Bogenschenkel sehr charakteristisch vom Bärenfuss. Ich werde später nach- weisen, dass die stärkere Einrollung des Hyänidenfusses dadurch erzeugt wird, dass seine Quer - Bogenbildung be- gleitet wird durch Ausbildung einer permanenten Zehen- anspreizung an die- Fuss-Scheitel-Axe, während bei den Sitzung vom 20. Februar 1894. 13 Bären die weniger starke Bogenspannung dadurch zu Stande kommt, dass die Zehen von der Scheitelebene in permanent gewordener Abspreizung stehen. Auch bei den Neuwelt- affen und Perissodactylen geht die Fusseinrollungsaxe durch das Ts, doch zeigt der Perissodactylen-Fuss (speciell der -der Equiden) in vielen Charakteren ein primitiveres Verhalten als die Raubthierfüsse, dies tritt besonders in seinen Ts- und Ts-Gelenkflächen und in seinem, noch neben dem Nav. liegenden Cub. hervor. Bei den Altweltaffen findet die Fuss-Einrollung um eine Scheitelebene statt, welche in senkrechter Richtung den zwischen Ts und Ts; befindlichen Zwischenraum durch- zieht. - Am Menschen-Fuss (Fig. IX) ist die Scheitelebene in auffälligster Weise der medialen Fusseite genähert, sie geht senkrecht durch die T2-Medialseite und später durch den Mtsı- und Mtss - Zwischenraum. Das menschliche Ts besteht dabei nur aus einem Dorsal- und Plantar-Ab- schnitt (d u. p). hat also am Plantar-Abschnitt keine seitlichen Ausbuchtungen, dafür besitzen das ihm benachbarte Tı und Ts an ihren Plantar-Abschnitten (p) seitliche Ausbuchtungen von um so grösserer Entwicklung und schieben sich damit gleichsam in das T» hinein. Das Tı ist ausserdem noch von seiner dorsal - medialen Kante aus stark atrophirt und ‚besitzt dafür als Ersatz eine enorm entwickelte Tuberositas plantaris, die mit dem Nav. und Mtsı gelenkt und garnicht selten selbständig auftreten kann (das Ectocuneiforme se- eundarium nach GRUBER); dies geschieht nach meinen Beob- achtungen, wenn auf pathologischem Wege der zugehörige Mtsı von der Scheitelebene des Fusses eine übertrieben starke Abspreizung nach der Fusssohle hin erleidet. — Das Ts schiebt sich nicht nur sehr stark in das Ts hinein, sondern es ist auch bereits von seiner dorsal - lateralen Kante etwas atrophirt und hat als Ersatz dafür eine Tu- berositas plantaris ohne Endplatte (Fig. IX, 3 tp). Ganz ab- norm stark ist aber das menschliche Cub. atrophirt, verschwun- den ist an ihm nicht nur der ganze Dorsalabschnitt, sondern es fehlt ihm auch fast ganz der Plantarabschnitt mit seinen 74 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. seitlichen Ausbuchtungen, dafür besitzt aber das menschliche Cub. als nur ihm zukommende Bildungen eine grosse Tu- berositas plantar-medialis, die sich unter das Nav. und Ts schiebt (Fig. IX, tpm) und eine bis zum Maximum ent- wickelte Tuberositas plantar-lateralis (Fig. IX, tpl); der menschliche Fuss fällt daher zur Medialseite schwach, da- gegen steil zur Lateralseite ab und die Schenkel, des von seinen Tarsus-Knochen gebildeten Querbogens, sind von sehr ungleicher Länge, der mediale ist auffällig kurz, der late- rale um so länger. An den soeben beschriebenen Säugethierfüssen erkennt man deutlich, dass von ihnen der phylogenetisch höher ste- hende, von den anderen tiefer stehenden dadurch unter- schieden ist, dass bei ihm die Verticalebene, um welche der Fuss einen Querbogen bildet, näher dem medialen Fuss- rande liegt, und man kann ferner die Füsse in der Art gruppiren, dass sie dieses langsame Medialwärtsrücken der Bogen - Scheitelebene deutlich erkennen lassen. Aus dieser Fussreihe wird man dann auch die Ursache heraus- lesen, welche diese Säugethierfuss-Entwicklung veranlasst hat. Bei den niederen Landwirbelthieren (Amphibien, Rep- tilien, Monotromen und Beutelthieren) stützt sich der Fuss vorwiegend mit seiner Lateralseite auf den Boden, wird er in Streckstellung gegen denselben gepresst, dann em- pfangen die seiner Lateralseite angehörigen Mts. den Gegen- druck des Bodens, und deshalb wird vorwiegend von ihnen das Körpergewicht emporgehoben und fortbewegt; ihr fester Contact mit dem Boden verhindert sie dabei an jeder Sei- tenbewegung, während die medialen Mts. weit weniger belastet sind und deshalb gegen die laterale Fussseite hin eine Einrollung erfahren können. Schritt für Schritt bildet der Säugethierfuss während seiner Phylogenese die Fähig- keit aus, bei der Streckung mehr seine mediale Seite durch das Körpergewicht zu belasten, dadurch wird seine Lateralseite ebenso allmählich entlastet. Nunmehr bilden die der medialen Fussseite angehörigen Mts. die Hebel für die Fortbewegung der Körperlast, während die. lateralen Mts. ebenso schrittweise freier beweglich werden und da- Sitzung vom 20. Februar 1894. 75 durch die Befähigung erlangen, sich gegen die mediale Fussseite einzurollen. Es wird daher durch jede Fuss- Scheitelebene diejenige Fusspartie bezeichnet, welche vor- wiegend als Hebel für die Fortbewegung der Körperlast dient. Nebenbei ist zu bemerken, dass es hauptsächlich der Musc. peroneus longus ist, der durch eine Steigerung seiner Leistungsfähigkeit diese Stellung-Aenderung des Fusses erzeugt. Wenn ich angegeben habe, dass die oben beschriebe- nen Fussformen in einer Reihe angeordnet werden können, die deutlich erkennen lässt, aus welchen Ursachen der Säugethierfuss - Querbogen seine Modificationen ausbildet, soll damit natürlicherweise durchaus nicht gesagt sein, dass diese Fussformen damit als directe Vorfahren des mensch- lichen Fusses anzusehen sind, im @Gegentheil sind sie alle von den zum Menschenfuss werdenden Formen seit- lich abgezweigt, was sie alle schon dadurch beweisen, dass bei ihnen die von der Fussscheitelebene entfernt lie- genden Zehen eine so weit gehende Reduction aufweisen, dass sie nicht mehr befähigt sind, zu Stammformen für Füsse zu dienen, bei welchen diese Zehen intact vorhanden sein müssen; andererseits aber könnte ein oberflächlicher Beobachter leicht zu der Idee geführt werden, dass nur die starke Verkümmerung der seitlichen Zehen die seit- lichen Mts.- und Tarsus-Knochen zum Hinabsteigen in die Fusssohle veranlasse und dadurch die Fussbogenbildung her- vorrufe, und er könnte zum Beweis behaupten, dass die Kno- chen an ihren Plantarseiten um ebenso viel an Grösse zu- nähmen,. wie sie an ihren oberen Seitenkanten an Grösse verlieren. Dass eine solche Vermuthung irrig wäre, lehren alle diejenigen Säugethierfüsse, deren Tarsus- und Metatar- sus-Knochen Querbogen bilden, während ihre Zehen von der Fussscheitelebene permanent abgespreizt sind und nicht atro- phiren. Unter diesen Füssen steht allen voran der Phociden- Fuss, bei ihm bildet der Tarsus einen Querbogen von hoher Vollendung, denn in ihm liegt das Te ganz im Ts. ganz unter dem T> das Tı und ganz unter dem Mtsı das Mts; und doch sind gerade an diesem Fuss die an der Bogenbildung besonders 716 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. betheiligten Zehen, der Dı und D; die weitaus am stärk- sten ausgebildeten Zehen. Ferner lehrt dasselbe, freilich in etwas anderer Form der Hydrochoerus- und Dasyprocta- Fuss; bei ihnen repräsentirt den ersten Zeh nur das Tı und ein Mtsı-Rest, ebenso weisen das Te und Mts» starke Verkümmerung an der oberen Seitenkante auf, und doch hat weder das Tı, noch das Te, noch das Ts irgend eine Tuberositas plantaris, weil an diesen Füssen unmittelbar unter jenen drei Tarsusknochen das Nav. eine Tuberositas plantaris von mächtiger Entwicklung bis zu den Mts.-Basen vorschiebt. Ich hebe hier noch einmal ausdrücklich hervor, dass das Tı, wenn es fast ganz unter dem Ts liegt, nicht unter dieses herunter gerückt ist, sondern seine Stellung dadurch erworben hat, dass es eine Tuberositas plantar - lateralis ausbildete und dann von seiner oberen Seitenkante aus bis auf diese atrophirt ist; eine ähnliche Entwicklung haben alle anderen Tarsusknochen, sobald sie sich scheinbar unter benachbarte Tarsusknochen herunterschieben. Die alsdann an den einzelnen Tarsus- und Mts. - Knochen auftretenden Plantarabschnitte mit ihren seitlichen Ausbuchtungen, sowie ihre verschiedenen Plantar-Fortsätze entwickeln sich dabei, wie ich in der vorigen Nummer dieser Zeitschrift angege- ben habe, in der Weise, dass an den Knochen inserirende Band- und Sehnenfasern von ihnen aus eine Strecke weit verknöchern, die Bänder durchziehen der Länge nach die Fussunterseite und müssen bei der Fussstreckung eine enorme Zugspannung aushalten, die durch den Muse. gastro- cnemius und soleus erzeugt wird, diese Längsbänder der Fussunterseite haben zweifellos einmal den beiden Muskeln als Endsehnenfasern angehört und sind von ihnen erst später secundär durch die Hackenentwicklung abgetrennt worden. — Durch die Zugspannung können übrigens unter Umstän- den aus ein und demselben Band - Abschnitt Knochenfort- sätze verschiedener Knochen entstehen, denn es ist auch theoretisch leicht einzusehen, dass an einem Ta eine Tube- rositas plantar-medialis nicht mehr entstehen kann, wenn bereits am Tı eine Tuberositas plantar-lateralis vorhanden Sitzung vom 20. Februar 1894. 77 ist und daher sind auch die Tı-Tuberositas plantar-lateralis des Hyänenfusses und die Te-Tuberositas medialis des Bärenfusses homologe Bildungen. Es ist bisher nur von denjenigen Fussquerbogen ge- handelt worden, die durch Einrollung des Metatarsus und des distalen Fussabschnitts entstanden sind. Die Entste- hung dieser Bögen wirkt durch den ganzen Fuss fort, durch das Nav. und Cub. direct auf den Ast.- und Cal.-Kopf (Fig. X). Bei den Amphibien liegt der Ast.-Kopf in ein und derselben Horizontalebene neben dem Cal.-Kopf und beide gelenken mit dem distalen Fussabschnitt durch ovale Gelenkflächen, den Dorsalabschnitten der später vergrösserten Gelenk- flächen (Fig. X dm, dt, C). Dann entwickeln sich beide Köpfe plantarwärts fort, aber nicht unter Ausbildung selbständiger Plantar-Abschnitte mit seitlichen Ausbuchtungen, sondern in der Art, dass bei ihnen mit Umgehung der Plantar-Abschnitte sofort deren seitliche Ausbuchtungen auftreten (Fig. X pm, pt, H). Auch dann, wenn die Gelenkflächen diese. Form erlangt haben, also viereckig geworden sind, liegen sie noch ganz neben einander. Auf dieser Entwicklungsstufe bleibt der Ast.-Kopf ste- hen, der Cal.-Kopf wächst weiter plantarwärts fort, indem er nunmehr von seinem Dorsum an Masse ungefähr so viel verliert. als er an der Planta an Masse gewinnt. Während bei vielen Raubthieren (bei manchen Hunden, Bären u. s. w. Fig. X, H) am Cal. die Cub.-Gelenkfläche nur besteht aus dem Dorsal-Abschnitt, der oben bereits stark verkümmert ist, und aus einem Plantar-Lateral-Abschnitt, entwickelt sich bei vielen anderen Raubthieren am Cal.-Kopf auch noch die plantar-me- diale Ausbuchtung, ferner eine ansehnliche Tuberositas plan- taris und Spuren einer Tuberositas plantar-lateralis (tpl), doch nur bei wenigen von ihnen gelenkt die Tuberositas plantar- lateralis bereits mit dem Cub. Beim menschlichen Cal. (Fig. X, M) besitzt die Cub.-Facette keinen ursprünglichen Dorsalabschnitt und ebenso wenig die plantar-mediale und plantar-laterale Ausbuchtung, dafür hat aber (Fig. X, tpl) das menschliche Cal. die Tuberositas plantar-lateralis mit ihrer Gelenkfläche für das Cub. zum Maximum ausgebildet und PA 18 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. gleichzeitig hat sich beim Menschen zwar nicht am Cal. aber am Cub. eine Tuberositas plantar - medialis von be- trächtlicher Grösse entwickelt, die am Cal. unterhalb des Processus anterior gelenkt (Fig, X, tpm) und dadurch be- weist, dass in ihr auch die Cal.-Tuberositas plantaris-medialis enthalten ist. Die starke Umwandlung des menschlichen Cal.-Kopfes kommt dadurch besonders zum Ausdruck, dass er gar nicht mehr in der Horizontalebene des Ast.-Kopfes liegt, sondern neben dem Ast.-Kopf, aber tiefer als er. Die letzterwähnte Thatsache war mir schon bei meinen Unter- suchungen über das Cal. -Ast. - Gelenk bekannt, damals glaubte ich aber, dass während der Gelenkphylogenese das Cal. - Sustentaculum tali am Cal.-Körper emporrücke, weil der Ast.-Körper in seinem Medial-Abschnitt an Tiefe verliere; dies ist, wie sich jetzt zeigt, ein Trugschluss gewesen. — Es entsteht nun die Frage, warum entwickelt sich nicht auch der Ast.-Kopf noch stärker in die Fusssohle hinein? Dies hat einen sehr einfachen Grund: Die unter dem Ast.- Kopf liegenden Bänder, welche den Bändern entsprechen, welche am Cal.-Kopf die Tuberositas plantaris, Tuberositas plantar-lateralis und plantar-medialis erzeugen, entspringen bei allen Thieren nicht am Ast.-Kopf, sondern vom Susten- taculum tali und infolge dessen verknöchern sie, wenn es geschieht, vom Sustentaculum und nicht vom Ast.-Kopf; in solchen Fällen stösst unter dem Ast. - Kopf das Sustenta- culum tali an die Nav.-Tuberositas plantaris, wie es bei den Pferden und Oryeteropus der Fall ist. Es fragt sich nun, welchen Nutzen hat eigentlich die Quereinrollung des Fusses? Dies ergiebt sich aus folgender Ueberlegung: Diese Fussbögen verdanken ihre Entstehung, wie nachgewiesen ist, vorwiegend dem ‚Muse. peroneus lon- gus und Musc. abductor hallucis, also Streckmuskeln des Fusses, und sie müssen deshalb auch bei der Fussstreckung von Nutzen sein. Dies ist thatsächlich der Fall. Wenn der Fuss zur Fortbewegung auf den Boden oder einen sonstigen, Widerstand leistenden Stützpunkt gepresst wird, dann wird die in ihm erzeugte Kraft um so vollständiger zur Hebung der Körperlast Verwendung finden, je weniger Sitzung vom 20. Februar 1894. 19 von ihr auf dem Wege zum Stützpunkt verloren geht. Dies wird nun in vollkommener Weise dadurch verhindert, dass bei der Fussstreckung einige Metatarsen und Zehen be- sonders fest auf den Stützpunkt gepresst werden, während die anderen den Stützpunkt zu umgreifen streben, es wird dadurch einmal der Stützpunkt am Entweichen verhindert und dem Fuss wird ausserdem die Möglichkeit genommen, durch Seitenschwankungen Kraft zu verlieren. — Besteht dabei der Fussstützpunkt aus sehr festem Material: hartem Gestein, Aesten und dergleichen, dann liefert schon ein kleines Volumen des Stützpunktes der im Fuss erzeugten Muskelkraft den zur Körperfortbewegung nothwendigen Widerstand, und um dieses geringe Volumen zu umfassen, muss der Fuss eine starke Querbogenspannung ausbilden, was dadurch geschieht, dass seine Zehen der Scheitelebene möglichst genähert werden, es entstehen auf diese Weise schliesslich die Füsse mit starker Querbogenspannung und mit Zehen, die permanent ihrer Scheitelebene angespreizt sind. Die von der Scheitelebene entfernt liegenden Zehen haben in diesem Fall fast nur die Aufgabe, den Fuss vor Schwankungen zu bewahren, da ein Ausweichen des Bodens nicht zu befürchten ist; wird nun der Fuss nachträglich durch peripherisches Knochenwachsthum in seinem Inneren so umgebildet, dass er schon aus diesem Grunde keine Seitenbewegungen, sondern nur reine Streck- und Beuge- bewegungen auszuführen vermag, dann werden die seiner Scheitelebene fernliegenden Zehen überflüssig und verküm- mern auch (extreme Perissodactylen, Artiodactylen, Halbhuf- pfötler, Macropus u. s. w.). Besteht der Fuss-Stützpunkt aus sehr wenig widerstandsfähigen Medien: sehr weichem Boden, Sumpf-Erde, Wasser, dann liefert erst ein verhältnissmässig grosses Volumen dieses Stützpunktmaterials den zur Be- wegung der Körperlast nothwendigen Widerstand. Auch dieses Volumen umfasst der Fuss, doch vermag er das nur durch Abspreizung der Zehen von seiner Scheitelebene; er verliert dadurch aber zugleich die Befähigung, einen starken Querbogen auszubilden. Es entstehen auf diese Weise zum Schluss Füsse mit schwächerer Querbogenbildung und von 80 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. der Scheitelebene permanent abgespreizten Zehen. Da diese Füsse stets, auch wenn sie im Innern noch so sehr ge- festigt sind, ein grosses Volumen Stützsubstanz umfassen müssen, treten bei ihnen Zehenverkümmerungen entweder garnicht oder nur in sehr geringem Maasse auf (Schwimm- füsse, Wadfüsse, Grabfüsse für weichen Boden, während die (Grabfüsse für harten Boden Zehenanspreizung zeigen). — Ich behalte mir die Ausführung dieser Gedanken für meine zu- sammenfassende Arbeit vor. Herr W. WELTNER sprach über zwei neue Cirripedien aus dem indischen Ocean (Scalpellum, Megalasma). 1. Scalpellum squamublferum n. Sp. An einem Hyalonema, welches die Expedition des In- vestigator im Indischen Ocean 11° 58° N., 88° 52° 17" O,, Station 117, in 3200 m Tiefe erlangt hat, und welches der Bearbeiter der Spongien jener Ausbeute, Herr Professor F. E. ScHULzE, H. masoni n. sp. nennen will, sitzen an der Stelle des Stieles, wo man bei anderen Hyalonemen die Palythoen findet, eine Anzahl Cirripedien, die einer neuen Art der Gattung Scalpellum angehören und hier näher beschrieben werden sollen. Es finden sich an dem Stiel 13 Exemplare des Krebses von sehr verschiedener Grösse; sieben Exemplare messen 24—44 mm Länge, drei (mittelgrosse) 12—15 mm und vier ganz kleine haben 3—4 mm Länge. Die folgende Be- schreibung gründet sich auf die Untersuchung je eines der grossen und der mittelgrossen Exemplare. Diagnose: Capitulum flach, aus 15 Schalenstücken bestehend. Scutum, Tergum, Supralaterale, Carina und Rostrum gross, letztere beiden einfach gebogen. Das Rostro- laterale, Inframediolaterale, Carinolaterale und die Sub- carina sind im Verhältniss zu den übrigen Schalentheilen klein, sie sind von ziemlich gleicher Grösse und dreieckig. Die Umbonen aller Schalenstücke des Capitulums liegen am hinteren (in der Stellung, die das Thier im Leben meist einnimmt, oberen) Ende. Pedunculus an den ausge- wachsenen Exemplaren ?/s der Länge des Capitulums, mit 81 9-13 Querwülsten, in denen je eine oder zwei Reihen kleiner kegelför- miger oder länglich dreh- runder Kalkschuppen lie- gen. Am Stiel von Zyalo- nema masoniF.E. SCHULZE, Busen von Bengalen, in 3200 m Tiefe. Das Scutum ist vier- eckig, die obere Ecke spitz, die untere gerundet; der Eindruck für den Ad- ductor ist tief. Das Tergum zeigt eine länglich viereckige Ge- stalt, das obere und un- tere Ende ist spitzwinklig, die beiden seitlichen Ecken schliessen sehr stumpfe Winkel ein. Die Carina ist einfach gebogen, aussen convex, innen tief concav, sie hat bei 11'/; mm Länge eine Breite der Basis von 2°/ı mm. Von aussen gesehen ist sie dreieckig mit con- vexem, basalen Rande. Das Rostrum _ zeigt eine stärkere Biegung als die Carina und ihre Basis en gn ist breiter als bei dieser. Am Rostrum beträgt die Breite der Basis 3'/s mm, bei einer Länge von 6 mm; der basale Rand ist stär- ker convex als bei der N \\ 82 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Carina; die Gestalt, von aussen gesehen, ist dreieckig, die Aussenseite ist stark convex und in der Mitte mit stumpfer Längskante, die Innenseite ist tief ausgehöhlt. Die Subcarina hat das Aussehen einer Pfeilspitze, dreieckig mit stumpf ausgekerbtem basalen Rande; auf der Aussenseite zieht von der Kerbe bis zur Spitze ein stumpfer Kiel. Das Supralaterale ist viereckig, oben breiter als unten, der untere Rand ist convex. Das dreieckige, in der Gestalt der Subcarina gleichende Rostrolaterale hat eine ziemlich scharfe, nach innen ge- wendete obere Spitze. Die Aussenfläche desselben ist convex gebogen. Das Inframediolaterale dreieckig, der untere Rand convex. Die obere Spitze ziemlich scharf und nach innen geneigt, aussen auf der Mitte mit stumpfem Kiel. Das Carinolaterale dreieckig, der untere Rand ist sehr stumpf eingebogen. Die Aussenfläche in der Längs- richtung eingesenkt. Die obere Spitze ist ziemlich scharf und blickt nach innen. Der Pedunculus misst bei den grossen Exemplaren an Länge °/s der des Capitulums, bei den mittelgrossen Stücken ist er halb so lang und bei den Exemplaren von 3—4 mm Länge ist das Capitulum über doppelt so lang als der Stiel. Dieser trägt bei den grossen Exemplaren 9-—13 Querringe, in denen kleine (ohne Lupe sichtbare) Kalkschuppen meist in doppelter, seltener in einfacher Reihe liegen. Es kommt auch vor, dass die Schuppen zerstreut im Querwulst vertheilt sind. Sie sind fest in der Haut des Stieles eingebettet. Ihre Gestalt ist im allgemeinen kegel- förmig oder länglich drehrund; sie liegen schräge, so zwar, dass das eine, bei den kegelförmigen dünnere Ende jeder Schuppe nach innen, das dickere nach aussen ragt. Bei dem einen von mir untersuchten Exemplar hatten die Schuppen in allen Ringen ziemlich gleiche Gestalt, die im untersten (an der Ansatzstelle an dem Hyalonema) Ringe gelegenen waren am grössten; bei dem anderen etwas kleineren Exemplare zeigten die Stielschuppen zunächst Sitzung vom 20. Februar 1894. 83 des Capitulums eine platte, viereckige Gestalt mit ge- rundeten Ecken und Kanten. Bei dreissigfacher Ver- grösserung erkennt man auf dem Stiel sehr dicht stehende, sehr kurze Dörnchen. Die Querringe treten an den mittelgrossen (12—15 mm langen) Thieren weniger scharf hervor, die Schuppen liegen hier auch enger bei einander und sind im ganzen regel- mässiger angeordnet; sie sind nur wenig kleiner als bei den grossen Exemplaren. Bei den ganz kleinen Stücken sind die länglichen Schuppen in schräger Richtung über den Stiel angeordnet, an dem man keine Ringelung bemerkt. Die Oberlippe') ragt mit ihrem mittleren Theile weit über die anderen Mundtheile hervor und ist ungezähnt; der Palpus ist stumpf und vorne und aussen mit Borsten ver- sehen. Die Mandibel tragen auf der einen Seite 5, auf der anderen aber 6—7 Zähne, indem an Stelle des fünften kleinsten Zahnes 2 resp. 3 dünnere stehen. Die Maxillen haben einen dreigetheilten Kaurand, der mittlere Theil liegt etwas tiefer als die beiden seit- lichen. Alle drei sind mit kräftigen langen Dornen bewehrt. Die äusseren Maxillen sind aussen convex, innen eingebuchtet. Jede Maxille ist am basalen Theile und an der Spitze mit langen Borsten besetzt. Das erste Paar der Cirren steht weit entfernt von den übrigen und hat dicke Glieder. Die Aeste des ersten und dritten bis sechsten Paares sind gleich lang, die des zweiten Paares zeigen eine verschiedene Länge. Die drei hinteren Paare tragen an jedem Gliede fünf grosse unge- fiederte Borsten an ihrer Innenseite und eine grosse und mehrere kleinere an der Dorsalseite.e An keinem Cirrus habe ich Zähne auf der Innenseite gefunden. Die Caudalanhänge sind eingliedrig, kegelförmig; sie haben an der Innenseite einen schwachen Borstenbesatz und an der Spitze einige längere Borsten. !) Zur Untersuchung der Mundtheile dienten zwei der grossen Exemplare. 84 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Der Penis ist lang, etwa von der Länge der Aeste des ersten Cirrenpaares und spärlich behaart. Unter den bisher bekannten 70 Arten!) des Genus Scalpellum lässt sich nach HoEK?) eine Gruppe unterschei- den, der folgende Merkmale zukommen: Die Schalentheile sind vollkommen verkalkt, die Carina steht nicht frei vor und ist einfach (nicht winklig) gebogen, und es ist eine Subcarina vorhanden. Zu dieser Gruppe gehören Se. acutum HoEk, gefunden in der Nähe der Acoren und der Kermadec- Inseln, und Se. stratum Aur.°) bei St. Martin im Antillen- meer. Hierzu gesellt sich nun Se. sgquamukferum n. sp. aus dem indischen Ozean, welches dem Se. stratum in der Be- schaffenheit des Capitulums sehr ähnlich ist*) und sich von ihm häuptsächlich dadurch unterscheidet, dass der Pedun- culus bei den älteren Exemplaren Querringe mit je 1 bis 2 Reihen kleiner kegelförmiger oder länglich drehrunder Schuppen trägt, während bei den jugendlichen, 3—4 mm langen Thieren der Stiel keine Ringelung zeigt und die länglich drehrunden Schuppen hier in schrägen Längsreihen angeordnet sind. Scalpellum squamuliferum ist die erste im eigentlichen indischen Ocean gefundene Art dieser weitverbreiteten Gattung. 2. Megalasma carino-dentatum n. SP. Zwischen dem oben beschriebenen Scalpellum squam. fand sich, am Stiel des Hyalonema sitzend, noch ein anderes Cirriped von weisser Farbe. Es ist ein Megalasma und steht der einzigen bisher bekannt gewordenen Art, M. stri- atum HoEk (Philippinen in 100 und 115 Faden) nahe und unterscheidet sich davon vornehmlich durch die viereckigen, !) Scalp. stearnsi PıLsBRy und calcariferum P. FıscH. sind syno- nym; die Bezeichnung siearnsi hat die Priorität. ?, HoEK, Report on the Cirripedia. Report Scient. Res. Voyage H. M. S. CHALLENGER, Zool. Vol. 8. 1883. ®) CARL W. S. AURIVILLIUS, Neue Cirripedien aus dem Atlantischen, Indischen und Stillen Ocean. Oefvers. kongl. Vet. Akad. Förhandl. 1892, p. 182. | *) Die ausführliche Arbeit von AURIVILLIUS liegt noch nicht vor. Sitzung vom. 20. Februar 1894. 85 kleineren Terga, durch die mit einem Zahn auf der Aussen- seite versehene Carina und den kurzen Peduneulus. Das Capitulum ist oval, hat gewölbte Seitenflächen und'ist oben und unten zugespitzt. Länge 6'/ mm, Breite 3 mm. :Stiel kurz, 1'/’» mm lang, geringelt. | Sceutum' dreieckig, gewölbt, Schlussrand und carinaler ‚Rand stark gekrümmt, der Tergalrand gerade. Vom Schluss- rande läuft aussen bis zum gegenüberliegenden Winkel eine stark vortretende' Rippe über die Schale, welche dadurch in zwei ungleiche Hälften getheilt wird. Wachsthumsstreifen wie bei M. striatum verlaufend, die zwischen den Wachs- thumsstreifen sichtbare Strichelung zieht senkrecht zu letzteren. Der Schlussrand ist breiter als die übrigen Ränder und endet etwas unterhalb der oben genannten Rippe in einem dicken Knopf, dessen Oberfläche einige Ver- tiefungen und Erhabenheiten zeigt, ohne dass zwei deut- liche Gruben wie bei striatum ausgeprägt wären. Der unter- halb dieses Knopfes liegende Theil des Scutums ist nach aussen gebogen, so dass man, von aussen auf die Schale gesehen, die Biegungsstelle des unteren Theiles als schwache Furche erkennt, diese Furche oder Einsenkung setzt sich in eine andere der Carina fort. Gegenüber von dem Knopfe liegt am carinalen Rande des Skutums eine kleine Grube. Die bei M. striatum Hoek sich findenden undeutlichen Zähne am Tergalrande fehlen bei M. car. dent. Das Tergum ist viereckig, der carinale und der scutale Rand verlaufen gerade, der basale Rand ist sehr schwach, der Schlussrand mässig gebogen. Der carinale Rand ist nicht wie bei M. striatum verdickt. Die Wachsthumsstreifen ziehen parallel dem carinalen Rande; die feine Strichelung, welche am Scutum sehr deutlich war, ist am Tergum nur schwach entwickelt. Die Carina ist mässig) gebogen, innen tief ausgehöhlt und aussen mit einem Kiel versehen. Die Seiten sind längs gestreift. In ?/s der Höhe findet sich auf der Rücken- seite ein Zahn, von diesem Zahn an nach oben ist die Carina viel dünner als im unteren Theile; dies letzte nach oben gehende Drittel erscheint als dünne, stumpf endende 86 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Lamelle. Das unterste Drittel der Carina ist breit, bauchig aufgetrieben, die inneren Ränder dieses Theiles der Carina sind diek und enden oben mit einer: scharfen Ecke, von hier an nach oben sind die beiden skutalen Ränder dünn. Das erste Cirrenpaar steht weit von dem zweiten entfernt, seine beiden Aeste sind von ungleicher Dicke und Länge und haben je 8 Glieder. Sie stimmen im Bau ganz mit M. striatum Ho, Fig. 9, Taf. II. Das sechste Cirren- paar besteht aus Aesten mit je 14 Gliedern, jedes Glied mit 5 Paar Borsten auf der Innenseite, deren erstes Paar sehr klein ist und mit 3—5 Borsten auf der Dorsalseite zwischen je 2 Gliedern. Am zweiten Rankenfuss ist der vordere Ast etwas kürzer als der hintere. Um das einzige Exemplar dieses Cirripeden nicht weiter zu zerlegen, habe ich die Mundtheile und die Caudalanhänge nicht untersucht. Figurenerklärung. Die Fig. 2 und 3 habe ich mit dem Auxanographen von HILGEN- DORF, Fig. 4—6 mit dem Zeichenapparat von ABBE entworfen. Fig. 1. Hyalonema masoni n. sp. F. E. SCHULZE Manuscr. mit Scalpellum squamuliferum n. sp. am Stiel. Nahezu °?/ der natürlichen Grösse. Der Stock zu dieser Figur (eine Verkleinerung nach der Zeichnung von Herrn Maler KROHSE) ist mir durch gütige Vermittelung von Herrn Prof. F. E. ScHuLze von Herrn Verlagsbuchhändler G. FıscHER in freundlicher Weise überlassen worden. Fig. 2. Scalpellum squamuliferum n. sp., ein grosses Exemplar. Vergröss. 2?/,. Das Stück war einige Minuten in schwacher Kalilauge gekocht, um die einzelnen Schalentheile deutlich sichtbar zu machen. Die Lage der letzteren ist beim Kochen nicht merklich verändert, »während der Stiel sehr geschrumpft ist. Fig. 3. Dasselbe, die einzelnen Schalenstücke des Capitulum von aussen. Vergr. 2°?/s. £t tergum, s scutum, sl supralaterale, ce carino- laterale, il inframediolaterale, rl rostrolaterale, c carina, sc subcarina, r rostrum. Fig. 4. Dasselbe. Ein Stück des Pedunculus von aussen. 5!/s Mal. Es wurde von einem der grössten Exemplare (s. Fig. 1) ein Stück des Stieles parallel zur Längsrichtung von der Ansatzstelle am Hyalonema bis zum Capitulum abgetrennt und gezeichnet. Man erkennt 9 Ringe und das basale Stück, in ihnen die kleinen Kalkschuppen. Die an den Seiten liegenden Schuppen sind beim Schnitt getroffen und daher unvollständig. Fig. 5. Dasselbe. Einige Schuppen des Stieles von einem grossen Exemplar. 13 Mal vergrössert. | Fig. 6. Megalasma carino-dentatum n. sp. Rechts das ganze Thier von aussen, 5 Mal vergrössert. Die feine Strichelung zwischen den Wachsthumsstreifen ist fortgelassen. — Links die Schalentheile von innen, etwas mehr als 5 Mal vergrössert; t tergum, s scutum, c carina. (Un FE _— De s 2 N 4 88 Gesellschaft de ei Freunde, Berlin En Sn ie ; £ \ / f \, Im Austausch wurden BETEN Naturwissenschaftl. Wochenschrift (Poroxmt), VI, wo. 81 bis 52,.IX,.No. 1—7. FR ’\ Leopoldina, Heft XXIX, No. 9124 f \ I Lotos, Jahrbuch für Naturwissenschaft, Neue Folge, Sıy. Band. Bericht über die Verwaltung- -der- nathırhistorischen/ de Sammlungen. des Westpreussischen Provizial- Musetims für. das Jahr 1893. Jahreshefte des Vereins für Mathematik und Nediigriesen- schaften in Ulm.a.D.. VI. Jahrgang. /Ulm 1893. Annalen des K.K. Naturhistorischen Hofmuseums, Wien, Bd. VIII, No. 3—4. Societatum Litterae, 1893, 7. 'Jahrg., ‘No. 8.12. Helios, 11. Jahrg., No. 6—9. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau, 1893, November, December; 1894, Januar. Földtani Közlöny, XXI. Kötet, 11 — 12 Füzet. Buda- pest 1893. Bollettino delle Pubblicazioni Hraltänd, 1893, No. 192—19. Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova. (Serie 2, Vol. XII) Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze Fisiche e Mate- matiche, Serie 2, Vol. VII, Fasc. 8°. Napoli 1893. Atti della Societa dei Naturalisti di Modena, Serie III, Vol. XII, Anno XXV1L. Atti della Societa Toscana di Scienze Naturali, Vol. VII. Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar, Bd. 15, Häfte 7, Bd. 16, Häfte 1. Acta Horti Petropolitani, Tom. XIII, Fase. 1. St. Peters- burg 1893. Annual Report of the Curator of the Museum of Compa- rative Zoology at Harvard College for 1892—93. Korrespondenzblatt des Naturforschenden Vereins zu Riga, XXXVI 1893. Proceedings of the Cambridge Philosophical Society, vol. VLI, Part. II. J. F. Starcke, Berlin W, Nr. 9. 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 20. März 1894. Vorsitzender: Herr ÄASCHERSON. Herr STADELMANN sprach über Vespa fruhstorferin.sp. Herr Geheimerath Prof. Mögıus machte mich auf eine Notiz in „Eine botanische Tropenreise von G. HABERLANDT, Leipzig 1893, p. 235“ aufmerksam, worin von einer java- nischen Wespe folgendes mitgetheilt wird: „Im Urwalde von Java umkreiste mich eine Wespe mit scharfem Summen, verlor sich aber bald im Dickicht. Sie wird sehr gefürchtet. Ihr Stich soll äusserst schmerzhaft und mit tagelanger Anschwellung verbunden sein, selbst starrkrampfartige Zustände und mehrtägiges Fieber soll er bisweilen zur Folge haben.“ Da mich die Sache interessirte, so wandte ich mich an Herrn FRUHSTORFER um Auskunft. Derselbe war so liebens- würdig, mir die von ihm gesammelten Exemplare dieser Wespe zur Verfügung zu stellen und mich auf eine Stelle in JUNGHUHN „Java“ aufmerksam zu machen, die ich weiter unten abdrucken will. Herr FRUHSTORFER hat zwar selbst nicht ähnliche schlimme Erfahrungen, wie JUNGHUHN, mit dieser Wespe gemacht, bestätigte mir jedoch, dass die Ein- geborenen vor dieser Wespe eine grosse Scheu haben und alles im Stiche lassen, wenn’ sie nur ihr Summen hören. Allerdings muss auch die Reizbarkeit dieser Wespe eine sehr 3 90 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. grosse sein, da sie schon auf das geringste Geräusch hin, das in der Nähe ihrer Wohnplätze gemacht wird, über den Störenfried herfällt. Die besagte Notiz in JUNGHUHN „Java ll, p. 472 (deutsch von HAssKARL, Leipzig 1854)“ lautet: „Voll Erwartung nach näheren Aufschlüssen über sein Vorkommen (des Syenits) verfolgte ich die Kluft und hämmerte, meine Krandjangs (Körbe) mit den abgeschlagenen Stücken füllend, an den Felsen, als mich, vielleicht durch die Hammerschläge in ihrer Ruhe gestört, aus ihren Nestern aufgejagt. einSchwarm von grossen Wespen (Hornissen) überfiel. (Anm.: Wahrschein- lich giebt es auf Java verschiedene Arten grosser Wespen oder Hornissen, die mehr oder weniger giftig sind; sie werden von den Javanen unter dem allgemeinen Geschlechtsnamen „Taon“ begriffen; von den Sundanesen aber „Enggang“ ge- nannt. Sie finden sich besonders in felsigen Berggegenden.) Sie kamen wüthend auf uns an, und alles Abwehren war vergebens, so viel Mühe sich meine javaschen Begleiter auch gaben, diesen unerwarteten Feind von mir abzuwehren. Ich wurde nur von vieren in den Kopf gestochen; der Schmerz war aber so fürchterlich heftig. dass ich fast das Bewusst- sein verlor und, von den Javanen geschleppt, kaum so viel Kraft behielt, aus der ominösen Felskluft zu entkommen und in das höher gelegene Gebüsch an ihrer rechten Seite zu entfliehen. Hier warf ich mich, aller weiteren Unter- suchung für heute entsagend, von Schmerzen gefoltert, nieder und verlangte vergebens nach Wasser, Die gestochenen Weich- theile des Kopfes waren heftig angeschwollen; etwa 5 Mi- nuten nach dem Stiche war Uebelkeit und Erbrechen ein- getreten nebst einer Neigung zum Kinnbackenkrampf, dessen wirklichen Ausbruch ich vielleicht nur durch eine tüchtige Gabe Madeirawein, welche ich trank, unterdrückte.“ „Man glaube nicht, dass diese Angaben übertrieben sind; das Gift, welches mit den Stacheln dieser Thiere in den Körper gelangt, wirkt äusserst heftig und scheint dem Schlangengift nicht unähnlich zu sein.“ „So brachte ich, unfähig zu allen Verrichtungen, zwei Stunden hin, bis der mit Betäubung verbundene Schmerz sich in ein heftiges Brennen verwandelte.“ Sitzung vom 20. März 1894. 9i „Von den Javanen waren nur ein Paar gestochen, die fast ebenso sehr wie ich an den Folgen litten.“ Die Wespe stimmt nach den Beschreibungen von LE- PELETIER und SAUSSURE in der Färbung ganz mit V. velu- tina LEP. überein. Ich hätte auch diese Wespe ohne weiteres zu velutina gezogen, wenn nicht in dem einzigen typischen Merkmale, das SaussurE neben der Färbung erwähnt, eine Abweichung vorhanden wäre. Das Kopfschild ist hier näm- lich nicht „coupe presque droit“. Die Grundfarbe des Körpers ist ein dunkles Choko- ladenbraun. Kopfschild, untere Hälfte des Stirndreiecks, Augenausschnitt, Schläfe, Mandibeln. mit Ausnahme des schwarzen Innenrandes, Unterseite der Antennen, die Tar- sen, am vorderen Beinpaare auch theilweise die Schienen und Schenkel und das Pronotum zum grössten Theil sind hell- bis orangegelb. Die Hinterränder des zweiten!) und dritten Abdominalsegmentes haben oben einen schmalen orangegelben Streifen, beim vierten und fünften läuft er den Seitenrand entlang und stösst an das vorhergehende Segment an. Es bleibt also in der Mitte ein schwarfer Streifen übrig, der auf den folgenden Segmenten immer kleiner wird, um auf dem orangegelben Analsegment vollständig zu fehlen. Die Segmente sind unten mit Ausnahme des zweiten und dritten fast vollständig gelb. Kopf und Brust sind mit zarten dunkelbraunen Haaren besetzt. Der Hinterleib ist oben sammetartig tomentirt, mit kurzen blassen Härchen spärlich und längeren schwarzen Härchen, die nach vorn länger und dichter werden, besetzt. Die Behaarung der Unterseite ist neben dem weisslichen Toment gelblich und an den Segment- rändern am dichtesten und längsten. Die Flügel sind gelb. Kopfschild mässig stark gewölbt und der Vorderrand stark geschweift. Die Punktirung ist eine seichte, an den Rändern am dichtesten. Die Mandibeln tragen am Innenrande zwei Zähne. Das zweite Geisselglied ist so lang wie das dritte und vierte zusammen, aber nur so lang wie das zweite und die Hälfte des dritten Hinterfussgliedes zusammengenommen. !) Ich zähle das Mittelsegment als erstes Abdominalsegment, 99 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Der geringste Abstand der Hauptaugen auf dem Scheitel beträgt die Länge des zweiten und dritten Hinterfussgliedes. Das Dorsulum hat vorn eine bis zur Mitte reichende Rinne. Eine tiefe Längsfurche theilt das Schildchen in zwei Theile. Sollte es sich jedoch später herausstellen, dass Vespa fruhstorferi eine Form von V. velutina ist, trotz der schein- baren Verschiedenheit des Kopfschildes, so ist damit dann bewiesen, dass die Saussur£’sche Eintheilung (Monogr. Gu6p. sol. p. 144) in eine chinesische Stammform und eine indische und javanische Varietät nicht aufrecht erhalten werden kann. Denn unsere Wespe würde bei ihrer Färbungsübereinstim- mung mit der chinesischen Stammform von velutina das Vor- kommen dieser auch auf Java lehren. Von der V. fruhstorferi liegen mir zwei Weibchen vor, die beide Herr FRUHSTORFER in den alpinen Theilen von West-Java auf dem Gunung-Gede im August 1892 in einer Höhe von 8000 Fuss gefangen hat. Die hauptsächlichsten Vertreter der Gattung Vespa auf Java sind neben den beiden oben genannten Arten noch Vespa cincta F., V. affinıs F., V. dorylloides Sauss., V. alduini GUER. und V. bellicosa Sauss. | Herr WANDOLLECK sprach über das Kopfskelett der Dipterenfamilie Henopii. Die Familie der Henopier bietet so viel Stoff zu inter- essanten Untersuchungen, dass ich angefangen babe, sie monographisch zu bearbeiten. Es ist dasselbe bereits in genauerer Weise von ERICHSON unternommen worden, aber, da der Zeitpunkt der Arbeit schon so weit zurückliegt, so scheint eine Nachuntersuchung mit modernen Hülfsmitteln und nach modernen Gesichtspunkten wohl am Platze. SCHINER hat in der Novara-Reise einige Verbesserungen der Einthei- lung gegeben, doch hat er nur grössere Gruppen gebildet und lässt die feineren Charaktere unberücksichtigt. Da eine möglichst befriedigende Eintheilung hauptsächlich nach plasti- schen Merkmalen geschehen müsste, so habe ich mich vor allem mit dem Chitinskelett beschäftigt. Auch ERrICHSoN hat hierüber berichtet, und vorzüglich ist es der. Kopf, den er untersucht und dessen Verschiedenheiten er für sein System Sitzung vom 20. März 1894. 093 verwerthet hat. Drei Theile sind hier von Wichtigkeit: die Punktaugen, die Fühler, der Rüssel. In Betreff der Punktaugen stimme ich mit ERICHSON überein, nicht dasselbe kann ich aber von den Fühlern sagen. Ihre verschiedenartige Stellung am Kopfe ist ja klar und kann kaum zu Irrthümern Veranlassung geben; was aber die Zahl der Glieder betrifft, so ist ErıcHsox an manchen Stellen in einen leicht begreiflichen Irrthum verfallen. Er sagt auf p. 138: „Die Zahl der Glieder ist entweder 3 oder 2, im ersteren Falle sind die beiden ersten Glieder kurz, das dritte länger; im zweiten läuft das zweite Glied in eine starke Borste aus, nur bei Pterodontia endigt dasselbe stumpf.“ Zu.den Gattungen mit zweigliedrigen Fühlern rechnet er: Oyrtus, Psilodera, T'hyllis, Philopota, Pterodontia, Acrocera, Terphis, Ogcodes. Ich habe sämmtliche genannten Gattungen untersucht, und zudem dieselben, welche Er. zu Gebote standen, und habe gefunden, dass sie alle dreigliedrige Fühler hatten. Das erste Glied ist oft sehr klein und napfförmig, so dass es leicht mit weniger genauen Hülfsmitteln übersehen werden kann. Auch ist der Ausdruck „das zweite Glied läuft in eine starke Borste aus“ kein gut gewählter, denn die sog. Borste ist nur der verschmälerte Theil des zwiebelförmigen dritten Gliedes, der allerdings dem unbewaffneten Auge den Eindruck einer Borste macht. Dieser Theil ist an der Spitze meist ein wenig verdickt und trägt dort einige kurze Tastbörstchen. Das interessanteste Organ des Kopfes der Henopier ist aber unstreitig der Rüssel. Je nach seiner Ausbildung hat ErıcHsox drei Typen unterschieden; er sagt: „In der ersten Stufe findet sich ein langer Rüssel, der in seiner Länge und Feinheit mit dem der Bombylier die grösste Uebereinstim- mung hat.“ . | „In der zweiten Abstufung findet sich ebenfalls ein Rüssel vor, aber nur ein ganz kurzer Stummel, der selbst wenn er ausgestreckt ist, kaum sichtbar wird.“ „Die dritte Abtheilung ist ohne Frage die merkwürdigste 094 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. von allen, es findet sich hier nämlich durchaus gar kein Rüssel und gar keine Mundöffnung. * Ich habe nun aber aus allen drei Gruppen Repräsen- tanten untersucht und bin dabei zu wesentlich anderen Re- sultaten gekommen, wie Erıcnsox. Von der ersten Abthei- lung habe ich präparirt den küssel der Gattung: Lasia, Cyrtus, Psilodera, Thyllis, Philopota und Eulonchus. Ueber den Bau des Rüssels dieser Gattungen sagt ErıcHson fol- gendes: „Die Unterlippe ist mit zwei kurzen dickeren Absätzen an dem Kopfe befestigt, an der Spitze in zwei schmale Lappen gespalten. Die schmalen linienförmigen Maxillen reichen nur bis zur Mitte der Unterlippe, oder wenig dar- über hinaus. Ebenso weit reicht die allmählich zugespitzte Oberlippe. Von oben wird die Wurzel des Rüssels von einem halbröhrenförmigen Kopfschilde bedeckt. .. Auf diese Weise zusammengesetzt, weicht der Rüssel dieser ersten Abthei- lung der Henopier von dem aller Dipteren darin ab, dass in der Aushöhlung der Unterlippe nur drei Borsten ent- halten sind: die Oberlippe und die Maxillen; es fehlt die Zunge, die wir sonst selbst da noch finden, wo wir auch die Maxillen durch besondere Borsten repräsentirt vermissen. „Eine zweite Eigenthümlichkeit des Mundes dieser He- nopier ist noch zu bemerken, nämlich der gänzliche Mangel der Maxillartaster. Zwar beschreibt LATREILLE bei Panops diese Organe als zweigliedrig u. s. w. FABrıcıus, der die Zusammensetzung des Rüssels bei Cyrtus (Acrocera F.) sonst ganz richtig angiebt, spricht von ungegliederten, fadenförmi- gen Tastern am Grunde des Rüssels, MEıGEN bildet sie so- gar ab. — Alle diese Autoritäten konnten nur veranlassen, dass ich wiederholt und mit desto grösserer Aufmerksamkeit den Bau des Rüssels bei verschiedenen Arten aller Gattungen, welche mir aus dieser Abtheilung zu Gebote standen, unter- suchte: ich habe nie etwas gesehen, was ich hätte für Taster halten können. FABrıcıus ist eigentlich wohl der Erste, der von Tastern bei diesen Thieren spricht, MeıGen ist ihm darin nur gefolgt: er sagt ausdrücklich, er habe die Mund- Sitzung vom 20. März 1894. 95 theile nicht untersuchen können, und wie er die FABRICI sche Beschreibung derselben wiedergiebt, hat er am Ende auch nur nach derselben die Taster auf seine Figur eingetragen... Es hat LATREILLE bei der Beschreibung offenbar der Bau dieser Theile bei bombylius vorgeschwebt, wenn er sagt, dass er im Rüssel vier Borsten vermuthe, wie sie sich bei Bombylius vorfänden; sollte er nicht auch die Taster nach der Analogie derselben construirt haben?“ Der Bau des Rüssels dieser Abtheilung stellt sich nun bei genauerer Untersuchung als sehr verschieden von der Beschreibung ErıcHsons dar. Auf das halbröhrenförmige Kopfschild, das in seiner Form nur wenig bei den Gattungen variirt, folgt zuerst die Oberlippe als mässig lange, zuge- spitzte, schwach chitinisirte, nach unten offene Halbröhre. Auf sie folgt als eine ebenso lange, zugespitzte, nach unten offene Halbröhre der Epipharynx, mit dessen Rändern die Ränder der Oberlippe ihrer ganzen Länge nach verwachsen und so eine nach unten offene Doppelrinne bilden. Diese Rinne wird im hinteren Theile zuerst von dem Hypopharynx gedeckt, der als zweizipflige stark chitinisirte Platte inner- halb des Kopfes beginnend, mit einer sehr schwachen, kurzen. zugespitzten, nach oben offenen Rinne heraustritt. Darauf folgen die stark chitinisirten Maxillen und zuletzt die Unter- lippe, die an dem Kopfe nicht mit zwei kurzen diekeren Ab- sätzen befestigt ist. sondern in ihren hinteren häutigen Theil querfaltig eingestülpt ist, wodurch leicht Absätze vorgetäuscht werden. Sie bildet ein nach oben offenes Halbrohr und kann in Folge jener Einstülpung weit hervorgestreckt werden. Dann spricht ErıcHsox über den gänzlichen Mangel der Maxillartaster. Dass bei der Gattung Pulonchus solche deut- lich vorhanden sind, konnte er damals nicht wissen, da diese Gattung erst später gefunden wurde, -doch leugnet er, wie die Citate beweisen, entschieden das Vorhandensein der Taster bei Cyrtus. Ich habe nun genau dieselben Stücke wie ERICH- son untersucht und habe bei der Präparation des Rüssels von Cyrtus sofort deutliche Maxillartaster gefunden. Sie sind mit feinen Schuppenhaaren bedeckt, ungegliedert, keulen- förmig und tragen an der Spitze 4 Tastbörstchen. Auch bei 96 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Thyllis crassa finden sich Tasterrudimente. An der Stelle, wo bei Cyrtus und Eulonchus die Taster von den Maxillen abgehen, zweigen sich hier zwei kleine, aber deutliche Chitin- stäbchen ab, die die darüber liegende Haut so hervorwölben, dass man zuerst wirkliche Taster vor sich zu sehen glaubt. Bei allen anderen Gattungen mit ausgebildetem Rüssel ist der hintere Theil der Maxille stets verdickt und diese Ver- dickung hört immer an der Stelle auf, wo die Taster ab- gehen müssten. Es haben also LATREILLE, FABRICIUS und MEIGEN richtig combinirt und ErıcHson ist im Irrthume. | Die zweite Form der Mundtheile habe ich bei Ocnaea, | Pterodontia und Terphis untersucht. Die Theile sind hier in | hohem Grade reducirt. Die Oberlippe ist zu einer vorn wenig ausgerandeten, häutigen, sackartigen Rinne geworden, die von unten durch die zu einer schaufelförmigen, aber beweg- lichen Chitinplatte umgebildete Unterlippe gedeckt wird. In- | nerhalb der Oberlippe bemerkt man ein dachförmiges Organ, | das ich für den reducirten Epipharynx halte. Rechts und links von dem Unterrande der Oberlippe liegt je ein kleiner Chitinknoten — die rückgebildeten Maxillen. Die Unterlippe ist vorn gerundet und trägt am Rande einige kurze Borsten. Die dritte Abtheilung ist nun nichts weiter als der noch mehr rückgebildete zweite Typus. ErıcHsox schreibt dar- | über: „Die Stelle, wo sonst Rüssel und Mundöffnung Platz | haben, ist mit einer ausgespannten Membran völlig ver- | schlossen. In der Mitte dieser Membran bemerkt man einen feinen hornigen Ring, der sich hinten an der Stelle der Unter- lippe etwas erweitert und gegenüber an der Stelle der Ober- lippe noch etwas mehr nach innen vortritt, und hier einen kleinen Vorsprung zu jeder Seite neben sich hat, der an die verkümmerten Mandibeln der Schmetterlinge erinnert. Es wäre dies ein Beispiel mehr, wo bei Insekten im vollkom- menen Zustande die Function der Nahrungswege vollstän- dig aufgehört hat.“ Im Archiv f. Naturg. 1846 I, p. 288 hat Erıchson diese seine Angaben widerrufen, er sagt dort: „Ich überzeugte mich nun, dass wirklich ein Rüssel vor- handen ist, er ist aber nur sehr kurz, tritt erst hinter jener Hautfläche an der hinteren Seite des Kopfes vor und ist ’ Sitzung vom 20. März 1894. 97 gerade gegen die Vorderhüften gerichtet. Nachdem das Insekt eingetrocknet ist, lässt sich von diesem Rüssel keine Spur mehr erkennen.“ Es ist schwer zu verstehen, was ERICHSON mit dieser Notiz gemeint haben kann. Dass ein Rüssel. so eintrocknet, dass keine Spur mehr von ihm zu sehen. ist, klingt etwas abenteuerlich, zumal wenn man bei der Prä- paration sieht, dass jene Membran, von der er in der Mono- graphie spricht, eben die Mundtheile enthält. Die Mundtheile bei Ogcodes zeigen sich nun folgendermaassen: Die Ober- lippe hat noch vielmehr die Gestalt eines kurzen Sackes angenommen. Der Epipharynx und die Reste der Maxillen sind verschwunden und die Unterlippe ist zu einem kaum wahrnehmbaren Blättchen geworden. Ob wirklich eine Mund- öffnung vorhanden ist, lässt sich an dem trocknen Material nicht genau sehen, ich hoffe aber in diesem Sommer nach Untersuchungen an frischen Thieren diese Frage beantworten zu können. Herr JaekEL sprach über das Porensystem der Pel- matozoen und die Stammesgeschichte der Crinoiden. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (PoToxıE), IX, No.8—11. Leopoldina, Heft XXX, No. 1—2. _ Jahresbericht des Directors des Kgl. Geodätischen Instituts für die Zeit vom April 1892 bis April 1893. Verhandlungen des Naturhistorisch- Medizinischen Vereins zu Heidelberg. Neue Folge. V. Band, II. Heft. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. XXXVII. Jahrg., 3. u. 4. Heft. Neujahrsblatt herausgegeben von der Naturforschenden Ge- sellschaft auf das Jahr 1894. Zürich 1893. Naturhistorisches Landesmuseum von Kärnten. Diagramme der magnetischen und meteorologischen Beobachtungen zu Klagenfurt. Witterungsjahr 1893. 3* a r fe Sr | Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze Fisiche e Mate- Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar, Bd. 16, Pa r N Ta Ce Be U 98 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Mittheilungen aus dem Jahrbuche der Königl. Ungarischen Be Geologischen Anstalt. X. Band, 4. u. 5. Hof: HRen ae pest 1894. Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1894, No. 196 u. 197. matiche, Serie 2, Vol. VIII, Fasc. 1 u.2. Napoli 1894. La Notarisia, 1893, No. 6. Bulletin de la Societe Zoologique de France pour V’annde 1893. Tome XVIIL No. 1—6. Häfte 2. Journal of the Royal Microscopieal Society, 1894. Part. 1. London 1894. Bulletin .of the Museum of Comparative Zoology at Har- ward College, Vol. XXV, No. 2—4. Proceedings and Transactions of the Nova Scotian Institute of Scienee. Halifax, Nova Scotia. Session of 1891 bis 1892, II. Ser., Vol. I, Pt. 2. Proceedings of the California Academy of Sciences, II. Ser., Vol. III, pt. 2. Transaction of the Academy of Science of St. Louis, Vol. VI, No. 1—8. Psyche, Journal of Entomology. Vol. VIL, No. 213—215. U. S. Geological Survey. 11. Annual Report, 1889— 90, Pt. 1. — Geology, Pt. 2. Irrigation. Washington 1891. | | | 4 i _ Actes de la Societ& Scientifigue du Chili, Tome III, 1.u. 2. Livr. Journal of the Asiatie Society of Bengal, Vol. LXII, Part. II, No. 3, 1893. Calcutta 1893. Memorias y Revista de la Sociedad Cientifica „Antonio Alzate“*, Tomo VII (1893 — 94), No. 3—6. Mexico 1893. Si El Instructor, Jahrg. X, No.. 7—10. Sitzung vom 20. März 1894. 09 Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen: PoTosıE, H. Pseudo-Viviparie an Juncus bufonius L. (Son- derabdr. aus dem „Biolog. Centralblatt“, Bd. XIV, No. 1.) 1894. FORSYTH MAJOR, C. J. On Megaladapis Madagascariensis, an extincet gigantic Lemuroid from Madagascar; with remarks on the associated Fauna, and on its geo- logiecal age. (Sonderabdruck aus Philosophical Trans- actions of the Royal Society of London, Vol. 185, 1894). Kurtz, F. Dos Viajes Botänicos al Rio Salado Superior. (Sonderabdruck aus Boletin de la Academia Nacional de Ciencias de Cordoba, tomo XIII.) Buenos Ayres, 1893. J. F. Stercke, Berlin W, D r E Ö t „2 x LIT we NIS „ KLEE vr . + E ih 2 k ’ ITAR ET ONE. u 0 4 n er MILEY Nr. 4. 1594. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 17. April 1894. Vorsitzender: Herr DAamEs. Herr OTTO JaEkEL sprach über die Morphogenie und Phylogenie der Crinoiden (vergl. Seite 97). Trotzdem seit der grundlegenden Monographie J. S. MiLLErRS die Kenntniss der Crinoiden nach den verschieden- sten Richtungen hin eine stetige Förderung erfahren hat, sind die Ansichten über ihre systematischen Beziehungen doch heute noch so wenig geklärt, dass nicht einmal über die Fassung ihrer Hauptabtheilungen eine Einigung erzielt ist. Die Mehrzahl der Autoren haben sich der JoH. MÜLLER- schen Eintheilung der Crinoiden in Tesselata und Artieulata angeschlossen, nur dass deren Namen in Palaeoerinordea und Neoerinoidea umgewandelt wurden, mit Rücksicht darauf, dass die Vertreter der ersteren Abtheilung dem Palaeozoi- cum, die der letzteren den jüngeren Perioden der Erd- geschichte angehören. Dieser Trennung waren eine Anzahl von Unterschieden zu Grunde gelegt, welche die jüngeren Formen im Allgemeinen allerdings in einen auffälligen Gegensatz zu dem Gros der palaeozoischen Typen bringen. Der complieirte Aufbau des Kelches aus dünnen Platten und die bisweilen sehr weitgehende Unterdrückung der Pen- tamerie bei den älteren Crinoiden macht bei den jüngeren einer weitgehenden Vereinfachung und strengen Durch- = 102 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. führung der Pentamerie Platz. Aber die fortschreitende Kenntniss der fossilen Formen hat uns allmählich mit einer ganzen Reihe von Gattungen bekannt gemacht, bei denen sich jener Umbildungsprocess nicht erst auf der Grenze von Zechstein und Buntsandstein vollzogen hatte; ferner er- gaben sich unverkennbare Uebergänge zwischen Formen- kreisen jener beiden Abtheilungen, sodass schliesslich ihre Scheidung weder klar zu begründen, noch bestimmt durch- zuführen war. Während so die Gliederung der Crinoiden in Haupt- abtheilungen eine offene Frage blieb, war durch die Arbeiten F. ROEMER'S, WACHSMUTH & SPRINGER'S und v. ZITTEL'S für die Zusammenfassung der kleineren Verwandschafts- kreise eine zuverlässige Grundlage geschaffen worden. In- dess auch hier beweisen die stetigen Aenderungen der systematischen Anordnung, wie sie z. B. die nacheinander erschienenen Schriften von WACHSMUTH und SPRINGER auf- weisen, dass hier der richtige Weg zur Lösung der Haupt- fragen noch nicht betreten sein konnte. Dies muss auch von der Eintheilung M. NEUMAYER'sS gelten, mit welcher derselbe den gordischen Knoten lösen wollte. Seine zwei Hauptabtheilungen und deren Untergruppen lassen sich jedenfalls in der von ihm gegebenen Form nicht aufrecht erhalten, wenn auch seinen Auffassungen manches Richtige zu Grunde liegt. Unter diesen Umständen erschien es angebracht, die Grundlagen, auf denen sich die bisherigen Eintheilungen aufbauten, möglichst vorurtheilsfrei zu untersuchen, und durch eingehende Studien der einzelnen Organisationsver- hältnisse eine objective Beurtheilung des Crinoidenkörpers und seiner Umgestaltungen zu ermöglichen. Gelegenheit bot mir hierzu die Durcharbeitung der Crinoidensammlung des hiesigen Museums für Naturkunde, deren Werth an die Namen LeoroLp v. BucHs, JoH. MÜLLER’s und E. Bey- ricH's geknüpft ist; auch waren zahlreiche Fachgenossen des In- und Auslandes so gütig, mich mit werthvollem Materiale zu versehen. Diese Untersuchungen liessen über die wichtigeren morphogenetischen Vorgänge in der phyle- Sitzung vom 17. April 1894. 103 tischen Entwicklung der Crinoiden nicht im Zweifel und lieferten dadurch ein Beobachtungsmaterial, dessen allge- meinere Bedeutung in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht eine umfassende und einheitliche Darstellung des gesammten Stoffes wünschenswerth erscheinen lässt. Da diese Arbeit aber kaum in Jahresfrist zum Abschluss zu bringen sein wird, so möchte ich mir gestatten, an dieser Stelle vor- läufig wenigstens die systematisch wichtigen Ergebnisse in Kürze zusammenzustellen. Als das formbildende Organ des Pelmatozoenkörpers erweist sich, wie dies auch ontogenetisch zu beobachten ist, das Ambulacralsystem mit seinen fünf radiären Strahlen. Die Pentamerie desselben tritt bei den primitivsten Formen schon klar hervor, seine gelegentlich vorkommende Unter- drückung in der äusseren Gestalt ist sekundärer Natur und bedingt durch Anomalien in der Skeletbildung. Das Skelet ist ursprünglich unregelmässig und wird erst durch die dem Ambulacralsystem innewohnende Pentamerie regulär. Hinder- nisse für die pentamere Skeletirung des Körpers bilden erstens die interradiale Lage von Enddarm und After, zweitens die Kelchporen, welche sich besonders in com- plieirterer Ausbildung bei Cystideen einer radiären Aus- strahlung der Ambulacra in den Weg stellen, drittens die Stielbildung, welche zunächst eine regelmässige Anordnung der Platten am aboralen Körperpol verhindert. Die Morphogenie der Pelmatozoen beruht wesentlich auf zwei Factoren, einerseits auf der Entfaltung der er- nährenden ambulacralen Wimperrinnen, welche sich bald in Bildung freier Arme geltend macht, andererseits auf den passiven Umformungen, welche der übrige Körper zur Her- stellung eines Correlationsverhältnisses erfährt. Die gegen- seitige Wirkung dieser zwei Factoren äussert sich in den verschiedensten Formenreihen in mannigfaltigster und oft durchaus analoger Weise. Die charakteristische Form erhalten die Crinoiden durch drei Eigenschaften, erstens durch ihre Stielbildung, zwei- tens durch ihre Arme, und drittens durch die Scheidung der Kelchkapsel in eine obere, orale oder ventrale, 4* 104 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und eine untere, aborale oder dorsale Seite. Diese drei Eigenschaften entwickeln sich innerhalb der Cystoideen, und lassen sich in verschiedenen Formenreihen in allen Sta- dien verfolgen. Die Stielbildung beginnt mit einer unregel- mässig skeletirten Aussackung des angehefteten Köperpoles und führt schon innerhalb verschiedener Formenkreise der Cystideen zu einer Bildung der charakteristischen Stiel- glieder und zu einer scharfen Scheidung von Stiel und Kelch. Die Entwicklung der Arme und einer Kelchdecke zwischen ihnen vollzieht sich sehr viel complicirter. Die Entwicklung freier Arme als Träger der ernähren- den Wimperrinnen erscheint als die Folge der sitzenden Lebensweise der Pelmatozoen. Dieselbe fehlt noch einem Formenkreise, den wir auch aus seinen sonstigen Organi- sationsverhältnissen heraus für äusserst primitiv zu halten genöthigt sind, bei Formen wie Oytaster, Agelacrinus, Gompho- cystites, Cyathoceystis, die dadurch als systematische Ein- heit in einem scharfen Gegensatz zu allen übrigen arm- tragenden Pelmatozoen stehen. Eine Verlängerung der Ambulacralrinnen erfolgt bei ihnen nur in primitivster Weise durch spirale Eindrehung derselben am Körper (Agelaerinus und @omphocystites). Die bei allen übrigen Pelmatozoen eingetretene Aus- bildung freier Arme erfolgt auf zwei verschiedenen Wegen. Entweder sehen wir, wie dies bei den Blastoideen und ihren Vorfahren ') der Fall ist, kleine Aermchen in grosser Zahl als Seitenäste der radiären Ambulacra entfaltet, oder wir sehen die Ambulacra grösstentheils über den Körper er- hoben. Das letztere Verhältniss wird angebahnt von den Sphaeronitiden, innerhalb deren sich eine Concentrazion der Armansätze nach dem Munde zu geltend macht. Während hier schon in Folge der ungleichen Spaltung der Am- bulacra auf dem Kelch die pentamere Anordnung der Skelet- !) Ausser Mesites rechne ich namentlich hierher zwei neue Formen aus dem Untersilur von Reval, welche nur in den langen Ambulacren eine regelmässige Anordnung der Plättchen zeigen, die ihrerseits die Gelenkflächen für die Aermchen und innerhalb derselben mehrere Porenpaare aufweisen, Sitzung vom 17. April 1894. 105 bildung sehr zurücktritt, verschwindet dieselbe fast gänz- lich bei den Caryocystiden, deren Armansätze auf den denkbar engsten Raum zusammengedrängt sind. Innerhalb der Caryocriniden nun lässt sich in klarster Weise verfolgen, wie die bei den ältesten Formen ganz zusammengedrängten Armansätze auseinanderrücken. He- micosmitiden aus dem tieferen baltischen Untersilur und von Cabrieres zeigen die Arme ganz zusammengedrängt, und deren Zusammentritt am Munde von einigen wenigen Plättchen bedeckt. Bei der von F. RoEMER aus höheren Schichten von Tenesse beschriebenen und als Caryocrinus Roemeri zweckmässig neu zu benennenden Form sind die Arme schon etwas auseinander gerückt, so dass sich eine hori- zontale Fläche zwischen ihnen bildet. Der After, der bei Hemicosmites noch an der Seite des Kelches lag, ist in die Höhe der Armansätze heraufgerückt. Bei Caryoerinus or- natus SAY aus dem oberen Silur von Lockport endlich ist eine obere Seite als Kelchdecke wohl entwickelt, und scharf von dem unteren, conischen Kelch geschieden. Der After liegt hier nun innerhalb der Kelchdecke, aber nicht die Kelchporen, welche noch im eigentlichen Kelch ge- legen sind. Sehr interessante Bildungsvorgänge vollziehen sich in der Entwicklung und Vertheilung des Porensystemes. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Kelchporen der Cystideen ebenso wie die in der Kelchdecke der lebenden Crinoiden zum Eintritt von Meerwasser in Spalträume des Mesenchyms dienen, in denen dasselbe zur Speisung des Ambulacralsystems in eine Iymphöse Körperflüssigkeit um- gewandelt wird. Die Complizirung der Durchtrittscanäle im Skelett zu mannigfaltig gebauten Röhrensystemen, wie sie bei Cystideen und Blastoideen in mannigfalltigster Weise erfolgt, dient immer dem gleichen Zweck wie die Madre- porenplatte der übrigen Echinodermen, nämlich der Filtra- tion des eintretenden Wassers. Ursprünglich sind die Poren auf die ganze Körperfläche vertheilt, mit ihrer Com- plication im Einzelnen vermindert sich ihre Zahl, d. h. die Poren lokalisiren sich an mehr oder weniger zahlreichen 106 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Stellen. Bei der Kräftigung des aboralen Kelchskeletes als Träger der Arme verschwinden bei den Crinoiden die Poren schliesslich ganz aus dem unteren Kelch!) und rücken auf die zwischen den Armansätzen entstandene Kelchdecke. Die Bildung einer einzigen der „Madreporenplatte“ ähn- lichen Siebplatte an der Basis des Analtubus bei Cyatho- crınus ist nur als ein vorübergehender Durchgangsprocess in dem Entwicklungsgange der Fistulata und Articulata J. MüLr. aufzufassen, welcher aber seiner Einfachheit wegen in der Ontogenie von Antedon in der Bildung eines einzigen Rückenporus reproduceirt wird. Wenn man nun Cystideentypen wie den Caryocri- niden und Ascocystiden (Ascocystitess BARR.) gegenüber den Begriff der Crinoiden systematisch abgrenzen will, so kann man dies nur darauf basiren, dass bei den Crinoiden die Platten der aboralen Kelchkapsel in ein regelmässiges Correlationsverhältniss zu den Armen getreten sind, derart dass jeder Arm auf der Mitte einer grossen oder einer Anzahl unter einanderliegender Platten ruht, in deren An- ordnung das Gesetz der Pentamerie herrschend ist. Nicht in Betracht kommen hierbei die zur Bedeckung des End- darmes zwischen dem fünften und ersten Radius einge- schalteten Analplatten, ebensowenig wie diejenigen Platten, welche bei den vielplattigen Crinoiden irregulär zwischen allen jenen armtragenden Platten gelegen sind. Ferner wird die pentamere Anordnung in dem Verhältniss der Arme zum Munde hergestellt, aber die nahezu unerschöpf- liche Wandlung, welche sich in den verschiedenen Formen- reihen geltend macht, verleiht selbst diesen zuerst ent- scheidenden Eigenschaften keinen dauernden und deshalb systematisch durchaus gültigen Werth. Bei den aberranten schief gewachsenen Calceocriniden geht die pentamere Gleichwerthigkeit der Arme sekundär verloren, bei den Triacriniden wird die Anordnung der armtragenden Platten der aboralen Kelchkapsel irregulär, bei Actinometra rückt der Mund aus dem Centrum der ‘) Ausser Porocrinus besitzt z. B. auch Corymbocrinus. noch dorsale Kelchporen. Sitzung vom 17. April 1894. 107 Kelchdecke, und bei Hypocrinus rücken die Armansätze wieder so zusammen, dass eine orale Kelchfläche kaum noch vor- handen ist, der After aus der Oralfläche herausrückt, und die Platten der aboralen Kelchkapsel zahlreiche Poren auf- weisen. Auch die an sich sehr charakteristische, kräftige Entwiklung der Arme bildet in ihrer Gesammtheit nicht ein einziges Merkmal, welches die Crinoiden stets scharf gegen die Cystideen und Blastoideen abgrenzt. Wie mannigfaltig aber auch der Entwicklungsgang der einzelnen Organe sein mag. jedenfalls muss man als ent- wicklungsgeschichtliches Ausgangsstadium aller Crinoiden das Factum festhalten, dass die Armansätze auseinander- rücken und sich im Kreis um den Mund stellen, dass da- durch im Kelch eine Scheidung in eine obere orale oder ventrale und eine untere aborale oder dorsale Seite ent- steht, welche zum activen Träger der Arme wird, während jene in ihrer Passivität zum Durchtritt des Afters und der Kelehporen dient. Die weitere Gestaltung des Urinoiden- körpers hängt wesentlich von der Entwicklung der Arme ab. Erst durch die pentamere Anlage der letzteren wird der aborale Kelch im pentameren Sinne regulär. Die unteren Kelchkränze bleiben davon häufig unbeeinflusst und erscheinen vier-, drei- oder zweitheilig. Nur da, wo die Pentamerie im Kelch bis in die untersten Täfelchen hinein scharf durch- geführt ist, überträgt sie sich auch auf die äussere Form des Stieles, während sie in den inneren den Stiel durchziehen- den Axialgefässen sehr häufig zu beobachten ist. Der üblichen Homologisirung der schliesslich pentameren Kelchelemente, z. B. von Marsupites, mit den Scheitelplatten von Echiniden fehlt jede morphogenetische Grundlage. Unter Zugrundelegung der Auffassung, dass der Aus- gang für die Entwicklung der Crinoiden die Herstellung einer in pentamerem Sinne erfolgenden Correlation zwischen Armen und Kelch ist, werden sofort die beiden Arten der Arm- entwicklung verständlich, welche uns thatsächlich in der Organisation der Crinoiden von Anfang an entgegentreten. Einmal nämlich gehen an 5 Stellen die Ambulacralstämme vom Körper ab und sind dann stets von 5 grossen Kelch- 108 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. platten — Radialen — getragen, welche bis auf eventuell vorhandene Analplatten einen geschlossenen Kranz bilden und auf zwei oder einem alternirend gestellten Kränzen (Basalia) stehen. Die letzteren dienen dazu, Druck und Spannung von den Armen nach unten auszugleichen und können ganz verschwinden, wo sie, wie bei stiellosen For- men (Antedoniden oder Saccocoma), jene Function verlieren. Der Gegensatz zu dieser Arm- und Kelchbildung findet sich bei zahlreichen, wesentlich palaeozoischen Crinoiden, bei denen sich durch Spaltung der 5 Ambulacralstämme in jedem Radius mehrere zunächst unter einander gleich- werthige Arme vom Körper abgliedern und wiederum zu- nächst — dieses Verhältniss ändert sich erst allmählich bei einigen der jüngsten Formen — in jedem Radialfelde eine entsprechende Zahl nebeneinander liegender verticaler Plattenreihen zum Träger der Arme wird. Die Zuspitzung des Kelches nach dem Stielansatz zu bedingt, dass sich. die Plattenreihen nach unten durch Auskeilen verringern, was in der Weise erfolgt, dass je zwei benachbarte Reihen convergiren und auf axillaren Gliedern zusammenstossen. Die circulare Vertheilung der radialen Spannungsrichtungen über dem Stielansatz geschieht auch hier durch einen oder zwei alternirende Basalkränze. Wenn man von der selbständigen Entwicklung dieser zwei Crinoidentypen ausgeht, so ergiebt sich eine Anzahl durchgreifender Verschiedenheiten, und man überzeugt sich bei der phylogenetischen Verfolgung der einzelnen Formen- reihen sehr bald, dass beide Abtheilungen sicher und leicht auseinander zu halten sind, und dass sich dadurch die Auf- fassung ihrer morphologischen Charaktere ausserordentlich vereinfacht. Allerdings schafft in beiden Abtheilungen das Correlationsbedürfniss bei ähnlicher Armentwicklung nicht selten ähnliche Formen, aber solche Fälle sind stets leicht als Convergenzerscheinungen zu erkennen, wenn man die- selben in ihrem phyletischen Zusammenhange betrachtet. Ein Platyerinus zeigt freilich dieselbe Zusammensetzung der Kelchplatten wie z. B. Hyoerinus, und seine 5 grossen arm- tragenden Platten scheinen auf den ersten Blick dem arm- Sitzung vom 17. April 1894. 109 tragenden Platten der Fistulata« homolog. Betrachtet man aber die Entwicklung von Platyerinus aus Marsupiocrinus durch Formen wie Uukcoerinus, so kann die Deutung seiner grossen armtragenden Platten nicht zweifelhaft sein: die- selben sind homolog den untersten radialen Platten eines vielarmigen und vielplattigen Vorfahren aus der zweiten der obigen Abtheilungen. Von einer Homologie mit dem typischen Radiale eines Fistulaten kann keine Rede sein. Die grosse armtragende Platte von Platyerinus ist nur das Anologon jener Radialia ebenso wie der sogenannten Gabel- stücke der Blastoideen. Auf der anderen Seite verbreitern sich die unter- sten Glieder der kräftig entfalteten Arme bei den Po- teriocriniden so, dass sich der morphologische Gegensatz zwischen den grossen Radialien und den unteren Arm- gliedern allmählich verwischt und die Grenze zwischen Armen und Kelchkapsel äusserlich nicht mehr sichtbar ist. Deswegen bleibt aber doch die unterste der radialen Platten das „Radiale“ und die darüber liegenden echte „Brachialia“. Dies gilt dann auch für die Articulata JoH. MÜLLER’s, bei denen sich unter der zunehmenden Kräftigung der Arm- ansätze die Kelchdecke ganz aus ihrer ursprünglichen Ver- bindung löst und sich, indem die vorher zur Erweiterung des zusammengedrückten Kelches entwickelte Proboseis wieder in diesen zurücksinkt, hoch zwischen den Armen er- hebt. Die primäre Form des Artikulatenkelches wird, wie über- haupt die wichtigsten Etappen dieses Entwicklungsganges, auch in der Ontogenie von Antedon und Pentacrinus repro- ducirt. Die auf das Palaezoicum beschränkten Artieulosa (Arti- culata W. Sp.) weisen nun einen ganz analogen Entwicklungs- gang auf und man ist auch bei diesen Formen nicht be- rechtigt, die unteren Armglieder, auch wenn sie secundär in die Kelehwandung gerückt sind, deswegen als Homologa der radialen Kelchplatten der Camerata W. Sp. zu betrachten und mit der gleichen Bezeichnung zu versehen. Dass bei Gruettardierinus, einem Apiocriniden des französischen Dog- gers, die Aufnahme interradialer Platten in den Kelch und damit eine morphologische Annäherung an die Camerata 110 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. secundär entsteht, konnte niemals ernstlich in Frage ge- stellt werden. Die beiden sich hiernach ergebenden Unterabtheilungen der Crinoiden möchte ich als Pentacrinoidea und Clado- cerinoidea bezeichnen, die ersteren wegen ihrer in der Arm- entfaltung und dem Kelchbau ausgeprägten Fünftheiligkeit, die letzteren wegen der Verzweigung (vAados — Zweig, Strauch) ihrer Ambulacra, welche zur Abgliederung zahl- reicher Arme vom Kelch führt und auch in der Anordnung der armtragenden Kelchplatten das Bild der Verzweigung hervorruft. Um eine Charakterisirung dieser Formenkreise zu er- leichtern, ist zunächst die Aufstellung einer den obigen Gesichtspunkten entsprechenden Terminologie der Skelet- theile nothwendig. Was zunächst die Bezeichnung der fünf Radien betrifft, so folge ich dem in der Zoologie üblichen Modus, dass man von der Mittelaxe des Thieres aus den rechts vom Anus gelegenen Radius als I bezeichnet und dann der Drehung des Darmes folgend nach rechts weiter zählt, so dass der links ven dem After gelegene Radius der Vte ist und der durch den After gekennzeichnete Inter- radius als V--I zu bezeichnen ist. Entsprechend dieser Zählweise stelle ich die Analseite (sowie den Radius I) nach vorn, was für die Analyse der complicirter gebauten älteren Formen noch wesentlich mehr Vortheile bietet, als für die lebenden. Bei den Pentacrinoiden bezeichne ich die grossen arm- tragenden Kelchplatten als „Radialia“ (R), alle über den- selben gelegenen äusseren Armglieder’als „Brachialia“ (Br), auch wenn dieselben secundär zur seitlichen Umgrenzung der centralen Weichtheile dienen.‘) Die interradial unter den Radialien gelegenen Stücke heissen „Basalia“ (B), die alternirend unter diesen gelegenen „Infrabasalia* (IB). Die 5 interradial den Mund umstehenden Stücke nenne ich !) In meiner Arbeit: Ueber Holopocriniden ete. Zeitschr. d. dtsch. geolog. Gesellsch. 1891, Bd. XLIII, p. 579, habe ich diese Benni chnung noch nicht consequent wie hier angewendet, da mir die vorstehen entwickelten Homologieen damals noch nicht klar geworden waren, Sitzung vom 17. April 1894. 111 „Oralia*“ (O), die dieselben mit den Radialien verbindenden Plättchen „Suboralia“ (S O). Im Gegensatz hierzu bezeichne ich bei allen Clado- cerinoiden die untersten radial gestellten Platten bis zur ersten Theilung als „Costalia* (C), die folgenden bis zu ihrer nächsten Theilung als „Dicostalia* (D C), die folgen- den als „Tricostalia“ (TC) ete. Die zwischen den Platten- systemen je zweier Radien gelegenen Kelchtheile sind „Intercostalia* (TC), die. zwischen den Dicostalien ge- legenen Platten sind „Interdieostalia* (ID C) u. s. w. Durch eine in der Zeile zugesetzte Zahl wie C5 wird die Zahl der Platten eines Systemes, durch eine hochgerückte Zahl die Höhenlage der Platten einer Art angegeben. Da alle radialen Glieder stets in einer Reihe liegen, so be- zeichnet bei diesen ein solcher Index zugleich die betref- fende Platte selbst. Um hier ein Beispiel zu nennen, be- zeichnet C? das dritte gewöhnlich axilläre Costale, IC? aber die sämmtlichen Platten, welche in der Höhe von C? liegen. Die Platten der Kelchdecke sind bei den Clado- erinoideen nach keinem allgemein gültigen Plane angeord- net und können daher keine allgemeinwerthige Terminologie beanspruchen. IC1!2?3? bedeutet, dass ein Intercostale zwischen C!, zwei zwischen ©? und ebenso viel zwischen C? liegen. Die Platten des analen Interradius sind durch ein zugesetztes A, also AIC, kenntlich zu machen, z.B. bei Hexacrinus AIC1'. So klar sich in phylogenetischer Hinsicht die beiden Abtheilungen auseinander halten lassen, so schwer ist es, durchgreifende Unterschiede für dieselben als systematische Merkmale anzugeben. Man muss dabei den entwicklungs- geschichtlichen Begriff einer „primären Kelchkapsel“ in Kauf nehmen, welche bei der Mehrzahl der lebenden Cri- noiden nur noch in deren Jugendzustand vorhanden ist. Von dieser gehen bei den Pentacrinoiden im Anschluss an 5 in der Regel offene Ambulacralrinnen 5 Arme aus und werden von 5 grossen, einen Kranz bildenden Radialien getragen. Bei den Cladocrinoiden gehen in jedem Radius von verzweigten und jedenfalls bei den jüngeren Formen 112 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. fest überdachten Ambulacralcanälen mehrere Arme aus, welche auf abwärts convergirenden Reihen kleiner Platten ruhen. Bei den Cladocrinoiden sind primär interradiale Kelchplatten vorhanden und werden nur sekundär aus den unteren Theilen des Kelches verdrängt, bei den Pentacri- noiden fehlen dieselben ursprünglich und treten nur unter besonderen Umständen sekundär in nachpaleozoischer Zeit in den Verband des aboralen Kelches ein. Im Analinter- radius, d. h. zur Bedeckung des aufsteigenden Enddarmes liegen die Platten hier häufig schräg vom Radius V. aus nach oben ansteigend, während bei den Uladocrinoiden dies nicht der Fall ist, sondern der Interradius V—I nur ver- breitert erscheint durch Einschaltung einer verticalen Platten- reihe. Die Platten der Kelchdecke (auch die des Analtubus) sind bei den Cladocrinoideen unregelmässig im Sinne der Pentamerie angeordnet, während bei den Pentacrinoiden 5 Oralia mindestens in der Jugend die Kelchdecke pentamer gestalten. | Ein durchgreifender Unterschied zeigt sich in der Ent- wicklung der Arme. Bei den Cladocrinoiden sind die- selben meist zweizeilig wie bei den Blastoideen und COysti- deen, aber zum Unterschied von den letzteren giebt jedes Armglied einen kleinen, rechtwinklig abgehenden Seiten- zweig, eine echte „Pinnula* ab. Bei weitgehender Kräfti- gung der Arme, wie bei den Carpocriniden, werden die- selben bisweilen einzeilig, wobei dann das einzelne Glied nicht selten jederseits zwei Pinnulae abgiebt. Ein solcher Vereinfachungsprocess lässt sich in den Seitenarmen der Melocriniden oder den Hauptarmen der Rhodocriniden phy- logenetisch verfolgen. Die obere und untere Gelenkfläche der Glieder sind einander stets parallel. Die Arme der Pentacrinoiden sind ursprünglich ein- zeilig und tragen niemals echte Pinnulae. Ihre Erweiterung erfolgt durch Gabelung, wobei die Aeste zunächst einander gleichwerthig sind und erst sekundär verschieden werden, indem sich die innersten (oder äussersten) Aeste stärker entwickeln und zu Trägern der Nebenäste werden. Indem die letzteren klein und gleichmässig gestellt werden, er- Ei ; Sitzung vom 17. April 1894. 113 halten sie den Charakter von Pinnulis, sind aber stets an der Art ihrer Abzweigung als Seitenäste „Ramuli“ zu er- kennen. Jedes Glied kann hier immer nur einen Seiten- zweig tragen. Erst die volle Entwicklung der Pinnulae-ar- tigen Ramuli führt hier durch seitliche Zusammendrängung der Armglieder zur Zweizeiligkeit und zwar nur innerhalb der Poterioeriniden und einiger jüngerer Formen. Bei höherer Entwicklung der Arme kommt es hier zur Bildung eines intraskeletären Axialcanales in den Armgliedern. Ich will im Folgenden versuchen, eine Uebersicht über die phylogenetische Entwicklung und den Inhalt der beiden Abtheilungen zu geben, und beginne mit der älteren und entschieden primitveren Ordnung der Cladocrinoidea. So scharf sich auch die jüngeren Familien der Clado- crinoidea, wie namentlich die Platycriniden, Actinocriniden') und Melocriniden von einander absondern, so schwer ist es, die älteren Formen, wie z. B. Archaeocerinus, Reteocrinus, Xenoerinus u. a. auf die später erst klar geschiedenen Ent- wicklungsreihen zu vertheilen. Man hat meines Erachtens diese Schwierigkeit nicht gelöst, sondern nur umgangen, in- dem man jene z. Th. schon recht verschieden gebauten Formen in besondere Familien stellte. Es scheint, dass die für die Gliederung der jüngeren Familien jedenfalls sehr wichtige Anordnung der Basaltafeln und ihres Ver- hältnisses zu den Costalia bezw. Intercostalia prima erst all- mählich ihre systematisch verwertbare Constanz erlangt hat, und dass namentlich bei älteren Formen ziemlich regel- lose Verschmelzungsvorgänge der dem Stiel aufruhenden Plättchen eintraten. Derartige Fälle erschweren naturge- mäss eine Beurtheilung dieser Crinoiden sehr und machen vor der Hand eine Darstellung dieser Verhältnisse ohne Abbildungen und eingehende Besprechungen unmöglich. Ganz allgemein zeigt sich in den verschiedensten For- menreihen eine allmähliche Vereinfachung der unteren Kelch- ‘) Ich nehme diese und die nächst genannte Familie in einem engeren Sinne, als dies namentlich von Seiten WACHSMUTH’s und SPRINGER 'S geschehen ist. 114 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. kapsel'!) und eine Erstarrungder Kelchdecke zu einem festen Gewölbe, ebenfalls unter Reduction ihrer Plattenzahl. Die ausschlaggebenden systematischen Charaktere liegen daher besonders in der Anordnung der Basalia, dem Bau des Analinterradius und der Ausbildung und Stellung der Arme. Wenn ich mir trotz der obengenannten Bedenken einige vorläufige Bemerkungen zu der letzten von WACHSMUTH und SPRINGER gegebenen Anordnung der Camerata erlauben darf, so würde es mir zweckmässig scheinen, die Abaco- ceriniden mit Einschluss von Polypeltes und Corymbocrinus als Ausgangspunkt der Melocriniden im engeren Sinne und Calyptocriniden zu betrachten und diese drei von den Acti- nocriniden zu trennen. Letzteren würde ich u. A. die Carpo- criniden und Barrandeoerinus unter- und Formen wie Briaro- crinus, Stelidiocrinus, Patelliocrinus und Macrostyloerinus nebenordnen als Parallelreihen, welche ebenso wie die Hexacriniden und Platycriniden oder die Glyptasteriden und Rhodocriniden wesentlich nur durch die verschiedene Ent- wicklung des Änalinterradius von einander geschieden wären. Der leidernoch ganzisolirte Urntaerinus kann wohl vorläufig bei den Rhodocriniden untergebracht werden, Aeroerinus stellt jedenfalls einen ganz degenerirten Typus dar, der sich wohl von Actinocriniden abgezweigt haben mag. Pentacrinoidea. Von der primären Kelchkapsel gehen 5 Arme aus, welche von 5 grossen Radialen getragen werden. Die Ambulacralrinnen werden von Reihen kleiner Plättchen ein- gefasst; zwischen denselben liegen auf der Oralseite der primären Kelchkapsel 5 Oralia. Die ursprünglich und in der Regel einzeiligen Arme gabeln sich dichotomisch oder durch Abgabe kleiner Seitenzweige, besitzen aber keine echten Pinnulae. Der Enddarm steigt vom Radius V nach rechts oben auf, die bei den älteren Formen vorhandenen Analplatten sind dementsprechend meist schräg interponirt. Die bisher bekannt gewordenen Pentacrinoideen, deren Erhaltungszustand eine Beurtheilung ihres gesammten Skelet- baues gestattet, lassen sich, wie ich glaube, zweckmässig !) Eine Ausnahme macht der später genannte Acrocrinus. : Sitzung vom 17. April 1894. 115 in 5 Unterordnungen zerlegen, die ich als Fistulata, Costata, Larvata, Articulosa und Articulata bezeichnen möchte. Die Fistulata bilden den Ausgangspunkt für die vier übrigen Abtheilungen, welche selbstständige, z. Th. parallele Ent- wicklungsrichtungen einschlagen. Die erstgenannten treten im tiefen Untersilur auf, die Costata, Larvata und Articulosa im oberen Silur, die Artieulata an der oberen Grenze des Palaeozoicums. In den jüngeren Formationen erhalten sich neben ihnen nur die Cositata. Aus diesen beiden Abthei- Inngen gehen die höchst entwickelten Pelmatozoen hervor. Die Fistulata möchte ich etwas anders definiren. als dies WACHSMUTH & SPRINGER und J. A. BATHER gethan haben. Vor allem möchte ich Werth darauf legen, dass die primäre Kelchkapsel dauernd erhalten bleibt, und die 5 grossen Radialia den wesentlichsten Antheil an ihrer seitlichen Umwandung haben, und dass die Arme ge- gabelt sind. Den Typus dieser Unterordnung bilden die Cyatho- eriniden, von deren typischen Formenkreisen vor allem die Poteriocriniden und durch diese auch die Articulaten JoH. MÜLLER's abstammen. Ausser den Cwyathocrinites, Dendrocrinites, Botryocrinites und Eusperoerinites möchte ich namentlich folgende Gattungen als Typen von Unterfamilien hierher stellen: Porocrinus, Crotalocrinus, Lophocrinus, Codia- erinus, Hypocrinus und Marsupites. Die Poteriocrinidae, die im Carbon einen so erstaunlichen Formenreichthum entwickeln, dürften von den Botryocriniten herstammen und sich durch regelmässige Entfaltung ihrer Ramuli und die Kräftigung ihrer Armansätze noch am besten von ihren älteren Verwandten unterscheiden. Sie bilden eine morpho- logisch ziemlich eng umgrenzte Familie, in der nur wenige Formen, wie Zeacrinus, Uromyocrinus, sich etwas weiter von dem Gross der Poteriocriniten im engeren Sinne entfernen und vielleicht die Aufstellung besonderer Unterfamilien rechtfertigen. Als eine frühzeitig entwickelte, aber schnell aberrirende Reihe erscheinen die Heterocrinidae, worunter ich diejenigen Fistulaten zusammenfassen möchte, in denen die Arme 116 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. schnell zu einer hohen Entfaltung gelangen, aber das Cor- relationsverhältniss derselben zum Kelchbau in der Regel nicht hergestellt wird. Aus diesem Missverhältniss resul- tiren z. Th. sehr irregulär gestaltete Typen, wie die Ano- malocriniten und Calceocriniten. Aber auch bei denen, welche regelmässig gebaut sind, wird das anscheinend zu höherer Entwicklung nothwendige Verhältniss, dass jeder Arm auf einem Radiale ruht, in der Regel nicht erreicht. Unter diesen Umständen ist eine grosse Inconstanz des Kelchbaues für diesen Kreis charakteristisch. Die Arme entwickeln sich allgemein ziemlich hoch, sie gabeln sich häufig, haben verästelte Seitenzweige und verdicken sich nach unten so, dass sie sich selbst über die erst viel später entfalteten Poteriocriniden erheben und vor allem auch ihre Kelchkapsel dadurch wenig hervortreten lassen. Wo diese äusserlich ihre Individualisirung verliert, entwickelt sich gewöhnlich ein grosser Analtubus. Gerade der Umstand, dass sich diese Charaktere hier so früh entwickeln, um ebenso schnell wieder zu verschwinden, lässt diesen For- menkreis leicht von den vielfach ähnlichen Cyathocriniden und Poteriocriniden trennen, in denen jene Entfaltung später, langsamer und im anderen Verhältniss zu dem Kelch erfolgt. Den Ausgangspunkt bilden hier die Heterocriniten mit Gattungen wie Jocerinus, Heterocrinus, Eetenoerinus. Ohio- crinus. Von ihnen möchte ich sowohl die Anomalocriniten wie die Calceocriniten als aberrante Typen ableiten. Die Gattung Belemnoerinus könnte einem aufsteigenden Ast dieser Entwicklungsreihe angehören. Als Larvata möchte ich die Familien der Haplocrini- den, Triacriniden, Gasterocomiden, Cupressocriniden und Sym- bathocriniden zusammenfassen. Dieselben stimmen darin über- ein, dass ihre Arme ungetheilt sind aber fast die ganze Breite desKelchumfanges einnehmen und die Stielglieder in der Regel sehr hoch sind, dass ferner die stets in ihrer primären Gestalt erhaltene Kelchkapsel sehr einfach gebaut ist, die Kelchdecke in der Hauptsache aus 5 Oralien gebildet ist, und der Kelch der analen Platten entbehrt, Die Kelch- Sitzung vom 17. April 1894. 117 kapsel ist meist dünnwandig und nimmt dann die centralen Weichtheile vollkommen in sich auf; nur bei extremer Ver- diekung des Skeletes bildet sich ein Analtubus. Sehr charackteristisch ist für diesen Formenkreis die unregel- mässige Entwicklung seines Kelchskeletes, welches in Piso- crinus und Triacrinus typisch hervortritt und in Formen wie Calycanthocrinus, Catilloerinus und Mycocrinus seinerseits wieder zu einer unter den Pentacrinoiden einzig dastehenden Vermehrung der armtragenden Platten und der Arme selbst führt. Veranlassung zu diesem eigenartigen Umgestaltungs- process der Kelchkapsel gab wahrscheinlich ein ursprüng- liches Verhältniss des Kelchbaues, wie es die älteren Hetero- criniden in der Theilung der Radialia aufweisen, und wel- ches innerhalb der Larvata auch bei den Haplocriniden erhalten ist. Die reguläre Zusammensetzung des Kelches bei den Cupressocriniden möchte ich auf die kräftige, zur Regelmässigkeit drängende Entfaltung dieses Formenkreises schieben, und unter dem gleichen Gesichtspunkt den Con- solidirungsapparat wie L. SCHULTZE wirklich nur als Stütz- skelet für die Armmuskulatur betrachten. Die sonst uner- klärlich apentamere Anlage des Axialkanales im Stiel bei äusserer Regularität des Skeletes wird bei einer Ableitung der Cupressocriniden von den Triacriniden verständlich. In ihrer Gliederung möchte ich wesentlich den Anschau- ungen WACHSMUTH’S und SPRINGER’S, sowie F. A. BATHER’s folgen und vier Familien als Haploerinidae, Triaerinidae ( Pisoeri- nus, Triacrinus, Calycanthocrinus, Catilloerinus, Myrtillocrinus), Gasteroconidae, Cupressocrinidaeund Symbathocrinidae (Symbatho- crinus, Styloerinus, Stortingocrinus, Lageniocrinus) unterscheiden. Als Costata fasse ich diejenigen Formenkreise zu- sammen, in denen die Arme alternirende Seitenäste ab- geben, welche ungetheilt sind und z. Th. zur Aufnahme der Geschlechtsstoffe dienen, und bei denen der in der Regel dünnwandige geräumige Kelch nur aus einem Kranz grosser Radialien und einem dreitheiligen oder einheitlich ver- schmolzenem Basalkranz besteht. Analia und Proboseis fehlen. Die Kelchdecke ist sehr einfach aus 5 Oralien und eventuellen Soboralien gebildet. 4* 118 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Die Costata sind der einzige Formenkreis, welcher sich neben den hochentwickelten Artieulaten bis zur Gegenwart behauptet hat, und dies ist besonders deshalb interessant, weil die Organisation seiner Vertreter sich z. Th. recht weit von der der höchst entwickelten Pentacrinoiden ent- fernt. Es sind im Allgemeinen zierliche Formen, die ruhige Meerestiefen lieben und für diese vielleicht sogar vortheilhafter organisirt sind, als die Articulaten. Den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Costata bilden vielleicht die untersilurischen, aber leider sehr un- vollständig gekannten Hybocriniten mit FAiyboerinus und Hoplocrinus, wenigstens zeigt ihr Kelchbau auffallende Be- ziehungen zu den echten Vertretern dieser Unterordnung. Als solche möchte ich eine neue im Ober-Silur und Devon verbreitete Familie bezeichnen, welche ich demnächst an anderer Stelle charakterisiren werde,!) und welche den besten Uebergang bildet zu den jüngeren Formen, welche bisher z. Th. recht isolirt erscheinen. Diese dürften sich in die Familien der Phecatocrinidae, Rhizoerinidae, Hyoerinidae und Saccocomidae eintheilen lassen. Auch der unvollständig gekannte Coceoerinus ist vorläufig hier einzureihen. Die Unterordnung der Articulosa (= Articulata W. sp.) bildet eine interessante Parallelreihe zu den Articulata JoH. MüLter’s. Auch bei ihnen führt die kräftige Entwicklung der 5 Arme zu einer Auflösung der primären Kelchkapsel, welche ganz analog derjenigen bei den Articulaten erfolgt. Die Entwicklung der Arme selbst vollzieht sich dagegen ganz anders als bei den letztgenannten, und verleiht ihnen dadurch einen ganz besonderen morphologischen Charakter. Dieselben sind einrollbar und ihre Längserweiterung wird entweder durch eine gleichartige, bisweilen häufig wieder- holte Gabelung oder durch die Abgabe von Seitenästen herbeigeführt, welche indess niemals, wie bei den Artieu- lata, die Bedeutung von Pinnulis erlangen. Die Einrollbar- keit der Arme zusammen mit deren kräftiger Gestaltung führt zu einer sehr differenzirten Ausbildung ihrer Gelenk- !) Damzs und Kayser. Palaeont. Abhandlg. Sitzung vom 17. April 1894. 119 flächen und zu einer weitgehenden Plastieität des gesammten Kelches. Indem sich die unteren Armglieder wie bei den Artieulaten verbreitern und sammt den Radialien und Ba- salien kräftig verdicken, führen sie ebenso wie bei den Articulaten eine Loslösung der Kelchdecke aus dem ur- sprünglichen Verband der primären Kelchkapsel herbei. Dieselbe erhebt sich auch hier zwischen die proximalen Theile der Arme und wird der Beweglichkeit des Kelches entsprechend zu einer fein getäfelten biegsamen Decke. Bei einem Exemplar von Ichthyoerinus von Dudley, an dem ich sie zur Hälfte in natürlicher Lage freilegen konnte, ist sie aus kleinen schwach sculpturirten Plättchen zusammengesetzt und reicht etwas über die zweite Gabelung der Arme. Diese Kelchdecke gleicht auffallend den (über den Ambu- lacralrinnen) geschlossenen Kelchdecken von lebenden Co- matuliden und Pentacriniden, wie sie sich in diesem Zu- stande auch fossil finden. Das Vorkommen grösserer Plätt- chen in der Mitte, wie es WACHSMUTH und SPRINGER bei Taxocrınus beschreiben, würde sein Analogon z. B. in der Kelchdecke von Holocrinus Wagneri finden. Die enge phyletische Zusammengehörigkeit dieses For- menkreises macht sich auch darin geltend, dass abgesehen von einzelnen Anomalien zwei Basalkränze, ein oberer von 5, ein unterer von 3 Stücken, vorhanden sind. In der Anordnung der Analplatten tritt bei verschie- denen Formen die Verwandtschaft mit den Fistulaten noch klar hervor, indem die für die Cyathocriniten charakte- ristische Interpolation z. B. regelmässig bei Lecanoerinus und Pyenosaceus, seltener bei Taxocerinus wiederkehrt. Die Articulosa sind in geringer Ärten- und Individuen- Zahl vom Ober-Silur bis zum Kohlenkalk verbreitet (Uinta- erinus kann ich nicht, wie WACHSMUTH und SPRINGER an- nehmen, als hierher gehörig betrachten.) Ich unterscheide innerhalb der Articulosa drei Familien, als Lecanoerinidae, Ichthyocrinidae und Taxocrinidae. Die Lecanocriniden sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Kelchkapsel noch den Cyathocrinidencharakter auf- weist, während ihre sehr verbreiterten Arme sich nur wenig 4** 120 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. dichotomisch spalten und überhaupt dünn und schwach ent- wickelt sind. Die Ichthyocriniden besitzen insofern einen sehr eigen- thümlichen Bau der Arme, als diese sich sehr regel- mässig gabeln und den Raum um den Kelch herum voll- kommen ausfüllen, so dass die geschlossenen Armzweige einander vollkommen parallel erscheinen. Die Armglieder bleiben dabei dünn und zierlich. Die Taxocriniden stellen das Extrem der articulosen Entwicklung dar, indem ihre Arme ungemein kräftig und beweglich werden und sich in mannichfaltiger Weise ver- gabeln und verzweigen. Die primäre Kelchkapsel erscheint hier vollkommen aufgelöst; die Kelchdecke liegt hoch zwischen den Armen, schiebt sich aber basalwärts zwischen dieselben ein, so dass solche Plättehen der Kelchdecke secundär das Aussehen und die Function von Intercostalien erlangen, ein Vorgang, den wir in späterer Zeit bei Arti- culaten wiederholt sehen. | Die Artöceulata im Sinne JoH. MÜLLER’s, dem die nicht hierher gehörigen jüngeren Crinoiden noch unbekannt waren, umfassen fünf Familien, welche sich ziemlich schnell von einander absondern. 1) Die Eneriniden, welche durch Stemmatocrinus von Poteriocriniden abstammen; 2) die Pentacriniden, welche schon im unteren Muschelkalk ausser anderen unzweifelhaften Vertretern einen Stammtypus in in Dadocrinus aufweisen. Die drei übrigen Familien, die Apiocriniden, Comatuliden und Holopocriniden (Eugenia- criniden) scheinen sich von den Pentacriniden abgezweigt zu haben, obwohl schon in der Trias Stielreste bekannt sind, welche anscheinend in die Familie der Apiocrini- den gehören. Jedenfalls jüngerer Entstehung sind die Co- matuliden und Holopocriniden, wie ich an anderer Stelle nachzuweisen versuchte. Bei den Articulata tragen alle freien Armglieder, sowohl die der Haupt- wie die der Nebenäste, kleine Ramuli, die „Pinnulae“ der älteren Autoren. Ihre primäre Kelchkapsel ist nur noch im Embryonalleben erhalten, im ausge- wachsenen Zustande ist dieselbe aufgelöst, indem sich ihre Sitzung vom 17. April 1894. 121 Decke ziemlich hoch zwischen die Armansätze erhebt. Das Skelet der Articulaten besteht fast nur noch aus Armen; die kräftige Entfaltung derselben führt zu einer möglichst weitgehenden Vereinfachung der Kelchelemente. Die Analia verschwinden vollständig aus dem Kelch, was schon bei Stemmatocrinus und Erisocrinus der Fall ist, und die ur- sprünglich vorhandenen, von den Poteriocriniden ererbten zwei Basalkränze werden mehr und mehr reduecirt. In den Pentacriniden und Comatuliden ist die Entwicklung der Pelmatozoen zu einem normalen Correlationsverhältniss und damit zu einem gewissen Abschluss gelangt. Antedon reprodueirt in ihrer ÖOntogenie die wichtigsten Etappen dieser normalen Entwicklungsreihe der Crinoiden. Herr MATScHIE legte drei neue Säaugethiere (Her- pestes, Pediotragus, Chrysochloris) von Ostafrika vor. In einer dem Königl. Museum für Naturkunde als Ge- schenk überwiesenen Sendung von Säugethieren, welche Herr Oscar NEUMANN in Usandawe und Nord-Ugogo ge- sammelt hat, befinden sich zwei Formen, welche neu sind und einer Beschreibung bedürfen. Eine dritte, neue Art sammelte Herr Dr. STUHLMANN. Herpestes neumanni spec. noV. H. ochraceo-luteus, pilis unicoloribus, in dorso medio, nucha, vertice castaneo acuminatis; caudae apice laete castanea. Lg. tota: 61 em; caudae 27 cm. f 27. Aug. 1893. Hab. Tisso, Ugogo septentrionalis, Africae orientalis. Kis.: „Lukwiro“. Dieser kleine Herpestes ist H. gracilis und sanguineus ähnlich, unterscheidet sich aber von beiden durch den völ- ligen Mangel einer Bindenzeichnung im Haarkleid und durch die kastanienbraune Schwanzspitze In der allgemeinen Färbung hat er grosse Aehnlichkeit mit H. ochraceus GRAY in der Taf. VIII Proc. Zool. Soc. 1848; der Farbenton entspricht ungefähr dem Ochraceous-Buff mit Ochraceous gemischt auf Rıpaway's Taf. V, No. 7 und 10 (Nomenclature of Colors 1886). Er ist ockergelb, 122 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Auf der Mittellinie des Körpers sind alle Haare schmal kastanienbraun gespitzt, so dass vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel eine röthlich-braune Sprenkelung entsteht. Im letzten Drittel der Schwanzlänge werden die Haare dunkler und sind an der Schwanzspitze kastanienbraun, z. Th. mit schwarzen Haarspitzen. Die Füsse haben die Farbe der Körperseiten und des Schwanzes. Die Haare des Schwanzes gleichen in ihrer Anordnung und Länge der Abbildung bei H. ochraceus; das Wollhaar ist ebenso wie die Basis der Stichelhaare hellisabellgrau. Das Haarkleid ist ziemlich lang und dicht. Sohlen der Hinterfüsse nackt. Der Schädel von F. neumannı zeigt folgende Unter- schiede von 9 mir vorliegenden Schädeln von H. gracilis: Bei allen gracıks-Schädeln verläuft der Processus zygoma- ticus des Schläfenbeins nach vorn in eine Spitze, bei dem- jenigen von neumannı ist er vorn abgestutzt; die Höhe des Jochbogens an dem oberen vorderen Ende des Proc. zygo- maticus oss. temp. ist bei allen gracıks-Schädeln geringer als die grösste Länge des letzten Molaren, bei dem Schädel von H. neumanni dagegen viel grösser. Der letzte Molar ist bei H. neumanni kürzer und schmaler als bei H. gracilıs. Maasse des 'Schädels nach Proc. Zool. Soc. 1882 p. 65: Länge 65 mm; Breite 34 mm; Gaumenbein-Länge 34 mm; Gaumenbein-Breite 15 mm; Entfernung des Vorderrandes der Praemaxilla von der Mitte zwischen den hinteren Enden von PM* 23 mm; Basicranial-Axe 22 mm; Länge von M? 3,4 mm; grösste Breite desselben, am Aussenrande gemessen, 1,9 mm. Pediotragus neumannt Spec. NOV. P. einnamomeo-brunneus, in dorso medio saturatior, subtus albus. Lg. tot. 72, 85 cm; caudae 4; 7,5 cm; tarsi 8,2; 8,7 cm. d' juv. 25. Aug. 93; Tisso, Ugogo, Afr. orient.; d‘ Njangani 35° 1. or., 4° 50° 1. austr. Juli 93. Kis.: „Don- doro“. Diese kleine Antilope unterscheidet sich von P. tragu- lus Lcur., welcher sie durch die Abwesenheit der After- zehen und die Gestalt des Gehörns nahesteht, durch Kürzere Sitzung vom 17. April 189. 123 Ohren (ca. 11 cm lang), Fehlen der dunklen Hufeisen- zeichnung auf dem Scheitel und der schwarzen Nasen- zeichnung, sowie durch abweichende Körperfärbung. Der Kopf ist hellockerfarbig, ungefähr wie in RınawAy „Tawny Ochraceous“ auf Pl. V, No. 4, die Beine ockerfahl (l. e. Pl. V, No. 10 „Ochraceous-Buff“, die Körperseiten rehbraun mit einem Stich ins Röthliche, die Rückenmitte satter röth- lich, beim erwachsenen Thiere weiss bestäubt. Man kann alle Farben des Thieres aus gebrannter Terra sienna, mehr oder weniger verwaschen, erhalten. Die weissliche Be- stäubung entsteht durch die ganz schmalen hellen Haar- spitzen, während der übrige Theil des Haares bis auf die fahlisabellgraue Basis röthlich lederfarben ist, fast Rına- ways „Tawny“ (Pl. V, No. 1) entsprechend. Der Schwanz hat oben die Farbe des Rückens und ist unten mit weissen Haaren durchsetzt; Bauch und Innenseiten der Beine weiss; Brust fast rein isabellfarben. Die Hörner sind glatt, un- geringelt und etwas nach vorn gebogen, wie bei tragulus. Der Schädel von P. neumanni ist ungefähr so gross wie derjenige von tragulus und demselben sehr ähnlich. Die Entfernung des unteren Orbitalrandes von dem oberen Rande des Processus zygomatico-orbitalis des Maxillare ist bei P. neumanni gleich der Breite dieses Fortsatzes, bei P. tragulus viel grösser als diese. Die vom hinteren Rande der Thränengrube hart unter dem Infraorbitalrande zu dem Temporal-Fortsatz des Jugale verlaufende Crista ist bei P. neumanni kaum angedeutet, bei P. tragulus scharf und deutlich sichtbar. Der hinterste obere Molar ist bei P. neu- manni viel länger als der vorletzte, bei Zragulus ungefähr ebenso lang. Maasse des Schädels: Entfernung des Basion vom Vorderrande der Alveole des vordersten Molaren 91,5 mm; Länge der Hörner 114 mm; Abstand derselben an der Basis 29 mm, an den Spitzen 41,5 mm. Ohrysochloris stuhlmanni spec. nov. Chr. aff. leueorhinae HvET 1885, fusco brunnea, nitore viridi, lateribus capitis aureo nitentibus; genis macula al- 124 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. bida ornatis; naso nudo duplo latiore quam longo; unguibus anterioribus angustis; molaribus supra et infra utrinque senis, inferiorum cuspis posterior interna distineta; fossa temporalis sine vesicula, cuspis posterior dentis ineisivi secundi minima. Lg. tota: 110 —115 mm; unguis tertiae: 10 mm; latitudo eiusdem ad basin 4 mm; olecranum ad unguis basin: 13,7 mm; pedis 12 mm, tibiae 13 mm; Hab. Ukondjo und Kinjawanga, Africae centralis. „Kingiri“ Wa- kondjo. 4. I. 92, 6. 1. 92, 13. VI. 91.1 4,2292. Der von Herrn Dr. STUHLMANN entdeckte Goldmaul- wurf unterscheidet sich von seinen nächsten Verwandten durch die sehr schmale Klaue des dritten Fingers, welche kaum doppelt so breit ist als diejenige des zweiten, durch die breite nackte Nase, welche derjenigen von obtusirostris ähnlich ist, durch die Färbung, welche auf dem ganzen Körper dunkelgraubraun ist mit rein grünem, an den Kopf- seiten goldigem Reflex und einem gelblichweissen Fleck auf den Wangen. Das Wollhaar ist blaugrau. Die nackte Nase sieht ungefähr so aus, wie die Ab- bildung No. 1a und Ib auf Prrers’ Tafel (Reise n. Moss,, XVII). Der convexe Theil, welcher sich über den Nasen- löchern erhebt, ist doppelt so lang wie hoch und durch eine tiefe Querfalte von dem schmalen, in der Mitte etwas verbreiterten warzigen Gürtel getrennt, welcher die Nase von dem behaarten Theile des Gesichtes trennt. Zwischen beiden Nasenlöchern verläuft eine verticale Falte, jederseits 3 feine convergirende Falten auf dem Nasenknorpel, je 2 ganz flache Falten unter jedem Nasenloche. In die Nasen- höhle springt von aussen und oben je eine Warze vor. Länge des nackten convexen Nasentheils 7 mm, Breite desselben 3 mm, Länge des warzigen oberen Nasenrandes 8,75 mm, Breite desselben in der Mitte 2,25 mm, an den Seiten 1,75 mm. | Die Klaue des dritten Fingers ist flach und sichel- förmig, zwischen dem 2. und 3. Finger eine starke Längs- falte. Fusssohlen blass fleischfarben, Krallen dunkler. Der Schädel hat 40 Zähne; die Breite desselben erreicht nicht die Entfernung des Basion von den Spitzen der vor- Sitzung vom 17. Aprü 1894. 125 deren Incisiven, während bei obtusirostris beide Maasse gleich sind. Der Schädel der neuen Art ist demjenigen von rublans auf Tafel XI No. 5 des Monograph of the In- sectivora I sehr ähnlich, unterscheidet sich aber von dem- selben sowohl durch die grössere Anzahl der Zähne, als auch durch den längeren Gesichtstheil, welcher vom Vorder- rande des Foramen infraorbitale bis zum Gnathion ebenso lang ist, wie die Entfernung des Hinterrandes dieses Fo- ramen von dem Punkte, wo die Quercrista des Hinterkopfes den Jochbogen trifft. Auf der Unterseite des Schädels ver- laufen die Gaumenbeine ungefähr so, wie bei aurea auf Tafel XI, No. 1a, nur springt die Mitte des freien Randes spitzwinklig vor, wie bei 2a auf derselben Tafel. Bemerkenswerth ist, dass der hintere Nebenzacken des 2. Ineisiven sehr klein und undeutlich ist, während sonst die übrigen Zähne denen von obtusirostris ähnlich sind. Maasse des Schädels nach Proc. Zool. Soc., 1882, p. 65: Länge: 2 21,5, £ 24 mm; Basallänge nach Tmomas (Marsupialia, p. VIII): 20; Breite: 2 15,5, d' 16; Palatal- länge: 9 11, f 12; Entfernung des Basion von der Spitze der vorderen Ineisiven: 9 16. J‘ 17; Entfernung des Vor- derrandes des Foramen infraorbitale vom Gnathion: © 8,7, d‘ 9 mm; Länge der Zahnreihe: 2 9, d‘ 9,9 mm; Breite des knöchernen Gaumens zwischen den 2. Molaren: 3,25 mm. Die Fundorte für diesen Goldmaulwurf sind folgende: Fuss des Runssöro bei Karevia in Ukondjo, 13. VI. 1891, Emin coll., d‘ Fell mit Schädel; Kinjawanga, 950 m über dem Meer; westlich vom Issango-Semliki-Fluss, ungefähr unter 0° 27° 30“ n. Br. und 29° 50° östl. Länge, dicht an der Südgrenze des Urwaldgebietes. STUHLMANN coll. @ Schädel, 2 Skelet, Kopf davon in Alcohol. Herr H. VırcHow legte vor Tafeln, die Entwicklung des Dottersackkreislaufes des Huhnes betreffend. Herr F. E. SchuLzeE sprach über fossile Muskel- querstreifung an Coelacanthinen nach Präparaten des Münchener Museums. 126 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin Herr W. Dames sprach über die Herkunft der Schild- kröten von Landthieren. Herr P. AscHERSON machte einige Bemerkungen über die Verwandtschafts-Verhältnisse der mitteleuro- päischen Carices monostachyae (Gruppe Psyllopho- rae Lo1sL.). Diese Gruppe, welche nach unserem jetzigen Kenntniss- stande noch nicht entbehrt werden kann und jedenfalls die Bestimmung sehr erleichtert, ist Keine natürliche, da sie Arten von sonst sehr verschiedenem Bau, und wie daraus zu schliessen, verschiedenem phylogenetischen Ursprung enthält. Für einige Arten ist die Verwandtschaft mit For- men anderer Gruppen, namentlich der Heterostachyae FR., bereits erkannt worden. So wies schon TREVIRANUS in LEDEBOUR Ss Flora Rossica IV. (1852, p. 268, 306) darauf hin, dass O©. obtusata LILJEBL. (©. spicata SCHK., net SPR.) in allen wesentlichen Merkmalen, ausser dem Blüthen- stande, mit C. supina WAHLENB. übereinstimmt. Später haben sich G. REICHENBACH (Bot. Zeit. von MoHL und V. SCHLECHTENDAL, XIX,1861, p. 246, 247), A. GARCKE (Ver- handl. Bot. Ver. Brandenb. III, IV 11862], p. 157—159) und der Vortr. (a. a. O. p. 276, 277) für die specifische Identität beider Formen ausgesprochen.) Neuerdings hat indess der schwedische Botaniker L. M. NEUMAN in einer sorgfältigen, in den Botaniska Notiser 1837, p. 21—30 ver- öffentlichten Studie (von der nur zu bedauern ist, dass sie, in schwedischer Sprache abgefasst, nur einem beschränkten Leserkreise zugänglich ist) nachgewiesen, dass der bisher nicht beachtete morphologische Aufbau und die anatomische !) Der hervorragende böhmische Florist L. CELAKOVSKY (Prodr. d. Flora Böhmens S$. 68, 1867) hat, wie der Erfolg lehrt, mit Recht diese Identification unbeachtet gelassen. Ebenso lässt Carist (Bull. Soc. Bot. Belg. XXXV. [1885], Il, p. 14, 19) beide Arten getrennt, obwohl er sie (l. c. XXVI. I, p. 165) unter Anerkennung der nahen Verwandtschaft neben einander stellt. Dagegen vertritt Aug. SCHULZ in einem gleichzeitig mit dem N&umAn’schen erschienenen Aufsatze „Zur Morphologie der Cariceae“ (Berichte d. Deutsch. Botan. Gesell- schaft [1887] p. 40) die REıcHEenBAcH’sche Ansicht, | Sitzung vom 17. April 1894. 197 Struktur von Stamm und Blatt bei beiden Formen erheb- lichere Verschiedenheiten zeigen, als die früher allein in Betracht gezogenen Blüthentheile. Immerhin weist nament- lich auch die Anatomie eine grosse Uebereinstimmung zwi- schen beiden Arten nach. Ein ähnliches Verhältniss findet zwischen der in der arktischen Zone wie in den Alpen ver- breiteteren, auch an einem einzigen Orte des mährischen Gesenkes vorkommenden C. rupestris BELL. und der im Norden Europas, Asiens und Nordamerikas vorhandenen C, pedata (L.) WAHLERB. statt, worauf Vortr. (vgl. CHriIsT in Bull. Soc. Bot. Belg. XXVII [1883], IL, p. 164) hinge- wiesen hat. In diesen beiden Fällen ist es zweifellos, dass eine einährige Art so nahe mit einer mehrährigen ver- wandt ist, dass eine gemeinsame Abstammung derselben nicht von der Hand zu weisen ist, jedenfalls ist diese Ver- wandtschaft eine weit nähere, als die der einährigen Art mit irgend einer anderen der Gruppe Monostachyae. Ein dritter hierher gehöriger Fall betrifft die einährige ©. ursina DeEwey, welche im arktischen Amerika, Spitzbergen und dem arktischen Russland, vielleicht (nach Frızs) auch im skandinavischen Lappland vorkommt, und in den Blüthen- Merkmalen mit der mehrährigen arktisch-alpinen Ü. bicolor BELL. übereinstimmt. Ob in diesen drei als sicher anzu- nehmenden Fällen die mehrährige Form durch weitere Dif- ferenzirung aus der einährigen oder die einährige durch Reduction aus der mehrährigen Art entstanden ist, ist a priori nicht zu entscheiden. ©. ursina kann füglich bei ihrem zwerghaften Wuchse als eine an ihrem hocharktischen Fundorte entstandene Kümmerform der ©. bicolor betrachtet werden, von deren mehreren Aehrchen das an der typischen Pflanze gipfelständige, auch hier androgyne (an der Basis männ- liche), allein übrig geblieben ist. Dies war schon die An- sicht von Fries!) (Summa Veg. 1846) p. 234 und TkevI- RANUS (l. c. p. 285); und Carıst (l. e. XXVII II, 166) stellt wenigstens beide Arten neben einander.?) Dagegen !) Dieser Schriftsteller beruft sich auf die gleichlautende Ansicht des amerikanischen Agrostographen TUCKERMAN. ?) Aug. SCHULZ betrachtet in der oben citirten interessanten Studie (p. 40) die homo- und heterostachischen Arten als aus den 128 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. scheint die geographische Verbreitung in den beiden ersten Fällen für die erstere, wie in dem letzten für die letztere Er- klärung zu sprechen. Das Areal der C. ursina ist jeden- falls geringfügig gegen das der ©. bicolor und steht in nahem Anschluss mit dem der letztgenannten Art. Da- gegen sind O. obtusata und Ü. rupestris weiter verbreitet, als bezw. C. supina und Ü. pedata, namentlich macht der Bezirk der C. obtusata, welche im arktischen Nord-Amerika, West-Sibirien, auf der Insel Oeland, im südlichsten Schwe- den (Ähus in Schonen, wo der genannte NEUMAN sie 1886 auffand) und im Bienitz bei Leipzig wächst, ganz den Ein- druck, als ob er die zersprengten Reste eines einstmals ausgedehnten und zusammenhängenden Areals darstelle. Besonders auffällig ist die Spärlichkeit des Vorkommens in den besterforschten Florengebieten Europas. Es hat fast ein Jahrhundert gedauert, bis zu den beiden seit dem letz- ten Decennium des vorigen Jahrhunderts bekannten Wohn- bezirken auf Oeland und in Sachsen ein dritter hinzu- gekommen ist. NEUMAN spricht allerdings (a. a. O. p. 29) die Hoffnung aus, dass die Lücke zwischen Sachsen und der Ostsee noch durch einzelne neue Funde ausgefüllt werden könnte, zuzugeben ist, dass das unscheinbare Pflänzchen leichter zu übersehen ist als zwei andere Relict- monostachischen, welchen er wegen ihrer geringen Zahl und fehlen- den oder geringen Variationsfähigkeit ein höheres Alter zuschreibt, hervorgegangen. Vortr. hat gegen diesen Satz nichts einzuwenden, wenn statt „den monostachischen“ gesetzt wird „monostachischen“. Das von SCHULZ angenommene höhere Alter kommt der zuletzt vom Vortr. besprochenen Artengruppe (C. pyrennica etc.) sicher zu; für die übrigen scheint es ihm nicht so zweifellos. Die geringe Varia- tionsfähigkeit gilt nicht für die Gruppe der C. dioeca, in der sich recht intricate Formen befinden. Das ungemein häufige Vorkommen monoecischer Exemplare bei dieser Art und Ü. Davalliana scheint Vortr. dagegen zu sprechen, dass dieselben etwa direct von der von SCHULZ angenommenen dioecischen Urform abstammen. C. obtusata erklärt ScHuz selbst (allerdings unter der Voraussetzung ihrer spe- ceifischen Identität mit C. supina) nicht für eine Stammform, sondern für eine atavistische Rückschlagsform, wie sie, wie er meint, auch bei anderen mehrährigen Arten vorkomme. Weshalb sollte das nicht auch bei anderen der zuerst vom Vortr. besprochenen Arten möglich sein? Der Zweck dieser Zeilen ist der, zu zeigen, dass die Monostachyae in ihrem gegenwärtigen Bestande keine phylogenetische Einheit, son- dern eine künstliche Abtheilung. sind. Sitzung vom 17. April 1894. 129 pflanzen, deren Verbreitung mit der der genannten Carex eine frappante Aehnlichkeit besitzt: den beiden bekannten Steppen-Artemisien A. laciniata WILLD. und A. rupestris L. Die erstere ist in West-Sibirien, auf Oeland, zwischen Stassfurt und Bernburg, bei Artern und neuerdings im Marchfelde Nieder-Oesterreichs gefunden, überall (ausser an dem letztgenannten Fundorte) von der letzteren beglei- tet, welche ausserdem noch im östlichsten europäischen Russland, in Esthland, Kurland und auf den Inseln Oesel und Gottland, angeblich auch einmal 1815 in der Nähe von Dannenberg in der Provinz Hannover gesammelt wor- den ist. Dagegen bewohnt (. supina ein zusammenhängen- des Gebiet, das den grössten Theil des östlicheren Miittel- europas und Südrussland, die Kaukasusländer, Songarei und Sibirien umfasst, innerhalb dessen sie stellenweise an dieht gehäuften Fundorten (wie um Halle, Potsdam, Span- dau, im märkischen Oderthale) und in zahllosen Individuen auftritt. Ausserdem ist sie auch, wie (©. obtusata, im arkti- schen Amerika gefunden. Hier spricht also alles dafür, dass O. obtusata die ältere, O. supina die jüngere Form ist; auch bei C©. rupestris deutet ihr Auftreten in der arktischen Region einer-, den Hochgebirgen Mitteleuropas andererseits, darauf hin, dass diese Art schon vor der letzten Eiszeit existirte, während C. pedata ausschliesslich nordisch ist. Zweifelhaft ist es, ob die dem Vortragenden nicht zu@ebot stehende kaukasische (©. phyllostachys C. A. Mey. überhaupt, wie dies durch TREVIRANDS (l. ce. p. 269) geschehen ist, den Oarices monastachyae beigezählt werden kann. Sie würde unter denselben durch ihren robusten Wuchs und durch den von laubartigen Bracteen unterbrochenen Blüthenstand völlig vereinzelt stehen. Nach Boıssıer (Fl. Or. V, 407) ist dieser Blüthenstand aber nur scheinbar einährig; die Axillarsprosse dieser laubartigen Tragblätter sind nicht blosse weibliche Blüthen (genauer Aehrchen zweiter Ord- nung), sondern wirkliche (zusammengesetzte) 1—2blüthige weibliche Aehrchen. Jedenfalls ist C. phyllostachys, wie TREVIRANUS andeutet, nahe verwandt mit der im Mittel- meergebiet und westlichen Mitteleuropa verbreiteten ©. ven- tricosa Cust. (C. depauperata GOoD.). 130 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Unsicher ist die Verwandtschaft der beiden in Mittel- europa verbreitetsten Arten der Gruppe, ©. dioeca L. und ©. Davalliana Sm., denen sich wohl die arktisch-alpine C©. capitata L. anschliessen dürfte. Eine Uebereinstimmung mit ©. dioeca L. in der Tracht und in manchen Merkmalen findet Vortragender nur bei ©. microstachya EHRH.. einer in Skandinavien, Finnland und Norddeutschland, überall nur an sehr vereinzelten Orten!) beobachteten, neuerdings von manchen ihrer früher festgestellten Fundorte, so z. B. in Schlesien (vgl. Fiek, Flora von Schlesien, 1881, p. 481) verschwundenen Art. Dieselbe unterscheidet sich aber so- fort durch ein in der Gattung taxonomisch schwer wiegen- des Merkmal, den deutlich zweizähnigen Schnabel des Fruchtschlauchs. Andererseits glaubte Vortr. an ©. mi- crostachya schon in seiner Flora von Brandenburg, I. Abth., p. 789 (1864) einige Uebereinstimmung mit ©. diandra RotTH (Ö. teretiuscula GooD.) zu bemerken und sprach die Ver- muthung hybriden Ursprungs aus. Das sporadische Vor- kommen würde damit in Einklang stehen, könnte aber auch auf eine im Schwinden begriffene Relict-Art deuten. Jeden- falls wäre ein genaues Studium der merkwürdigen Pflanze seitens eines Botanikers, der dieselbe lebend am Fund- orte beobachten kann, sehr erwünscht. Die in den Merk- malen der genannten jedenfalls nahestehende 0. Gaudiniana GUuTHN. wird neuerdings (vgl. CHrıIsT, 1. c. XXIV, H, p. 20) für einen Bastard von ©. dioeca L. und C. echinata MURR. (C. stellulata Goon.) erklärt; auch eine analoge ©. Davallı- ana X echinata (CO. Paponii MURET) wird von OHRIST a. a. 0. anerkannt. Der vor einem Menschenalter von SENDTNER (Flora, 1851, p. 737) und SAUTER (HAUSMANN, Flora von !) Für andere norddeutsche Fundorte ist nicht einmal das frühere Vorhandensein zweifellos. So wird in den sonst so sorgfältig bear- beiteten Conspectus Florae Europaeae von C. F. Nyman p. 778 (1882) immer noch der Fundort „Bremen“ aufgeführt, obwohl schon 1866 F. BUCHENAU (Abh. Naturw. Ver. Bremen p. 41) denselben als höchst zweifelhaft bezeichnet hatte. Als einzigen sicheren Fundort in Nord- deutschland möchte Vortr. für die Gegenwart nur den bei Tilsit (HEIDENREICH!) bezeichnen, | f Sıtzung vom 17. April 1894. 131 Tirol, p. 1500 [1854]'!) aufgestellten Deutung der 0. Gau- diniana als einer mehrährigen (©. dioeca, welche auch in PrRANTLs Excursionsflora von Bayern, 1884, p. 76 wieder- kehrt, kann Vortr. dagegen nicht beistimmen, so will- kommen eine solche Erscheinung, falls thatsächlich vor- kommend, auch für die gegenwärtige Betrachtung sein würde. Vortr. hat allerdings SENDTNErR’s Exemplare von Tölz m Oberbayern nicht gesehen; aber den von SENDTNER erwähn- ten Proben von Bregenz (SAUTER), mit denen die übrigen von ihm genau verglichenen Exemplare vom Hengster (C. B. LenmAann) und Kappel im Ct. Zürich (JÄscı) über- einstimmen, sind von C. dioeca durch zahlreiche und wichtige Merkmale verschieden. Die Blätter von ©. Gaudiniana sind bis nahe unter der Spitze tief -rinnig, unterseits scharf-flügelartig gekielt, an den Rändern und am Kiel rauh; bei C. dioeca verschwindet die Rinne weit unter der Spitze, der Grad der Rauhigkeit ist sehr veränderlich, stets aber schwächer als bei der genannten Form; ein deutlicher Kiel ist nicht vorhanden, der Querschnitt unterseits abgerundet. Die Unterschiede der Schläuche gehen aus den sorgfältigen Beschreibungen bei KocH (Synopsis ed. II, 862, 871 [1844] und BÖCKELER (LinnaeaXXXVIII [1874] p. 562, 622 deutlich hervor. Die Schläuche von ©. Gaudiniana sind deutlicher in einen ziemlich langen, oberseits abgeflachten, am Rande viel rauheren Schnabel verschmälert, ohne deutliche Ner- ven, und überragen schon unreif !die Deckschuppe weiter, als dies bei C. dioeca der Fall ist. Alle diese Merkmale würden sich sehr gut durch die Einwirkung der C. echinata erklären. Immerhin würde auch die hybride Abstammung auf eine Verwandtschaft der ©. dioeca L. mit Arten. aus der Gruppe der Homostachyae FR., zu denen beide oben ge- nannten Arten gehören, hindeuten, eine Verwandtschaft, die !) Die von HAUSMAnN erwähnten angeblich mit ©. Gandiniana auf einem Rhizom gewachsenen Halme von C. dioeca sind vermuthlich verkümmerte C©. Gandiniana mit nur einem (vermuthlich männlichen!) Aehrchen, wie sie auch anderwärts vorkommen, 132 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. auch im Hinblick auf die Merkmale wahrscheinlicher ist, als die mit den Heterostachyae. Nach Ausscheidung dieser Artengruppen, welche sicher oder möglicher Weise unter der grossen Mehrzahl der mehrährigen Carices nähere Verwandte besitzen, als unter den übrigen Monostachyae, bleiben einige Arten übrig, für die eine solche Verwandtschaft nicht bekannt. auch kaum wahrscheinlich, vielmehr die einährige Bildung als typisch und ursprünglich anzunehmen ist. Unter diesen nimmt in erster Linie ©. pyrenaica WAHLENB. unser Interesse in An- spruch. Die zerstückelte Verbreitung (Cantabrisches Ge- birge, Pyrenäen, südliche Karpaten, Vitos und Rilo in Bul- garien, Tscharantasch im Lasischen Pontus (nördliches Klein- asien), Kaukasus, Rocky Mountains in Nord-Amerika, Neu- seeland) charakterisirt diese Art als ein Relict aus einer ziemlich weit zurückliegenden Epoche; ENGLER (Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt, II, 160, 167) unterstützt diese Anschauungsweise treffend durch den Hin- weis auf die beträchtliche Anzahl naher Verwandten, die diese Art in den verschiedensten Gegenden der Erde (Nord- und Süd-Amerika, arktische Zone, Algerien, Kau- kasus, Himalaya, Ceylon, Australien) besitzt. Allein auch morphologisch ist diese Art durch ein Merkmal ausgezeichnet, das sie von der grossen Mehrzahl der übrigen, dem Vortr. bekannten europäischen Arten trennt.) Bei diesen steht der Schlauch, welcher bekanntlich, wie dies KuxtH zuerst nachwies, zugleich das Vorblatt des Aehrchens zweiter Ordnung (als solches durch zwei Kiele gekennzeichnet) und das Tragblatt der weiblichen Blüthe ist, unmittelbar in der Achsel des spelzenartigen Tragblatts des secundären Aehr- chens, der sog. Deckschuppe. Bei C. pyrenawca aber streckt sich das sonst unentwickelte Internodium der Achse des ®, Von der bekannten (. gracilis CuURT. (acuta L. z. T.) wird eine var. pedicellata PETERM. erwähnt, bei der das „Stielchen“ halb so lang sein soll als der Schlauch. Vortr. kennt diese möglicher Weise eher als Monstrosität zu bezeichnende Form nicht aus FIBRRER, Anschauung. Sitzung vom 17. April 1894. 133 secundären Aehrchens zu einem etwa 1 mm Länge erreichen- den Stielchen, welches zuletzt mit dem Schlauche abfällt. Die nächsten Verwandten dieser Art in Mitteleuropa sind wohl (©. microglechin WAHLENB. und die diesen sehr nahe stehende C. pauciflora LiGHTF., Arten, deren zugleich nor- dische und alpine Verbreitung (die letztere geht auch quer durch Nord-Amerika, von Sitcha und Vancouver bis Neu- fundland und Pensylvanien) auf ein beträchtliches geolo- gisches Alter deutet. Die erstere Art besitzt auch, wie bekannt, ein auffälliges Merkmal, welches gleichfalls als atavistisch anzusprechen ist. Wie bei (. pyrenawca die Achse des secundären Aehrchens unter, so ist hier die über dem Schlauch befindliche, bei den meisten Arten spurlos verkümmerte Achse als ein langer, aus dem Schlauch hervorragender borsten- oder grannenförmiger Fortsatz ent- wickelt. Eine deutliche Ausbildung dieses Achsenendes, wenn auch nicht bis zu dieser Grösse, findet sich auch bei manchen anderen Arten, wie bei C. obtusata, supina, puli- carıs, capitata und bei der seltsamen mediterranen ©. ambı- gua LK. (CO. oedipostyla Duv.-JouvE).. Es scheint dem Vortr. deshalb sicher verfehlt, wie es auch Aug. SCHULZ erschienen ist, diese Art deshalb von ihren nächsten Ver- wandten zu trennen und in die tropische Gattung Uncinia PERS. zu stellen, in der dies Achsenende gleichfalls und zwar in Form einer weit längeren, an der Spitze haken- förmig umgebogenen, als Klettapparat fungirenden Borste entwickelt ist. Ferner schon steht die bekannte (©. puli- carıs L. em., die sich von den drei vorher genannten drei- narbigen Arten schon durch die Zweizahl der Narben unter- scheidet.) Diese vier Arten werden, im Gegensatz zu den vorher besprochenen, aus den Gruppen der C. obtusata, rupestris und dioeca durch ein gleichfalls sonst nicht wiederkehrendes Merkmal verbunden; die Deckschuppen fallen hier sofort | :) Nach BÖCKELER (a. a. O. p. 575) sollen indess bei C. pyrenaica (und bei CO. rwpestris) öfter 2 Narben vorkommen. * 134 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nach dem Verwelken der Narben ab, während sie sonst stets bis zur Fruchtreife stehen bleiben und häufig das Ausfallen der Schläuche überdauern. Vortr. glaubt daher auch den taxonomischen Werth dieses für die nach seiner Meinung eigentlichen und ursprünglichen Monastachyae charakterisit- schen Merkmales höher veranschlagen zu müssen, als es bisher geschehen ist. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (PoTonık), IX, No. 12-—15. Leopoldina, Heft XXX, No. 35—4. Sitzungsberichte der Königl. Preuss. Akad. d. Wissenschaften, No. XL—LIN. Helios, 11. Jahrg., No. 10—12. Socieatum Litterae. 8. Jahrg., No. 1—3. Schriften des Naturwiss. Vereins des Harzes in Wernigerode. 8. Jahrg., 1893. Verhandlungen des naturforschenden Vereins in Brünn. XXXL Bd., 1892. IX. Bericht der meteorolog. Commission des naturforsch. Vereins in Brünn. Ergebnisse der meteorolog. Beob- achtungen im Jahre 1891. Abhandlungen, herausgegeben vom naturwissensch. Vereine zu Bremen. XIII. Band, 1. Heft. Ueber Einheitlichkeit der botan. Kunstausdrücke und Ab- kürzungen, von FrAnz BucumEnAuU. Extra-Beilage zum 13. Bande der Abhandlungen des naturwiss. Vereins zu Bremen. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in BIBI, 1894, Februar. Földtani Közlöny. XXIV. Kötet, 1.—3. Füzet. Buda- pest 1894. Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1894, No. 198 u. 199. Atti della Societa Toscana -di Scienze Naturali. Memorie. Vol. XIII. Pisa 1894. | Sitzung vom 17. April 1894. 135 = Atti della Societa Toscana di Scienze Naturali. Processi E Verbali. Vol. IX. Pisa 1894-96. Geologiska Förenings i Stockholm Förhandlingar, Bd. 16, Häfte 3. Transactions of the Cambridge Philosophical Society. Vol. XV. Part. IV. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Har- ward College, Vol. XXV, No. 5—6. Psyche, Journal of Entomology. Vol. VII, No. 216. El Instructor, Jahrg. X, No. 11 u. 12. J F. Starcke, Berlin W, EN ba u kb, ab Ka ” Nr. 5. 1894. Sitzungs-Bericht Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 22. Mai 1894. Vorsitzender: Herr DAMmES. Herr F. E. ScHuLze legte einige aus Hexactinelliden hergestellte Artefakte von der Philippinen-Insel Gebu vor. Bei Gelegenheit der diesjährigen Jahresversammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in München hatte Herr Professor RıcH. HERTwıG die Güte, mir eine Collec- tion trockener Hexactinelliden zu zeigen, welche von der Philippinen-Insel Cebu stammen. Neben mehreren für die- sen bekannten Hexactinelliden - Fundort typischen Formen wie Lophocalyx philippinensis J. E. Gray, Sclerothamnus clausi MARSHALL, Euplectella aspergillum Owen und Hyalonema Sie- boldi J. E. Gray befanden sich darunter auch einige nicht sofort erkennbare Stücke. Auf meine Bitte vertraute mir Herr Prof. Rıch. HERTwIG diese letzteren zum Zwecke einer näheren Untersuchung und Bestimmung an. Eines derselben besteht aus einem etwa 10 cm langen, daumendicken und etwas gekrümmten, festen, rundlichen Stiele, dessen unregelmässig verbreiterte Basis einer festen Unterlage aufgesessen haben muss und an einer Stelle noch eine Trochus-Schale von Groschenstückgrösse angewachsen zeigt. Aus dem abgebrochenen oberen Ende ragen mehrere spannenlange, stricknadeldicke Kieselnadeln hervor, welche b 138 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. durchaus den Wurzelschopfnadeln von Hyalonema Sieboldi gleichen und zweifellos in das etwas poröse und eine un- deutliche Längsfaserung zeigende, feste Schwammskelet hin- eingesteckt sind. Das ganze Stück ist mit einer lockeren dünnen Hülle von etwa fingerlangen, haarähnlichen, seidenglänzenden Kie- selnadeln umgeben, welche ganz den Nadeln des Wurzel- schopfes von Euplectella aspergillum gleichen. Dass diese Faserhülle mit dem stielföürmigen Schwamm- körper selbst ebensowenig etwas zu thun hat, wie die oben Figur 1. Sitzung vom 22. Mai 1894. 139 Figur 2. hineingesteckten Hyalonema-Schopfnadeln, sondern absicht- lich zur künstlichen Umkleidung desselben verwandt ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Die genauere mikroskopische Untersuchung des Schwamm- R körpers ergab, dass es sich um den Stiel einer bei der Insel Cebu schon viederholt gefundenen Hexactinellide, Cratero- z morpha Meyeri J. E. Gray, handelt. Mi Interessanter als diese wahrscheinlich auf einen Betrug kauflustiger Sammler berechnete künstliche Vereinigung von a Hexactinelliden-Bruchstücken verschiedener Art erschienen | mir 5 gleichartige, klossförmige Gebilde von der Grösse | 5* 140 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. einer kleinen Faust, welche aus einer lockeren, atlasglän- zenden, urnenförmigen Faserhülle von 3—5 mm Dicke und einem von derselben fest umschlossenen, nur an der ÖOber- seite frei vorliegenden Klumpen einer kreideähnlichen, weissen, pulverigen, lose zusammenbackenden Masse be- steht. (Siehe die Figur 1.) Die Fasern der äusseren, unten halbkugelig gerundeten Hülle ragen über den Seitenrand des inneren kugeligen Klumpens in Form eines Randsaumes von einigen Centim. Höhe frei empor und zeigen hier eine Anordnung in locki- gen Bündeln und Flocken. Der innere Klumpen, aus dessen pulverförmiger Masse hie und da kleine Bruchstücke von Kieselnadeln sowie von leiter- oder gitterartigen Gerüsten hervorragen, zeigt an seiner oben ganz frei vorliegenden Fläche eine mittlere flache, dellenförmige Vertiefung. (Siehe die Figur 2.) Bei der mikroskopischen Untersuchung der äusseren Faserhülle stellte es sich alsbald heraus, dass dieselbe aus- schliesslich aus solchen Kieselnadeln besteht, wie sie den Basalschopf von Euplectella aspergillum bilden. Ich fand sowohl ganz glatte Ankernadeln, deren unteres Ende von 4 im Kreuz gestellten, schwach emporgekrümmten, ziemlich langen, drehrunden Ankerstrahlen mit durgehendem Central- kanale besteht, als auch Anker, an deren kolbigem unteren Endknopfe 4 oder 8 kurze, zurückgebogene, platte Anker- zähnchen ohne Centralkanal stehen und welche im unteren Schafttheile mit Widerhäkchen reichlich besetzt sind. Eine genauere mikroskopische Analyse der sehr ver- schieden grossen Bröckel, aus welchen der innere Klumpen pulveriger Masse besteht, lehrte, dass dieselben sämmtlich nichts anderes als zertrümmerte Skelettheile von Euplectella‘ aspergillum sind. Das ganze klossförmige Gebilde besteht demnach aus einem Klumpen zerstossener und zerriebener Kieselskelet- stücke von Euplectella aspergillum, welcher unten und seit- lich umgeben ist von einer dünnen, urnenförmigen Hülle locker verfllzter Basalschopfnadeln desselben Schwammes. Es entsteht nun die Frage, ob auch diese 5 unterein- Sitzung vom 22. Mai 1894. 141 ander gleich erscheinenden Stücke ähnlich dem oben be- schriebenen Crateromorpha - Stiele mit seinen Verzierungen künstlich von Menschenhand hergestellt oder etwa auf na- türlichem Wege im Meere selbst, etwa durch Wasserwirbel, entstanden sein können. Letztere Möglichkeit scheint mir jedoch so gut wie ausgeschlossen, da es zwar denkbar wäre, dass ein Klumpen zerriebener Euplectella-Bruchstücke durch Zusammenspülen und Wasserwirbel formirt sein könnte, aber kaum denkbar ist, dass ein solcher Ballen dann noch mit einer lockeren Hülle von Basalschopfnadeln desselben Schwammes umkleidet wäre. Wohl aber liegt die Annahme nahe, dass auch hier Objecte vorliegen, welche von erfinderischen Köpfen zum Verkaufe an Liebhaber und Sammler von Naturalien künstlich hergestellt sind. Uebrigens könnte man hier auch an die Möglichkeit denken, dass diese sehr gleichartig hergestellten Ballen pulverisirter Kieselmasse zu technischen Zwecken, etwa zum Abschleifen rauher Holzflächen, gewerbsmässig her- gestellt und benutzt werden. Herr K. Mösıus sprach über die neue französische Austernzucht. Er besuchte im April d. J. Austernbänke und Zucht- anstalten bei Auray und Vannes in der Bretagne, die -Austernteiche (Claires) bei Marennes und Tremblade und das Bassin von Arcachon südlich von Bordeaux. Die Buchten und Flussmündungen der Bretagne und die tiefen Rinnen des Bassins von Arcachon enthalten natürliche Austernbänke, welche nur schonend befischt werden dürfen, damit sie den Zuchtanstalten Austernbrut liefern können. Dachziegel, welche mit Cement überzogen werden, dienen zum Einfangen der Austernschwärmlinge. Man bringt sie erst in der Schwärmzeit (im Juli) ins Wasser, damit die Austern- larven die Ziegel ohne Schlick- und Pflanzenbesatz finden, wenn sie sich darauf niederlassen. Im Sommer 1893 hatten sich die Ziegel so dicht mit jungen Austern besetzt, dass man im April 1894 ungewöhnlich viele davon ablösen konnte. Dies geschieht durch Stahlmeissel, mit welchen man den Ce- 142 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. mentüberzug nebst den ansitzenden Austern abstösst. Diese werden in Sieben unter Wasser von den Cementbrocken geson- dert und dann in flache Kästen gebracht, deren Boden und Deckel aus getheerten Drahtgittern besteht, damit sie von Seesternen, Taschenkrebsen und anderen Austernfeinden nicht erreicht werden können. Aus den Schutzkästen wer- den sie erst dann in Austernteiche versetzt, wenn ihre Scha- len gross genug geworden sind, um den Feinden Widerstand zu leisten. Im Bassin von Arcachon und den Buchten der Bretagne werden viel mehr junge Austern geerntet, als dort marktgross gezogen werden können, man verkauft deshalb viele Millionen nach Marennes und Tremblade an der Mün- dung der Seudre, nach Holland und nach England. In den Austernparks und Zuchtteichen wird bei jeder Ebbe gear- beitet. Ungewöhnlich starke Bewegungen des Wassers und niedrige Temperaturen in der Schwärmzeit und im Winter können die Erfolge der künstlichen Austernzucht sehr be- einträchtigen. Vortragender legte einen mit jungen Austern besetzten Ziegel von Arcachon vor, auf dem sich auch zahl- reiche Würmer (Spirorbis nautiloides) niedergelassen hatten und Photographien von Austernparks mit Schutzkästen und Austernteichen, deren Dämme aus Ulexzweigen und Sand bestehen. Herr STADELMANN sprach über Strongylus circum- cinctus, einen neuen Parasiten aus dem Labmagen des Schafes. ar Im Heft 11 der Zeitschrift für Fleisch- und Milch- Hygiene vom Jahre 1893 that ich eines Wurmes Erwäh- nung, der in seiner Lebensweise mit Strongylus osterlagi STILES (convolutus ÖSTERTAG) übereinzustimmen scheint, d.h. der ebenso wie letzterer in linsenförmigen Wucherungen der Magenschleimhaut wohnt. Ich gab diesem bis jetzt immer noch hypothetischen Wurm den Namen $tr. vicarius und stützte meine Benennung darauf, dass ich thatsächlich in einem Knötchen einen Wurm fand, der sich von ostertagi durch das Fehlen der Glocke auszeichnete und auch sonst von den bekannten Schafmagen-Strongyliden abwich. Bisher Sitzung vom 22. Mai 189. 143 waren älle meine Nachforschungen nach diesem Parasiten leider vergeblich, sodass ich schon öfter annahm, das Opfer einer Täuschung geworden zu sein. Wenngleich es mir nun nicht gelungen ist, den gesuchten Wurm aufzufinden, so hatten meine fortgesetzten Untersuchungen von Schafmägen doch den Erfolg, andere mindestens ebenso interessante Thatsachen feststellen zu können. Denn einerseits bin ich in der Lage, das von STILES für Str. ostertagi zuerst in Amerika beobachtete Vorkommen beim Schafe auch für Deutschland bestätigen zu können, andererseits fand ich einen Parasiten auf, der trotz vieler übereinstimmender Merkmale doch so viele andere Eigenschaften aufzuweisen hat, dass das Aufstellen einer neuen Art gerechtfertigt er- scheint. Sämmtliche Schafmägen bezog ich vom hiesigen Schlachthofe. Ich suchte mir immer diejenigen aus, welche die charakteristischen Merkmale der ostertagi-Invasion auf- wiesen. In einem Magen, der noch durch die besonders charakteristische Röthung auffiel, fand ich die ganze Schleim- haut mit Nematoden übersäet, die sämmtlich der Gattung Strongylus angehörten. Es waren dies Str. contortus, oster- tagi und der neue Parasit. Letzterer ist dem Str. ostertagi sehr ähnlich und kann bei oberflächlicher Betrachtung leicht mit demselben verwechselt werden. Zumal er auch im Besitze der so auffallenden Vulvaglocke ist. Die Länge der Weibchen, denn nur von diesen will ich aus noch näher zu erörternden Gründen hier vorläufig sprechen, beträgt durchschnittlich 11 mm. Sie waren schlank, drehrund und maassen in der Körpermitte 0,144 mm. Die ziemlich starke Cutieula war hellgelb braun und liess die einzelnen Organe des Thieres deutlich erkennen. Der Kopf ist von einer sehr kleinen Kapsel umgeben, die sich deutlich vom übri- gen Körper absetzt. Papillen liessen sich um den Mund ' nicht nachweisen. Die äussere Cuticula ist quergestreift und zeigt eine deutliche Längsstreifung, die jedoch nicht so dicht wie bei ostertagg ist. Der Darm verläuft ziemlich gerade und ist meist von einer dunkleren Masse angefüllt, im mittleren Theile ist er undeutlich zu sehen, da er dort von den mächtig entwickelten Geschlechtsorganen verdeckt IT WE AFP 144 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ist. Der Ösophagus ist 0,624 mm lang und endet in einen Bulbus, der jedoch nicht scharf abgesetzt ist, sondern sich allmählich nach vorn zum Schlunde verjüng. Der Darm endet in einen After, der 0,189 mm vom Schwanzende ent- fernt ist. Die Vulva ist auch von einer aus einer Dupli- catur der äusseren cuticularen Schicht bestehenden Glocke überdeckt, die im Wesentlichen mit der von ostertagi über- einstimmt, nur ist sie oben etwas stärker zusammengezogen und der Rand in Folge dessen ein mehr geschweifter. An ihrer Ursprungsstelle zeigt sich eine deutliche Trennungs- linie, von derselben bis zur Spitze misst sie 0,27 mm. Die Vulva selbst stellt einen queren Schlitz dar, der senk- recht zur Körperaxe steht, sie ist 2,16 mm vom Schwanz- ende entfernt. Von der Vulva geht eine sehr kurze Va- gina in das Innere, von der aus quer gestellt je ein Uterus nach vorn und hinten zieht. An diese schliessen sich die Oviducte und die Ovarien, deren Anfangstheile ungefähr in der Mitte des Körpers liegen. Die Geschlechtsorgane zie- hen beinahe bis zur Höhe des Bulbus. Die Oviducte und Uteri waren von Eiern angefüllt, die eine zur Axe schräge Stellung hatten und theilweise Entwicklungsstadien, theil- weise schon fast entwickelte Embryonen bargen. Die Merkmale, die nun eine leichte‘ Unterscheidung von oster- tagi ermöglichen, befinden sich am Schwanzende Der Schwanz von ostertagt läuft allmählich in eine leicht ge- schwungene Spitze aus, die ohne be- Figur 1. Figur 2. sondere Kennzeichen ist. Bei circum- cinctus findet sich jedoch kurz vor dem Ende eine deutliche Anschwel- lung, die sich scharf vom Hinterende absetzt. Diese Anschwellung zeigt eine deutliche Ringelung, und zwar konnte ich durchschnittlich 4—6 ge- schlossene Ringe unterscheiden. Nach hinten zu schliessen sich noch einige undeutliche, auch nicht vollständig geschlossene Ringe an. Am lebenden Thier ist diese Rin- gelung am deutlichsten. In nebenstehenden Figuren sind Sitzung vom 22. Mai 1894. 145 diese Schwanzenden der beiden in Frage kommenden Wür- mer abgebildet, Fig. 1 stellt das von ostertagt, Fig. 2 das von circumeinctus dar. Die Frage, ob die Entwicklung dieses Wurmes ebenso wie die von ostertagi vor sich geht, konnte ich nicht entscheiden, wenngleich es mir wahrschein- lich ist. Denn ich fand diesen Wurm ebenso wie ostertagi auf der Schleimhaut und sämmtliche Knötchen, die ich untersuchte, leer. Nicht einmal Larven, wie es meist bei den von mir untersuchten Rindermägen der Fall war, konnte ich auffinden. Die Frage, welches von den ver- schiedenen Männchen, die ich im Magen fand, zur vorlie- genden Art gehört, will ich noch offen lassen. Zum Schlusse sei es mir noch vergönnt, auf verschie- dene verwandtschaftliche Beziehungen, welche unsere Art zu anderen Strongyliden hat, näher einzugehen. Der nächste Verwandte unserer Art ist ohne allen Zweifel ostertag:, aber auch zu contortus und ev. filicollis lassen sich nähere Be- ziehungen auffinden und zwar in Bezug auf die Vulva- glocke und ähnliche Bildungen, die ich schon an anderer Stelle mit der das männliche Hinterleibsende umgebenden Bursa verglichen habe. Die äusseren Copulationsorgane, x als solche kann man wohl ohne Weiteres diese Bursa-ähn- ; lichen Bildungen ansehen, bilden bei ostertagi und eircum- A einctus eine aus einem Stücke bestehende Glocke, während x sie bei contortus dreitheilig sind. Bei contortus befindet sich jederseits vom sogenannten fingerförmigen Fortsatz eine glockenförmige ceuticulare Bildung, die netzförmig. gestreift erscheint. Während die glockenförmigen Bildungen voll- ständig hyalin und nur von der äussersten cuticularen Schicht gebildet sind, ziehen in den fingerförmigen Fortsatz die übrigen Schichten und die Subeuticula in Form eines Stranges hinein und bilden gleichsam eine Bursalrippe. Bei älteren Exemplaren und befruchteten Weibchen sind häufig die beiden Seitenglocken abgefallen. sodass dann nur der fingerförmige Fortsatz übrig bleibt. Ein ähnliches Abfallen der Bursa, in diesem Falle der ganzen, berichtet schon MÜLLER von Str. paradoxus (MÜLLER, Die Nematoden der Säugethierlungen ete., Deutsche Zeitschrift für Thiermediein 146 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ete., XV, p. 295). Bei ostertagi und circumeinctus habe ich dies jedoch nie beobachtet, was wohl darin seinen Grund hat, dass hier die Ansatzstelle der Bursa eine viel grössere als bei den anderen genannten Arten ist. Von fileieollis beschreibt und bildet Monıy (ID sottordine degli Acrofalli, . p. 512, tab. XXVIIL, fig. 7) ein dem fingerförmigen Fort- satz ähnliches Gebilde ab. Ob es sich wirklich um einen solchen handelt, oder ob hier auch eine Glocke vorhanden ist, kann ich nicht entscheiden, da mir frisches Material zum Vergleich nicht vorlag und die mir zu Gebote stehen- den RuUDOLPHI schen Stücke zur Entscheidung dieser Frage nicht mehr die genügende Handhabe bieten. Merkwürdiger- weise thut SCHNEIDER in seiner Nematoden - Monographie, sowie auch die neuesten Autoren dieses Gebildes gar keiner Erwähnung. trotzdem schon RuporpuHı (Ent. Hist. nat,, I. p. 218) schreibt: „Vulva in quadam a caudae apice distantia sub tubereulo latet.*“ Eine Verwechselung mit circumeinctus ist schon durch den Wohnsitz fast und durch die Tricho- cephalus-artige Form von filicollis völlig ausgeschlossen. Ein einigermaassen gutes Unterscheidungsmerkmal zwischen ostertagi, circumcinctus einerseits und contortus andererseits bietet auch der Enddarm. Während er bei letzterer Art vom After gerade emporsteigt, ist er bei den beiden ersten geschwungen. Auch das Vorkommen der Widerhaken-ähn- lichen Bildungen am vorderen Körpertheil von contortus und filicollis lässt kaum Irrthümer zu. Die speciellen Unter- schiede zwischen ostertag: und circumeinctus sind oben des Näheren ausgeführt. Herr OTTO JaEkEL sprach über sog. Faltenzahne und complicirtere Zahnbildungen überhaupt. In einem Beitrag zur Histologie der Faltenzähne pa- laeozoischer Stegocephalen brachte kürzlich‘) H. CREDNER eine eingehende Darstellung der Mikrostructur dieser Zahn- bildungen von Sclerocephalus und sprach sich bei dieser !) Abhandlungen der math.-phys. Classe der kel. sächs Gesellsch. der Wissensch., Bd. XX, No, 4, Leipzig 1893, Sitzung vom 22. Mai 1894. 147 Gelegenheit über einige allgemeinere Punkte bezüglich der Histogenese und der Homologie dieser Gebilde aus. Er betrachtet die Faltenzähne als eine Summe verschmolzener Einzelzähne, wie sie sich isolirt noch auf den Gaumen- knochen von Sclerocephalus finden. Ich wende mich zunächst zur Besprechung des ersten Punktes, der Frage. ob jene Faltenzähne als Einzelzähne mit secundär eingefalteten Seiten oder als ein Aggregat ur- sprünglich getrennter Zähne aufzufassen seien. H. ÜURED- NER ist letzterer Ansicht; nach ihm!) „erweist sich jeder derselben als polysynthetisch, d. h. als das Product der Verschmelzung der Pulpen einer vielzähligen Gruppe von Zahnanlagen. In der Zahnspitze, dem phylogenetisch jüngsten und ontogenetisch ältesten Theile des Zahnes, ist diese Concrescenz am weitesten ge- diehen und ihr Ursprung von einer Summe von Zahn- anlagen verwischt.“ „Weiter hinab beginnt sich die ur- sprüngliche Vielzahl der Anlage durch die Gliederung der Pulpa zu Einzelpulpen vermittelst symmetrisch aufgebauter Radiärwände, den Dentinfalten, bemerklich zu machen (Pli- cidentin)“. Auch die Ausstülpungen, mit denen jene Dentin- falten seitlich in einander greifen, betrachtet ÜREDNER als Einzelzähne. ,„Dieselben verrathen die Invidualität ihres Ursprungs durch Secundärfächer von Dentinröhrchen, deren jeder einem der mit einander verschmolzenen Zahnkeime entstammt.“ Wir sehen also die Theorie in extenso durch- geführt und müssten danach einen complicirter gebauten Faltenzahn z. B. von Mastodonsaurus oder von Dendrodus als ein Aggregat vieler Hunderte, ja Tausende von Einzel- zähnen betrachten. | Wäre diese Auffassung richtig, so müssten drei That- sachen zu beobachten sein. Erstens müsste sich phy- logenetisch eine allmähliche Concrescenz von Zäh- nen dadurch erweisen, dass innerhalb einer Thier- abtheilung mit Faltenzähnen die älteren Formen sehr viel mehr Zähne besitzen als die jüngeren, Y) 1. c. p. 545 [71]. 148 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. besonders dann, wenn die Zähne der älteren we- niger complieirt gebaut sind als die der jüngeren. Zweitens müsste der Verschmelzungsprocess phy- logenetisch Fortschritte machen, d.h. bei den Zäh- nen jüngerer Formen müsste der ursprüngliche polysynthetische Ursprung innerhalb eines Zahnes immer mehr verwischt werden. Drittens müsste ontogenetisch der zuerst gebildete Theil des Zah- nes die ursprüngliche Synthese klarer erkennen lassen als die später gebildeten Theile des Zah- nes. Diese Entwicklungsgesetze haben eine zu allgemeine Gültigkeit, als dass wir berechtigt wären, ohne die zwin- gendsten Gründe in diesem Falle eine Ausnahme von den- selben anzunehmen. Betrachten wir zunächst die phylogenetische Entwick- lung von Faltenzähnen. Dieselben finden sich besonders typisch in drei Formenkreisen, den echten Crossopterygiern, den Labyrinthodonten und den Ichthyosauriern. Die Ver- treter der ersten Abtheilung treten fast zu gleicher Zeit im Devon auf, sodass ihre Altersunterschiede wenig auffallend sind; wir sehen aber, dass Osteolepis, der jedenfalls zu den ältesten Crossopterygiern gehört und wenig eingefaltete Zähne besitzt, keine wesentlich grössere Zahl von Kiefer- zähnen besitzt als seine Verwandten mit ungemein compli- cirten Faltenzähnen. ÖOsteolepis hat nach den Abbildungen PANDER’s in einem Kieferast etwa 25 Zähne, Holoptychöus (Dendrodus) etwa 75. Ein Zahn von Osteolepis würde bei seiner schwachen Faltung nach der CREDNER’schen Auffas- sung etwa aus 15 Primärzähnen bestehen, ein solcher von Holoptychius etwa aus 15 000'). Osteolepis müsste also nach jener Theorie etwa 3000 mal mehr Zähne gehabt haben, als er thatsächlich hat. Von Holoptychius liegen nach dem Catalog von A. Smirtu WoopwArD alle ihrem Alter nach bestimmten Formen im Oberdevon mit Ausnahme einer ein- zigen aus dem Unterdevon stammenden Art, und diese ist ') Ich zähle in einem Querschnitt etwa 1000; die Höhe der darin angeschnittenen „Einzelzähne“ ist so gering, dass deren sehr viele in jeder Falte über einander liegen. A Holoptychius paucidens Ac.! Unter den von den Osteo- lepiden abzuleitenden Rhizodonten zeigen gerade einige ihrer jüngsten Vertreter in der productiven Steinkohle eine für diese Familie ganz besonders starke Einfaltung ihrer mächtig entwickelten Fangzähne. Die Labyrinthodonten zeigen im Perm noch eine ziem- lich geringe Einfaltung ihrer Zähne, ihre triadischen Nach- kommen, zugleich die jüngsten Vertreter dieser Abtheilung, erreichen dagegen die höchste Complication der Faltenzähne, ohne dass die Zahl ihrer Zähne eine merkliche Verminde- rung erfahren hätte. Der erste Vertreter der Ichthyosaurier ist Mexosaurus aus dem Muschelkalk, der an der Basis seiner Zähne Sitzung vom 22. Mai 1894. 149 R eine sehr geringe seitliche Einfaltung zeigt, während bei 5 dem höchstentwickelten Ichthyosaurus die Zähne im Quer- f schnitt ein äusserst complieirtes Bild aufweisen. Hinsicht- lich der Zahnzahl ergiebt sich auch hier das diametral Ent- gegengesetzte von dem, was nach der Theorie anzunehmen wäre, denn Ichthyosaurus hat bei sehr weit eingehenderer Einfaltung der Zähne eine sehr viel grössere Zahnzahl als Mixosaurus. Auch die ontogenetische Entwicklung der Faltenzähne spricht gegen deren polysynthetische Entstehung. Eine di- recte Beobachtung über die Entwicklung jener typischen Labyrinthodonten-Zähne lässt sich freilich nicht mehr vor- nehmen, und auch über recente Entwicklungsvorgänge ähn- licher Art liegt meines Wissens keine Untersuchung vor, aber jedenfalls können wir das sehen, dass das ontogene- tische Reproductionsgesetz phylogenetischer Zustände hier auf den Kopf gestellt sein müsste, wenn jene Theorie richtig wäre. Denn zuerst bildet sich an einem Zahn durch eine Einstülpung seitens des Epithels die Spitze (bezw. die Spitzen, wenn der Zahn mehrspitzig ist. Erst in dem Maasse, wie der Kiefer wächst und der Zahnentfaltung Raum lässt, bilden sich die unteren Theile des Zahnes nach, und zwar nun innerhalb der ersten Kappe bezw. so, dass das zahnformende Epithel nur mehr seitwärts an den Zahn herantritt. Hier kann es durch Faltenbildung sehr Ben ne 150 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. wohl Falten im Zahn hervorrufen, aber niemals können sich innerhalb der ersten Schmelzkappe weitere Epithel- kappen und dadurch selbständige Zahnkeime entwickeln. Dass das Epithel sich an der Basis eines Zahnes mehr und mehr einfalten kann, ist nicht nur sehr oft zu beobachten, sondern auch sehr leicht verständlich, und wenn wir nach einem Grunde für diese Erscheinung suchen, so möchte ich hier auf zwei Gesichtspunkte hinweisen. Erstens ist bei dem lebhaften Zahnersatz, den wir im Allgemeinen bei nie- deren Wirbelthieren finden, ‘wahrscheinlich die Wucherung der Epithelzellen um den Zahnkeim herum ebenfalls eine lebhafte und dieses deshalb zu Faltenbildungen geneigt. Zweitens scheinen mir eine Reihe von Erscheinungen dafür zu sprechen, dass bei niederen Wirbelthieren die Grössen- entwicklung der Dentinröhrchen in engeren Grenzen liegt als bei den höheren Wirbelthieren. Nur diesem Umstande dürfte es zuzuschreiben sein, dass sich bei niederen Wirbel- thieren so vielfach Vasodentin entwickelt. In diesem Falle findet man in der Regel in der Zahnspitze Dentin einheit- lich um eine einfache Pulpa bezw. einen Mittelkanal ange- ordnet; im unteren. erweiterten Theil des Zahnes zerlegt sich die Pulpa in ein Strauchwerk von Kanälen, deren jeder sich mit einem Mantel kurzer Dentinröhrchen umgiebt. Bei den höher entwickelten Thieren bleibt der Zahnkeim, die Pulpa, einheitlich, und da die Leistungsfähigkeit im All- gemeinen von der Dicke des äusseren Dentinmantels ab- hängig ist, so wird dieser nach Kräften verdickt. Ist nun in solchem Falle bei der Vergrösserung des Zahnes nach unten das Maximum der Grössenentwicklung der Dentin- röhrchen erreicht, so giebt es nur zwei Möglichkeiten, ent- weder der Dentinmantel bleibt dünn im Verhältniss zu der Erweiterung des Zahnes, oder er faltet sich ein. Während im ersteren Falle der Zahn sehr an Widerstandskraft ver- lieren würde, kann er bei dem letzteren Auswege kräftig weiter wachsen, ohne seine Festigkeit wesentlich zu beein- trächtigen.. Wird freilich durch Hypertrophie dieser Ein- faltung der Bau sehr complieirt, so dürfte seine. Leistungs- fähigkeit wieder auf diejenige entsprechend grosser Vasoden- u see a ie 3 we er | Sitzung vom 22. Mai 1894. 151 tinzähne zurücksinken. Mit der höchsten Complication solcher Zähne schliesst jedesmal der phylogenetische Entwicklungs- process plötzlich ab. Die Thiere, welche in der genannten Richtung die höchste Entwicklungsstufe erreichen, ster- ben plötzlich aus, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Der ganze Bildungsprocess der Faltenzähne erscheint sonach als ein provisorisches Aushülfsmittel derjenigen Thierformen, deren Dentinentwicklung anderenfalls die Ausbildung gros- ser kräftiger Zähne noch nicht gestattete. Wie man aber auch über die Ursachen dieses Processes denken mag, jedenfalls sind jene Dentinfalten echte Falten, die sich in einen ursprünglich einheitlichen Dentinmantel einstülpen und nach unten zu immer schärfer ausprägen. Nach alledem glaube ich gegenüber der Ansicht H. ÜREDNER Ss an der älteren Auffassung festhalten zu müssen, dass die Faltenzähne als einheitliche Zähne zu betrachten sind, deren Falten secundär entstanden. Wenn ich in der genannten Arbeit CrEDXEr's die An- merkung auf pag. 547 [73] lese, so möchte ich glauben, dass er mit seiner Annahme lediglich eine in unserer Zeit wiederholt vertretene Theorie stützen wollte, dass die mehr spitzigen Zähne der Säugethiere als Zahnaggregate zu be- trachten seien. Ich halte für sehr wohl möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass bei mehrspitzigen Zähnen die Keime der obersten Spitzen ursprünglich getrennt angelegt werden und erst bei weiterer Verkalkung des Zahnes nach unten verschmelzen; aber ich halte es mindestens für sehr ge- wagt, daraus den Schluss zu ziehen, dass sich z. B. die mehrhöckerigen Zähne der Säugethiere phylogenetisch aus mehreren conischen Zähnen entwickelt haben. Die Palaeon- tologie bietet jedenfalls.hierfür keine Beweise, wohl aber zahlreiche Thatsachen, die dagegen sprechen. Die compli- eirtest eingefalteten Zähne zeigt gegenwärtig der Elefant, sein Vorfahr ist unzweifelhaft das ausgestorbene Mastodon. Innerhalb dieser Entwicklungsreihe können wir nur ver- folgen, dass eine Vermehrung der Zahnlamellen unter gleich- zeitiger Verminderung der Zahnzahl stattgefunden hat, wäh- rend die Zahl der Zitzen-tragenden Querwülste sämmtlicher 152 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Zähne eines Kiefers von Mastodon nicht halb so gross ist als die Zahl der Lamellen in den Seitenzähnen z. B. von Elephas primigenius. Wie will man sich mit jener Theorie überhaupt erklären, dass verschiedene Arten derselben Gat- tung oft eine so verschiedene Zahl von Höckern auf den Zähnen aufweisen, wenn man jedem derselben eine stammes- geschichtliche Bedeutung zumessen will? Nachdem W. Danmzs den Nachweis erbrachte, dass die Zahnwale ihre Zähne gegenüber ihren landbewohnenden Vorfahren er- heblich vermehrt haben, ist es doch unmöglich, anzu- nehmen, dass die seitlichen Höcker eines Zeuglodon - Zah- nes ebenso vielen ursprünglich getrennten Zähnen ihrer Vor- fahren entsprechen. Man braucht auch nur die Verhält- nisse bei den Selachiern zu betrachten, um sich zu über- zeugen, wie schnell sich solche Höckerbildungen einstellen können. Khynchobatus djeddensis besitzt glatte Zahnkronen und sein nächster Verwandter, Rhynchobatus ancylostoma, bei gleicher Zahnzahl kräftige Querhöcker auf den Zähnen. Aber gerade die an sich so klaren Zahnbildungen der Se- lachier sollen die Beweise für jene Hypothese liefern. So sollen die 6 grossen Zähne im Unterkiefer von Notidanus aus so viel Zähnen verschmolzen sein, als sie Spitzen tragen. Dass diese Annahme unzulässig ist, ergiebt sich daraus, dass sich bei einzelnen jüngeren Arten die Zahl der Spitzen auf den grossen Zähnen sehr erheblich ver- mehrt, ohne dass sich die Zahnformel ändert, d.h. die Zahl der grossen Zähne verringert. Wenn C. Röse') annimmt, dass die Zahnplatten von Dipnoern aus soviel Zähnen be- stehen als sie aufsitzende Pulpalkanäle besitzen, so über- sieht er ganz, dass die Zahnplatten der palaeozoischen Dipnoer zahlreiche wohl geschiedene Höcker und Spitzen aufweisen, deren jeder eine ganze Anzahl solcher Pulpal- kanäle in sich vereinigt. Wenn hier ein Verschmelzungs- process vorliegen soll, so könnte man nur jene einzelnen Höcker als die ursprünglich getrennten Individuen auffassen, ') Anatomischer Anzeiger, VII, 1892. ' Sitzung vom 22. Mai 1894. 153 niemals aber deren unter einander anastomisirende Pulpal- kanäle. . Nach dem hier Gesagten muss ich mich natürlich auch gegenüber der zweiten von H. ÜREDNER vertretenen An- sicht ablehnend verhalten, dass die einzelnen Elemente jener Faltenzähne homolog seien den kleinen Zähnchen, welche auf den Gaumenknochen isolirt auftreten. Bezüg- lich der letzteren und der Auffassung der Gaumenknochen überhaupt möchte ich noch hervorheben, dass mir deren völlige Gleichstellung mit den Schuppen der Ganoiden nicht zulässig erscheint. Das Charakteristische der letzteren ist ‚ihre Schmelzbedeckung, welche erst bei ihren jüngeren Ver- tretern, die zu den Teleostiern überleiten oder aussterben, verloren geht. H. CREDNER stützt sich nun darauf, dass der jenen Gaumenknochen fehlende Schmelz auch den Ga- ‚noiden fahle, da H. KLaartscH') nachgewiesen habe, dass der Schmelz der Ganoiden nicht epithelialer Entstehung und deshalb kein Schmelz sei. Dass diese Auffassung auf einem Irrthum beruhen musste, erschien mir von vornherein zweifellos; ich glaube aber aus einer persönlichen Bespre- chung mit Herrn KLAATSCH auch mit Sicherheit entnehmen zu können, dass er jene Ansicht nicht aufrecht erhalten wird. Man braucht nur an einem Querschnitt durch eine gut erhalteue Ganoidschuppe im polarisirten Licht die An- »- lagerung der Schmelzlagen an die Dentinsubstanz zu beob- achten, um sich von der Echtheit des Schmelzes bei Ganoid- schuppen zu überzeugen. Demgemäss kann meines Erach- tens auch von einer engeren Homologie jener Gaumen- knochen und der Schuppen der Ganoiden nicht gesprochen werden. Es scheint, dass überall da, wo sich Schuppen- bildungen oder Hautknochen sehr in der Fläche ausdehnen, die Betheiligung des Epithels an ihrer Verkalkung aufhört. 2) Morphol. Jahrb., XVI, 1890, p. 97. 154 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (PoToNXık), IX, No.16-—20. Leopoldina, Heft XXX, No.5—6. | Sitzungsberichte der Physikal.-medicin. Societät in Erlangen, 25. Heft, 1893. General-Doubletten-Verzeichniss des Schlesischen Botan. Tausch-Vereins, XXVI. Tauschjahr 1893— 94. Vierteljahrsschrift d. naturf. Gesellsch. in Zürich, XXXIX. Jahrg., 1. Heft. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau, 1894, März. -Annalen des k. k. Naturhist. Hofmuseums, IX. Bd., No.1. Wien 1894. | Földtani Közlöny. XXIV. Kötet, 4.—5. Füzet. Buda- ‚pest 1894. Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1894, No. 200 u. ‚201. Indiei del Bollettino delle Pubblieazioni Italiane nel 1891. | Firenze 1891: Tijdschrift Neederl. Dierk. Ver.,.II. EN Deel 4, Ara. ge ‚Videnskabelige Meddelelser for Aaret. 1893. Kjöbnhavn. (reologiska Förenings i Stockholm Förhandlingar, ‚Ba. 16, Hätte 4. "Annales. de la Facults des na de; Marseille, Tome III, Fase. IV. Marseille 1893. Proceedings of the Zoolog. Society. of London for 1893, Part IV. "Transäctions of the Zoolog. Society of‘ Löndon, ‚Vol. XI, Pt. 8: | -Journal’ of the Royal Mioroscopical Society, 1894, Part. 2. London 1894. -Tufts: College: Studies,, No.: 1. March. 1894, A ‚Journal: of. the ‘Elisha' Mitchell Seient. Society, Vol. X, Part I. Raleigh, N. €. 1893: Psyche, Journal of Entomology. Vol. VII, No. 217. Actes de la Societe Scientif.. du. Chili,. Tome IH, 5. Live. Santiago 1894. | Memorias y Revista de la Sociedad Cientifica „Antonio Alzate“, Tomo VII, No. 7—10. J. F. Starcke, Berlin W, a 8 EI re , ur zZ Nr. 6. | 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 19. Juni 1894. Vorsitzender (in Vertretung): Herr P. ASCHERSON. Herr OTTO JaekeL legte eine Platte mit Encerinus Carnalli BEYR. vor und bemerkte dazu Folgendes. Vor Kurzem erwarb die geologisch - paläontologische Sammlung des kgl. Museum für Naturkunde eine Platte aus dem unteren Muschelkalk von Freiburg in Thüringen, auf welcher 17 Exemplare des Enerinus Carnalli BEYR. in äusserst günstiger Erhaltung liegen. Diese bisher im deut- schen Muschelkalk so selten gefundene, durch ihre violette Färbung leicht kenntliche Crinoidenform muss in Freiburg a. d. Unstrut in sehr grosser Individuenzahl gelebt haben, wenigstens ist in dem letzten Jahre daselbst in den Kalk- brüchen eine Bank aufgedeckt worden, welche zum Theil nahezu besät ist mit den Exemplaren genannter Art. An- dere Fossilien sind zwischen den Crinoiden selten, nur Eindrücke von Ophiuren finden sich gerade auf unserer Platte in grösserer Zahl. Die Gesteinsplatte besteht aus einem reinen, ziemlich dichten Schaumkalk, dessen Oberfläche ockergelblich bis rostbraun gefärbt ist und unstreitig die Oberfläche eines einstigen Meeresgrundes darstellt, auf welchem sich jene Crinoiden angesiedelt hatten. Auf diesem Boden finden sich verschiedene scharf ausgeprägte Schlepp- und Kriech- 6 156 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. spuren, ferner sind die von den Ophiuriden hinterlassenen Eindrücke in der gebräunten Oberfläche vollkommen scharf. Die sich schon hieraus ergebende Folgerung, dass jener Meeresboden bis zu einem gewissen Grade erhärtet sein musste, ehe sich weitere Schichten auf ihm ablagerten, wird dadurch bestätigt. dass die Crinoiden sich mit kegel- förmiger Wurzel auf dem Boden anhefteten. Dies ist immer nur auf festem Boden der Fall, während sonst in weichem Grunde eine strauchartige Verzweigung des unteren Stiel- endes zur Fixation der Crinoiden dient. Dadurch ist ein wichtiger Schlüssel zur Beurtheilung der Sedimentation der betreffenden Schicht gegeben. Hier musste der Boden un- streitig zur Zeit der Ansiedelung der Crinoiden eine ziem- liche Festigkeit erlangt haben, was für die Art der Bildung submariner Kalkschichten nicht ohne Interesse ist. Die Sedimentation muss dabei jedenfalls in der Weise vor sich gegangen Sein, dass das Meerwasser über dem Boden nur sehr wenig suspendirte Kalkpartikelchen enthielt, wenn sie nicht überhaupt nur auf chemischem Wege durch Nieder- schlag festen Kalkes auf dem bereits vorhandenen Boden erfolgte. Jedenfalls muss das Wasser also über dem Bo- den relativ klar und rein gewesen sein. Ueber dieser besprochenen Kalkbank lag eine gelb- liche lehmige Schicht, als ich die Platte erhielt, nur in der geringen Mächtigkeit von einigen Millimetern; sie dürfte vielleicht an Ort und Stelle im Steinbruch dicker gewesen sein. Von dieser Lehmschicht wurden nun alle Organismen an ihrer Oberseite überdeckt, während sie mit ihrer Unterseite meist unmittelbar in den dichten Kalk des Untergrundes eingebettet sind. An anderen mir vorliegen- den Platten aus der gleichen Bank sind die Kronen gänz- lich in der Lehmschicht eingeschlossen. Unmittelbar über- zog die Crinoiden eine schmutzig-grünliche, dünne, thonige Schicht, welche sich sehr leicht von ihren Skelettheilen entfernen liess und auch zu deren vorzüglicher Erhaltung vie] beigetragen haben mag. Mit der Ablagerung dieses lehmigen Schlammes muss- ten sich die ökologischen Verhältnisse für die Bewohner Sitzung vom 19. Juni 1894. 157 des vorher reinen Wassers sehr wesentlich und jedenfalls nicht zu ihrem Vortheile ändern. Namentlich ist nicht an- zunehmen, dass Crinoiden bei der eigenthümlichen Art ihrer Ernährung in stark verschlammtem Wasser leben können. Die hieraus sich ergebende Folgerung, dass dieselben bei der Ablagerung der Lehmschicht schnell gestorben seien, erlangt meines Erachtens dadurch eine sehr beweiskräftige Stütze, dass in der betreffenden Bank Individuen der ver- schiedensten Altersstadien liegen. Die zahlreichen kleinen Individuen sind jedenfalls nicht klein gebliebene Krüppel- formen, sondern echte Jugendformen, wie sich besonders aus der Stellung des Basalkranzes ergiebt. Die Annahme, dass diese Jugendformen eines natürlichen Todes gestorben seien, ist durchaus unwahrscheinlich; und somit bleibt als das einzig Wahrscheinliche nur die Annahme übrig, dass die plötzlich eingetretene Verschlammung des Meeresbodens die ganze Crinoidencolonie zu gleicher Zeit zum Absterben brachte. Die Bildung der grünlichen unmittelbaren Umhüllungs- schicht der Crinoiden muss, da sie sonst auf der Platte fehlte, durch die Crinoiden selbst hervorgerufen sein und ist nur dadurch u. zw. sehr einfach zu erklären. dass die Crinoi- den bei ihrer Verwesung Fette absonderten, welche von der die Cadaver umgebenden Lehmschicht aufgesaugt wur- den. Fettkügelchen finden sich ja in grosser Zahl in den Weichtheilen und besonders in den Armen lebender Cri- noiden; und ausserdem bildeten sich bei der Verwesung der Weichtheile Fettsäuren, welche von der die Cadaver umhüllenden, wenig durchlässigen Lehmschicht festgehalten wurden und deren Umwandlung in eine klebrige, jetzt schmutzig-thonig erscheinende Substanz bedingten. Nun zeigt sich aber bei den Crinoiden unserer Platte noch eine weitere Erscheinung, die in ihren Folgen sehr wichtig geworden ist. An 9 von 17 Kronen sind die oben gelegenen Arme abgelöst und bisweilen in toto, meist in einzelnen Stücken eine Strecke weit von dem Kelch auf dem Boden verstreut. Da diese auffallende Erscheinung an der Mehrzahl der Kelche zu beobachten ist, so kann sie 158 Gesellschaft naturforschender ' Freunde, Berlin. nicht als Zufall betrachtet werden, sondern muss eine gemein- same Ursache haben. Diese kann aber nur darin zu suchen sein, dass die aus der einhüllenden Schlammschicht heraus- ragenden Theile der bereits verwesten Crinoiden durch Strömungen abgelöst und ein Stück weit verschleppt wur- den. Da sich Comatuliden-Larven nur in ruhigem Wasser ansiedeln, so werden wir annehmen dürfen, dass das Meer- wasser zu Lebzeiten der Crinoiden von localer Circulation abgesehen ruhig war, und jene Strömung erst mit der Ver- schlammung eintrat. Der schnelle Wechsel kalkiger und mergeliger Schichten in unserem deutschen, in der Nähe der Küste gebildeten Muschelkalk macht ja sowieso die Annahme häufiger Strandverschiebungen unerlässlich, und so können die obigen Auffassungen der beobachteten Er- scheinungen wohl in keiner Weise befremden. Die besprochene Ablösung der oben gelegenen Arme von den Kronen hat nun die für das Studium jener Cri- noiden äusserst erfreuliche Folge gehabt, dass dadurch an einer Reihe von Exemplaren die Kelchdecken in aus- gezeichneter Weise freigelegt worden sind. In einigen wie in der beistehend skizzirten Krone (Fig. 1) hat die Kelch- N N m RSS TG Mr ——G - TR SITa aa re ee” s 7, = m Gin, ® Zn EEE Ser Ä 4 I N ü = \8i Eh / 17 VANRERARTE Mn See Yan, zen PH ven Spa, 202 | je Sitzung vom 19. Juni 1894. 159 decke ihre ursprüngliche Lage beibehalten und ist nur durch das Zusammensinken der Krone etwas in Falten ge- legt. In anderen Fällen ist sie nach ihrer Ablösung von den fortgeführten oberen Armen in sich zusammengesunken und mehr oder weniger flach auf der nach unten gewen- deten inneren Kelchfläche ausgebreitet. Sie liegt demnach in sehr verschiedenen Lagen vor und zeigt dadurch ohne weiteres, dass ihr jede Starrheit fehlte und sie trotz ihrer Verkalkung lederartig biegsam war. Ihre Skeletirung be- steht aus einem dünnen Pflaster sehr kleiner, kaum milli- metergrosser Kalkplättchen, deren Grösse sich ungefähr gleich bleibt. An zahlreichen Stellen sieht man deutlich, wie sich die Decke an den Armen erhebt und in deren Saumplättchen übergeht. Sämmtliche Kelchdecken sind über dem Mund und den Ambulacralrinnen geschlossen, wie dies auch bei anderen fossilen Kelchdecken von Arti- culaten der Fall ist!) und auch bei lebenden Comatuliden nicht selten zu beobachten ist. Ich glaube, dass sich na- mentlich bei solcher Verschlammung des Meeresbodens der Mund und die Ambulacralrinnen fest verschlossen, und jeden- falls dürfte dies der einzige Zustand sein, in welchem sie in sich Halt genug besassen, um bei der Verwesung der Weichtheile in Zusammenhang zu bleiben. Auch das Skelet der Kelkdecke ist, wie das aller übrigen Skelettheile, violett gefärbt. An einigen der Kelchdecken gelang es mir nun ohne grosse Mühe, auch den Analtubus frei zu legen. An dem einen der Exemplare ragt er frei als kurzer Schlauch über die vollständig erhaltene Decke hervor. Seinen Bau sieht man am Besten an dem nebenstehend in 3facher Grösse abgebildeten Fragment einer Kelchdecke (Fig. 2). Der Analtubus ist, wie besonders an diesem Exemplare deutlich zu sehen ist, in Figur 2. eine Anzahl — ungefähr 8 — fingerförmiger Falten zusammengelegt, welche die Afteröffnung umschlie- ') JAEKEL. Ueber Kelchdecken von Crinoiden. Diese Sitz. -Ber., 2894, Mol 15 9; 160 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ssen. Eine Täfelung ist in diesen Fingern nicht mehr zu bemerken, sodass dieselben wie einheitliche Skeletstücke erscheinen. Dass sie das aber waren, ist deshalb nicht anzunehmen, weil sich der Afterschlauch ohne scharfe Grenze in die Kelchdecke fortsetzt und, wie bei lebenden Formen, beim Austritt der Faeces elastisch erweiterte. Jedenfalls aber erfolgte immer der Schluss unter gleich- mässiger Faitenbildung, sodass diese Falten eine morpho- logische Constanz erlangten. Die Feinheit der Täfelung und die spätere Infiltration kohlensauren Kalkes in die im Bo- den eingebetteten Skelettheile der Echinodermen erklären es, dass im fossilen Zustande die Grenzen solcher winzig kleinen, fest an einander liegenden Plättchen verschwinden. Als ich nach diesen Funden das grosse Material der anderen Arten von Fxerinus in unserem Museum auf erhaltene Spuren der bisher vermissten Kelchdecke hin musterte, fand ich nun eine solche auch bei einem Exem- plar von Enerinus Schlotheimi von Weenfen in Braunschweig, allerdings in einem recht ungünstigen Erhaltungszustande. Auf der betreffenden Platte liegen zwei Exemplare, davon das eine in seitlicher, normaler Lage. Die Krone des anderen liegt mit ausgebreiteten Armen auf der Schichtfläche, die Ventral- seite nach unten gewendet. Indem nun von diesem Exem- plar der Kelch abgelöst oder beim Brechen der Platten abgesprengt wurde, ist die dem Boden aufliegende Kelch- decke freigelegt und von innen sichtbar geworden. Ihr Erhaltungszustand lässt nur soviel mit Sicherheit er- kennen, dass sie mit sehr kleinen Plättchen getäfelt und biegsam war. Da die Verkalkung anscheinend kräftiger war als bei Enerinus Carnali und auch nur eine flache Falte die normale Wölbung der Kelchdecke unterbricht, so dürfte die letztere solider und weniger biegsam, im Uebri- gen aber der unseres E. Carnalli gleich gewesen sein. E. kilüformis wird sich entsprechend seiner nahen Verwandt- schaft mit E. Schlotheimi und seiner kräftigen Skeletbildung näher an diesen als an FE. Carnalli angeschlossen haben. Mit diesen Funden ist nun endlich die lang ersehnte Kelchdecke von Enerinus bekannt geworden, und wie man a. en - “ Sitzung vom 19. Juni 1894. 161 sieht, unterscheidet sich dieselbe in einigen Punkten so- wohl von denen der übrigen Articulaten, wie auch im Be- sonderen von denen des Dadocrinus und Holocrinus aus dem Muschelkalk. Bei Holoerinus') finden sich besonders in der Mitte der Kelchdecke relativ grosse Platten von unregelmässiger, meist länglich ovaler Form. Bei Dadoerinus ist dieselbe zwar noch nie vollständig beobachtet, aber nach den mir vorliegenden Stücken glaube ich mit Sicherheit annehmen zu dürfen, dass sie von mässig grossen, unter sich ziemlich gleichen, flachen Plättchen bedeckt war. Dass dieser Bau der Kelchdecke für die älteren Pentacriniden charakteri- stisch war. beweist das in meinem Besitz befindliche und hier früher beschriebene?) Exemplar von Extracrinus fos- silis aus dem unteren Lias von Lyme Regis. Bei diesem zeigt aber der Analtubus noch interessante Beziehungen zu den Fistulaten. Wie ich 1. c. hervorhob, sind bei Extra- erinus die einzelnen Skeletstücke in verticale Reihen ge- ordnet und besitzen auch die ganz eigenartige Sculptur der entsprechenden Theile bei Poteriocriniden. Während sich die Täfelung der Kelchdecke bei einigen Pentacriniden so- wie bei Apiocriniden in der Entwicklung relativ grosser, dünner Plättehen erhält, redueirt sie sich bei anderen Pen- tacriniden und namentlich Comatuliden in der Weise, dass die Kalkplättchen zu kleinen Körnchen verkümmern, oder isolirt werden, und die Kelchdecke schliesslich im extremen Falle, wie besonders bei Arten von .Actinometra, zu einer glatten lederartigen Haut wird. Im Bau des Analtubus sind die Poteriocriniden-Charaktere bei den recenten Arti- culaten verloren gegangen. Dieselben zeigen einen ein- fachen wie die Kelchdecke skeletirten Schlauch, dessen !) R. WAGNER. Ueber Enerinus Wagneri BEN. aus dem unteren Muschelkalk von Jena. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft, Berlin 1887, Bd. XXXIX, p. 822. — JAEKEL. Ueber Holocrinus W. u. Sp. aus dem unteren Muschelkalk. Diese Sitz.-Ber., 1893, No, 8, p. 203 und 204. 2) Diese Sitz.-Ber., 1891, No. 1. 162 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Endöffnung von freien, fingerförmigen Stücken, oder im ge- schlossenen Zustande von festeren Falten umgeben ist. Die Kelchdecke von Knerinus unterscheidet sich hier- nach nicht unerheblich von denen des Holocrinus, Dado- crinus, Extracrinus und Apioerinus, also allen älteren Arti- culaten, deren Kelchdecken man überhaupt kennt, und lässt eine Differenzirung erkennen, wie sie innerhalb der Penta- criniden und Comatuliden erst in nachliassischer Zeit er- reicht wurde. Encrinus zeigt daher im Bau seiner für die Systematik stets wichtigen Kelchdecke eine weitgehende Specialisirung und wird dadurch aus dem Zusammenhang mit den älteren Articulaten noch mehr gelöst. Die extreme Zweizeiligkeit der Arme, die Einbiegung der Unterseite des Kelches und die dadurch herbeigeführte Rückbildung des oberen Basalkranzes lassen ja die typischen Arten von En- crinus sowie den sStemmatocrinus cernuus TRD. aus dem ÖObercarbon auch in ihrem äusseren Aussehen leicht von Holoerinus, Dadocrinus, den Pentacriniden und Apiocriniden unterscheiden. Dass sie aber bei dieser Selbstständigkeit gegenüber den letzteren besser mit den Fistulaten, wie WACHSMUTH und SPRINGER wollen, zu vereinigen wären, als mit den Articulaten, das wird gerade auch durch den Bau der Kelchdecke von Enerinus auf das Klarste widerlegt. Dieselbe zeigt gar keine Anklänge mehr an die wichtigsten Charaktere der Poteriocriniden, weniger noch, wie gesagt, als die älteren Pentacriniden. Somit glaube ich auch diese Verhältnisse als einen neuen Beleg dafür betrachten zu können, dass die Encriniden (Fnerinus und Stemmatoerv- nus) echte und bereits hoch specialisirte Vertreter der Ar- ticulata sind. Herr F. E. ScHuLzE giebt einen kurzen Bericht uber den Bau von Limnocnida taganicae GÜNTHER nach den Untersuchungen von R. T. GÜNTHER. J. FT. Starcke, Berlin W. Nr. 7. 1894. Sitzungs-Bericht Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 17. Juli 1894. Vorsitzender: Herr SCHWENDENER. Herr K. Mösıus theilte mit, dass Dr. ErıcH Haase, Ehrenmitglied der Gesellschaft Naturforschender Freunde, Direktor des Kgl. Siamesischen Museums in Bangkok, am 25. April 1894 im dortigen Hafen gestorben sei, als er im Begriff war, nach Deutschland zurückzukehren, und gedachte der anregenden Vorträge, die der unermüdliche Arthropoden- forscher vor seiner Reise nach Siam in den Sitzungen der Gesellschaft gehalten hatte. Herr von MARTENS sprach über die von Dr. Bonus in Paraguay gesammelten Mollusken, insbesondere einige Varietäten von Odontostomus striatus, unter Vorzeigung der interessanteren Stücke. Während die Säuge- thiere und Vögel dieses Landes schon im ersten Drittel unseres Jahrhunderts durch Azarı (Reise 1787—1801, Publikationen 1801—1810) und RENGGER (1830) näher be- kannt geworden sind und diese Arbeiten vielfach den Aus- gangspunkt auch für die Kenntniss der südbrasilischen Thiere gebildet haben, ist es mit den Land- und Süss- wasser-Mollusken umgekehrt gegangen, wir kennen die süd- brasilischen schon seit geraumer Zeit, zuerst durch MAwe, Spix, BESCKE u. A., dann durch OrBIGnY und neuerdings wi 7 een en nn .- er au Han aa 6 > ae En z 186 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. | völlig ausgewachsenen Individuum zugehörigen Schädel y ; eine Anzahl von Charakteren, welche dafür sprechen, dass 4 derselbe nicht nur einem wirklich wilden Büffel, sondern Fig. 1. Schädel des Bubalus moellendorffi NHRG. von der Insel Busuanga. !/s nat. Gr. Nach der Natur gezeichnet von Herrn Dr. G. RöRIG?). — Fig. 2. Der letzte Praemolar (pi HENsEL) des rechten Oberkiefers, von der Kaufläche gesehen. '/s nat. Gr. — Fig. 3. Derselbe Zahn, von der Gaumenseite gesehen. !/s nat. Gr. auch einer besondern, meines Wissens noch nicht beschrie- benen Species angehört. Dass es sich um ein wirklich ') Alle Zähne gehören dem definitiven Gebiss an und zeigen durch- weg einen mittleren Grad der Abkauung, wie man ihn zu odontologischen Studien gern hat. Nach dem Gehörn halte ich den Schädel für männlich. ?) Herr Dr. G. RörıG, Assistent an der mir unterstellten zoolog. Sammlung der Kgl. Landw. Hochschule, hat die obige Zeichnung als eine geometrische hergestellt und dabei den Schädel so gelegt, dass man verhältnissmässig viel von dem Binverhanpie incl, der a ki zu 4 sehen bekommt, ' 2 Sıtzung vom 16. October 1894. 187 wildes Thier handelt, schliesse ich aus den ausserordent- lich kräftigen, markierten Formen des Schädels. Alle die Kennzeichen, welche RÜTIMEYER in seinen Arbeiten über prähistorische Hausthiere als charakteristisch für die Schädel und Knochen der wirklich wilden Thiere gegenüber den gezähmten bezw. verwilderten anführt, lassen sich hier be- obachten. In der mir unterstellten Sammlung befinden sich mehrere Schädel von erwachsenen, unzweifelhaft wilden Exemplaren afrikanischer Büffel, welche in voller Freiheit - gelebt haben und auf der Jagd erlegt sind; dieselben unter- scheiden sich in Bezug auf die Energie der Formverhältnisse und in der Beschaffenheit der Knochenstructur durchaus nicht von dem vorliegenden Schädel. Derjenige Büffelschädel, den Herr von MOELLENDORFF 1890 als den eines angeb- lich wilden Büffels von Luzon unserer Sammlung zugehen liess, und welchen ich damals (a. a. O., p. 101) auf seine Angabe hin als „Bubalus kerabau ferus* bezeichnete, er- scheint neben dem Busuanga-Schädel nicht als der eines wirklich wilden Exemplars, so dass ich dem nunmehr modifieierten Urtheile MOELLENDORFFS über jenen Schädel beistimme; doch schreibe ich ihn nicht einem verwilderten Exemplare des „gewöhnlichen“ Büffels (B. buffelus = B. indicus), sondern des Kerabau (B. kerabau) zu. - Was die specifischen Charaktere anbetrifft, so scheinen mir dieselben eine nahe Verwandtschaft mit dem sog. Tamarao, dem Zwergbüffel von Mindoro, anzudeuten. Dieses gilt namentlich von der Bildung der unteren Backen- zähne, die (abgesehen von dem Talon des m 3, welcher eine isolierte dreieckige Schmelzinsel zeigt) nur ein ver- grössertes und vergröbertes Abbild der entsprechenden Zähne unseres Tamarao-Schädels darstellen. Beide Gebisse har- monieren auch in dem Punkte, dass die unteren Prämolaren fast ganz ohne Cement-Belag sind und auch die Molaren nur einen relativ dünnen Cement-Belag zeigen. ‚Sehr auffällig und abweichend erscheint mir die Form des letzten oberen Praemolars (pi Hessen). Wie Fig. 2 und 3 deutlich erkennen‘ lassen, zeigt dieser Zahn an seiner Gaumenseite einen stark entwickelten accessori- 188 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. schen Pfeiler (a), der auf der Kaufläche als accessorische Schmelzfalte sich geltend macht. Diese Bildung findet sich 2 völlig symmetrisch auch an dem entsprechenden Zahne des linken Oberkiefers. Hierdurch weicht das Gebiss des vor- liegenden Busuanga-Büffels stark ab von den Gebissen der sonstigen zahlreichen Büffel, welche ich vergleichen konnte. Ich fand bei anderen Büffeln an dem betr. Zahne entweder gar- nichts von jener accessorischen Schmelzfalte, oder nur eine sehr schwache Andeutung einer solchen '); daher halte ich mich für berechtigt, in jener eigenthümlichen Bauart des p1 sup. (HENSEL) einen besonderen Species-Charakter des Busuanga- Büffels zu erkennen, so lange nicht nachgewiesen ist, dass es sich hier nur um eine singuläre, individuelle Abweichung handelt. | Auch die Schneidezähne bieten im Vergleich zu den mir sonst vorliegenden Büffeln manche Besonderheiten dar; doch lassen sich die letzteren ohne Abbildungen kaum hin- reichend klarstellen, so dass ich mich hier vorläufig mit dieser Andeutung begnügen muss. ' Die Bildung der Hörner erinnert stark an diejenige des Tamarao von Mindoro,; nur sind die Hörner plumper gebaut und mit den Spitzen mehr abwärts gerichtet. Der Querschnitt ist, abgesehen von den Spitzen, deutlich drei- kantig. Auffallend scharfkantig erscheinen die knöchernen Hornzapfen; die beiden Vorderkanten derselben sind so scharf entwickelt, dass sie fast völlig rechtwinklig aussehen, wie ich dieses in gleicher Ausbildung noch nicht an einem andern Büffelschädel beobachtet habe. Unser Tamarao- Schädel zeigt eine ähnliche, doch weniger scharfkantige Ent- wickelung der Hornzapfen. | Die Bullae auditoriae sind von derselben Form, wie beim Tamarao, d. h. rundlicher und dicker, als bei den mir vorliegenden Schädeln von Bub. indieus. Dagegen ist 4 !) Eine solche Andeutung zeigt unser Schädel von Bub. mindo- rensis und einer unserer Schädel von Bub. arni; aber es bleibt doch noch ein grosser Unterschied zwischen einer schwachen Ausbuchtung des Schmelzblechs und der stark ausgebildeten Schmelzfalte, welche der betr. Zahn des Busuanga-Büffels zeigt. u ee ee re ee ee Dan ee Sitzung vom 16. October 1894. 189 die Stirn stärker gewölbt und fällt nach der Oceipitalfläche steiler ab, als bei Dub. mindorensis, ähnelt also mehr der Stirnbildung des B. indieus. Trotzdem bleibt eine deut- liche Aehnlichkeit im Schädelbau des Busuanga- und des Mindoro-Büffels erkennbar. Ueber die Dimensionen giebt die nachfolgende Tabelle Auskunft. Messungs-Tabelle. Die Maasse sind in Millimetern angegeben. Bubalus Bubalus moellendorffi mindorensis ad. d fl ad Landw. ie Hochsch. L. H Z. M Berl. Dresden . Basallänge des Schädels v. Unter- a a Zah ba a A ee ale A u dr ke» il ln tl Zn nn mund Du d EB u Z Bl Le a nu = Bun mal. Du nf fh . rande d. For. magnum ab. . 438 353 852 2. Totallänge des Schädels v. den Condylen ab. . 469 381 | 380 | 3. Breite am Hinterhaupt, nahe über | armeak -audikisext.;, 2... 211 4 4. Breite an den Jochbogen . . . 204 163 165 5. Breite an den Intermaxillaria . . 101 16 6. Umfang eines der Hörner, an der | Basis . . 320 290 270 | 7. Länge eines der Hörner, aussen, der Biegung nach . . 500 380 400 8. Länge der oberen Backenzahn- reihe" ..“. 141 106 107 9. Länge der unteren Backenzahn- teihe. ',....; 150 117 121 10. Länge der oberen Molaren (m 1, m2,mB3). . 88 62 11. Länge der unteren Molaren (m 1, m2,m3). 96 68 12. Länge einer Unterkieferhälfte vom vordersten Punkte der Symphyse bis zum Hinterrand des Condylus 398 320 327 | Obgleich ich über das Aeussere des Busuanga-Büffels vorläufig ohne Kenntniss bin, so schlage ich doch vor, ihn auf Grund des vorliegenden Schädels als besondere Art zu unterscheiden und dieselbe zu Ehren des Entdeckers als „Bubalus moellendorffi* zu‘ bezeichnen. Hoffentlich gelingt es Herrn Dr. von MOELLENDORFF, bald noch weiteres ' Haut und Skelet) eine besondere kleine Varietät des Bart- 190 | Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Material von dieser Art, welche vermuthlich nicht auf die Insel Busuanga beschränkt ist, zu beschaffen. Da der Ta- marao von Mindoro offenbar eine einheimische wilde Art ist, so liegt meines Erachtens gar kein genügender Grund vor, das Vorhandensein von sonstigen wilden Büffel-Arten auf den Inseln des malayischen Archipels zu bezweifeln. Warum sollte das Genus Dubalus dort nicht mehrere, gut unterscheidbare Arten entwickelt haben, wie dieses inner- halb des Genus Sus in deutlichster Weise geschehen ist? 4. Tragulus nigricans O. THOMAS. Skelet eines in der Gefangenschaft gestorbenen Tra- gulus von der Insel Baläbac. Vergl. meine frühere An- gabe a. a. O., p. 101 f. und OLDFIELD THomAs, Ann. and Mag. Nat. Hist., 1892, Bd. 9, p. 254. Genaueres über diese neue Art gedenke ich demnächst mitzutheilen. 5. Sus barbatus var. palavensis NEHRING. (Sus ahaenobarbus HUET.) Vertreten durch den Schädel eines erwachsenen Keilers aus der Gegend von Taitai auf der Insel Palawan (Paragua). In meiner Arbeit über Sus celebensis und Verwandte !) habe ich p. 22 auf Grund eines durch Dr. PLATEN auf Palawan erlangten weiblichen Wildschweins (vertreten durch schweins (S. barbatus) aufgestellt, wobei ich namentlich die barbatus-ähnliche Bildung der Gaumenbeine betont habe. Erst vor Kurzem ist mir bekannt geworden, dass der Pariser Zoologe Hurt schon 1888 in der Zeitschrift „Le Naturaliste“, Januarheft, p. 5 f., ein Wildschwein von Pala- wan beschrieben hat, und zwar unter dem Namen! „Sus ahaenobarbus“. Da Hurr selbst die grosse Aehnlichkeit mit Sus barbatus betont, so fällt seine Art aller Wahr- scheinlichkeit nach mit der von mir als $. barbatus var. palavensis beschriebenen Form zusammen. Wenn man sie als selbständige Art ansieht, so muss sie nach dem Gesetze ') Abhandlungen und Berichte des K. zool. u. anthrop.-ethnogr. Museums zu Dresden, IERRION, Verlag von R. FRIEDLÄNDER, Berlin, day 7 us Bet U 2 ul Da nn Sitzung vom 16. October 1394. _ 191 der Priorität Sus ahaenobarbus HuET heissen; ich kann sie aber vorläufig nicht als selbständige Art anerkennen, da die von Hurr betonten Schädel-Unterschiede theils unzutreffend sind, theils zu einer specifischen Abtrennung nicht aus- reichend erscheinen, und ziehe deshalb die von mir 1889 aufgestellte Bezeichnung des Palawan-Wildschweins vor. — _ Genaueres soll demnächst an einem andern Orte veröffent- licht werden; hier will ich nur betonen, dass auch der von MOELLENDORFF übersandte Keilerschädel, wie der 1839 von mir beschriebene weibliche Schädel in der Bildung der Gaumenbeine durchaus die Charaktere von S. barbatus zeigt. ') Die Basallänge des betr. männlichen Schädels beträgt 305 mm, die Profillänge 358, die Jochbogenbreite 145 mm. Die Gaumenbeine erstrecken sich in der Mittellinie um 38 mm über das Ende von m 3 sup. hinaus. 6. Sus barbatus var. calamianenstis NEHRING. (Sus calamianensis HEUDE.) Vertreten durch den Schädel eines erwachsenen Keilers und durch den Balg (mit Schädel) eines neugeborenen oder wenige Tage alten Frischlings, beide Objeete von der Insel Culion (Calamianes-Gruppe). Auch dieses Wildschwein steht nach seiner Schädel- bildung und namentlich nach der Form seiner Gaumenbeine mit S. barbatus in naher verwandtschaftlicher Beziehung. In der Grösse harmoniert es mit dem Palawan-Schweine. Von dem Wildschweine, welches auf den eigentlichen Phi- lippinen (Luzon, Mindoro ete.) verbreitet ist und von mir in mehreren Publikationen beschrieben wurde), ist das- jenige der Calamianes-Inseln durchaus verschieden; besonders !) Ueber das Verhältniss zu der von mir früher aufgestellten Art Sus longirostris (Borneo und Java) werde ich mich in der in Aussicht genommenen specielleren Abhandlung aussprechen, ebenso über die kürzlich von Herrn Dr. von SPILLNER (Halle a. S.) publieirte Arbeit, welche sich mit 8. barbatus und S. longirostris eingehend beschäftigt. 2) Sitzgsb. unserer Gesellschaft, 1886, p. 83—85; 1888, p. 10f. Ferner in „Sus celebensis u. Verwandte“, p. 14—17 nebst Taf. I., Fig. 3, 3a—3d; Fig. 4. Taf. II.. Fig. 4. Speciell über das Mindoro- Wildschwein siehe meine Angaben im „Zoolog. Anzeiger“, 1891, p. 457—459, 192 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. auffallend und leicht erkennbar erscheint der Unterschied in der Gaumen- bezw. Ohoanenbildung, wie eine Vergleichung “des vorliegenden Schädels eines männlichen Mindoro-Wild- schweins auf den ersten Blick lehrt. HEUDE hat in seinen „Memoires concernants l’hist. nat. de Chine“*, Bd. I., 1888 (einer Publication,. welche mir nur theilweise zugänglich ist) neben sehr zahlreichen anderen. neuen Wildschwein-Arten, welche wohl kaum die Anerkennung der europäischen Zoologen finden werden, auch ein „S. calamianensis* unterschieden. Vor einigen Monaten schickte derselbe mir einen Ausschnitt aus dem im Er- scheinen begriffenen 2. Bande des genannten Werks, nämlich pag. 221 f. nebst Taf. XL., wo er auf S. calamianensis genauer eingeht. Offenbar handelt es sich um dieselbe Form, wie die mir vorliegende. HEUDE hat sie frageweise mit meinem 8. longirostris identificirt. Indem ich mir vorbehalte, hier- über an einem anderen Orte mich näher auszulassen, be- trachte ich vorläufig das Calamianes-Wildschwein als eine dem Palawan-Wildschweine nahe stehende Varietät des Bartschweins. Dasselbe mit dem Palawan-Wildschweine völlig zu identifieieren, verhindern mich einige Differenzen der Schädel- und Gebissbildung, auf die ich an einem andern Orte eingehen werde. !) Die Basallänge des vorliegenden Schädels von Gulion beträgt 315, die Profillänge 360, die grösste Breite an den Jochbogen 147 mm. Die unteren Eckzähne sowohl des Palawan-, als auch des Calamianes-Keilers zeigen den Querschnitt, welcher für S. barbatus, 8. longirostris etc. charakteristisch ist. Siehe meine bezüglichen Angaben und Abbildungen in diesen Sitzungsberichten, 1888, p. 9ff. In Bezug auf den vorliegenden Balg des Calamianes- 4 Frischlings bemerke ich, dass derselbe eine sogenannte !) Ich hoffe, mich dort auch über Sus Marchei Huzr auslassen zu können; vorläufig bin ich über dasselbe noch im Unklaren geblieben, zumal mir eine Insel „Laguan“, welche Hurr als Heimath jener Art angegeben hat, nicht bekannt ist. Sollte etwa die Provinz Laguna auf Luzon gemeint sein? ro v 3 Sitzung vom 16. October 1894. 193 Livree aufweist, d. h. Längsstreifen nach Art der Frisch- . Jinge unseres europäischen Wildschweins; doch sind gewisse auf dem Rücken erkennbar, vier dunkle und dazwischen drei helle (gelbliche). Unter den dunkeln Längsstreifen tritt der mittelste, welcher sich über das Rückgrat entlang zieht, auffallend stark und lang hervor: die anderen Längsstreifen, sowohl die dunkeln. als auch die hellen, erscheinen ziemlich matt, namentlich die seitlichen. in u nam U 2 m u du nn. ı) Schlussbemerkungen. Die mir vorliegenden Objecte bestätigen die Ansicht, welche A. H. EvERETT in seinem interessanten Aufsatze über die zoogeographischen Beziehungen der Insel Palawan und einiger benachbarten Inseln (P. Z. S., 1889, p. 220 ff. nebst Tafel 23) dargelegt hat. Die Säugethier-Fauna der „Palawan-Gruppe“ (inel. der Calamianes) steht in sehr nahen Beziehungen zu der von Borneo, wenngleich sie politisch zu den Philippinen gerechnet wird. Die Mindoro- Strasse bildet für die meisten Säugethiere eine wichtige zoogeographische Grenze. (Siehe meine Bemerkungen über das Mindoro-Wildschwein im „Zoolog. Anzeiger“, 1891, p. 457 fi.) Die Philippinen im engern Sinne lassen dagegen hinsichtlich ihrer Säugethierfauna manche: nahe Beziehungen zu Celebes erkennen. | ö | Herr MATSCHIE sprach über Procavia syriaca (SCHREB.). Ein Exemplar dieser Art lebte längere Zeit im Berliner Zoologischen Garten und wird jetzt im Kgl. Museum für Naturkunde aufbewahrt. Ich habe die Eingeweide desselben untersucht und folgende Abweichungen von den durch GEORGE!) gegebenen Beschreibungen und Abbildungen ge- funden: Die Portio cardiaca des Magens ist nicht kugelig, sondern länglich oval; zwischen dem Blindsack und dem zweifachen Caecum lässt sich ein kleinerer kurzer Blind- darm nachweisen, die Vasa deferentia vereinigen sich !) M. GEORGE. Monographie anatomique des Mammiferes du Genre Daman. Ann. Sc. Nat. ser. VI. tom. 1. 1874. Art. Nr. 8. 260 Seiten, Abweichungen vorhanden. Es sind sieben Längsstreifen 194 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. zwischen der Harnblase und dem Penis; die Prostata- Drüsen sind ungestielt, stark traubig, ungefähr halb so gross wie die Harnblase und reichen bis zur halben Höhe dieses Organs. M. GEORGE arbeitete an Pr. capensis; ich weiss nicht, ob die von mir angegebenen Unterschiede individueller Natur sind oder als eigenthümliche Species-Charaktere aufgefasst werden müssen. | Derselbe legte hierauf neue Säugethiere aus den Sammlungen der Herren ZENKER, NEUMANN, STUHL- MANN und EMmın vor und beschrieb dieselben: In einer Sendung von Säugethieren, welche der ver- diente Leiter der. Yaunde-Station, Herr G. ZENKER, ge- sammelt hat, befinden sich mehrere interessante Formen. Die Yaunde-Station liegt ungefähr unter 11° 41° östl. L. und 3°49° südl. Br. im südlichen Kamerun-Gebiete. 1. Idiurus gen. nov. (frag dvd — mit eigenthümlichem Schwanz). f Genus novum Rodentium, habitu Anomaluri; patagium et uropatagium a metatarso,; cauda corpore longior, supra 4 brevipilosa, pilis raris longissimis per tres series longitudi- nales obsita — subtus glabra, ciliis per tres series longi- tudinales pectinata — ad apicem penicillata. 4 Die äussere Erscheinung. des leider nur in einem ein- 4 zigen Exemplare vorliegenden Idiurus erinnert an diene ) der Anomalurus-Arten. Die Krallen der Finger und Zehen sind ebenso zusammengedrückt, zwischen den Gliedmassen ist eine Flatterhaut ausgespannt, wie bei jenen, und an der 2 Unterseite des Schwanzes befinden sich nahe der Se a 4 basis dicke, hornige Schuppen. B Im Einzelnen hat Idiurus mit Anomalurus folgende. Br Merkmale gemeinsam: Gestalt der Ohren, Nasenlöcher, Bart- haare, der Flatterhaut im Allgemeinen, die Art der ne = haarung des Körpers und die Gestalt der Finger und m Dagegen unterscheidet sich Jdiurus in folgender Weise Die Nase springt kuop@ürung vor. Fa Sitzung vom 16. October 1894. 195 Die vier Finger sind ungefähr gleich lang. der Daumen ist nur als nagelloser Ballen angedeutet. An der Hand- fläche stehen vier Ballen hinter der Basis der Finger, von denen der innerste am kleinsten ist; neben dem äussersten stehen zwei kleine runde Ballen untereinander. Unter diesen sieht man einen kleineren Wulst und an der Handwurzel jederseits eine breite Schwiele, von denen die innere dicht unter dem Daumenrudiment sitzt und kleiner als die äussere Ist. Von den Zehen ist die erste die kürzeste, die übrigen sind ungefähr gleich lang. An der Fusssohle bemerkt man sechs Ballen hinter der Basis der Zehen, von denen der äusserste und der innerste die kleinsten sind. Auf der Tibialseite steht ein langer Wulst, welcher bis zur Hacke reicht und mitten auf der Sohle sieht man zwei kleine, runde, centrale Ballen unter einander. Ein Aussenwulst an der Fibularseite fehlt. Die Fusswurzel ist nackt. Die Körperflatterhaut erstreckt sich zwischen Ober- und Unterarm und von diesem bis zur Aussenseite des Metatarsus; sie wird wie bei Anomalurus durch eine vom Oleeranon ausgehende Knorpelspange gestützt. Die Schwanz- flughaut dehnt sich einerseits bis an den Aussenrand der Fusswurzel, andrerseits bis dahin über den Schwanz aus, wo die Subcaudalschuppen anfangen und umhüllt den Schwanz bis auf !/s seiner Länge. Der Schwanz ist ohne Quaste ungefähr um die Hälfte länger als der Körper mit dem Kopf, mit der Quaste noch einmal so lang als derselbe. Die Schwanz- basis wird wie bei Anomalurus von der dichtbehaarten Flughaut bedeckt; auf der Unterseite umschliesst hinter derselben noch 4 mm weit eine faltige Haut dieselbe. Hinter dieser stehen auf der Unterseite ungefähr 15 schiefe Reihen von je 3—4 kleinen rundlichen, kaum imm langen Hornplatten, unter denen einzelne kurze Borsten hervorragen. Dann verschwinden die Schuppen allmählich, die Unterschwanzhaut zeigt nur noch parallele Querfalten, welche nach hinten zu schwächer werden. Von der faltigen Haut an zieht sich bis zur Schwanzspitze jederseits auf der 8* 196 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Unterseite ein Kamm starker, vorn 1'/—2 mm langer Wimpern, die dicht nebeneinander stehen und nach hinten an Grösse zunehmen; ein ähnlicher Kamm beginnt auf der Mitte der Unterseite dicht hinter den Hornschuppen und hört vor dem letzten Schwanzdrittel auf; in demselben sind die Wimperhaare kürzer und auf der Mitte der Länge am stärksten. Der seitliche Wimperkamm geht an der Schwanz- spitze in eine pinselförmige Schwanzquaste über, deren Haare 30 mm lang sind. Die Oberseite des Schwanzes ist kurz behaart und mit je einer Reihe von 30—40 mm langen, in kurzen Zwischenräumen aufrecht stehenden Haaren auf der Mitte und den beiden Seiten besetzt. | Die Flatterhaut wird am Rande von ganz kurzen Haaren bedeckt. | Der Schädel von Jdiurus zeigt folgende Eigenthüm- lichkeiten: 3 Infraorbitalforamen gross, nicht rundlich wie bei Anomalurus, sondern länglich oval, sein grösser als die Länge der oberen Molarenreihe, sein Unterrand sehr schmal und dünn. Der Jochbogen beginnt in der Höhe des kleinen rundlichen Foramen incisivum 3 weitvordenMolaren. Backzähne,klein,abgerundet quadratisch mit ziemlich parallelen Querfurchen. Obere Ineisiven stark zusammengedrückt, dreimal so tief wie breit, an der Unterseite scharf rechteckig abgekaut, vorn gelblich-orange; untere Schneidezähne ebenfalls stark zu- sammengedrückt. Eine Parietalerista ist nicht deutlich; Stirnbein ohne Postorbitalfortsatz; Unterkiefer mit hohem Kronfortsatz, der mit dem Gelenkfortsatz so durch eine Knochenbrücke verbunden ist, dass ein Fenster ent- steht, der Angulus entspringt in der Fortsetzung der unteren Knochendecke der Schneidezahnalveole. Fibula mit der Tibia in der unteren Hälfte verwachsen n. ke 13 Paar Rippen. A Diese merkwürdige Form unterscheidet sich von Am malurus durch den sonderbar behaarten Schwanz, die eig thümlich angeordneten Hornschuppen, durch andere Aı r Sitzung vom 16. October 1894. 197 heftung der Flatterhaut. Im Schädelbau weicht sie ab durch stark zusammengedrückte Incisiven, länglich ovales Infra- orbitalloch, durch den Bau des Jochbogens und die Fenster- bildung im Unterkiefer. - Ueber die verwandtschaftlichen Beziehungen von /diurus ist vorläufig nicht viel zu sagen. Mit den Hystricomorphen hat er nichts zu thun, weil sein Unterkieferwinkel in der - Fortsetzung der unteren Knochendecke der Schneidezahn- alveole entspringt; von den Myomorphen unterscheiden ihn die in der oberen Hälfte getrennten Unterschenkelknochen und die Anzahl der Molaren (). von den Sciuromorphen das grosse Infraorbitalloch und die vollständige Verwachsung der Unterschenkelknochen im unteren Ende. Wir müssen also /diurus zu Myoxus, Anomalurus und Dipus in die von ZITTEL vorgeschlagene Familie Protrogomorpha stellen. Der weit vor den Molaren eingelenkte Jochbogen und das Fenster im Unterkiefer weisen auf eine gewisse Verwandtschaft mit Dipus hin, die Zähne und die allgemeine Schädelform er- 'innern an Myoxus und die äussere Erscheinung des Thieres gleicht der von Anomalurus. Eine genauere anatomische Untersuchung des Jdiurus hoffe ich demnächst zu veröffentlichen. Idiurus zenkeri MTSCH. spec. nov. So gross wie eine kleine Hausmaus (M. musculus L.). Rücken und Oberseite der Flatterhaut mit dichten, weichen, isabellbraunen, am Grunde schwarzgrauen Haaren bedeckt; unterseits aus gelbgrau und dunkelgrau gemischt, an der Flughaut mehr silbergrau. Rand der Flughaut auf der Oberseite und ganze Unterseite derselben kurz dunkelgrau behaart. Schwanzhaare im ersten Drittel gelblich, im übrigen dunkelbraun; Oberseite des Schwanzes schwärzlich- grau. — Schnurrhaare halb so lang wie der Körper, die oberen schwarzbraun, die unteren gelblichbraun. Hand- _ wurzel auf der Aussenseite mit einem Kamm starker Haare, - Fusswurzel mit mehreren Büscheln langer, feiner Härchen. Nägel gelbbraun. Nase mit hellbraunen kurzen Haaren _ bedeckt, Ohren fein dunkel behaart. Hände und Füsse g*r* 198 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. kurz gelblichbraun behaart. Lippenbehaarung wie bei : Anomalurus. | 7 Schädel: Aehnlich Myoxus im Umriss, aber mit stark vorspringendem, zusammengedrücktem schmalen Nasentheil: Idiurus”zenkeri MTSCH. Nach der Natur gezeichnet von AnNA HELD. Sitzung vom 16. October 1894. 199 Nasalia reichen bis in die Höhe des vorderen Jochbogen- randes und sind hinten ohne Spitze; sie greifen vorn ver- breitert auf die seitliche Nasenwand über; Frontalia un- gefähr vorn geradlinig, hinten und über den Augenhöhlen flach ausgerundet, etwas länger als breit, ohne wie bei Anomalurus über die Augenhöhle vorzuspringen. Parietalia ohne Crista; Interparietale dreimal so lang wie breit, hinten geradlinig, vorn sehr stumpfwinklig begrenzt. Auf den Fron- talen sind jederseits drei wulstige Erhöhungen bemerkbar, von welchen die mittlere der bei Anomalurus vorhandenen in Form und relativer Grösse entspricht. Jochbogen un- gefähr wie bei Anomalurus, aber am Proc. zyg. 0ss. temp. scharf abgesetzt und in der unteren Begrenzung des Infra- orbitalforamens stabförmig verschmälert; diese Knochen- brücke reicht nach unten bis dicht neben das rundliche, kleine Foramen incisivum in eine Linie mit dem inneren Rand der Zahnreihe. Infraorbitalforamen gross, elliptisch. Gaumenbein fast doppelt so breit wie die Zahnreihe, hinten ähnlich wie bei Anomalurus, der hintere ovale Einschnitt desselben erreicht die Höhe des vorletzten Molar. Auf dem fleischigen Gaumen drei parallele Querfalten. Unterkiefer in der allgemeinen Form wie bei Anomalurus, aber kürzer, mit sehr scharf zusammengedrückten Ineisiven und einer Knochenbrücke zwischen den Proc. coronoideus und con- dyloideus, welche unterhalb der Spitze des Proc. coron. be- ginnt und bis dicht an die Gelenkfläche für den Oberkiefer reicht. Obere und untere Schneidezähne gelblichorange, 7—8mal so lang wie breit, vorn glatt. Obere Molaren in fast paral- lelen Reihen, pm! °/ı so gross als der erste resp. der un- gefähr gleich lange zweite Molar, m? um die Hälfte kleiner. Dieselben sind sehr stark abgekaut; alle mit 2 Querleisten und 3 flachen Quergruben, m? nur mit 1 Querleiste und 2 Gruben. Die Molarenreihe ist von der unteren Wurzel des Processus zygomaticus resp. von dem- Incisivforamen ungefähr um die eigene Länge entfernt und nimmt noch nicht den sechsten Theil der Basallänge ein. Im Unterkiefer ist der Praemolar der kleinste Zahn, vn 300 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. u F 5 m; nur wenig kleiner als m» und dieser = m,, die Leto nung der Zähne gleicht derjenigen im Oberkiefer. F Maasse: Kopf und Körper 65 mm; Schwanz 100: do. mit Endpinsel 130; Hinterfuss 15; Ohr 12,5; Tibia 24; Hinterfuss bis zur Vorderseite der vorderen Sohlenballen- | reihe 11; Schwanzwurzel bis zur ersten Hornschuppe 16; Nasenspitze bis zum oberen Lippenrande 7,5. A Schädel: Basallänge 17 mm; Nasalia 5; grösste Breite derselben 3,25; grösste Länge des Schädels 22; Höhe des vorderen oberen Nasalrandes über dem Unterrande der Schneidezahnalveole 8,75; Entfernung desselben vom vor- deren unteren Rande des Infraorbitalforamen 7; grösste Länge des Jochbogens 10; geringste Breite der Frontalia 6; Länge derselben 9; Länge der Parietalia 7; des Inter- parietale 3; Breite desselben 9,25; grösste Breite des Schädels 13, Länge des Foramen ineisivum 1 mm; der oberen Molarenreihe 2,8; Entfernung der äusseren Ränder der beiden Reihen 3,5; der inneren Ränder derselben 2; Entfernung des pm! vom Gnathion 6, von der Bulla 6; hinterer Gaumenrand bis zum Gnathion 8,5; Höhe des “ Foramen infraorbitale 4,1; Breite desselben 1,75; Entfernung 4 der hinteren oberen Ränder derselben von einander 8% Entfernung der unteren Aeste des Proc. zygomaticus am Foramen ineisivum von einander 2. — Unterkiefer: grösste Länge des Knochens 11,5; von der Spitze des Schneide- zahns bis zum Condylus 14; bis zum Proc. angularis 12,95 bis zum hinteren Ende der Symphyse 7.25; von dort bis zur Spitze des Proc. coronoideus 9,8, bis zum Condylus 10,5; Entfernung des unteren Randes des Angulare von der Spitze des Proc. coron. 8; schmalste Stelle des Unterkiefers bei der Molarenreihe 3,5; Länge der unteren Molarenreihe 2,5 mm. Das vorliegende Exemplar ist ein sehr altes Weibchen. 72 2. a Scotonycteris gen. noVv. Beine. Re (sunotög Dunkelheit, vöxreptig Fledermaus). en | donus novum Pteropodidarum; dentes ineisivi 4; canini —; molares —; index unguiculatus; cauda minima; Sara ab hallueis basi ad dorsi latera., Bes . Sitzung vom 16.- October 1894. 201 Von fruchtfressenden Fledermäusen leben in der orien- talischen Region 5 Gattungen: Pteropus, Xantharpyia, Oynop- terus, Eonycteris und Carponyeteris. Für Afrika sind be- kannt: Epomophorus, von Pteropus durch die geringe Zahl der Molaren unterschieden, Xantharpyia, Leiponyx, wie Eonycteris ohne Index-Kralle, aber nur mit 4 oberen Mo- laren, und Megaloglossus, nahe verwandt mit Carponyeter:s, jedoch mit anderer Anheftnng der Flughaut an den Zehen. Eine Cynopterus ähnliche Fledermaus mit einer Kralle am zweiten Finger und an die erste Zehe angehefteter Flug- haut war noch nicht aus der aethiopischen Region bekannt, ausser der von PETERS beschriebenen Uynonycteris grandi- dieri. Diese Form kenne ich nicht, sie hat + Molaren und 8,5 mm langen Schwanz, gehört also sicher nicht zu der von mir zu beschreibenden Form. Die von Herrn ZENKER gesammelte Fledermaus hat eine Kralle am zweiten Finger; der Schwanz ist äusserlich nicht sichtbar; die Flughaut heftet sich an den Rücken der ersten Zehe an. Man kann diese Form mit Cynopterus vergleichen, obwohl sie durch den Mangel eines Schwanzes und durch das Gebiss von demselben sich gut unterscheidet. Epomophorus hat weniger Molaren als Pteropus, Lei- ponyx weniger als Eonycteris, ebenso ist auch bei Scoto- nyeterıss eine Reduktion in der Zahl der Backzähne gegen- über dem asiatischen Cynopterus zu bemerken. Scotonycteris sieht aus wie ein kleiner Epomophorus , die Nasenlöcher, die senkrechte Lippenfurche, die Ohren, die Gestalt der Gliedmaassen sind sehr ähnlich; der Meta- carpus des Mittelfingers ist etwas grösser als der zweite Finger ohne Kralle, etwas kleiner als dieser mit Kralle. . Die Flughaut heftet sich an die Seite des Körpers und an den Rücken der ersten Zehe an. Der Schwanz ist nur als spitzes Knötchen zu fühlen; die Schwanzflughaut ist unter- halb des Afters 5 mm breit. i—1, 2—2 1—1 : 4. . Bezahnung: Inc. —; can. -——; pm ——; M ——- Von Epomophorus, welcher ebenso viele Zähne wie Scotonyceteris hat, unterscheidet sich dieselbe durch die An- 209 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. heftuug der Flughaut an die erste Zehe, durch die stärker gekrümmten Caninen und dadurch, dass der hinterste Zahn in beiden Kiefern im Querschnitt rund und bedeutend kleiner als der vorletzte Zahn ist. i Scotonycteris zenkeri MTSCH. spec. noY. | Behaarung dicht wollig. Auf der Nase bis zur Stiin | eine scharf abgesetzte weisse Längsbinde, am hinteren Augen- | winkel jederseits ein weisser runder Fleck. Rücken und | Kopf gelblich weissgrau, schmutzig braun verwaschen; jedes | Haar weisslich braun mit dunkelbrauner Basis und schmutzig rostbrauner Spitze. Bauch gelblich weissgrau; Flanken und Körperseiten graubraun; Flughaut dunkelbraun, oben bis zu einem Drittel der Länge des Unterarmes und Unter- schenkels dünn braun behaart, auf der Unterseite nur am Ellenbogen mit dünner gelbgrauer Behaarung,. Daumen sehr lang. Krallen schwarz. Auf dem Gaumen steht zwischen den starken krummen Eckzähnen eine nach hinten etwas ausgebogene Falte; ferner hinter dem 2,5 mm langen Diastema neben den vorderen Ecken der 3 Molaren je eine schwach nach vorn gewölbte Falte und eine weitere ähnliche hinter dem letzten Back- zahn. Diese 4 Falten haben ungefähr gleiche Abstände. Hinter diesen folgen zunächst zwei schwache, nach vorn ausgebogene gezähnelte Falten, dann ein 2 mm breites freies Feld und dahinter 5 nach vorn winklige gezähnelte Falten, deren letzte die kleinste ist. Die Zunge gleicht in der Form und Gestalt der von .Epomophorus pusillus, aber die zugespitzten Papillen an den Seiten sind länger und auch die drei nach hinten gerichteten Zähnchen der Pilaster- platten auf dem Mittelfelde sind stärker entwickelt. Die vier oberen Schneidezähne stehen in gleichen Ab- ständen von einander, sind spitz kegelförmig und haben un- gefähr gleiche Grösse. Die Caninen sind fangzahnförmig gekrümmt; zwischen diesen und den Molaren befindet sich ein grosses Diastema. pm! ist etwas grösser als pm?, m! halb so gross wie pm? und ziemlich rund im Querschnitt. Im Unterkiefer stehen die Incisiven in 2 Reihen. Die Sitzung vom 16. October 1894. 2053 mittleren sind kleiner als die etwas nach hinten stehenden äusseren Schneidezähne. pm; ist ebenso hoch, aber etwas breiter als die mittleren unteren Ineisiven; pm» ist der grösste Molar, pm; und m, sind ungefähr gleich gross und abgerundet quadratisch, ms» ist rund im Querschnitt und so gross wie pmı. Die Ohren sind etwas länger als die Mundspalte, oval abgerundet. Das einzige Exemplar, welches mir vorliegt, ist ein Weibchen mit starken Brustwarzen. Der Schädel ist dem von Epomophorus ähnlich. Maasse: Kopf und Körper 65 mm; bis zur Mitte der Schwanzflughaut 77, Ohr 17, Daumen mit Kralle 24; von der Flughaut bis zur Krallenspitze 15; Unterarm 53; Index-Finger ohne Kralle 35; 3. Finger: Metacarpus 35,5; 1. Glied 25; 2. Glied 32; 4. Finger: Metacarpus 35; 1. Glied 19; 2. Glied 19; 5. Finger: Metacarpus 37; 1. Glied 17,5; 2. Glied 18; Tibia 21; Fuss ohne Krallen: 11,5; mit Krallen 12. Schädel: Grösste Länge 25,5; Basallänge 24; grösste Breite 28; Länge der Nasalia 7,5; Breite der Stirnbeine zwischen den Augen 5.3; Entfernung der Spitzen der Proc. postorbitales von einander 9; Diastema 2,5, Länge der Reihe der oberen Molaren 5; Gnathion bis zum Hinter- rande von m! 10,2, Entfernung der Aussenränder von m! 8.2, Entfernung der Spitzen der oberen Caninen 5; Länge der unteren Zahnreihe von dem Vorderrande der Alveolen der mittleren Ineisiven bis zum Hinterrande von von ma 11. @ ad. Yaunde Station. ZENKER coll. 3. Unter den von Herrn OscAr NEUMANN gesammelten und in hochherziger Weise dem Königl. Museum für Natur- kunde als Geschenk überlassenen Säugethieren befinden sich u. a. mehrere in Alcohol conservirte und einige trocken präparirte Mäuse, welche ich mit keiner der bekannten Arten zu vereinigen im Stande bin. Ich benenne sie deshalb dem Forscher zu Ehren: >; ie & Ka cd na Ra nn; 7 a 1 204 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Mus neumanni MTscH. Spec. noV. Mus. aff. dorsali A. Sm., sed sine linea dorsali media nigra, digito antico externo unguiculato, auribus ferrugineis. Hab. Burunge prope Irangi; Massai Nyika inter Mgera et Irangi. O. NEUMANN. coll. 6 ex. Be Grösse von M. dolichurus. Haare der Oberseite denen von dorsalis sehr ähnlich, vielleicht noch etwas weniger weich; sie sind am Grunde dunkelbraun und vor der schwarzen Spitze fahlbraun. Zwischen ihnen stehen zahl- reiche schwarze Haare. So erscheint der Rücken braun, bald fahler, bald satter, mit dunkler Sprenkelung, fast genau wie bei dorsals, nur etwas fahler. Die Ohren sind rostbraun behaart (bei dorsalıs tief röthlich orange), reichen angelegt nicht bis zum Auge und sind ziemlich rund. Hände und Füsse hellgelblichbraun; Schnauzenspitze ockerbraun; ein Ring um das Auge hellröthlichbraun. Haare vor der Schwanzbasis bei dem ältesten Exemplar stark roströthlich überflogen. Schwanz oben dunkelbraun, unten graubraun, dicht, aber fein behaart, so dass man die Schwanzringe . noch gut erkennen kann, von denen 20 auf einen Centi- meter gehen. Schwanz ungefähr so lang wie der übrige Körper, meistens etwas kürzer. Unterseite und Oberlippe weiss, etwas grau überflogen. Ueber die Anzahl der Saugwarzen vermag ich nichts zu sagen, da alle untersuchten Exemplare Männchen sind. Vorderfüsse mit 4 bekrallten Zehen, einer Daumenwarze, 5 Handtellerwarzen und 2 grösseren Metacarpalwülsten. Füsse mit 5 bekrallten Zehen, 4 Sohlen- und einer Meta- tarsalwarze. Die 3 inneren Zehen und die beiden äusseren Zehen je gleich lang. > Der Schädel ist im Profil, im Bau und in der An- ordnung der Zähne wie derjenige von dorsals; die Inter-- orbitalgegend ist jedoch nicht so stark eingeschnürt. E Kopf und Köper 91—124 mm; Schwanz 90—105; Hinterfuss: 24, Entfernung der Hacke vom Vorderrand | des letzten Sohlenhöckers 11; Ohr vom Schädel zur 4 Spitze 13. | 3 j TEE 0 Sitzung vom 16. October 1894. 205 Schädel: Basallänge 24—26 mm; bis zum Vorder- rand des Interparietale vom Gnathion 23,5— 26,5; Nasalia: Länge 9,75—11; Breite 3-- 3.9; grösste Breite des Schädels 14,75— 15,5, Interorbitalbreite 4 9—5; Breite zwischen den Aussenecken der Infraorbitalforamina 7,5—8; Interparietale: Länge 8—10; Breite 3,3—3,9; Jochbogen vorn 4—4,9 breit; Gaumen-Länge 14—15; Diastema 6,3 — 6, 9; Breite der oberen Molaren 6; Breite von m! 2. | Die hübsche Mus neumanni verhält sich zu Mus dor- salıs ähnlich, wie Mus abessinicus zu Golunda fallax. In der Färbung stehen sie sich ausserordentlich nahe; @. fallax hat wie dorsalis einen Nagel an der Aussenzehe, abessinicus wie neumanni eine Kralle an derselben; fallax ist abessinicus sehr ähnlich in der Färbung, dorsalis aber neumanmi. @G. fallax hat stets tief gefurchte Zähne, abessinicus zuweilen schwach gefurchte; dorsalis und neumanni glatte Zähne. Burunge liegt unter 36° östl. Länge und 5° 10° südl. Breite in Deutsch-Östafrika. nahe Irangi,; die Massai Nyika liegt genau östlich von Burunge. 4. Pachyura leucura MTSCcH. spec. nov. (Orocidura albicauda NOACK, Jahrb. Hamb. Wissensch. Anst.. IX, 1891, p. 45., nec. PETERS.) Pachyura laete einnamomeo-grisea, subtus laete cinerea, pedibus cinereis; cauda alba. Hab. Zanzibar; zwischen der Küste und dem Victoria- See auf der G. A. FiıscHer’schen Route. Einen weissen Schwanz hat auch albicauda Puma. (v. D. DEecKexs Reisen, Säugeth., p. 7, Taf. IV), aber diese Spitzmaus ist eine Örocidura mit 8 Zähnen im Oberkiefer und ausserdem sieht das Gebiss von leucura ungefähr so aus wie das von petersi bei Dosson, Monogr. Insect., 1890, Taf. XXVIU, No. 17; nur steht i® nicht dicht neben pm, sondern ist von demselben durch den kleinen, ganz nach innen gerückten pm! getrennt und der Basalzacken von i! ist fast so hoch wie i?. ‘Güte des Herrn Professor Dr. KrAEPELIN untersuchen durfte, 206 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Entfernung von i? und pm? — 7 mm. Körper 0110, Schwanz 60-80 mm. Oberseite hell zimmetgrau, Beine und Unterseite hell- grau, Schwanz ziemlich dicht weiss behaart; die langen Stichelhaare weiss. Herr Professor Dr. Noack hat ein von STUHLMANN auf Zanzibar gesammeltes Exemplar, welches ich durch die als Croc. albicauda Prrs. bestimmt. Crocidura albicauda hat 8 obere Zähne jederseits und wie die Abbildung (l. c., Taf. IV) zeigt, ein ganz anders gebildetes Gebiss. Das Exemplar von STUHLMANN ist eine Pachyura. | Hinsichtlich der genaueren Beschreibung dieser Art verweise ich auf die von Herrn NoAck gegebenen Mit- theilungen (l. e., p- 45).') !, Hierbei möchte ich bemerken, dass nach Vergleichung des in der oben erwähnten Arbeit behandelten Original-Exemplares von STUHL- MANN es sich herausgestellt hat, dass Crocidura aequatorialis NOACK (l. e., p. 46) = Oroc. gracılıpes PTRS. ist. Ausserdem muss Phyllorhina rubra NOACK (Zool. Jahrb., VII, 1893, p. 586) eingezogen werden, weil sie auf einen Balg von Ph yi. caffra SunD. mit ausgestülptem Schwanz begründet ist, dessen letzte Wirbel noch in. der Schwanz- spitze sitzen, während "der Rumpf mit den übrigen Schwanzwirbeln beim Präpariren entfernt wurde. Auch die Zool. Jahrb., II, 1888, p. 272 beschriebene Phyllorhina commersoni var. marungensis ist nur deshalb verschieden von commersont, weil der Nasenaufsatz bei den trocken präparirten Objecten etwas eingetrocknet ist. Dagegen ist (rocidura fischeri PGSTCH. keineswegs mit albieauda Prrs. oder gar mit meiner leucura identisch, wie (l. c., Jahrb. Hamb. Wiss. Anst., IX, p. 145) angenommen wird. („Mit Orocidura albicauda identisch und daher als Art einzuziehen ist (rocidura fischeri PAGEN- STECHER. Es kann über die Identität, welche PAGENSTECHER selbst gesehen haben würde, wenn er die Beschreibung der von ihm gar nicht erwähnten. Orocidura albicauda verglichen hätte, absolut kein Zweifel herrschen.“) Croe. fischeri hat einen 48 mm langen Schwanz bei einer Körperlänge von 92 mm, ist ‚unten schneeweiss und oben blaugrau mit bräunlichem Schimmer. Eine Verwechslung mit albicauda oder leucura ist schlechterdings schwer möglich, weil Croe, albicauda oben braun, unten grau ist und bei 110 mm Körperlänge einen 70 mm langen Schwanz hat, leueura MTrscH. aber. oben zimmet- grau, unten hellgrau ist und einen mindestens 60 mm langen Schwanz besitzt. I ( 8A “ Sitzung vom 16. October 1894. 207 Herr von MARTENS zeigte mehrere neue Susswasser- Conohylien aus Korea vor, welche Dr. GoTTscHE vor zehn Jahren während seiner Reisen in jenem Lande gesammelt und später dem zoologischen Museum in Berlin überlassen hat, im Anschluss an eine frühere Mittheilung in der Sitzung vom 18. Mai 1886, Sitzungsberichte S. 76—80. Die Süss- wasserfauna scheint in diesem Lande sehr reich zu sein, namentlich die Gattung Melania und Unio, welche fliessen- des Wasser lieben, entsprechend der unebenen Beschaffenheit des Binnenlandes;: wie nicht anders zu erwarten war. schliessen sich die Formen einerseits an chinesische, an- dererseits an japanische an. manche so sehr, dass sie nicht wohl als davon verschiedene Arten gelten können, mehrere Beispiele davon sind schon in der oben erwähnten früheren Mittheilung angegeben, hierzu kommt nun noch eine Melanie mit schwacher Spiralskulptur, welche sieh nicht leicht von der vielgestaltigen M7. kbertina A. GOULD aus Japan trennen lässt. Dagegen sind Melanien mit scharf ausgeprägter knotiger Skulptur, wie sie hier in mehreren Arten vorkommen, in Japan noch gar nicht, in China nur sehr einzeln ge- funden und müssen daher als besonders charakteristisch für Korea gelten. Eigenthümlich ist, dass bei mehreren derselben diese Skulptur im Laufe des individuellen Wachsthums in ähnlicher Weise sich verliert und verwischt, wie bei vielen Unionen. Die neuen Arten lassen sich etwa folgendermassen charakterisiren: 1. Melania nodiperda. Testa oblonga, subturrita, decollata, striatula, plieis ver- ticalibus bi- vel trinodosis (in anfr. penultimo 13) obscure ful- vofusca; anfr. superstites 3—5, ultimus plieis obsolescentibus, cingulo peripherico elevato subnodoso et cingulis basalibus 2 sublaevibus sculptus; apertura !/s vel ?/; testae decollatae occupans, ovata, parum obliqua, margine externo .tenui, subarcuato, membranaceo-limbato, basali et columellari re- cedentibus, incrassatis, albis, fauce coerulescente. Long. 24—31, diam. 12—14'/s, apert. long. 101/—13'/2, lat. 7—8'/s mm. EL E > 208 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Imjingang, Yongsongpo am Sejingang und Hatanggyöong am Naemingyang, Korea, Dr. GOTTSCHE. a Die Knoten auf den Falten der vorletzten und dritt- letzten Windungen stehen so, dass gleich unterhalb der Naht ein kleiner und schwacher steht, die zwei andern aber gleich gross sind und ungefähr gleich weit von einander wie von der nächstobern oder nächstuntern Naht stehen. Auf der letzten Windung schwinden die Falten und Knoten mehr und mehr, die obern Knoten verbinden sich zu einem der Naht nahen, schmalen Spiralgürtel, die beiden andern bleiben mehr isolirt, in der Regel noch deutlich auf der ersten Hälfte und verlieren sich fast ganz auf der zweiten Hälfte der Windung; dagegen tritt ein deutlicher Spiralgürtel in der Peripherie auf, vom obern Gürtel der Mündung an beginnend, der auf den früheren Windungen durch die untere Naht verdeckt war; dieser Gürtel trägt anfangs mehr oder weniger regelmässige Knoten, verliert dieselben aber gegen die Mündung zu; unterhalb desselben, in der untern Hälfte, sind noch zwei erhabene Spiralgürtel ohne Knoten. Mel. Gottschei (Sitzungsberichte d. Gesellsch. naturf. Freunde 1886, 8. 78) unterscheidet sich von dieser Art dadurch, dass die oberste Knotenreihe die stärkste ist, während die zwei folgenden schon auf der drittletzten und vorletzten Windung mehr miteinander verschmelzen, ferner dadurch, dass die einzelnen Windungen langsamer an Umfang zunehmen und die Gestalt der ganzen Schale mehr cylindrisch als eiförmig ist. Als Varietäten möchte ich einzelne Stücke von gleichem Fundort bezeichnen, bei welchen auf der vorletzten und drittletzten Windung je nur Ein starker Knoten auf jeder Falte vorhanden ist, und zwar scheint diese Abänderung auf zweifache Weise entstanden: bei dem einen Stück ist dieser Knoten auf der vorletzten und drittletzten Windung wie aus 2 dicht übereinderstehenden zusammengesetzt, also die zwei stärkeren Knoten der typischen Form hier zu- sammengerückt, bei dem andern Stück sind oberhalb des starken Knotens noch zwei schwächere, also der zweite bei der typischen Form dem dritten gleich hier schwächer geworden. | Bi Sitzung vom 16. October 1894. 209 Var. uniserialks. Nur eine Reihe starker Knoten auf der drittletzten und vorletzten Windung, der untern der typischen Form ent- sprechend, die beiden andern Reihen fehlend oder schwach ausgebildet. Die vorliegenden zwei Exemplare noch nicht ganz erwachsen, das'grössere ohne obere Knoten, 21 mm lang, 11 breit, Mündung 10 lang, 6'/» breit. Imjingang, Dr. GoTTScHE. Var. connectens. Mehr cylindrisch-gethürmt von der Form der M.@Gottsche:, aber die Knoten der obersten Reihe doch kleiner als die der beiden andern Reihen, die entsprechenden Knoten dieser beiden Reihen verbinden sich zuweilen zu einer Vertikal- falte, während an demselben Individuum die Mehrzahl ge- trennt bleibt. a) Länge 32, Breite 14 mm; Mündung 13 lang, 8 breit; 5 Windungen erhalten. b) Länge 31, Breite 12 mm; Mündung 10'/s lang, 7 breit, 5 Windungen erhalten. c) Länge 31, Breite 12 mm; Mündung 12 lang, 7 breit; 6!/; Windungen erhalten. d) Länge 29, Breite 13 mm; Mündung 13 lang, 71/a breit; 5 Windungen erhalten. Saejang-kori am Tatunggang, 10 li oberhalb Singei (a, b) und Pungdung (ec, d), Korea, Dr. GOTTSCHE. Var. pertinax. Abgekürzt, eiförmig, Spitze kariös, aber nicht ganz ver- loren, Knoten auf der vorletzten Windung in 3 Reihen, die der obersten kleiner, die der dritten Reihe öfters von der Naht halb verdeckt; auf der letzten Windung 5—6 Knoten- reihen, die drei oberen denen auf der vorletzten Windung entsprechend, die zwei, selten 3 anderen der Unterseite an- gehörig; meist sind diese Knoten bis zur Mündung hin noch deutlich, seltener mehr oder weniger geschwunden. Die Exemplare, an denen die Spitze noch deutlich zu erkennen, haben 6 Windungen; Länge 21, Breite 13'/s mm; Mündung 12 lang, 8 breit, 10 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Saejang-kori, mit der vorigen zusammen geschickt, aber ohne Uebergänge zu derselben. Er Mel. Aubryana Hrups aus China scheint dieser Art nahe zu stehen. Er: Ü. ar % 2. Melania graniperda. Testa ovato-oblonga, modice decollata, plieis verticalibus i 6—8-nodulosis 16—18 in anfractu antepenultimo et penul- timo, eingulis elevatis angustis 13—15, saepius subnodulosis, prope aperturam plerumque obsolescentibus in anfr. ultimo sculpta. fusca, anfr. superstites 3—4, regulariter ambitu crescentes, sutura superficiali, ultimus basi rotundatus; aper- tura Ya longitudinis testae decollatae superans, subverticalis, acute ovata, intus coerulescens, margine externo leviter con- cavo nigrolimbato, basali latiuscule rotundato, vix producto, columellari sat arcuato, dilatato, albo yel flavescente, fusco- limbato. a) Long. 21, diam. 11'/s; apert. long. 11, diam. 7 mm by: N ER Re 3 ns an: ne ee Re 2 Rn! a N (bei e nur 2'/a Windungen). Nampyöng (a) und Imjingang (b. e), Korea, Dr. GOTTSCHE. Aehnlich einer kleineren Varietät der M. Coreana, wie solche bei Chöllong und Kuangju vorkommt, aber Knötehen | und Gürtel zahlreicher, erstere mehr in Vertikalreihen ge- schieden, deren Abstände von einander grösser sind, während die Knötehen von oben nach unten dicht: aneinander liegen und dadurch Vertikalfalten bilden; bei M. Coreana ist de Entfernung eines Knötchens vom nächsten in vertikaler B: Richtung fast ebenso gross, wie in der Richtung der Spirale. iR hy. & BR, k 4 3. Melania quinaria. Testa oblonga, subturrita, decollata, striatula, a verticalibus in anfr. penultimo, circa 20, 4-nodosis, saepius obsolescentibus, fuscescenti-nigra; anfr. superstites 3, ultimus plieis tri-vel bi-nodosis, obsolescentibus, basi ceingulis e vatis quinque (peripherico incluso) sculptus; apertura midiam testae decollatae partem subaequans, ovata, m Sitzung vom 16. October 1894. 911 obliqua, margine externo tenui, subarcuato, submembranaceo- limbato, basali et columellari recedentibus, incrassatis, albis, fauce coerulescente. Long. 26, diam. 12, apert. long. 13, lat. 7 mm. Paikchi und Singei, Korea, Dr. GOTTSCHE. Steht in vielen Beziehungen der nodiperda nahe, aber die Knoten erhalten sich in der Regel wenigstens in zwei Reihen bis nahe an die Mündung und die Unterseite zeigt 5 erhabene glatte Gürtel (den peripherischen miteingerechnet). 4. Melania tegulata. Testa turrita, apice decollata, striatula, costis obtusis subarcuatis eirca 20 in anfr. penultimo saepe obsolescentibus et linea spirali prominula paulo supra suturam in- feriorem in quovis anfractu sculpta, opaca nigra, anfr. superstites 4—5, ultimus costulis spiralibus obtusis, in superiore parte plus minusve obsoletis, in basi 5 (inclusa peripherica) magis distinetis sculptus; apertura ?/s longitudinis totius testae aequans, ovata, parum obliqua, margine externo tenui, arcuato, basali et columellari recedentibus, incrassatis, pallide coeruleis, fauce plumbeo-coeruleo. Long. 26, diam. 10, apert. long. 10, lat. 6 mm. Chiksan, Korea, Dr. GOTTSCHE. Die Skulptur variüirt insofern sehr, als zuweilen deut- liche etwas gebogene Falten auf allen Windungen bis zur vorletzten und undeutlich auch noch auf der letzten vor- handen sind, bald auch schon undeutlich oder kaum ange- deutet auf den früheren Windungen; auch der Grad der Biegung derselben variirt. Konstant ist die etwas vor- stehende Spirallinie nahe über der unteren Naht an jeder Windung; wenn die Rippen deutlich ausgeprägt sind, enden sie hier nach unten plötzlich abbrechend. Nicht selten findet sich oberhalb dieser Linie eine zweite ähnliche auf der vorletzten Windung. die aber von den Rippen meist durch- setzt wird, doch nicht immer. Steht unter den in Korea gefundenen Arten ziemlich isolirt. g+tr+ wi. magis distante, sculpta, nitida, olivaceo-fusca; anfr. >12 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 5. Melania multieineta. Testa elongata, subturrita, apice eroso, eingulis elevatis angustis, 6 in anfr. penultimo conspieuis, 11 in ultimo usque ad basin, seulpta, interstitiis verticaliter striatis, fulvo-fusea; anfr. superstites 6—7, regulariter ambitu cerescentes, sutura sat profunda, anfr. ultimus basi modice attenuatus; apertura Us totius longitudinis fere aequans, vix obliqua, intus coerulescens, margine externo concave arcuato. tenui, mar- gine basali subangulatim producto, columellari valde arcuato, dilatato, albido, fusco-limbato. Long. 31—33, diam. 12, apert. long. 12, lat. 6'/—7 mm. Yongsongpo und Chöllong, Korea, Dr. GoTTSCHE. 6. Melania succincta. Testa subeylindrica, turrita, decollata, striata, eingulis spiralibus parum elevatis 4 in anfractu penultimo, superiore superstites 4, ultimus eingulis infra supremum obsolescen- tibus, et eingulis basalibus 5 (peripherico incluso) sculptus; apertura */s testae decollatae longitudinis aequans, ovata, parum obligua, margine externo tenui, arcuato, columellari et basali recedentibus, incrassatis, albis, fauce coerulescente. Long. 24, diam. 11, apert. long. 10'/e, lat. 5 mm. Kwangju. Korea, Dr. GOTTSCHE. Nahe verwandt mit M. Gottschei, die auch ebenda vor- kommt, aber durch den Mangel der knotigen Vertikalan- schwellungen (mindestens schon auf der drittletzten und vor- letzten Windung) und die grössere Anzahl der Basalgürtel unterschieden. 7. Melania extensa. Testa subeylindrica, turrita, decollata, costis verticali- bus subrectis crassiuseulis a sutura superiore ad inferiorem extensis non interruptis, circa 15 in anfr. penultimo et suleis nonnullis spiralibus sculpta, nitida, laete fulva; anfr. superstites 4—D5, plani, sutura sat profunda, ultimus costis obsolescentibus, basi eingulis obtusis eirca 7 (peri- R pherico incluso) sculptus; apertura */s longitudinis testae Sitzung “vom 16. October 1894. 213 decollatae aequans, ovata, parum obliqua, margine externo tenui, arcuato, nigrolimbato, basali porrecto, columellari recedente, subincrassato, albo, fauce coerulescente. Long. 20, diam. 7'/s, aperturae long. 8, lat. 4 mm. Kwangju, Korea, mit der vorigen zusammen, Nampyöng und Chöngju, 36° 40° N. Br., im südlichen Korea, GOTTSCHE. Bei einigen Exemplaren sind die Rippen schon auf der vorletzten Windung nur in der Nähe der oberen Naht scharf ausgeprägt und schwinden nach unten zu; bei einzelnen Stücken von Chöngju werden die Spiralfurchen stärker und machen, dass auf der letzten Windung die Verticalrippen dadurch etwas knotig werden, von der nordchinesischen cancellata unterscheiden sich solche Exemplare immer noch leicht durch die ebenen nicht knotigen Rippen. Eigenthüm- lich ist allen die lebhaft gelbbraune Farbe. — Als var. laevior möchte ich eine Form bezeichnen, welche Dr. GOoTTSCHE zwischen Champyöng und Okkwa sammelte: bei dieser sind dieRippen auch schon auf den oberen Windungen sehr schwach ausgebildet, zuweilen fast ganz fehlend, ihre Zahl mehr un- regelmässig, Spiralstreifen oberhalb der Naht meist gar nicht vorhanden; die braune Grundfarbe oft durch einen schwärzlichen Ueberzug verdeckt. 8. Melania paucicincta. Testa conoideo-oblonga, apice decollata, leviter striatula, fuscescenti-virens, fascia fusca unica peripherica pieta; anfr. superstites 4, regulariter crescentes, convexi, sutura pro- . funda, ultimus rotundatus, paulo infra fasciam penultimi descendens, basi sensim attenuatus et costulis nonnullis spiralibus obsolescentibus sceulptus; apertura paulum obliqua, !/a testae decollatae fere aequans, margine externo tenui, concave sinuato, basali producto, obtuse angulato, colu- mellari valde arcuato, albo, incrassato. Long. 19, diam. 9, apert. long. 9/2, lat. 5'/z mm. Wiwon, im nördlichsten Theil von Korea, Dr. GOTTSCHE. Zuweilen tritt an der letzten Windung ganz unten noch ein zweites Band auf, doch selten vollständig ausgebildet, oder es tritt auch dicht unter der Naht noch ein Band auf; an andern Stücken fehlen alle Bänder. grrt Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 9. Melania ovulum. " Testa globoso-ovata, decollata, inaequaliter striatuld vel leviter et distanter costulata, striis spiralibus obtusis K- subelevatis perlevibus sculpta, opaca brunneo-virescens, interdum fasciis parum distinctis nigris pieta; sutura modiee impressa, anfr. superstites 2—3, ultimus plerumque vari- cibus nonnullis nigris notatus. basi laevis; apertura ?/s longi- tudinis testae decollatae occupans, paulum obliqua, margine externo tenui, nigrolimbato, superne non sinuato, basali et columellari recedentibus, incrassatis, albis, fauce pallide caerulea, saepius fusco-maculata. Long. 19, diam. 13; apert. long. 13, lat. 9 mm. Ikujang bei Thosan, Korea, Dr. GOTTSCHE. Stellt sich zunächst neben M. globus (Sitzungsberichte d. Gesellsch. naturf. Freunde, 1886, S. 79). 10. Unio acrorrhynchus. Testa elongata, compressa, periostraco subsericeo nigro- fusco, nitidulo, antice breviter rotundata, postice partim tubereulis subperpendicularibus elongatis inter se parallelis sculpta et in rostrum longum acutum superne carina ele- vata leviter descendente et usque in apicem excurrente munitum producta,; umbones depressi, excoriati. Facies interna pallide rubescente-margaritacea vel flavorubens, posterius tuberculis externis leviter notata. Dentes car- dinales valvae sinistrae duo trigoni subaequales rugosi, anterior antrorsum porrectus, valvae dextrae anterior parvus, compressus, margini dorsali subparallelus; posterior late trigonus, rugosus; dentes laterales elongati, rectilinei, vv sinistrae duo, leviter ruguloso-asperi, v. dextrae unicus, Sg leviter transverse sulculosus. Impressio muscularis antica 2 magna, rotunda, margini antico pervicina, linea Palin antice latiuscula, foveolata, dein simplex. Long. 12'/2, alt. 34, diameter sub vertieibus 15, ee usque ad 20 mm. Vertices in '/s longitudines siti, liga- mentum usque ad */s longitudinis extensum. Ir Fluss Naemigang bei Hatanggyöng und in einem Zu- A fluss des Imjingang, Korea, Dr. GortscHE, dort mit mehr Sitzung vom 16.0ctober 1894. 215 bläulicher, hier mit lebhaft lachsfarben röthlich-gelber Innenseite, etwas kleiner und verhältnissmässig schlanker in Kwanchongang bei Pukchan, nördlich von Naga-Naju. Verwandt mit dem chinesischen U. Grayanus LEA und dem japanischen Ü. oxyrhynchus MARTS., grösser und ver- hältnissmässig stärker zusammengedrückt als diese beiden, nicht so schlank wie U. Grayanus und in der allgemeinen Gestalt dem oxyrhynchus ähnlicher, aber länger und ver- hältnissmässig mehr gleichmässig zugespitzt, mit stärker ausgeprägtem Kiel und Skulptur. 11. Unio Gottschei, Testa oblonge-elliptica, compressa, periostraco sub- sericeo, fusco (in junioribus fulvo) antice breviter et sub- anguste rotundata, postice expansa et tubereulis in media verrucaeformibus, posterius elongatis et divaricatim in mar- ginem eradiantibus, adulta aetate obsolescentibus sculpta, margine dorsali posteriore sat arcuato, margine postico rostrum obtusum subdeflexum truncatum formante, margine ventrali in junioribus sat, in adultis vix areuato. Vertices subtumidi, decorticati. Facies interna albo-margaritacea, medio fulvescens. Dentes cardinales fere longitudinaliter siti, subparalleli, valvae sinistrae duo, auterior inferior gracilis, laevis, posterior crassior, subtrigonus, longitudinaliter sulcatus, valvae dextrae unicus crassus, rugosus! dentes laterales leviter arcuati, sublaeves, elongati, v. sinistrae duo, inferior postice subduplicatus, v. dextrae unicus. Im- pressio muscularis antica longitudinaliter oblonga, rugosa; linea palliaris saepe transversim striolata. Speeimen maximum long. 120, alt. ad vertices 45, alt. posterior 63, diam. 36 mm. Specimen medium long. 82, alt. ad vertices 35, alt. posterior 46, diam. 25 mm. Vertices in '/s longitudinis siti. Ligamentum usque ad °/; longitudinis extensum. Söul, Amnokgang bei Wiwon und Pukchang, Korea. Dr. GOTTSCHE. Nahe verwandt mit dem chinesischen U. Leai Gray, 946 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. u Ge ade: dr un ,’ a Tee Ta di aber durch das mehr abgerundete und etwas längere vordere Ende, dessen Rand nach unten sich voller ausrundet, zu unterscheiden, während bei der chinesischen Art der Vorder- rand gleich unterhalb des vordern Muskeleindrucks stärker nach hinten sich wendet. | 12. Unio verrucifer. Testaoblongo-elliptica, paulumtumida, solida, ner griseo-viridi, seriebus verrucarum subconfluentium antice arcuatim ascendentibus, postice acutangule terminatis usque ad medium testae sculpta, antice rotundata, postice elongata, subrostrata, pliculis radiantibus compressis sat numerosis : sculpta; margo ventralis rectus, margo posterior superne valde descendens, inferior sat ascendens. Facies interna albomargaritacea, medio carneoflavescens. Dentes cardinales sat crassi, erenati, valvae sinistrae anterior multo longior, valvae dextrae superior gracilis, parvus; dentes laterales validi, modice elongati, subrecti, rugosi. Long. 37, alt. 18, diam. 12. Vertices in ?/s longitudinis siti, ligamentum usque ad °/a longitudinis extensum. F. Fluss Hangang im mittleren Korea. Be Der chinesische U. Douglasiae Gray (Murchisonianus: Lea) steht dieser Art nahe, ist aber nach hinten mehr ver- längert und daher auch die Wirbel verhältnissmässig mehr nach vorn, die Höhe verhältnissmässig geringer. 13. Unio pliculosus. Testa elliptieo-oblonga, tumida, periostraco nitidulo fusco vel nigricante, antice breviter rotundata, postice elon- gata, obtuse subrostrata, plieulis sparsis radiantibus brevibus compressis, regione umbonali rugis subparallelis, saepius ; interruptis antice plerumque oblique descendentibus, postice fulminatis sculpta; margo ventralis in junioribus rectus, in | adultis leviter sinuatus; margo posticus superior modice descendens, medius subtruncatus, inferior paulum ne Faeies interna caerulescenti-margaritacea. Dentes cardinales compressi, erassiusculi, valvae sinistrae anterior magis el 0 n- n.. Sitzung vom 16. October 1894. >17 gatus, valvae dextrae duo subparalleli, inferior crassior; dentes laterales longi, paulum arcuati, laeves. a) Long. 45, alt. 22, diam. 15 mm: Vertices in 1/s longitudinis siti, ligamentum usque ad °/s longitudinis ex- tensum. b) Long. 33, alt. 15, diam. 10'/e mm. Vertices in 2/; longitudinis siti, ligamentum usque eirca ad °/s longitudinis extensum. Singei (a) und zwischen Okkwa und Changpyöng (b), ersteres im südlichen, letzteres im nördlichen Theil von Korea, Dr. GOTTSCHE. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (Poroxıe), IX, N0.29 —41. Leopoldina, Heft XXX, No. 9— 16. Societatum Litterae, 8. Jahrg., No. 4—9. Helios, XII. Jahrg., No. 1—6. Sitzungsberichte der Kgl. Preuss. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin, 1894, No. XXIV—XXXVII. Polhöhenbestimmungen im Harzgebiet, ausgeführt in den Jahren 1837—1891. Veröffentlichung des Kgl. Preuss. Geodät. Instituts. Berlin 1894. Verwaltungsbericht über das Märkische Provinzial-Museum für 1893/94. Berlin 1894. 71. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vater- ländische Cultur. Breslau 1894. | 20. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst für 1891. Münster 1892. XVII. Jahresbericht der Gewerbeschule zu Bistritz. Bistritz 1893. | Naturwissenschaftlicher Verein der Provinz Posen. Zeit- schrift der Botanischen Abtheilung. I. Heft. Posen 1894. Bericht über die Senckenbergische naturforschende Gesell- schaft in Frankfurt a. M. 1894. Abhandlungen der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürn- berg. X. Band, II. Heft. Be, (Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. | R » 0 gs 218 Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. u Neue Folge. VIL. Bd., IH. und IV. Heft. Danzig 1894. Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. 50. Jahrg. Stuttgart 1894. Ei Vierteljahrschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. M 39. Jahrg. 2 Heft. s“ Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel R 11: Bd.,'3. Heft. .: Berlin 1894. Annalen des K. K. Naturhist. Hofmuseums. Bd. IX,, Nr. 2. Wien 1894. Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwisschaften in Hermannstadt. XLII. Jahrg. Földtani Közlöny. XXIV. Kötet, 6.—8. Füzet. Buda- pest 1894. Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1894, No. 205—210. Rendiconto dell’Accademia delle Seienze Fisiche e Mate- matiche di Napoli. Serie 2, Vol. VIII. Napoli 1894. Atti della Reale Accademia delle Scienze Fisiche e Mate- matiche di Napoli. Serie 2, Vol. VI. Napoli 1894. Archiv für die Naturkunde Liv-, Ehst- und Kurlands. II. Serie. Bınd X, Liefg. 3 u. 4. Dorpat 1893, 1894. | Sitzungsbericht der Naturforscher-Gesellschaft zu Dorpat. X. Bd., II. Heft. 1893. vi Bulletin de l’ Acad&mie Imp£riale des Seienges de St. Pin bourg. Nouv. Serie IV. (XXXVL), No. 1 und 2, Br Tijdschrift der Nederlandsche Dierkundige Vercenigung. Ry 2. Serie, Deel IV., Aflering 3. Leiden 1894. > Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen. Deel II. u. IIL. Amsterdam 1894. _ Seh Verslagen der Zittingen van de Wis- en Natuurkundige ar % deeling der Kon. Akademie van Wetenschappen va an 27 Mei 1893 tot 21 April 1894. Amsterdam 1894 # y J F. Starcke, Berlin W, A DE an Da a a or 0 Aa a Bm”, A ZH a a 39 in Kt a > an a a NEON ® Nr. 9. | 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 20. November 1894. Vorsitzender (in Vertretung): Herr F. E. SCHULZE. Herr NEHRING sprach über Sus Marchei HvEr und Tragulus nigricans THOMAS. Als Nachtrag zu dem, was ich in der letzten Sitzung unserer Gesellschaft (v. 16. Oct. 1894) über gewisse Säuge- thiere der Philippinen vorgetragen habe, erlaube ich mir Folgendes mitzutheilen. 1. Sus Marchei HvET —= 8. celebensis var. philippensis NEHRING (S. philippensis MEYER). In dem Aufsatze, welchen Hvrr in der Zeitschrift „Le Naturaliste“, 10. Jahrg., No. 20, v. 1. Januar 1888,') ver- öffentlicht hat, und auf welchen schon im letzten Sitzungs- berichte unserer Gesellschaft, p. 190 und 192, von mir hingewiesen ist, wurde von dem genannten Autor neben S. ahaenobarbus von Palawan (= 8. barbatus var. palavensis NHRrG.) noch eine zweite neue Art aufgestellt, nämlich Sus Marchei. Als Heimath dieses Wildschweins wird an drei verschiedenen Stellen jenes Aufsatzes „Laguan* ange- geben. Ich habe aber schon a. a. O., p. 192, Note, die Vermuthung ausgesprochen, dass jene Angabe irrthümlich und dass thatsächlich die Provinz Laguna auf Luzon ge- !) Herr Dr. F. KARscH war so freundlich, mir die genannte Zeit- schrift, welche hier in Berlin sehr schwer zu bekommen ist, zu leihen. In der Kgl. Bibliothek wird dieselbe nicht gehalten. 9 “ von einander entfernt, bei S. ahaenobarbus 21 mm. 220 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. meint sei. Diese Vermuthung hat sich inzwischen als richtig bewährt. 20 Nachdem eine an Herrn Huvrr gerichtete Anfrage ihre Adresse nicht erreicht hatte, war Herr Prof. MiLnE EDwArDs so freundlich, mir durch Herrn E. ps PousAarsurs vom Museum d’hist. nat. in Paris nähere Auskunft über Sus Marchei zugehen zu lassen. Danach lautet die von dem Sammler (Herrn MArcHrE) selbst herrührende Etiquette: „Sanglier de Jala-Jala, Lagouna, Lugon.“ Hiermit ist also die Herkunft von der Insel Luzon, und zwar aus der südöstlich von der Hauptstadt Manila gelegenen Provinz Laguna sicher festgestellt. Wenn hiernach schon die Annahme nahe lag, dass S. Marchei HuEr identisch sei mit S. philippensis MEYER (— 8. celebensis var. philippensis NEHRING), so wurde dieses noch vollständig bestätigt durch die Angaben, welche Herr E. DE POUSARGUES mir auf meine Bitte in liebenswürdigster Weise über den Schädel des betr. Wildschweins von Yala- Yala zugehen liess. Hiernach ist die Bildung der Choanen- Partie ebenso beschaffen, wie bei den durch mich schon früher beschriebenen Wildschweinen von Luzon und Min- doro, auch die übrigen Formverhältnisse des Schädels stimmen in allen wesentlichen Punkten überein. Siehe E die unten folgende Messungstabelle! | Ds: Ich hatte schon beim ersten Anblick der Schädel-Ab- 3 bildungen des Hurr'schen Aufsatzes die Vermuthung nicht Br zurückdrängen können, dass die zu Sus Marchev gehörigen a Figuren mit denen von 5. ahaenobarbus irrthümlich vor: wechselt seien; durch die freundlichst mitgetheilten Maass- ; angaben des Ban DE POUSARGUES ist mir jene Ver- Be muthung zur Gewissheit geworden. Alle Maasse, welche sich thatsächlich auf den Schädel von S. Marchei beziehen, harmoniren sehr gut mit der Hurr'schen Abbildung des Schädels von S. ahaenobarbus, passen aber nicht auf die betr. ß. Abbildungen des Schädels von S. Marchei, und uIBgSKeNEN EB !) Auch sind an beiden Schädeln die Scheitelleisten einander $ keineswegs so schr genähert, wie es nach den Abbildungen nz It; bei 5. Marchei sind sie an der schmalsten Stelle der hr 23 m Sitzung vom 20. November 1894. 221 Ausserdem sind die von HuEr a. a. O., p. 7, mitge- theilten Schädelmaasse wenig exact und enthalten zu- gleich offenbare Fehler; namentlich ist die Jochbogenbreite von 8. ahaenobarbus und 5. barbatus ohne Zweifel ver- wechselt worden. Auch darf der Umstand nicht verschwiegen werden, dass das ÖOriginal-Exemplar des HuErT'schen Sus ahaeno- barbus noch nicht völlig erwachsen ist, denn nach Angabe des Herrn DE PousarGuzs sind die letzten Molaren (m) noch nicht gauz aus ihren Alveolen hervorgebrochen, und es wird namentlich an m3 sup. der letzte Höcker noch vom Kieferknochen bedeckt. Dagegen ist der Schädel von Sus Marchei der eines völlig ausgewachsenen Keilers. Hiernach scheint es mir wichtig, die Angaben Hurr's dureh nachfolgende Messungen zu berichtigen. Messungs-Tabelle. Die Messungen sind mit dem Tasterzirkel ausgeführt und in Millimetern angegeben. * 2 3. 4. 5. Sus | Sus Sus Sus , eleb. | celeb. Sus a Marchei) X. | var. jahaeno- —., Fad phihp- \philip- | barbus BER “ | pensis | pensis |\g‘ med. n = Luzon | Luzon |Luzon Palawan 1. Basallänge des Schädels v. d. . Mitte des unt. Randes d. For. magn. occip. bis Vorderrand eines der Intermaxillaria . 267 259 - | ‚262 290 | 305 2. Profillänge des Schädels v.d. Mitte d. Parietal-Kammes bis Vorderrand eines der Inter- maxillaria.. . 323 815 | 297 330 | 358 3. Grösste Breite des Schädels | an den Jochbögen.. . . 135 136 | 129 125 | 145 4. Grösste Breite a. d. Flügelfort- sätzen d. Parietal-Kammes . 74 86 74 59 61 5. Erstreckung d. Palatina über das Hinterende des m3 sup. hinaus, i.d. Mittellinie gemess. 14 12 9 27?| 88 6. Länge der oberen Backen- Zannrhe A 98 89) 92 107 | 104 !) Dieses Exemplar hat eine relativ kurze obere Backenzahnreihe. g* I EN Joy BR. wr. a5 Va ZA 4 a a r) igl er: 2,2 7 2232 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Er. Wenn man vorstehende Tabelle mit den ausführlichen E Angaben in meiner Abhandlung über „Sus celebensis und Verwandte“) vergleicht, wird man unschwer zu dem rich- “ tigen Urtheil über S. Marche: gelangen. Diese Art ist identisch mit S. phelippensis A. B. MEYER, welche ich be- reits in dem Sitzungsberichte unserer Gesellschaft vom 18. Mai 1886, p. 83 f., auf Grund des im Dresdener Zoolog. Museum vorhandenen Materials kurz charakterisirt und später in der grösseren Abhandlung über „Sus celebensis und Verwandte“ als S. celebensis var. philippensis genauer besprochen habe. Sehr willkommen ist die Abbildung, welche HvET von seinem S. Marchei a. a. O. publicirt hat, da sie, so viel ich weiss, das Aeussere von $. phelippensis zum ersten Male darstellt. Ich gebe sie hier in verkleinertem Maasstabe nach einer Copie des Herrn Dr. G. Rörıg wieder. Aus der- Sus Marchei Huer = 8. celebensis var. philippensis, NHRG. (S. philippensis A. B. Meyer). Insel Luzon, Provinz Laguna. Nach HuET copirt von Dr. G. RÖRIG. R \ Yo selben ergiebt sich eine grosse Aehnlichkeit mit Sus cele- bensis, wenngleich in der Färbung einiger Partien des Haar- ae !) Erschienen bei FRIEDLÄNDER und Sohn, Berlin 1889, in den Abh. u. Berichten d. Kgl. zoolog. Museums in Dresden. Br Sitzung vom 20. November 1894. 323 kleides gewisse Unterschiede vorhanden sind. Nach Huer ist die Färbung des ganzen Haarkleides gleichmässig schwarz, ') während bei Sus celebensis der Wangenbüschel und eine Querbinde an der Schnauze von gelblicher Farbe zu sein pflegen; doch kommen, wie meine specielleren An- gaben in „Sus celeb. u. Verw.“, p. 7 f.. zeigen, auch unter den Celebes-Wildschweinen manche Exemplare vor, deren Haarkleid fast einfarbig schwarz erscheint. Wichtiger als die etwaigen kleinen Abweichungen in der Färbung des Haarkleides sind die Uebereinstimmungen, welche sich in den Hauptcharakteren des Wildschweins der eigentlichen Philippinen (Luzon, Mindoro ete.) mit dem Celebes-Wildschweine zeigen. Dahin rechne ich ausser den Eigenthümlichkeiten des Schädels und des Gebisses vor Allem das Vorhandensein einer Gesichtswarze am Schnauzentheile des erwachsenen Männchens, sowie die Entwicklung eines sogenannten Wangenbüschels.?) Nach meiner Ansicht ist das Wildschwein der eigentlichen Philippinen (mit Ausschluss der Palawan- Gruppe) nur eine Varietät des Celebes-Schweins, wie ich dieses schon in „Sus. celeb. u. Verw.“ dargelegt habe. 2. Tragulus nigricans O. THOMAS. Von dieser neuen Species, welche der bekannte Mamma- loge OLpFIELD TuomAs in London 1892 nach einem jugend- lichen Exemplare der STEERE’schen Expedition aufgestellt hat,°) besitzen wir durch Herrn Dr. OÖ. v. MOELLENDORFF schon seit 1890 ein wohlerhaltenes erwachsenes Männchen im ausgestopften Zustande, sowie seit Kurzem das Skelet eines noch nicht ganz ausgewachsenen Exemplars.*) Beide !) Vergl. auch meine Beschreibung der Haut eines alten männ- lichen Wildschweins von der Insel Mindoro im „Zoolog. Anzeiger“, 1891, p. 457—459. 2?) Dieser Wangenbüschel ist allerdings bei unserem Mindoro-Keiler nur schwach, doch halte ich dieses für eine individuelle Abweichung, zumal da das Luzon-Wildschwein einen deutlichen Wangenbüschel zeigt. ®) Ann. and Mag. Nat. Hist., 1892, Bd. 9, p. 254. *) Vergl. unseren Sitzungsbericht v. 17. Juni 1890, p. 101 und v, 16. Oct. 1894, p. 190. 994 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Er. stammen, ebenso wie das Londoner Exemplar, von der Insel Balabae. Das erwachsene Exemplar der mir unterstellten Sarnen A lung ist sehr schön im Haarkleide und zeigt starke, her- vorragende Canini in den Oberkiefern. (Fig. 2, siehe bei a) Die Färbung des Haarkleides entspricht in den wesent- lichen Punkten der Beschreibung, welche O. Tnuomas von dem Original-Exemplar der Species geliefert hat. Besonders charakteristisch für die Species ist die Gestalt und Fär- bung der hellen und dunkeln Streifen an der Kehle und der Vorderseite des Halses. Da O0. TmomaAs keine Ab- bildung zu seiner Beschreibung geliefert hat, erlaube ich mir, hier nachstehend eine Zeichnung zu veröffentlichen, Fig. 2. ' - Tragulus BEMEEFER TnHomAs. Von der Insel Blabac. Br Vorderseite des Halses und der Brust. Originalzeichung von Dr. G. Rörıc. Y j a der Caninus. b der braune Fleck am Unterkiefer. c das braune b Querband an der Kehle. d der schwarzbraune Zwischenstreifen : unteren Theile des Halses, EY Sitzung vom 20. November 1894. 225 welche mein Assistent, Herr Dr. G. Rörıs. von der Vorder- seite unseres Exemplars entworfen hat. Diese Zeichnung lässt die Gestaltung der weissen Kehl- und Bruststreifen deutlich erkennen. Besonders charakteristisch für die Species ist der Umstand, dass die beiden seitlichen weissen Streifen, welche bei Zrag. napu FR. Cuv. zusammenhängend von den Unterkieferästen bis zur Brust verlaufen, hier durch eine relativ breite, braune Querbinde (c) unterbrochen werden, so dass die weisse Zeichnung der Unterkieferpartie von den 5 weissen Streifen am unteren Theile des Halses ganz abgetrennt erscheint. Diese letzteren 3 weissen Streifen werden durch ziemlich breite, schwarzbraune, fein hellbraun gesprenkelte Zwischen- streifen (d) von einander getrennt. Der ganze Rücken, so- wie die Seiten des Rumpfes zeigen sich schwarz überflogen, da die Spitzen der betr. Haare schwarz sind. In einigen nebensächlichen Punkten, welche wahr- scheinlich von dem Lebensalter abhängen, weicht unser Exemplar von dem Londoner Original-Exemplar ab. THo- MAS sagt, dass die Haare des Rückens und der Seiten des Rumpfes an ihrer Basis weiss seien; an unserem Exem- plar ist dieses nicht der Fall, sondern die Basis der betr. Haare ist gelblich-grau. Tmomas erwähnt nichts von den braunen Flecken (b) rechts und links von dem nackten Fleck, der sich zwischen den Unterkieferästen findet. Nach Tuomas sind die beiden weissen Unterkieferstreifen von einander vollständig getrennt; an unserem Exemplar laufen sie hinter dem nackten Fleck etwas zusammen. Nach THomas sind die beiden dunkeln Zwischenstreifen (d) am unteren Theile des Halses „deep jet-black“; bei unserem Exemplare erscheinen sie schwarzbraun, sehr fein hellbraun gesprenkelt. (Diese Sprenkelung ist übrigens nur bei ge- nauem Zusehen zu erkennen.) Ferner findet sich unterhalb der 3 weissen Streifen und der beiden schwarzbraunen Zwischenstreifen nicht ein breites „blackisch“ Band, son- dern dieses Band ist an unserem Exemplar im Allgemeinen bräunlich, wie die Querbinde c; nur die Mitte erscheint etwas dunkler. “ c 75% 14 j Fo y u N N N 226 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Tragulus nigricans ist bisher, so viel ich weiss, nur von der Insel Balabae bekannt; doch darf man wohl ver- ‚a muthen, dass diese Art nicht auf Balabac beschränkt ist. Die mir unterstellte Sammlung besitzt 2 jugendliche Tra- gulus-Bälge, welche FR. GRABOWSKI aus Südost-Borneo mit- gebracht hat; dieselben zeigen in manchen Punkten der Färbung des Haarkleides eine deutliche Annäherung an Tr. nigricans von Balabac. Herr F. E. ScHuLzE sprach über eine Arbeit von Tr. BEER, betreffend die Akkomodation des Fischauges. Br FRITZ SCHAUDINN sprach über Haleremita cumu- lans n.g.n. sp., einen neuen marinen Hydroidpolypen. In FR Seewasser-Aquarien des hiesigen zoologischen Instituts lebt in grosser Individuenzahl ein Hydroidpolyp, der meines Wissens noch nicht beschrieben worden ist, der aber in doppelter Hinsicht besonderes Interesse bean- sprucht, erstens wegen seiner einfachen Bauverhältnisse und zweitens wegen seiner eigenartigen Knospenbildung. Der Polyp lebt solitär und ist nackt, d. h. er bildet kein festes Perisark. Statt dessen sammelt er um sich allen möglichen Detritus, Algenfäden, Diatomeen, Nah- rungsreste etc. an und umhüllt sich so vollständig damit, dass nur die Tentakel aus dem Detritushaufen hervorsehen (Fig. I.). Die Fremdkörper sind nur locker aufgehäuft und nicht durch eine vom Polypen ausgeschiedene Kittsubstanz mit einander verbunden. Dadurch, dass auch grüne, noch lebende Algenfäden zum Bau des Haufens benutzt werden, und dass dieselben dann weiter wachsen und sich verästeln, bildet sich meistens ein dichtes Algenwäldchen, in dessen Mitte der Polyp wohlgeborgen sitzt und auf Beute lauert. E Wegen seines Einzellebens und wegen der Eigenthüm- lichkeit, sich mit Fremdkörpern zu umhüllen, habe ich den 3 Polypen Haleremita cumulans genannt. Pe Der Körper des Haleremita besitzt stumpf- ‚kegelförmige a Gestalt. Eine Gliederung in Hydrocaulus und Hydranth ist nicht vorhanden, sondern mit sehr breiter Basis rostsitzend Sitzung vom 20. November 1894. 227 Fig. I. Haleremita cumulans mit seiner Schmutzhülle, von oben gesehen. „ IL. Haleremita cumulans mit 2 Knospen, von der Seite gesehen. „ I. Saccula von Haleremita. „ IV. Junger Haleremita mit einem Tentakel. »„ V. Saccula von Haleremita mit Knospe. „ VI. Frusteln der II. Generation (Knospen der Sacculae). „ VU. Junger Polyp mit zwei Tentakeln aus Frusteln der I. Generation entstanden. „ VII. Vierarmiger Polyp der II. Generation. Alle Figuren bei gleicher Vergrösserung (circa 45fach) mit dem Prisma gezeichnet. verschmälert sich der Körper allmählich bis zu der auf der Spitze des Kegels gelegenen Mundöffnung (Fig. II.). Die Höhe von der Basis bis zur Spitze beträgt durchschnittlich 1 mm. Ungefähr '/ı oder '/; der Körperhöhe unter der Spitze entspringt ein Kranz einfacher Tentakel. Gewöhn- lich sind es 4 über Kreuz gestellte Tentakel. Unter 60'In- dividuen fand ich nur zwei, die 5 besassen, und kann man diese Fälle daher wohl als Ausnahmen betrachten. Die Tentakel entspringen vom Körper mit breiten Basen, die einander berühren (Fig. I.); dann verschmälern sie sich etwas, bleiben. aber auf ihrem weitern Verlauf gleichmässig dick bis zum abgerundeten Ende; sie sind also nicht ge- knöpft. Die Nesselkapseln sind ziemlich dicht über den ganzen Tentakel verbreitet, doch an keiner Stelle zu be- ae wech 228 sonderen Gruppen angehäuft. Eine bester Ka sich für die Tentakel schwer angeben, weil dieselben ausdehnungsfähig sind. An conservirten Thieren maa die kürzesten Tentakel 1 mm, die längsten ‚8 "bei a Körpergrösse der Individuen. x 3 Das durch den Tentakelkranz abet oberä Stück des Körpers ist im Leben sehr beweglich und kann daher Be als Proboscis bezeichnet werden. Hier wie auf den Toni takeln stehen die Nesselkapseln dichter, als auf der übri- gen Körperoberfläche; auf der Basis, ‚die auf der Unterlage mit einem’ klaren Secret befestigt ist, fehlen sie ganz. A ° Im feineren Bau, den ich hier nur ganz kurz behan- deln kann, stimmt Haleremita in den meisten Punkten mit Hydra überein. Die den Gastrovascularraum Me er Körperwand besteht aus den beiden als Ectoderm und En- toderm zu bezeichnenden Zellschichten und der dazwischen gelegenen dünnen hyalinen Stützlamelle. Das Ectoderm ist ein einschichtiges Epithel, das am Körper aus mehr oder minder cubischen, auf den Tentakeln aus platten Zellen be- steht. Wie bei Zydra') lassen sich unter den. Epithelzuitenl 3 ; des Ectoderms Secret abscheidende und nicht secernirende unterscheiden. Die ersteren finden sich, wie bei Hydra, hauptsächlich in der Basalscheide. Sie sind länger wie die übrigen Epithelzellen und liefern das Secret, mit dem das Thier auf der Unterlage befestigt ist. Die nicht secerniren- x den Deckzellen sind Epithelmuskelzellen, die an ihrer Basis longitudinal verlaufende Muskelfasern entwickeln, welche der Stützlamelle dicht aufliegen. Ausser diesen beiden > sorten sind noch die Nesselzellen zu erwähnen, die den Detkzellen eingelagert sind und die Oberfläche nur mit ı u "e Cnidocil erreichen. Während bei den meisten Hydroid- polypen 2 oder 3 Sorten von Nesselkapseln zu unter- scheiden sind, habe ich bei Haleremita nur eine Art fir können. Es sind dies birnförmige Nesselkapseln von bis 22 ». Länge und 8 bis 10 x Breite. Der Nesselft fi irn ve — !) Cfr. CARL ÜAMILLO SCHNEIDER, Histologie von ‚Bdra ; I ‚Sci mit besonderer Berücksichtigung des Nervensystems der H: polypen. Archiv f. mikrosk. Anat., 35, 1890, p. BaL-sUn > j Sitzung vom 20. November 1894. 399 zeigt im ausgestülpten Zustand an seinem Ansatz mehrere grössere Widerhaken und ist auf seiner ganzen Länge mit spiralig angeordneten Härchen besetzt. — Das Entoderm besteht aus grossen blasigen Zellen, die meist je 2 Geisseln tragen. Die Zellen sind von sehr ver- schiedener Länge und wie bei Hydra und Protohydra') z Längswülsten gruppirt, die in wechselnder Zahl (4 bis 6) gegen den Gastrovascularraum vorspringen. Die Entodermzellen von Haleremita sind Epithel- muskelzeln mit. eirculär verlaufenden Muskelfasern. Nach ihrem Inhalt kann man Nähr- und Drüsenzellen unter- scheiden. Die letzteren. die meist ganz mit Secret erfüllt sind, finden sich besonders dicht in der Proboseis gehäuft. Eine wesentliche Abweichung von Hydra zeigt sich in dem Bau der Tentakel. Während dieselben nämlich bei Hydra hohl und mit einer Entodermzellenlage ausgekleidet sind, zeigen sie bei Haleremita einen soliden Axenstrang, der aus grossen cubischen, in einer Reihe angeordneten Entodermzallen besteht. Hierin stimmt Haleronitn also mit den. übrigen Hydroidpolypen überein. Von subepithelialen Gebilden gelang es, wegen der Schwierigkeit von dem kleinen Organismus gute Macera- tionspräparate zu erhalten, nur den unter dem Ectoderm gelegenen Ganglienplexus zu erhalten; derselbe scheint vollständig dem bei Hydra von SCHNEIDER?) constatirten Plexus zu gleichen. Geschlechtsproducte habe ich bisher, obwohl ich viele Exemplare lebend und auf Sehnittserien genau untersucht habe, nicht finden können. Ueber die systematische Stellung des Aaleremita lässt sich. so lange man seine geschlechtliche Fortpflanzung nicht kennt. kaum etwas Sicheres sagen. Der Bau der Tentakel verhindert es. ihn in die Ordnung der Archhydrae s. Hy- drariae zu stellen, während er in allen übrigen Bauverhält- nissen mit dem Hauptvertreter dieser Gruppe, der Hydra, !) Cfr. CARL CHun, Coelenterata in Bronn’s Klassen und Ord- nungen des Thierreichs, p. 218. PyE 00 die Brarm') bei der Knospung von Hydra und andere fer u. % a he 7‘ BR RT N cE we er © nt v 230 Gesellschaft naturforschender Freunde, "Berlin. die grösste Uebereinstimmung zeigt. Vorläufig dürfte es sich daher vielleicht empfehlen, Haleremita isolirt zwischen die HAydrariae und alle übrigen marinen Hydroidpolypen zu stellen, mit denen er nur im Bau der Tentakel überein- stimmt. Ich wende mich nun zur ungeschlechtlichen Fortpflan- zung des Haleremita. Dieselbe erfolgt durch Knospung. 2 Die Anlage einer Knospe macht sich als kleine buckel- förmige Hervorwölbung an der Seite des Körpers bemerk- bar. Die Stelle, an der die Knospe auftritt, wechselt, bald liegt sie dicht unter dem Tentakelkranz, bald ganz in der Nähe der Basis. Eine bestimmte rtggirure zu den Ten- R takeln lässt sich nicht nachweisen. ‚Die Hervorwölbung wird allmählich deutlicher und zeigt bald halbkugelige Ge- stalt. Nun beginnt sich eine Ringfurche am Uebergang in A den Körper des Mutterthieres auszubilden (Fig. VL) und die kugelförmige Knospe sich in die Länge zu strecken. Nachdem die letztere cylindrische Gestalt angenommen hat, schnürt sie sich ganz vom Mutterthier ab und kriecht unter wurm- oder auch spannerartigen Bewegungen fort. Eih 72 Polyp kann zu gleicher Zeit bis zu sechs solcher Knospen treiben. Die Zeit von dem Bemerkbarwerden der Hervor- wölbung bis zur Ablösung der Knospe ist wechselnd. Die. kürzeste beobachtete Dauer betrug 5 Stunden, die längste 23 6 Tage, was wohl mit mehr oder minder reichlicher Br Be: nährung zusammenhängt. 72 Alle Stadien der Knospenbildung habe ich auf Lane 5 und Querschnittserien verfolgt, wobei es sich deutlich zeigte, dass Ectoderm und Entoderm sich in gleicher Weise an der Knospenbildung betheiligen. In beiden Schichten finden zu gleicher Zeit Zelltheilungen statt und ist die Stütz- lamelle auf allen Schnitten als scharfe Grenze zwischen den beiden Zellagen zu erkennen. Ich kann mich dem- nach bezüglich Haleremita ganz den Resultaten ans ob n, Ar !) F. BRAEM, Ueber die Knospung bei mehrschichtigen Thier« er insbesondere bei Hydroiden. Biologisches Centralblatt, AV, 1894, No. 4, p. 140-161. a Sitzung vom 20. November 1894. 231 Hydroidpolypen erhielt, dass nämlich beide Zellschichten gemeinsam das Zellmaterial für die Knospe liefern, während Lang!) nachzuweisen versuchte, dass die ganze Knospe vom Ecetoderm herstammt. Die eben vom Mutterthier losgelöste Knospe von Haleremita besitzt eylindrische Gestalt. Ihre Körperwand besteht aus einschichtigem Eetoderm, Entoderm und da- zwischen gelegener Stützlamelle und ist ziemlich gleich- mässig mit Nesselkapseln besät, die denen der Mutter gleichen; nur an beiden Enden sind die Nesselzellen etwas dichter gehäuft. Die Körperwand umschliesst eine all- seitig geschlossene Höhle, die sich von dem Gastrovascular- raum der Mutter herleite. Die Knospe gleicht demnach bis auf das Fehlen der Wimpern einer Coeloplanula - Larve und man kann sie nach dem Vorgange ALLMANSs als Frustel bezeichnen. Frustelbildung nennt man nach der Definition, die KORSCHELT und HEIDER?) gegeben haben, „die frühzeitige Abschnürung einer noch wenig entwickel- ten Lateralknospe“. Es sind bisher nur zwei Fälle von dieser Art der ungeschlechtlichen Fortpflanzung bekannt geworden, und zwar durch Arrman.?) Der eine findet sich bei Corymorpha, bei der sich an der Basis (von den Filamenten?) Theilstücke abschnüren sollen; doch bedarf hier der Vorgang noch genauerer Untersuchung. Der zweite Fall ist sicherer; er findet sich bei Schzzocladium ramosum, einer Campanularıde mit verzweigten HAydrocauli, die nicht alle Hydranthen tragen. Von den die Köpfchen entbehren- den Seitenästen schnüren sich kleine Theilstücke ab, fallen zu Boden und setzen sich fest. Auf diesem Stadium sind die Frusteln von Schizocladium ganz den eben abgelösten Knospen von Haleremita ähnlich. Während aber die ersteren zur Hydrorhiza eines neuen Schizocladium-Stockes werden, !) A. LAnG, Ueber die Knospung bei Hydra und einigen Hydroid- polypen. Zeitschrift f. wiss. Zoologie, Bd. 54, 1892, p. 365—885. ?) KORSCHELT und HEIDER, Lehrbuch der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte. Jena 1890. Heft I, p. 26. %) ALLMAN, On a mode of reproduction by spontaneous fission in the Hydroidea, Rep. Brit. Assoc. 1870, und Monograph Tubularian Hydroids 1871, I, p. 152. in der Weise, Hans sie einen Hydranthen durch Knoanı 18 entwickeln, verhält sich die Frustel von Haleremita in ihrer weiteren Entwicklung anders. Nachdem sie kurze Zeit als Planula-ähnliches Wesen umhergewandert ist, zieht sich das eine Ende in eine rüsselartige Spitze aus und es bildet sich hier eine Mundöffnung. Weil dies Stadium einen einfachen, der Gastrula ähnlichen zweiblättrigen Sack darstellt, schlage ich für dasselbe die Bezeichnung Saceula vor. Diese Saceulae kriechen ziemlich lebhaft umher und nehmen Nahrung auf. Mehrmals hatte ich Gelegenheit, diesen Vor- Fr gang zu beobachten; mit den in der Nähe des Mundes be- sonders dicht gestellten Nesselkapseln erschlägt das Thier sich kleine Copepoden oder Infusorien und schiebt sich mit weitgeöffnetem Mund darüber. Von besonderem Interesse 5: ist es. dass die Knospen von Haleremita sehr lange Zeit n dem Saccula-Stadium verharren; ich habe zahlreiche Saceulae isolirt und sie über 1'/s Monate beobachtet, ohne dass eine Weiterentwicklung an ihnen zu bemerken war. “A Ein dem geschilderten Wesen ähnliches Jugendstadium ist mir bei keinem andern Polypen bekannt. wohl aber E zeigt die Saccula von Haleremita grosse Uebereinstimmung mit der als Stammform der Hydroiden geltenden Protohydra enckarti GREEF.'!) Dieser einer Gastrula nicht uno > Polyp besitzt bekanntlich keine Tentakel, kriecht wurme Pe artig umher und hat bisher keine Geschlechtsproducte ge zeigt. Wie ich mich auf Originalpräparaten von GREEF, die mein verehrter Lehrer, Herr Geheimrath Professor Dr. F. E. Schurze, mir freundlichst zur Verfügung 2 | stellt hatte, überzeugen konnte, ist Protohydra ebenso gross wie die Sacculae von Haleremita, und hat nicht nur dieselbe | Gestalt, sondern auch im Wesentlichen denselben Bau. « Ein Unterschied findet sich nur in den Nee x Protohydra besitzt 2 Sorten, grosse birnförmige und kleine stäbchenförmige, während die Saccula von Haleremita nur birnförmige besitzt. Wichtiger scheint mir aber ein Unter ter- u er De Bi; un 4 nv. AR !) R. GREEF, Protohydra leuckarti. Eine marine e Blamaten de Coelenteraten. Zeitschrift für wiss. Zoologie, 20, 1870, p. Ban. Sitzung vom 20. November 1894. 233 schied zu sein, der sich in der Fortpflanzung zeigt. Proto- hydra vermehrt sich durch Quertheilung, während ich bei der Saccula dies niemals beobachten konnte: Statt deren findet sich aber bei der Letzteren eine andere Art der Ver- mehrung, und zwar Knospung. die ganz der des Mutter- thieres gleicht; die Knospe bildet sich seitlich vor der Mitte des Körpers (Fig. V) und schnürt sich wiederum als Frustel; d. h. ohne Mund und Tentakel ab. Diese Frusteln werden auch zu Sacculae und unter- scheiden sich von den Mutter-Saceulae nur durch die“Srösse; sie sind nämlich kaum halb so gross (Fig. VIa, b, c). Im Bau, der Nahrungsaufnahme und im langen Verweilen auf diesem Stadium zeigen sie vollständige Uebereinstimmung. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass Protohydra nicht mit der Saccula von Haleremita zu identificiren ist; wohl aber ist die Möglichkeit, dass FProtohydra das Saccula- Stadium eines mit Haleremit«a nahe verwandten Polypen ist, nicht von der Hand zu weisen. Nachdem die Saceulae lange Zeit umhergewandert sind, bilden sie sich langsam in Polypen um. Merkwürdiger Weise entwickelten alle von mir beobachteten Saceulae zu- erst nur einen einzigen Tentakel und zwar während des Umherkriechens an der Oberseite in einiger Entfernung von der Mundöffnung (Fig. IV). Erst nach längerer Zeit, wenn der erste Tentakel schon bedeutende Länge erreicht hat, sprosst ein zweiter ebenfalls auf der Oberseite, nachdem das Thier sich etwas gedreht hat; es stehen die beiden ersten Tentakel also neben einander. Auf diesem Stadium setzt sich der Polyp gewöhnlich fest. Mehrmals habe ich jedoch auch 3armige Polypen noch auf der Wanderung ge- funden, während andererseits schon larmige sich festsetzen können und sogar bisweilen schon aufgerichtet gefunden ‘ werden. Im letzteren Falle entsteht der zweite Tentakel dem ersten gegenüber (Fig. VII). Wenn der Polyp sich festsetzt, richtet er sich auf und lässt den dritten und Hann erst den vierten Tentakel oder auch beide zugleich hervor- sprossen; erst allmählich geht er dann aus der langgestreckt cylindrischen Gestalt in die stumpf-kegelförmige über. Mit 234 Gesellschaft naturforschender EN Berlin. der Festsetzung beginnt auch die Anhang von Fremd- R körpern. % Die kleinen Sacculae der zweiten Generation bilden sich in derselben Weise wie die grossen zu Polypen um und stellen dann eine Generation kleiner Polypen dar (Fig. VII), die erst allmählich heranwachsen; doch ent- 3 wickeln dieselben während ihres Wachsthums fortwährend Knospen, und da die letzteren immer in einem bestimmten Verhältniss zur Grösse des Polypen stehen (meist ebenso lang), so finden sich in demselben Aquarium alle Ueber-- gänge zwischen den beiden Generationen der Sacculae so- wohl, als der Polypen. Zum Schluss will ich die Mög- lichkeit, dass Haleremita nur ein im Aquarium nicht zur vollen Entwicklung gelangendes Jugendstadium eines höher organisirten Polypen ist, nicht unerwähnt lassen. = Alle Aquarien, in denen Haleremita lebt, haben ihre Füllung durch die zoologische Station in Rovigno erhalten. Zu verschiedenen Jahreszeiten habe ich Gläser mit lebenden Foraminiferen aus Rovigno empfangen und inalln diesen ist oft nach kurzer Zeit Haleremita aufgetreten. Bi: Zur Beobachtung des Thieres, dessen Leben sich ja auf der Glaswand der Aquarien abspielt, habe ich mit grossem Vortheil das von F. E. Scuurze construirte Hori- zontalmiceroscop benutzt. E Bevor ich eine genauere Darstellung der hier nur kurz angedeuteten Bauverhältnisse und Lebenserscheinungen des Mt. Haleremita gebe, will ich das Frühjahr abwarten, weil es nicht ausgeschlossen ist, dass der Polyp zu anderer Jahres- zeit Geschlechtsproducte entwickelt. Ri. Herr von MARTENS zeigte die Schulpe und die Kiefer eines grossen Tintenfisches, Ommastrephes gigas ORB. vor, welchen Herr Dr. PLATE aus Chile geschickt hat. Die Schulpe ist reichlich 90 em lang und zeigt sehr schön die becherartige Bildung am hintern Ende, welche zur Erläuterun g des Baues der Belemniten dienen kann. Von ebendemselb« wurde auch ein nur wenig kleineres gut erhaltenes Exem- plar in Weingeist eingeschickt, einschliesslich der langen >» X we ww r 7 Sitzung vom 20. November 1394. 235 Arme 1,75m lang, der Rumpf vom vordern Mantelrand an bis zur hintern Spitze 85 cm lang und im Umfang 74, der Kopf im Umfang 59, ein Auge im Durchmesser 9, Kopf und kurze Arme zusammen 66 lang, die langen Arme allein 15 em, die. Flosse 45 cm lang und im grössten Querdurch- messer vom rechten zum linken ‘Seitenrand 75 cm, Kiefer 6,9 cm lang. Die Grössenangaben, welche OrBıeny als Maximum mittheilt, sind geringer: Totallänge 1,50 m, Rumpflänge 51 cm, lange Arme allein 67 cm. Nach ORBIGNY kommt diese Art in den Monaten Februar und März, also Spätsommer und Herbstanfang auf der südlichen Erdhälfte, zahlreich an die Küsten des südlichen Chile und es ist vielleicht von Interesse, dass eine andere Art derselben Gattung, O. illecebrosus LESUEUR, auf der nördlichen Halb- kugel in der entsprechenden Jahreszeit, Mitte Juni bis Anfang September, auch sehr zahlreich an den Küsten von Neu- schottland und auf der Bank von Neufundland erscheint, wo sie als Köder für den Kabliau-Fang eine grosse Rolle spielt. Es scheint demnach eine an eine bestimmte Jahreszeit ge- bundene Wanderung bei dieser Gattung vorzukommen, vielleicht nur von dem offenen Meer nach den Küsten hin; ob dieselbe mit der Fortpflanzung in Beziehung steht, da- rüber ist noch nichts bekannt. ORBIGNY bemerkt ferner, dass sie öfters mit grosser Gewalt aus dem Wasser springen, durch Rückstoss mittelst des aus der Kiemenhöhle durch den Trichter ausgepressten Wassers, und zwar so weit, dass sie dabei aufs Trockne gerathen können; auch vermögen sie vorwärts zu schwimmen, er giebt aber nicht an, auf welche Weise dieses geschehe. ‚Herr F. E. Schutze bemerkt dazu, er habe an jungen Sepien auch Vorwärtschwimmen beobachtet und zwar geschehe das ebenso durch Rückstoss, indem sie das freie Ende des Trichters nach hinten umbiegen; ebenso können sie nach der Seite schwimmen, indem sie das Ende des Trichters nach der andern Seite krümmen.') !). Auf solche willkürliche Seitenbewegungen des Trichters beziehen sich wohl auch die Worte des ARISTOTELES hist. an. 1V cag. l.: er 9* RE m ua ae irn ee Yu _ tigen Braunkohlenlager' galt am 4. November 'd. Js. "ein 236 Gesellschaft naturforschender. Freunde, Berlin. Herr. ASCHERSON übergiebt eine Biographie Kan y Denk, REUTER'S von Herrn J.- BEHRENS im- anti; don: Autors. Ü Herr H. KoLBE sun über fossile neh Ooleo: 4 pteren aus einem alten Torflager On bei Gr. Räschen in der Nieder-Lausitz ne 2 Dieses Schmierkohlenflötz' wird‘ überlagert‘ von: ei 2 Sanddecke, welche anscheinend dem Diluvium angehört. “ Unter dem Schmierkohlenflötz befindet sich eine Thon schicht, ‘und diese bedeckt, wenigstens theilweise, ein'weit ausgedehntes Braunkohlenflötz; Diesem blossgelegten mäch- = Ausflug einer grösseren, meist-aus Botanikern und Paläon: tologen bestehenden Gesellschaft. Denn’ es handelte sich um die Besichtigung der wundervoll erhaltenen Reste eines tertiären Urwaldes, die durch den Braunkohlenbergbau an das Tageslicht getreten ‘sind. Der Besitzer der Braun- kohlengrube „Victoria“, Herr Baurath FRIEDR. HOFFMANN, hatte zu dieser Besichtigung freundlichst eingeladen.’ ER Das Terrain des ehemaligen Tertiärwaldes ist in seiner ursprünglichen, horizontalen Lage verblieben, und’ Herr Baurath Horrmann hatte den Boden des oberhalb abge bauten, gegen 20 m mächtigen Kohlenflötzes in’ liebens- würdiger Weise derartig abräumen lassen, dass manzwischen den aufrecht stehenden Stümpfen der ehemaligen: Riesen- Be bäume bequem umherwandeln konnte. Die Zahl dieser Baumstümpfe ist recht beträchtlich, und die Dicke derselben 4 5 beträgt, 2 bis 3, bei den stärksten Exemplaren 4 m und kr. etwas mehr im Durchmesser. Vermuthlich (nach Pr gehören diese Baumreste dem Taxodium distichum an, einer Sumpfeypressenart, welche: noch Ego in. Nordamerika, | wirft oder wendet diese (Röhre) bald nach rechts bald nach ak herum (neraßdAkeı), was ÄUBERT und WIMMER Arist. Thierkundak | S. 373 ff. etwas anders zu verstehen schienen, indem sie übersetzten! „Seine Stellung wechselt bald nach der rechten, bald nach der linken Seite“, während PLinivs hist. nat. IX 29, 46 es richtiger übersetzt: „est polypis fistula in dorso, qua transmittunt mare; eamque-modo in dextram, modo. in sinistram transferunt. Ä VON a ? e 3 . - EN e' Sitzung rom 20. November 1894. 337 namentlich am’ Unterlauf des Mississippi in den grossen Waldmooren,. den sogenannten „Swamps“. vorkommt. -...UVeber dem Braunkohlenflötz, durch ein Zwischenlager von-Thon getrennt, liegt das erwähnte. Torfflötz, welches aus einer schmierigen, schwarzen Substanz besteht, die als Schmierkohle bezeichnet wird. Es sind viele erkennbare Pflanzenreste darin enthalten.’ z. B. Schilfblätter, Samen von Potämogeton, Blattabdrücke von Betula:u. s. w. Dazwischen finden: sich vereinzelte Reste von Goleopteren, meist blaue und messing- oder erzfarbene Flügeldecken von Donacien, die :z. Th. won: einigen Herren: der Gesellschaft’ und von mir gefunden wurden, während: Herr Dr: 'PoronıE noch in nachträglich ihm zugesandten' Torfklumpen gefundene Co- leopterenreste'imir freundlichst überliess. '» Bei’genauerer Untersuchung: des Materials zu Hause fanden: sich: noch’ fast ganz erhaltene Individuen, die jedoch bald zerfielen, "aber: bei der Gonservirung einzeln beisammen gelassen‘ und theilweise wieder zusammengesetzt wurden. Jedenfalls ist’ die Determination durch diesen Erhaltungs- zustand erleichtert worden.: Die ‚meisten dieser Käferreste gehören zur: Species Plateumarisı discolor Pz. (= Donacia cömari SUFFR.). Die ‚Bildung des‘ Kopfes; des Prothorax und:der Elytren lassen keitien Unterschied erkennen, nament- lich aber sind sie zu unterscheiden. von der mit P. discolor nahe verwandten P. sericews' L.' ' Der: Prothorax ist, von oben gesehen, “fast quadratisch und stärker punktirt und gerunzelt‘ als’ bei sericea; die Seitenhöcker vor den Vorder- ecken 'sind merklich schwächer und‘ letztere springen nicht zahnförmig vor. -Von ‘den Antennen .waren nur: einzelne Glieder aufzufinden, die eine eingehende Untersuchung und Vergleichung ‘nicht zulassen. P. discolor findet sich” noch jetzt an’ den verschiedensten :Orten in Norddeutschland; sie lebt besonders an dicht bewachsenen Stellen in Sümpfen auf Eriophorum und Carex. | a = Von.einer zweiten Donaecienspecies aus dem Torfflötz wurde:nur ein Bruchstück von einer Flügeldecke gefunden. ‘Nach diesem Rudiment zu’ urtheilen, gehört der Rest zu einer grösseren Form, anscheinend zu Donacia clavipes F. -auf ein trockenes Blatt Papier gelegt war; sie trat e 238 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. (= menyanthidis Gyuu.).: Da das Bruchstück völlig 7 it dem entsprechenden Stück einer Flügeldecke dieser Species übereinstimmt, so ist das Fossil einstweilen auf diese Species zu beziehen. Die Art ist im lebenden Zustande messing- farben mit grünlichem‘ Schimmer; ebenso erschien der fossile Flügeldeckenrest, aber an der Luft getrocknet ent- färbte er sich: und wurde stahlblau. Diese gleichfalls in Norddeutschland heimathende Donaeienart liebt mehr often Gewässer, welche von Schilf (Arundo phragmites) ‚umrahmt sind. Auch an Phalaris arundinacea kommt sie vor. Die E> in dem Torfflötz gefundenen Reste von Schilf und: Potamo- geton lassen gleichfalls auf ein theilweise offenes Gewässer schliessen. Da nun anzunehmen ist, dass die Vegetation verhältnisse des ehemaligen Moores, welchem unser Torf- Be; flötz seine Entstehung ' verdankt, in seinen a Bildungsperioden verschiedenartig waren, wie das bei Torf mooren Regel ist, so würden sich die gefundenen: Coleopteren- | reste, die sich als zu Plateumaris discolor und Donacia cla- vipes gehörig ergeben, ‘dieser Annahme gut anpassen. “Lei- ; der ist jedoch nicht mehr zu eruiren, aus welchen‘ Höhen 3 des Flötzes die genannten Coleopterenreste stammen. ie | weit ich mich selbst erinnere,‘ fanden sich die: Reste: der Plateumaris discolor in ‘den mittleren und oberen | ‚Lagen, welche der Periode angehören, in der das MORE etobebien theils zugewachsen sein musste. | N 7 Eine dritte: Coleopterenart gehört. ‚einer kai nicht “ determinirten Carabidenart an, augenscheinlich einem kleinen schwarzen Agonum. Noch gegenwärtig kommen wir uns Arten dieser Gattung am Rande von Gewässern vor. N“ Es ist noch zu erwähnen, dass die messing- oder ron farbenen Flügeldecken der erwähnten Donacien ihre Farbe veränderten, sobald sie trocken geworden waren; sn ; Messing- und die Broncefarbe verwandelten sich in Stahl" _ blau. Die Farbenänderung ging in zwei Minuten vor siel B, nachdem das Object aus dem feuchten Torf genommen und vi ER ar "u nach Stunden ein. wenn das Object in dem Torf. bel: wurde, nämlich erst dann, wenn der Torf Se . MEN D447 az Kur BE EA > N; Bet la j N HOSEN : BR ” w Mi , ar ee . 0 BO P u 2 (a Sc Wr Sitzung vom 20. November 1894. 239 ‘Herr WıTTmack legte vor Photographien der Grube Victoria bei Gr. Räschen, Nieder-Lausitz. Im Austausch wurden erhalten: \ Naturwissenschaftl. Wochenschrift (PoTonıE). IX. No. 4246. Leopoldina, Heft XXX, No. 17—18. Jahresbericht des Directors des Kgl. Geodätischen Tnstituts ‚f. d. Zeit vom April 1893 bis April 1894. Festschrift zur Feier ‘des 25jährigen Stiftungstages des :Naturwiss, Vereins zu Magdeburg. i isshericht und Abhandlungen des Naturwiss. Vereins in Magdeburg, 1893 —1894, 1. Halbjahr. ; Naturwissenschaftl. Verein ‘der ‚Provinz Posen. . Zeitschrift „sturder Botanischen Abtheilung. Il.Heft, Posen 1894. Jahresbericht d. Naturforschenden Gesellsch. Graubündens. XXXVI. Band, Vereinsjahr 1893/94, Chur: 1894. Berichte. des naturwiss.-medizinischen Vereins in Innsbruck. . RALr Jahrgang 1892/1893, Innsbruck 1894. tt PORPNER der Akademie d. Wissenschäften:in Krakau, 1894, «October, Krakau 1894. 75 Bollettino delle Pubblicazioni: Italiane, 1894. No. 211-213. Rendiconto dell’Accademia delle Scienze Fisiche e Mate- matiche di Napoli.: IN Vol. vi. (Fast. er Napoli 1894. Memoires du Comite Geologique; vol. IV, No. 3.et slärhie St. Petersbourg 1893: : Bulletins du Comite Geologique, St. Pelnrshinng: 1893, XI, No. 3—17. Supplöment au T. XII des Eye du Comite Geologique, St. Petersbourg 1893. | Verhandlungen der Russisch- Kalsarh Mineralog Gesellsch, zu: St. Petersburg. II. Serie, 50. Band. | aan pi Föreningens ie ERRIENE Ba 1 »Häfte 5. >; Proceedings. of the Zoolog. Society of London for 1894. Pt. ul. u. IL Bat - a 240 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Transactions:of: the‘ RR er: of London‘ Vol, xum. y | Pt. a RN «431% 3 Journal of the Röral Microscopieal Society, 1894, Pt. 4— Bi London 1894. Proceedings of the Royal Physical Society, ‚Session 1892/93, 1893/94. Edinburgh 1893/94. Psyche, Journäl of Entomology. * Vol. VIL., No. a New York State he! 4. ü. 46: Annual for 4891: 1892.) 27 3 ab siredeszisE E 4 Prosediips ‘of the har of Natofal: Seiened of Phila- ‘ delphia, 1893, Pt..IIE,; 1894! Pr. u: Mast First Biennial Report ofithe Maryland State ben Service ‚for‘ ‘1892 :u.1893.° Baltimore:'1894. alu Smithsonian Report, U.'8. Nat. 'Museum,' nd bashl A Proceedings of the U:: S.: Nat. 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Des: Moines: 1893. Hirt Ani J oumnal of the Asiatie Soglety* of Be Vol: Lxı IL, - Pt: IL, No: :1—2, Pt. IH, No. 1.. Caälcutta: 1894. RE PERLE Museum. Report for the year’ ke Be nr a Zu de ab ee De PT Zn a = 4 F E %@ | Sitzung vom 20. November 1894. 241 Memorias y Revista de la Sociedad Cientifica „Antonio Alzate“, Tomo VII (1893—94), No.11 y 12, Mexico 1894. Als Geschenk wurde mit Dank entgegengenommen: SoKOLöWw, N. A. Die Dünen. Bildung, Entwickelung und innerer Bau. Berlin 1894. BrAanco, W. Schwabens 125 Vulkan-Embryonen. Stutt- gart 1894. | | ALBERT I., Prince Souverain de Monaco. Resultats des Campagnes Scientifiques. Fasc. VII. Monaco 1894. PriLippi, R. A. Comparacion de las Floras i Faunas de las Repüblicas de Chile i Argentina. Santiago 1893. Kurtz, F. Sertum Cordobense, observaciones sobre plantas nuevas, raras 0 dubisas de la Provineia de Cördoba. (Sep. a Revista del Museo de La Plata.) La Plata 1893. HaRLE, E. Restes d’Elan et de Lion & Saint-Martory (Haute-Garonne). 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Fire wre PA a U AR TR \ he d % h er RT NE ar Ps: NORA nz j° 2 . " ET 5 J “ du: . s REDE NER REN üi: za sec » Go ur \ are ee N) a x Br 3 D he RE it = ‘ r i ee u a ga Nr. 10. 1894. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 18. December 1894. Vorsitzender: Herr WALDEYER. Herr OTTO JaekeL sprach uber die älteste Echini- niden-Gattung Bothriocidaris unter Vorlegung eines neuen Exemplares. ' Bei einem Besuch der Univereiii Jurjew (Dorpat) ah ich von Herrn stud. jur. ARWED von WAHL für das Museum für Naturkunde zu Berlin ein von dem genannten Herrn gefundenes neues Exemplar der untersilurischen, also der ältesten bisher bekannten Echiniden-Gattung Bothriocidaris Eıcahw. Dasselbe stammt aus der Lyckholm’schen Schicht (Fa nach Fr. v. Schmipr) von Hohenholm auf der Insel Dagö am Eingang des finnischen Golfes, also von dersel- ben Fundstelle wie die von FR. v. SCHMIDT beschriebenen Exemplare. Herrn von WAHL sage ich an dieser Stelle für die Ueberlassung dieses und einiger anderer Objecte nochmals meinen besten Dank. Durch sorgfältige Präparation gelang es mir, das Exem- plar schliesslich ganz von dem ansitzenden, ziemlich festen Kalk zu säubern und dadurch das Skelet allerdings ohne Stacheln vollkommen frei zu legen. Es ist unverletzt, das Scheitelschild namentlich ist ganz intact und von dem Pe- risom und Gebiss ist soviel erhalten, um auch über diese Or- gane ein Urtheil zu gewinnen. Ueber diese gerade für die 10 stammt aus der Jewe’schen Schicht von Nömmis in Esth- 244 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Beurtheilung der‘ Echiniden so äusserst wichtigen heile hatten die bisher bekannt gewordenen Stücke im Unklaren gelassen. "Das neue Exemplar ist 12mm’hoch und 11mm dick. Be Unsere Kenntniss der Gattnng Bothriocidaris verdan- ken wir FRIEDRICH von ScHMiDT, der den von E. Eıch- . WALD') flüchtig erwähnten und abgebildeten Bothriocidaris globulus in ausgezeichneter Weise beschrieb und der ersten, in zwei Exemplaren vorliegenden Art ‚noch eine zweite, den B. Pahleni, zufügte?). Letzterer liegt bisher nur in einem, im Revaler Museum befindlichen Exemplar vor und land, ist also noch ein wenig älter als jener. Die von ScHMipT gegebene Beschreibung der eigent- lichen aus 10 radialen und 5 interradialen Plattenreihen bestehenden Skeletkapsel, die Anordnung der Ambulacral- poren und Stacheln freue ich mich, in allen Punkten so bestätigen zu können, dass ich zur Kenntniss dieser Theile nichts wesentlich Neues beizutragen habe. Ich glaube dies mit um so grösserer Anerkennung hervorheben zu müssen, weil ich mich persönlich an allen Exemplaren überzeugen konnte, dass die genauere Feststellung der anatomischen Einzelheiten bei der Erhaltung und geringen Grösse der Individuen. durchaus nicht leicht ist. Hinsichtlich des Scheitelfeldes und der Mundscheibe kann ieh den Angaben ScHhmipt's wegen der vollständigeren Erhaltung unseres neuen Exemplares Manches hinzufügen, was für die Bur- theilung der äusserst interessanten Form von Werth ist. Die das Scheitelfeld einschliessende Oberseite unseres Exemplars zeigt das in Figur 1 in 5facher Grösse darge- stellte Bild. Die Reihen der Radial- und Interradialtafeln ; ER: sind in der Projeetionsebene auseinander gezogen. Die. 5 Zeichnung ist nur insofern schematisch, als die Poren n den rundlichen Gruben der Ambulacralplatten überall ein- getragen eiud, obwohl sie nur an einem Theil der Plätt- L NORD AIR. N D !) Lethaea rossica anc. Dark ‚p- 654. ?) Ueber einige neue und wenig bekannte baltisch-silur faeten. M6m. de l’Acad. imp. des Sciences, St. Petersburg, At Tome XXI, No. 11, p. 36, Fate Sıtzung vom 18. December 1894. 245 Figur 1. chen mit voller Deutlichkeit zu erkennen sind; dass sie aber in allen vorhanden waren, kann ja keinem Zweifel unterliegen, da sie zusammenhängende Porenketten bilden mussten. Die von einem feinen Kanal durchbohrten Wärz- chen, auf denen die kleinen Stacheln sassen, sind an den rundlichen Ambulacralgruben so vertheilt, wie es SCHMIDT von seinem Bothriocidaris globulus angiebt; es sind also auf den grösseren seitlichen Plättchen je 4, auf den oberen kleineren je nach der Form der Plättchen 3. 2, auch einer oder gar kein Stachel vorhanden gewesen. In letzterer Hinsicht ist wohl also die Variabilität noch etwas grösser, als es nach den von ScHamipr beschriebenen Exemplaren | anzunehmen war. Es sind auch nicht so regelmässig schmale, oblonge Plättchen einseitig als oberste einge- schaltet, sondern in den beiden oben gelegenen Radien a; | treten als oberste Plättchen am Scheitelfeld sofort normale E: Ambulaer altäfelchen auf. In jeder Ambulacralreihe sind 7 10, in den Doppelreihen derselben also je 20, in Summa demnach genau 100 Ambulacraltäfelchen vorhanden. Bezüg- lich der Organisation der Ambulacraltäfelchen möghte ich ‚ausdrücklich darauf hinweisen, dass die beiden Poren wines | rer hier im Gegensatz, zu allen übrigen Echiniden nieht neben, sondern übereinander liegen. Auch in den untersten, den Mund umgebenden Plättchen liegen die Po- 2 ren übereinander, was ich gegenüber der elastischen, 10* N . > er f ei F E ei a . ER 246 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. von SCHMIDT gegebenen Abbildung (l. e., Taf. IV, Fig. 1c) der Unterseite von DB. Pahleni besonders hervorheben möchte. Interambulacralreihen sind auch an unserem Fremen nur je eine, im Ganzen also 5 vorhanden. Die punktirt gezeichneten Täfelchen derselben sind schmäler als die der Radien und keilen sich nach dem oberen und unteren Pol zwischen den ambulacralen Doppelreihen aus, ohne das After- bezw. Mundfeld zu erreichen; ihre Oberfläche liegt auch tiefer, sodass sie zwischen den Ambulacren eingesenkt und diesen in jeder Hinsicht untergeordnet erscheinen. Auch ihre Zahl in den Verticalreihen lässt die Constanz im Bau der Ambulacra vermissen, es sind in drei Radien 9, in einem 8 und in einem 10 Täfelchen vorhanden. Die Stellung der Stachelwarzen ist ebenfalls ganz inconstant und richtet sich ganz nach der schwankenden Form der Plättehen. Die obersten ‚ haben ausnahmlos keine Warzen, die zweiten in der Regel je eine. Die folgenden haben dann gewöhnlich zwei und die grössten seitlich gelegenen je drei Warzen, deren Zahl nach unten wieder abnimmt, sodass die untersten eine oder wie in einem JR. sogar keine Warze tragen. In einem JR. ist auch auf den mittleren seitlichen Platten nur je eine Stachelwarze vorhanden. Das Scheitelschild besteht aus einem geschlossenen Kranz von 5 grossen, radial gelegenen Platten, innerhalb deren im Umriss eines pentangulären Sternes kleinere Plättehen von uuregelmässiger Form und Anordnung liegen. Da keinerlei Lücke in dem Scheitelschild vorhan- . den ist, so sehen wir dasselbe also in geschlosse- nem Zustande mit sämmtlichen Skeletelementen in normaler Lage vor uns. Die den äusseren Kranz bildenden 5 Täfelchen liegen über den porentragenden Am- bulacralfeldern und würden daher ihrer Lage nach homolog sein den sog. Augentäfelchen der jüngeren Echiniden. Seit- lich berühren sie einander, doch so, dass sich von unten die obersten Interradialia und von oben die inneren Schei- ui } EEE ER unit In 2, 1 li ee a Bun u a ade telplatten theilweise zwischen sie eindrängen. Da za Verhalten zeigt der Bothriocidaris Pahleni Scum., nicht aber 2% Sitzung vom 18. December 1894. 247 der B. glohulus Eıcnw., dem unsere Form im Uebrigen gleicht. Schon ScHhımipr bemerkte 1. c., p. 39, dass eine dieser 6 Platten die übrigen an Grösse übertreffe und des- halb wohl als Madreporenplatte zu betrachten sei. Auch unser Exemplar lässt eine Platte an Grösse deutlich hervor- treten und ausserdem erkennen, dass auf dieser Platte ge- wundene Furchen vorhanden sind, wie dies Fig. 1 genau wiedergiebt. Dadurch erfährt die Angabe ScHhMiprT's, dass diese Platte „wie gebrochen“ erscheine. ihre Erklärung und zugleich ihre Deutung derselben als Madreporenplatte ihre vollste: Bestätigung. Diese Madreporenplatte liegt nun also nicht interradial wie bei allen jüngeren Eehiniden, sondern radial. Für die schlitzartige Durch- bohrung derselben finden wir Analoga in dem — gewöhn- lich als Genitalporus bezeichneten — Suboralporus verschie- dener primitiver Cystideen. Die innerhalb dieses Kranzes gelegenen, im Folgenden kurz als innere Scheitelplätt- chen bezeichneten Skeletstücke sind durchaus unregel- mässig geformt und gelagert. In den einspringenden Ecken der grossen Scheitelplatten bilden sich allerdings grössere Plättchen aus, welche sogar z. Th. noch eine Stachelwarze tragen, und zwischen diesen liegen dann, einigen jener gros- sen Scheitelplatten angelagert noch kleine Plättchen, welche wie das an der Madreporenplatte ebenfalls noch eine kleine durchbohrte Stachelwarze tragen können; aber irgend eine Gesetzmässigkeit aus der Anordnung dieser Plättchen her- aus zu construiren, erscheint durchaus unberechtigt. Dass diesenSkeletelementen noch jede morphologische Bedeutung abgeht, erhellt daraus, dass man auf einigen dieser Plätt- chen noch deutlich Verschmelzungsnähte wahrnimmt. Weiter nach dem Innern des Scheitelfeldes sind dann die winzig kleinen Plättchen ganz unregelmässig gelagert, ungefähr in der Mitte, d. h. etwas von der Madreporenplatte verscho- ben, bemerkt man, besonders wenn man die Plättehen mit . etwas Alcohol befeuchtet, innerhalb der kleinsten Plättchen eine sich nach innen fortsetzende dunkle Pigmentirung, welche auf Fäces und damit auf die Lage das Afters selbst hindeutet. N N ) 248 ‚Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Diese .kleinsten innersten Plättchen sind unzweifelhaft zum Oeffnen und Schliessen des-Afters beweglich gewesen; dass es die äusseren, den grossen Scheitelplatten anliegen- den im gleichen Maasse waren, erscheint dagegen unwahr- scheinlich; dieselben mögen als Verbindungsmittel des. eigentliches Afterskeletes und des: unzweifelhaft starren Kranzes der grossen Scheitelplatten wohl noch eine ge- wisse, aber sicher sehr geringe Elastieität besessen haben. Dafür spricht auch der Umstand, dass die äusseren der- selben zu grösseren Plättchen mehr oder weniger innig verschmolzen sind und Stacheln trugen. Auch auf der Oberfläche der grösseren, äusseren Schei- telplatten glaube ich bei geeigneter Imprägnation noch mit Sicherheit Spuren von Nähten zu entdecken, so namentlich an den inneren Rändern dieser Platten, bisweilen indess wie an der Madreporenplatte auch an den eingesenkten Seiten. Die Mitte dieser Platten ist im Gegensatz zu den übrigen stark aufgewölbt, sodass bei dieser Intensität der Kalkausscheidung Verschmelzungsnähte leichter obliterirten, als an den dünneren Seiten. In einer Zeichnung wollte ich die beobachteten Verschmelzungsnähte nicht fixiren, weil ich nicht in der Lage war, ihren Verlauf klar ver- folgen zu können. Das Mundfeld nimmt etwa ein Viertel des Querdurch- messers der Kapsel ein. Es wird nur von den 10 un- tersten ambulacralen Plättchen umgrenzt, da sich, wie bemerkt, die interradialen Verticalreihen oberhalb dieses untersten Kranzes auskeilen. In nebenstehender Textfigur 2 ist dieser unterste Tafelkranz mit dem von ihm umgrenz- ten Mundfeld in fünffacher Grösse dargestellt. Ich bemerke | E | hierzu noch, dass die Stachelwarzen auf dem Porenring dieser Plättchen grösstentheils so reducirt sind, dass ich sie nur an einigen Platten deutlich feststellen Konnte und auf der Zeichnung eintrug. Innerhalb dieses untersten Plattenkranzes ist das Mundfeld eingesenkt. In seinem lin-. ken, oberen Theile bemerkt man radial gelegene, gerundet dreieckige Ptatten, welche mit ihrer Spitze nach der Mitte des Mundfeldes convergiren und mit ihrer Höhenaxe un: Sitzung vom 18. December 1894. 249 gefähr radial gestellt sind. Sie liegen also ungefähr an der Berührungslinie je zweier Platten eines Ambulacrums, diesen aber nicht an-, sondern untergelagert. Sie schieben sich u. zw. in verschiedener Weise unter dem untersten Tafelkranze vor. Das links unten gelegene Stück tritt am weitesten heraus, die darüber gelegenen liegen tiefer, die rechts davon zu erwartenden symmetrischen Stücke treten gar nicht hervor. Auf diesen Skeletstücken bemerkt man eine unregelmässig radiale Streifung, welche nicht secundär durch spätere Abreibung des Fossils entstanden sein kann, da sie auf den höher liegenden, einem solchen Process unzweifel- haft stärker ausgesetzten Plättchen des untersten Kranzes durchaus fehlt. Unter diesen Umständen lassen die .ge- nannten Stücke nur die eine Deutung zu, dass es drei Zähne des Gebisses, der sogenannten Laterne der Aristo- teles sind. Ihre Stellung, ihre Abreibung und die Art ihrer Erhaltung ist dadurch sofort und nur dadurch erklärt. SCHMIDT hat bei D. Pahleni sowohl wie B. globulus die gleichen Stücke und zwar in beiden Fällen im Ganzen 2 in ähnlicher Lage an dem untersten Plattenkranze beob- achtet, dieselben aber nicht als Kieferzähne angesprochen, sondern als „Mundplatten“ bezeichnet. Den Zahnapparat bezeichnet er an anderer Stelle (pag. 38) als unbekannt. Auch wenn er aber nicht angegeben hätte, dass die Ober- fläche jener Stücke uneben sei. wäre an der Deutung der- selben als Zähne nach dem oben Gesagten wohl nicht mehr zu zweifeln. Wir können sonach die Diagnose der Gattung Bothriocidarıis dahin vervollständigen, dass dieselbe ein echtes Echinidengebiss besass, BB! rn \ WIR Bu EE a Bd RE DRIN Dr A EEE a EEE Ta ie AA “ N 350 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. eine Thatsache, welche die Auffassung Schmipts, dass Bothriocidaris trotz aller Eigenthümlichkeiten ein echter Echinide sei, voll bestätigt. Von einem eigentlichen Perisom sind ebenfalls noch Reste vorhanden in Gestalt winziger Plättchen von unregelmässiger Form, welche dadurch, dass sie z. Th. noch in natürlicher Lage in dem Winkel zweier unterster Am- bulacralplättchen eingekeilt erhalten sind, ihrer Bedeutung nach klar gestellt sind, und auch ihrerseits die Auffassung der unter ihnen vorragenden Stücke als Zähne bestätigen. Auf Grund der besprochenen Eigenschaften ist unser Exemplar der von dem gleichen Fundort stammenden Art, dem .Bothriocidaris globulus Eıcahw. zuzurechnen. Mit dieser theilt es das Vorhandensein von Stacheln auf den Inter- radialtäfelchen, deren Zahl auf den Ambulacralplättchen und die Grösse, dagegen weicht unser Exemplar von der ScHhamipr'schen Diagnose der genannten Art insofern ab, als die 5 grossen Scheitelplatten nicht durch interradiale Plättchen getrennt werden, sondern sich seitlich berühren. Da dies jedoch in einem Interradius nicht der Fall zu sein scheint, oder mindestens in dieser Hinsicht eine Annäherung an die Organisation von DB. globulus stattfindet, so geht daraus wohl hervor, dass sich die Charaktere von B. glo- bulus in dieser Beziehung noch nicht consolidirt hatten, das von ScHmipr angeführte Merkmal also zweckmässiig aus der Diagnose der Art zu streichen ist. 2 Im Anschluss an vorstehende Ausführungen möchte ich über die Beurtheilung von Bothrioeidaris in systematischer und morphologischer Hinsicht hier nur einiges Wenige hin- zufügen und mir eine ausführlichere Besprechung unter Heranziehung anderen Materiales für eine spätere Gelegen- heit vorbehalten. Das was wir aus Vorstehendem Neues über die Orga- nisation von Bothriocidaris erfahren haben, bestätigt in erster Linie die Auffassung FR. v. ScuMmipr’s, dass dieser A Typus unbedingt zu den Echiniden, gehört und nicht etwa Ya zu den Cystideen zu stellen ist. Die Thatsache, dass de 5 radiären Ambulacralgefässe unter dem Skelet veriehfen, ER = Sitzung vom 18. December 1894. 951 und in Doppelporen durch dasselbe durchtreten, dass After und Mund an den Polen liegen, letzterer ein Echiniden- Gebiss zeigt und das Skelet aus festgefügten Verticalreihen Stachel tragenden Plättchen besteht, ist meines Erachtens für die Echinidennatur von Dothriocıdarıs absolut ent- scheidend. Innerhalb der Echiniden nun glaubte SCHMIDT die Gat- tung den 2 bestehenden Abtheilungen der Palechiniden und Euechiniden in einer diesen gleichwerthigen Gruppe gegen- überstellen zu müssen, weil dieselbe nicht 2 Interambu- lacralreihen, wie die Euechiniden und nicht mehr als 2 wie die Palechiniden, sondern nur eine Reihe besitzt. v. ZiTTEL hat Bothriocidaris dagegen den JPalechinoidea eingereiht'). Damit ist in diesem Falle klar ausgesprochen, was meines Erachtens für die Systematik aller Echiniden Geltung ha- ben müsste, dass der Zahl der interambulacralen Platten- reihen eine tiefere Bedeutung für die Organisation und dem- gemäss für die Systematik der lasse nicht zukommen kann. Dazu kommt, dass sich ein Theil der Palechiniden morphologisch mit gewissen Typen der Euechiniden so eng verknüpft zeigt, dass man z. B. Typen wie die Cidariden mit viel mehr Recht mit Formen wie Archaeocidaris verei- nigt und den Irregularis gegenüberstellt als umgekehrt, wie es bisher geschehen ist. Viel wichtiger als die Zahl der Interambulacralreihen scheint mir für die Gliederung der palaeozoischen Echiniden die Thatsache, dass die ambula- cralen Porenreihen bei einem Theile dieser Formen ver- doppelt, ja sogar bis auf 10 vermehrt sind, wie bei Lepi- desthes und Melonites, weil diesem Process doch tiefer lie- gende, innere Umgestaltungen des Organismus zu Grunde liegen mussten. Der Unterschied, der sich in der Stellung der ambu- lacralen Doppelporen zwischen Bothriocidaris und allen seinen jüngeren Verwandten findet, ist zwar ein sehr auf- fallender aber kein gegensätzlicher in morphogenetischer Hinsicht. Er zeigt keinen selbstständig differenzirten, son- ') Handbuch der Palaeontologie, Bd. I, p. 480, NE A nr ‘weiter als die bei anderen Palechiniden und den jün- 252 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. dern einen primitiven Zustand an. Der Umstand, dass bi vielen palaeozoischen Echiniden mehr als je zwei Doppel- reihen von Poren vorhanden sind, gestattete die Annahme, dass dieses Verhalten der primitive Zustand der Echiniden gewesen sein könnte. Die Organisation von Dothriocidaris macht eine solche Annahme unmöglich, denn erstens tritt uns die grössere Zahl der Porenreihen erst später ent- gegen als die jederseitige Einreihigkeit von Bothrioeidaris' und die Culmination dieser Differenzirungsrichtung fällt bei Formen wie Melonites und Lepidesthes sogar erst in das Carbon, zweitens steht diese Differenzirung dem universellen Echinodermen-Typus fern, während sich das Verhalten von Bothriocidarıs demselben von allen Echiniden am nächsten anschliesst. Normal und für Echinodermen typisch ist, dass die radiären Ambulacralgefässe jederseits eine Reihe Ambulacralfüsschen abgeben. Dieses Verhalten muss daher innerhalb der Echiniden das ursprüngliche sein, und das eben finden wir auch bei unserer Gattung. Die uns bei Melonites und anderen Palechinoideen entgegentretende Dif- ferenzirung entfernt sich am weitesten von diesem Zustand, geren Typen entgegentretende Zweizeiligkeit der beidersei- tigen Porenreihen. Die letzteren schliessen sich also näher an Bothriocidarıs an als die mehrreihigen, die sich in selbst- ständiger, übrigens schon im Carbon aussterbender Diffe- renzirung von dem urspünglichen Typus entfernen. Auf- fallend gegenüber den jüngeren Echiniden ist die relative Grösse der ambulacralen Plättchen, welche z. B. wohl um das zwanzigfache die bei einem Cidariden übertrifft. Da entwicklungsgeschichtlich die Anlage der Ambulacralfüss-- chen jedenfalls älter sein mus als die der Plättchen, die je ein Paar derselben umgeben und stützen, so liegt die primäre Ursache der Grösse der Plättehen augenschein- lich in der geringen Zahl der entwickelten Ambulacral- füsschen. Auch dieser Zustand trägt dadurch den Se der Primitivität an sich. Be In der Anordnung der Stacheln zeigt Bothrioeidaris bei ihren beiden Arten ein verschiedenes Verhalten. Der Abeiz Sitzung vom 18. December 1894. 253 B. Pahleni besitzt auf. den interambulacralen Plättchen gar keine Stachelwarzen und auf den Ambulacralplättchen je 2 auf dem Walle des Porenfeldes. Bei dem jüngeren B. glo- bulus steigt die Zahl der letzteren auf 4 und auf den Inter- ambulacren treten, wie wir sehen, 1—3 Stacheln neu auf. Der Schluss, den wir daraus zu ziehen haben, ist der, dass die Stacheln phylogenetisch nicht auf den Interambulacren entstanden sind, sondern auf den Ambulacren, und zwar auf den durch den- Ringwulst des Porenfeldes an sich schon erhabensten Stellen der Täfelchen. Die Stachelwarzen sind stets durchbohrt und haben überhaupt die für einen Echiniden normale Ausbildungsform, und dass diese so früh schon entwickelt ist, zeigt, dass der Mangel typischer Stachelwarzen, wie er uns z. B. bei den Melonitiden ent- gegentritt, ebenso auf einen Reductionsprocess zurückgeführt werden kann, wie bei einigen der jüngeren Regulares und den Irregulares. Der Scheitelapparat von Bothriocidaris hat sich augen- scheinlich noch ‚nicht morphologisch consolidirt. Die Lage und die Verschmelzungen dieser Platten weisen auf einen Zustand hin, in welchem der Scheitelapparat nur aus kleinen, unregelmässig geformten Plättchen bestand; seine Individualisirung gegenüber der eigentlichen Kapsel mochte dadurch veranlasst sein, dass die radiären Ambulacral- gefässe in dieser Zone anderen am After gelegenen Sekretionsorganen Platz liessen. Augen und Genitaltäfel- chen sind als solche noch nicht vorhanden; von einer ge- setzmässig alternirenden Ordnung derselben in zwei Kreise, wie sie das noch immer mit Eifer verfochtene „Crinoiden- phantom“ voraussetzen liesse, ist nichts zu entdecken. Das Bild des Scheitelfeldes ist dem jüngerer Echiniden schein- bar gleich, in Wahrheit sind die Verhältnisse aber gerade umgekehrt; nicht einmal der Steinkanal mündet an der normalen Stelle. Eins indess scheint mir auch durch Bothriocidaris bestätigt zu werden, dass die radial gelegenen Augentäfelchen den äusseren Kranz des Scheitelfeldes bilden, wie sich ja auch bei den jüngeren Echiniden,die Genital- 954 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. täfelchen mit abwärts convergirenden Seiten von oben her £ zwischen die Augentäfelchen einschieben. . E Die Scheitelplattentheorie, die wohl wie keine andere den Fortschritt in der Beurtheilung der Echinodermen ge- hindert hat, führte, wie bekannt'), in ihrem weiteren Ausbau dazu, dass die einen den oberen, die anderen den unteren Basalkranz der Crinoiden als Homologon der Augen bezw. Genitaltäfelchen der Echiniden betrachteten. Um diese üble Consequenz zu umgehen, stellte NeumAYr?) die Hypo- these auf, dass ursprünglich nicht zwei über-, sondern in- einander liegende fünfzählige Kränze am Scheitel vorhanden waren. Einen solchen zehnzähligen Kranz zeigte nun auch das eine bisher bekannte Exemplar von BD. globulus. Schon die Thatsache, dass bei dem älteren BD. Pahleni die ambulacralen N Scheitelplatten einen geschlossenen Kranz bilden, hätte Neu- | MAYR von der Unhaltbarkeit dieser Auffassung überzeugen können. Der Umstand, dass unser Exemplar von 5. globulus | sich hierin auch dem B. Pahleni nähert, bringt diese Frage zur | Erledigung, da demnach von irgend einer primären morpho- genetischen Bedeutung des wechselnden Lageverhältnisses keine Rede mehr sein kann. Wenn wir die wenigen lücken- haften, in dieser Hinsicht vorliegenden Thatsachen in phy- letischen Connex bringen wollen, so können wir nur sagen, dass die Scheitelplatten zunächst weder ihrer Lage noch ihrer Function nach fixirt sind, dass ihre räumliche Ent- Y wicklung zwar wesentlich von der Breite der oben zu- sammentretenden Ambulacral- und Interambulacralplatten abhängt, die ambulacralen Scheitelplättchen sich aber zuerst 3 am Aussenrande des Scheitelfeldes consolidirten. Dass es ° unberechtigt war, aus den inneren Scheitelplättchen, wie NEUMAYR wollte, noch einen inneren zehnzähligen Platten- R kranz zu konstruiren, lehrt wohl ein Blick auf unsere Figur 1. Bothriocidaris zeigt sonach in seiner ganzen Or- ganisation äusserst primitive Verhältnisse und ist dadurch 1) RıcH. Semox. Die Homologieen innerhalb des Echinodermen- stammes. Morphol. Jahrb., Bd. XV, 1889, p. 295. ?) M. NEUMAYR. Morphologische Studien über fossile Echino- dermen. Sitz. d. k. k. Acad. d. Wissensch., Bd. 84, Abth. I, 150 ® :: p. 152 (10). | Sitzung vom 18. December 1894. 255 für die Beurtheilung der phylogenetischen Entwicklung der einzelnen Organsysteme von grosser Bedeutung. Trotzdem ist sie als „Form“, Art, Gattung oder wie man es nehmen will, specialisirt, gegenüber der theoretischen Stammreihe der ältesten Echiniden. Wie jedes Individuum sich mit dem zunehmenden Alter mehr nnd mehr von dem phyletischen Typus entfernt, so modifieiren auch die systematischen Ein- heiten den ihnen inne wohnenden Stammtypus. Das spricht sich bei .Bothriocidaris namentlich in der starren, äusserst intensiven Skeletirung aus, die nicht als Ausgangspunkt genommen werden kann, z. B. für die Entwicklung des Perisoms bei den jüngeren regulären Echiniden. Die Art, wie sich bei diesen die Platten des Kelchskeletes denen der Perisomscheibe gegenüber verhalten, drängt zu der An- nahme, das zwischen .Bothriocidar:s-ähnlichen Urformen und den jüngeren Typen Formen existirten, deren Skelet eine grössere Platicität besass, als es Bothriocidarıs aufweist. Ob Formen wie ZFchinocystites diesbezüglichen Voraus- setzungen entsprechen, möcht ich zunächst dahingestellt sein lassen, bezüglich des letzteren aber eine Bemerkung hier anfügen. Nach der von W. THomsonx ') gegebenen Ab- bildung und Beschreibung von Eehinocystites (— Cystocidaris v. Zırr.) muss ich das von ihm als Klappenpyramide des Afters angesprochene Organ für das von der anderen Seite des Fossils durchgedrückte Kiefergebiss halten, und kann demgemäss weder an eine interradiale Lage des Afters glauben, noch an die phyletische Stellung, die daraufhin THOMSON, NEUMAYR und STEINMANN dieser Form anweisen wollten. Und selbst wenn die Tuomsov’sche Deutung, auf die sich die von STEINMANN gegebene Restauration stützt, richtig wäre, wenn hier wirklich der After interradial ge- legen wäre, so müsste das Exemplar als ein pathologisches Individuum aufgefasst werden, denn bei einer Echinidenform, bei der die Ambulacra so regelmässig von einem Pol zum anderen verlaufen, kann der After unmöglich normal eine excentrische Lage besessen haben. !) On a new palaeozoic group of Echinodermata. Edinburgh new philos. Journ., Vol. XVI, New Ser., p. 106, t. IH, f. 1 und 2, Tata. ya re Fe 256 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Herr MATSCHIE sprach über ein neues Bichhörnchen aus Deutsch-Ost-Afrika (Sc. paul;). Be Der Bezirkshauptmann von Tanga, Herr Freiherr } vos SAInT-PAUL-HILAIRE, schenkte im Sommer 1893 dem Berliner Zoologischen Garten ein Eichhörnchen, welches in der Nähe des eben genannten Ortes gefangen worden war. Dieses Thier lebt heut noch und hat seit seiner Ein- lieferung nur insoweit die Färbung geändert, als die röth- liche Zeichnung des Kopfes und der Beine lebhafter ge- worden ist. Es gleicht in der Gestalt und Farbenvertheilung sehr dem von mir seiner Zeit (Sitzungsb. Ges. naturf. Fr., Berlin 1892, p. 101) von Derema im Usambara-Hochlande als Sciurus rufobrachiatus WATERH. aufgeführten Exemplar. Dass diese Bestimmung unrichtig ist, ergab sich, nach- dem eine genaue Untersuchung des in Alcohol conservirten Stückes im Schädel nicht 4, sondern 5 Molaren nach- | gewiesen hatte und auch die Länge der Fusssohle (4O mm) gebührend berücksichtigt war. Das Eichhörnchen von Derema ist noch sehr jung, da kein einziger Molar durch- gebrochen ist. Es war mir nicht möglich. diese Form mit irgend einer der beschriebenen afrikanischen Arten zu vereinigen, und ich muss deshalb dieselbe als neu be schreiben. Zu Ehren des um die Säugethierkunde von Deutsch-Ost-Afrika hochverdienten Herrn Freiherr von SAINT- 7 PAur-HiLaıre nenne ich das Eichhörnchen | Sciurus pauli spec. noV. N Seiurus, supra ex nigro et virescente varius; naso, Br brachiis, pedibus ochraceo-rufis; cauda ad basin dorsi colore, parte apicali pilis nigris albo-terminatis; subtus en. albidus. Zr Longitudo ab apice rostri ad caudae basin: 190 mm, caudae ad pilorum apices 200 mm, pedis sine unguibus 43 mm. | Hab. Derema, Tanga. Haare der Oberseite schwarz, am Grunde hellbraun, ” kurz vor der schwarzen Spitze mit einem schmalen hell B% Ri gelblichbraunen Ringe. Der Rücken, die Körper 3 u ee % Sitzung vom 18. December 1894. 257 Oberschenkel und 'die Schwanzwurzel erscheinen schwarz und hellbraun gestrichelt mit stark grünlichem Ton, fast genau so wie bei Sc. pyrrhopus, leucostigma und leucogenys. Die Ober- und Unterschenkel, sowie die Schwanzwurzel sind dunkelröthlich überflogen. Die Nase und die Füsse sind röthlich ockerfarbig, der Ober- und Unterarm auf der Aussenseite bräunlich roth. Die Unterseite des Körpers und die Innenseite der Beine sind grauweiss. In der End- hälfte des Schwanzes tragen die am Grunde hellen, im übrigen rein schwarzen Haare lange schneeweisse Spitzen. Das Haar ist sehr weich, ziemlich lang und dicht. Leider kann ich eine genaue Beschreibung des Schädels erst nach dem Tode des im Zoologischen Garten befind- lichen Exemplares geben; das bei Derema erlegte Stück ist zu Jung. Von den Eichhörnchen, welche im deutschen Schutz- gebiete von Ost-Afrika gesammelt worden sind, gehören zwei zur Untergattung Xerus, nämlich erythropus und rutılus; Sciurus palliatus PTRs. hat einen rothen Schwanz und rothe Unterseite, und dürfte der ostafrikanische Vertreter von Se. syriacus sein, Se. mutabtlis PTRs. halte ich für die öst- liche Form von Se. rufobrachiatus WATERH., dem es in der Länge der Zahnreihe und des Hinterfusses nahesteht; Se. congieus, von welchem Se. flavivittis PrTrs. sicher nur ein anderes Kleid darstelit, lebt wahrscheinlich südlich von der Cuanza-Cunene-Wasserscheide und der Congo-Zambese- Wasserscheide bis zur Zanzibarküste, da es vom südlichen Angola, von Mossambik und von Dar es Salaam bekannt ist, und wird wohl in Westafrika durch Se. lemniscatus LECONTE, im Seeengebiet durch Se. böhmi ReHw. ersetzt: Se. annulatus Desm. entspricht dem westafrikanischen Se. punctatus TEMM.. Se. cepapi A. Sm., zu welchem Se. ochra- ceus HuET als Synonym gezogen werden dürfte. dem west- afrikanischen Se. poensis A. Sm. So haben wir im deutschen Ost-Afrika geographische Formen von Se. rufobrachiatus, lemniscatus, punctatus, poensis als Vertreter, während solche für Se. stangeri, ebü, aubinnii, aurieulatus, pyrrhopus und minutus noch nicht nachgewiesen p Lj UN g) r ei , AT, a Fun 217% I » 258 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. sind. Se. palliatus gleicht in der Farbenvertheilung und in den Maassen keiner von diesen Formen, wohl aber unserem deutschen Eichhörnchen, Se. vulgaris,und noch mehr Se. syriacus. Se. pauli hat sehr grosse Aehnlichkeit mit Se. pyrrhopus nd kann wohl der ostafrikanische Vertreter dieser Art sein, Bar. von der wir bereits 4 verschiedene geographische Formen, pyrrhopus, leucostigma, leucogenys und anerythrus kennen. Die Rückenfärbung, das dichte, weisse Haar, die scharf ‚abgesetzte weissliche, dicht behaarte Unterseite, die Länge der Fusssohle und Molarenreihe, die Zahl der Molaren, das Auftreten von röthlicher Färbung auf der Nase und den Beinen und die langen weissen Haarspitzen des Schwanzes sind Merkmale, welche deutlich darauf hin- weisen. Dass Se. pyrrhopus eine helle Längsbinde an den Körperseiten trägt, während Sc. paul: keine Spur derselben aufweist, kann nicht viel dagegen besagen; denn, wie schon OrLpor. THuomAs (Proc. Zool. Soc., London 1888, p. 9) er- wähnte, giebt es Exemplare von poensis mit hellem Seiten- streif (Sc. bayoni Boc.) und die Berliner Sammlung verfügt über Bälge von Se. cepapi mit Seitenstreif (Se. ochraceus Hver) und ohne solchen. Derselbe sprach über Felis nigripes BurcH = Im hiesigen Zoologischen Garten lebte vor wenigen Wochen eine kleine Katze, welche der Thierhändler Rich (Alfeld) importirt hat. Das Thier glich in der Färbung sehr einem jungen Serval, war aber viel kurzbeiniger, hatte einfarbige, breit abgerundete braune Ohren, einen sehr star- ken Hinterkopf und das Gesicht einer Wildkatze. Nachdem das Exemplar gestorben war und eine Untersuchung des Schädels erfolgen konnte, stellte es sich heraus, dass das-- selbe keineswegs sehr jung war, sondern bereits das defini- x tive Gebiss besass. Der Schädel stimmt mit solchen von Felis maniculata und caffra wenig überein; er ist sehr breit (Basallänge 65 mm, grösste Breite 59,5 mm) und der niedrige Innenhöcker des pm! bildet mit der vorderen BEIM dena d selben einen rechten Winkel. en Nun hat BurcheLu im 2. Bande seines Werkes; Travels Sitzung vom 18. December 1894. 259 ud in the interior of Southern Africa, 1822, eine Katze als Felis nigripes beschrieben, mit der unser Exemplar vorzüg- lich übereinstimmt. Die Grundfärbung des Rückens ist bräunlichgelb oder ockerfarbig, der ganze Körper ist mit länglichen schwarzen Flecken besetzt, welche nur auf den Schenkeln zu stark ausgeprägten Binden zusammenfliessen. Vom äusseren Augenwinkel zum Kinn verläuft in rechtem Winkel eine dunkle Binde, die Brust ist mit 4 parallelen . schwarzen Querbinden geschmückt. Kehle und Bauchmitte sind auf weissem Grunde schwarz quergebändert und zwar so, dass auf der Kehle 2, auf dem Bauche 7 Binden sich befinden. Der Schwanz, welcher kaum !/, der Körperlänge erreicht, hat oben die Farbe des Rückens und ist unten fahl- gelbbraun. Auf der Oberseite stehen 6 dunkelbraune Quer- binden, von welchen nur die letzten beiden auf die Unter- seite übergreifen; die die Schwanzspitze bildenden Endhaare sind schwarz. ebenso wie die Fusssohlen in ihrer ganzen Länge. Die Schnurren sind weiss. Die kurzen, eiförmigen, stumpf zugerundeten Ohren sind oben hellbraun, unten am Innenrande mit sehr langen hellen Haaren besetzt. Auf dem Hinterkopf stehen undeutliche dunkle Längsstreifen: der Vorderkopf ist heller als der Rücken, die Augenbrauen weisslich, die Nase rostfarbig.. Länge des Körpers von der Nasenspitze zur Schwanzwurzel 390 mm; des Schwanzes bis zur Spitze der Endhaare 135 mm; der Sohle des Hinter- fusses 90 mm. | Die mir vorliegende Katze ist wohl sicher zu F. nigripes BurcH. zu ziehen; ebenso sicher aber muss die BURCHELL- sche Form aus den Synonymen von F. caffra entfernt wer- den, da die Färbung. die Schwanzlänge und die Schädel- bildung bei beiden sehr verschieden sind. BURCHELL fand die von ihm beschriebene Art in Batla- ping; der genaue Fundort des Berliner Exemplares liess sich nicht feststellen. 10* = 260 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. SR »* Herr BARTELS legte ein japanisches Holsschuitt. 2 werk vor, in welchem sich unter anderem Darstellungen des Walfischfanges und andere Scenen aus dem Gebiete x der Fischerei und Austernfischerei finden. Ein Blatt E. zeigt Fischer in einem Boote im Kampfe mit einem kolossalen- Br Tintenfisch, sicherlich wohl einem Octopus. Die Fangarme sind länger als das Boot. die Augen haben fast die Grösse eines Menschenkopfes. Da alle Abbildungen des Buches den Eindruck des Natürlichen und aus dem Leben Ge- griffenen machen, so muss man wohl auch annehmen, dass die Japaner an das Vorkommen solcher riesigen Tinten- fische wirklich glauben. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (PoTonIk), IX, N0.47:--50. Leopoldina, Heft XXX, No. 19—20. Berliner Entomolog. Zeitschr., 39. Bd. (1894), 2. u. 3. Heft. Verhandlungen des naturhist. Vereins der preuss. Rhein- lande. Westfalens und des Reg. - Bezirks Osnabrück, 51. Jahrg‘, 6. Folge; 1. Jahrg., 1. Hälfte. Bonn 1894. N 21. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial-Vereins für Wissenschaft und Kunst für 1892/93. Münster 1893. Anzeiger der Akademie d. Wissenschaften in Krakau, 1894, Dr November. «il Földtani Közlöny, XXIV. Kötet, 9— 10. Füzet. Budapest Ei 1894. N Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1894, No. 214— 215, Ri; nebst: Indice alfabetico delle Opere nel 1892. AR Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar. Bd. 1 ® Häfte 6. | Botanisk Tidsskrift, 19. Binds 1. u. 2. Hefte. Kjebenharn “2 H 1894. Korrespondenzblats des Naturforscher - Vereins zu Ri XXXVH, 1894. se = Sitzung vom 18. December 1894. 261 Proceedings of the Cambridge Philosophical Society, Vol. VIII, Part. III. Cambridge 1894. Psyche, Journal of Entomology. Vol. VII, No. 224. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XXV., No. 9—10. Boletin de la Academia Nacional de Ciencias en Cordoba, Tomo XII. Entrega 3 y 4. Buenos Aires 1893. J. F. Btarcke, Berlin W. ARE Yan A AMIEEnUEN 44 106 259 674 >= Er en u “ 6 7 ur > \ h € > en a P- RK: a | > BERET ze N ur. ECK C LE EC ’ x ze ee: RN REN f 1 f _ ia 7, SEN € ( ‚ = - a , SET N & SC . ni N I f . 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