SITZENGS -BERICHTE DER GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE zu BERLIN. JAHRGANG 1895. BERLIN. In Commission bei R. Friedländer und Sohn. NW. Carl-Strasse 11. Inhalts-Verzeichniss aus dem Jahre 1895. Bartels. Hühner-Ei mit zwei Dottern, p. 143 (Abb.) — Beyrich’s achtzigster Geburtstag, p. 147. — Zwei bemerkenswerthe Arten des Thierfanges in Bosnien und der Hercegovina, p. 147. Frenzel. Zahl der Männchen imd Weibchen bei Astacus, p. 146. (Nur Titel.) Fritsch Hühnerei mit einem zweiten im Innern, p. 202. Heymons. Knospungsgesetz der proliferirenden Medusen, p. 19. Jaekel. Xenacantbiden , p. 44. (Nur Titel.) — Organisation der Pleuracanthiden, p. 69. (Abb.) — Eine neue Gebissform fossiler Selachier, p. 200. Kolbe. Die in Afrika gefundenen montanen und subalpinen Gattun- gen der mit Calosama verwandten Coleopteren, p. 50. Kopsch. Zellen - Bewegungen während des Gastrulationsprocesses an den Eiern vom Axolotl und vom braunen Grasfrosch, p. 21. Matschie. Säugetbiere vom Ugarda nach Briefen des Afrikareisenden Oscar Neumann, p. 1. — Lyncodon patagonicum, p. 171. — Die geographische Verbreitung der Katzen und ihre Verwandtschaft miteinander, p. 190. von Martens. Mollusken von Paraguay, p. 33. — Verarbeitetes Con- chylienstück aus Neuguinea ( Cassis cornuta ), p. 35. (Abb.) — Neue Arten von Landscbnecken aus den Gebirgen Osf- Afrikas, p. 120. — Neuer Bxdimus aus Süd-Arabien, p. 129. — Einige ostafrikanische Acbatinen, p. 145. Möbius. Springende Bohnen aus Mexiko, p. 1. — Der hundertste Geburtstag Chr. Gottfried Ehrenberg’s, p. 45. — Hübner -Ei mit zwei Dottern, p. 143 (Abb.) Nehring. Furcifer antisensis und Cervus brachyceros , p. 9. (Abb.) — Gaumenbildung von Sus barbatus und Verwandten im Vergleich mit der von Sus verrucosus , p. 45. (Abb.) — Neuer Fund von Halarachne halichoeris, p. 50. — Fossiler menschlicher Milch- backenzahn aus dem Diluvium von Taubach bei Weimar, p. 97, desgl. (nur Titel), p. 143. — Fundschicht desselben, p. 152. — Nachbildung des Geweihs von Megaceros Ruffii von Klinge bei IV Inhalts - Verzeichntes. Cottbus, p. 143. (nur Titel.) — Fossiler Schädelrest einer Saiga- Antilope aus dem Diluvium der Gegend von Graudenz, p. 153. — Neuer Fund von Cratopleura - Samen in dem diluvialen Torflager von Lauenburg a. E., p. 153. Neuhauss. Vorführung von 110 Projectionsbildem mit Hülfe seines Kalklicht-Skioptikons, p. 167. Plate. Conservirung mit Cocain, p. 145. (Nur Titel.) — Bau des Chiton aculeatus, p. 154. B-Awitz. Centrosoma und Attraktionssphäre in der ruhenden Zelle des Salamanderhodens, p. 6. (Nur Titel.) — Zellen der Lvmph- drüse von Macacus cynomolgus, p. 97. (Nur Titel.) Schaudinn. Dimorphismus der Foraminiferen, p. 87. — Theilung von Amoeha binucleata, p. 130. (Abb.) — Plastogamie bei Fora- miniferen, p. 179. (Abb.) Schmidt, E. Betheiligung der Männchen einiger Belostomiden an der Brutpflege, p. 38. F. E. Schulze. Neue Hexactinelliden in der Bai von Enoshima, p. 7. (Nur Titel.) — Referat über Schoen, Akkomodations - Mecha- nismus, p. 20. (Nur Titel.) Selenka. Menschenaffen, p. 50. (Nur Titel.) — Abbildungen japa- nischer Landschaften, p. 50. (Nur Titel.) Virchow (Hans). Entwickelung des Gefässbezirkes auf dem Selachier- Dottersacke, p. 98. — Schwanzbildung bei Selachiern, p. 105. Wandolleck. Vorführung von 16 Projektionsbildern von Dipteren- fühlern mittelst des NEUHAUSS’schen Kalklicht-Skioptikons, p. 169. Nr. 1. 1895 Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde Herr K. MÖBIUS legte fünf sogenannte „springende Bohnen“ aus Mexiko vor, Theilfrüchte einer Euphorbiacee mit den Larven von Carpocapsa saltitans Westw. , welche er von der Firma Melchers Runge & Co., 1 Fenchurch Avenue in London, für die zoologische Sammlung erworben hat, um Schmetterlinge daraus ziehen zu lassen. Herr Matschie gab Nachrichten über Säugethiere von Uganda nach Briefen des Afrikareisenden Oscar Neumann. Der um die Erweiterung unserer Kenntniss der Säuge- thierfauna von Ostafrika hochverdiente Reisende Oscar Neumann, welchem das Königliche Museum für Naturkunde zu Berlin bereits eine reichhaltige Sammlung von Bälgen und Gehörnen aus dem deutschen Schutzgebiete verdankt, hat neuerdings einen ausführlichen Bericht über seine For- schungen in den Gebieten nördlich vom Victoria Nyanza eingeschickt, welchem ich folgende bemerkens werth e Mit- theilungen entnehme. 1. Anthropopitliccus troglodytes (L): Unter dem Namen „DsTke“ allgemein bekannt, fehlt dieser Affe in Uganda, kommt dagegen in Unjoro und Toro vor. „Vor zu Berlin Vorsitzender: Herr Waldeyer. vom 15. Januar 1895. 1 2 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. einigen Jahren sind bei Kwa Mtessa am Maiandja. einem Nebenflüsse des Kafu. noch einige bemerkt worden.“ 2. Colobus occidentalis Rochebr. „Ngeye“. Bei Kwa Kitoto in Nord-Kavirondo erlegt, scheint in Uganda zu fehlen. Die Felle werden von Ussoga und Unjoro ein- geführt und als Schildverzierungen sehr geschätzt. Lebt auch in Lumbua. 3. Cercocebus albigcna (Gray): „Kima ssewägäbbä“. „Diese Art sieht einem Cölöbus sehr ähnlich; an diesen er- innert die gebogene Nase, das lange seidenweiche Haar und auch die gewaltige Grösse. Ein junges Thier hat schon die Grösse eines ausgewachsenen Cercop ithccus schmidti Mtsch. Grosse Thiere sollen die Grösse von Colobus occidentalis noch übertreffen. Auch behaupten die Waganda, dass sie sich angegriffen zur Wehr setzen und mit Stöcken nicht zu er- schlagen sind. Der Pullus ist pechschwarz. Ein junges Thier ist an der Aussenseite der Oberarme und Schultern schmutzig aschgrau. Bei einem ziemlich erwachsenen Exem- plar ist der Vorderrücken, die Schultern und die Aussen- seite der Oberarme schmutzig braun-aschgrau, auch die Ober- brust ist mehr schwarzgrau, der übrige Körper pechschwarz. Das Thier ist übrigens sehr hässlich und die Physiognomie erinnert noch am meisten an die von Colobus kirki, — Cbagwe, Uganda.“ 4. Cercopithecus schmidti Mtsch. : „Kima näckäbükö“. In allen Uferwäldern vom Sommerset-Nil bis zum Kagera ungemein häufig; südlich vom Kagera und auf der Insel Ssesse nicht bemerkt. 5. Cercopithecus rufoviridis Js. Geoffr. : „Kima njeru“. Seltener als der vorige im eigentlichen Uganda, auch auf Ssesse und bei Bukoba. Sehr hell. Bei Kwa Mtessa am Maiandja bemerkt; meidet den feuchten Urwald. 6. Cercopithecus neglectus Schleg. Bei Kwa Kitoto in Nord-Kavirondo erlegt, cf. Naturw. Wochenschrift 1894, p. 417. „) A. Goes. 1. c.: Om de sä kallede „verkliga“ dimorfismen hos Rh. reticulata. Sitzung vom 21. Mai 1895. 95 Die megalosphärische Generation: Da die sich fortpflanzenden Individuen entweder auf Deckgläser oder auf Ulven gebracht waren, gelang es leicht, alle wünschenswerthen Stadien zu conserviren und auch zu isoliren und weiter zu züchten. Bei den jungen 1- und 2kammerigen Embryonen findet man noch dieselben Kernverhältnisse, wie beim Mutterthier, d. h. das Protoplasma ist mit unregelmässigen Brocken von färbbarer Kernsubstanz erfüllt. Beim weiteren Wachsthum wird nun ein Theil der Chromatinstücke zu einem grösse- ren Ballen vereinigt, der allmählich sich ganz zu einem soliden Klumpen zusammenzieht. Dieser Klumpen von Kernsubstanz entwickelt sich zu dem Kern der megalo- sphärischen Generation, der ja schon lange bekannt ist1); doch wird, soweit meine Beobachtung reicht, niemals alles Chromatin zum Bau dieses Kernes verwendet, sondern ein Theil bleibt vertheilt im Plasma und wird beim weiteren Wachsthum durch alle Kammern zerstreut. Den grossen Chromatinklumpen will ich zum Unterschiede von den klei- nen Chromatinbrocken Principalkern nennen. Er ist also durch Verschmelzung eines Theils der letzteren entstanden. Der Principalkern ist anfangs homogen, wird aber durch dieselben Veränderungen, wie die kleinen Kerne der mikro- sphärischen Generation, bläschenförmig; ebenso wie letztere giebt er wiederholt Chromatinpartikel an das Protoplasma ab. Die kleinen Brocken, die bei der Bildung des Prin- cipalkerns nicht verbraucht wurden, werden ebenfalls zu kleinen bläschenförmigen Kernen und dürften dies wohl die grösseren nucleolenhaltigen Stücke sein, die sich nach Lister vom Hauptkern abgetrennt haben. Am Ende der vegeta- tiven Periode zerfällt der Principalkern vollständig und ist nunmehr das ganze Plasma mit kleinen Kernen erfüllt. Nicht selten wird der Principalkern in mehrere Stücke getheilt dadurch, dass er von der Plasmaströmung durch mehrere Verbindungsöffnungen der Kammern zugleich hin- ’) Zuerst beschrieben von F. E Schulze. Rhizopodenstadien, VI, Arch. f. mikr. Anat., 1876, Bd. XIII. 96 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. durchgezogen wird. Die Theile verhalten sich dann wie der ganze Kern. Die Vielkernigkeit wird also erreicht durch die in die Länge gezogene multiple Kerntheilung des Principalkerns und durch Vermehrung der aus der Em- bryonalperiode übrig gebliebenen Chromatinbrocken. Die weiteren Vorgänge, die zur Sporenbildung führen, kann ich ganz übereinstimmend mit Lister schildern. Um jeden der kleinen Kerne, die inzwischen bläschenförmig geworden sind, sammelt sich etwas Plasma an und rundet sich ab; hierauf erfolgt eine karyokinetische Theilung aller Kerne (bisweilen gleichzeitig), der eine Theilung des Plasmas folgt. Aus den Theilstücken entstehen die Schwärmer, die gewöhnlich gleiche Grösse haben, bisweilen jedoch etwas variiren. Die Anisosporenbildung Lister s möchte ich für pathologisch halten. In seltenen Fällen habe ich beobachtet, dass die Bil- dung eines Principalkerns unterblieb; es vermehrten sich die Chromatinbrocken selbstständig und es wurden dann keine Schwärmer, sondern wieder Embryonen gebildet. Es kann also die megalosphärische Generation sich wieder- holen, bevor eine mikrosphärische folgt. Bei Polystomella kommt dies, wie gesagt, sehr selten vor (nur 3 mal bei 4300 beobachteten Individuen), bei anderen Formen scheint es häufiger zu sein ( Orbitolites , Peneroplis) . Es scheint mir hiernach das Resultat gerechtfertigt, dass es bei Polystomella nur bei Bildung eines Principalkerns zur Schwärmerbildung kommt. Zum Schluss möchte ich die Frage aufwerfen, ob die Sporenbildung ursprünglich allen Foraminiferen zukam oder ob sie erst später von einzelnen Formen erworben wurde. Ich glaube Gründe für die erste Ansicht anführen zu kön- nen; schon bei Gromien, den zweifellos niedrigsten Fora- miniferen, findet sich Sporenbildung und habe ich in letzter Zeit nicht nur bei der häufigsten Form, der Gromia ovi- formis, sondern auch bei einigen neuen norwegischen Gro- mien und bei Shepheardella Schwärmerbildung und Fort- pflanzung durch Theilung beobachtet. Auch bei Myxotheca findet sich Sporenbildung. Ich glaube daher, dass bei den Sitzung vom 21. Mai 1895. 97 Formen, die heute nur noch Embryonenbildung zeigen (z. B. nach meinen Untersuchungen Saccammim und Biscor- bina), die Sporen-bildende Generation zum Ausfall gekom- men ist. Eine genaue Erörterung dieser Frage, sowie ein Vergleich mit den offenbar ähnlichen Verhältnissen bei Radiolarien x) wird in meiner Monographie der Foramini- feren-Organisation gegeben werden. Herr Rawitz sprach über die Zellen der Lymph- drüsen von Macacus cynomolgus. Herr A. Nehring sprach über einen fossilen mensch- lichen Milchbackenzahn aus dem Diluvium von Tau- bach bei Weimar. Der vorliegende Zahn ist von Herrn Dr. Arthur Weiss zu Weimar in der paläolithischen Fundschicht der Mehlhorn’schen Grube bei Taubach und zwar beim Sam- meln fossiler Conchylien gefunden worden; er stammt aus dem gleichen Niveau mit den Resten von Elephas antiquus, Rhinoceros Merckii etc. Der Vortragende weist nach, dass es sich um einen stark abgekauten vorderen Milchbacken- zahn aus dem linken Unterkiefer eines etwa neunjährigen Kindes handelt. Er vergleicht einen entsprechenden Milch- backenzahn aus dem Löss von Predmost, sowie zahlreiche Exemplare von recenten Individuen. Der vorliegende fos- sile Zahn ist einer der geologisch ältesten Menschenreste Europas, welche sicher nachweisbar sind. Genaueres wird in den Verhandlungen der Berliner Anthropolog. Gesellschaft vom 27. April 1895 publicirt werden. *) K. Brandt. Neue Radiolarienstudien. Mitth. Ver. Schlesw.- Holst. Aerzte, 1890, 12. Heft. 98 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. Herr Hans Virchow sprach über die Entwicklung des Gefässbezirkes auf dem Selachier-Dottersacke. Die Ausbreitung des Gefässbezirkes auf dem Dotter- sack der Selacbier ist von Balfour in übersichtlicher und klarer Weise geschildert worden. (F. M. Balfour: A mo- nograph on the development of elasmobranch fishes, Lon- don 1878, p. 235 u. Taf. VIII.) Es sind aber mehrere Zusätze zu machen, von denen einige principielle Bedeu- tung haben. Ich schildere daher die Entwicklung kurz auf Grund photographischer Aufnahmen, die in der letzten Zeit gemacht wurden nach Präparaten, die ich im Jahre 1892 in Neapel sammelte. Ich wähle im Interesse der Deut- lichkeit eine Eintheilung in fünf Stadien, ohne gerade der hier gemachten Eintheilung einen endgültigen Werth beizu- messen. Die beiden ersten Stadien sind von Pristiurus, die beiden folgenden von Scyllium , das letzte gilt für alle Selachier, wobei ich die Unterschiede der Familien nicht berücksichtige. I. Stadium. — Im ersten Stadium, welches von Bal- four gar nicht erwähnt wird, nimmt der Gefässbezirk ein schmales Feld zu beiden Seiten des Embryo ein; ist also durch den Embryo in eine rechte und eine linke Hälfte getheilt. Dieses Feld hat einen langen „Aussenrand“, wel- cher mit dem Rande der Keimhaut zusammenfällt, einen kurzen „embryonalen Rand“, welcher an den Embryo grenzt, von der Herzgegend bis zum Hinterrand der Keim- haut, und einen langen „Innenrand“, welcher lateral sich immer mehr dem Aussenrande nähert und schliesslich mit ihm zusammenzufallen scheint. Auf einer früheren Stufe dieses Stadiums — Pristiurus von etwa 10 Urwirbeln — trifft man in diesem Gefässbezirk zahlreiche Gefässinseln, aber noch keine geschlossenen Stränge. Auf einer späteren Stufe dieses Stadiums — Pristiurus von 43 Urwirbeln — trifft man im Innenrande die Dottersackarterie und zwar paarig; die Vene scheint erst später als geschlossene Bahn gebildet zu werden, wie die Arterie, doch kann darüber, dass sie ihren Platz im Aussenrande findet, nach späteren Stadien kein Zweifel sein. Es ist ohne Weiteres deutlich, Sitzung vom 21. Mai 1895. 99 dass dieser Gefässbezirk in seiner Ausdehnung zusammen- fällt mit dem Bezirk des Dottersack-Mesoderms, bez. Dottersack -Bindegewebes, und es ist deswegen wichtig her- vorzuheben, dass schon auf der frühesten hier erwähnten Stufe das Mesoderm am Rande ringsherum reicht, also die Gestalt eines Ringes hat, welcher nur durch die Em- bryonalanlage unterbrochen ist, und welcher hinten, beson- ders dort, wo er an den Embryo anschliesst. eine grössere Breite besitzt als vorn. — Auf die frühesten Stadien der Mesoderm - Bildung und der Gefässanlagen gehe ich hier nicht ein. II. Stadium (Balfour's I. Stadium; Pristiurus von 57 Urwirbeln). — Der an den Embryo angrenzende oder mediale Theil des Gefässbezirkes hat sich in sagittaler Richtung weiter entwickelt, so dass er den Embryo vorn überragt. Dadurch sind die beiden Hälften desselben vor dem Embryo zusammengeflossen, und aus den beiden Ar- terienstämmen ist ein kurzer unpaar er Stamm hervorge- gangen, der sich vorn symmetrisch in einen rechten und linken Hauptast theilt. Der seitlich gelegene Abschnitt des Gefässbezirkes dagegen ist schmal geblieben. Der Un- terschied zwischen beiden Abschnitten, dem medialen und lateralen, prägt sich deutlich in dem Verlauf des vorderen Randes bez. der Arterie aus, indem diese eine s-förmige Linie bildet , zunächst nach vorn convex , dann nach hinten convex, womit sie sich dem Keimhautrande nä- hert; und hier fliesst sie anscheinend mit der hier gelege- nen Anlage der Vene zusammen bez. hat sich von letzterer noch nicht getrennt. Die Fig. 1 von Balfour giebt die nach vorn gewendete Convexität der Arterie, d. h. das Anfangsstück dieses Gefässes, deutlich wieder, dagegen nicht die Fortsetzung, so dass der Anschein erweckt wird, als sei die Arterie aus dem Embryo hervorgesprosst; wogegen mein Befund, in Verbindung mit dem Ergebniss des I. Stadiums, dafür spricht, dass die Anlage dieser Ge- fässe im Dottersackbindegewebe entsteht und sich mit die- sem Bindegewebe zusammen vom Keimhautrande aus gegen die inneren Theile der Keimhaut verschiebt. Diese 100 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Vorstellung wird dadurch unterstützt, dass die Anlage der Arterie auf ihrer hinteren Seite von Anfang an nicht frei, dass also der Raum zwischen der Arterie und dem Rande nicht leer ist, sondern dass letzterer von Gefässsträngen eingenommen wird, welche eine Verbindung zwischen der Arterie und den Gefässanlagen des Randes (Vene) unter- halten. Diese verbindenden Gefässstränge bilden ein Netz mit vorwiegend sagittal gestreckten Maschen, und es muss für wahrscheinlich gelten, dass diese verbindenden Ge- fässe sich mit der Entfernung der Arterie vom Rande immer mehr verlängern. III. Stadium (Balfour’s Fig. 2). — Dieses Stadium zeigt, wie die zweite Figur von Balfour, den Dottersack fast überwachsen; das Dotterloch, welches sich demnächst unter der Form einer „Dottersacknaht“ schliessen wird, erscheint in den zwei Präparaten, welche welche ich von diesem Stadium habe (Scyllium), anders wie auf der Bal- FOUR’schen Figur; worauf ich jedoch, da es für den vor- liegenden Zusammenhang belanglos ist , nicht eingehe. Schon wichtiger ist es, zu betonen, dass der Embryo er- heblich weiter vorn sitzt, und dass in Folge davon der unpaare Stamm der Arterie bedeutend kürzer ist, was auch zu der dritten Balfour’ sehen Figur besser passt. Haupt- sächlich bedeutsam aber sind vier andere Punkte, in denen meine Photographien von der BALFOUR’schen Figur ab- weichen: 1. die Arterie ist in ihrer Weite und in ihrem Aussehen noch nicht wesentlich von den verbindenden Ge- fässen verschieden; 2. die Arterie verläuft nicht als glatter Gefässstamm, sondern unter Bildung von Arkaden; 3. unter den verbindenden Gefässen giebt es keine arte- riellen und venösen Stämmchen, welche in der Weise, wie es die Balfour’ sehe Figur zeigt, in einander greifen unter event. Bildung eines (bei Balfour nicht gezeichneten) capillaren Netzes, sondern zwischen Arterie und Vene findet sich noch das primitiv geartete Netz von Gefässsträn- gen, welche man histiologisch insofern als „Capillaren“ bezeichnen kann, als sie alle dem Bau und der Weite nach capillar sind, welche dagegen morphologisch nicht Sitzung vom 21. Mai 1S95. 101 als Capillaren zu bezeichnen sind, insofern als noch keine Differenzirung in Capillaren und Gefässe höherer Ordnung stattgefunden hat; 4. der vordere Abschnitt des Gefäss- bezirkes entbehrt nicht, wie Balfour abbildet und im Text ausdrücklich behauptet, der Gefässe, sondern enthält gerade so gut wie der hintere Abschnitt Gefässstränge, nur in an- derer Anordnung. Es scheint mir hier am Platze, über den Werth der Photographie ein Wort zu sagen: Alle Objecte, von denen ich bis hierher gesprochen habe, sind zwar von mir von vornherein mit Rücksicht auf den Gefässbezirk gesam- melt worden, und ich habe bei der Herstellung der Photo- graphien nicht allein selbst die möglichste Sorgfalt aufge- wendet, sondern bin auch bei der Aufnahme der Präparate des letztgeschilderten Stadiums (des schwierigsten aus ver- schiedenen Gründen) von sachkundiger Seite aufs Gütigste unterstützt worden. Aber es lagen doch zwischen der Con- servirung und der photographischen Aufnahme fast drei Jahre, und ich war mit den Bedingungen der Photographie nicht so vertraut, dass ich schon bei der Conservirung die nachfolgende Photographie in Rechmmg gezogen hätte; also weder Zeitpunkt noch Object boten die besten Bedingun- gen. Trotzdem zeigen die Photographien — ich muss ge- radezu sagen — erstaunlich viel, d. h. mindestens so viel, als die sorgfältigste Untersuchung des Flächenbildes eben noch zeigen kann. Das Gesammtergebniss nun aus meinen von Balfour abweichenden Befunden des letztgeschilderten Stadiums ist dieses : Der Fortschritt, welcher sich von dem II. zum III. Stadium vollzieht, ist — abgesehen von der räum- lichen Verlagerung, die eine Folge der Umwachsung ist, — im Wesentlichen ein regionärer, d. h. die Abschnitte der Gefässe nehmen keine wesentlich höhere Differenzirung an, sondern die hinteren Abschnitte des Gefässbezirkes breiten sich aus und treten in denjenigen Zustand ein, in welchem die vorderen schon vorher waren. Der vordere Abschnitt zeigt dabei noch wesentlich ' die gleiche Anord- nung wie im vorigen Stadium. Wie mir scheint, fällt da- 102 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. mit eine bestimmte Beleuchtung auf die Art der Einwir- kung , welcher die Keimhaut hei der Umwachsung und durch die Umwachsung des Dotters ausgesetzt ist: der distale, vom Embryo entferntere Theil des Keimhautran- des war durch die Umwachsung ungebührlich gedehnt und erlangte erst mit der Verengerung des Dotterloches die Fähigkeit wieder, mit dem proximalen Randabschnitt glei- chen Schritt zu halten. V. Stadium. — Das IV. Stadium, in welchem ich die Figuren 3 und 4 von Balfour zusammenfasse , ist als Stadium des Ueberganges zwischen dem primitiven und definitiven Zustande zu betrachten, als ein Stadium, in wel- chem Züge des primitiven Gefässbezirkes beseitigt werden und Züge des fertigen hervortreten. Da es also durch den letzteren theilweise erklärt wird, so erwähne ich diesen zuvor. Der fertige Zustand ist dadurch bezeichnet, wie Balfour abbildet, wie aber lange vor Balfour bekannt war, dass der Dottersack einen arteriellen und einen venösen Hauptstamm besitzt. Auf die feineren Verhält- nisse und auf Unterschiede der Familien gehe ich nicht ein. Die beiden Hauptstämme verlaufen in Medianebene, der arterielle vor , der venöse hinter dem Embryo ; ihre Enden kommen sich am unteren Pol des Dottersackes entgegen. Und hieran möchte ich die einzige Bemerkung knüpfen, die ich über das Uebergangsstadium zu machen habe. IV. Stadium. — Mit dem Verschluss der Dottersack- naht fallen die beiden Hälften des Venenringes, welche in dem Rande der Keimhaut bez. des Dotterloches ihren Platz hatten, zu einer unpaaren Vene zusammen, verschmelzen mit einander. Nun liegt aber das hintere Ende des Dotter- loches bez. der Dottersacknaht zwar weit hinter dem Embryo, aber doch auf der oberen Hälfte des Dotters, also sehr weit entfernt von dem unteren Pol des Dotter- sackes. Das Ende des Venenstammes im fertigen Zu- stande liegt dagegen am unteren Pol des Dotters, also be- deutend weiter hinten wie das hintere Ende der Dottersack- naht. Hieraus entsteht nun die Frage: entspricht das hin- Sitzung vom 2L 3Iai 1S95. 103 tere Ende des definitiven Venenstammes dem hinteren Eude des primitiven venösen Randringes — was nur möglich ist, wenn die primäre Endstelle sich verschiebt — . oder bilden sich solche Abschnitte des Gefässnetzes, welche an- fangs verbindende Gefässe waren und den Charakter „pri- märer Capillaren hatten, in Vene um? Meine Erfahrun- gen sprechen für das letztere, ich finde nämlich bei Scyllium im Verlaufe des Venenstammes eine Narbe, offenbar einen Rest der Dottersacknaht, welche dem Anfänge des Venen- stammes näher Regt, als dem Ende desselben, und welche es mithin wahrscheinlich macht, dass die Vene sich über das Hinterende der Dottersacknaht hinaus verlängert hat. Diese Thatsache ist insofern von Bedeutung, als sie zeigt, dass die Vene zwar in ihrem Anfangstheil am Keim- hautrande entsteht, dass sie aber nicht in ihrer gan- zen Länge an den Rand gebunden ist. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaft!. Wochenschrift (Potoxie), X. No. 16 —20. Leopoldina, Heft XXXI. No. 7 — 8. Societatum Litterae 1894, No. 10 — 12; 1891?, No. 1—3. Helios, 12. Jahrg., No. 7 — 12. Natur wissenschaftl. Verein der Provinz Posen. Zeitschrift der Botan. Abtheiluug, II. Jahrg., 1. Heft. Beiträge zur nordwestdeutschen Volks- und Landeskunde, herausgeg. vom Naturwissenschaftl. Verein zu Bremen, Heft I. (Abhadl., Bd. XV, Heft I.) Bremen 1895. Abhandlungen, heransgeg. vom naturwissenschaftl. Verein zu Bremen, XIII. Bd., 2. Heft. Schriften des Naturwissenschaftl. Vereins des Harzes in Wernigerode, 9. Jahrg., 1894. Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich, 40. Jahrg., 1. Heft. Zürich 1895. Anzeiger der Akademie d. Wissenschaften in Krakau, 1895, März. Jahresbericht der Königl. böhmischen Ges. der Wissensch. für das Jahr 1894. Prag. 104 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Sitzungsberichte der Köuigl. böhmischen Ges. der Wissen- schaften, Mathem.-Naturw. Classe, 1894. Bolletino delle Pubblicazioni Italiaue, 1895, No. 223 — 225. Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze Fisiche e Mate- matiche. Ser. 3, Vol. I, Fase. 4. Napoli 1895. Atti della Societä Ligustica di Scieuze Naturali e Geogra- fiche. Vol. vr, No. 1. Genova 1895. Tidenskabelige Meddelelser for Aaret 1894. Kjöbenhavn 1895. Festschrift des Naturforscher - Vereins zu Riga in Anlass seines 50jährigen Bestehens. Riga 1895. Journal of the Royal Microscopical Society of London. 1895, Pt. 2. Psyche, Journal of Entomology. Vol. VII, No. 229. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College, Vol. XXVI, No. 2. Cambridge 1895. Annual Report of the Smithsonian Institution for 1893. Washington 1894. Report of the Statistician, April 1895. U. S. Departement of Agriculture, New Series, Report No. 125. Washington 1895. Als Geschenk wurde mit Dank entgegengenommen: F. Schaudi-n'X. Untersuchungen an Foraminiferen. I. Cal- cituba polymorplia Roboz. (Sep. a. Zeitschrift f. Wis- senschaft! Zoologie LIX, 2.) Leipzig 1895. 0. Kuntze, Geogenetische Beiträge. Leipzig 1895. Deutsche botanische Monatschrift, XIII. Jahrg. No. 5. J. V. Barboza du Bocage, Sur un Batracien nouveau de Fernäo do Po. (Extr. do Jornal de Sciencias Mathe- maticas, Physicas e Naturaes, 2. Ser., No. XIII. Lisboa 1895.) R. A. Philippi, Dos Palabras sobre la Siuonimia de los Crustäceos, Decäpodos, Braquiuros o Jaivas de Chile. Santiago de Chile 1894. — Plantas Nuevas Chilenas. (Sep. a. ,. Anales de la Universidad de Chile“, Tomos LXXXV i LXXXVII.) Santiago de Chile 1894. j. F. Starcke, Berlin W. 4 FCB.96 4 FEB.90; Nr. 6. 1895. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zn Berlin vom 18. Juni 1895. Vorsitzender: Herr K. Möbius. Herr Ha r-!S Virchow sprach über die Schwanzbildung bei Selachiern. Ueber die Schwanzbildung bei Wirbelthieren herrscht noch ziemliche Unklarheit; man kann aber erwarten, dass die Selachier, welche so viele morphologische Verhältnisse deutlicher zeigen als andere Klassen, auch für diese Frage einige Anhaltspunkte liefern werden. Es giebt. logisch betrachtet, zwei Möglichkeiten, zwischen denen, soviel ich sehe, die Ansichten schwanken, nämlich, dass sich entweder das Wachsthum des Schwanzes im Wesentlichen nach dem gleichen Modus vollzieht wie das des Rumpfes, oder nach einem eigenen Modus, dass der „Schwanz“ im morphologischen Sinne entweder eine Fort- bildung des Rumpfes oder so zu sagen eine Neu- bildung ist. Die Vorstellung, dass die Schwanzbildung von der Rumpfbildung prinzipiell verschieden sei, hat durch die Concrescenzlehre eine besonders scharfe Betonung erfahren, d. h. durch die Lehre, dass Theile des Keimhautrandes sich Schritt für Schritt an das hintere Körperende anfügen, und dass dadurch der Embryo in die Länge wachse, dass dagegen der Schwanz erst in dem Moment auftrete, wo diese 6 106 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Concrescenz von Randtheilen aufhört. Diese Lehre ist vor Allem für Teleostier und in ähnlicher Form auch für Amphibien ausgebildet worden. Wenn sie richtig wäre, so wäre allerdings der Unterschied zwischen der Bildung des Rumpfes und der des Schwanzes ein sehr tiefgreifender, denn für die Bildung des Rumpfes würde das Material bereits fertig im Keimhautrande vorhanden sein, die beiden Hälften würden sich nur durch Zusammenlegen vereinigen müssen ohne Vermehrung des Materiales; der Schwanz da- gegen würde hervorsprossen von einem sehr beschränkten Materiale aus und sich trotzdem zu bedeutender Länge entwickeln. Ich halte aber, wie ich in einem auf der Baseler Versammlung der anatomischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage dargelegt habe, diese Auffassung des Rumpf- und Schwanzwachsthums weder für Teleostier noch für Selachier für richtig; glaube vielmehr, dass bei Salmoniden schon vor Schluss des Dotterloches der Schwanz angelegt ist, und dass nicht mit dem Schluss des Dotterloches ein neuer Wachsthumsmodus beginnt. Bei Salmoniden ist es aber gerade während der Periode des Dotterlochschlusses sehr schwer, einen genauen Einblick in die Wachsthumsvorgänge zu gewinnen. Denn von dem Moment, wo das Dotterloch sich der äusseren Beobachtung zu Folge schliesst, vergehen nahezu zweimal 24 Stunden bis zu dem Schwunde des letzten Restes des Dotterkanales, welcher sich aus dem Dotterloch entwickelte; und von da vergehen noch weitere 24 Stunden bis zu dem ersten Hervortreten des Schwanzes. Ein Zeitraum von drei Tagen ist aber selbst für die ver- hältnissmässig langsam sich entwickelnden Salmoniden ein so bedeutender, dass darin viel geschehen kann und that- sächlich geschieht. Während dieser ganzen Zeit aber bleibt das Material am hinteren Ende des Embryo und vor Allem an der ventralen Seite desselben so zusammengedrängt, dass es schwer ist, die Vorgänge zu analysiren. Bei den Se- lachiern, wo der Embryo sich früher von der Oberfläche abhebt, dürfen wir dagegen erwarten, manches klarer zu erkennen. Sitzung vom 18. Juni 1895. 107 Wenn von Schwanzbildung die Rede ist. so scheint es angemessen, zunächst zu deflniren, was der „Schwanz“ (im morphologischen und nicht descriptiven Sinne) ist. d. h. wo er seinen Anfang nimmt, wo er sich von dem „Rumpfe“ abgrenzt. Es kann dabei an drei Merkmale ge- dacht werden: die Verschlussstelle des Dotterloches, die Afterstelle und den neurenterischen Kanal. 1) Die Verschlussstelle des Dotterloches er- wähne ich hauptsächlich desswegen, weil es üblich ist, bei Teleostiern und bei Amphibien das nach Schluss des Dotter- loches am Hinterrande hervortretende Stück als Schwanz zu bezeichnen. Bei Selachiern liegen allerdings die Ver- hältnisse wesentlich anders, insofern als um die Zeit, wo sich das Dotterloch schliesst. der Schwanz schon eine er- hebliche Länge hat, und das Dotterloch selbst am Schlüsse der Umwachsungsperiode die Gestalt einer langgezogenen Spalte annimmt und sich nicht an einer punktförmigen Stelle am hinteren Ende des Embryo schliesst, sondern in Form einer langen Naht oder Narbe. Man könnte daher höchstens das vordere Ende dieser Naht als die Marke annehmen, von welcher an der Schwanz zu rechnen wäre. Es kommt aber etwas Zweites hinzu, wodurch die Verwerthung dieser Stelle als einer Marke für die Bestimmung des Schwanzes unzuverlässig wird: die Verbindung des Embryo mit dem Dottersack schränkt sich, wie man weiss, im Laufe der Entwicklung von hinten her immer mehr ein, indem die Falte, vermittels derer das Ectoderm und das Entoderm vom Embryo auf den Dottersack abbiegen, immer weiter nach vorn rückt, und es ist sehr wohl möglich, dass diese Verschiebung schon in einer sehr frühen Periode beginnt, wo von einem eigentlichen Schwanz noch gar nicht ge- sprochen werden kann. Aus diesem und aus anderen Gründen verliert die genannte Stelle ihre Bedeutung, wenn man von dem „Schwanz“ in einem strengen Sinne sprechen will. Ich werde daher die räumliche Beziehung des Embryo auf den Rand nur so weit verwerthen, als ich — zunächst in rein topographischem Sinne — von einem prämarginalen und postmarginalen Abschnitt des Thieres spreche. 6* 108 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 2) Die Afterstelle hat für unser Problem eine grössere Wichtigkeit. Sollte es sich erweisen lassen, dass „der After bei allen Wirbelthieren ein Abkömmling des Ur- mundes“ ist (Keibel), dann würde der After eine bestimmte morphologische Bedeutung haben, wobei allerdings immer noch die Möglichkeit offen bliebe, dass innerhalb dieser Urmundspalte bei verschiedenen Klassen und selbst bei ver- schiedenen Familien die Afterstelle weiter vorn oder hinten liegt. Leider tritt bei Selachiern der After auffallend spät auf, und selbst eine „Aftermembran“, d. h. eine Stelle, wo das Ectoderm und Entoderm ohne zwischenliegendes Meso- derm in Berührung stehen, ist in frühen Stadien nicht deut- lich ausgeprägt, insofern als zwar eine Stelle existirt, wo unter dem Entoderm kein Mesoderm liegt, ein Contakt zwischen Ectoderm und Entoderm jedoch fehlt. Es soll aber der Afterstelle der Selachier trotz dieser Unsicherheit ihre Bedeutung nicht abgesprochen werden, umsomehr sich im Folgenden erweisen wird, dass der hintere Abschnitt des Körpers, der später zum postanalen Abschnitte des Thieres wird, wichtige morphologische Eigenthümlichkeiten hat, durch welche er sich von dem präanalen Abschnitt unterscheidet. 3) Der Canal is neurentericus stellt, wie man weiss, am Wirbeithierkörper eine wichtige Marke dar. Bei den Selachiern ist sein Vorläufer zu finden in einer medianen Rinne, welche auf frühen Stadien die Verbindung von der offenen Medullarrinne zu der offenen Darmrinne und Ur- darmhöhle vermittelt. Dieser „Sulcus neurentericus“ wandelt sich späterhin durch Verschluss seiner hinteren Wand in den Canalis neurentericus um. Der letztere erhält sich sodann am hinteren Körpereude, wo er die Verbindung zwischen dem Ende des Centralkanales des Rückenmarks und dem Ende des postanalen Darmabschnittes aufrecht erhält. Wann und wie er sich schliesst, vermag ich nicht anzugeben; es genügt aber für den Zweck der vorliegenden Mittheilung, hervorzuheben, dass er sich beim Embryo (Pristiurus) von 9ß Urwirbeln noch in unvermin- derter Form findet, und es ist wahrscheinlich, dass er so Sitzung vom IS. Juni 1S95. - 109 lange bestehen bleibt, als überhaupt noch Unvirbel gebildet werden. Da nun der Canalis neurentericus bei keinem der bekannten Wirbelthiere im fertigen Zustande besteht und daher eine functioneile Bedeutung desselben nicht nach- weisbar ist, so gilt er gerade desswegen mit Recht als eine morphologische Marke von hohem Werth. Wollten wir ihn aber benutzen für eine Grenzbestimmung des Schwanzes, so würde der letztere nur ein ganz kleines Stück des fertigen Thieres einnehmen, etwa das, was man im descrip- tiven Sinne als Schwanzspitze zu bezeichnen pflegt. Da wir mithin zu einer ganz verschiedenen Grenz- bestimmung gelangen würden, je nachdem wir die After- stelle oder den Canalis neurentericus für eine solche be- nutzten. so empfiehlt es sich, den Ausdruck „Schwanz“ den descriptiven Zoologen zu überlassen und bei Fragen der Entwicklung, wenigstens der Selachier. nur in einem un- bestimmten Sinne von „Schwanz“ zu sprechen. Wofern es sich aber um genaue Bezeichnungen handelt, thun wir besser, von einem „postanalen“ und „postcanalen“ Ab- schnitt des Thieres zu reden. Demgemäss wäre auch die Bezeichnung für meinen Vortrag zu ändern, und von „Entwickluugsvorgängen am hinteren Körperende bei Selachiern“ zu sprechen. Der Fernerstehende möchte vielleicht glauben, dass sich das Problem auf die Frage zuspitzen lässt, ob die Ver- mehrungszone des zelligen Materiales einen grösseren Ab- schnitt des hinteren Körperendes umfasst, oder sich auf einen Punkt, sozusagen einen Scheitelpunkt, beschränkt. Indessen mit dieser summarischen Behandlung würden wir nicht weiter kommen. Wir müssen vielmehr alle con- currirenden Formationen gesondert betrachten, das sind: Epidermis, Rückenmark, postanaler Darm, Chorda, Mesor derm; und bevor wir über die Vermehrungsmodi innerhalb dieser Formationen sprechen können, müssen wir gewisse Umformungen ins Auge fassen, durch welche die Theile in diejenige Anordnung gebracht werden, die sie im fertigen Körper haben. Dabei treten uns vier Gruppen von Erscheinungen ent- 110 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. gegen; in die erste sind zu setzen der Canalis neurentericus, das Rückenmark und das Darmrohr, in die zweite der Verschluss dieser Kanäle und die Ablösung der Epidermis, in die dritte das Mesoderm und in die vierte die Chorda. I. Gruppe. — Wie schon gesagt, besteht der Canalis neurentericus fortdauernd am hinteren Ende, eine Verbindung zwischen dem Centralkanal und dem Darmlumen auf- recht erhaltend, und dabei erweitern sich die letzteren an ihren hinteren Enden, der Centralkanal des Rücken- markes in geringerem Grade, das Darmlumen, wie schon bekannt, so beträchtlich, dass es (beim Embryo von 96 Ur- wirbeln) eine weite Blase im Schwanzknopf des Embryo darstellt. Es zeigen sich dadurch bei der Weiterbildung des Schwanzes die genannnten drei Kanäle als zusammen- gehörige Bildungen, sozusagen als Theile eines Kanales. Nicht geringer, ja sogar noch strenger ist die Ueberein- stimmung in der Wand, d. h. im Epithel, welches die Wand der drei Kanäle bildet. Das Epithel im hintern Theil des Centralkanales, im Canalis neurentericus und im hintern Darmende hat genau die gleiche Dicke und Beschaffenheit, d. h. im Einzelnen: das Epithel hat die gleiche Zahl von Schichten (beim Pristiurus-Embryo von 32 Urwirbeln fünf), die dem Lumen zugekehrten Zellen sind cylindrisch, die folgenden rundlich, die äussersten platt, und die Mitosen sind am zahlreichsten in der inneren cylindrischen Lage. II. Gruppe. — Der Verschluss der genannten Kanäle beginnt mit dem des Medullar-Rohres und zwar hinten; ich besitze eine Serie, auf welcher das Medullarrohr gerade auf zwei Schnitten geschlossen und von der Epidermis ge- trennt ist. und diese Stelle liegt genau über dem Sulcus neurentericus, welcher seinerseits hinten noch weit offen steht. Von hier schreitet der Abschluss des Medullarrohres nach vorn weiter und tritt zuletzt am Vorderende des Ge- hirnes ein; ein Vorgang, dessen Einzelnheiten für unsern Zweck nicht in Betracht kommen. Zugleich greift aber der Verschluss, nach hinten weiterschreitend, auf die Hinter- wand des Canalis neurentericus und der Darmrinne über, und zwar so frühzeitig, dass schon ein Theil der letzteren Sitzung vom 18. Juni 1895. 111 geschlossen ist, während der grösste Theil der Medullarrinne noch offen steht. Der Verschluss der Darmrinne geht also nicht vom Keimhautrande rückwärts, sondern vom Hinter- ende vorwärts vor sich. Durch den Abschluss der drei Kanäle wird eo ipso die Epidermis selbständig und liegt in der Folge frei und weit über den inneren Theilen. Die Erscheinungen dieser zweiten Gruppe stehen in geradem Gegensätze zu denen der ersten: während sich in der ersten eine Bewahrung primitiver Verhältnisse im Innern des hinteren Körperendes zeigt, drückt sich in der zweiten ein Streben nach Herstellung secundärer oder fertiger Zustände an der Oberfläche aus. Der Um- stand, dass diese fertigen Zustände gerade am hintern Körper- ende am frühesten eintreten, hat vielleicht keine tiefere Be- deutung, muss sie wenigstens nicht haben; man kann ja die Sache so auffassen, dass sich der prämarginale Theil der Me- dullarrinne nur desswegen verspätet schliesst, weil das Ecto- derm durch die Verbindung mit dem Dottersack seitlich fest- gehalten ist, und dass der Verschluss der Hirnplatte desswegen so spät eintritt, weil die letztere sehr breit angelegt und über das Vorderende des Darmes hinübergebogen ist; ebenso ist die Auffassung möglich, dass die Darmrinne sich nur desswegen vorn später als hinten schliesst, weil die constituirenden Schichten mit dem Keimhautrande verbunden sind, und da- durch die ventrale Annäherung derselben aufgehalten wird. In dieser Abänderung im Gange des Verschlusses können also Züge von untergeordneter Bedeutung liegen, und ich bin durchaus geneigt, diese accidentellen , für die morpho- logische Betrachtung unwesentlichen Züge der direct mecha- nischen Erklärung zu überlassen. Wenn es aber auch nicht als unbedingt wichtig er- scheint. dass sich Medullarrinne und Darmrinne hinten am frühesten schliessen, so ist es doch wohl sehr wichtig, dass sie sich auch hinten so frühe schliessen, zu einer Zeit, wo im Innern des sich weiterbildenden Hinterendes noch primitive Zustände in unverminderter Reinheit fort- bestehen. Die Veranlassung hierzu liegt anscheinend in der Tendenz, die Kanäle, d. h. das Innere des Thieres von den 112 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin, umgebenden Medien unabhängig zu machen. In dem Lichte dieser Betrachtung wendet sich die Aufmerksamkeit be- sonders auf die Epidermis, welche ja die Isolirung gegen- über der Umgebung übernimmt. Es darf wohl in diesem -Zusammenhänge an die Deckschicht der Epidermis erinnert werden, welche bei Teleostiern so ausserordentlich frühe differenzirt wird, und welche ihrem Verhalten gegen die Reagentien nach auch eine specifische chemische Differen- zirung annimmt. Eine derartige Schicht fehlt allerdings den Selachiern, aber es wird wohl auch bei ihnen der (ein- schichtigen) Epidermis eine gewisse Fähigkeit des Isolirens zukommen. Von diesem Gesichtspunkte aus kommt bei den in dieser Gruppe besprochenen Erscheinungen noch mehr das Streben der Epidermis, sich über dem Embryo zu schliessen, in Betracht, wie das Streben der Medullarplatte und Entodermplatte, ein Rohr zu bilden. Nachdem sich dergestalt die Epidermis selbständig gemacht hat, geht sie sozusagen ihre eigenen Wege und bildet am hinteren Körper- ende bereits einen Flossen säum aus, während noch auf lange hinaus Canalis neurentericus, Rückenmark und Darm- rohr auf dem geschilderten primären Zustande verharren, und auch bevor das Mesoderm sich anschickt, an der Bildung des Flossensaumes th eilzunehmen. III. Gruppe. — Bei der Schilderung des Mesoderms kann ich zurückgreifen auf meinen auf dem Baseler Congress der anatomischen Gesellschaft gehaltenen Vortrag. Ich habe dort dargestellt, dass an der Ursprungslinie des Meso- derms drei Abschnitte zu unterscheiden sind: der dorsale embryonale Abschnitt, der ventrale Abschnitt des postanalen Körpertheiles und der des Dottersackrandes ; ebenso habe ich dargestellt, dass der zweite dieser Abschnitte sich im Gefolge des Verschlusses des postanalen Darmes ventral mit dem der anderen Seite zusammenlegt und vereinigt. Die in jenem Vortrage geschilderte Ursprungslinie des Mesoderms, oder — wie ich kurz sagen will — Mesoderm- linie, hat also drei Abschnitte und zwei scharfe Biegungen, durch welche die Abschnitte getrennt werden, Sitzung vom IS. Juni 1S95. 113 die eine am hinteren Körperende. die zweite au der Ver- bindung des Embryo mit dem Dottersack. Dieser Betrachtung über die Ursprungslinie des Meso- derms sind nun Angaben anzuschliessen , welche sich auf die Ablösung desselben von seinem Mutterboden und auf den Zusammenschluss des rechten und linken Mesoderms hinter dem Canalis neurentericus beziehen. a) Von der dorsalen Ursprungslinie löst sich das Mesoderm so frühzeitig los, dass es schon unmittelbar nach dem Schluss des Canalis neurentericus die Verbindung mit der Darmwand aufgegeben hat. Es ist also bis hinten selbständig geworden und kann von dem Entoderm keine Verstärkung mehr erhalten. Schwieriger ist es. über das Verhalten des Mesoderms an seiner ventralen Ursprungslinie Aufschluss zu er- halten. Hier bleibt es länger mit seinem Mutterboden in Zusammenhang und ist auch anscheinend noch mit dem Entoderm in Verbindung, nachdem sich die Epidermis schon von diesem gelöst hat. (Also auch hier eilt die Epidermis in der Isolirung voraus.) Untersucht man Schnitte aus dieser Periode ohne Berücksichtigung vorausgehender und nachfolgender Stadien, so kann in der That der Anschein entstehen, dass das Mesoderm hier vom Entoderm aus ge- bildet werde, oder dass eine gemeinsame Quelle für Ento- derm und Mesoderm existire. Ich glaube aber nach dem Vorausgesagten, dass auch hier das Mesoderm aus der Linie hervorwächst, in welcher Ectoderm und Entoderm in ein- ander übergehen, und dass das Mesoderm nur länger mit dem Entoderm wie mit dem Ectoderm in Verbindung bleibt. Wann sich beide trennen, ist nicht ganz leicht zu sagen, denn da beide Formationen anfänglich fest aufeinander liegen, und da die oberflächlichen Zellen des Entoderm ab- geplattet sind (s. oben) und dadurch denen des Mesoderm gleichen, so kann man während einer gewissen Periode zweifelhaft sein, ob sie schon getrennt oder noch vereinigt sind. Doch hat dies eine secundäre Bedeutung und soll hier nicht weiter erörtert werden. b) Die Vereinigung des Mesoderms der rechten 114 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und linken Seite an der hinteren Wand des Canalis neurentericus vollzieht sich sehr früh, nämlich kurz nach dem Verschluss des Kanales selbst. Das Mesoderm der einen Seite trifft dann hinter dem Kanal, also zwischen ihm und der Epidermis, auf das der andern Seite und verbindet sich mit ihm. So glaube ich wenigstens die Verhältnisse darstellen zu müssen und nicht so, dass von Anfang an in der hinteren Wand des Canalis neurentericus eine indifferente Zellenmasse liegt, welche die epitheliale Wand und die Mesoderm-Anlage in sich begreift. Ich glaube von einem Embryo, bei dem der Kanal eben geschlossen wrar, ent- nehmen zu dürfen, dass es einen Zeitpunkt giebt, in welchem zwischen der hintern Wand des Kanales und der Epidermis noch kein Mesoderm existirt. IV. Gruppe. — Von der Chorda spreche ich nur des- halb an letzter Stelle und in einem besondern Absatz, weil die thatsächlichen Verhältnisse bei ihr am schwersten zu verfolgen sind. Man findet nämlich schon ganz kurze Zeit nach dem Verschluss des Canalis neurentericus die Chorda zwar mit der vorderen Wand des Canalis neurentericus in Verbindung, aber in der Wand des Kanales gar keinen Hinweis mehr darauf, ob sie bez. in welchem Umfange sie sich an der Chorda-Bildung betheiligt. Indessen kann ich auf Grund der Untersuchung eines Embryo, bei dem der Kanal eben geschlossen war, nicht zweifeln, dass die Chorda sich gespalten in die beiden Seitenwände fortsetzt, und ebensowenig kann ich zweifeln, dass in einem kurz voraus- gehenden Stadium, d. h. vor Schluss des Kanales, die Chorda sich in eine rechte und linke Chordaplatte fortsetzt. Diese Erfahrungen, welche nur eine Ansicht bestätigen, die in der Litteratur schon existirt, führt wohl zu der Con- sequenz, dass auch noch in späteren Stadien die seitliche Wand des Kanales Beziehung zur Chordabildung hat. Wie weit diese Beziehung in der Seitenwand des Canalis neur- entericus reicht, und ob auch die hintere Wand daran be- theiligt ist, vermag ich nicht zu entscheiden; doch wird man wohl über letzteres Aufschluss erhalten können durch genaue Untersuchung des Stadiums, in welchem sich der Kanal Sitzung vom 18. Juni 1895. 115 schliesst. Nach dem Gesagten lässt sich die Chorda wegen ihrer engen Beziehung zum Canalis neurentericus mit den Organen der ersten Gruppe vereinigen, und die Zahl der besprochenen Gruppen reducirt sich damit auf drei. So erhalten wir, alles zusammenfassend, was über Umbildungen am hinteren Körperende hier gesagt ist, zwei Hauptgruppen; die erste umfasst diejenigen Organe, welche dauernd mit dem Canalis neurentericus in Verbindung bleiben: Rückenmark, Darm und Chorda, die zweite diejenigen, welche nach frühzeitiger Isolirung streben: Epidermis und Meso- derm; die zweite Hauptgruppe zerfällt wieder in zwei Unter- gruppen, von denen die erste die Epidermis enthält, welche ganz besonders frühzeitig selbständig wird, die zweite das Mesoderm, welches zwar in der Isolirung hinter der Epi- dermis zurückbleibt, aber doch immerhin sehr frühe sich frei macht. Nach dem Gesagten können wir nun zu der Frage nach den V ermehrungsvorgängen am hintern Ende des Embryo in bestimmterer Weise Stellung nehmen. Eine Art von Vegetationsscheite], d. h. eine indifferente Region, von welcher aus alle Bestandtheile des Schwanzes: Epidermis, Rückenmark, Darm, Mesoderm und Chorda, wachsen, kann nicht existiren. Vielmehr müssen wir mir Rücksicht auf den Vermehrungsprozess die drei oben unterschiedenen Gruppen gesondert betrachten: die Epidermis, das Mesoderm und diejenigen Organe, welche mit dem Canalis neurentericus und durch ihn unter einander in Verbindung bleiben. Rücken- mark, postanalen Darm und Chorda. Innerhalb der ein- zelnen Gruppen könnten sich ja dann möglicherweise be- sondere Vermehrungscentren finden lassen. 1) Epidermis. — Die Epidermis wird, wie im Vor- ausgehenden gesagt, nicht nur frühzeitig selbständig, sondern zeigt auch bis an das hintere Ende heran eine Tendenz (Schwanzsaum), in fertige Bildungen überzugehen. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Epidermis ein indiffe- rentes Vermehrungscentrum besitzt, vielmehr anzunehmen, dass sie sich gleichmässig vergrössert. 2) Mesoderm. — Im Mesoderm scheint der hinten 116 Gesellschaft naturforschender F reuende, Berlin. gelegene Scheitelpunkt, in welchem der dorsale und der ventrale Schenkel der Mesodermschleife in einander um- biegen, eine Art von Vegetationspunkt darzu stellen, wenigstens bleibt hier die Form der Zellen länger indifferent als in den davor gelegenen Abschnitten. 3) Rückenmark, postanaler Darm und Chorda. — Innerhalb dieser Gruppe ist die Analyse schwieriger, weil die drei genannten Formationen mit dem Canalis neur- entericus und dadurch unter einander Zusammenhängen. Es giebt daher verschiedene Möglichkeiten, und unter diesen sind zwei in erster Linie der Beachtung werth, nämlich a) dass Rückenmark und postanaler Darm für sich und die Chorda von der seitlichen Wand des Canalis neurentericus aus wächst (wobei es dahingestellt bleibt, welche Bezieh- ungen die hintere Wand des Kanales hat); b) dass Rückenmark, postanaler Darm und Chorda von dem Canalis neurentericus aus als von einem gemeinsamen Wachsthumscentrum Verstärkung erhalten. Wenn man die Wanddicke des Rückenmarkes und post- analen Darmes und die Zahl der Mitosen in ihrem Epithel berücksichtigt, so muss man jedesfalls zugeben, dass sie befähigt sind, selbst für sich zu sorgen, und die Wahrschein- lichkeit spricht daher für die erste der beiden Möglichkeiten. Uebrigens will ich selbst hervorheben, dass die Vor- gänge der Vermehrung des zelligen Materiales beim Weiter- wachsen des Embryo im Einzelnen noch nicht genau be- kannt sind. Im Vorausgehenden sind drei Reihen von Erscheinungen besprochen worden: Vermehrungsvorgänge innerhalb der einzelnen Formationen am hintern Körperende; Ablösung von Formationen (Epidermis und Mesoderm) von anderen Formationen, mit denen sie primär in Zusammenhang waren; Verwachsungsvorgänge, durch welche Formationen der einen Seite mit gleichwertigen der anderen Seite zur medianen Vereinigung gelangen. Die Erscheinungen der dritten Art sollen wegen ihrer morphologischen Bedeutung noch besonders hervorgehoben werden. Sitzung vom IS. Juni 1895. 117 Drei Verwachsungslinien sind an dem postmargi- nalen Körper ab schnitt zu unterscheiden, eine dorsale, eine ventrale und eine mittlere oder innere. 1) Durch den dorsalen Verwachsungsvorgang ge- langen dorsale Epidermis und Med ullarplatte, indem sie sich von einander trennen, zum Verschluss. Dieser Vorgang bietet für das Verständniss keine Schwierigkeiten, um so weniger, da er sich bei anderen Wirbelthieren wieder- holt und daher genau bekannt ist. 2) Der ventrale Verwachsungsvorgang , durch welchen ventrale Epidermis und postanaler Darm, indem sie sich von einander trennen, zum Verschluss ge- langen, und durch welchen das ventrale Mesoderm sich von seinem Mutterboden löst und ventral zum Verschluss gelangt, ist bei Selachiern gleichfalls ganz deutlich; er be- ginnt hinten und ergreift, nach vorn fortschreitend, den ganzen postmarginalen Abschnitt des Thieres. Nachdem er bis zum Rande gelangt ist. womit zugleich der hintere Ab- schluss der Urdarmhöhle hergestellt wird, führt er zum Verschluss der Dottersackspalte, welcher an einem vom Embryo weit entfernten Punkte sein Ende erreicht. Bei diesem ventralen Verwachsungsvorgang ist eines noch festzustellen, nämlich ob an der Stelle, wo der post- marginale Theil des Embryo sich von dem Dottersack ab- hebt, »ein weiterer Anschluss von Randtheilen an den Embryo stattfindet, ob an dieser Stelle eine sozusagen „ventrale Concrescenz“ vorkommt. Das eine aber ist deut- lich, dass wenn dies stattfindet, dieser Verwachsungsvorgang nicht von vorn nach hinten, sondern von hinten nach vorn sich vollziehen muss, und dass Randtheile, die weiter seit- lich liegen, im Embryo mehr nach vorn gelagert werden. Das zeitliche Verhältniss des dorsalen und des ventralen Verwachsungsvorganges bei Selachiern ist dagegen wieder klar: der dorsale Verwachsungsvorgang greift auf die hintere Seite des Sulcus neurentericus und von da auf das hinterste Ende der Darmrinne über, so dass die ventrale Verwachsung im direkten Anschluss an die dorsale eintritt. Ob dieser zeitlichen und räumlichen Abhängigkeit der beiden 118 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Vorgänge auch eine morphologische Zusammengehörigkeit entspricht, wird man wohl erst mit Sicherheit feststellen können, wenn die Frage nach dem „Urmund“ der Selachier geklärt sein wird. 3) Der mittlere oder innere oder axiale Verwach- sungsvorgang betrifft alle Formationen, die mit dem Canalis neurentericus in Verbindung stehen, d. h. ventrale Wand des Rückenmarkes, Chorda und dorsale Wand des postanalen Darmes. Es ist dies das eigent- liche Gebiet der Concrescenz-Lehre im üblichen Sinne, und der Vorgang als solcher in seiner theoretischen Fassung ist durch die Erörterungen der letzten Jahre in den Vorder- grund gerückt worden. Von der Seite der thatsächlichen Beobachtungen ist hier die Verwachsung nicht so deutlich, wie in den beiden ersten Fällen, denn wenn man von den frühen Zuständen der Selachier-Entwicklung absieht, kann man nur finden, dass der Canalis neurentericus fortdauernd nach hinten rückt, und dass die ventrale Wand des Rücken- markes, die Chorda und die dorsale Wand des postanalen Darmes mit ihm in Verbindung stehen. Es ist daher dem vorsichtigen Forscher nicht zu verdenken, wenn er zögert, die Concrescenz der axialen Theile anzuerkennen, und wenn er sich erst allmählich durch Bestätigungen verschiedener Art beruhigt fühlt. Solche Bestätigungen sind besonders durch die experimentellen Untersuchungen gebracht worden, welche 0. Hertwig mit grosser Consequenz mehrere Jahre hindurch an Amphibien angestellt hat. Mir scheint es auch, dass die Vorstellung einer Concrescenz der axialen Theile bei Selachiern wahrscheinlich, ja ich muss sagen, es scheint mir, dass sie zwingend ist. Wenn ich mich jedoch keiner der in der Litteratur geäusserten Concrescenz-Lehren an- schliesse, so liegt das daran, weil nach meiner Meinung hier das Richtige durch umichtige Zuthaten entstellt ist. In dieser Hinsicht habe ich auf zwei Punkte aufmerksam zu machen: auf die Beziehungen zum Keimhautrande und zum Canalis neurentericus. Wie ich über die Beziehungen des Keimhautrandes denke, habe ich schon in meinem Baseler Vortrag und in einem in dieser Gesellschaft vor Sitzung vom IS. Juni 1895. 119 vier Wochen gehaltenen Vortrag angedeutet. Hier will ich den zweiten Punkt hervorheben. Man kann sich der Frage der Concrescenz der axialen Theile gegenüber zustimmend oder ablehnend verhalten; bestreitet man sie, so muss man consequenter Weise auch für die frühen Stadien der Embryonalbindung von Selachiern, in denen Medullarplatte und Chordaplatte am hinteren Körperende thatsächlich ge- spalten sind (s. oben), annehmen, dass diese Spaltung keinen primitiven Zustand andeutet, sondern dass sie secundär bez. cenogenetisch bedingt ist durch das weite Klaffen des Urmundes. Stimmt man dagegen der Theorie von einer Concrescenz der axialen Theile zu, nimmt man an, dass der Canalis neurentericus das jeweilig hintere Ende des von vorn nach hinten im Bereich der Embryonal- anlage sich schliessenden Urmundspaltes ist, so muss man auch consequenter Weise zugeben, dass diese Concrescenz der axialen Theile so lange fortgeht, als der Canalis neurentericus besteht; dass sie also bis dicht an das hintere Körperende des ausgebildeten Embryo reicht, und dass der in der Zwischenzeit sich voll- ziehende Abschluss der oberflächlichen (dorsalen und ven- tralen) Theile an diesem Verwachsungsvorgang der axialen Theile keine Aenderung hervorruft. Wenn ich nun zum Schluss auf die Eingangs ange- deutete Frage zurückkomme, ob die Schwanzbildung sich nach demselben Modus vollzieht wie die des vorderen Körperabschnittes, so kann die Antwort nur lauten, dass die Vorgänge weder ganz anders, noch ganz ebenso sind, sonders theils ebenso, theils anders. Ebenso ist die Concrescenz der axialen Theile und die dorsale Verwachsung, anders ist der Verschluss der Darm- rinne und die ventrale Vereinigung des Mesoderms. Will man aber eingehender, als es in diesen kurzen Schluss- worten geschieht, Unterschiede und Uebereinstimmungen zwischen der Bildung des hinteren und vorderen Abschnittes der Embryonalanlage darstellen, so ist zweierlei zu be- achten, wenn man nicht in Allgemeinheiten verfallen will: erstens, dass man sich darüber ausspricht, ob sich die An- 120 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. gaben auf den postmarginalen, postanalen oder post- canalen Körperabschnitt beziehen, und zweitens, dass man darüber klar ist, ob es sich um zeitliche Differenzen in morphologisch gleichwerthigen Vorgängen oder um wirk- liche morphologische Verschiedenheiten handelt. Herr von Martens legte mehrere neue Arten von Landschnecken aus den Gebirgen Ost-Afrikas vor, welche theils von Prof. Dr. G. Volkens am Kilimandscharo 1893, theils von Dr. Stuhlmann am Runssoro 1891 ge- sammelt worden sind. Während Binnen-Mollusken aus den flacheren Gegenden Ost-Afrikas schon seit längerer Zeit be- kannt sind und grossentheils den ckarakterisch tropisch- afrikanischen Gattungen wie Achatim, Limicolaria, Ennea, Trochomnina u. a. angehören, durfte man der Analogie mit andern Faunengebieten entsprechend auch in den ostafrika- nischen Gebirgen noch mancherlei eigenthiimliche Formen erwarten, entweder ganz neue oder solche, die sich an Gattungen anschliessen, welche in entfernteren weniger heissen Ländern heimisch sind. Das hat sich bis jetzt in ' soweit erfüllt, als in den Sammlungen sowohl von Dr. Stuhl- mann als von G. Volkens eine für die Gesammtzahl der Arten verhältnissmässig grosse Zahl von neuen sich be- findet und als neben den eben genannten Gattungen auch ächte Ilelix, ähnlich den europäischen Fruticicolen, vertreten sind, ferner mehrfach Buliminus und Helicarion, welche sich zunächst an abyssinische und südarabische anschliessen, doch kommen von letztgenannter Gattung auch ähnliche in West-Afrika und im Natalland vor; endlich zwei Arten, welche nach den äussern Weichtheilen (Mangel der Schleim- pore am hintern Fassende) nicht zu Helicarion, sondern zu Vitrina gestellt werden müssen, einer Gattung, welche in dem palaearktischen und nearktischen Reich weit nach Norden geht und auch in den Alpen bis zur unmittelbaren Nähe der Gletscher, deren Schmelzwasser ihr beständige Feuch- tigkeit sichern; doch haben jeue ostafrikanischen Vitrinen einen ziemlich andern Habitus als die nordischen und alpinen, und es mögen sich vielleicht auch noch tiefere anatomische Sitzung vom 18. Juni 1895. 121 Unterschiede heraussteilen. Dagegen fehlen uns aus den ostafrikanischen Gebirgen vorerst noch vollständig zwei Gattungen, welche für die Gebirge des südlichen Europas einschliesslich der Alpen so charakteristisch sind, Clausilia und Pupa. Clausilia ist nicht auf das palaearktische Reich beschränkt, sondern erstreckt sich in Asien auch noch weit in die Tropen, vom Himalaja aus nach Vorder- und Hinter- indien, den Sundainseln und Molukken, in Afrika dagegen ist sie schon nördlich der Sahara nur schwach vertreten, und aus Abyssinien sind bis jetzt nur zwei Arten bekannt; sie sind also zunächst nicht noch weiter südlich zu er- warten. Kleine Arten von Papa dagegen finden sich zahl- reicher in Abyssinien und auch in Süd-Afrika, solche sind auch noch in den dazwischen liegenden ostafrikanischen Gebirgsgegenden zu erwarten. Daneben steigen aber auch Vertreter der im Eingang genannten Gattungeu des tropisch- afrikanischen Flachlandes mehr oder weniger in die Gebirgs- thäler auf und einzelne Arten derselben erleiden dabei eine eigenthiimliche Umänderung im Aeusseren, welche an nörd- lichere grundverschiedene Bergschnecken erinnert, vermuth- lich Anpassung an Ortsverhältnisse (Trochonanina simulans). Im Ganzen dürfen wir vielleicht sagen, dass wir am Runssoro und Kilimandscharo nach den genannten Sammlungen eine Combination von allgemein tropisch-afrikanischen und von abyssinischen Formen vor uns haben. Die Diagnosen mancher der von Stuhlmann gesammelten Arten sind schon in einer früheren Sitzung dieser Gesellschaft im November 1 892 vorgelegt worden, hier mögen noch einige weitere uud diejenigen der von Volkens gefundenen neuen Arten folgen. 1. Cyclophorus Volkensi n. Testa late umbilicata, depresse conoidea, leviter striatula, pallide fusca; spira prominens, apice papillari; anfr. 3]/2, convexi, sutura profunda, ultimus teres, basi sensim in um- bilicum abiens; apertura modice obliqua, circularis, peristo- mate simplice, tenni, breviter ad anfractum penultimum ad- nato. Diam maj. 4x/2, min. 3x/2, alt. 3, aperturae diam 2 mm. Operculum typicum. 6* 122 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Kilimandscharo, in einer Höhe von 1600 m auf einem neu angepflanzten Maisfeld nach dem Brennen und Roden des ursprünglichen Gebüsches gefunden, G. Volkens. 2. JEnnea tudes n. Testa obconico-cylindrica. rimata, hyalina, laevis. ad suturam leviter striatula, albida; anfr. 7, priores tres cele- riter crescentes, partem superiorem spirae obtusam helici- formem constituentes , quartus et quintus paulo latiores, subaequales , convexi, penultimus et ultimus inferius angustati; apertura superiore parte verticalis, inferiore modice obliqua, quinquedentata: dens parietalis unicus, com- pressus, plicaeformis, angulo aperturae propinquus; margo externus medius denticulis duobus inter se approxi- matis subaequalibus munitus; margo basalis denticulo unico parvo. margo columellaris plica horizontali sat valida praeditus. Long. 7, diamet. anfr. quarti 372, aperturae longitudo 3, diamet. 272 mm. Kilimandscharo , zusammen mit dem vorigen, G. Volkens. 3. Ennea (Carychiopsis) paradoxula n. Texta conico-turrita , perforata, costis verticalibus pro- minentibus angustis, intervallo duplo vel triplo latiore se- parate sculpta, alba, nitidula; anfr. 7, spiram conicam efficientes, regulariter crescentes, convexi, sutura profunda discreti, ultimus penultimo non major, rotundatus, basi crista gibba et pone aperturam suleo dimidium ambitum percurrente munitus. Apertura paulum obliqua, subovata, peristomate incrassato, late reflexo, albo; paries aperturalis lamella mediocri, margo externus dente validiusculo, intus post breve intervallum in plicam palatalem elongatam suleo externo correspondentem continuato, plica palatali altera inferiore profunda, marginem non attingente; columella intus dente obtuso bilobo valido munita. Long. 472, diam. G/2, aper- turae longitudo L/3, diam. 1 mm. Karewia, vom westlichen Abhang des Runssoro, in einer Höbe von 1175 m, Dr. Stuhlmann 15. Juni 1891. Sitzung vom IS. Juni 1895. 123 Aehnlich E. vara Bens, aus Indien und filicosta Morelet aus Angola, aber durch die starke Gaumenfalte von beiden verschieden. 4. Helicarion Stuhlmanni n. Testa subdepressa. nitida, pallide flava, striis radiali- tibus superne inaequalibus, latioribus, plicaeformi- bus et angustioribus confertis intermixtis, praesertim prope suturum conspicuis, inferne debilioribus et magis aequalibus et in anfr. ultimo striolis impressis sparsis irregularibus sculpta; spira paulum prominula. apice suberoso albido; anfr. 3, celeriter crescentes, convexiusculi, sutura modice irapressa. Apertura valde obliqua. 3/ö diametri majoris occupans. exciso-ovata, margine supero leviter arcuato, culu- mellari bene arcuato, latiuscule membranaceo-limbato. Diam. maj. 19, min. 14, alt 10 mm; aperturae diam. 11, lat. obliqua 972 mm. Runssoro im Mulm des Bambuswaldes, 2600 m, Stuhlmann. Sehr ähnlich dem II. semiruyatns Jickeli (als Vitrina), aber flacher und mit rascher zunehmenden Windungen. 5. Helicarion succulentes n. Testa depressa, valde nitida, flavidovirens, striis radiantibus latiusculis plicaeformibus subaequali- bus sculpta; spira vix prominula; anfr. 3, modice crescentes primus papilliformis, sequentes superne convexiusculi, sutura distincte marginata, ultimus infra multo magis convexus; apertura valde obliqua, vix 2/s diametri majoris occupans, sinnato-subcircularis, margine externo prope insertionem paululum sinuato, margine columellari modice arcuato, peran- guste membranaceo-limbato. Diam. maj. 16, min. 12, alt. 8 mm; aperturae diam. maj. 10, latit. obliqua 9 mm. Runssoro im Bambuswald, 2600 m, Stuhlmann, Schleimpore am Fussende gross, mit stumpfem Hörn- chen. Fussrücken schmal, gerundet, ohne mittlere Ver- tiefung. Dagegen zeigt eine mit dieser zusammen vor- kommende Art von Helicarion, welche mit II. lymphascens 6** 124 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Mokelet aus Abyssinien übereinstimmt, eine breite mulden- förmige Vertiefung auf dem Fussrücken, in welcher der hintere Theil der Schale liegt; die beiderseitigen erhobenen Ränder dieser Mulde vereinigen sich kurz vor dem hintern Ende in der Mittellinie zu einem scharfen Kiel, der in das Hörnchen der Schleimpore ausläuft (Charakter von Godwin. Austen’s Gattung Africarion). 6. Ilelicarion subangulatus n. Testa depressa, solidiuscata, superne opaca, olivaceo- fusca, leviter striatula, ad peripherium obtase subangulata, infra nitida, pallidior; anfr. 3, celeriter crescentes, prio- res V/2 sat prominentes, nitiduli, sequentes superne sub- plani, ultimus infra modice convexus. Apertura diagonalis, exciso — subtriangularis , margine supero subhorizontali, externo brevi, infero late arcuato, angustissime membranaceo- limbato, sensim in marg. columellarem transeunte. Diam. maj. 13, min. 9, alt. 7 mm; aperturae diam. maj. 9, lat. obliq. 7 x/2 mm- Bukende am Itirifluss, 0°54' nördl. Breite, Stuhlmann. 7. Vitrina? oleosa n. Testa depressa, imperforata, periostraco crasso nitido leviter striatulo flavoviridi vestita; spira plana, parva; anfr. 2l/s, convexiusculi, sutura modice impressa, ultimus ad peripherium rotundatus, basi convexns. Apertura modice obliqua, ovato-oblonga, peristomate recto, membranaceo- prolongato nigricante, margine columellari sigmoideo. Diam. maj. 9, min. 6V2, alt. 472', aperturae diam. 6, lat. obliqua 4 mm. Am Runssoro, zwischen Lager IV und dem Fluss, 12. Juni 1891, in einer Höhe von 472 m, Stuhlmann. Eine sehr eigenthümliche Art, in der Schale an die weit grössere neuseeländische Pargphanta Busbyi erinnernd. Aeussere Weichtheile einfarbig schwarz, Nuckelappen und rechtseitiger Schalenlappen gut ausgebildet, hinteres Fuss- ende flach, ohne Schleimpore. Sitzung vom 18. Juni 1895. 125 8. Trochonanina obtusangula n. Testa perforata, depresse trochiformis, teuuis, super ne confertim oblique capillaceo-striata. albida, unicolor; spira conoidea; anfr. 6, convexiusculi, sutura simplice dis- creti, ultimus obtuse angulatus, infra levissime striatulus, nitidiuseulus, minus convexus. Apertura diagoualis, oblique lunata, peristomate recto, simplice. marginibus supero, ex- terno et basali sat arcuatis, columellari ad perforationem triangulatim dilatato et retlexo. Diam. maj. 15, miD. 13 72, alt. lOVs nim; aperturae diam. 8, altitudo obliqua 7 mm. Marungu, unteres Kulturland am Kilimandscharo, in einer Höhe von 1300 m, G. Volkens. Zur Gruppe der Tr. Mossambricensis gehörig. 9. Trochonanina simulans n. Testa anguste perforata, conoideo-globosa, confertim leviter striatula, sub lente striis spiralibus minutissimis decussata, rufofusca vel griseoflavescens, fasciam unicam fuscam periphericam perdistinctam inferius albolimbatam exhibens, prope aperturam saepius aurantiotlavescens; anfr. 6, priores duo sat convexi, tertius et quartus planiusculi, ad suturam inferiorem carinati, penultimus sat con- vexus, ultimus inflatus, rotundatus, inferne pallidior, striis minus confertis inaequalibus sculptus, nitidiuseulus, antice non descendens. Apertura diagonalis, oblique et late lunata, pro ratione parva, intus fusca, peristomate recto, marginibus superiore et externo bene arcuatis, simplicibus, basali minus arcuato, subpatulo, indistincte albolabiato, marg. columellari perobliquo. ad perforationem breviter triangulatim retlexo. Diam. maj. 20—22, min. 18 — 1 9 2/3 , altit. 137z — 15 mm; aperturae diam. 11 — 12, altit. obliqua 10 — 107s mm. Kilimandscharo, Kulturland zwischen 1200 und 1700 m Höhe, im Gebüsch, G. Volkens. Auf den ersten Anblick in Grösse, Form und Färbung einer noch nicht ganz ausgewachsenen Helix arbustorum L. aus den deutschen Mittelgebirgen ähnlich, aber bei näherer Betrachtung doch sehr verschieden. Das Verhalten der oberen Windungen, die zwei obersten, wahrscheinlich schon 126 Gesellschaft natur forschender Freunde , Berlin. im Ei gebildeten, völlig gerundet, die folgenden deutlich kantig, ist charakteristisch für meisten ostafrikanischen Trochonaninen, aber bei unserer Art verschwindet die Kante wieder auf der letzten Windung und dadurch erhält die Schale ein ganz anderes Aussehen. In schwächerem Grade findet sich das auch schon bei Tr. peliostoma Marts. (Jahr- buch d. deutsch, malakol. Gesellsch. IX. 1882), Gruppe Bloyetia von Boürguignat, von Barawa. Leider ist es nicht möglich, durch Untersuchung der Mund- und Geschlechts- organe die nähere Verwandtschaft nachzuweisen, da nur sehr unvollständige Reste der Weichtheile noch in den Schulen vorhanden waren. 10. Trochonanina? rufofusca n. Testa perforata, conoideo-globosa, rugoso-striata, rugis infra suturam fortiori bus, subrecurvatis, sub lente striis spiralibus confertissimis sculpta, intense rufofusca, fascia mediana pallide flava; anfr. 6, primus albidus, laevis, vix prominens, secundus et tertius flavidi, omnes convexiusculi, sutura sat profunda lata discreti, ultimus rotundatus, inflatus, superue et inferne aequaliter sculptus et coloratus, antice non descendens. Apertura parum obliqua, lunato - circularis , intus purpurascens , marginibus supero, externo et basali tenuibus, rectis, sat arcuatis, margine columellari perobliquo, paulalum expanso et incrassato, albo. Diam. maj. 17, min. 14, alt. 12 mm; aperturae diam. 9, altitudo obliqua 9 mm. Kilimandscharo, mit der vorigen, aber nur in Einem Exemplar von G. Volkens gefunden. In Ermanglung der Weichtheile ist es bei dieser Art noch schwieriger, die natürliche Verwandtschaft festzustellen; die zwei Gründe, welche bei der vorhergehenden für Ein- reihung in die Gattung Trochonanina sprechen, treffen hier nicht zu und doch sind die beiden im Ganzen, namentlich auch in der Skulptur und in der Bildung des Columellar- randes einander so ähnlich, dass es bis auf weitere Kennt- niss nicht räthlich erscheint, sie weit von einander zu trennen, rufofusca mag sich gewissermaassen zu simulans verhalten, Sitzung vom 18. Juni 1895. 127 ■wie Tr. obtusangula zu mossambicensis. Immerhin dürften diese zwei Arten eine eigene Unterabtheilimg innerhalb der Gattung Trochonanina bilden, welche die scharfe Charak- terisirung derselben nach der Schale sehr erschwert; man könnte diese Gruppe, durch feine Spiralskulptur und Mangel der Kante auf der letzten Windung kenntlich, als Kilimia bezeichnen. 11. Helix Kilimae n. Testa perforata, subglobosa, tenuis, inaequaliter radiatim striata et irregulariter impresso-punctata, nitidula, corneo- fusca vel pallide flavescens, unicolor; spira brevis, obtusa; anfr. 57a, regulariter crescentes. convexiusculi, sutura pau- lulum impressa, ultimus subglobosus, supra et infra aequa- liter convexus, antice paularn deflexus. Apertura sat obliqua, late lunata, peristomate recto, vix incrassato, marginibus externo et basali modice arcuatis, columellari ad insertionem breviter triangulatim rellexo, callo parietali tenui. Diam. maj. 13, min KT/a, altit. 972 mm; aperturae diam. 7, alti- tudo obliqua 6 mm. Auf einer Bergwiese am Fuss des Mawenze im Ge- biet des Kilimandscharo, in einer Höhe von 3800 m, Volkens Vielleicht in ganz frischem Zustand behaart, worauf die vertieften Punkte deuten. Diese Schnecke kann viel- leicht als Repräsentant der europäischen Fruticicolen be- trachten werden, aber ähnliche Formen finden sich auch in Abyssinien, auf Java ( Helix Smiruensis Mouss.) u. s. w. 12. Helix Bunssorina n. Testa anguste umbilicata, subdepressa, radiatim striata et pilis albidis subraris obsita, castaneofusca vel flavido- grisea, unicolor, nitidula; spira depressa, obtusa; anfr. 5 —5 72, convexi, regulariter crescentes, primus laevis, non magis prominens, ultimus obtusissime subangulatus, supra et infra aequaliter convexus, antice paulum deflexus. Apertura modice obliqua, late lunata, peristomate recto, tenui, margi- nibus externo, basali et columellari bene arcuatis, columel- 128 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. lari ad insectionem triangulatim reflexo, albido, uinbilicum non tegente, callo parietali indistincto. Diam. maj. 82/3, min. 8, alt. 6 mm; aperturae diam. 473, altitudo obliqua 4 mm. Runssoro im Hochwald zwischen Moos in einer Höhe von 8000 m, 10. Juni 1891, dunkelkastanienbraune Stücke, und im Lager III, 3100 m, 12. Juni 1891, gelblich-graue Stücke, Dr. Stuhlmann. Von dieser Art gilt dasselbe, was von der vorigen ge- sagt ist. 13. Buliminus retivugis n. Testa perforata, conoideo-ovata, suboblique costellato- striata, rufofusca, in anfracta ultimo rugis flavido-albis irregulariter reticulatim anostomosantibus sculpta; anfr. 672, regulariter crescentes, priores duo laeves, sub- globosi. sequentes convexiusculi, sutura sat impressa, ultimus basi inllatus. Apertura parum obliqua, piriformi-ovata, peristomate incrassato, reflexo, pallide flavo, fauce fusca, margine columellari subverticali, extrorsum paulum dilatato et perforationis partem majorem tegente, fuscescente, callo parietali tenui. Long. 27, diam. maj. 16, min. 13 72 mm; aperturae longitudo incluso peristomate 14, excluso 11 72, diameter incluso perist. 11, excluso 672 nun. Runssoro, in einer Höhe von 2800 m, 9. Juni 1891, Dr. Stuhlmann. 14. Buliminus Stuhlmanni n. Testa aperte perforata, conoideo-turrita, subolique con- fertim costulata, pallide fuscogrisca, unicolor; anfr. 6, con- vexi, sutura sat profunda discreti, regulariter crescentes, primus papilliformis, jam distincte costulatus, ulti- mus basi inflatus. Apertura sat obliqua, rotundato-trapezoi- dea, peristomate recto, tenui, simplice, marginibus externo et basali leviter arcuatis, marg. columellari perpendiculari extrorsum modice dilatato et reflexo. Long. 11, diam. maj. 5, min. 42/3 mm; aperturae long. 4, diam. incluso peristomate 3, excluso 272 mm. Sitzung vom IS. Juni 1S95. 129 Karewia, am westlichen Fuss des Runssoro in einer Höhe von 1175 m. Dr. Stuhlmann. 15. Subulina castanea n. Testa clavato-turrita, verticaliter striatula, sub perio- straco castaneo substrigato nitido pallide flavescens; anfr. 8 — 9 V2. vix convexiusculi . primus parvus, subglobosus, apicem obtuse mammillarem constituens, sequentes regula- riter crescentes, sat obesi, sutura impressa; ultimus basi rotundatns; apertura subovata, paulum obliqua, intus albida, margine externo tenui nigricanti-limbato, vix arcuato, mar- gine basali late rotundato, marg. columellari arcuato, basi distincte truncato. Long. 47 — 54 mm, diam. 13 — 15, apert. lang. 12 — 14, diam. 8— 8V2. Runssoro, im Moos im Ericinenwald, etwa 2500 bis 3800 m, Dr. Stuhlmann. Derselbe legte ferner noch die Beschreibung eines neuen Buliminus aus Süd-Arabien vor: Buliminus Schiveinfurthi. Testa perforata. oblongo-ovata, subtenuis, striis verti- calibus rudiusculis et striolis spiralibus confertis subtilibus granuloso-decussata, sordide fulva, subunicolor; spira conica, apice obtusa; anfr. 6Y2 — 7, convexiusculi, priores 2 laeves, nitiduli, sequentes aequaliter sculpti, sutura sat profunda, striis excurrentibus plus minusve subcrenulata. Apertura dimidiam testae longitudinem subaequans, vix obliqua, ovata, intus albida, peristomate incrassato, externo et basali rectis, modice arcuatis, margine columellari subverticali, sursum paulum dilatato et reflexo, albido, perforationem semitegente. Long. 32, diam. 1972, apert. long. 17, diam. 12 mm. — Var. gracilior, long. 34, diam. 16, apert. long. 1572, diam. 9. Menaha im südlichen Arabien. 7000' über dem Meere, an Wurzeln von Prinmla, in Gesellschaft von B. ForsJcali Beck von Prof. G. Schweinfurth zusammen mit den im Nachrichtsblatt d. Deutschen malakol. Gesellsch. 1889 p. 45 ff, aufgeführten Arten gesammelt. 130 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Nächstverwandt mit B. OUvieri Pfr. uud B. Baffrayi Bourg. , beide aus Abyssinien, von ersterem namentlich durch den garnicht ausgebogenen Aussenrand, von letzterem durch den Mangel der stärkeren Rippen, welche die Spiral- streifung unterbrechen, verschieden. Herr F. Schaudinn sprach über die Theilung von Amoeba binucleata Gruber. Während des Sommers 1894 lebte in einem Süsswasser- bassin des hiesigen zoologischen Institutsgartens eine schöne grosse Amoebe in beträchticher Menge, die, wie die nähere Untersuchung zeigte, in allen Charakteren mit der von Gruber l) beschriebenen Amoeba binucleata übereinstimmte. An dieser Form gelang es mir damals einige Beobachtungen über die Kern- und Körpertheilung zu machen, die aber leider durch das plötzliche Verschwinden der Amoeben unterbrochen wurden. Da ich nun in diesem Jahre weder an dem alten Fundorte noch sonst in der Umgebung Berlins die betreffenden Amoeben aufünden kann, so gebe ich die Hoffnung, meine Untersuchungen bald vervoll- ständigen zu könnon. auf und theile in Kürze meine fragmen- tarischen Befunde mit. — Die Diagnose der Amoeba binucleata , wie sie Gruber giebt, ist vorzüglich und umfast alle wichtigen Charaktere; auch die Beobachtungen dieses Forschers über den feineren Bau und einige Lebenserscheinungen dieser Amoebe kann ich vollständig bestätigen. Die Grösse unserer Amoebe ist ziemlich constant, sie geht selten unter 0,2 mm herunter und überschreitet niemals 0,3 mm; das Protoplasma ist zähflüssig und stark lichtbrechend, daher sind die Be- wegungen des Thieres sehr träge und nicht mit ausgiebigen Gestaltsveränderungen verknüpft. Die Locomotion erfolgt durch langsames Vorwärtsfliessen unter gelegentlicher Bil- dung breiter Fortsätze. Am Hinterende bilden sich bei der Bewegung fast stets kleine haarälinliche Zotten, (s. iig. I). ') A. Gruber, Studien über Amoeben; Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. XLI. 1884. pag. 208-212. Sitzung vom 18. Juni 1895. 131 Figurenerklärung: Fig. I. — IV. Vier Theilungsstadien von Amoeba binucleata nach dem Leben bei Zeiss, Obj. E., Oc. II. gezeichnet und um die Hälfte verkleinert. Fig. V. — IX. Kerne mit umgebendem Protoplasma, nach Schnitten durch Amöben, die mit Sublimat- Alcohol fixirt und mit Eisen- haematoxylin gefärbt waren ; Zeiss homog. Apochrom.-lmvn. Ap. 1,30. Oc. 12. Verg. 1800. Fig. V. Ruhender Kern: alv = Alveolarsaum, p = Pilz- fäden, g — Grenzsaum. Fig. VI. — VIII. Uebergangs Stadien zur Spindelbildung. Fig. IX. Spindelstadium: pk = Protoplasmakappen, pp =r Polplatten. 132 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Das Plasma ist ziemlich dicht mit Fremdkörpern erfüllt, besonders zahlreich linden sich grüne einzellige Algen, die ich ebenso, wie Gruber für commensal halte, weil sie stets vorhanden sind, selbst wenn sich in dem Schlamm nichts von grünen Algen mehr zeigt. Ausserdem linden sich grössere und kleinere starklichtbrechende Kugeln und Körner, die wenigstens zum Theil aus Fett bestehen, weil sie sich bei Osmiumbehandlung sofort stark schwarz färben; gelegent- lich nehmen die Amoeben auch Sand in den Weichkörper auf. Irgend welehe starklichtbrechende Gebilde, die als Excretkörner gedeutet werden könnten habe ich nicht be- obachtet. Sehr charakteristisch für unseren Organismus sind verschieden lange, aber gleichmässig dicke Stäbchen, die sich stets ziemlich dicht gehäuft im Plasma finden; bei stärkster Vergrösserung erscheinen sie gegliedert (fig. V) und halte ich sie, wie Gruber, für commensale Pilzfäden. Alle diese Inhaltskörper erfüllen das Plasma ziemlich gleich- mässig; nur eine dünne Oberflächenschicht bleibt als hyalines Ectoplasma davon frei; doch erscheint das letztere nur bei schwächerer Vergrösserung vollkommen homogen; bei An- wendung guter Immersionssysteme kann man schon im Leben eine feinwabige Struktur erkennen, die aber besonders deutlich auf Schnitten durch fixirte und gut gefärbte Amoeben hervortritt. — Die beste Conservirungsflüssigkeit ist eine Mischung von concentrirter wässriger Sublimat- lösung mit Alcohol absolutus im Verhältniss 2:1. Zur Totalfärbung wurde Alauncarmin, Boraxcarmin und Gre- nadiers Haematoxylin verwendet; zur Schnittfärbung ist vor- züglich die Benda-Heidenhainsche Eisenhaematoxylinfärbung geeignet, welche die feinsten Plasma- und Kernstrukturen, wie lithographirt hervortreten lässt. Die Einbettung der Amoeben in Paraffin erfolgte in dem von mir beschriebenen Microaquarium.1) Die wabige Struktur des Plasmas ist besonders bei Anwendung der letzten Färbung deutlich und kann ich die *) F. Schaudinn, Ein Microaquariutn, welches auch zur Paraffin- einbettung für kleine Objekte benutzt werden kann; Zeitschrift f. wiss. Microscopie Bd. XI. 1894. p. 326 — 29 Sitzung vom IS. Juni 1S95. 133 Beobachtungen Buetschlis1) an andern Amoeben auch bei A. binudeata bestätigen, wie ich selbst bei der früher be- schriebenen Amoeba crysialligera2) schon Wabenstruktur nicht nur im Protoplasma, sondern auch im Kern beobachtet habe. Bei Amoeba binudeata ist Ecto- wie Entoplasma fein- wabig und unterscheidet sich ersteres nur durch das Fehlen der oben erwähnten Inhaltskörper von letzterem. An der Oberfläche bilden die Waben einen regelmässigen Alveolar- saum (Fig. V alv) und sind auch um alle Inhaltsgebilde herum, regelmässig radiar angeordnet. Auf der Oberfläche der Alveolarschicht befindet sich stets ein ziemlich dicker, starklichtbrechender Grenzsaum; derselbe färbt sich bei Eisenhaematoxylinbehandlung intensiv schwarzblau und scheint demnach eine besonders differencirte Pellicula-ähn- liche Oberflächenschicht des Plasmas zu sein (Fig. V). — Die Kerne der Amoeba binudeata sind bereits von Gruber ziemlich genau geschildert worden. Sie finden sich stets in der Zweizahl vor. Gruber giebt an. zweimal ein einkerniges Individuum gefunden zu haben, doch glaube ich, dass diess ein pathologisches Vorkommniss ist, da ich bei 865 conservirten Amoeben nur zwei- resp. vierkernige In- dividuen fand. Die Beobachtung zeigte nämlich, dass die beiden Kerne der Amöben sich stets in demselben Entwicklungsstadium befanden und dass sie auch zugleich sich theilen und zwar durch mitotische Zweitheilung, sodass die Amöbe vierkernig wird. Hierauf theilt sich das Thier in zwei zweikernige Stücke. Hieraus folgt, dass unser Organismus eine stets zweikernige Zelle ist, in der die beiden Kerne wie einer functioniren. Ich schildere zunächst meine Beobachtungen am leben- den Thier. Die beiden Kerne sind schon bei mittlerer Vergrösserung und bei Anwendung gelinden Druckes auf *) s. 0. Buetschli, Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig 1892 p. 72 — 75. 2) s. F. Schaudinn, Ueber Kerntheilung mit nachfolgender Körper- theilung bei Amoeba crystalligera Gruber. Sitzungsb. d. Königl. Acad. der Wissensch. 1894 Nr. 38. 134 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. die Amöbe deutlich zu erkennen. Sie sind kugelig und besitzen bedeutende Grösse; ihr Durchmesser schwankt zwischen 0,02 und 0,04 mm. Ihre Lage im Plasma und zu einander ist nicht constant; oft liegen sie nahe bei ein- ander, oft an entgegengesetzten Seiten des Thieres. Die Kerne besitzen eine sehr feste Kernmembran; dieselbe er- möglicht es, das Plasma zu zerdrücken und die Kerne zu isoliren, ohne sie zu schädigen. Die Membran umschliesst einen hellen, ziemlich stark lichtbrechenden Kernsaft, der im Centrum mehrere unregelmässige, stärker lichtbrechende Brocken enthält, die sich bei der Färbung als Chromatin erweisen; mehr bemerkt man an den Kernen der unver- sehrten Thiere nicht und ist die Fig. I. in Bezug auf die Deutlichkeit dieser Verhältnisse möglichst naturgetreu. Die Gestalt, Grösse und Zahl der Chromatinbrocken ist sehr variabel, nur kann man beobachten, dass sie in den beiden Kernen eines Individuums ziemlich übereinstimmen, woraus schon Gruber1) „auf eine Kongruenz in den Lebens- äusserungen der beiden Nuclei“ schloss“. Das erste An- zeichen der Kerntheilung ist eine feine Vertheilung des Chromatins durch den ganzen Kernraum; während vorher einige grosse Stücke im Centrum lagen und die peripheren Theile des Kerns vollkommen chromatinfrei waren, ist jetzt der ganze Inhalt mit zahlreichen ziemlich gleich grossen kugligen Chromatinkörnern erfüllt, die ziemlich gleichen Abstand von einander haben. Hierauf flacht sich die Kugel des Kerns etwas ab und es bilden sich zwei stumpfe Pole aus, an denen sich hyalines, soweit ich beobachtete, voll- kommen structurloses Protoplasma ansammelte, in Form ganz flacher Kappen, die ich für ähnliche Bildungen halte, wie die sogen. Protoplasmakegel, die Hertwig2) bei der Kerntheilung von Actinosphaerium beschreibt. Zugleich scheint an den flachen Polen die Membran sich etwas zu verdicken, so dass es hier, wie bei Actinosphaerium schon auf so frühem Stadium zur Ausbildung der sogenannten Pol- *) 1. c., p. 209. 2) B. Hertwig, Die Kerntheilung von Actinosphaerium eiclihwni. Jena, 1884. S. 16. Sitzung vom 18. -Juni 1895. 135 platten kommt, die. wie Hertwig1) und Brauer2) über- einstimmend annebmen. die Funktion der hier fehlenden Centrosomen mit ihren Strahlensystemen erfüllen. Während dieser Vorbereitungen versammeln sich die Chromatin- körner in der Aequatorialebene zu einer Platte. Hiermit ist das Spindelstadium erreicht und vermag ich am leben- den Object nicht mehr zu erkennen, als Fig. II. zeigt; die Bildung der Aequatorialplatte genauer zu verfolgen, ist nicht möglich, weil man wegen der Dicke des Thieres keine Oelimmersion anwenden kann, ohne die Amöbe zu zerquetschen. Spindelfäden, die von der Aequatorialplatte zu den Polplatten verlaufen, sind nicht zu erkennen. Im Uebrigen zeigt die tonnenförmige Spindel die grösste Ueber- einstimmung mit der Spindel von Actinosphaerium. Die Ausbildung der Spindel dauerte von dem Zerfall der grossen Chromatinstücke bis zum deutlichen Sichtbarwerden der Aequatorialplatte 25 Minuten. Während der nun folgen- den Theilung der Aequatorialplatte bleiben die Proto- plasmakegel und Polplatten unverändert; die Aequatorial- platte wird dicker und daher deutlicher, bisweilen bei günstiger Beleuchtung vermag man jetzt au ihr eine Zu- sammensetzung aus einzelnen Stäbchen zu erkennen, die hantelförmige Gestalt haben. Die beiden Hälften der Aequatorialplatte trennen sich sehr langsam von einander und rücken auch ganz langsam auseinander; die Zeit, in der das in Fig. III. gezeichnete Stadium erreicht wurde, betrug gut eine Stunde. Achromatische Fäden waren auf diesem Stadium ebensowenig zu erkennen, wie vorher. Nun erfolgte die Durchschnürung der beiden Kernhälften, worauf die Tochterkerne feinkörnig wurden. Genaueres über die Rückbildung der Protoplasmakegel und Polplatten war nicht zu erkennen. Hierauf wurde die nunmehr vier- kernige Amöbe, denn beide Kerne hatten die geschilderten Vorgänge zugleich durchgemacht, von dem Deckglase be- q l. c. ?) A. Brauer, Ueber die Encystirung von Actmosphaerium eich- horni Ehrbg.; Zeitschrift f. wiss. Zoologie, 1894, Bd. LVIII., S. 207 bis 208. 136 Gesellschaft naturf ersehender Freunde, Berlin. freit, isolirt in das von mir beschriebene Microaquarium *) gebracht und in die feuchte Kammer gestellt. Als ich nach ca. 6 Stunden nachsah, befand sich die Amöbe auf dem in Fig. IV. gezeichneten Stadium, d. h. sie war eben im Begriff sich in zwei Theile durchzuschnüren; die Kerne zeigten den typischen Bau der Ruhe. Während ich die ge- schilderte Theilung der Kerne nur einmal vollständig und ein zweites Mal bis zur Bildung der Spindel verfolgen konnte (wo dann die Amöbe conservirt wurde), habe ich die Theilung vierkerniger Amöben in zwei zweikernige so oft verfolgt, dass garnicht daran zu zweifeln ist, dass dies die normale Fortpflanzungsweise der Amoeba binucleata ist. Auffallend ist, dass die Kerntheilung so langsam erfolgt und dass man trotzdem diesen Vorgang nur sehr selten tindet und auch bei massenhafter Conservirung von Amöben fast gar keine Theilungsstadien erhält. Ich glaube, dies ist dadurch zu erklären, dass die Theilung durch die un- natürlichen Verhältnisse, den Druck des Deckglases etc. verzögert wird und unter natürlichen Bedingungen sehr viel schneller vor sich geht. An conservirten Thieren konnte ich leider bisher nur wenige Stadien der Kerntheilung auffiuden, doch zeigen diese noch einige interessante Details. — Der ruhende Kern zeigt ebenso, wie das Protoplasma einen durchaus wabigen Bau (Fig. V.). Auf die ziemlich dicke Membran, an der ich keine feinere Structur zu erkennen vermochte, folgt nach innen eine Zone, die kein Chromatin beherbergt; sie besteht aus vier bis fünf Lagen von Waben und ist im Ganzen etwas stärker lichtbrechend als der centrale Theil des Kerns; die Lichtbrechungsdifferenz zwischen dem Wabeninhalt und den Wabenwänden ist nicht sehr gross; die Knotenpunkte des Netzwerks werden von kleinen, nicht färbbaren Körnchen eingenommen; sowohl an der Membran, wie an der Grenze gegen den centralen Theil des Kerns bilden die Waben einen Alveolarsaum. Nicht selten ordnen sich die Waben noch regelmässiger als es in Fig. V. ge- ■) 1. c. Sitzung vom IS. Juni 1S95. 137 zeichnet ist. in 4 — 5 concentrischen Kreisen an; con- centrische Linien in dieser Aussenschicht des Kerns hat bereits Gruber1) abgebildet, freilich an einem etwas ge- schrumpften Kern. Der centrale Theil des Kerns ist mit Chromatinkörpern von verschiedener Grösse und Gestalt erfüllt; die grösseren von ihnen zeigen wiederum einen vacuolären Bau (Fig. V.). nur sind die Wabenwände, die aus Chromatin bestehen, sehr dick gegenüber dem aus hellerer Substanz gebildeten Wabeninhalt. Zwischen den Chromatinkörpern befindet sich ein Wabenwerk, welches weniger Lichtbrechend ist als das der peripheren Kern- theile. In seinen Wänden und in den Knotenpunkten der Maschen sind hier und da Chromatinkörnchen suspendirt. Die Gestalt. Grösse und Anzahl der Chromatinkörper ist sehr variabel und lassen sich alle Uebergänge von zahl- reichen kleinen bis zu einem grossen finden. Wenn nur ein Körper vorhanden ist, so ist er oft langgestreckt und bandförmig in den verschiedensten Richtungen aufgeknäuelt. Bei der Vorbereitung der Kerntkeilung wird das Chro- matin gleichmässig durch das Kerninnere vertheilt; Fig. VI. ist, wie ich glaube, geeignet, über die Art der Vertheilung Aufschluss zu geben. DerLichtbrechungsunterschied zwischen den peripheren und centralen Theilen des Kerns ist ver- schwunden und liegt die Annahme nahe, dass dies durch einen Austausch der die centralen und peripheren Waben erfüllenden Flüssigkeit geschehen ist. Im Centrum des Kerns liegt ein noch ziemlich ansehnlicher Chromatinkörper, von dem allseits feine Fäden in das periphere Wabenwerk ausstrahlen. Auf diesen Fäden befinden sich Chromatin- körnchen und auch in den Knotenpunkten des Netzwerkes, die dem Centrum näherliegen, befinden sich schon Anhäu- fungen chromatischer Substanz, während in den peripheren Theilen noch das Chromatin fehlt. Ob die von dem cen- tralen Chromatinklumpen ausstrahlenden Stränge wirklich isolirte Fäden sind oder nur die Eckpfeiler zwischen je drei sehr in die Länge gestreckten Waben, kann ich am Präparat ') 1. c., Taf. XIV, Fig. 32 tl. 6** 138 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. nicht erkennen. Jedenfalls scheint die Vermuthung, dass diese Gebilde die Leitbahnen sind, auf denen das Chromatin sich gleichmässig durch den Kern vertheilt nicht zu gewagt zu sein. Zugleich möchte ich an die sehr ähnlichen Bilder, die ich bei den Kernen der Calcituba1) erhielt, erinnern. Das Endresultat der Vertheilung des Chromatins liegt, wie ich glaube, in dem in Fig. VII. dargestellten Kern vor; er zeigt ein ziemlich regelmässiges Netzwerk als optischen Aus- druck einer Wabenstructur und durch den ganzen Kernraum gleichmässig vertheilt in den Knotenpunkten des Maschen- werkes runde Chromatinkörnchen von annähernd gleicher Grösse, aber nicht bestimmbarer Zahl; ich schätze sie im ganzen Kern auf mehrere hundert. Von diesem Stadium bis zur Ausbildung der Spindel ist zwar noch ein weiter Weg zu durchlaufen, doch verfüge ich nur über ein Stadium, welches mir ungefähr in der Mitte zwischen dem geschilderten und dem in Fig. IX. wiedergegebenen Spindelstadium zu stehen scheint; es ist in Fig. VIII. gezeichnet. Die Protoplasmakappen ( vk) und die Polplatten (pp) sind bereits ausgebildet. In Bezug auf die ersteren ist übrigens ein bemerk enswerther Unterschied von Actinosphaerium zu constatiren. Während die Proto- plasmakegel bei diesem Heliozoum gegen das übrige Plasma scharf abgegrenzt sind und ausser stärkerem Lichtbrechungs- vermögen auch eine feinkörnige Structur besitzen, gehen die flachen Kappen von Amoeba binucleata ohne scharfe Grenze in das wabige Plasma über, sind sehr schwach lichtbrechend und vollkommen structurlos. Ebenso wie die Plasmakegel sind auch die Polplatten bei Actinosphaerium viel mächtiger entwickelt. Der Kern (Fig. VIII.) zeigt bereits die abgeflachte, tonnenähnliche Gestalt und die Chromosomen befinden sich schon in der Nähe der Aequatorialebene etwas dichter ge- sammelt, während sie aus den den Polen genäherten Theilen verschwunden sind. Das Liniugerüst ist im äquatorialen Bereich weitmaschig, nach den Polen zu nimmt die Grösse :) cf. F. Schaudinn, Untersuchungen an Foraminiferen. I. Calci- tuba po/ymoipha Roboz. Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. LIX. 1895. p. 227. Sitzung vom IS. Juni 1S95. 139 der Waben sehr ah. Der wichtigste Fortschritt dieses Stadiums gegeu das vorige besteht aber darin, dass die Chromosomen deutlich zweitheilig geworden sind; dieTochter- chromosome sind also bereits vor der Anordnung zur Aequa- torialplatte ausgebildet, ein Verhalten, das Brauer1) auch bei den Kernen des encystirten Actlnosphaerium constatiren konnte, während Hertwig2) bei dem nicht encystirten Ac- tinosphaerium die Theilung der Chromosomen in der Aequa- torialplatte angiebt. Ich habe die Kerntheilung des nicht encystirten Actlnosphaerium nachuntersucht und kann Hert- wig’s Angaben yollständig bestätigen. Es besteht demnach thatsächlich ein wichtiger Unterschied bei der Kerntheilung des encystirten und des freilebenden Thieres; auf weitere Unterschiede werde ich an anderer Stelle eingehen. Das in Fig. IX wiedergegebene Spindelstadium ist das letzte der Kerntheilungsstadien. die ich beim conservierten und gefärbten Thier studiren konnte, es bedarf keiner ein- gehenden Erläuterung; die zweitheiligen Chromosomen haben sich in einer Ebene angeordnet, die von der Fläche gesehen kreisrund und lückenlos erscheint. Die Protoplasmakappen und Polplatten zeigen keine Veränderung gegenüber dem vorigen Stadium. Anstatt der kleinen Waben bemerkt man eine äusserst feine und zarte Strichelung, welche die Aequatorialplatte mit den Polplatten verbindet, gesonderte Fäden vermag ich nicht hierbei zu unterscheiden. Sehr interessante Aufschlüsse über die Bildung der Spindel- streifung aus den kleinen Waben dürften Zwischenstadien zwischen diesen beiden Stadien geben; ich denke mir die Fäden der Spindelfigur durch Längsstreckung von Waben entstanden, ähnlich wie bei den Foraminiferen die dünnsten Pseudopodien dadurch entstehen, dass eine Wabenreihe so lang gestreckt wird, dass der Wabeninhalt durch die Wand diffundirt, während die Wände selbst sich zu einem soliden Axenstrang Zusammenlegen, Verhältnisse, die man am lebenden Thier beobachten kann, wie ich anderen Orts zeigen werde. 9 l. c. 2) 1. c. 140 Gesellschaft naturforschender F reunde, Berlin, Oft habe ich Amöben so in zwei Theile zerschnitten, dass jeder Theil nur einen Kern enthielt; die Theilstücke konnte ich zwei Tage am Leben halten, doch vermehrten sie sich niemals und konnte ich auch nicht die Aufnahme von Nahrung beobachten; die Bewegungsfähigkeit schien mir nicht verloren gegangen zu sein. Zvei einkernige Theil- stücke von Amöben wurden in Berührung gebracht, doch verschmolzen sie nicht miteinander. — Für die Ent- scheidung der Frage, ob die Amöben sich ausser durch Theilung noch auf andere Weise fortpflanzen, bieten meine Beobachtungen keine Anhaltspunkte. Dass die geschilderte Kerntheilung eine mitotische ist, wird wohl Niemand bezweifeln, da sie fast vollkommen mit der bei A ctinosphaerium bekannten übereinstimmt; man wird sie ebenso, wie die letztere, als eine unvollkommene Art der Karyohinese auffassen. Der Nachweis der indirecten Kerntheilung bei einer Amöbe kann nicht überraschen, nach- dem bei nahe verwandten Formen, wie EuglyphrA) und Arcella* 2) typische Mitose nachgewiesen worden ist. Es er- hebt sich nun die Frage, ob bei allen Amöben eine indirecte Kerntheilung erwartet werden muss und ob nur mitotisch sich theilende Kerne zur weiteren Fortpflanzung fähig sind. Gruber3) hat sich der Ansicht Ziegler’ s4), dass die directe Kerntheilung sich nur bei dem Untergang geweihten Zellen finde, angeschlossen. Ich kann dem nicht beipflichten, bei Amöben liefert sicher auch die directe Kerntheilung fort- pflanzungsfähige Individuen. Bei Amoeba crystaüigera habe ich die directe Kerntheilung, wie sie zuerst von F. E. Schulze beobachtet wurde, sicher nachgewiesen und auch die darauf folgende Theilung des Körpers direct beobahtet; ich kann :) W. Sci-iewiakoff, Ueber die karyokinetische Kerntheilung der Euglypha alveolata, Morph. Jahrb. XIII. 1888. p. 193. -) A. Gruber, Eine Mittheilung über Kernvermehrung und Schwärmerbildung bei Süsswasserrhizopoden. Ber. Nat. Ges. Freiburg Bd. 6. 1891. p. 114 — 118. 3) A. Gruber, Amöben-Studien, Festschrift für Weismann, Frei- burg 1894. p. 4. 4) Ziegler, Die biologische Bedeutung der amitotischen (directen) Kerntheilung. Biolog. Centralbl. 11. 1891. p. 372 f. Sitzung vom 18. Juni 1895. 141 nach erneuter Untersuchung dieser und einer anderen marinen Amöbe behaupten, dass zahlreiche Generationen nur durch directe Kerntheilimg und darauf folgende Körpertheilung der einzelnen Individuen entstehen. Bei anderen marinen amöbenartigen Organismen hoffe ich an anderer Stelle den Nachweis erbringen zu können, dass noch ganz andere Kerntheilungsmodi als die bisher bekannten Vorkommen und bin ich überzeugt, dass auch bei unsern Süsswasseramöben sich ver- schiedene Modificationen der directen und indirecten Kern- vermehrung finden werden; jedenfalls weisen hierauf die ausserordentlich mannigfaltig und sehr verschieden gebauten Kerne dieser Organismen hin. Der Ansicht Gruber's1), dass eine Umlagerung des Chromatins schon auf eine mitotische Kerntheilimg hinweise, kann ich mich nicht an- schliesssen, weil auch bei andern Kerntheilungsarten. wie z. B. der multiplen Kernvermehrung der Radiolarien und Foraminiferen Umlagerungen des Chromatins stattfinden. Für eine Phylogenie der Karyökinese , wie sie in neuerer Zeit besonders durch Heidenhain angebahnt ist, scheint mir die Zeit noch nicht gekommen zu sein, weil die Kerntheilungsvorgänge der für diese Frage wichtigsten Gruppe, der Protozoen, noch lange nicht genügend er- forscht sind. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (Potonie), X., No. 21—24. Sitzungsber. der Kgl. Preuss. Akad. d. Wiss. zu Berlin. 1895. No. I.— XXV. Veröffentlichung des Kgl. Preuss. Geodät. Institutes. Astro- nomisch-Geodätische Arbeiten I. Ordnung. Telegraphische Längenbestimraungen in den Jahren 1890, 1891 und 1893. Berlin 1895. Jahreshefte des naturwissenschaftl. Vereins f. d. Fürsten- thum Lüneburg XIII. 1893—1895. Annalen des K. K. Naturhist. Hofmuseums in Wien. Bd. X., Nr. 1. ‘) A. Gruber, Amöben-Studien, 1. c. 142 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1895, April. Bericht der Lese- und Redehalle der Deutschen Studenten in Prag über das Jahr 1894. Jahrbuch des naturhistorischen Landes-Museums vonKärnten. XXIII. Heft. LXI. u. LXII. Jahrg. Klagenfurt 1895. Diagramme der magnetischen und meterolog. Beobachtungen zu Klagenfurt von Ferd. Seeland. Witterungsjahr 1894. Bollettino delle Pubblicazioni Italiane, 1895, No. 226—227. Atti della Societa Toscana di Scienze Naturali. Processi Verbali. Vol. IX. Adunanza del di 13 genaio e 3 marzo 1895. Geologiska Föreningens i Stockholm Förhandlingar. Bd. 17, Hafte 4. Bulletin of the Geological Institution of the University of Upsala. Vol. II., Part 1, No. 3. Acta Horti Petropolitani. TomusXIII., Fase. II. St. Peters- burg 1894. Proceedings of the Zoolog. Society of London for 1895, Part I. Psyche, Journal of Entomology. Vol. VII, No. 230. Report of the Secretary of Agriculture 1893. Washington 1894. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College, Vol. XVI, No. 15., Vol. XXV, No. 12. Vol. XXVI, No.l. Cambridge 1895. Proceedings of the Academy of Natural Science of Phila- delphia 1894. Part III. October— December. Proceedings of the California Academy of Sciences. Vol. IV, Part 1. Journal of the Elisha Mitchell Scientific Society, 1894. Vol. XI, Part II. Chapel Hill, N. C. 1894. Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol. LXIII, Part II, No. 4. Vol. LXIV, Part II, No. 1. Calcutta 1895. Als Geschenk wurde mit Dank entgegengenommen: Deutsche botanische Monatsschrift, XIII. Jahrg., No 6. J F. BUrcke, Berlin W. Nr. 7 1895. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforscliender Freunde Herr A. Nehring sprach über einen fossilen mensch- lichen Molar (m 1 inf.) aus dem Diluvium von Taubach b. Weimar. Herr A. Nehring sprach über eine Nachbildung des Geweihs von Megaceros Buffii Nhrg. von Klinge bei Cottbus. Herr K. Möbius legt eine Zeichnung eines Hühner-Eies mit zwei Dottern vor. welches er in der Schausammlung des Museums für Naturkunde aufgestellt hat. Er erhielt es von Herrn Prof. Dr. Bernhard Frankel durch Herrn Sanitätsrath Dr. Bartels, hartgekocht und in der Richtung seiner Längsachse halbirt. Diese misst 68 mm. die Quer- achse 48 mm. Beide Hälften sind so wie es die beigefügte Zeichnung zeigt, mit ihrer Schnittfläche neben einander auf einer Glasplatte befestigt in Formollösung aufgestellt. Herr Bartels bemerkt hierzu: „Herr Geh. Medicinal- rath Prof Dr. Frankel hatte mir mitgetheilt, dass in letzter Zeit unter den in seinem Haushalte verbrauchten Hühner- eiern sich schon mehrmals solche mit zwei Dottern gefunden hätten. Dieselben stammten alle von derselben Henne und zu Berlin Vorsitzender: Herr Hilgendorf. vom 16. Juli 1895. 144 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. sie zeichneten sich schon äusserlich durch ihre beträcht- lichere Grösse und durch eine leichte Einschnürung der Schale ungefähr in der Mitte, senkrecht zur Längsachse, aus. Er hatte die Freundlichkeit, mir ein solches Ei anzubieten und ich erhielt es in hartgekochtem Zustande. Die Schale war hierbei etwas geplatzt. Entsprechend der Längs- achse theilte ich das Ei durch einen Medianschnitt in zwei Hälften. Man konnte nun die beiden Dotter deutlich sehen und erkennen, dass sie sich in der Mitte fast be- rührten und durch eine kurze, breite Dotterbrücke mit ein- ander verbunden waren. Auch dieses Ei hatte schon an der Schale durch eine leichte mediale Einschnürung die Duplizität erkennen lassen. Mir wurde später noch mitgetheilt, dass die auf dem Lande wohnende Besitzerin des Huhnes ein derartiges Ei habe ausbrüten lassen. Sie gab an, dass aus diesem Ei zwei Hühner herausgekommen seien, welche „in der Mitte“ mit einander zusammengehangen hätten. Wo diese „Mitte“ war und welcher Art die Verbindungsbrücke gewesen ist, Sitzung vom 16. Juli 1S95. 145 vermochte ich nicht genauer zu erfahren. Jedenfalls kann es sich nur um eine sehr feine und schmale Verbindung gehandelt haben; denn es war der Versuch gemacht worden, die beiden jungen Hühnchen auseinander zu reissen. Das gelang nun allerdiugs, aber die beiden Thiere gingen dabei zu Grunde; sie sollen sich verblutet haben. Herr Joh. Feenzel schliesst hieran die Mittheilung, dass eine Cochinchina-Henne seines Hühnerhofes am 11. Juli ein Doppelei gelegt habe, welches 102,5 g wog. Er habe es einer Glucke zum Ausbrüten uutergelegt und werde das Ergebniss später vortragen. Herr Plate sprach über Conservirung mit Cocain. Herr VON Martens sprach über einige ostafrikanische Achatinen, unter Vorzeigung einer neuen Art. welche Dr. G. Volk ens in den Steppen unterhalb des Kilimand- scharo, speciell in der Gegend des Diralla-Sees gesammelt hat und deren Schale nach dessen Angabe bei den Gottes- urtheilen der Wadehugga- Bevölkerung eine Rolle spielt, indem der Angeklagte, dessen Schuld oder Unschuld sich erweisen soll, aus ihr den Gifttrank nehmen muss. Achatina fatalis n. Testa elongata. subtumida, crassa, confertim leviter plicata, su leis spiralibus parum profundis in anfractibus su- perioribus sat numerosis. in ultimo obsoletis decussata, albida strigis raris verticalibus fuscis picta; anfr. S1/», convexi reguiariter crescentes, ultimus elliptico-oblongus, sutura sulco impresso marginata, basi subsaccatus. Apertura pro ratione parva, obliqua, trapezoidea, peristomate albo, margine columellari brevi, crasso, subverticali, leviter truncato, mar- gine basali infra truneaturam rotuudato. callo parietali tenui, pallidissime roseo. Long. 143, diam anfr. ult, 73, penul- timi 55. aperturae long. 69, diam. incluso margine columellari 47, excluso 39 mill. Nächstverwandt mit Acli. reticulatn Per. und Ach. JBloyeU Bourg. 146 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Eine zweite anscheinend neue Art von Achatina ist die folgende : Achatina fulminatrix n. Testa elongato-oblonga, acuminata, modice granulata, sub periostraco stramineo caduco albida, strigis rufofuscis in anfr. superioribus leviter undatis vel siirsum furcatis, in Ultimi anfr. parte inferiore peroblique antrorsum decurren- tibus picta; anfr. 8, vix convexiusculi , sutura simplice, ultimus elliptico-oblongus, non saccatus, infra medium laevior; apertura piriformi-oblonga, intus albida strigis conspicuis, margine columellari arcuato, albido, partim violascente, abrupte et borizontaliter truncato, callo parietali tenuissimo. Long. 59. diam. 28 V2, aperturae long. 31, diam. 29 Mill. Am Tanganyika-See, Dr. R. Böhm und Reichard Nächstverwandt mit Ach. Craveni E. Smith, aber be- deutend schlanker und in der Zeichnung der letzten Windung verschieden. Herr Frenzel sprach über die Zahl der Männchen und Weibchen bei Astacus. Im Austausch wurden erhalten: Naturwissenschaftl. Wochenschrift (Potonie), X., No. 25—28. Leopoldina, Heft XXXI., No. 9 — 10. Mittheilungen des Deutschen Seefischerei Vereins, Hannover. Jahrg. 1886 — 1894. 1895. No. 1—6. Schriften der Physikalisch -Oekonomischen Gesellschaft zu Königsberg i./Pr. 35. Jahrg. 1895. Wissenschaftl. Veröffentlichungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig. II. Band. 1895. Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. 51. Jahrg. Stuttgart 1895. Sitzungsberichte der Physikal.-medicin. Societät in Erlangen. 26. Heft. 1894. Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau, 1895, Mai. J. F. ßtftrcke, Berlin W. 4 FEB.93 Nr. 8. 1895 4 FLB 93 Sitzungs-Bericht der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin vom 15. October 1895. Vorsitzender: Herr Bärtels Herr Max BARTELS theilte mit, es sei ihm erst jetzt zur Kenntniss gelangt, dass der leider heute nicht anwesende Herr Beyrich fern von der Heimath am 31. August sei- nen 80sten Gehurtstag gefeiert habe. Er sprach dem hoch- verehrten Senior der Gesellschaft Namens der Mitglieder und Ehrenmitglieder die allerherzlichsten Glückwünsche aus und hofft, dass er uns noch viele Jahre in Frische und und Gesundheit erhalten bleiben möge, und dass wir noch recht lange Zeit von seinem reichen Wissen profitiren werden. Herr Max Bartels besprach zwei bemerkenswerthe Arten des Thierfanges in Bosnien und der Herce- govina. Im September dieses Jahres wurde von der Wiener anthropologischen Gesellschaft unter der Führung von deren Schriftführer, dem k. und k. Gustos am Naturhistorischen Hofmuseum in Wien Herrn Franz Heger, ein Ausflug nach Bosnien, der Hercegovina und Dalmatien unter- nommen, an welchem ich das Glück hatte, theilnehmen zu dürfen. In Bosnien hat sich bis auf den heutigen Tag eine Art des Jagens erhalten, welche in dem übrigen Europa 8 148 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nur in dem Mittelalter gebräuchlich war. Es ist das die Jagd mit dem Edelfalken. Die Begs und die Agas in Bosnien, d. h. die adligen mohamedanischen Grundbesitzer, haben diese sogenannte Falkenjagd in mittelalterlicher Weise immer noch gepflegt. Dass ich sie als eine sogenannte Falkenjagd bezeichne, wird sehr bald seine Erklärung finden. Der Edelfalke wird, wie früher im christlichen Europa, durch Hunger und Wachen zahm gemacht1); an den Füssen hängt ein dünner Lederriemen, welcher mit kleinen Glöck- chen versehen ist. Eine Beizkappe ist aber nicht im Ge- brauch, und auf diese Weise gestaltet sich die Abrichtung und die Verwendung des Falken als bedeutend weniger quälend und grausam, wie zu den Zeiten unserer ritter- lichen Vorfahren. Das Vorkommen des Edelfalken ist nun aber in neuerer . Zeit in Bosnien ein sehr seltenes geworden, aus Gründen, die noch nicht recht aufgeklärt sind; und darauf bezieht es sich, dass ich vorher von der sogenannten Falkenjagd ge- sprochen habe. Denn in Ermangelung der Jagdfalken ha- ben die Bosniaken neuerdings vielfach den Sperber in ganz ähnlicher Weise für die Vogeljagd abgerichtet. Nach einer Angabe von 0. Reiser in der Bosnischen Post (No. 73, 11. IX. 95) wird der Sperber in folgender Weise gefangen. Ein 2 Quadratmeter grosses Netz wird an einem geeigneten Orte, locker gespannt, schräg in die Erde gesteckt und mit Buschwerk umgeben. Unter ihm ist eine Dohle an einem Holzpflock lose angebunden. Die letztere wird durch das Anziehen einer Leine zu flatternden Bewegungen veranlasst, und gleichzeitig lässt der Vogel- steller den Lockton der Sperberweibchens erschallen. Sehr bald pflegt sich dann ein junger Sperber auf die Dohle zu stürzen. Dabei verwickelt er sich in dem Netz und wird ') Genaueres über die Falkenbeize in Bosnien findet man bei C. IIörmann: „Die Falkenbeize in Bosnien und der Hercegovina.“ Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Hercegovina. Herausgegeben vom Bosnisch -Hercegovinischen Landesmuseum in Sa- rajevo, Bd. II, p. 501. Wien 1894. Sitzung vom 15. October IS 9 5. 149 durch ein rasch über ihn geworfenes Tuch gefangen1). Nun werden ihm die Lederriemen an die Füsse gelegt; man lässt ihn hungern, dursten und wachen, bis er ihm darge- botenes Fleisch sich aus der Hand seines Herrn holt und dann ist die Zähmung bald vollendet. Namentlich wird er zum Wachtelfang gebraucht, und wenn die Wachtelzeit vor- über ist, lässt man ihn fliegen, um sich im Frühjahr wie- der einen jungen Sperber zu fangen und ihn von Neuem abzurichten. Als wir von der Hauptstadt Sarajevo aus den nahe- gelegenen Badeort Ilidze besuchten, wurde uns die Fal- kenjagd vorgeführt. Auf einer kleinen Bodenerhöhung nah- men wir Aufstellung gegenüber einem grossen Baume, unter welchem der Jäger in europäischem Anzuge uns er- wartete. Ihm überbrachte ein riesiger Falconier den Jagd- vogel, den er am Rücken mit voller Hand gepackt hatte. Der Falconier war allein schon eine beachtenswerte Er- scheinung. In der Tracht eines bosnischen Mohamedaners, von der Grösse eines Gardeflügelmanns, schritt er rüstig und in gerader Haltung einher, obgleich er bereits 95 Jahre zählte. Ob der Jagdvogel ein Falke war oder ein Sper- ber, das vermochte ich aus der Entfernung nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Der Jäger hatte indess seine rechte Hand mit einem sehr starken Lederhandschuh ge- schützt und liess den Vogel sich nun auf diesen setzen, während er mit der linken Hand den an einem Fusse des Vogels befestigten, ungefähr 1 Meter langen Riemen erfasste. Der Kopf des Vogels war durch keine Kappe bedeckt. Eine schnelle Handbewegung nach oben unter gleichzeiti- gem Loslassen des Riemens veranlasste den Vogel, auf einen niederen Ast des Baumes zu fliegen. Nach kurzer Zeit liess der Jäger einen Lockruf erschallen, und sofort kehrte der Vogel auf seine Hand zurück. Mit etwas kräf- tigerer Handbewegung brachte er ihn darauf zu einem er- neuten Auffliegen und er liess sich nun auf einen viel hö- heren Ast des Baumes nieder. Nun aber blieb der Lockruf ‘) Dieses wird bei Hörmann etwas anders dargestellt. 150 Gesellschaft natur forschender Freunde , Berlin. ohne Erfolg, wahrscheinlich weil eine in der Gesellschaft befindliche Dame ununterbrochen mit lauter Stimme eine Unterhaltung führte. Hierdurch wurde der Vogel sichtlich scheu gemacht. Als der Jäger nun in der Nähe des Bau- mes eine todte Taube hoch in die Luft warf, stürzte sich der Jagdvogel sofort auf dieselbe, packte sie noch in der Luft mit den Fängen und dem Schnabel und stiess mit ihr zur Erde nieder. Hier blieb er auf der Taube liegen mit weit ausgebreiteten Flügeln und sie immer noch mit den Krallen und dem Schnabel haltend, bis der Jäger sie ihm aus den Fängen nahm. Dann nahm er wieder ganz ruhig und als ob nichts geschehen wäre auf der Hand seines Herrn Platz. In dem vorher erwähnten Aufsatze von Reiser wird noch auf einen merkwürdigen Aberglauben aufmerksam ge- macht, welchen die bosnischen Falkenjäger haben. Das Messer, mit dem dem Falken das Fleisch geschnitten wird, muss ein vollkommen reines sein, namentlich aber darf man damit niemals eine Melone zerschnitten haben, weil in diesem Falle der Falke unfehlbar dem Tode verfallen wäre. Die zweite merkwürdige Art des Thierfanges habe ich in der Hercegovina gesehen. In der Nähe von Blagaj im Kreise Mostar tritt aus einem höhlenartigen Thore am Fusse einer steilen Felsenwand als breiter Fluss die Buna zu Tage. Nach einem Verlaufe von wenigen Kilo- metern verbreitert sie sich zu einem ganz kleinen See, aus dem sie dann weiter der Narenta zufliesst. Diese ver- breiterte Stelle erreichten wir im vollem südlichen Sonnen- scheine zwischen 11 und 12 Uhr des Mittags. Auf dem Wasser hielt ein Mann in einem Kahne still. Ein ent- kleideter Hercegovce stand in einer seichteren Stelle des Wassers. Andere Männer und Knaben der Landbevölke- rung hatten am Ufer und auf Felsblöcken Platz genommen. Bei unserer Ankunft tauchte der Entkleidete plötzlich in das tiefere Wasser hinab und blieb längere Zeit unter dem Wasserspiegel verschwunden. Ais er wieder in die Höhe tauchte, trug er in jeder Hand eine grosse, lebende Forelle, welche er uns triuinphirend entgegenhielt. Beide Fische Sitzung vom 15. October 1895. 151 schleuderte er mit geschicktem Wurfe an das Ufer, wo ein Knabe sie sofort ergriff und auf eine höchst unbarmher- zige Art an einem Stocke befestigte. Letzteres geschah in folgender Weise. Der Stock von ungefähr 3/-t Meter Länge und von der Dicke eines kleinen Fingers hatte am un- teren Ende einen Vorsprung, über welchen die Fische nicht gleiten konnten. Der Knabe hob dem gefangenen Fisch den einen Kiemendeckel in die Höhe und schob die Spitze des Stockes hinein, so dass dieselbe durch das Maul des Fisches wieder zum Vorschein kam. Nun glitt der Fisch an dem Stocke herunter und blieb an dessen unterem Ende hängen. Der Fang des Tauchers war sehr ergiebig, nie- mals kehrte er mit leeren Händen zu Tage und bald hatte der Knabe am Ufer so viel lebende Forellen an seinem Stocke hängen, dass er sie kaum noch tragen konnte. Der Taucher zeigte eine erstaunliche Geschicklichkeit und eine grosse Ausdauer unter Wasser. Er blieb länger als eine halbe Minute unter demselben. Ein stromabwärts quer aufgestelltes Netz verhinderte die aufgescheuchten Forellen, aus dem Jagdgebiete zu entweichen, während der erwähnte Mann in seinem Kahne sie dem Taucher im Nothfall ent- gegentrieb, falls sie stromaufwärts entfliehen wollten. Lebende Forellen im tiefen Wasser mit der blossen Hand zu fangen, gehört jedenfalls zu den ungewöhnlichen Fischereimethoden. Ich weiss nicht, ob man an einer an- deren Stelle der Erde diese Art des Fischens wiederfinden wird. Die des Landes kundigen Herren gaben uns die fol- gende Erklärung. Der geschilderte Forellenfang ist an dieser Stelle nur zu einer ganz bestimmten Tageszeit mög- lich, nämlich wenn die Sonne annähernd ihre Mittagshöhe erreicht hat. Dann ist das Wasser klar genug durchleuchtet, dass der Taucher auf dem Grunde alle Einzelheiten unter- scheiden kann. Aber die grelle Beleuchtung des Wassers veranlasst auch andererseits die Forellen vor dem Lichte Deckung zu suchen. Diese finden sie auf dem Boden des Flusses. Denn das Bett der Buna wird durch den frei zu Tage liegenden Felsen gebildet, der durch zusammengesin- terte Conglomeratgesteine allerlei Vorsprünge und Schlupf- 152 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. winkel bildet. Unter solche Vorsprünge schwimmen die Forellen mit dem Kopf und dem vorderen Körperende; und so vor dem Lichte geschützt verharren sie in ruhiger Stellung. Nun besteht die Geschicklichkeit des Tauchers darin, sich von hinten an sie heranzuschleichen und ihr Schwanzende so sicher zu fassen, dass er sie aus ihrem Verstecke herauszuziehen vermag. Geschickte Leute sollen bisweilen mit einem Tauchen drei Forellen erhaschen kön- nen. Wenn sie dann in die Höhe tauchen, haben sie eine in jeder Hand, während sie die dritte mit dem Munde halten. Herr A. Mehring sprach über die Fundschicht des in der letzten Sitzung besprochenen menschlichen Molars aus dem Diluvium von Taubach bei Weimar. In der Juli-Sitzung unserer Gesellschaft habe ich einen menschlichen Molar (m 1 inf.) aus dem Diluvium von Tau- bach vorgelegt und besprochen1), welcher dem Germani- schen Museum in Jena gehört und mir von Herrn Prof. Dr. Klopfleisch auf meinen Wunsch zur Untersuchung übersandt war. Dieser Zahn ist bereits vor einer Reihe von Jahren im Diluvium von Taubach gefunden worden. In der vorigen Sitzung konnte ich nur angeben, dass er in grosser Tiefe, nahe über dem Grundwasserstande, ausge- graben worden sei; jetzt kann ich auf Grund von Nach- forschungen , welche inzwischen auf meine Veranlassung durch Herrn Prof. Dr. Klopfleisch in Jena und Herrn Dr. Arthuk Weiss in Weimar ausgeführt worden sind, ge- nauere Angaben über die Fundverhältnisse machen. Jener Zahn ist in der Sonnrein’ sehen Grube von dem Besitzer, Herrn Gastwirth Sonnrein, welcher Herrn Prof. Klopfleisch als ein zuverlässiger und intelligenter Mann bekannt ist, gefunden worden, und zwar in derjenigen Schicht , welche einerseits durch paläolithische Spuren menschlicher Existenz, andererseits durch zahlreiche Fossil- J Vergl. auch meine durch Abbildungen erläuterte Besprechung in der „Naturwiss. Wochenschrift“, herausg. v. Potonie, 1895, Nr. 31, erschienen am 4. August 1895, sowie den Sitzungsbericht unserer Ge- sellschaft v. 21. Mai 1895, p. 97. Sitzung vom 15. Octöber 1895. 153 reste einer altdiluvialen Fauna ( JElephas antiquus, Rhino- ceros Merchii etc.,) bemerkenswert!! erscheint. Jener Molar stammt also aus derselben Schicht, in welcher Herr Dr. A. Weiss den in der Mai-Sitzung unserer Gesellschaft von mir besprochenen menschlichen Milch-Backenzahn gefunden hat; letzterer kam in der MehlhorV sehen Grube zum Vor- schein. Beide Zähne gehören zu den ältesten Menschen- resten. welche bisher aus Europa bekannt geworden sind. Nach einer Aufnahme, welche Herr Dr. A. Weiss 1892 in der SoxxREix'schen Grube ausgeführt hat, fanden sich dort folgende Schichten von oben nach unten: 1. Humus 0,30 m 2. Plattenkalktuff 0,80 „ 3. Feinkörniger Kalktuff mit vielen Schnecken 0,17 „ 4. Harter Pflanzen-Kalktuflf . . . 0,19 „ 5. Fester Kalktuff 0,22 „ 6. Ockeriger, fester Kalktuff . . 0,20 „ 7. Schwarze, lockere Schicht . . 0,13 „ 8. Travertin (fester Kalktufif) . . 1,59 „ 9. Grauer, thoniger Kalktuff . . 0,20 „ 10. Ockerband 0,03 „ 11. Feinkörniger Kalktuff .... 0,80 „ 12. Knochenschicht (feinkörniger, oft sandiger Kalktuff. „Scheuersand“) 0,45 „ In dieser 12. Schicht ist der oben erwähnte mensch- liche Molar gefunden worden. Herr Ä. Nehring sprach ferner über den fossilen Schädelrest einer Saiga-Antilope aus dem Diluvium der Gegend von Graudenz. Genaueres hierüber wird im Neuen Jahrbuch für Mi- neralogie etc. veröffentlicht werden. Herr Ä. Nehring sprach schliesslich über einen neuen Fund von Cratopleura- Samen in dem diluvialen Torf- lager von Lauenburg a. d. Elbe. Der Inhalt des Vortrages wird ebenfalls im Neuen Jahrbuch f. Mineralogie etc. erscheinen. 154 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Herr L. Plate sprach über den Bau des Chiton aculeatus L. Um eine Grundlage zu gewinnen für die Beurtheilung der anatomischen Differenzen, welche den verschiedenen Untergattungen des Genus Chiton zukommen, habe ich zu- nächst eine möglichst genaue Untersuchung des Ms zu 13 cm grossen, nordchilenischen Chiton aculeatus L. mit Hülfe des Präparirmikroskopes angestellt, über welche im Fol- genden berichtet werden soll. Ich beschränke mich hier auf eine knappe Schilderung meiner Befunde, ohne sie mit früheren Angaben, von denen sie vielfach abweichen, zu vergleichen, da die Besprechung der Litteratur in der aus- führlichen Publication erfolgen wird. Am Verdauungskanal lassen sich folgende Ab- schnitte unterscheiden: Mundrohr, Mundhöhle, Oesophagus, Magen und Darm. Das Mundrohr ist ein kurzer, die dicke, muskulöse Mundplatte senkrecht durchsetzender Kanal mit längsfaltiger Wandung. In die Mundhöhle ragt der Vorder- rand der Radula hinein und kann durch das Mundrohr nach aussen geschoben werden. Die Mundhöhle setzt sich nach hinten in einen Blindsack fort, welcher an seinem Hinterende und an der Dorsalwand die 2 Sinnespolster des Subradularorgans trägt, dorsalwärts geht sie ohne scharfe Grenze in den Oesophagus über. Dieser trägt 3 Paar drü- siger Anhänge: 1. die Speicheldrüsen; sie sind klein, sackförmig, mit weitem Lumen und längsfaltiger Wandung. 2. die Divertikel; dieses sind 3 mm1) lange und 2 mm breite, niedrige, rundliche Seitentaschen, welche mit sehr weiter Oeffnung in den Oesophagus einmünden. Sie dienen vielleicht nur zur Aufspeicherung der Nahrung beim Fressen. Die Speicheldrüsen und Divertikel gehören zum ersten Körpersegment2), d. h. sie liegen unter der ersten Schulpe. 3. die Zuckerdrüsen; sie gehören zum zweiten und drit- ten Segment. Sie beginnen mit weiter, trichterförmiger x) Die Maassangaben beziehen sich auf ein 10 cm. langes In- dividuum. 2) Zur Vereinfachung der Darstellung gliedere ich den Körper den 8 Schalenstücken entsprechend in 8 Segmente. Sitzung vom 15. October 1S95. 155 Oeffnung. verschmälern sich dann zu einem parallel mit dem Rücken und dicht unter diesem entlang ziehenden Gange, der neben der Cardia des Magens in die eigentliche Drüse übergeht. Diese ist ein grosses Organ, dessen Lu- men fast vollständig von sehr zahlreichen, langen, baum- förmig verästelten Zotten ausgefüllt wird und zum grössten Theile im Bereiche des dritten Segmentes liegt. Die Ra- dulascheide ist ausserordentlich lang; ihre hintere Spitze liegt ungefähr in gleicher Höhe mit dem Hinterrande des Magens. Sie verläuft zunächst unter dem Oesophagus nach hinten, tritt aber dann über den Magen und kommt in eine tiefe Längsfurche zu liegen, welche die Dorsalwand des Magens bildet. Der Oesophagus geht bei conservirten Thie- ren immer durch eine sehr kleine Oeffnung in den geräu- migen Magen über; hier befindet sich also wahrscheinlich ein Sphinkter. Durch die eben erwähnte tiefe Einstülpung, welche die Rückenwand des Magens in der Mediane und in ganzer Länge bildet, zerfällt das Lumen des Magens in drei Abschnitte: einen ventralen, einen linken und einen rechten; der linke bildet mit der vorderen dorsalen Region die Cardia, während er mit der hinteren dorsalen Region ohne scharfe Grenze in den Darm übergeht. Jene tiefe Einstülpung der dorsalen Magenwand wird, abgesehen von der Radulascheide und deren Umhüllung, vollständig aus- gefüllt von der Leber, welche in eine vordere, rechte, dorsale und in eine hintere, linke, mehr ventrale Portion sich gliedert. Jede Portion ergiesst ihr Secret durch eine Oeffnung in jenen Abschnitt, durch den Magen und Darm ohne scharfe Grenze ineinander übergehen. Die Hinterleber ist sehr viel massiger als die Vorderleber und schiebt sich zwischen den Windungen des Darms bis zum hintersten Winkel der Leibeshöhle vor. An der Ausfüllung der dor- salen Magenwandrinne participirt sie nur zum kleinen Theile. Diese wird vornehmlich von der Vorderleber be- wirkt, von der noch zwei besondere Lappen Erwähnung verdienen. Einer, welcher von rechts nach links sich um den Magen herumschlägt und die Mitte der Ventralfläche des Magens bedeckt, und ein zweiter, welcher mit dem 156 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Anfangstheil des Darms nach hinten zieht und sich der vorderen Region des Darmknäuels anlegt. Entsprechend der verschiedenen Grösse ist die Oeffnung der Hinterleber ungefähr 3 mal so gross wie diejenige der Vorderleber und liegt 3 oder noch mehr Millim. weiter nach hinten als jene. Nieren. Ueber den Bau der Nieren habe ich früher (S.-B. Berl. Akad. , 1893. 9. November. — Die dort er- wähnte Art „mit dicken, grossen Stacheln auf dem Mantel- rande“ ist Chiton aculeatus ) schon Einiges mitgetheilt. Hier sei noch hinzugefügt, dass sich zwischen den Seitenkanälen des lateralen Nierenganges und deren Endästen eine binde- gewebige Membran ausbreitet, welche ich die Nierenmem- bran nennen will. Die lateralen Nierengänge verlaufen längs der Seitenwandung der Leibeshöble dort, wo diese beginnt sich in die Rückenfläche umzubiegen. Die Nierenmembran breitet sich einerseits von hier aus bis zur Aorta, an welche sie sich anheftet, aus, wobei sie dicht unter der Rückenhaut liegt, mit der sie nur am Hinterrande der Segmente verwächst. Es entsteht auf diese Weise unter jeder Schulpe zwischen Rückenhaut und Nierenmembran ein niedriger Raum, die Dorsalkammer, der sich auch über der Aorta ausbreitet. Die Aorta ist nämlich nur dort an die Rückenhaut befes- tigt, wo diese die Querbrücken zwischen den aufeinander folgenden Schalenstücken bildet, also nur an den inter- segmentalen Grenzen. In der Dorsalkammer verzweigen sich nun die Nierenkanälchen auf das reichste; sie treten dabei zum grossen Theil aus der Nierenmembran heraus und bilden schwammige Massen, welche in der Dorsalkam- mer liegen. Ein grosser Haufen stark ineinander verfilzter Nie- renkanälchen breitet sich unter der Mitte der dritten, vierten, fünften und sechsten Schulpe über der Aorta aus. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass die Nierenkanälchen ihre grösste Entfaltung in der Dorsalkammer erreichen, an einer Stelle, w'o sie sich der Beobachtung sehr leicht entziehen. Die Nierenmembran dehnt sich andererseits von dem lateralen Nierengang jeder Seite auch ventralwärts aus, wobei sie sich zunächst der Seitenwand des Körpers anlegt und dann auch auf die Innenfläche der Fusssohle Übertritt. Hier Sitzung vom 15. Octöber 1895. 157 verwächst sie aber so innig mit der Fussmuskulatur , dass sie als gesonderte Membran sich nicht mehr darstellen lässt. Zahlreiche Büschel secundärer Nierenkanälchen lie- gen in der ventralen Hälfte der Nierenmembran oder dieser von aussen an und treten auf diese Weise in die Fuss- muskulatur ein. Mit dem Nierensack und dem Renoperi- lardialgang tritt die Nierenmembran auch auf den Herz- beutel über und verwächst theilweise mit dem ventralen Blatte desselben, wodurch dasselbe zweischichtig wird. — Die Seitenkanälchen der lateralen Nierengänge wiederholen sich im dritten, vierten, fünften und sechsten Segment im Wesentlichen in der gleichen Weise, sodass sich eine seg- mentale Anordnung in ihnen ausspricht. Zwerchfell. Middendokff beschreibt in seiner aus- gezeichneten Monographie des Oryjgtochiton Stelleri ein „vor- deres Zwerchfell“, eine Membran, welche die Kopfhöhle von dem dahinter gelegenen Theile der Leibeshöhle trennt. Diese Membran ist auch bei Chiton aculeatus sehr deutlich ausgebildet. Sie ist ebenfalls rein bindegewebiger Natur, wie denn überhaupt ein echtes Peritoneum bei unserer Art nicht vorkommt. Sie spannt sich quer durch das zweite Segment aus, und obwohl sie bei stärkerer Vergrösserung kleine Löcher erkennen lässt, wird sie das im Kopfe be- findliche Blut doch fast vollständig von der Leibeshöhle fern halten. Das Zwerchfell hat eine nach vorn geneigte Stellung, indem seine Dorsalkante am Vorderrande des zweiten Segmentes von der Rückenhaut entspringt, während sich seine ventrale Kante längs einer Linie an der Fuss- sohle befestigt, welche dem Hinterrande des zweiten Seg- mentes entspricht. Die Membran wird in der Medianlinie von drei Oeffnungen durchbrochen. Durch die obere, welche direct unter der Rückenhaut liegt, ergiesst die Aorta ihren Inhalt in die Kopfhöhle, welche dadurch zu einem grossen Blutsinus wird, durch die mittlere tritt der Oesophagus hindurch und zwar mit jenem Abschnitte, welcher zwischen den Divertikeln und den Zuckerdrüsen liegt, sodass diese hinter, jene vor dem Zwerchfell zu liegen kommen; an die untere Oeffnung, welche ungefähr im Mittelpunkte der 158 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Membran sich befindet, schliesst sich ein weites Gefäss au, die Arteria visceralis, deren Verlauf weiter unten bespro- chen werden soll. In sie hinein tritt auch die Radula- scheide, welche also merkwürdiger Weise in ihrem ganzen hinteren Abschnitte von einem Blutgefässe umhüllt wird. Ausserdem wird das Zwerchfell noch von 2 grossen Oeff- nungen, einer rechten und einer linken durchbrochen. Durch diese tritt je ein Büschel von Muskeln hindurch, die am vorderen Abschnitt der Radulascheide entspringen und sich an der Rückenhaut befestigen. Sie dienen dazu, um die Rad ula nach hinten und oben zu ziehen. Jedes Bündel wird allseitig umgeben von einer bindegewebigen Membran, welche an jener Oeffnnng in das Zwerchfell übergeht. Man kann daher auch sagen, an jenen Oeffn ungen setzt sich das Zwerchfell in Gestalt zweier Röhren bis zur Decke der Leibeshöhle fort und in diesen Röhren bewegen sich die erwähnten Muskeln. Das Blut des Kopfsinus kann daher durch diese Oeffnungen nicht in die Leibeshöhle übertreten. Ich vermuthe, dass die Nierenmembran vorn direct in das Zwerchfell übergeht, da nämlich die End- ästchen der Niere bis an dasselbe hinantreten, aber nicht bis in die Kopfhöhle Vordringen; jedoch wird sich dieser Punkt erst auf Schnitten sicher feststellen lassen. Die Buccalmuskulatur ist ausserordentlich cornpli- cirt und dadurch charakterisirt , dass die einzelnen Bewe- gungen durch Bündel zahlreicher, kurzer Muskel ausgeführt werden, wofür wir sonst bei den Gastropoden nur einen langen Muskel auzutreffen pflegen. Offenbar ist das Zwerch- fell die Ursache dieses merkwürdigen Verhaltens. Da die Buccalmuskeln nur innerhalb des kleinen Raumes des Kopfsinus sich entfalten können, so ersetzen sie durch die Zahl, was ihnen an Länge abgeht. Ferner weicht der Kau- apparat eines Chiton dadurch von den übrigen Gastropoden ab, dass die Zungenbalken, welche dem activen Theile der Radula als Stütze dienen, nicht solid sind, sondern hohle, mit Luft gefüllte Blasen darstellen. Ein Kiefer fehlt. Aus der Anordnung der Muskulatur scheint hervorzugehen, dass der Oesophagus wie eine Pumpe zu wirken vermag und Sitzung vom 15. Octobcr 1S95. 159 die durch die Radula von der Unterlage abgeriebenen Nah- rungstheilchen aufsaugt. Blutgefässsystem. Ueber den Bau des Herzens vergleiche meine frühere Mittheilung. Das Pericard ist ausserordentlich ausgedehnt, da es das ganze achte und siebente Segment und einen ansehnlichen Theil des sechsten ausfüllt. Der im sechsten Segment gelegene Theil des Herz- beutels hat eine dreieckige, mit der Spitze nach vorn ge- kehrte Gestalt, da nämlich der Vorderrand desselben in ganzer Länge die Ventralfläche des Oviductes resp. des Vasdeferens begleitet. Vermuthlich entsteht der Genital- gang durch Abschnürung aus dem Pericard, da ja die Go- nade und das Pericard als Theile der secundären Leibes- höhle gleichen Ursprungs sind. Die Vorkammern liegen nur in dem siebenten und achten Segment und dem ent- sprechend mündet jede durch 2 Oeffnungen in die Kammer und empfängt durch 2 grosse Kanäle das Blut aus der Vena branchialis ihrer Seite. Wo beide Vorkammern hin- ten in einander übergehen, findet sich ferner noch eine un- paare mediane Oeffnung, welche mit dem Ringgefäss. durch das die beiden Venae branchiales hinten Zusammenhängen, communicirt. Ausser diesen fünf Haupteintrittsöffnungen in die Vorkammern kommen im Bereiche des achten Seg- mentes noch eine Anzahl kleinerer Oeffnungen vor, durch welche die Vorkammern mit den Kiemenvenen resp. deren gemeinsamen Verbindungsstück in Zusammenhang stehen. Sie führen in schmale, die Rückenwand durchziehende Spalten. Ihre Zahl ist jedoch nicht ganz constant; ich finde zwischen 3 und 7 auf jeder Seite und sie vertheilen sich längs einer annähernd horizontalen Linie zwischen der zweiten und der unpaaren hinteren Hauptöffnung. Die Aorta erstreckt sich bis zum Vorderrande des zweiten Segmentes; sie wird in diesem etwas schmäler und öffnet sich vorn in dem Zwerch- fell. Während ihres Verlaufes giebt sie ab: erstens von der Ventralfläche eine grosse Anzahl von Genitalarterien, die beim Weibchen in einer, beim Männchen in 2 Längsreihen angeordnet sind. An den Genitalgefässen lässt sich eine metamere Vertheilung nicht erkennen, wohl aber an den fol- genden. Von der Rückenfläche der Aorta gehen zweitens 6 160 Gesellschaft naturforschender Freunde , Berlin. arteriae intersegmentales ab und versorgen die 6 intersegmen- talen Hautbrücken, welche die Schulpen von einander tren- nen. Die beiden hintersten dieser Arterien entspringen direct aus der Kammer, sodass also diese eigenthümlicher Weise in 3 Gefässe sich fortsetzt, ein unter den Mollusken wohl einzig dastehender Fall. Dicht vor jeder Arteria interseg- mentalis giebt die Aorta drittens nach jeder Seite eine arteria dorsalis ab. Von diesen finden sich jedoch nur 4 Paare, welche dem zweiten bis fünften Segment angehören. Sie speisen die Musculi transversi, obliqui, capsulares (Bezeich- nung nach Middendorff), aus denen das Blut in Gewebs- spalten direct zur Kiemenarterie zurückkehrt, und ergiessen sich durch zwei nach hinten abtretende Zweige in die Dorsalkammer des nächstfolgendes Segmentes, wo sie die hier befindlichen Nierenkanälchen umspülen. Die Arteriae dorsales entstehen dadurch, dass die Nierenmembran und die Rückenhaut längs ihres Verlaufes nicht mit einander verlöthen. Sie sind also nur ein Spalt zwischen diesen beiden Membranen, die, wie wir oben sahen, längs des Hinterrandes der Segmente mit einander verwachsen. Sie können aber als echte Gefässe in Anspruch genommen wer- den, weil sie eine constante Lage und Verzweigung haben und mit einer scharf umschriebenen Oeffnung in die Aorta einmünden. Das Blut der geschilderten drei Gruppen von Arterien gelangt, nachdem es in den Gewebsspalten der be- treffenden Organe venös geworden ist, in die Leibeshöhle, fällt in Folge seiner Schwere zur Fusssohle hinab und dringt durch zahlreiche Pori in das Fussgewebe ein. Ein grosser Theil des aus dem Herzen kommenden Blutes pas- sirt jedoch die ganze Aorta ohne in jene Gefässe überzu- treten und fällt in noch arteriellem Zustande in den Kopf- sinus. Hier umspült es den Munddarm, den Oesophagus, die Speicheldrüsen, die Divertikel, den complicirten Zun- genapparat mit seinen vielfältigen Muskeln und den Gehirn- ring. Es tritt darauf theils in die Arteria visceralis und von liier aus in die Leberlappen, den Magen und die Darm- schlingen (vergl. hierüber meine zur Zeit im Druck befind- liche Abhandlung: Bemerkungen zur Phylogenie und zur Sitzung vom 15. October 1S95. 161 Entstehung der Asymmetrie der Mollusken. Zool. Jahrb., Anat. Abth., Bd. 9), tkeils vertheilt es sich in folgender Weise, nachdem es zum Boden des Kopfsinus herabgesun- ken ist. Der Gehirnring liegt bei unserer Species frei im Kopfsinus. Von ihm aus treten bekanntlich 2 Paar Mark- stränge ab, die Fussstränge und die Kiemeneingeweide- stränge. Erstere verlaufen im Fusse. letztere jederseits zwischen Arteria und Vena branchialis. Die Markstränge liegen in Kanälen, welche wir als die Canales neurolate- rales und neuropedales bezeichnen wollen, und diese öffnen sich in den Kopfsinus dort, wo die Markstränge in denselben übertreten. Diese Kanäle dienen daher auch als Blutsinus. Die Fusssohle wird ferner von drei Längssinus durch- zogen, einem Sinus medianus, welcher zwischen den me- dianen Nierengängen liegt und vorn sich in der Mundplatte verzweigt, und zwei (einen rechten und einen linken) Sinus laterales, welche sich vorn in den Kopfsinus öffnen. Das Blut des letzteren hat also reichlich Gelegenheit abzu- fliessen. Der Canalis neurolateralis ist nur an seinem An- fänge geräumig, steht aber in ganzer Länge durch zahl- reiche Pori in directem Zusammenhang mit der Kiemen- arterie. Seine Bedeutung als Blutsinus besteht aber vor- nehmlich darin, das Blut aus dem Mantel zu empfangen und der Kiemenarterie zuzuleiten. Der Mantel erhält sein Blut direct aus der Vena branchialis. Von den Fuss- kanälen sind der Sinus medianus und die Sinus laterales hauptsächlich Sammelräume. Das Blut, welches aus der Kopfhöhle oder der Leibeshöhle stammend in die ventrale Muskelscheibe eingetreten ist, sammelt sich hier und gelangt von hier aus direct zu den Kiemenarterien. Die Sinus laterales stehen nämlich mit den Kiemenarterien durch ge- fässartige Gewebsspalten in Verbindung, von denen wir die grösseren in seginentaler Anordnung antreffen: hinter jedem Musculus transversus vom dritten bis sechsten Segment liegt eine solche. Der Sinus medianus gabelt sich im siebenten Segment in einen linken und einen rechten Ast, welche im rechten Winkel nach aussen ziehen und in der Höhe des Nierenausführganges (ein klein wenig hinter und 162 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. unter diesem) in die Kiemenarterie der betreffenden Seite einmiinden. Der Sinus medianus liegt dicht unter der Innenfläche der Fusssohle, sodass ihn nur eine zarte Mus- kelschicht von der Leibeshöhle trennt. Zu beiden Seiten wird er begrenzt von den medianen Nierengängen, deren Seitenkanälchen direct von seinem Inhalte umspült werden und dessen stickstoffhaltige Ausscheidungsproducte aufneh- men können. — Der im Vorstehenden geschilderte Kreis- lauf weicht in doppelter Hinsicht von dem der übrigen Mollusken ab: 1, Die Aorta und das Hauptgefäss der Eingeweide, die Arteria visceralis, stehen nicht in directem Zusammen- hang mit einander, sondern zwischen beide schiebt sich der Kopfsinus ein; 2. das venöse Blut kehrt nur aus der Seitenwand des Körpers direct zur Kiemenarterie zurück; die Hauptmenge desselben sammelt sich in der Fusssohle und läuft von dieser aus zum Respirationsorgan. Nervensystem. Der Gehirnring liegt frei in dem Kopfsinus. Ich unterscheide an ihm eine vordere Portion, eine mittlere und eine hintere. Der mittlere Abschnitt ist durch den Austritt des Kiemeneingeweidestranges, des Pe- dalstranges, der Buccal- und der Subradularcormnissur charakterisirt; er erreicht die grösste Breite (bis zu 3 mm), während der vordere ca. 2 mm , der hintere nur 1/i mm breit ist. Von der vorderen und der mittleren Portion ge- hen ab 1. ca. 60 Neryen von der Dorsalkante, welche in den Mantel übertreten; 2. ca. 14 zarte Nerven von der Aussenfiäche zur Seitenwand des Kopfes und zur Buccal- muskulatur; 3. ca. 24 Nerven von der Ventralkante, welche die Mundplatte und Theile der Buccalmuskulatur versorgen. Von der Hinterportion treten nur ventralwärts gerichtete Nerven ab und zwar ca. 5 stärkere und zahlreiche feine; beide begeben sich zur Mundplatte. Das buccale Nerven- system zerfällt in 1) 2 Commissuren von faserigem Cha- rakter. ohne Complexe von Ganglienzellen, und 2) einen geschlossenen Buccalring mit dem Charakter eines Mark- stranges, durch den der Oesophagus hindurchtritt. Von Sitzung vom 15. October 1S95. 163 jeder Commissur tritt ein Nerv an einen Theil der Buccal- muskulatur. Der Bing versorgt mit einer Anzahl von Ner- ven die Wandung des Oesophagus, die Speicheldrüsen, die Divertikel, die Zuckerdrüsen und die Radulascheide. Die Haller' sehen Magenganglien sind nicht vorhanden. Zwi- schen dem Kiemenstrang und dem Fussstrang jeder Seite spannen sich mehrfache Queranastomosen aus. wie sie Thiele früher von anderen Arten schon beschrieben hat. Auf eine genauere Untersuchung der Nerven der lateralen Markstränge bin ich noch nicht eingegangen, doch kann ich schon jetzt angeben, dass von denselben ausgehen: 1. Nerven zu den Kiemen; 2. solche zum Mantel; 3. solche zur Muskulatur der Seitenwand des Körpers; sie setzen sich bis zu den Nierenkanälchen der Dorsalkammern fort und versorgen wahrscheinlich auch die Rückenhaut, die Aorta und das Geschlechtsorgan; 4. Nerven zu den Pedal- strängen. Abgesehen von diesen Anastomosen giebt das Fussmark ab: 1) Anastomosen. die die Pedalstränge unter sich verbinden. 2) eigentliche Fussnerven. Das Geschlechtsorgan dehnt sich vom Pericard bis zum Vorderrande des dritten Segmentes aus. Weiter nach vorn vermag es sich nicht auszudehnen, ebenso wenig wie die Vorderleber, weil eine bindegewebige, übrigens von manchen Oeffnungen durchbrochene Membran von der Cardia des Magens zur Hautbrücke zwischen der zweiten und dritten Schulpe emporsteigt. Das Geschlechtsorgan ist schon bei ganz kleinen Thieren angelegt, bleibt aber sehr lange auf einem unentwickelten Stadium stehen, da selbst bei einem Männchen von 7 cm Länge das Lumen des Organs nicht grösser als das der Aorta war. Bei ganz kleinen Thieren fehlen auch noch die Genitalarterien. Die Ge- schlechtsöffnung liegt zwischen zwei Kiemen; zählt man diese von hinten an, so liegt sie in der Regel vor der 22sten, zuweilen auch vor der 21sten oder 23sten Kieme. Die Organisation des Chiton acnleatus ist in einer Hin- sicht von allgemeinerem Interesse. Sie zeigt, wie durch eine äussere Segmentirung des Körpers auch eine innere 8* 164 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. Metamerie hervorgerufen werden kann. Mit Ausnahme des Verdauungskanales, des Nervensystems und des Geschlechts- organs zeigen alle übrigen Organe eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Gliederung, welche derjenigen der Schale entspricht. Besonders eclatant ist sie im dritten, vierten und fünften Segment, wo sie sich an der Niere, dem Gefässsystem und der Muskulatur offenbart; weniger deutlich tritt sie in den letzten drei Segmenten zu Tage, während sie in den beiden vordersten sich nur in der Muskulatur der Lei- beswand ausspricht. Wir können annehmen, dass das von Polycladen-ähnlichen Formen abstammende Urmollusk, das noch keine eigentliche Schale, sondern nur zerstreute Kalk- elemente in der Rückenhaut besass, sich an die Gezeiten- zone anpasste und so zur Stammform der Chitonen wurde. Jedesmal, wenn das Thier durch die Brandung von seiner Unterlage abgewaschen wurde, krümmte es sich gegen die Bauchfläche ein, in ähnlicher Weise wie noch jetzt die Chitonen sich einrollen können. Hierdurch entstand eine Gliederung der Schale und der Muskulatur, welche ihrer- seits allmählich eine Pseudosegmentirung der Niere und der Gefässe hervorriefen. Dass das Nervensystem noch keine Spur einer Segmentirung aufweist, liegt wohl an sei- ner niedrigen Stufe histologischer Differenzirung. Jedenfalls zeigen die Chitonen sehr deutlich, wie ein ursprünglich un- gegliederter Organismus in Folge bestimmter Bewegungs- formen in einen segmentirten übergehen kann. Im Austausch wurden erhalten: Faturwissenschaftl. Wocheuschrift (Potonie). X., No. 29—41. Leopoldina, Heft XXXI.. No. 11 — 18. Abhandlungen der Kgl. Pr. Akad. der Wissensch. aus dem Jahre 1894. Sitzungsberichte der Kgl. Pr. Akad. der Wiss., No. XXVI bis XXXVIII, Mai- Juli 1895. Veröffentlichuug des Kgl. Pr. Geodätischen Institus: 1. Zenitdistauzen zur Bestimmung der Höhenlage der Nordseeinseln Helgoland, Neuwerk u. Wangeroog etc. Sitzung vom 15. Qctöber 1S95. 165 2. Unters, über den selbstregistrirenden Universalpegel zu Swinemiinde. Berl. Entom. Zeit.. 39. Bd. (1894). IV. Heft. 40. Bd. (1895), I u. II. Heft. Zeitschrift für Naturwissenschaften. 68. Bd.. I. u. II. Heft. Leipzig 1895. Abhandlungen der Naturhist. Gesellseh. zu Nürnberg. N. Bd.. III. Heft. 1895. Verhandl. d. naturhistor. Vereins d. preuss. Rheinl. u. West- falens u. d. Reg.-Bez. Osnabrück. 51. Jahrg., II. Hälfte. Schriften des Naturwiss. Vereins für Schleswig - Holstein, Bd. X, II. Heft. Sitzungsber. der Naturf. Ges. zu Leipzig. 19. —21. Jahrg., 1891—94. Dreissigster Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1895. Deutsche botanische Monatsschrift. XIII. Jahrg., 1895, No. 8 — 10. August— October. Mittheil. d. Deutsch. Seefischereivereins. Bd. XI. No. 8 — 10. Mittheil. a. d. Naturhist. Museum in Hamburg, XII. Jahrg., 1894. Abhandlung, zur Landeskunde der Provinz Westpreussen, Heft VI: Beobachtungen über seltene Waldbäume in Westpreussen v. H. Coxwentz. „Fauna“, Verein Luxemburger Naturfreunde, 4. Jahrg., 1891, No. 2-4; 1892. 2-5; 1893, 1-6; 1894. Verhandl. u. Mittheil, des Siebenbtirgischen Vereins für Naturwiss. zu Hermannstadt. XLIV. Jahrg. 1895. Jahrbuch des Ungar. Karpathen-Vereins XXII. Jhrg., 1895. Annalen des k. k. Naturhistor. Hofmuseums, Wien 1895, Bd. X, No. 2. Sitzungsber. der Naturforscher-Gesellschaft bei der Univer- sität Jurjew (Dorpat), X. Bd., III. Heft, 1894: Syn- chronistische Tabellen über die Naturwiss. Journal- literatur von 1850—1893 von Prof. Dr. Cabl Schmidt. Dorpat 1895. Vierteljahrsschrift der Naturforsch. Gesellschaft in Zürich, 1895, 40. Jahrg., II. Heft. Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft Graubünden’s, Neue Folge, XXXVIII. Bd., 1894—95, mit Beilage: Die Ergebnisse der sanitärischen Untersuchungen der Recruten. 166 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Anzeiger der Akademie der Wissenschaft in Krakau, 1895, Juni, No. 6. Juli, No. 7. Bericht der Lese- und Redehalle der Deutschen Studenten in Prag über das Jahr 1894. 53. Jahres-Bericht des Museums Francisco- Carolinum. Linz 1895. Mittheilungen aus der Zoolog. Station zu Neapel. 12. Bd. 1. Heft. Berlin 1895. Atti della Societa Ligustica di Scienze Naturali e Geogra- fiche. Vol. VI, No. 2. Genova 1895. Memoires de LAcademie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. Tome I, No. I— IIP Tome XLII. No. 12. Bulletin de l’Academie Imperiale des Sciences de St. Peters- bourg. V. Ser. Tome II, No. 4. Memoires de la Societe des Naturalistes de Kiew. Tome XIII. XIV. Verhandlingen der Koniukl. Akad. van Wetenschap te Am- sterdam. Eerste Sectie, Deel II. No. 7. Verslagen van de Zittingen etc., Deel III, 1895. Verhandlingen etc., Eerste Sectie, Deel III, No. 1—4. Tweede Sectie, Deel IV, No. 1--6. Proc. Zool. Soc., London 1895, Part. II. Journal of the Royal Microscopical Society of London 1895, Pt. IV, 1895. Geologiska Föreningens i Stockholm. Förhandlinger, Bd. 17, Hafte 5. No. 166. Rendiconto dell’Accademia delle Scienze Fisiche e Mata- matiche. Napoli 1895, Ser. 3. Vol. I. Fase. 5 — 7. Bolletino delle Publicazione Italiane, 1895, No. 228 — 234. Bull. Soc. Imp. Natur. Moscou 1895, No. 1, 2. Ann. Soc. d’Agricult. Sc. Indust., Lyon, 7 Ser., Tome I, 1893. Annales de la Faculte des Sciences de Marseille. Tome II, III, IV, Fase. I — IV, Supp]., Tome IV, Fase. I. II. III. Bull. Soc. Sz. Natur, de la Ouest de la France, Tome 3, No. 2 — 4, 1893; Tome 4, 1 — 4 Trem., 1894; Tome 5, 1 Trem., 1895. Bulletin d’Acad. Royale Sc. Lett. Beaux Arts Belgique, 63 Annee, 3 ser„ T. XXV— XXVI, 1893; 64 Annee, T. XXVII— XXVIII, 1894. Annuaire d’Acad. Roy. St. Lett. Beaux Arts Belg., 1894, 1895. j. F. Starcke, Berlin W, 4 FEB.3 3 1895 Sitzungs-Bericht der Gesellschaft natmibrscliender Freunde Herr Dr. R. NEUHAUSS (als Gast) führte mit Hülfe seines Kalklieht-Skioptikons 110 Projektionshilder vor. Die ersten 20 Aufnahmen hatten die Flugversuche des Herrn Ingenieur Liliesthal zum Gegenstände. Lilienthal liess sich in Gross -Lichterfelde bei Berlin einen etwa 50 Fuss hohen Hügel aufscbütten. von dessen Spitze aus er seine Flugversuche unternimmt. Der ältere Apparat besteht aus zwei nicht beweglichen Flügeln; neuerdings fügte Lilienthal noch 2 weitere Flügel an, und zwar etwa IV2 m über dem unteren Flügelpare. Dieser Zwei-Etagen- Apparat besitzt eine viel grössere Tragfähigkeit und ge- stattet ein besseres Steuern. Verschiedene der Aufnahmen zeigen den Fliegenden hoch in den Lüften. 2 Bilder wurden in dem Augenblicke gefertigt, wo besonders starke Wind- stösse den Fliegenden senkrecht in die Höhe trieben. Die Aufnahmen erforderten wegen der grosssen Geschwindigkeit der Flugbewegung ungemein schnelle Momentverschlüsse. Daran schloss sich die Vorführung von 90 Thierauf- nahmen aus dem Berliner zoologischen Garten. Besonderes Gewicht wurde darauf gelegt, Thiere zu photographiren, die äusserst selten nach Europa gelangen und denen hier zumeist ein kurzes Leben beschieden ist. Zu derartigen Seltenheiten gehören der Riesen-Orang aus Borneo, das zu Berlin Vorsitzender: Herr Bartels. vom 19. November 1895. 9 168 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Javanische Langrüsselschwein, der chilenische Zwerghirsch (Pudu), die Schafe aus dem Hinterlande von Togo, der australische Stacheligel (Jüchidna hystrix ), die Wüstenfüchse (Fenek) u. s. w. Die Aufnahme der Thiere bereitete ganz ungewöhnliche Schwierigkeiten, die von den schlechten Lichtverhältnissen herrühren. Das dichte Laubdach der alten Bäume hält das photographisch wirksame Licht in einer Weise zurück, die ein erfolgreiches Arbeiten beinahe zur Unmöglichkeit macht. Auch die Gitterstangen der Käfige tragen ausserordentlich viel zur Verdunkelung der Thierwohnungen bei, um über- haupt nicht von den Fällen zu reden, wo die Aufnahme innerhalb der mangelhaft beleuchteten Häuser geschehen musste. Da die Thiere nur in den seltensten Fällen für wenige Sekunden in völliger Ruhestellung verharren, so bleibt dem Photographen zumeist nur die Wahl zwischen vollständiger Unterbelichtung und gänzlicher Unschärfe. Der bei diesen Aufnahmen ausschliesslich benutzte Stege- mann’sche Geheimapparat (Plattenformat 9X12 cm) half dank seines unmittelbar vor der Platte angebrachten Moment- verschlusses und der genauen Regulirar beit der Geschwindig- keit desselben über die meisten dieser Schwierigkeiten hinweg. Den Schluss der Projektion bildete die Vorführung der vom Vortragenden nach Lippmann’ schein Verfahren ange- fertigten Aufnahmen in natürlichen Farben (mehrere Spektren und 10 verschiedene Aufnahmen von Mischfarben: Fracht- stücken. Blumensträussen, ausgestopfter Papagei u. s. w.). Da derartige Platten nicht mit durchfallendem, sondern mit auffallendem Lichte zu beleuchten sind, so muss das hier- bei zu benutzende Skioptikon eine ganz eigene Bauart be- sitzen. Die nach Lippmann’schem Verfahren gefertigten Farben- bilder, deren Herstellung bekanntlich ausserordentliche Schwierigkeiten bereitet, sind vollkommen lichtbeständig und hat sich die Leuchtkraft der Farben bei den vom Vortragenden hergestellten Platten bisher in keiner Weise verändert. Sitzung vom 19. November 1895. 169 Herr VYandolleck führt 16 Projectionshilder von Dipterenfühlern vor and bespricht dieselben an der Hand seiner Abhandlung ..Ueber die Fiihlerformen der Dipteren“. (Zool. Jahrbücher Abt. f. System. 8. Bd. p. 779.) DieMehrgliedrigkeit der meisten sogenanntenBrachyceren- fühler war eine sehr lange bekannte Sache, und es hat auch nicht an Stimmen gefehlt, die auf die Verkehrtheit und Unnatürlichkeit einerEintheilung nach einem so variabeln Charakter hingewiesen haben. So widmete Brauer bereits in seinen systematisch-zoologischen Studien dem Dipteren- fühler einen Abschnitt, in dem er zeigt, dass die Ausbildung der Fühler nicht für die Verwandtschaft massgebend ist und daher dieses Organ keine Verwendung bei der Bildung- grosser Gruppen finden könne. In meiner Arbeit habe ich ein Hauptaugenmerk auf die Entwickelung einer Anzahl einfacher Fühlerglieder zum dritten Fühlergliede der Systematiker gerichtet. Ich nannte dieses Glied während und nach seiner Entwicklung „Complex“. Damit habe ich leider einen Ausdruck ge- braucht. der von Brauer in einem anderen Sinne verwendet wurde. Brauer bezeichnet mit dem Ausdruck „Complex“ jede Anzahl von Fühlergliedern, welche auf das zweite Glied folgen und zu einer Art Einheit zusammentreten, er zeigt dabei, dass in mehreren Fällen das dritte Glied der Systematiker ein derartiger „Complex“ ist. Die Ver- wachsung solcher Complexe zu einem einzigen „dritten“ Gliede nimmt er nicht an, da uach ihm, wie er mir brieflich mittheilte, jedes dritte Fühlerglied thatsächlich einfach ist, wenn es einfach erscheint.1) Mein Ausdruck „Complex“ bezeichnete daher etwas ganz anderes als der Brauers. Um nun keine Verwirrung zu verursachen und weil Brauer den Ausdruck nicht in dem in der Systematik gebräuch- lichen Sinne verwendet hat, will ich das Wort „Complex“ ') Dass solche Verrechnungen auch bei anderen Insekten Vorkommen, zeigt Fig. 1 — 6 der Taf. 1 der „Etudes sur la famille des Vespides Part. III Monogr. des Masariens von Saussure. Gerade an dem Fühler von Masaris vespiformis (Fig. 6) habe ich mich selbst überzeugt, dass die Abbildung die Verhältnisse richtig wiedergiebt. 170 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ganz fallen lassen. Für das in der Entwicklung befindliche resp. fertig ausgebildete „dritte“ Glied will ich den Namen „Kolbenglied“ einführen. Ein solches Kolbenglied würde sich finden bei Fühlern von der Form, wie sie meine Eiguren 18, 19, 22 — 45, 48 zeigen, wogegen Fühler wie Fig. 20, 21 kein Kolbenglied besitzen. Das Kolbenglied ist aus der Verwachsung einer Reihe von einfachen Fühlergliedern hervorgegangen und durch seine unsymmetrische Umbildung entstehen Formen, wie bei Tabanus, Myopa und den Musciden. Ich glaube hier noch einen kleinen Beitrag zur Kennt- niss des Oestridenfiihlers geben zu können. In meiner Arbeit habe ich den Fühler von Hypoderma so geschildert, als ob derselbe viergliedrig sei, es ist mir leider bei der Präparation das erste Glied verloren gegangen, so dass der Fühler jetzt als fünfgliedrig zu betrachten ist. Er besteht demnach aus einem kurzen cylindrischen Gliede, zwei auf dieses folgenden halbkreisförmigen, blattartigen Gliedern, dem Kolbengliede und dem fadenförmigen End- gliede. Das Interessanteste an dem Fühler sind die beiden blattartigen Glieder, welche 'das Kolbenglied umfassen. Man kann in der Reihe der Oestriden ihre allmählige Ausbildung verfolgen. Bei einigen findet man einen ge- wöhnlichen Muscidenfühler (erstes Glied, zweites Glied, Kolbenglied, Endglied), bei anderen Formen treten an Stelle des zweiten Gliedes zwei zungenförmige Glieder auf, welche sich allmählig über und unter das Kolbenglied schieben, und wie sie sich verbreitern, dieses umfassen und so einen Fühler wie deu von Hyp. tarandi bilden. Dass die Aus- bildung beider Glieder nicht immer mit einander Schritt hält, zeigt der kürzlich von Brauer beschriebene Fühler von Spathicera , hier ist das untere Glied tasterförmig ge- worden und hat dadurch bei Corti die Vorstellung von dem „Tasteranhang“ des Fühlers hervorgerufen, während das obere Glied die typische Blattform ausgebildet hat. Brauer hat den Fühler nicht genauer untersuchen können und glaubt, dass das untere Glied ein Theil des oberen Gliedes Sitzung vom 19. Xovember 1S95. 171 sei. Ich denke mir. dass bei Spathicera die Sache ähnlich liegen wird wie bei Hypoderma tarandi. wo beides selbst- ständige Glieder sind. Ob beide Glieder ans einer Spaltung des zweiten Gliedes hervorgegangen sind, will ich noch nicht entscheiden, da ich die seltenen Stücke nicht präpa- rieren kann, obgleich eine solche Annahme nach meinen Untersuchungen sehr viel für sich zu haben scheint. Was die Projectionsbilder anbelangt, so wurden die- selben nach meinen Negativen von mir auf selbstgegossenen Platten hergestellt. Es kam dabei das Russel’sche Collo- diumtrockenplatten-Tanninverfahren in Anwendung. Dieses Verfahren hat vor allen andern den Vorzug, dass man stets selbst in der Lage ist, sich gleichmässige Platten anzu- fertigen und ohne grosse Umstände und Schwierigkeiten; dass die Bilder bei richtiger Behandlung stets gleichmässig im Ton sind und dass sie in den Lichtern eine Klarheit und in den Schatten eine Zartheit und Durchsichtigkeit zeigen die von keiner Gelatineplatte erreicht wird. Ich verdanke die Kenntnis dieses schönen Verfahrens meinem hochver- ehrten Lehrer in der Photographie Herrn Prof. Dr. Zettnow, dem ich auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte. Ich muss hier noch nothgedrungeu auf einen Punkt in meiner Arbeit in den Zool. Jahrbüchern zurückkommen. Die Tafel ist leider nicht photographisch hergestellt worden. Der Lichtdruck erwies sich als total unfähig, die Feinheiten meiner Negative wiederzugeben, so dass nach monatelangen Versuchen zur Lithographie nach meinen Photos geschritten werden musste. Die Lithographie Werner & Winter’ s ist dann ihrer Aufgabe glänzend gerecht geworden. Herr Matschie sprach über Lyncodon patagonicum (Blainv.). Durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Bedot, Direktor des Naturhistorischen Museums in Genf, ist das Königliche Museum für Naturkunde zu Berlin in den Besitz eines Exemplares von Lyncodon patagonicum (Blainv.) ge- langt. Dasselbe ist von Herrn G. A. Claraz in Patagonien 172 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. gesammelt worden, zusammen mit drei anderen Stücken dieser Spezies, welche im Genfer Museum aufbewahrt werden. Bis zum Jahre 1879 kannte man von dieser seltenen Marder -Art nur einen einzigen Schädel, welcher sich in Paris befindet und seiner Zeit von d’Orbigny am Rio Negro gefunden worden ist. Auf ihn hin hatte de Blainville seine Mustela patagonica x) beschrieben und Gervais* 2) die Gattung Lyncodon begründet. Im Jahre 1880 gab dann H. Burmeister3) eine Beschreibung von zwei vollständigen Exemplaren und ein Jahr später erwähnte A. Doering4) ein anderes Stück, welches Kapitän Silva in der Nähe von Rincon Grande gefangen hatte. Ameghino5) beschrieb end- lich einen Schädel aus der Provinz Buenos Ayres und einen einzelnen Unterkiefer aus der Gegend von Cordoba als Lyncodon lujanense. Die Gattung Lyncodon unterscheidet sich von fast allen anderen Musteliden dadurch, dass nur drei Backenzähne, und zwar der zweite und dritte Praemolar und der erste Molar jederseits im Ober- und Unterkiefer stehen. Eine einzige andere Gattung Poecilogale Thos. 6) hat die gleiche Gebissformel,; unterscheidet sich aber durch die sehr flachen vermittelst der Hamuli oss. pterygoid. mit dem Palatinum ver- bundenen Bull, oss., die sehr grossen Pori acustici externi und den, wie bei Mustela, dicht neben dem vorderen Rande des oberen Reisszahnes, nicht am Innenrande vorspringenden Höckeransatz. Die Gattung Poecilogale schliesst sich offen- bar an Ictonyx kauf an. Zittel7) stellt Lyncodon zu den Melinae neben Cone- 0 I)e Blainville, Osteographie, genre Mustela 1842 p. 81 pl. 13. 2) Gervais, Dict. univ. cfhist. nat. de Ch. d'Orbigny: Dents. Tome IV. 1855 p. G85. s) H. burmeister, Archiv für Naturgesch. 1880 p. 111. 4) A. Doering, Exped. al Rio Negro del General D. J. A. Rocca. 1881 p. 32. 6) Ameghino, Contribucion al conocimiento de los mammiferos fossiles de la Rep. Argent. (Bd. IV. Act. Acad. Cordoba. 1889 p. 324). G) Oldf. Thomas, Ann. Mag.Nat.Hist. 1883. Ser. Y. vol. XI. p. 370. 7) K. a. Zittel, Palaeozoologie. Bd. IY. Vertebrata (Mammalia) 1893 p. 6-52. Sitzung vom '19. Xovember 1S95. 4 O 1 < 0 patus und Mephitis ; Grat8 9) führt es mit einem Fragezeichen unter den Synonymen von Conepatus humboldti auf; Flower und Ltdekker") schliessen sieh der Meinung von 0. Thomas an und vermuthen in Lyncodon nur eine abweichende süd- liche Form von Mustela (Putorius) brasiliensis ; Vogt10), welcher die Genfer Exemplare untersucht hatte, giebt Lyncodon neben dem Xörz einen Platz; Burmeister3) ver- gleicht ihn zwar in der Gestalt mit Galictis. zieht aber bei der Betrachtung des Schädels und Gebisses nur Mustela erminea heran; Trouessart n) lässt ihn auf Galictis folgen. Die Ansichten über die systematische Stellung von Lyncodon sind also sehr getheilt. Dass Lyncodon nichts mit Zittels Melinae zu thuu hat, ist leicht zu beweisen. Alle Dachse und Stinkthiere haben einen sehr grossen, breiten, abgerundeten und flachen Höckerzahn im Oberkiefer, bei Lyncodon ist der obere Molar ungefähr doppelt so lang wie breit und noch schmaler als der obere Reisszahn hinter dem Innenhöcker. Von Mustela unterscheidet sich Lyncodon durch folgende Merkmale; Der Innenhöcker des oberen Reisszahnes befindet sich nicht am vorderen Rande des Zahnes, sondern setzt sich am Innenrande an und reicht ungefähr bis zur Mitte des Zahnes, wie es auch bei Gcdictis und Galcra der Fall ist. Die Bullae osseae sind vorn in einen Zipfel ausge- zogen, welcher sich in der Richtung auf die Hamuli oss. pterygoid. ausdehnt, während bei Mustela der Vorderrand der Bullae sich nicht über die Tuba eustachii herüberwölbt. Der Jochbogen ist bei Lyncodon sehr flach gebogen, bei Mustela fast halbkreisförmig gewölbt. In allen diesen Kennzeichen nähert sich Lyncodon der Galictis und Galcra und nur mit diesen beiden Gattungen ist es zu vergleichen. 8) J. E. Gray, Cat. Carniv. Pachyderm Edent. Mamra. Brit. Mus. 1869 p. 135. 9) W. H. Flower und R. Lydekker, An Introduction to the study of Mammals living and extinct. 1891 p. 589/90. 10) K. Vogt und Specht. Die Säugethiere in Wort und Bild. 1892 p. 203. n) E. L. Trouessart, Bull. Soc. d'Etudes scient. d’Angers. 1885. p. 37 No. 2378. 174 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Einige der hauptsächlichsten Unterschiede zwischen Galictis und Galera sind (z. T. nach Nehring12)) folgende: Geilem: Der Paroccipital-Fortsatz ist stark entwickelt und springt nach unten vor; das Foramen jugnlare ist nicht getheilt; das Foramen glenoideum ist fast halb so breit wie der Porus acusticus externus; die Fora- mina incisiva sind breit und divergiren nach hinten; der Choanen -Ausschnitt ist ungefähr so breit wie das Hinterhauptsloch; der innere Höcker-Ansatz des oberen Reisszahnes hat vorn eine Spitze. Galictis: Der Paroccipital-Fortsatz tritt wenig hervor; das Foramen jugulare ist in zwei Löcher getheilt; das Foramen glenoideum ist sehr klein; die Foramina incisiva sind schmal und verlaufen parallel. Der Choanen-Ausschnitt ist bei weitem nicht so breit wie das Hinterhauptsloch; der innere Höcker-Ansatz des oberen Reisszahnes hat vorn keine Spitze. Lyncodon stimmt in allen diesen Verhältnissen mit Galictis überein. Es ist nunmehr die Frage zu beantworten, ob Lyncodon als Gattung aufrecht erhalten werden muss oder mit Galictis zu vereinigen ist. Die Reduktion in der Zahl der Molaren besagt nicht allzuviel, da bei Galictis sowohl das gelegentliche Fehlen eines Praemolars als auch überzählige Praemolaren nach- gewiesen sind. Im Oberkiefer zeigen mehrere bekannte Exemplare genau dieselbe Zahnformel wie Lyncodon, im Unterkiefer verschwindet zuweilen der erste Praemolar, so dass noch zwei Praemolaren und zwei Molaren bleiben. Dass aber auch der kleine zweite Molar des Unterkiefers bei Mardern gelegentlich fehlen kann, zeigt ein Exemplar von Poeciloyalc, welches Emin Pascha sammelte; es besitzt rechts diesen Zahn, auf der linken Seite fehlt er aber, ohne dass eine Alveole angedeutet ist. Lyncodon unterscheidet sich jedoch in wesentlichen Merk- malen so sehr von Galictis , dass es nicht möglich ist, beide in einer Gattung zu vereinigen. 12) A. Nehring, Zool. Jahrb. I. 1886 p. 191 — 198. Sitzung vom 19. November 1S95. 175 Bei Galictis ist die Entfernung des Hinterrandes des Foramen ovale von der Bulla ungefähr gleich dem Durch- messer des Porus acusticus externus. bei Lyncoäon viel kleiner; die Entfernung des Vorderrandes des Choanen-Aus- schnittes vom Molar ist bei Lyncoäon so gross wie die Länge des Reisszahnes, bei Galictis viel grösser; die ge- ringste Schädelbreite hiuter der Orbita ist bei Lyncoäon ungefähr so breit wie die Entfernung des vorderen Augen- randes von der vorderen Nasenöffnung, bei Galictis viel breiter; der obere Molar ist bei Lyncoäon viel länger als die Entfernung des Vorderrandes der Bulla hinter dem Rande der Ohröffnung von dem Vorderrande des Proc. post- glenoidalis. bei Galictis bedeutend kürzer. Abbildungen des Schädels von Lyncoäon findet man in de blainville’s Werk1) und in d’Orbigny’s Atlas.13) In der äusseren Erscheinung stellt Lyncoäon eine Zwergform der Galictis dar und hat mit einem Wiesel oder Hermelin sehr wenig Aehnlichkeit. Die Haare des Rückens sind lang und stehen weit vom Körper ab wie bei den Grisons, die Ohren sind so kurz, dass sie kaum aus dem Pelze hervorsehen. Der Schwanz ist ähnlich wie bei Galictis. Charakteristisch erscheint, wie schon Burmeister betonte, die Ungleichheit der Krallen an den Vorder- und Hinterfüssen. „Die der ersteren sind lang, dünn und fein zugespitzt, mässig gekrümmt; die der hinteren ganz kurze, feine Spitzen.“ Die Grisons sind je nach dem Heimathlande sehr ver- schieden gefärbt und verschieden gross. Lyncoäon sieht unge- fähr so aus wie eine nord brasilianische Galictis vittata, ist aber nur halb so lang, auf dem Rücken lehmbraun mit deut- lichen sich scharf abhebenden weissen Längsstrichen, die durch die weissen Ringe an oder vor der Spitze der langen Grannenhaare gebildet werden. Ausserdem ist der ganze Oberkopf weiss, die Nase bräunlich grau und die wie ein Baschlik hinten an jeder Seite des Halses verlaufende 13) D’orbigny, Voyage dans l’Am. merid. Tom. IY. p. 20 pl. 13. Fig. 4. 1847. 176 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Fransenbinde weisser Haare tritt sehr hervor, weil sie aus ziemlich langen Grannenhaaren besteht. Der Nacken und Hinterkopf sind sehr dunkelbraun wie der Bauch und die Aussenseite der Beine. Die Heimath des Lyncodon ist das nordwestliche Patagonien und das südliche Argentinien von Mendoza nach Süden bis zum Rio Colorado, nach Osten bis Azul in der Provinz Buenos Ayres. Aus einem ausführlichen Briefe des Herrn Georg claeaz in Zürich-Hottingen, welchen ich soeben erhalte, kann ich noch folgende interessante Mittheilungen anschliesseu : „In Argentinien wird häufig das Fell des Huron ( Galictis vittata) als Tabaksbeutel benutzt. So sahen wir im Anfang der 60er Jahre in Tres-Arrogos, Provinz Buenos Ayres zwischen 38° und 38° 50' Siidl. Breite und 60° bis 60° 25' westlich von Greenw. einen Beutel, der uns ver- schieden schien von der erwähnten Art. Man sagte uns, dass das Thier etwas südlicher bei Quequen Salado erbeutet worden und unter dem Namen „Huron Colorado“ bekannt sei. In Bahia blanca. wo ich mich niederliess, erhielt ich zwei Exemplare nach längerer Zeit, andere später vom Sauce grande, dem Grenzfluss des Bezirkes Bahia blanca und fand selbst das Thier am Naposta grande, der in die Bay von Bahia mündet. Auch am Rio Colorado und am Rio Negro kommt die Art vor und noch südlicher bei Chubat unter 43° siidl. Breite.“ Herr Claraz macht dann auf zwei Arbeiten aufmerk- sam, in welchen Lyncodon erwähnt wird. Es sind diese, abgesehen von der bereits durch Burmeister3) aufgeführten Litteratur, folgende: F. Leybold. La Plata. Monatsschrift. III. 1875. No. 7 p. 101. 14. Juli. Ein Ausflug nach den argentinischenPampas. Tagebuchblätter. Aus dem Spanischen übersetzt von Dr. P. G. Lorentz und eine Arbeit von Carlos Burmeister. Annales Mus. nac. 1888. Tom. III. „Ich halte Lyncodon für eine rein patagonische Art. Nach Westen scheint es bis zum Kamm der Cordilleren, nach Osten bis zum Ozean, nach Norden bis zu einer Linie Sitzung vom 19. November 1S95. 177 verbreitet zu sein, welche von Mendoza über Azul nach Quequen Salado geht.“ ,.Ameghino und Burmeister halten Lyncodon für sehr sehr selten; es geht dieser Art aber wie allen kleinen Säugethieren. sie sind wenig sichtbar und schleichen unbe- merkt zwischen dem Grase und Gestrüpp herum. Ich habe mehrere selbst gesehen und vielfach von Leuten gehört, die den Huron Colorado getödtet hatten. Während Galictis vittata sich leicht zähmen lässt, ist dies vom Lyncodon nicht der Fall. Das Tbierchen ist und bleibt böse und scheint keck vor dem Feinde Front zu machen. Ich fand im Magen halb verdaute Fleischstücke und auch Haare und glaube, dass Lyncodon kleinen Nagern, Muriden und Iics- peromys nach stellt. “ Herr Claraz hatte die Güte, mir Haare aus dem Magen eines Lyncodon zur Untersuchung zu schicken. Ich habe vorläufig nur feststellen können, dass dieselben nicht, wie R. Vogt vermuthete, einem jungen Viskacha angehören, sondern sehr grosse Aehnlichkeit mit den Haaren von Hesperomys haben und behalte mir weitere Mittheilungen hierüber vor. Im Austausch wurden erhalten: Journal Asiatic Soc. Bengal, Vol. LXIV, P. II. No. 2, 1894. Psyche. Journal of Entomology, Vol. 7. No. 231 -234. Bull. Mus. Comp. Zool. Harward Coli., Vol. XXVIII, Mo. 1. Missouri Bot. Garden. 6. Annual Report, 1895. Boletin Acad. Nac. Ciencias en Cordoba (Rep. Argentina), T. XIV, Entrego 2 a, 1894. Rev. Facul. Agron. Vet. La Plata, No. V, VI, 1895. Boletin Com. Geol. Mexico, No. 1, 1895. Com. Geol. Mexicana, Exped. Cient. Popocatepetl . Mexico 1895. Ann. Rep. Dep. of Mones New South Wales, 1877, 78, 80. 81, 84—94. Mineral Products New South Wales, 1887. Minerals of New South Wales 1888. 178 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Geological Memoirs of N. S. W., I. V. Paläontolog. Memoirs of N. S. W., I— V (1 u. 2), VII bis VIII (1—3). Records Geol. Survey N. S. W., Vol. I, 1. 3; II, 2—4; Vol. III. IV,. 1—3. New South Wales Austra. Museum. Rep. f. the year 1895. Leopoldina Heft XXXI. No. 19-20. Naturw. Wochenschr. X. Bd. No. 42—46. Mitth. d. Deutsch. Seefischerei Vereins Bd. XI. No. 11. Abhandl. u. Ber. XXX. d. Ver. f. Naturk. Kassel 1894—95. Ber. üb. d. Senckenbergische Naturf. Ges. 1895. 72. Jahresber. d. schles. Ges. f. vaterl. Cultur 1894. Mitth. a. d. Jahrb. d. Kgl. Ungar, geol. Anst. IX. Bd., 7 Heft. Bolletino delle Publicazioni Italiane No. 235—237. Ann. Mus. Civico Storia Nat. Genova ser. II. Vol. XIV, XV. Atti Reale Accad. Lc. Fis. Math. II. ser. Vol. VII. Resultats des Camp. Scientf. Albert I, Prince de Monaco. Fase. VIII, IS. Bull, du Comite Geol. St. Petersbourg XII, No. 8 — 9, XIII, 1-9, XIII ouppl., XIV, 1 -5. Als Geschenk wurde mit Dank entgegengenommen: Deutsche botanische Monatsschrift, XIII. Jahrg., No 7. Plantas Nuevas Chilenas R. A. Philipp!, Santiago de Chile 1895. Remarques s. 1. Nomencl. Hepaticologique, Auguste Le Jolis, 1894. Etudes sur les Fourmis etc., 9., 10., 11. Note. Jharles Janet, 1895. Observ. sur les Frelons, Charles Janet, 1895. Sur la Vespa crabro, L., Charles Janet 1895. Sur les uids de la Vespa crabro L., Ch. Janet, 1894. E. Harle „Daim quaternairc de Bagneres — de Bigorre“. Gekauft wurden: Zeitschr. f. wissensch. Zool. 60. Band, Heft II. Archiv f. Naturg. 57. Jahrg., II. Bd., 1. Heft. 61. Jahrg., I. Bd., 2. Heft. Register 26—60. Jahrg. J. F. Starcke, Berlin W„ 4 FEE So Nr. 10 1895. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft natiirforscliender Freunde Herr F. Schaudinn sprach über Plastogamie bei Foraminiferen. Copulation hat man schon bei zahlreichen Rhizopoden beobachtet, doch sind die Vorgänge, die sich hierbei im Innern des Weichkörpers abspielen, besonders die Kern- verhältnisse, noch wenig bekannt. Bei Heliozoen ist die Verschmelzung zweier oder auch mehrerer Individuen sehr verbreitet, ebenso bei Süsswassertestaceen, wie Bifflugia, Arcella, Euglypha etc. Bei Bifflugia, deren Copulation Verworn *) genauer studirt hat, sollen bisweilen nebenkern- ähnliche Gebilde Vorkommen und bei der Copulation sich ähnliche Vorgänge, wie bei der Conjugation der Infusorien abspielen. Dies ist meines Wissens der einzige Fall, in dem bei der Copulation der Rhizopoden Kernveränderungen behauptet sind. Doch sagt Verworn selbst, dass er keine Klarheit über diese Processe erlangen konnte, und scheint mir daher das Vorkommen von Nebenkernen bei Bifflugia noch sehr der Nachprüfung, besonders unter Anwendung der neueren Schnitt- und Färbemethoden zu bedürfen. Ich selbst habe zahlreiche Difflugien. auch copulirte, in den ') Cf. Verworn. Biologische Protisten -Studien, II, in Zeitschr. •wiss. Zool., 1890, vol. 50, p. 443. zu Berlin Vorsitzender: Herr Bartels. vom 17. December 1895. 10 180 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. verschiedensten Stadien geschnitten und mit verschiedenen Ivernfärbemitteln (u. a. auch mit der für die Deutlichmachung der Nebenkerne bei Infusorien vorzüglichen Eisenhämatoxylin- färbung nach Benda-Heidenhain) behandelt, aber immer nur den einen grossen, wabig gebauten Kern gefunden, der bei der Copulation in beiden Individuen sich stets im Ruhe- zustand befand. Die einzigen Veränderungen, die er über- haupt nach meinen Beobachtungen durchmacht, sind die Vorbereitungen zur Theilung, die vor der bekannten Zwei- theilung dieser Thiere auf mitotische Weise, ähnlich wie bei Euglypha1), erfolgt, worauf ich a. 0. näher eingehen werde. Ich glaube daher, dass die Nebenkerne bei Bifflugia durch irgendwelche unbekannte Stoffwechselproducte vor- getäuscht worden sind. Die übrigen Beobachtungen Verworns an Difflugien kann ich vollständig bestätigen. Der zweite mir bekannte Fall, in dem bei der Copu- lation von Rhizopoden auch die Kernverhältnisse genauer studirt wurden, betrifft die Verschmelzung von Actinosphärien. Hier hat Johnson2) zahlreiche Stadien der Verschmelzung auf Schnittserien untersucht und nachgewiesen, dass in den copulirenden Individuen keine Kernveränderungen eintreten, ebensowenig konnte er nach der Copulation eine besondere Art der Fortpflanzung constatiren. nur die Vermehrung durch Theilung schien lebhafter zu sein. Johnson nennt die bei Actinosphaerium gefundene Art derZellverschmelznng „Plasto- gamie“. Dieser Ausdruck stammt von Hartog und wird in seiner ideenreichen Abhandlung über die Probleme der Fortpflanzung3) für die Art der Zellverschmelzung gebraucht, bei der es nicht zur Verschmelzung der Kerne kommt (z. B. bei der Plasmodienbildung der Myxomyzeten). Er fasst diese Art der Copulation als eine Vorstufe der „Karyogamie“ auf, die durch die Kernverschmelzung charakterisirt ist. Ich muss die Copulation von Difflugia, Centropyxis, Arcella, *) Cf. Schewiakoff. Die karyokinetische Kerntheilung der Eurjly- pha alveolata , in: Morph. Jahrb., 1888, vol. 13, p. 193, t. 6—7. 2) Cf. Johnson. The Plastogamy of Actinosphaerium , in: Journ. of Morph., 1894, vol. 9, p. 269 — 276. ä) Cf. Hartog. Some Problems of Reproduction, in: Quart. Journ. microsc. Sei., 1892, No. 5, vol. 33, p. 7. Sitzung vom 17. December 1895. 181 Acanthocystis , Nuclearia nach meinen Beobachtungen an diesen Formen, die ich später genauer mittheilen werde, vorläufig für Plastogamie halten. Dass bei Actinoplirys hin- gegen Karyogamie vorkommt, wird demnächst a. 0. gezeigt werden. In Folgendem soll in Kürze J) die Copulation bei eini- gen Foraminiferen geschildert werden, in welcher Rhizopoden- gruppe dieser Vorgang meines Wissens bisher noch nicht bekannt geworden ist. Genauer studirt habe ich die Plasmaverschmelzung bei Patellina corrugata Will, und Discorbina globular in d Orb., copulirte Individuen aber auch bei zahlreichen anderen Foraminiferen gelegentlich beobachtet. 1. Patellina corrugata Will. Zum Verständniss der Copulation ist es nothwendig, vorher etwas auf den Bau und die Fortpflanzung dieser Form einzugehen. Patellina ist eine kalkschalige. perforate Polythalamie und besitzt die Gestalt eines Hohlkegels Die Spitze desselben wird von einer mehr oder weniger kugligen bis scheibenförmigen Embryonalkammer gebildet, hieran schliessen sich in einer helicoiden Spirale die Windungeu der Schale, welche die Wand des Hohlkegels einnehmen. Dieselben stellen Anfangs eine einfache, ungekammerte Röhre dar. gehen dann aber in eine zweizeilige Karnmerung über, das heisst je eine Kammer nimmt die Hälfte eines Umgangs ein. Für unsere Species ist es charakteristisch, dass die jüngeren Kammern durch transversale Septa in secundäre Kämmerchen getheilt werden. Rhumbler2) stellt Patellina wegen des ungekammerten, spiraligen Anfangstheils der Schale zu den Spirillinen, worin ich ihm vollkommen Recht gebe; ich habe einige Male Formen beobachtet, bei denen die Karnmerung erst sehr spät (nach 6 — 7 Windungen) ’) Diese, wie alle meine bisherigen Mittheilungen über Foramini- feren sind nur als vorläufige aufzufassen. Eine genaue und mit Ab- bildungen versehene Darstellung der geschilderten Verhältnisse wird in meiner monographischen Bearbeitung der Foraminiferen -Fortpflan- zung gegeben werden, die, wie ich hoffe, in Jahresfrist fertiggestellt werden kann. ’) Ct. Rhumbler. Entwurf eines natürlichen Systems der Tha.la- mophoren, in: Nachricht, k. Ges. d. Wiss., Göttingen 1895, Heft 1, p. 85. 10* 182 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. auftrat, und die bis dahin den Spirillina-Charakter zeigten. — Die von den Windungen der Schale umgebene Höhlung des Kegels kann man. wie bei Schnecken, als Nabelhöhle bezeichnen. Der obere Theil derselben ist gewöhnlich mit secundär aufgelagerter Schalensubstanz ausgefüllt, die bei älteren Formen bisweilen von unregelmässigen Käm- merchen durchsetzt ist. Patellina lässt sich ausserordentlich leicht in Aquarien züchten und trat in manchen meiner Gläser so epidemisch auf, dass ein Deckglas, welches am Abend in das Aqua- rium hineingelegt wurde, am anderen Morgen dicht mit Patellinen bedeckt war. — Meine an Aquarien-Exemplaren hier in Berlin (die Thiere stammten aus Rovigno) gemach- ten Beobachtungen, konnte ich an freilebenden zu Bergen an der Norwegischen Küste bestätigen. — In einzelnen Gläsern waren die Schalen der Patellinen so kalkarm und daher durchsichtig, dass man die Kerne gut erkennen konnte; dies dürfte daher rühren, dass in diesen Gläsern mehrere Jahre hindurch viele Generationen von Foramini- feren gezüchtet waren und infolge dessen im Meerwasser nicht mehr genügend Kalk vorhanden war. Um die Kerne leicht erkennbar zu machen, sind auch die Nahrungsver- hältnisse zu berücksichtigen. Patellina nimmt sowohl thie- rische als pflanzliche Nahrung auf; die Verdauung erfolgt ausserhalb der Schale vermittelst der Pseudopodien, was für das Studium der Kerne sehr günstig ist, weil das Plasma rein und durchsichtig bleibt. Nun habe ich aber beobachtet, dass, wenn die Patellinen, Copepoden-Nauplien oder Infusorien, überhaupt Thiere verzehrten, ausserordent- lich zahlreiche und grosse krystallinische Excretkörner auf- traten. welche die Beobachtung der Kerne ganz unmöglich machten; bei Diatomeennahrung war dies nicht der Fall, hier trat zwar das bekannte braune, körnige Pigment auf (Diatomin?), doch hoben sich von demselben die hellen Kerne sehr deutlich ab. Aus diesem Grunde habe ich die Patellinen nur auf Diatomeenrasen gezüchtet. Nachdem Deckgläser in anderen Aquarien sich mit Diatomeen be- deckt hatten, wurden sie in die Patellina- Gläser gebracht, Sitzung vom 17. Decemher 1895. 183 um mit diesen Foraminiferen bevölkert zu werden. Zur Untersuchung wurden sie herausgenommen, auf der Seite, auf welcher die wenigsten Patellinen sassen, abgetrocknet und mit der nassen Seite auf den Objectträger gelegt, doch mit Glasleisten so unterstützt, dass die Schalen der Fora- miniferen gar nicht gedrückt wurden. So konnte ich die Patellinen von ihrer Unterseite mit den stärksten Vergrös- serungen beobachten, ohne sie zu stören. Während der Pausen der Beobachtung wurde das Deckglas dann an einem Faden senkrecht in das Aquarium gehängt. Die Thiere sitzen auf demselben so fest, dass man sie mit dem ganzen Deckglas fixiren , entkalken und wie auf- geklebte Schnitte färben kann, was zur Controle der am lebenden Thier gemachten Beobachtungen sehr günstig ist. Später habe ich mit noch besserem Erfolge zur Beobach- tung und Conservirung mein Microaquarium *) benutzt, das auch während der Beobachtungspausen in das’ Aquarium gehängt wurde. Leider ist es mir nicht möglich, hier auf die Details der für die Foraminiferen - Untersuchung sehr wichtigen Deckglaszucht näher einzugehen und muss ich wiederum auf meine ausführliche Arbeit verwaisen, iu der ich meine Beobachtungs - Methoden eingehend schildern werde. Die Hauptbedingung, die erfüllt werden muss, um die Foraminiferen lebenskräftig zu erhalten und zur Fort- pflanzung zu bringen, besteht in der Regulirung des Salz- gehalts und in der Sorge für sehr reichliche Nahrung. Patellma ist während des grössten Theils ihres Lebens einkernig; die Kernvermehrung tritt gewöhnlich erst kurz vor der Fortpflanzung ein. Der grosse, feinwabig structu- rirte, kuglige Kern liegt im Rukestadium stets in der Em- bryonalkammer, was seine Auffindung und Beobachtung im Leben sehr erleichtert. Erst wrnnn er sich zur Theilung anschickt, rückt er in die Spirale hinein und streckt sich sehr in die Länge. Hierauf nimmt er Flüssigkeit auf und wird vacuolisirt, die chromatische Substanz sondert sich innerhalb der jetzt deutlich erkennbaren Kernmembran in ’) Cf. Schaudinn. Ein Mikroaquarium , in : Zeitschrift f. wiss. Mikrosk., 1894, vol. 9, p. 326. 184 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. mehrere hintereinander gelegene Abschnitte, so dass der Kerninhalt wie segmentirt erscheint; dann verschwindet die Kernmeinbran, die Kernsegmente lösen sich von einander, werden durch die Plasmaströmung im ganzen Weichkörper zerstreut und gleichen, nachdem sie sich abgerundet haben, vollständig dem Mutterkern. Die Zahl der Theilstücke, in die der Kern zerfällt, ist bei den einzelnen Individuen sehr verschieden, selten waren es nur 2, meistens 7 — 10. (Diese Beobachtungen sind am lebenden Thier gemacht und an gefärbtem Material controlirt worden, was leider bei vielen anderen Foraminiferen wegen der Undurchsichtigkeit der Schale nicht möglich ist; doch kann man bei fast allen jungen Foraminiferen die Kerne, wenn man sie einmal ge- färbt und die Structur erkannt hat, auch im Leben auffin- den.) Diese Art der multiplen Kernfragmentirung ist die einfachste, welche ich bei Foraminiferen gefunden habe; sie lässt sich dadurch, dass zuweilen nur zwei Theilstücke Vorkommen, leicht an die directe Kerndurchschnürung an- schliessen. Andererseits finden sich innerhalb der Fora- miniferengruppe manuigfaltige Uebergänge von diesem ein- fachen Kerntheilungsmodus bis zu der complicirten multiplen Kernvermehrung bei Polystomella und Saccammina1). Einzelne der Tochterkerne von Patelüna können sich nun wieder auf eben dieselbe Weise wie der Mutterkern vermehren und eine Generation kleinerer Kerne bilden, so dass man bei demselben Thier Kerne von sehr verschie- dener Grösse findet, doch ist die Zahl derselben nicht sehr gross; selten habe ich mehr als 30 beobachtet, gewöhnlich aber viel weniger. Die einzige Art der Fortpflanzung, die ich bei Patelüna beobachtet habe, ist die Embryonenbildung, die ich bereits ') Die von Rhumbler in seiner Saccamina-Monographie (Zeitschr- f. wiss. Zool., 1894, vol. LYII, p. 560) gemuthmasste multiple Kern- vermehrung findet tatsächlich statt; die Kernsubstanz wird durch den ganzen Weichkörper zerstreut, sammelt sich dann wieder in einzelnen Gruppen an, die zu den Tochterkernen sich ausbilden. Die Embryonen werden durch Theilung des Plasmas innei’halb der Schale gebildet, und erhält jeder Embryo einen Kern. Die jungen Thiere verlassen die Mutterschale, nur mit einer Gallerthülle bekleidet. Sitzung vom 17. December 1895. 185 in meiner ersten Mittheilung1) erwähnte. Aehnlich wie bei Polystomella fliesst sämmtliches Plasma aus der Schale heraus, sammelt sich aber hier interessanter Weise in der Nabelhöhle an. die als Bruthöhle dient, und theilt sich in so viel Theilstücke als Kerne vorhanden sind (nur aus- nahmsweise erhält ein Embryo 2 oder 3 Kerne). Und zwar steht die Grösse der Theilstücke im Verhältniss zur Grösse der Kerne. Sind daher die Kerne von sehr ver- schiedener Grösse, so sind es auch die Embryonen (cf. die Figur). Ebenso variabel, wie die Grösse, ist auch die 9 Figurenerklärung: Zwei copulirte Individuen von YateUina corrugata in der Embryonenbildung begriffen, von unten gesehen. D = Detritushaufen. E = Embryonen, n = Kern derselben. Zahl der Embryonen, sie schwankt zwischen 30 und 5. — Dimorphismus kommt bei der mir vorliegenden Patellina nicht vor. Die Theilstücke sondern Schale ab und krie- chen, nachdem sie eine oder mehrere Windungen angebaut haben, unter der Mutterschale hervor. — Nach dieser kurzen Schilderung der Fortpflanzung kann ich mich zu den Beobachtungen über die Copulation *) Schaudinn. Die Fortpflanzung der Foraminiferen etc. in; Biol. Centralbl., 1894, vol. XIV, p. 162. Igfi Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. wenden, die bei Patellina sehr häufig vorkommt und durch die Deckglasmethode auch leicht zu verfolgen ist. Wenn zwei copulationsfähige Individuen sich soweit genähert hatten, dass dio Pseudopodien sich berührten, so erfolgte an der Berührungsstelle eine Verschmelzung der beiderseitigen Pseudopodien und es zeigte sich eine leb- haftere Plasmaströmung nach dieser Stelle hin. Nach kur- zer Zeit waren sämmtliche Pseudopodien beider Thiere gegen einander gerichtet und näherten sich die Schalen immer mehr, bis sich schliesslich die Ränder derselben be- rührten. Die Pseudopodien waren inzwischen zu einer breiten Plasmabrücke verschmolzen, die unter den Schalen- rändern die beiden Weichkörper verband; indem sich die- selbe verdickte, wurden beide Schalen an der Berührungs- stelle etwas gehoben; hierauf contrahirte sich die Brücke immer stärker und zog den einen Schalenrand bis zur hal- ben Höhe der anderen Schale empor. Von unten betrachtet erschienen die Schalenränder nun als zwei sich schneidende Kreise (cf. die Figur). Die beiden Nabelhöhlen communi- cirten an der Plasmabrücke miteinander und bildeten zu- sammen einen Hohlraum mit ellipsoidalem Grundriss. An ihren Längsseiten stand diese Höhle mit der Aussenwelt durch die beiden langen Spalten in Verbindnung, die durch die Hebung der Schalen entstanden waren. Diese Oeff- nungen werden mit Steinchen, Diatomeenpanzern und an- derem für die Pseudopodien erreichbaren Detritus zuge- stopft (cf. die Figur). Die beiderseitigen Detritushaufen dienten zugleich als Unterbau und Stütze für die erhobe- nen Schalenränder, sodass, als der Zug der Plasmabrücke aufhörte, die Schalen trotzdem in ihrer Lage verharrten. Während dieser Vorgänge war die Plasmabrücke auf Kosten beider Weichkörper immer dicker geworden, bis schliess- lich sämmtliches Plasma aus den Kammern beider Schalen herausgeflossen war und sich in der allseitig abgeschlos- senen gemeinsamen Nabelhöhle zu einem Klumpen ver- einigt hatte. Der ganze bisher geschilderte Process dauerte meistens kaum eine Stunde, bisweilen aber auch 2 — 4. — Nach einiger Zeit (wenige Stunden, aber bisweilen auch Tage) zerfiel der Plasmaklumpen in zahlreiche, Theilstücke Sitzung vom 17. December 1895. 187 (cf. die Figur), die sich in derselben Weise, wie bei nicht copu- lirten Thieren zu beschälten Embryonen ausbildeten, und un- ter Wegräumung der Detritushaufen die Bruthöhle verliessen. — In ganz ähnlicher Weise wie zwei Individuen können sich auch 3, 4 und seihst 5 Patellinen zur Brutbildung vereini- gen. — In allen Fällen waren die Thiere bei Beginn der Verschmelzung einkernig und erfolgte die Kernvermehrung nach der Vereinigung des Plasmas, doch habe ich niemals weder bei lebenden noch conservirten Thieren in irgend einem Stadium des Copulationsprocesses auch nur Andeu- tungen von Kernverschmelzungen beobachtet. Deshalb halte ich die Copulation von PateUina für einfache Plastogamie. Nachdem ich festgestellt hatte, dass alle Individuen, bei denen ich die Copulation beobachtete, bei Beginn der- selben einkernig waren, schien es von Interesse zu unter- suchen, ob nur einkernige Thiere zur Verschmelzung fähig seien; ich habe daher zahlreiche Individuen zusammenge- bracht und beobachtet, dass häufig die Pseudopodien bei Berührung nicht verschmolzen, sondern sich contrahirten ; untersuchte ich die Kernverhältnisse solcher Individuen ge- nauer, so fand ich stets, dass sie in beiden Thieren ver- schieden waren; selbst wenn beide einkernig waren, so war bei dem einen der Kern noch im Ruhezustand, bei dem anderen bereits in der Vorbereitung zur Vermehrung; wa- ren beide vielkernig, so zeigte die Structur und Zahl der Kerne Verschiedenheiten. Suchte ich andererseits zwei sicher einkernige Individuen heraus, bei denen der Kern noch in der Embryonalkammer lag, sich also in Ruhe be- fand, so gelang es stets, sie zur Verschmelzung zu bringen. Diese Beobachtungen sind von Interesse im Hinblick auf die Resultate, die vor Kurzem Jensen1) bei seinen schönen experimentellen Untersuchungen an Foraminiferen ( Orbitolites und Amphistegina) erhielt. Dieser Forscher fand nämlich, dass die Pseudopodien zweier Individuen dersel- ben Art bei Berührung nicht verschmelzen, sondern sich *) Jensen. Ueber individuelle physiologische Unterschiede zwi- schen Zellen der gleichen Art, In: Arch. f. Physiologie, 1895, vol. 62, p. 172. 188 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. im Gegentheil „ contra ctorisch erregen“, während bei dem- selben Individuum die Pseudopodien bekanntlich sehr zur Verschmelzung neigen. Aus diesem Verhalten schliesst er, dass „das Protoplasma verschiedener Individuen physiolo- gisch verschieden ist“ (wahrscheinlich in der chemischen Zusammensetzung). Nach meinen Beobachtungen an Pa- tellina kann ich ergänzend hinzufügen, dass bei Foramini- feren sich Individuen derselben Art finden, die diese phy- siologischen Differenzen nicht zeigen. Ferner sagt Jensen am Schlüsse seiner Arbeit, „es ist bemerkenswerth, dass für diese physiologischen Verschiedenheiten keinerlei morphologische Anhaltspunkte gegeben sind.“ Hierzu muss ich bemerken, dass nach meinen oben geschilderten Beobachtungen die Kernverhältnisse solche morphologischen Anhaltspunkte bieten, indem die physiologischen Unter- schiede (Unfähigkeit der Verschmelzung) sich nur bei Ver- schiedenheit der Kernverhältnisse zeigen. Ob dies freilich für alle Foraminiferen gilt, ist erst zu untersuchen, doch ist es mir nach meinen Erfahrungen an anderen Formen sehr wahrscheinlich. 2. Discorbina globularis d’Orb. Da die Copulation bei dieser Form in den wesentlichen Punkten ähnlich wie bei Fatellina erfolgt, kann ich mich kurz fassen und nur einige Verschiedenheiten hervorheben. Bei Discorbina legen die beiden copul irenden Thiere sich gewöhnlich mit ihren Basalseiten so aneinander, dass die beiden Mündungen sich gegenüberliegen. Häufig werden die Mündungen durch Resorption der sie umgebenden Scha- lenmasse sehr erweitert, doch können auch an anderen Be- rührungsstellen die Wände beider Schalen resorbirt wer- den, sodass die Weichkörper durch breite Plasmabrücken in Verbindung treten. Die Kernverhältnisse sind sehr ähn- lich wie bei Patettina. Auch Discorbina ist lange einkernig und verschmelzen stets nur einkernige Individuen mit- einander. Die multiple Kernvermchrung von Discorbina nimmt eine Mittelstellung zwischen der von Patellina und Calci- Sitzung vom 17. Deeember 1895. 189 tuba ein. Bei PateUina sind die Kammern sehr schmal und infolgedessen muss der Kern bei seiner Vergrösserung vor der Vermehrung sich in die Länge strecken und die Kernsubstanzgruppen, die zu den Tochterkernen werden, müssen sich in einer Längsreihe anordnen. In den aufge- blähten Kammern von Discorbina bleibt der Kern kugelig wie bei Calcituba und nehmen die entsprechenden Kern- substanzgruppen vor dem Zerfall des Kerns die peripheren Theile desselben ein; während sie aber bei Calcituba klein und in grosser Zahl vorhanden sind, werden bei Discorbina, wie bei PateUina nur wenige grössere gebildet. — Einen Dimorphismus der Kernverhältnisse habe ich bei der mir vorliegenden Species von Discorbina nicht beobachtet. Die Fortpflanzung ist einfache Embryonenbildung innerhalb der Schale, wie ich bereits a. 0. 2) erwähnt habe. Bei den copulirten Thieren erfolgt die Kernvermehrung und Em- bryonenbildung in beiden Individuen gleichzeitig. Die Embryonen sind einkernig und bilden schon innerhalb der Mutterschale 2 oder 3 beschälte Kammern. Beim Aus- kriechen wird die Mutterschale aufgebrochen. Ein Unterschied zwischen der Copulation von Discor- bina und PateUina besteht darin, dass bei ersterer die copu- lirten Individuen noch lange Zeit umherkriechen und auch Nahrung aufnehmen, während sie bei Patellina gleich zur Fortpflanzung schreiten. Bei Discorbina werden die beiden Schalen der copu- lirten Thiere häufig durch secundäre Kalkmasse fest ver- bunden. Auch hier habe ich ebensowenig, wie bei Pa- teUina Kernverschmelzungen beobachtet, weshalb ich die Copulation von Discorbina ebenfalls nur für Plastogamie halte. Das Vorkommen von Copulation bei Foraminiferen ist meines Wissens bisher nirgends erwähnt worden, doch glaube ich, dass einige anders gedeutete Befunde auf Co- *) cf. Schaudinn. Untersuchungen an Foraminiferen, I. in Zeit- schrift f. wiss. Zool., 1895, vol. 59, p. 321. 5) cf. 1. c., Biol. Centralbl., 1894, vol. 14, p. 162. 190 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin, pulation zurückzuführen sind, nämlich die „double speci- mens“. die Brady1) bei verschiedenen Foraminiferen be- schrieben und abgebildet hat. Er fand bei Textularia folium Park, et Jones und bei mehreren Species von Dis- corbina nicht selten 2 Schalen mit ihren Basen in der Weise verbunden, wie ich es bei Discorbina glöbularis beobachtet habe. Er deutet diese Doppelformen als Fortpflanzungs- stadien, indem er glaubt, dass das eine Individuum aus dem andern durch Theilung, ähnlich wie bei Süsswasser- testaceen hervorgegangen sei. Dass diese Vorstellung bei unseren heutigen Kenntnissen der Foraminiferen -Fortpflan- zung und Kammerbildung unmöglich ist, bedarf keines Be- weises. Hingegen stösst die Auffassung, dass diese Doppel- formen copulirte Individuen sind, auf keine Schwierigkeit. Herr Matschie sprach über die geographische Ver- breitung der Katzen und ihre Verwandtschaft unter- einander. In den letzten 30 Jahren sind von J. E. Gray2), Mivart3), Elliot4), Trouessart5), Lydekker6) u. Greve7) Arbeiten erschienen, welche die geographische Verbreitung aller bekannten Katzenarten und ihre gegenseitige Gruppirung behandeln. Jeder von diesen Autoren hat seine besondere Meinung über den Gegenstand. Das Ergebniss seiner Forschungen wird natürlich von der Reichhaltigkeit des von ihm benutzten Materials, von seiner Literaturkenntniss und namentlich von der Ausbildung seines systematischen Blickes erheblich beeinflusst. J) Cf. Brady. Report on Foraminifera, 1884 in: Chall. Rep., vol. XI, p. 357, t. 42, f. 5; p. 648, 49, t. 89, 90. 2) J. E. Gray in Ann. Mag. Nat. Hist., 1874. s) St. G. Mivart. An Introduction to the Study of Backboned Animais, especially mammals, 1881. 4) D. G. Elliot. A Monograpk of tbe Felidae or Family of the Cats., 1883. B) E. L. Trouessart. Catalogue des Mammiferes Vivants et Fossiles (Carnivora) Angers, 1885. 6) R. Lydekker. A Handbook to the Carnivora. I. Cats. Lon- don 1894. 7) G. C. Greve. Die geographische Verbreitung der jetzt leben- den Raubthiere. Nov. Act. Ac. Caes. Leop., 1895, Tom. 63. Sitzung vom 17. December 1895. 191 Auf einer Studienreise durch die mittel- und süd- europäischen Museen, welche ich mit gütiger Unterstützung der Königlichen Akademie der Wissenschaften machen durfte, habe ich sehr viele Originale von Katzen-Species gesehen und darunter eine Anzahl der am wenigsten be- kannten. Ausserdem konnte ich eine Menge von Objekten vergleichen, deren Fundort sicher nachgewiesen ist. Hier- durch haben sich mir wichtige Gesichtspunkte über die geo- graphische Verbreitung der Katzen und ihre Verwandt- schaft untereinander ergeben, welche, wie ich glaube, bisher noch nicht genügend beachtet worden sind. Die aus den- selben sich ergebenden Folgerungen erlaube ich mir, hier zur allgemeinen Prüfung vorzulegen. Wenngleich das von mir vorgeschlagene Bild noch in manchen Zügen dringend der Verbesserung bedarf, so glaube ich doch, dass es im Wesentlichen Anerkennung finden wird, weil durch dasselbe die Familie der Katzen in übersichtlicher, einfacher und natürlicher Weise geordnet wird. Lassen wir die von allen Systematikern anerkannte Gattung: Cynaelunis Wagl., den Gepard, aus dem Spiel, so bleibt nur die Gattung Felis übrig, welche von Lydekker und Elliot überhaupt nicht in Untergattungen zerlegt, von anderen Zoologen in eine grössere oder geringere Zahl von Untergruppen eingetheilt wird. Die Katzen sind über einen grossen Theil der Erde verbreitet, sie fehlen nur im Nordpolar-Gebiet nördlich von der Grenze des Tannenwaldes, im madagassischen, austra- lischen, neuseeländischen und Südpolar-Gebiet, sowie auf den japanischen Inseln, den meisten Philippinen und Celebes. Für das europäisch-sibirische und nordamerikanische Gebiet liegen die Verhältnisse sehr einfach. In Nord-Amerika lebt in allen Flussgebieten, welche zum Nordpolar-Meere gehören, der canadische Luchs, Felis canadensis Desm. als einzige Katzen-Art. An ihn schliesst sich nach Süden bis zur Grenze des tropischen Amerika der Rothluchs, Felis rufa Güldst. an, von welchem einige Autoren mehrere geographische Formen unterscheiden, den Plateau-Luchs, F. baileyi Merr.. des Colorado-Gebietes, den 192 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. Florida-Luchs, F. floridana Raf., von der Ostküste, den Flecken-Luchs, F. maculata Vig. Horsf., vom Rio Grande- Gebiet, den Streifen-Luchs, F. fasciata Raf., vom Columbia- Gebiet und andere. Neben diesem Rothluchs findet man bis herauf zur Wasserscheide nach dem Polar-Meer noch den nordamerikanischen Puma, F. concolor L. Im europäisch-sibirischen Gebiet, soweit die Flüsse nach Norden zum Eismeer sich ergiessen, kommt ebenfalls nur eine Katzenart vor, der Luchs. F. lynx L., von welchem mehrere Spielarten (F. lupulina Thunb., vidpina Thunb., virgata Nilss., borealis Temm) beschrieben wurden. Im mittleren Europa südlich von der Ostsee und der Wasserscheide zum Eismeer in Russland haben sich durch die Einwirkung des Menschen und das Vordringen der Kultur die Verhältnisse wahrscheinlich im Laufe der Jahr- hunderte sehr gegen den ursprünglichen Zustand verändert. Im westlichen Europa, von Gross-Britannien bis zur Weichsel, lebt heute an geeigneten Stellen nur die Wildkatze. F. catus L., im mittleren Russland findet sich sogar keine einzige wilde Katzenart. Dagegen tritt in den Karpathen und anderen zum Donau-Gebiet gehörigen Gebirgen neben der Wildkatze wiederum ein Luchs auf, welcher von dem nordischen Luchs nicht unterschieden wird. Er scheint mir aber kurzbeiniger zu sein und wird vielleicht noch einmal als geographische Form abgetrennt werden müssen. Ausser dem Luchs und der Wildkatze kennen wir aus dem europä- ischen Gebiet keine andere noch lebende Katzen-Art; wohl aber enthalten die palaeontologischen Funde aus dem Dilu- vium mehrere andere Katzenformen, welche mit dem Löwen und dem Panther entweder identisch oder sehr nahe ver- wandt sind. Im europäischen Mittelmeergebiet lebt eine Wildkatze, F. morea Rchb., und ein Luchs, F. pardina Temm. In Asien erscheinen südlich von der Wasserscheide zum Eismeer, also ungefähr an der Nordgrenze des chine- sischen und Mittelmeer-Gebietes neben dem Luchs. dessenVer- breitung nach dem Süden bis zur Nordgrenze des indischen Gebietes reicht, der Tiger, der Leopard, die Wildkatze und die kleine Fleckenkatze. Wenn man die faunistischen Sitzung vom 17. December 1S95. 193 Arbeiten über jene Gegenden kritisch durchmustert, so er- giebt sich, dass Central-Asien in jedem Flussgebiet je eine Form von jedem dieser 5 Typen vertreten hat. Wir sehen im Amur-Gebiet den Tiger in einer langhaarigen Form, F. longipilis Fitz., den Ussuri -Leoparden, F. orientalis Schleg. , einen Luchs, F.lynx ?, die Wildkatze, F. eupti- lura Elliot und die nordchinesische Fleckenkatze. F. microtis A. M.-E. 1). — Südlich davon im Gebiet des Hoangho scheint folgende Combination zu herrschen, ein Tiger, F. tigris?, ein Leopard, F. pardus ?, ein Luchs, F. lynx?. eine Wildkatze, F. paUida Büchn. und eine Flecken- katze, F. scripta A. M.-E. — Südlich von dem Jang tse kiang dürfte die Nordgrenze des indischen Gebietes zu suchen sein. Weiter westlich, von den Quellländern des Amur und des Hoangho etwa bis zum Ostrande des Thian- schan und Küenlün, vom Himalaya bis zum Altai und den Sajanischen Gebirgen im Norden breitet sich das mongo- lische Gebiet aus. in welchem eine Form des Tigers, F. tigris. der Irbispanther. F. uncia Schreb., der Isa- bellluchs, F. isabellina Blyth., die Mauulkatze, F. manul Pall, und wahrscheinlich eine Fleckenkatze, welche der F. scripta ähnlich ist. leben. Die Kirgisen-Steppen, das Gebiet des Aral-Sees bis zum Südwestrand des Kaspischen Meeres und nach Süden bis zur Wasserscheide für den Persischen Golf und das Arabische Meer wird bewohnt vom Tiger. F. tigris ?, Leoparden, F. pardus?, der Steppenkatze, F. caudata Gray und der kleinen Fleckenkatze. F. shaiviana Blanf. , neben welchen wiederum ein Luchs, F. lynx?, vorkommt. So ergiebt sich also folgende Vertheilung. Im Gebiete des nördlichen Eismeeres lebt nur der Luchs, welcher in je einer geographischen Form für die alte und die neue Welt auftritt. Zwischen der Wasserscheide südlich vom Eismeer und der Nordgrenze des indischen Gebietes (von der Wasser- scheide südlich von dem Jang tse kiang über den Hima- *) F. tristis A. M. E. ist vielleicht gleich euptilura Elliot. 194 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. laya bis zum Hindukusch und Kopetdag) und in Nord- Amerika bis Süd-Mexiko treten zu dem Luchs noch andere Katzenformen. In Amerika lebt in diesen Gegenden neben je einer Form des Luchses nur der Puma, in Asien be- wohnen jedes der 4 centralasiatischen Gebiete je ein Tiger, ein Leopard, ein Luchs, eine Wildkatze und eine Flecken- katze. Der Irbis ist weiter nichts als eine geographische Form des Leoparden. F. manul, euptilura, joallida. candata vertreten unsere Wildkatze in den verschiedenen Regionen Central-Asiens. In Europa reicht allerdings heute die Grenze der Wildkatze nicht mehr bis zur Wasserscheide zum Eismeer und es fehlen auch die dem Tiger, Leoparden und der Fleckenkatze entsprechenden Formen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass dieselben, wie der Luchs, erst vom Menschen dort ausgerottet worden sind. Wenden wir uns nunmehr zum indischen Gebiete, so verlassen wir die vom Luchs bewohnten Gegenden. In Vorder-Indien nach Nordwesten bis zum Gebiet des Indus vertritt den Luchs der Karakal, F. caracal bengalensis Fisch.; zu den für die centralasiatischcn Steppen charakteristischen Formen, welche hier als Königstiger, F. tigris L., Panther, F. antiquorum H. Sm. , Luchskatze , F. erythrotis Hqdgs. und Fleckenkatze, F. bengalensis Kerr. erscheinen (letztere wird auf Ceylon durch F. rubiginosa Js. Geoffr. ersetzt), kommt eine mittelgrosse gefleckte Katze hinzu, die Fisch- katze, F. viverrina Benn. Im südchinesischen Gebiete, d. h. südlich von dem Jang tse kiang, mögen die Verhältnisse sehr ähnlich sein; wir kennen von dort nur die Fleckenkatze als F. chinensis Gray und wissen, dass dort der Tiger, Leopard und die Fischkatze leben. In Hinter-Indien und auf den Sun da - Inseln fehlen der Luchs uud die Wildkatze; der Tiger lebt dort als Sunda- tiger, F. tigris sondaica Fitz., der Leopard als Inselleopard, F. variegata Waon., die Fleckenkatze heisst in Tenasserim tenasserimensis Gray, in Burma ivagati Gray, auf Malakka minuta Temm., auf Sumatra sumatrana Horsf., auf Java Sitzung vom 17. December 1895. 195 javanensis Desm. und auf Borneo undata Desm. Zu diesen 3 Formen tritt nun eine kleine, fast einfarbige Katze hinzu, die wohl eine abweichende Form der Wildkatze sein könnte, F. planicejps Vig. Horsf.. sowie eine mittelgrosse Flecken- katze, wmlche der Fischkatze Vorder-Indiens analog sein dürfte. F. marmorata Mart., die Marmelkatze. Ausser diesen lebt dort der sehr eigenthümliche Nebelpanther. F. ncbidosa Griff., der mit keiner einzigen heute lebenden Katzenart näher verwandt ist, und endlich eine merkwürdige, fast einfarbige Katze, welche in zwei Farben Varietäten auftritt, F. temminiki Vig. Horsf.. die Goldkatze. Sie ist bald graubraun, bald rostroth.1) Die indische Wüste bildet am arabischen Meerbusen die Westgrenze des Tigers; nördlich von der Gebirgskette, welche sich vom Hindukusch über den Kopetdag zum Elbrus und Ararat hinzieht, ist der Tiger nach Westen bis zur Südwestspitze des Kaspischen See’s verbreitet. In Persien, ausser den zum Gebiete dieses See’s gehö- renden Gegenden, und im Gebiet des Indus ersetzt den Tiger der Löwre. F. Ico persicus Fisch. Von anderen Ver- tretern der Katzenarten finden wir dort den hellen Leo- parden. F. tulliana Valenc., den Karakal. F. caracal Güldst.. den Sumpf luchs. F. chcms Güldst. als Vertreter der Wild- katze, und die Wüstenkatze, F. ornata Gray als Vertreter der Fleckenkatze. Eine mittelgrosse, der F. viverrina ent- sprechende Katze ist von dort noch nicht bekannt. Ueber die Verbreitung der Katzen in Arabien und Syrien wissen wir nicht viel. In Afrika liegen, abgesehen von dem Urwaldgürtel der Guineaküste und des Congo-Gebietes die Verhältnisse ganz ähnlich wie in Vorderindien. Hier haben wir für den Tiger in jedem Gebiete eine Form des Löwen, wir haben je einen Leoparden in jedem Gebiet, eine Wildkatze, einen Karakal und dazu kommt in dem Serval eine mittelgrosse Fleckenkatze, welche vielleicht der indischen Fischkatze (F. viverrina) analog ist. *) F. bciäia Gray scheint hierher zu gehören. 10* 196 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. Eine kleine Fleckenkatze ist nur aus Südafrika be- kannt geworden (F. mgripes Burch). So sehen wir neben einander in Nord -Afrika den Berberlöwen. F. barbarus Fisch, und den Berberpanther, F. panthern Erxl., den Serval, F. serval Erxl., den Berber-Karakal, F. berberorum Mtsch., und den Berber-Sumpfluchs, F. rueppelli Brdt.; im Sudan den Senegallöwen, F. senegalensis Fisch., den Sudan-Leoparden, F. nimr Ehrbg., den Serval, F. serval Erxl., den Karakal, F. nubica Fisch, und die Falbkatze, F. maniculata Rüpp. Das Somali-Gebiet und das östliche Afrika bewohnen der Somalilöwe, F. somaliensis Noack, der Somalileopard, F. pardus L., der Serval, F. serval Erxl.. der Karakal, F. nubica Fisch, und die Stiefelkatze, F. caligata Geoffr. Süd-Afrika beherbergt den Kaplöwen, F. leo capensis Fisch., den Kapleopardon, Fi pardus L.?, den Serval, den Karakal, die Kapkatze, F. caffra Desm. und die kleine Tüpfelkatze, F. nigripes Burch. In West-Afrika fehlen Karakal, Wildkatze und Löwe. Der Leopard tritt in einer klei nileckigen Form, F. leopardus L., auf, der Serval als F. togoensis Mtsch. Ausser diesen finden wir hier analog wie in Iiinter-Indien, wo auch eine Form des Luchses fehlt, eine eigenthümliche ziemlich ein- farbige Katzenform, welche bald in grauem, bald in gelb- lichem oder röthlichem Kleide erscheint und als F. neglecta Gray, celidogaster Temm, clirysoihrix Temm, aurata Temm, rutila Waterh. und servalina Puch beschrieben wurde. Vielleicht sind von dieser Form je eine für Ober- und Niederguinea zu unterscheiden. In Mittel- und Süd-Amerika fehlt der Luchs und wieder haben wir dafür eine in grauer und rother Varietät auf- tretende Katze, die Yaguarundi oder Eyra, F. yaguarundi Fisch. Zwar hält man bis jetzt noch beide für verschieden, aber ich vermuthe uach genauer Untersuchung von lebenden Exemplaren beider Formen, dass auch hier wieder nur eine Art angenommen werden muss, welche der neglecta Gray in West-Afrika und der temmincld Horsf. in Hinter-Indien analog ist. Für den Löwen oder Tiger finden wir in Sitzung vom 17. December lS9o. 197 Amerika den Puma, für den Leoparden die Unze, eine Wildkatze fehlt und ist nur im südlichsten Süd-Amerika durch die Pampaskatze vertreten, die kleine Fleckenkatze ist in jedem Gebiete des tropischen Amerika yorhanden und an Stelle des Serval resp. der Fisch- und Marmelkatze tritt dei Ozelot. So haben wir in Mittel-Amerika den Puma. F. fulva Fisch, die kleine Unze, F. onca L . den grossen Ozelot, F. pardalis L.. die Fleckenkatze. F. tigrina Schub. ; im Amazonas- Gebiet den Puma, die Unze, den Ozelot und die dick- schwänzige Katze, F. macrura Wied. Südlich vom La Plata haben wir ausser dem Puma und der Unze einen kleineren Ozelot, F. mitis F. Cuv. und eine getüpfelte Fleckenkatze, F. geoffroyi , Orb. Hier beginnt das Gebiet der Pampakatze, F. payeros Desm. In Patagonien und Chile tritt ein anderer Puma, F. puma Mol., neben die Unze und den Ozelot, für F. geoffroyi tritt F. guigna Mol., für F. payeros Desm. F. colocolo H. Sm. Zur leichteren Uebersicht diene die Tabelle auf S. 198 u. 199. Man findet in derselben links die geographischen Re- gionen und daneben in derselben Reihe stets die für jede der- selben nachgewiesenen Katzen. Ueberall, wro mir die betref- fende Lokalform nicht bekannt ist, habe ich ein Fragezeichen angebracht, ein waagerechter Strich bedeutet, dass aus dem Gebiet eine entsprechende Katzenart nicht nachgewiesen ist. Von den bei Lydekker aufgeführten Arten habe ich nicht erwähnt: F. pardinoides Gray, vielleicht = F. ma- crura Wied und braccata Cope, eine Farbenvarietät von yaguarundi Fiscii. 198 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. £ «J M ft s 'S .S3 13 c ■ h £ oi H M. 02 rP o H S <^> ns )S co • g s • ^3 2 O $ S * co C ^ CJ j§> § 5^ f § s ä 8 -ä § cs s « ? ■=> ^ g.-®- £ ^ cs ^ jm S ?s (X> ü r^> e ^ ö ?S 5 5 § Ö s C ° .§> rO ? ^ 5 « cö k n a l5 W D O) 5 2? 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