HARVARD UNIVERSITY.
LIBRARY
MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY.
^t^.fUL 'S, l^p
JUN
SITZUNGS-BEEK^TE
DER
GESELLSCHAFT NATURFORSCHENDER FREUNDE
ZU
BERLIN.
JAHRGANG 1902.
- BERLIN.
In CoMMissiON BEI R. Friedländer und Sohn.
NW. Carl- Strasse U.
1902.
SITZUNGS-BEKIOHTE
DER
GESELLSCHAFT NATTIREORSCHENDER FREUNDE
ZU
BERLIN.
JAHRGANG 1902.
\l
^ BERLIN.
In Commission bei R. Friedländer und Sohn.
NW. Carl-Strasse 11.
1902.
'S/
JUN 3 190.1
1 11 li a 1 1 s - V e r z e i c h 11 i s s aus dein Jahre 1902.
Vorträge:
AscHERSON, P., legte ein Friiclitexemplar von Odontospenniim pyijmaenin aus der östlichen Wüste bei Cairo vor, p. 18.
BÖRNER, C. Die Gliederung der Laufbeine der Ätelocernta Heynions, mit 2 Tafeln, p. 205.
1).\HL, Fr Feber einen „sehr seltenen" Vogel aus dem Bismarck- Archipel, p. 2f). — Ueber abgebrochene Copulationsorgane männ- licher Spinnen im Körper der Weibchen, p. 36. -- Ueber Stufen- fänge echter Spinnen im lliesengebirge. (Eine vergleichend etho- logische Studie.) Mit ! Tabelle, p. 185.
Grönroos, II. Ueber zwei Oberarmmuskeln bei der Gattung Hylobates, p. 245.
Grünberg. Ueber neue Odonaten aus dem Njassa-Gebiet, gesammelt von Dr. Fülleborn, p. 230.
VON IIanstein, R. Ueber Bryubia ribis Thomas, p. 128.
IIartmeyek, R. Ueber Varietätenbildung und eine geographische Va- rietät von Ciona intestinalis (L.), p. 203.
Hilgendorf, f., legte eine neue Chromiden-Art aus Deutsch-Südwest- afrika vor, Paratilapia luebberti, p. 141.
Jacobi, A. Ueber neue Homopteren aus Tonking, p. 20. — Ueber Heteropsaltria n. g. Cicadarirtm Stridulantiuni, p. 73.
J.\ekel, 0. Ueber Coccosteus und die Beurtheilung der Placodermen, mit 1 Tafel, p. 103.
Kolbe, H. Ueber vorschnelle Entwickelung von Puppen- und Iniago- Organcn bei Raupen von Lepidopteren [Demlrolimus pini L.), p. 158.
KopSCH, Fr. Die künstliche Befruchtung der Eier von Cristiceps argentatus, p. 33.
VON Martens. Nachtrag zu den früheren Mittheilungen über das neue Auftreten der Helix obvia Menke auf der Insel Wollin in den Sitzungsber. vom Juni, October und November 1890, p. 45. T>ber einige Schnecken der Cocosinsel, p. 59. — Die geographische Verbreitung von Pomatias scptemspiralis Raz. {inacidatus Drap.), p. 62. — Die Meeres-Conchylien der Cocos-Insel, p. 137. — Eine für die Provinz Brandenburg neue Süsswasserschnecke, Physa acuta Drap., p. 166. — Einige neue Arten von Meer-Conchylien aus den Samndungen der deutsehen Tiefsee-Expedition unter der Leitung von Prof. Carl Chun 1898—99, p. 237.
Matschie, P. Ueber rumänische Säugethiere, 2. Theil, p. 30 (nicht zum Abdruck gelangt).
MÖBiu.s, K., legte Sapphirinen vor, die das Zoologische Museum von der Zoologischen Station in Neapel erhalten hatte, p. 33.
Nehring, A. Ueber einige griechische Nager: 3Ias epiinclas n. sp.. Cricetulus atticus n. sp. und Mijoxus nitedula Wimjei n. subsp.. p. I. — Ucbcr Spcddx Fritschi, sp. n. foss., aus der Antelias- H(')hle um Libanon, p. 77. — Ueber die heutige Verbreitung der Süugethiere in Palastina, p. 85. — Ueber Nesokia <jraciUs, n. sp., von der Insel Ceylon, p. 116. — Ueber einen neuen Sumpf luchs {Lyncus chrysomehmotis n. sp.) aus Palästina, p 123. — Ueber Mustela foina syriaca n. subsp. und Musteld palaesyriaca n. sp., p. 145. — Nachträgliche Bemerkungen über die Sumpf luchse von Palästina, p. 147. — Ueber Foetorius sarmaticus und Spermophiltis (citiUus?) von Constantinopel, p. 148. — Ueber eine neue 3Iyoxus- Species [Myoxus intermedius Nhrg.) aus Tirol, p. 155.
Neumann, 0. lieber neue nordost- und ostafrikanische Säugethiere, mit 2 Tafeln, p 49; Fortsetzung p. 93. — Die verschiedenen Arten des Klippspringers (Oreotrayus), p. 169. — Ueber einige afrikanische Eichhörnchen, p. 175. — Ueber einige neue Arten von Ginsterkatzen, p. 181. — Zwei neue Formen des Genus .fülobus'-' Illig., p. 2-15 (nicht zum Abdruck gelangt).
Schneider, G. Ueber das Vorkommen von Larven des Bandwurms Botliriotacnia proboscidca Batsch im Magen und Darm von Ostsee- heringen {Clupea hareniiiis membras L.), p. 28.
Vekhoefk, K. W. Dermapteren (2. Aufsatz." Neue ungeflügelte Euder- maptcren-Gattungen), p. 7. — Die verwandtschaftliche Stellung von Heiiiiiiierns, p. 87. — Chilopoden von Südsteiermark, Krain und Kroation, p. 90. — Die zusammengesetzte Zirpvorrichtung von Geotrupes, p. 149.
Berichte über die Referirabende: pp. 31, 47, 76, 102, 120, 121, 143, 144, 184, 244, 252, 253.
Nr. 1. 1902.
Sitz ungs-Be rieht
der
Gesellschaft iiaturtbivscheiider Freunde
zu Berlin vom 21. Januar 1902.
Vorsitzender: Herr Braxco.
Herr A. Nehring sprach über einige griechische Nager: Mus epimelas n. sp., Cricetulics atticus n. sp. und Mi/oxus niiedula Wingei n. subsp.
Ueber die kleineren Säugethiere Griechenlands sind bisher nur wenige Arbeiten publicirt worden; die einzige genauere Publication[, welche mir über dieselben bekannt geworden ist, nämlich die von H. Winge, ^) ist leider in dänischer Sprache geschrieben und in Folge dessen für Nichtdänen etwas schwer verständlich. Daher kommt es wohl, dass selbst der vielbelesene Troüessart diese wichtige Arbeit in seinem „Catalogus Mammalium", 2. Ausg., nicht berücksichtigt hat. ^)
Die drei Nager-Arten, welche hier besprochen werden sollen, gehören zu einer kleinen Collection. die ich vor einigen Jahren für unsere Sammlung durch die bekannte Naturalienhandlung von W. Schlüter in Halle erworben habe. Es handelt sich um Bälge mit den zugehörigen Schädeln, bei Agoriani am Parnaasus (in Phocis) gesammelt, abgesehen von dem kleinen Hamster, welcher vom Pentelicon
^) „Om graeske Patted)^, samlede af L. Munter", in Vidensk. Mcddel. fra den naturh. Foren, i Kjöbenhavn 1881, p. 7—59. Als Sep. -Abdruck von Herrn Custos Matschie mir freundlichst zugänglich gemacht; die unten folgenden Citate beziehen sich aber auf die etwas abweichenden Seitenzahlen der genannten dänischen Zeitschrift.
') Vergl. a. a. 0. p. 481, 507 und 454.
1
2 Gesellscluift miturforschender Freunde^ Berlin.
in Attica stammt. Winge hat dieselben Nager-Species bereits 1881 in Händen gehabt und als M\is mystacinus, Cricetus arenarius und Eliomys dnjas besprochen; wenn ich hier darauf zurückkomme, so geschieht es einerseits der neuen Fundorte wegen, andrerseits weil ich auf Grund der neueren mammalogischen Anschauungen bei meiner Unter- suchung hinsichtlich der Species-Bezeichnung zu etwas ab- weichenden Resultaten gekommen bin.
1. Mus epimelas Nheg., n. sp.
Vertreten durch einen Balg mit zugehörigem Schädel, ö^, gesammelt am 19. Juli 1895 bei Agoriani am Parnassus. Diese Maus ist nahe verwandt mit Mns mystacimis, welche Danford und Alston vom Bulgar Dagh (Kleinasien) in den Proc. Z. S. Lond. 1877, p. 279 f. beschrieben und auf Tafel 31 abgebildet haben, weicht aber in einigen we- sentlichen Punkten von dieser kleinasiatischen Art ab.
Mus mystacinus hat hinter jedem Ohr einen grossen rehbraunen Fleck; dieser fehlt bei M. epimelas. Die Ohren sind bei jener Art relativ klein; bei dieser sind sie gross und reichen, angedrückt, mehrere Millimeter über den Vorder- rand des Auges hinaus. Dort ist der Rücken nur schwarz überwaschen, hier erscheint die hintere Hälfte des Rückens fast ganz schwarz, indem die sonst aschgrauen Haare relativ lange, tiefschwarze Spitzen haben. An den Flanken, welche bei M. mystaeimis eine rehbraune Farbe zeigen, ist bei M. epimelas von dieser Farbe kaum eine Andeutung zu sehen. An den Vorder- und Hinterbeinen reicht die weisse Färbung bei M. mystac. weiter als bei M. epimelas; insbesondere ist bei jenem die Vorderseite der Hinterbeine weiss, bei diesem dunkelgrau. Endlich findet sich in der Färbung des Schwanzes ein deutlicher Unterschied, da bei M. epimelas die Oberseite desselben glänzend schwarz (tief- schwarz), die Unterseite weiss behaart ist und beide Farben sich scharf gegen einander absetzen; bei M. mysta- cinus wird aber die Behaarung der Oberseite des Schwanzes nicht black, sondern „dusky" genannt, und diese Farbe ist gegen die der Unterseite nicht scharf abgegrenzt. Vergl. die Abbildung a. .a 0., Taf. 31.
Sitzung vom 21. Januar 1903. 3
Oh auch im Schädel Ahwcichun^ijon vorhanrloa smkI, lässt sich voi'liiulig nicht feststellen; ich glaube aber, schon nach den oben angeführten äusseren Abweichungen die mir vorliegende Maus vom Parnass specifisch von M. mystacinus abtrennen zu dürfen, da diesijlben grösser sind als diejenigen vieler anderer Species, welche von anerkannten Säugethier- forschern neuerdings aufgestellt worden sind. Wegen des starlcen Ilervortretens der schwarzen Farbe an der Ober- seite des Rumpfes und des Schwanzes habe ich den Namen epimelas (obenauf schwarz) gewählt.
Länge von Kopf und Rumpf (wahrscheinlich etwas ge- schrumpft und dadurch verkürzt) ca. 100 mm, Ohr 19, Hinterfuss 26. Schwanz (die Spitze fehlt) ca. 110, Länge des hinten etwas lädirten Schädels ca. 31—31.5 (Länge der vorhandenen Partien 30,5). „Condylarlänge" des Unterkiefers 18, Länge der oberen Backenzahnreihe 5,4.
Die von Winge a. a. 0., S. 21—29 und S. 57—59 als 2his mijstacinns beschriebenen Exemplare von Dekelia in Attica zeigen einige Abweichungen von meinem Exemplar aus Phocis, doch weichen sie auch von den typischen p]xcmplaren der kleinasiatischen Art deutlich ab. Es be- darf weiterer Untersuchungen hierüber.
2. Cricetulus atticus Nhrg., n. sp.
Sehr interessant, aber bisher wenig beachtet ist das Vorkommen einer Cricehdus'^^^aicii in Attica bezw. Griechen- land. WiNGE hat das Verdienst, a. a. 0. dieses Vorkommen zuerst nachgewiesen zu haben. Es wurde hierdurch ein Zwerghamster weitab von den sonstigen Verbreitungsgebieten der Cricdulns-kviQn constatiert; denn in den zwischen Süd- russland und Attica gelegenen Distrikten hat man bisher keine Cruefulus -Avt gefunden und auf der andern Seite (nach Kleinasien, wo Cr. phaeus vorkommt) bildet das Mittel- meer eine für Hamster unüberschreitbare Grenze.
WiNGE hat die von ihm untersuchten Zwerghamster von Dekelia (Attica) mit Cric. arenarius Pall. identificiert; ich selbst bin durch die Untersuchung des mir vorliegenden Exemplars, eines massig alten .:f , <las am 19. Mai 1895
1*
4 GesellscTuift naUirforschender Freunde, Berlin.
am Pentelikon gefangen wurde, (repräsentirt durch Balg mit Schädel) zu der Ansicht gekommen, dass es sich hier um eine besondere Art handelt, welche am nächsten mit dem vorderasiatischen Cric. phaeiis verwandt ist.
Cric. arenarius wurde von Pallas zunächst aus sandigen Distrikten der Baraba- Steppe beschrieben (Nov. Spec. Glir., 1778, S. 265 ff.), und diese Beschreibung (nebst Abbildung) muss als massgebend betrachtet werden. Hiernach erstreckt sich bei dieser Art das Weiss der Bauchseite über die gan- zen Extremitäten, über die Nachbarschaft der Schwanzwurzel und den Schwanz. Ausserdem zeigt der Hinterfuss nur
5 Sohlenwülste. Hiervon ist der attische Zwerghamster deutlich verschieden; bei ihm ist die Aussenseite der Hinterbeine bis nahe an den Tarsus hinab deutlich grau, die Nachbarschaft der Schwanzwurzel schwarzgrau gefärbt und die Oberseite des Schwanzes mit zarten schwarzgrauen Här- chen besetzt; der Hinterfuss zeigt 6 Sohlenwülste. Ausser- dem sind die meisten Körpermaasse etwas kleiner, als bei Cric. arenarius.
In der Färbung und Farbenvertheilung ähnelt der attische Zwerghamster mehr dem Cric. phaeus, doch kann ich ihn auch mit diesem nicht identificieren. Cric. atticus ist kleiner und hat dabei auffallend grosse und relativ stark behaarte Ohren; sein Schädel ist kleiner und zeigt ein gebogenes Profil, während der des Cric. phaeus grösser und zugleich gestreckter ist. Nach Pallas a. a. 0. und nach Brandt (Melanges Biolog., 1859, Bd. III, p. 208) soll der echte Cricet. phaeus nur 5 Sohlenwülste haben; dagegen fand ich bei acht vorderasiatischen Zwerghamstern, welche hergebrachter Weise als Cric. phaeus bezeichnet werden, 6 Sohlenwülste, wie bei Cric. atticus. Ich bemerke, dass ich 7 Zwerghamster von Lenkoran in Transkaukasien und 1 Zwerghamster von Sidon in Syrien (alle in Spiritus) er- halten und somit gutes Material in Händen habe, abge- sehen von mehreren Exemplaren aus Transkaspien.
Nach meiner Ansicht hat Cric. atticus die nächsten Be-
Sitzung vom St Jamiar 190S. 5
Ziehungen zu dem kleinasiatischen Cric. phaeus auforum;^) doch müssen diese Beziehungen durch eingehende Ver- gleicliungen noch genauer festgestellt werden. Mir selbst liegt leider kein Material aus Kleinasien vor.
Ich begnüge mich für heute mit der kurzen Beschreibung unseres Exemplars von Cricetulns atticus. Kopf- und Kumpf- länge 85, Schwanzlänge 22, Ohrlänge 18, Länge des sehr zierlichen Hinterfusses 14, Länge des Schädels 25. des Unterkiefers 14,5, der oberen Backenzahnreihe 4 mm. Oberseite aschgrau mit vielen feinen, schwarzen Ilaarspitzen, Unterseite weiss; beide P'arben au den Flanken ziemlich scharf gegen einander abgegrenzt. Ueber die Färbung der Hinterbeine, der Schwanzwurzelpartie und des Schwanzes ist oben schon das Nöthige gesagt worden. Die Messungen, welche VVinge a. a. 0. von zwei erwachsenen Exemplaren (cT und y ) augiebt, harmonieren recht gut mit den meinigen.
Nach einer Mittheilung, welche Herr Gustos P. Matschie mir freundlichst zugehen Hess, besitzt das hiesige Museum für Naturkunde je einen Cncehdns-Bdih^ aus Attika und von der Insel Skyros. Letzteres Exemplar erscheint vom zoo- geographischen Standpunkte besonders interessant; ob der Zwerghamster von Skyros genau mit dem von Attika über- einstimmt, muss nach genauer untersucht werden. Unsere Sammlung besitzt von der Insel Skyros einen Balg von Arvicola (Microius) Sani Selys, einer Species, welche wir auch aus Mittel-Griechenland in mehreren Bälgen erhalten haben,
3. Myoxus nitedula Wingei Nhrg., n. subsp.
Der mir vorliegende, sehr sauber präparirte Balg eines männlichen Baumschläfers, der am 29. August 1895 am Parnass erbeutet ist, veranlasst mich zur Aufstellung obiger Subspecies, die ich zu Ehren Wixge s benenne. ^)
Dieselbe ist zwar nahe mit M. nitedula Pall. (^= M.
•) Vergl. Danford and Alston, Mammals of Asia Minor, P. Z. S. 1880, p. 61. R.\DDE u. Walter, Zoolog. Jahrb., 1889, p. 1032.
*) WiNOE hat a. a. 0., p. 50, die von ihm untersuchten Baum- schläfer aus Attica (1 Q ad., 2 9 pull) als Eliov}yft dryas bestimmt, wie oben schon kurz erwähnt wurde.
6 GeseÜscJiaft natwforsdietider Freunde, Berlin.
(Irinas ScHREB.; verwandt, unterscheidet sich aber durch folgende Abweichungen:
1) Es ist eine deutlich ausgeprägte, röthliche Quer- binde vorhanden, w^elche von der Schultergegeud sich über Ober- und Unterarm hinzieht.
2) Die Färbung der Oberseite des Rumpfes wird von der hellen Färbung der Unterseite durch eine scharfe Grenzlinie getrennt.
3) Der Rücken ist sehr lebhaft rostbräunlich gefärbt.
4) Der Schwanz erscheint weniger buschig behaart, als bei dem typischen ßaumschläfer, der mir in 3 guten Bälgen von der unteren Wolga (Sarepta) vorliegt.
5) Die Dimensionen sind geringer und die Formenver- hältnisse zierlicher. Länge von Kopf und Rumpf 95, Schwanzlänge incl. der Endhaare 93, Hinterfuss 19 mm.
Durch ihre geringe Körpergrösse und das Vorhandensein der unter Nr. 1 erwähnten, röthlichen Querbinde erinnert diese Form des Baumschläfers an den persischen Myoxus pictus ßLANB\, weicht aber sonst von diesem deutlich ab. ')
Den Schädel habe ich nicht untersucht, da ich fürchtete, den sehr schön präparirten Balg durch Herausnahme des- selben zu schädigen. Dagegen habe ich kürzlich 2 Schädel von M. niteduln (= M. dryas) näher studirt mid dabei fest- gestellt, dass die Alveolen der beiden letzten unteren Molaren mit denen von Myoxios (jUs übereinstimmen, nicht mit denen von Eliomys quercinus; jene beiden Molaren (m 2 und m 3 inf.) haben nämlich bei M. nitedula nur je 2 Wur- zeln, welche hinter einander stehen, während sie bei KUomys quercinus (ebenso bei E. melamirus Wagn.) drei Wurzeln haben, welche im Dreieck zu einander stehen.
Ich bin mir w^ohl bewusst, dass die obigen Mittheilungen über die vorgelegten griechischen Nager wenig erschöpfend sind; ich hoffe aber, dass sie eine Anregung zum genaueren Studium der kleinereu Säugethiere Griechenlands und der
') Vergl. Eastern Porsia, Bd. II, S. 51—53 und Taf. IV, Fig. 2.
Sitzung vom Sl. Januar JDOS. 7
zugehörigen Inseln, sowie ihrer Beziehungen zu der klein- asiatischen Fauna geben werden.
Ueber die griechische Bliudniaus {Spalax graccns mihi) habe ich 1898 in Nr. 555 des „Zoologischen Anzeigers" einige nähere Mittheilungen gemacht und namentlich das Gebiss beschrieben. Leider konnte ich mir seitdem kein neues Spalax-AIaterial aus Griechenland verschaffen.
Herr KARL W. Verhoeff sprach über Dermapteren
(2. Aufsatz: Neue ungeflügelte Eudermapteren- Gattungen').)
Die folgenden Zeilen sollen als Fortsetzung meines 1. Aufsatzes dienen, welcher jetzt im Zoologischen Anzeiger erscheint und u. A. eine Darstellung der höheren Gruppen der Dermapteren bringt, welche sich auf grossentheils neue oder wenig beachtete Merkmale gründet. Den 7 dort unter- schiedenen Familien wii'd in Folgendem noch eine 8. bei- gefügt:
I. Die total flügellosen Eudermaptera-Dlandria, Gonolabiden, Anisolabiden und Isolabiden.
Ueber die Begriffe der beiden ersteren Familien sprach ich bereits und bemerke jetzt noch Folgendes:
A. Gonolahidne Vekh.: Bauchplatte des Prothorax hinten bedeutend verschmälert, wodurch die Hüften der Vorderbeine auffallend genähert sind. Pygidium mit der 10. Dorsalplatte des Abdomens völlig verwachsen, aber doch nicht als dreieckiges Squamopygidium nach hinten vorgezogen. (Immerhin zeigt diese Familie in diesem. Punkte eine gewisse Annäherung an die Apachyiden.) Supra- analplatte deutlich abgesetzt und sehr breit. Ductus eja- culatorius im Praeputialsack in eine Flasche eintretend. (Sonst schliesst sich diese Familie am nächsten an die Anisolahidae an.)
a. Gonolahis (Burr) et mihi: Pygidium bei c^ und $ steil abfallend. Abdomen des cf keulenförmig, hinten am
*) Auch dieser Aufsatz behandelt Material des Berliner zoologischen Museums.
8 Gesellschaft naturf(yrschender Freunde, Berlin.
breitesten. Zangen des cT symmetrisch. Im Praeputial- sack tritt der Duct. ejac. in eine regelmässige, längliche Flasche, auf deren Ende ein kurzer Hals sitzt.
(Typus: G. lativentris Phil.)
b. G onoiah hl a n. g. Pygidium bei cf und 2 schräg abfallend. Abdomen des (f in der Mitte am breitesten, Zangen des cT asymmetrisch. Im Präputialsack tritt der Duct. ej. ebenfalls in eine Flasche ein, dieselbe ist aber sehr unregelmässig, indem vom Grunde her ein Nebensack ausgestülpt ist, welcher kürzer ist als der Haupttheil. Beide Theile sind keulenförmig.
Gonolahina Kuhlgatzi^) n. sp.
Länge 20—24 mm (ohne Zangen^), Zangen des 9 473, des cT fast 5 mm. Antennen 19gliedrig, einfarbig braun.
Körper schwarz, etwas glänzend, Beine gelbbraun, Thorax gelbbraun, die Mitte der 3 Rückenschilde mehr oder weniger verdunkelt, l. Abdomialtergit wie die Rücken- scliilde des Thorax gefärbt. Mundtheile bräunlich, Kly- peus gelb.
Stirnfurche und Furche zwischen den Augen deutlich. Augen ziemlich gross, um etwa 1 '/s ihres Längsdurchmessers vom Hinterhaupte entfernt. Pronotum an den Vorderecken mit Borsten, jederseits der Mitte vorn mit einem Grübchen. Der niedergedrückte Seitenrand ist in der Mitte am breitesten, indem er nach innen vorspringt, aussen aber ist er gerade. Meso- und Metauotum seitwärts fein punktirt bis gerunzelt. Abdomen deutlich punktirt, beim cT ent- schieden dichter und kräftiger als beim $. Vom 4.-5. Abd.-S. an sind die Tergitseiten mehr und mehr gerunzelt, beim d' springen die Hinterecken der Tergitseiten des 6. — 9. Abd.-S. etwas eckig nach hinten vor und sind be- sonders runzelig. 10. Abdominal-Segment am Tergit hinten in der Mitte niedergedrückt, beim (^ viel stärker als beim $ , auch ist dieser Theil beim $ nackt, beim cT dicht pelzig
') Benannt nach meinem Kollegen am Berliner zoolog. Museum Dr. KuHiiöATZ.
') Ich werde die Körperlängo stets ohne Zangen angeben.
[ Sitzung vovi 21. Januar 1902. 9
behaart. Ilinterraiid des Tergit beim cf etwas trapezisch vortretend imd iu der ]\Iitte mit 2 kleinen Knötchen. Eine Andeutung der Verwachsung von Tergit und Pygidium fehlt, beim 9 dagegen findet sich eine feine Querlinie, welche die Stelle anzeigt, wo die beiden Theile verwachsen sind. Das Pygidiumgebiet springt beim $ in einen deutlichen Höcker vor, der von oben dreieckig erscheint. Supraanal- platte gross und sehr breit, in beiden Geschlechtern deut- lich abgesetzt. Zangen bei cf WQ'J 9 weit auseinander stehend, besonders aber beim d'. Zangen im Querschnitt oval, innen olVne Bezahnung, beim 9 in der Endhälfte leicht nach innen gebogen, in der Grundhälfte dicker, beim c/ ist die rechte Zange leicht, die linke stark eingekrümmt, beide in der Grundhälfte nicht verdickt.
Subgeuitalplatte bei J und 9 hinten abgerundet.
Paramerenendglieder länglich ohne Innenzahn, am Ende abgerundet, viel kleiner als die Grundglieder, an denen keine auffallenden Spangen.
Penis liäutig. Praeputialsäcke ohne grössere Stachel- bildungen, die Flasche am Grunde durch Grundausstülpung in 2 Theile getheilt, von denen der Nebensack etwa 7» so lang ist wie der Haupttheil, am geschlossenen Ende keulen- förmig und hier aussen theilweise mit sehr dicht stehenden Wärzchen besetzt. Der Haupttheil ist viel stärker keulen- förmig und zugleich dickwandiger. In der Wandung dieses Theiles verläuft eine deutliche Längsrinne. Duct. ejac. mit hyaliner Intima.
Vorkommen: Das Berliner zoologische Museum be- sitzt von dieser Form 2 cT 2 9 mit dem Zettel „Tumbes Juni 94, Plate." Chile.
B. Anisolahidae Verh. : Bauchplatte des Prothorax hinten breit abgestutzt, indem die Vorderbeinhüften wie gewöhnlich weit von einander abstehen. Pygidium deutlich vom 10. Abdominaltergit getrennt. Supraanalplatte deutlich abgesetzt, aber nicht auffallend breit. Ductus ejacul. im Praeputialsack nicht in eine Flasche eintretend.
Kopf vorne ziemlich breit, Augen nicht auffallend gross und mindestens um ihren eigenen Durchmesser vom
10 Gesellschaft naturforschenäcr Freunde, Berlin.
Hmtei'haupte entfernt. Stirn vorne ohne auffälligen Eindruck, 2. TarseugUed sehr kurz, bedeutend kleiner als die andern. 3. und 4. Abdominalsegnient höchstens mit schwachen Drüsenfalten. 10. gross, länger als das 8. und 9. zusammen. 10. Tergit hinten nicht ausgeschnitten.
Subgenitalplatte des r/ vorne mit recht langem endo- skelettalem Fortsatz, der jederseits einen Verdickungsfaden zeigt. Ductus ejaculatorii aus kleinen festwandigen Samen- kapseln entspringend, übrigens von ungewöhnlich fest- wandiger Intima und kolossaler Länge.
Praeputialsäcke ohne Virga und ohne Verdickungs- plättchen, Penes häutig. Paramerengrundglieder lang, aber nur am Grunde in der Mediane verwachsen, am Grunde nicht dreieckig verschmälert. Vom Grunde der Parameren geht auch ein den Ductus ejaculatorii entsprechend kolossal langer endoskelettaler Fortsatz aus, der jederseits einen Verdickungsfaden besitzt. Endglieder der Parameren kürzer als die Grundglieder.
Anisolahis ist unter den völlig ungeflügelten Berma- p^ere» -Familien die am weitesten verbreitete Gattung, was sich aus der Vorliebe mancher Arten für die Meeresküsten erklärt.
C. Isolahichie n. fam.: Prosternum und Pygidium wie bei den Amsolahidae . auch die sonstige Thoraxgestalt, Supraanalplatte fehlend oder verkümmert (d. h. nur noch häutig angelegt), Antennen 13 — 14 gliedrig. Kopf vorne auffallend dreieckig, Augen sehr gross, höchstens um 7^ ihres Durchmessers vom Hinterhaupte entfernt. Stirn mit auffälligem Längseiudruck (2 Längsfurchen oder ein Huf- eisen). 2. Tarsalglied verhältlich gross, mindestens ^ so lang wie das 3. Das 3. und 4. Abdominalsegment mit kräftigen Drüsenfalten, 10. Abdominalsegment klein, d. h. nicht so lang als das 8. und 9. zusammen. 10. Tergit des cT hinten deutlich ausgeschnitten oder gebuchtet. Elytreu und Flügel fehlen völlig.
Paramerenendglieder sclimal. klauenartig, spitz. Grund- glieder kurz, gruudwärts dreieckig verschmälert, in ziemlich lange, anfangs beineigende Spangen auslaufend. Penis
Sitzung vom 21. Januar W03. H
häiitii;-. Praoputialsäcke stellenweise bestachelt, mit ver- schieden langer aber niciit vorstehender') Virga, neben ihr im rraeputialsack ein längliches Verdicknngsplättchen, das stets kürzer ist als die Virga. Dnctus ejaculatorius hyalin. —
Ich kenne bisher 3 Gattungen, welche alle der aethio- pischen Kegion angehören: * Kopf breit an den Prothorax sich anschliessend, Tergit
des 1. Abdomiualsegmentes deutlich ausgebildet, Antenne
ziemlich schlank.
a. Das 3. Antennenglied ist doppelt so lang als breit, die Seiten des Mesonotum sind vorne etwas wulstig aufgetrieben, besitzen aber keine Seitenkante. Zangen des c am Grunde von einander entfernt, am Ende nicht gekreuzt, ^"orderer Theil des Prosternum nur mit Andeutung einer Absetzung. Virga ungefähr so lang wie der Praeputialsack , ein feiner P'aden ragt aber heraus Isolahis n. g. (1, A.).
b. Das 3. Antennenglied ist nur wenig länger als breit, die Seiten des Mesonotum besitzen eine scharfe, stark vorspringende Seitenkante, welche von der Schulter bis zum Hinterrande reicht. Zangen des Männchen am Grunde sehr nahe beisammen stehend, am Ende gekreuzt. Vorderer Theil des Prosternum durch eine tiefe Querrinne vom Haupttheil abgesetzt. Virga nur halb so lang wie der Praeputial- sack Ctenisolahis n. g. (1, A.).
"^ Kopf auf einem dünnen Halse sitzend, daher vom Pro- thorax abstehend. Tergit des 1. Abdominalsegmeutes sehr klein oder ganz fehlend. Antenne in der Endhälfte etwas dicker als in der Grundhälfte. Das 3. Antennen- glied ist nur so lang als breit. Die Seiten des Mesonotum besitzen keine Seitenkante, sondern sind nur an der Schulter ein wenig aufgetrieben. Zangen des Männchens am Grunde sehr nahe beisammen
^) Unter vorstehender Virga verstehe ich eine solche, deren Ende aus dem Praeputialsack herausreicht.
12 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
stehend, am Ende gekreuzt. Vorderer Theil des Prosternum durch einen Quereiudruck leicht abgesetzt. Virga noch nicht halb so lang als der Praeputialsack
Leptisolahis n. g. |2. A.).
Indem ich nun zu den 4 Arten dieser 3 Gattungen übergehe, genügt es, eine derselben genauer zu erörtern, bei den andern beschränke ich mich mehr auf die Unter- schiede:
Leptisolahis usamharana n. sp.
r/". Länge 7V2 mm. Zangen Vjz mm.
Antennen dick, schnurförmig, 14gliederig (?). schwarz, 7. und 8. Glied weiss. Körper schwarz, matt, mit sehr dichter, kurzer Behaarung, welche stellenweise einen grausilbernen Schiller erzeugt. Seitenkanten des Prothorax rothbraun durchscheinend. Beine schwarz. Kniee, Enden der Schienen und die Tarsen weisslich. Kopf annähernd dreieckig, die Augen sehr gross, der Raum zwischen ihnen und dem Hinter- kopf ist kaum halb so breit wie der Augendurchmesser. 1. Antennenglied keulenförmig, etwa bis zur Mitte der Augen reichend, 3. Antennenglied wenig länger als breit, 4. so lang als breit. Der Kopf sitzt auf schmalem Halse und ist da- durch stark gegen den Thorax abgesetzt. Prosternum sehr lang, hinten breit abgestutzt. Pronotum entschieden länger als breit, nach hinten allmählig etwas verbreitert, die Vorderecken stumpfwinkelig, indem sich vor ihnen eine trapezische Halsverschmälerung findet. Mesonotiim hinten kaum eingebuchtet, beinahe gerade, seitwärts abgerundet. Metanotum hinten tief eingebuchtet, hinten jederseits ab- gerundet. 1. Abdominaltergit sehr schmal und klein, aber deutlich nach vorn und hinten abgesetzt.
1. Tarsenglied ungefähr so lang wie das 2. und 3. zu- sammen, das 2. einfach und auffallend lang, -jz so lang als das 3. Abdomen des Männchens hinter der Mitte am breitesten, hinten auffallend verschmälert und allmählich abfallend, 10. Abdominaltergit klein (kaum länger als das 8.). in der Mitte hinten breit eingebuchtet, zu Seiten der Ein- buchtung etwas eckig. Subgenitalplatte hinten abgerundet,
Sitzmuj vom :21. Januar 190:2. 13
in der Mitte schwach vortretend. Zangen des Männchens dicht aneinander stehend, im Querschnitt annähernd rund, innen schwach ^^ezähnelt. im letzten Drittel gekreuzt, indem das spitze Ende leicht nach innen gebogen ist. 4.Abdominal- segmeut mit deutlichen Drüsenfalten. Pygidium schmal trapezisch. Supraanalplatte rudimentär. Innere Copulations- organe doppelt, Praeputialsack mit kurzer Virga, neben welcher eine schmale Chitinplatte in der Praeputialsack- wandung. Penis häutig. Grundglieder der Parameren am Grunde dreieckig verschmälert und dann in lange, endo- skelettale Stäbe ausgezogen. Endglieder dreieckig, in kurze Spitzen ausgezogen. Wand des Praeputialsackes reichlich mit Wärzchen besetzt, an zwei Stellen auch mit kurzen Stacheln.
Vorkommen: Das einzige Männchen wurde von L. KoNRADT in 850 m Höhe Dezember 1891 bei Derema in Usambara gesammelt.
Die 2. Art L. fheoriae n. sp. lässt sich am besten durch folgende Gegenüberstellung erörtern:
X. Hftambarana. L. fheoriae^).
1. Abdorainaltergit vor- 1. Abdominaltergit fehlend,
banden, zwar sehr klein, auch Reste habe ich nicht
aber doch deutlich sowohl aufgefunden, vom 2. als auch vom Meta-
notum getrennt. — Metanotum Metanotum beinahe win-
in leichtem Bogen ausge- kelig ausgebuchtet, buchtet.
Paramerenendglieder mit Dieselben nur mit Spuren
deutlichen Längsriefen. von Längsriefen.
L. thcoriae n. sp. stimmt in allem Uebrigen mit der
') Diesen Namen wählte ich zur Erinnerung an die komische That- sache, dass die Behauptung von de Bormans, das Metanotum sei bei den ungeflügelten Formen „mit dem 1. Abdominaltergit innig ver- wachsen" (Thierreicli, 11. Lief., 1900, S. 2), zwar sonst allgemein un- richtig ist, bei dieser Art aber ausnahmsweise scheinbar richtig, ganz richtig aber auch nicht, denn das 1. Abdominaltergit verwächst nicht, sondern verkümmert,
• 14 Gesellschaft naturforselmider Freunde, Berlin.
anderen Art tiberein und könnte vielleicht auch als Unter- art derselben behandelt werden.
Vorkommen: Es liegen 2 Männchen vor, welche aus Mikindani in Deiitsch-Ostafrika stammen.
Isolahis Braneri n. sp. *)
Länge 1 3 — 1 3 V2 mm. Zangen des Männchens 2 '/^ mm lang.
Körper matt, reichlich und meist kurz behaart, braun, Beine und Antennen gelbbraun.
Die Eindrücke der Stirn sind vorn stumpfwinkelig nach aussen gebogen. Pronotum vorn jederseits mit einem läng- lichen, gebogenen, ziemlich tiefen Eindruck. Metanotum in der Mitte nur halb so lang als das Mesonotura. 10. Ab- dominaltergit mit deutlicher Mittelfurche. Zangen des Männ- chens am Ende etwas übereinander greifend, ohne sich aber zu kreuzen. Abdomen hinter der Mitte stärker ge- wölbt als im Uebrigen.
Virga ungefähr so lang wie der Praeputialsack. im mittleren und letzten Drittel dicker als im gruudwärtigen. Ueber die Endmündung der Virga hinaus ragt noch ein langer Faden, der auch noch ein Stück aus dem Praeputial- sack hervorhängt. Das Verdickungsplättchen ist grundwärts hakig umgebogen, übrigens etwas breiter, aber viel kürzer als die Virga. Spangen der Paramerengrundgiieder sehr lang.
Vorkommen: 3 Männchen wurden verglichen, welche mit dem Vermerk „Kuako bis Kimpoko" (R. Büttner) ver- sehen sind und offenbar aus dem westafrikanischen Guinea- gebiet stammen.
Ctenisolahis togoensis n. sp.
Lg. 8V2— 9 mm. Zangen des Männchens ly^ mm lg.
Körper matt, braun, dicht und kurz, stellenweise seidenschimmernd behaart. Boine gelbbraun, die Schenkel grundwärts verdunkelt. Eindrücke der Stirn tief, vorn stark nach aussen gebogen, hinten beinahe verbunden. Pronotum vorne jederseits mit 2 seichten Längsfurchen. Metanotum in der Mitte fast so lang als das Mesonotum.
') Iknaiint nach Prof. F. Brauer, dem Verfasser der klassischen Arbeit: „Systematisch-zoologische Studien".
Sitznnij vom J^. Jaiitatr 1902. 15
10. Abdominaltcrgit nur mit schwacher Mittellinie. Abdomen oben i^anz platt.
raramereneudglieder in der Endhälfte sehr schmal imd spitz, schmäler als bei 7. Bramri. Spangen imd Onindglicder nicht auffallend lang. Verdickungsplättchen do rraepulialsackes am Grunde hakig umgebogen, halb so lang und kaum breiter als die Virga. welche etwa halb so lang ist wie der Praeputialsack und ohne Endfaden. In der Grundhälfte des Praeputialsackes stehen zahlreiche kleine Zähnchen, die aber nicht weiter vorkommen als das Ende der Virga reicht. (Daher reichen sie bei I. Brauen, der langen Virga entsprechend, viel weiter.)
Vorkommen: Untersucht habe ich 3 Männchen, welche von Bisraarckburg in Togo stammen (R. Büttnek).
II. Total flügellose Eudermaptera-Monandria.
Ich habe die Familie der Cheliduriden schon früher charakterisirt. ') Dieser Begriff muss aber eine Erweiterung erfaliren, nachdem ich eine Form untersucht habe, welche eine zweite, recht merkwürdige Uuterfamilie darstellt, die im Habitus auffallend an die flügellosen Diandria erinnert.
Ich gebe hiermit eine Uebersicht der beiden Unter- familien :
A. Chelidurinae mihi: Virga schlank, höchstens am Grunde mit einer Spirahvindung. 3. und 4. Abdominal- segment mit Drüsenfalten. ]\Iesonotum skutelloid ausge- bildet und freiliegend. Elytren vorhanden. 2. Tarsalglied kurz und mit 2 Fortsätzen.
Chelidnru, Chelidurella und Mcsochelidura.
B. Isolahellinae n. subfam.: Virga ganz aus Spiral- windungen bestehend. 3. und 4. Abdorainalsegment ohne Drüsenfalten. Skutellum und Elytren fehlen. 2. Tarsen- glied -jz so lang als das 3-, ohne Fortsätze.
Isolahella n. g. Antennen ISgliedrig. zwischen den Augen keine Querfurche. Scheitel mit Längsfurche. Zangen
') Im Vergleich mit den Isolabiden haben die Cheliduriden recht kleine Augen, welche um das 2\'i — 3 fache ihres Durchmessers vom Ilinterhaupte abstehen. Alle Cheliduriden besitzen ferner eine deutlich abgesetzte, breite Supraaualplatte.
16 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin,
des Männchens stark eingebogen, symmetrisch, ungezähnt. Pygidium trapezisch, gross, nur wenig länger als breit. Supraanalplatte schmal, quer. Abdomen etwa in der Mitte am breitesten.
I. graeca n. sp. Lg. 11 mm, Zangen 3 Va mm. Körper schwarz, kaum glänzend, Beine braunschwarz. Metanotum hinten stark eingebuchtet, in der Mitte fast so lang wie das an den Seiten abgerimdete Mesonotum. Pronotum mit deutlicher Mittel furch e , vorne jederseits ohne Furche. 1. Abdominaltergit deutlich aber sehr klein. Abdomen dicht und fein punktirt und sehr kurz behaart. 10. Tergit mit Mittelrinne, jederseits derselben hinter der Mitte ein Höckerchen. Pygidium in der Mitte mit hügeligem Höcker vortretend. Subgenitalplatte abgerundet, Paramerenend- glieder länglich, einfach, am Ende fast spitz, die Grund- glieder doppelt so lang als die Endglieder, grundwärts in ziemlich lange, anfangs weit von einander stehende Spangen verlängert. Penis massig festwandig. mit quer abgestutzter Mündung, über welche ein abgerundetes Läppchen vorragt. Virga mit 8 Schraubenwindungen, aus einem länglichen, kräftigen Bläschen entspringend und gegen das Ende all- mählig zartwandiger werdend. Praeputialsack mit den ge- wöhnlichen kleinen Wärzchen, aber ohne Zähnchen.
Vorkommen: Das Museum besitzt von dieser be- merkenswerthen Form leider nur 1 Männchen, welches den Zettel trägt: „Graecia, Coli. Stein".
Hinsichtlich der hintersten Segmenttheile des Abdomens der Dermapteren hat man bisher keine ganz richtige Vor- stellung gehabt, worauf ich hier schon kurz eingehen muss, damit hinsichtlich der Begriffe Pygidium, Supraanal- platte und 10. Ventralplatte, wie ich sie oben ge- brauchte, kein Missverständniss entstehen kann.
Brünner von Wattenwyl hat (z. B. in seinem Pro- domus 1882) die Subanalplatten verkannt und auch hin- sichtlich der Afterlage sich geirrt. Er sagt, „die Subanal- platten sind stets verwachsen und meist von dem Pygidium ganz zurückgedrängt. Was er aber Subanalplatten nennt,
Sitzung wm 21. Januar 1002. 17
ist thatsächlich die Supraanalplatte, denn die wirklichen Subanalplatten. welche sich als zwei kleine, blasse, bohorstete Platten unter dem After befinden, sind bisher allgemein übersehen worden. Daher kann auch von einer Verwachsung der Supraanalplatte nicht die Rede sein. H. Saussure in seiner Note suppleraentaire über Ilemvuems 1896 hat eine ähnliche Anschauung wie Brunner v. W., was durch folgende Formel zum Ausdruck kommt: v^ 7-7 ^ (1) 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ForficuMes: ^ q 2 3 4 5 6 7 8 9 vv *•
Er unterscheidet gar nicht einmal Pygidiura und Supraanal- platte. R. Heymons in seiner schönen Arbeit über „die Segmentirung des Insektenkörpers" (1895 Berlin) hat richtig auf den obigen Fehler Brunner's hingewiesen, er selbst aber hat sich geirrt, wenn er meint, dass die über dem After liegende Platte „dem Pygidium selbst angehört". Seine Ansicht ist aber dadurch zu erklären, dass er nur Forfimki untersucht hat, wo die Supraanalplatte allerdings ziemlich schwach ist. Das Verhältniss Yon Pygidium und Supraanalplatte ist für die einzelnen Dermapteren-Familien ein recht wichtiges und zwar ist die letztere nicht etwas „spät Abgegliedertes" sondern im Gegentheil ein ursprüng- liches, bei den niederen Gruppen besonders gut entwickeltes Merkmal, das erst bei einem Theile der phylogenetisch secwndsiven Mo 71 an dria zur Rückbildung gelangt, aber auch bei den Isolabiden. Zu bemerken ist aber, dass sich immer noch Spuren der Supraanalplatte nachweisen lassen. Es ist nun merkwürdig, dass während Heymons' Ergebnisse für die ,.p]-imäre" Anlage bei den Embryonen mit meinen ver- gleichend-morphologischen ungefähr übereinstimmen, seine Angaben für die entwickelten Thiere in einigen Punkten nicht stimmen. Er hat die beim Embryo richtig gefundenen Theile bei der Imago theüweise nicht wiedererkannt, so hat er das 1. Abdominaltergit für das Metanotum, die Hälften des 10. Sternit für „Laminae subanales" gehalten. Die ^^irklichen L. s. hat er also auch nicht gesehen. Ich gebe folgende Formeln von Heymons:
1[3 Gesellschaft naturfors hender Freunde, Berlin.
Forficula (^ \ ) 123456789 10 [11] A Primär angelegt \ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 [11?] A — 1 2 3 4 5 6 7 8 9 A
^"^^"- -12 3 4 5 6 7 8 T
Nach meinen Beobachtungen an sämmtlichen Familien und Unterfamilien und über 40 Gattungen erhalte ich folgende Formeln für entwickelte Dermapteren-Männchen^j: • 123456789 10 11 t .
iypUS. c^oA^.anQC\^^^l^\\ l^r^A ' '
Apachyidae:
2 3 4 5 6 7 8 9 10 (11) (vv)
XX XX
123456789 10 11 (t)
— 23456789 (10) (11) (w)
XX XX
Die Bauchplattenhälften des 11. Segmentes sind zwar klein, aber überall entwickelt und besonders am Gelenk der Cerci oder Zangen betheiligt. Die Dermaptera bestätigen also Heymons' Entdeckimg, dass die Cerci zum 11. Abdo- minalsegment gehören.
Herr P. ASCHERSON^) legte ein Fruchtexemplar von Odon- tospermum pygmaeum aus der östlichen Wüste bei Cairo vor. bei dem im trockenen Zustande die Hüllblätter des Köpfchens bogenförmig aufwärts, bis zur Berührung ihrer Spitzen gekrümmt sind, so dass die Hülle völlig geschlossen erscheint. Er tauchte dasselbe sodann in Wasser ein, worauf innerhalb weniger Minuten die Hüllblätter sich stern- förmig ausbreiteten und im Centrum der flachen Köpfchen- axe ein Schopf noch nicht ausgefallener Früchte und Spreu- blätter frei gelegt ward. Die Bewegung wird durch das hygroskopische Verhalten des aus dickwandigen Zellen ge- bildeten Gewebes auf der Innen- (Ober-) seile der Hüllblätter
^) Die Formeln für die Weibchen sind ebenso, nur muss man die bekannten Unterschiede im 8. und 9. Abdominalsegmente berück- sichtigen.
*) Die runden Klammern bedeuten, dass die betr. Gebilde schwach entwickelt sind , die Kreuze x X zeigen die Zweitheilung an. t = Telson, vv = Subanalplatten desselben.
*) Vgl. auch P. ASCHERSON in Sitzb. Bot. V. Brand. XXIII (1881), S. 44.
Sitzimg vom 21. Jmmar 1903. 19
hervorgebracht, das bei Wasserzusatz stark aufquillt und sich besonders in der Längsrichtung streckt. \vährend es in trockenem Zustande einschrumpft. ') Hierdurch \vird in «Tsterem Falle die Streckung, in letzterem die Einwärts- krümmung der Hüllblätter bewirkt. Der Vorgang ist wegen jenes raschen Eintretens das instructivste, für die Demon- stration in Vorlesungen geeignetste Beispiel der Erscheinung, welche Vortr. vor einem Jahrzehnt mit dem Namen Hy- grochasie bezeichnet hat^), jener „bei einigen Pflanzen von Gebieten, wo Trockenzeiten mit Perioden von mehr oder weniger reichlichen Niederschlägen abwechseln, seit Jahrhunderten bekannten Erscheinung, dass ihre Frucht- stände oder Früchte (zuweilen beide) in Folge von Durch- tränkung mit Wasser Bewegungen ausführen, die die Aus- streuung von Samen oder Sporen erleichtern, beim Aus- trocknen aber sich wieder schliessen. Es ist diese Erscheinung dem Verhalten der grossen Mehrzahl der übrigen Gewächse entgegengesetzt, welche entsprechende, die Dissemination befördernde Bewegungen in Folge des Austrocknens ihrer Gewebe ausführen. Man kann deren Verhalten als Xero- chasie bezeichnen". „Die biologische Bedeutung der Hygro- chasie ist in den meisten bisher bekannten Fällen unver- kennbar: Schutz der Früchte bez. Samen und Sporen bezw. Vermeidung der nutzlosen Ausstreuung derselben während der Trockenzeit, Freimachen und Aussaat derselben in der für die schnelle Keimung und Weiterentwicklung günstigen Regenzeit" (P. Aschersox, a. a. 0., S. 96).
Das am längsten bekannte Beispiel der Hygrochasie bietet die allgemein als „Rose von Jericho" bezeichnete Crucifere Änastafica IlierocMntina, welche im entsprechenden Zustande, nach der Fruchtreife abgestorben, einen kugel- runden Knäuel darstellt, der sich, mit Wasser durchtränkt, aufrollt, wobei die im Innern verborgen gewesenen Früchte nun zu Tage treten und aufspringen. Dieser Vorgang er-
') Casimir de Candolle, Arch. sc. phys. et nat. Geneve, XIV, p. 322 (1886). VOLKENS, Flora der aeg.-arab. Wüste, S. 126 (1887). *) Ber. Deutsch. Bot. Ges., X, S. 94 (1892).
20 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
fordert indess eine weit beträchtlichere Zeit und lässt sich nicht innerhalb der üblichen 40—45 Minuten einer akade- mischen Vorlesung zur Anschauung bringen.
Herr A. Jacobi sprach über neue Homopteren aus Tonking.
Die von Herrn H. Fruhstorfer in den Jahren 1900 und 1901 in Tonking gewonnene entomologische Sammel- ausbeute enthält auch ein beträchtliches Material an Cicaden, worunter sich viele schöne und neue Formen befinden. Mit der Durchsicht desselben beschäftigt gebe ich heute die Diagnose einer Anzahl bisher unbekannter Cicadidae und Cercopidae. Genaue Beschreibungen der neuen Arten nebst Abbildungen werde ich in einer Arbeit liefern, welche auch das übrige Material behandelt und in den „Zoologischen Jahrbüchern" erscheinen soll. Die Typen der neube- schriebenen Species befinden sich in meiner Sammlung.
I. Cicadidae s. Stridulantia.
1. Gaeana electa n. sp.
2 : Statura valida; capite cum oculis pronoto antico aeque lato; tegminibus sat angustis. margine costali a stigmate usque ad apicem paululum concavis. Holosericea- nigra, parum cyaneo nitens; pronoti lateribus depressis margin eque laterali - posteriore ochraceis ; marginibus posterioribus mesonoti ochraceoclavatis. Tegminibus alisque opacis , cinereo-fuscis . nervis nigris, late infuscatis; area costali antica tegminum fulva, postica nigra; parte basali, clavo. areae radialis parte sub- costali nee non fascia transversa satis extensa laete ochraceis. Alarum dimidio basali ochraceo. — Longr. corp. 27 mm, Exp. 87 mm; Hab. Tonking. Montes Mau-Son, April — Mai.
Diese sehr schön und eigenartig gezeichnete Art weicht im Bau des Rumpfes nicht unerheblich von den Gattungs- verwandten ab. Diese Abweichungen bestehen in der Breite des Kopfes und dem vorn und hinten gleich breiten Vorder- rücken, dessen Seiten kielförmig zusammengedrückt sind; es kommt hierdurch ein Anklang an die Genera Tacua und
Sitzung vom 31. Januar 1902. 21
Tosena zustande, sodass ich zuerst über die Gattungszuge- hörigkeit etwas in Zweifel war und dies um so mehr, als unter den drei vorhandenen Exemplaren sich nur das weib- liche Geschlecht vertreten fand. Jedoch entspricht die Form der Flügel fast ganz der von Gaeana als charakte- ristisch bekannten, weshalb ich nicht zögere, die neue Spe- cies bei dieser Gattung unterzubringen.
2. Talainga JMstanti n. sp.
(/ : Abdoiuine admodum porrecto. Operculis tympani oblongis. truucatis, obliquis. Nigra; ima parte frontis, maculis clypei quattuor. striga coxarum anticarum, macula mediarum et posticarum, oculis eorumque fundo, verticis maculis duabus. pronoti quattuor eiusque lateribus et mar- gine postico. pronoti signatura undulata eiusque partis cruciformis lateribus ochraceis. Tegminibus totis den- sissime reticulatis, fuscis, nervis et area costali ochraceis, macula magna pone apicem areae radialis sita alba instnictis. Alis opacis lacteis. raargine apicali et nervormn parte apicali fere quarta infuscatis. — Long. corp. 37 mm, Exp. 78 — 80 mm. — Hab. Tonking, Montes Mau-Son, April bis Mai.
Die netzartige Nervatur der Vorderflügel und die ocker- gelbe Zeichnung unterscheidet diese Form bedeutend von den beiden anderen Arten T. Binghami Dist. und T. chinensis DiST., auch ist ihr Abdomen ungewöhnlich gestreckt. Durch die Oberflächen-Struktur und die Farbe gemahnt sie auf- fallend an Polyneura äucnlis (Westw.). obwohl diese einer ganz verschiedenen Unterfamilie angehört. — Ich benenne die neue Art nach Herrn W. L. Distant, dem verdienst- vollen Monographen der orientalischen Singcicaden.
3. Mogannia caesar n. sp.
cf: Major. Fronte maxime. rostri quadam forma, producta, villosa. Nitide nigro-cyanea, metasterno. apice excepto. testaceo. Abdominis segmentis dorsalihus sexto et septimo vittula pilosa, laete flava instructis. Teg- minibus hyalinis, partim flavide infumatis; area costali et i)ostcostali. cellula basali. clavo et vitta sat lata trans- versa, antrorsum angulifera. stigma et apicem clavi connec-
22 Gesellschaft naturforschender Freunde, Bci-lin.
tente nitide fusco-atris. Alis hyalinis; parte anali interna opaca, albo-papyraoea. — Long. corp. 16 mm, Exp. 40 mm. — Tonkiug, Moutes Mau-Son, April— Mai.
Von allen bekannten Arten, insbesondere von M. Sandei NouALH. und M. nasalis (Whitp:) wohl unterschieden, welch letzterer M. caesar in der Zeichnung der Flügeldecken etwas ähnelt. Die Stirn ist besonders stark, fast rüssel- förraig verlängert, nach unten gebogen und auf der Veutral- seite konkav; die feine Körperbehaarung auf der Stirn länger und dichter, pelzartig,
4. Ter^pnosia posidonia n. sp.
cf : Major, viridis. Fronte furcula longitudinali nigra ornata: margine apicali loborum verticis, pronoti lineis duabus longitudinalibus medianis distantibus, sulcis ner. nou maculis duabus subquadratis, angulis posticis vicinis, nigris; meso- noto signatura forma tridentis nigra valde cons^ncua instructo; tegminibus area costali subviridi, apice fumigato. anastomosi prima ac secunda infuscatis. — Long, corp. 30 mm, Exp. 74 mm. — Hab. Tonking, Montes Mau-Son, April— Mai.
Diese Terpnosia dürfte in systematischer Beziehung der T. nigricosta MoTSCH. von Japan verwandt sein, doch machen sie die scharfe Zeichnung des Pronotums, welche einem Dreizack sehr ähnelt, wie auch die angerauchten Spitzen der Vorderflügel sehr kenntlich.
5. Tihicen reductus n. sp.
cf : Viridi-testacea, canescenti-pilosula.
Fronte, vertice, oculis olivaceis; pronoto margine laterali et postico pallide viridibus. in disco fascia longi- tudinali mediana castanea, lineis duabus aterrimis inclusa, instructo; mesonoto rubido, maculis longitudi- nalibus prasinis tribus, plus minusve counexis, ornato; abdomine fascia mediana viridula longitudinali; tegminibus hyalinis, area costali viridescente, nervis olivaceis vel fuscis; alis areis apicalibus sex, lobi clavicularis margine postico, nervo radiante interne et suturali aduinbratis; oper- culis tympani parvulis, falcatis. — Long. corp. 24 mm.
Sitzung vom Sl. Januar 1903. 23
Exp. (')0 mm. — Ifab. Tonking, Montes Mau-Son. April bis Mai.
Zur Charakteristik dieser vielleicht -zur Gattung QuintiUa gehörigen Tibiceuide verweise ich hauptsächlich auf den kastanienbraunen Mittelstreifen des Vorderrückens und die eigenartige, durch ihre grasgrüne Farbe scharf hervortretende Zeiclinung des Mesonotums. Die ventralen Stimmdeckel sind sehr klein, sodass sie noch hinter den Hüftdornen zurückbleiben , und sind etwas sichelförmig nach innen ge- krümmt; den Eingang zur Paukenhöhle lassen sie fast ganz frei.
//. Cercopidae.
Genus Cosmoscaria StAl.
1. C. Fruhstorferi n. sp.
Viridi-nigra, abdomine violaceo-nitente. Tegminibus fusco-piceis, albo-fusco bivittatis: vitta altera teg- minis cuiusque lata, subrecta. margines versus contracta, ante partem secundam tegminis sita. altera lineari, undata, ante partem reticulatam sita. Alis fuscis, nervis nigris. Long. corp. 12— 14 mm. Exp. 33— 35 mm. — Hab. Central- Tonking, Chiem-hoa, April - September.
Aus der Gruppe der C. nagasana Dist. und C. montana DisT. Die Flügeldecken sind ziemlich düster gefärbt; die vordere Binde ist bisweilen verkleinert und rauchbrauu überlaufen.
2. C. sp.
Nigra. Capite et pronoto cyaneo-nigris , rostro ochraceo. metastethio. scutello, abdomine ochraceo- rufis; abdominis segmentorum supra marginibus anticis. apice excepto nigro raarginatis. subtus nigro tesselatis; pe- dibus ochraceis vel fulvis, tarsorum apicibus nigris. Tegminibus nigris, clavi parte basali tertia, striga lanceolata subcostali ea conjuncta, fascia recta angusta subapicali aurantiacis. Alis basi auran- tiacis. Long. corp. 12 mm. Exp. 33 mm. — Hab. Ton- king. Than-Moi, Juni— Juli. Assam (Hartert).
Ob identisch mit C. egevs WK.oder C. monUina Dist.? Durch die hakenförniij^e Verteilun^r der oran^jeroten Farbe an der
24 Gesellscfuift naturf(yrscliender Freutide, Berlin.
Basis der Flügeldecken gekennzeichnet. Die Querbiude vor dem Spitzenteile ist bisweilen unterbrochen.
3. C. trichodias n. sp.
Minor. Ochraceo - rufa. Capite, prouoto, prostethio, tarsis nigris. Tegminibus nigris, vittis tribus signatis: una ad basin, retrorsum angulo acuto ampliata, altera recta media, tertia subapicali curvata. — Long. corp. 9 mm, Exp.
25 mm. — Hab. Tonking, Montes Mau-Sou, April bis Mai.
C. triciwdias dürfte mit C. decisa Wk. und 6. thoracica DiST. eine Gruppe bilden.
Genus Phymatlwstetha StÄl.
1. P. insignis n. sp.
Major. Nigra, cyaneo-nitida. Abdomine apice et lateribus rufo-castaneis. Fronte basi sauguinea. Pro- noti lateribus anticis late sanguineis, disco macula lanceo- lata marginem nee anticum nee posticum attingente sau- guinea ornato. Mesonoti margine postico eiusque angulis acutis sanguineis. Tegminibus piceis. nonnihil nitidis, maculis Septem laete sanguineis, apice anguste luride limbato. Alis sanguineis, fusco limbatis. Long. corp. 23 mm, Exp, 52 mm. — Hab. Tonkiug, Montes Mau- Son April— Mai.
Diese besonders stattliche und schöne Art schliesst sich an die Gruppe an, welche von P. dorsivitta (Immeralis) Wk. und P. nangla DisT. gebildet wird. Die Abweichungen bestehen vor Allem in der prächtig carmim-oten Färbung der Hinterflügel , welche nur am Innen- und Hinterrand graubraun sind. f 2. P. icterica n. sp.
Nigra. Abdomine purpui*ascente . apice et lateribus ochraceis. Pronoto ochraceo-rufo, fasciis duabus longi- tudinalibus saepe plus minusve interruptis, postice angu- lose ampliatis et coniunctis. Scutello ochraceo, nigro marginato. Mesonoti postici angulis ochraceis. Teg- minibus nigris, apice late lorido, maculis ochraceo-rufis octo iustructis. Alis sat clare cinereo-t'uscis, basi ochraceo-
Sitzung vom 21. Januar 1902. 25
rufis. — Long. corp. 21 mm, Exp. 49 mm. — Hub. Toukiag. Moutes Mau-Soii, April-Mai.
Ebenfalls zur Gruppe der P. dordvitta gehörig, jedoch mit grü8stentheils gelbbraunem Sdiildchen, sowie röthlich- gelber Zeichnung des Kopfes, Pronotums und der Flügel.
3. I*. quadriplagiata n. sp. Violaceo-nigra. Capiterufo, clypeo nigro, pronoto
ochraceo-rufo, fasciis duabus latis, postice angulosis et coniunctis nigris. Tegminibus brunneo-nigris. apice luride limbato , maculis sat magnis quattuor fulvis, quarum duabus in clavo, duabus in disco postpositis. Alis fuscis, basi fulva, nervis nigris. — Long. corp. 18 mm, Exp. 44 mm. — Hab. Tonking, Montes Mau-Son, April bis Mai.
Unter den mir bekannten Arten etwas einzelnstehend, von einfacher Zeichnung.
4. jP. Moi n. sp.
Mediocris. Nigra. Capite testaceo, basi nigro. Pronoto nigro, vitta transversa flava. Abdomine supra nitide purpureo-nigro. Tegminibus nigris; basi, fascia transversa fere mediana, maculis tribus parti apicali con- finibus flavis; apice angustissime luride limbato. — Long, corp. 16 mm, Exp. 38 mm. — Hab. Tonking, Than-Moi, Juni— Juli.
In der Verteilung der Farben erinnert diese Art nicht wenig an Cosmoscarta dimidiatu Dall. (= undata Wk.^.
5. P. 2>eZfa«*a n. sp.
Nigra. Capite rufo-castaneo. Prosterni marginibus et maculis quattuor albo-flavidis. Pronoto albo-flavido. maculis duabus fuscis foveis vicinis instructo. Abdomine nigro -purpureo. Tegminibus brunneo -fuscis, apice sordide ochraceo, striga costali postice ampliata, macula postcostali et clavali maculisque duabus suturalibus disci albo-flavidis. — Long. corp. 18 mm, Exp. 45 mm. — Hab. Tonking, Montes Mau-Son, April— Mai.
Eine mit P. Mrenia Dist. von Bii'ma nahe verwandte, durch die Zeichnung des Vorderrückens und der Vorder- flügel unterschiedene Art.
26 Gesdlsclrnft naturfoi'scfiender Freunde, Berlin.
Herr Fr. Dahl sprach über einen „sehr seltenen', Vogel aus dem Bismarck-Archipel.
Während meines Aufenthaltes im Bismarck-Archipel in den Jahren 1896 und 1897 war es mir trotz eifrigen Suchens nicht gelungen, eine der dort lebenden Rallen zu Gesicht zu bekommen. Ich konnte daher in meiner kleinen Schrift, „Das Leben der Vögel auf den Bismarckinseln" ') nur Vermuthungen über ihr Vorkommen und ihre Lebens- weise aussprechen.
Herr Parkinson, der sich bisher unausgesetzt mit grossem Eifer um die Erforschung der Kolonie bemüht hat, ist nun so freundlich gewesen, unserm Museum eine Hi/2)otae. nidia insüpiis ScL. zu schicken. Es ist das eine Art, die mit Recht als äusserst selten gelten kann. Soweit ich sehe, ist bisher nur erst die im britischen Museum befindliche Type gefunden. Sie stammt ebenfalls aus Neu -Pommern und wurde vom Missionar Bkown bei Kabagada daselbst ge- funden. Das neue Exemplar stammt aus den Bainingbergen an der Nordküste der Insel und wurde von einem Schiess- jungen in einer Tarropflanzung am Boden laufend ge- schossen. Nach Aussage der Eingeborenen, die ihn „Läichupki" nennen, kommt er in Pflanzungen und an Orten, wo sich früher Pflanzungen befanden, vor, niemals aber im Walde. Er läuft meist am Boden und fliegt, über- rascht und aufgescheucht, empor, aber niemals hoch und fällt nach höchstens 20 — 25 m wieder ein. Niemals geht er auf Bäume. Im Magen befanden sich „Würmer" (wie ich vermuthe Insektenlarven und nicht Regen wüi'mer).
Herr Parkinson macht mir zugleich noch einige weitere Mittheilungeu über das Vogelleben der Bainiugberge. Da ich selbst nur einmal einen eintägigen Ausflug in die Vor- berge dieses Berglandes machen konnte und vor mir dort überhaupt Niemand gesammelt hat. sind alle Forschungen in jenem Gebiete natürlich sehr erwünscht.
Der schwarze Spornkuckuck Ccntropus violaceus Qu. Gaim., den ich selbst im Bismarck-Archipel ebenfalls
>) Mitt. aus d. zool. Museum in Berlin v. 1, lieft 3, p. 146.
Sitzung vom 2t Januar 1902. 27
niemals beobachtet habe, kommt nach Herrn Parkinson's Augabe in den Baiuingbergen ziemlich häufig vor. Er wird dort von den Eingeborenen „Urastenilvi" genannt. — Vom Nashornvogel Itliytido'eros pHcaiiis Forst, theilt mir Herr Parkinson mit. dass er bei einem Ausfluge nach den Wasserfällen mehrere Exemplare auf dem Boden nach Nahrung suchen sah und in dem Magen des einen Stückes, das er erlegte, ausser Früchten auch asselartige Thiere fand. Die Mittheiluug ist interessant, weil sie uns wieder einmal zeigt, dass es in der Ethologie wohl nur wenige Thatsachen ohne jegliche Ausnahme giebt. Wie aber die Schwalbe, die nach sicheren Beobachtungen gelegentlich auch einmal ein sitzendes Insekt aufpickt, doch mit Recht als ein Vogel gilt, der sich von fliegenden Insekten nälut, so wird auch der Nashornvogel nach wie vor als ein Vogel bezeichnet werden müssen, der seine in Früchten bestehende Nahrung auf Bäumen sucht. Die zahlreichen bisher vor- liegenden Beobachtungen und auch der ganze Bau des Vogels sprechen entschieden dafür, dass der von Herrn Parkinson beobachtete Fall eine seltene Ausnahme von der Regel ist, wie es deren überall giebt.
Wenn ich in der letzen Sitzung der Gesellschaft die Gründe für die Seltenheit gewisser Thierarten darzulegen versuchte, so liefert uns Hypotacnidia .insignis gewisser- maassen ein Gegenstück zu der dort genannten Aranea simmermanni Thor. Von beiden liegt jetzt das zweite be- kannt gewordene Stück vor. Der Grund der grossen Seltenheit in den wissenschaftlichen Sammlungen ist aber hier ein ganz anderer. Zweifellos wird der Vogel auf Neu-Pommern keineswegs selten sein. Er erscheint uns nui' so selten, weil einerseits in dem engeren Verbreitungs- gebiete desselben noch sehr wenig gesammelt wurde und andererseits die Rallen äusserst versteckt leben und des- halb sehr schwer zu finden sind. Die meisten Exemplare von Rallen dürften, wie auch dieser Fall wieder zeigt, durch einen glücklichen Zufall in die Hand eines Sammlers gelangen.
28 Gesellschaft naturfwschender Freunde, Berlin.
Herr GuiDO SCHNEIDER sprach über das Vorkommen von Larven des Bandwurms Botliriotaenia prohoscidea Batsch im Magen und Darm von Ostseeheringen {Clupea harenyus mcmhras L.)
Botliriotaenia prohoscidea Batsch (Bothriocephalus infundibuliformis Rud.) kommt sehr zahlreich vor iu dea Lachsen des Ostseegebietes, bedeutend seltener im Gebiete der Nordsee. ^)
In einem etwa meterlangen Exemplare vom Est- ländischen Strande fand ich hunderte von Exemplaren dieser Bothriotaenia, welche zu mehreren in allen Pylorus- anhängen sassen und noch ausserdem das Lumen des Pylorustheiles des Darmes ganz erfüllten.
Es liess sich daher a priori schon erwarten, dass die Larve eines so massenhaft vorkommenden Raubfischband- wurmes auch entsprechend zahlreich in kleineren wehrlosen Fischen der Ostsee angetroffen werden müsse, die dem grossen Räuber, Salmo salar, zur Nahrung dienen.
Ich glaube nun iu der That, die Larve von Bothriotaenia prohoscidea Batsch mit Sicherheit im Darm der Ostsee- heringe oder Strömlinge {Clupea harengus niembras L.) des Finnischen Meerbusens gefunden zu haben. Im Darme der von mir untersuchten Exemplare des Ostseeherings fand ich nicht selten junge Cestoden von 2 bis 7 mm Länge. Der Rumpf der Ideinen Würmer zeigt schon sehr deutlich die Gliederung in Proglottideu durch quer verlaufende Furchen, aber noch keine Spur von der Anlage der Genital- organe.
Der bereits sehr gut entwickelte Scolex zeigt die -grösste Aehnlichkeit mit dem sehr characteristischen Kopfe .von Bothriotaenia prohoscidea. Es sind sehr deutlich die beiden flächenständigen , längsovalen , tiefen Sauggruben sichtbar, vor denen der Scolex sich, genau wie beim er- wachsenen Bandwurme, zu einer Platte ausbreitet, die sich
*) Vgl. F. ZscnoKKE , Die Parasitenfauna von Trutta salar, Ccntralbl. i. Bact., Par. otc. Bd. 10, 1891, p. 794, und MfuLiNG, Die Helniinthcnfauna der Wirbolthiorc Ostprcussens, Arch. f. Naturgeschichte Bd. G4, 1898, p. 35.
Sitzung vom Hl. Jamiar W05. 29
durch jMuskelwirlaing kiippolförmig oder rüssclartig erhoben lind vorstrecken kann Auf Längsschnitten sieht man an 4 mm langen Larven schon ganz deutlich die Theilung des Kumpfes in etwa 30 Proglottiden. die. wie beim Er- wachsenen, mit den hinteren Rändern trichterförmig über den Vorderrand der nächstfolgenden Proglottis hinüberragen.
Die ^Muskulatur ist wohlentwickelt, aber von Genital- organen ist in diesem Stadium auch auf Schnitten noch nichts zu entdecken. Die sog. Markschicht wird von einem wenig differenzirten Parenchym und Muskelzügen gebildet.
Die meisten dieser Bandwurmlarven, und zwar 22 lOxeraplare im ]\[agen eines einzigen Strömlings, fand ich am 21. Juni 1900. Zu anderen Zeiten des Sommers fand ich sie auch, jedoch nicht in so grosser Zahl. Im ganzen waren von 28 untersuchten Exemplaren von Clupea harenrjus mcmhras 4 mit den Bandwurmlarven inficiert. Fr. Zschokke ^) glaubte die Larven von Bothriotaenia prohoscidea gefunden zu haben in kleinen Cysten an der Aussenwand, seltener an der Innenwand des ganzen Darm- tractus von Perca fhiviatiUs, Trutta vulgaris, Esox lucius, Salmo umUa, Thijmallns vulgaris und Lota vulgaris. „Ils se ti'ouvaient aussi sur le foie. la rate, les ovaires, le peritoine des memes poissons." Diese Cysten enthielten nach Zschokke kleine Cestodenlarven von 2 bis 6 mm Länge.
Obgleich zugegeben werden muss. dass die Larven von B. proboscidea gewiss auch in Süsswasserthieren zu fLnden sein können, so kann ich mich doch nicht ent- schliessen. alle von Zschokke gefundenen Larven für die Larven des in Rede stehenden Lachsparasiten zu halten. „S'il est difficile de constater. a quelle espece appartient cette larve de Cestode. je peux pourtant affirmer avoir eu ä faire, pour une grande majorite des cas au „scolex"
') Recherches sur l'organisation et la distribution zoologique des vers parasites des pojssons d"eau douce. Arch. de Biologie. Tome V, 1884, p. 179-181.
30 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
d'un Bothriocephalus" (1. c. pag. 179), sagt Zschokke selbst von diesen Larven, die er für junge B. pröboscidea hält. Hätten die von Zschokke gefundenen Larven mehr Aehnlichkeit gehabt mit denen, die ich irn Ostseeheringe fand, so hätte Zschokke den ganz typischen Bau des Scolex, wie ich ihn oben beschrieben habe, auch nicht einmal an den 2 mm langen Larven übersehen, oder an der bothrio- cephalusähnlichen Natur derselben zweifeln können. Der Vergleich mit den Plerocercoiden von Bothriocephalus latus hätte auch ganz anders ausfallen müssen, als in der citirten Arbeit von Zschokke (1. c. p. 181), da der evidente Unterschied eine Verwechslung von vornherein ausschliesst. Ich fand übrigens die Larven im Magen und Darme des Ostseeheringes frei und nicht in Cysten. Daher muss ich annehmen, dass dieser Fisch nicht der erste, sondern der zweite Zwischenwirth des Bandwurmes ist. Erster Zwischen- wirth, in welchem der Wurm sein Cystenstadium durch- läuft, muss wohl ein Arthropode (Kruster oder Insectenlarve) sein, der dem Ostseeheringe sehr oft zur Nahrung dient.
Falls meine Annahme richtig ist, woran ich nicht zweifele, das Clupea harengus memhras L. derjenige Zwischenwirth ist, mit dem der Ostseelachs direct die Larven von B. prohoscidea in seinen Darmkanal aufnimmt, so erklärt sich leicht das Zustandekommen solcher Masseu- infectionen, wie sie an den Ostseelachsen beobachtet werden.
Der am 17. Dccember 1901 gehaltenene Vortrag des Herrn P. Matschie über rumänische Säugethiere. Zweiter Theil wird in einem der nächsten Hefte abge- druckt werden.
Sitzung vom 31. Januar 1903. 31
Referirabend am 14. Januar 1902.
Besprechung über deu principiellen Unterschied zwischen Species und Subspecies. Herr K. MÖBIUS legte zunächst nochmals die von ihm auf dem letzten Keferirabend. am 10. December 1901 (Siehe Jahrg. 1901 dieser Sitzungsberichte, p. 267—269], vertretene Auffassung ausführlich dar. An der folgenden Debatte betlieiligteu sich dann die Herren: Matschie,
WlTTMACK. MÖBIUS, F. E. SCHULZE , NeUMANN, DaHL, ASCHEUSON.
J. F. Starcke, Berlin W.
Nr. 2. 1902.
Sitziings-Bericht
der
Gesellschaft natiirtbrschender Freunde
zu Berlin vom 18. Februar 1902.
Vorsitzender: Herr Branco.
Herr K. MÖBIUS legte Sapphirinen vor, die das Zoo- logische Museum von der Zoologischen Station in Neapel erhalten hatte. Sie sind so gut conservirt, dass sie wunder- voll grün, blau und gelbrot schillern. Diese den Männchen eigenen Interfereuzfarben werden hervorgebracht durch dichte Reihen sehr kleiner Körnchen, welche unter der dorsalen Cuticula der Rumpfsegmente liegen.
Herr Fr. Kopsch sprach über die künstliche Be- fruchtung der Eier von Cristiceps argentatus.
Die Erlangung jüngster Entwicklungsstadien von Wirbel- thiereiern ist vielfach erst dann verhältnissmässig leicht und sicher, sobald die künstliche Vereinigung der Geschlechts- produkte möglich ist. Selbst bei niederen Wirbelthieren ist es trotz reichlichen Vorkommens einer Species oft niu" einem glück- lichen Zufall zu danken, wenn der Untersucher in den Besitz jüngster Entwickhmgsstadieu (ich meine die ersten Theilungen und die Zeit vor der Furchung) gelangt. Deshalb scheint mir jede Erfahrung, welche den Untersucher vom Zufall unabhängig macht, werth, veröffentlicht zu werden.
Dass bei Cristiceps argentatus die künstliche Befruchtung gelingt, ist besonders werthvoll deswegen, weil die Eier tlieses kleinen Blenniiden relativ gross (ca. 1,5 mm Durch- messer) und so durchsichtig sind, wie nur wenige von den in grösseren Mengen zu erhaltenen Teleostiereiern (z. B.
2
34 Gesellschaft nnturfarscJiender Freunde, Bertin.
Betone ncus, Cremlabrus pavo). Durch diese Eigenschaften sind sie ganz besonders brauchbar für morphologische und entwicklungsphysiologische Untersuchungen.
Cristiceps argentatns ist nach Lo Biaxco ') (für Neapel) und GüiTEL^) (Banyuls-sur-Mer) ein in zalilreichen Exem- plaren leicht zu beschaifendes Material. Er laicht in Neapel (s. Lo BiANCO S. 557) in den Monaten März und April. Seine Gewohnheiten beim Laicligeschäft und die Bewachung der Eier durch das Männchen, haben durch Guitel eine eingehende Darstellung erfahren, welche ich bestätigen l^ann. Zu den von diesem Autor angegebenen Geschlechtsunter- schieden kommt zur Laichzeit noch die erhebliche Corpulenz der weiblichen Thiere. welche in praxi, d. h. bei Vornahme der künstlichen Befruchtung, insofern wohl das beste Unter- scheidungsmerkmal der Geschlechter ist, als es am schnellsten zum Ziele führt. Die Züchtung der Thiere ist leicht, da sie in der Gefangenschaft das gereichte Futter gut annehmen; sie ist zu empfehlen, weil die Eier der unreif eingebrachten weiblichen Thiere auch in der Gefangenschaft reif werden,, und unter den frisch gefangenen Thieren nur wenige reife Weibchen sind.
Die Eier gewinne ich nicht durch Streichen des Thieres, sondern durch Ausschütteln des Ovariums in einem Schäl - chen voll Seewasser. Ob die Eier reif sind, erkennt man bei Betrachtung des Ovariums daran, dass zwischen der überwiegenden Menge grosser durchsichtiger Eier nur ganz kleine, für die nächste Laichung bestimmte vorhanden sind, während die Eier des unreifen Ovariums eine sehr ungleiche Grösse haben. Ein weiteres sicheres Zeichen der Reife besteht darin, dass beim leichten Schütteln des Ovariums in Wasser, die Eier schnell frei werden und die Haftfäden zu einer einheitlichen Masse sich verflechten, indess der übrige Theil des Eierstockes zurückbleibt.
') Lo BiANCO, Salvatore. Notizie biolopiche riguardanti spc- cialmente il periodo di maturitä sessuaie degli animali del golfo di Napoli. Mittheil. d. zool. Station Neapel. Bd. XIII. 1899. S. 448—573.
') Guitel, Fr^deric. Observations sur les moeurs de trois Blen- niides Clinus argentatns, Blennius Montmjni et Blennius sphi/npc. Arclj. ?:ool. exper. et gen, Ser. III, T. I. 1893. S, 325—384,
Sitzung vom 18. Februar 1902. 35
Das Sperma gewinnt man aus dem zerdrückten Hoden. Da nicht alle Männchen reife Spermien in genügender Zahl besitzen, ist es gut, sich durcli das Mikroskop von der Menge und der Lebendigkeit derselben zu überzeugen. Hierzu zerdrückt man ein kleines Stück des betreffenden Hodens unter Zusatz von etwas Seewasser zwischen Deck- glas und Objectträger. Die Plauptmasse des Hodens wird ohne Zusatz von Seewasser und vor dem P^introcknen ge- schützt (am einfachsten auf einem hohlgeschliffenen Object- träger mit einem Deckglas bedeckt) bis zur Verwendung bei Seite gestellt, denn die Spermien der Teleostier sterben bekanntlich im Wasser sehr bald ab.
Die Vornahme der Befruchtung gestaltet sich folgender- maassen: Man stelle bereit: das Mikroskop, Scheere, Pincette. einen Objectträger mit Hohlschliff, ein Deckglas, zwei Uhrschäl chen voll Seewasser. Zuerst wird ein Männ- chen getödtet. der Hoden herausgenommen und in den Hohlschliff des Objectträgers gelegt. Dann schneidet man ein Stückchen Hoden ab und zerdrückt es auf dem ebenen Theil des Objectträgers nach Zusatz von einem Tropfen Seewasser mit Hülfe des Deckglases, und sieht sofort nach, ob die Spermien sich lebhaft bewegen und in reichlicher Menge vorhanden sind. Ist dies der Fall, so schiebt man das Deckglas über den Hohlschliff und schützt dadurch die dort liegenden Hoden vor dem Trocknen. Hat man geeignete Hoden gefunden, so suche man das dickste Weibchen aus, nehme jedes Ovarium für sich aus der Bauchhöhle und schüttele es in einem Uhrschälchen voll Seewasser leicht hin und her, bis die Haftfäden der Eier sich mit einander zu einer Masse verflechten. Alsdann fasst man diese Masse an und schüttelt noch ein wenig die Eier hin und her, wodurch aus den verflochtenen Fäden ein Strang wird, an dessen Oberfläche die einzelnen Eier wie die Beeren einer Traube hängen. Nun zerdrückt man die Hoden in dem Hohlschliff des Objectträgers (ohne Wasserzusatz!) und bringt die Eier in die zerdrückte Hodenmasse hinein. Das an ihnen befindliche Wasser ist zur Verdünnung des Spermas völlig genügend. Nach einer Minute werden die Eier in ein
2*
36 GeseUsehaft naturforschender Freunde, Berlin.
Uhrschälchen mit reinem Seewasser gebracht und durch leichtes Bewegen von den Hodentheilchen befreit. Darnach kann man sie in fliessendem Wasser auf Algen liegend weiter züchten. Ich habe an derartig befruchteten Eiern die Furchung beobachtet und die Entwicklung bis zur Vollendung der Dotterumwachsung verfolgt. Dass ich sie nicht weiter verfolgen konnte, lag daran, dass die Zeit meines Auf- enthaltes in Neapel abgelaufen war; ich glaube annehmen zu dürfen, dass die Entwickluog auch noch weiter vor sich gegangen sein würde.
Die Farbe der jungen Eier ist gelblich (lachsfarbig). An reifen und frisch befruchteten Eiern ist eine eigenartige Structur vorhanden, welche eine überraschende Aehnlichkeit mit einem gefurchten Keim besitzt. Ich habe dies selber anfangs geglaubt, bis ich mich am conservirten Material und durch Erscheinungen, welche am lebenden Ei nach der Befruch- tung eintreten, davon überzeugte, dass dies täuschende Bild durch eine besondere Structur des Dotters hervorgerufen wird. Die Dottermasse besteht nämlich aus verhältniss- mässig grossen polyedrischen, durch schmale Zwischen- räume getrennten Stücken. Das Bild des gefurchten Keims entsteht nur dadurch, dass die Substanzen der Zwischen- räume und der Stücke sich optisch verschieden verhalten. Merk- würdig ist dabei, dass diese Structur in dem Maasse unsicht- bar wird, als sich das Protoplasma am Eipol sammelt, so dass sie zur Zeit der ersten Theilung nicht mehr zu sehen ist.
Herr Friedr. Dahl sprach über abgebrochene Copu- lationsorgane männlicher Spinnen im Körper der Weibchen.
Ueber die genaue Lage, welche der männliche embolus bei der Copulation im weiblichen Körper einnimmt, dürfte bisher nichts Sicheres bekannt sein. Freilich hat man oft die Copulation der Spinnen beobachtet, man konnte aber dabei naturgemäss nicht ins Innere des weiblichen Körpers hineinsehen und war bei diesen Beobachtungen meist auf schwache Lupenvergrösserungeu angewiesen. Was man
Sitzung vom 18. Februar 1902. 37
bisher über die Anpassung der männlichen an die weib- lichen Copulationsorgane gesagt hat, beruht in erster Linie auf Vermuthungen : Nach den Analogien im Bau der beiderseitigen Organe machte man eben seine Schlüsse. — P> dürfte deshalb nicht überflüssig sein, directe Beob- achtungen an die Stelle der Vermuthungen zu setzen, selbst wenn die Beobachtungen jene Vermuthungen bestätigen.
Bei einer Untersuchung der Giftspinnengattung Latro- (Jccfus nach ihren zahlreichen Arten habe ich versucht, ausser andeni Formmerkmalen, auch Unterschiede im Bau der Copulationsorgane zu verwenden, und als ich constante äussere Merkmale vielfach nicht fand, machte ich Canada- balsam-Praeparate. zunächst von der ganzen Vulva und dann auch von den inneren Tlieilen. Bei diesen Unter- suchungen fand ich wiederholt einen abgebrochen männlichen embolus oder Einbringer in der weiblichen Vulva.
Dass männliche Copulationsorgane gelegentlich bei der Befruchtung abbrechen können, weiss man aus verschiedenen Thiergruppen. Ich erinnere nur an die Bienen und gewisse Tintenfische, bei denen es regelmässig geschieht. Bei den Spinnen kennt man einen derartigen Vorgang, so weit ich sehe, erst durch Bertkau ^), der ihn bei einer einheimischen Gattung Oxyptila feststellen konnte. Der Gattung OxyptUa kann ich also die Gattung Latrodectus als zweite an die Seite stellen. Ich muss annehmen, dass das Abbrechen bei dieser Gattung recht oft. vielleicht sogar regelmässig erfolgt; denn unter den 60 Vulven, die ich hinreichend genau unter- sucht habe, enthielten 8 einen embolus, die eine sogar zwei, einen auf jeder Seite.
Die inneren weiblichen Copulationsorgane bestehen, wie die Figur 1 zeigt, aus einem jederseitigen receptaculum seminis (punktirt gezeichnet) und einem lateral ziehenden völlig hohlen Schlauch (in der Figur sieht man das receptaculum und den Schlauch durch die behaarte Haut durchscheinen). Der Schlauch geht von der Geschlechtsöffnung (in der Figur unten) aus und windet sich spiralig erst in drei Windungen nach
') Zoolog. Anzeiger v. 12, 1889, p. 451,
S8
OeseUsclmft naturforschender Freunde, Berlin.
Fig. 1. Weibliche Copulationsorgane von Latrodectus 13-guttatnf}, mit Nelkenöl durchsichtig gemacht.
aussen, um dann mit engerem Volumen und kleineren, von der ersten Spirale eingeschlossenen Spiral Windungen zum receptaculum zurückzukehren. (Die inneren Windungen sind schwerer zu erkennen und in der Figur fortgelassen.)
Diesem Schlauch des Weibchens entspricht der embolus des Männchens (Fig. 2). Auch er ist bei der Gattung
Fig. 2. Männliche Copulationsorgane von Latrodectus 13-gvttatt4s.
Latrodectus in eine sehr lange Spirale ausgezogen. Man zählt etwa fünf Windungen. Kurz vor seinem distalen Ende befindet sich ein Absatz, an welchem ein nach dem Ende allmählig breiter werdender Hautsaum endet. Der embolus ist der Länge nach von einem Eohr durchzogen, welches sich als Fortsetzung des Samenbehälters im Innern der Tasterkolbe darstellt.
Wie der embolus bei der Begattung in dem Schlauch der weiblichen Vulva steckt, zeigt die Figur 3. Das band-
Fig. 3. Innere weibliche Copulationsorgane von iMtrodectus 13-gnttatxis, jederseits mit abgebrochenem embolus.
Sitzung vom 18. Februar IdÖH. 39
förmige Organ hat den Spiralschlauch erst nach aussen und (laun nach innen zu durchdringen, um erst dann in das receptaculum einzutreten (in der Figur sieht man nur die äusseren Windungen an der zugewendeten Seite). — Un- willkürlich fragt man sich, wozu denn dieser gewaltige und complicirte Umweg nöthig ist. warum nicht vielmehr der embolus direct von der Geschlechtsöffnung in das recej)taculum eintritt. Soweit ich sehe, ist nur eine zwei- fache Erklärung möglich. Entweder es hat der lange IJebertragungsweg und namentlich das Steckenbleiben des embolus das Zurückfliessen des Spermas zu verhindern, oder aber der complicirte Weg hat das erfolgreiche Ein- führen anders gestalteter Einbringer unmöglich zu machen. Im ersten Falle würde es sich also um eine Einrichtung zum sicheren Eintritt der Befruchtung, im letzteren um eine Einrichtung zur sicheren Vermeidung der Kreuzung handeln. — Die erstere Erklärung ist weniger wahrscheinlich, da der Einbringer, wie dies die Figur 3 zeigt, bei weitem nicht den ganzen Schlauch ausfüllt, so dass das Sperma auch neben ihm zurückfliessen könnte. Gegen die zweite Erklärung wüsste ich vor der Hand nichts einzuwenden. Sie liesse sich vielmehr mit allen andern Thatsachen recht wohl in Einklang bringen. — Es ist eine allen Araneologen be- kannte Erscheinung, dass nahe verwandte Spinnenarten, wenn sie neben einander vorkommen, sich in erster Linie durch abweichende Formen der Copulationsorgane unter- scheiden. Sind dagegen die Arten örtlich von einander ge- trennt, so lassen die Copulationsorgane bei der Unter- scheidung oft vollkommen im Stiche. Autoren, welche die Copulationsorgane für allein brauchbare Unterscheidungs- merkmale der Arten ausgeben möchten, kennen meist nur eine specielle Fauna auf der Erde genauer. Sobald man die Ai'ten einer Gattung von der ganzen Erde vergleicht, erweisen sich die Copulationsorgane oft als völlig unzu- reichend. — Von dieser keineswegs neuen Thatsache konnte ich mich auch bei der Bearbeitung der Gattung Latrodecfus aufs neue überzeugen. Nur dann, wenn zwei Latrodecfus- Arten an demselben Orte leben, thun die Copulationsorgane
40 Gesellschaft naturfwschender Freunde, Berlin.
bei der Unterscheidimg auch hier bisweilen gute Dienste, in fast allen andern Fällen versagen sie. Die Variatiousgrösse nimmt dann zu und die Variationskreise zweier Arten schliessen einander nicht aus.
Um angeben zu können, wie sich das Steckenbleiben des embolus auf die bisher daraufliin untorsuchten Arten vertheilt. muss ich hier zunächst eine kurze Uebersicht der Arten, die ich untersuchen konnte, geben. Ausführlicher beschreiben werde ich die neuen Arten in einer Arbeit, die ich demnächst veröffentlichen zu können hoffe. Ich werde dann die auch sonst noch beschriebenen Arten, die mir nicht vorliegen, in gebührender Weise berücksichtigen. Da die Männchen und die jungen Thiere von den meisten Arten mii" nicht bekannt sind, kann ich eine Uebersicht nach Formmerkmalen naturgemäss nur für reife Weibchen geben. Da aber dem Forscher die auffallenderen, grösseren, bisweilen auch lebhafter gefärbten Weibchen immer in erster Linie zugehen, dürfte, vom praktischen Standpunkte aus. diese Beschränkung auf die Weibchen nicht sehr unangenehm empfunden werden. Hervorheben muss ich, dass man bei der Bestimmung (nach dieser meiner Uebersicht) ohne Ka- nadabalsam-Präparate, die nach meinen frühereu Angaben ^) hergestellt werden können, nicht auskommt. Da es sich hier um grössere Thiere handelt, möcht ich empfehlen die äussere Vulva mit den darunter liegeaden Theilen (vgl. Fig. 1) gesondert zu präpariren.
Uebersicht der Latrodectus-kviQii.
I. Alle Haare auf der Dorsalseite der Kniee. auch die dickere steiler aufgerichtete Borste, enden ebenso spitz wie die an der Veutralseite der Metatarsen. (Amerika, Afrika, Madagaskar.)
A. Die beiden receptacula seminis liegen parallel; der Vorderrand der weiblichen Geschlechtsöffnung nur in der Mitte stark eingedrückt. (Madagaskar, Afrika und Süd-Amerika.)
') S.-B. d. ües. naturf. Freunde Berlin, v. 19U1, p. 4 ff.
Sitzung rmn 18, Fefmiar 1902. 41
a. Der erste Metatarsus ist 3V3 bis VI2 mal so lang als der Tarsus; die Kür[)eri^rösse ist bediMitender. meist über 18.5 mm, bis zu 23 mm; der lliuterleib ist meist schwärzlich. (Madagaskar.) L. obscurior n. sp.
b. Der erste Metatarsus ist fast 4 mal so lang als der 1. Tarsus; die Länge des weiblichen Körpers höchstens 18,5 mm; das Abdomen ist hell gefärbt und mit dunklen Zeichnungen. (In und an Häusern lebend und deslialh weit verschleppt, bisher in Afrika und Süd- Amerika beobachtet. Die ursprüngliche Heimath dürfte Afrika sein. Die Kocfi'sche Type befindet sich im Berliner Museum. Syn.: Theridium Zickzack Kaksch) L. geometricus C. L. KoCH.
B. Die beiden receptacula seminis divergiren nach vorn stark (vgl, Fig. 1); der Vorderrand der weiblichen Geschlechtsöffnung querüber gleichmässig eingedrückt (Nord- bis Mittel-Amerika und Antillen).
a. Die Beine sind weniger schlank, die 4. Schiene ist, von der Seite gesehen, nur 4 bis 5 mal so lang wie vor dem Ende dick; neben den Spinnwarzen befindet sich kein lieller Punkt. (Nord- bis Mittel-Amerika.)
I.. macfans (F.).
b. Die Beine sind schlanker, die 4. Schiene ist 5V2 bis 6 mal so lang wie vor dem Ende dick; neben den Spinnwarzen jederseits zwei helle Punkte, die da- durch undeutlicher werden können, dass der ganze Grund heller wird. (Antillen.) L. insularis n. sp. a. Auf dem hinteren Theil des Abdomens eine rothe
Längsbinde; weiss sind eine Binde um den Vorder- rand und ein Mondfleck jederseits auf der Dorsal- seite. (St. Thomas). L. insularis insularis n. subsp. ß. Eine dunkel ausgefüllte in der Mitte abwärts ge- bogene Binde um den Vorderrand des Abdomens, ein Fleck über den Spinnwarzen und kleine Mondflecke auf der Oberseite, welche zu je zw-eien einen runden dunklen Fleck einschliessen, sind hell. (Haiti.) . . . Z. insularis lunulifer n. subsp. IL Auf der Dorsalseite des Knies befindet sich wenig-
42 Gesellschaft naiurforschender Freunde, Berlin.
stens eine (etwas mehr aufgerichtete) Borste, welche weit stumpfer ist als die Haare an der Ventralseite des Meta- tarsus. (Süd-Amerika, Neu-Seeland, Australien über Süd- Asien bis Afrika, Europa und Madagaskar.)
A. Die Haare auf der Dorsalseite der Tibien (auch auf der Basis der Vordertibien) sind mit Ausnahme eines einzigen, mehr aufgerichteten Haares nicht merklich stumpfer als die an der Ventralseite des Metatarsus vor dessen distalem Ende. (Süd-Amerika und Neu-Seeland.)
a. Die Unterlippe ist am distalen Ende breiter gestutzt. (Süd-Amerika.)
a. Der Vorderrand der weiblichen Geschlechtsöffnung ist fast winklig gebrochen; grössere Art; die 4. Schiene -f- Knie 5 bis 5,4 mm lang. (Chile.)
L. variegahis NiC.
ß. Der Vorderrand der weiblichen Geschlechtsöffnung
nicht stärker gebogen als der Hinterrand (vgl.
Fig. 1); die 4. Schiene -\- Knie 3 bis 4,6 mm laug.
(Brasilien, Paraguay).
'^ Die 4. Schiene -\- Knie unter 3,5 mm lang; Rücken des Abdomens vorn mit dreieckigem hellen Fleck und dahinter mit einer Längsbinde bis zu den Spinnwarzen, welche vorn jederseits eine Schrägbinde abgiebt. (Porto Alegro.)
L. sagittifer n. sp. ** Die 4. Schiene -|- Knie 4 bis 4,6 mm lang; Rücken des Abdomens mehr hell als dunkel ge- färbt. (Brasilien, Paraguay). L.geographicus y .YLasb.
b. Die Unterlippe ist querüber etwas gerundet oder nm* sehr leicht gestutzt; die Längsbinde über das Abdomen wohl immer ununterbrochen oder aber ganz fehlend. (Neu-Seeland) L. katipo Powell.
B. Die Haare auf der Dorsalseite der Tibien, namentlich der Vordertibien (bei 300 facher Vergrösserung) weit stumpfer erscheinend, oft auch kürzer als die an der Ventralseite des distalen Endes der Metatai'sen. (Neu- Holland über Neu-Guinea und Asien bis Europa, Ma- dagaskar und Afrika).
Sitzung vom IS. Februar 1902. 43
a. Die dickste und stumpfeste Borste au der Dorsalseite
der Tibieiibasis, die sich auch durch ihre steilere
Stelluni; vor andcru oft auszeichnet, ist über halb so
laQ<; als die Tibia, von der Seite gesehen, au dieser
Stelle dick ist. (Neu- Holland. Neu -Guinea uud
Philippinen, vielleicht bis Vorder-Indieu).
a. Die längereu Haare au der Ventralseite der Tibia
wenigstens theilweise kurz und gebogen einseitig
zugespitzt, während die Haare vor dem distalen
Ende der Veutralseite des Metatarsus alle fast
gleichmässig zugespitzt sind; in der gleichen Weise
unterscheiden sich die längereu Haare des distalen
Endes der Dorsalseite des Metatarsus von deueu
der dorsalen Seite des Tarsus. (Neu-HoUand, Neu-
Guinea).
§1. Die kleinereu Härchen der Dorsalseite der Tibieubasis kurz zugespitzt und weit weniger düüu ausgezogeu als die entsprechenden Härchen der Ventralseite. Die Dorsalseite des Abdomens beim reifen Weibchen vom Ende des ersten Drittels ^bis zu den Spiunwarzen mit heller nur vorn einmal (selten zweimal) eingeschnürter Längs- biude. (NeuPIollandj. . . . L. scelio Thor. 23. Die kleinsten der gebogenen Härchen an der Dorsalseite der Tibieubasis des ersten Bein- paares fast in gleicher W^eise dünn ausgezogen wie die entsprechenden Härchen der Ventral- seite. Auf dem Rücken des Abdomens ver- läuft eine helle, meist mehr oder weniger unter- brochene und mit Seitenausläufern versehene Binde. (Neu-Guinea). . . L. ancorifer n. sp. ß. Die längereu Haare an der Ventralseite der Tibia ebenso stark zugespitzt wie die Haare vor dem distalen Ende der Ventralseite des Metatarsus; die längeren Haare vor dem distalen Ende der Dorsal- seite des Metatarsus ebenso spitz als die ent- sprechenden Haare auf der Basis des Tarsus. (Bismarck-Archipel, Philippinen).
44 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
Sl, Das im Präparat hell durchschimmernde Mittel- feld, welches sich zwischen den Samentaschen befindet (vgl. Fig. I) ist nicht breiter als lang und schnürt sich nach vorn allmählich zu einem stielartigen Fortsatz ein; der vordere, halb ab- geschnürte Theil der hellen Rückenbinde des Abdomens ist stets breiter als der Theil hinter der Einschnürung (ßismarck-Archipel),
L. hahli n. sp. 33. Das licht durchscheinende Mittelfeld zwischen den Samentaschen ist breit, queroval und geht plötzlich nach vorn in den Stiel über. Der vordere, halb abgeschnürte Theil der Rücken- binde des Abdomens ist stets schmäler als der Theil hinter der Einschnürung. (Philippinen).
L. luzonicus n. sp.
b. Die dickste und stumpfeste Borste auf der Dorsalseite
der Tibienbasis ist nicht halb so lang als die Tibia
an dieser Stelle dick ist. (Mittelmeergebiet, Afrika,
Madagaskar).
a. Die Haare an der Ventralseite der Basis des 1. und 2. Schenkels nicht sehr kurz und dick, wenig- stens 7 mal so lang als an der Basis dick. (Mada- gaskar, tropisches Afrika).
21. Der Abstand der hinteren Mittelaugen von ein- ander ist ebenso gross wie der Abstand der vorderen Mittelaugen von den vorderen Seiten- augen, das Abdomen mit rother Basalbinde, rothem Längsfleck über den Spinnwarzen, rothen Querfleck hinter dem Genitalspalt und mit 2 — 3 dorsalen Reihen von 2 — 3 weissen Flecken. (Madagaskar). . L. menavodi Vins. ©. Der Abstand der vorderen Mittelaugen von den vorderen Seitenaugen ist IV2 mal so gross als der der hinteren Mittelaugeu von einander. (Madagaskar, Afrika).
■" Die hinteren Mittelaugen mit ihren Aussen- rändern etwa 1 75 mal so weit von einander
Sitzung vom 18. Februar 1905. 45
entfernt als die vorderen JVIittelaugen ; das Abdomen dorsal mit drei an den Seiten stark nach hinten ausgezogenen hellen Querbinden und einem Längsfleck über den Spinnwarzen, der bisweilen mit den Querbinden vereinigt ist. (Madagaskar, Ost-Afrika. Togo).
L. cinctus Blackw. ** Die hinteren Mittelaugen mit ihren Seiten- rändern etwa iViomal so weit auseinander als die vorderen Mittelaugeu; Abdomen schwarz, nur über den Spinn warzen mit hellem Fleck. (Ost- Afrika '.-').
L. stuhlmanni n. sp. ß. Die kürzesten Haare an der Ventralseite der Basis der Vorderschenkel sind sehr dick, höchstens 4— 5 mal 80 lang als dick.
?l. Der behaarte Vorderrand der weiblichen Geschlechts- öffnung springt in der Mitte weit gerundet nach hinten vor. (Deutsch-Südwest-Afrika).
Ä. renivuloatus n. sp. 93. Der behaarte Vorderrand der weiblichen Geschlechts- öffnung in der Mitte höchstens mit kleiner Ecke (Fig. 1). in der Tiefe dagegen bisweilen ein ge- rundeter unbehaarter Vorsprung. (Auf die Va- rietäten oder Unterarten dieser weitverbreiteten Art werde ich bei späterer Gelegenheit ausführlich zurückkommen. Sie ist von Süd-Europa bis zum Cap verbreitet.) L. tredecimfiuttatus (Rossi).
Abgebrochene Einbringer fand ich bei folgenden Arten : Bei L. treclecimguttatus viermal (Alexandria, Mogambique, Mphome). bei L. menavodi zweimal (Madagaskar), bei L. scelio einmal (Adelaide) und bei L. mactans einmal (Puebla). Der letztere Fall ist übrigens nicht ganz sicher.
Herr VON Martens fügt den früheren Mittheilungen über das neue Auftreten der Helix ohvia Menke (cat- (licana Pfr.) auf der Insel Wollin in den Sitzungsberichten vom Juni. October und November 1890. S. 132, 149 u. 161,
46 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
noch hinzu, dass der verstorbene Apotheker und Malako- zoologe Friedr. Wiegmann, dessen hinterlassene Manu- skripte und Sammlungen in den Besitz des zoologischen Museums dahier gekommen sind, in den Jahren 1874, 1875 und 1876 zur Sommerfrische in Misdroy gewesen ist und eifrig Landschnecken gesammelt hat. aber damals dort keine Helix ohvia zu sehen bekam, wie sich aus seiner Sammlung imd einer handschriftlichen Liste der von ihm dort beob- achteten Arten ergiebt. Da in dieser Liste auch ganz kleine, nicht leicht ins Auge fallende Arten, wie z. B. Helix Inmel- lata, pygmaea und JPupa pusilla. aufgeführt sind, und er nach- weislich an verschiedeneu Orten der Umgegend gesammelt hat, kann man um so zuversichtlicher annehmen, dass die oben genannte Schnecke, die durch ihre weisse Farbe und verhältnissmässige Grösse sehr auifallig und wo sie vor- kommt, stets gesellig auftritt, damals noch nicht in der Gegend von Misdroy vorhanden war. ihre Ansiedlung daselbst also in die Zeit zwischen 1877 und 1889 fällt. Die am angeführten Orte S. 161 gegebene Vermuthung, dass sie durch käuflichen Esparsetten-Samen verbreitet worden sei, dürfte grosse Wahrscheinlichkeit haben und der Vortragende möchte überhaupt betonen, dass bei sprungweiser Ver- breitung mancher Thierarten und ihrem Vorkommen in ver- schiedenen, durch weite Meere getrennten Erdtheilen in erster Linie auch an unabsichtliche Verl)roitung durch mensch- lichen Verkehr zu denken ist. namentlich bei kleineren Thieren, die am und im Boden, oder an Kulturpflanzen leben. Das Versenden von Pflanzen in sogenannten Watt- schen Kästen sowie überhaupt der Transport lebender Pflanzen und vegetabilischer Nahrungsmittel giebt viele Ge- legenheit, dass entwicklungsfähige Eier oder Pup])en u. dgl. mit verschleppt werden. Besonders wahrscheinlich wird diese Erklärung dann, wenn die neu erscheinenden Thier- arten zuerst oder ausschliesslich in Orten frequenten Ver- kehrs, wie grossen Seestädten, oder in botanischen Gärten auftreten; so ist JAmax variegatus Drap, und llyalinia rel- laria MÜLL, nach verschiedenen Hafenstädten Nord- und Süd-Amerikas und auch Australiens verschleppt worden,
Sitziouf vovi IS. Fehrunr 1903. 47
lind es ist charakteristisch, dass beide bei uns in Deutsch- land audi in Kellern lebend gefunden wurden, höchstwahr- scheinlich mit Garten- oder Acker-Produkten dahin ver- schle[)i)t: der genannte Limax wird in Berlin öfters in Bier- kellern gefunden, die llyalinia hat schon von 0. Fh. Mlllp:!: 1774 darnach den Artnamen ccllaria erhalten, da er sie in Kopenhagen in Weinkellern gefunden, und neuerdings ist ihr \'orkommen in Kellern auch von dem oben erwähnten Fk. Wiegmaxn in Jüterbog wieder beobachtet worden.
Referirabend am II. Februar 1902.
Herr 0. Heinroth hielt im gro.ssen Hörsaale des Zoo- logischen Instituts einen längeren Vortrag über seine Elr- lebnisse auf der „I. Deutschen Südsee-Expedition von Bk. Mencke". an welcher er als Zoologe und Arzt theil- genommen hatte.
Elr sprach zunächst über seine Erfahrungen über zweck- mässige Verpackungen von Conservinmgstlüssigkeitcn. über Sammelgeräthe. C4ewehre u. s. w.. um dann auf die Brauch- barkeit Eingeborener, speciell der Papuas als Hilfskräfte beim Sammeln einzugehen. Namentlich ist es schwer, lebende Vögel in brauchbarem Zustande von ihnen zu er- halten. Nach sonstigen allgemeinen Bemerkungen über Klima, Boden u. s. w. zeigte Herr Heinroth 70 zum Theil colorirte Lichtbilder, welche nach seinen Aufnahmen mit der Handcamera angefertigt waren. Land und Leute von Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg wurden in dieser Weise ausführlicher vorgeführt und Ansichten von Borneo und Malakka iiezeist.
J. F. Starcke, Berlin VC,
Nr. 3. 1902.
S i t z Uli g s - B e r i c h t
(lor
(iesclLscliaft natiirforsclieiider Freunde
zu Berlin vom 18. März 1902.
Vorsitzender: Herr Branco.
Herr 0. Neumann sprach über neue nordost- und ostafrikanische Säugethiere.
Die hier zu beschreibenden neuen Arten stammen von meiner letzten Expedition durch Nordost-Afrika. In Ver- bindung damit benenne ich drei s. Z. von mir in Ost- Afrika gesammelte, damals aus Mangel an Vergieichs- material nicht unterschiedene Arten neu.
Colobus gallaruin nov. spec.
Sehr ähnlich dem Colohns matscliiei Neum. vom Victoria Niansa und dem Colobus occidenUdis Rchbr. von West-Afrika, und wie beide mit pechschwarzem Schwanz, aber durch fol- gende ^Merkmale von ersterem. von dem eine grössere Serie zur Verfügung steht, unterschieden. Fell viel langhaariger, wolliger. Schwanzqiiaste viel grösser, buschiger. Dabei ist der weisse Seiten beliang geringer, an den Schultern bei manchen Exemplaren minimal. Die weisse Behaarung um den After, bei matschiei und occidenUdis sehr deutlich, ist bei gallarum geringer, bei einigen Exemplaren fast fehlend.
Vorkommen: Berge im Quellgebiet des Webbi Shebeli: Gara Mulata bei Harar und Djalfa-Berge im Arussi-Land, ferner Wälder bei Burka auf der Strasse von Harar nach Adis Abeba.
Der Schädel zeigt nicht die auffallenden Eigenschaften von matscliiei. Die Kristen sind nicht so scharf an der
50 GeseUscImft natmforschemler Freunde, Berlin.
Stirnleiste angesetzt, dass sich hier Gruben bilden. Der starke Wulst am Ansatz der Nasalen fehlt. Der Schädel ist schon von der Stirnleiste an viel höher und gleich- massiger gewölbt wie der von matschiei. Das Ende der Nasaleu liegt flacher und springt nicht mit einem Zacken aus dem Profil heraus wie bei matschiei. Es älinelt hierin mehr dem Schädel von Colobus polturus Tnos. Ich werde auf die Unterschiede zwischen diesen beiden später zurückkommen. Cercopithecus hilgerti nov. spec.
Beschreibung des alten Männchens: Färbung der Ober- seite röthlich olivenfarben. Die einzelnen Haare bestehen aus gelbbraunen und schwarzen Ringen, wodurcli dieser Ton entsteht. Vorderfüsse eisengrau, nach unten dunkler werdend. Hände schwarz, doch ist dieses Schwarz nicht scharf Tom Grau abgesetzt wie beim ostafrikanischen rufoririilis. Hinter- schenkel vom Knie an gleichfalls eisengrau. Hinterfüsse schwarzgrau. Oberseite des Schwanzes schwarzgrau, theil- weise mit olivenfarben melirt. Unterseite des Schwanzes grau, gegen die Spitze zu und diese selber weiss. Backenbart lang weiss, Gesicht schwarz, schmale weisse Stirnbinde. Darüber Kopf schwarz melirt, rostrother Fleck unten am Schwanzansatz. Ganze Unterseite und Innenseite der Arme und Füsse weiss.
Jüngere Männchen und Weibchen sind matter gefärbt. Das Grau der Vorder- und Hinterbeine matter und oliven- farben leicht melirt. Füsse und Hände grau, nicht schwarz. Kein rostrother Fleck am Schwanzansatz.
Lebt im Stromgebiet des Wabbi (Webbi Schebeli). Typus am Gobele-Fluss (Ennia Galla-Laud) am 27. Mai 1901 er- legt. Sonst erlegt am Gara Mulata, am Modjo, am mittleren Wabbi, am oberen Wabbi beim Abulcassim und in den Djaffa- Bergen, von Hilgert ferner bei Burka (Route Harar— Adis Abeba).
Zu Ehren unseres Präparators, des vorzüglichen Sammlers und Beobachters Hilgert genannt.
Cercopithecus ellenbeclH nov. spec.
In der Mitte stehend zwischen Jiilgerfi und dem Cercopithecus (jriseoviridis vom weissen Nil. Diesem am
Sitzung vom IS. Mär: 1903. 51
ineisten gleichend, aber die Oberseite tiefer olivengelb wie bei dieser fast eiiil'arhiijj grauen Art. Füsse und Iläudo etwas dunkler. Schwanz viel kürzer. Unterseite des Schwanzes hellgrau, nicht rein weiss wie bei griseoviridis; nur die äusserste Spitze weiss.
Suksuk-Fluss und Maki-Fluss am Zuai-See. Zahlreiche Exemplare gesammelt. Wahrscheinlich ist dieses die auch im Ilauasch-Tlial vorkommende INIeerkatze. Typus am 27. November 1900 am Suksuk-Fluss erlegt.
Zu Ehren unseres Expeditionsarztes Dr. Ellenbeck genannt, der sich sehr um unsere zoologischen Sammlungen verdient gemacht hat.
Cercopithecus tnatschiei nov. spec.
Aberranteste Form der Chlorocehns-Gvxyp-^Q. Ohne Spur eines grauen oder grünen Tons auf der Oberseite. Diese aus kastanienrostroth und schwarz melirt. Vorderarme heller olivengelblich, nach unten in grau, auf den Händen in schwarz übergehend. Hinterschenkel ebenso. Hinterfüsse heller wie die Vorderfüsse. Schwanz aus olivengelb und schwarz melirt. Unterseite heller, äusserste Spitze grau- weiss Backenbart lang, weiss. Ganze Unterseite weiss; niemals ein rostrother Fleck am Schwanzansatz. Durch den stark rothen Ton von allen anderen Arten der CT/oroceZ>»s- Gruppe ausgezeichnet.
Im Gebiet des Omo und der Sobat Quellströme. Typus in j\Ialo am Omo, am 14. Februar 1901 gesammelt. Sonst in Doko. Koscha. Kaifa, Djimma. Gimirra, Schecho und Maschango gesammelt. Bewohnt feuchten dichten Urwald, besonders in der Nähe der Flüsse.
Cercopithecus djatndjarnensis nov. spec. Oberseite ähnlich der von matschici aber etwas heller mit mehr gelbröthlichem Ton. An den Hinterbeinen ist die Färbung vom Knie an einfarbig aschgrau. Unterseite nicht rein weiss sondern silbergrau.
Der sehr kurze Schwanz (55 cm zu 90 cm Körper- länge — bei einem C. griseoviridis messe ich 120 cm zu 80 cm Kürperlänge — ist schwarzgrau, nur an der Basis
3*
52 Gesellschaft naturfwscJiendei- Freunde, Berlin.
oben schwach olivfarben melirt, unten heller, an der Spitze fast schwarz. Diese Art zeichnet sich ausser durch den ganz auftauend kurzen Schwanz und den sehr kurzen Backen- bart, besonders noch durch den sehr dichten Pelz aus. Die Haare sind über noch mal so lang wie bei ellenhechi und matscliiei. Zwischen den Schultern bilden sie eine förmliche Mähne. Auch Unterseite und Hinterfüsse sind mit langem, weichem, seidenartigem Pelz bedeckt.
Nur ein Exemplar, sehr altes Weibchen, im Bambus- wald bei Abera (Djamdjam) in 3300 m Höhe am 17. De- cember 1900 erlegt.
Dieses ist meines Wissens die grösste Höhe, in der ein Cercopithecus überhaupt erlegt wurde. Am Kilima Ndscharo geht moloneyi nur bis ca. 3000 m. Es ist dies um so auftauender, als die Affen der C/<7o>oceZ>?<s- Gruppe im All- gemeinen Steppenbewohner sind.
Vom echten Cercopithecus griseoviridis erbeutete ich zwei Exemplare in Goz-Abu-Guma am weissen Nil unter ca. 13" nördl. Br. Sie stimmen vollkommen überein mit einem von Lepsius am weissen Nil erbeuteten Exemplar und einem aus den Sammlungen Schimper's, vermuthlich aus Tigre, auf dem Berliner Museum.
Ein anderes von Werne am blauen Nil (aber ohne näheren Fundort) gesammeltes Stück weist allerdings in der Färbung erbebliche Verschiedenheiten auf. Ich lasse es hier, da sein Fundort nicht genau feststeht, in der folgenden Zusammenstellung ausser Betracht.
Ein Stück von Salamona bei Massaua von Schuadeu gesammelt und mehrere andere Stücke aus Schimper's Sammlungen gleichen dem echten griseoviridis, sind aber einen starken Ton gelber wie diese Art.
Und schliesslich kenne ich aus Nordost-Afrika noch eine grüne Meerkatze, von der Baron v. Erlaxger eine grosse Serie am mittleren und unteren Webbi Web (Juba) erbeutete. Sie steht dem Cercopithecus rufoviridis am nächsten.
Die geographische Verbreitung der grünen Meerkatzen in Nordost-Afrika ist also die folgende :
SiizutHi vom 18. März 1902. 53
1) Steppen am weissen Nil und unteren blauen Nil
C f/risroviridis Desm.
2) Küstengebiete des rothen Meeres (Erythraea)
C. äff. griseoviridi.
3) Zuai-See, vermuthlich auch Hauasch-Gebiet
C. dlenheclci Neum.
4) Wälder-Gebiet am Omo und den Sobat-Quellströmen
C. matschiei Neum.
5) Bergwälder östlich des Abaja-Sees
C. djaindjumensis NeüM.
6) Stromgebiet des Wabbi (Webbi Shebeli)
C. hilgerti Neum.
7) Gebiet des mittleren und unteren Juba (Webbi Web)
C. äff. rufoviridi.
Die Erythraea-Form und die Hauasch-Form ellenhecki stehen allerdings dem griscoviridis ziemlich nahe, ebenso die Juba-Form dem rufovindis. Die anderen Formen sind höchst markante Arten. Die geographisch benachbarten Arten griseoviridis vom weissen Nil und matscldeL vom Sobat-Quell- gebiet und dem Omo sind die verschiedensten Arten über- haupt, die in der Clüorocebus-QiVW^^Q vorkommen. Canis Tiaffensis nov. spec.
Kopf röthlich braun, fein weisslich und schwarz auf der Stirn gegrieselt. Rücken und Seiten hellbraun und schwarz fein melirt. Der eigentliche Untergrund der Haare hier umbrabraun. Darüber ein hellgelber Ring, dann schwarze Spitze. Bei einigen fehlt die schwarze Spitze. Der umbra- braune Ton der Haarbasis versteckt und nicht sichtbar. Füsse hellrotlibraun, ähnlich denen von mesoinelas. Bis zu den Gelenken der Vorderbeine eine schwache schwarze Zeichnung. Ebenso der Aussenraud der Oberschenkel der Hinterbeine. Schwanz schwarz und gelbbraun melirt. Spitze schwarz.
Keine Spur eines Seitenstreifens.
Typus 9 in Anderatscha, der Hauptstadt von Kaffa am 1. April 1901 erlegt.
Von allen Bälgen südwestafrikanischer Streifenschakale (adusiiis), ostafrikanischer (sehr ähnliche, noch imbeschriebene
54 Gesellschaft natmforschender Freunde, Berlin.
Form) und westafrikanischer (lateralis) durch das absolute Fehlen weisser, aschgrauer oder röthlicher Färbung im Pelz, und die schwarze, nicht weisse Schwanzspitze unterschieden.
Zwei Stücke dieser Art, welche in Adis Abeba dem Freiherrn Carlo von Erlaxger von dem italienischen Gesandten Capitain Cicc.adicola geschenkt wurden, leben derzeit im Zoologischen Garten zu Frankfurt a. M.
Diese gleichen im Grundton der Färbung sehr meinem Stück aus Kaffa. Als ich dieselben in Adis Abeba im Oktober 1900 sah , hatten dieselben keine Spur von An- deutung eines Sattels oder Seitenstreifens. Als ich sie im August vorigen Jahres im Frankfurter Garten sah, war der Seitenstrich deutlich bemerkbar. Als ich sie im Januar dieses Jahres dort wieder sah, war derselbe wieder viel schwächer geworden, so dass man annehmen muss, dass die Färbung nach Alter und Jahreszeit stark variirt.
Am Schädel dieser Art fällt die stark blasige Auf- treibung der Schädelkapsel, die grosse Länge und die starke Compression über den Augenhöhlen auf. Der bei allen Streifenschakalen (adustus und lateralis) sehr schmale Jochbogen erreicht bei dieser Art sein Breiten- Minimum. An dem vorliegenden Stück beträgt die Breite in der Mitte nur 3V2 mm, während ich bei einer grösseren Anzahl aus- gewachsener adustus- und laferalis-'^ahÄ^^X hier 5 — T'/* mm messe. Ich will hier noch bemerken, dass ich der Ansicht de Winton's^), Canis lateralis und adustus seien nicht unterscheidbar. nicht beipflichten kann, da sich besonders am Schädel erhebliche Unterschiede zeigen. Völlig irrthüm- lich jedoch ist, den Canis Jioluhi Lorenz mit diesen beiden Arten zu vereinen.
Diese Art hat, wie sich aus der guten Abbildung des Schädels (Annalen k. k. naturhist. Ilofmuseum 1896, p. 9) ergiebt, garnichts mit adustus, lateralis und hiffensis zu thun, sondern ist anscheinend der nächste Verwandte des Canis lupaster aus Tripolis und Aegypten und des Canis hadru- mautkus NoACK aus Süd-Arabien, also kein Streifenschakal,
>) P. Z. S. 1890, p. 541.
Sitzung vom IS. März 190.2. 55
sondern die ^liiiiatiu-- Ausgabe eines Wolfs. Keiinzeiehen dafür sind die rol)Uste Schädelform und der sehr breite kräftige Jochbogen.
Cnnis Jcnffensis ist anscheinend ein echter Urwald-Be- wohner, da Anderatscha von grossen Wäldern eingeschlossen ist und keine Steppe in der Nähe ist. Ein junges Stück dieser Art erhielt ich auch lebend in ]\[alo am Omo.
Alle Streifenschakale scheinen übrigens im Gegensatz zu den Schabraken- und Wolfs-Schakalen Urwald-Bewohner zu sein.
Lutra concolor nov. spec.
Von der Grösse und Färbung der TaUiu Maculicollis Lic:nT.. aber ohne Spur von weissen oder gelben Flecken auf Kinn und Kehle, vielmehr ist das Thier vollkommen einfarbig dunkel otterbraun. Alle Füsse mit Krallen.
Mehrere Felle in Adis Abeba erkauft. Ich wage diese Art als neu zu beschreiben, trotzdem ich daneben auch mehrere Felle von Lutra macnlicollis erhielt, weil mir ganz einfarbige Felle von Lutra macnlicoUis noch nicht bekannt sind, obwohl ich eine ziemliehe Anzahl aus anderen Theilen Afrikas, besonders vom Victoria Nyansa, untersuchen konnte. Ausserdem stammten die in Adis Abeba erkauften Felle aus zwei verschiedenen Flussgebieten, nämlich dem Muger und Guder. zwei grossen Nebenflüssen des blauen Nil, und aus dem Hauasch. Ich möchte annehmen, dass Lutra con- color die LAifra muculicollis im Hauasch-Gebiet ersetzt.
Neben Fellen dieser beiden Formen kaufte ich in Adis Abeba mehrere Felle der grossen Äonyx capensis Schinz., die gleichfalls aus dem Hauasch stammen sollten.
Die kleinere Art (concolor) kommt übrigens in den zum Hauasch fliessenden Bächen in der Stadt Adis Abeba selbst vor.
Die von mir gesammelten Felle sind meines Wissens die ersten überhaupt von Nordost-Afrika in europäische Museen kommenden Otternfelle. Heuglix erwähnt zwar (FiTziNGER. System. Uebersicht Säugeth. von Nordost-Afrika, p. 28) Ottern vom Tumat, Sobat, Jabuss, Bahr el abiad, Bahr
56 Gesellschaft naturforsclicnder Freunde, Berlin.
el asrek und von Tigre, Semien und Woggara. dann wieder (Reisen in Nordost-Afrika 1877. II, p. 39) von den Flüssen von Tigre. Amhara und vom Tana-See. Doch sind an- scheinend keine Beleg-Exemplare von ihm in europäische Museen gekommen und weder Tkouessart in seinem „Ca- talogus Mammalium", noch Pousargües in seiner Zusammen- stellung der tropisch-afrikanischen Säugethiere ^) führen eine Otter überhaupt für Nordost-Afrika an.
Ahyssinischer Name für alle Otter- Arten: „Dakosta".
Seiurus nyansae nov. spec.
Früher immer zu Sc. nifolrachiatus^) gezogen, aber grösser wie dieses, besonders die Füsse. Die schöne tief rostrothe Farbe, bei nifohrdchiatns auf die Innenseite und Unterseite der Vorder- und Hinterfüsse beschränkt, greift auf die Oberseite über. Auch Kopfseiten und Kinn haben schwachen rostrothen Anflug.
Die Haare des Schwanzes sind schwarz mit schmutzig weissen oder weissgelblichen Ringen und Spitzen. Der Schwanz macht keinen geringelten Eindruck wie beim echten nifobrachiatus. Die Unterseite variirt zwischen schmutzig grau und hellröthlich.
Der Schädel dieser Art scheint durchwegs etwas kräftiger und breiter zu sein wie der des echten rufo- hrachiatus.
Auf die näheren Eigenthümlichkeiten des Schädels dieser sowie der folgenden Arten werde ich an anderer Stelle zurückkommen.
Vorkommen: Nordhälfte der Ost- und Westküste des Victoria Nyansa und Länder bis zum Albert- und Albert Edward-See. Von Emin und Stufilmann bei Ntebbi und Ussi in Uganda, Karevia, Ukonjo und Kinjawanga. von mir bei Kwa Kitoto in Kavirondo. Kampala in Uganda und Dumo an der Budduküste (Süd-Uganda) gesammelt.
*) Ann. Sc. Nat. Zool., III art. 9 et IV art. 1 (1897). '^) Sciunts ru/ohmchiatus Matschie (nee Watekh.), Säugethiere Deutsch-Ost-Afrikas, p. 43. — Neumann, Zool. Jahrb. 1900, p. 547.
Sitzuuf) vom IS. März 1903. 57
Es wiirdon 1 1 Stück dieser Art aus verschiedenen ^lo- naten des Jahres (Januar, ^lärz. April. Juni. Juli. De- zember) mit über 20 Exemplaren von rufohradantus von Fernando I'o und von Kamerun stammend aus allen ]\Io- naten des .Jahres verglichen. Typus von mir in Kwa Ki- toto (Kavirondo) am 5. März 1894 gesammelt
Sciurns h'dffctisis nov. spec.
Körper etwa von der Grösse von nifohnicltiittufi. Oberseite im allgemeinen wie bei rufobnirJuafus. nur etwas röther im Ton. Unterseite rein weiss. Innen- und Unterseite der Schenkel nicht rostroth wie bei mfo- bnichintK.^. sondern weiss, mehr oder weniger röthlich an- gelaufen. Oberseite der Vorder- und Hinterfüsse hell rost- farben, aber nicht tief rostroth wit^ bei nyansae.
Die sehr langen und dichten Sehwanzhaare zeigen von der Basis an nach oben drei rostfarbene und drei schwarze Ringe. Ueber dem letzten schwarzen Ring eine lange weisse Spitze. Diese ist bei den meisten so lang, dass der Schwanz von aussen einen schwarzweissen Eindruck macht. Streift man die Haare auf. so bemerkt man die schöne rostfarbene Unterzeichnung.
Unter ca. 16 gesammelten Stücken sind zwei mit röthlich weisser Unterseite und nur reinweisser Kehle. Diese zwei Stücke, bei Detscha in Kaffa und in Koscha (Süd-Provinz von Kaffa) gesammelt, sind auch oben etwas röthlicher als die andern und als partielle Erytrismen zu betrachten.
Der Schädel dieser Art ist von ungefähr gleicher Länge wie der von rufohrnchintus und nyansae, aber viel schmäler.
Lebt in Urwäldern in 2000—2600 m Höhe, besonders gern an Fluss- und Bach-Ufern.
Gesammelt in ganz Kaffa. März und April 1901. Typus bei Anderatscha (Kaffa) am 10. März 1901 gesammelt.
Sciurus dbassensis nov. spec. Grösse von Sciurus mfobmch/dtus. Oberseite wie bei dieser Art, nur etwas dunkler, ohne jeden röthlichen Ton. Haare des Kopfes gegen die Nase zu dunkler. Nase fast
58 GesellscJiaft naturforscJiender Freunde, Berlin.
oder ganz schwarz. Oberseite der Füsse fast von Körperfarbe, nur wenig gelblicher. Innenseite heller weiss oder röthlich weiss. Kehle und Oberbrust, zuweilen auch Bauchmitte rein weiss. Uebrige Unterseite schmutzig grau. Schwanz im allgemeinen ähnlich gefärbt wie bei Sciunts hiffensis, doch sind die Haare etwas kürzer, die rostfarbenen Ringe viel matter, die weissen Endspitzeu viel kürzer und auch mehr gelblich weiss, nicht rein weiss. Das ganze Thier macht einen viel weniger bunten Eindruck wie kaffensis, zeigt übrigens auch gewisse Aehnlichkeit mit Sciums punctatus TexMM. von West- Afrika, scheint aber kon- stant dunkler zu sein.
Der Schädel ist et\vas gedrungener wie bei hiffensis. Besonders die Nasalen sind kürzer, setzen schmal ein und verbreitern sich dann jäh. Die Nasengegend ist vorn auf- getrieben, die Nasenöffnung somit grösser wie bei den ge- nannten Arten.
Die Schädel aller hier erwähnten vier Arten sind übrigens erheblich grösser wie der von Sciunts muJticulor Rüpp.
Sehr häufig in den Wäldern am Südufer des Abassi- Sees. ca. 1800 m hoch.
Typus dortselbst am 9. Dezember 1900 gesammelt.
Alle drei hier neu beschriebenen Arten gehören der Untergattung Helioseinrus Tet. an. Der Schädel \o\\ allen zeigt deutlich den für die Untergattung charakteristischen Zacken am oberen ersten Molar.
Es sei hier als bemerkenswerth erwähnt, dass ich das einzige bisher aus Abyssinien bekannte Eichhörnchen Sciums muUicolor Rüpp.. auf dessen Selbständigkeit oder Gleichartigkeit mit dem westafrikanisehen Sciums annulutns Desm. ich hier aus Mangel an authentischem Material aus West-Afrika nicht eingehen will, nicht mit Sicherheit auf dieser Reise gesammelt habe. Vielleicht gehört der Schädel eines bei Abuje gesammelten Eichhörnchens, dessen Fell leider durch einen Milan geraubt wurde, dieser Art an.
Wohl aber besitzt das Berliner Museum Exemplare des echten Sciums multicolor Rüpp., welche von Schimper in Tigre gesammelt wurden und trefflich mit Rüppell's
Sitzung vom 18. März 1902. 59
Beschreibung tibereinstiramen. Von diesen nun kann ich inehiTiv Eichhörnchen nicht unterscheiden, die ich auf meiner ersten afrikanisciion Reise in Lubwa's (Ussoga) beim Ausfluss des Nil aus dem Victoria Nyansa gelegen, und bei Kibuesi (Siid-Ukamba) gesammelt habe (vide Neumanx: „Säugethiere von Ost- und Central -Afrika". Zool. Jahrb. 1900. p. 546).
Einer ganz anderen Art jedoch gehören die von Böhm bei Kakoma. von Glauning neuerdings am Moraba-Fluss, Uvaraba im Tanganyka-Gebiet gesammelten, von Matschie (Säiigethiere von Deutsch-Ost- Afrika, p. 40) als Sciurits unnulatus Desm. angeführten Stücke an. nämlich einer neuen, dem Scixnis jaclsoni de Winton nahe stehenden und diese im Tanganyka-Gebiet vertretenden Art.
Sciunis jacJcsoni und diese Art .gehören einer Gruppe an. die im allgemeinen Aeusseru der ce^^c/p^"- Gruppe sehr ähnelt, sich aber durch viel längere Fusssohlen und viel grösseren Schädel unterscheidet.
Dem Zahncharakter nach scheinen diese Arten auch eher zu Hdioscurus als zu Fmnscinrus Trt. {Paraxcrus F. Major) zu gehören. (Fortsetzung in nächster Nummer.)
Herr VON Martens sprach über einige Schnecken der Cocosinsel, nahe der Westküste von Central- Amerika, im Anschluss an die frühere Mittheilung gleichen Inhalts im November 1898, S. 156. Am 11. — 17. Januar 1902 hat Herr P. Biolley vom National-Museum in S. Jose. Costarica, diese Insel besucht und neben den schon 1898 von Herrn PiTTiEk und 1900 von Hopkins (s. Dall, Proc. Acad. nat. sei. Philadelphia, 1900. S. 97) gesammelten noch einige weitere Formen von Landschnecken aufgefunden.
1 ) An Guppya Hoplcinsi Dall schliesst sich ganz nahe eine noch etwas höhere und im Umfang der letzten Windung deutlich gekielte Form an. man kann sie bezeichnen als var. comdus. testa conica. si)ira sat elevata. anfractu ultimo ad peripheriam distincte angulato. basi tumido, centro fo- veolato. Diam. maj. 57-1—6, min. 5— 5V-i^ alt. 4, anfract. 6—672 mm,
60 Gesellschaft naturforsehender Freunde, Berlin.
Es ist das zugleich der Comiliis sp. meiner früheren Mittheilung. Beide Formen finden sich, wie es scheint, unter einander auf Humusboden an Blättern von Gesträuchen und Farnkräutern, häufig im Innern der Insel; von der normalen Hoplänsi liegen mir 10, von der var. conulus 16 Exemplare vor.
2) Tornatellina Pittieri Marts. und T. Martensi Dall dürften in eine und dieselbe amphidrome Art zu vereinigen sein, indem Herr Biolley unter 111 Stück 64 rechts- gewundene und 47 linksgewundene gefunden hat und an dieser Anzahl die leichten Unterschiede in der allgemeinen Form, welche Dall für seine rechtsgewundene Art gegen- über T. Pittieri anführt, durchaus nicht als mit der Windungs- richtung constant verbunden sich bewähren. Dagegen hat Herr Biolley noch eine zweite Form von Tornatellina ge- funden, welche durch absolut und relativ länger gestreckte Gestalt und den Mangel der Parietalfalte sich auffälliger unterscheidet und sich folgendermaassen charakterisiren lässt:
Tornatellina Biolley i n. sp.
Testa elongata, subcylindrica. dextrorsa. solida. laevi, laete fulva, nitida; anfr. 5V2. planiusculi, apice obtiiso, sub- mammillato, ultimus ad peripheriam vix subangulatus, basi sensim attenuatus; apertura 7^ totius longitudinis occupans, subverticalis, oblonge -trapezoidea. raargine externe ab in- sertione recte descendente, vix arcuato, marg. basali anguste rotundato, marg. columellari subperpendiculari, leviter in- crassato et pliculis 2 obliquis demum evanescentibus in- structo. basi attenuato; plica parietali nulla. Long. lOVs, diam. 4, apert. long. 4, lat. 2 mm. Hab. Cocos-island.
Von drei Exemplaren zeigen zwei die zwei Fältchen am Columellar-Rand, die dritte, scheinbar älteste und dick- schaligste, nicht, sie schwinden also wohl mit dem Alter.
Man kann sich fragen, ob der Mangel der Parietal- lamelle nicht etwa darauf beruhe, dass die vorliegenden drei Exemplare alle noch nicht ganz ausgewachsen seien. Da bei T. Pittieri diese Falte auf einen halben Umgang rückwärts in das Innere der Schale sich erstreckt, so müsste
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dann dio crwaclisenc Art noch um 2—3 nun länger und also auch dadurch noch mehr verschieden von T. Pittkri sein.
Diese Tornntellincn fanden sich ebenfalls im Innern der Insel Muf Iluiniishoden unter abgestorbenen BLättern und faulenden Baumstämmen, zahlreich.
3) Eine Leptinaria, weiche ich nicht von der im Binnen- land in Costarica lebenden L. Biolleyl ]\Iahts. zu unter- scheiden weiss (s. Biologia Oentr. Americana, Moll. S. 319, Taf. 18. Fig. 14), ebenfalls auf Humusboden und unter faulenden Baumstämmen, aber in der Nähe von Wohnungen an der Bucht von Wafer, und nicht zahlreich, was den Gedanken an neuere Einschleppung durch den Menschen bestärlit.
Von den schon früher gefundenen, allen ziemlich kleinen Landschneckeu ist neben Tornatdlina und Giqypya auch noch Succinea glohispira Makts. im Innern der Insel ziemlich zahlreich gefunden, an Blättern von Gesträuchen. Farn- kräutern und auch an abgefallenem Laube. Diese können daher als relativ ursprünglichere Bewohner der Insel gelten. Opeas junceiim A. Gour.D wurde nur an der Bucht von Wafer, nahe an menschlichen Wohnungen an den Stämmen von Cocos-Palmen und in den Blattachseln von Bananen gefunden, kann also auch als erst in neuerer Zeit ein- geschleppt gelten; Vertl(/o cocoensis Dalt. fand Herr Biolley nur an der Bucht von Chatam. unter abgefalleneu Blättern und an den Stengeln krautartiger Pflanzen.
Süsswassersch necken waren bis jetzt noch gar nicht von dieser Insel bekannt, wie überhaupt echte Süsswasser- thiere auf kleineren Inseln auffällig weniger vorhanden sind, als auf dem benachbarten Festlande, was sich sogleich zeigt, wenn man in dieser Hinsicht die westindischen Inseln mit Nord- und Central-Amerika, die azorischen und kanarischen Inseln mit Spanien. Corsika und Sardinien mit Italien ver- gleicht. Um so auffallender war es mir, dass Herr Biolley auch zwei Schneckenarteu aus Süss- oder Brackwasser ein- gesandt hat. beide aus der Mündung des Baches Arroyo del Genio in der Bucht von Wafer. beide beträchtlich grösser als alle Landschneckeu der Insel und beide entschieden
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nach Central-Amerika hinüberweiseud. Es ist eine Ncriüna und eine Auricula, die erstere au Steinen, die letztere an abgestorbenem Holz ansitzend. Die genannte Neritine. bis 27 mm hoch und 30 mm lang, ist identisch mit Ncr'dhui latissima var. glohosa Brod. in den dem stilk-n Ocean zu- fliessenden Bächen und Flüssen von Nicaragua, Costarica. Panama und Ecuador, die Auricula. bis 31 mm lang, mit A.stafj/nalisOiiB., welche im Brackwasser der amerikanischen Westküste von San Salvador bis Guayaquil bekannt ist. Es ist etwas schwierig sich vorzustellen, wie diese beiden an festen Boden gebundenen und nicht leicht mit Gegen- ständen menschlichen Verkehrs in Berührung kommenden Schnecken den Weg über den Ocean nach der etwa 600 km entfernten Cocosinsel gemacht haben: für die Auricula, welche sich gern an faulendes Holz setzt, dürfte zunächst an Transport durch schwimmende Baumstämme gedacht werden, wie Geh. Rath Eilh. Schulze vermuthen möchte; für die Neritina, welche in wirklich fliessendem Wasser an Steinen lebt, dürfte kaum etwas Anderes übrig bleiben als der von Herrn P. Matschie au die Hand gegebene Ausweg des Transports durch einen Wasservogel; an den Zehen eines solchen konnte sich die Schnecke festklemmen, indem sie bei Berührung den Deckel rasch schloss, und in die Luft erhoben, konnte sie, den Deckel krampfhaft geschlossen haltend, lebend manche Stunden lang transportirt werden, wie ähnliche Fälle von noch grösseren Süsswassermuseheln (Anodonta) beobachtet sind, und da bei der Gattung Neritina die Eikapseln gern in Mehrzahl auf die Schalen anderer Individuen abgesetzt werden, konnte der Transport eines Individuums zur Ansiedelung einer ganzen Kolonie genügen.
Herr VON Marxens sprach ferner über die geogra- phische Verbreitung von Pomatias septemspiralis Raz. {maculdtus Dkai'.), eine Untersuchung, zu welcher er von Herrn von Mäiirenthal angeregt wurde. Wenn wir die allgemeineren Angaben in den neueren Hand- und Nachschlagebüchern ansehen, so scheint es, als ob diese Schnecke durch den grössten Theil von Frankreich und
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über (las f;^anzo Oebiot dor Alpen verbreitet sei und man ;j:;laiibt nainciitlicli an letzterni nicht zweifeln zu dürfen, wenn man nachgewiesen tindet, dass sie in Savoyen und Ober-Itaijcn, in der fi'anz(>sis(ln'n und in der Central-Schweiz, in ({ranbiindtcn, in Obcr-Haiern und dem Erzherzogthum Oesterit'icii, in 'riioi. Steiermark. Kärntheu und Krain lebt. Ein anderes 1311(1 der Verbreitung ergiebt sich aber, wenn man von den politischen Grenzen der Staaten und Pro- vinzen absieht und die einzelnen Fundorte, die in der Lite- ratur angegeben sind oder von denen uns Exemplare vor- liegen, auf einer geologis(;hen Karte Mittel-Europas aufsucht. z. ß. derjenigen von H. von Dechen, 2. Ausgabe 1869, oder derjenigen der Schweiz von B. Studek und Escher. 2. Ausgabe. Ich habe seit nahezu 50 Jahren mir fau- nistische Spezialverzeichnisse europäischer Mollusken an- gesammelt und Vertreter verschiedener Fundorte auch für allgemein verbreitete Arten erst in meiner und meines Vaters Sammlung, später in der öffentlichen des Berliner Museums zusammenzubringen gestrebt, um zuverlässige An- haltspunkte für die Verbreitung der einzelnen Arten zu ge- winnen Gehen wir zunächst von Westen aus. wo die Art zuerst wissenschaftlich bekannt wurde, so finden wir ein zusammenhängendes Verbreitungsgebiet im schweizerischen und französischen Jura und den südöstlich angrenzenden Kreidebildungen des Waadtlandes und Savoyens. Die Art wurde zuerst im Jorat des Waadtlandes von Razoumowsky 1789 beschrieben. Stüder fand sie 1778 zwischen Vevay und Villeneuve am Nordufer des Genfer Sees. Charpentier nennt sie gemein im ganzen Kanton de Vaud, ich sammelte sie ebenda bei Montreux imd Chillon, Jeffreys fand sie am Mont Saleve (Kreideformation) bei Genf 1854 und ich erhielt sie von P. Godet als eine der häufigsten Schneken bei Neufcliatel. Bei Delsberg im Berner Jura hat sie Andreae (Jahrbuch d. Mal. Gesellsch. 1880, S. 38), ge- sammelt; ferner sagt Studer 1820 „dem ganzen Jura nach von Neuenbürg bis Solothurn", an welch letzterem Ort sie neuerdings auch FiRBuiNCEu sammelte, und von da erstreckt sie sich noch ein wenig über den Rhein hinüber nach Klein-
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Kerns, Bezirksamt Lörrach in Baden. Süsswasserkalk, Von den Fundorten im Elsass liegen Pfritt und Beifort auf Juraboden, keiner in den Vogeseu. Weiterhin fand ich sie bei Besan^on im eigentlichen Jura und sie ward von verschiedenen Sammlern aus den Departements Ain (LocARD 1885, als Landscliaft Bresse schon bei Dra- PARNAUD angegeben), Cöte d'or, sowie aus den Gebieten der oberen Marne (bei Deujeaux). der oberen Maass bei Mirecourt und Verdun, der oberen Mosel und ilires Zuflusses der Meurthe (bei Nancy) angegeben, alles nach der ge- nannten Uebersichtskarte noch Juraboden. Hieran schliesst sich ihr Vorkommen in Deutsch-Lothringen bei Metz an, aber in die Rheinprovinz geht sie nicht hinein, ebensowenig nach Belgien. Wie weit sie sonst noch in Frankreich ausserhalb des Juragebiets und der Alpen vorkomme, lasse ich zunächst dahin gestellt. Wenn Draparnaud 1805 über- haupt den Norden Frankreichs und Locard das gebirgige nördliche Frankreich als Vaterland der Art angiebt. so ist das eben nur von ihrem Wohnsitz. Montpellier und Lyon, aus zu beurtheilen Immerhin aber möchte ich das Vor- kommen an der Nordküste Frankreichs in Abrede stellen, trotz der Angaben von zwei älteren Departementsfauneu, BoucHARD für Pas de Calais 1825 und Collard des Chevres für Finisterre 1830, da sie in späteren Spezial- verzeichnissen dieser Gegenden nicht mehr angegeben wird und bezüglich Finisterre von Bourguignat (malacologie de la Bretagne 1860) ausdrücklich bestritten wird. Das an- gebliche Vorkommen in der Auvergne (Urgebirge und Eruptivgestein), von Moquin Tandon mit Berufung auf BouiLLET angeführt, möchte ich bezweifeln, da Bouillet selbst in seinem Catalog der Mollusken der Auvergne 1836 die Art gar nicht nennt. Wenden wir uns nun vom Jura zu den Alpen zurück, so finden wir unsere Art aus der Umgebung der drei wichtigsten Städte Savoyens angegeben. Annecy, Aix und Chambery. aber die beiden ersteren liegen noch im Gebiet der Kreideformation, Chambery in dem der Juraformation, in geologischem Zusammenhang mit Genf und dem Waadtland, nicht im Urgebirge der Ceutral-Alpeu.
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Vom Genfer See aus i^eht unsere Art noch ein Stück weit in das Rhonethal von Wallis hinauf, Chari>entiku hat sie von Bex an seine Correspondenten geschickt und ich sammelte sie noch bei S. ]\[aurice. beides auf Juraformation, aber nicht mehr bei Martigny. wo eben Gneiss und Glimmer- schiefer nebst carbonischem Gestein an die Rhone herantritt. Weiter aufwärts im Wallis kennen wir Pomatias nicht, ebensowenig aber auch in den Kalkalpen des Berner Ober- landes, obgleich da doch schon von vielen Liebhabern ge- sammelt wurde; auch im Urserenthal und am Brünig fand iih sie nicht und wir müssen bis zum Vierwaldstätter See um sie wieder zu finden; hier kennt sie schon Studer 1820 und IIautmanx (Gasteropoden der Schweiz 1840, S. 47) von Kerns in Unterwaiden, ich fand sie bei Brunnen 1882. BouHGuiGNAT (1862) nennt noch einige zwischen- liegende Fundorte am See; hier ist wieder Kreideformation, das Urgebiige beginnt erst oberhalb Altdorf: aber dieses Vierwaldstätter Gebiet hängt betreffs des Vorkommens von Pomatias auch nicht mit demjenigen in der französischen Schweiz continuirlich zusammen, denn die Schnecke fehlt nach Tu. Stcder's ausdrücklicher Angabe (Mitteilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern 1884) in der Um- gebung von Bern und ist in diesem Kanton auf den Zug des Jura beschränkt. Weiterhin aus der Schweiz sind nur noch zwei Fundorte bekannt geworden, die Maienfelder Furka zwischen Arosa und Davos, nahe der Passhöhe auf Arosaer Seite, von H. Suter-Näf entdeckt, der einzige Fundort in Graubündten nach Am-Stein"s zweitem Ver- zeichoiss der Mollusken Graubündtens von 1885, S. 83. Dieses ist wohl der höchstgelegene Punkt des Vorkommens dieser Schnecke (Passhöhe 2445 Meter) und hier ist nach der Karte triasischer Dolomit, also auch ein Kalkgestein, wenn auch das Urgebirge nicht ferne. Der letzte Fundort innerhalb der Schweiz ist Mendrisio im äussersten Süden des Kantons Tessin zwischen dem Luganer und dem Comer- See, in den Vorbergen der südlichen Kalkali)en. durch die ganze Breite der Central-Alpen von den anderen Schweizer Fundorten getrennt.
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In den nördlichen Kalk-Alpen tritt nun noch einmal eine Lücke ein. wir kennen unsere Schnecke nicht von Glarus (s. 0. Heer. Kanton Glarus 1846), nicht von St. Gallen und Appenzell {Hartmann 1840, v. Martens 1889—90, Ulrich 189-2—93), nicht aus dem Lech- und Isar- Gebiet Oberbaierns (Held. Clessin, v. Marxens) und nicht aus Vorarlberg und Nord -Tirol (Strubel 1844, Gredler 1856, 1859 u. 1894. Gremblich 1879) und wir müssen in den nördlichen Kalkalpen bis an das Inn-Gebiet gehen, um sie wieder zu finden, bei Tegernsee spärlich, Held 1846—47, ebenda am Albach und ferner Wolfsschlucht bei Fischbach am Inn zwischen Kufstein und Rosenheim. 1 Exemplar v. Marxens 1893. Hier beginnt nun wieder ein kontinuirliches Verbreitungsgebiet für unsere Art, das sich über Berchtesgaden, wo sie schon v. Voith (in Sturm's Fauna, Heft IV, 1819. Taf 3) kennt und ich sie auch 1878 innerhalb der Stadt selbst an einem haushohen Felsenblock zahlreich fand, über das Salzkammergut und Seengebiet Ober-Oestreichs bis Mödling bei Wien (Paunevss 1850, TwRDY 1889) fortsetzt. Wie weit reicht nun aber dieses Verbreitungsgebiet nach Süden? Von Reichenhall aus habe ich diese Schnecke in der Umgebung der Schwarzbergklamm bei Unken gefunden, schon auf östreichischem Boden, nahe der Grenze von Tirol, aber noch im Kalkgebiet, wie schon das Vorkommen der Klamrabildung zeigt, und in den Gollinger Oefen. südlich von Salzburg, ebenfalls Kalkboden, aber nicht mehr in dem Fuschthal. das schon zum Ur- gebirge gehört und von wo auch Sturany 1892 sie nicht aufführt. Südlich vom Erzherzogthum Oestreich folgt Steiermark und von da ist mir nur ein Fundort bekannt geworden, Wörschach, von Ant. Wagner in seiner gründ- lichen Monographie von Pomatias (Denkschriften der Wiener Akademie LXIV) 1897 angegeben; dieser Ort liegt im oberen Ennsthal, kurz oberhalb des grossen Knies, das dieses Thal nach Norden macht, in der Grui)pe der Enns- thaler Alpen nach Aug. Böiim's Gruppirung von 1887 noch zu den nördlichen Kalkalpen gehörig, aber schon nahe den Tauern. Von diesen kennen wir Vomatias ebensowenig als
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aus dem mittleren Tirol und \vir müssen im Osten schon bis Käriithen südwärts <,'elien. um wieder Pomatins zu linden; hier sagt von Galli;nstkin 1852 zwar, dass unsere Art überall sehr häulig sei. al)er er war in Klageut'urt zu Hause und L. Pficikfkk (Archiv f. Naturgeschichte 1841, S. 225) nennt gelegentlich seiner Reise durch die öster- reichen Staaten nach Salzburg nur noch Klagenfurt und das Isonzothal als specielle Fundorte für unsere Art, Ant. Wagnek, der in Wien doch Gelegenheit haben musste. über das Vorkommen sich näher zu unterrichten, nennt nach Wörschach in Steiermark gleich Tarvis und Malborget, beide noch südlicher als Klagenfurt und sonst keine anderen Fundorte für Kärnthen. Das Klagenfurter Becken nun liegt nach Böhm's vorgenannter Eintheilung zwischen den Norischen Alpen im Norden und den Karnischen Alpen im Süden, erstere zu den Central-, letztere zu den süd- lichen Kalk-Alpen gehörig; Tarvis und Malborget aber ganz im Gebiet der Karnischen Alpen. Wir haben also hier das Resultat, dass nach den bis jetzt bekannt ge- wordenen Fundorten zu schliessen. im Salzkammergut, Steiermark und Kärnthen unsere Art zwar Fundorte in den nördlichen und in den südlichen Kalk-Alpen bis dicht heran an die Central -Alpen, aber keine speciell konstatirten in diesen selbst hat. Dasselbe ist noch deutlicher für Tirol der Fall; wir haben schon gesehen, dass sie in Nord-Tirol fehlt und Grkdler beginnt in seiner ausführlichen Arbeit über Tirols Land- und Süsswasser-Conchylien 1856 die Aufzählung der Fundorte in Süd- Tirol, von Norden nach Süden fortschreitend mit dem Fleimsthal und Lavis, nörd- lich von Trient, also der Gegend der Dolomiten, und sagt in der mehr übersichtlichen Zusammenstellung von 1894 kurzweg, „in Süd-Tirol, soweit die welsche Zunge, richtiger die Kalkregion, reicht." Im Porphyrgebiet Bozens fehlt sie wohl sicher, denn sonst müsste Gkedler sie gefunden haben.
An der Nordseite der Alpen hatten wir es nur mit einer Art zu thun, die Exemplare aus dem französischen uud Schweizer Jura, von den Ufern des Genfer- und Vierwald-
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stätter-Sees, aus Oberbaieru und dem Erzherzogthum Oest- reich werden von den Couchyliologen bis jetzt einstimmig, in letzter Instanz noch von Ant. Wagner als eine und dieselbe Art betrachtet (mit einziger Ausnahme einer Form von zwei Fundorten aus dem Seengebiet Ober-Oestreichs und Ober-Steiermarks, welche er als Varietät Uüttneri des süd- alpitiischen Pomatias Henricae aufführt), aber an der Süd- seite der Alpen differenzirt sich die Gattung Pomatias in verschiedene, zum Theil erst in neuster Zeit schärfer unterschiedene Arten und setzt sich mit solchen in das südlichste Frankreich, Italien und Balkan-Halbinsel fort. Es ist daher bei etwas älteren Angaben aus den südlichen Kalk-Alpen Vorsicht nöthig, ob unter dem Namen Cydostoma maculatum auch wirklich unser jetziger Pomatias septem- spiralis gemeint sei, es scheint aber doch in vielen Fällen wirklich der Fall zu sein; Ant. Wagner sagt darüber: „an den südlichen und östlichen Grenzen des Verbreitungs- gebietes der typischen Form, also in Nord -Italien und Tirol einerseits, Krain, Süd -Steiermark, Kroatien und Bosnien andrerseits, treten Formen auf. welche auffallender vom Typus abweichen und unter Berücksichtigung der geographischen Verbreitung als Varietäten aufgefasst werden können."
Für unsern Ueberblick handelt es sich wesentlich nur noch darum, wie sich Pomatias in den südlichen Kalk- Alpen gegen das Urgebirge der Central-Alpen abgrenzt, sei es septemspiralis selbst, sei es eine sehr nahe stehende Art, und zwar nur in Italien, da dieses Verhalten innerhalb der österreichischen Monarchie schon besprochen ist. Wenn wir von den deutlich verschiedenen Arten im Gebiete der Meer-Alpen und den nördlichsten Appenniuen absehen, ist der westlichste mir bekannte Fundort in Ober-Italien Varese zwischen dem Lago Maggiore und Comer-See (mein Vater 1840), wo eben die Kalkformation beginnt im Gegen- satz zu dem sog. Urgebirge das am grösseren Theil der Ufer des Lago Maggiore, namentlich dessen mehr besuchten westlichen und nördlichen herrscht; von da zieht sich die Verbreitung über die Kalkfelsen am Luuaner- und Corner-
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See (PoRRo 1838. Villa uml manche andere Sammler) dann über Bergamo, die Seen von Iseo und Idro (Ai)AiMi. PiNi) und Val de Non (dl Bktta 1888) zum Garda See, wo es sich an das Vorkommen in Süd -Tirol anschliesst. ferner über Bassano bis zum Frinl (G. v. Mautens 1824. BiiUMATi 1838). wo es sieh an Krain und Kärnthen an- schliesst. alles Kalk-Alpen. Im Veltlin dagegen habe ich sie nicht gefunden und auch nicht im Tessinthal zwischen Gütthard und Lage Maggiore. und meines Wissens auch kein Anderer; beide g(>hören eben schon zum Urgebirge.
Das Resultat dieser Durchmusterung der Fundorte ist also dass Pomutias septemspiralis au der Nordseite der Alpen drei von einander getrennte Verbreitungs- bezirke hat. 1) den französischen und Schweizer Jura in weiter Ausdehnung mit den austossenden Kreide- und Tertiärgebieten, hydrographisch zu Rhone, Rhein und Seine gehörig. 2) das Kreidegebiet an der südliehen Hälfte des Vierwaldstätter-Sees und 3) die östlichen Kalk -Alpen vom Gebiet des untern Inn an bis Wien, dagegen in den südlichen Kalk-Alpen ein zusammenhängen- des Gebiet, östlich von Lage Maggiore beginnend und bis Krain (und in einer Varietät nach A. Wagner bis Agram) fortgesetzt, dass aber dazwi=?cheu ein mehr oder weniger breiter Gürtel der Central -Alpen liegt, in welchem noch kein Fundort für dasselbe nachgewiesen ist. wenn man nicht etwa den einen isolirten in Graubündten noch dahin rechnen will.
Betrefts der absoluten Meereshöhe liegt die Thalsohle oder Seefläche der meisten im Schweizer Jura und an der Nordseite der Alpen angegebenen Fundorte zwischen 400 und 500 Meter, man kann aber für das wirkliche Vor- kommen dieser an den Felsen lebenden Schnecke immer noch 100 bis 200 JMeter hinzufügen. Abgesehen von dem ganz isolirten in Graubündten ist der höchste in den nörd- lichen Kalk-Alpen, den ich speciell constatiren kann, die Schwarzbergklamra bei Unken, 806 Meter. Kelheim liegt etwa 380 Meter hoch. In den südlichen Kalk-Alpen be-
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ginnt die Schnecke etwa 1000 Meter (Fleimserthal) und geht bis 69 Meter (Höhe des Garda-Sees) herunter.
So nach den bisher bekannt gewordenen Fundorts- angaben, "weitere Funde mögen allerdings die Grenzen noch etwas verschieben und ich möchte es nicht für so sehr unwahrscheinlich halten, dass auch noch an einer und der andern Stelle der Central - Alpen unsere Schnecke gefunden werden sollte. Jede Art sucht sich eben auszubreiten so weit sie kann, und besonders günstige anderweitige Bedingungen mögen die ungünstige der geoguostischen Boden beschaffenheit hier und da com- pensiren können; auch müssen wir zugeben, dass von den zu den Central -Alpen gehörenden Gegenden noch verhältniss- mässig weniger Specialverzeichnisse der sie bewohnenden Conchylien existiren, als von den nördlichen und süd- licheren Gegenden, wahrscheinlich eben, weil sie durch geringern Reichthum weniger dazu aufgefordert haben. Im Allgemeinen sind aber die Alpen in ihrer ganzen Aus- dehnung schon so vielfach von Conchyliologen durchforscht worden, dass die angegebene Gruppirung des Vorkommens unserer Art im Grossen und Ganzen sich bewähren dürfte, wenn auch mit einzelnen Verschiebungen der Grenzen.
Eine gewisse Analogie in ihrer Verbreitung innerhalb Mittel-Europa bildet die andere bekanntere Cydostomide Cyclostoma elegans, indem sie auch, wesentlich eine süd- europäische Schnecke, von Westen und von Osten, in den Kern von Mittel-Europa eingreift, von Frankreich her über das mittlere Rheinthal und Hessen bis zur Uustrutmündung bei Naumburg und von Südosten her bis in die Umgegend von Wien; nur ist hier der wesentliche Unterschied, dass Cyclostoma elegans keine Gebirgs- und Felsenschnecke ist, vielmehr kultivirten Boden liebt, sich daher weiter im Nordwesten ausdehnt bis England, weniger in den Alpen selbst, und vielleicht erst durch den Weinbau nach Deutschland gekommen ist. Eine andere Analogie, als Felsenschnecke der nördlichen und der südlichen Kalk- alpen, mit Ausschluss der centralen, liefert //e//a; (Campylaea) Presli F. J. Schmidt, nur mit dem Unterschied, dass diese
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nur in dorn östlirlicm Thoil der Alpen vorkommt, westlich Itis zum oberen Lech, vgl. darüber diese Sitzungsberichte 1865. S. IGl, IG2.
Nocli ist aber ein Fundort von Poinafias scptcmspiralis zu erwähnen, der am meisten isolirte und nördlichste. Kelheim an der Donau nahe ihrer grüssten nördlichen Aus- biegung oberhalb Hegensburg. etwa 185 Kilometer von dem näciisten bekannten Fundort. Tegernsee, entfernt und durch die bairisciie Molasse Hochebene davon getrennt, ebenso durch den ganzen schwäbischen Jura und südlichen Schwarz- wald mehr als doppelt so weit von ihrem nächsten Vor- kommen im Schweizer Jura, aber auch auf Jurakalk. Plier fand sie 1818 mein Vater, als er mit dem „Ulmer Schiff" von Ulm nach \\ ien fuhr und die Schiffer nach Passirung der Stromenge an der ersten zugänglichen Stelle des nörd- lichen Ufers landeten, einer früheren Einsiedelei, späteren Kneipe und zwar fand er dieselbe in Gesellschaft ver- schiedener seltener Felsenpflanzcn auf dem Felsenboden, zu- nächst an einem Moose. Hcdnigia, sitzend (Geokg v. Marxens Reise nach Venedig 1824, Bd. I, S. 94). Später hat sie Clessin wieder daselbst gefunden. Es würde der Mühe werth sein, die benachbarten Gegenden des fränkisclien Jura daraufhin zu durchforschen, ob sie hier noch weiter verbreitet sei; darauf deutet vielleicht eine Angabe Hrld's im Jahresbericlit der Münchener Polytechnischen Schule von 1846 — 47. S. 22. dass er sie bei Regensburg an Felsen hie und da häufig gefunden habe; aber da Clessin. der selbst einige Zeit in Regensburg wohnte, nur Kelheim nicht Regensburg als Fundort nennt kann es auch sein, dass Held denselben Fundort meint und nur unbestimmt nach der grösseren Stadt als .^bei Regensburg" bezeichnet; an den Felsen der Walhalla fand ich sie bei zweimaligem Besuche nicht. Es giebt manche Beispiele, dass Land- schnecken des Alpengebiets so gut wie Pflanzen durch die Flüsse in die Ebene hinaus verbreitet wurden, so ist Hclix üillosa durch die Hier bis Wiblingen bei Ulm und durch den Lech nach Augsburg verbreitet worden, übersciireitet aber nirgends die Donau nach Norden, da diese eben wie
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eine Dachrinne für das Herabscliwemmen die Grenze bildet und HeUx silvaüca var. montana aus Bern und dem Scliweizer Jura ist durcli Aar und Rhein in dem Ufergebüsch am Rheinufer unweit Karlsruhe in Baden angesiedelt worden. Für Fomatias ist diese Erkläi'ung aber nicht statt- haft, denn gerade im Flussgebiet der Hier und des Lechs, den Flüssen, die oberhalb Kelheim von Süden in die Donau münden, fehlt diese Schnecke, wie wir oben gesehen haben, und der Inn, in dessen Gebiet sie sich findet, mündet weit unterhalb davon. Es bleibt also nichts übrig, als an einen zufälligen Transport durch einen Vogel oder einen Menschen zu denken. Es scheint öfters vorzukommen, dass einzelne Schneckenarten einen vorgeschobenen Posten mehr oder weniger weit von ihrem sonstigen Verbreitungsgebiet, wohin sie mehr oder weniger wahrscheinlich durch Zufall ge- kommen, viele Jahre hindurch behaupten, ohne sich daselbst weiter auszubreiten; so habe ich 1886 Helix rupcstris am Kitzelberg unweit Hirschberg in Schlesien, CJausilia oniata und Ilclix fausüna an bestimmten Stellen der Grafschaft Glatz gerade da augetroffen, wo sie schon Scholtz 1843 imd 1852 angegeben, Clausilia itala var. Bramii 1873 an den Mauern der ehemals Babo" sehen Weinberge, wo sie schon seit 1836 durch Alex. Bkaun bekannt war. HcUx Presli bei Steg im oberen Lechthal 1892, wo sie 1877 von Clessix augegeben, und in all diesen Fällen mich vergeb- lich bemüht, sie auch an anderen benachbarten, anscheinend ebenso günstigen Orten zu finden. Ein sehr auffallendes Beispiel, wie der Zufall sein Spiel treiben kann, bietet Hdix cimjulata auf dem Staffelstein zwischen Coburg und Bamberg; seit 1880 (Malakozoologische Blätter, neue Folge. Band II 1880. S 203) wusste mau, dass diese sonst Südalpinische Schnecke dort vorkommt, ich besuchte des- halb 1892 diesen Ort, fand sie auch richtig, darunter auch manche junge, wahrscheinlich einjährige, lebende Exemplare, an Einer Stelle, wo der Fels am steilsten über das Main-Thal emporragt, unterhalb des Kreuzes und der Aussichtstafel, und überzeugte mich, dass es die wirk- liche cinyulata aus den südlichen Kalkalpen und nicht die
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auch in Oborbain-ii voi'koinmcndo IL Prcsli sei; vergeblich gab ich mir Mühe, sie auch anderswo am Aufstieg und im Umkreis des Felsens zu finden; auf briefliche Anfrage gab mir dann Dr. Finck in ßambcrg die Auskunft, dass er sie vnr Jahren in iSüd-Tirol für einen Freund gesammelt, dann gänzlich vergessen und im Jahr darauf bei einer Excursion auf den Staflfelstein in einer Schachtel wiedergefunden habe, die er zum Käfersammeln mitgenommen hatte; er warf die noch lebenden Schnecken weg, um Raum für seine Käfer zu machen und seitdem lebt und vermehrt sich diese Schnecke der schroffen Felswände an der einen ihr passen- den Stelle des Staffelsteins, nahezu 400 km von ihrem närhsten natürlichen Fundorte (Bozen) entfernt.
Herr Jacobi sprach über Jleteropsaltviii, n. g. Cicadarinni Stridulantium.
3K
Genus Cicadae (L.) affine, tegminum nervatura valde ia- signe. Tegminibus hyalinis, latis, subovalibus, apice subrotun- datis. ]\Ieml)rana costae angusta. area basali subquadrata, quarta modo parte longiore quam latiore. Vena costali longissima. duas partes marginis externi occupante, area radiali imraani, latitudine dimidiam fere partem tegminis consumente. Venae ulnaris primae bifurcatione se- cunda angulum fere rectum formante. Areis ulnaribus prima, secunda. praesertim tertia brevibus, quarta ad- modum magna. Area suturali longissima, peraa-
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gusta. apud tertiam partem longitiidinis ampliata. deinde pauliun angustata. apicem versus veiia transversa anguliiin fere rectum flngente 'clausa. Clavi apice venula trans- versa secluso.
Die Vorderfliigel der typischen Art sind sehr breit, Aussen- und Innenrand ziemlich gleichmässig convex mit stumpfer Spitze, also ungefähr wie bei Gacana geformt, glasartig durchsichtig mit Ausnahme der semiopaken Basal- zelle. Vena postcostalis und Ramus ulnaris postcostalis sind durch einen schmalen, nach hinten nicht erweiterten Zwischenraum getrennt. Die Costalmembran ist wenig aus- geprägt; sehr kräftig sind dagegen die Nerven der Basal- hälfte, namentlich Costa. Vena radialis und beide Venae ulnares. Ganz eigenartig ist die Vertheilung der Adern. Dies betrifft namentlich den ersten Sector (Vena ulnaris exterior s. prima), welcher stark nach innen zieht und erst dicht vor der Mitte des Diskus sich zum ersten Male gabelt. Bei der zweiten Gabelung bilden die beiden Aeste beinahe einen rechten Winkel; der äussere, zum Stigma laufende Ast steht ebenfalls sehr steil auf der Vena radialis. Durch den oben geschilderten Aderverlauf entsteht eine Radial- zelle von kolossaler Grösse, welche beinahe die halbe Breite des Vorderflügels einnimmt und sich weit über seine halbe Länge hinauserstreckt. Dies bedingt für die Scheibenzellen eine bedeutende Verkürzung gegenüber den sonst vor- kommenden Maassen nebst eigenartigen Formverhältnissen. In Folge der rechtwinkeligen Stellung der zweiten Gabel- äste zu einander schneiden die beiden äusseren Discoidal- zellen nach hinten in der gleichen Höhe ab. und die zweite erscheint als ein fast vollkommenes Trapezoid; die dritte, welche bei der gewöhnlichen Anordnung nach vorn beinahe bis zur Basalzelle reicht, wird durch die weit nach der Spitze hingerückte erste Theilung des Sectors stark ver- kürzt. Sehr breit und geräumig ist auch die 4. Scheiben- zelle, was für die Nahtzelle wiederum eine Einengung zur Folge hat. Diese letztere ist ebenfalls sehr langgestreckt. derart, dass sie ungefähr die halbe Länge des Tegmen ein- nimmt. In Folge geschwungenen Verlaufes des inneren
SitziDuj vom 18. März 1902. 75
Sectors ist sio im 1. Drittel ihrer Länge gleichinässifji; schmal, um sich im 2. Drittel erheblich zu erweitern, nach dem Ende zu aber wieder etwas zu verengern; die ab- schliessende Querader steht beinahe senkrecht auf den Lang- seiten der Nahtzelle. Unter den 8 Apicalzellen ist die 7. am kürzesten. Von dem langen Clavus ist dicht vor der Spitze durch eine winzige Querader eine kleine dreieckige Zelle abgeschnürt.
Der Lobus clavicularis des Flügels ist nicht rundlich erweitert, sondern schief nach der Basis zu verkürzt. Die Aderung bietet nichts Aussergewühnliches.
llumpf kurz und kräftig, mit breitem, aber spitz zulaufendem Abdomen. Kopf nebst Augen erheblich schmäler als die Basis des Vorderrückens. Stirn schmal, wenig ge- wölbt, die .Inga nach vorn kaum überragend. Mittellinie glatt, Seiten tief gefurcht. Spitze des Clypeus schwach eingebuchtet. Schnabel kurz, die Hinterhüften eben erreichend. Seiten- räuder des Prouotums gekielt, ohne Zahn, hinten erweitert. Mesonotum wie bei Cicada gebildet. Obere Stimmdeckel wohl entwickelt und von mittlerer Grösse, untere kurz, zu- gerundet, ihre Inneuränder getrennt. Metastethium flach, ohne Fortsatz. Vorderschenkel mit zwei starken Dornen, wovon der distale länger und senkrecht auf der Innenkante stehend, der proximale schief nach vorn gerichtet. Hinter- schienen aussen mit 2, innen mit 3 Dornen. Alle Tarsen dreigliederig.
Die Zugehörigkeit dieser neuen Gattung zur Unter- familie der Cicadinne ist durch die Ausbildung der oberen Stimmdeckel gewährleistet. Im Baue des Rumpfes schliesst sie sich nahe an Cicada (L. s. str.) an, da der Rand des Prouotums nicht bewehrt ist, die Hinterbrust keinen Fort- satz trägt wie Cry2)totijmpana und die unteren Stimmdeckel kurz und breit sind. Das Bezeichnende des Genus beruht auf dem ganz eigenthümlichen Baue der Vorderflügel mit ihren sehr vergrösserten Radial- und Ulnarzellen bei Ver- kürzung der Discoidalzellen. Ein Analogon bietet meines Wissens nur die Gattung Psitlnjristrin Stal (1870 Öfvers. Vet.-Akad. Förhandl., p. 712), welche in ihrem Vorkommen
76 Gesellscluift naturforschender Freunde, Berlin.
auf die Philippinen beschränkt ist und Ponqwma am nächsten steht. Bei ihr ist jedoch die Eigenthümlichkeit des Geäders wesentlich dadurch bedingt, dass nur eine Ulnarader vor- handen ist.
Als Typus der Gattung Heteropsaltria und einzige bis jetzt bekannte Art beschreibe ich:
Heteropsaltria aliena n. sp.
Da die mir vorliegenden zwei Exemplare (cfc/') ii Spiritus konservirt worden waren, kann ich über die Farben mir wenig berichten. Der Rumpf trägt ein feines gold- gelbes Haarkleid, welches an den Rändern der Abdominal- segmente etwas dichter zu sein scheint. Die Farbe des Körpers dürfte oliven- oder schalengelb gewesen sein, während man von den starken Adern der Vorderflügel einen helleren grünen Farbenton voraussetzen möchte. Die Stirn ist noch jetzt kastanienbraun; auf ihrem basalen Theile steht eine schwarze Querbinde und ebenso auf den benach- barten Seitenrändern des Scheitels je ein grösserer schwarzer Fleck. Weiterhin sind schwarz: die Umgebung der Ocellen, die Furchen des Pronotums und ein oblonger Fleck auf dem hinteren Winkel von dessen Seitenrande. Dagegen ist die Zeichnung des Mesonotums zu undeutlich geworden, um eine brauchbare Beschreibung davon geben zu können. — (^ Long. incl. tegm. 55 mm. Exp. tegm. 103 mm. Hab. Salomons-Archipel, Shortland-Insel (C. Riebe). — Typus in coli. auct.
Referirabend am II. März 1902.
Auf Vorschlag des Herrn Fr. Dahl wurde das folgende Thema besprochen: lieber Veränderungen wild lebender Organismen durch äussere Einfliisse (durch veränderte Nahrungs- oder Bodenverhältnisse, Einwirkung von Wärme oder Kälte, Wechsel des Klimas. Gefangenschaft etc.). Nach einem einleitenden Referat des Herrn Fu. Dahl be- theiligten sich an der Besprechung die Herren F. E. Sciiulzk, Kny. Aschkuson, Hkinkotii. Neumann, Matschie. Nehkinu,
HiLGENDORF.
J. F. Stvcke, Berlin Vi.
Zu Seite 53.
Canis Ica/feiisi.^ Nkum. 9 '/s n^^t- Grösse.
Zu Seite 53.
Canis kajfensis Nkum. 9 7» natiirl. (Ir<)sse.
Nr. 4. 190a.
S i t z 11 11 CT s - B e r i c h t
der
Gesellschaft iiaturtorselieiider Freunde
zu Berlin
vom 15. April 1902.
Vorsitzender: Herr A. Nehring.
Herr A. Nehring sprach über Spalax Fr Uschi, sp, n. füss., aus der Antelias-Höhle am Libanon.
Unter Bezugnahme auf meine früheren Publicationen über recente und fossile Spalax- kviim ') und speciell über Spaldx prißcus Nhrg. aus Ungarn und Sp. diluvii Nordm. aus Südrussland erlaube ich mir, einen fossilen (pleistocä- nen) Sp^/^a.i-Unterkiefer aus Syrien hier vorzulegen. Herr Geheimrath Prof. Dr. v. Fritsch in Halle war so freund- lich, denselben mir leihweise aus dem dortigen paläontolo- gischen Museum zur Untersuchung anzuvertrauen; es ist ein seltenes Object. der einzige Spa/a^r-Rest, welchen Herr Professor Zümoffen in Beirut bei seinen verdienstvollen Ausgrabungen in der Antelias-Höhle am Westfusse des Libanon gefunden hat.
In seiner interessanten und schön ausgestatteten Publ- cation über „Zumoffen's Höhlenfunde im Libanon" (Abh. Naturf. Ges. in Halle. Bd. 19. 1898, S. 41—81) hat K. V. Fritsch auf Seite 79 — 80 diesen Spalax-KiQiav kur
*) Vergl. Sitzungsbcr. unserer Gesellschaft, 1897, S. 163—183. 1898, S. 1—8. „Zoolog. Anzeiger", 1898, No. 555, S. 228 und No. 567, S. 479 fif. Vergl. auch Satunin, über Spalax Nehrimji, nov. spec, im „Zoolog. Anzeiger", 1898, No. 558, S. 314 u. 315. — Ich möchte als Ergänzung zu meinen früheren Angaben hier nachtragen, dass die weiblichen Hlindmiiuse sechs Zitzen (nicht 4, wie ich früher beob- achtet zu haben ghiubte) aufweisen, nämlich 2 an der Brust und 4 in der Inguinalgegend. Nach Pallas sollen nur zwei Zitzen (und zwar in der Inguinalgegend) vorhanden sein; dies ist aber unrichtig.
4
73 Gesellschaft tiaturf&r sehender Freunde, Berlin.
besprochen und gewisse Unterschiede gegeniil»er dem in Halle vorhandenen Vergleichsmateriale von recenten Spahx- Schädeln hervorgehoben; da dieses Vergleichsmaterial aber nur gering war und namentlich asiatische Exemplare fehlten, lionnte der genannte Autor zu keiner bestimmten Ansicht über den vorliegenden Unterkiefer gelangen. Ich selbst gehe unter günstigeren Bedingungen an die Ver- gleichung des fossilen Kiefers heran, da ich mich seit 189ß bemüht habe, ein möglichst reiches Material von Blind- mäusen aus verschiedenen Gegenden in der mir unterstellten Sammlung zusammenzubringen, um die Alters-. Geschlechts- und Tndividual -Differenzen von den Species- Charakteren unterscheiden zu können. Besonders günstig für die vor- liegende Untersuchung ist es. dass ich aus Palästina, Syrien und Kleinasien ein ansehnliches Material unter Händen und die betr. Schädel meistens präparirt habe Da- hin gehören: 3 Schädel von Safje am Südufer des Todten Meeres, 1 Schädel aus dem unteren Jordan-Thale, 2 Schädel aus der Gegend von Jerusalem, 5 Schädel von Jaffa. 3 Schädel von Beirut, 2 Schädel vom Bulgar Maaden in Ci- licien. 2 Schädel von Smyrna. Dazu kommt dann noch mein reiches Material aus Ungarn, Rumänien, Bulgarien. Südrussland, Daghestan, Armenien.
Wie unsere Abbildung 1 zeigt,
ist der fossile Sp<dax-V>niQv\i\ei^v vom
Libanon fast vollständig erhalten. Es
fehlt ihm nur der obere Theil des
^ , Proc. coronoideus; ausserdem ist die
Abbildung 1. bpcdax . „ • , j n i- i
Fritscki, sp n. foss. Rech- vordere, frei hervorragende Partie des
ter Unterkiefer aus der Nagezahus grössteiitheils weggebro-
Antelias-Höhle am Liba- ^^^^ ^^^^ ^^^, hintere Fortsatz der non. Nat. Gr. Innenseite. i / i , n- n i
Gezeichnet vom Assisten- Nagezahnalveole (welcher für Spalax,
ten des Verfassers, Herrn Aladaga, Ncsokia SO charakteristisch
M. Meissner. .^^^ ^^.^.^^ j^^j^.^ Endlich fehlt m 3.
d. h. er ist ausgefallen. — Der Erhaltungszustand lässt sich als echt fossil bezeichnen; er harmonirt durchaus mit dem meiner pleistocäuen Nagerreste aus den lössartigen Ablagerungen von Thiede und VVesteregeiu.
Sitzt()i(j rotii IC). April W02. 79
Wenn mau diesen fossilen iSjja?aa:-Kiefer vom Libanon mit recenten Kiel'crn von Sp. /luiif/aricus oder Sp. microphthilmus vergleicht, so sind die Unterschiede sehr bedeutend. Anders gestaltet sich die Sache, wenn man die Unterkiefer der heutigen iilindmiUise aus Palästina und Syrien vergleichl. K. V. Finisni hat mit Recht die auffallend starke, flügelartige Entwickelung des Angulus-Fortsatzes an dem fossilen Kiefer hervorgehoben. Eine solche Ent- wickelung dieses Fortsatzes linde ich bei keinem der mir vorliegenden, zahlreichen Schädel von Sp. hungaricus Niiuo. und Sp. microphthalmus G\]\A).\ namentlich bei letzterer Art ist der Angulus-Fortsatz sehr schwach entwickelt und er- scheint nur als ein unbedeutendes Anhängsel des hinteren Theils der Nagezahn-Alveole. Dagegen lassen die mir vor- liegenden 6^«/^/a.-Unterkiefer aus Palästina und Syrien eine relativ starke und selbständige Ausbildung des Angulus- Fortsatzes erkennen. Natürlich gilt dieses hauptsächlich von ausgewachsenen Exeuiplaren; bei jungen Individuen sind solche Fortsätze stets weniger ausgebildet.
Besonders gut entwickelt finde ich den betr. Fortsatz an 2 Schädeln von Jerusalem und an 2 Schädeln von Safje; doch kommt keiner dem fossilen Kiefer hierin völlig gleich. Ausserdem besteht der Unterschied, dass der An- gulus-Fortsatz des fossilen Kiefers stark nach aussen gewendet ist, ^) während er bei allen mir vor- liegenden recenten Unterkiefern aus Palästina, Syrien und Kleinasien nur wenig nach aussen hervortritt, sondern un- gefähr in der Richtung der Aussenwand des Kieferknochens verläuft.
Auch sonst finden sich bei genauer Vergleichung des fossilen Kieferknochens deutliche Differenzen gegenüber den nächstverwaudten recenten Exemplaren aus Syrien und Pa- lästina. Obgleich der Abnutzungsgrad der Backenzähne erkennen lässt, dass der fossile Kiefer einem völlig er-
') In unserer Abbildung kommt dieses kaum zum Ausdruck, da sie die Innenseite dos Kiefers darstellt. Betrachtet man den Kieter von der Aussen- oder von der Ilinterseite, so tritt die eijjenthümliche Auswärts -Biegung des Angulus-Fortsatzes deutliili hervor.
8(3 GesellscMft naturforschender Freunde, Berlin.
wachsenen Individuum angehört hat, so zeigt doch die Innenfläche des Kiefers (im Gegensatz zu der Aussenfläche) verhältuissmässig glatte, wenig markirte Formen; insbeson- dere treten die Alveolenränder der Molaren wenig hervor, und es findet sich zwischen ihnen und der Innenwand des Processus coronoideus keine deutliche Vertiefung. Bei Sp. hungaricus ad. und noch mehr bei Sp. microplitlialmus ad. sind die Alveolen der Molaren raauerähulich auf die betr. Partie des Unterkiefers aufgesetzt, und man bemerkt zwischen ihnen und der Innenw^and des Proc. coronoideus eine tiefe, längliche Grube. Bei den Blindmäusen von Palästina finde ich diese Verhältnisse ähnlich wie an dem fossilen Kiefer. Namentlich ist es ein älteres Weibchen von Safje (Süd- ufer des Todten Meeres), welches hierin eine deutliche An- näherung an den fossilen Kiefer zeigt; doch bleiben auch bei diesem recenten Exemplare wesentliche Unterschiede übrig.
Abgesehen von den sonstigen Abweichungen, hat der fossile Kiefer eine relativ grössere Tiefe in der Gegend der Molaren, bei schwächerer Entwickelung des Nagezahns. ^) Die stärkere oder schwächere Entwickelung des Nagezahns und seiner Alveole ist überhaupt bei allen Spalax-ki'iQn von massgebendem Einfluss auf die Form des Unterkiefers incl. seiner Fortsätze^) und seiner Molaren, Spalax giganteus, Sp. microphthalmus und Sp. hungaricus mit ihren colossal entwickelten Nagezähnen zeigen hierin grosse Unterschiede gegenüber den Blind- mäusen von Palästina {Sp. Ehrenhergi Nhrg.), welche re- lativ schwache Nagezähne, aber complicirt gebaute Molaren haben.
') Ferner ist der Proc. condyloideus des fossilen Kiefers höher ge- baut und weniger einwärts gebogen, als bei dem Kiefer von Safje. Ausserdem ist sein Gelenkkopf schmaler und länger, als bei letzterem.
*) Bei denjenigen Arten, welche den hinteren Fortsatz der Nage- zahnalveole stark und hoch entwickelt zeigen, ist der Angulus-Fort- satz schwach entwickelt, und umgekehrt, wie schon oben angedeutet wurde. Offenbar besteht hier (im Zusammenhange mit der betr. Mus- kulatur) ein gewisses Correlations-Yerhältniss in der Ausbildung der genannten Furtsätze des Unterkiefers.
Sitztoiy vom 15. April 1903. 81
Ich weiss sehr wohl, dass von manchen Zooingen bis- her die Berechtigung der von mir aufgestellten Spalax- Arten angezweifelt wird; aber diese /.weifel sind durchaus unbegründet. Sie können sich höchstens auf die Abirre nzunj; einiger von diesen Arten beziehen. Ich möchte den betr. Zweitlern gern mein reiches Material an Sjmhx-SchMdn demonstriren und ihnen beispielsweise den Schädel meines Sp. (/if/antnis von Petrowsk am Kaspischen Meere zusammen mit dem eines S2)alax Ehrenheryi (/" ad. aus dem unteren Jordanthale vorlegen. Die morphologischen Unterschiede dieser beiden Schädel (incl. der Gebisse) sind grösser und deutlicher, als die zwischen Canis liipus und Canis vidpes, oder als die zwischen Felis tigris und Felis maniculatal
Natürlich muss man. um die Unterschiede in der Bildung der Backenzähne bei den verschiedenen Spalax- Arten klar zu erkennen, frische, wenig abgenutzte Ge- bisse untersuchen; an alten, stark abgenutzten Molaren kann man die charakteristischen Species-Unterschiede nicht wahrnehmen. Dieses verhält sich aber bei den Molaren von Alactiif/a, XesoJcia, Mus, Cricetus und manchen anderen Xagergattungen ebenso, und man verwendet hier trotzdem die Form-Unterschiede frischer Molaren zur Abgrenzimg der Species. Es darf also aus dem Umstände, dass stark abgenutzte >S^ö?oa^^-Molaren wenig charakteristisch sind, kein berechtigter Einwurf gegen die von mir aus frischen, wenig abgenutzten Spalax-^lolsiV^n hergeleiteten Species-Unter- schiede entnommen werden.
Im Uebrigen kann man (mit der nöthigen Erfahrung) sogar an solchen .S/ja?rt.r-Molaren, welche ziemlich stark ab- gekaut sind, aus den vorhandenen Schmelzinseln auf ehe- malige Schmelzfalten oder Schmelzeinbuchtungen schliessen und auf diese Weise die ursprüngliche Form der Kau- fläche reconstruiren. Die genannten Schmelzinseln der .S/;a/rta;- Molaren sind keineswegs zufällig und regellos ge- bildet, wie es bei flüchtiger Betrachtung scheinen könnte, sondern sie finden sich bei den einzelnen Arten nur an ganz bestimmten Stellen der Kaufläche, nämlich da, wo früher eine Schraelzeinbuchtunrr vorhanden gewesen war.
82
Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin.
Wenn man hierüber genügend orientirt ist. wird man auch über die beiden Molaren, welche der fossile Spalax- Kiefer aus der Autelias- Höhle aufzuweisen hat, ein richtiges Urtheil gewinnen. Sie zeigen einen mittleren Grad von Abkauung, fast genau entsi)rechend dem des oben erwähnten weiblichen Spnlax von Safje am Todten Meer.
tjv 1
7hZ
m. 3
Abbildung 2. Die uiiteroii Backenzähne (Kaurtiichen) mehrerer Spnkic-
Arten. *;i nat. Gr. Nacli der Natur gezeichnet vom Verf. 1. Spalax humjaricns Nhkg. jun. Linke untere Backenzahnreihe. Ungarn. 'J. „ Ehrenl)er<ji^HVi(\.]\\n. „ „ „ Palästina.
3. „ liriscus Nhrg. ad. Rechte „ „ Süd-Ungarn.
4. „ Fritschi^wiiG.meA. „ „ „ Libanon.
Der erste Molar des Sp. Fritschl hat in seinem vor- liegenden Abkauungsstadium nur eine (linguale) Schmelz- einbuchtung aufzuweisen; aber es sind 2 Schinelzinseln auf der Kautläche vorhanden, eine grössere und eine kleinere. Jene entspricht einer früheren labialen, diese einer früheren lingualen Schmelzeinbuchtung. Der Zahn hatte also ur- sprünglich 1 labiale und 2 linguale Schmel/einbuchtungeu, wie wir sie regelmässig an m 1 inf. des Sp. Ehrenhergi finden, sofern die Molaren noch wenig abgekaut sind. Bei *S^. hunguricMS, Sp. nikro})]it]Mlmns und den nahe stehenden Arten findet man den m 1 inf. sogar an ganz jugendlichen Gebissen nur mit einer lingualen Schmelzeinbuchtung ver- sehen. Es ist das ein wichtiger, constanter Unterschied, den ich an zahlreichen Exemplaren geprüft habe.
Der zweite Molar des fossilen Kiefers zeigt diejenige Form der Kaufläche, welche ich bei den mit mittlerer Ab- nutzung des Gebisses verseheneu Exemplaren des Sp. Ehren-
Sitzung vom 15. April 1902. ^3
licryi regelmässig gefunden habe; nur erscheint der fossile Zahn eckiger und seine Schmelzfalten sind noch zackiger, als es bei dieser recenten Art der Fall zu sein pflegt.
Der dritte Molar des fossilen Kiefers ist ausgefallen; seine Alveole ist aber intact und zeigt deutlich zwei Wurzel- löcher. Vergl. Abbildung 1 u. 2. Dieses gab mir Veran- lassung, eine Anzahl recenter S^oAa-Gebisse auf ihre Alveolen-Bildung zu untersuchen, und ich fand hierbei die interessante Thatsache, dass m 3 in f. bei den Blindmäusen von Palästina ('S^. Ehrenberyi^HRQ^.) deutlich zweiwurzelig, dagegen bei den ungarischen Blindmäusen (Sp. hungnricus Nhiig.) deutlich einwurzelig ist. Der siidostrussische Sp. mlcrophthdmus Glld. nähert sich hierin dem ungarischen, doch ist eine leichte Theilung der Wurzel angedeutet ').
Diese Feststellung ist nicht unwichtig! Die Wurzel- bildung der Molaren steht mit der Ausbildung ihrer Zahnkrone in Beziehung; m 3 inf. der Blindraäuse von Palästina (Sj). Ehrenheryi). namentlich derjenigen von 8afje. hat im unab- genutzten oder massig abgenutzten Zustande eine viel compli- cirtere Bildung der Zahnkrone, als der entsprechende Molar des Sp. hungaricus. Nach meiner Auffassung zeigt ersterer den ursprünglichen, letzterer den reducirten Zustand. Diese Reduction tritt bei Sp). hungaricus auch in der Wurzelbildung des m 2 inf. und des m 3 sup. hervor; m 2 inf. ist hier un- deutlich zweiwurzelig, m 3 sup. undeutlich dreiwurzelig, während bei Sp. Ehrenhergi die betreffenden Zähne deut- lich zwei- bezw. dreiwurzelig sind.
Diese Unterschiede sind wichtiger, als es auf den ersten Blick erscheinen mag; sie kommen insbesondere auch für fossile Kiefer mit leeren Alveolen in Betracht.
Ich bemerke noch , dass die Backenzähne des fossilen Kiefers vom Libanon mehr aufrecht stehen, als es bei den recenten Spalax-kvi^xi der Fall zu sein pflegt. — Der Nage- zahn, welcher leider vorn abgebrochen ist. zeigt eine relativ geringe Breite, in Uebereinstimmung mit den recenten Blind -
*) Ich habe bislier nur diejenigen Spulax-XrHnXy von denen mir sehr reichliches Material vorliegt, hinsichtlich der Wurzelbildunp ihrer Molaren untersucht.
84 Gesellscluift natuiforschender Freunde, Berlin.
mausen von Palästina, im Gegensatz zu Sp. hungaricus, Sp. tnicrophthahnus und Sp. giyanteus.
Der fossile Kiefer misst vom Hinterrande des Proc. condyloideus bis zu dem der Nagezahn-Alveole 30 mm; die Backenzahnreihe, an den Alveolen gemessen, hat eine Länge von 8 mm. Er stimmt in der Grösse genau mit dem Unter- Idefer des einen mir vorliegenden Äj;a?aa:- Schädels vom Bulgar-Maaden in Cilicien überein. (Danach würde der zu- gehörige fossile Oberschädel eine Totallänge von 49 mm gehabt haben.) In der Form weicht der fossile Unterkiefer aber von jenem cilicischen wesentlich ab. Die recenten Unterkiefer aus Palästina, welche sonst mit ersterem besser harmoniren, sind durchweg kleiner. So zeigen die Exemplare von Jaffa eine „Condylarlänge" des Unterkiefers (gemessen wie angedeutet) von 21,8 — 22,5 mm; ein männlicher Unter- kiefer von Jerusalem misst 23,7, ein weiblicher 22 mm, ein männlicher aus dem unteren Jordanthale 23. ein weiblicher von Safje 26 mm. Ein erwachsenes männliches Exem- plar von Safje kann ich leider nicht vergleichen; ein jüngerer männlicher Unterkiefer von dort (mit sehr compli- cirtem Bau des m 3) misst 24,5 mm. Ein alter männlicher Unterkiefer von Beirut misst 26 mm.
Hiernach übertrifft der fossile Unterkiefer die mir vor- liegenden recenten Exemplare aus Palästina und S3'rien an Grösse; im übrigen stehen ihm dieselben aber relativ nahe, näher, als die aller anderen mir bekannten Blindmäuse. Ich betrachte den vorliegenden Spalax aus der Antelias- Höhle trotz der oben angegebenen Unterschiede als den fossilen Vorfahr des heutigen Sp. Ehrenhergi. Von Sp. priscus Nhrg. aus Ungarn und von Sp. diluvil Nordm. aus Südrussland weicht jener fossile Spalax bedeutend ab. und so halte ich mich für berechtigt, da er auch mit keiner recenten Art zusammenfällt, ihn mit einem besonderen Namen zu belegen. Ich nenne ihn, wie schon oben angedeutet. ^Spalax Fritschi'^, zu Ehren des Gelehrten, der ihn zuerst kurz be- schrieben hat. Es wäre sehr zu wünschen, dass der interessante Fund Zumoffen's bald durch weitere fossile -S^rt^aa.- Reste aus Syrien oder Palästina ergänzt würde.
Sitziimj vom 15. April 1902. 85
Die heutigen Blindtnäuse sind charakteristische Be- wohner von Steppen, bezw. waldlosen Flächen, und zwar sowohl in Niederungen, als auch auf Hochebenen. Trockenes Klima ist ihnen ein Bedürfniss. Dasselbe dürfen wir auch von den pleistocänen Blindmäusen, die einst am Fusse des Libanon hausten, vermuthen. zumal da neben unserem fossilen Spalax-\\.\Qi^v auch Reste einer Gazelle, eines Wildpferdes, einer Wildziege (Capra cf. acyagms) und. wie es scheint, auch solche des Sinai-Stein- bocks [Caprd heden) gefunden sind. Siehe v. Fkitsch, Zümoffen's Höhlenfimde im Libanon, a. a. 0., S. 77.
0. Fkaas glaubte, dass das Klima Palästinas zu der- jenigen Zeit, in welcher die knochenführenden Ablagerungen der Antelias- Höhle entstanden, viel feuchter und kühler gewesen sei. als das heutige. Nach meiner Ansicht dürfte aber das Klima am Westfusse des Libanon während der Ablagerung der Reste von Spalax, Gazelle. Wildpferd. Wildziege, BcdenStemhock nicht viel anders als heutzutage gewesen sein. — Man vergleiche über diese schon sonst mehrfach erörterte Frage 0. Ankel, Grundzüge der Landesnatur des Westjordanlandes, Frank- furt a. M. 1887, S. 117, ff. — Wenn die Bestimmung der Steinbocks-Reste aus den Libanon-Höhlen als solche des Sinai-Steinbocks (Capra heden) durchaus zuverlässig w'äre, könnte man sogar den Schluss ziehen, dass das Klima früher zeitweise etwas trockner und wärmer gewesen sei, als heutzutage; doch halte ich jene Bestimmung bis jetzt nicht für zuverlässig genug.
Herr A. Nehring sprach ferner über die heutige Verbreitung der Säugethiere in Palästina.
Zwischen der Säugethier-Fauua von Nordpalästina und Südpalästina besteht ein grosser Unterschied. Erstere ist entschieden paläarktisch und schliesst sich unmittelbar an die Säugethier-Fauna Syriens (s. str.) und des östlichen Kleinasiens au. Sie wird charakterisirt durch mehrere Arten von Arvicoliden, von Cricetiden, durch Sciurus syriacus, Mijoxas glis, Cerviis capreoliis, Cervus dania, Mustela foina,
86 Gesdlsehaft natwfm-sclmicLer Freunde, Berlin.
Ursus syriacus, etc. Die Säugethier-Fauna von Siidpalästina (Judäa und Moab) kann man im Anschluss an Tkistkam und Hart „äthiopisch" nennen V, jedenfalls hat sie die engsten Beziehungen zu der aegyptisch-nubischen und nord- vvestarabischen Säugethier-Fauna. Sie wird charalvterisirt durch Acomys dhnidiatus. Acomys russatus, Fsammomys ohesus, Meriones melanunis, Mer. longicandus, Dipns aegypüus, Dipus Sclilüteri, Lepus sinaiticus, Lcpus aegypüus, Felis manicidata, Hyrax syriacus. Cap>ra heden, Gazella amhica, etc.
Die Hauptgrenzlinie der paläarktischen Fauna Palästinas nach Süden zu verläuft, wie mir scheint, um den Südrand des Karmel-Gebirges herum nach dem Südende des Sees von Genezareth. Dann folgt weiter südwärts ein Ueber- gangsgebiet (Samaria, Gebirge Ephraim etc ). Judäa nebst der ganzen Umgebung des Todten Meeres (incl. Moab, Süd- Peräa) gehören im Wesentlichen der „äthiopischen" Säuge- thier-Fauna in dem oben definirten Sinne an. — Einige Säugethiere (z. B. Nesokia BacJierl) des südöstlichen und östlichen Palästina deuten Beziehungen zu der „indischen" Fauna an. Ausserdem greift die paläarktische Fauna mit einigen Arten in die äthiopische ein, und umgekehrt. Im Uebrigen ist aber der Unterschied der Säugethier-Faunen von Nord- und Südpalästina viel grösser, als man bisher gewöhnlich annimmt.
Genaueres über dieses interessante Thema werde ich demnächst in der Zeitschrift „Globus" veröffentlichen. Meine bezüglichen Untersuchungen beruhen zum grossen Theil auf neuem Original-Material von sicheren Fundorten, welches W. Schlüter (Halle) im Laufe der letzten sechs Jahre durch mehrere Sammler direct aus Palästina (ins- besondere aus Süd Palästina) beschafft hat.
') Vergl. Trfstram, Fauna and Flora of Palostino, London 1S8-1, und H. Ch. Hart, Fauna and Flora of Sinai, Petra and Wady Arabahi London 189L
Sitzuihj vom 15. April 1903. 87
II(Mi' Karl W. Verhoeff sprach übor die verwandt- schaftliche Stellung von Ilcmimerus.
Genauere Mittlieilunj^eu über den Bau des Thorax von IJemimems (oebst Abbildungen) veröffentliche ich demnächst an anderer Stelle und hoffe in entsprechender Weise auch das Abdomen behandeln zu können. Hier möchte ich in Kürze Einiges herausgreifen und besonders hervorheben, mit Berücksichtigung der vervvandschaftlichen Stellung dieser merkwürdigen Gattung.
Verschiedene neuere Forscher haben Hemimcrus in die Nähe der Dermapteren gestellt und diesen zunächst ver- wandt erachtet, aber gleichzeitig betont, dass sie auch be- deutsame Beziehungen zu den Blattodeen zeige, sodass die Anschauung schliesslich darauf hinausläuft, Hemimems sei eine Art Mittelform zwischen Blattodeen und Dermapteren, nur den letzteren etwas mehr genähert als den ersteren.
Dem gegenüber betone ich, dass //em/m«-M5 eine ent- schiedene Dermaptere ist und in keiner Weise den Charakter einer Uebergangsfor m zu den Blattodeen zeigt. In Kopf. Thorax und Abdomen ist Hemimerus eine Dermaptere. allerdings ein ganz eigenthümlicher Zweig derselben. Die betonte habituelle Aehnlichkeit mit den Blattodeen ist doch völlig oberflächlicher Natur und nicht anders als etwa die Aehnlichkeit zwischen Molch und Eidechse. So wichtig auch der Habitus, die Allgemein- erscheinung eines Thieres. für das erste Erkennen und Be- urtheilen desselben sowohl, als auch für unser aesthetisches Gefühl ist. so wenig kann er doch bei verstandesmässigen phylogenetischen Untersuchungen in Betracht kommen. Es ist ferner betont worden, die männlichen Kopulationsorgane seien in Uebereinstiminung mit den Blattodeen asymme- trisch gebaut. Das ist ganz richtig, aber diese Asymmetrie ist eben auch alles, übrigens fast nur in den Endspitzen der Paramerenendglieder ausgeprägt, während im eigent- lichen Bau der Kopulationsorgane, so in den zweigliederigen Parameren und sogar der Zunge und den Zungenstäben derselben, ihrer schmalen gestreckten Gestalt und den zwei langen Präputialsäcken gar keine Uebereinstimmung mit den
38 Gesellschaft natmforschender Freunde, Berlin.
Blattodeen herrscht, aber eine sehr bedeutsame Ueber- einstimmung mit den Dermapteren.
Ferner sollten sich^) die Cerci von Hemimerus an die der Blattodeen anschliessen (und hiermit spielt wieder der Habitus herein). Thatsächlich ist auch das nur etwas Oberflächliches, denn während die Cerci der Blattodeen stets sehr deutlich in Glieder geteilt sind und mehr messer- oder dolchartig gestaltet, stimmen die Dermapteren mit Hemimerus in den ungegliederten und sehr gestreckten Cerci überein. auch zeigen dieselben noch eine leichte Biegung nach innen, wie das an den Zangen der Dermapteren meistens vorkommt, die. Aehnlichkeit mit den Blattodeen besteht nur in der Beborstung, die eine Folge davon ist, dass die Hemimerus auf den sie tragenden Gricetomys mit Zangen nichts mehr anfangen konnten, desto mehr aber mit Tastborsten.
Jetzt sei noch hervorgehoben, dass beide Geschlechter von Hemimerus im Bau der Abdominalsegmente sich an die Dermapteren anschliessen, nicht aber an die Blattodeen. ich kann das hier mw kurz andeuten und gebe für Hemimerus / folgende Abdominalformel (die des $ ist sehr ähnlich):
1 2-9 10 11 [t] - 2—9 10 11 (vv)
XX XX
Hansen hat das Abdomen beinahe richtig erkannt, jedoch das 11. Sternit und die kleinen Subanalplatten übersehen. XX bedeutet, dass die betr. Sternite zweitheilig sind. t d. h. Telson ist eingeklammert, weil es an das 11. Tergit angewachsen ist. Es giebt bei Hemimerus also 1 1 Abdominal- segmente und das Telson. Die Hälften des 11. Sternit sind wichtige Stützen für die Cerci und sind dieselben also auch hier in ihrer Urlage erhalten. Beim 9 ist das 8. nnd 9. Ab- dominalsegment sehr schmal entwickelt und die 0 vi positoren fehlen, alles gewichtige Uebereinstimmungon mit den Dermapteren, nicht aber mit den Blattodeen.
') Die genaucicn Behauptungen der betr. Forscher gebe ich an anderer Stelle.
üitzumj vom 15. Ainil 1902. 89
Der Thorax ist ganz entschieden ebenfalls derraapteren- artig, ich hebe jetzt nur hervor, dass die Prothoraxapodemen in typischer Weise mit den Pleuren fest zusammenhängen und der Grundzu.ü; des Mikruthorax dem der Dermapteren entspricht, durchaus aber nicht den Blattodeen. Uebrigens weise ich hin auf die Wichtigkeit der Apodemen des Meso- und Metathorax, welche zeigen, dass Hemimerus von ge- flügelten Formen abstammt.
Schliesslich muss ich gesteheu. dass es mir unbegreiflich ist, wie man bei einem Blick auf die Hüften von Herni- merus die den so merkwürdigen Blattodeen -Hüften doch gar nicht ähneln, sowie auf den Kopf von Hemimerus, der doch gar nicht der so auffallenden Haltung des Blattodeen- Kopfes entspricht, von einer Annäherung an diese ernstlich hat sprechen können. In beiden Punkten dagegen, also auch in den prognathen Muudtheilen, herrscht grosse Aehnlichkeit zwischen Hemimerus und den Dermapteren, der Kopfhaltung entspricht eben der Bau des Mikrothorax.
Hemimerus gehört also ganz unzweifelhaft zu den Dermapteren. bildet aber, wie gesagt, einen sehr charak- teristischen Zweig derselben, wofür ich die Unterordnung Demioder niaptera mihi gründe.
Ich werde später noch genauer auf dieselbe eingehen, hier aber schon folgende wichtige Charaktere derselben hervorheben:
1) Kopf hinten ^iel breiter als vorne, Augen fehlen,
2) Schienen sehr gedrungen, fast dreieckig,
3) Mikrothoraxsternit ohne Vorplatte,
4) Endglieder der Parameren asymmetrisch,
5) innere Copulationsorgaue als ein Penis und zwei Präputialsäcke ausgebildet,
6) Cerci stangenartig, beborstet, nicht als Zangen er- scheinend,
7) die Samenwege treten nicht am vorderen sondern am hinteren Ende der Präputialsäcke in diese ein,
8) lebendiggebärend und auf Nagern lebend.
90 Gesellschaft naturfiyrschender Freunde, Berlin.
Herr KARL W. Verhoeff sprach ferner über Chilopoden von Südsteiermark, Krain und Kroatien.
Die folgenden Mittheilungen sind das Ergebniss ge- legentlicher Exkursionen, welche ich auf der Reise in Länder der Balkanhalbinsel auch in obigen Gebieten unter- nahm und welche nicht lediglich als neue faunistische An- gaben gelten sollen, sondern die Faunenkenntniss dieser Gebiete überhaupt verniehren, zumal noch verhältlich wenig aus denselben bekannt ist. Es handelt sich hier aber um Gegenden, die schon deshalb sehr wichtig sind, weil in ihnen, ausser alpinen Formen. Thiere Mitteleuropas, Italiens und der Baikauhalbinsel zusammentreffen, üass manche der weiter hier angegebenen Formen aus dem südöstlichen Alpengebiet und dem Küstenlande längst bekannt sind, ist auch mir bekannt.
1. Cryptops hortensis Leach. Bei Agram häufig, bei Fiume auf dem Friedhof.
2. Cr. punctatus C. KocH. Bei Fiume (Tersato).
. 3. Opisthemega erythrocephaliim C. KoCH. In einem Laub- wald bei Fiume unter tief liegenden Steinen mehrmals.
4. Scolopcndra cimßUatd Latr. Bei Fiume häufig.
5. Sc. daJmaiica C. Kocii. Einzeln bei Tersato. (IIky- MONS fand es ebenfalls bei Fiume. Es handelt sich also um ein wirkliches Heimaten dieser Art an der Küste des Golfes von Fiume.)
6. DignatJtodon nncroccphalum Luc. Bei Fiume.
7. Scotopldlus ülyricus Mein. 1 9 mit 79 Beinpaaren in einem Laubwalde bei Cilli. (Neu für Steiermark.) Fiumara-Schlucht nicht selten.
8. Scot hicarinatus Mein. Auf dem Friedhof von Fiume nicht selten
9. Chaetechelyne vesuviana Newp. Fiumara. Tersato nicht häufig.
10. Ilimantarimn Gnbrielis L. Auf dem Friedhofe von Fiume nicht selten.
IL Geophihis flavidus C. K. Fiume. Fiumara-Schlucht, Tersato. Cilli 1 9 1 j.. 1 q Agram.
Sitzung vom 15. April 1902. 91
12. G. pusillus pygmaeus Latzel. 1 9 von 13 luiii. 43 B. m Laubwald bei Cilli.
13. Scltendi/lii ncmorcnsis C. Kocii. 1 g \ on Cilli.
14. Sclicmlyhi carniolensis n. sp. Adelsberg. Vergl. die Beschreibung unten.
15. Sciilioplancs (immumtu^ Lk.acii. Cilli G 9 41 B., 3 </ 39 B. Adelsberg und Agrani nicht selten. Fiuniara- Schlucht 1 j. 9.
16. Sc. crassipes C. K. Cilli Laubwald 2 cT 49 B., 1 9 51 B.
17. Mecistocephalns carniolensis C. K. Cilli Laubwald 1 cT 1 9 1 j. 1 2 Adelsberg. 1 2 2 j. Agrani. 1 9 Fiu- inara-Schlucht im Walde.
18. Lithohius fdsciahis Newp. Bei Fiume nicht selten.
1 2 bei Cilli, 1 </ bei St. Kanzian.
19. i leptopus Latz. Typisch, mit dunkler Längs- binde bei Cilli und Adelsberg u. s., 1 2 von Fiume. Agram
2 9 typisch, 1 (/ ohne Fortsätze an der 6. D., Endbeine bei d" 2 schwach und sehr kurz behaart.
20. L. validtis Mein. 1 c/ Agram, bei Cilli und Adels- berg nicht selten.
21. X. furficatus L. Bei Fiume und Caslua häufig.
22. L. nodnlipes Latz. Fiume und Fiumara nicht selten. 3 9 bei Adelsberg.
23. L. (modus Latz. 1 9 bei Fiume, 1 2 Cilli, 1 cf Adelsberg.
24. L. microps Mein. Bei Abbazia n. s.. mit 3 Ocellen. 9 mit 34—39, cf mit 31—33 Antennengliedern.
25. //. dentatns Mein. 1 9 bei Adelsberg, Cilli häufig.
26. L. niidux Mein. Agram 1 cT-
27. L. mntahilis L. K. Fiume und Tersato n. s.
28. L. pusillus cdlciragus Verii. Bei Fiume 3 </ 1 9 .
29. L. aemginosus L. K. Burg Castua nicht selten.
Sehen dyla carniolensis n. sp.
Körper orangegelb, 29 V2 mm lang, mit 47 Beinpaaren. Rücken zweifurchig, vorderste Bauchplatten mit länglicher Mitteler übe.
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Gesellscltaft naturforschender Freunde, Berlin.
Klauen der 2. Unterkiefer in der Endhälfte verhältlich breit, aber sehr dünn blattartig. Labrum vielzähnig wie bei nemorensis, aber die einzelnen Zähnchen kürzer als dort. Kieferfüsse innen ohne Zähne, auch die Klauenglieder sind innen am Grunde einfach oder besitzen doch nur einen sehr schwachen stumpfen Höcker. Seitenlinien im Coxoster- num fehlen. Die Ventralplatte des 1. Beinpaares entbehrt der Drüsen, vom 2. bis 16. Rumpfsegmente aber kommen sie vor und zwar bilden sie in den Bauchplatten zwei hinter einander gelegene Siebfelder (die Abb. anbei zeigt
die 7. V.). Das vordere, kleinere Siebfeld liegt in der Mitte der Bauchplatte und erstreckt sich quer, das hintere, grössere befindet sich hinter der Mitte, dem vorderen mehr als dem Hinterrande genähert und ist von mehr rundlicher Gestalt.
Vom 17. Rumpfsegmente an fehlen die Drüsenporen- felder plötzlich vollständig. Die drüsenführenden Bauch- platten sind ferner dadurch ausgezeichnet, dass der Hinter- rand etwas höckerig vortritt (h). der Höcker aber greift in eine kleine Grube der Vorderränder (v). Praegenitalsegment mit 2 + 2 grossen Coxaldrüsen. die Bauchplatte desselben ist hinten abgestutzt und am Endrande reichlich fein be- haart. Endbeine denen des nemorensis gleichend, insbeson- dere auch in den Endgliedern, welche nur halb so lang und halb so breit sind wie die vorletzten Glieder.
SitziitKj vom 15. April 1902. 93
Vorkorameu: Ein einziges W('il)chen erbeutete ich bei Adelsberg. Dasselbe gab ich dem Herliner Museum für Naturkunde, wo es sich in Gestalt zweier iiiikr. Prä- parate beiludet.
Annicikunf;; l: Die Satzabbilduiiff zeigt das 7. Sternit des Rumpfes mit Diüseiii)oreiifnui)i)en und Tastliorsten sowie Seitenleisten. Reclits sind die Hüftlinien angegeben, v = vorne, h = hinten. Vergr. etwa 50 fach.
Anmerkung 2: Verwiesen sei auch nnf meinen Aufsatz in No. 624 dos Zoologischen Anzeigers 1900 „Ueb( r .'■.'7«'»f/y//a und FectinuiKjiiis", wo die Verwandten der neuen Schemlyla carniolen.sifi behandelt sind, so dass ich hier nicht weiter darauf eingehen brauche. Inzwischen be- schrieb Brölkmann im „Feuille des jeunes naturalistcs" 1902, No. 371, eine Schendula arinuta aus den ,,Alpes maritimes", die der Bauch- idattenporen völlig entbehrt und im Uebrigen an den Schenkeln der Kieferfüsse sehr grosse Innenzähne besitzt. Sie läuft auf 37 Beinpaaren.
Herr 0. Neumann sprach über neue nordost- und ostafrikanische Säugethiere. (Fortsetzung des Vortrags vom 18. ]\rärz.)
Tmffelaplius meneliki nov. spec.
Beschreibung des ausgewachsenen Bockes: Kopf hell- braun. Nasenrücken dunkler. Weisser Fleck jederseits am Nasenrücken, weisser Fleck jederseits schräg hinten unter dem Auge. Ein weisses Kehlhalsband und weisses Hals- band am Ansatz der Oberbrust. Ein weisser grosser Fleck jederseits am Ansatz der Vorderbeine. Scharfer, weisser, vor den Fesselgelenken unterbrochener Strich an der Vorder- seite von Vorder- und Hinterfuss. Weisse Stelle am Bauch. Zwei bis drei sehr schwache weisse Flecke auf den Hinter- keulen. Ganzer übriger Körper einfarbig schwärzlich roth- grau, von gleicher Färbung wie 'Imgeluplam sylcaticus (f. Rückenkamm aus verlängerten Haaren bestehend, von denen einige auf dem Hinterrücken weiss sind. Schwanz oben von Körperfarbe, unten weiss.
Der ganze Körper ist also, mit Ausnahme der weissen Zeichnung, des Kopfes und des etwas dunkler gefärbten An- satzes von Vorder- und Hinterbeinen, einfarbig. Bauch nicht dunkler wie die Oberseite.
Das älteste Männchen, ein sehr altes Stück, ist viel
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94 Gesellscimft naturforschender Freunde, Berlin.
heller im Ton, wie die beiden andern, gleichfalls ausge- wachsenen. Keins der Stücke hat einen Nackenring von kurzen Haaren.
Hörner von etwa gleicher Grösse wie bei sijlvaticus und scriptus.
Beschreibung des Weibchens: Ganzes Thier hell- braunroth, ungefähr von der Farbe des Weibchens von Tragelnphiis scriptus. Nasenrücken schwärzlich. Rücken- partie dunkler. Keine weisse Zeichnung am Kopf. Weisser Strich an den Vorderbeinen fehlend, durch eine helle Linie ersetzt. Nur ein weisser Fleck zwischen Fesselgelenk und Hufen. Weisser Strich am Hinterbein vorhanden. Keine Rückenmähne oder weisse Körper- zeichnuug. Bauch viel heller wie der Körper, gelblich weissgrau. Am Bauch ein weisser Fleck.
Zwei andere Weibchen haben je zwei undeutliche weisse Flecken auf den Hinterkeulen, das eine auch einige weisse Haare in der Rückenlinie, die aber kein eigentlicher Kamm mehr ist.
Bewohnt die Bergwälder im Quellgebiet des Webbi Shebeli (Wabbi) in 2500—3000 m Höhe: Gara Mulata, Burka. Djaffa-Berge.
Das Weibchen dieser Art hat entschiedene Aehnlichkeit mit Tragelaphus delamarci PocoCK. dessen Typus wohl auch sicher ein Weibchen oder ganz junges Männchen ist, doch haben alle meine Weibchen einen deutlichen weissen Strich an der Vorderseite der Hinterbeine, sowie deutlichen ausgeprägten weissen Kehl- und Brusttleck.
Vom Tragelaphus sylvaticus aus Süd-Afrika, von dem das Berliner Museum einen alten Bock, von Beyhicii im Swazi-Land erlegt, besitzt, unterscheidet sich meneliki durch nur angedeuteten weissen Rückenkamm, die geringen weissen Flecken auf den Hinterkeulen, hingegen das Vorhandensein eines scharfen weissen Striches entlang der Vorderseite des Vorderbeins.
Zwei im District Gindeberat südlich des blauen Nils erstandene Felle von Ty(Kjelnpkns-K6ckQn ähneln der be-
Sitzung vom 1'». Ajiril 1902. 95
scliriebeiien Art. Iiaheu aber keinen weissen Strich am Vorderbein.
El)onso ist das Fell eines nur wenige Tage alten niänulichen pullus. das mir in Tscherätschä. Pruvinz Metscba, in Schoa, gebracht wurde, einfarbig schwärzlich graubraun. Hin weisser Sli'ich nur an den Hinterbeinen, dagegen an den Vorderbeinen nur ein weisser Fleck über den Hufen. Kein Weiss auf der Rückenlinie oder an den Hinterkeulen.
Vennuthlich ist diese Form, welche die Bei'gwälder des eigentlichen Schoa zwischen dem blauen Nil und dem Ilauasch bewohnt, vom Tragcluplms meneliki constant ver- schieden, doch muss mehr Material zur definitiven Be- schreibung abgewartet werden.
Traf/ehifßhus niulticolor nov. spec.
Beschreibung des ausgewachsenen Bockes: Ungefähre Grösse von Trai/c/aphus scrijitns. Am Nacken sind die Ilaare kurz gerieben.
Färbung des Kopfes und der Oberseite hell rothbrauu. Nasenlinie schwarzbraun. Vom Nacken ab eine schwarze Linie bis zum Schwanz, welche auf dem Rücken in einen von hohen schwarzen Haaren gebildeten Kamm übergeht. Bauch scharf abgesetzt schwarz. Ein Fleck unter, ein Fleck hinter dem Auge weiss (jedoch kein weisser Fleck vor dem Augel). Weisses Kinn, weisser Kehlfleck, weisse Brustl)inde. Ansatz des Vorderbeins rein schwarz. Darunter ist das Bein von der Körperfarbe. An den Knieen jeder- seits ein grosser weisser Fleck. Ein weisser, doppelt ge- theilter Fleck über den Afterhufen und ein solcher über den Hufen. Schwarze Längsbinde entlang der Vorderseite des Beines. Ebenso ist die Einsäumung der weissen Flecken über den Hufen schwarz. Weisser Fleck am Ilinterbauch, Einfassung desselben zum Hinterbein schwarz. Hinterbein sonst von Körperfarbe, aber mit weissem Längsstrich vorn und weissem, getheilten Fleck über den Hufen. Hinter diesem sind die Haare am Hufansatz schwarz. Schwanz oben rothbraun, unten weiss. Spitze rein schwarz. Eine Reihe von 4 ausgeprägten weissen Flecken auf den Hinter- keulen.
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96 Ge,sells-ch(ift natur/'orsc/tender Fremule, Berlin.
Ein alter Bock, Typus dieser schöneu neuen Art. welche sich von allen andern durch die pechschwarze Unter- seite und den hohen, schwarzen Rüclienl^amm auszeichnet, wurde von mir am 5. August 1900 am Ufer des Hauasch, südöstlich des Sekuala-Berges erlegt.
Diese Art dürfte endemisch für das Hauasch-Thal sein.
Tragelaphus massaicus nov. spec.
Diesen Namen möchte ich dem Tragelaphus von Deutsch- und Brittisch-Ost-Afrika beilegen, welcher bisher stets unter dem Namen Tragelaphus roualeyni Cumming ging. Doch passt die noch dazu sehr mangelhafte Beschreibung des Gordon CuMMiNG'scheu Buschbocks vom Limpopo absolut nicht auf den Buschbock von Deutsch- und Brittisch-Ost- Afrika
Beschreibung des alten Bockes: Vom Färbungs- charakter des Tragelaphus mulficolor, also oben roth- braun, unten braunschwarz, aber nicht so scharf ab- gesetzt wie bei dieser Art. Am Kopf viel mehr weiss. Mehrere weisse Flecken an den Wangen. Je ein weisser Fleck am Nasenrücken. Weisser Rückenkamm, von dem jederseits vier mehr oder weniger deutliche Querstreifen herabgellen. Zahlreiche weisse, deutlich ausgeprägte Flecken auf den Hinterkeulen. Auch jederseits ein oder zwei schwächere weisse Flecke auf den Vorderkeulen. Vorder- beine in der Mitte mit schwarzem Längsstrich, der aussen von Körperfarbe, innen von weiss eingefasst ist. Weisser Fleck über den Hufen, der schwarz eingesäumt ist. Au den Hinterfüssen fehlt dieser schwarze Längsstrich. Schwanz oben von Körperfarbe, unten weiss, Spitze schwarz.
Typus von mir am oberen Bubu. nordwestlich Irangi, am 22. November 1893 erlegt.
Färbung des Weibchens hell rothbraun. Unterseite nicht dunkler wie die Oberseite. Die weissen Abzeichen schärfer.
Ein ganz junges, am Gurui-Berg gefangenes Tliier zeigt bis auf die viel hellere Körperfärbung und die helle, nicht dunkle Unterseite schon deutlich die Färbung wie der alte Bock.
üitzumj vom ];'>. April 190^. 97
TraffeJaphus dania iiov. spec.
TriHfclaphus deciila (Küi'i'. NiCL'M., Züül. Jalii'b.. 1900, |). 562). *
Von (lieser Art liegen inii- nur verstiinimelte Felle, ohne Beine, vor. die ich in Kavirondo, an der Ost- seite des Victoria-Nyansa, erkaufte. Auch in Uganda er- kaufte ich Felle dieser Art. daneben aber solche des echten 'rrii<ivhiphus scriptum, welche Art vielleicht im westlichen Uganda vorkommt.
Nackengegend abgerieben. Färbung des Bockes gelb- braun, Unterseite dunkler. Weisser Rückenkamm. Keine weissen Horizontal- oder Vertical- Striche. Aber zahlreiche scharfe weisse Flecken auf den Hinterkeulen. jMehrere weisse Flecken auf den Vorderkeulen. Eine Reihe scharfer weisser Flecken längs der Seite des Thieres.
Färbung des Weibchens leuchtender rothbraun, Unter- seite nicht dunkler, eher heller wie die Oberseite.
Vorkommen: Nord- und Ostküste des Victoria-Nyansa: Kavirondo, Ussoga, Uganda.
Trciffelajyhus nif/rhiotatus nov. spec.
Grösse ungefähr \on Trcuiclaplmn scriptus. Keine kahle Stelle im Nacken.
Färbung des alten Weibchens: Grundfärbung röthlich gelbbraun. Oberko])f, Stirn und Nasenrücken schwarz. Scharfer, schwarzer Strich vom Oberkopf über den Halsrücken zum Rücken Auf dem Rücken ein grosser, braunschwarzer, nach hinten sich verschmälernder Sattel. Weisser Fleck unter dem hinteren Augenwinkel. Weisser Fleck am Ohr- ansatz. Weisser Kehlfleck. Weisse Brustbinde. Zahlreiche deutliche weisse Flecken auf den Hinterkeulen. Beine von Körperfarbe. Weisser Fleck am inneren Ansatz des Voi'der- beins, weisser Fleck innen am Knie. Doppelt getheilter weisser Fleck über den Hufen, Einfassung desselben schwarz. Schwarze Linie längs des Vorderbeins. Hinterbein ohne die schwarze Linie, nur vom Knie an undeutlichere schwarze Linie. Schwarz eingefasster weisser Fleck über den Hufen. Schwanz oben hell gelbbraun, unten weiss.
98 Gesellsclmft natuiforschender Freunde, Berlin.
Nur ein altes Weibchen (Typus der Art) am 21. Ja- nuar 1901 am Barssa-Fluss (zum Stefanie-See fliessend) im Lande der Male erleot.
In Bezug auf Tragelaphus möchte ich hier noch folgendes sagen. Nach den Untersuchungen des Materials meiner letzten Reise und des sehr zahlreichen Materials des Berliner Museums für Naturkunde scheinen sich mir folgende inter- essante Resultate zu ergeben.
1) Es giebt vermuthlich noch viel mehr Arten als bisher beschrieben. Eine starke Variation in der Art unter sich, wie man es oft angenommen, kommt anscheinend nicht vor. Wohl unterscheiden sich alte von jungen, sowie das Männ- chen vom Weibchen in der Färbung. Doch regelt sich dieser Unterschied nach bestimmten Gesetzen. Der Charakter der Farbenzeichnung bleibt stets der gleiche, wie dieses aus dem Studium der schönen Serie von TragelapJms meneliki, 3 Männchen, 3 ausgewachsene, 1 junges Weibchen, her- vorgeht.
Interessant ist es ferner besonders, dass das ganz junge, bei Tscherätschä in Schoa erhaltene Stück schon genau die Färbung der alten männlichen Felle, die in dieser Gegend erkauft wurden, zeigt.
2) Es scheint, abgesehen von den Sumpfböcken (gratus, speekei, selousi) und den beiden aberranten Formen angasii und euryceros zwei verschiedene Gruppen im Genus 2ra- geJdphus zu geben.
Eine mehr langhaarige, meist Bergwälder bewoh- nende, bei der Ober- und Unterseite auch bei den alten Böcken einfarbig sind und welche nie im Nacken kahle Stellen oder zum mindesten solche mit verkürzten oder anders gestellten Haaren haben. Hierher gehören Trage- laplms sylvaticus, meneliki, delamarei, vermuthlich aucii decula und nigronotatus, wahrscheinlicli auch ohscurus Trsst.. jeden- falls eine sehr gute Art.
Dann eine Gruppe, bei der die alten Böcke eine dunklere, von der Oberseite mehr oder weniger scharf abgesetzte Unterseite zeigen. Alle Thiere, Männchen und
Sitzung i'om 15. April 1902. 99
Weibchen, jung und alt. haben im Nacken eine mehr oder weniger kahle, nur mit kurzen braungruuen Haaren be- standene Stelle, die nach Alter und Geschlecht theils grösser, theils kleiner ist. Diese Arten bewohnen haupt- sächlich Flussufer in niederen Gegenden. Hierher gehören I'raf/claphus scn'pfiis, phaleratus. ornatiis, bor, dama, multicolor, massaicus und wohl auch ronulcyni.
Von einer genauen Kenntniss der Buschböcke sind wir übrigens noch ebenso entfernt wie von der der Riedböcke.
Cervicapra fulvorufula schoana nov. subspec.
Färbung ähnlich der von Cervicapra fulvorufula chanleri, aber ohne schwarzen Streif über den Nasenrücken.
Am Schädel fällt die schwache Rippung der Hörner, die starke Wölbung der Frontalen über den Augenhöhlen, die grosse Entfernung der Oeffnung des untersten, breitesten Supraorbital-Kanals vom Ilornansatz auf. Diese Entfernung ist um ca. '/4 länger als bei fulvorufula und chanleri.
Der Processus zygomaticus des Frontale ist ca. 3 mal so breit wie bei chanleri und immerhin 1 V2 bis 2 mal so breit wie bei der typischen fulvorufula. Die Zahnreihen sind bei schoana und chanleri ungefähr von gleicher Länge und ca. um ^ji kürzer wie bei fulvorufula.
Bewohnt die Gebirge am Abaja- und Gandjule-See. Durch Freiherrn v. Eklangek auch am Sekuala-Berg. nach freundlicher Mittheilung des Baron Walter v. Roth- schild durch Major Powell- Cotton auch im centralen Abyssinien erbeutet.
Alle drei Arten bewohnen steinige Berge und Hügel, während die Arten isahellina, wardi, hohor und redunca hohes Riedgras in Tiefebenen bewohnen.
Sowohl chanleri wie schoana sind übrigens meinerMeinung nach nur als Subspecies von fulvorufula aufzufassen.
Ot^yx heisa {/allafiini nov. subspec. Vom Färbungscharakter des typischen Oryx heisa, aber die Oberseite tiefer und gesättigter roth. Die Färbung der Beine, abgesehen von der schwarzen Zeichnung, nicht reiq
100 Gesellschaft miturforsclmider Freunde, Berlin.
weiss, sondern hellröthlich oder bräunlich überlaufen. Hufe viel länger wie bei der typischen Or^x' />e«scr Nach dem mir vor- liegenden Material sind auch die Hörner etwas gebogener wie bei der typischen Form, und laufen fast völlig parallel, während bei der nördlichen die Hornspitzen weiter diver- giren. Doch fragt es sich, ob letzterer Unterschied con- stant ist.
Vertritt die typische Onjx heisa, welche die Küsten- gebiete des rothen Meeres, die Danakil-Steppe und das nördliche Somali-Land bewohnt, im Stromgebiet des Webbi Shebeli und Juba und verbreitet sieb vermuthlich südlich bis Brittisch Ost-Afrika, wo F. J. Jackson am Baringo-See die Grenze von Oryx heisa und Oryx callotis angiebt.
Dass die angeführten Färbungsunterschiede nicht auf Geschlechts- und Saison-Verschiedenheiten beruhen, beweist folgender Zufall.
Wir erlegten 10 Exemplare, Männchen und Weibchen der Oryx heisa gallarum, von denen 7 Felle ganz präparirt wurden, beim Orte Baiinga Modjo im südlichen Ennia Galla Land nahe dem Wabbi zwischen 4. und 7. Juni 1900.
Unser Präparator Karl Hilgert der von Harar durch die Danakil-Steppe nach Adis Abeba zog, erlegte bei Arba nahe dem Assebot Berge in der Danakil-Steppe 4 Exemplare der typischen Oryz heisa gleichfalls Männchen und Weibchen zwischen 6. und 8. Juni 1900, also an den gleichen Tagen.
Die Unterschiede der zwei Formen sind bei allen Fellen zu sehen. Die Hilgert' sehen Exemplare aus der Danakil- Steppe unterscheiden sich in keiner Weise in der Färbuug von einem alten Bock, den ich am 24. Januar 1900 im Fulla Thal, drei Tagereisen südlich von Zeyla, erlegte.
Zu Canis hiffensis will ich noch erwähnen, dass ich in voriger Woche das eine Stück der von Freiherrn v. Ek- LANGER geschenkten Exemplare im Frankfurter Zoologischen Garten nochmals sah.
Ein Seitenstreif ist zwar bemerkbar, besteht ab('r nur aus etwas stärkerem Hervortreten der schwarzen Ilaai-e.
SitzuiKj vom ir,. April 1902. 101
Die Färl)img ober- und iintcrlialb diesos schwachen Striches ist al>ei' ganz gleich, wähfciid hei West-, Süd- und Ost- Afrikanern die Färbung (h's Sattels von der der Unter- seite vorschieden ist.
Die Thiere sind übrigens ganz ausgewachsen, da sie schon (iininal Junge, die inzwischen wieih'r eingegangen sind. zur Welt gebracht haben.
Schliesslich will ich erwähnen, dass in Bewegungen und im Ausdruck der Augen Canis Icaft'cnsis sehr von den andern Schakalarten, die derzeit im Frankfurter Zoologi- schen Garten leben (aureus, riparhis, aiithxs und ha/jcnhccki), absticht. Der scheue Ausdruck der Aug<m und die ge- schwungene Schnauzcnlinie erinnern mich an den Beutelwolf (Thylac'mus cynoccphalus) von Tasmanien.
Im Heft 4 der P. Z. S. 1902 ist ein Zebra, welches Kaiser Menelik von Abyssinien durch den englischen Ge- sandten Lt. Col. ilAKitiNCnoN nach London gesandt hat, abgebildet.
Mr. ScL.VTKii bemerkt hierzu, dass das Vorkommen dieses, s. u. Equus granti de Wintox abgebildeten Thieres nicht sicher feststände und es unbekannt wäre, ob die beiden Zebraarten (jrevyi und granti irgendwo zusamuien vorkämen.
Ich bin in der Lage hierauf einige Auskunft geben zu können. Das abgebildete Thier stammt vermuthlich vom Abaja- (Margarita-) See. wo ich auch mehrere Exemplare erlegte. Ich beobachtete das GKAN'r'sche Zebra dann am Gandjule-See und im AdoshebaT-Thal westlich von Gardulla.
Nacii eigenen Beobachtungen und Angaben der Litteratur, ferner nach unlängst erhaltener freundlicher brieflicher Mitteilung des derzeit noch auf einer Forschungsreise in Ost-Afrika befindlichen Grafen Eduard WjCKKNnuuG, kann ich sagen, dass beide Arten nie zusammen vorkommen.
Das Verbreitungsgebiet der beiden Arten ist folgendes: Equus grevyi: Danakil-Steppe, Hauasch-Gebiet, nördliches
102 Gesellschaft niiturforsclicnder Freunde, Berlin.
und südliches Somali-Land. Galla-Länder bis zum Stefanie- und Rudolf-See, südlich bis Marsabit. Lorian und Guasso Nyiro.
Equus granti: Abaja-See, GandjuleSee. Sagan und Adoshebai-Thal, vielleicht Westufer des Rudolf-Sees, dana Unjoro, Uganda und Massai-Länder.
Vermuthlich fällt übrigens Equus granti de Wint. mit Equus höhmi Mtscii. zusammen und hat letzterer Name dann die Priorität. Ich werde an anderer Stelle auf diese Fraire zurückl^ommen.
Referirabend am 8. April 1902.
Herr K. MÖBIUS über Max Weber, Resultats des ex|>lora- t.ions zoologiques, botaniques. oceanographi(|U(!S et geologiques enterprises aux Indes neerlandaises orien- tales en 1899 — 1900. a bord du Siboga. Leiden 1902.
Herr Fr. KopSCH über Franz üofmeistek, Die chemische Organisation der Zelle. Braunschweig. Friedrich Vieweg und Sohn 1901.
Herr Ä. NehriNG über C. Freiherr v. Houmuzaki. lieber die in den Karpathen einheimischen Arten der Gattung Erebia und deren Beziehungen zur pleistocänen Fauna Mitteleuropas. Deutsch. Entomol. Zeitschr. 1901.
Derselbe über Aug. Schulz, über die Entwicklungs- geschichte der gegenwärtigen ])hauerogamen Flora und Pflanzendecke Mitteleuropas. Ber. Deutsch. Bot. Ges. 1902.
Derselbe über A. Nehring, Die kleinen Wirbeltiere vom Schweizerbild bei Schaff hausen. 2. Aufl. Zürich 1901.
Herr Wl. MarSSON über einige Abwasserorganisraen — im Ansciiluss an die Arbeiten von Zykoff, Die rrofo.zoa des Potamoplanktons der Wolga bei Saratow (Zool. Anz. Bd. XXV, No. 665, 3. März 1902, p. 177—180) und W. BüNTE, Die Diatomeenschichten von Lüne- burg. Lauenburg . . . (Arch. Ver. Freunde Naturgesch. Mecklenburg. Güstrow 1901).
J. F. St«r«ke, BerUa W.
Nr. 5. 1902.
S i tz u II gs - Bo ri eil t der
Gesdlscliaft iiatiirtorsclKMuler FrcMinde
zn Berlin vom 20. Mai 1902.
Voisitzomlcr: Herr A. Nehring.
Herr 0. Jaekel sprach über Coccosteus und die Be- urtheilung der Placodermen.
Als älteste Wirbeltliiere dürfen die Placodernieii ein hohes Interesse beanspruchen. Sie sind bekanntlich im .Silur und Devon verbreitet und an einzelneu Localitäten. wie namentlicli in Nordschüttland, auch recht liäuüg. Ent- gegen einigen in neuerer Zeit geäusserten Ansichten, dass ein Theil derselben von den übrigen zu trennen und mit den Dipnoern zu vereinigen sei, will ich sie aus später erläuterten Gründen, wieder als Einheit auffassen. Ihre bekanntesten Vertreter sind dann die Pteraspideu (C///(thiis- 2)is, Tolupuspis, Vteraspis), die Treniataspiden (Tremataspis), die Psatnmosteiden (Psammosteus), die Cephalaspiden (Di- dijmaspis, Thijestes, Brepaiiaspis, Cepihahspis, Euceraspis). Die Coccosteidae (Phli/ct'ienasjjis, Coccosteus, Brachydinis^ Dinichthys, Titaniclitys), die Macropetaliclithyidae (Mdoo- pctdlicJith/js) , die Asterolepiden (Homostens, Asterokpis, Pterichthys, Bothrlolepis).
Trotzdem der Skeletbau dieser Thiere, ja von einzelnen sogar die ganze Körperform, bekannt ist, giebt es doch keinen Wirbelthiertyi)us, dessen Organisation so unklar und unsicher wäre, wie die der Placodermen. Ausser ihren Augen, dem Unterkiefer, allenfalls der Praemaxilla und dem Schwanztlossenskelet. hat keiner ihrer Körpertheile eine zuverlässige Deutung erfahren. Diese Verlegenheit
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wird diirfli die indifferenten Bezeichnungen bestätigt, die man den einzelnen Skeletelementen gab.
Das wichtigste Hinderniss für den anatomischen Ver- gleich des Placudermen-Skeletes mit dem der übrigen Wirhel- thiere lag meiner Ueberzeuguug nach darin, dass man die sogenannten Ruderorgane specialisirter Formen für die Arme hielt und infolgedessen zu einer ganz falschen Beurtheiluug der Rumpfregion gelangte.
Bei den Pteraspiden ist der Kopf und der vordere Theil des Rumpfes von einem einheitlichen Panzer um- geben, der in ein dorsales, ein ventrales und jederseits ein schmales, seitliches Stück zerfällt. Kopf und Rumpf sind hier durch keine Gliederung des Hautskeletes geschieden, aber durch Sculpturgrenzen auf dem Rückenpanzer augedeutet und durch die Lage innerer Organe klargestellt. Die Lage der Augen ist sicher, ebenso klar das etwas dahinter ge- legene uupaare Scheitelloch, welches allerdings vom Haut- skelet aussen in dünner Schicht überdacht ist. Die Kiemen- region des vorderen Rumpfes ist äusserlich uiciit erkennbar, wohl aber an der Innenfläche des Rückenpanzers, wo jeder- seits 6 Visceralbogen flache Eindrücke hinterlassen haben. Dieselben stimmen an den 3 mir vorliegenden Exemplaren überein und nehmen von vorn nach hinten an Deutlichkeit ab. Luftzufuhr erhielten diese Kiemen wohl durch einen Spalt, der jederseits au der Seitenplatte offen blieb. Hinter dem Panzer folgen oben rhombische, an den Seiten längliche Schuppen, deren Form und Lage die Existenz von vorderen Extremitäten unwahrscheinlich macht. Dieselben mögen diesen Formen ebenso gefehlt haben, wie den Larven von Amphibien, mit denen diese anscheinend ältesten Wirbel- thiere auch in der Gesammtform auffallende Aehnlichkeit bieten. Da sie nach der Form ihres Panzers wahrschein- lich auch einen vorstreckbaren Sauginund, etwa wie die Kaulquabben, besessen haben dürften, so mochte ich jene ältesten Fische geradezu als perennirte Larven des Wirbelthierstammes betrachten.
Innerhalb der jüngeren Pteraspiden ändert sich dieser Typus von Cyathaspis in zwei allerdings scheinbar unwesent-
SiUung vom W. Mai 1902. 105
liehen Piinkteu; bei den jüngereu Arten von Cyathaspis (Cijdthaspis Lüidstrimii u. sp. pro C. intet/cr Lindstküm und Tohjpaspis Schmidt) zeigt die ursprüngliche Längssculptur einen Zerfall in schuppenartige Felder, während sich bei dem devonischen Ptemspis von dein medialen Ende des Rückenschildes eine stachelartige Platte sondert. Jede dieser Aenderungen scheint mir in anderer Art eine Anpassung des Körpers an das Fischleben 7Ai kennzeichnen. Die be- ginnende Zerlegung des vorher starren Panzers durch Linien grösserer Elasticität in einzelne Felder beweist eine Zu- nahme der Beweglichkeit gegenüber Cy(ith(tspis, während der Rückeustachel bei jüngeren Pteraspideu seine beste Er- klärung als Wassertheiler vor einer dahinter entstandenen Kiickentlosse fände. Gleichzeitig ist bei Fter^spis der Panzer dünner und anscheinend in toto elastischer geworden.
Bei einem devonischen Psammosteiden. dessen Original die Dori)ater Sammlung bewahrt, erhielt sich die Form des Panzers, wie ihn Ct/athasjns zeigte, indem derselbe eine länglich ovale, kolferartige Umhüllung der vorderen Kopf- Kumpfregion bildete. Dabei ist aber der histologische Bau des Skeletes insofern geändert, als an Stelle dentinöser Längsleisten (Cyailiaspis) oder leistenverzierter Schuppen regionen (Tohjxmsjns) kleine rundliche oder sternförmige Höcker auf dem Skelet entstanden sind.
Bei Trcmatdspis ist der Panzer glatt und flach aus einem ovalen Kückenstück, einem grossen hinteren und kleineu vor- deren, dieMuudregion freilassenden Ventralstücken zusammen- gesetzt. Die Augen sind nach der Scheitelregion zusammen- gerückt. An Stelle des seitlichen Kiemenspaltes der Pteras- l)iden zeigen sich jederseits 7 kleine Oefl'nungen im Ventral- panzer, die bei der anscheinend mit Cyathaspis verwandten Birkenia Tu. aus dem schottischen Obersilur wiederkehren. Ausserdem finden sich noch vor und hinter dem Parietalloch mediane Gruben, die Sinnesorgane beherbergen mochten, sowie seitliche Durchbrechungen des Panzers, aus denen vielleicht dorsale Fühler-Organe heraustraten.
Bei den Cephalaspiden sind die Augen ebenfalls dorsal einander genähert, und anscheinend auch die übrigen Siuues-
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Organe in ähnlicher Weise wie bei dem letztgenannten Tremataspiden vertheilt. aber ein bemerkenswerther Um- schwung zeigt sich in der Form des Panzers, nämlich darin, dass sich eine Kopf- und Halsregiou sondern. Die Son- deruDg besteht hier allerdings nur darin, dass sich die Kopfregion verbreitert und liinten seitwärts in flügelartige Stacheln ausläuft, während die Halsregiou verschmälert ist. Dadurch erscheint die letztere dem Kopf gegenüber individualisirt. Auf die Brustflossen komme ich zurück.
Bei den Coccosteiden ist der Panzer deutlich in einen Kopf- und einen Hals -Panzer geschieden durch eine Linie, die ausserordentlich scharf ausgeprägt ist. Es bilden sich hier dorsal eine ungemein kräftige Nacken-Muskel- Verbindung und lateral jederseits zwei Gelenk-Verbindungen. Die obere ist die wichtigere, an ihr tritt auch die Seiten- linie vom Kopf auf den Riunpf über. Das Wichtigste zur Orientirung über den Skeletbau scheint mir nun darin zu liegen, dass die hier entstandene Grenze, die sich auch in der Organisation der Asterolepiden erhielt, wirklicli den Kopf von dem Rumpf scheidet und also alles, was vor der- selben liegt, der allgemeinen Deutung des Wirbelthier- schädels unterliegt. So fremdartig nun auch die Elemente des Coccosteiden-Schädels angeordnet sind, so ist doch die Zahl der morphologisch sicheren Fixpunkte grösser als man bisher annahm. Ausser den Augenhöhlen, konnte ich bei einem Coccosteiden des deutschen Devon auch die Nasen- öffnungen nachweisen. Unbedenklich für ident mit dem der übrigen Wirbelthiere wird man das Pinealloch ansehen können; dasselbe hat aber hier seinen Platz zwischen den Frontalien, ebenso wie bei Crossopterygiern. deren Schädel- bau darüber nicht in Zweifel lässt.
Danach ergiebt sich für die Schädel -Knochen des häutigsten und bekanntesten aller Placodermen. des schotti- schen Coccosteus dicipiens Ag., folgende Deutung des Schädels, (vergl. die in Seitenansicht beigegebene Zeichnung). Ich be- merke dazu, dass ich dieses ]5ild durch sorgfältige Prä- paration einer ganzen Anzahl von Exemplaren erzielt habe, und dass sich dasselbe von dem Tuaquaiu sehen Entwurf
Sitzuiijj vom iiO. Mai 1902. 107
namontlicli untersclioirlot durch den Nachweis der Maxillcn 1111(1 Pracmaxillt'ii. durch die abweichende Lage der Nasen- ötl'nungen und der unteren Runipfpanzerelementc, den Nach- weis des Beckens und den Hinweis auf paarige Extremitäten. Zu der Deutung der Schädel-Elemente möchte ich nur in Kürze folgendes bemerken. Es liegt meines Erachtens kein Grund vor. das bisher als Rostrum oder Rostrale be- zeichnete Stück nicht als Nasale zu bezeichnen, da es nach seiner Lage zu den übrigen Knochen und den Nasenlöchern durchaus den Nasalien der Tetrapodeu entspricht. Die Praemaxillen sind in ähnlicher Weise durch eine Dentin- bildiing verstärkt wie bei Sphenodon. Man sollte diese Be- zahnungsform nicht kurzweg als acrodont bezeichnen, denn Zahnindividuen sind hier noch nicht morphologisch ge- sondert vom Kieferknochen; der letztere erscheint an seinem Kaurande gezackt, und diese Zacken sind histologisch von echtem Dentin noch weit entfernt. Ich schlage für eine solche Bezahnung. die auch für die Maxillen und Mandibulae von Coccosteus charakterisch ist. und von der sich sowohl der acrodonte Einzelzahn der Teleostomen, wie der Zahn- hau der Chimaeriden und Dipnoer ableiten lässt, als stepha- nodont (;7-:£-favo; der mit Thürmen versehene Mauerkrauz). Als Lacrymalia wird man unbedenklich die kleinen, zwischen Nasalien, Praemaxillen und Praefrontalien gelegenen Stücke ansehen dürfen. Die Nasenöff'nungen selbst sind unter dem Nasale einander eng genähert, aber durch ein Septum ge- trennt. Die grossen, von Traquair als Maxillen ge- deuteten, unter den Orbitae gelegenen Platten entsprechen in ihrer Lage mehreren Deckknochen der Stegocephalen und Ganoiden, nicht aber den Maxillen. umsomehr als sie an ihrem unteren Vorderrand einen länglichen stephano- donteu Knochen aufnehmen, der vorn an die Praemaxillen stösst und also der Maxiila der Tetrapoden gleichzusetzen ist. Der hinter jenem beilförmigen Kieferknochen gelegene Knochen hat die Lage des Quadrato-Jugale und dürfte auch dieses repräsentiren. Der hinter dem Auge vorspringende Knochen des Schädeldaches, den Traquair als Postorbitale bezeichnete, möchte ich dem Postfrontale gleichsetzen, denn
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dieses letztere bildet allgemein die Postorbitalecke des Schädels an dem der :Mimdbogeu älterer Crossopterygier mit dem Postorbitale als oberstem Deckknochen articulirt.
Die übrigen Knochen des Schädeldaches sind nur dann mit den bekannten Elementen anderer Wirbelthiere in Be- ziehung zu bringen, wenn man die das Parietalloch ein- schliessenden Knochen nicht als Parietalia, sondern als Frontalia betrachtet. Das erscheint zwar sehr befremdlich, würde aber erklären, dass das Scheitelloch bei den Placo- dermen immer zwischen den Augen liegt, dass zwischen diesen supponirten Frontalien und dem verschmolzenen Occipitale superius bei den Placodermen und devonischen Orossopterigiern (z. B. Gyroptychius) noch ein Plattenpaar eingeschaltet ist. welches nur als Parietalia gedeutet werden kann, und dass bei den Fischen das Parietalloch bald ver- schwand, während es sich bekanntlieh bei vielen Tetrapoden an der anscheinend normalen Stelle zwischen den Parietalien noch sehr lange, ja bei einigen bis zur Gegenwart erhalten hat. Hinter den verschmolzenen Frontalien folgen dann die breiten Parietalia und hinter ihnen das Occipitale, das zum Ansatz der Nackenmuskeln verstärkt ist. Für die grossen, seitlich hinter den Parietalia gelegeneu Platten bliebe dann nur die Deutung als Epiotica. Die letzteren bilden auch bei den Stegocephalcn die charakteristischen, nach hinten vorspringenden Ecken des hinteren Schädeldaches. Das jederseits zwischen den Epiotica und dem Quadrato-Jugale liegende ovale Stück würde danach als Supratemporale be- zeichnet werden können, unter dem übrigens noch ein schmales Element des Ohrbogens sichtbar wird.
Zu der viertheiligen Reconstruction des Sklerotikal- ringes glaubte ich mich auf Grund eines mir vorliegenden neuen Coccosteiden berechtigt, weil dessen Viertheilung auch bei dem morphologisch unvergleichlich wichtigen Acantliodes wiederkehrt und Newbekry einen solchen vier- theiligen Ring auch bei einem amerikanischen Coccosteiden fand. Ich bemerke allerdings, dass Bashford Dean') in
') Palaeontological Notes, On two iiew Arthrodira etc. (l^ew York Ac. Sc, II, 1901).
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Sitzumj rom 30. Mai 1003. 109
seiner neuesten Schiitt den 8Uleroticalring eines Coccos- teiden mit 5 Platten reconstriiirt. aber diese Vermuthung kann mir die obigen Beobachtungen und Gründe nicht ent- werthen.
Ueber die Bezahnung der Kiefertheile habe ich noch keine volle Klarheit, indess scheint mir Folgendes zu recht- fertigen. Die Bezahnungsform scheint durchaus übereinstim- mend mit der von Sphenodon. Von den Zahnspitzen des Unterkiefers dürften mindestens die vordersten dem Dentale, die hinteren, mehr einwärts gelegenen vielleicht dem Splen- iale zuzurechnen sein. Die Praeraaxillen scheinen ent- sprechend dem Vorderrand des Unterkiefers mit je einer Spitze versehen gewesen zu sein. Als Vomera spreche ich dreiseitige Knochenstücke an, die eine quer und schräg ge- stellte Reihe stumpfer Höcker aufweisen. Die Maxillen sind kleine schmale mehrzackige Knochenstücke die dem lunen- rand des suborbitalen Astes des beilförmigen Oberkiefer- stückes eingefügt sind. Palatina und Transversa habe ich noch nicht finden können, vermuthe aber ihre Existenz hinter den genannten Elementen.
Der Halspanzer besteht 1) aus dem unpaarigen Dorsalstück „Cervicale", welches wie der Rückenstachel der Chimaeriden mit Hülfe einer vertikalen Platte auf der Wirbelsäule ruht, vorn zum Ansatz der Xackenmuskeln zur Bewegung des Kopfes dient und hinten eine Knochenplatte überdeckt, die genau wie bei Chimaeriden gelagert und geformt ist und wie bei diesen als Basalplatte einer vorderen Rückenflosse zu deuten ist; 2) aus den paarigen Elementen des Opercularapparates und zwar einem oberen Stück, welches an der Epiotikalecke des Schädels articulirt, sich vorn unter das Cervicale, hinten über die oberste Schulterplatte schiebt und unten von der zweiten Opercular- platte überlagert wird. Ersteres ist mir seiner Homologie nach noch unklar, dürfte aber im Verein mit der soge- nannten Kopfrippe niedrig organisirter Ganoiden als Bogen- reste eines Occipitalbogens anzusehen sein. Die untere zweite Platte scheint dem Operculum der Teleostomen zu entsprechen, da das Supratemporale vielleicht dem
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Praeoperculum clor Fische gleichzusetzen ist. Das fragliche Operculum dürfte als Deckstück eines oder mehrerer Radii branchiostegi des Ohrhogens anzusehen sein. Der gleichen Deutung unterliegt wohl auch das kleine untere Stachelstück , welches dem vielbestrittenen Ruderorgan von Koenen's BmcJiydirus und zugleich dem sogenannten Arm von Ptcriclithys und Asterolepis gleich steht, und auch in den seitlichen Eckplatten des Schädels der Trachyacanthiden und Chimaeriden wiederkehrt. Wohl nicht Deckstück, sondern Element des Ohrbogens selbst scheint das vor diesem Ruderorgan gelegene Stück zu sein, dessen vorderes Ende sich einwärts unter den Unterkiefer schiebt. An der Zusammensetzung des Rumpfpanzers nehmen schliesslich Theil 3) die Elemente des Schultergürtels, die jederseits durch 4 Deckplatten und eine uupaare mediane repräsentirt sind. Diese nehmen dieselbe Lage ein wie bei Tetrapoden und stimmen in der Grössenenfaltung der einzelnen Stücke mit denjenigen Reptiltypen überein. die ins Wasser zurückgegangen sind, wie Nothosaurier, Meso- saurier, Plesiosaurier, Mosasaurier u. a. und durch eine Stärkung der ventralen gegenüber den dorsalen Elementen ausgezeichnet sind. Als Deckknochen des Scapulare dürfte der kleine Knochen aufzufassen sein, der gerade vor der caudalen Ausbuchtung des Halsskeletes lag, die offenbar durch die Brustflossen eingenommen wurde. Dieses Stück ist mit dem Gegenbauk" sehen Namen Cleithrum zu be- nennen. Es ist oben beweglich verfalzt mit einem drei- eckigen Stück, welches als Deckknochen des Suprascapulare anzusprechen ist. Es findet sich auch bei Fischen wieder, ist aber noch nicht endgültig benannt worden. Ich möchte es entsprechend dem Suprascapulare als Supracleithrum be- nennen. Dieses Stück ist tief unter den Seitenrand des dorsalen „Cervicale" hinuntergeschoben und anscheinend ziemlich fest mit diesem verbunden. Von den grossen ventralen Stücken des Schultergürtels ist das vordere der Clavicula gleichzusetzen und meines Erachtens als Deck- knochen des Procoracoids, während das hintere Stück als ein bisher unbekannter Deckknochen des Coracoids anzu-
Sitzitnij vuin JiH). Mai 1902. \\\
sehen ist. Es möge Postclavicula heissen. ]\[edian stösst an die CJavicula und rü.stclavicula, von beiden Elementeo überrandet, das sogenannte Episternuin, welches indessen genetisch nichts mit dem Sterniim zu thiin hat und besser als Interclavicula zu bezeichnen ist.
Ueber die Existenz zweier Extremitätenpaare kann man nicht mehr im Zweifel sein. Der tiefe Ausschnitt, der sich am Jlinternind des Halsskeletes genau an der Stelle zeigt, wo eine Pectoralis zu erwarten wäre, und die seitliche Ausbuchtung des Hinterrandes der Cleithra kann über die Lage und Stellung der Brusttlossen keinem Zweifel Raum geben. Ebenso sicher wird die Existenz der Bauchflossen bewiesen durch die umfangreiche Beckenbildung, die ich auch in der Textfigur zur Darstellung gebracht habe. Dieses Becken besteht aus einem stielartigen Abschnitt (Ileum) an dessen Unterrand eine schräge Reihe von Oettnungen wie beim Stör- und Ilybodusbecken zum Durchtritt von Gefässen und Nerven dienen mochte; darunter breitet sich ein stark in der Fläche gebogener Theil nach vorn aus (Pubis). ein anderer, hinterer entspricht dem Ischium der Tetrapodeu. Ausserdem mochte dieses Becken auch au der Wirbelsäule befestigt sein, eine Verbreiterung und rauhe Oberflächen-Skulptur des oberen Diacalendes spricht deutlich dafür und macht durch eine Biegung den An- satz einer Sacralrippe äusserst wahrscheinlich. Herr A. Smith Woodward, dem ich bei einem Besuche hier in Berlin mein Material persönlich erläutern konnte, machte mich freundlicher Weise noch darauf aufmerksam, dass an zwei Exemplaren des British Museum an diesem hier als Becken angesprochenen Knochen noch mehrere Flossen- strahl-artige Knochen angelagert seien. So würde hier das Innenskelet der Bauchflossen die Existenz derselben be- wiesen haben, während das Gebilde bei Cephalaspis. welches man bisher für einen Opercularapparat gedeutet hatte, unbedenklich als Ilautskelet einer Crossopterygier- Brustflosse anzusprechen sein dürfte.
Auf die Existenz einer Analflosse deutet eine kleine rhombische Platte des Innenskeletes hin. welche hinter dem
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Becken an einer Stelle liegt, wo eine Analis angesessen haben könnte Diese Platte gehört wohl dem Innenskelet an und dürfte ebenso als Basalstiitzpunkt gedeutet werden, wie solche bei Crossopterygiern und an der vorderen Rücken- flosse unseres Coccosteus vorliegen. Der distale Körperab- schnitt dürfte in einen Chimaeren-artigen. sehr viel längeren Schwanz ausgelaufen sein, als in den bisherigen Recon- structlonen angedeutet war.
Die übrigen bisher genauer bekannt gewordenen Coccosteiden sind offenbar mehr spccialisirt als der be- sprochene Coccosteus. Bei Brachjdirus v. Koenen ist z. B. der Seitenstachel, das sog. Ruderorgan, sehr verlängert; bei einer Coccosteiden-Gattung, die aus dem Oberdevon von Wildungen in West-Deutschland zu gründen ist (Orig. i. d. geol. Land.-Anst. Berlin) und Sclcnostcus Bashfokd Dean nahe stellt, sind namentlich die Augen ausserordentlich ver- grössert, sodass hier offenbar eine Tiefseeform vorliegt. Bei Diniclithijs und seinen amerikanischen und russischen Ver- wandten ist die Nackenplatte verkürzt und ihr Fusstück stark nach hinten herausgezogen, sodass dadurch anscheinend der Raum für eine grössere und freier bewegliche vordere Dorsalis frei wurde. Specialisirt erweist sich ') Binichthys ferner durch eine Verwachsung der beiden Mittel platten des ventralen Brustpauzers. Anderseits sind diese Formen wieder darin auf niederer Stufe festgehalten, dass das die Piuealgrube umschlicssende einheitliche Frontale von dem Nasale durch einen Zwischenraum getrennt ist.
Die Macropetalichthyiden bilden einen morpho- genetisch sehr bemerkenswerthen Typus, dessen Panzer offenbar nur das Kopfskelet repräsentirt und darin eine Anzahl von Charakteren von den Coccosteiden übernommen hat, wie namentlich die Plattengliederung, die Lage der Augen und die Vertheilung der Tremalkanäle. Andererseits aber zeigen diesse Formen in der obertlächlichen Ver- wachsung der Panzerelemente selbst, in der Zerlegung der Tremairinnen in Grubenreihen eine weitgehende S])eciali-
*) Nach einer persöiiliclien Mittheil im g von Herrn A. SMrrii Woodward.
SitzKiKj roin ^0. Mai 1902. \ \ 3
t^iniiii,'. die aber theilweise auf ältere F'ornizustäinle zurück- zugreifen scheint. Ich bemerke dabei, dass MacrojutaUchtlii/s pnoiiiotsis generisch von den amerikanischen Macropetalich- thyiden al)Nveicht, und mir aus dem älteren Mitteldevon der Kifel von Gerolstein ein neuer Typus dieser Familie vor- liegt (Original im Senckenbergianum in Frankfurt a. AI.).
Die Familie der Asterole pideu ist durch Homostcus mit den Coccosteiden in natürlichster Weise in Beziehung zu bringen'), aber fast in jeder Beziehung äusserst specia- lisirt. Die Augen sind auf der hinteren Grenze der Prae- frontalia nach innen zusammengerückt und haben die Frontalia zwischen sich eingekeilt, im Unterkiefer ist jede Verknöcherung unterblieben, sodass von demselben über- haupt keine Spur mehr nachweisbar ist. Das Maul und der Kieferapparat dürfte sich in einem ähnlichen Zustande wie bei iXi^w Acipenseriden befunden haben. Die Seiten- stacheln sind hier wirklich zu Ruderorganen specialisirt, in riatt(Mi gegliedert, in der Mitte ihrer Länge beweglich und mit einem sehr merkwürdigen Sperrgelenk an den vorderen ventralen Rumpfplatten befestigt. Die Nackenplatte ist in zwei zerlegt und das ganze Rumpfskelet zu einem kotferartigen, in sich unlieweglichen Panzer verwachsen. Dabei ist der hintere Rumpf- und Schwanzabschnitt dieser schwerfälligen Bodenbewohner verkürzt. Auch hier zeigen sich al)er. namentlich im Verlust der paarigen Extremitäten, der starren Umhüllung des vorderen Rumpfes und der Mund- bildung, epistatische Rückschläge zu der Organisation der Pteraspiden. Allgemeine Bemerkungen über die Organisation der Placodermen.
Die einzelnen Typen der Placodermen befinden sich offenbar auf sehr verschiedener Ausbildungshöhe; einzelne, wie die Pteraspiden und Asterolepiden sind in physio- logischer Hinsicht auf eine wesentlich tiefere Stufe zu stellen als die übrigen. Dabei scheinen die Pteraspiden einen larvalen Charakter ziemlich rein bewahrt zu haben, während die Asterolepiden bei anspruchsloser Lebens-
') Vergl. die Rekonstruction von Homostcus bei R. Thaqi aik. Geol, Mag. Dec. 3, Vol. 4, Taf. I.
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weise imd einseitiger Specialisiriing defensiver Charakter- züge seciindär zu so niederer Stufe lierabgesimlien zu sein scheinen. Wäiirend von den übrigen die Ceplialaspiden sich einseitig von dem Typus entfernt es aber in keiner Hinsicht zu weitgehender Specialisirung gebracht haben, scheinen die Coccosteiden als physiologisch aufsteigender Typus fast in jeder Beziehung zu höherer Organisation gelangt zu sein. Durch stärkere x4nspannung ihrer Or- gane hat ihr Skelet eine durchgreifende Gliederung erfahren, die zur Beurtheilung ihrer Organisation und zu einem Ver- gleich derselben mit anderen Wirbelthieren unter allen Placodermen die günstigsten Anhaltspunkte bietet.
Die landläufige Ansicht, dass die Placodermen Be- wohner von Binnenseen gewesen seien, kann ich übrigens nach dem Vorkommen und der weiten Verbreitung der bis- Jier bekannten Typen nicht theilen. Einige waren sogar entschieden Bewohner des tieferen Meeres.
Die Coccosteiden vereinigen eine Menge scheinbar recht heterogener Charaktere, die ich kurz andeuten möchte.
A. Placodermen-Charaktere sind:
1) Die gleichartige knöcherne Umhüllung des Kopf- und vorderen Rumpfabschnittes,
2) der Besitz von Ruderorganen,
3) die Erhaltung und der äussere Abschluss des Piueal- organes,
4) der Mangel individualisirter Zahnbildungen,
5) die Existenz eines Ruderschwauzes,
6) der Mangel an Hornstrahlen in allen Flossenbildungen.
B. Ganoiden-Charaktere:
1) der viertheilige Ring der Sklerotica entspricht genau dem der Acanthodier,
2) der Opercularapparat ist tyi)isch fischartig,
3) die Sculptur der Hautknochen störarlig.
4) die Wirbelossification ist ähnlich wie bei Ganoiden reducirt,
5) die Verkürzung der vorderen und Verlängerung der hinteren Schädelregionen,
6) die Ausbildung ihrer Extremitäten als Flossen mit mehreren gleichartigen Basalstrahlcn.
Sitzuiif/ vom SO. Mai 1903. 115
C. Chiinaoi'cii-Chrtraktere sind:
1) die Form des Schädels.
2) die Ausbildung der Nasenregion.
3) der Verlauf der Trenialkanäle^
4) der Besitz. Lage und Befestij^un^; des liückenstachels,
5) die Rüekenflosse unter demselben,
6) die Bezalinun<;sfürm des Unterkiefers,
7) der Umfang der Beckenbildung,
8) die vermutbliche Grösse ihrer vorderen Flossen.
D. Tetrapoden-Cbaraktere:
1) der Schädel lässt die Deckknochen des Stegocephalen- Scbädels grösstentheils erkennen,
2) der Unterkiefer ist zusammenhängend ossificirt.
3) die Bezahnung ist durchaus Sphenodonten-artig,
4) der Brustpauzer ist Stegocepbalen-artig.
5) das System der Tremalkanäle scbliesst sich dem der Stegocephaleu an,
6) der Scbultergürtel ist jederseits viertheilig.
7) das Becken ist anscheinend mit der Wirbelsäule durch eine Sacralrippe in Verbindung gewesen,
8) Kopf und Rumpf sind activ gegen einander beweglich.
Nach alledem scheinen mir die Stegocephalen echte Fische zu sein und unter ihnen die Coccosteiden eine an- cestrale Stellung gegenüber den Ganoiden und namentlich den Chimaeriden einzunehmen. Andererseits zeigen die- selben Tetrapoden-Cbaraktere. die bei den jüngeren Ver- tretern der Fische niemals wiederkehren und von denen namentlich die Schulter- und Beckenbildung von einer früher höheren Leistungskraft der Extremitäten Zeugniss ablegen. Letzteres betone ich im Anschluss an Ansichten, die ich über die Abstammung der Fische veröffentlicht habe,
Nachschrift. Herr Dr. R. Traquaiu. der mich soeben durch seinen Besuch erfreut, macht mich freundlicher Weise darauf aufmerksam, dass er das oben besprochene „Ruder- organ" inzwischen ebenfalls bei Coccosteus dccipiens hQoXmahioi und gelegentlich in einer mir unbekannt gebliebeneu Schrift über Acantliaspis erwähnt habe.
') Ucber die Stammform der Wirbelthiere (diese Berichte 1896, pag. 107.
\IQ Gesellschaft txaturfwschender Freunde, Berlin.
Herr A. Nehring sprach über Nesokia gmcilis, n. sp., von der Insel Ceylon.
Vor Kurzem erhielt ich durch W. Schlltek in Halle eine von Ceylon stammende, weibliche Feldratte der Gattung Nesokia '). welche mir den Anlass zu folgenden Mittheilungen giebt. Das Thier ist in Spiritus conservirt und zeigt seine Zitzen (7 Paare) in stark entwickeltem Zu- stande. Als der Schädel herauspräpcirirt wurde, sah man, dass die Nasenbeine durch einen Schlag lädirt sind; sonst ist der Schädel intact. Die Molaren zeigen einen stark ab- gekauten Zustand, wie auch sonst Alles darauf hinweist, dass es sich um ein altes, völlig erwachsenes Individuum handelt.
Mit diesem Exemplar harmonirt in allen wesentlichen Punkten ein ausgestopftes Exemplar des Zoologischen Museums zu Dresden, das ich Ende März d. J. bei einem Besuch dieses Museums mit gütiger Erlaubniss des Herrn Direktors (Geh. Hofr. Dr. A. B. Meyer) untersuchen durfte, und von welchem ich hier den Schädel vorlegen kann. Diese Feldratte, welche so montirt ist. dass sich das Geschlecht nicht sicher erkennen lässt, wurde von den Herren Sakasin auf Ceylon gesammelt. Der Zustand der Molaren und die sonstige Beschaflfenheit des Schädels zeigen, dass es sich um ein ausgew^achsenes Thier mittleren Alters handelt. Dasselbe war ursprünglich als „NrsoJäa Hard- ivickei'^ bezeichnet, während ich das ersterwähnte Spiritus- Exemplar unter dem Namen: ^Nesokia hengalensis^ erhielt.
Nach meiner Ansicht liegt hier eine neue, von N. hengalensis abzutrennende Art vor, welche einerseits durch ihre Zitzenzahl, andrerseits durch gewisse Form- und Grössenverhältnisse charakterisirt wird. Mit N. Hard- wickii hat die vorliegende Feldratte von Ceylon nichts zu thun; dagegen ist sie mit iV. hengalensis var. kok Gray und N. Ut/thiana Anders, nahe verwandt, ohne aber, soweit ich sehe, mit ihnen identisch zu sein. Auch mit X. dubia Kelaart kann ich sie nicht identificiren. da diese Art nach
') Nach ScHLiJTKu's Angabe ist das Thier in der Umgebung von Colombo gefangen worden.
Sitziiny vom 30. Mai 1902. \ \ 7
Kki-aaut mit N. Ilardiciclu'i,^) nach Andkksox mit N. pro- vidois zusainmenralltMi soll.
Xacli ÜLDFiKLi) Thomas-) und Blankoud'') sollen die Weibchen von K hcngalensis 7—9 Paare (also 14—18) Zitzen anfweisen. Nach den Beol)achtiin^en. welche ich an zahlreichen Nager-Species gemacht habe, nuiss ich ein der- artiges Schwanken der Zitzeuzalil innerhalb einer Species bezweifeln; ich habe bisher eine grosse Constanz der Zitzeu- zahl bei den einzelnen Species beobachtet und nur in einigen Fällen abnormerweise eine links- oder rechtsseitige Vermehrung um eine Zitze fesstellen können. Daher glaube ich, dass in ,,N. hrnyahnsis'^ mit ihren angeblich 7 — ü Zitzea- paareu mehrere Species enthalten sind. Die vorliegende Art von Ceylon hat, wie schon oben bemerkt wurde, sieben Zitzenpaare, und zwar 4 pectorale, 1 abdominales, 2 inguinale. Die 4 pectoralen Paare sind durch einen an- sehnlichen Zwischenraum von dem abdominalen getrennt, während letzteres den beiden inguinalen Paaren genähert ist.
Nach Anderson ■*) hat N. hlythiana, die von 0. Thomas und Blanfoud mit N. hengalensis vereinigt wird, 8 Zitzen- paare. und zwar ein pectorales (s. str.), 1 axillares, 4 abdominale („on the sides") und 2 inguinale. Hierin zeigen sich deutliche Verschiedenheiten gegenüber der vor- liegenden ArtI
Bei den zahlreichen Weibchen der NescJdd Bacherl Nhrg. (vom Todten Meere), welche ich untersuchen konnte -"*). habe ich stets 4 Zitzenpaare gefunden; ebenso hat man bei N. Ha)diricJcii stets 4. bei N. ncmorivaga und N. handicota stets G Zitzeupaare beobachtet. Pliernach ist es sehr un- wahrscheinlich, dass N. hengalensis ein so auffallendes Schwanken in der Zahl der Zitzen zeigen sollte, wie es 0. Thomas und Blanfokd annehmen.'^) Ich unterscheide
') Kelaart, Piodonms Faunae Zeylanicae, Vol. I, 1852, p. 65. *) P. Z. S., 1881, p. 524, ä27.
ä^ Blanfokd, The Fauna of British India. Mammalia, 1888, p. 424 *) Journal Asiat. Soc. of Bengal, Vol. 47, 1878, p. 228. *) Vergl. unseren Sitzungsbericht vom 15. October 19U1, S. 170. *) Oldfield Thomas hat grade die Zahl der Mammae als wich- tiges Merkmal der 3 von ihm unterschiedenen Gruppen \ on l^eaokia-
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Gesellschaft natwforschender Freunde, Berlin.
deshalb die vorliegende Feldratte von Ceylon schon auf Grund der Zahl und Stellung ihrer Zitzen als besondere Art und nenne sie wegen ihrer zierlichen, schlanken Körper- forra y,Nesokia gracilis.'^
In der Form des Schädels ähnelt unsere Ceylon-Feld- ratte theils der N. hlythiaiui Andkks.. theils der N. proirklens Elliot. Vergl. unsere Abbildung 1 mit Anderson, a. a. 0., PI. 13, Fig. a und e.
Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.
Nesol'ia gracüis Nhrg., Nesokia Bacheri Nhrg., Nesokia SaUmim Nunc,
n. sp., ad., von Ceylon. 9 ail., von Safje 9 ad., von Merw.
Zoolog. Mus. Dresd. am Todten Meer. Nat. Gr. — Gez. von
Nat. Gr. — Gez. von Nat. Gr. — Gez. von Dr. Enderlein.
M. Meissner. Dr. Schiemenz.
Nach Anderson hat der Schädel eines erwachsenen Weibchens von N. providens eine Totallänge von 36.8 mm. der eines erwachsenen von N. hhjthiana 42 mm. Unsere beiden Schädel der N. gracilis zeigen eine Totallänge von 41 bezw. 41,5 mm; sie nähern sich also der N. Mythiana in der Grösse. In der Form des Unterkiefers gleichen sie mehr der N. providens, doch ist bei ihnen der kolbenförmig her-
Arten benutzt (P. Z. S., 1S81, p. F)24). Um so iiiclir iiiuss man nncii meiner Ansicht auch bei den einzelnen Arten Werth auf die Zitzen- zahl legen.
Sit:iiii<j vom 20. Mai 190Z 119
vortretendo, hintorc Fortsatz der Nas^'czahii-Alvoolo wesent- lich stärkei' entwickelt, als er in der ANDKUSON'schen Ab- bildung (a. a. 0.. ¥\g. g) dargestellt ist.
Sehr auffallend erscheint an beiden Schädeln von N. gracilis eine ausgeiirugte Furche, welche rechts und links vom Interparietale bis zum hintern Theile der Bulla hinabläiift und das Occiput von der Temporalregion ab- schnürt. ') An dem Occipitale superius tritt eine mittlere Leiste sehr scharf hervor; daneben findet sich rechts und links (5,7 mm entfernt) je eine kleinere, aber auch scharf entwickelte Leiste. Die Form der Bullae weicht sowohl von N. Uythiana, als auch von N. providcns ab. Sehr aus- gebildet ist der hinter der Bulla scharf hervorspringende Mastoid-Fortsatz.
Der harte Gaumen erscheint relativ breit und lang; die beiden deutlichen Furchen, welche er bei N. providcns aufweist, fehlen. (Anderson, a. a. 0., Fig. f). Die Foramina incisiva messen 8 mm; sie sind lang und schmal, länger als die obere Backenzahnreihe (an der Kaufläche gemessen 6 mm), sehr abweichend von N. Bacheri und N. Satunini-).
Die Backenzähne und die Nagezähne sind im Vergleich zu den letztgenanDteu Arten (insbesondere zu der robusten N. Bacheyi) schmal und zierlich.
Der ganze Schädel bezw. Kopf ist im Verhältniss zur Länge des Körpers und des Schwanzes klein zu nennen. Die Füsse sind schmal und zierlich.
Die Farbe des Haarkleides ist auf dem Rücken dunkel- rothbraun; die verlängerten Grannenhaare, welche nament- lich auf dem hinteren Theile des Rückens stark hervor- treten, meistens schwarz oder schwarzbraun. Das Wollhaar des Dresdener Exemplars erscheint auffallend stark und
') In unserer Abbildung (Fig 1) kommt dieses nicht deutlich genug zum Ausdruck. Auch ist darin die oigenthümlich verlaufende Grenz- naht zwischen Parietale und dem Schuppentheil des Temporale irr- thümlich fortgelassen.
') lieber N. Satunini (mihi) siehe unseren Sitzungsbericlit vom 18. Juli 1899, S. 107 ff. Ich unterscheide sie jetzt als besondere Species, während ich sie zunächst nur als eine Suljspecies von N. Hut- toni angesehen habe.
5*
120
Gesdlsduift nnturfor seilender Freunde, Berlin.
dicht entwickelt. Die Bauchseite zeigt ein mattes Hellbraun, der Sch^va^z kurze, braune Härchen. Die Behaarung des letzteren ist viel stärker als bei N. Bacher i. Die Ohren sind relativ gross.
Im Uebrigen verweise ich auf die nachstehende ^Messungstabelle.
Die Maassangaben sind in Milli- metern ausgedrückt.
Kesokia |
Nesokia |
||
(jracilis |
Bacheri |
||
Cey |
Ion. |
Moab. |
|
9 ad. |
cj'?ad. |
cTad. |
9 med. |
L.Hoch- |
Zoolog. |
||
.schule |
Mus. |
L. H. |
L. H. |
Herliii |
Dresden |
||
195 |
200 |
200 |
185 |
150 |
lädirt |
113 |
100 |
18 |
•? |
13,5 |
12 |
31 |
31 |
42 |
37 |
41 |
41,5 |
48 |
46,8 |
35,6 |
35,6 |
42 |
41,5 |
24,3 |
25 |
30,8 |
31 |
16,3 |
17,3 |
18 |
18,5 |
6,3 |
6,2 |
7,3 |
7,5 |
6,0 |
6,9 |
9 |
9 |
8 |
8 |
6,5 |
6,5 |
7 |
6,8 |
11 |
10 |
24,3 |
25 |
32 |
31 |
3,4 |
3,5 |
5,3 |
5 |
N. Sa- tuni ni Merw. 9 ad.
L. H.
Länge von Kopf und Rumpf . . „ des Schwanzes . . . .
„ „ Ohres
„ d. Hinterfusses incl. d. Krallen Totallänge des Schädels , . . Basilarlänge „ „ (nach
Hexsel's Methode) . . . .
Jochbogenbreite
Grösste quere Breite des Occiput (nahe der Ohröffnung) . . . Geringste Interorbitalbreite . . . Grösste Breite des Rostrums . . Länge der Foramina incisiva . . „ „ oberen Backzahm^eihe (an den Alveolen) . . . . Länge des Unterkiefers vom Hinter- rand der Nagezahn -Alveole bis zu dem des Condylus Quere Breite der ob. Nagezähne (nahe der Schneide) . . .
153 102
13
33
38,5
33,5 24
15,5 5,5 6,5 4,2
25 4,2
Referirabend am 13. Mai 1902.
Herr H. POTONIE zeigte den „Korb wurm", Äcceticiis platcnsis, aus den Steppen Südamerikas, [cf. Naturwiss. Wochen- schr. vom 4. Mai 1902, p. 364—365].
Herr K. MÖBIUS zeigte Thierbilder des Herrn P. Flandekky. gemalt in Rovigno im Frühjahr 1902.
Derselbe berichtete zur P'.inleitung einer Besprechung
Sitzung vom .^0. Mai W03. 121
Über die Anwendung der Speciesbegriffc über folgende
drei Sciiriften: L. IIkck, Zum lieutigen Stand des Speciesbegriftes. Natur-
wiss. Wochensclir. N. F. Bd. I, Nr. 20, 13. März
1902, p. 308. H. M. BKRXAKn. On the Unit of Classification for svste-
matic Biology 1901. Proc. Cambridge Philos. Soc.
Vol. Xr, Pt. 4. p. 268—280. L. DöDEiiLEiN, Ueber die Beziehungen nahe verwandter
Thierformen zu einander. Zeitschr. Morphol. Anthro-
pol. 1902. Bd. IV, H. 2, p. 394-442.
Hieran schloss sich eine lebhafte Diskussion, an der sich die folgenden Herren betheiligten: Heck, Möhiüs, Neiikixg, Matschie, Hil(jeni)okf, f. E. Schulze, Potonie.
J. F. Starake, Berlin W,
Nr. ('). 1902.
Si tz n 11 pis - 1) er i c h t
(lor
(i(^sells('lijift iiatuiforsclKMider FnMiiide
zu Berlin vom 17. Juni 1902.
Vorsitzender: Ilorr Branco.
Herr A. Nehring sprach über einen neuen Sumpf- luchs (Lyucus chriisomelanotis, n. sp.) aus Palästina.
In lueiuer kürzlich erschienenen Abhandlung über „die geographische Verbreitung der Säugethiere in Palästina und Syrien' („Globus", 1902, Bd. 81. Nr. 20) habe ich bereits einige kurze BeiiK'rkungen über den Suinpfluchs des Jordan- Thals veröttentlicht; inzAvischen konnte ich mich noch ge- nauer mit diesem interessanten Raubthiere beschäftigen und bin zu dem Resultat gekommen, dass hier eine besondere Specie.s vorliegt, welche durch klare Kennzeichen sowohl von dem südkaspischen Sumpfluchs Güldexstädt's als auch von dem nordostafrikanischen Lyncus Riippelli Brdt. unter- schieden ist.
Meine nachfolgenden Bemerkungen stützen sich auf drei erwachsene weibliche Exemplare. Avelche mir vor einigen Monaten durch W. Schlüter (Halle) zugingen. Es sind drei Bälge mit ihren Schädeln und Beinknochen, zwei aus dem unteren Jordan-Thale. bezeichnet 19. und 12. No- vember 1898,. einer von Ain Dscheier (am Nordwest- Ufer des Todten Meeres), bezeichnet 5. November 1899. Den letzteren Balg habe ich inzwischen an Schlüter zurückgehen lassen, doch beiludet sich der zugehörige Schädel in meinen
6
]'2i Gesellschaft natuvfm- sehender Freunde, Berlin.
Händen Als „Typen" der neuen Art sind die beiden Exemplare aus dein unteren Jordan-Thale zu betrachten. ') Zum Vergleich liegen mir folgende Objekte vor: ein ausgestopfter, montirter Sumpfluchs aus Nordpersien (L H.). der Balg eines Sumpfluchses aus Derbent am Kaspischen Meere (Z. S. Mus. f. Naturk.)-), der Balg eines männlichen Lyncus Rüppelli aus Unterägypten nebst Schädel, letzterer ohne Hinterhaupt (L. H.). das zerlegte Skelet eines alten weiblichen Chaus Rüppelli aus Nordostafrika (L. H ). zwei schöne Bälge (nebst Schädeln) des Carakals vom Todten Meere (L. H.), 4 Bälge (mit Schäd. und 13einkn.) von Wildkatzen (F. hiibastis?) aus der Gegend zwisclien Jaffa und Jerusalem (L. H.), etc. etc.
Lyncus chrysomclanotis, u. sp.
Während die anderen Sumpfluchs-Arten an der Aussen- seite der Ohren eine rot he ]>ehaarung zeigen, sind die Ohren dieser Species an der Aussenseite schwarz-gelb- schwarz behaart, d. h. die Basis und der obere Theil schwarz, dazwischen ein gelber Querstreifen, der über die Mitte der Ohrmuschel sich hinzieht; an der Ohrspitze tritt ein gut entwickelter, schwarzer Haarpinsel hervor. Der Hinterkopf ist schwärzlich, indem das Gelb der Spitzen der Grannenhaare sehr zurücktritt und die schwarze Farbe des Wollhaars und des vuiteren Theils der Grannenhaare deutlich hervortritt. Zwischen Auge und Nase findet sich ein scharf abgegrenzter schwarzer Fleck von läng- lich-rundlicher Form.
Die Färbung ist sonst ähnlich wie bei dem Gülden- STADT sehen Sumpfluchs; doch erscheint sie auf dem .Rücken, au den Seiten und am Schwänze gelbgrau (statt gelblich), mit stark hervortretenden schwarzen llaarspitzen. lieber die Mittellinie des Rückens zieht sich ein röthlicher Längs- streifen, der zwar undeutlich abgegrenzt, aber deutlich sichtbar ist, (wie bei dem Sumpfluchs von Derbent und
*) An dein Balge von Ain Dsclioicr sind iillo P'arbon und Zeich- nungen blasser, als an denen aus dem Jordan-Thale.
-) Freundlichst geliehen von Herrn (ustos Matscuie.
SSitzumj vom 17. Juni 1902. 125
dem aus Nordpersioii). Der Scliwaiiz ist nicht sehr buschig und lässt vor der scliwar/en Spitze zwei schwarze Ilalb- ringe erkennen.
In der Grösse steht Lyucus chrysomclanotis sowohl liinter L. cJkiks, als auch besonders liinter L. BüppdJi zurück'. Kopf und Rumpf messen an unserem Exemplar vom 19. November 1898 (a) G7, an unserem Exemplar vom 12. November 1898 (b) (JöVs cm, Länge des Schwanzes bei a 23. bei b 24. Länge des Ilinterfusses bei a und b je 14V'2 cm. Bei dem Sumpfluchs von Derbent messen Kopf und Rumpf 74, Schwanz 27, llinterfuss ca. Xb^ji cm; an dem nordpersiscben Exemplar unserer Sammlung 68, 28 und 16 cm. Nach GCldenstädt misst der typische süd- kaspische Sumpfluchs 76. 28 und 15.8 cm'). Lyncus llüppeUi ist noch grösser, besonders d* ad.
Der Schädel des Lynms chrysomehmotis ist schlank gebaut, stark abweichend von dem der eigentlichen Wild- katzen (Felis catiis, F. huhastis, F. manicuhta). Die Stirn zwischen den zierlichen Processus postorbitales erscheint auffallend querüber gewölbt; die Interorbitalbreite relativ sehr gering, die Augenhöhle mehr länglich oval als bei den echten Wildkatzen, das Jugale schmaler, die Aussenfläche des Oberkiefers (unterhalb des Jugale) niedriger, die Bullae viel kleiner-). Die ganze Schädelform erinnert in mancher Beziehung an den Caracal, weicht aber in der Nasenpartie deutlich ab.
Das Gebiss der Sumpfluchse ist in gewissen Punkten dem der echten Luchse ähnelnd. Unserem weiblichen Lyncus Rüppdli fehlt der vorderste Prämolar des Ober- kiefers beiderseits spurlos, wie es bei Ltjnx vulgaris regel- mässig beobachtet wird; unserem männlichen L. BüppcUi fehlt er links, während er rechts sehr klein ist. Bei dem
') GÜLDENSTÄDT, übcr den Chans, in Novi Commentarii Acad. retropol., 1kl. XX, 1776, (nicht 1770, wie Tijouessart anhiebt), j). 489 ff. und Tab. 15. (Eine vorzügliche, gründliche Abhandlung!)
*) Die mir vorliegenden, oben erwähnten Wildkatzen-Schädel (F. hubastis?) ans Palästina zeigen auffallend grosse Bullae; ihre Stirn ist relativ l)reit und Haih, das Jugale breit bezw. hoch, der Oberkiefer unterhalb des Jugale relativ hoch.
6"
126 Gesellschaft natwfwscliender Freunde, Berlin.
kleineren Exemplar unseres Jordan-Sumpfluchses fehlt jeuer Zahn ebenfalls auf einer Seite spurlos, bei dem andern ist er kieiii und ausserdem quer gestellt, also mangelhaft ent- wickelt. Der untere Sectorius zeigt bei Lyncns chryso- inelmwtis einen relativ starken, hinteren liasalhöcker. wie hei Lytix vulgaris^). Der obere Sectorius besitzt (namentlich bei dem Exemplar a vom Jordan) ausser dem sehr starken Inneuhöcker an seiner vorderen Aiisseuecke (neben der stark ausgebildeten Vorderspitze des Zahns) einen deutlich entwickelten, spitzen Basalhöcker, so dass der vordere Theil des Zahns deutlich drei spitzig ist, stark abweichend von den eigentlichen Wildkatzen, sowie von den Wüsten- luchsen (Caracal).
Der hintere Prämolar des Unterkiefers zeigt bei den Exemplaren vom Jordan (namentlich bei dem Exemplar a) einen sehr complicirten Bau. nämlich ausser der Hauptspitze zwei vordere und zwei hintere Nebenspitzen; die hinterste Nebenspitze ist nur klein, geht aber nach der lingualen Seite des Zahns in einen scharf umrandeten, kleinen Talon über.
Die Beinknochen unseres Sumpfluchses sind relativ kurz und stark gebaut, viel kräftiger als die der Wild- katzen von Palästina, welche zierliche, schlanke Pein- knochen haben.
Nach den obigen Feststellungen kann ich der Ansicht Matschie's. wonach die Sumpfluchse als „Vertreter'' der eigentlichen Wildkatzen (s. str.) anzusehen und unter die- selben einzureihen seien, mich nicht anschliessen. Vergl. Matschie „über die geographische Verbreitung der Katzen und ihre Verwandtschaft unter einander", in den Sitzungs- berichten unserer Gesellschaft. 1895, S. 190—199.
Abgesehen von morphologischen Verhältnissen, welche
') Als besondere Merkwürditikoit will ich liier kurz enviihiicn, dass bei Lynx vulgaris im Unterkiefer hinter dem Sectorius verhiiltniss- nuissijr oft ein kleiner Ilöckerzahn (m 2) vorkommt. Mir sind bisher 4 derartitre Fülle bekannt geworden; in der mir unterstellten Sanunlnnfi' (L. II.) befindet sich ein liUchs-Schädel, der Jenen Zahn in beiden ünterkieferhiilften, ein anderer der ihn in der recliten Kieter- hiilfte aufweist. Auch Lii.ljebouci erwähnt einen solchen ¥aW.
SiLtnifj vom 17. Juni 190Q.
127
schon OüLDKNSTÄnT a. a. 0. erörtert hat. spricht tiic^M'ii die Ansicht ]Matsc'iiii;"s auch der rinstaiid. dass in Palästina, Klcinasicn luul ()stkaid<asicn ♦'ine Sumjd'luchs- nnd eine
Mossiiiiiirstahelle.
In MilliiiK'toni, (lircct gemessen.
d*'
9 ad. L. II.
Lijncus chryttomdd- twti.s.
Juiilai).
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L. |
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Q ad. Ex. a. L. II.
9 ad. E.x. 1). L. II.
d'ad.
gross ! L. II.
V ad. gross! L. II.
Totallange d. Schädels
Basallänge . . . .
Basilarlänge (nach^ llKNsr.i,') . . . '.
Joclibogenbreite
Kleinste Interorbital- hreite
(iannienlängt" in der Mittellinie . . .
Breite des Oberkiefers am Hinterende des Sectorius . . . .
Breite des Oberkiefers aus.sen an den Al- veolen der Canini .
Länge der oberen Baekenzahnreihe .
Länge d. ob. Sectorius (aussen) . . . .
(r^uerc Breite des ob. Sectorius (vorn)
Länge der unteren Backenzalinreihe .
Länge des unteren Sectorius (Basis) .
Länge d. Unterkiefers bis zur Aussenecke des Condylus . . d. Huinerus des Kadius der Ulna . des Femur der Tibia .
Grösstc Länge
127 110
85
30,5
14,6
27,5 10
86
1 •->:>
105,5
103 79
21
44,5
49
30
14,8 8 29 10,5
83,5 135 132 153
148
15«
13 95 |
112 93 |
93 75 |
91,3 73,5 |
20,2 |
10,2 |
41 |
41 |
47,4 |
47 |
28 |
28,5 |
29 |
29 |
15 |
14,8 |
8,2 |
8,3 |
27,3 |
28,5 |
10,3 |
11 |
76 |
75 |
— |
— |
110 91
89,5 71
18,3
39,5
45
28 27 14
27 10,2
73 124 120 143 139 145
SO 69
18,8
;i4.s
6,5 23 9
2it
95 82,5
80,5 68
20,6
36
39,5
24 23 11
5,3 21
8,2
63 112 113 I 32 128 1 39
128 Gescllscluift naturforschcmlcr Freunde, Berlin.
Wildkatzen-Art neben einander vorkommen, \vie Thistuam, Danfokd und Satünin bezeugen.
Nach meiner Auffassung bilden die Sumpflucbse eine besondere, von den eigentlichen Wildkatzen (Cati) deutlich verschiedene Gruppe, welche ich mit Hodgsox als ^Lijncus'' (1836. also älter als Gray's ^Chaiis-^) bezeichne.
Diese Gruppe würde vorläufig folgende Species um- fassen :
1. Lyncus cliaus Güldenst. Ostkaukasieu. Persien.
2. — erythrotis Hodgson. Vorderindien, Birma.
3. — chrysomclanotis Nhkg. Palästina. (Vermuth-
lich auch in Syrien. Kleinasien, etc.).
4. — Rüppelll Brandt. Aegypten. Nubien. Ueber die wichtigsten Scliädeldimensionen unseres
Lyncus chrysomdanotis und einiger verglichener Arten giebt die vorstehende Tabelle Auskunft; bei einigen Exemplaren sind auch die Beinknochen berücksichtigt worden.
Herr R.v. HanSTEIN sprach über Bryohin rihis Thomas.
Vor einigen Jahren veröffentlichte Fr. Thomas Beob- achtungen über eine von ihm als Schädling auf Ribes grossularia angetroffene Bryolwi- Avt, die er Anfangs') als Br. nobilis C. li. Koch (?) bezeichnete, später jedoch-) von dieser Species trennte und Br. rihis nannte. Die Milben, deren sechsfüssige Larven gegen Ende März, zur Zeit des Laubausbruches der Nährpflanzen, aus überwinterten Eiern ausschlüpften, begaben sich alsbald an die Spitzen der Zweige und begannen die jüngeren Blätter zu schädigen, welche stark im Wachsthum zurückblieben und deren un- zureichende Entwicklung infolge der dadurch herbeigeführten ungenügenden Ernährung die Sträucher, auf denen sie sich ungestört entwickelten, zum Eiuüeheu brachte. Aus den
*) Die rothe Stachclbccimilbo Bryuhia )ioJiilis ('. L. Kocu (?), ein in Deutschland bislier nicht beachteter Schädifrer des Staclielbeer- strauches. Gartenflora, 43. Jaln-g., 1894, p. 488— (Hi.
*) Ueber die Lebensweise der Staclielbeerniilbe, Bryobid rilns, und deren Verbreitunfr in Deutschland. Ztschr. f. Pflanzenkrankheiten, YI, 1896, p. 80— 8:5
Sit:i(ii(j vom 77. Jioii inO.^\ \ 09
0.18 — 0 22 iniii Ian.i,M'ii. und O.K! mm lucitcn Larven rnt- wii'keltcii sich bis Anfang Juni gesclüechtsreife Tliiere von circa 0.7 mm Länge. Am 10. Juni war keine lebende Milbe mehr zu finden, wohl aber sah Thomas ihre 0.12 bis 0,18 mm messenden, rothen, glattschal igen, glänzenden Eier an der Rinde, an den dort wachsenden Flechten so- wie in den Resten alter Knospenschuppen. Aus diesen Eiern entwickelte sich im Lauf des Sommers keine neue Milbengentration. sondern sie überwinterten und erst im folgenden Friihjalir begann die Entwicklung von Neuem, LVber den Verlauf der Entwicklung von d<T Larvenzeit bis zur Geschlechtsreife giebt Thomas nur an, dass sich die achtfüssigen Nymphen „bestimmt wenigstens noch einmal" häuten, bevor sie fortpflanzungsfähig werden. Die Unbe- stimmtheit dieser Angabe findet ihre Erklärung wohl darin, dass Thomas die Entwicklung nicht continuirlich beobachtet hat. sondern während derselben zeitweise auf Reisen war.
Da ich nun einige Jahre später feststellen konnte, ') dass bei der verwandten Gattung Tetranychus zwei beweg- liche Nymphenstadien durchlaufen werden, ehe das Thier fortptlanzuugsfähig wird, so lag die Vermuthung nahe, dass auch bei Bryohia die Entwicklung in gleicher Weise ver- laufen werde. Zudem hatte ich bereits im Frühjahr 1901 bei einer im Moose lebenden Bn/obia ruhende Chrysalliden von ganz gleicher Art gefunden, wie ich sie bei den von mir studirten Tetranychus- kvian beobachtete.
Um diese Frage zu entscheiden, suchte ich in diesem Jahre von Neuem nach der im vorigen Frühjahr von mir angetroffenen Milbe, und fand dieselbe, wenn auch nur in geringer Menge, in kleinen, an der Mauer der Haupt- kadettenanstalt in Lichterfelde wachsenden Moosrasen. Die erste Larve fand ich am 16. März, einige weitere in den folgenden Wochen; w^ährend der Wintermonate hatte ich, trotz vielfachen Suchens, dort wohl einige Oribatiden. aber keine Bryohia gefunden, sodass es wahrscheinlich ist, dass
') Beiträge zur Kenntniss der Gattung Tetranychus I>UF. Zeitschr. f. wiss. Zool. LXX, 1901, p. 58 — 108.
1 30 Gesellschd/t tuitarforschcndcr Freunde, Berlin.
diese Bryobien als Eier überwintern. Die erste achtfüssige Nymphe wurde am 31. März angetroffen, eine weitere, die eben der — noch unmittelbar neben ihr liegenden — Larvenhaut entschlüpft war. am 1. April. In grösserer Zahl fand ich sechsfüssige Larven am 6. April an einer begrenzten Stelle der genannten Mauer, welche durch ihre lebhaft rothe Farbe zwischen den Moospflänzchen auffielen. Die ersten völlig entwickelten Milben sah ich am 5. Mai. Bemerkenswerth war das streng lokal begrenzte Vorkommen dieser Thiere. Während sie um diese Zeit in den kleinen Moospolstern einer bestimmten Stelle der genannten Mauer mehrfach zu finden waren, suchte ich etwa 1 m von dieser Stelle entfernt durchaus vergebens nach denselben. Ueber- haupt waren die Thiere nicht allzuhäufig und nahmen bald an Zahl merklich ab.
Die Betrachtung der Thiere ergab nun alsbald, dass dieselben mit der TiioMAs'schen Br. rihis in allen wesent- lichen Punkten übereinstimmten. Die lebhaft rothe. bezw. braunrothe Färbung, der deutlich abgesetzte Körperrand, die stark gerunzelte Haut, die Länge des ersten Beinpaares, vor allem aber die Zahl und Anordnung der schüppchenförmigen weissen Haare glichen völlig der von Thomas gegebenen Beschreibung. Ausser Zweifel konnte ich die Identität der beiden Formen stellen, als ich in der Lage war, die hiesigen Bryobien mit aus Ohrdruf bezogenen Thieren genauer ver- gleichen und die Entwicklung beider neben einander ver- folgen zu können. ^)
Der Entwicklung.sgang der Brijohia rihis stimmt nun, wie ich vermuthete, durchaus mit dem der von mir beob- achteten Tetmnychtis- Arten überein. Die sechsfüssige Larve wird nach mehreren Tagen, innerhalb welcher sie bei reich- licher Nahrungsaufnahme etwa bis auf 0.3 mm herange- wachsen ist. zu einer ruhenden Nymphochrysallis. Schon
') Herrn Professor Titomas, der nicht nur die (Üitc liatte, mir lebendes Vergleichsmaterial aus Ohrdruf zu übersenden, sondern mir auch seine vorliandenen Präparate, darunter z. Th. die Orij^inale der von ilini publicirten Zeiclimmgen, zur Durchsiciit zur Verfiifjunp stellte und mir mehrfach bereitwilligst brieHiche Auskunft yab, sage ich auch an dieser Stelle verbindlichsten Dank.
Süzuiuj vom 17. Juni WO^. 131
vorher verhält sie sich ruhig und hh'iht. ab«j;osehen von ,i;elei,'entlichen Bewegungen eiuzehier Beine, unlteweglich an einer Stelle. Während des Chrysallis-Stadiuins werden di(^ Wi'hu^ in derselben charakteristischen, in der Mitte umge- bogenen .Stellung gehalten, wie ich sie für Tdmnychus nH/iacac abbildete (1. c. Fig. 5). Auch reisst die Haut beim Ausschlüpfen der Nymphe in ganz derselben Weise (|uer über dem Rücken zwischen zweitem und drittem Beinpaar auf. Etwa einen Tag vor dem Ausschlüpfen nimmt die Chrysallis, wegen des Abhebens der Haut vom Köri»er, eine weisse Farbe an. Die Gliedmaassen zeigen dies Aus- sehen schon vorher. Es folgen nun, immer nach etwa .3— (3 Tagen, aufeinander die Stadien der Deutochrysallis, Deutonymphe und Teleiochrysallis. aus welcher dann das reife Thier ausschlüpft. Es bestehen also auch für Ihi/ohia rihis ausser dem Larvenstadium zwei achtfüssige Xymphen- stadien. und im Ganzen drei unbewegliche Ruhezustände. Die (huchschnittliche Länge beträgt für die Nympho- chrysalliden etwa 0.3 mm. für die Deutochrysalliden etwa 0.45 — 0,48 mm. für die Teleiochrysalliden etw'a 0.54 bis 0,57 mm. Im Einzelnen kommen natürlich Schwankungen vor. Da die Körperlänge uiciit immer ein sicheres Urteil ermöglicht, so ist es für die Beurtheilung des Entwicklungs- zustandes der achtfüssigen Thiere wichtig, auf Grösse und Form der Schüi)i)chen zu achten. Die Larven tragen statt der Schüppchen schmale, gefiederte Haare w'ie schon Thom.as bemerkte. Bei den Nymphen sind bereits schmale Schüpp- chen vorhanden. Während die Länge derselben sich zu der am Ende erreichten grössteu Breite bei den Deutonymphen verhält wie 5:2. ist das Verhältniss beim reifen Thier —-4:3 Diese relativ breiteren Schüppchen geben dem ent- wickelten Thier ein charakteristisches, von dem der Deuto- nymphen deutlich abweichendes Aussehen. Erwähnt sei noch, dass ich bei Bryohia rihis ebensowenig wie bei den früher untersuchten Tcfn/nz/chus - Arten eine Apoderma- Bildung bemerkte.
Leider habe ich weder unter den spärlichen hiesigen, noch unter den von Ohrdruf bezogenen Milben ]\[ännch<'n gefunden, war also nicht in der Lage, über Begattung und
132 Gesellschaft natiirfoiscJiemler Freunde, Berlin.
Eiablage Beobachtungen anzustellen. So muss es also noch dahin gestellt bleiben, ob die 5r^o?^/a-Weibchen ebenso wie die Tetranycheii schon während ihrer letzten Chrvsallis- Periode von ^Männchen belauert und unmittelbar nach dem Ausschlüpfen begattet werden Thomas hat — laut gell, brieflicher Mittheilung — derartiges auf seinen Ribes- Sträuchern nicht beobachtet.
Im Uebrigen gleicht die Lebensweise dieser Bryobien. abgesehen von dem ihnen fehlenden Spinnvermögen, durch- aus der der von mir beobachteten Tetranychen. Knt- sprecliend dem gleichen Bau ihrer Mundtheile ist auch die Art und Weise des Nahrungserwerbs die gleiche. Im ganzen erschienen sie mir etwas langsamer und träger, wie auch ihre Entwicklung etwas langsamer verläuft. Soweit meine Beobachtungen reichen, muss ich die Angabe von Thomas, dass diese Thiere nur eine Generation im Lauf des Sommers hervorbringen, bestätigen. Auch hierdurch treien sie in Gegensatz zu den verwandten Tetranychen, die eine ganze Reihe von Generationen in jedem Jahr zur Ent- wicklung bringen und in deren Colonien man daher von Mitte Mai an bis tief in den Herbst stets Eier. Larvon. Nymphen. Chrysalliden und Geschlechtsthiere neben ein- ander antrifft.
Bemerkenswerth ist nun, dass trotz der unzweifelhaften Identität der von Thomas und von mir beobachteten Milben dieselben hier nicht auf Stachelbeeren vorzukommen scheinen, während sie Thomas nur -duf Eihes grossidaria und B. cdpinum antraf. In England soll sie auf Hcdcra Hdix vorkommen, auf welcher Pflanze sie Thomas wiederum vergebens suchte. Es scheint mir die Vermuthung naheliegend, dass dies Thier. das wohl ursprünglich im Moose und vielleicht noch auf anderen niedrigen Pflanzen lebte, erst im Begriffe steht. sich hier und da lokal durch Anpassung an die Stachel- beeren und andere Bihes-Avtan zu einem Schädling dieser Pflanzen zu entwickeln, ähnlich wie z. B auch der Colorado- käfer, früher ein harmloses Thier, sich erst seit i\litte des vorigen Jahrhunders zu einem Schädling der Kartoffel ent- wickelt hat. Für diese Auffassung spricht der Umstand,
SitzKiii/ roin 17. Jimi IDO^. 133
dass die Obst- und Oai't('nl)aiiliftoratiir Dentsclilands bis vor etwa zolin .lahirii UeincrU'! Mitlhciliini^cn iibcr Bri/ohia auf- weist.' Thomas, dci- dif Thlere zuerst im Jahre 18S9 be- obachtete und 18S)4 st'iiie erste ^littheilun«; verölTentlichte. konnte nur in der englischen \nid amerikanischen Litteratur Notizen über Schädigung von Culturgewächsen durch Bryobien linden. Beweist dies nun auch natürlich nicht, dass solche nicht schon früher vorgekommen sind, so geht doch daraus hervor, dass sie nicht von grosser Bedeutung gewesen sein können. Anch die englischen und amerikanischen Berichte über solche Schädigungen stammen erst aus dem vorigen Jahrzehnt. In neuerer Zeit ist nun — wie Thomas in seiner zweiten Publication mittheilt — das Vorkommen der in Kede stehenden Art aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und P)öhmens — von Danzig und Prag bis Nürnberg. Heidelberg und Friedrichshafen - - gemeldet worden, doch scheint es sich immer nur um ein sporadisches Auftreten zu handeln.
Dass auch die von mir im Moose angetroftenen Thiere sich von Stachelbcorblättern zu nähren vermögen, konnte ich durch Zuchtversuclio feststellen. All dies stimmt zu der Annahme, dass Br. ribis ihre natürliche Nahrung auf Moosen und anderen Pflanzen, vielleicht verschiedenster Art. findet und gelegentlich einmal auf Stachelbeersträucher übergeht. Unter günstigen Um:?tänden — bei reichlicher Nahrung und hellem, trockenem Wetter — können die Thiere sich dort massenhaft vermehren und so nnvermittelt zu einer Plage für den Gärtner werden. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die amerikanische Bryahia pratensis, die auf Klee lebt, gleichfalls neuerdings als Schädling ver- schiedener Fruchtbäume bezeichnet wird. Vielleicht handelt es sich hier um einen ähnlichen Nahrungswechsel. Es wäre von Interesse, dieser Frage nachzugehen.
Von einem Fall plötzlicher, aussergewöhnlich starker Vermehrung dieser Thiere hörte ich vor Kurzem durch Herrn Dr. Rexgel (Potsdam). Im Sommer 1900 ^varen kleine, braune Milben in so grossen Schaaren in ein Zimmer des dem Prinzen Friedrich Leopold gehörigen Palais v'wv
J34 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
gedriingon, dass dieselben, wie mein Gewährsmann erfuhr, mehrmals am Tage mit dem Besen zusammengefegt werden miissten. Leider konnte ich Näheres über die lokalen Ver- hältnisse nicht in Erfahrung bringen, doch vermuthe ich, dass die Thiere an Pflanzen, die vielleicht an der Mauer sich hinaufraukten (etwa Epheu), in die Höhe gelaugt und so in die Zimmer eingedrungen waren. Es wäre das eine ähnliche Invasion, wie diejenigen, welchen die Stachel- beeren ausgesetzt sind. Eine Anzahl von Herrn Dr. Rkngel aufbewahrter und mir zur Untersuchung freundlichst über- lassener Exemplare stimmten in allen wesentlichen Punkten — soweit dies noch zu constatiren war — mit Br. rihis überein, nur waren sie etwas grösser (0,8 mm und etwas darüber).
Ein Wort wäre zum Schluss noch über die Benennung der hier besprochen Ih-z/ohia-Avt zu sagen.
Die Kocirschen Diagnosen der von ihm aufgestellten vier Bri/ühia-S[^cdi's sind, da sie sich wesentlich auf Farben- unterschiede stützen, zur sicheren Wiedererkennung nicht ausreichend, da die natürliche Färbung der Milben durch den durch die Haut hindurch schimmernden Inhalt des Darmes wesentlich beeinflusst wird. So ist Br//ohia rihis als Larve schön roth gefärbt, nimmt aber nach reichlicher Nahrungsaufnahme eine brauurothe Färbung an, während Beine und Mundtheile die ursprünglich rothe Färbung bei- behalten. Später haben dann G. Cankstrini und Faxzago') für die beiden KoCH'schen Arten Br. practiosa und Br. speciosa neue Diagnosen publicirt. während sie Br. nohiJis als eine Farbenvarietät der letzteren Art auttassten. Beklesk hat dann in seinem grossen Werk-) abermals durch Ab- bildungen erläuterte Diagnosen derselben beiden Arten ge- geben, die jedoch mit denen der eben genannten Autoren nicht ganz übereinstimmen. Denn während diese für Br. practiosa angeben: „il dorso non e incavato nella linea mediana" schreibt Berlese für dieselbe Art: „Abdomen in
M Iiitoriio agli Acari italiani. Atti Istit. Veneto, (5) VI, p. 159. ■^) Acari, invi'iopoda et scorpionos 1iucus(HK! in Italia n'pcita, Fase. 33, No. 3 u. Fase, nl, No. |. Padova, IHSÜ rosp. 1S8.
Sitzung vom 11. Jittii 1002. l.'J5
(loi'so excavadiin, iiiaigiiiilms clevatis". Auch bildet er bei dieser Species wie scIkhi Thomas liei'Norliob - -l Paai'
Kiickeiiscinipitciieii ab, wiilireiid Kouii's Abbilchiiii:; deren niii' 2 erl\(.Mineii lässt. In seiner Diaj^nosc erwähnt (m- diese Zahl ebensowenig, wie Cankstrim und Fanzaco. niisst derselben also oflt'enl)ar keine besondere liedeutuui,^ l)ei. Br. noh'dis hält auch Bkklksi-: für keine selbständige Art. Noch später hat dann R. Canestkini') eine ausführliche Be- schreibung im- lh\ 2)>'(i€tiosa publicirt, welcher ev Br. nohi/is beizählt, während er die Selbständigkeit der von Berlksk beschriebeneu Br. speciosa — die er selbst nicht kaniite — als noch nicht ganz gesichert betrachtet („se e vcranientc specie diversa da quella che ho sopra descritto"). Die englische Stachelbecrmilbe. deren Identität uiit seiner Br. rihis Thomas durch eigene Untersuchung aus Cambridge bezogener Exemplare feststellen konnte, war Anfangs als Br. speciosa, später als Br. praetiosa beschrieben worden. Thomas führt nun aus. dass Br. rihis sich von der dnrch Beulese al)gebildeten Br. xn-adiosa durch die Zahl der stets nur in 3 Paaren vorhandenen Rückenschüppchen so- wie durcli grössere Länge des beweglichen Endgliedes des Tasters unterscheide, dass auch Koch"s Abbildung dieser Art in ilu'er Färbung und der Zahl der (von ihm, wie oben ge- sagt, nur durch 2 Paar weisser Flecken angedeuteten) Rückenschü|)pchcn von seiner Br. rihis abweiche, dagegen Br. nohilis Ko( h derselben näher stehe. Auch diese Art jedoch stimme in Färbung und Gestalt nicht völlig mit Br. rihis überein. Kürzlich hat dann A. C. Oudemans-) alle vier KocHSchen Brt/ohia- Alien unter dem Namen Br. praetiosa zusammengefasst, da auch die von Berlese angegebeneu Unterschiede zwischen Br. spcciosn und Br. practiosd nicht constant seien.
Es gehen also zur Zeit die Anschauungen über die gegenseitige Abgrenzung der Bri/ohia- Arten noch auseinander, wenn auch alle genannten Autoren darin übereinstimmen,
') Prospotto doli" Acarofauna italiana. Faiiiiglia (Ui Tetranycliini. Atti Istit. Venctn, (C) VIT, ]>. 5U.").
-) Bemerkungen über Sanremeser Acari, Tijdsclir. voor Entomol, 43. Deel, 19uo, p. i;jH.
■[36 Gesellschaft nahirforscliender Freunde, Berlin.
die Zahl der von Koch unterschiedenen Arten zu reduciren. Ohne auf diese Frage hier näher eingehen zu wollen — es würde dazu die Durcharbeitung eines, namentlich in Bezug auf die Herkunft, umfassenderen Materials erforderlich sein, als es mir augenblicklich zur Verfügung steht — möchte ich mich Thomas darin anschliesseu. dass Br. rihis von der Beklese' sehen JJr. practiosa specifisch verschieden ist. Die Zahl und Stellung der Haargebilde pflegt bei diesen Acariden ziemlich constant zu sein und ich glaube, dass bis zum Beweise des Gegentheils die Berechtigung be- steht. Formen mit drei Schüppchenpaareu von solchen mit vier Paaren systematisch zu trennen. Hierzu kommt, dass ich weder unter den hiesigen, noch unter den von Ohrdruf bezogenen Thieren Individuen von so grünlicher Färbung getroffen habe, wie die BERLESE'sche Abbildung sie zeigt. Endlich möchte ich darauf hinweisen, dass R. Canestuixi (1. c. p. 506) angiebt, im Juni und Juli häufig sechsfüssige Larven und kleine Nymphen von Br. praetiosa gefunden zu haben, während die Entwicklung vonBr.rihis in dieFrühjalirs- monate. April und Mai. fällt. Auch luuss ich den von ThOiMas erwähnten Unterschied im Bau der Taster bestätigen.
Wenn ich somit die Vereinigung der Br. rihis mit der italienischen Br. praetiosa, wie Beiilese sie abbildet, für nicht angängig halte, so bin ich andererseits der Meinung, dass die von Thomas angeführten Unterschiede nicht aus- reichen, um sie von der Koch' sehen Br. nohilis zu trennen. Auf die Farbenzeichuung ist — aus den schon erörterten Gründen — bei diesen älteren Abbildungen entscheidender Werth nicht zu legen. Da nun die Selbständigkeit der Species Bryohin nohilis von mehreren Seiten bestritten ist und ich bisher nicht in der Lage war. durch Einsicht in das KocH'sche Werk mir ein bestimmtes Urtheil über die vier von ihm unterschiedenen Species zu bilden, so habe ich einstweilen die TnoMAs'sche Bezeichnung beibehalten, um dadurch die Identität der hiesigen Form mit der von diesem Autor beschriebenen zum Ausdruck zu bringen, ohne damit einer, wie gesagt nur auf Grund umfassenderer Studien möglichen endgültigen Regelung ihrer .systematischen Stellung vorgreifen zu wollen.
Sitztmij vom 17. Juni 1002. 137
lltMT VON Wartens sprach üIxm- die Meeres-Conchylien
der Cocos-Insel, im Anschluss an die Beiii('rkiin<:;t'n über
die Land- und Siisswasscr-Scinu'cken derselben Insel im
November 1898. S. löC und März 1902, S. 59. Die von
BioLLKV i,'esammelten und ein,i,M'sandten Arten sind f(»li;-ende:
Co)ius hridniriis Wood (Panama. (ialai»a^us).
Ptirpura patuht L. (Golf von CaliConiien, Central-Amerika.
GalapajL!;os).
— cohimeUaris Lam. (Golf von Californien. Galapagos).
— meh DuCLOS (Ceutr. -Amerika. Ecuador. Galapagos), Monoccrns hrcvidentatitm Guay (Costarica. Panama). Follia saiujuinoleuta Duclos 1832 = haemastomn Ghay
1839 (Mazatlan-Pauama. Galapagos).
— cinis Rkkve conch. icoa. III Buccinum, Fig. 84
(Galapagos). Bändln caclata Buoi). (S. Salvador, Panama). Cypraca, wahrscheinlich isahcUa L. (Indischer Ocean). Cerithium adustum Kirn. (Panama. Galapagos). Planaxis pihinicostatus Sow. (Panama, Galapagos). Litto}'ina conspersa Phil. (Mazatlan -Panama).
— aspcra Phil. (Mazatlan -Panama).
Hipponij.ry stark abgerieben, daher nicht sicher zu be- stimmen, möglicherweise harhatus Q. G.
Vermetus, ebenfalls stark abgerieben.
Ncrita ornatti Sow. (Halbinsel Californien — Panama, Galapagos).
— Bernhardt Rkcluz (Golf v. Calif. — Peru. Galapagos). FissureUa virescens Sow. (Californien — Ecuador). Acmaca striata Q. G. (Celebes. Molukkeu, Flores; Gala- pagos), in Mehrzahl und ganz frischen Stücken.
Chiton (Badsia) GoodaUi Buod. (Galai)agos). Mdampas Inhogcusis C. B. Ad. (Panama). Siphonaria yiyas Sow. (Central-Amerika. Galapagos). Östren ochracca Sow. Reevü conch. icon., XI, Fig. 19;
die Exemplare der Cocosinsel zeigen schwache.
aber doch deutlich eckige Falten am Rande und
sind fast mit der ganzen Fläche angewachsen;
Rand innen violett (Mazatlan).
138 Gesellschaft naturforsclienäer Freunde, Berlin.
Fernn quadratigiduris Rkkve. nach Wimmek, Sifzuugs- berichte d. Akad. d. Wiss. in ^Yiell 1879, vod deü Galapagos-Inselu, mindestens sehr ähnlich der P. Chcmnitsiana Oni?. von Cuba und nacli Rkiovk auch von Californien. Kleine, länglich viereckige Stücke, die Aussenseite stark abgerieben. Ein Bnlamis {Tetradita porosa Gm.).
Manche der angeführten Arten erreichen au der Cocos- insel eine sehr beträchtliche Grösse, so z. B.:
Siplwnaria gitjas 7,6 cm laug. 6,5 cm breit, 3,5 cm hoch. Purpura patula 7,5 „ „ 5,2 „ „ Fissur ellü virescens 4,4 „ „ 3,4 „ ^ 2,3 „ „ Cliiton f/oodalli 11,0 „ ,, 4,9 „ „ Es kann also nicht die Rede davon sein, dass sie im Vergleich mit Exemplaren vom Festland als verkümmert erscheinen.
Das beträchtliche Ueberwiegen der Gastropoden über die Bivalven an Arten und Exemplaren deutet darauf hin. dass hauptsächlich an felsigem und steinigem Ufer ge- sammelt wurde.
Aus den in Klammern beigefügten Angaben über das sonstige Vorkommen der bestimmten Arten ergicbt sich, dass die meisten derselben auch an der Westküste des Kontinents von Central -Amerilia. deren nächster Punkt etwa 600 km von der Insel entfernt ist, vorkommen, etwa *^/i, und auch die entschiedene Mehrzahl, etw^a -/s an den Gala- pagos-Inselu, welche noch weiter vom nördlicheren Theil von Süd-Amerika in direct westlicher Richtung entfernt sind, und eine Verdop})lung der nach Südwesten gerichteten Linie, welche die Entfernung der Cocosinsel vom nächsten Punkte des Festlandes von Amerika angiebt, trifft ungefähr auf die Galapagos. Bei den Landschnecken machte sich eine Ueber- einstimmung zwischen beiden, Cocosinsel und Galapagos, nicht bemerklich, die für letztere so charakteristische Gruppe Nesiotes ist auf der Cocosins<;l nicht gefunden, dagegen ist betreffs der Meeres-Conchylien die Uebereinstinunung in die Augen springend; dieselbe beruht, wenn aucl» grossentheils, auf der beiderseitigen Uebereinstimmunii' mit der Westküste
Sitzmu/ roiii 17. Juni 1902. 13y
des Kontinentes, doch nicht allein, wie namentlich Chiton GooilaUi zeigt; auf ToUin cinis lege ich weniger Gewicht, da das eine kleinere, leichter zu übersehende oder mit einer andern zu verwechselnde Art ist.
Am merkwürdigsten ist das Vorhandensein von Armnoa striata, die Autoren der Art hahen sie auf Celebes gefunden. ich selbst habe sie auf mehreren Inseln der Molukkeu, wie Ternate, und ferner auf Flores gesammelt, so dass über ihr Vorkommen in Niederländisch-Indien kein Zweifel sein kann; von den polynesischen Inseln im Stillen Ocean aber kenne ich weder Exemplare, noch eine Angabe in der Litteratur über sie. An der Westküste des Kontinents von Amerika giebt es allerdings ähnliche Arten, aber nur be- deutend weiter nördlich, in Oregon und Alaschka. wie z. B. Acmacd patina und scutuni Esciiz., die von der Cocos- insel vorliegenden Exemplare stimmen aber in. der Sculptui', in der Stellung des Wirbels und in dem allgemeinen Umriss sowie in der charakteristischen Färbung der Innenseite nicht mit diesen nordwestamerikanischen, sondern mit der indischen Art. WiM.MER a. a. 0. giebt allerdings Acm. patina von den Galapagos an. aber auch die Yon da stammenden Exemplare im Berliner Museum kann ich für nichts anderes als striata Q. G. halten und möchte daher ver muthen. dass Wimmek sich hier in der Bestimmung geirrt habe, indem er gar nicht an die indische striata dachte; sondern nur die amerikanischen ins Auge fasste. Man kann sich nun fragen, ist Ä. striata mit der schon früher er- wähnten Gegenströmung von Indien her nach der Cocos- insel und den Galapagos gekommen oder umgekehrt von diesen durch die grosse Passatströmung nach dem östlichen Theil des indischen Archipels? Ihr Fehlen an der West- küste von Central-Amerika spricht für ersteres, ihre grosse Aehulichkeit mit den nordwestamerikanischen Arten und der chilenischen Äcni. punctata Gray, sowie das Fehlen von weiteren nächst verwandten Formen im indischen Ocean für letzteres. Auf die oben erwähnte Cypraea isahcUn möchte ich weniger Werth legen, es ist ein einziges, ab- gescheuertes und seiner natürlichen Färbung ermangelndes
6*
140 Gesellschaft natnrforschenäer Freunde, Berlin.
Stück, also nicht lebend auf der Insel gefunden; die gleich- massig enge Müudungsspalte und die noch zu erkennenden rothen Endtleckeu an derselben lassen kaum einen Zweifel an der Bestimmung und verbieten positiv, an die west- amerikanische Cypraca cervinetta Kien, zu denken. Aber Cypra^&H: werden zu oft von Seefahrern mitgenommen und auch wieder weggeworfen, als dass man auf den vereinzelten Fund eines uiciit frischen Stückes viel Werth legen dürfte. Unter den Meeres -Conchylien der Westküste des tropischen Amerika lassen sich im Allgemeinen zwei faunistische Elemente unterscheiden: die einen sind der Westküste eigenthümlich und gänzlich verschieden von denen des Atlantischen Oceans und auch von denen des Indischen Oceans und Polynesiens, sie reichen, wenn nicht in den Arten, doch in den Gattungen und Untergattungen weit nach Süden, z. Th. bis in die Magellanstrasse, gehen aber nach Norden nicht leicht über Californien hinaus und machen in Nordwest-Amerika mehr und mehr einer, dem nördlichen Japan, Kamtschatka und Alaschka gemeinsamen Fauna Platz; charakteristische Beispiele sind die Gattung Mono- ceros und Scurria. Das zweite Element bildet eine Anzahl von Arteu, welche den auf der atlantischen Seite im karai- bischen Meer und au der Küste von Brasilien äusserst ähnlich sind und eben z. Th. nur deshalb einen eigenen Artnamen bekommen haben, weil man nicht glauben wollte, dass dieselbe Art an beiden Seiten des Kontinentes vor- komme, aber ohne Kenntniss des Fundortes ist es sehr schwer, oft geradezu unmöglich, sie von einander zu unter- scheiden; Beispiele davon sind
Pacifisch: Atlantisch:
Teilina rufescens Hanl. T. opercidaris Gm.
— simulans C. B. Ad. — punicca Born.
Cardiuni aspersum Sow. C. pectiniforme Brug. (hiil-
latum auct.). Cytlierca lupanaria Less. C. Bione L.
Solen rudis C. B. Ad. S. amhi<iuus Lam.
Pectcn subnodosus Sow. P. nodosns L.
Purpura 2)atidaL.(pansaCo'SR.). P. painlft L.
Sit:iiiifj vom 17. Jitni 100Q. 14 [
May<jin<ila sapotiUn Hinds. M. pruuum (i.M. Cassis ahhreviatii (Lam.) ]\rKi-:. C. (jranuhita r.ou'N. (Viva amncosü La.m. 0. reticularis La>[.
F((sciohiriif 2>i'i»C('2)s Sow. F. f/i(jaa Gm.
M(/oiit/c)i'( patula Sow. .1/. fasc/ata Sei i u.M.
ruUia san(juinülci)ta Ducl. i'. (tnritula Boltk.v.
Es sind das nicht etwa Arten oder Ai-tengriippen. welche überhaupt kosmopolitisch oder auch mir circum- (ro])isch, dem atlantischen, indischen und pacilischen ()eean in der Tropenzone gemeinsam wären, wie Tritonium pilcurc und fuhcrosum, Asap)his deflorata, sondern eben speciell (»st- und westamerikanische, sie gehen auch an der West- küste von Amerika weder nach Norden noch nacii Süden weit über Central-Amerika und Ecuador hinaus, namentlich nirlii in das Kaltwassergebiet von Peru liinein und man wird wohl nicht irre gehen, wenn mau annimmt, dass sie in geologisdi nicht zu ferner Zeit durch eine ceutral- amerikanische Verbindung beider Oceane von der Ostküste nach der Westküste eingewandert seien. Es ist nun von Interesse, dass beide dieser Elemente unter den Meeres- Conchylien der Cocosinsel vertreten sind, das erstere z. B. in Monoccros hrevidentatnm, das zweite in Pnrp>ura patula.
Herr F. HiLGENDORF legte eine neue Chromiden-Art aus Deutsch Südwestafrika vor. Paratilapia luchhcrti.
Der Herr Oberstabsarzt Dr. Lübbert sannnelte bei Otavi^) (20" S. Br.) 2 Süsswasserfische. die ersten, die unserm Museum aus der Colonie zugingen. Sie stellen eine neue Form der in Afrika äusserst zahlreichen Chromiden. oder nach neuerer Bezeichnung Cichliden. dar.
Als Paratilap)ia (früher meist Hemichromis genannt)
') Ueber d(Mi Fundort der Fische berichtet Herr Lübbekt freuiid- liclist, dass das betreffende Wasser als warme süsse Quelle aus der Erde dringt, und möirlicherwcise die Fische selbst auch unterirdisch leben. Gefangen wurden sie schon etwas entfernt vom Ursprung in einem flussartigen Ablauf, der bald in einem Sum])fe sein V.w\c findrt. Weitere E.xemplare oder andere Arten sind nicht beobachtet wurden, wie denn die ganze dortige Umgegend kaum Fische aufweist. Siullicher im Grossen Fisch-Fluss trifft man sie aber reichlich.
1 42 GcsellsLhiift naturforsdicndcr Freunde, Berlin.
werden sie cliarakterisirt durch die mehrreihigen und conischen Zähne und den Mangel der besonderen Eigen- thttmlichkeiten , welche die Nachbargattungen aufweisen. Die neueste Diagnose Boulenger s (Les Poissons du Bassin du Congo, 1901, 8", p. 412) passt gut, höchstens, dass das Ilinterende der Maxiila nur sehr wenig die Praemaxilla üherragt (etwa um 1 mm), und dass die Praemaxilla kaum die Vertikale vom vorderen Augenrand erreicht (was aber auch bei af'ra nicht zutrifft), wäre zu bemerken.
Nach dem Schlüssel Boulrnger's (Pr. Zool. Soc. 1898, S. 137 — 138), der auf der Zahl der D -Stacheln, der Zahl der Reihen von Wangenschuppeu, auf der Ziffer der L. lat. und auf Länge der Brustflosse beruht, würde die P. luchhoti der P. af'ra Gthr. aus dem Nyassa-See und der llo/jcü Sauv. von Ostafrika zunächst stehen. Unter den in „Les Poissons du Bassin du Congo" S. 143 genannten 18 dortigen Arten kämen höchstens F. moerucnsis, ccrasor/astrr, u. uifjro- fasciata in Betracht. (P. Uoyetl hat eine etwas concave Schwanzflosse).
Die Köperhöhe (29 mm) ist knai)p 2^2 mal in der Totallänge (ohne C.) (78 mm) enthalten. Die Kopflänge (27) fast gleich der Körperhöhe. Kopfprofil gradlinig. Augendurchmesser (7) 3-3 mal in Kopfl. und gleich der Interorbitalbreite. Die Maxille erreicht (aber nur bei dem grösseren Exempl.) die vordere Vertikale des Auges. — Die Zähno in drei Reihen, von den Nebenzähnen etwa um einen Zahndurchmesser getrennt. — Die Wangenschuppen in 4 Horizontalreihen, die des Operculum gross, nur 3 in einer Horizontalreihe. — Kiemendornen breit und niedrig, auf dem untern Bogentheile 9. — Stacheln der Rücken- flosse 15 und weiche Strahlen 10. Die Stacheln in der Mitte nur so lang als der Augendurchm., der längste (letzte 9 mm) gleich IVs Augendurchm.; durch diese niedrigen D. -Stacheln ist P. luehhcrti von den 5 genannten Arten leicht unterscheidbar (ausgenommen vielleicht »/^ro/^/^c. und Uof/di). Die weiche Dorsalis ist dagegen (bis 17 mm hoch) kaum niedriger als bei jenen Species. Die Brustflosse
Sitzumj vom 17. Juni lOOä. 143
nicht zii<j;es|)itzt und nur von massiger Länge (16 mm), gleicii der Entfernung von d(>r Schnauzens|iitze zum hintern Augen- rand. Die Ventralis (17 mm) gleichfalls nicht zugespitzt und kaum zum After reichend. Die 3 Stacheln der Analis (3. 5 u. 8 mm lang) kräftig, von den ü Gliederstrahlen ist der li. am längsten (15). Die Caudalis der Kreisform ge- nähert (bei Uoycti und afra schwach concav). — Der Schwanz- stiel fast so lang als (in der Mitte) hoch.
Die Schuppen mit glattem Rand, aber auf der Ober- fläche fein und dicht granulirt. 2t) — 27 in der Längsi-eihe; die obere Liu. lat. hat 10 deutlicher und 7 undeutlicher durchbohrte Schuppen, die untere 9 — 12 ziemlich undeutliche Löcher. Die Querreihe zählt 2V2 +1 + 11 Schuppen. Der luterorbitalraum mit drei Längsreiheu von Schupi)en bedeckt.
Färl)ung braun mit Bronceglanz, unten heller, auf den zwei Seitenlinien eine undeutliche dunkle Längsbinde; der blaue Operculartleck sehr deutlich und vor der Schwanz- tlosse ein dunkler Fleck. Zwischen Auge und ]\Iund- winkel Andeutung einer dunklen Binde. Die 4 vorderen Dorsalstaciieln oben mit schwarzem Fähnchen. lu der weichen D. einige dunkle Punkte, ebenso in der basalen Schwanz- und Afterflosse; letztere mit einigen hellen Linien, die zum Theil den Strahlen folgen (beim grösseren Exempl. dies alles weniger deutlich). Die Ventralis dunkel mit hellem Saum. Die Pectoralis und die Kiemenhaut hell. Iris oben schwärzlich unten goldig. [V. nujrofasciata weicht durch Besitz von 6 schwarzen Querbinden erheblich ab).
Die 2 Exemplare sind 9 und 10 cm lang (incl. der 15 bez. 18 mm langen Schwanzflosse).
Referirabend am 10. Junj 1902.
Herr H. POTONIE überreicht seine „Silur- und Culmflora
(h's Harzes und (K^ä Magdeburgischen." Herr F. E. ScHULZE übei" \\'ü.stnp:i. C. und Clodius. G.
Der weisse Storch, Ciconia alba Rechst, in ^Mecklenburg.
144 Gesellschaft natarforscliender Freunde, Berlin.
Eine Statistik seiner Niststätten im Jahre 1901. Archiv Vor. Freunde Natiirgesch. Mecklenburg. Jahrgang 56, (1902), Abtheil. I., p. 1-57. Güstrow 1902. Herr R. VON Hanstein über Voigt. W. Die Ursachen des Aussterbens von Planaria alpina im Hiindsrückgebirge und von Poli/cdis cormita im Taunus. Verhandl. Naturhist. Ver. Preuss. Kheiiilande, Westfaleus und des Regierungsbez. Osnabrück. Jahrg. 58, (1901), p. 223 -246. Fig. 1 und 2 im Text.
J. F. StarcUe, Berlin W.
Nr. 7|8. 1902.
S i t z u n g s - B e r i c h t
der
(lesellscliaft natiirforsclieiider Fi*euiHle
zu 15er]in
vom 15. Juli und 21. Octobcr 1902.
Vorsitzende : Herr Kny und Herr v. Marxens.
Herr A. NehrinG sprach über Mustela foina syrinca n. subsp. und Mustela ^^alaesyriaca n. sp.
Durch die Naturalienhandlung von W. Schlüter in Halle a. S. gingen mir kürzlich Balg und Schädel eines erwachsenen mäunlichen Steinmarders zu, welcher am 7. Juni 1901 im Wadi Syr. einem Nebenthal des Wadi Kefren. eines Nebenflusses des unteren Jordans, erlegt worden ist. ') Dieser Steinmarder sieht äusserlich einem deutschen Steinmarder gleichen Alters und gleicher Jahres- zeit sehr ähnlich . unterscheidet sich aber durch gewisse Eigenthümlichkeiten des Schädels und Gebisses, so dass ich mich veranlasst sehe, ihn als Subspecies von M. foina abzutrennen.
Der Schädel ist etwas kleiner, als erwachsene männ- liche Schädel deutscher Steinmarder zu sein pflegen. -) Seine Basilarlänge beträgt 71 mm. Dabei ist der harte Gaumen auffallend weit nach hinten verlängert, die Bullae relativ stark gewölbt, mit sehr entwickeltem Meatus audit. extern., das Foramen maguum occip. relativ eng. schmäler als bei unseren Steinmardern. Besonders auffallend er-
^) Vergl. meine Angaben im „Globus" 1902, Bd. 81, S. 311.
') Ich betone, dass die mir unterstellte Sammlung der Kgl. Landw. Hochschule eine sehr grosse Zahl von Schädeln deutscher Steinmarder (M. foina) und Baummarder (M. martes) enthält.
7/8
146 Gesellschaft naturforscJiender Freunde, Berlin.
scheint die Form des oberen Sectorius (p4); derselbe ist an der Ausseuseite relativ kurz (8.4 mm), hat aber einen sehr entwickelten, schräg nach vorn vorspringenden luneu- höcker (Talon), wie ich ihn bei keinem deutschen Stein- marder gefunden habe. Der obere Kauzahn (m 1) ist in sagittaler Richtung relativ schmal, aussen stark eingekerbt; der untere Kauzahu klein und rund.
Schädelmaasse : Grösste Länge 84. Basilarlänge 71. Jochbogenbreite 51.5, Interorbitalbreite 20,5, Condylarläuge des Unterkiefers 52,5. obere Backenzahnreihe 23.2, untere Backenzahnreihe 29, oberer Sectorius (aussen) 8,4, unterer Sectorius 10 mm. — Die Beinknochen sind verhältniss- mässig kurz; Humerus 65, Ulua 62, Radius 51, Feraur 73, Tibia 77 mm. (Alle vereinzelt gemessen.)
Nach Baruett-Hamilton (Ann. a. Magaz. Nat. Hist.. 1898. Bd. I, S. 441 f.) soll die von ihm unterschiedene Species 3Iustela mediterranea aus Andalusien auch bei Xanthus in Kleinasien vorkommen. Nach der a. a. 0. ge- gebenen Besclireibung kann ich den mir vorliegenden Stein- marder aus Palästina nicht mit 31. mediterranea identificireu.
Sehr interessant zum Vergleich erscheint ein fossiler 7lfws^e/a-Unterkiefer aus der Antelias-Höhle am Li- banon, den Herr Geheimrath Prof. Dr. v. Fritsch mir freundlichst zugehen liess. Derselbe entstammt den Zu- MOFFEN'schen Ausgrabungen und ist zweifellos diluvialen Alters. Fritsch hat ihn in seiner bekannten Abhandlung über „Zumoffen's Höhlenfunde im Libanon". Halle 1893, S. 78, kurz besprochen und dem Baummarder (M. martes) bezw, einer nahe verwandten Art zugeschrieben. Ich kann mich dieser Ansicht nicht anschliessen; nach meinen Ver- gleichungen gehört dieser fossile Kiefer (ein linker, bis zum p 2 erhaltener Unterkiefer, dessen Proc. coron. grössten- theils weggebrochen ist) einem Steinmarder, nicht einem Baummarder an. Wegen der gleich zu erwähnenden Ab- weichungen nenne ich ihn ^Miisteln _pa/ae5i/ri'V/ca''. Diese Abweichungen sind folgende: Der untere Sectorius (10.5 mm lang) ist in seinem vorderen Theile relativ hoch (hypsodont) gebaut, der Höckerzahn (m 2) von oben ge-
SitzHtuj foin 15. JvU WOS. \:\1
sehen oval, ivlativ ijross: dor Xobeiihück«-!' des iet/t«Mi Lückzahiis .solir aiisucpnit^t. üic J\las.set('r<:;rLil)e ist aiif- HilleiKl breit, nach vorn scharf abj^e^rcnzt; der Winke Huri salz au seiner Tiiterseite iiulTallrnd schmal i nid scharf, wie ich es bei keinem recenten Steinmarder <j;efunil('n hal>r.
Herr A. Nehring ^ab ferner einii^c nachträgliche Be- merkungen über die Sumpfluchse von Palästina
In meiner ausführlichen Mittheilung über einen neuen Sumpf luchs (Lijvcus rhri/somclaiwtis) aus Palästina, welche im Sitzungsbericiit unserer Gesellschaft vom 17. Juni 1902. S. 128—128, erschienen ist. habe ich leider übersehen, dass DK WiXTON 1898 einen Sumpf luchs ans Palästina unter dem Namen ^Felis chaus furax'^ als neue Sub- species beschrieben hat. ') Das betr. Original-Exemplar, angeblich ein Männchen, stammt aus der Gegend von .le- richo, ist 18(54 durch Tristk.am gesammelt worden und zeichnet sich durch enorme Grosse der Zähne aus; ins- besondere ist der obere Sectorius, den dk Winton als p 3 bezeichnet, auffallend lang und breit (17.6 : 9.6 mm). In der Färbung soll der Sumpfluchs von Jericho der des aegyptischen Sumpf luchses sehr nahe stehen, auch in der Grösse nur wenig hinter diesem zurückbleiben.
Da DE Winton bei der Beschreibung seines Exemplars von der eigeuthümlicheu Färbung der Ohren und auch von den sonstigen Differenzen meines Lyncus chrysomelanotis nichts erwähnt, so halte ich die von mir aufgestellte Art vorläufig aufrecht. Entweder kommen in Palästina zwei Arten von Sumpfluchsen neben einander vor, oder die von DE Winton a. a. 0. ant;efüjirten Kennzeichen seines „Felis chaus ftirax"" sind nicht allgemein zutretTend. Insbesondere sind die Dimensionen des oberen Sectorius meines Liincus chrysomelnnoüs stark abweichend.
Nach der oben citirten Abhandlung von K. v. Finrscii (S. 78) soll unter den diluvialen Resten aus der Antelias- Höhle am Libanon auch der fossile Unterkiefer eines
•) Ann. a. Magaz. Nat. Hist., 1898, IL, S. 298.
7/8*
148 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
Sumpfliichses (Felis cJiaus) vorhanden sein; doch fügt der Verfasser in einer Anmerkung hinzu, dass man das betr. „Thier wohl auch als Felis Buhastes bestimmen" könne. Der betr. Unterkiefer ist mir inzwischen durch Herrn Dr. Wüst, den Assistenten des Herrn Geheimraths V. FiuTSCir, zur Vergleichung zugegangen, und ich muss auf Grund dieser Vergleichung erklären, dass er zu meinem Lyncus chrysomelanotis nicht gehört, sondern von einem starken Exemplar der eigentlichen „Wildkatze'-' Syriens {F. Buhastis EiiRENB.) herrühren dürfte. Wenn Fkitsch a a. 0. unter Berufung auf Gray sagt, dass zwischen Felis caligata und Felis chaus kein specifischer Unterschied vorhanden sei, so muss ich dem entschieden widersprechen. Es sind bei diesen Felideu in der Form der Backenzähne und in anderen Punkten sogar subgenerische Unterschiede vor- handen. Namentlich zeigt der Sumpfluchs vom Jordan (Lyncus chrysomelanotis) grosse Differenzen gegenüber der nahe benachbart lebenden syrischen Wildkatze.
Herr A. Nehring sprach endlich über Foetorius sar- maticus MTi^Spermopliilus (citillus?) von Constantinopel.
Durch Herrn Gottwald gingen mir kürzlich je zwei Bälge mit Schädeln der oben genannten Arten zu. welche in der Umgebung von Constantinopel erbeutet sind. Ich erwähne sie hier aus zoogeographischen Rücksichten. Den Tiger-Htis besitzt unsere Sammlung jetzt aus der Do- brudscha, von Petrowsk am Kaspischen Meere, aus Klein- asien (Eskischehir) und von Constantinopel.
Die betr. Ziesel- Art sieht dem gemeinen Spermophilus citillus so ähnlich, dass ich sie vorläufig nicht davon zu trennen wage.
SiUintff vom J^l. October 190^. 149
ITeiT Karl W. Verhoeff ^^pmch über die zusammen- gesetzte Zirpvorrichtung von Geotrupes.
Im Archiv für Naturgeschichte 1894 — 1896 habe ich in Yorschiedeiien Arbeiten über den Hinterleib einer Anzahl von Celeopteren-Faniilien unter Anderem auch auf die Ver- breitung von Häutungshaaren hingewiesen und insbeson- dere gezeigt, dass solche in stärkerer Ausbildung und be- sonders dichter Anordnung in verschiedenartiger Verbreitung an gewissen Hinterleibstergiten in Haarfeldern auftreten und die Zusaramenfaltung der Flügel unterstützen. Eine solche Anpassung des Hinterleibsrückens an die Flügel konnte natürlich erst eintreten, nachdem auch die Elytren sich mehr oder weniger an das Abdomen angepasst hatten, ein Gebiet der Beziehungen, welches bei Coleopteren ein ein- gehendes Studium höchst lohnend machen würde. Die Häutungshaare der Käfer sind sehr kleine, meist spitze Fortsätze der obersten Schicht des Hautskelettes, wie sie anbei aus Fig. 2 und 4 ersichtlich werden.
lieber Haarfelder bei Coccinelliden findet man Mittheiluugen in meiner Arbeit über das Abdomen der Coccinelliden 1894. Archiv, f. Nat. S. 56. 57, wo insbeson- dere auch das Fehlen der Haarfelder bei den flügellosen LithopMus betont wird und gezeigt, dass sie im Uebrigen auch „das Eindringen Aon Fremdkörpern in den Alarraum verhindern".
Im Folgenden werde ich zeigen, dass bei Geotrupes Haarfelder vorkommen, die wieder eine andere Aufgabe übernommen haben.
Dass die Geotrupes - kriQH ein zirpendes Geräusch er- zeugen, wenn man sie einfängt, ist allbekannt, Darwin hat es z. B. in seiner „Abstammung des Menschen" erwähnt. Die letzte nähere Behandlung der Zirpvorrichtuug dieser Thiere findet sich in dem bekannten Buche von H. Lakdois „Thierstimmen", Freiburg 1894. Laxdois sagt dort: „Der Tonapparat liegt bei den Dungkäfern an den Coxen der Hinterbeine." Zur Begründung fügt er bei: „Da die
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Fliiijeldecken sich oben etwas um die Hinterleibsringel um- biegen, so könnte man leicht \ermiithen, dass der Ton durch die Reibung der Hinterleibsringel an die Fliigel- deckenränder zu Stande käme. Da das Thier aber bei aufgehobenen oder abgeschnittenen Decken noch schnarren kann, so liegt der Tonapparat ersichtlich nicht au dieser Stelle.' —
Diese Beobachtungen sind richtig, die Schlussfolgerung aber ist unrichtig, wie mir folgende Versuche gezeigt haben: Schneidet man einem Gcotrupes silvaticus, einerlei ob Männchen oder Weibchen, die Schrilleisten der Hinter- hüften oder besser noch die ganzen Hinterhüften ab. so hört das zirpende Geräusch durchaus nicht auf. vielmehr wird es in allerdings verminderter Stärke fort- gesetzt, wobei das Abdomen die bekannten nickenden Be- wegungen ausführt. Dieser von Landois unterlassene Gegenversuch zeigt, dass der Zirpapi>arat xonGcotrupes ein zusauimengesetzter ist. indem ausser den Schrill- loisten der Hinterhüften, die allerdings das stärkere Ge- räusch erzeugen, noch eine andere Einrichtung vorhanden sein muss. durch die ein mehr sausendes Zirpen hervor- gebracht wird. Ich habe die Alae entfernt und sah. dass dieselben keinen Einfluss darauf haben. Ich schnitt, nach- dem vorher bereits die Hüften der Hinterbeine entfernt waren, eine Decke ab. worauf das Sausen vermindert war, aber doch noch andauerte. Als ich darauf von der anderen Decke die Hinterhälfte abschnitt, hörte es auf. Die Unter- suchung der Innenfläche der Elytren ergab nun, dass sie in gewöhnlicher Weise mit äusserst feinen wärzchenartigen Erhebungen dicht besetzt, die Eigenschaften zum An- streichen einer Feile und dergleichen zwar besitzen, nicht aber selbst eine Reihe von Riefen oder einen Besatz von Spitzen besitzen, die in Schwingungen versetzt werden könnten. Die Schrillflächen müssen also am Hinterleibs- rücken liegen. Damit komme ich zurück auf die oben erwähnten Häutungshaare. Der Abdominalrücken von Geotrupes ist sehr reich an Häutungshaaren, aber die •'rössorcn derselben stehen in auffallender Dichtigkeit
Sitziiny vom :il. OctoUr 190Ü.
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zu Haarfeldern angeordnet nur hinten an dem 4.-7. Tergit. in einer Ausdehnung, wie es ant)ei die |tunktirten Streuen der Fig. 1 zeigen. Nicht nur am 4. Terdt. sondern auch
Fig. 1. Gtotrupes cenuili« (f. 1.— 8. Abdoininaltergit, nebst den bei- liegenden Stigmen. Die punktirten Gebiete hinten an dem 4. — 7. Tergit bezeichnen das Gebiet der Haarfekler.
an den drei übrigen haben wir je zwei Haarfelder, denn die Häutuügshaare (Fig. 4), welche äusserst dicht neben einander stehen, sind mit ihren Spitzen alle ausgesprochen nach innen gerichtet, so dass also in der Mediane Spitzen (Mitgegengesetzter Richtung nahe bei einander stehen.
Diese Haarfelder (4 (8) an der Zahl) bewirken das fragliche Geräusch, indem deren spitze, steife, kleine Här- chen durch Reiben an der hinteren Flügeldeckenunterlläche in Schwingungen versetzt werden und <ladurch ein zirpendes
152 Gesellsclwfi naturforschender Freunde, Berlin.
Sausen verursachen, welches das Zirpen der Hinterhüften ver- stärkt. Die Härchen sind ungefähr senkrecht zur Streich- richtung angeordnet, d. h. sie stehen quer. Sie befinden sich
Fig. 2. G. vernalis (^ . Ein kleines Stück aus einem Haarfelde des 7. Tergit. mit vielen Häutungshaaren.
auf unpigmentirten Stellen der Tergite und dadurch stechen die Haarfelder scharf von ihrer Umgebung ab, wenn man sie im Präparate gegen das Licht gehalten betrachtet. Die Tergite sind im Uebrigen auch mit Häutungshaaren besetzt, aber die gewöhnlichen sind etwa dreimal kleiner, bedeutend weniger dicht und mit ihren Spitzen mehr schräg oder nach hinten gerichtet. Dass Häutungshaare reichlich schon bei solchen niederen Oeleopteren vorkommen, deren Elytren noch lose auf dem Rücken liegen, also noch keine An- passung an den Hinterleibsrücken zeigen, kann man aus meiner Arbeit über das Abdomen der Lampyriden u. s. w. ersehen (Archiv f. Nat. 1894. S. 145 und 192). Die Häutungs- haare am Hinterleibsrücken brauchten mithin für eine Zirpeinrichtung nicht erst zu entstehen, sondern sie waren bereits vorhanden und mussten nur zur Funktions- änderung ein wenig verstärkt und verschoben werden.
Die Hinterhüft-Feilen sind übrigens auch leicht aus bereits gegebenen Strukturverhältnissen abzuleiten. Die Mosaik- oder Zellstruktur (welche ich in den erwähnten Arbeiten oft genannt habe) findet sich nämlich in zarter Ausbildung auch an den Geotrupes-HMiQn.
Die Zellen sind nicht immer gesclüossen, sondern er- scheinen oft nur als neben einander stehende Wellen. Solche Wellen verschmelzen hier und da, wo kräftige Tast- borsten stehen, zu welligen Linien (Fig. 3). Solche welligen Linien aber sind die Riefen der Hüftfeilen, wie man an den Seiten derselben leicht sehen kann, wo
Sitzung vom 21. Octoher 1902,
153
P'ig. 3. G. silratiais Q. Eine Riefe neben der Hüftfeile, mit zwei Tastl)orsten, daneben zellige Struktur.
sie sich an die gewöhnlichen Wellenlinien anschliesseo. In der Feile sind die Wellenlinien gerade gestreckt und haben ihre Tastborsten als störend aufgegeben. Dagegen sitzen am Rande der Feilenriefen sehr zahlreiche Häutiings- härchen (Fig. 4) von ve.TSchiedener Grösse, jedoch stets
Fig. 4. G. silvaticus 9 . Rechts vier Riefen aus der Ilüftfeile, an- grenzend Riefen, an denen Tastborsten stehen. Links Stücke zweier Feilenriefen mit sehr feinen Häutungshaareii (Spitzchen, welche an- gerieben werden).
merklich kleiner als die Häutungshaare am Hinterleibs rücken. An den Riefen selbst (an der untersten der Fig. 4 habe ich sie angedeutet, rechts unten bei starker Vergrösse- rung) stehen die Spitzchen sehr dicht, weiter nach aussen hören sie allmälig auf. Es ist aber klar, dass auch sie sich aus ehemals typischen Häutungshaaren entwickelt haben. Landois hat Zahlen (100 und 101) für die Riefenmenge der Hüftfeilen angegeben. Dies kann aber nur ganz an- näherungsweise geschehen, weil die Riefen an den Enden der Feile schwächer werden und auch ganz allmälig in die typische Struktur übergehen Landois hat ferner auf das abweichende Zirporgan von Copris und Verwandten hin- gewiesen, welches am „Progydium" liegt, also ähnliche Lage hat, wie das neue von mir besprochene Rückenzirp-
154 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
Organ von Geotrupcs. Nachdem diese Gattung als mit beiden Zii'pvorrichtiingen versehen erwiesen ist. brauchen wir Ceratoplujns spJouJidtdns als Uebergangsforni, wie es Landois erwähnt, nicht mehr, vielmehr erhalten wir folgende Stufen:
1. Häutungshaare nur der Häutung und dem allgemeinen Hautskelettschutz dienend.
2. besondere Haarfelder dem Abschluss des Alarraumes dienend und der Zusammenlegung gefalteter Flügel,
3. dieselben Haarfelder umgebildet als Zirpvorrich- tungen.
4. konnten unter der Voraussetzung des Zustandes No. 3 und der nickenden Abdominalbewegung auch an an- deren Stellen, so z. B. den Hinterhüfteu. wie bei Geotrupes weitere verstärkende Zirp Vorrichtungen entstehen und diese dann secundär unter Umständen sogar die propygidialen an Bedeutung übertreffen.
V. Gkabku sagt in seineu „Insekten", dass diese sich die Lautapparate selber an den Leib gekratzt hätten! Ja mit solcher Erklärung kommen wir nicht weit. Wir müssen nachweisen, dass die Lisekten rhythmische Bewegungen machen konnten zu einem ganz anderen Zweck als dem der Lautäusserung und dass dann erst hieraus nebenher sich die neue Bedeutung ergab, also ein Funktioswechsel ein- trat. Ich meine hierauf oben hingewiesen zu haben.
Hinsichtlich der Artunterschiede beschränke ich mich auf Folgendes:
Bei oernnlis und sijlcaticus sind die weitaus best- au.sgebildeten Haarfelder die am 5. und 6. Tergit. Am 7. Tergit sind sie bei venialis ebenfalls ausgebildet, nicht aber bei silvaticus. denn die Häutungshaare des letzteren sind dort alle nach hinten gerichtet und nicht auffallend dicht, bei vernalis dagegen stehen sie am 7. Tergit kaum ^venig•er dicht als an den andern, jedoch auch schon mehr schräg. Di(; Haarfelder am 4. Tergit sind bei vcrnnlis sehr schwach und am Zirpen wohl nic-ht mehr betheiligt, bei silvaticus fehlen sie überhaupt.
SitzuiKj vom 21. Octolicr 190.^. 155
Roi unmittolharcr B(M>l);iclitun<j; des Zirpons M l»(.Mn»'rkfe ich. (lass ccnialis ri' ciitwedrr kurze 8cliuaiTt,'eräuselic oder ein kurze Zeit auhalteudes, fortgesetztes Sausen an» Abdominaloriiaii hören lässt, während ieh l)ei si/lvtificutt seimeUere Sclmarrstüsse wahrnahtn. aber kein fortgesetztes Sausen.
Die Individuen dieser (und wahrscheinlich aucli anderer Arten) müssen sich sofort an den versciiiedenen Lautäusse- rungen erkennen können. Vielleicht sind sie auch Ixü ver- schiedenen Lebensverhältnissen im Stande, die eine Zirp- vorrichtung unabhängig von der andern in Thätigkeit treten zu lassen.
Herr A. Nehring sprach über eine neue Mi/oxus- Species {Jii/oj.us inicrmcdms Xiikg.) aus Tirol.
Als ich kürzlich die zoologische Sammlung des hiesigen Kaiserl. (iesundheits-Amts unter der freundlichen Führung des Herrn Dr. A. Jacobi besichtigte, liel mir ein ausge- stopfter, gut präparirter, kleiner JIijo.ius auf. welcher als „Baumschläfer", Myoxus dn/us. (f. 25. ]\Iärz 1901. Tirol, bezeichnet war. Ich erkannte sofort, dass dieses Exemplar von dem typischen Baumschläfer (31. dryas Schreb. = M nikdula Pall.) aus Südost- Europa bedeutend abweicht-), und überzeugte mich bei näherem Studium desselben sowie des zugehörigen Schädels, dass es sich um eine besondere, anscheinend neue Art handelt. Dieselbe stammt, wie auf meinen Wunsch durch specielle Nachfrage bei dem betr Lieferanten coustatirt wurde, aus der Umgegend von Lienz in Tirol, ist dort seit 1888 öfter gefangen und als ^,3I!joxks dryas" verkauft worden. Hei-r Reg.-Rath Prof Dr. Röuic;. der Vorsteher der genannten Sammlung, war so freundlich, mir eine Beschreibung des vorliegenden interessanten Exemplars zu gestatten.
Bei flüchtiger Betrachtung sieht das Thier wie ein
') Und zwar nach Eiitfcniuiiff der Hiiiterliütteiil -) Von dem typischen Baunischläfer (31. drijas Schkeb.) aus Süd- ost-Europa (Sarepta etc.) liegen mir 3 gute Uälge zum Vergleich vor.
156 Gesellschaft naturforsdiender Freunde, Berlin.
zwerghafter Siebenschläfer (Myoxus c/lis) aus; aber bei näherer Vergleichiing ergeben sich deutliche Abweichungen bezw. Annäherungen an den Baumschläfer. zugleich aber auch specifische Eigenthümlichkeiten. welche keiner mir bekannten Art zukommen.
Die Hauptfärbung der Oberseite des Körpers und die Aussenseite der Beine ist grau; auch der breite, sehr buschige, zweizeilige Schwanz ist oberseits grau, dabei weisslich umrandet, unterseits weisslich. Die Unter- seite des Körpers von dem Kinn an ist weiss, ebenso die Innenseite der Beine, sowie die Oberseite der Hinter- und Vorderfasse (pes et manus). ^) Von der Basis der schwarzen Bartborsten ab zieht sich über das Auge bis an den unteren, vorderen Rand des Ohres ein schwärzlicher Streifen, der an den schwarzen Augeustreifen des Baum- schläfers (31. dryas Schreb.) erinnert, aber weniger ausge- prägt ist^). Die schwach behaarten Ohren erscheinen relativ gross.
Die Dimensionen des (wie Schädel und Gebiss zeigen) ausgewachsenen Thieres sind folgende:
Kopf und Rumpf der äusseren Krümmung nach ge- messen 110 mm, Schwanz incl. der Eudhaare 75 — 78. Ohr 10—11, Hinterfuss 20. Grösste Länge des Schädels 25,3, Basilarlänge 20, Jochbogenbreite 13,2, Länge der oberen Backenzahnreihe 3,5, Länge des Unterkiefers vom Hinter- rand der Nagezahnalveole bis zum Hinterfand des Condylus 12,7 mm.
Hiernach bleibt Myoxus intermedius in der Grösse weit hinter M. glis, sowie auch deutlich hinter M. dryas zurück. In der Form des Schädels, des Unterkiefers und
') Bei M. ylis ist die Oberseite des Hinterfusses (pes) grössten- theils dunkel gefärbt.
') Nach Reuvens (Die Myoxiden etc. S. 63) soll auch M. r/fc einen schwarzbraunen Augenstreifen haben; bei den mir vorliegenden 3 Exemplaren aus der Gegend von Wolfenbüttel ist dieses nicht der Fall, sondern es findet sich nur unmittelbar um das Auge herum eine Spur von schwärzlicher Behaarung. Von einem Streifen kann man nicht sprechen.
Sitzuny vom 31. Octoher 1903. I57
der Molaren ähnelt er der letztgenannten Art; insbesondere aut'li darin, dass dtM- Winkelfortsatz des Unterkiefers eine rundliche Fensterötfnung zeigt. Der Proc. coronoideus ist schwächer <'nt\vickelt als \n\\ M. dnjas. Der 1. Molar (2. l>ack(>nzahn) des Unterkiefers hat nur zwei, hinter ein- ander stehende Alveolen, während er bei M. dri/as drei- wurzelig erscheint. Der Präniolar des Unterkiefers ist bei M. intermcdins deutlich cinwurzelig. bei M. dryas undeutlich zweiwurzelig; in 2 inf. und m 3 inf. sind bei beiden Arten deutlich zweiwurzelig, wie bei M. (jlis, während sie bei Eliomys (pierchnis und E. melanurus deutlich drei wur- zelig sind')-
Ich kann diesen Mi/oxns aus Tirol mit keiner der mir bekannten Arten identificiren und nenne ihn, da er zwischen M.glis und M. dryas in mancher Beziehung vermittelt, M.inter- medius-). Der von Mojsisovicz (Das Thierleben der österr.- ungar. Tiefebenen. 181)7. S. 183) erwähnte Baum schläfer (M. dryas) von Leoben in Obersteiermark dürfte wohl
') Vergl. moine Bemerkungen in unserem Sitzungsbericht vom 21. Jan. 1902, S. 6 und in meinen früheren bezüglichen Publikationen. Wenn Rkuvens in seiner Monographie der Myoxiden, Leiden 1890, S. 31, sich dahin ausspricht, dass man nicht viel Werth auf Zahl und Stellung der Alveolen legen dürfe, so muss ich dem nach meinen langjährigen Erfahrungen entschieden widersprechen. Abge- sehen von denjenigen IJackenziihnen, welche gewisse (massige) Schwan- kungen in der Wurzel- resp. Alveolenbildung der Backenziihne auf- weisen, wie z. B. der obere und der untere Priiniolar der Myoxiden, habe ich die Wurzelbildung der Backenzähne bei den Nagern durchweg sehr constant gefunden. Es kommen natürlich zuweilen Abnormitäten vor; aber es ist mir bei der Bestimmung der zahlreichen, von mir untersuchten, fossilen Myoxiden-Kiefer, aus denen die Backen- zähne theilweise oder sämmtlich ausgefallen waren, noch niemals zweifel- haft gewesen, ob ich sie zu 31i/oxu.i ylis oder Eliomys quercinus oder Muscardinus aveUanariiis zu rechnen hätte, auch wenn nur der Molar- Theil des betr. Kiefers erhalten war. Vergl. meine Angaben und Ab- bildungen in J. Nu e seh, „Das Schweizersbild", etc., Zürich 1896, S. 56 nebst Taf. I, Fig. 3a und 4b.
*) Dem Gartenschläfer (Eliomys quei-cintis) und seinen Verwandten steht die neue Art sehr fern; von Glis italicns Barr.-Ham. ist sie schon durch die zwerghafte Grösse völlig verschieden, abgesehen von anderen Differenzen.
158 Gcscllscliaft naturforschencler Freunde, Berlin.
der gleichen Species angehören; im übrigen muss die geo- graj)liische N^erbreiUing dieses interessanten. i\leinen Nagers erst noch näher erforscht werden. Wahrscheiulicli vertritt er den siidostenropäischen 3Ii/o.rns drijas im mittelenropäi- schen Alpengebiet.
Ilei-i- H. KOLBE sprach über vorschnelle Entwicke- lung von Puppen- und Imago-Organen bei Raupen von Lepidopteren (DendroUmus pini L.).
Am 25. Juni d. Js. sandte mir Herr Otto Wixnegüth in Zerbst eine merlvwürdige abnorme Raupe des K i e f e r n s p i n n e r s , Dertdrolhmis pini L . (früher Lasiocampta oder Gastropacha pini genannt). Diese Raupe, die noch nicht ganz erwachsen ist. aber schon die dritte Häutung hinter sich hat. fällt sogleich durch die langen dicken Antennen und die verhältnissmässig grossen, dicken, einge- knickten Beine auf. wodurch sie sich auffallend von der normalen Raupe unterscheidet, welche nur äusserst kurze Antennen und kurze Füsse besitzt. Die beiden Antennen sitzen am oberen Ende einer weichhäutigen, verhältniss- jnässig grossen und etwas eingesenkten Grube neben dem Grunde der Mandibcln und sind einander vollständig gleich. Sie sind etwa 5 mm laug, ziemlich dick, wurstförmig. im grössten Theile ihrer Länge etwa 1 mm stark, gegen die Spitze stark verdünnt und am Ende zugespitzt. Sie sind ferner dei- Quere nach mit zahlreichen vertieften Riefen versehen, deren Zahl sich auf etw^a 70 beläuft. Diese Riefen sind sehr deutlich und ziemlich tief eingedrückt. An jeder Antenne sind ausserdem mehrere Einschnürungen zu unterscheiden, die man als Glieder deuten kann. Die beiden so unterscheidbaren Basalglieder sind nicht gerieft, sondern fast glatt und einfach, wodurch sie sich von dem Hauptabschnitte der Antennen unterscheiden. Die Unter- seite der Antenne ist glatt, glänzend schwarz und nicht gerieft. Längs der Anssenseite der Antenne sieht man eiiu' fast scharfe Kante; bis zu dieser Kante reichen die Querriefeu. Auc^ii an (\^a' Innenseite beüudet sich eine, die glatte Unterseite begrenzende Längskaute. Wahrscheinlich
Silzunii vom Jl. Ortofier 190:.\ 159
entspreclicn die zahln'iclioii (^iion-ielVii drr Anlonnr dt'r l>e- kaniiteii reiclicii CÜiciltM'im.u; der Iiiia^oaiitniiic.
Di«' Zahl dfi' ciwähntcii iMiisciinüriiiii^cii der Aiilciiiic belauft sich auf sieben. Diese Eins(iiniiniHi,^eii sind i;i(iss- tentheils anf der Innenseile, aber anch auf der J\*ii<|venseite erkennbar. Ich halte sie ITn- die S|Mii-en einer |»ri- mären CJliederunu'. die bei der Inia^o schwindet. Ks würde damit zum Ausdruck gebracht, dass die Lepidopteren (An- gehüri<,'e der llaploceralcn. d. h. Insekten mit wenig- gliedrigen Antennen) von systoceraten Insekten (mit weniggliedrigen Antennen) abstammen. Die beiden Basal- glieder der abnormen Raupe sind sehr deutlich unter- schieden. Das erste Glied ist ziemlich gross, etwa so lang wie dick, das zweite sehr kurz. Die [»rimäre Glie<i<'rung zeigt sich nur am Stamme der Antenne, der sehr verdünnte Apicaltheil ist nur secundär fein gegliedert. Von den beiden Basalgliedern und dem dünnen Apicaltheil abgesehen sind am Stamme der Antenne fünf Glieder zu unterscheiden.
Die Haut der Antenne ist schwarz, ganz glatt und un- l)ehaart. Unter dem Mikroskop ist an ihr nichts von Nerven- endapparaten zu entdecken. Die Antenne in dieser Be- schaü'enheit ist wohl als functionslos zu betrachten.
Die Antenne einer normalen Raupe ist äusserst klein, etwa Vt '^mi l^iug im^^ neben der Basis der ]\Iandibeln einer kleinen Grube eingefügt. Sie besteht ans drei Gliedern. Das häutige schwach conische Basalglied ist das grösste dieser Glieder. Dem Basalglicdc sitzt ein kurzes cylinder- formiges Glied auf. welches '/.i l)reiter als lang ist. Das dritte Glied ist fast so stark wie das zweite, aber so lang wie breit. Dieses dritte Glied trägt noch einen änsser.st winzigen papillenartigen Stift auf seiner Spitze, den wir für einen Nervenendapparat halten dürfen. Neben diesem Stift befindet sich ein vorstehendes borstenförmiges Härchen.
Von dieser kleinen Antenno der normalen Raupe ist also die der abnormen Raupe morphologisch gair/ ver- schieden. Nur in der Anlage haben sie Beziehungen zu- einander, da die Antenne der Imago sich aus der Bildungs- anlaye der Larvenautenne entwickelt. Die ImaKoauteune
160 Gesellschuft naturforschender Freunde, Berlin.
ist bei unserer abnormen Larve schon stark vorgebildet, aber sie erscheint trotzdem noch recht unvollendet. Sie ist kein Zwischending zwischen den Antennen der Raupe und der Imago, sondern ein vorweg genommenes und vor- zeitig vorgebildetes Organ des Puppenzustandes, eine Vor- stufe der Imagoantenne.
Auch das zweite Kiefernpaar (die Maxillen) unserer Raupe ist abnorm. Hauptsächlich ist es der Stamm (stipes), der ganz abweichend gebaut ist; er ist dick, wulstig, unförmlich, querrunzlig und ganz' mattschwarz. Vorn an diesem absonderlichen Organ sieht man aber den normal erscheinenden glänzenden braunen Lobus und den ebenfalls braunen Palpus. Der Lobus ist kurz, klein, klotzförmig, am Ende abgestutzt und dem Maxillarlobus der normalen Raupe in der Form gleich. Am abgestumpften Ende trägt er zwei Sinneskegel und drei längere Borsten, von denen die beiden inneren kürzer und dicker sind als die lange äussere Borste, welche zwischen den beiden Sinneskegeln steht. Der äussere Siuueskegel ist dunkelgelb; er erhebt sich aus einer sehr seichten, mit einer zarten Haut ausge- kleideten Grube und ist etwa doppelt so lang als dick, nach dem Ende zu nur wenig verdünnt. An der zart- häutigen Spitze trägt dieser Sinneskegel eine äusserst kleine blassgelbe Papille, in welche der den Sinneskegel durch- ziehende Nerv ausläuft. Der zweite Sinneskegel steht auf der Mitte der stumpfen Spitze des Maxillarlobus und ist ebenso beschaffen wie der erste Sinneskegel. Diese Nerven- endorgane sind als Geschraacksorgane anzusehen.
Während die normale Maxille der Dendrolimus-RsiW^a . welche die gewöhnliche einfache Bildung der Raupen- maxillen zeigt, kleiner ist und dem Kopfe dicht anliegt, hängen die grossen absonderlichen Maxillen unserer ab- normen Raupe von den Mundseiten abwärts. Ich sehe darin eine Vorbildung zu dem vorstreckbaren Rüssel (der maxilla rostriformis) der Imago. Die wulstige Masse des abnormen Stipes enthält wohl schon den Bildungsstotf für den zu bildenden Rüssel. Der Schmetterliugsrüssel entsteht bekanntlich aus der Verlängerung des lobus exterior der
Sitzwui vom 31. Octolter 1902. \Q\
Maxille. Die beiden sehr verlän<:^erteii Maxillarloben der Lepidoptereii sind halbroiirfünni«,' und bilden, der Länge nach dicht aneinander gelegt, den rohrfürniigen Säugrüssel.
Bei der abnormen llaui«' ist die Rüssel hildung nocli nicht erkennbar; nur die Ditferenz zwischen den Maxillen der normalen und der abnormen Raupe ist auffallend.
Der palpus ni axillaris der abnormen Raupe ist schlanl<er als der der normalen Raupe und gleicht mehr dem Palpus eines entwickelten Insekts. Er ist dreigliedrig. Das erste Glied ist beciiei-förmig. nach dem Grunde zu etwas verdünnt und merklich länger als dick. Das zweite Glied ist mit dem dritten zusammen spindelförmig und ein wenig länger als das erste. Das dritte Glied ist klein und kegelförmig, an der Spitze zarthäutig und mit drei äusserst feinen Nervenstiften ausgestattet.
An den sehr kurzen Maxillarpalpen der normalen Raupe sind die beiden dicken Basalglieder viel breiter als lang; das dritte ist viel dünner und etwas länger als jedes der beiden Basalglieder. Dem dritten Gliede sitzt noch ein sehr kleiner papillenartiger Stift auf.
Recht autfallend verschieden von denjenigen der nor- malen Raupe sind die Beine unserer abnormen Raupe. Sie stehen hinsichtlich ihrer äusseren Beschaffenheit und ihres Entwickeln iigsgrades auf der gleichen Stufe wie die abnormen Antennen, da sie gleichfalls dick und wurstförmig aussehen und mit einer schwarzen glänzenden glatten Haut bekleidet sind. Sie erscheinen unbeweglich oder wenig be- weglich und werden eingeknickt gehalten, wie bei den Coleopteren- und Hymenopterenpuppen. Die Vorderbeine sind merklich dünner als die Mittel- und Hinterbeine; die Hinterbeine sind am dicksten; das ist also in demselben Verhältniss genau so wie bei der Image der Fall. Eine Gliederung ist an dem abnormen Beine deutlich erkennbar. Aber das Femur und die Tibia scheinen miteinander ver- schmolzen zu sein; sie sind knieförraig gegeneinander ge- bogen und liegen fast messerklingenartig und unbeweglich zueinander. Ich nenne diesen Hauptabschnitt des Beines die Femoro-tibia. An der Innenseite ist das Femur etwas
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162 Gesellscliaft natur forschender Freunde, Berlin.
beborstet. Der Trochanter ist dreieckig und etwas zuge- spitzt. Der Tarsus besteht aus dem kurzen, innen etwas ausgezogenen und hier stark beborsteten Metatarsus. aus dem längeren und dicken zweiten Gliede. einem darauf folgenden kleineren kurzen Gliede und dem dünnen letzten Gliede, welchem die einfache Kralle aufsitzt. Diese ein- zelne Kralle gleicht der Kralle am normalen Fusse der Raupe derselben Schmetterlingsart und ist das Einzige, welches an den normalen Raupenfuss erinnert. Der Fuss der normalen Raupe von Dendrolimus pini besteht ausser den Basaltheilen an den Bauchplatten aus drei Gliedern; das basale Glied ist so lang wie dick, das folgende etwas dünner und ebenso lang, das dritte kürzer und dünner als das vorhergehende und nach der Spitze zu verjüngt. An der Spitze sitzt die einfache gekrümmte Kralle.
Der Unterschied zwischen den Beinen der abnormen und der normalen Raupe ist ein ganz auffallender. Die Beine der abnormen Raupe sind wirkliche Puppenbeine oder unvollendete Imagobeine. Die Beine der Imago entwickeln sich aus der Anlage der Larvenbeine, wie sich aus New- port's Versuchen ergiebt. der die Brustfüsse nicht ganz er- wachsener Raupen von Vanessa urticae ganz oder theihveise amputirte. Von 28 der so behandelten Raupen entwickelten sich 13 zu Schmetterlingen. Bei 4 von diesen waren die an der Raupe amputirteu Gliedmassen nicht wieder zum Vorschein gekommen, bei den übrigen neun Schmetterlingen aber ziemlich vollkommen wiedererzeugt, indem bei einigen das ganze Bein zwar vollständig, aber kleiner entwickelt, bei anderen nur die Fussglieder verkürzt waren. Bei einem Schmetterling fehlten an dem sonst vollständig ausgebildeten Beine nur die Enddornen.
Die Beschreibung der abnormen Organe unserer Raupe, soweit sie äusserlich sichtbar sind, ist hiermit erschöpft. Mein Gewährsmann, Herr Winnkgüth. besass sechs Stück solcher abnormen Raupen, die anscheinend von dei'selbeu Zucht her- rühren. Ob sich diese sechs Raupen vollständig gleichen, geht aus den Angaben Winnkgüth's nicht hervor. Aber eine dieser Raupen hat sich nach seiner Angabe verpuppt und
SitzuHfi roui 21. Octnhcr 190S. 1ß3
ergab ein kleines IMünncheu. Wie sich die Äreiamorphuse gestaltete, daniber ist mir nctch keine Mittheilung zugegangen.
Die genannten Raupen entstammen einer Zimmer/uclit, und zwar der ungcwölinlielieu zweiten Generation des- selben Jahres. Die Raupen der ersten Generatiun ent- schlüpften den Eiern im Januar 1902. Diese Eier waren kurz nach der Copulation der im Deceml)er 1901 bis Januar 1902 ausgekommenen Schmetterlinge abgelegt. Die Raupen dieser Generation konnten mit Nesseln gut gefüttert werden, da in dem massig kalt(Mi Winter stets frisches Futter zu haben war. Den Raupen wurde damit auch keine Gelegenheit zum Winterschlaf gegeben. Zweimal wöchentlich erhielten sie ein warmes Bad. indem sie vermittelst einer Blumenspritze mit 20" warmem Wasser bespritzt Avurden. Die Entwickelung zur Puppe nahm einen guten Verlauf. Bereits am 30. Mai 1902 er- schien die erste Imago. bald alle übrigen Imagines. Aus den Eiern dieser zweiten Generation desselben Jahres ent- wickelten sich viele Raupen, und unter diesen befanden sich (Juni 1902) die erwähnten sechs abnormen; sie haben die dritte Häutung durchgemacht. (Winneguth.)
Es ist möglich, dass besondere Umstände bei der Zimmerzucht mitgewirkt haben, dass ein Theil der Raupen sich so ausserge wohnlich, wie es oben geschildert wurde, entwickelt haben.
Ein ähnlicher Fall, wie der eben geschilderte, wurde vor fast 20 Jahren aus Amerika mitgetheilt. Im American Naturalist Vol. 17. 1883. S. 1175. wurde von E. II. Jones über eine Raupe von Melanippe montanuta berichtet, welche die Antennen und Vorderbeine des entwickelten Insekts besass.
Ganz eigenartig ist aber eine andere hierhergehörige Erscheinung, nämlich die Entwickelung von Seidenspinner- raupen (Scricaria niori), welche nach der vierten Häutung Flügel bekamen, ohne sich verpuppt zu haben. Diese Raupen fanden sich in grossen Seidenspinnerzüchtereien Italiens. Cesare Majoli berichtet darüber im ^Giornale di fisica. chemica. storia naturale etc. del reguo italico di
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L. Brugnatelli", Pavia 1813, Bim. Y. p 399. unter der Ueberschrift „Straordinario fenomeno di anticipata trasfor- mazione in farfalla del verme da seta" Diese Erscheinung war Seidenraupenzüchtern genügend bekannt: die Raupen entwickelten sich zuweilen in Anzahl zum Falter, ohne einen Cocon gesponnen zu haben, dadurch die Erwartung des Züchters täuschend. In einem einzelnen, von sachlumdiger Seite beobachteten Falle wurde festgestellt, dass das ge- flügelte raupenähnliche Individuum einen kleinen Kopf, zwei schwarze fazettirte Augen, ein paar lange schmale Vorder- flügel, kürzere und schmälere Hinterflügel und einen raupen- artigen Körper mit ebenso vielen Segmenten wie die Raupe besass. Die Schilderung ist trotz dieser interessanten Einzel- heiten noch recht ungenau, da z. B. über die Bildung der Antennen und Beine nichts mitgetheilt ist. Werden ähn- liche Erscheinungen in Seidenraupenzüchtereien noch jetzt beobachtet?
Unter den Coleopteren kommen ebenfalls Fälle vor, dass Larven ohne vorherige Verpuppung mit Flügelansätzen versehen waren, gleich den Larven von Insekten mit un- vollkommener Metamorphose, lieber derartige Larven des Mehlkäfers, Tenebrio molitor, hat Heymons unter dem Titel „Flügelbildung bei der Larve von Tenebrio molitor'' in den Sitzungsberichten unserer Gesellschaft (Jahrgang 1896. S. 142—144) Mittheilungen gemacht (mit Abbildung). An einer dieser Larven befinden sich am Meso- und Metathorax seitlich je ein Paar dorsaler Anhänge, welche, wie bei der Puppe, mit breiter Basis dem Körper angeheftet und nach hinten gerichtet sind. Ausserdem ist die Zahl der Antennen- glieder eine grössere als bei der normalen Te»eZ>no-Larve, deren Antennen viergliedrig sind. Das vorletzte Glied der Antenne der abnormen Larve besteht nämlich aus zwei Gliedern, und das letzte Glied lässt eine schwache ring- förmige Einschnürung in der Mitte erkennen. In dieser Mehrglied rigkeit ist eine Annäherung an die aus elf Gliedern bestehenden Antennen der T(?we6no-Puppe und Imago zu erkennen. Die gewölbten Seiten der Rückenplatten der fünf ersten Abdominalsegmente erinnern an die mit grossen late-
Sitzung vom :il. October 1903. 165
ralen cristae versehenen Abdominaltergite der Puppe. An- dere Tenehrio-LciYMdn zeigten ausser grösseren oder klein«'ren Fliigelansätzen noch weitergebende Anomalien, z. iJ in der Bildung der Augen, der thorakalen Hückenplatten u. s. w. Das beobachtete Material entstammte Meblwurmkulturen im Zoologiscben Institute hierselbst.
Die Thatsache. dass ausser den abnormen Tcnehrio- Larven auch die abnormen Seidenspinnerraupen und die abnormen T)cndrolhnus-\l-A\\\i^\\ in Zuchtbehältern innerhalb menschlicher Wohn- oder Aufenthaltsräume erzielt wurden, während von freilebenden Insektenlarven nichts derartiges bekannt ist, giebt der Vermuthung Raum, dass besondere Einflüsse, z. B. Wärme, besondere Nahrungsstoffe, reich- liche Ernährung etc. von Einfluss auf die beschleunigte Bildung von Puppen- und Imagoorganen waren, bevor der eigentliche Puppenzustand eintrat. Das ist eine Ver- muthung. die sich vorläufig nicht beweisen lässt. Aber es bleibt auch nur Vermuthung, wenn wir an atavistischen Rückschlag denken, der wie bei Insekten mit unvollkomme- ner Metamorphose, schon bei Larven von Insekten mit voll- kommener Metamorphose Imagocharaktere auftreten und sich entwickeln Hesse.
Jedenfalls repräsentirt der Entwickelungszustand der eigenartigen Antennen und Beine der abnormen Bendrolimus- Raupe offenkundig ein Stadium zwischen der Raupe und einem vorgeschobenen präimaginalen Zustande, und zwar eine normaler Weise gesetzmässig verborgene Phase des Puppenzustandes. An der abnormen Raupe sind larvale Organe vorzeitig zu Imago-Organen vorgebildet, nämlich Organe, welche als solche schon bei der Larve vorhanden sind, also Antennen, Maxillen. Beine. Imagoaugen und Flügel sind als solche bei unserer abnormen Raupe nicht vorhanden, obgleich Bildungsscheiben der späteren Flügel subcutan im Larvenzustande schon angelegt sind. Jeden- falls stellt unsere abnorme Raupe eine Entwickelungsform einer Metamorphosenreihe dar, die jetzt normaler Weise nicht mehr existirt. Für die Wahrscheinlichkeit der früheren Existenz einer analogen Form, zu einer Zeit, als es noch
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keine Insekten mit vollkommener Metamorphose gab. spricht aber schon die thatsächliche Möglichkeit einer solchen Ent- wickeluDgsstufe, wie sie gegenwärtig individuell vorkommt. Der ontogenetische Zustand der abnormen Dendrollmiis-RsLupe scheint ausserdem anzudeuten, dass die Vorfahren der Le- pidopteren haplocerate Insekten waren.
Herr VON Martens zeigte eine für die Provinz Brandenburg neue Süsswasserschnecke. Phijsa acuta Dhap., vor.
Dieselbe ist von Herrn Ziegeler in Spandau im ver- flossenen Sommer in der Havel hei Spandau lebend gefunden und Exemplare derselben dem Kgi. Zoologischen Museum freundlichst überwiesen worden. Sie unterscheidet sich leicht von der in ganz Deutschland verbreiteten F7ii/sa fonthväis (L ) durch stärker vorspringendes und zugespitztes nicht stumpfes Gewinde (daher der Artname) und durch festere weniger glänzende Schale, s Geyer. Unsere Land- und Süssw^asser-Mollusken, Stuttgart 1896 S. 48 Taf. 7 Fig. 6; die Mantelfortsätze, welche beim lebenden Thier aus der Mündung der Schale hervortreten und entweder frei flottiren oder auf die Rückenseite der Schale sich anlegen, sind bei dieser Art kürzer und weniger zahlreich als bei Ph. fonthudis.
Physa acuta ist zuerst nach süd französischen Exemplaren von Dkaparnaud 1805 beschrieben und gut abgebildet worden und gilt seitdem allgemein als gute Art; sie ist in Frankreich weit verbreitet, von 41 Departements, über deren Schneckenfauna mir augenblicklich Verzeichnisse vorliegen, wird sie in 27, also beinahe -/s. genannt und nur in 14 vermisst; es ist wesentlich das südliche Frankreich. Provence und Languedoc, imd dann das westliche vom Fuss der Pyrenäen bis in die Bretagne , wo sie allgemein verbreitet und öfters als die häufigste oder die einzige Art der Gattung angegeben wird. Auch iin südöstlichen Frankreich ist sie im Gebiet der Saone, der früheren Bourgogne. von Lyon bis Dijon aufwärts noch allgemein verbreitet, sie fehlt aber in den eigentlichen Gebirgsgegenden, wie in der Auvergne, in don Alppn und in dem .Turngebirge: es ist z. B. charak-
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teristisch. dass sie im Departement Is^re. das ja einen be- deiitendeo Theil der frauzüsisciien Alpen iiuifasst, nur aus der nächsten Näiie von Lyon, niciit im Gebirj^e. bekannt ist. Mehr sporadisch sind ihre Fundorte im nördlichen und nord- östlichen Frankreich, zwar wird sie aus den Departements Pas de Calais (1852) und Nord. (1872) ange<,'eben. dagegen nicht aus der Picardie (Dep. Somme) und der Champagne; von der Umgegend von Paris giebt es verschiedene ältere und neuere Schneckenlisten und nur in einer der neueren, von Pascal 1873. wird sie erwähnt. Aehnlich ist es mit Elsass und Lothringen: in den älteren Listen von Buvigxjkr über das Dep. Meuse 1840. Godkon Dep Meurthe. 1843. JoBA Dep. Moselle 1844 und Puton Dep. Vosges und Elsass 1847 fehlt sie noch völlig. Erst L. Moulet. welcher 1866 als französischer Offizier nach Neu-Breisach gekommen, fand sie im Rhone-Rhein-Kanal bei dieser Stadt und ferner bei Fort Mortier. sowie eine Abart derselben, suhopaca Lam., bei Andelsheim unweit Colmar (Journ. de Conchyliologie XIX 1871 p. 51). Der Telegraphenbeamte F. Mkyek in Weissenburg erwähnt ihrer noch nicht in einer 1872 ver- öfientlichten Notiz über die Mollusken im Elsass. Nachrichts- blatt der deutschen malakologischen Gesellschaft 1872 S. 73. vgl. S. 36. aber am Ende des Jahres 1874 erhielt das zoologische Museum dahier ein Exemplar, das von ihm bei Metz gesammelt worden, und 1876 nennt Haüenmlllek neben den schon von Morlet angegebenen Fundorten noch den Rhein-Marne-Kanal bei Zabern und die Festuugsgräl)en bei Strassburg (Nachrichtsblatt 1876 S. 109). Dr. Kobelt schreibt mir. dass er sie in der Mitte der 80er Jahre aus Weissenburg erhalten habe. Seit dieser Zeit erscheint Fhysa acuta in den allgemeinen Verzeichnissen der deutschen Land- und Süsswasser-Mollusken. aber stets als auf Elsass und Lothringen beschränkt.
In Belgien ist sie ebenfalls auch erst in neuerer Zeit bei Ostende gefunden worden, s. Kobelt, Fortsetzung von RossjiÄssLEKS Sonographie VII 1860, S. 21 Fig. 1914. während die früheren faunistischen Listen von Colbeau ]S59 und Malzine 1867 sie noch nicht erwähnen. Aus
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Holland ist sie bis jetzt nicht genannt. Aus England ist sie mit Sicherheit nicht bekannt; wenn frühere Autoren und noch Clessin in der zweiten Ausgabe seiner deutschen Ex- cursions-Müllusken-Fauna sie als in England vorkommeud angeben, so beruht das auf einer irrigen Identification mit Ph. rivalis Maton, einer westindischen Art. welche wie manche andere westindische Schnecken früher von englischen Faunisten für ihr Land in Anspruch genommen worden sind, s. FoRBES und Hanley bist, of British Mollusca IV p. 142, 145, 146 und Jeffreys British Concholugy I p. 100.
Die vorhin erwähnten Fundortsangaben legen den Ge- danken nahe, dass Fh. acuta aus dem Saone-Gebiet. wo sie seit längerer Zeit bekannt ist. durch den Rhone-Rhein-Kanal in das Rhein-Gebiet eingewandert sei. doch lässt sich das nicht mit Bestimmtheit sagen, da sie doch von Ph. fonthmUs nicht so sehr verschieden ist, dass nicht die Möglichkeit bliebe, bei flüchtiger Beobachtung sie für fontinalis zu halten und sich daraus die Nicht-Erwähnung in den früheren Departementslisten auch erklären Hesse. Ph. acuta also in Elsass und Lothringen schon lange vorhanden gewesen, aber eben nur nicht beachtet und unterschieden worden wäre. Für die Umgebung von Berlin aber dürfen wir sie mit Bestimmtheit als eine neue Erscheinung betrachten, denn, ganz abgesehen von der lebenden Generation, hat schon Prof. Troschel gerade die luftathmenden Wasserschnecken der Umgebungen von Berlin und namentlich der Havel sehr eingehend beobachtet und eben der Gattung Physa sein be- sonderes Interesse zugewandt (Diss. de Limnaeaceis, quae nostris in aquis vivunt 1834); eine so gut verschiedene Art hätte ihm nicht entgehen können, wenn sie schon damals in der Havel bei Spandau gelebt hätte. Da sie bis jetzt überhaupt noch nicht östlich vom Rheine gefunden worden ist. so dürfte die Vermuthung nahe liegen, dass sie zunächst in ein Liebhaber-Aquarium und von da durch einen Zufall ins Freie gekommen sei. Immerhin mag es der Mühe werth sein, die deutschen Conchyliologen darauf aufmerksam zu machen, ob sie wohl auch anderswo in Deutschland auftritt oder demnächst anftrpton wird.
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Hoi-r 0. Neumann spricht über die verschiedenen Arten des Klippspringers (Oreütruyus).
Die meisteu Autoren die über Antilopen schreiben, waron bisher der Ansicht, dass es in Afrika nur eine Art Klippspringer gebe. Nur Temminck führt') den abyssini- schen Klippspringer als Antilope saltatricöides auf. und RÜPPKLL beschreibt in „Wagners Säugethiere" ') deutlich die Unterschiede zwischen den abyssinischen und den kapischen Klippspringern.
Die späteren Autoren haben indess wieder beide Arten zusammengezogen und auch Sclater und Thomas'') nehmen nur eine Art Klippspringer für Nordost- bis SüdAfrika an.
1899 beschrieb dann Noack*) einen Oreotragus aus dem Hinterland Yon Lindi in Deutsch-Ost-Afrika, dem er in Folge der brieflichen Mittheilung des Sammlers, des ver- storbenen Sergeanten Knociienhauer, dass auch 'das (/ der Art ungehörnt sein sollte, leider den unglückseligen Namen uceratos gab.
Diese Art scheint von Sclater und Thomas ganz über- sehen worden zu sein, da sie in ihrem 1900 erschienenen Appendix zu dem ..Book of Antelopes-^) noch nicht er- wähnt ist.
Was nun die übrigen Species-Namen des Klippspringers anbelangt, so beziehen 's,\d\ Antilope oreotragus Zn\'si.^). An- tilope saltatrix Bodo. '). Antilope Klippspringer Desm.^) und Oreotragus typicus A. Sm.^i sämmtlich auf den capischen Klippspringer, während sich die Namen Oreotragus griseus Gray. Oreotragus megalotis Mexges, Oreotragus scoparius Gray, Oreotragus tragulus Gray. Antilopen zukommen, welche
') Temminck, Esq. Zool. Guin. 1858, p. 191. noni. nud.
') Wagner, Die Säugethiere 1855, p. 413.
') Sclater u. Thomas, Book of Antelopes II, 189G — 97, p. 5— 11.
*) Zool. Anzeiger 1899, p. II, 12.
*) Sclater u. Thomas, Book of Antelopes IV, 1899—1900.
^) Zimmermann, Geogr. Gesch. III (1788), p. 269.
') BODD., Elench. (I78ö), p. 141.
«) Desm., Nouv. Dict. d'Hist. Xat. XII (1804), p. 32.
») A. Sm., South Afr. guart. Journ. II (18^4), p. 212.
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gar nicht zum Genus Oreotnigus gehören, hier also ausser acht gelassen werden können.
Nach eingehender Durchsicht des zahlreichen Oreotni(jus- Materials des Londoner wie des Berliner Museums, der auf meiner mit Freiherrn Caülo v. Eklaxger unternomme- nen Reise durch Nordost-Afrika gesammelten Stücke, so- wie des mir von Prof Noack liebenswürdigst übersandten Typus von Orcotnigns acemtos kann ich fünf leicht erkenn- bare Arten von Oreotragus unterscheiden, die sämmtlich geo- graphisch von einander getrennt leben, und zu deren Be- stimmung ich den beifolgenden Schlüssel anfüge.
I. Körper im allgemeinen einfarbig. Bauch von Körper- farbe, nur heller; kein schwarzer Fleck über den Hufen; kein weisser Fleck an der Aussenseite der Ohren
Oreotragns oreotragns ZiMM.
II. Bauch weiss; schwarzer Fleck über den Hufen; deutlicher weisser Fleck an der Aussenseite der Ohren.
1. Körperhälften ziemlich gleich gefärbt, rehfarben.
a) Basis der Haare, besonders auf dem Rücken, weiss oder weisslich.
a) Färbung des Körpers allmählig in die der Keulen übergehend; diese nur etwas blasser
Oreotragus saJtatrixoides Rüpp.
ß) Färbung der Keulen deutlich von der des Körpers abgesetzt, hellgrau oder hellröthlich; Rückenlinie sehr dunkel . . . Oreotragus schUl'nigsi Neum.
b) Basis der Haare, besonders auf dem Rücken, roth- grau oder rothbräunlich
Oreotragus somalicus Neum.
2. Körperhälflen sehr ungleich gefärbt; vordere Körper- hälfte lebhaft rothgelb oder ockergelb, hintere Körper- hälte rehfarben .... Oreotragus aceratos Noack. Ich gebe nun eine nähere Beschreibung der Färbung
der wichtigeren Theile der einzelnen Formen.
Oreotragus oreotragus (Zimm.)
Färbung bräunlich rehfarben. Bauch heller wie der Oberkörper, aber nicht rein weiss. Auf dem Rücken ist die
Sitzumi vom Vi. Ortoher 190;?. 171
Basis der flaarc bräunlich -weiss, darauf ein rothbrauner Theil mit gelber Spitze. Nur einige sciiwarze Maare über den Hufen, aber kein schwarzer Fleck. Ohren schwarz und gelblich melii't. unten ein röthlich weisser, oben ein schwarzer Saum Ein undeutlicher Fleck an der Aussen- seite der Ohren gelblich. Inneres der Ohren weiss. Scheitel und Hinterhaupt rothbraun. Kinn und Kehle hellgelblich. Vorkommen: Süd-Afrika. Ka[>land. Ich untersuchte H Exemplare des Berliner Museums von S.\l.mix und Kukbs am Cap gesammelt, ferner 2 Exemplare des Londoner Museums, von denen das eine am Rhinosterberg bei Middel- berg erlegt i.st. Ob es diese Form ist. welche nach Norden und Nordosten bis Natal und Transvaal hin vorkommt, ist mir nicht bekannt. Nach Nordwesten (Deutsch -Südwest- Afrika) giebt es Klippspringer bis zum Kunene hin. Dr. ScHiNz hatte ihn im südlichen Nania-Lande gesammelt und das Berliner Museum erhielt Schädel, leider keine Felle eines von Stabsarzt Libbkkt bei Windhoek. und eines von Lt. Volkmann auf dem Kalkplateau nördlich von Grotfontein. also im Norden von Deutsch-Südwast- Afrika erlegten Stückes.
Oreotragus saltatrico'ides Rüpp.
Färbung graulich rehfarben. Bauch rein weiss. Ober- koj)f gelbbraun bis rothbraun. Hinterhaupt wie der Körper. Kinn rein weiss. Kehle gelblichweiss. Auf dem Rücken ist die Basis der Haare rein weiss oder schwach graulich oder röthlich weiss, dann ein braunschwarzer Theil. die Spitze gelb. Ueber den Hufen ein grosser schwarzer Fleck Zwischen den Hufen manchmal eine weisse Stelle. Das Ohr ist an seiner Aussenseite unten vorn schwarz, oben und hinten grauweiss gefärbt. An der Aussenseite vorn ein grosser weisser Fleck. Unten ist das Ohr weiss, oben schwarz eingesäumt. Beine bei im März und September erlegten Stücken schwärzlich melirt. bei einem im De- zember erlegten Stück viel heller
Vorkommen: Gebirge Nordost-Afrikas niit Ausnahme des Somali-Landes. Also Abyssinien von der Erythrea bis
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Hauasch. Oestlich des Hauasch auf dem Bergrücken bis Harar. Verinuthlich auch an geeigneten Stellen zwischen Hauasch und Rudolf-See. Von mir jedoch dort nicht be- obachtet.
Untersucht wurden folgende Stücke: auf dem Br. Mus. 2 2 9 aus dem Bogosland. 1 c/* in Abyssinien ohne nähere Bezeichnung von Parzaducki gesammelt, 1 cT ^"id 1 9 des Berliner Museums von Schimpek in Tigre gesammelt, 1 cT im März 1900 durch Freiherrn von Eklanger und 1 d" im Dezember 1900 durch Herrn Carl Hilgert am Gara Mu- lata südwestlich von Harar erlegt, 2 (/cf in Adis Abeba, erkauft, und ein (/ "von mir im October 1900 bei Falle am Muger in Schoa erlegt. Ferner noch 2 Schädel von cf cf in Keren und Akour von Schweinfurth gesammelt. Oreotragiis Schilling si^) nov. spec.
Sehr ähnlich dem Oreotragiis saltatricdides Rüpp., aber die Färbung der Hinterschenkel nicht allmählig von der des Rückens ins hellere überlaufend, wie bei saltatrixöidcs. sondern ziemlich deutlich von dieser abgesetzt, hellgrau oder rothgrau. Hinterrücken sehr dunkel. Alle Haare haben hier zwischen dem weissen Basaltheil und der gelben Spitze einen sehr dunkel braunschwarzen oder rein schwarzen Theil. Das Ohr wie bei saltatricoides . doch ist die bei jenem schwarze oder schwarzgrau melirte Partie an der Aussenseite vorn unten — bei schiUingsi hellbraun und schwarz melirt.
Ich benenne diese Art zu Ehren des Herrn C. G. Schillings, der mir zwei Felle und einen Schädel männ- licher Thiere am Dönje Ngaptuk nordwestlich des Kilima- Ndscharo erlegt, ferner zwei ausgestopfte Köpfe zusandte. Schillings sammelte diese Antilope ferner am Dönje Erok nordwestlich und bei Malago Kanga nördlich des Kilima- Ndscharo. Ich beobachtete Klippspringer an der Spitze des Gurui nordwestlich von Irangi und sammelte ein sehr junges Stück im Kibaya Massai'-Land zwischen Mgera und Jrangi.
*) Oreotrngus oreotragns (iicc Goldf.) Mtsch., Säupot. D.-O.-Afr. 1896, p. 122. — Neum., Zool. Jahrb. 1900, p. 599.
Sitzung vom 21. üctober 1902. 173
Ein <;anz junges von Böhm auf dem Venusberg bei Gonda erlegtes Stück ist hingegen sehr stark gelb an Schultern und Flanken und mag zur folgenden Art gehören, ebenso vielleicht die von Stiiilwann bei Bussissi am Nyansa beobachteten, aber nicht gesammelten Klippspringer. Als Gebiet von Oreotrugus schillhiysi stehen somit mit Sicher- heit nur der nördliche Theil von Deutsch-Ost-Afrika und der südliche Theil von Brittisch-Ost-Afrika. — also die Massai-Länder fest.
Oreotragus aceratos Noack').
Kopf. Oberhals, Schultern und vorderer Rücken bis etwa zur Hälfte scliön ockergelb gefärbt. — Diese Färbung entsteht durch die lebhaft ockergelb gefärbten Haarspitzen. Hintere Körperhälfte wie bei Oreotragus saltatricdidcs. Scheitel gelb und schwarz nielirt. Kinn. Kehle und Bauch rein weiss. Schwarzer Fleck über den Hufen. Ohr wie bei saltatrkoides, doch ist die bei jenem schwarze oder schwarz und grau melirte Partie an der Aussenseite vorn unten — bei aceratos matt ockergelb.
Diese nach einem bei Zomba (Nyassa-Land) ge- sammelten Stück des Br. Mus. gemachte Beschreibung stimmt völlig mit dem mir von Prof. Noack liebenswürdigst über- sandten Typus seines aceratos von Bewenkuru im Hinter- land von Lindi überein. Die Abbildung von Oreotragus saltator in Sclatek und Thomas^) „Book of Antelopes" giebt die Körperfarben dieser Art — auf die sehr charak- teristische Ohrfärbung ist keine Rücksicht genommen — sehr gut wieder. Sie ist nach einem ausgestopften Stück des Br. Mus. von Fort Lister bei Zomba angefertigt. Ferner untersuchte ich iui Br. Mus. zwei weitere Stücke von Zomba und ein (/ von Süd-Angoni-Land, dass sich jedoch von den anderen dadurch unterscheidet, dass nur Kinn und obere Kehle weiss, die untere Kehle jedoch gelb wie der Rücken ist. Ferner theilt mir Mr. Oldfield Thomas brieflich mit,
') Zoologischer Anzeiger 1899 p. 11, 12.
') „Oreotraijus- saltato)-^'- (nee Jard.) Sclater and Thomas „Book ot Antelopes" Vol. II, 1896—97, PI. I.
174 (Tesellschaft natnrforschender Freunde, Berlin.
dass das Br. Mus ein Exemplar derselben Art aus Nord-Rho- desia erhielt, sodass als Verl)reitiiugsgebiet das Fluss-Gebiet des Zambesi. speciell die Länder am Nyassa-See, Mo- zambique und der südlichste Theil von Deutsch-Ost- Afrika — das Rovuraa-Geb'et — anzusehen ist.
Ein jüngeres </ des Berliner Museums von Peters im Caruera-Gebirge bei Tette am mittleren Zambesi ge- sammelt, zeigt kaum die ockergelbe Färbung. Alle Farben der Vorderseite des Körpers sind viel matter gelb und sind nicht scharf von der Färbung der hinteren Körperhälfte ab- gesetzt, so dass dieses Stück dem Oreotmgus saltatricöides recht ähnlich sieht.
Orcotrag'us ^omalicus nov. spec.
Ohren wie bei saltatricöides. Beine sehr hellgrau, innen fast weiss. Haare des Rückens von der Basis an roth- bräunlich oder rothgrau — nicht weiss. Die meisten der Rückenhaare einfarbig biz zur Spitze Nur einige mit kürzerer gelblicher Spitze. Kinn, Kehle und Bauch rein weiss. Der schwarze Fleck über den Hufen klein, nicht so scharf wie bei saltatricöides, aceratos und schiliingsi Be- schreibung nach dem im Br. Mus. befindlichen Stücke durch J. ß. Parkinson bei Sheikh in den Goolis Bergen im Nord- Somali-Land gesammelt, welches ich zum Typus der Art mache. Ganz ebenso gefärbt ist ein noch sehr junges Stück des Berliner Museums, von Menges im Nord-Somali-Land gesammelt.
Die Verbreitung der Art beschränkt sich also auf die Berge des nördlichen und wahrscheinlich auch des centralen Somali-Landes.
In den Bergen bei Harar kommt jedoch schon Orco- tragus saltatricöides vor. wie übrigens auch viele andere abyssinische Säugethiere und Vögel.
Ich habe hier nur die Verschiedenheiten in der Färbung der einzelnen Formen angegeben, da ich zu einem Vergleich der Schädel-Unterschiede nicht genügend Material hatte, und bei Antilopen die individuellen uud auch Alters- und Ge- schlechtsunterschiede in der einzelnen Art oft recht be- deutend sind, so dass es grösserer Serien von Schädeln
Sitzung vom J21. Octobcr 1902. \ 75
bedarf, um diese Unterschiede von deueii. welche coiistant die Schädel sehr nahe verwandter Arten, oder geographischer Subspecies einer Art — um solche handelt es sich hier — zu trennen.
NoACK bespricht 1. c. j). 11 ausführlich die Unter- schiede zwischen dem Schädel seines aceratos und des sal- tator aus dem Somali-Land — also meines somalicus.
Ich fand den Schädel eines 2 von somalicus in London viel grösser wie den eines etwa gleichaltrigen 9 aus dem Bogosland. also saltatricöides. Die Nasalen bei somalicus waren viel länger. Die hinteren Augenbögen etwa doppelt so breit.
Der Schädel eines cf von Deutsch Südwest-Afrika und eines 2 vom Capland. also oreotrayus. des Berliner Museums, sind in der Stirnpartie breiter wie Schädel des saltatricöides von Bogosland. Tigre und Schoa.
Doch möchte ich, wie gesagt, noch mehr Material ab- warten, um diese Unterschiede genauer zu formuliren.
Herr 0. Neumann sprach ferner über einige afrika- nische Eichhörnchen. I. Zwei neue Formen der rufohrachiatus-Gvu\)\)Q.
In der März-Sitzung dieser Gesellschaft ') beschrieb ich drei neue mit Sciurus rufohruchiattis Watkiüi. verwandte Eichhörnchen. Ich bin heute in der Lage, zwei weitere Arten dieser Gruppe zu beschreiben.
Sciurus aschantiensis nov. spec
Grösser wie Sciurus rufohrachiatus Watekh. . von welchem zahlreiche Exemplare aus Kamerun verglichen wurden. Vorder- und Hinterfüsse auch oberseits roth, wie bei Sciurus nijansae Nkum.. aber dunkler wie bei dieser Art. Ganze Unterseite gesättigt röthlich. Ein auf der Kehle beginnender bis zur Bauchmitte spitz zulaufender Fleck etwa von der Farbe der Oberseite, nur wenig röth- licher. Beim Exemplar des Berliner Museums ist dieser Fleck etwas kleiner. Er geht nur bis zur Brustmitte und
') Silzungsber. dieser Ges. iyU'2, p. 50—59.
176 GeseUscMft naturforftchender Freunde, Berlin.
verläuft allmälig ia das Roth des Bauches. Unterseite der Hiaterschenkel sehr dunkel rostroth.
Typus von Asohanti im Br. Mus. (Godfrey Lagden coli). Ebendort ein gleichfalls aus Aschanti stammendes Stück der Gould collection Das Berliner Museum be- sitzt ein von Schweitzer in Liberia gesammeltes Exemplar dieser Art.
Sehr verschieden von dieser Art ist Sciurus rufobrachia- tus lihencus Miller'), welches vom Mt. Cotfee am St. Paul river in Nord-Liberia beschrieben ist und von dem ich ein mit Miller's Beschreibung gut übereinstimmendes Stück, von Scott Elliott bei Berria am obersten Niger im Hinterland von Sierra Leone gesammelt, auf dem British Museum untersuchte.
Es scheint also Sciurus libericus Miller Sierra Leone und den Norden von Liberia, Sciurus aschantiensis Neum. den Süden von Liberia, Aschanti und vermuthlich die dazwischen liegende französische Elfenbeinküste zu be- wohnen.
Sciurus kcniae nov. spec. -j
Haar sehr dicht und dick; Färbung des Körpers wie bei rufdbracliiatus, ahassensis und punctatus. Dem Sciurus ahassensis Neum. am meisten ähnelnd, nur viel grösser und mit viel dichterem Pelz. Die Innenseite der Hinterschenliel sehr schwach röthlich. Schwanz aus ziemlich gleich langen schwarzen und gelben Ringen gewellt. Ganze Schwanzspitze schwarz. Kopfseiten röthlich gelb. Auf der Kehle des einzigen Exemplars ein grosser weisser Fleck. Auf dieses Merkmal möchte ich jedoch kein Gewicht legen, da der- artige Flecke auch bei verwandten Arten, so bei Sciurus kaffensis^) vorkommen.
Das einzige mir bekannte Stück dieser Art befindet sich im Br. Mus. und wurde von Mackindek am
») Proc. Washington Ac. oi Sc. 1900, p. 633. *) Sciurus rufobrachiatus (nee Waterh.) Thomas. P. Z. S. 1900, p. 174.
*) Sitzungsber. dieser Cies. 1902, p. hl.
Sitzung vom 2t. Octoher 1903. |77
14. IX. 1899 am Westabhaug des Kenia iu 8000 Fuss Höhe gesaniinolt. Schon Tmoji.as. der es noch als Schirus mfobruchiatuü anführt, erwähnt, dass es in inanclier Be- ziehung von typischen Stücken dieser Art abweicht.
II. Ueber geographische Unter-Arten von Sciuriis pdlliattis Ptrs.
Eine genaue Durchsicht des sehr zahlreichen Materials von Sciums palliatus auf dem British Mus. in Verbindung mit einer darauf folgenden des Materials des Berliner Mus. liess mich erkennen, dass man 5 wohl kenntliche geogra- l)hische Formen des Sciurus palliatus unterscheiden kann.
Von Süden nach Norden sind dieses
Sciurus palliatus ornatus Gray. ')
Oberseite ohne grauen und gelben Ton. Unterhaar schwarz oder schwarz mit rothem Mittelstück. Schwanz dunkelroth, bedeutend dunkler als der Bauch.
Vorkommen: Natal und Zulu-Land.
Ich untersuchte zwei Exemplare des Br. Mus., wo- von das eine. Cotupus von Gray aus Natal, rein schwarzes Unterhaar im Pelz des Rückens, das zweite von Ekowe im Zulu-Land hier noch einen rotheu Mittelring hat. Sciurus 2^ttlliatus (typ.) Ptrs.-)
Oberseite ohne grauen und gelben Ton. Schwanz etwas heller kastanienroth wie der Bauch. Basis der Schwanz- haare von der Farbe des Bauches oder sogar etwas dunkler.
Vorkommen: Mozambique und südliches Nyassa-Land,
Beschreibung nach einer grossen Serie dieser Art vom Milanji-Plateau südlich des Nyassa-Sees auf dem Br. Mus. Peters giebt an. dass er ein altes trächtiges 9 gegen- über der Insel Mosambique. ca. 15" südL Br.. und ein junges </ bei Massimboa, ca. 11" südl. Br., sammelte. Jedoch befindet sich nur dieses letztere derzeit noch auf dem Berliner Mus.
Dasselbe ist bedeutend dunkler als gleichaltrige Exem-
1) P. Z. S. 1864, p. 13, PI. I.
-) ^Nlonatsber. kgl. :ik. Wissonsch. Berlin 18.59, p. 272. — Reiso Mozambique Säugetli. Ibö2, p. 1Ü4— 13G, PI. XXXI, XXXII.
7/b**
178 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
plare von der folgenden Art, so dass ich die Nyassa-See- Exeraplare als hierher gehörig ansehe.
Sciurus palliatus suahclicus^)^) nov. subsp.
Unterhaar der Oberseite niit viel gelb. Schwanz röth- lich gelb, mit Ausnahme der dunklen Schwanzwurzel viel heller als der Bauch.
Vorkommen: Deutsch-Ost-Afrika nebst der Insel Sansibar und südlicher Theil von Brittisch-Ost-Afrika. Hauptsächlich in den Küstengegenden vorkommend, im Innern bis zum Bubu bei Irangi. Weitere Fundorte hier sind Mombassa, Tanga, Pangani, Nguru, Usaramo, Bagamojo, Kingani, Mrogoro, Kiserawe, Dar es Salaam, Khutu.
Verglichen wurden mehrere Stücke des Br. Mus. und eine sehr grosse Serie — über 20 Exemplare, aus fast allen Monaten (Januar, Februar, März, Juni, September, October) — auf dem Berliner Mus. Es zeigt sich an diesen, dass die Jahreszeit keine Unterschiede auf die Färbung hervorbringt. Nur ein Stück aus der Umgegend von Mom- bassa des Br. Mus. hat einen dunkleren Schwanz und bil- det vielleicht einan Uebergang zur folgenden Form: Sciurus palliatus tanae nov. subsp.
Schwanz wie beim typischen palliatus, etwa von der Farbe des Bauches. Unterhaar der Oberseite brennend roth. Spitzen der Haare grau. Diese prachtvoll graue Färbung unterscheidet die Art leicht von den anderen Formen.
Vorkommen: Tana-Gebiet und Insel Lamu.
Typus im Br. Mus. vom mittleren Tana. Derselbe ist etwas dunkler wie zwei dort befindliche Exemplare von der Insel Lamu.
Sciurus palliatus haraivensis nov. subsp. Dunkler wie Sciurus palliatus suahclicus, besonders
^) Sciurus imlliatus (nee Ptrs.) Mtsch. Säugeth. D. 0. Afr., p. 42. — Neumann Zool. Jahrb. 1900, p. 547.
') Es scheint mir unwahrscheinlich, dass diese Form mit Macroxus annulatus var. Frerei Guay, Ann. Mag. XII 1873, p. '265, zusammen- fällt. Den Typus dieser Art liabe ich in London nicht vorgefunden, glaube aber nach der Beschreibung Ghav's und dem Hinweis auf abyssinische Stücke von atDiidatus, dass es sich um ein ostafrikanisches Stück dieser Art, also von viidticolor Rüpp., handelt.
Sitzung vom ^1. Octobcr WO;:?. 179
die Oberseite. UnteiTärbung des Schwanzes dunkelroth. Spitzen der Schwanzhaare schnuitzi»;-rosa-,i,'raii. Die Haare der Schwanzspitze in ihrer ganzen Aiisdehnnng rosagrau.
Vorkommen : Siid-Somali-Küste.
Nur ein Exemplar. Typus der Art von J. M. Hildi:- BRANDT bt'i Barawa, Süd-Somali-Land, gesammelt, auf dem Berliner Museum.
III. Ueber die Unterschiede von Sciurus höhmi RcHW. und Sciurus emini [Mtsch.] Stühlm. Stuhlmann bildet in seinem Werk „Mit Emin Pascha u. s. w.". p. 320. 321. ein Eichhörnchen unter der Bezeich- nung Sciurus emini Mtsch. ab und sagt in einer Anmerkung, dass sich dieses Eichhörnchen von Sciurus höhmi K( inv. durch Ton der P'ärbung und Art der Streifung unterscheide. Matschie giebt in seinem Werk') die gleiche Abbildung und beschreibt auch das Thier gut. nennt es aber wieder Sciurus höhmi Rchw.
Auch ich nannte^» die von mir in Uganda gesammelten Streifeneichhörnchen Sciurus höhmi. In diesem Sommer konnte ich nun in London neueres, aus dem Nord-Nyassa- Lande gekommenes Material des echten Sciurus höhmi mit Streifeneichhörnchen von Monbuttu und Uganda ver- gleichen und bin zu dem Resultat gekommen, dass nicht nur die letzteren ganz verschieden von höhmi sind, sondern dass auch die von Uganda etwas von denen von Monbuttu verschieden sind Eingehende nochmalige Durchsicht des Materials des Berliner Museums bestätigte dieses Resultat vollkommen.
Sciurus höhmi Rchw.') Grundfärbung mattolivengrün. Jederseits ein langer scharfer rein weisser Strich, vor den Schultern beginnend, bis hinter den Ansatz der Hinterschenkel. Die weissen Striche jederseits von einem schwärzlichen — aus schwarzen und olivfarbenen Haaren melierten, also nicht rein schwarzen
') Matschie, Säugeth. v. Deutsch-Ost-Afrika, p. 42. ») Zool. Jahrbücher 1900, p. 546. ») Zool. Anzeiger 1886, p. 315.
180 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
— Strich eingefasst. Die weissen Striche sind länger wie die einsäumenden schwärzlichen Striche.
VorkoDQmen: Länder zwischen Tanganyka-See und Moeru-See.
Untersucht wurden die vier typischen durch BöH>f ge- sammelten Exemplare des Berliner Mus. von Marungu am Westufer des Tanganyka und fünf durch Consul Sharpe gesammelte Exemplare vom Moeru-See auf dem Br. Mus.
Sciurus emini [Mtsch.] Stuhlm. ')
Grundfärbung olivenbraungelb. Jederseits ein weiss- gelber Seitenstreif, über oder hinter den Schultern beginnend bis über den Ansatz der Hinterschenkel. Die weissen Striche jederseits von einem scharfen, breiten, glänzend schwarzen Seitenstreif eingefasst.
Die einsäumenden schwarzen Striche sind länger wie die dazwischen liegenden weissgelben.
Vorkommen: Länder zwischen Albert Edward- und Albert Nyansa und nordwestlich des Albert Nyansa bis Monbuttu.
Untersucht wurden die vier typischen Exemplare Stuhl- manm's vom Ssemlik Issango-Fluss (Kinjawanga) und von Uvamba. nördlich des Euwenzori. auf dem Berliner Mus. und vier von Emin in Monbuttu gesammelte Stücke des Br. Mus. Das eine derselben von Nandja in Monbuttu ist besonders stark gelb.
Sciurus emini ngandae nov. subsp.^)
Art der Streifung genau wie bei emini, aber die schwar- zen Streifen etwas schmäler. Die dazwischon liegenden Seitenstreifen mehr olivgrünlich weiss. Grundfärbuug etwas mehr in's Olivgrüne wie beim typischen emini.
Vorkommen: Wälder des eigentlichen Uganda.
Untersucht wurden vier von mir bei Kampal a und Ntebbi gesammelte Exemplare des Berliner Mus. und zwei bei Ntebbi von Jackson gesammelte Stücke des Br. Mus.
») Stuhlmann, „Mit Emin Pascha" u.s.w. 1894, p 320,321. — Scmr«,?
höhmi (nee RcHW.) Mtsch., Säugeth. Deutsch-Ost-Afrikas 1895, p. 42.
') Scivrr'f höhmi (noc RCHW.) Nktim., Zool. Jahrb. 1900, p. 546.
Sitzung mm Ql. Ortoher 1903. \^\
Sciurus höhml ist auch etwas «grösser, hat auch län<j;eren Schwanz und länj,'('r(' Fusssohlen wie emiui und nydndac. IV. Ueber Funisciurus akka dk Wintox. Der Xame Sciurus cmini Stuhlm. war von dk Wintox hei der J>eschreibung eines Eichhorns dav pyrr1iopus-(jiV\i\)\>Q übersehen worden, so dass er dieses Sciurus emini nannte. Nachdem icli dk Wixtox auf diese Thatsache aufmerksam gemacht hatte und er mehrere Jahre lang mit der Neu- benennung dieser Art zögerte, hatte ich das Thier selbst gelegentlich der Bearbeitung der Säugethiere meiner ersten afrikanischen Heise neu Sciurus wintonl genannt. Der Druck meiner Arbeit verzögerte sich aber und inzwischen hatte DK \VixTox diese Art neu Funisciiirus akka benannt, so dass sich die Synonymie dieser Arten folgendermaassen stellt: Sciurus emini de Wixtox. Ann. Mag. V. 1895. p. 197. Funisciuriis akka dk Wixtox. Ann. Mag. IV. 1899.
p. 356. 357. Sciurus ivintoni Neum., Zool. Jahrb. 1900. p. 547. V. Ueber Funisciuriis >/ulei Thos. In der Märzsitzung dieser Gesellschaft') erwähnte ich ferner, dass das von Matschik in seinem Werk über die Säugethiere von Deutsch-Ost-Afrika-) Sciurus anmdatus Desm. benannte Eichhorn nichts mit der DESMARKSTschen Art zu thun hätte und einer noch unbeschriebenen Art angehöre. Dieselbe ist inzwischen von Thomas^) -dls Funisciurus yulei beschrieben worden.
Vorkommen: Mueza am Moeru-See (Yule coli.) Br. Mus.. Kakoma (Böhm coli.) und Momba-Fluss in Uramba im Tanganyka-üebiet (Glauniug coli.) Berl. Mus.
Herr 0. Neumann sprach ferner über einige neue Arten von Ginsterkatzen.
Herr P. Matschik veröffentlicht in den „Verhandlungen des V. Internationalen Zoologen-Cougresses'"') eine Arbeit
') Sitzungsber. dieser Ges. 1900, p. 59.
') Matschie, S.äugeth. Deutsch- Ost- Afrikas, p. 40.
») P. Z. S. 1902, p. 120, 121.
*) Verhandi. V. Internat. Zool. Congr., p. 1128 — 1144.
182 Gesellscliaft naturforschender Freunde, Berlin.
über die geographische Verbreitung der Ginsterkatzen, in welcher 34 Arten von Ginsterkatzen aufgeführt sind. Herr Matschie schreibt nun p. 1135: „Es giebt eben regionale Arten, d. h. die Ginsterkatze, welche von Südwest-Europa und Palästina bis zum Kaplande herunter lebt, ist in vielen Gegenden durch ganz bestimmte Merkmale ausgezeichnet, durch welche sich die dort lebenden Exemplare von solchen aus andern Gegenden leicht unterscheiden lassen. Die Ver- breitungsgebiete dieser einzelnen durch besondere Merkmale kenntlichen Formen greifen nur an den Grenzen überein- ander." Und p. 1136: „Ich unterscheide jetzt schon 34 Arten von Ginsterkatzen, deren Verbreitungsgebiet nur in gewissen Gegenden übereinander fällt."
Hiernach, sowie aus dem beigegebenen Schlüssel, geht die Ansicht Matschie's deutlich hervor, dass er die auf- geführten 34 Arten als verschiedene Formen eines und desselben Grundtypus, also als gieichwerthig ansieht. Dies ist nun eine Ansicht, der ich auf Grund meiner Studien dieser Gruppe speciell einer auf Wunsch des Herrn Matshik in diesem Sommer vorgenommenen Untersuchung des sehr zahlreichen Materials der Museen in Paris und London nicht beipflichten kann Ich halte es für sicher, dass wir verschiedene Gruppen von Ginsterkatzen unterscheiden müssen, und dass Formen solcher verschiedenen Gruppen sehr wohl und nicht nur auf Grenzgebieten neben einander vorkommen. So hat die erst unlängst entdeckte Riesen- Genette, wie man sie nennen kann. Genetta victoriae Thos. mit keiner anderen Ginsterkatze etwas zu thun. Auch Genetta servalina, auhryana und hettoni bilden eine in sich streng abgeschlossene Gruppe. Dies sind eben Bewohner des feuchten Urwaldes, während die mit ihnen zusammen oder doch in ihrer Nachbarschaft vorkommenden Genetteu, Genetta pardina, stuhlmanni und dubia Mtsch. {= genettoides Pous. ') nee. Temm ), Bewohner der Biischsteppe und des trocknen lichten Waldes sind. Auch unter den anderen Genetten giebt es vermuthlich noch verschiedene Gruppen, so eine mit stark verlängerten Haaren im Rückenkamm.
1) Ann. Sc. Nat. Paris 1896, p. 290.
Sitzunij vom ^1. Octuber 1902. I33
der u. a. GendUi do»(/vhtna, uinnianni und felina, eine an- dere ohne eigentlichen Riicl<eni<anini. der u. a. Genetta snahdira und tic/rtua angehören.
Ich will nun zunächst zwei auf der v. Eklan(;i<;r-Nku- MANN'schen Expedition durch Nordost-Afrika gesammelte Arten beschreiben, denen Herr Matschie in seiner Arbeit noch keinen Namen gegeben hat. sowie zwei weitere, die ich bei meiner schon erwähnten Durchsicht des Materials des Pariser und Londoner Museums als neu erkannte. Genetta hararensis nov. spec. ') ' Schliesst sich am nächsten an Genetta neumanni Mtsch, an. Unterscheidet sich von dieser durch die schwarze Färbung an der Hiuterseite des Vorderschenkels und einen schwarzen ]\Iittelfleck des bei jener rein weissen Kinns.
Vorkommen: Harar.
Ein 2 dort mit Jungen lebend erhalten sowie ein Fell erkauft.
Genetta m<itschiei nov. spec. ^)
Schliesst sich am nächsten au Genetta tigrina Schkkb. und Genettii suaheliat Misch, an. Unterscheidet sich von beiden durch die hellbräunlich gelbe Grundfärbung des Körpers und die auffallend kleinen Ohren.
Vorkommen : Harar.
Ein Exemplar — altes $ — dort lebend erhalten. Genetta guardafuensis nov. spec.
Sehr ähnlich der Genetta felina Thunb. vom Cap. aber durch kleinere und röthliche — bei jener stets schwarze — Fleckung unterschieden.
Vorkommen: Oestlichstes Somali-Land.
Ein durch Kevoil in der Gegend des Cap Guardafui gesammeltes Exemplar (Typus der Art) auf dem Pariser Museum.
Genetta terrae sanctae nov. spec.
Am ähnlichsten der Genetta afta Crv. von Spanien und der Geneita harhara Wagn. von Tunis und Algier aber mit
') Weissfüssige Genette von Harar Mtsch. 1. c. p. 1139. *) Graufüssige Genette von Harar Mtsch. 1. c. p. 1143.
1^34 Gesellschaft naturfwschender Frenude, Berlin.
weniger deutlicher Seitenfleckuug und von dunklerem F'är- bungston. Kehle hell aschgrau, Mundräuder uud Kinn rein schwarz. Vorderfüsse grau mit undeutlichen schwarzen Flecken. Unterseite der Pfoten schwarz. Hinterfüsse vorn halb hellgrau, halb schwarz. Oberseite der Füsse weissgrau. Hiuterseite der Hinterfüsse schwarz.
Vorkommen: Palästina.
Ein durch Tkistram am Beige Carmel westlich des toten Meeres gesammeltes Stück (Typus der Art) auf dem Br. Mus.
Ltnne's Beschreibung seiner Viverra genetta ist zu un- scharf und seine Fundortsangabe „Habitat in Oriente" zu ungenau, um sie auf die TuisTHAJi'sche Genette anzuwenden, zumal Tkistkam's Exemplar das einzige überhaupt bekannte Exemplar einer Genette von asiatischem Boden ist.
Referirabend am 8. Juli 1902.
Herr F. E. Schulze über Lohmann, Coccolithophoridae im Archiv für Protistenkunde 1902. I. Heft.
Werner Magnus Nature et signification des alcaloides s. a. Claütkiau, Soc. roy. d. sc. med. et nat. d. Belgique. T. IX. Fase. 2. 1900.
L. Kny über die intramoleculare Athniung von in Wasser gebrachten Samen und über die dabei statttindende Alkoholbildung von E. Gottleweki und F. Polzkxiusz. Krakau 1901.
H. Seckt, über die Keimung der KartoffelknoUeu von VöCHTiNG. Bot. Zeitg. 1902
E. von Martens über Jickeli, UnvoUkommenheit des Stoff- wechsels. 1902.
Referirabend am 14. October 1902.
Herr L. Wittmack über durchwachsene Birnen.
Herr R. du Bois-Reymond über M. Isserlin, Ueber Tem- peratur und Wärmeproduction poikilothermer Thiere. Pflüger's Archiv 1902, Bd. 90, S. 472.
Derselbe über A. Schücking. Ueber veränderliche os- motische Eigenschaften der Membranen von Seethieren. Archiv für Anatomie u. Physiol., phvsiol. Abth 1902, S. 533. ^_
J. F. Btarcke, Berlin W.
Nr. 9. 1902.
Si t'/u 11 gs- Beri v h t der
(losellscliaft iiaturtorsclieiHh^* Freunde
zu Berlin
vom 18. November 1902.
Vorsitzender: Herr v. Marxens.
Herr Fr. Dahl sprach über Stufenfänge echter Spinnen am Riesengebirge. (Eine vergleichend etholo- logische Studie.)
Die Provinz Schlesien gehört, soweit es sich um Spinnenthiere handelt, zu den bestuntersuchten Theilen Deutschlands. Sind doch drei tleissige Sammler. Fickkkt, Lkijeut und Zimmermann dort jahrelang auf diesem Special- gebiete thätig gewesen. — Wenn ich trotzdem unternahm, kürzlich (Mitte Oktober) eine viertägige Sammelreise nach dem Eiesengebirge zu machen und mir wichtige neue Resultate von dieser Reise versprach, so wurde ich in erster Linie durch den Gedanken geleitet, dass wir heute in weit gründlicherer Weise zu sammeln wissen als vor 20 — 30 Jahren, — Meine Erwartung blieb nicht unbe- stätigt: Zu den 156 Spinnenarten, die vom Riesengebirge bisher bekannt geworden sind, konnte ich 40 weitere Arten hinzufügen. Ich konnte die Zahl der Arten also um mehr als ein Viertel vermehren. Die Fauna des Kammes, d. h. der alpinen Knieholzregion bezifterte sich bisher auf 29 Arten. Diese Zahl konnte ich auf 43 bringen, also sogar um die Hälfte vermehren. Die deutsche Fauna wurde bei dieser Sammelthätigkeit um nicht weniger als G resp. 7 ') Arten
') Wenn sich Eriyone equestris L. Koch als von Micryphantes corniyer verschieden erweisen sollte.
9
186 Gesellschaft naturf'orschender Freunde, Berlin.
vermehrt. — Ich nenne diese Zahlen nur, um zu zeigen, wie man heutzutage in wenigen Sammelstunden mehr leisten kann, als früher bei jahrelanger Thätigkeit. Weiss doch jeder Sammler, dass das letzte Viertel einer Fauna gerade am schwierigsten zu bescliaffen ist. — Die eigentliche wissenschaftliche Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, war mit dieser Vermehrung der Arten keineswegs ei'schöpft. Ich wollte vor allen Dingen einen Einblick in die Ver- breitung und die Lebensweise der echten Gebirgsthiere ge- winnen, soweit diese im Herbste in unserm Gebirge anzu- treffen sind. — Wie weit mir dies in den wenigen Tagen gelungen ist. möchte ich hier dem Leser zeigen. —
Ich muss ein wenig ausholen.
Wenn die jungen Spinnen ihren Eicocon verlassen, sieht man sie oft zu Hunderten in dichtem Gewimmel sich durcheinander bewegen. Als Räuber können sie natürlich so nahe nebeneinander nicht fortexistiren; deshalb breiten sie sich sofort nach allen Richtungen aus. Während sie nun allraählig heranwachsen, setzt sich die Vertheiluug über das ihnen zusagende Gebiet unausgesetzt fort, bis schliess- lich jede Spinne ihr besonderes Jagdgebiet innehat. Die Grösse dieses Jagdgebietes hängt in erster Linie von dem Nahrungsreichthura ab. Aber auch bei gleichem JSlahrungs- reichthum kann die Grösse desselben bedeutend variiren. Sie kann sich unter Umständen etwa auf die Hälfte redu- ciren. Eine weitere Einschränkung aber ist unzulässig.
Wie K. MöBius bei Betrachtung seiner Biocönosen ganz allgemein dargethan hat, kann ein bestimmtes Areal nur ein ganz bestimmtes Quantum von Fleisch einer be- stimmten Thierart erzeugen. Das gilt, wie für alle anderen Thiere, so auch für die Spinnen. Leben Spinnen zu dicht nebeneinander, so wachsen sie langsamer heran. Leben sie noch dichter nebeneinander, so sind sie, auch nachdem sie die Reife erlangt haben, kleiner Leben sie schliesslich noch dichter nebeneinander, so muss ein Theil von ihnen zu Grunde gehen, vorausgesetzt, dass sich keine Gelegenheit zu weiterer Vertheilung bietet. — Es ist das das Princip des sei l)stthätigen Ausgleichs in der lebenden Natur.
Sitziuuj vom 18. Norcmher 1903. |87
Beim Sammolu thut sich uns dieses Piiiicip dadurch kuud, dass wir auf demselben Areal fast immer genau dieselbe Zahl von Spinnen, die auf demselben ihre Lebensbe- dingungen erfüllt finden, antreffen. Da man aber in der gleichen Zeit immer annähernd ein gleichgrosses Gebiet wird absuchen können, so ergiebt sich weiter, dass man, wenn man eine Oertlichkeit ganz l)estirainter Art al)sucht, in derselben Zeit fast immer genau die gleiche Zahl von Spinnen derselben Art findet. Von diesem Grundsatze gehe ich bei meinem planmässigen Sammeln aus. Ich sammle genau nach der Uhr und zwar an der gleichen Oertlichkeit immer wieder eine gleich lange Zeit und kann dann die Fänge quantitativ miteinander vergleichen.
Es ist jetzt schon über 100 Jahre her, das Alexander VON Humboldt bei Besteigung der Pic's von Teneriffa durch seine Beobachtung an Pflanzen darauf geführt wurde, eine wissenschaftliche Pflanzengeographie zu begründen. Humboldt und seine Nachfolger Hessen und lassen sich auch heute noch bei ihren Untersuchungen durch die un- mittelbare Beobachtung leiten. Für die Pflanzengeographie mag diese einfachste aller Methoden wohl genügen, für die Thiergeographie dagegen ist sie völlig unzureichend Nament- lich in allen denjenigen Fällen, wo es sich um kleine, schwer unterscheidbare, vielfach auch versteckt lebende Thiere handelt, kann man von der unmittelbaren Beobachtung kein zuverlässiges Resultat erwarten. Die Zoologen pflegen deshalb bei ihren Forschungsreisen und besonders auch beim Besteigen der Berge, Alles, was ihnen von auffälligen Thieren in den Weg kommt, einzustecken und mit Fund- ortsangabe zu versehen. Eine Ausbeute, die in dieser Weise gewonnen wird, ist natürlich mit allen subjektiven Mängeln behaftet und deshalb für eine objektive Untersuchung meist ebenfalls von sehr geringem Werthe. Um das Ergebniss möglichst objektiv zu gestalten, gehe ich nach meiner oben augedeuteten Methode vor. Ich sanmile an einem be- stimmten Orte eine genau abgemessene Zeit ohne Unter- brechung und stecke während dieser Zeit alle Thiere ein. bis zu den kleinsten hinab. — So habe ich denn jetzt bei
9*
188 Gesellschaft natiirforschender Freunde, Berlin.
Besteigung des Riesengebirges etwa alle 200 m (Höhen- differenz) Fänge verschiedener Art wiederholt, um dann an der Hand des sorgfältig bestimmten und durchgezählten Materials meine Schlüsse zu machen.
Schon bei einer früheren Gelegenheit habe ich darauf hingewiesen, dass man an genau demselben Orte, z. B. im Walde drei bis fünf fast völlig verschiedene Fänge machen kann. Um dies dem Leser zu zeigen, habe ich in nach- folgender Tabelle drei Fänge zusammengestellt, die ich. zum Vergleich mit meinen Riesengebirgsfängen, am 26. Oidober bei Finkenkrug ausgeführt habe Der erste wurde mit Hülfe eines Regenschirmes \'on den unteren, schattigen Zweigen höherer Fichten gewonnen, der zweite von niederen Pflanzen mittels des Streifsackes und der dritte aus dem Moos des Bodens mit Hülfe der Sammelscheibe. Die beiden ersten sind Viertelstundenfänge und der Moosfang, der etwa viermal so umständlich zu sein pflegt, ist ein Stundenfang. Um zufällige Vorkommnisse möglichst auszuschliessen. habe ich alle Arten, die nur in einem einzigen Individuum ge- funden wurden, hier fortgelassen. In der Benennung bin ich, wie in allen nachfolgenden Uebersichten. Chyzer und KuLCZYNSKi (Araneae Ilunyariae) gefolgt. Autorennamen konnten also als überflüssig fortgelassen werden. Würde ich tiberall die jetzt gültigen Namen an die Stelle setzen wollen, so würden umfangreiche nomenclatorische Er- örterungen den Aufsatz allzusehr in die Länge ziehen. Es mag dies bei einer späteren Gelegenheit geschehen.
Aus der Tabelle I ersieht man, wie vorsichtig man sein muss, wenn man aus Stufenfängen, die man beim Besteigen eines Gebirges ausführt, seine Schlüsse ziehen will: Nur völlig gleichwerthige Fänge dürfen in Parallele gebracht werden. Können doch Fänge von demselben Orte sich in ihren Arten fast völlig ausschliessen. In dem vorliegenden Falle sind nur drei Uebergangsformen gewissermaassen als Bindeglieder vorhanden, Forrhomma pygvnaeum kommt so- w'ohl an Fichten als im Moose vor, Gonathim isahcllinum sowohl im Moose als auf niederen Pflanzen und Meta mtrianac sowohl auf niederen Pllanzen als an Fichten.
Sitzuny vom 18. November 1902.
189
Tabelle I.
Fänpo von I'"inkoiikru!r bei Berlin.
o,a
c c
C j- N
S
I'orrhom 1)1(1 jyytjmaeioii . ]jcphthyphunte,'{ obsairu.f TJicridium varians . .
— tinctuiii Tetr agnntha solaudrii . Epi.'ira diodia .... Hijptiotes paradoxus Xysticus pini .... Diaea dorsata .... Anyphaena accentuata . Cluhiona compta . Meta merianae . . . lAnyphia tricaujularis .
— horten,<fis . . Pachycjnatlia listeri . .
— clercki . . Lephthypluintes cristutn.s Buthy phante.f nigrinus . Gönn tium imbellinum . Wdlckenaera cnspidata . Tapi nocyha insecta . 3IiHyriolHs pusillus . . Macrar yns rufus . . . Agroeca brunnea . . . Oxyptila horticola Prostkesima siibterraneu
2 4 3 3 2 2 2 7 17 2 3
Aber auch dann, wenn alle drei Fänge an Fichten- zweigen, wenn alle auf niederen Pflanzen oder wenn alle ni Moose gemacht worden sind, können sie recht ver- schieden sein, sobald Abweichungen anderer Art vorliegen. Um dies zu zeigen, habe ich in nachfolgender Tabelle drei Fänge zusammengestellt, die alle an demselben Tage lam 26. Oktober) auf feuchtem Sumpfboden bei Fiukenkrug von Fichtenzweigen gewonnen wurden, der erste von völlig frei- stehenden Fichten, der zweite von den unteren halbbe- schatteteu Zweigen halbwüchsiger Fichten und der dritte von den unteren beschatteten Zweigen grösserer Fichten. Zur Charakterisirung der Oertlichkeit muss ich noch hinzu-
190
Gesellschaft natwforschender Freunde, Berlin.
fügen, dass die Fichten in allen drei Fällen sehr stark mit Laubholz untermischt standen, so dass man sie auch als in den Laubwald eingestreut bezeichnen könnte. Auch in dieser zweiten Tabelle blieben alle vereinzelten Vorkomm- nisse aus den oben angegebenen Gründen unberücksichtigt.
Tabelle II.
Fänge von Finkenkrug bei Berlin.
Trematoceplialus cristatus Theridmm sisyphium Clubiona jyallidida . . — frutetorum . . Entelecara acuminata . Dictyna pvsilla . . . Clubiona subsultans . . Philodrotnns aureolus . Tetragnatha solandri Lephthyphantes obscurus Theridium varians . . Anyphaena accentiiata . Meta meriartae . . . Linyphia wontana . . Cyclosa conica .... Xysticus pini .... Ther .dium tinctum . Dia^a dorsata .... Porrhomma p)y(Jinaeum . Epeira diodia .... Hyptiotes paradoxus Clubiona compta . . .
2 3 2 6 9 12
26 5 2 3 6
2 4
5
(1) 4 12 20 2 2 2 2 2
Vergleicht man die Tabelle II mit der Tabelle I, so lässt sich ein Resultat allerdings mit aller Sicherheit er- kennen, dass nämlich die drei Fänge der zweiten einander sehr viel näher stehen als die drei Fänge der ersten. Und doch lagen die Orte, an denen die Fänge der zweiten Ta- belle gemacht wurden, ziemlich weit von einander entfernt, während die drei Fänge der ersten an genau demselben Orte gewonnen sind: Man wird sofort erkennen, dass die drei Fänge der ersten Tabelle unter den 26 Arten nur
Sitzung vom 18. November 1902. 191
3 Biiidc^'lieder aufweisen, die drei Fänge der zweiten Ta- belle unter 22 Arten 9 l^indeglieder; dass die erste Tabelle kein einziges Bindeglied aller drei Fänge atifweist. die zweite dagegen deren drei. Hätte ich die Lebensbe- dingungen für die drei Fänge der zweiten Tabelle noch ähnlicher gewählt, so würden die Fänge einander noch ähnlicher sein. Ich hätte dann den einen Fang in England, den zweiten in Norddeutschland und den dritten auf gleicher geographischer Breite in Russland machen können, ohne dass die Fänge eine bedeutende Abweichung gezeigt hätten. Aus den verschiedenen Theilen Norddeutschlauds besitze ich eine grosse Reihe von Fängen, die im Wesentlichen alle dasselbe beweisen, was hier aus den wenigen Fängen geschlossen wurde. Ich denke, der Leser wird also von der Beweiskraft meiner Fänge überzeugt sein.
Auf der Gebirgsreise wurden im Ganzen 22 Fänge gewonnen, theils einfache, theils Doppelfänge und zwar 6 von Fichten. 4 von niederen Pflanzen besonders von Blau- beersträuchern, 7 aus Moos und 5 unter Steinen resp. Rinde. Die Fänge sind nicht alle gleichwerthig. und da ich in den nachfolgenden Tabellen nur die Höhe angeben werde, muss ich sie hier etwas näher charakterisiren. Was zunächst die Oertlichkeit anbetrifft, so ist folgendes zu bemerken:
Die unterste Stufe stellt der Kavalierberg bei Hirschberg dar, der sich etwa 400 m über den Meeresspiegel erhebt. Es wurde dort ge- macht 1) ein Fang von Ficlitcn, theils von jungen, zienilicli scliattig stehenden, theils von den unteren beschatteten Z*veigeii hojier Fichten, 2) ein Fang aus Moos und zwar aus einer dünnen, spärlichen Decke zwischen jungen Fichten, theils schattig, theils freistehenden, 3) ein Fang unter der Rinde ziemlich starker Kiefern und 4) ein Fang von niederen Pflanzen im Schatten hoher Bäume. Der Wald des Kavalier- berges besteht aus Laubholz, Fichten und Kiefern. Als zweite Stufe folgt dann ein Gelände an der Loninitz bei Krummhübel, ca. 600 m hoch. Es wurde hier gemacht ein Fang unter freiliegenden Steinen und ein Fang von Fichten, theils ziemlich freistehenden jungen Bäumen, theils und besonders von schattig stellenden und den unteren Zweigen grösserer Bäume. Der Wald besteht von hier bis zur Knieholzregion aus Fichten und Tannen. Die dritte Stufe ist eine ältere Schonung oberhalb Wolfshau, ca. 750 m hoch. Hier wurde gemacht ein Fang von freistehenden Fichten und ein Fang aus Moos, beide am Rande von Waldwegen. Dann folgt ein Fang von beschatteten Zweigen hoher Fichten und sehr schattitr stehenden jungen Fichten nahe der Brot-
192 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin.
baude, ca. 800 m hocli. Dann, ebenfalls bei der Erotbaude, ca. 830 m hoch, 1) ein Fang- unter Steinen im schattigen Walde, 2) ein Fang von niederen Pflanzen am Rande einer Schonung und 3^ ein Fang aus dem sehr spärlichen Moose dieser Schonung. Dann folgt auf etwa 930 ni ein Fang von halbwüchsigen, dichtstehenden, aber unten noch vollständig grünen P'ichten auf dem Hohenzollernstein. Dann auf ca. 9nO m ein Fang unter freiliegenden Steinen am Ufer der Lomnitz. Dann folgen zwei Fänge in dem obersten Theile des Hochwaldes, einer neben der Lomnitz etwa lOüO m hoch von niederen Pflanzen und einer etwa llOOm hoch oberhalb der Schlingelbaude aus Sphagnum, auf sehr nassem und quelligcm, halbschattigem Boden. In der Knieholz- region wurden in etwa 12o0 m Höhe 1) ein Doppelfaiig aus Moos, Flechten und Graswurzeln zwischen Felsblücken am kleinen Teiche gemacht, 21 ein Fang aus Moos oberhalb des Lomnitzfalles und 3) ein Fang von niederen Pflanzen, ebenda. Die höclisten Fänge wurden auf dem Koppenplan oberhalb der Hampelbaude gemacht und zwar 1) ein Doppelfang unter Steinen, 2) ein Fang von kleinen, verkrüppelten Fichten, 3) ein Fang von Knieholz (ohne Ausbeute) und 4) ein Vüwg aus Moos, theils Hypnum, theils Sphagnum. Alle diese Fänge wurden ausgeführt vom 16. bis zum 19. Oetober d. Js., nachdfm oben schon einmal Schnee gelegen hatte, die Fänge in der Knieholzregion bei sehr kaltem Herbststuim mit Regen, die anderen bei etwai; besserem Wetter. Ausser Spinnenthieren wurden auch Insekten mitgenommen.
Als VergieichsfäDge wurden herangezogen ausser den fünf schon oben näher charakterisirten Fängen von Finken- krug noch zwei Moosfänge aus der Gegend von Neu-Rahns- dorf bei Berlin und ein E'ang unter Steinen bei Nikolassee ebenfalls bei Berlin.
Die beiden Moosfänge wurden am 22. Oetober vorigen Jahres gemacht, der eine auf hochgelegenem, trocken-sandigem, wenig be- schattetem Gelände, der zweite im stark von Gras und andern Pflanzen durchwachsenen nassen Torfmoos und zwar in einem sogenannten Fenn, der dritte am 2. November dieses Jahres im trockenen, halbwüchsigen Kiefernwalde.
Ausser den ottjektiven Verschiedenheiten, d. h. den Ver- schiedenheiten, die auf wirklich vorhandene Verschieden- heiten der Lebensbedingungen zurückzuführen sind, hat man bei Sammelfängen stets auch auf subjektive Unterschiede acht zu geben. Die Zahlen, die uns in den Fängen ent- gegentreten, sind nicht absolute Werthe, wie es die Zahlen bei den IIensen' sehen Planktoufängen und bei den von mir mittels Selbstfängers gemachten Köderfängen sind. Schon die augenblickliche Verfassung des Sammlers kann auf das Ergebnis« des Fanges von Eintluss sein. Noch mehr sind es die äusseren, auf den Sammler einwirkenden Verhält- nisse: Ks ist z. P). klar, dass man bei trockenem ruhigen
Sitzvny roni IS. Noremher 1902. 193
Wettor inehr oinfäni^t als bei Stiinn und Regen. Aber auch dann, wenn die Verfassung des Sammlers und die auf ihn ein\viii<enden Verhältnisse äusserst günstig sind, ivann ein gewisses Maximum nicht überschritten werden. Die Zahl der Spinnen, die ein Sammler in einer Stunde einzeln ein- zn fangen vermag, dürfte im allergünstigsten Falle 500 j<aum übersteigen, — Sind nun gar die Fänge von verschiedenen Sammlern gemacht, so ist noch eine weitere Quelle für subjektive I)ifFerenz(Mi gegeben: man bemerkt beim Sammeln oft zwei oder mehrere Spinnen zu gleicher Zeit. Während man eine derselben greift, entwischt bisweilen die andere. Es ist klar, diiss der ungeschulte Laie zunächst nach dem grösseren und autlallendereü Thiere greifen wird. Auch vom geschulten Laien werden Arten, die sich totstellen und Fremdkörpern ähnlich sind, leichter übersehen als vom Special isten. Der Kenner läuft andererseits Gefahr, seltene Thiere zu bevorzugen, so dass deren Zahl etwas zu gross ausfallen kann.
Die liier vorliegenden Fänge vom Riesengebirge sind nidit alle von mir selbst, sondern theilweise von meiner Frau gemacht worden. An Sorgfalt werden die von ihr gemachten Fänge den von mir ge- machten kaum erheblich nachstehen. Immerhin habe ich sie in der Schluss-Tabelle durcti ein M. 0. kenntlich gemacht. Die oben schon genannten Dojjpclfänge wurden von uns beiden zu gleicher Zeit an demsclbtn Orte ausgeführt. Sie sind in der Tabelle mit I). bezeichnet.
Alle genannten, einem Sammelfange anhaftenden
Fehler(iuellen mahnen uns, in Bezug auf Thierreiclitlium
und Thierarmuth in unsern Schlüssen vorsichtig zu sein.
Hat man sich dagegen einzig und allein die Aufgabe gestellt,
die Verbreitung der Arten in horizontaler und vertikaler
Richtung, nach Lebensbedingungen und nach der Jahreszeit
festzustellen, wie ich es gethan habe, so genügen die Fänge
vollauf, vorausgesetzt, dass sie von einem zuverlässigen
Sammler ausgeführt sind. Bei Untersuchungen über die
Verbreitung kommt es immer nur auf Verhältnisszahlen,
nicht auf absolute Zahlen an. Auch aus negativen Befunden
kann ich an der Hand meiner (juantitativen Fänge in einem
ausgedehnten Maasse Schlüsse ziehen, während dies bei
nicht quantitativem Sammeln immer äusserst unzuver-
lässisr ist.
194 GeseUscluxft naturf&rschender Freunde, Berlin.
Wir kommen jetzt zu der Frage, wie lange man an einem Orte sammeln muss. um ein annähernd richtiges Bild von der Fauna dieses Ortes zu bekommen. Nur eine grosse Zahl von Versuchen kann zu einem richtigen Urtheil in dieser Beziehung führen. Die Zeit ist an den verschiedenen Oertlichkeiten verschieden, je nach der Ergiebigkeit der anzuwendenden Fangmethode.
Am ergiebigsten ist der Fang von Büschen mittels eines Schirmes. Mit dem Schirm kann man nämlich in der gleichen Zeit das verhältnissmässig grösste Areal ab- sammeln und daher die verhältnissmässig grösste Ausbeute erzielen. — Kaum weniger individuenreich sind die Streif- sackfänge von niederen Pflanzen. — Weit umständlicher ist das Sammeln unter Steinen und Rinde und noch mehr Zeit erfordert das Sammeln im Moos, im trockenen Laube, zwischen Wurzelwerk, im Anspülicht etc.
Beim Sammeln von Büschen und niederen Pflanzen srenügt zur Noth eine Viertelstunde, um ein annähernd richtiges Urtheil über die Spinnenfauna eines Ortes zu gewinnen. Beim Sammeln unter Steinen und Rinde ist mindestens eine halbe Stunde erforderlich und beim Sammeln im Moos, Laub etc. muss man mindestens eine Stunde lang thätig sein. Auf jeden Fall ist es aber empfehlenswerth, über diese Minima hinauszugehen.
In der Tabelle am Schluss hahe ich alle Fänge auf die hier an- gegebenen Minima reducirt, so dass die Zahlen also unter einander unmittelbar vergleichbar sind. Die Sammelzeit der ganzen Fänge, aus welchen jene Zahlen berechnet wurden, sind in der Ueberschrift in Bruchtheilen einer Stunde angegeben. Jeder Leser kann also die wirklich gefundene Zahl sehr leicht berechnen. Entstand bei der Re- duction ein Bruch, so wurde nach oben abgerundet, sobald derselbe Vs und darüber betrug, sonst nach unten. Wenn der Fund durch Ab- rundung nach unten ganz verschwunden war, wurde das Vorkommen der Art durch „(1)" angedeutet.
Wenden wir uns jetzt den Schlussfolgerungen zu. so ergeben sich zunächst einige allgemeine Sätze über die Zahl der Arten in den Fängen. Es zeigt sich, dass die Fänge unter Steinen resp. unter Rinde durchweg am ärmsten an Arten sind. Dann folgen die Fänge von niederen Pflanzen, dann die aus Moos gewonnenen und am artenreichsten sind die Fänge von Fichtenzweigen. —
Sitzung vom 18. November 1903. 195
Ferner ergiebt sich, dass die Artenzahl in den Fängen der Ebene und der Vorberge. — abgeseiien von den unter Steinen gewonnenen Fängen — grösser ist als in den eigentlichen Gebirgsfängen und dass die Zahl im Allge- meinen mit der Höhe abnimmt. Natürlich haben diese Schlussfolgerungen, wie auch alle folgenden, zunächst nur für diejenige Jahreszeit, in der die Fänge gemacht sind, d. h für den Oktober Gültigkeit und man könnte glauben, dass das rauhe Herbstwetter im Gebirge früher zur Wirkuntr gekommen sei als in der Ebene. Für die Fänge, welche in der Knieholzregion von Pflanzen gewonnen wurden, mag diese Vermuthung auch berechtigt sein. In jenen Fängen ist nämlich nicht nur die Artenzahl, sondern auch die Individuenzahl äusserst gering. In den Fängen der Wald- region aber, nimmt die Individuenzahl keineswegs nach oben ab. So ist der in einer Höhe von 800 m von Fichten gewonnene Fang sogar der individuenreichste von allen. Die Abnahme der Arten nach oben muss also andere, ganz allgemeingültige Ursachen haben. Welcher Art diese Ur- sachen sind und wie dieselben wirken, das werden viel- leicht weitere Untersuchungen ergeben. Hier mag vorläufig nur die Thatsache festgestellt sein.
Wenden wir uns jetzt den einzelnen Arten zu, so er- geben sich weitere Resultate. Ich möchte dieselben recht klar hervortreten lassen und habe deshalb in der nach- folgenden kleinen Tabelle zunächst nur die (im October) auf Fichten häufigsten Arten berücksichtigt, nur diejenigen Arten, die in 13 oder mehr Individuen gefunden wurden. Die häufigsten Arten sind für eine Beweisführung am ge- eignetsten, weil ihr Fehlen in einer Reihe von Fängen gar- nicht anders zu deuten ist, als durch die Annahme, dass die betreffende Art an jenem Orte wirklich fehlt oder äusserst selten ist. Eine an und für sich schon seltene Art kann natürlich zufällig viel leichter in einem Fange ganz fehlen.
Die Tabelle III lässt drei Verbreitungsgrenzen ziemlich scharf hervortreten. Die erste Abgrenzung fällt mit der oberen Waldgrenze zusammen und liegt demnach auf etwa
196
Gesellsc/ui/t natprfwschendei- Freunde, Berlin.
Tabelle III.
Die auf Fichten (im October) häufigen Arten.
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Lepldhyplumtes mughi |
1 |
23 |
66 |
1 |
||||||||
Linyphia j)hryginna . |
2 |
9 |
7 |
17 |
18 |
|||||||
Epeira dromedaria . . |
2 |
1 |
6 |
2 |
. |
|||||||
Lephthyp/umL'S obscurns |
2 |
1 |
3 |
6 |
2 |
i |
2 |
|||||
Meta merianae . . . |
1 |
3 |
14 |
7 |
1 |
20 |
3 |
|||||
Fkilodroiims aureolus . |
1 |
2 |
4 |
12 |
26 |
4 |
1 |
|||||
Theridium varians . . |
, |
11 |
4 |
6 |
3 |
4 |
4 |
|||||
Dictyna pusilla . . . |
l |
2 |
11 |
1 |
||||||||
Anyphaena uccentiiuta |
6 |
12 |
17 |
|||||||||
Tetraynatha solandri . |
. |
5 |
5 |
3 |
1000- 1100 m. Die zweite Grenze liegt auf etwa 750 bis 800 m und die dritte unterhalb 400 ra. Die letztere schliesst das Gebirge nach unten gegen die Ebene ab. Im Nach- folgenden sollen die vier Regionen von oben nach unten als Knieholzregion, obere Waldregion, Region der Vorberge und Region der Ebene bezeichnet werden.
Die Arten sind, wie die Tabelle erkennen lässt, grösstentheils über zwei oder mehrere Regionen verbreitet. Manche Arten verschwinden auch mitten in einer Region und fügen sich also nicht genau dem Schema. Immerhin glaube ich, dass die durch die Tabelle vorgezeichnete Ab- grenzung für die Spinnenthiere des Riesengebirges recht naturgemäss ist und ich habe deshalb im Nachfolgenden die sämmtlichen Arten, die ich jetzt im Oi^tober auf meiner Reise fand, unter Benutzung der Riesengebirgslitteratur nach diesem Schema gruppirt. Da bei dieser Gruppirung die Fänge, welche aus der Gegend von Berlin zum Vergleich herangezogen sind, in Zahl, Umfang und Variation etwa den im Riesengebirge gewonnenen Fängen gleichkommen, gestatten dieselben einen ausgedehnten Vergleich beider Faunen.
Sitzun(j vom ib'. Norcnibcr 1902.
197
rcfuiulcü
ver-
111
<re-
A. Typische Gobirgsformon. ')
I. Arten, die nur in der Knieholzregiou wurden:
Lycüsd saltuaria, CcnilincUa scabrosa.
Hilaira niuntiyena,
II. Arten, die in der Knieholzregion und der oberen Waldregion gefunden wurden:
oLi'phthijp/Kintes )nu<jhi, Centroments pubulator,
oBolyphdutc.s (ilticeps, Centromerus arcamis.
Fcdanostetlius truncormn,
III. Arten, die über die drei oberen Regionen breitet gefunden wurden:
Lephthyphau tes tenebricola, Diplocephalus latifrons, Brachi/cen tnt in thordcatu in ,
IV. Arten, die nur funden wurden:
vtBrnchycentrum elotujatuvi, Hilaira excisa,
V. Arten, welche zugleich in der oberen Waldregior und in der Region der Vorberge oder nur an der Grenze dieser beiden Regionen gefunden wurden:
oEpcira drouiedaria, Harpactes lepidus,
oLinyphia phryijiana, oCryphoeca sylvicola,
Walckenaera melanocepliaUi, Amaurobius fenestralis.
Lophomma vivum,
VI. Arten, die nur in der Region der Vorberge ge- funden wurden:
oTheridium pallens, oPhilodromus maryaritatus,
oLinyphia peltata, Hahnia pusiUa, 0 — insi<jnis, Tcyenaria sylvestris,
Micryphantes corniycr, Clubiona eorticalis.
B. Bewohner der Ebene, die bis in die Berge verbreitet sind:
VII. Arten, die von der Ebene bis in die KnieholE- region hinaufgehen:
Oxyptila trux, Coelotes tcrrcstris, Amaurobius claustrarius.
der oberen Waldregion
oLephthyphaii tes alacris.
') In dieser Zusammenstellung sind die mit einem Stern bezeich- neten Arten nicht in Chyzer et Kulczynski, Arancae Hunyariae ent- halten und deshalb von mir in eine entsprechende Gattunfr eingetragen. Die mit einem kleinen Kreis ausgezeichneten Arten kommen aus- schliesslich oder häufig auf den Blattern und Zweigen der phaneroganien Pflanzen vor. Die gesperrt gedruckten Arten sclieinen bisher in Deutschland noch nicht gefunden zu sein,
198
Gesellscluift naturfürschcndtr Freunde, Berlin.
Wakkenaera cuctdla ta, oGoiKttiuni isahellinurn,
Miniirioliis pusiUus, oClnbionn reclnsa,
Drassus troijlodytes.
der Ebene bis
in die obere
Pachyynatha deijeeri, oEpeira diadenuita, oMicryphantes rxrcstris, oEri(jone atra,
Walckenaera antica,
VIII. Arten, die von Waldregion verbreitet sind:
oMeta merianae, oCydosa conica, oDrapetisca socialis, 0 Linyphia trianyularis, o — pusilla^ oLephthyphantes obscurus, — mansuetiis,
Macraryus rufus,
IX. Arten, die zugleicli in der Ebene und in den Vor- bergen gefunden wurden:
Walckenaera acu m iiia tu, o Theridiu m sisyphiu m, oXysticiis pini, 0 — bifasciatus, oL'lubiona subsultans, o — pallidula,
Zora nemoralis.
oEpeira cucurbitina, oHyptiotes puradoxus, o L tnyphia mon tuna, 0 Lephthyphan tes cristn tus,
Bathypltantes concolor, *]\Iicroneta subtilis,
Centromerus bicolor, — sylvaticHS,
Focadicnemis pumila, *Diplocephalus hiemalis, o — humilis,
oEntelecara acuminata,
Peda nostethiis lividus, o Theridiu m varians, o — bi)naculatum,
oEro furcata, oFachyynatha dercki, oSeyestria senoculata, oDictyna pusilla, oPhilodro)nus aureolus, o — dispar,
Neon reticulatus, oClubiona compta, o — frutetoruin, oZora spinimana.
die
lAjphomma herbiyradaum,
Gonyylidiellum murciduni, ol.ycosa luynbris.
Tapinocyba insecta,
C. Formen der Ebene. X. Arten aus den Vergleichsfängen von Berlin bisher nicht im Gebirge gefunden sind :
oEpeira angulata, oBathyphantes niyrinus,
o — diodia, oVorrliomma pyymaeum,
oTetraynatlia solandri, Centromerus incilium,
oVacltyynntha. lister i^ — expertus,
o Li nyphia hortensiy, *Oreonetides imbecillior^),
*) Ich bt^sitze ausbcr dieser neuen Art iiocli eine zweite ebenfalls neue Art der STRANu'schen Gattung resp. Untergattun": (heonctidcs, beide in der Umgeiiung von Kerlin gefunden. Die Stammart der Gattung 0. rayinata besitzt unser Museum nicht. Die drei Arten der Gattung lassen sich nach folgender Uebersicht leicht unterscheiden. Ausführlicher beschreiben werde ich die beiden neuen Arten bei einer späteren Gelegenheit. I. Die drei mittlen n Zähne am vorderen Falzrand der Mandibeln von annähernd gleicher Grösse (im Ganzen sind 5 vorhanden), am
Sitzun(j vom IS. November 1902. |99
Oon(itiu)ii ruln'iis, Ayroecd briDinea,
Wdlckeiiuera ciispicldtd, oAnyphaena acventttaUt,
— tmicornis, Hdluüd elcyaii.s;
— Jucioid issiiiKt, O.vi/ptihi liorticuht, 'XotiuS(opi(S sarcinatun, oXy.stieus ulmi. oGon(jylidinm rufipes, o — kochi, oTrcmatocep/uilu.s cristatiis, oDiaea dorsata, *Diplu(epludus frontatHs, Lycosa puUata,
Cnephalocotcs interjectus, — pratmtya,
oDieijplius cornutus, Pirata piraticutt,
"CeratineUa rotunda, — lutitans,
Pholcomtiui (jibbum, Trochosa terricola. oTheridium tinctuiii,
Wenn in dieser Gruppiriing die Fauna von Berlin als Fauna der F^bene der Gebirgsfauna gegenübergestellt ist, so rnuss zunächst in Erwägung gezogen werden, dass das Riesengebirge ca. 250 km südöstlich von Berlin liegt. Da nämlich erwiesen ist. dass sowohl nach Osten als nach Süden hin. auch unter sonst gleichen V'erhältnissen, Formen verschwinden und neue Formen auftreten, so könnten immer- hin einzelne Abweichungen auf Rechnung dieser südöst- licheren Lage kommen. Verdeichen wir aber die Fauna
Hinterraml 5 — G sehr kleine, distalwärts gleichmässig ein wenig an Grösse almeLmende Zähne. Das Triohobothriuni (Hörhaar) des ]. Metatarsus steht etwa in der Mitte des Gliedes. Die hinteren Mittelaugen sind um ^'4 ihres Durchmessers von einander, um l'/* ihres Durchmessers von den hinteren Seitenaugen entfernt. Der
Cephalothorax ist 1,7 mm lang O. validior n. sp.
(Sollte Linijplda proletaria L. KoCH aus Sibirien in diese Gattung und nicht in die Gattung Hiluira gehören, so würde sie leicht da- durch von 0. validior zu unterscheiden sein, dass die Augen der hinteren Reihe um das Doppelte ihres Durchmessers von einander entfernt sind.) II. Die drei mittleren Zähne am vorderen Falzrand der Mandibeln distalwärts an Glosse stark abnehmend: das Trichobothrium des 1. Metatarsus weit vor der Mitte des Gliedes (wenig hinter '3) (ob auch bei 0. vmjinatal).
A. Die hinteren Mittelaugen von den Seitenaugen kaum um ihren Durchmesser getrennt und von einander noch weniger. Am hinteren Falzrande der Mandibeln 4 — 5 gedrängte Zähnchen, von denen der proximale stark prävalirt. Der Cephalothorax 0,8 — 1,2 mm lang O imbeciUior 11. sp.
B. Die hinteren Mittelaugen nach L. Küch von einander um ihren Durchmesser, von den Seitenaugen um das Anderthalbfache ihres Durchmessers getrennt (nach Si.mon sogar um das Do|)pelte). Am hinteren Falzrand der Mandibeln nach L. Koch nur 3 Zähne. Der Cephalothorax 1,7— 2 mm lang.
0. va<jinata Thor. {= adipata L. Koch).
200 Gesellscluiß mdur/orschender Freunde, Berlin.
von Berlin mit der der genau erforschten, mehr als doppelt so weit entfernten ungarischen Ebene, so ergiebt sich, dass dieser Faktor sehr gering anzuschlagen ist. Es sind, wie man sich leicht aus der Zusammenstellung überzeugt, in dieser Arbeit von Berlin nur fünf Arten genannt, die nicht aus Ungarn bekannt sind, und auch von diesen fünf Formen ist es noch keineswegs sicher, ob nicht wenigstens ein Theil in Ungarn noch gefunden wird.
Aus der Zusammenstellung geht nun zunächt hervor, dass die Ebene wenigstens ebenso viele Specialformen be- sitzt (35) wie die drei Gebirgsregionen zusammen (32) und dass eine fast doppelt so grosse Zahl (54) dem Gebirge (die Vorberge eingerechnet) mit der Ebene gemein sind. Zehn Arten gehen sogar von der Ebene bis in die Knie- holzregion. Von den (54) der Ebene und dem Gebirge gemeinsamen Formen kommt die Mehrzahl (34. in der Uebersicht durch einen kleinen Kreis ausgezeichnet) ent- weder ausschliesslich oder doch htäufig auf Blättern und Zweigen phanerogamer Pflanzen vor, während eine geringere Zahl von Arten (20) ausschliesslich am Boden, (d. h.. entweder am nackten Boden oder zwischen Moos. Pflanzen- wurzeln etc. oder unter Steinen) oder unter Rinde vorkommt. Bei den Specialforraen sowohl der Ebene als der Gebirgs- regionen ist das Verhältniss gerade umgekehrt. Von den 36 Formen der Ebene leben 20 am Boden und nur 15 dauernd oder vorübergehend auf Pflanzen. Von den 32 Gebirgsformen leben sogar 21 am Boden und nur 11 auf Pflanzen. Man erkennt also, dass die auf Blättern und Zweigen lebeuden Spinnen durchschnittlich weniger lokal- verbreitet sind als die am Boden lebenden. Es ist das ein allgemeingültiger Satz, der sofort verständlich wird, wenn man bedenkt, dass die auf Pflanzen lebenden Arten in den reichlich von ihnen erzeugten Fäden ein besseres Ver- breitungsmittel (fliegender Sommer) besitzen als die Boden - thiere. Eine Folge von dieser Thatsache ist die, dass fiir die Feststellung der \'erl)roitung im engeren Rahmen, z. B. innerhalb eines Landes, die auf Pflanzen lebenden Formen im Durchschnitt die wenigsten Anhaltspunkte liefern.
Was die Unterscheidung" der Fauna von niederen
Sitzutuj vom 18. yoteinber 1002. 201
Pflanzen und von Gesträuch resp. Bäumen anbetrifft, so ergeben meine Fänge die beachtenswerthe Thatsache, dass sich der Unterschied mit zunehmender Höhe immer mehr verwischt. Der höchste Fang von niederen Pflanzen enthält, ebenso wie der höchste Fang von Fichten, nur noch eine einzige Art und zwar ist es in beiden Fällen dieselbe Art. Lephthiiphuntes ninghi. Es mag diese Erscheinung wohl darin begründet sein, dass die Bäume nach oben immer kleiner werden, dass der Unterschied der Lebensbedingungen, welche Bäume und niedere Pflanzen bieten also immer geringer wird.
Die Sätze, welche ich hier entwickelt habe, gelten allerdings zunächst nur für den Oktober. Um nämlich ein richtiges, allgemeines Urtheil über die Spinneufauna einer Gegend zu gewinnen, muss man die Beobachtungen ein ganzes Jahr hindurch fortsetzen. Die meisten Spinuenarten gelangen nämlich nur zu einer ganz bestimmten Jahreszeit zur Reife. Dabei kann es freilich vorkommen, dass junge und unreife Thiere zu jeder Jahreszeit zu finden sind. Viele Arten aber giebt es. die man in der einen Hälfte des Jahres weder in jungen noch in reifen Exemplaren findet. Durch Serienfänge, die ich bei Berlin an verschiedenen Oertlichkeiten ein ganzes Jahr hindurch fortgesetzt habe, bin ich zu dem Schluss gelangt, dass man ein annähernd richtiges Resultat bekommt, wenn man dreimal im Jahre alle verschiedenen Fänge wiederholt, einmal im Vorsommer (Anfang Juni), einmal im Hochsommer (Mitte August) und einmal nach dem ersten Herbstregen (Mitte Oktober). Die Oktoberfänge sind am schnellsten zu bewältigen, weil als Lokalitäten nur diejenigen in Betracht kommen, welche Schutz gegen die Unbilde der Witterung gewähren. — Sollen also die hier begonnenen Untersuchungen einen höheren Werth erlangen, so müssen sie gelegentlich im Vorsommer und Hochsommer ergänzt werden.
Die Verbreitungsgrenzen der einzelnen Arten, wie sie in dieser Arbeit zu Tage treten, werden vielfach etwas modificirt. theils erweitert, hier und da aber vielleicht auch eingeschränkt werden müssen. Aenderuugen werden nament- lich bei denjenigen Formen nöthig sein, die im Oktober selten
202 Gesellschaft naturforschetider Freunde, Berlin.
ZU finden sind. — Vereinzelte Funde gestatten nie ein richtiges Urtheil. Darin besteht eben in erster Linie der Vorzug des quantitativen plannüissigen Sammeins, dass man den Werth eines einzelnen Fundes auf das richtige Maas zurückführen kann. Vereinzelt kommen die meisten Spinnen- arten auch in Gegenden vor, in denen sie nicht heimisch sind. Schon hier in dieser Arbeit konnte ein vereinzelter Fund bei der Gruppirung gleichsam ignorirt werden: Brachy- centrum thoracatum fand ich bei Bei-liu bisher überhaupt nur in einem einzigen Exemplar, obgleich ich an geeigneten Orten, wie ich in einer späteren Arbeit zeigen werde, recht viel gesucht habe. In den Gebirgsfängen findet sie sich in grosser Zahl. Ich schliesse daraus, dass die Art im Ge- birge zu Hause ist und dass sie nur gelegentlich — viel- leicht im jugendlichen Alter auf fliegenden Fcäden — zu uns gelangt.
Es ist sehr zu bedauern, dass die fleissige und sorg- fältige Sammelthätigkeit, die manche Forscher den Spinnen haben angedeihen lassen, nicht etwas planmässiger vorge- nommen wurde. Eine Angabe wie „nur einmal gefunden" nützt uns garnichts, wenn wir nicht wissen, wie lange der Autor am geeigneten Orte gesucht hat. Allgemeine Aus- drücke wie „selten", „sehr selten" etc. sind noch werth- loser, weil wir, abgesehen von der eben genannten Un- sicherheit, auch nicht einmal wissen, was der Autor ^selten" oder „sehr selten" nennt. Vielleicht ist er sich darüber vielfach selbst nicht ganz klar geworden.^) Auch die An- gaben über sogenannte häufige Thiere geben vielfach ein falsches Bild von ihrer Verbreitung. Ich will hier nur ein Beispiel nennen : vom Lephthyphantes miiglii wird angegeben, dass er auf Legeföhren in der Knieholzregion vorkomme. Meine Fänge zeigen auf den ersten Blick, dass das Hauptwohn- gebiet dieser Art die obere Waldregion ist und nicht die Knie- holzregion. Vor der Hand müssen wir deshalb mit Schlüssen aus früheren Beobachtungen äusserst vorsichtig sein.^)
') Der einzige Autor, der, so viel icli soho, sich einmal klar darüber auspesprocheii hat, ist 0. P. Cambridge in Zoologist v. 18, p. (5893 ff.
^) Man vertfleiche in dieser Beziehung auch meine früheren Aus- führungen über Kriijondlu kiemalis. Die von mir angegebene Ver-
Sitzung niiu 18. Noreinötr 1902. 203
Um Missverständnissen vorzubougen, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass mehrere Formen, die in dieser Arbeit der Fauna von Berlin «gegenüber als Ber*j;furmen erscheinen, in gewissen Theilen der norddeutschen Ebene, namentlich den nördlichen Theilen. heimisch sind. Ich nenne hier nur die folgenden:
Linyphin insiiinis, Coclote^ tirrtvtris,
Theridiiim pallens, Aiiiaurobhts foic^tratifi,
Onjphoeai sylvicola, Clulnunn corticalia. Hahnia pusilUi,
Ob es berechtigt ist, diese Formen trotz ihres Vor- kommens in der Ebene als Bergformen zu bezeichnen, mag vorläufig dahingestellt sein. Wir müssen die Fauna Deutsch- lands erst gründlicher auf Spinnen durchforscht haben, bevor wir derartige Fragen entscheiden können. Ich möchte hier nur eine der vielen Fragen, die ein allgemeineres Interesse besitzen, gestreift haben. Dringend erwünscht ist es. dass an recht vielen Orten weiter gesammelt werde. Es möge aber jeder Sammler plaumässig vorgehen und die Resultate seiner Forschung in tabellarischen Uebersichten geben. Werden die Arten sorgfältig bestimmt und einge- tragen, so behalten derartige Tabellen für alle Zukunft ihren Werth.
Herr R. Hartmeyer sprach über Varietätenbildung und eine geographische Varietät von Ciona intesti- nalis (L.)
Unter dem Ascidienmaterial der Bremer Expedition (1889) befand sich eine Anzahl von Kükkxthal in der Albrechtsbai gesammelter Cionen, die sich durch ihre äussere Körperform so auffallend von der tj^pischen Ciona intestinalis (L.) unterschieden, dass ich die Aufstellung einer neuen Art für nothwendig erachtete'). Inzwischen habe ich reichlicheres Cionenmaterial aus verschiedenen arktischen Meeren erhalten, welches mir Gelegenheit bot, weitere Unter-
brcitungsgrenze ist durch den Fund bei Hiisthbcrg- sclion duicbbrochcn. Ob es sich hier um ein inselartiges Vorkommen liandelt, muss noch nachgewiesen werden.
>) Zool. Jahrb. Syst., v. 12, p. 502.
204 GeseUschuft naturforscliender Freunde, Berlin.
suchimgen über diese interessante Form anzustellen. Zu- nächst konnte ich feststellen, dass alle hocharktischen Cionen die gleiche charakteristische äussere Körperform zeigen — der lange cylindrische Körper verjüngt sich unterhalb der Darmschlinge zu einem Stiel, der 7?- '^is '/a fler Körper- länge erreicht und sich an seinem Ende zu einer Haftscheibe verbreitert — es sich mithin bei den Stücken aus der Albrechts- bai nicht um individuelle Variation, sondern um constante, allen hocharldischen Cionen gemeinsame Charactere handelt. Ferner lionnte ich eine Anzahl Cionen von der Murmanküste und von der Bären Insel untersuchen, welche in über- zeugender Weise den Uebergang von der typischen C. in- testinalis zu der hocharktischen Form vermitteln. Endlich konnte ich feststellen, dass die innere Anatomie aller dieser Formen keine Unterschiede aufweist. Diese Befunde recht- fertigen die Aufrechterhaltuug einer besonderen Art für die hocharktische Form nicht mehr. Es fragt sich nun. ob man der hocharktischen Form den Werth einer Varietät zuerkennen soll. Gestielte Exemplare von C. intestinalis sind nämlich nicht auf die arktischen Meere beschränkt. Herr Geheimrath Prof. F. E. Schulze machte mich in liebenswürdiger Weise auf das Vorkommen gestielter Exemplare im ■ Mittelmeere aufmerksam und stellte mir entsprechendes Vergleichsmaterial zur Verfügung, während Herr Prof. Seeliger mir brieflich mitgetheilt hat. ein ge- stieltes Exemplar aus dem südlichen Norwegen zu besitzen. In keinem dieser Fälle ist der Stiel aber in so extremer Weise ausgebildet, wie bei den hocharktischen Exemplaren. Bei den Mittelmeerstückeu ist ein Stiel nicht allzu selten, aber seine Länge beträgt höchstens Vs <ler Körperlänge und er verbreitert sich nicht an seinem Ende zu jener eigen- thüm liehen Haftscheibe Morphologisch ist demnach die hocharktische Form von der ungestielten C. intestinalis nicht zu trennen, da beide durch Uebergäuge mit einander ver- bunden sind. Da sich bei ersterer aber ein äusserer Charakter, der bei C. intestinalis nur gelegentlich auftritt, in extremer Weise entwickelt und constant geworden ist. dieser constant gewordene Charakter aber gleichzeitig Be-
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Ziehungen zur geographischen Verbreitung erkennen lässt, halte ich es für zweckmässig, die hocharktische Form als eine geographische Varietät zu betrachten und benenne sie C. intestiuaUs (L.) var. longissima IIaktmk. Eine eingriicndere Behandlung dieser Frage behalte ich mir für meine Be- arbeitung der arktischen Ascidieufauna (Fauna arctica) vor.
Herr Carl Börner sprach über die Grliederung der Laufbeine der Atelocerata Heymons. ')
K. W. Vkrhoeff's Aufsatz: „Vergleichende Morpho- logie der Laufbeine der Opisthoyoneata (Chüopoda, CoUemhola, Thysanura, Insecta)'' ^) veranlasste mich, eine genaue Unter- suchung über die Gliederung der Laufbeine der Myriopoden und Insekten vorzunehmen, deren Resultate ich hier kurz vorläufig bekannt machen möchte. Eine ausführliche Arbeit über das vorliegende Thema mit zahlreichen Abbildungen wird in den „Zoologischen Jahrbüchern von L W. Spen- gel" erscheinen.
Trotz der umfangreichen Litteratur. welche bereits über die Laufbeine der Myriopoden und Insekten geschrieben worden ist. scheint man noch nicht zu einem richtigen Resultat über die Homologie der Gliederung derselben bei Pro- und Ojjisthogoneata gelangt zu sein. Selbst innerhalb der Hexupoda hatte man noch nicht überall die gleicli- werthigen Stücke erkannt, wie z B. bei den CoUemhola. wo weder Lubbock'') und Tullberg^). denen sich Willem^)
^) Mit Untersiuiiungsinaterial unterstützten mich in liebenswürdigster Weise die Herren Professoren Dr. F. Dahl, Dr. F. Karsch, H. J. Kolbe, sowie die Herren Dr. G. Endehlein, Dr. K. Grünberg, Dr. R. Hey- MONS, Dr. K. Vekhoeik und M. Ude; allen diesen Herren möchte ich auch hier meinen wärmsten Dank für ihr freundliches Entgegenkommen aussprechen.
*) Beiträge zur vergleichenden Morphologie des Thorax der In- sekten mit Berücksichtigung der Chilopoden. Abschnitt I. In: Nova Acta, Abh. d. Kaiserl. Leop.-Carol. deutsch. Akad. d. Naturforscher, Bd. LXXXI, No. 2, 1902.
*) J. Lubbock: Monograph of the Collemholn and Thysanura. London, Ray. Soc. 1873.
*) T.Tullberg: Sveriges Podurider. K.Svens. Akad. Handig. X. 1871.
*) V. Willem: Recherches sur les CoUemboles et les Thysanoures. Mem. cour. publ. par TAkad. roy. Belgique. T. LVllI. 190U,
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anschloss, noch der Verfasser'), noch auch Verhoeff bisher das Richtige getroffen haben. Bei Chilopoden und Hexapoden nahm man allgemein das Vorhandensein einer Coxa, eines Trochanter, eines Femur, einer Tibia und eines 1- oder mehrgliedrigen Tarsus an und identificirte in basi- fugaler Reihenfolge die einzelnen Glieder in richtiger Weise. Verhoeff will dagegen den Trochanter der Chüopoda den meisten Uexapocla abstreiten, schreibt ihn in typischer Aus- bildung unter ihnen aber den Odonata, der Malachide Wiagonyclm fulva-) und moxiQhQn ectotrophen Thysanura'^] zu. während er das allgemein als Trochanter bekannte Glied der Hexapoda dem Femur der Chüopoda gleichsetzt und dementsprechend die distalen Beinglieder bezeichnet. Dqh Progoncata. (speziell den Diplopodu) sollen nach der augen- blicklich landläufigen Auffassnug eine Coxa. ein Femur, eine Tibia, ein mehrgliedriger Tarsus und nur selten ein kleiner Trochanter zukommen, und meines Wissens giebt nur Hansen^) für die Pauropoda Coxa, Trochanter, Femur, Tibia und einen 1-. oder 2gliedrigeu Tarsus in normaler Ent- wicklung an. —
Dass man bisher die Beingiieder der Pro- und Opistho- (jontata nicht in richtiger Weise homologisirt hat, hat. wie ich glauben möchte, seinen Grund einmal in der fast voll- ständigen Vernachlässigung des Baues der verschiedenen Gelenke, dann in der unzureichenden Kenntniss der zuerst von Verhoeff für diesen Zweck mit herangezogenen Muskulatur.
Da die in den folgenden Zeilen mitgetheilten That- sachen z. Th. mehr oder weniger genau, schon in ver- schiedeneu Werken systematischen Inhaltes und einigen Lehrbüchern (z. B. Kolbe, Einführung in die Kunde der Insekten) beschrieben worden sind, die anzuführen hier zu
') C. Börnek: Neue Collcmbolenformen und zur Nomenklatur der Collemhola. Zool. Anz., Bd. XXIV, No. 6.^7/058, 1901.
') Das von Verhoeff bei diesen Formen als Trochanter inter- pretierte „Glied" ist ein fest mit dem -wirklichen Trochanter verbun- denes „Strictum".
*) H J. Hansen: On the Genera and Species of the Order Pauro- podn Vidcnsk. Nh'dd. frn den Nntnrli Foren i Kjn-'benhavn, 1901.
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weit führen würde, so möchte ich noch hervoriiel)en. tlass es mir hier nicht darauf ankoiiimt, nur neue und iinbei<auute Verhältnisse zn beschreiben, sondern vornehmlich eine zu- sammenhängende Darstellnni;- (Nm- für mein Thema noth- wendigen morphologi-sclien Grundlagen zu geben, von denen gewiss der eine oder andere Punkt bisher unbekannt ge- blieben sein dürfte, die aber sicher noch nicht von einem einheitlichen (lesichtsjjunkt ans betrachtet worden sind.
A. Vergleichende Morphologie der Laufbeine. I. Die Ebenen des Beines. Wie an jedem bilateral symmetrisch gebauten Körper können wir auch an den Laufbeinen ^) der Ateloceratu 3 Hauptebenen unterscheiden, die Sagittal-. die Frontal- und die Transversale bene. Wenn die Laufbeine im einfachsten Falle in der Hube annähernd in der Transversal- ebene des Körpers liegen (inauche Myriopoda, Insekten- larven, mittleres Beinpaar vieler Hexupoda). so ist ihre Längsaxe senkrecht zur Körperlängsaxe gestellt. Denken wir uns nun ein Bein gerade ausgestreckt, so können wir durch seine Längsaxe naturgemäss 2 Hauptebenen legen. Die Sagittalebene schneidet von oben nach unien durch das Bein, theilt dieses also in eine vordere und eine hintere Hälfte und fällt im einfachen, ursprünglichen Falle mit der Transversalebene des Körpers zusammen. Krümmt sich ein Bein, so krümmt es sich für gewöhnlich in dieser Ebene. Die Frontal ebene steht lotrecht zur Sagittalebene. geht aber ganz durch die Längsaxe des Beines; sie theilt das Bein in eine obere und untere Hälfte; ist ein Bein gekrümmt, so zerfällt sie in genau die gleiche Zahl winklig zu einander stehender Theilebenen. als Beinglieder gegen einander ge- krümmt sind. Die Transversalebenen des Beines schneiden die Längsaxe desselben rechtwinklig. Nur die beiden ersten Ebenen sind für uns von Interesse.
*) Annähernd genau bilateral symmetrisch sind die Laufbeine nur bei einer Anzahl der Proijoneitta, bei den übrigen Kornuii lieirt nament- lich in den basalen Gliedern oft eine mehr oder weniger deutlielie bilaterale Asvnniietrie vor.
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II. Die Lagebeziehungen und Gelenke der Bein.
glieder.
a. Coxa und Coxo trochanteralgelenk.
Die Hüfte (Coxa, Co) ist stets das Grundglied des Beines und mit dem Sternum, resp. dessen Abkömmlingen ') entweder artikulirend verbunden oder mit diesem melir oder weniger verwachsen (bei manchen Lepidopterenlarven z. B.)- Sie stellen mit seltenen Ausnahmen einen vollständigen Ring dar, welcher distal stets (l oder) 2 Gelenkhöcker besitzt, die vorn und hinten mehr oder weniger genau in der Frontalebene des Beines liegen. Der vordere, bis- weilen auch der selten rückgebildete hintere Gelenk- höcker werden meist durch chitinige Längsleisten (L) ge- stützt, die auch Muskeln zum Ansatz dienen können (Verhoeb^f). Das nächstfolgende Glied bewegt sich gegen die Coxa stets mehr oder weniger ggnau in der Sagittal- ebene des Beines, und zwar so, dass dasselbe nach oben und unten über eine zwischen Coxa und Trochanter gelegt gedachte Gerade ausschwingen kann, in grösserem Maasse stets nach oben (aussen).
Eine besondere Bildung findet sich zwischen der Coxa und dem nächstfolgenden grösseren Beingliede bei manchen Beinpaaren einiger Progoneata (z. B. PoJyxcnidae, Poli/des- midue, Julidae). Dieselbe stellt einen schmalen, geschlossenen oder auf einer Seite offenen Schaltring (Fig. 12, Cop.) dar. dessen Gelenkhöcker genau zwischen denen von Coxa und Trochanter des ursprünglichen Coxotrochanteralgelenkes liegen.-) Bisher hat man diesen Schaltring als Trochanter gedeutet, eine Auffassung, die nicht mit den hier weiter zu entwickelnden Thatsachen zu vereinen ist.
b. Trochanter und Tr ochanterofom oral gel enk.
Der Trochanter (Schenkelring, Tr.) ist stets das
*) Vehiioefk nimmt mit vielen anderen Forschern die fraglichen Stcrnalabkihnmlinge als PI euren in Anspruch, eine Anschauung, deren Unrichtigkeit ich in einer in Bälde erscheinenden Schrift im „Zoolog. Anzeiger" nachgewiesen habe.
') Vehhoei r bildet denselben ?.. B. von l'uli/.ceuus loßurus Latr. ab, oline sich leider über seine Bedeutung auszusprechen: üeber liFülxenus Uujinns (L.). Zool. Anz., Ud. \1\, Mo. 5UÜ, 1S96.
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endwärts auf die Hüfte (nur bei nianchen Diplojjoda auf den KompleraentäiTing) folgende Glied, welclies mit seltenen Ausnahmen (z.B. manche ScoJopendriden, manche Lepidopteren- larvcn) einen geschlosseneu Ring darstellt. Va- bildet über- all mit der Coxa das charakteristische Coxotrochanteral- gelenk, mit dem nächstfolgenden Beingliede aber verschieden- artige Gelenke.
Bei \\e\enProgoneata(Si/mphyla, Paurojyoda, Polyxenidaei?), Jididac, manchen Poli/desmidae [Fig. 1, 10, up ist zwischen Trochanter und dem nächstfolgenden Gliede. dem Femur, ein in jeder Hinsicht dem Coxotrochanteralgeleuk gleichen- des Gelenk ausgebildet, auch ist die Excursionsweite für gewöhnlich bedeutender nach oben hin; die beiden Gelenk- höcker liegen vorn und hinten in der Frontalebene des Beines.
Bei einigen Pol/jdesmiden (z. B. Polydesmus illyricus Verh ) fehlt der hintere Gelenkhöcker im Trochantero- femoralgolenk, der vordere, einzige liegt in der Froutalebene des Beines, sodass hier ein Drehgelenk mit nur einem Angelpunkt (monokondylisches Drehgelenk) vorhanden ist.
Von den Chihpoda ist Scutigera meines Wissens die einzige Form, bei der zwischen Femur und dem scheiben- förmigen Trochanter ebenfalls nur ein einziger Gelenkhöcker ausgebildet ist. Wie bei den letztgemeinten Pro(joneuto.n liegt auch bei dieser Form der Gelenkhöcker auf der vorderen Seite, wodurch Scutigera nicht nur den übrigen Chilopoda, sondern auch den Uexapoda gegenüber in einem wichtigen Gegensatze steht.
Ein „monokondylisches' Drehgelenk findet sich ferner bei den entotrophen Thysamira und den Colkmbola (Fig 7 b, C). Bei diesen Formen liegt der einzige Gelenk- höcker aber auf der Hinter seite des Beines, sodass wir das letzte Gelenk nicht von dem ähnlichen jeuer Progoneata und Scutigera ableiten dürfen.
Bei den übrigen Chilopoda und Hexapoda finden wir zwischen Trochanter und Femur das in seiner Bedeutung zuerst von Dahl *) erkannte „syndetische" Drehgelenk. Die
') F. Dahl: Beiträge zur Kenntniss des Baues und der Funktionen der Insektenbeine. Inaugural-Dissertation, Kiel 1884.
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Angelpunkte liegen in der Sagittalebene des Beines, oder doch annähernd in derselben, entweder am Ober- und Uuterrande des Beines, oder oben und unten auf der Hinterseite oder endlich auf der Mitte der Hiuterseite und dicht unter dem Oberrande auf der Vorderseite. Letzteres trifft für die Scolopendriden zu. bei denen der Trochanter oft keinen vollständigenRing darstellt, sodass das Femur oben direkt an die coxotrochanterale Gelenkhaut stösst. Charak- teristisch ist für die Formen mit syndetischem Trochantero- femoralgelenk die mehr oder minder ausgeprägte schräge Lage des Endrandes des Trochanter.
c. Femur, Tibiotarsus und deren Gelenke.
Distal folgen auf den Trochanter stets Vollringe resp. Röhren in verschiedener Anzahl. Ausser dem Klauengliede folgen im einfachsten Falle nur noch 2 Glieder (Vorderbeine einiger Scolopendrella- Arten [Fig. 1]. Collembola [Fig. 13], Thi/sariojjtercn-LavvQü [Fig. 2], einige liydrocoriden [Mono- nychinae], manche Tenthrediniden-hRYven [a. e. Cimhex], gewisse Mallophagen [Fig. 3], Larven der heteroplmgen Co- leoptercn [Fig. 4]), die durch das sog. „Kniegelenk" miteinander verbunden sind. Dasselbe ist ähnlich dem Coxo- trochanteralgelenk ein Schaniergelenk; die meist in der Zweizahl vorhandenen Angelpunkte liegen auf der Vorder- und Hinterseite, mehr oder weniger dem Oberrande ge- nähert; dieselben können auf der Oberseite einander so nahe rücken, dass sie wie ein Angelpunkt wirken, und thatsächlich kommt auch die Verschmelzung beider zu einem einzigen vor, der dann stets am Oberrande des Beines ge- legen ist. Die Bewegung des distalen gegen das proximale Glied erfolgt hauptsächlich in der Sagittalebene, doch kann ersteres gegen letzteres nur gestreckt und nach unten (innen) gebeugt werden. Das proximale Glied heisst allgemein das Femur (Schenkel, Fe), das distale nenne icli aus später ersichtlichen Gründen Tibiotarsus (Tita).
Bei vielen anderen Atelocerata folgen auf den Trochanter drei Glieder: 1 Femur, 1 Tibia (Ti) und 1 Tarsus (Ta), die gegeneinander durch 2 „Kniegelenke" bewegt werden {Pauro- poda [lGtztesB(ih\[)<vdv\,ScolopendreUa [Fig. 11], Glomeris 1 17. bis
Sitziin(j vom IS. November WO:i'. 211
19. Beiupaar]. jiins^o O(?o»a^f;/-Lai"ven. mnücho MaUopJ/at/en, Myrmeh'on-lA\y\G, Fcdicididcn . niaiichc Cocciden cf. inaiiclie Hydrocores, 2)icIiopteren-Lar\en. Lcpidojdercn-l jRi'\rn. Larven der adrphaf/cn Cokopfcrcn fFii;-. ()|. mainlio Tcnllncdinidcn- Larven [Fig. 8]).
Bei den meisten aiidereu Formen ist endlich der Tarsus selbst wieder in 2 oder mehr (höchstens 5) Glieder getheilt. Die grö8ste Zahl der Tarsalglieder findet sich bekanntlich bei den ^cuti(jcrklen-\Ax\\ihv\\\L'n. Wie bei vielen Chilopodcn (Sco- Jopendriddc, Lithohiidae), können wir auch bei Scutiger<i drei Tarsenglieder unterscheiden, deren basales bei der letzt- genannten Form ungetheilt blieb, während die beiden distalen in zahlreiche Riugelchen aufgegliedert sind. ^)
Distal folgen auf das Femorotibialgelenk ursprünglich nur noch diesem mehr oder weniger ähnliche Gelenke-), die meist namentlich bei den tieferstehenden und den Larven der höheren Formen, nur eine nach unten (innen) gerichtete Ikugung und Streckung der nächstfolgenden gegen das vorhergehende Glied zulassen, nur selten auch eine Beugung nach der entgegesetzten Seite zwischen Tarsus und Tibia (bei vielen Lisccta cdogwitha) ermöglichen. In schwachem Maase kann diese auch zwischen den secundären und tertiären Tarsalgliedern statthaben. —
Aus dem Gesagten geht hervor, dass zwischen Fro- und Opistliogoneata die Coxotrochanteral- und Femorotibialgelenke einander morphologisch und functionell gleichwerthig und homolog sind, während die allerdings ebenfalls homologen Trochanterofemoralge-
') Verhoeff giebt in: Beiträge zur Kemitiiiss paliiarktischer My- riopodcn, XVI. Aufsatz (Nova Acta d. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. d. Naturforscher, Halle 19U1) au, dass man die zahlreichen Endgliedchen der Scutigcriden-Laufbeine als zum 2. Tarsale gehörig auffassen könnte. Wenn man aber genau die einzelnen Gliedchen von der Basis bis zur Spitze verfolgt, so bemerkt man, endwärts von der Mitte zwischen der Spitze des 1. Tarsale und dem Praetarsus, eine deutlich grössere, dehnbarere Gelenkhaut, die zu erkennen giebt, dass der Scutigeriden- Tarsus ähnlich wie der vieler anderer Chilopoden bereits dreigiiederig war, ehe er in jene zahlreichen Ringelchen zerfiel.
-) Bei einigen pterygoten Insekten (Imagines) soll nach Kolbe (Einführung in die Kenntniss der Insekten) zwischen Tibia und Tarsus ein „Kugelgelenk" ausgebildet sein, doch dürften wir hier abgeleitete Verhältnisse vor uns haben.
212 Gesdlscluift naturforschender Freunde, Berlin.
lenke innerhalb der Pro- und Opisthogoneata eine ver- schiedenartige Ausbildung erfahren haben.
III. Die Muskulatur der Beinglieder.
Da die aus dem Truncus an die Coxa ziehenden Muskelbündel für die vorliegende Untersuchung bedeutungs- los sind, will ich mich hier darauf beschränken, die Musku- latur der Beiugiieder selbst vergleichend zu betrachten. Aus später ersichtlichen Gründen schicke ich die Clülopoda voran.
a. Chilopoda (Fig. 5).
Ich untersuchte die Bein-Muskeln von Scutigeriden, Geophüiden, Lithobiiden und Scolopendriden, und werde zu- nächst die gemeinsamen Punkte hervorheben.
Zwei starke Hüftrauskeln dienen der Bewegung des Trochanter und heften sich unten und oben an seine Basis, der obere ist der Levator (Flexor, 1. tr.), der untere der Depressor (Extensor) trochanteris (f tr.), ihre Fasern stammen entweder sämmtlich aus der Coxa oder z. Th. auch aus dem Rumpfe.
Ein relativ starker, basal wärts meist verbreiterter Muskel heftet sich am unteren Rande des Tibieugrundes an; es ist der Flexor tibiae (f. ti.), dessen Fasern ent- weder ganz oder z. Th. im Trochanter, z. Th. in dem Femur. oder auch ausschliesslich (?) im letzgenannten Gliede (Scutigeriden) entspringen.
Ein meist schwächerer, nur bei Lithobiiden und Scolopendriden stärkerer Flexor kommt ferner dem 1. Tar- sale, noch zartere Flexores meist auch dem 2. Tarsale zu.
An die Krallensehne heften sich Muskeln, deren Fasern im 1. Tarsale, Tibia und Femur, ja bei Geopkiliden sogar auch im Trochanter abgehen; danach zerfällt der Krallen- sehnenmuskel in 3 oder 4 hintereinanderliegende Muskeln, die ich in basifugaler Reihenfolge Flexor praetarsi superior (f. pr. sup., femoris), inferior (f. pr. inf., tibiae) und accessorius (f. pr. acc, tarsi I) bezeichne; nur bei Geophiliden kommt dann noch ein Flexor praetarsi trochanteralis (f. pr. tro.) hinzu.
Sitzung voui 18. November 1902. 213
Ausser diesen Muskeln fand ich bei Geophilus {illyriciis Yväui) einen echten Pronator femoris (p. fe.. Fig. 5). der aus dem Trochanter an den Grund des Femur zieht (auf der Vorderseite des Beines), ferner einen schmalen Muskel aus dem Trochanter durch das Femur an den Vorderbasalrand der Tibia \erlaufen, der einmal den Pronator femoris unterstützen, dann auch einen Pronator tibiae (p. ti.) darstellen dürfte; auf der Hinterseite schien ein entsprechender Supinator tibiae vorhanden zu sein. Ein schmaler Pronator tarsi (p.ta.), dessen Fasern im Femur beginnen, ist endlich auch noch entwickelt. Sämmtliche Pronatoren liegen oberflächlich. — Extensores tibiae und tarsi fehlen. Dies gilt auch für Smtigeriden und wahr- scheinlich auch für Lithohiiden und Scolopendriden.
Bei Scolopendriden [Scoiopendra cingulata Latk.) fand ich ausser den erst erwähnten Muskeln je einen ober- flächlich liegenden Pro- und Supinator tibiae, Pro- und Supinator tarsi I. sowie einen schmalen Supinator (?) tarsi II.
Bei Lithobiiden [Lithöbius sp.) fand ich einen schmalen Pronator tibiae, der proximal durch Femur und Tro- chanter bis in die Coxa verlief, dessen Anfang ich leider nicht ermitteln konnte.
Da dieser Muskel oberflächlich gelegen ist, so liegt er auch dem Trochantcrofemoral- und dem Coxotrochanteralgelenk an und wirkt wahrscheinlich auch als Pronator femoris, was durch die Aus- bildung des Gelenkes zwischen Schenkelring und Schenkel begünstigt •wird, während eine entsprechende Bewegung des Trochanter gegen die Coxa infolge des abweichenden Gelenkbaues ausgeschlossen ist. Ich möchte diesen Muskel für den Vorläufer der sonst getrennten Pro- notores tibiae und femoris halten. Denken wir uns mehr oder weniger zahlreiche Fasern mit dem Trochanterofemoralgelenk verbunden, so wirkt der morphologisch eventuell noch einheitliche Muskel wie 2 ge- trennte (Pronator tibiae und femoris). Tritt nun auch eine Verbindung mit dem Coxotrochanteralgelenk ein, so ist der in der Coxa gelegene Theil zwecklos geworden und verschwindet (GeophiUdae). Nach Ein- tritt der erst angenommenen Verwachsung ist eine völlige Trennung der trochanteraleii und femoralen Theile und eine selbständige Rückbil- dung des einen oder anderen ermöglicht. Bei Scolopendriden fand ich den Pronator tibiae unabhängig vom Pronator femoris, der mir vom Grunde des Femur durch den Trochanter bis in die Coxa und den Rumpf (?) zu gehen schien.
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Eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse scheint mir sehr erwünscht, doch genügen die von mir beobachteten Thatsachen vollauf, um den Pronator femoris, wie er bei Geophüiis ülyricus vorkommt, mit dem von Insekten bekannten gleichnamigen Muskel homologisieren zu können, woraus sich die Unmöglichkeit ergiebt. den letzteren mit dem Flexor tibiae der Chilopoda zu identificiren, wie es Verhoeff gethan hat. Letzgenannter Muskel kommt nämlich überdies in auffallend ähnlicher Gestaltung auch den Hexapoda zu.
Aus dem Gesagten erhellt zur Genüge, dass eine gewisse Variabilität in der Ausbildung der Muskulatur der Chilopoda statt hat. die wir auch bei den übrigen Atelocerata wieder antreffen. Von besonderer Bedeutung sind die stets vorhandenen 3 Krallenbeuger (superior, inferior, accessorius). der meist im Trochanter oder diesem und dem Femur entspringende Flexor tibiae und der bei Geophilidcn beobachtete, vielleicht auch anderen Chilopoden zukommende Pronator femoris. Ferner ist von Interesse, dass ausser dem Flexor tibiae bisweilen auch noch der Flexor tarsi und die Pronatores tibiae und tarsi (letztere bei Geop)hilus) über je 1 Gelenk hinwegstreichen.
Als Krallensehnenmuskeln kennt Verhoeff nur den Flexor praetarsi inferior und accessorius. eine Thatsache, die vielleicht der Ausgangspunkt für seine weiteren un- richtigen Homologisirungen gewesen ist.
b. Insecta (Fig. 2—4, 6— 9).^)
Die trotz der überaus grossen Mannigfaltigkeit der Formgestaltung und Gliederung der HexapodenGangbeine erkennbare Uebereinstimmung in den Grundzügen ihrer Muskulatur erlaubt mir, die gemeinsamen Punkte voranzu- schicken.
An den Grund des Trochanter gehen fast stets zwei
') cf. A. S. Packaru: A Textlinok of Kntomologv, Now-York, 18',)8. Trotz (k's jungen Alters des Hiu-lics finden sich in Uezug auf die Muskiil.'itur der ]nsekteid)eine leider nocli die alten Angaben von Gkauer (1877) etc., die schon 1884 von Dahl berichtigt worden waren.
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ein- oder mehrköpfige ^luskeln. der Levator (Flexor) und und Depressor (Extensor) trochanteris').
Bei den Formen mit -syndetischeni" Drehgelenk zwischen Trochanter und Femur zieht aus dem Trochanter der zuerst von Dahl genauer charakterisirte Pronator femoris an den Grund des Femur. Nur selten konnte ich iho trotz Vorhandensein des betr. Gelenkes nicht finden (einige MaUophaya und Apliidd), was seine Ursache wohl in der ungenügenden Conservirung der untersuchten Ob- jekte hat. — Bei den Formen mit „monokondyli- schem" Drehgelenk zwischen Trochanter und Fennu* kommt ein Levator, ein Depressor und ein Pronator femoris vor (CoUembola), von denen bei Japyx (und Cam- podea [?]) der Levator fehlt, der vielleicht durch den langen Extensor tibiae ersetzt wird.
An den Grund der Tibia resp. des Tibiotarsus heften sich meist ein Extensor tibiae (oben), dessen Fasern für gewönlich alle im Femur, nur selten (entotr. Thysanura) auch im Trochanter beginnen, und ein meist stärkerer Flexor tibiae, dessen Fasern meist im Trochanter und Femur, seltener ganz im Trochanter oder ausschliesslich im Femur abgehen. Bei Japyx sah ich Fasern des Extensor tibiae durch den Trochanter bis in die Coxa verlaufen, die vielleicht im Rumpf beginnen. Bei Sprungbeinen ist der Extensor tibiae im Gegensatz zum Flexor tibiae ganz be- sonders stark entwickelt, was ich noch besonders hervor- heben möchte, da Dahl, wohl nur versehentlich, sagt^): ^Der Flexor ist immer stärker als der Extensor, am mächtigsten aber selbstverständlich in Springbeinen aus- gebildet."
An den Grund des Tarsus (wenn er vorhanden) setzt
*) Dahl bezeichnet den Levator als Extensor, den Depressor als Flexor, ein Fehler, den jedoch 1886 Miall und Denny (in: The Structure and life-history of tlie Cockroach, London) vermieden haben, obgleich sie in Bezug auf andere Momente besser Dahl's Abhandlung benutzt hätten, wie z. B. betreffs des Vorhandenseins des Pronator femoris und des Flexor praetarsi superior, Muskeln, welche Dahl richtig beschreibt, Miall und Denny aber nicht erwähnen.
*) cf. die sab ') pag. 209 citirte Arbeit, pag. 11.
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sich meist nur ein Flexor tarsi (der allerdings auch fehlen kann [z. B. bei Tenthredinidenlarven], selten auch ein Extenso r (Dermaptera). ^ ) .
Den secundären Tarsalgliedern fehlen ausnahmslos eigene Muskeln, wie es Dahl zuerst nachgewiesen hat.
An die Krallensehne gehen bei den niederen Formen für gewöhnlich (stets?) Muskelfasern aus dem Femur und der Tibia (resp. dem Tibiotarsus). also der Flexor prae- tarsi superior und inferior. Nur bei manchen Lepi- dopterenlarven (z. B. Fieris hrassicae, Antheraea permji] glaubte ich auch wenige kleine Fasern aus dem Tarsus an die Krallensehne gehen zu sehen, die den Rest des bei Myriopoden verbreiteten Flexor praetarsi accessorius darstellen würden.
Einige Ausnahmen seien noch angeführt:-
1) Bei Tenthredinidenlarven (Cimhex und Hylotoma) fehlt (immer?) der Extensor tibiae; der Pronator femoris ist trotz der normalen Ausbildung des syndetischen Dreh- gelenkes in 2 Muskel aufgelöst, die zunächst einen Flexor und Extensor vortäuschen; ich vermuthe aber, dass sie zu- sammen wie der sonst einfache Pronator wirken (Fig. 8).
2) Machilis besitzt 2 Levatores trochanteris; der eine beginnt am Innenrande der Coxa und verläuft quer bis an den Innenrand des Trochanter, in dessen Mitte etwa an- sitzend (L'tr.); der andere entspricht dem Levator trochan- teris der übrigen Atelocerata, nur ist er statt oben an der Basis, am Uuterrande des Trochanter, proximal vom erst genannten Levator, (h tr.) inserirt; dies eigenthümliche Ver- halten erwähnt Veuhoeff, der auch Machilis untersucht und abgebildet hat, nicht (Fig. 9).
c. Progoneata (Fig. I, 10—12). Die Frogomata bieten in der Muskulatur der Lauf- beine einige Unterschiede den Opisthogoncata gegenüber, was ja im Einklang mit der Thatsache steht, dass sie eine eigene, wahrscheinlich wohl die ältere. Eutwicklungsreihe der Atcloceruia IIkymoks darstellen.
*) Verhoeff (cf die sub ') pag. "JÜö citirte Arbeit) erwähnt diesen Muskel nicht.
Sitzuruj vom 18. Novcittbcr lOOid. 217
Wie bei den Opisthoiioneata haben wir aucii liier je einen Levator (Fl exor) und Üei)i-es80iMKxteus()r| ti(jchau- tei'is. Bei denjenigen Diplopoden, bei denen ein Coniple- mentärriug vorkommt {Jnlidue, Polijdcsniiddc, bei Poli/uenus lac/iirus Latk. habe ich diesbezüglich leider noch keine Klarheit gewonnen), heften sich beide Muskeln an den Grund des Trocluinter iFig. 12) und nicht an jenen au, was die Zugehörigkeit des Complementärringes zur Coxa meiner Ansicht nach beweist.
An den Grund des P'eniur gehen meist je 1 Levator und 1 Depressor. von denen bald der eine, bald der andere einen Flexor darstellt. Bei den Laufbeinen von Glomeris pulchra Koch und Scolopendrella spec. (Fig. 1 1) sali ich Fasern des Levator femoris bis in die Coxa gehen, bei den kurzen Vorderbeinen von Scolopendrella dagegen bis- weilen einen Theil des Depressor femoris durch die Coxa bis in den Rumpf verlaufen (Fig. 1). Für gewöhnlich gehen beide nicht über den Grund des Trochauter hinaus. — Ein dritter kleinerer Muskel kommt endlich den Formen mit „monokondylischem" Drehgelenk zu; er liegt dann auf der Hinterseite und stellt einen Supinator femoris dar (cf. Polydesmus ülyrius Veuh.. Fig. 12); es würde sehr lohnend sein, seine Verbreitung unter den Progoneata genauer zu untersuchen.
Weiter distal heften sich an den Grund der folgenden Glieder nur noch Flexor-Muskeln an. Der Flexor tibi ae be- ginnt entweder im Trochanter (Fauropoda, Symphyla [Fig. 10. 11]; cf Opisthoyoneuta!). oder seine Fasern gehen sämmtlich im Femur ab. Die folgenden Flexores (tarsi I und event. auch tarsi II) entspringen ganz oder doch zuni grösseren Theil im vorvorhergehenden Beinglied. Extensores fehlen zum Unterschiede von den Opistoyoneaten gänzlich. ')
An die Krallensehne gehen nur selten (Folyxcnklae) Muskelfasern aus Femur. Tibia und Tarsus 1. also der Flexor praetarsi superior. inferior und accessorius;
') Man vergleiche auch die zutiefiende Schilderung, die Yerhoekf (in: Ein Beitrag zur Kenntniss der Glomeriden, Ifeütü) von der Mus- kulatur der Laufbeine der Glomeriden gegeben hat.
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218 Gesellschaft naturfor seilender Freunde, Berlin.
bei Pauropoda und Symphyla (excl. Vorderbeine mit Tibio- tarsus) kommen nur der superior und inferior; bei Glomeriden, Folydcsmiden und Jididen. soweit ich weiss, nur der inferior und accessorius; nur der superior an den Vorderbeinen der Symphyla vor. d. Zusammenfassung.
Die aus den vorhergehenden Absclinitten zu erkennende Variabilität der Muskulatur der Laufbeine der Atelocerata erschwert es. sie für die Bestimmung der Homologie der einzelnen Beingiieder bei den verschiedenen Formen zu verwerthen. Dies wird erst ermöglicht, wenn man sie in Combination zum Bau der verschiedenen Gelenke bringt.
Da wir die Hüftglieder als die Grundglieder der Beine, welche am distalen Ende an der Vorder- und meist auch an der Hinterseite (in der Frontalebene) je 1 Gelenkhöcker tragen, stets leicht als solche nachweisen können, kann ich mich hier -darauf beschränken, die Homologie der hier als Trochanter, Femur und Tibiotarsus bezeichneten Bein- glieder der Atelocerata zu erweisen.
1. Trochanter.
Nach Verhoeff^) sind die Trochanteren diejenigen Beingiieder. welche „unmittelbar auf die Hüften endwärts folgen, wenn sie keine eigene Muskulatur besitzen".
Ist dieser Satz richtig, so kommt nur den Diplopoden mit Complementärring ein Trochanter zu, und das wäre eben der Complementärring. Es würde sich dann der Trochanter der VEUHOEFF'schen Diagnose weder mit dem von ihm wirklich als Trochanter bezeichneten Beinglied der Chilopoda und Odonata (?!), noch mit dem ursprünglich so genannten Beinglied der Uexapoda decken; es resultirt hieraus die Unrichtigkeit der von Verhoeff aufgestellten Trochanter-Diagnose.
Wenn man nun die von mir bei sämmtlichen Atelocerata als Trochanteren bezeichneten Beinabschnitte miteinander vergleicht, so stimmen dieselben in den normalen Fällen
') cf. (Ho sult ') pap. 20,^ citirte Arbeit, pag. 68.
Fiitztnuj vom 18. November 1903. 219
sänimtlich darin iiberoin. dass sie die auf die Hüften end- wärts folgenden Beinglieder mit eigener Muskulatur sind. d.h. mit Muskeln, welche der Bewegung des nächst- folgenden Femurgliedes dienen, die nur selten fehlen. Ausserdem sind zur Bestimmung des Trochanter wichtig die beiden Iliiftmuskeln, der Levator und der Depressor trochanteris. das Coxotrochanteral- gelenk, dessen Angelpunkte vorn und hinten, mehr oder weniger genau in der Frontalebene des Beines liegen, und die Thatsache, dass auf ihn stets ein Glied folgt, welches mit dem übernächsten das bekannte (oberste) Kniegelenk bildet.
Innerhalb der Pro- und Opistlioyoncata oder noch engerer Kategorieen kann man aucli die Trochautermuskeln für die Bestimmung dieses GJliedes verwertheu. was uns hier aber zu weit führen würde. Ich will nur noch hervor- heben, dass sich bei Käferlarven, auch bei denen mit Tibiotarsus. das auf die Coxa folgende Glied unzweifelhaft als Trochanter zu erkennen giebt (syndetisches Drehgelenk, Pronator femoris). Auch i)ei Tenthrediniden-Larveu kann man den Trochanter durch die oben angegebenen Merkmale sicher bestimmen. Dasselbe gilt für die Entogndthi und die Progoneata im Vergleich zu den übrigen Opistoyoneata.
2. Feraur.
Vekhoeff sagt davon: „Als Schenkel haben wir dasjenige hinter der Hüfte endwärts liegende Beinglied zu bezeichnen, welches auf den Trochanter folgt oder, wenn dieser fehlt, unmittelbar an die Hüfte stösst und Muskeln enthält, die an den Grund des endwärts nächsten oder zweitnächsten Gliedes ziehen, nicht aber zur Krallensehne."
Diese Definition passt im Grossen und Ganzen auf den Trochanter. und so sehen wir auch, dass Vekhoeff den Trochanter der Hexapoda (exclusive Odonata?) als Femur interpretirt.
Mit Leichtigkeit kann man bei Fro- und Opisthogoneuta den von mir überall als Femur bezeichneten Beinabschoitt
220 Gesellschaft naturforschender Frenude, Berlin.
als gleichwerthig erkennen. Stets zeichnet er sich dadurch aus, dass er endwärts auf den (nur selten mit ihm ver- wachsenen) Trochanter folgt und mit dem endwärts nächsten Gliede (der Tibia resp. dem Tibiotarsus) das oben des öfteren charakterisirte Kniegelenk bildet. Meist kommt dem Schenkel der Flexor praetarsi superior zu, der aber, sowohl bei den Imagines einiger holometabolen pterygoten Hexapodd, wie bei zahlreichen Progoneaten fehlt, mithin kein sicheres Kriterium abgiebt. 3. Tibiotarsus. Bei manchen Beinen folgt endwärts auf den Schenkel nur noch ein einziges Glied, abgesehen vom Klauenglied. Man nannte dasselbe, sow^eit man solche Formen untersucht hat, entweder Tarsus oder Tibia '), nur bei den Spissipeda Am. et Sev. unter den Geocores Bukm. spricht man schon lange von einem klauenlosen Tibiotarsus der Vorderbeine. Da ich oben für die in Frage kommenden Formen die drei proximalen Beinglieder als Coxa, Trochanter und Femur bewiesen habe, bleibt nichts als die Annahme übrig, dass das einfache Endglied das Sciimelzstück von Tibia und Tarsus vorstellt. Dies geht überdies noch erstens daraus hervor, dass in diesem Gliede meist der Flexor praetarsi inferior liegt (excl. Vorderbeine von Scolopendrclla) , dass ferner beim Eintritt einer Abschnürung des Tarsus (bei den Imagines der Coleopterenlarven mit viergliedrigen Beinen, Tenthredinidcn, Thi/sanopteren und Mallophagen) der genannte Muskel ins obere Theilstück, die Tibia, zu liegen kommt, was in Uebereinstimmung damit steht, dass (mit Ausnahme [?] einiger Lepidopteren- larven) der untere Krallensehnenmuskel der Flexor prae- tarsi inferior ist. Es entspricht also das Endglied der Coleopterenlarven mit viergliedrigen Beinen den beiden letzten Gliedern der fünfgliedrigen Coleopterenlarvenbeine: in der Puppe gliedert sich dieser
') cf. H. J. Kolbe: Vergleichend morphologische Untersuchungen an Coleopteren nebst Grundlagen zu einem System und zur Systematik derselben. Arch. f. Naturgesch., Jahrgann 1901, Beiheft (Festschr. f. Edu.\rd von Martens).
Sitzung rom IS. Noremher 190:2. 221
Tibiotarsus auch thatsächlich in Tibia und Tarsus (Tenehrio). Dasselbe gilt für eine Reihe anderer Insektengruppen.
4. Praetarsus.
Auf das Krallenglied bin ich bisher nicht besonders eingegangen, da es einmal bei der Beurtheilung der Homo- logie der anderen Beinglieder der Atelocemta unwesentlich ist. und andererseits vor nicht langer Zeit erst J. C. H. DE Mkijkre ') eine ziemlich ausführliche Arbeit über dies Beinglied veröffentlicht hat, aus der nicht nur die Homologie des Krallengliedes der meisten Arthroj>0(len hervorgeht, sondern auch ein Beweis für die Selbständigkeit desselben erbracht worden ist.
Der Praetarsus kommt den normalen Gangbeinen sämmtlicher Ateloccratn zu. Bei manchen jMyriopoden und einigen Insektenlarven ist die Klaue eng mit ihm ver- wachsen, bei anderen Myriopoden und den meisten Hexa- poden sind die Klauen aber deutlich vom eigentlichen Prae- tarsus abgesetzt, bisweilen sogar gelenkig mit ihm ver- bunden; er selbst kann wieder manche Differenzirungen aufweisen. Die Reduction des Praetarsus kann eintreten, sobald ein Bein nicht mehr zum Gehen verwendet und entweder zu sexuellen Zwecken oder in Greif-. Grab- oder Tastorgane umgewandelt wird, wo das Krallenglied meist werthlos ist; die Reduction kann bis zum völligen Fehlen des Praetarsus und seiner Klaue (resp. Klauen) führen, mit der eine solche der Krallensehne und der ihr zukommenden Muskeln Hand in Hand geht (z. B. Endbeine mancher Geopliilidcn, Copu- lation.sfüsse der Glomeriden, Vorderbeine verschiedener Rhynchota [S2ji.<isi2Jcda. Nepidae. Naucoridar, Corisidae] etc ). Andrerseits sind mir auch Fälle von Coleopteren aus der Gruppe der Lamellicornier bekannt, wo sowohl der Praetarsus. wie auch der Tarsus, an den Vorderbeinen ver- schwinden kann (Arten der Gattungen Phanaeus Mc Leay,
') J. C. H. DE Meijere: Ueber das letzte Glied der Beine bei den Arthropoden. Zool. Jahrb., von J. W. Spekgel herausg. Bd. XIV, Heft 3, 1901.
222 GeselLscIui/t naturforadiender Frenndt, Berlin.
Onitis F. . Äteuchus F. etc.) ; der Gattung Stenosternus Karsch^) fehlen die Klauenglieder auch im 2. und 3. Bein- paar, während an diesen ein eingliedriger dornähnlicher Tarsus von Kaksch noch nachgewiesen werden konnte. Bei den Vorderbeinen ist der Verlust des Praetarsus und eventuell auch des Tarsus wohl eine Folge ihrer Grab- funktion, die Rückbildung beider Beinglieder am 2. und 3. Beinpaar von Stenosternus, dem sie sicher als Gangbeine dienen, aber, soweit unsere Kenntnisse reichen, einzig in ihrer Art.
IV. Die Definitionen der Beinglieder der Atelocerata verspare ich mir auf meine ausführliche Arbeit.
B. Betrachtungen über das phyletlsche Alter der Beinglieder.
Nach den iin vorhergehenden Kapitel angestellten ver- gleichend morphologischen Betrachtungen können wir viel- leicht an die Frage nach dem Alter der verschiedenen Bein- glieder herantreten. Schon Verhoeff ist mit wenigen Worten darauf eingegangen, doch giebt er nichts weiter als die Resultate aus seinen morphologischen Befunden. Auf Grund der Stärke der an die „Zwischenhäute" herantretenden Muskelbündel unterscheidet er drei Altersstufen der Bein- glieder; er sagt:^)
„1) die jüngsten Beinglieder sind:
Trochanter und die Abtheilungen des 2. Tarsus;
2) ein mittelaltes Beinglied ist: der 2. Tarsus;
3) die alten Beinglieder sind:
Hüfte, Sckenkel, Schiene und Tarsus." Wenn ich auch die Grundidee, von welcher Verhoeff bei seinen letzten Schlüssen ausgegangen ist. als vortheilhaft bezeichnen muss, so sind doch folgende Prämissen-) un- richtig :
') F. Karsch: Altes und Nouos über Coleopteren. T. Schieiien- sporn und Tarsus. Berlin. Entoiiiol. Zcitsciir., Bd. XXXI, 1887, Heft I. ■-) cf. die sab ') pag. 2(J5 citirte Arbeit, pag. 69.
Sitzumj vom 18. Nove»ihc7- WOS. 223
1) „Die Zwischenliäute, an welche starke Muskel- biindel herangehen, sind d. zwischen Schiene und Tarsus,"
2) „Die Zwisclienhaute. au welche gar keine Muskeln heranziehen, sind: a. die zwischen Trochanter und Femur."
Ich verweise auf die vorhergehenden Kapitel, aus denen hervorgeht, dass an den Grund des Fcniur normaler Weise Muskeln ziehen, dass ferner die Muskelbündel des Tarsusgrundes nicht zu den „starken" gezählt werden können.
Bevor ich meine eigenen Ansichten über das Alter der Beinglieder der Atelocerata darlegen möchte, will ich noch auf einige beachtenswerte Daten aufmerksam machen. Die- selben beziehen sich auf das Verhältniss vom Tro- chanter zum Femur.
Wenn auch wiederholt, und noch in allerjüngster Zeit. ') der Trochanter nur als ein basales Gelenkstück des Femur angesehen worden ist, eine Auffassung, die 1884 von D^iiL mit vollem Recht für die von seinen Vorgängern und den neueren Autoren gemeinten Thiere zurückgewiesen wurde, so lässt sich doch eine gewisse engere Beziehung, welche der Trochanter zum Femur aufweist, nicht leugnen. Dies möohte ich aus folgenden Thatsachen schliessen:
1) Bei Thysanopteren (Fig 2) verwäch.st der bisher bei diesen Formen gänzlich übersehene Trochanter-) derartig mit dem Femur. dass die ehemalige Grenze zwischen beiden Gliedern nur noch durch eine Naht ohne Gelenkhaut an-
') Man vergleiche L. B. Walton: The basal segments of the Hexapod leg (in: the American Naturalist, Vol. XXXIV, No. 400, 1900) und die dort angeführten Arbeiten. Auf die Unnii)glichkpit einiger der dort entwickelten Theorien kann ich aus Mangel an Raum leider nicht eingehen, werde aber in meiner ausführlichen Arbeit darauf zurück- kommen. Den Trochantinus und die angrenzende Sternalplatte ( Merosternum, a) als Grundglied der Heine aufzufassen, wie es auch Hansen wollte, ist schon deshalb unrichtig da auch der Trochantinus genetisch nichts anderes als der Teil eines seitlichen Schnürstückes des Sternums (meines Merosternums» ist (cf. meinen bald im „Zoolog. Anzeiger" erscheinenden Aufsatz: Kri- tische Bemerkungen über einige vergleichend morphologische Unter- suchungen K. W. Vei{H0E1t"s).
') cf H. üzel: Monographie der Thysanopteren. Prag 1896.
224 Gesellscliaft naturforschender Freunde, Berlin.
gezeigt ist, und dass der sonst den ineisten Hexapoden zukommende Pronator femoris fehlt.
2) Bei manchen Lepidopterenlarven ist der Tro- chanter. ähnlich wie bei vielen Scolopendriden. kein voll- ständiger Ring, nicht gegen das Femur beweglich und ohne eigene Muskulatur, während bei anderen Formen allerdings eine Bewegung des Trochanter gegen das Femur möglich und auch der bekannte Pronator femoris ausgebildet ist.
3) Bei Scutigeriden stellt der Trochanter gewisser- raaassen nur ein proximales vom Femur abgeschnürtes Scheibchen dar. dessen Beweglichkeit gegen das Femur wahrscheinlich sehr minimal ist.
4) Bei Scolopendriden ist der Trochanter meist kein geschlossener Ring, er ist sozusagen nur ein basales beweg- liches Schnürstück des Femur.
5) Eine interessante Abnormität am linken Vorderbein einer OrcheseUa rufescens (Wulf.) var. palUda Rt. (Fig. 13) zeigt ein dreigliedriges Bein (-|- Praetarsus), während das rechte Vorderbein die normalen vier Beinglieder (+ Prae- tarsus) der Collembola aufweist.
Die Homologie der beiderseitigen Basal- und der beiden distalen Glieder (Praetarsus und Tibiotarsus) springt sofort in die Augen, und die Lage des einen langen Gliedes im linken Vorderbein zwischen Coxa und Tibiotarsus lässt dasselbe sofort als ein Trochanterofemur erscheinen; eine Nahtlinie fehlt vollkommen, aber der Umstand, dass das fragliche Glied basal das typische Coxotrochanteral-, distal das Kniegelenk bilden hilft, ferner in ihm der B^lexor- praetarsi superior entspringt, wie auch die relative Länge macht die erste Annahme zur Gewissheit. Das in Rede stehende Bein ist ein wenig dünner und kürzer als das der anderen Körperseite. aber sonst ganz normal ausgebildet: es besteht nur aus vier Gliedern: Coxa, Trochanterofemur. Tibiotarsus und Praetarsus. ^)
') Nach BoRDAGE (On the probable Mode of formation of the fusion between the Feimir and Trochantv'>r in Arthropoda, Ann. and Mag. Nat. Hist., Vol. 111, pag:. 159-1(52, 1899) scheinen auch bei Vltaswiden Verschmelzungen zwischen Trochanter und Femur vor- zukommen. - Nachträglich finde ich dieselbe Erscheinung am linken A'ordcrbein einer neuen rodwa Art aus Siiditalien {1\ lamclUycra CB.)
Sitzung vom IS. November 1903.
225
Die 5 angeführten Fälle, namentlich Fall 1 und 5. beweisen meiner Ansicht nach, dass der Trochanter kein primäres, sondern erst ein sekundäres Beinglied ist. welches sich erst nach der Entstehung eines viergliedrigen Beines (Praetarsus mitgerechnet) an der Basis des Femur von diesem abgegliedert hat. Die Seltenheit dieser Fälle gegenüber denen eines Tibiotarsus zeigt uns aber, dass der Trochanter älter ist als Tibia und Tarsus.
Folgendes Schema soll nun die aus den morphologischen Verhältnissen ge^vonnenen phyletischen Beziehungen der einzelnen Beinglieder der Atelocerata wiedergeben:
( ''avq |
Coxa |
Coxa |
Coxa |
|
Complenien- tärrinp |
||||
Trochan- teroferaur |
Trochanter |
Trochanter |
Trochanter |
Trochanter |
Femur |
Femur |
Femur |
Femur |
|
libia |
Tibia |
Tibia |
||
Tibiotarsus |
Tibiotarsus |
T'oT-onc' |
Tarsus I |
Tarsus I |
Tarsus II etc. |
Tarsus II etc. |
|||
Praetarsus |
Praetarsus 1 Praetarsus |
Praetarsus |
Praetarsus |
|
Thysano- ^jfereH-Larven, rechtes Vor- derbein eines Exemplares von Ordiesel- la rufescens (Wulf.) var. pallida Rt., linkes Vor- derbein eines Exempl. von Podura lamel- ligera CB (n. sp.) |
( 'ollembola, Scolopendrella (Vorderbein), Coleoptera heteropJtaga- Larven, manche Ten- thredinidac- Larven, manche Mallophagen, Vorderbeine der Mono- nychidae und Spissipeda unter den Shynchota. |
Scolopendrel- la, Pauropoda (Hinterbein), Glomeridae (17. und IH. Beinpaar), Thysanura entotr., Pedicididen, Cocciden (f, Coleoptera ade- phaga-ljarven, manche Ten- thredinidae- Larven, TricJioptera- Larven, Lepuloptera- Larven etc. |
Die meisten Pro- und Opistho- goneata. |
Polyxeniden. (exl. Vorder- beine), zahlreiche Jididen und Polydesmiden |
226 GesellscJuift nahirforsehaider Freunde, Berlin.
Hiermit ist keineswegs die Gliederung der Gangbeine erschöpft. Vielmehr i^ommen u. a. bei Coieopteren und Rhynchoteu noch interessante Verhältnisse vor, die ich oben schon kurz erwähnte, auf welche ich aber nochmals mit wenigen Worten zuriici<kommen möchte.
Es ist beliannt. dass an den Vorderbeinen der Arten der Gattungen Ateuclms F.. vieler Onitis F. etc. die Tarsen fehlen, die vSchiene aber normal, d. h. entsprechend der der anderen Beinpaare, entwickelt ist; wie die Tarsen, so fehlen auch die Klauen sammt dem Praetarsus. Da, wo ein Tarsus fehlt, liegt nun die Vermuthung nahe, das Endglied als Tibio- tarsus zu interpretiren. Die Vordertarsen der $ $ der Phanaeus- etc. Arten, denen nur der Praetarsus fehlt'), zeigen uns aber, wie bei den fraglichen Lamellicorniern zuerst der Praetarsus rückgebildet wurde, während die Mittel- und Hinterbeine von Stenosternns {costatus K.) uns den Verlust der Gliederung und die Grössenabnahrae des Tarsus vor Augen führen, dessen letzte Spur an den Vorderbeinen der oben genannten und anderer Formen verloren gegangen ist. Es stellt also das Elndglied ihrer Beine eine echte Tibia und keinen Tibiotarsus vor.
Etwas verwickelter liegen die Verhältnisse an den Vorderbeinen mancher Hydrocores Bürm. Bei diesen können wir zwei verschiedene Reihen unterscheiden, die beide ihren Ursprung vom normal gegliederten, mit Tibia. Tarsus und Praetarsus versehenen Bem nehmen. Die Umw^andlung betrifft in erster Linie die Glieder des Tibiotarsus.
Die Mononychiden, die sich in Bezug auf ihre Vorder- beine von den Galguliden ableiten, erhielten einen ein- gliedrigen Tibiotarsus und behielten den Praetarsus mit stark entwickelter Klaue.
Die Nepiden. Naucoriden und Corisiden, unter denen manche Formen, wie auch die Belostomiden und Notonectideii. noch normal g^-gliederte Vorderbeine be- sitzen, verloren ihren Praetarsus und seine Klauen, der Tarsus wurde eingliedrig und blieb entweder noch gegen die Tibia
') Man vi'igleiclio auch H. J. Kolbe, Eiiiführunir in die Kenntniss der Insekten, Berlin 1893, pag. 2Sü/'287.
Sitzuny vom 18. November 1902. 227
beweglich oder gab auch diese Beweglichkeit auf (z, B. bei Naucoris cimicoidcs L.). Die Spitze des Tarsus ist bei manchen Formen l<lauenähnlich (Nepa. Naucoris, Corisa). und man könnte vermutheu, dass hier der Praetarsus mit dem Tarsus verschmolzen sei; ich möchte aber diese Spitze als eine erst nach Reduktion des Praetarsus (+ Klauen) erworbene Neubildung auffassen, da wir auch bei anderen Ateloccrata wohl eine mehr oder weniger vollständige Reduktion des Praetarsus. nicht aber seine Verschmelzung mit dem Tarsus nachweisen konnten '). —
Welches phylogenetische Alter ich dem Praetarsus DE Meijeke's zuschreiben möchte, geht aus obiger Tabelle klar hervor. Schon de Meijere nimmt an. dass der Prae- tarsus primitiver sei als die Tarsalglieder. Die Thatsache, dass derselbe nun auch bei den Formen mit Trochantero- femur und Tibiotarsus in gleich typischer Weise entwickelt ist, spricht mir dafür, dass er diesen alten Beingliedern gleich werthig ist. wenngleich ich mir auch nicht verhehlen kann, dass er vielleicht in genetischer Beziehung zum Tibiotarsus steht, wie ähnlich der Trochanter zum Femur.
Die geringe Zahl der primären Beinglieder ^) der ateloceraten Arthropoden, wie ich sie annehmen möchte, darf uns nicht Wunder nehmen. Wenn wir sehen, wie mit einem dreigliedrigen Bein (excl. Praetarsus) die Larven der Thysanopteren sehr wohl zum Gehen geeignet sind. liegt da nicht die Vermuthung nahe, dass die Ahnen der gesammten Reihe der Ätelocemta ursprünglich dreigliedrige
') Eine theilweise Verschmelzung kommt allerdings bei den Kiefer- füssen der Chilopoda vor, unter denen bei Scutigera der Praetarsus noch vollständig vom Tarsus abgegliedert, bei siimmtlichen übrigen Formen aber nur durch eine unvollständige Naht vom Tarsus getrennt ist. Diesbezüglich hat Verhoeff mit Unrecht einen Unterschied zwischen Geophiliden und den übrigen Chilopoda konstruirt.
') Die Mundgliedmaassen (1. und 2. Maxillenpaar) der Opistho- ifoneata zeigen uns gleichfalls oft nur 3 Glieder: Coxa, Trochantero- femnr und Tibiotarsus; ein Praetarsus fehlt dann in solchen Fällen, ein Umstand, der damit im Einklänge steht, dass dieses Beinglied leicht der Reduktion anheimfällt, wenn die Extremität ihre ursprüngliche Funktion verändert. Auf diese Verhältnisse hoflfe ich demnächst zurück- kommen zu können.
228 Gesellscluift naturforschender Freunde, Berlin.
Gangbeine und ein Krallendglied besassen, eine Eigenschaft, die infolge atavististischer (?) Rückschläge bei manchen Hexapoden wieder in der Wirklichkeit dargestellt wird? Bei jenen Urahnen rauss sich allerdings bereits die Tendenz der Gliederung des 2. Gliedes in Trochanter und Femur, des 3. Gliedes in Tibia und Tarsus gezeigt haben, da wir sonst nicht imstande sein würden, die Homologie dieser Abschnitte bei Pro- und Ojjisthogorieata in der oben durch- geführten Weise zu eruiren. So wird auch die Kluft zwischen dem kurzen Sturamelfuss der Ouychophoren und dem vielgliedrigen Bein der übrigen Arthropoden (excl. Tardi- graden und Linguatuliden) bis zu einem gewissen Grade beseitigt. —
In wie weit die Beingliederung der anderen Arthro- podenreihen mit derjenigen der Atelocemta übereinstimmt, vermag ich noch nicht zu sagen, da dort, wie bisher bei diesen, die nöthigen Grundlagen noch nicht vorhanden sind. Hotfentlich gelingt es mir bei meiner augenblicklich sehr beschränkten Zeit auch auf diese Frage bald eingehen zu können.
Erklärung: der Fig-ureu und der in ihnen ansrewandten Abkürzungen.
Scolujiendrclla sp. Vorderbein, Seitenansicht. Larve einer nicht näher bestimmten Thysanoptere, vermuth- lich Thrips vidgatissima L., Hinterbein. Goniodes pavonis? 9 (Mallophage), Hinterbein von der Vor- derseite gesehen, Hüfte nicht vollständig gezeichnet. Larve von Tenebrio »lolitor L., Hinterbein, von der Hinter- seite gesehen.
Lauf bein eines Geuphilu.s illyricus Verh , von der Vorder- seite gesehen, Hüfte nicht vollständig gezeichnet. Larve von Broscus cephalotes L., Hinterbein, von der Vorder- seite gesehen.
Japyx africanus Karsch., Hinterbein, a) von der Vorder- seite, b) von der Hinterseite gesehen; in a) die Hüfte un- vollständig, in b) das Femur unvollständig, die distalen Glieder nicht gezeichnet.
Larve von Hylotoma rosaimn Fim., Hinterbein, von vorne gesehen.
Machilis spec. (aus Calabrien), Vorderbein, von der Hinter- seite gesehen.
P(iuro}ms spec, eins der mittleren Laufbeinc, von der Vorder- seite gesehen.
Fig. Fig. |
1. 2. |
Fig. |
3. |
Fig. |
4. |
Fig. |
5. |
Fig. |
6. |
Fig. |
7. |
Fig. |
8. |
Fig. |
9. |
Fig. |
10. |
Sitzung vom 18. November 1902. 229
Fig. 11. Scolopendrdla spec, eins der hinteren Laufbeine, von der Vorderseite {resehen, die Hüfte unvollstiindip gezeichnet.
Fig. 12. Pdyde^mus illijrkus Veuu., eins der mittleren Laufbeine, a) ganzes Hein von der Ilinterseite gesehen, b) nur die proximalen Glieder, Fenuir unvollständig gezeichnet, stärker vergrössert. In b) sind versehentlich die Bezeichnungen 1. tr. und d. tr. , 1. fe. und d. fe. vertauscht worden, sie sind in Uebereinstinnnung mit Figur a) umzustellen.
Fig. 13. Orche^dla rufcavens (Wulf.) var. pallida Rt., vorderes Bein- paar, von vorne gesehen.
Sämmtliche Figuren sind mehr oder weniger scheniatisirt und je nach den Objekten in verschiedener Vergrösserung gezeichnet. Ein Stern (*) giebt überall die Lage des Kniegelenkes zwischen Femur und Tibiotarsus resp. Tibia an. Sonstige Bemerkungen:
Co = Coxa. Cop = Complementärring derselben.
Tr = Trochanter. Trfe = Trochanterofemur. Fe = Femur. Ti = Tibia. Tita = Tibiotarsus. Ta = Tarsus.
Pr = Praetarsus (+ Klauen etc.).
C = Condylus des „monokondjiischen" Drehgelenkes
zwischen Trochanter und Femur (Polydesmus, Japyx,
Ordtesella).
L =: Längsleiste der Coxa, zur Aussteifung des Condylus
ausgebildet.
1. tr. = Levator (Flexor) troclianteris (bei Machüis in li und U
getrennt). d. tr. = Depressor (Extensor) trochanteris. \. fe. = Levator femoris. d. fe. = Depressor femoris.
p. fe. = Pronator femoris (bei Tenthredinidenlarven in pi und P2 getrennt), in Fig. 12 a) und 1)) = Supinator femoris.
e. ti. = Extensor tibiae (resp. tibiotarsi).
f. ti. = Flexor tibiae. p. ti. =: Pronator tibiae.
f. ta. = Flexor tarsi (= f. ta.i bei Myriopoden).
p. ta.i = Pronator tarsi I (bei Gcophilus).
f. ta.j = Flexor tarsi II (bei Mijriopoden).
f. pr. tro. = Flexor praetarsi trochanteralis.
f. pr. sup. = „ „ superior.
f. pr. Inf. = „ „ inferior,
f. pr. acc. = „ „ accessorius.
230 Gesellscliaft naturforschender Freunde, Berlin.
Herr Grünberg sprach über neue Odonaten aus dem Njassa-Gebiet, gesammelt von Dr. Fülleborn.
Familie Caenagrionidae.
t. Af/riocnemis consimilis iiov. spec.
Diese Art zeigt im Zeicimirngscharakter grosse Ueber- eiustimmung mit Agriocnemis exilis Selys, ist jedoch durch die Bildung des Prothorax und der Analanhänge von der- selben leicht zu unterscheiden.
Körperlänge 2ß,5. des Abdomens 21, eiues Hinter- flügels 12 mm.
cT. Oberlippe glänzend violett, Stirn schwarz. Pro- thorax schwarz mit gelbem Rand, mittlerer Lappen scharf abgesetzt, halbkreisförmig, aufgebogen. Thorax oberseits schwarz mit gelber Schulterstrieme, Seiten und Unterseite gelb. Beine gelb. Flügel hyalin. Segment 1 — 6 des Abdomens bräunlich gelb, 7 — 11 röthlich; 1.— 8. Segment mit schwarzer, metallisch glänzender Rückenzeichnung. Analanhänge hellbraun, nur an der Spitze schwarz; obere Anhänge nicht ganz so lang wie das 10. Abdominalsegment, einfach, breit getrennt, kegelförmig, seitlich etwas zusammen- gedrückt, nach abwärts gerichtet; untere Anhänge die oberen etwas überragend, in der Mittellinie zusammenschliessend, an der Basis breit, allmählich nach hinten zugespitzt, die Spitzen leicht nach oben gebogen.
2 unbekannt.
Fundort: Langenburg (N. Njassa). 1 c^.
2. Pseudagrion lindicum K. nov. spec.
In der Zeichnung zeigt die Art grosse Aehnlichkeit mit Pseudagrion torridum Selys und nuhicum Selys, kommt jedoch in der Grösse den Vertretern der melanicterum- Gruppe gleich.
Körperlänge 39—40, des Abdomens 32—33, eines Hinterflügels 21,5—23 mm.
cf Oberlippe und Stirn grün, Scheitel mit schmaler schwarzer Querbinde. Prothorax grün, Thorax ebenso, mit schwarzer Schulterstrieme. Beine vorwiegend gelb. Flügel farblos, Pterostigma schwärzlich, mit feiner weiss-
Sitzung vom IS. November 1903. 231
lieber Umfa.ssung.<linio. Grundfarbo dos Abdomens «^riinlicb- grau; an der Wurzel des 1. JSegnienfs ein scbwarzer Fleik. vor dem Hinterrande eiue feine sehwarze Querlinie: auf dem 2. Segment ein reehteckiger scbwarzer Fleck, vom Vorderrand bis in die Nälie des llinterrandes reicbend. mit dem er durch einen schmalen Stiel verbunden ist; der schwarze Fleck umscbliesst einen ovalen grimlieben Kern- tleck; 3. — 7. Segment mit siiiwarzgrüner metalliselier KMieken- längsbinde; Rücken des 8. und 9. Segments bläulich, des 10. Segments schwarz. Obere Analanhänge etwas kürzer als das 10. Abdominalsegmeut. flach gegabelt; oberer Ast kurz und breit, unterer bedeutend schmäler, den oberen etwas überragend und leicht nach unten gebogen.
9. Dem cT ähnlich gezeichnet; Beine ganz gelb, nur die Oberschenkel mit einer feinen schwarzen Längsliuie auf der Aussenseite der Spitzenhä'fte. Die schwarze Rücken- linie auf dem 2. Abdominalsegment viel schmäler als beim (/, ohne Kernfleck und bis zum Ilinterrand reichend, vor welchem sie zu beiden Seiten flügelartig erweitert ist.
Fundort: Liudi. 1 cf ; das 9 befand sich bereits in der Sammlung des Berliner zoologischen Museums.
3. Micronymphd hilohata nov. spec.
Körperlänge 30. des Abdomens 23,5, der Hinter- flügel 16,5 mm.
J. Oberlippe und Stirn blaugrün. Epistom schwarz mit blaugriiuem Vorderrand. Scheitel schwarz. Hinter den Facettenaugen zwei blaugrüne Flecke, durch eine schmale Querlinie verbunden.
Prothorax und Thorax oben schwarz, an den Seiten bläulichgrün. Thorax jederseits mit grüner Schulterstrieme: unter dem Vorderflügel an der ersten Pleuralnaht eine kurze schwarze Strieme, darunter ein kleiner schwarzer Fleck.
Am Vorderrande des ]\Iesothorax symmetrisch zur Rückenlängskante zwei deutliche lappenförmige Anhänge, seitlich gerichtet und schräg aufgebogen. Dieselben sind auch bei den übrigen Arten angedeutet, jedoch bei der vor- liegenden besonders stark ausgebildet.
232 GeselUehafi naturforschender Freunde, Berlin.
Hüften, Schenkelrioge und Oberschenkel grün. Schienen und Tarsen braun.
Abdomen vom 1. bis zur Basis des 3. Segmentes hellblau, 3.-7. Segment rötlich gelb, 8.— 10. Segment blau; 1. Segment mit einem von der Basis bis zur Mitte reichenden rechteckigen schwarzen Rückenfleck, 2. Segment mit schwarzer Rückenläugsbiude; 3—7. Segment oberseits ganz schwarz mit grünlichem Metallglanz; 9. Segment am Hinterrand und 10. Segment an der Basis mit schwarzer Rückenzeichnung.
Obere Analanhänge von der Länge des 10. Ab- dominalsegmentes, oben schwarz, unten braungelb, cylindrisch, gespalten; unterer Ast sehr klein, eine w^enig vorspringende Spitze bildend.
Untere Anhänge nur halb so lang wie die oberen, mit weit divergirenden Gabeiästen. unbekannt.
Fundort: Muna Rupira's (Ukinga), 1 ,/,
4. Disparoneura cellularis K. nov. spec.
Körperlänge des ^ bis zum Hinterrande des 6. Ab- dominalsegments 32, des Abdomens bis dahin 25.2 der Hinterflügel 21,6 mm.
o''. Kopf dunkel, blau bereift, zwischen Epistom und den Facettenaugen sowie auf dem Ocellenfeld gelblich.
Prothorax jederseits breitgelb.
Thorax oben schwarz mit schmaler gelber Schulter- strieme, Seiten gelb.
Beine gelb mit schwarzen Tarsen.
Abdomen bis zum 7. Segmente gelbbraun, mit breitem dunkeln Saum am Hinterrand des 3. — 6. Segments; auf dem Rücken des 2.-6. Segments eine feine helle Mittelläugslinie.
Im Vorderflügel 14, im Hinterflügel 12 Postnodalquer- adern. Der hintere Sector des Dreiecks entspringt eine beträchtliche Strecke vor dem ^basalen Postcostaläderchen und geht im Vorderflügel eine kleine Strecke über die Aussenseite des Vierecks hinaus. Im Hinterflügel erreicht er genau die Verlängerung der Aussenseite des Vierecks,
Sitzung vf/m 18. November 1902. 233
entsendet aber vorher eine kleine Ader zum Flügelhinter- rande.
9 unbekannt.
Fundort: Langenburg. 1 ,/ (Torso).
5. Chlorocnemis inepta K. nov. spec.
Körperlänge cT ■!-• <1ps Abdomens 30. der Hinter- flügel 22.5 mm.
Ein augenfälliger Unterschied in der Zeichnung dieser Art und der von Calvkkt als Disp((roncura beschriebenen Chlorocnemis ahboti ist nicht vorhanden. Die Abtrennung geschah auf Grund folgender Unterscheidungsmerkmale:
1) Alle Flügel sind hyalin ohne gelbliche Trübung;
2) der hintere Sector des Dreiecks entspringt im Vorder- tlügel unmittelbar am basalen Postcostaläderchen;
3) der hintere Sector des Dreiecks mündet im Vorder- tlügel symmetrisch in der von der Aussenseite des Vierecks zum Flügelhinterrande gehenden Querader, im Hinterflügel dagegen symmetrisch in der auf das Viereck nach aussen folgenden Querader.
2 unbekannt.
Fundort: Langenburg. 1 cT-
Familie Aeschnidae. 6. Gynacantha villosa nov. spec.
Körperlänge 78.2 mm. des Abdomens 60. der Hinter- flügel 53,5 mm.
(/. Kopf bräunlich gelb; Stirn dünn schwarz behaart mit undeutlich T" förmigem schwarzem Fleck.
Thorax oberseits dunkelliraun. unterseits heller; dicht und lang behaart.
Beine rothbraun.
Flügel leicht bräunlich getrübt, mit schwärzlicher, ziemlich sperriger Aderung; basale Qu er ad er im Sub- costalraum vorhanden. Im Vorderflügel 25 — 27 ante- nodale. 17 postnodale Queradern; Dreieck im Vorderflügel 7— 8 zellig. im Hinterflügel 6 zellig. Analdreiek vier- zellig.
9t
234 Gesellschaft nuturforscfiender Freunde, Berlin.
Abdomen einfarbig schwarzbraun, am Grunde aufge- blasen; 3. Segment seitlich zusammengedrückt; 8.— 10. Seg- ment etwas heller als die übrigen; 3.-7. Segment mit deutlichem Rückenkiel.
Obere Anal anhänge 7, untere 2,2 mm lang.
2 unbekannt.
Fundort: Langenburg. 1 c/.
7. Gynacantha manderica K. nov. spec.
Körperlänge 67, des Abdomens ohne Analanhänge 47. der Hinterflügel 40 mm.
9. Flügel glashell, Wurzeltheil des Subcostalfeldes und Basalraum gelblich; Geäder auffallend sperrig. Anzahl der Antenodal- und Postnodalqueradern im Gegensatz zu den bisher bekannt gewordenen afrikanischen G/jnacantha- Arten äusserst gering: im Vorderflügel 16 antenodale und 12 postnodale, im Hinterflügel 11 — 12 antenodale und 13 — 15 postnodale Queradern. Dreieck des Yorderflügels 4 zellig. des Hiuterflügels 4— 5 zellig.
Obere Analanhänge 5 mm lang, kurz Yor dem Hinter- rande am breitesten.
Das einzige vorliegende Exemplar ist noch unausgefärbt, gelbbraun; 3. Abdomiualsegment stark comprimirt. Rücken des 3.-7. Segmentes hinter der Querfnrche jederseits mit einem kleinen, am Mittelkiele hakenförmig nach hinten um- biegenden gelben Fleckchen, ausserdem mit einem rundlich- vierseitigen gelben Fleck vor dem Hinterrand.
Fundort: Mandera (Ukami), 1 9 (von Dr. Stuhlmann).
Familie Gomphidae. 8. Notogomphus nyassicus nov. spec. Körperlänge 38 mm, des Abdomens 28, der Hinter- flügel 25 mm.
9. Oberlippe. Epistom und Stirn olivenbraun, Ocellenfeld und Hinterhaupt schwarz.
Thorax schwarz mit breiter abgekürzter grüngelber Schulterstrieme, vor derselben jederseits eine gleichfarbige Querstrieme. Von den Flügelwurzeln zu den Hüften
Sitzuni/ vom 18. Xoveniher 1902. 235
ziehen zwei breite grünliche, au den Kändern verwaschene Binden.
Beine schwarz, Flügel hyalin mit ganz leichter schwärzlicher Trübung. Pterostigma braun. Menibranula bis auf unbedeutende Reste fehlend.
Abdomen schwarz; 1.— 8. Segment au der Basis und an den Seiten mit braunen Ringen und Flecken.
Obere Analanhänge schwarz mit brauner Spitze.
Fundort: Langenburg. 1 ?.
Familie Libellulidae.
9. Olpogastra füllehorni K. nov. spec.
syn.? Pseudomacromia torrida Brauer in litt. (/ nee. 9. Nubia» Maino: Mus. Vindobon.
Maasse: cT Körperlänge 49. Abdomen 32. Hinter- flügel 37 mm; 9 Körperlänge 52,5. Abdomen 34.5, Hinter- flügel 40 mm.
ö'. Kopf grünlichgelb. Vertiefungen um den Ocellen- wulst metallischblau; Hinterhaupt schwärzlich mit grossen gelblichen Flecken
Prothorax braun mit gelblichem Mittellappen.
Thorax metallischblau mit ausgedehnten, aber wenig scharf begrenzten gelblichen Zeichnungen: vorn zwei breite, abgekürzte, nach hinten convergiiende Schulterstriemen; Mittellängslinie ebenfalls gelblich. Seite mit 3 gelben Zackenstriemen. Unterseite gelb mit schwarzen Querbinden.
Beine dunkelbraun; Hinterschenkel wie bei Oipogastra lugubris K. bewehrt. Unterseite der Hinterschienen mit 8 sehr starken Stacheln.
Flügel hyalin mit gelblicher Aderung (unausgefärbt); am Analrande der Hinterflügel ein roth brauner Fleck. Im Vorderflügel: 11 7» — 13 V2 anteuodale. 8 — 9 postnodale Queradern; Dreieck zweizeilig, inneres Dreieck dreizellig. Im Hinterflügel: 9—10 antenodale. 9—10 postnodale Quer- adern; Dreieck und Supratriangularraum ungetheilt, kein inneres Dreieck. Der Arculus liegt in beiden Flügelpaaren zwischen der ersten und zweiten Antenodalquerader, der zweiten näher als der ersten. Im Hinterfliigel liegt die Innenseite des Dreiecks in der Verlängerung des Arculus.
9tt
236 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
Abdomen schwarz. Rücken aller Segmente mit röthlichgelber Mittellängslinie. Basis massig aufgeblasen. 3. Segment seitlich comprimirt.
9. Scheiteldreieck dunkelblau.
Prothorax braun. Thorax wie beim </, die Zeich- nungen weniger ausgedehnt und scharf begrenzt. Flügel hyalin mit schwärzlicher Aderung. ohne Analfleck im Hinterflügel; im übrigen wie beim cT- Beine ebenfalls wie beim cf. Abdomen vorwiegend schwarz.
Fundort: Langen bürg, 1 9 (c/* vom Wiener Hof- museum durch Tausch erworben).
10. Palpopleura callista nov. spec.
Syn.? Palpoplenra incunda W. Kirby nee Ramb:
Syn. Cat. of Neuroptera Odonata London 1890, p. 9.
Trans. Zool. Soc. London XII, 1890, p. 273.
Ann. and Mag. of Nat. Hist. VII, 2, p. 232, London 1898.
Nach DE Selys (Pollen et van Dam, Recherches sur la Faune de Madagascar. Ins. p. 15. Leide 1877) ist Palpopleura iucunda Ramb. = (?) P. sexmaculata F. von China. Rambur's Irrthum beruht auf einer Verwechslung des Vaterlands.
Maasse: cT Körperlänge 23.8— 25,5. Abdomen 14—15,7, Hinterflügel 17 — 18 mm; 9 Körperlänge 23—23,6, Abdomen 13,5—13,7 ram, Hinterflügel 17.5 — 18,1 mm.
d . Kopf vorn gelb. Feld vor den Ocellen glänzend blau.
Prolhorax dunkelbraun, am Hinterrande flach einge- buchtet.
Thorax oberseits chokoladebraun mit dichter, langer weisslicher Behaarung. Seiten und Unterseite gelb; zwei schräge schwarze Striemen an den Seiten und eine eben- solche, kürzere an der Unterseite.
Beine vorwiegend gelb.
Flügel glashell; an der Basis aller Flügel ein grosser drei- getheilter schwarzer Fleck; der vordere Theil erfüllt den Sub- costalraum bis in die Nähe des Nodus und greift auf den Costalraum über, ohne jedoch den Flügelvorderrand zu er- reichen; der mittlere Theil bedeckt die vordere Strecke zwischen den Sectoren des Arciilus, im Vorderflügel in be-
Sitzung vom Ib. I^ovember 1902. 237
deutend grösserer Ausdehnun«; als im Hinterflügcl; der hintere Theil bedeckt den Basalraiim sowie eine Anzalil der hinter und neben demselben liegenden Zellen; im Vorder- tlügel greift er auf die vordere Zelle des dreigetheilten Dreiecks über, im Hinterflügel bedeckt or dasselbe ganz. Im Innern des Basalfleckes sind alle Adern des Netzwerkes gelb gefärbt. Nodus von einem kleinen schwarzen Fleck umgeben. Zwischen Nodus und Pterostigma ein ver- schwommener kleiner gelblicher Fleck.
Abdomen schwarz mit bläulicher Bestäubung; Analan- hänge schwarz.
9. Vorderseite des Kopfes gelb, Scheitel hellbraun.
Prothorax und Thorax wie beim cf . doch oberseits heller. Beine gelb mit schwärzlichen Tarsen.
Basalfleck der Flügel dunkelbraun auf gelbem Grunde, grösser als beim 0 ; vom Vorderrand bis in die Nähe des Hinterrandes reichend, auch im Vorderflügel das Dreiek einschliessend. Nodus schwarz umsäumt. Hinter der Flügel- mitte ein grosser vierseitiger dunkelbrauner Fleck mit breitem gelben Rande. Flügelgeäder innerhalb aller Flecke hellgelb. Pterostigma aussen schwarz, innen weiss.
Abdomen oberseits hellbraun mit drei schwarzen Längsstreifen. Obere Analanhänge schwarz, untere braun.
Herr VON Martens legte einige neue Arten von Meer-Conchylien aus den Sammlungen der deutschen Tiefsee-Expedition unter der Leitung von Prof. Carl Chun 1898—99 vor:
1. Valuta (Fusivoluta ^\i\)^,%n. x\Q\.) anomala. Testa fusiformi-turrita. gracilis. imperforata. plicis verticalibus suturam superiorera non attingentibus, superne subnodifor- mibus. in anfr. ultimo prope aperturam evanescentibus. et liris spiralibus confertis, in anfr. penultimo circa 17 conspicuis, nonnullis duplicatis sculpta, rufescentigrisea, unicolor; apex obliquus. papillaeformis: anfractus 7, primus laevis, globosus. sat magnus. sequentes duo subaequales, plicis abbreviatis exiguis sculpti. ceteri regulariter crescentes, ultimus basi sensim attenuatus. Apertura lanceolata, sat
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angiista, margine externo recto, integro, pariete aperturali et margine columellari laevibus, non plicatis. rufescentibus, canali breviiisciilo. late aperto. retrorsum paulum ascendente, fauce pone margiueni externum aui-antio-limbata. Long. 70. diam. 20, apert. loDg. incl. canali 37, excl. 23, latit. 13 mm.
Ost -Afrika, an der Somaliküste, in 463 m Tiefe.
Durch den Mangel der Columellarfalten und den all- gemeinen Urariss der Schale erscheint diese Art zunächst als Fiisus, aber die schief aufgesetzte, warzenförmige Spitze erinnert sofort an manche Voluten, z. B. V. rupestris Gm. {fulmincda Lam.) und die Untersuchung der Radula durch Dr. Thiele hat denn auch die Zugehörigkeit zu Voluta, nicht zu Fnsus oder den Bucciniden ergeben, bestätigt also den durch die Embryonalwindung gegebenen Hinweis. Ein horniger Deckel ist vorhanden, findet sich aber auch bei der Untergattung von Voluta, wozu F. nmsica L. gehört. Auch Wyrillea Watson. Challenger Gastropoden, p. 262, Taf. 15, Fig. 2. zwischen den Marion- und Crozetinseln, ist eine Volutide ohne Falten, hat aber keinen Deckel und eine sehr verschiedene Allgemeingestalt der Schale.
Zu dieser neuen Untergattung gehört auch Fusus (Sipho) pyrrhostomus Watson am angeführten Ort S. 208 Taf. 12 Fig. 2. welcher auch von der deutschen Expedition beim Cap der guten Hoffnung in 318 m Tiefe gefunden wurde und bei der Untersuchung der Radula sich als Voluta ergeben hat.
2. Pleurotoma (Gemmula) gemmulina. Testa turrita, gracilis, lira elevata subsuturali inaequaliter bipartita, cingulo mediano lato confertim tuberculifero et lira inferiore simplice sculpta, solida. alba, unicolor; anfr. 11, primus laevis, duo sequentes nodulis subverticalibus uniseriatis sculpti. ceteri cinguliferi. tuberculis cinguli in anfr. penultimo 23. ultimus subtus sensim attenuatus et liris nonnullis spiralibus cinctus. Apertura dimidiam longitudiuem testae aequans. anguste ovata, margine externo ad cingulum medianuin tubeiculiferum emarginato, crassiusculo, canali sat longo, recto. late aperto. margine columellari rectilineo.
Sitzumj vom 18. November 1902. 239
laevi. subdeti'ito. Long. •^OV». diam. ßVs, apert. long, incluso cauali \). excluso 4, apcrt. lat. 2V-» nun. Westküste von Sumatra, in 677 m Tiefe.
3. Pleurotoma (Gcmmuhi) rotutilis. Testa tiirrita, biconica, cingnlo siibsutiirali laevi et carina mediana tuber- culifera sciilpta, albida. unicolor; aufr. 9, primus laevis, flavesceus, sequentes tres couvexi. coufertim subarcuato- costulati. ulteriores eariuati et conferiim tiibeiciilati, penultimus tuberciilis 17, ultiiiuis 18, siibtus primum con- vexus et liris spiralil)us 2, superiore fortiore sculptus, dein valde attenuatus. Apertuva diraidiam testae lougitiidiuem Don aequans. subovata, latiuscula. margine exteruo ad carinam emarginato. valde arciiato. canali mediocri, oblique, aperto. margine columellari subperpendiculari, laevi. appresso. Long. 1 1 V2. diam. 5. apert. long, incluso canali 4, excluso 2, apert. lat. 2 mm.
Ost-Afrika au der Somaliküste, in 1134 m Tiefe.
4. Fleurotom-a (Brachytoma) siihsutiiralis. Testa fusiformi-biconica. medio tuberculato-augulata et iufra suturam nodulis parvis uniseriatis cineta, tenuis, alba; anfr. 9, priores 2 laeves. subglobosi. sequentes regulariter cresceutes, sutura impressa. angulo tuberculifero sutiirae inferior! pro- piore, zona inter nodulos subsuturales et angulum tuber- culiferum laevi. ultimiis subtus liris spiralibus 2 — 3 majoribus et nonnullis minoribus sculptus. dein valde attenuatus. nodulis subsuturalibus prope aperturam evanes- centibus. Apertura si)iram superans, clavata, margine externe tenui, superne circuatim et late emarginato. canali longo, leviter resupinato, aperto; margine columellari paulum concavo, laevi, nitido. quasi attrito. Long. 23, diam. 9, apert. long, incluso canali 13, excluso 6. apert. lat. 4 mm.
Ost-Afrika, an der Somaliküste, in 818 und 1134 m Tiefe.
5. Pleurotoma ( Ferrona) suhspirata. Testa biconica, laevis, unicolor, brunnea, spira couico-turrita. gradata. apice minute globoso; anfr. 9, infra suturam cingulo tumido ornati, ceterum planiusculi. ultimus medio valde convexus et subtus subangulatus. dein valde angustatus. Apertura dimidiam
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longitudinem testae paulo superans, ovato-elliptica, sinu magno, rotondato, caiiali subelongato, recto, aperto, margine columellari appresso, pallido, fauce violascente. Long. 2572, diam. 11, apert. loDg. incluso canali 15, excluso 8, apert. lat. 5 mm.
Grosse Fisch bai, Südwest- Afrika.
6. Pleurotoma (Leucosyriaa') vepallida. Testa fusi- formi-turrita, plicis obliquis abbreviatis nodiformibus, sutu- ram superiorem non attingentibus in anfr. penultimo 12, in ultimo obsoletis scnlpta. cinerascenti-alba; anfr. 8Vis, primus globosus, laevis, secnndus subcylindricus , item laevis, se- quentes regiilariter crescentes. lertia parte iDferiore sub- augiilati, nodosi et striis spiralibus confertis levibus sculpti, ultimus rotundatus, non nodosus, dimidia parte inferiore spiratim striatus et sublus seusim attenuatus. Apertura lanceolata, sat aogusta, margine externo tenui, leviter ar- cuato, infra suturam modice et arcualim sinuato, pariete aperturali et margine columellari laevibus, albis, canali bre- Yissimo, iate aperto. Long. 44, diam. 18, apert. long, in- cluso canali 21. excluso 1572, apert. diam. 9 mm Kein Deckel.
Ost- Afrika, an der Somaliküste in 1840 m Tiefe.
7. Typhis transcurrens. Testa biconica, quadrifariam varicosa, ceterum laevis, alba, varicibus crassiusculis, laevibus, superne retrorsum inflexis et in tu bulum oblique prominentem iate depressum transeuntibus; aufr. 6, con- tabulati, ultimus subtus sensim attenuatus. Apertura parva, elliptica, peristomate tenui coutinuo discreto cincta; canalis modice elongatus, flexuosus, ambitu clausus, apice apertus, cum varice ultimo continuus; canalis alter cum varice pen- ultimo continuus in testa adulta conspicuus. Long. 13. diam. exclusis tubulis 6, apert. long, excluso canali 3, lat. 273; longitudo tubuli Ultimi 4 mm.
Ost-Afrika, im Zanzibar-Kanal, in 463 m Tiefe.
8. Nassaria teres. Testa subturrita costis perpen- dicularibus, circa 20 in anfr. penultimo, 16 in ultimo, antice evanescentibus et liris spiralibus angustis, costas et inter- stitia aequaliter percurrentibus , in anfr. penultimo 10 con-
Sitzumj rom 18. November 1902. 241
spicuis". in ultimo (absqiie canali) circa IH, noduloso-can- cellata. albida ; anfr. 7. valde convexi. siitura sat profunda, ultimus univarieosus, basi convexus. subito in canalem bre- viusculum lecurvuni abieus. Apertura rotuuda. niargine externe costa majore sat angusta miinito. margine columellari et parietali abraso. Long. 34. diam. 18. apert. long, iucluso canali 17, excluso 9, lat. apert. 7V2 mni. Bei den Nikobaren, in 362 m Tiefe.
9. Äncillaria hasta. Testa elongata. lanceolata, imperforata. laevigata. nitida, pallide roseo-fulva, versus apicem alba; anfr. 7. subplani. suturis superlitis, regulariter cresceutes. ultimus modice angiistus. paiiliim convexus, ad basin lineis spiralibiis proniinulis tribus. duas zonas im- pressas includentibus sculpta. infra has albus. Apertura -/s totius longitudinis occupans, lanceolata. margine externe leviter flexuoso. albo, margine columellari infimo verticali, incrassato. Long 30. diam. 1 1, apert. long. 19V2. lat. 6V2 mm.
Süd- Afrika, bei der Agulhas-Bank. in 500 m Tiefe.
10. Scalaria unilateralis. Testa elongate turrita, imperforata, costis validis, perpendicularibus. 15 — 17 in anfractu ultimo, erassis, interstitia latitudine fere aequantibus sculpta. fuscesceus. non nitida; anfr. c. 12, sat. convexi, sutura impressa, fllocincta, ultiuins in continuatione suturae cingulo Spiral i percrasso. prope aperturam in carinae formam elevato ciuctus, infra hoc nen costatus. concaviusculus; varices singulae in anfractibus 4—5 inferioribus. uni- laterales, inter se continuae. Apertura peristomate duplice, interiore angusto recto, exteriore basi et extrorsum in varicem expanso et incrassato,. Long. 17, diam. 5, apert. long, et diam. excluso peristomate 2V2, incluso perist. 372 mm.
Bei den Nikobaren, in 805 m Tiefe,
11. Collonia hicarinata. Testa suborbiculata, soli- diuscula. umbilicata. flavesceuti alba, unicolor, carinis 2 spi- ralibus elevatis sculpta, ceterum laevis; spira abbreviato- conica, gradata; anfr. ultimus lira spirali inter duas carinas et in basi liris spiralibus 2 sculptus, antice distincte de- scendens. subtus leviter concavus. liris spiralibus 2. umbilico sat magno, angulari. Apertura obliqua, circularis, peri-
242 Gesellschaft tiaturforschender Freunde, Berlin.
stomate leviter expanso, carinis et liris exciirrcntibus levitor anguloso, margine externo valde arcuato, sat tenui. iiuii-giiie basali iiicrassato, margine columellari tenui. recto. uon in umbilicuni retlexo. Diam. maj. 9, min. 8, alt. 6. apert. incluso peristomate altitudo obliqua 4^3. latitudo 473 mm. Süd-Afrika, nahe der Agulhas-Bank. in 500 m Tiefe
12. Solariella infralaevis. Testa trochiformis, anguste umbilicata, margaritacea, unicolor; aufr. 5\'2, sutiira pro- funda discreti. serie nodulorura una infra suturam et carina monilifera paulo supra suturam seqiientis anfractus sculpti, interstitiü laevi, iiltimus ad peripberiam bicarinatus. carina superiore nodulifera. inferiore laevi ; basis subplanata, laevis; umbilicus cariuula monilifera cinctus. angustus. pariete laevi- Apertura anguloso -subcircularis. modice obliqua. '/2 longi- tudinis testae paene occupans, margine externo triangulato, marg. basali uniangulato. marg. columellari supra dilatato et partem umbilici tegente. Diam. maj. 10, min. 9. alti- tudo 10, apert. diamet. incluso margine columellari h^J2 excluso 4, altit. apert. obliqua 5 mm. .
Ost-Afrika, an der Somaliküste, in 1134 m Tiefe. ^
13. Solariella hiradiatula. Testa depresse turbinata, umbilicata. crenulis radiantibus infra suturam et striis levi- oribus radiantibus circa umbilicum sculpta, ceterum laevis. nitida, cinereo-margaritacea; anfr. 5, mediocriter convexi, tertius et quartus crenulis subsuturalibus magis conspicuis. ultimus crenulis versus aperturam evanescentibus, superne leviter convexus, ad peripberiam rotundatus, basi sub- planatus; umbilicus sat latus, infundibuliformis . ciugulo angulari crassiusculo et lirulis 2 spiralibus perangustis cinctus. Apertura rhomboideo-rotundata. margine externo superne clongato, leviter descendente, marg. basali vix arcuato. marg. columellari rectilineo, obliquo. angulum distinctiim cum basali formante. Diam. maj. lOVa- min. ''S, alt. TVs. apert. diam^ 4, altitudo obliqua 4 mm.
Ost-Afrika, ausserhalb Dar-es-Salam, in 400 m Tiefe.
14. Puncturella (Crauo^isis) Äethiopica. Testa depressa. suborbicularis, radiatim multicostulata. costulis scabris, subaequalibus, confertis, albida; vertex prominens,
Sitzung vom 18. Noveinher 1902. 243
compressus, apice incumbens. Vs fere longitudinis testae a marginc postico remotus; fissura longitudinalis intus expleta. in acumine verticis ad \/4 fere longitudicis testae extensa. dein antrorsum in foramen lanceolatum (asymmetricum. ad sinistram vergens) aperta; peripheria testae leviter multi- crenulata. Long. 16, diam. H'/a. alt. 6 mm.
Ost-Afrika, im Zanzibar-Kanal. in 463 m Tiefe. Ein lebendes Exemplar.
15. Puncturella analo(/a. Testa elevato-conica. costis radiantibus saepe alternis minoribus modiee prominentibiis confertis et striis concentricis subtilibus costas traus- currentibus sculpta; margo irregulariter crenulatus; Vertex recurviis. lateri posteriori incumbens; fissura brevis. rbom- boidea. paulo ante summam altitudinem posita. Alt. 5, long. 8. lat. 5 mm.
Kerguelen, in der Gazellenbucht.
16. Binyicula Aethiopica. Testa acurainato-globosa. lineis incisis spiralibiis in anfr. ultimo c 17, superioribus magis distantibus, in penultimo 4 conspicuis, suprema suturae approxiniata, alba; spira sat prominens; anfr. ?, convexi. sutura impressa. Apertura siibangusta. superne acutangula. margine externo primum impresso, dein tenui- limbato, modiee arcuato. margine columellari plicis validis 2 munito, pariete aperturali non calloso. Long, ultra 7, diam. 6, apert. incluso peristomate long. 4V2. diam. 272 mm.
Ost-Afrika, nahe der Somaliküste in 1134 m Tiefe.
17. Actaeon (Leucotina) Äethiopicus. Testa ovato- conica . rimata. sulcis spiralibus numerosis distinctis, foveolas longitudinales includentibiis sculpta. alba, nitida; spira dimidiam testae longitudinem occupans; anfr. 6V2, convexinscnli. sutura impressa angusta discreti. ultimus basi sat convexus. Apertura anguste ovata, superne angustata, margine externo angulatim producto. marg. basali anguste rotundato, marg. columellari perpendiculari incrassato. plica validiuscula oblique ascendente munito. Long. 12. diam. 7. apert. long. 6V2. apert. diam. incl. marg. columellari 5, excluso 4 mm.
Ost- Afrika, im Pemba-Kanal, in 818 m Tiefe.
244 Genellschaft naturforschender Freunde, Berlin.
18. Scaphander cancellatus. Testa oblooga, superne paulum angustata, solida, liiieis spiralibus sublaevibus et interstitiis aequalibus regulariter et conspicue concellatis sculpta, periostraco laete fulvo, deciduo; vertex impressus. ad diraidiam partem callo apertiirali tectus. Apertiira superne aügustata, inferne plus duplo latior. margiae externo Superne in lobum rotundatum non valde assurgeotem pro- ducto, margine basali rotuudato, marg. columellari dilatato, calloso. valde sinuato. Long, incluso lobo marg. externi 27, excluso 25. diam. 17, apert. long 27, diani. apert. superne 5, inferne 12 mm.
Bei Pulo Nias an der Westseite von Sumatra, in 470—646 m Tiefe.
Vergleichung mit den nächstvervvandten bekannten Arten, Beschreibung der Eadida, soweit solche zu erlangen war. und Abbildungen werden in dem zoologischen Theil des Werkes über die deutsche Tiefsee-Expedition möglichst bald folgen.
Referirabend am II. November 1902. Friedr. Dahl über N. Nassau ow. Cursus der Entomologie,
Theil I: Die äussere Hülle der Insekten. Warschau
1901 (russisch). F. E. Schulze über:
1) einige neue Hydroiden, Pelagohydra und Brnnchio- cerianthus.
2) Lenlossek, Das Problem der geschlechtsbestim- menden Ursachen.
J. F. Stareke, Berlin W.
Fig. 7 a.
Fig. 7 1).
zu Seite 228.
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Fig. lU.
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Fig. 12 8
Fänge von Fichten.
Fänge von niederen Pflanzen.
Fänge aus Moos.
Lepliiliyphaiites mughi lirachycentrum elongati Linyphia phrygiana . Epeira dromedaria . Cryphoeca sylvicola Liiiypliia pusilla . . Oubiona subsultans Xysticus pini .... LepJithyphantes obscurus Meta merianae . . Lephtbyphantes alacrif Erigone atra . . . JJrapetisca socialis . Cyclosa conica . . Pbilodromus aureolus Micrypbantes rurestris Entclc'caia acuniiiiata Gonatium isabelUiium Dic^na pusilla . . Theridium varians . Pbilodromus margaritatus Theridium pallens Linyitbia peltata . Kpeiia cucuibitina Liiiypbia triangularis Epeira diademata Clubiona compta . Coelotes terrestris ]>ismodicus elevatus LephthypbanteB cristatus Linypbia clatbvata . Ero furcata . . . Pacbygnatba listeri . l'lülodromus dispar . Clubiona frutetoruni Hyptiotes paradoxus Zora spinimana . . GoQgylidium rutipes Bathypbantes dorsalis 'J'rematocephalus cristatus Theridium sisypbium Clubiona pallidula . Itjaea dorsata . . Theridium tinctum . Tetragiiatha solandri Anyphaena accentuata Xysticus ulmi . . . Batbyphantes nigrinus Epeira angulata . . liycosa lugubris . . Linyphia montana . Porrboinma pygmacura Xysticus kocbi . . IJiplocephalua humilis l'icypbus cornutus . i-lptira diodia . . .
Zahl der Individuen Zahl der Arten
_ - _ _ _ |
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= - - -_ = - -_ |
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J -^ - - -^ • z' |
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- 1 - 1 ■* 1 - 1 ~ ] |
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Lcpbtbypliantes mughi . . |
^ 36 13 |
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Theridium sisypbium . . . |
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Clubiona reclusa . . |
. ' . 1 |
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Meta merianae . . |
0 |
a |
la |
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Linypbia triangularis . |
1 |
11 |
7 |
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Gonatium isabelliniim |
1 |
S |
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Theridium varians . . |
. |
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Pedauostetbus lividus |
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Micrypbantes rurestris |
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Diplocephalus humilis |
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Philodromus dispar . |
. |
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Clubiona frutetorum . |
t . |
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Theridium biraaculatum |
s |
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Linypbia montana . . |
2 |
||||||||
Lephthyphantes tcuebricola |
1 1 g |
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Linypbia insighis . |
11 |
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Xysticus pini . . . |
1 |
1 |
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Singa pvgmaea . . |
1 |
||||||||
Ijinyphia clathrata . |
1 |
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Episiniis truncatus |
1 |
||||||||
Gonylidium rufipes |
1 |
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Dolomedes fimbriatiis . |
1 |
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Xysticus kocbi |
. |
■ |
- 1 ■ |
1 |
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Lephthyphantes cristatus |
'i |
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Pachygnatha clercki . . . |
i) |
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I-invpliia hortensis . . |
4 |
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Pacbvgiiatba listcii ... |
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Balbyiihantcs ni;n)iiiis |
14 |
||||||||
Zahl der liMÜvidu.n |
0 36 |
lo] an |
66 |
||||||
Zahl der Ai |
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J |
1 |
6 |
IS |
l.n |
Fänge unter Steinen und Rinde.
|S |
S 1 |
1 |
■5 |
= S |
i |
||
Lycosa saltuaria . . Centromerus pabulator Centromerus arcanus . Coelotes terrestris . . . Lepbtbypbantcs mansuetus Pedanostethus truncorum Amaurobius claustrarius . CryphoGca sylvicola . . Amaurobius fenestralis Macrargus rufus . . Clubiona subsultans . . Micrypbantes cornigcr Tegenaria sylvestris . Hahnia pusilla . . Lycosa lugubris Neon reticulatus . Gongylidiellum murcidiim Epeira diademata . Dictyna pusilla . . . Clubiona corticalis Segestria senoculata . , Pedanostethus lividus Lephtbyphantes cristatus Zora spinimana . . . Prosthesima subterranca |
2 |
6 |
20 14 |
i 3 2 8 1 1 1 1 |
2 4 1 1 2 9 : |
2 3 |
|
Zahl der Individuer Zahl der Arter |
4 4 |
6 1 |
43 8 |
16 8 |
20 7 |
10 7 |
s I
Ililaira montigena Centromerus pabulator Centromerus arcanus . Walckenaera antica Walckenaora cucullata Osyptila trux . . . Boi\|iliiintes alticcps . I;t;iiliy(pntmm tlmracatui Lfiihtiiypliantes tencbricc I)iploL'e|ihalus latifrons !'i ilanostethus truncorum ( riniinclla scabrosa . ( liiliioiia reclusa . . Miriypbantcs rurestris Gniiatium isabellinura . Miiiyi'iolus pusillus
Cry[dioecn sylvicola Lephthyphantes alacris Walckenaera acuminata Xysticus bifasciatus Clubiona frutetorum . Zora nemoralis . . . Drassus troglodytcs Maci'argus rufus . . Walckenaera melanocephöla Miciyphantes cornigcr Ivophomma vivum * ILirpiu-trs If-pidus . .
I.oplMjMiiiiM lifibigrada Zora spinimana . . . Lycosa lugubris . . . Cintromerus sylvaticus Li]dithyphantes cristatus Piichvgnatlia degceri Er., iurcata .... Centromerus bicolor . Lci)lithypbantes mansui Diplocephalus humilis Tapinocyba insocta Dililficephahis liiemalis !■(
It- IM
Notioscopus sarcinatus ** Walckenaera unicornis Walckenaera jucundissimo
llabnia elegans . Neon reticulatus Xysticus ulmi Lycosa pullata Piratn laiitans Lycosa prativaga Pirata piraticus . Trochosa terricolji
Zahl der JudiTiduen Zahl der Arten
12 I 8 i 6 I 19
62 72 40 128 14 16 22 I 23
Nr. 10. 1902.
S i 1 •/ u n g s - H (• i- i (' li t
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(jesellscliaft iiaturtbrsclieiidc'r Fremide
zu Berlin vom 16. Dezember 1902.
Vorsitzender: Herr v. Martens.
Herr 0. Neumann sprach über zwei neue Formen des Genus ^Colohus" Illig.
Herr H. Grönroos sprach über zwei Oberarm - muskeln bei der Gattung Hylohatcs.
Die beiden Mm. biceps bracht/ und laüssimo-condyloideus zeigen bei den Hylobatiden eine sehr charakteristische An- ordnung, die, soweit bekannt, keiner anderen Thierform zu- kommt, und die trotz zahlreichen mit diesem Gegenstand sich beschäftigenden Untersuchungen und Mittheilungen doch noch nicht als vollständig aufgeklärt gelten kann.
Der vorliegende Bericht bezieht sich auf die Ergebnisse von Untersuchungen, die an den Armen von fünf Hylohutes- Exemplaren über das Verhalten der beiden Muskeln ange- stellt wurden. Da indessen eine ausführliche, durch Ab- bildungen erläuterte und die bisherige einschlägige Litteratur berücksichtigende Darstellung dieser Ergebnisse demnächst an anderem Orte veröffentlicht werden wird, so soll sich dieser Bericht auf eine kurze Erwähnung der wesentlicheren thatsächlichen Befunde beschränken.
Der M. hicrps hrachä besitzt, wie der Name voraussetzt, zwei getrennte Urspruugsi)ortionen oder Köpfe. Der eine Kopf entspringt am Schulterblatte, am oberen Kaude der Schultergelenkpfanne, mittels einer schlanken, zunächst etwas
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246 Gesellschaft naturfmschender Freunde, Berlin.
abgeplatteten Ursprungssehne, die erst durch die Höhle des Schultergeleniies hindurch zum Sulcus intertubercularis humeri und sodann in dieser Rinne weiter distahvärts verläuft. Hier befindet sich die nunmehr ziemlich cy- lindrische Sehne hinter der zur Crista tiiberculi majoris humeri ziehenden Endsehne des Isl. pectoralis major und kommt schliesslich am unteren Rande dieser Endsehne zum Vorschein. Etwa in dieser Gegend entwickelt sich aus der Sehne ein schlanker spindelförmiger Muskel bauch, der erst viel weiter distahvärts. am unteren Abschnitt des Ober- armes, mit der zweiten Bicepsportion verschmilzt. Wie aus dem Mitgetheilten erhellt, entspricht die soeben beschriebene Portion des Muskels durchaus dem Caput longum bicipitis des Menschen und verdient daher auch ebenso gut wie bei Letzterem diesen Namen.
Die zweite Bicepsportion verhält sich dagegen hinsicht- lich ihres Ursprunges bedeutend anders als beim Menschen. wo sie bekanntlich in der Regel an der Spitze des Proc. coracoides entspringt. Vom Tuber cul um minus humeri erstreckt sich (bei Hyobatcs) ein abgeplatteter sehniger Strang, von der Endsehne des M. pectoralis major bedeckt und mit der Rückfläche dieser Endsehne verschmolzen, zum unteren (distalen) Rande ebendieser Sehne und sodann, oberflächlich verschmälert, weiter, schräg distal- und median- wärts. bis zum medialen Rande des Oberarmes. Hier ver- bindet sich der Sehnenstrang sofort, oberhalb der Mitte des Oberarmes, ein paar oder einige Centimeter distalwärts und zugleich etwas medial von dem distalen Ende der Ansatzstelle des M. coracobrachialis. mit dem Septum intermusculare mediale.
Beim Hervortreten des Sehnenstranges am unteren Rande der Pectoralissehne. trennen sich die äussersten Randbündel des letzteren Muskels von dem übrigen Theil des Muskels, biegen in distaler Richtung um. schliessen sich dem Sehnenstrang an und inseriren kurz darauf an ihn von der medialen Seite her Hienhirch gewinnt es den Anschein, als träte der Sehnenstrang nebst der ihn be- gleitenden Urspruugssehne des langen Bicepskopfes zwischen
üitzuny vow IG. Dezember WOü. 247
den IJündt'lu des i'cctoralis major heraus, res]), durch desseu Kiidsehne hindurch. Dieses ist aber nur sch(Mnl»ar der Fall, denn der vom 1\ii)ei'(Milum minus kommende Sehnenstraug reissl elien nur einige lUuidel des l'eetoralis major mit sicli. und diese liündei inseriren dann gar nicht an den lluinerus. sondern an den Sehnenstrang selh.st.
Etwa au dersell)en Stelle nun, wo diesei- Sehnenstraug am Kunde des l'ectoralis major zum V(U*scliein isommt. oder sogar schon etwas vorher, heginnen Muskell'asern von seiüer lateralen Seite zu entspringen, und zwar mit tli.stal- wärts gerichtetem Verlauf. lu ununterbrochener Folge ent- springen sodann diese Muskelfasern von der lateralen Seite des Sehnenstranges bis zu dessen Vereinigung mit dem medialen Zwischenmuskelbande, und von hier an weiter in ebenso continuirlicher Folge von der Fortsetzung des Sehnenstranges, dem Septum intermusculare mediale, bis die Muskelursprünge in einer Entfernung von 2 — 3 cm vom Epicondylus medialis auf einmal aufhören. Die Gesammt- summe aller dieser Muskelbündel, die. wie erwähnt, an der lateralen Seite jenes am Tuberculum minus <'ntspringenden Sehnensti'anges und von der Vorderseite des die Fortsetzung des Stranges darstellenden Septum intermusculare mediale entspringen, bildet eine Muskelplatte, deren lateraler Randtheil den langen Bicepskopf bedeckt, und die den zweiten Biceps- kopf repräsentirt. Ob es zweckmässig ist. diesen als Caput breve zu bezeichnen, ist sehr fraglich; da dieser Name von der menschlichen Anatomie her mit einem etwas anderen Begriffe verknüpft ist, als es hier der Fall sein würde, so möchte ich den vorhin geschilderten Bicepskopf der Hylo- batiden lieber Caput tuberculo-septale nennen, zumal nach Angabe anderer Autoren bisweilen ausserdem noch eine vom Proc. coracoides entspringende Bicepsportiou bei Ilylobates vorkommen soll, die dann dem noi'inalen Caput breve des Menschen entspricht.
Am unteren Abschnitt des Oberarmes verschmilzt der laterale Randtheil des Caput tuberculo-septale mit dem Caput longum. Hierbei scheint, allerdings in sehr geringem
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248 Gesellschaft nntur/orschender Freunde, Berlin.
Umfange, eine wirkliche Kreuzung einiger Muskelbündel der beiden Portionen stattzufinden.
Bezüglich der Tnsertionsweise bietet der Biceps der Hylobatiden insofern eine Uebereinstimmung mit dem des Menschen dar, als auch bei jenen die Insertion durch zwei Zipfel, einen radialen und einen ulnaren, erfolgt. Der radiale Zipfel ist vollständig sehnig und inserirt an die Tuberositas radii. Der ulnare Zipfel dagegen ist nur am lateralen Rande sehnig, im übrigen aber bis au die Insertion fleischig. Die Insertion dieses ulnaren Zipfels findet grösstentheils an einem sehnigen Streifen statt, der vom Epicondylus medialis entspringt und auf der ulno- volaren Muskel masse des Vorderarmes distal wärts zieht, dieser Muskelmasse, und speciell den Mm. flexor digitorum sublimis und prouatar teres zum Hilfsursprung dienend. Nur die oberflächlichen Bündel des lateralen Randtheiles des ulnaren Eiidzipfels können über jenen Streifen hinaus Beziehungen zur V'orderarmfascie gewinnen. Letzteres Ver- halten darf sogar, wenigstens für ältere Thiere, als Regel hingestellt werden, indem hier die Fascie schon am untersten Theile des Oberarmes, noch mehr aber am Unterarm, dem sehnigen lateralen Endabschnitt des Caput tuberculo-septale, resp. des ulnaren Insertionszipfels, so fest anhaftet, dass ein vollständiges Lospräpariren derselben ohne Miiskelver- letzung kaum möglich ist. An einem jungen Hylohates lar L. konnte ich dagegen die allerdings innig anliegende Fascie vollständig vom Biceps. auch von dessen ulnarem Ansatz- zipfel, lospräpariren; in diesem Falle inserirte also die ge- sammte ulnare Ansatzportion des Muskels an den vorer- wähnten sehnigen Streifen, indes keine Fasern zur Fascie traten.
Auf die beiden Ansatzzipfel vertheilen sich die beiden Ursprungsportionen des M. biceps in der Weise, dass fast der ganze lange Kopf zusammen mit einer kleinen Portion des Caput tuberculo-septale zur Insertion an die Tuberositas radii gelangt, iudess der ulnare Insertionszipfel den weitaus grössten Theil des Caput tuberculo-septale nebst einigen wenigen Bündf^ln des Caput longuni aufnimmt. Die letzten
Sitzimy vom l(i. JJezeniher 190Ü. 249
vom Septiim inteniiusciilan' nuMliiile (Mits|)rinf;<Mi(l<'n Bilndel des Caput tuhcrculK-scptalc tiTtfii. in ihrer i^^uizcii Länge fleischig, direkt hii jt'iuMi inrlnfacli rrwähiiteii Sehnenstreifen auf der ulno-volareii Muslvclniassf des X'ordei'ai'iiics und he- festigeu sich hier ein kleines Stück distalwärls von der Ellenbeuge. Das Cai)Ut tuberculoseptale besitzt also hier einen allerding.'^ kurzen, distalwärts und nach hinten sehenden, der Kllenl)euge zugekehrten freien Kand.
Der dem Menschen in der Regel als solcher fehlende M, latissimo-condy loideus entspringt, wie anscheineiul bei allen Affen, von der Endsehue des Muse, latissimus dorsi und erstreckt sich als al)geplatteler Muskelbauch an der medialen Seite des Oberarmes hinab. Dabei sind die Muskel bimdel zugleich schräg nach vorne gerichtet, so zwar, dass man an dem Muskel einen vorderen, zugleich proxi- malen, dem Humeruskopf zugewandten, und einen hinteren, zugleich distalen Rand unterscheiden kann. Der Muskel verbreitert sich ausserdem von der Ursprungsstelle an nach vorne hin bis zur lusertionsstelle. so dass der hintere, distale Rand ziemlich steil distalwärts verläuft, indess der proximale sich in seinem Verlaufe meiir einer horizontalen Richtung nach vorne nähert Der ganze Muskel ist dem- nach als dreieckig oder trapezförmig zu bezeichnen.
Der weitaus grösste i)roximale Abschnitt des Muskels inserirt fleischig an die mediale Seite jenes am Tiiberculuni minus entspringenden Sehnen- stranges, welcher vom unteren Rande des M. pectoralis major saitenartig (d. h ohne am Knochen befestigt zu sein) zum Septum intermusculare mediale hinüber verläuft, und von dessen lateraler Seite die Muskelbündel des Caput tuberculo-septale bicipitis ihren Ursprung nehmen (s. oben). Der hintere, distale Randtheil des Muskels entwickelt kurz vor dem Punkt, wo der Sehnenstrang oberflächlich das Septum intermusculare mediale erreicht, eine dünne End- sehne, die ebenfalls zu dem Zwischenmuskel bände tritt und mit ihm verschmilzt. Die äussersten (hinteren) Randfasern dieser Sehne lassen sich direkt bis zum Epicoudylus medialis verfolgen. Zuweilen ist der Randtheil der Sehne
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noch etwas mehr nach hinten verbreitert und lässt dann die äussersten Randfasern in die den M. triceps brachii be- deckende Portion der Armfascie auslaufen. Dieses Ver- halten traf ich besonders ausgeprägt bei einem älteren lliilobates lar L. an In allen Fällen aber lassen sich einige Sehnenfasern bis zum Epicondylus medialis verfolgen. Und ebenfalls in allen Fällen trjtt. wie erwähnt, der grösste Theil des Muskels au jenen Sehuenstrang. der vom Tuberculum minus, resp. vom unteren Rande des M. pec- toralis major kommt, und der anderseits dem Caput tuber- culoseptale bicipitis zum Ursprung dient.
Von der Rückfläche des M. latissimo-condyloideus sieht man gelegentlich einzelne oder zahlreichere Muskelbündel des distalen (resp. hinteren) Muskelabschnittes sich kurz vor der Insertion des Muskels umbiegen und direkt in den medialen Tricepskopf fortsetzen.
Der M. latissimus-condyloideus wird von einem Zweige des Nervus radialis innervirt. indess der Biceps mehrere Zweige eines vorderen Armnervenstammes empfängt, welche zusammen mit einigen weiteren Zweigen dem N. musculocutaneus des Menschen entsprechen.
Das mehrfach erwähnte Septum intermusculare mediale setzt sich aus dreierlei Elementen zusammen. Erstens existirt eine selbständige Portion des Bandes, bestehend aus sehnigen B^'asern. die am medialen Rande des Humerus entspriugen und distalwärts verlaufen. Diese selbständige Portion beginnt zuerst ganz schmal in der Höhe und an der medialen Seite des unteren Endes der Ansatzstelle des M. coracobrachialis, verbreitert sich allmählich und zeigt im übrigen hier einen freien scharfen messerähnlichen Rand. Weiter distalwärts ist das Band so innig mit dem Ursprung des Caput mediale tricipitis ver- bunden, dass man es im allgemeinen nicht von diesem Muskel trennen Icann; nur einzelne Faserbündel bewahren einen selbständigeren Charakter. Zu diesen eigenen Fasern des Bandes gesellen sich Verstärkungen vom M. latissimo-condyloideus und von jenem am Tuberculum minus entspringenden Sehuenstrange.
Sitznmj roiii 16 Jhzcnihtr 1902. ' 251
Die vom Latistsiiiio-coiKlvloitleiis heiTiihrcadeii Fasern stellen hauptsächlich, mit longitudinalen Fasern, den freien Rand- saiim des Bandes dar. Die Fasern des vom Tnbcrculnm minus kommenden Sehnenstranges schliessen sich den beiden anderen Systemen an deren Vorderseite an. Hier verlaufen si«! zunächst in longitudinaler Richtung auf der Rückseite der Ursiirünge des Caput tuberculo septale bicipitis. all- mählich aber senken sie sich zur Insertion an die mediale Humeruskante hin. Der Antheil, den diese drei Kom- ponenten an dem Aufbau des Zwischenmuskelbandes nehmen, wechselt sehr. Immer ist das obere Ende des Septum intermusc mediale s. s. als höchst charakterisches, selbständiges, scharfrandiges Ge- !)ilde vorhanden. Immer lassen sich einige Sehnenfasern des M. latissimo-condyloideus bis zum Epicondylus medialis verfolgen. In dem distalen Endstück des Bandes, welches saitenartig von der medialen Humeruskante zum Epicondylus medialis ausgespannt ist und den Nervus ulnaris überbrückt, lassen sich manchmal nur diese Sehnenfasern des Latissimo- condyloideus mit Sicherheit nachweisen; in anderen Fällen sind darin neben diesen Fasern auch solche, die von der medialen Humeruskante entspringen, zu erkennen. Dieses fand ich besonders schön bei einem Hyhhates Gihhon, Mill. Das am meisten charakterische in der Ge- staltung und Anordnung der besprochenen Muskeln der Hylobatiden besteht einmal darin, dass der eine Bicei'skopf (Caput tuberculo-septale) seinen Ursprung vom Rande des M. pectoralis major an bis nahe an den Epycondylus medialis ausdehnt und hierbei überall von sehnigen, mehr oder weniger nachgiebigen und federnden Gebilden, nirgends aber direkt von Skelettheilen entspringt. Ferner bedingt dieses Verhalten der brachialen, und namentlich der vom Septum iuterm. mediale kommenden Biceps- ursprünge. dass die grossen Ai-mgefässe und -Nerven voll- ständig verdeckt werden und von der medialen Seite des Oberarmes her bei unversehrten Muskeln überhaupt nicht zugänglich sind. Vor allem aber wird das eigenthüm-
252 GcsdlscJuif't naüirforscJiendcr Freunde, Berlin.
liehe Bild durch den auffälligen Umstand be- herrscht, dass der M. latissimo-condyloideus an denselben Sehnenstrang inserirt. welcher zugleich dem Caput tubercnlo-septale bicipitis zum Ur- sprung dient. Hierdurch wird dem bicipitalen Beuger- system functiouell ein Muskel zugetheilt. der diesem System morphologisch ganz fremd ist. indem er durch einen Ast des dorsalen Armnervenstammes. des N. radialis inner- virt wird.
Die vorstehende Schilderung stützt sich auf die im wensentlichen vollkommen übereinstimmenden Befunde an 10 Hylohates- Armen. Es wurden 5 Vertreter dieser Gattung, und von jedem beide Arme untersucht. Hierunter befanden sich folgende Species: Hi/lohates Gibbon Mill.. H. lar L, (2 Expl.). //. Mülleri Mart. nnd H. javanicus Matschie. Die vorgefundenen geringfügigen Differenzen, welche alle auf stärkere oder geringere Entwickelung einzelner Details zurückgeführt werden können, beeinflussen in keiner Weise die allgemeine Anordnung der besprochenen Verhältnisse, sollen aber in der ausführlicheren Mittheilung Berück- sichtigung erfahren, was hier, des Raumes wTgen, grossen- theils unterbleiben musste
Zum Schlüsse möge mir gestattet sein, dem Direktor der hiesigen zoologischen Sammlung. Herrn Geh. Rath. Prof. Dr. MöBiüS, sowie dem Gustos der Säugethier- Sammlung, Herrn Professor Matschie für das mir gütigst zur Verfügung gestellte werthvoUe Material meinen ver- bindlichsten Dank auszusprechen.
Referirabend am 9. Dezember 1902. Herr H. Seckt über:
1) Heinricher, Nothwendigkeit des Lichtes und be- fördernde Wirkung desselben bei der Sameni<einiung. Botan Centr -Blatt, Beihefte Bd. 13. Heft 2. 1902.
2) Winkler. Ueber die nachtri'gliche Umwandlung von Blüthcublilttern und Narben in Ljiubhlättcru, Ber. d. Dtsch. IJolan. Ges., Bd. 20. Heft 8, 1Ü02.
SitzuiHj ro)n Kl. Vezemher inO:-'. 253
3) Penzig, Die Fortschritte der Flora des Krakatau. Annales du jardin botan. de Buitzenzorg, Vol. III, 2^ partie. 1902. Herr H. Virchow über:
1) Eigenmann. C. H.. The Solution of the eel question. Transact. of the amer. micr. soc. 24*^ ann. meeting. Held at Denocr. 1901.
2) Haberer, K. A., Schädel und Skelettheile aus Peking. 1902.
3) Vollbrecht, Der künstlich verstümmelte Chinesinnen- fuss. Denkschr. zum 70. Geburtstag Coler's. 1900.
4) Perthes, G., Ueber den künstlich missgestalteten Fuss der Chinesin im Hinblick auf die Entstehung der Belastungsdeformitäten. Arch. klinische Chirurgie, Bd. 67.
Berichtigung.
In dem Artikel über Myoxiis intermedius Nhrg. muss es S. 157, Anmerkung 1, Zeile 8 von oben. hei.ssen: „in ihrer Wurzel- resp. Alveoleubildung*' statt: „in der Wurzel- resp. Alveolenbildung der Backen- zähne".
S 137, Zeile 8 von unten und S. 138, Zeile 13 von oben lies y,Stokesi'^ statt „Goodalli'^.
Druck von J. F. Starcke in Berlin.
^.
3 2044 106 259 609
Date Due
J/Wrrtr-754^