m:^r\m\ '-f^iA^^^'^w^-, -^ ■^_^^■>*•^^^-^.T^J;.^f^^■- ■'.'M Ä^Ä^^ ^^>^^t^ Ä??^* /\,A,^AA:' :mm&^ MJi '/m :^.rf^ 'An"M M \ ^^-^:> j^oaK»^'^*, f./v«» tmiffSJTm: HARVARD UNIVERSITY. IvIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. ^^ VV^Üd^NJofc ^A^C^^ AbC STTZITNG8-?>ER/CHTE DER GESELLSCHAFT MTURFORSOHENDER FREUNDE zu BERLIN. JAHRGANG 1903. ^BERLIN. In Commission bici R. Friedlänoer uni> Sohn. NW. Carl-Strassk 11. 1903. {■i AUG 2 L-,ü4 SlTZUN(JS-BEiUOHTE DER GESELLSCHAFT N ATÜßFOilSGHENI )E1{ FßElINl )E ZU BERLIN. JAHRGANG 1903. BERLIN. In CoMMissiON BFA R. Friedländer und Sohn. NW. Caul-Strasse 11. 19ü;]. ^7 I n h a 1 1 R - V e r z e i c h n i s .s aus dein Jahre 1903. Y 0 r t r ä g e : Bergmann, W. Ueber ein Receptaculum seminis bei Octopus de-ßlippü und einige biologische Beobachtungen, p. 104. Berndt, W. Ueber die Anatomie von Cryptophialus striatiis n. sp., p. 436. Börner, C. Ueber Mundgliedmaassen der Opisthogoneata. Mit 1 Doppel -Taf., p. 58. — Ueber neue altweltliche Collembolen, nebst Bemerkungen zur Systematik der Isotominen und Eutomo- bryinen. Mit 1 Taf, p. 129. — Ueber die Beingliederung der Arthropoden. Mit 7 Taf., p. 292. Breddin, G. Ueber neue Peläotropische Reduviinen, p. 111. — Ueber missdeutete und neue Hemipteren- Arten der indo- austra- lischen P\iuna, p. 195. — Ueber Beiträge zur Hcmipterei>fauna der Anden, p. 366. D.MiL, Frip:dr., giebt Berichtigungen zu seinem Vortrag über Stufen- fänge echter Spinnen am Riesengebirge, p. 183. — Ueber täuschende Aehnlichkeit zwischen einer deutschen Springspinne (Bulluti depressus) und einem am gleichen Orte voikommenden Rüssel- käfer {Strophosomus capitatus), p. 273. — Ueber eine eigenartige Metamorphose der Troguliden, eine Verwandlung von Amopaum in Biscranolasma und von Metopoctea in Troyulus, p. 278. — Winke für ein wissenschaftliches Sammeln von Thieren, p. 444. DU Bois-Reymond, R. Ueber Quellungsvorgang und Gewebsflüssigkeit, p. 361. Grünberg, K. Ueber die Homologie des Trochanters bei Chilopoden und Insekten, sowie über die Bedeutung secundärer Einschnürungen am Trochanter verschiedener Insekten. Mit 1 Dopp.-Taf, p. 74. — Ueber afrikanische Museiden mit parasitisch lebenden Larven. Mit 2 Taf, p. 400. lIiLOENDORF, F., legte einen PseudocheiUnus hexataenia Blkr. mit monströser Verdoppelung der Linse vor, p. 3, — einen Süsswasser- fisch aus der Nähe von Alexandria, Faratilapia midticolor, p. 429. — HiLGENDORF Und P. Pappknheim. Ueber die Fisclifauna des Rukwa-Sees, p. 259. Jacobi, A. Ueber Singcikaden von Ost-Neuguinea, p. 10. Jaekel, Otto. Ueber die Epiphyse und Hypophyse, p. 27. — Ueber die Elytren der Coleopteren, speciell über die Elytren in der Gattung Teffhis, p. 225. — Ueber myrmekophile Insekten, speoiell über Thorictns foreli Wasm., p. 237. — lieber Ramphodus nov. gen., einen neuen devonischen Holocephalen von Wildungen, p. 383. VON Martkns lejite einige Siisswasser-Coiichylieii vom Siidufer des Tsiul-Sees vor, p. 5. — Ueber die Verbreitung der Meer-Conchylien an den Küsten von West- und Süd-Aüika, p. 188. — Ueber das Voikommen der Helix (Campylaca) Fresli und Piijici edentula bei Reichenhall, p. 396. — Zeigte durchbohrte Schalen von Land- schnecken, p. 398. — Legte Land- und Süsswasser Conchylien von Ost-Borneo vor, p. 416. Matscuie. Ueber einen Gorilla aus Deutsch-Ostafrika, p. 253. — Legte einige Photographieen von Büflfelgehörnen vor, p. 259. Meiiuing, A. Ueber den grauen BaunischUifer (Myoxus interuiedms NiiHG.) der österreichischen Alpenländer, p. 1. — Ueber il/?(.s- cardiuvs ardkiiiarius und Myoxus (ßis orientalis, nov. subsj»., aus Kliinasien, j). 187. — Ueber eine Springmaus aus IS'ordwest- Ki( ii;asien (Alactaija WiUiavisi Laticeps, n. subsp.), p. 357. l'AFrEx.ii:iM, P. Fischfauna des Rukwa-Sees. S. HiLGENDOliF, F. Scmn^ZK, F. E., demonstrirte eine A'ariatsreihe von Callimurpha culuna, ]i. ]()9, — ein circa fusslanges Modell der Stubenfliege, p. 223. — Leber einen bei Warnemünde gestrandeten ungeAvöhnlicli grossen Tunfisch, p. 432. Vekhoeff. Karl W. Ueber Tracheaten-Beine. S. Auhatz: rrugonrcita. Mit 2 Doppel-Taf, p. 82. YiRCHow, Hans. Ueber den Orbitalinhalt des Elefanten, p. 341. Berichte über die Referirabende: pp. 16, 109, 185, 194, 224, 271, 355, 399, 428, 476. Verzeichniss der im Jahre 1902 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher, p. 16. Druckfehler und Beriehtig-ung-en. 30, Z. 1 V. 0. lies Cliimaera statt Cliimarra. 30, Erkl. d. Fig. 5, Z. 3 lies E^Epiphyse statt Z— Epiphyse. 36, „ „ „ 5, „ 4 „ (C = Cerebellum . .)Bta.tt (Cerebellum . .) 36, „ „ „ 5, „ 5 „ R = Boden statt K = Boden. 52, Z. 3 V. u. lies Berechtigung statt Berichtigung. 56, „ 8 V. o. „ Epidyse statt Edidyse. 91, „ 4 „ „ „ in fast gleichem Wortlaut statt in gleichem Wortlaut. 257, Z. 19 V. 0. lies Hinterrande statt Vorderrande. 362, „ 10 V. u. „ also statt aber. 393, „ 10 „ „ „ F. Römer statt J. Römer. 397, „ 14 „ „ „ Lattengehirge statt Luttengebirge. 424. Die 4 Figuren sollen umgekehrt stehen, mit der Spitze nach oben gerichtet. 428, Z.''lU V. 0. lies White statt Whites. 428, „ 10 „ „ „ Seiborne statt Selbourne. 429, „ 5 ,, „ „ Mareotis-See statt Marcotis-See. Nr. 1. 1903. S i t z u n g s - B e r i c h t der Gesellschaft natiirforscliender Freunde zu Berlin vom 20. Januar 1903. Vorsitzender : Herr Schwendener. Herr A. Nehring sprach über den grauen Baum- schläfer [Mijoxus intermedius Nhkg.) der Öster- reichischen Alpenländer. In der Sitzung vom 21. Oktober 1902 habe ich unserer Gesellschaft über „eine neue Jf^ö^Mi-Species aus Tirol'' Mittheilung gemacht, und zwar auf Grund eines Exemplars, welches von mir in der zoologischen Sammlung des Kaiserl. Gesundheitsamts hierselbst vorgefunden war. Seitdem habe ich mich bemüht, sonstige Exemplare jener interessanten Species festzustellen. Dieses ist mir auch bis zu einem gewissen Grade gelungen. Zunächst wandte ich mich an das „Landes-Museum" in Graz, um über das von mir schon a. a. 0. S. 157 erwähnte Exemplar aus der Umgegend von Leoben Näheres zu erfahren. Herr Prof. Marktanner-Turneretscher. der Director des genannten Museums, war so freundlich, mir sowohl dieses Exemplar, als auch ein zweites steirisches zur Untersuchung zugehen zu lassen. Beide sind ausge- stopft und montirt, beide weichen von dem typischen, röthlich-braunen Baumschläfer {M. dryas Schreb.) des süd- östlichen Europa durch ihre graue Rückenfarbe wesentlich ab; sie stimmen mit dem tiroler Exemplar des hiesigen Kaiserl. Gesundheitsamts in allen Hauptpuniiten überein. ^ ^) Von diesem Exemplar habe ich inzwischen eine Abbildung (nat. Gr.) in der „Deutschen Landwirthschaf tlichen Presse" vom 29. Nov. 1902, S. 781, veröffentlicht. 1 2 Gesellschaft imturforschender Freunde, Berlin. Nur der Schwanz erscheint weniger buschig, was aber in der abweichenden Präparirung seinen Grund hat. Ausser- dem ist zu bemerken, dass das zweite Grazer Exemplar eine dunklere Färbung zeigt, als das von Leoben; namentlich erscheint der Rücken schwarzgrau, während er bei diesem einfach grau genannt werden kann. Ein drittes Exemplar des grauen Baumschläfers erhielt ich auf meine Anfrage aus dem Innsbrucker Landes-Museum (Ferdinandeum) durch Vermittlung des Herrn Prof. Dr. V. Dalla-Toure von Herrn Prof. v. Wieser zugeschickt. Dasselbe ist. wie die beiden steirischen Exemplare, ausge- stopft und sehr gut montirt; es stammt aus der unmittel- baren Umgebung von Lienz in Tirol und ist als Mijoxiis dryas mit der Jahreszahl 1889 bezeichnet Dieses Exemplar, welches mit dem Original-Exemplar und dem von Leoben gut harmonirt. ') liegt der Publication des Herrn Prof. V. Dalla-Torre zu Grunde, welche 1889 in den Berichten des naturwissenschaftl. -medizinischen Vereins von Innsbruck p. XXXI — XXXII erschienen ist und mir am 21. Oktober 1902 leider noch unbekannt war. Herr Prof. v. Dalla-Torre hat schon 1889 a a. 0. auf das Vorkommen eines Baunischläfers in Tirol aufmerk- sam gemacht, ohne aber die Unterschiede von dem typischen Baumschläfer Südost-Europas hervorzuheben. In dem be- kannten Catalogus Mammalium von Trouessart. 2. Ausg., Rodentia, Berlin 1897, p. 454. wird diese (kurze) Publication nicht erwähnt, ebenso wenig in der 1890 erschienenen Mono- graphie über die Myoxideu von Reüvens Daher ist sie auch mir entgangen, und ich sehe mich um so mehr ver- anlasst, auf dieselbe hier aufmerksam zu machen. Dalla- Torre betrachtet den Tiroler Baumschläfer a. a. 0. als die typische Art und als Einwanderer aus dem Südosten Europas. Ich sehe die Sache etwas anders an und glaube, den grauen Baumschläfer der österreichischen Alpenländer als besondere Art von dem typischen, röthlich-braiinen Baumschläfer Südost-Europas unterscheiden zu dürfen. ') Auf cino Untersuchung des Schädels und des Gebisses niusste ich bei den Exemplaren aus Graz und Innsbruck aus nahe liegenden Gründen verzichten. Sitzung vom 20. uJnuar 1903. 3 Nach den brieflichen Mittheilungen, welche der Naturalienhändler Joh. Rohracher m Lienz mir auf meine Anfrage freundlichst zugehen liess, kommt der graue Baum- schläfer in der Gegend von Lienz (Tirol) nicht sehr selten vor; Herr Rohracher hat dort in den letzten 15 Jahren einige Dutzend Exemplare erlangt und manche davon selbst gefangen. Bemerkenswerth erscheint, dass mehrere dieser Exemplare ihr Standquartier im Thurme der Stadtkirche von Lienz gewählt hatten. Im üebrigen findet man sie dort in Laubwäldern, Obstgärten, sowie auch in sogenannten Hausmühlen. Ich vermuthe, dass der kleine, graue Baumschläfer (M. intermedius) in den österreichischen Alpenländern von den Siebenschläfer-Fängern nicht selten gefangen, aber bis- her meistens als junger Siebenschläfer (^¥i ^//.9^ betrachtet worden ist.') Hoffentlich tragen meine obigen Bemerkungen dazu bei, die geographische Verbreitung dieser interessanten Myoxiden-Form genauer festzustellen. Herr F. HiLGENDORF legte einen Pseudocheilinus hexa- taenia Blkr, mit monströser Verdoppelung der Linse vor. Das Objekt gehört zur Ausbeute des Herrn Prof. Dahl. der es am 4. August 1896 an den Korallenbänken von Ralum (Neupommern) sammelte. Es wurde von ihm in Formalin conservirt und misst nur 48 mm. Pseudocheilinus hexataenia, ist die einzige Art der Gattung; sie bleibt nur klein (unter 60 mm) und wird anscheinend nicht häufig ge- funden. (Abbildung bei Bleeker, Atlas ichthyologique Vol. I, Taf 23, Fig. 2.) Schon bei der vorläufigen Ordnung der DAHi/schen Sammlung fiel mir die Verdoppelung der Linse beider Augen auf. In der Iris verlaufen, wie bei normalen Exemplaren, zwei fast horizontale, helle Längsstreifen, dio ^) Ueber die grosse Zahl von Siebenschläfern, welche in den österreichischen Alpenländern, namentlich in Krain, gefangen werden, siehe Mojsisovics, Das Thierleben der Österreich. -ungar. Tiefebenen, Wien 1897, S. 181 f. 1* 4 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. sich der Zeichnimg des Körpers, einem System von Längs- bändern in dreifacher Helligkeit, genau anpassen. Zwischen diesen zwei Linien liegt die Pupille als langezogene, durch einen senkrechten schmalen Fortsatz der Iris zw-eigetheilte, dunkle Figur, die von zwei aneinander gepressten Kreisen gebildet wird. Der hintere Kreis, etwa die Augenmitte einnehmend, ist deutlich grösser als der vordere, der den nasalen Rand des Auges erreicht. Die benachbarten Theile der Pupillen sind (abgesehen von dem Iris-Streifen) ver- schmolzen. Die Linsen erscheinen als zwei trüb-weissliche Kreise von einem Radius, der etwas kleiner als die Hälfte des Pupillenradius sein dürfte; der Abstand beider Linsen ist wohl etwas grösser als ihr Radius. Die hintere Linse scheint etwas tiefer gelagert zu sein, ihr Umriss ist ver- schwommener; vermuthlich übertrifft ihre wahre Grösse die der vorderen Linse. Das geschilderte Verhalten ist auf der rechten und der linken Kopfseite ganz ähnlich. — Wenn man nach dem Anstoss zu der Formabweichung sucht, so drängt sich der Gedanke auf, dass bei jener völligen Uebereinstimmuug zwischen beiden Kopfhälften eine einheitliche Einwirkung für beide Missbildungen an- genommen werden muss. Die erste erkennbare Ent- wicklung der Linsen erfolgt, und zwar von der Oberfläche (vom Ektoderm) aus. an zwei derzeit schon weit von ein- ander entfernten Stellen. Es muss demnach wohl die ur- sprüngliche Ursache zur Monstrosität in dem Entwicklungs- laufe weit zurückliegen und in eine Zeit fallen, wo die Sprossgebiete für die beiden Augen noch unmittelbar an- einander grenzen oder noch verschmolzen sind. Weniger wahrscheinlich ist wohl eine indirekte Einwirkung aus dem Innern, von der Mittelebene des P^mbryo her. welche symmetrisch nach aussen wirkend, auf beiden Seiten gleiche Monstrositäten zu erzeugen vermochte. p]in zweites, schon seit längerer Zeit im Berliner Museum befindliches Exemplar von Pscudoclicübms hat Augen mit gewöhnlicher, einfacher Linse. Danach ist, was ohnehin wahi-scheinlich, die oben geschilderte Doi)pellinse, kein Gattunusmerkmal. Es ist mii- auch von andern Fisch- Sitzung vom 20. Januar 1903. 5 (und überhaupt Wirbel thier-) Foroien kein ähnliches Bei- spie], normal oder auch nur pathologisch, bekannt, das in Vergleich käme. Die Litteratur der Missbildungen habe ich allerdings nicht durchsucht. Bei Arthropoden sind ja aber zusammengesetzte Augen eine weitverbi'eitete, normale Erscheinung. ludess eine Andeutung wenigstens von Augenver- doppelung ist auch bei Fischen nachgewiesen und zwar schon seit langer Zeit, nämlich bei der südamerikanischen Süsswassergattung ÄnaUcps {A. anabkps oder tetrophthalmus ist die bekannteste der 3 jetzt gültigen Species), der Familie der Cyprinodonten angehörig. Hier sind die etwas nach oben vortretenden Augen durch einen längs gerichtet ver- laufenden dunklen Streifen in zwei Theile getrennt, neben dem man jederseits auf die (einfache) Linse hinabsehen kann. An der Zusammensetzung des Grenzstreifens sind die Conjuuktiva und in geringerem Grade die Iris be- theiligt. Herr VON fi^ARTENS legte einige Süsswasser-Con- chylien vom Südufer des Tsad-Sees vor, welche Herr Oberlieutenaut Glauning am 5. Mai 1902 daselbst ge- sammelt hat und die dem zoologischen Museum in Berlin vor kurzem zugekommen sind. Bis jetzt war, soweit dem Vortrygenden zu ermitteln möglich gewesen, noch keine Art von Mollusken als mit Sicherheit in diesem grossen Binnen- see lebend bekannt geworden. Allerdings hatte schon G. RoHLFS auf seiner Forschungsreise im Jahre 1866 einige Süsswasser-Conchylien bei der Stadt Kuka in Bornu nahe dem Westufer des Sees gefunden und dem genannten Museum zukommen lassen, kleine ausgebleichte Stücke, welche der Vortragende damals als vier auch im obern Nilgebiet vorkommende Arten bestimmte: Melania tiibercuhta Müll., Planorhis RüppcIU Dkr., Limnaea natalensls Krauss und Isidora contorta Mich.; die letztere hat später Clessin in seiner Monographie der Gattung Physa als eigene Art, Ph. Rohlfsi, beschrieben, und auch von der Limnacd und dem Planorhis dürften noch besser erhaltene Exemplare abzu. 6 Gesellsclmft naturforschender Freunde, Berlin. warten sein, ehe ein definitives Urtheil über die artliche Identität oder Verschiedenheit gegeben werden kann; Melania tuhercuhta aber ist die durch den arabischen Handelsverkehr weitverbreitete Art, von Celebes und Timor bis Malta und Marokko bekannt. Die Erklärung ihrer Verschleppung wird dadurch etwas erschwert, dass es eine lebendiggebärende Schnecke ist, wie unsere Paludina vivipara. sie also nicht im Eizustand transportirt werden kann, aber als Deckel- schnecke kann sie ohne Zweifel längere Zeit im Trocknen am Leben bleiben und es ist bezeichnend, dass sie sowohl in Indien als in Aegypten oft in Bewässerungskanälen sich findet, also dem Eingreifen des Menschen in die Natur gefolgt ist; wie sie von Aegypten aus in die Oase von Kasr-Dachel gekommen sein mag, wo sie Ascheeson an einer Ohara gefunden, so mag sie auch aus Algerien, wo sie häufig ist, nach Bornu gekommen sein. Für die drei andern Arten aus Kuka ist jedenfalls die nahe Uebereinstimmung mit Arten der obern Nilländer nicht zu bezweifeln und dasselbe ergiebt sich aus der Betrachtung der jetzt vorliegenden Conchylien aus dem Tsad-See selbst, daneben aber auch eine nahe Verwandtschaft mit den Con- chylien des Senegalgebiets. Die eine und zwar die grösste der vorliegenden Arten, Mutela rostrata, kommt auch sowohl im Nil als im Senegal vor. ohne definirbaren Unterschied, und ihr Vorhandensein im Tsad-See ist daher nicht über- raschend; nur hätte man erwarten können, dass sich hier eine eigene „Seeform" ausgebildet hätte, aber wir haben ja auch an unseru norddeutschen Unio-Arten Beispiele, dass dieselbe Form sowohl in langsam strömenden grössern Flüssen, als in ganz abgeschlossenen Seen, selbst kleinen, wie der Schlachtensee zwischen Berlin und Potsdam, lebt. Die drei andern Arten kann ich weder mit denen aus dem Nil, noch mit solchen aus dem Senegal ganz übereinstimmend finden und muss sie demnach als neue Arten beschreiben; die Vivipara ist sowohl der unicolor aus dem Nil, als der Sencyalensis nahe verwandt, aber doch von beiden zu unterscheiden; die Corhicuh steht einer vorderasiatischen Art am nächsten, aber doch auch den ostafrikanischen nicht Sitzung vom 20. Januar 1903. 7 fem. Am auffälligsten ist der Unio, indem er sich um meisten den Arten aus dem Tanganyika nähert, aber doch die Charaktere der dort herrschenden Untergattung Grandi- dieria nur in abgeschwächtem Maasse zeigt. Bemerkens- werth ist noch, dass keine Art und keine Uütergattung, kaum eine Gattung mit denen Kameruns gemeinschaftlich ist, dessen Molluskenfauna uns doch durch die früheren Sammlungen von R. Buchholtz und die jetzigen von Herrn PßEUSS sowie durch die gründliche Arbeit des Schweden Ad. d'AiLLY 1896 schon ziemlich bekannt ist; es scheint hier der Gegensatz zwischen dem acht tropischen Wald- gebiet und dem Steppengebiet, dem noch der Senegal und ein grosser Theil des Nilgebiets angehören, im Spiele zu sein. Die Arten aus dem Tsad-See sind nun die folgenden: 1. Vivipara gracilior. Testa perforata, contabulato-conoidea, nitidula, stria- tula, viridulo-fusca vel rubicundo-virescens, plerumque uni- color, rarius strigis nonnuUis nigricantibus prope aperturam picta; anfr. 6, convexi, sutura sat profunda, priores 2—3 saepe cariosi, antepenultimus et penultimus superius sub- angulati, ultimus angulo prorsus evanescente, infra ventri- cosus, circa perforationem semicircularem declivis. Aper- tura paulum obliqua, dimidiam testae longitudiaem non aequans, subcirculari-rotundata et superne vix subangulata, peristomate crassiusculo, extus nigricante, in adultis plerum- que saepius iterato. Long. 25, diam. 17V2- apert. long, obliqua 12, diam. 10 V2 mm. Operculum typicum. Südufer des Tsad-Sees, Glauning 1902. Schliesst sich zunächst einerseits durch die stumpfe Schulterkante an die für das Nilgebiet charakteristische V. unicolor Oliv, an, von welcher sie sich aber auf den ersten Anblick durch die tiefer eingesenkten Nähte und dadurch convexeren Windungen, sowie durch die verhältnissmässig geringere Ausdehnung der letzten Windung sowohl in Höhe als Breite unterscheidet; in diesen Beziehungen gleicht sie mehr der V. ruhicunda Mauts. aus dem Victoria- und Albert-Nyanza, (Deutsch-Ostafrika II, S. 179), von der sie 8 Gesellscimft naturfmschender Freunde, Berlin. sich aber wiederum durch das Vorhandensein der Schulter- kante an den obern Windungen unterscheidet. F. Senegnlensis Morelet (Journ de Conchyliologie VIII 1860, S. 190 als Paludina) unterscheidet sich nach Exem- plaren aus der Albers' sehen Sammlung im Berliner Museum von der sehr ähnlichen unicolor nur durch verhältnissmässig grössere Breite der einzelnen Windungen im Verhältniss zu ihrer Höhe, namentlich auch oberhalb der N*ht, also gerade in umgel^ehrter Richtung als unsere Art. 2. JJnio (Grandidieria) Tsadianus. Testa solida, oblongo-elliptica. sat inflata. concentrice striatula et lineis incrementi distinctioribus notata, luteo- fusca vel viridi-fusca, antice abbreviato-rotundata, postice subrostrata, margine dorsali antico declivi. postico ad longi- tudinem lamellarum horizontali, rectilineo, dein obtusangule descendente, margine ventrali antice et postice arcuatim valde ascendente; umbones tumidi, inflexi, detriti. nodulis separatis nonnullis et in parte posteriore pliculis paucis brevibus compressis recta linea descendentibus vel paulum convergentibus sculpti. Facies interna caerulesceus, sub- margaritacea. levissime radiatim striata. Dentis laterales antici (pseudocardinales) in valva dextra duo, compressi, fovea longitudinali profunda separati. superior tennis. longior, inferior crassiusculus, brevior, magis prominens, in valva sinistra unus, compressus, supra paulum concavus, arcuatim prominens et elongatus, et unus sub verticibus, compresse triangularis , obtusus, accedeutibus 2 minimi inter hunc et praecedentem; dentes laterales postici (lamellae) elongati, vix arcuati, in valva dextra unus, supra leviter lineis elevatis 2 longitudinalibus sculptus. in valva sinistra duo subaequales. Long. 31, alt. maxima 20, ad umbones 19, diam. 18 mm. Vertices in V^ longitudinis siti. Südufer des Tsad-Sees, Glauning. Erinnert schon auf den ersten Anblick an die Arten des Tanganyika. namentlich Unio Burtoni Woodw. , durch den stark gewölbten Obertheil der Schale, allgemeinen Umriss und den lebhaften Glanz der Innenseite, die Skulptur ist aber etwas schwächer und ebenso die Vorderzähne. Sitzung vom 20. Januar 1903. 9 Aus dem Nil ist mir keine ähnliclie Art bekannt; aus West- Afrika hat eine Art, im Berliner Museum seit etwa 1841 durcli Capitain Mion vom Senegal erhalten, ähnlich dem ü. Gahonensis Küst., in Grösse und Wölbung eine ge- wisse Aehnlichkeit, steht aber durch die dünne Schale, die mehr nach hinten liegenden Wirbel, die ganz dünnen Vorder- zähne und den schwächern Perlrautterglanz der Innenseite dem JJnio Aegyptiacus und Nüoticus E'er. (Gruppe Pharaonia Bgt.) entschieden näher als unserer Art vom Tsad-See. 3. Miitela rosfrata Rang. Iridina rostmta Rang in Nouv. Annales du Museum d'hist. uat. de Paris IV 1835, S. 316 (Senegal) — Potiez et Midiaud galerie d. moll. II S. 147 pl. 56 fig. 1. Iridina coelestis Lea, observations gen. Unio II, S. 82 pl. 22. fig. 70. 1838. Mutela coelestis (Lea) Küster, Anodonta in der neuen Aus- gabe von Martini und Chemnitz S. 193 Taf. 25 flg. 1, 2. Mutela rostrata (Rang.) Jickeli, Land- und Süsswasser- Mollusken Nordost-Afrikas S. 269 (Nilgebiet); VON Martens in Deutsch-Ostafrika, Bd. II, S. 252 und 254. Simpson Synopsis of the Najades S. 905. Südufer des Tsad-Sees. Glauning. Kleine dünnschalige Exemplare, das grösste 64 mm lang, 21 hoch, 13 im Durchmesser, Wirbel in V-t der Länge. Flügelecke undeutlich markirt, in etwas mehr als ^/i der Länge. Ich sehe keinen wesentlichen Unterschied von Exemplaren aus dem Nilgebiet und aus dem Senegal. 4. Corhicula Tsadiana. Testa alte trigono-cordata, subaequilatera, solida, tumida, antice et postice rotundata. liris concentricis debilibus in- aequalibus sculpta, tactu sublaevigata, fuscescenti-flavida; margine antico a verticibus ultra dlmidiam altitudinem valde declivi, dein rotundate in marg. ventralem asceudentera transeunte, margine postico paulo magis extenso et convexo, marg. ventrali valde arcuato, utrinque subaequaliterrotundato. Dentes cardinales validi, medius et posterior valvae dextrae, medius v. sinistrae bifidi; dens lateralis anticus elongatus, IQ Geselsclmlft naturforschender Freunde, Berlin. modice arcuatus, d. lat. posticus paulo brevior, subrectus. Long. 13, alt. 12, diam. 9 mm. Vertices in 7i3 longitudinis Siidufer des Tsad-Sees, Glauxing. Ueber die Färbung der Innenseite lässt sich nichts an- geben, da das einzige Exemplar an der Innenseite völligf verbleicht, weiss ist. Unter den vorderasiatisch-afrikanischen Arten zunächst an C. crassula Mouss erinnernd, aber mit weit schwächerer concentrischer Sculptur und nach den Wirbeln zu weniger verschmälert. Herr A. JaCOBI sprach über Singcikaden von Ost-Neuguinea. Von der Firma Dr. Staudixger & Bang -Haas in Blasewitz um Durchbestimmung ihrer ansehnlichen Vorräthe an Homopteren ersucht, mache ich zunächst einige unbe- schriebene Arten von Singcikaden bekannt, deren Fundorte bisher wenig Material von jener Ordnung der Halbflügler geliefert haben. Drepanopsaltria russula n. sp. (Fig. 1, 2). Quoad staturam D. principis (Dist.) viciua, tegminum colore di versa. Sericeo-pubesceus, corpore sordide olivaceo- rufo, pronoti margine proximali macula mediana nigra no- tata, mesonoti disco fusco. Tegminibus subhyalinis, sordide rosaceis, venis fusce conspersis. Operculis cuneiformibus. Die stattliche Form reiht sich in der Erscheinung an D. princeps (Dist. 1888) an, übertrifft sie jedoch nicht un- beträchtlich in der Körperlänge, weniger in der Decken- spannung; die Körperform scheint dieselbe zu sein. Die Opercula sind von mittlerer Länge, sodass sie den Hinter- rand der Paukenöffnung gerade erreichen, aber nicht sichel- förmig wie bei D. culta (Dist.), dem Typus der Gattung, sondern stumpf keilförmig mit geradem Innen- und nach innen zu geschweiftem Aussenrande. In der Ruhelage überragen die Flügeldecken die Abdomenspitze beträchtlich. Der ader- reie Rand (Limbus enervis) ist bei beiden Flügelpaaren äusserst schmal. Eine wie bei einigen Arten von Lemheja Dist. wohlausgebildete Falte kreuzt den üeckflügel, dessen Sitzung vom 20. Januar 1903. 11 Flg.l. BrepanopscdtricL riisszdxz^ TZ.sp.^ Nal. Cr. Gymnotympctnci nenia/zs n.sp.h Nat.Gr Fig. 5. AcrilLcL nana. n.sp. Rechte FLugcldecke NalGr. Fiff.2. DrepcmopsalZricL rassidcü Ventralseite des Abdomens. Etw. oergr. Fig.^. Gymnoti/rnpana neTztans Ventralseite des Abdomens Etw. pergr Costalrand einen feinen Haarsaum trägt. Den ganzen Rumpf nebst den Beinen überzieht ein grauweisses Haarldeid, das unten länger, oben kürzer und feiner ist, auf dem Scheilel sogar nur einen kurzen Filz bildet. Die Körperfarbe ist eine schrautzigrote Olivenfarbe, auf der Unterseite nur schmutziggraugelb; die Ränder des Vorder- und Mittel- rückens sowie die Seiteuflächen des Schildchenkreuzes sind blass olivengrün, auf der Mitte des Hinterrandes des Pro= notums steht ein sehr deutlicher schwarzer Fleck. Die grauschwarze Mittelfläche des Mesonotums ist am Vorder- rande von vier kurzen paarweise stehenden und einander zu zweien sehr genäherten Keilflecken von graugelber Farbe* unterbrochen. Ueber die Mitte des Schildkreuzes verläuft eine schmale schwarzbraune Läugsbiude, die sich hinten 12 Gesellschaft naturfwschender Freunde, Berlin. verbreitert. Die Beine siud gelbbraun, auf den Vorder- hüften steht ein grösserer braunschwarzer Fleck, während die Vorderschenkel einen ebenso gefärbten Längsstreifen tragen. Die Deckflügel erscheinen, zumal in ihrer distalen Hälfte, nur halbdurchsichtig. Ihre Farbe ist ein schmutziges Rosen- roth, das durch feine graubraune Punktirung noch mehr getrübt wird. Olivengrün ist die semiopake Basalzelle, der Costalrand und die Aderung Jener wird innenwärts von einer Reihe schwarzer Punkte begleitet, während die Adern durch regelmässig gestellte kurze Strichelchen gescheckt aussehen. Die Zeichnung der Vorderflügel ähnelt nicht wenig der von Lembeja maculosa Dist. An den Hinter- flügeln ist nur die proximale Hälfte des Aussenrandes, die Basis und die Naht trüb rosenroth; im Uebrigen sind sie hyalin. cf Long. corp. ca 28—30, cum tegm. 38, Long. tegm. 3L Exp. t. 74 mm. $ Long. corp. ca. 34. cum tegm. 49, Long. tegm. 42, Exp. t. 95 mm. Hab. Deutsch -Neuguinea: Bongu (coli. auct. ex copiis Dom. Dr. Staudinger & Bang-Haas, Mus. Berol.). Bemerkung: Mit Recht hatBuEDDiN') für diejenigen bisher unter Prasia Stl. gestellten Tibicenineu, welche im Gegensatze zu der typischen Art jener Gattung (P. faMcina Stl.) deutliche Opercula besitzen, das eigene Genus Dre- panopsnltria errichtet. Obige neue Art gehört augenschein- lich in dieses Geschlecht, woraus sich weitei-hin die Wahr- scheinlichkeit ergiebt, dass für die ihr in Bau und Grösse so ähnelnde Prasia princeps Dist. dasselbe gilt, wie dies Breddin a. a. 0. auch zum Ausdrucke gebracht hat. Nur dürfte die Angabe „Abdomine .... alarumque quiesceutium apicem subattingente" nicht für alle Arten, zum wenigsten nicht für die meinige Geltung haben. Dagegen kann ich dem Urtheil B.'s nicht zustimmen, dass sich die Gattung ') 1901. Die Hemipteren von Celebes. Abli. d. Naturf. Ges. z. Halle Bd. 24, S. 113. Sitzung vom 20. Januar 1903. 13 Lembeja (olim Perissoneura Dist.) nicht von Prasia trennen lasse. Zwar ist das von Distant') angegebene Gattungs- merkmal, das Vorhandensein einer bogigen Deckflügelfalte („additional curved and rudimentary vein*'), nicht zutreffend, denn L. maculosa Dist. und wohl auch deren Nachbarin L. Fruhstorfcri Dist. einerseits und Drepanopsaltria russula m. andererseits besitzen eine solche, während sie L. paradoxa Krsch. und L. actdixiennis Krsch. fehlt, aber dem Genus kommt ein anderes sehr beachtenswerthes Kennzeichen zu, welches Karsch ') entdeckt hat und mit folgenden Worten beschreibt': „Die -/c/ stimmen ohne Ausnahme mit ihren 9 $ und mit Perissoneura maculosa Dist. 9 in einer Eigenthümlichkeit der Hinterflügeladerung überein, wie solche bei keiner anderen recenten Singcicaden- gattung vorzukommen scheint, welche von dem Zeichner der P. maculosa Dist. (P. Z. S. 1883, pl. XXV, Fig. 3)'') richtig dargestellt, aber im Texte auffallender- weie von Distant nicht hervorgehoben worden ist: die beiden sonst stets mehr oder weniger parallel und bis zur peripherischen Ader getrennt verlaufenden Längsadern zunächst dem Analfelde verbinden sich kurz hinter der Mitte und laufen so in einen langen Stiel aus". Diese Feststellung Kakschs hat Distant a. a. 0. bei der Behandlung der Gattung Lembeja unerwähnt gelassen, wodurch auch Breddin zu seiner in einer Fussnote gethanen Aeusserung veranlasst worden sein mag. Jedenfalls ist dieses Merkmal sehr bezeichnend und kommt allen bis jetzt bekannten Arten zu, womit die Selbständigkeit von Lemheja hinreichend begründet sein dürfte. Acrilla nana n. sp (Fig. 5). Minor. Area prima apicali tegminum secunda parte dimidia longior, area discoidali exteriore secunda longitudine ') 1889-92. Monograph of Oriental Cicadidae, p Hl. ^) 1890. Ueber die Singscicadeiigattuiig Perissoneura Distant. — Entomol. Nachrichten, Jahrg. XVI, S. 191. 3) und auch der Fig 13, Tab. VII in Monogr. Or. Cicad.! — J. 14" Gesellsclmft naturforschender Fremide, Berlin. aequali. Flavo- viridis, tibiis aiiterioribus tarsisque Om- nibus iTifls. Diese AcriUa unterscheidet sich von A. adipata Stl. und A. gldbosa Dist. durch ihre sehr geringe Grösse, während sie in der Aderung der Flügeldecken sich der ersteren nähert. Die Zahl der Apicalzellen im Deckfliigel schwankt zwischen 9 und 12 und zwar öfters bei einem Individuum unregelmässig. Die erste Zelle ist etwa um die Hälfte länger als die zweite; die erste Scheiben- oder Uluarzelle kommt der zweiten an Länge gleich. Das Abdomen ist nur massig aufgeblasen, und die Opercula sind sehr unvoll- ständig, wie dies der Gattung überhaupt zukommt. Die gelbgrüne Farbe des Körpers ist oben auf dem Rumpfe etwas dunkler, mehr grasgrün, wie auch die Hinterränder der dorsalen Bauchringe, An den grünlichen Beinen sind die Vordertibien und die Tarsen sämmtlicher Beinpaare rothbraun gefärbt. cT Long. corp. 17, cum tegm. 23, Exp. teg. 44 mm. 9 „ „ 20, „ „ 25 mm. Hab. Britisch-Neuguinea: Milne-Bay (coli. auct. ex copiis Dom. Dr. Staudinger & Bang-Haas). Gymnotympana neninns n. sp. (Fig. 3, 4). Major. Tegininum venis ulnaribus basi valde appropin- quatis, spatio quodam parallelis. Operculis margine externa convexis, interna infra medium subangularibus et appropin- quatis, deinde rectis et divergentibus, apice obtusis. Diese dritte Art einer in den Sammlungen selten ver- tretenen Gattung reiht sich in der Körpergrösse und Zeichnung an die andere von StÄl beschriebene G. strepitans Yon der Woodlark-Lisel an. unterscheidet sich aber wesent- lich von ihr durch Eigenthümlichkeiten des Baues. Vor allem sind die dem Genus zukommenden grossen Stimm- deckel anders geformt als bei der mir in zahlreichen Exemplaren vorliegenden G. stridcns Stl. und der mir nur aus der Originalbeschreibung und Abbildung bekannten G. strepitans Stl. Während sie mit breiter Basis dem Metaster- Sitzung vom 20. Januar 1903. lÖ num augeheftet sind, bildet ihr Aussenrand einen stark con- vexeu Bogen (Fig. 4), der Innenrand hingegen springt vor seiner Mitte in sturapfeni Winivel nach innen vor — wobei in- dessen ein beträchtlicher Zwischenraum zwischen beiden Oper- ciilis bleibt — um dann in grader Linie schief nach aussen zu verlaufen, wodurch eine stumpfe Spitze entsteht. Auch in der Anordnung der Hauptadern des Deckfliigels bestehen Auszeichnungen. Beide venae ulnares entspringen nämlich sehr dicht beieinander aus der Basalzelle, wiewohl an ver- schiedenen Ecken derselben, gehen dann eine Strecke weit parallel und ebenso genähert wie an der Ursprungsstelle, worauf sie plötzlich auseinanderweichen. Bei G. stridens hingegen und soweit ich aus der Abbildung ersehen kann, auch bei G. strepitans sind diese Sectoren von Anfang an weiter getrennt und divergenter. Rumpf und Beine sind blass gelbgrün; eine hellere Längsbinde verläuft über das Pronotum; auf dem Mesonotum stehen vier keilförmige braune Flecke, von denen die mittleren zwei kürzer sind als die äusseren, und vor den vorderen Armen des Schildchenkreuzes je ein dunkler Punkt. Der Farbenton der Unterseite ist derselbe wie auf den dorsalen Theilen. doch sind die Tarsen lebhafter grün. Auch die Aderung beider Flügelpaare ist grüngelb, ihre Basis nebst dem Costalrande ziegelroth. cT Long. corp. 22— ?5. cum tegm. 33, long. tegm. 27, Exp. tegm. 59 mm. Q Long. corp. 27—30, cum tegm. 42—46, long. tegm. 36-38. Exp. tegm. 82- 86 mm. Untersucht wurden 2 cf cf. 4 9 9. Hab. Britisch-Neuguinea: Milne-Bay (coli auct. ex cop. Dom. Dr. Staudinger & Bang-Haas). Herr Otto Jaekel sprach über die Epiphyse und Hypophyse. (Wird in der nächsten Nummer veröffentlicht). J6 Gesellsclmft naturforschender Freunde, Berlin. Rßferirabend am 13. Januar 1903. Herr von Martens über: 1) M. Weber, Der indo-australische Archipel und die Geschichte seiner Thierwelt, G. Fischer in Jena, 1902.8. 2) Taylor, Mouograph of the Land- and Freshwater- Moilusca of the British Islands, erstes Heft, 1902. 8. Herr F. E. Schulze über: Gary N. Calkins, Studie on the life-historv of Protozoa, III, 1902. Verzeichniss der im Jahre 1902 eingelaufenen Zeitschriften und Bücher. Im Austausch: Abhandlungen d. Kgl. preuss. Akad. d. Wiss. 1901. Berlin 1901. Sitzungsberichte d. Kgl. preuss. Akad. d. Wiss. zu Berlin. 1901, No. 39-53. 1902, No. 1 — 40. Berlin 1901-02. Helios. Bd. 19. Berlin 1902. Märkisches Prov. -Mus. Verwaltungs-Ber. f. 1900. Berlin 1901. Mitteilungen d. Zool. Mus. in Berlin. Bd. 2, H.2. Berlin 1902. Führer durch d. Zool. Schausamml. d. Mus. f. Naturk. in Berlin. 2. Aufl. Berlin 1902. Anleitung zum Sammeln, Konservieren u Verpacken von Tieren f. d. Zool. Mus. in Berlin. 2. verm. Ausg. Berlin 1902. Mittheilungen d. Deutschen Seefischerei- Ver. Bd. 17, No. 12. Bd. 18, No. 1-3. Berlin 1901-02. Mittheilungen d. Zool Station zu Neapel. Bd. 15, H. 3. Berlin 1901. Verhandlungen d. Physiol.Gesellsch. zuBerlin. Jg. 1901 — 02, No. 1-16. Berlin 1901—02. Verhandlungen d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg. Jg. 43 (1901). Berlin 1902. Veröffentlichung d. Kgl. preuss. geodät. Institutes. N. F. No. 7 — 10. Berlin 1902. Naturwiss. Wochenschrift. N. F. Bd I, No. 12 -15, 17—48, 50—52. Bd. II, No. 1 — 11. Berlin 1901—02. Sitmn(j vom 20. Januar 1903. 17 Berliner Entomolog. Zeitsclir. Bd. 46, H. 4. Bd. 47, H. 1. 2. Berlin 1901/02. Sitzimgsberichte d. Niederrhein. Gesellsch. f. Natnr- ii. Heilkunde zu Bonn. 1901. 1902, Hälfte 1. Bonn 1902. Verhandlungen d. naturhist. Ver. d. preuss. Rheiulande, Westfalens u. d. Reg. -Bez. Osnabrück. Jg. 58. 59, Hälfte 1. Bonn 1901-02. Schlesische Gesellsch. f. vaterländ. Cultur. Jahres-Ber. 77, 78 nebst Erg.-Heft, 79. Breslau 1900—02. Nowa Acta. LXXIV, No. 2. 3 LXXVII, No. 1. 3. LXXIX. No. 1. 2. Halle a. S. 1899—1901. Leopoldina H. 37, No. 12. H. 38, No. 1-11. Halle a. S. 1901—02. Ule, W. : Gesch. d. Kais. Leopold. -Carolin. Deutsch. Akad. d. Naturf. 1852-1887. Halle a. S. 1889. Geülich, 0.: Gesch. d. Bibliothek u. Naturaliensamml. d. Kais. Leopold. -Carolin. Deutsch. Akad. d. Naturf. Halle a. S. 1894. Bericht über d. Zool. Mus. in Berlin im Rechnungsjahr 1901. (Aus d. Chronik d.üniv. Jg. 15.) Halle a.S. 1902. Mitteilungen d. Ver. f. Erdkunde zu Leipzig. 1901. Leipzig 1902. Jahresberichte u. Abb. d. Naturwiss. Ver. in Magdeburg. 1900-1902. Magdeburg 1902. Abhandlungen u. 47. Ber. d. Ver. f. Naturk. üb. d. 66. Ver- einsjahr 1901-02. Kassel 1902. Schriften d. physikal. -Ökonom. Gesellsch zu Königsberg i. Pr. Jg. 42. Königsberg i. Pr. 1901. Mittheilungen d. Deutschen Seefischerei -Ver. Bd. 18, No. 4 — 11. Hannover 1902. Jahrbuch d. Nassauischen Ver. f. Naturk Jg. 54. Wies- baden 1901. Verhandlungen d. Naturwiss. Ver. in Hamburg. 3. Folge, No. 9. Hamburg 1902. Wissenschaftl. Meeresuntersuchungen. N. F. Bd. 5, Abt. Helgoland, H. 1. Bd. 6, Abt. Kiel Kiel u. Leipzig 1902. Mitteilungen d. Geogr. Gesellsch. u. d. Naturhist. Mus. in Lübeck. Reihe 2, H. 16. Lübeck 1902. ^ ** 18 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Verein f. Naturwiss. Braunschweig. 12. Jahresber. f. 1 899-- 1901. Braunschweig 1902. Oberhessische Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde. Bericht 33. Giessen 1899—1902. Jahreshefte d. Ver. f. vaterländ. Naturk. in Württemberg. Jahrg. 58 nebst Beil. Stuttgart 1902. Sitzungsberichte d. phys -med. Soc. in Erlangen. H. 33 (1901). Erlangen 1902. Verhandlungen d. Naturhist.-Med. Ver. zu Heidelberg. N. F. Bd. 7. H. 1. 2. Heidelberg 1902. Orinthol. Ver. München. 2. Jahresber. f. 1899 — 1900. München 1901. Abhandlungen d. Naturhist. Gesellsch. zu Nürnberg. Bd. 14. Nürnberg 1902. Jahresbericht d. Naturhist. Gesellsch. zu Nürnberg f. 1900. Nürnberg 1901. Jahreshefte d. Ver. f. Mathem. u. Naturwiss. Ulm a. D. Jg. 10. Ulm 1901. Annalen d. K. K. naturhist. Hofmuseums. Bd. 16, No. 1 — 4. Bd. 17, No. 1. 2. Wien 1901-02. Verhandlungen d. K. K. zool.-bot. Gesellschaft in Wien. Bd. 51, H. 1 — 10. Bd. 52. H. 1—9. Wien 1902. Sitzungsberichte d. deutschen naturwiss. -med. Ver. f: Böhmen „Lotos" in Prag. Jg. 1901. Prag 1901. Sitzungsberichte d. Kgl. Böhm. Gesellsch. d. Wiss. Mathem. - Naturwiss. Classe. Jahresber. f. 1901. Prag 1902. Museum Francisco-Carolinum. Jahresber. ßO. Nebst: Bei- träge z. Landeskunde v. Oesterr. u. d. Enns. Lfg. 54. Linz 1902. Berichte d. naturwiss. -med. Ver. in Innsbruck. Jg. 27. Innsbruck 1902. Mittheilungen d. naturwiss. Ver. f. Steiermark. Jg. 1901. Graz 1902. Bericht d. meteorol. Comm. d. naturf. Ver. in Brüim. No. 19 (1899). Brunn 1901. Verhandlungen d. naturf. Ver. in Brunn. Bd. 39. Brunn 1901. Anzeiger d. Akad. d. Wiss. in Krakau. 1901, No. 7—9. 1902, No. 1-7. Krakau 1901-02. Sitzung vom 20. Januar 1903. 19' Jahresbericht d. Kgl. Uog. Geol. Anstalt f. 1899. Bu- dapest 1901. MittheiluDgen aus d. Jahrbuche d. Kgl. Uug. Geol. Anstalt. Bd. 13, H. 5. Budapest 1902. Termeszetrajzi füzetek. Vol. 25, P. 1 — 4. Budapest 1902. Verhandlungen u. Mitt. d. Siebenbürg. Ver. f. Naturwiss. zu Hertnaunstadt. Bd. 51. Hermannstadt 1902. Neujahrsblatt hrsg. von d. Naturf. Gesellsch. auf d. J. 1902. (104. Stücl<.) Zürich 1902. Vierteljahrsschrift d. Naturf. Gesellsch. in Zürich. Jg. 46, H. 3. 4. Jg. 47, H. 1. 2. Zürich 1902. Verhandlungen d. Naturf. Gesellsch in Basel. Bericht 2—10. Bd. 1—14. Basel 1836-1901. Jahresbericht d. Naturf. Gesellsch. Graubündens. N. F. Bd. 44. 45. Chur 1901-02. K. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam. Verslag van de gewone Vergaderiugen d. Wis en Natuurk. Afd. D. 10. 1902. Amsterdam 1902. Verhandeliugen d. Kon. Akad. v. Wetensch. te Amsterdam. Sect. 1, I). 8, No. 1. 2. Sect. 2, D. 8, No. 1—6. ü. 9. No. 1—3. Amsterdam 1901-02. Kam, N. M. : Catalog v. Sternen, deren Oerter durch selb- ständ. Meridian-Beobachtungen bestimmt worden sind. Amsterdam 1901. Tijdschrift d. Nederl. Dierkund. Vereen. 2. Ser. D. 7, All. 2—4. Leiden 1902. Nederl. Dierkund. Vereen. Aanwinsten van de Bibliotheek. 1. Jan.— 31. Dec. 1901. Leiden 1902. Journal de Botauique. T. 24, Fase. 3. Koebenhavn 1902. Geolog, fören. i Stocidiolm. Förhandlingar. Bd. 23, H. 6. 7. Bd. 24. H. 1-5. Stockholm 1901-02. Forhandlinger i Vid. -Selsk. i Christiania. Aar 1901. Christiania 1902. Aarsberetning vedkommende Norges Fiskerier for 1901. 1902. H. 1 — 4. Bergen 1902. Bergens Museums Aarbog. 1901. Afhandl. og Aarsberetn. 1902, H. 1. 2. Bergen 1901-02. SARS, G. 0.; An Account of the Crustacea of Norway, Vol. 4, P. 3 — 10. Bergen 1902. 20 Gesellschaft naUirforschender Freunde, Berlin. Stavanger Mus. Aarshefte f. 1901. (Aarg. 12.) Stavanger 1902. Acta Soc. pro Fauna et Flora Fennica. Vol. 16—20. 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Die Hypophyse ist eine Einstülpung am Zwischen- hirn, die von der Mundhöhle ausgeht und der vom Hirn- boden der sogenannte Trichter entgegenwächst, während sie selbst später in ein drüsiges Organ (glandula pituitaria) übergeht; sie bleibt mit der Mundhöhle mindestens vorüber- gehend durch einen Gang, den „Hypophysengang" und bis- weilen durch eine offene Tasche, die „Hypophysentasche", in Verbindung. Die nachfolgenden Untersuchungen sollen zunächst die Keuntniss der lebenden Formen um einiges fossile Material bereichern, das naturgemäss die weichen Gewebe von Epi- physe und Hypophyse nicht mehr erhalten zeigt, aber aus den Ausmündungsstellen Rückschlüsse, namentlich auf die Grössenentwicklung und Stellung der genannten Organe am 2 28 Gesellschaft naturfoischender Freunde, Berlin. Schädel ermöglicht. Die vergleichende Betrachtung der letz- teren ergab, dass die Epiphyse bei den Tetrapoden mit den Parietalien, bei Fischen aber in den Frontalien münden, dass auch die Hypophyse bei Fischen weiter vorn gelegen ist, und beide Organe bei älteren Wirbelthiertypen weiter verbreitet und grösser angelegt sind. Die Epiphyse und Epidyse der Tetrapoden. Durch die Untersuchungen von H. de Graaf^), F. v. Leydig^), Baldwin Spencer^), E. Beraneck^) uHd anderen ist die Form und Anlage der Epiphyse und das Vorkommen eines Scheitelloches oder „Epidyse'', wie ich es aus später dargelegten Gründen bezeichnen will, bei lebenden Reptilien und Amphibien genau beschrieben worden, und B. Spencer machte schon auf den Umstand aufmerksam, dass fossile Reptilien diese Epidyse viel grösser entwickelt zeigen, und dass daraus auf eine grössere Bedeutung der Epiphyse bei älteren Wirbelthieren zu folgern sei. Bei den Stegoceplialen ^) ist eine Epidyse wohl überall vorhanden, wenn auch mangelhafter Erhaltungszustand, ungenaue Präparation oder Abbildung sie nicht auf allen bisherigen Darstellungen erkennen lassen. Das Loch ist in seiner relativen Grösse wechselnd, übrigens darin von der Grösse der Parietalia, zwischen denen es liegt, offen- bar unabhängig. Zur Orientirung am Schädel gebe ich zunächst eine reconstruirte Normalfigur eines Stegocephalen *) H. W. DE Graaf: Bijdrage tot de Keniiis van der Bouw en de Ontwickeling der Epiphyse bij Amphibien en Reptilien, Leiden 1886. *) F. v. Leydig: Das Parietalauge der Wirbelthiere. Zool. Anz. 1887, No. 262, p. 534. ^) W. B. Spencer: On the presence and structure of the Pincal- Eye in Lacertilia. Quart. Journ. Microscop. Science XXVII, 2, pag. 239. London 1886. *) Ed. Beraneck: üeber das Parietalauge der Reptilien. Jenaiscbe Zeitschr. f. die gesammt. Naturwiss., XXI, pag. 374. Jena 1887. ^) Ich fasse diese namentlich durch ihr geschlossenes Schädeldach, doppelten Condylus occipitalis, sculpturirte Schultergürtel-Deckknochen gekennzeichneten Formen als Klasse auf, die sicher den Reptilien, wahrscheinlich auch den Amphibien, vielleicht sogar den Säugcthicren als Ausgangspunkt diente, und die Volhvirbler Holospondyhi {Lcpospon- dyla) und IJichospondyla (Tewriospomlyla Stereo.^pondyhi I'hyllospondijla aut.) als getrennte Ordnungen umfasst. Sitzung vom 10. Februar 1903. 29 Schädels von der Oberseite, woraus sich ergiebt, dass die Epidyse in der vorderen Hälfte der Parietalia gelegen ist, und die Naht der Parietalia hinter der Epidyse zu zick- Fig. 1. Die typische Gliederung des Schädeldaches eines temnospondylen Stegocephalen. PM = Praemaxilleu, N = Nasalia, F = Frontalia, P = Parietalia, Os = Occipitalia superius, M = Maxille, L = das sogenannte La- crymale, Prf = das sogenannte Praefrontale, das wohl das echte La- crymale ist, Ptf = Postfrontale, Po = Postorbitale, J = Jugale, Jt = Intersquamosuni, St = Supratemporale, S = Squamosum Supra- temporale aut., Prosquam. Raur, Qj = Quadratojugale, E = Epioticum. Die Nasen liegen vorn, die Augen sind mit einem Scleroticalring ver- sehen, die Epidyse liegt zwischen den Parietalien. zackförmigen Biegungen zusammengestaut ist Bei anderen Temnospondylen wechselt die Grösse, so dass zum Beispiel bei Capitosaurus das Loch bei einer Schädellänge von 240 mm etwa 9 mm Durchmesser hat, bei den älteren und niedriger organisirten Branchiosauriden sogar mehr erreicht, m Gesellschaft naturforschemler Freunde, Berlin. während z. B. bei Trematosaurus aus der unteren Trias das Loch bei einer Schädellänge von 180 mm auf 2 mm zu- sammengeschrumpft ist. Die Lage des Scbeitelloches inner- halb der Parietalia ist normal etwa am Ende des ersten Drittels ihrer Lauge, es kann aber einerseits wie in Fig. 2 ■Fig. 2. Schädeldach von Uiccratoscmrus punctolineatus Cop. sp. aus der productiven Steinkohle von Linton, Ohio. (Orig. Mus. Berlin.) Nasen und Augen liegen weit vorn, das Parietalloch in Folge grosser Ausdehnung der hinteren Schädelknochen genau in der Mitte des ganzen Schädels. In der Mittellinie desselben folgen die Praemaxillcn, Nasalia, Frontalia, Parietalia und Occipitalia superiora normal auf einander. (Eine Beschreibung dieser neuen Gattung wird im neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. veröffentlicht.) SitzwKj vom 10. Februar 1903. 31 Fiff 3 Schädel von Trematosaurus Brauni aus dem Buntsandstein von Bernburg, restaurirt. _ Die Plattenbezeichnung wie in Fig. 1. Die dunklen Rinnen sind die sogenannten Schleim- oder „Treraal"kanäle. 32 Gesellschaft naturforscliender Freunde, Berlin. bei einem carbonischen Stegocephalen weiter vorn liegen und andererseits wie z. B. bei dem triadischen Trematosaii'-iis in die hintere Hälfte der Parietalia rücken. Während der Ontogenie scheint eine sehr bedeutende Verkleinerung der Epidyse stattzufinden. Diese sehr be- merkenswerthe Thatsache ist schon von Herm. Crkdner in seinen vorzüglich sorgfältigen Studien über den permischen Branchiosaurus amhlystomiis beobachtet worden. Credner giebt auch an. dass bei Larven, d§ren Augenhöhlen noch grösser sind, als im erw^achsenen Zustand, das Scheitelloch vor deren hinterer Grenze liegt, bei erwachsenen Individuen auf derselben. ^) An mir vorliegenden Materialien dieser und anderer Branchiosauriden. kann ich diese Beobachtung noch dahin präcisiren, dass sich eine Verschiebung inner- halb der Parietalia bemerkbar macht, derart, dass bei jungen Individuen das Loch weiter vorn liegt als bei er- wachsenen. Die Grössenabnahme findet dabei in der Weise statt, dass das Loch selbst beim Wachsthum des Schädels keine nennenswerthe Vergrösserung erfährt. Bei einem Branchiosauriden aus der Pfalz beträgt der Längendurch- messer des Scheitelloches jugendlicher Individuen etwa Vs — Ve der Schädellänge bei dem grössten mir vorliegenden Exemplar nur etwa V20. Es will mir auch scheinen — obwohl bei der geringen Grösse und mangelhaften Erhaltung der Objecto der Beobachtung enge Grenzen gezogen sind — dass die Parietalnaht hinter der ^) Epidyse anfangs nicht so tiefe Biegungen zeigte wie später. Schliesslich wurde durch H. Credner noch bei Änthra- cosaurus raniceps die Beobachtung gemacht, dass Schuppen der Schädelhaut am Rand des Scheitelloches kleiner werden und dieses selbst freilassen. Auf Credner's Deutung dieser Erscheinung als Beweis einer vormaligen Existenz eines Parietalauges im Scheitelloch der Stegocephalen komme ich später noch zurück. ') ZeitschK d. Deutsch, geol. Gesellschaft Berlin 1886, Bd. XXXVIII, pag. 592. ») 1. c. pag. 594. Sitzung vom 10. Februar 1903. 33 Bei recenten Reptilien liegt das Scheitelloch, die Epi- dyse, wo sie überhaupt vorhanden ist, in den Parietalien. Dieselbe Lage nimmt sie auch bei fossilen Reptilien ein, wie schon die Mehrzahl diesbezüglicher Abbildungen gezeigt hat. In nachstehender Tabelle möchte ich eine Uebersicht über die Erhaltung einer Epidyse bei den Ordnungen der Reptilien zugleich im Laufe ihrer geologischen Entwickelung geben. ^ a 1 ?S .' 0) ■« 1 ü ^ H 1-5 W H HS I. A. Proterosauria . . • • ? B. Sphenodontia • • ? ? • C. LacertiUa . • ? D. Mosasauria • E. Ophidia . . — II. Pelycosauria . . III. Anomodontia . , , IV. A. Sauropteryyia ? . , . B. Ichthyosauria 9 • ? C. Flacodontia • • D. Testudinata ? — — V. A. Binosauria. 9 . — — B. Crocodilia . ? — — C. Pterosauria — — Es bedeutet: # grosse, kleine, ? fragliche Ausbildung der Epidyse» Schluss der Epidyse, Eine nennenswerthe Abweichung von diesem normalen Lageverhältniss der Epidyse bei Tetrapoden finde ich nur bei Ichthyosaurus (Fig. 4), wo die Frontalia (Fr.) rückwärts so in den Vorderrand der Parietalia (Pa.) eingekeilt sind, dass sie mit zwei Fortsätzen den Vorderrand des Scheitel- loches umfassen, und dieses also factisch auf der Grenze der Parietalia und Frontalia gelegen ist. Das ist aber auch der einzige mir bekannte Fall dieser Art unter den Tetra- poden, und derselbe mag durch die extreme Verschiebung der Orbita und Frontalia nach hinten seine Erklärung finden. Die Amphibien verhalten sich offenbar in dem Grad der Ausbildung der Epiphyse sehr verschieden. Das ihre 54 Gesellschaft naturfwschender Freunde, Berlin. Fig. 4. Der hintere Theil des Scliädeldaches eines Icldhyosaurus aus dem Lias von Lyme Regis. (Orig. Mus. Berlin.) F = Frontalia, P = Pariotalia, N = Nasalia, M = Maxilla, L = Lacry- malia, die sogenannten Praefrontalia, Ptf — Postfrontalia , S = Supra- temporale, Na = Nase, Sc = Scleroticalring, Po = Postorbitale, 0 = Orbita, vo = vordere Theil der Orbita, A = Auge. Anlage im Wesentlichen so wie bei Reptilien und Selachiern erfolgt, geht aus Götte's Untersuchungen der Unke und Ehler's bezüglichen Vergleich iiugen (1. c. 622) hervor. Eine Epidyse, d. h. also eine dauernde Verbindung der Epiphyse mit der Oberhaut finde ich bei Siphonops annulatus, wo sie als feine Oeifnung im hinteren Theil der Parietalia gelegen ist; dagegen fand ich sie bei Ampliiuma means, wo sie auf der Crista an der Grenze der Parietalia gegen die Occipitalia liegt und bei einer Schädellänge von 27 mm den erheblichen Durchmesser von 0,7 mm erreicht. Bei einem anderen Gymnophionen. liypogcophis, habe ich sie Sitzung vovi 10. Felrrimr 1903. 35 nicht gefunden und ebenso fehlt sie anscheinend allen er- wachsenen Anuren und den meisten Urodelen. Das im Ganzen ja sehr dürftige Material fossiler Amphibien scheint leider diese Kenntnisse nicht zu bereichern. Bei den lebenden Vögeln und Säugethieren ist die Epiphyse unter der riesigen Ausdehnung der Hemisphaeren des Grosshirns unterdrüclit und dürfte es auch schon bei deren mesozoischen Vorfahren gewesen sein, da auch bei diesen der Stirntheil der Schädelkapsel schon eine erhebliche Auftreibung gegenüber den Reptilien zeigt. Die Epiphyse und Epidyse der Fische. Eine Epiphyse ist bei allen Fischen vorhanden, nur bei Amphioxus haben die diesbezüglichen Untersuchungen die Existenz einer solchen noch nicht erwiesen. Die Epi- physe der Selachier hat durch Ehlers ') eine eingehende Beschreibung erfahren. Im übrigen haben Ahlborn ^) und Beard'^) die Epiphyse der Cyclostomen beschrieben und Beard weist am Schluss seiner Schrift darauf hin, dass eine Abbildung von Asterolepis in Zittel's Handbuch eine Durchbohrung eines medianen Schädeldachknochens zeigt, die möglicherweise als Pinealloch zu deuten sei. Die naheliegende Vermuthung, dass die Schädeldachlücken bei lebenden Welsen mit dem Parietalloch in Beziehung ge- bracht werden könnten, bezeichnet er als unzutreffend. Während die Epiphyse der Cyclostomen auch mit ihren distalen Bläschen unterhalb des Schädeldaches bleibt, aller- dings durch dieses von aussen mit seinen Pigmentflecken mindestens Wärmeeindrücke empfangen mag. durchdringt das birnförmige Ende nach Ehlers bei Selachiern wenigstens in deren Jugendzustand das knorplige Schädeldach. Selbst beobachtet habe ich eine Epidyse auch im erwachsenen ') Ehlers: Die Epiphyse am Gehirn der Plagiostomen (Zeitschr. f. Wissenschaft!. Zoologie, XXX, pag. 607). ^) F. Ahlborn: Untersuchungen über das Gehirn der Petromy- zonten. (Zeitschr. f. wiss. Zoologie, XXXIX, pag. J2L 1883.) ^) J. Beard: Morphological Studies 1. The Parietal-Eye of the Cyclostome fishes. (Qaart. Jouni. .Microsc. ^icience, XXIX, pag. 55. London 1889. 36 Gesellscluift naturforschender Freunde, Berlin. Zustande von Chimarra monstrosa, wo sie als sehr feine, mit blossem Auge kaum merkliche Oeffnimg das Schädel- dach oberhalb der grossen Orbitae durchbohrt. Auch bei einem fossilen Selachier, IJyhodus Fraasi aus dem oberen Jura, ist kürzlich eine Epidyse von Campell Brown in einer Recoustruction abgebildet^). Da aber ihre genaue Lage nicht festgestellt werden konnte, und ihre restaurirte Position von der aller anderen Fische abweicht, dürfte wohl der Erhaltungszustand dieser Knj^trpeltheile eine sichere Deutung zunächst noch zweifelhaft erscheinen lassen. Bei allen diesen Formen. Selachiern, Holocephalen und Cyclostomen, ist nun eine Orientirung der Epidyse am M Fig. 5. Metliandurchschnitt durch die Gehirnkapsel eines Forellen- Enibr}'0 nach R. Burckhard. Z := Epiphyse (Zirbel), G = Grosshirn mit den paarig getheilten He- misphaeren, Z =: Zwischenhirn, M = Mittelhirn (Cerebellum oder Klein- hirn, K =: Boden und Decke der Rautengrube, H = Lage der Hypophyse, 0 = Opticus. Schädel deshalb ausgeschlossen, weil der knorplig per sistirende Schädel dieser Fische keine Deckknochen zur ge- naueren Bestimmung der einzelnen Regionen aufweist, nur ist allerdings im Allgemeinen zu bemerken, dass die Epi- dyse dieser Formen weit vorn am Schädel gelegen ist, wie auch die Epiphyse selbst vom Dach des Zwischenhirnes aus stark nach vorn geneigt ist. In der Figur 5 habe ich eine Abbildung eines Gehirnschnittes eines lebenden Fisches ') Ueber das Genus Hi/bodus. (Palaeontographica, Band XLVI, pag. 153. Sitzung vom 10. Februar 1903. 37 nach vollständigeren Bildern von Rud. Burckhard*) ge- zeichnet, um die Lage der Epiphyse ara Gehirn und ihre Neigung nach vorn zu erläutern. Eine genaue Orientirung der Epidyse ist also nur bei den Fischen denkbar, bei denen Deckknochen vorhanden sind. d. h. bei Ganoiden, Dipnoern, Teleostiern und Placo- dernien. Von diesen haben die Teleostier und Dipnoer bisher keine Epidyse erkennen lassen und schon ein devo- nischer Dipnoer (Fhaneropleuron curtum). den ich darauf ge- nauer controllirte. zeigt keine Spur einer medianen Oeffnung im Schädeldach. Dagegen findet sich bei devonischen Ga- noiden eine Epidyse deutlich erhalten, und bei den Placo- dermen zeigte sich wenigstens überall eine grubige Ein- senkung im Innern des Schädeldaches. In Fig. ß habe ich das Schädeldach eines vorzüglich erhaltenen Diplopterus aus dem schottischen Devon abge- bildet, den ich zu diesem Zweck sorgfältig pi-äparirt habe, so dass alle Schädelelemente klar zu Tage liegen. Es sind zwar hier die vordersten Schädcltheile, Praemaxillen und Nasalia, zu einem Stück verschmolzen, welches vielleicht auch noch in seinen seitlichen Partien die sogenannten Prae- frontalia der Stegocephalen enthält, aber die Regionen der Nasalia Frontalia, Parietalia und Occipitalia sind doch so scharf geschieden und durch die Lage der Nasenöffnungen und Orbiten noch weiter geklärt, dass man nicht im Zweifel sein kann, dass hier das sogenannte „Parietal"loch die Epidyse in den Frontalien gelegen ist. Es liegt bei dieser Form sogar in der vorderen Hälfte der Fron- talia, während es bei Thiirsius, Osteolepis, Gyroptychius und Glyp)tolepis im hinteren Theil der Frontalia gelegen ist. Es weist bei Diplopterus und Thursius einen ringförmigen Kranz von Ossificationen auf, die ihrer Anordnung nach den Skle- rotical platten der Augen entsprechen. Ich möchte aber schon hier warnen, dieses Organ allein deshalb schon als „Auge" auszusprechen. Erstens sind die Plättchen den ') Rudolf Burckhard: Der Bauplan des Wirbelthiergehirns. [Orphol. Arbeiten, herausgeg. v. G. Schwalbe. Jena. IV. Bd., pag. 131. 38 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Skleroticalplatten unähnlich, indem sie nicht flach, sondern buckeiförmig gewölbt, ferner von ungleicher Grösse und drittens bei Thursius wenigstens mit einem merkwürdigen Netzwerk von Knochensubstanz sculpturirt sind. Als Ana- Fig. 6. Schädeldach eines devonischen Ganoiden (Biplopterus) mit der Epidyse in den Frontalien (Fl, vor denselben die verschmolzene Nasalia (N) und Praemaxillae (Pm), hinter ihnen die Parietalia (P) und das beiderseits verschmolzene Occipitale superius (Os). Im Uebrigen bedeuten M = Maxiila, L = Lacrymale, J = Jugale, Po = Postorhitale, Ptf = Postfrontale, Mpt = Metapterygoid. Qj = Quadratojugale, S = Squamosum, Sy = Symplecticum, Hm = Hyomandibulare, St = Supra- temporale, E = Epiotica im Sinne von Fig. I. logon des Skleroticalringes wird man diese Bildung aller- dings wohl iusofein l)etracliten können, als sie ebenfalls eine ungeschützte und zweifellos empfindliche Stelle des Sitzung vom 10. Februar 1903. 39 Kopfes vor dem hydrostatischen Druckwechsel uud Ver- letzungen schützen mochte. An derselben Stelle wie bei jenen devonischen Ganoiden endet nun auch die Epidyse bei den Placodermeu und zwar sowohl den sihirischen und devonischen Ostracodermen, wie auch bei den echten Placo- dermen, zu denen ich namentlich die Macropetalichthyiden, Homosteiden, Coccosteiden und Pterichthyiden rechne. Zum Fig. 7. Schädeldach eines Coccosteiden (Fachyosteus hulla n. g. n. sp.) aus dem Oberdevon von Wildungen bei Cassel (Orig. Mus. Berlin). Die Nasenlöcher und Praemaxillen liegen an der Unterseite des Vorder- randes. Nasalia (N) und Frontalia (F) zu je einem Stück verschmolzen, in letzterem die Epidyse, dahinter die Parietalia (P) und das ver- schmolzene Occipitale superius. Die Augenkapseln mit einem re- construirten viertheiligen Skleroticalring. J = Jugalia, Prf = die sog. Praefrontalien, die, ich glaube, wichtiger als Lacrymalia (L) aufzu- fassen, Ptf = Postfrontalia, S = Suprutemporalia, E =; Epiotica. Die dünnen Linien auf verschiedenen Platten bedeuten Tunnel- oder Schleimkanäle. Theil ist es gerade die frontale Lage des Scheitelloches, die auf eine Klärung ihres Schädeldaches bisher verzichten liess. Nachdem ich jetzt eine ganze Anzahl dieser For- men genau genug kenne, um jeden ihrer Schädeldachkno- chen Orientiren zu können, glaube ich aber mit Sicherheit die obige Deutung der Mitteldachknochen, vertreten zu 40 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. können, die ich beistehender Zeichnung eines neuen Coccos- teidentypus gegeben habe. Durch die Grösse der sog. Praefrontalia sind allerdings bei diesen Formen die Nasalia und Frontalia starli zusammengedrängt und beiderseits zu je einem Stück verschmolzen, ebenso wie die Occipitalia, denen als Stützpunkt einer sehr kräftigen Nackenmuskulatur besondere Widerstandskraft zugemuthet wurde. Bei den Pterichthyiden, bei denen die Augen auf der Grenze der Prae- und Postfrontalia (cf. Homosteus) noch näher zusammengerückt sind, sind die Frontalia zu einem winzigen quadratischen Stück reducirt, was zwischen den brillenartig angeordneten Orbitae eingekeilt ist, aber auch bei dieser Reduction noch im Innern deutlich die Epiphysen- grube erhalten zeigt. Bei dem obersilurischeu Tremataspis finde ich zwischen den brillenartig zusammengerückten Augen ein vertieft gelegenes Medianstück eingeschaltet, welches hier sogar vollständig von einem Loche durchbohrt ist. also eine echte Epidyse bildete (Fig. 8). Entsprechend diesen Differenzen der äusseren Lage der Epidyse zeigt sich die Epiphyse bei den Tetrapoden nach hinten, bei den Fischen nach vorn geschoben und man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man die erstere Position mit der überquellenden Vergrösserung des Grosshirns bei den Tetra- poden und die letztere mit relativ grösserer Ausdehnung des Mittelhirns bei den Fischen (Fig. 5) in Zusammenhang bringt. Im übrigen ergeben sich bemerkenswerthe Differenzen in der besonderen Anlage der Epiphyse namentlich in folgenden Punkten. Erstens handelt es sich entweder um ein ein- faches Organ (Sphenodou) oder um zwei hintereinander liegende Orgaue (Epiphyse und Parapinealorgan oder Para- physe), die entweder dauernd erhalten bleiben (Cyclostonien) oder nur in der Anlage erscheinen (Lacerta). Das eine oder die beiden Organe können oben mit einem Bläschen endigen, dessen äussere Zelllage mit der Anlage einer Linse, dessen innere mit der einer Retina verglichen worden ist. Die innere desselben kann Pigment aufweisen; ob aber dadurch eine Sehfunction dieses Bläschens wahrscheinlich wird, ist wohl stark zu bezweifeln, da weder die äussere Schicht Sitzn}uj roin 10. Febi-uar 1903. 41 eine typische Liuse. uoch die innere eine eelite Retina bildet, zudem wenigstens von Ahlhokn eine deutliche Grenze zwischen der äusseren und inneren Zellschicht bestritten wird. Lediglich als Reductionsphasen der ganzen Anlage wird man die Difterenzen auffassen dürfen, die sich be- züglich der lunervirung der Bläschen ergeben, und als primitiven Zustand ansehen dürfen, dass bei Cyclostomen Fig. 8. Der Kopftheil des Riukenpanzers von Tremataspis Schrenki aus dem obersten Silur von Oesel. In der Mittellinie vorn eine unpaare Grube („Praefrontalgrube", ? Nase der Cyclostomen). Dahinter die brillenartig verbundenen Augen- höhlen mit Resten von Skleroticalplatten. Zwischen beiden Augen eine vertieft liegende Biücke, die von der Epidyse durchbohrt wird. Hinter den Augen median eine mit schwach verknöchertem Roden ver- sehene scharfrandig ausgeschnittene (? Rauten-) Grube. Hinter ihr paarig zwei kleine Oeffiiungen, die ich als Spitzlöcher anspreche. Zu beiden Seiten 2 Paar randliche Gruben, die wohl zum Ansatz von Tentakeln bei diesen Bodenformen dienen mochten. Die in Zügen geordneten Striche sind unterbrochene Schleim- oder Tremalkanäle. Orig. Mus. Berlin. Vergröss. ^i. beide, bei Sphenodon das eine Bläschen mit Ganglien ver- sehen und durch je einen Nervenzug mit dem Zwischen- hirn in Verbindung stehen. Ob es als Regel gelten kann . dass eine Ausstülpung des Zwischenhirnes selbst in die zipfelförmige Ausbuchtung der Epiphyse eine Strecke 42 Gesellschaft naturforschenäer Freunde, Berlin. weit hineinragt, l^aun ich den mir vorliegenden Angaben nicht mit Sicherheit entnehmen. Dagegen erscheint es sicher nach den Befunden von Ehlers bei Selachiern und Spencer's bei Sphenodon, dass Blutgefässe vom Dach des Zwischenhirns aus (Adergetlecht) den Zug der aufsteigenden Epiphyse ein Stück weit begleiten. Dass die doppelte Anlage der Epiphyse ursprünglich bilateral war, d. h. diese medianen Augen wie Gegenbaur annimmt, ursprünglich auch paarig waren, halte ich für ebeöso unbewiesen, wie die primäre Gleichstellung der Epiphyse bezw. ihrer Endorgaue mit den paarigen Augen. Wäre die Epiphyse von Haus aus ein Sehorgan, so bliebe vollkommen unverständlich, warum sich dasselbe nicht wenigstens da in Function er- halten hätte, wo die äusseren Bedingungen, namentlich das ausgepaarte Loch in der Schädelwand, eine solche Function wohl gestattet hätten und dass es sich andererseits auch da bis heute erhalten hätte, wo es durch Abschluss von der Aussen weit längst jeder ausgiebigen Fuuctions-Möglichkeit beraubt war. In kürzester Fassung wird man etwa sagen können, dass an der hinteren Grenze des Zwischeuhirns und zwar an der Comraissura posterior vom Hirndach ein oder zwei hintereinander liegende Nervenzüge aufsteigen, die von Blutgefässen begleitet sind und oben Bläschen innerviren können, die immer den Eindruck rudimentärer Organe machen und bei alten Wirbelthiertypen mit einer medianeu, stets einfachen, parietalen oder frontalen Oeffuung des Schädeldaches in Zusammenhang stehen. Die Hypophyse der Tetrapoden. Wie die Epiphyse so ist auch die Hypophyse ein Organ, das durch die ganze Wirbelthierreihe erhalten und wenigstens in Jugendstadien wohl entwickelt ist. Auch die Hypophyse liegt am Zwischeuhirn und zwar schiebt sie sich hier in die grosse ventrale Gehirn bucht ein, die als Kopf beuge be- zeichnet wird, vor der sich vorn das Grosshirn mit Augen- nerven tief hinabsenkt und hinter der sich wenigstens bei Sitzung vom 10. Februar 1903. 43 höherer Ausbildungaform der hintere Theil des Gehirns in der sogenannten Brückenbeuge abwärts vordrängt (Fig. 5). Dieser eigentlichen Hypophysenanlage wächst nun vom Gehirn der sogenannte Trichter oder das lufundibuluui als ventrale Aussackung entgegen, durch die das llypophysen- säckchen etwas nach vorn an die Hinterwand des Gross- hirnes gedrängt wird. Während aber bei der Epiphyse die Ausstülpung der Hirnwand den Haupttheil dieses Organes zu bilden scheint, und die Epidyse als nebensächlich er- scheinen lässt, praevalirt hier der von der Mundhölile aus- gehende Theil des Organes. während die mit ihm in Be- ziehung tretende Aussackung des Gehirns untergeordnet erscheint. Die Untersuchung der Hypophyse erstreckte sich bisher zumeist auf deren embryonale Anlage. Ueber diese gingen die Auffassungen besonders darin auseinander, dass die einen die Hypophysenanlage vom Mesoderm, die anderen vom Ectoderm ausgehen Hessen. Die Frage scheint aber auf die andere hier nicht näher berührende Meinuugsdifferenz zurückzugehen, ob die Mundhöhle ectodermaler oder ento- dermaler Entstehung sei. Wesentlich erscheint mir hier nur. dass der Haupttheil der Hypophyse von der Mundhöhle aus angelegt ist. Eine eingehende Darstellung der Epi- physenanlage der Eidechsen hat Gaupp^) gegeben. Nach dieser Darstellung bildet sich eine Einsenkung des Oesophagus, die bis an den Boden des Zwischenhirnes reicht, und auch bei einigen Formen dauernd in der so- genannten Hypophysentasche erhalten bleibt. Von dieser „Hypodyse" sondert sich die Anlage einer medianen grösseren Kammer, des Hypophysensäckchens, welches bei den Formen, deren Hypophysentasche obliteriert ist, nun von der Rachen- höhle vollständig abgeschlossen ist. sowie zweier Seiten- falten. Andererseits hat sich wie bei der Epiphyse auch hier das Zwischenhirn in eine trichterförmige Einsenkung des Schädelbodens als „Trichter" oder „Infundibulum'" ein- gesenlvt. Schliesslich verbindet sich das Hypophysensäck- ') E. Gaupp: Ueber die Anlage der Hypophyse bei den Snurieri (Arch. f. microsc. Ariat., Bd XXXXII, pag. 569." 44 Gesellschaft natmforscliender Freunde, Berlin. chen durch Bindegewebe mit dem Trichter und geht durch Bildung sogenannter Hypophysenschläuche in ein drüsiges Organ über. ^) Für die Orientirung der Hypophyse im Schädel und deren stammesgeschichtliche palaeontologische Entwickelung sind wir auf die Lage der Hypophyseutasche oder „Hypo- dyse", wie ich sie entsprechend der Epidyse kurz nennen will, angewiesen. Im Allgemeinen wird dieselbe nach der Mundhöhle abgeschlossen und zwar 'durch das Parasphenoid, einen Deckknochen, der sich fast über die ganze Gaumen- fläche ausdehnen kann und wohl in erster Linie zur Be- deckung gerade dieser Hypodyse entstanden sein mag. Durch diesen Deckknochen wird die Grenze zwischen dem Basi- sphenoid und dem Orbito- oder Praesphenoid verdeckt und es ist nur dann möglich, die Hypophyse an der Gaumen- fläche zu Orientiren, wenn im Paraspheuoid selbst noch eine Grube vorhanden ist. wie in Fig. 9 dem Schädel einer Tupinamhis cf. teguixin L. Bei dieser Form finde ich den hinteren Theil des Parasphenoid durchbohrt, und da die beiden vorragenden Schenkel des Basisphenoid im Innern von dem Parasphenoid bis zu der punktirten Grenze reichen, so wird man daraus den Schluss ziehen dürfen, dass die Hypodyse hier ganz im Rahmen des Basisphenoid gelegen ist. In gleicher Stelkmg finde ich sie auch bei anderen Reptilien, so z. B. an einem median durchschnittenen Schädel von Chdone midas, wo das Basisphenoid sehr dick und noch durch die sogenannte Columella (nicht die des Ohres!) mit den Parietalien in Verbindung steht. Dieses Basisphenoid ist hier durch einen trichterförmigen Kanal durchbohrt, der rückwärts etwa in einem Winkel von 40" nach der Gaumen- fläche gerichtet ist und hier hinter den Pterygoidea kaum merklich austritt. Auch bei einem Alligator-Schädel ist eine Oeffnuug noch in dem stark zusammengedrängten Knochen zu be- merken, der zwischen dem Occipitale basilare und dem weit ^) cf. 0. Hertwig: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Wiil.clf]iifr(\ VI. Aufl. Jena 1898, pag. 4.30 n. folg. Sitzung vom 10. Februar 1903. 45 Fig. 9. Gaumenfläche des Schädels einer Tupinambis teguixin L. Hinten das Occipitale basilare (Ob), davor das Paraspheiioid (Ps) mit der ovalen Hypodyse, Op — ■ Opisthoticum, Q = Quadratum, J = Jugale, Pt = Pterygoid, T = Transversum, PI = Palatina, M = Maxille, V = Vomer, Pm = Praemaxille. zurückgezogenen Palatina gelegen und offenbar auch hier als Basisphenoid aiifziifasi^en ist. Von diesem wird hier der Uüten erweiterte Kanal vollständig umschlossen. 2 ** 46 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Bei einem aufgebrochenen Pfoco^^ws- Schädel aus dem Muschelkalii bemerkte ich ein grosses ovales Loch in der Unterseite der Schädelkapsel, das offenbar auf die Hypo- physe zurückzuführen ist. Schon Herr v. Meyer hat es an einem anderen Schädel abgebildet, scheint es aber irrthüm- lich für die Epidyse gehalten zu haben. Leider ist die Gaumenfläche dieses Schädeltypus noch nicht genau genug bekannt, um die Ausmünduug in die Racheohöhle beobachten und damit ihrer Lage nach genauer 'fixiren zu können. Da aber bei den eben besprochenen Reptilien die vorwärts ge- wendeten Schenkel des Basisphenoid das Loch vorn um- fassen, so dürfte es hier ausschliesslich von diesem um- wachsen sein. Bei Amphibien habe ich nirgends Andeutungen einer Hypodyse beobachtet, auch bei Vögeln scheint keine Spur derselben erhalten zu sein. Dagegen hat sich beim Menschen als pathologische Rarität eine Durchbohrung des Sphenoids gezeigt. Bei einer Abbildung, auf die mich seiner Zeit RüD. ViRCHOw aufmerksam machte, war das Loch sogar recht gross. Bezüglich der Lage der Epiphyse und Hypo- physe bei Tetrapodeu lässt sich also zusammen- fassen, dass sie im Basisphenoid liegt bezw. den hinteren Theil des Parasphenoid durchbohrt. Die Parietalia. in denen die Epidyse der Tetrapoden liegt, und das Basisphenoid sind aber Schädel- elemente, die bei Annahme einer vertebralen Gliederung dem Ohrwirbel zuzurechnen sind. Die Hypophyse der Fische. Bei den Fischen ist die Anlage der Hypophyse vielfach untersucht worden, so namentlich bei Cyclostomen, Se- lachiern und Teleostiern. Die Hypophyse der Teleostomen ist besonders von Rabl-Rückhard und Dohrn beschrieben worden. Von speciellen Streitfragen abgesehen, giebt Dohrn an*), dass ^) Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Tlieil II, die Entstehung und Bedeutung der Hypophysis bei den Teleostiern. (Mitth, d. zool. Station /.u Xeai)el, Band 111, Heft J, 2, pag. 264) Sitzimg vom 10. Februar 1903. 47 die Hypophyse von der Mimdhöhle ihre Entstehung nimmt, also sich im wesentlichen wie bei den Tetrapoden anlegt. Nur darin scheint sie abzuweichen, dass sie weiter nach vorn unterhalb des Gehirns gelegen ist, also aus ihrer Lage in der Kopf beuge 'etwas herausgerückt erscheint Vielleicht steht diese Erscheinung damit in Zusannnenhang, dass die Kopfbeuge auch bei den Teleostieru im Sinne einer Streckung des ganzen Gehirns mehr ausgeglichen wird. Für primitiv kann dieses Verhalten wohl schon deshalb nicht gelten, weil es die älteren Fischtypen in geringerem Maasse zeigen, also darin den Tetrapoden näher stehen. Die Hypophyse der Selachier scheint bei gleicher An- lage wie bei den Teleostomen etwas weiter rückwärts, also ähnlich, wie bei den Tetrapoden gelagert zu sein. Dasselbe gilt nach Burckhaud's Darstellung bei Protopterus von der Hypophyse der Dipnoer, wo ihre Anlage in sich noch eine Einfaltung zeigt und relativ ursprünglich entwickelt ist. DoHRN ^) gab eine zusammenhängende Darstellung der Hypophysen-Anlage bei Pdromyson. Wenn man zur Orien- tirung aus seiner Darstellung ein Stadium wie Taf. 18, Fig. 3 herausgreift, in dem die spätere Oberlippe noch relativ klein und der spätere Nasengang noch nicht auf die Dorsal- seite gerückt ist. also noch relativ normale Kopfverhältnisse vorliegen, so zeigt sich das Organ welches allgemein als Hypophyse angesprochen wird, als trichterförmige Ein- stülpung zwischen der vorn gelegenen Nase und der weiter zurückliegenden Mundbucht. Später rückt dann aber dieses Organ ganz aus der Mundbucht heraus und unter Ver- einigung mit der Nase in der unpaaren Nasengrube auf die Oberseite des Kopfes. Dieses definitive Lagever- hältniss des genannten Organes macht mich doch stutzig, ob dasselbe wirklich als Hypophyse zu deuten sei. Seine vollkommene Separation von dem Mund scheint mir dafür zu sprechen, dass entweder der Mund der Cyclostoraen nicht dem gesammten Mund der höheren Vertebraten , sondern ') Dohrn: Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers III. Die Entstehung und Bedeutung der Hypophysis bei Petromyzon Planeri. (Mitth. d. zool. Stat. z. Neapel. Leipzig 1883, Band IV, Heft 1.) 48 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nur derem hintersten Schlundabschnitt entspricht, oder eben jene mit der Nase verschmelzende Hypophyse nicht die echte Hypophyse ist. Bei den Myxinoiden durchsetzt der Nasengang das Gaumendach und öflfnet sich in die Mund- höhle. Das so ausgebildete Organ, welches zunächst von KuPFFER und anderen für primitiver gehalten wurde als der blind endigende Nasengang der Petromyzonteu. wurde als „Palaeostoma" als Unnund der Wirbelthiere angesprochen, bis sich herausstellte, dass der Gaumendurchbruch bei den Myxinoiden sekundär erfolgte^). Jedenfalls handelt es sich hier um ein ganz besonderes Organ, welches aber, wie mir scheint, auch die silurischen Tremataspiden (vergl. Fig. 8 pag. 41) und Cephalaspiden aufweisen, die ich auch aus anderen Gründen für Verwandte der Cyclostomen halte. Bei den genannten Fischtypen ist am erwachsenen Körper eine Orientiruug der Hypophyse gegenüber den Schädelregionen deshalb erschwert, weil bei den einen der Gaumen knorplig ist und also keine Schädelelemente unterscheiden lässt, und andererseits bei den Teleostomen die grosse Ausdehnung des Parasphenoids das Gaumendach verhüllt. Sehr wichtig war mir unter diesen Umständen die Auffindung einer Hypodyse bei AcantJwdes Bromii aus dem Perm von Lebach. demselben Fisch, der auch die bisher primitivste Ausbildung der Schädelbögen und des Schulter- skeletes kennen gelehrt hat und auch in dieser Hinsicht niedrigste Organisationsverhältnisse erwarten liess. Hier findet sich in der Schädelbasis in der Regel genau zwischen den Orbita der Knochen, den ich Fig. 10 A in ventraler Ansicht gezeichnet habe. Er zeigt bei 5 von mir präparirten Exemplaren die gleiche Form, die man danach als normal ansehen darf Wie die sonstigen Schädeltheile von Acan- tJiodes so gehört auch dieser dem Innenskelet an. ist also hülsenartig ossificirt und enthielt jedenfalls in seinem Lumen noch viel Knorpel. An seiner Gaumenfläche ist aber die 1) Vergl. M. Fürbringer: Zur systematischen Stellung der Myxi- noiden und zur Frage des alten und neuen Mundes. (Morphol. Jahrb. XXVIII, :s, 1900). Sitzung vom 10 Februar 1903. 49 Verknöcherimg abgeschlossen, während auf seiner Oberseite ein knöcherner Abschluss nicht eintrat. Von der Unter- seite (Fig. 10 A) zeigt sich nun ein ovales Loch eingesenkt, dessen Seitenwände etwa bis in eiue Tiefe von 3 mm ver- knöchert sind. Dass es diesen Knochen ganz durchsetzte, geht daraus hervor, dass sich seine Wände nach oben nicht verengern, sondern eher wieder etwas zu erweitern scheinen, an einer Stelle, wo es den im Querschnitt rundlichen Knochen nahezu durchsetzt haben muss. Dieses Loch nun kann ich nur als Hypodyse deuten und fraglich erscheint mir nur, Fig. lU A. Hypodyse von Acanthodes Brormi aus dem Perm von Lebach in einem Knochen der Schädelbasis von der GaumenfFäche gesehen. Fig. B ist anscheinend das Parasphenoid selbst eines Fisches (? Py- (jopterus) aus dem permischen Kupferschiefer von Ilmenau. Fig. C ebenfalls ein Parasphenoid eines unbekannten Wirbelthieres aus dem unteren Muschelkalk von Oberschlesien. (Sämmtl. Orig. Mus. Berlin.) ob der Knochen selbst das Basisphenoid oder das Prae- sphenoid darstellte. Für die erstere Deutung würde seine Gesammtform sprechen, wenn man dieselbe z. B. mit dem Basisphenoid von Tupinambis (Fig. 9) vergleicht, für die Deutung als Praesphenoid seine Lage zwischen den Orbita. Jedenfalls ist aus diesem und der Fig. 10 B und C ab- gebildeten Knochen der Schädelbasis anderer Formen zu ent- 50 GesellscJiaft naturforschender Freunde, Berlin. nehmen, dass die Hypophyse auch bei den älteren Fischtypen stärker entwickelt und zeitlebens be- deutender war als das bei den heut lebenden Formen der Fall ist. Auch scheint die Lage des betreffenden Knochens in der Augenregion von Acanthodes darauf hinzuweisen, dass wie die Epi- dyse dieser Formen in die Fröntalia gerückt war, so auch die Hypodyse der orbitalen Schädelregiou angehörte. Die Thatsache, dass die Epiphyse und Hypo- physe am Fischkörper eine andere Position haben als am Tetrapodenkörper. deutet darauf hin, dass beide Typen aus einem phyletischen Entwickelungs- stadium des Wirbelthierstammes divergirten, in dem der Schädel noch keine feste Gliederung in die Schädelregionen erfahren hatte, die man etwa als vertebrale bezeichnen könnte. Die Bedeutung der Epiphyse und Hypophyse. Wenn ich diese beiden Räthsel des Wirbelthierkörpers wieder einmal mit dem hypothetischen Urmund in Zu- sammenhang bringe, so weiss ich wohl, dass ich damit zu- nächst nur ein Achselzucken hervorrufen werde. Nachdem die Lösung des Räthsels auf diesem Wege von berufeneren Autoren vergeblich versucht wurde, ist es wirklich nicht Uebermuth, der mich aufs Neue in diese scheinbare Sack- gasse treibt. Aber die Schwierigkeiten, die jene Autoren mit der kühnen Urmund-Hypothese zu lösen hofften, haben sich mir bei langjährigen Studien der historischeu Entwickelung des Schädelbaues derart gehäuft, dass mir ein Verständniss des Schädels ohne die Annahme jenes Urmundes nicht mehr möglich erscheint. Die Unterbrechung der ganzen Gehirnanlage, die durch das Zwischenhirn, die Commissura posterior, und das In- fundibulura gekennzeichnet wird, ist unverständlich, wenn wir nicht an jener Stelle ein ehemaliges Hinderniss für die Anlage des Gehirnes annehmen. Es wäre ferner unver- ständlich, weshalb die Anlage der primären Schädelkapsel Sitzung vom 10. Februar 1903. 5 1 sich ohne ein solches an derselben Stelle in zwei breit ge- sperrte Aeste gabelt, die sogenannten Trabeciilae cranii, weshalb ferner die Chorda dorsalis immer nur bis zu diesem Punkte vorrückt und sich an demselben unter un- regelmässigen Krümmungen ihrer Spitze staut. Und das sind Erscheinungen, die nicht vereinzelt als Räthsel auf- treten, sondern ganz allgemein die Anlage des Wirbelthier- schädels beherrschen, ja eigentlich dessen conservativste Eigenschaften sind DoHRN hat wohl zuerst die Hypophyse als Urmund angesprochen, allerdings die dorsale Ausmündung desselben in der Rautengrube des Gehirns gesucht^). Dieser Irrthum und der Umstand, dass Dohrn später auf anderen Wegen die Hypophyse als Kieme eines praeoralen Visceralbogens verwerthen zu können glaubte. Hessen ihn jene erste Idee so schnell über Bord werfen, dass er über die Wiederauf- nahme derselben durch Köllikeu sein Erstaunen ausdrückt^). Letzterer-'') sagte darüber Folgendes: Hypophyse und Zirbel sind zwei physiologisch unbegriffene und unzweifelhaft auch unbedeutende Organe. Ihr Vorkommen bei fast allen Wirbel- thieren. mit Ausnahme des Amphioxus, in wesentlich gleicher Gestaltung stempelt sie zu Erbstücken von den Vorfahren dieser Thierklasse und liegt der Gedanke nahe, den Dohrn mit Rücksicht auf die Hypophysis allein zu verfolgen ge- sucht hat. dass dieselben mit einer früheren Durchbohrung des Gehirns durch den Darm zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn zusammenhängen. Die Hypophysentasche auf der einen und die Zirbelausstülpung auf der anderen Seite könnten Reste einer und derselben Bildung sein, und wenn GÖTTE mit seiner Ansicht Recht hätte, dass die Zirbel von Bombinator da entsteht, wo das Hirnrohr am spätesten sich schliesst, so liesse auch diese Thatsache für eine solche Hypothese sich verwerthen." ') Der Ursprung der Wirbelthiere und das Princip des Functions- wechsels, 1875, pag. 3. ^) Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers. Mitth. a. d. zoolog. Station zu Neapel, Band III, pag. 273. ^) Entwickclungsgeschichte des Menschen und der höheren Tbiere, 2. Aufl., pag. 533. 52 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Enger und bestimmter hat R. Owen ^) die Epiphyse und Hypopiiyse in Beziehung gebracht und als Theile des Urmundes angesprochen, den die Wirbelthiere von Articu- laten geerbt haben sollten. Die Begründung, die er seiner Auffassung zu geben suchte, namentlich die Angabe, dass ein, beide Organe verbindender Strang das Gehirn durchsetzt, ist durch die späteren Untersuchungen nicht bestätigt, aber trotzdem scheint mir das Stillschweigen, mit dem die Wissenschaft jene Idee Owen's übergangen hat, durchaus ungerechtfertigt. Diese „Epistoma- Hypothese", wie ich sie kurz nennen will, steht natürlich im engsten Connex mit der jjnversions- Hypothese", die namentlich von Sempera) weiter ausgebaut worden ist und darauf hinausläuft, dass das Rückenmark der Wirbelthiere dem Bauch- mark der Anthropoden bezw. Anneliden homolog, und der Wirbelthierkörper sozusagen ein umgedrehrter Anneliden- körper sei. Semper's Hypothese theilt mit der obenge- nannten Idee Owen's das Schicksal, von den meisten Verstössen zu sein. Sie erschien von Anfang an unwahr- scheinlich, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass hoch entwickelte Organismen ihre Differenzirung soweit abstreifen könnten, um einem wesentlich anderen Typus das Leben zu geben. Dass das erwachsenen Formen nicht möglich, und ein solcher Process nicht denkbar ist auf dem Wege einer progressiven Entwicklung, die immer zu dem fertigen Bau nur einen weiteren Stein zulegt, bedarf keines Zuge- ständnisses. Wenn wir aber einen solchen Uebergang auf frühe Jugendstadien verlegt denken und im Sinne einer Metakinese auffassen^), dann wird man über die Möglichkeit der Berichtigung jener Inversionstheorie schon weniger schnell hinweggehen dürfen. W^enn wir von unseren üblichen Vorstellungen über ') Rieh. Owen: Essay on the Conario-hypophysial tract and on the aspectes of the body in vertebrate and invertcbrate animals. London 1883. *) C. Semper: Die Stainnu'svenvandtschaft der Wirbelthiere aus Wirbellosen, pag. n[. Arb. a. d. zool. Inst, in Würzburg, II, 1878, pag. 25— 7(). ^) 0. Jaekel: lieber verschiedene Wege phylogenetischer Ent- wickelung. Jena, Gust. Fischer, 1902, pag. 34—53. Sitzung vom 10. Februar 1903. 53 phylogenetische Umbildungswege. die ja doch unbewiesene Voi'stellimgen sind, absehen, und die Organisation der Ci'ustaceen und Verte braten objectiv nebeineinander stellen, so springen die zahlreichen Vergleichspunkte im Rahmen der Episomatiden ^) von selbst hervor. Die Gliederung des Körpers in den Kopf. Rnmpf und Schwanzabschnitt, das \'erhältniss dieser Theile zu einander, die Anordnung der Sinnesorgane am Kopf und der Bewegungsorgane am Rumpf, die Verkalkungsart der dermalen Skeletbildungen. die Bildung von Hornstrahlen zur Verbreiterung der Flossen, die segmentaleu Secretiousorgane und last not least die Aus- bildung und das correlative Verhältniss der inneren Haupt- organe des üarmes, des Hauptnervenstammes hier als Bauch-, dort als Rückenmark, die Lage des Herzens und der Hauptblutgefässe zu den genannten Organen sind doch Vergleichsmomente, die für den Morphologen nicht ohne genetische Bedeutung bleiben können. Ich scheue mich also nicht, im Gegensatz zu Semper. höhere Arthropoden als Ausgangspunkt der Wirbelthiere zu betrachten. Zur Veranschaulichung des uns hier besonders be- rührenden Verhältnisses des Nervensystemes zum Darm- tractus habe ich in den Figuren 11 A — C schematische Medianschnitte durch einen einfachsten Arthropoden-, einen einfachsten Verte braten- und einen Tunicatenkörper zu- sammengestellt. Ich stelle mir zur Erklärung dieser Umformung des Baues der Arthropoden in den der Wirbelthiere vor, dass die ständige Innehaltung der axialen Bewegungs- richtung die Sinnesorgane am vorderen Körperpol dauernd stärkte und zu einer Verstärkung der den Arthropodenschlund umlagernden Ganglienpaare führte. Dieselben haben sich bei den Arthropoden in ein sog. oberes oder vorderes Schlundganglion und zwei oder drei postpharyngeale Ganglieupaare hinter dem Schlünde ^) 0. Jaekel: Ueber die Staniniform der Wirbelthiere. (Diese Berichte, 1896, pag. 107. 54 Gesellsclmfi natnrforscJiender Freunde, Berlin. gesondert (Fig. 11, D). Wenn man sich nun vergegen- wärtigt, wie gross und wie früii das Gehirn ontogenetisch entsteht, wird man verstehen, dass die phylogenetische Zunahme dieser Ganglien schliesslich die Schlundanlage derartig umfasste und beengte, dass sie bei einem Theil Fig. 11. Schematische Längsschnitte durch den Körper A eines Arthropoden (wesentlich nach Sograff aus Korschelt& Heider, Entwickl. Gesch., II, pag. 748 von Geophilus firragineiis), B eines Wirbelthieres, C eines Tunicaten (Asciäia, wesentlich nach Kowalewski), D = Darm, längsgestreift, N — Nervussystom, schwarz, Pc = Pro- cerebrum der Arthropoden, GH — Grosshiru oder Vorderhii-n der Vertebraten, Gai = Antennularganglion und Gaj =r Antennen- ganglion der Arthropoden, MH = Mittelhirii und C = Cerebellum der Vertebraten, G = Ganglion der Tunicaten, Au = die paarigen Augen der Arthropoden und Vertrebaten, M = Mund der Arthro- poden, Epidyse der Vertebraten, A = After, der in Fig. A von aussen der Darmanlage entgegenwächst, Ch — Chorda dorsalis, P = Haftpapillen der Ascidien. D Schematische Ansicht eines Arthroj)odengehirnes mit der vortical gestrichelten Mundanlage. E Rückenansicht eines \'ertebratengehirnes vorn mit den grossen Hemi- sphären, dahinter dem verengten Zwischenhirn mit den rudimentären Anlagen des Urmundes, dann das Mittel- und Nachhirn. Sitzuncj vom 10. Februar 1903. 55 der Formen ganz zugeschnürt wurde, und ein neuer Mund an der entgegengesetzten Seite entstand. Solche secundären Durchbrüche eines definitiven Mundes sind ja ebenso wie die des Afters bekanntlich in der Ontogenie durchaus ge- wöhnliche Erscheinungen. Setzte man die prae- und postoralen Ganglienpaare der Arthropoden dem Gehirn der Wirbelthiere gleich, wie dies schon Geoffkoy st. Hilaire gethan und dann namentlich R. Owen weiter ausgeführt hat (Op. c, pag. 13). so würde der praeorale Gangliencomplex (Procerebrum, Archicerebrum) oder kurz das „Gehirn" der Arthropoden dem Vorder- oder Grosshirn der Wirbelthiere entsprechen. Als postorale Ganglienpaare werden von Korschelt und Heider, deren Darstellungen ich hier folge ^), bei den Arthropoden die des Antennular- und die des Antennen- segmentes angesehen. Diese sind nicht nur mit einander durch die postorale Coramissur eng verschmolzen, sondern bisweilen auch mit dem Procerebrum so eng verwachsen, dass z. B. Claus das vordere dieser Ganglienpaare auch noch als praeoral ansah. Es dürfte sich also hier um eine Tendenz handeln, postoral angelegte Ganglien vor den Mund zu schieben, wo der Hauptsitz der geistigen Functionen zu suchen ist. Denken wir uns nun die Hypodyse und Epidyse als Reste und Axenpunkte des Arthropodenmundes, und nehmen wir an, dass die Ontogenie ohne Rücksicht auf morpho- genetische Bequemlichkeiten unbeschränkt den historischen Ditterenzirungsgang der Organe innehalten könnte, so würden wir folgendes zu erwarten haben. *) E. Korschelt und K. Heider: Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte der wirbellosen Thiere. Band II, Jena 1892 pag. 862, 367. 2) Herr Geheimrath Fr. Eilh. Schultze, dem ich für vielfache Belehrung bei dieser Studie zu grossem Danke verpflichtet bin, sprach in der Discussion obiger Ansichten den Gedanken aus, dass ihm namentlich die engen morphogenetischen Beziehungen zwischen den Segmental - Organen der Anneliden und der Nierenbildung der Verte- braten die Inversionstheorie annehmbar erscheinen Hessen. Im Verfolg derselben möchte er der Idee Ausdruck geben, dass möglicherweise die zunehmende Schwere einer Leber pelagisch schwimmende Wurmformen zu einer Umdrehung des Körpers veranlasst haben könnte. 56 Gesellschaft natur forschender FVeunde, Berlin. Die einzelnen metameren Gehirnbläschen würden sich selbständig anlegen wie etwa die oberen Schlundganglien der Anneliden und anscheinend auch noch der Arthro- poden, dann würden diejenigen des Grosshirus und Mittel - hirns durch seitliche, den Urmund umfassende Commissuren mit einander verschmelzen und schliesslich den Urmund so einschnüren, dass er nur als ein dünner Schlauch das Gehirn durchsetzte, aussen an der Edidyse austräte und immer an der Hypophyse in den Schlund einmündete. Das wäre das Bild, welches sich Owen von der Epiphyse und Hypophyse vorstellte. Aber ebensowenig wie dieses der Wirldichkeit entsprach (vergl. pag. 52) ebensowenig kann die ontogenetische Anlage eines hoch specialisirten Gehirnes in der angedeuteten Weise vor sich gehen. Zu der compli- cirtesten physiologischen Einheit verbunden legt es sich als ganzes an und zwar vom Rücken aus durch eine einheitliche Einstülpung. Nun legt sich anscheinend bei den Anneliden und den meisten Arthropoden der Mund etwa ebenso früh an wie das Kopfnervensystem. Wenn man sich aber die weitere Differenzirung des Gehirnes vorstellt und erwägt, dass Organe ontogenetisch um so früher und grösser angelegt werden, je feiner sie histologisch differenzirt werden sollen so erklärt sich, dass schliesslich ein Zeitpunkt eintrat, wo das Gehirn früher angelegt wurde als der Mund. Die damit eintretende Collision mit dem Urmund (Ml) konnte sich dann wohl nur in der Weise lösen, dass ent- weder der vom Darm vorwachsende Theil des Mundes sich in die Gehirnaulage von innen her eindrängte (Hypophyse) und die äussere Mundanlage beim medianen Zusammen- schluss des Schädeldaches eine Lücke als Epidyse hinterlässt (Normaltypus der Vertebraten). oder dass die Gehirnanlage bei sehr schwacher Ausbildung den Urmund umging und wie bei dem dabei unsymmetrisch gewordenen Amphioxns die Chorda nach sich zog und hier bis an die Spitze des Kopfes vorführte, oder dass schliesslich der Urmund sich als der stärkere erwies und die Gehirnanlage hinter sich zurückdrängte (Tunicaten cf. Fig. 11 C.). Sitzung vom 10. Februar 1903. 57 Die Hypodyse bezw. der Hypophysengang wäre danach der innere Theil des Urmundes, der sich am Gehirn gestaut hat. und an dieser Stelle nicht nur dauernd eine tiefe Ein- stülpung desselben bewirkte (Kopfbeiige). sondern auch im inneren Bau des Gehirnes und der Schädelkapsel eine Anzahl besonderer Gestaltungen hervorrief. Die Epiphyse liegt zwar auch auf einer Einschnürung des Gehirnes von oben her, ist aber selbst keine Ein- senkung. sondern der Hauptsache nach eine Ausstülpung des Hirndaches, die ich auffassen möchte als ein Rudiment von Nerven und Blutgefässen, die ursprünglich den Urmund und seine Organe versorgten. Das würde auch erlilären, dass sie bald als einzelne einfache Ausstülpung erscheint, bald wie bei den Cyclostomen in zwei Endorgane ausläuft, und zunächst noch Sinnesfunctioneu diente. Die Epidyse aber wäre der äussere Urmund selbst, der bei dem dorsalen Abschlüsse der Gehirnanlage stehen geblieben wäre. Es wäre in diesem Zusammenhang auch verständlich, dass gerade die primitivsten Wirbelthiertypen, zu denen ich aber weder Ämphioxus noch die Cyclostomen rechne, die Epidyse und Hypophyse am deutlichsten er- halten zeigen, und dass mit der Höhe der Organisation und besonders der Zunahme des Gehirns (vergl. die Tabelle pag. 54) die Rudimente des Urmundes mehr und mehr unterdrückt werden. Bei den Tunicaten legen sich bekanntlich wie bei den Wirbelthieren Rückenmark. Chorda und Darm in derselben Lagebeziehuug an. nur dass kein Vertebratenmund gegen die Kopfdarmhöhle von aussen einwächst, sondern diese sich vor dem Gehirn dorsal öffnet. Die Berührungsstelle des letzteren mit der Kopfdarmhöhle hat man schon mit der Hypophyse der Wirbelthiere in Parallele gebracht, aber die Beziehung wird meines Erachtens noch überzeugender, wenn man die ganze dorsale Ausmündung der Kopfdarm- höhle, die zu dem definitiven Munde der Tunicaten wird, als Hypophyse im obigen Sinne, d. h. als Urmund der Vertebraten betrachtet. Die hier angedeutete Auffassung würde nicht mit dem 58 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. nahe liegenden Bedenken coUidiren, dass eine Umdrehung des Articulatenkörpers und namentlich eine vorübergehende Schliessung des Mundes im erwachsenen Zustand schwer denkbar ist, in dem ich den Umbildungsprocess in Jugend- bezw. Larvenstadien verlegte. Sie würde die engen morpho- logischen Beziehungen zwischen Arthropoden und Wirbel- thieren erklären und für eine ganze Reihe von Räthseln des Wirbelthierschädels eine befriedigende Lösung bieten. Das sind die Gründe, weshalb icli das Interesse der Fach- genossen aufs Neue auf diese Fragen lenken wollte. Herr C. BÖRNER sprach über Mundgliedmaassen der Opisthogoneatd. Es ist heutzutage eine feststehende Thatsache, dass die Mundwerkzeuge der Crustaceen und der übrigen Arthro- poden (mit Ausschluss der Tardigrada, Linguatu ida und Fantopoda) dem Kaugeschäft angepasste Gangbeine sind. Auch ist man schon seit einiger Zeit zu der Ueberzeugung gelangt, dass es die Hüftglieder, die Coxen der Beine sind, welche hauptsächlich bei der Zerkleinerung und Aufnahme der Nahrung betheiligt sind, während die d'staleu Beiu- glieder meist zu Tast-, Geruchs- und Geschmacksorganen umgewandelt oder auch wohl rückgebildet worden sind. Das Studium der Gliederung der Laufbeine der Ate- locerata Heymons ') führte mich nun begreiflicher Weise auch dazu, eine Homologisirung der Mundbeinglieder mit denen der Laufbeine bei den opisthogoneaten Vertretern dieser Reihe anzustreben, und es sei mir dalier gestattet, bereits jetzt die wichtigsten Resultate hier vorläufig mitzu- theilen. Bei den Chilopoden haben schon Heymons-) und Vekhoeff^) diesen Weg betreten und letzterer sagt: .,dass ^) C. BÖRNEu: Ueber die Gliederung der Laufbeine der Atelocerata Heymons. Diese Zeitschrift, 1902, No. 9, pag. 205 — 229. -) R. Heymons: Entwicklungsgeschichte der Scolopender. Biblio- theca Zoologica, herausgegeb. von Chun, Leipzig, Bd. LXXX, 1901. ä) K. W. Verhoeff: Beiträge zur Kenntniss paläarktischer Myrio- poden, XVI. Aufsatz, Nova Acta d. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. d. Naturforscher, Halle !90l. Sitzioig vo))t 10. Februar 1903. 59 man sich überhaupt einen schöneren Uebergang von Beinen zu Fressgliedern gar uicht denken kann und nur erstaunen muss über die Treue der Urkunden, die uns das Finden des geistigen Weges erleichtern." Bezüglich der Hexajjoden schreibt Heymons'): „Bei Lepisma zeigt es sich mit grosser Deutlichkeit, dass der Palpus maxillaris resp. labialis den distalen Gliedern eines Extremitätenstammes, also etwa dem eines Thoraxbeines, homolog ist. Das Basalstück einer Maxille, von dem der Palpus ausgeht, hat man dagegen dem Coxalabschnitt eines Beines gleichzusetzen. An diesem basalen oder coxalen Theil erheben sich später als Auswüchse die Lobi interni und externi." „An dem vordersten Kieferpaare, den Mandibeln, ist der gesammte distale Abschnitt des Ex- tremitäteustanimes überhaupt zu Grunde gegangen, und es hat sich nur ein allerdings um so grösseres und kräftigeres Coxalstück erhalten."-) Ebenso spricht Kolbe^) den „Stamm" der 1. Maxille sammt seinen Lobis als Coxa an. unrichtiger Weise bezeichnet er aber als „Schenkelring" den sogenannten „Tasterträger" des Maxillarpalpus, der jedoch nur eine Differeuzirung des „Stammes" und kein eigentliches Bein resp. Palpusglied ist. Hansen-) sieht da- gegen in den „Coxen" die Aequivalente des 2. und 3. „Stammgliedes" der Crustaceenbeine, eine Anschauung, die ich aus Gründen, welche später noch mitgetheilt werden sollen, nicht theilen kann. *) R. Heymons: Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Lepisma saccharina L. Zeitschr. f. Wissensch. Zool., Bd. I^XII, 4, 1898, pag. 621. ') Bei manchen Insekten kommen an den Mandibeln bewegliche Fortsätze vor (so z. B. bei russaUden und Staplujliniden unter den Coleopteren, vielleicht auch bei Ephcmeriden-havven); es scheint mir jedoch unmöglich, in diesen Reste von „Palpen" erblicken zu können, ■welche eine ganz andere Lage an der Mandibel haben müssten. Sie entsprechen jedenfalls der „Lacinia mobilis" H.'\nsen's, die bei vielen Crustaceen beobachtet wird, eine Ansicht, deren Urheber H. J. Hansen ist (cf. dessen Aufsatz: Zur Morphologie der Gliedmaassen und Mundtheile bei Crustaceen und Insekten. Zool. Anz., Bd. XVI, Xo. 420/421, §§ 18 und 47). *) H. J. Kolbe: p]inführung in die Kenntniss der Insekten. Berlin, 18ü;?, pag. 212. 60 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Da die Mandibeln, wie gesagt, bei den Insekten und auch den Chilopoden echter „Palpen" ^) entbehren, so Ivanu ich sie hier schon aus meiner Darstellung ausschiessen; sie sind, wie es ja auch aus dem Citat von Heymons her- vorgeht, Coxalglieder, und Verhoeff befindet sich im Irrthum. wenn er verschiedene Differenzirungen derselben bei den Chilopoden (Cnjptops) als „ Fernorale'', „Tibiale" und „Tarsale" anspricht, ohne siah dabei der Anschauungen von Heymons und anderen Forschern, sowie der taster- tragenden Mandibeln zahlreicher Cnistaceen zu erinnern. Die beiden") Maxillenpaare liegen belvanntlich bei den Chilopoden hinter einander, so wie sie ursprünglich angelegt werden, und es bleiben auch an ihren Seiten Sternalstücke resp. Subcoxen erhalten. Diese Anordnung derselben ist bei einer Reihe von Hexapoden erhalten geblieben oder sekundär wieder entstanden, wie u. a. bei den cntotrophen Thysanuren, Collembolen, Rhynchoten und Siphunculaten (Pedicididae). Bei vielen anderen Hexapoden ist aber insofern bekanntlich eine Abänderung der ursprünglichen Lagerungsverhältnisse der beiden Maxillenpaare eingetreten, als das 2. Paar weiter nach vorn gewandert ist und dadurch die Hüft- glieder des 1. Paares auseinander getrieben hat, sodass die Grundglieder beider neben einander gelagert sind. Oft reichen sogar die 1. Maxillen weiter nach hinten als die zweiten. Mit der Vorwärts Verlagerung der letzteren geht eine Neubildung von hinter ihnen gelegenen Platten Hand in Hand, Platten, die als Mentum, Submeutum, Gula und Subgula etc. in der Entomologie bekannt sind. Heymons hat sich meines Wissens zuerst für den sekundären Charakter dieser Chitinstücke ausgesprochen. In ihnen die Sternite des 2. Maxillensegmentes zu erblicken, halte ich für ganz unmöglich, da bei einigen Insekten noch Reste ^) Palpus = Telopodit Verhoeff's. ') Aus praktischen Gründen lasse ich hier die viel umstrittenen „Maxillulen" (Hansen) oder „Superlin,s;ua" (Folsi)m), die von vielen Forschern mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit als echtes Kieferpaar bei den Hexnyoden aufgefasst worden, ausser Betracht, zumal ts sich bei ihnen nur um Coxalreste handeln köinite. Sitzuru) vom 10. Februar 1903. (\\ eines Steruums zwischen den Hüften der hinteren Maud- füsse vorkommen (Fig. 1). ') Ich beginne meine Betrachtungen mit dem 2. Maxillen- paar. weiches für gewölmlich Unterlippe (Labium) ge- nannt wird, eine Bezeiclinung, welche aber meist nicht gerade sehr glücklich ist, da nicht jenes, sondern der Hypopharynx die der „Oberlippe" (Labrum) gegenüber liegende „Unterlippe" bildet, zwischen denen beiden sich der Eingang in den Pharynx befindet. Die Basalglieder hat man meist als „Stamm" oder „Palpiger" bezeichnet, um hier von dem. u. a. auch durch das bekannte Lehrbuch der Zoologie von R. Hertwig verbreiteten Terminus „Mentum" (Kinn) abzusehen, der sonst allgemein für die hinter dem „Stamm" gelegene Platte gebraucht wird. Für die Ghilopoden hat schon Verhoeff^) die Un- zweckraässigkeit dieser Ausdrücke betont nnd sie durch den Namen „ Coxosternum" ersetzt. Ich'') konnte jedoch zeigen, dass die Grundglieder der 2., wie auch der 1. Maxillen keine Coxosterna, sondern echte, stark ver- grösserte Coxae sind, die oft (immer?) noch ringförmig geschlossen sind und in der Mitte deutlich von einander getrennt sein können. Die Coxae sind bei den Ghilopoden durch die bekannte Hüftleiste ausgezeichnet, welche hier nach hinten convergent gerichtet sind (cf. Fig. 11 der sub •'') citirten Arbeit). Sie entbehren stets der Coxopodite (Kauladen), wodurch die Ghilopoden in deut- lichen Gegensalz zu den meisten Hexapoden treten, bei denen „labiale" Goxopodite die Regel sind und nur sekundär einer Rückbildung unterlegen sein können. — ') J. W. Folsom: The developpment of the niouthparts oi Anurida «?aro ;;ur Kciiiitniss curoiniistlicr Psociden. Silzuufj vüiii 10. Februar 1903. 65 köünen. Sie fehlen z. B. bei den Bhynclioten, Siplmn- culaten und zahlreichen Lepidopteren. Die Hüftglieder der 2. Maxilleu. das alte ,.Labiuin", sind nun nicht selten ganz mit einander verwachsen, sodass es zur Bildung eines unpaareu Stückes gekommen ist, welches sich von Sterniten aber fast immer durch seine hohlkörperartige Beschaffenheit unterscheidet. So liegen die Verhältnisse bei manchen Coleoptcren, Lepidopteren, Hymenopteren (speziell den Apiden), Dipteren, Puliciden, Pediculiden etc. Auch bei den EhpncJioten ist dies der Fall; während aber bei jenen Formen die „Palpen" ent- weder frei bleiben oder verloren gegangen sind, sind bei diesen auch die Palpenglieder mit einander zur Bildung des gegliederten Wanzenschnabels ver- wachsen. Am 4gliedrigen Rhynchotenrüssel haben wir offenbar Coxa, Trochanler, Femur und Tibiotarsus zu unterscheiden, und nur die Corixiden machen eine Aus- nahme, da man bei ihnen ausser dem „Labium" (den ver- schmolzenen Coxen) nur noch einen Igliedrigen Palpus beobachten kann (Fig 4). Diese Erklärung des Wanzen- schnabels, welche übrigens keineswegs neu ist, sondern sich schon bei F. Brauer^) angedeutet findet, stimmt nicht mit den Resultaten von Heymons-) überein, welcher sagt. „dass die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse jedenfalls aber nur den Schluss gestatten, dass die Existenz von Palpi labiales bei den Heteropteren (und folglich bei allen Bhijnchoten), welche den Lippentastern kauender Insekten homolog sind, bisher wenigstens in keinem Falle mit Sicherheit erwiesen ist." Meiner Ansicht nach können wir aber keine andere Deutung für die Entstehung jenes Rüssels geben; so erklärt es sich auch, dass seine Spitze zweitheilig ist, und der mediane kleine Lappen, welcher bisweilen zwischen diesen Spitzen gefunden wird, ist nichts anderes als eine sekundäre Bildung der Ver- ') F. Brauer: Systematisch-zoologische Studien. Wien, 1885. 2) R. Heymons: Beiträge zur Morphologie und Entwicklungs- geschichte der Rhynchoten. Nova Acta, Bd. LXXIV, No. 3, 1899, pag. 410. 6ß Gesellschaft naturforschcnäcr Freunde, Berlin. waclisiingszone der Tibiütarsalglieder'). — Eine ähnliche Verschmelzung von Gliedern der „Labialpalpen" kommt auch bei Puliciden vor, eine Thatsache, welche die letzte mit Bezug auf die Bhynclioten gemachte Annahme noch mehr befestigt. Wie Fig. 5 zeigt, ist bei Pulex {serraticeps Gehv.) ausser den Coxen auch noch das folgende Glied der beiderseitigen Palpen verwachsen, während die distalen 3 Glieder noch frei sind. Ein^ Homologisiruug dieser Glieder wage ich nicht zu unternehmen, yielleicht ist das auf die Coxen folgende Glied ein Trochanterofemur (Trfe?). Einen anderen Punkt möchte ich hier aber noch einflechten, dass nämlich auch bei diesen Formen ein stabförmiges Mentum, das man bisher übersehen hat, vorkommt (m., Figur 5). Das I. Maxillenpaar bietet uns in mancher Hinsicht ein ganz anderes Bild dar. Bei den Chiloxjoden unterscheiden wir wieder 2 grosse, mit je 1 medianen Coxopoditen versehene, in der Median- linie des Körpers sich berührende Coxen, die auf der Hinter- (Unter-) seite zwischen dem Coxopodit und dem übrigen Theil ihrer Fläche noch die Reste der „Hüft- leiste" aufweisen können (cl. Fig. 10 der sub ') pag. 61 citirten Arbeit), ferner noch 2 Glieder, welche ich-) als Trochanterofemur und Tibiotarsus interpretirt habe. Verhoeff-'') hat auch hier die Coxen als Coxosternum auf- gefasst. während er das distale Glied gleichfalls Tibio- tarsus genannt hat. Ein Klauenglied fehlt, was im Hinblick auf das 2. Maxillenpaar der Chilopoden immerhin beachtens- werth ist. Bei den Ilcxapoden sind die Coxen und die „Taster" bei der 1. Maxille stets scharf von einander abgesetzt. Die Bestandtheile der Coxen sind allgemein als Stipes. Lobus internus und externus (resp. Lacinia und ^) Bezüglich der Deutung der von Leon (vcrschiedone Aufsätze über Labialtaster bei den Hemipteren) beschriebenen Labialtastor der Wiynchota verweise ich auf die in der vorhergehenden Anmerkung citirte Arbeit von IIf.ymons. ^) cf. die sub ^) pag. 61 citirte Arbeit. ^) cf. die sub ^) pag. .58 citirte Arbeit. Sitzimscheinung als eine Versteifungseinrichtung des lauggestreckten Trochanters auf. Verhoeff hält nun dieses proximale Stück des Trochanters für ein selbständiges Glied und glaubt es dem Trochanter der Chilopoden homolog setzen zu müssen, weil auf dasselbe die von ihi ') Kakl W. Verhoeff: Ueber Tracheaten -Beine. 2. Aufsatz: Trochanter und Praefemur. Zool. Anz., XXVI, pag. 205. ') F. Dahl, Beiträge zur Kenntniss des Baues und der F'unctionen der Inselvtenbeine. Inaugural-Dissertation. Kiel 1884. *) C. Börner: Kritische Bemerkungen über einige vergleichend morphologische Untersuchungen K. W. Verhoeff's. Zool. Anz., No. 695, 1903. 76 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Definition anwendbar ist. Das distale Ende des Trochanters wird zu Gunsten der alten gebräuchlichen Nomenclatur Praefemur genannt. Es lässt sich jedoch nachweisen, dass Vekhoeff's Definition in dem zweiten, die Muskulatur be- treffenden Punkte irrthüralich ist und dass nicht nur das proximale Ende des Odonatentrochauters, sondern das ganze bisher so bezeichnete "Glied dem Trochauter der Chilopoden homolog ist. Vor Kurzem hat Börner^) auf Grund einer ver- gleichend morphologischen Untersuchung die Homologie der Beingliederuug der Chilopoden und Insekten nach- gewiesen, indem er die Tollkommene Identität der Muskeln und Gelenke feststellte. Einer der wichtigsten Beweis- gründe war, dass er im Trochanter von Geojjhilus illyricus den bisher bei Chilopoden nicht bekannten Remotor femoris auffand. Ich konnte mich sowohl au Börner's Praeparaten von Geopliilus iUyriciis, wie auch bei mehreren anderen Geophiliden^) von der Richtigkeit dieser Beobachtung ül)er- zeugen. So fand ich bei Gcophüus carpopltagus (Fig. 1) den Remotor femoris sehr deutlich ausgebildet. Am Grunde des Trochanters entspringen auf der hinteren Seite des Gliedes zwei dicht unter der Oberfläche verlaufende breite Muskelbündel (Rem. fe.), von denen das eine sich an den Grund des Femur anheftet, während das andere eine kurze Strecke in das Femur hineingeht. Zwei schwächere Muskel- bündel in der Nähe der Remotores femoris entspringend, heften sich als Remotores tibiae an den Grund der Tibia (Fig. 1 Rem. ti.). Noch viel deutlicher ist der Remotor femoris bei Himantarium ausgebildet, wo er gleich dem Remotor femoris bei den Insekten eine bedeutende Grösse erreicht. Der Trochanter der Chilopoden entbehrt also nicht einer eigenen Muskulatur, sondern wir finden in demselben bei Geophiliden einen Remotor femoris. wie bei den Insekten. Es ist also bei den letzteren ein dem ') C. Börner: Die Gliederung der Laufbeine der Atelocerata Heymons'. Sitz.-Ber. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1903, No.9, pag. 2Ü5. ') Herr Dr. Yerhoeff unterstützte mich in liebenswürdigster Weise mit Material, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen ver- bindlichsten Dank aussprechen möchte. Sitzung vom 10. Fchruar 1903. 77 Trochanter der Chilopoden entsprechendes Glied vorhanden. Da dasselbe genau au derselben Stelle (zwischen Coxa und Femur) liegt wie der Trochanter der Chilopoden, so ist es folgerichtig demselben gleichzusetzen und es muss daher die bei den Insekten für das fragliche Glied bereits ge- bräuchliche Bezeichnung „Trochanter" beibehalten werden. Beachtet man ferner noch, dass die Gelenke, Coxo- Trochanteral - Gelenk, Trochantero - Femoral - Gelenk und Femoro-Tibial- (Knie-)Gelenk bei Chilopoden und Insekten Yollkommen gleichen Bau und gleiche Lage aufweisen (was bereits durch Böunek ') gezeigt wurde), so muss die Homo- logie der Beingliederung bei Chilopoden und Insekten als ausser Frage stehend erscheinen. Bei den Odonaten finden wir nun, dass der Remotor femoris in dem Yon Veiuioeff als Praefemur bezeichneten Stück des Trochanters sitzt. Ferner haben wir am Ende des Praefemur das Trochantero -Femoral -Gelenk und am Ende des darauf folgenden Gliedes das typische Kniegelenk. Zwischen Trochanter (im Sinne Veuhokff's) und Praefemur dagegen ist weder eine Verbinduugshaut noch ein Gelenk Yorhanden-). Aus diesen Gründen müssen wir das ganze zwischen Coxa und Femur liegende Stück als einheitliches Glied und zwar als Trochanter auffassen, d. h. das Glied muss seinen bisherigen Namen behalten. Will man das vordere abgesetzte Ende des Trochanters trotzdem als „Glied" interpretiren, so kann man es nicht als ein pri- märes, sondern nur als sekundär vom Trochanter abge- schnürtes Glied auffassen. Indessen scheint mir eine andere Auslegung mehr Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Bei erwachsenen Odonaten kann man sich leicht davon überzeugen, dass die ') Siehe Fussnoto ') auf pag. 75. ') Yerhoeff erwähnt allerdings bei Agrion hastulatum zwischen Trochanter und Praefemur sowohl eine Zw;ischenhaut wie auch ein Gelenk. Ich konnte bei keinem Odonat, auch nicht bei Larven, eine Zwischenhaut finden und glaube, dass Verhoeff irrthümlich helle Stellen im Chitin für eine solche gehalten hat. Das von Verhoeff beschriebene Gelenk halte ich für den optischen Durchschnitt einer der gleich zu erwähnenden Verdickungsleisten. 2t 78 Gesellschaft natwforschender Freunde, Berlin. EmschnüruDg des Trochanters durch eine starke Chitiol eiste Yerursacht wird, welche ringförmig um die Innenfläche des Gliedes herumläuft. Besonders bei optischen Durchschnitts- bildern sieht man deutlich, dass es sich um Chitinleisten handelt (Fig. 2 u. 3. Die optischen Schnitte der Chinin- leisten sind schwarz punktirt eingezeichnet.) An den seit- lichen Grenzlinien des Trochanters sieht man, dass keine eigentliche Furche vorhanden ist, wie sie sich sonst bei verwachsenen Gliedern findet, sondern nur eine Ein- schnürung, über welche sich das Chitin der Aussenseite ununterbrochen fortsetzt. Fig. 2 u. 3 zeigen diese Verhält- nisse bei Ägrion. Fig. 2 stellt den Trochanter desselben Beines von vorn. Fig. 3 von hinten gesehen dar. (Fig. 3 ist von der falschen Seite durchgepaust). Die ringförmige Leiste verästelt sich mehrfach und .^chliesst weniger stark chitinisirte Stellen ein, welche gewöhnlich dicht mit Hautporen besetzt sind. ') Ausser der ringförmigen Leiste sind am Trochanter noch weitere Chitinleisten vorhanden. Der vordere Piand ist ebenfalls stark verdickt und auf der äusseren Seite zieht eine Leiste nach der Gelenkpfanne des Trochanters (Fig. 2). Weiter bemerkt man am distalen Rande des Trochanters eine starke Randleiste, welche eine zweite Leiste nach dem Hinterrande entsendet (Fig. 2). Die hier für Agrion geschilderten Verhältnisse kehren bei allen erwachsenen Odonaten mit unwesentlichen Unter- schieden wieder. Caloptcryx verhält sich wie Agrion. Bei Aeschniden, Gomphiden und Lihdlididen fallen die Ver- dickungsleisten durch ihre besonders starke Ausbildung auf. Die meisten älteren Odonatenlarven lassen schon dieselben Verhältnisse erkennen wie die Imagines. Bei Calopteryyidcn, Aeschniden und Lihelluliden wird die Einschnürung des Trochanters ebenfalls schon durch Verdickungsleisten ver- ') Verhoeff beschreibt diese Hautporen als „Gelenkdrüsen" und giebt an, dass sie in der zwischen Trochanter und Praefemur übrig gebliebenen Gelenkhaut liegen. Wie jedoch vorhin erwähnt wurde, ist eine Gelenkhaut an dieser Stelle nicht vorhanden und ausserdem kommen Gelenkdrüsen meines Wissens bei Arthropoden im Allgemeinen nicht in der Verbindungshaut zwischen zwei Gelenken vor, sondern immer nur auf der chitinirten Oberfläche der Glieder. Wenn sie aber in der Gelenkhaut vorkommen, so münden sie immer auf besonderen Chitinplättchen. Sitzung vom 10. Februar 1903. 79 ursacht, welche jedoch noch nicht so stark ausgebildet sind wie bei den Imagines. Die letztere Thatsache spricht jedenfalls auch nicht dafür, dass das vordere Stück des Trochanters ein primäres Glied ist. Nur bei Agrioniden- Larven und ganz jungen Larven der übrigen Familien finden wir anstatt der Verdickuogsleisten eine ring- förmige Furche, sodass das vordere Stück des Trochanters hierdurch deutlich abgesetzt erscheint (Fig. 4). Da aber weder eine Zwischeuhaut noch ein Gelenk vorhanden ist, so wird man auch hier, bei Beachtung der Muskel- und Gelenkverhältnisse, das proximale Stück des Trochanters, wenn man es als Glied auffassen will, als ursprünglich zum Trochanter gehörig und erst sekundär von demselben abgeschnürt betrachten müssen. Am Trochanter verschiedener Orthopteren sowie bei IMachilis kommen ähnliche Verhältnisse wie die oben für die Odonaten beschriebenen vor, welche Verhoeff eben- falls schon erwähnt und in seinem Sinne gedeutet hat. Ich konnte selbst verschiedene Formen auf diese Verhält- nisse untersuchen und bin der Ueberzeugung, dass es sich ebenso wie bei den Odonaten um Verstärkungsleisten des Chitins handelt. Bei Phyllodromia germanica (Fig. 5) be- merkt man auf dem Trochanter zwischen den Gelenkhöckern ein ziemlich complicirtes System von Chitinleisten '), welches sich nach dem proximalen Ende des Trochanters zu in eine starke vorspringende Leiste fortsetzt, durch die der vorderste Theil des Trochanters ebenfalls abgesetzt er- scheint. Eine weniger starke Chitinleiste, ebenfalls von dem erwähnten Leistensystem ausgehend. Am Trochanter der Larve von JDijüscus fand ich, ähn- lich wie bei Odonaten, auch eine durch eine ringförmige Chitinleiste bedingte Einschnürung. Auch Machilis zeigt ähnliche Verhältnisse und wurde deshalb von Verhoeff zu den Insekten mit echtem Trochanter (in Verhoeff's Sinne) gerechnet. Hier ist auf dem Trochanter eine sehr starke Verdickuugsleiste vor- ') Ein von der Coxa ausgehender breiter lappenfönniger Fortsatz legt sich über diese Leisten und verdeckt sie, weshalb er in der Figur durchsichtig gezeichnet ist. 80 Gesellschaft nahirforschcnder Frcmide, Berlin. banden (Fig. 6, Vdl), welche nach dem Condylus des Coxo- Trochanteral- Gelenkes geht und dann dem Rande des Trochanters folgt. Der optische Durchschnitt (Fig. 7, Vdl) zeigt deutlich, dass es sich nur um eine starke, ins Innere vorspringende Verdickungsleiste des Chitins handelt und dass hier nicht einmal, wie etwa bei Odonaten, eine nennens- werthe Einschnürung vorhanden ist. Die Trochanterleiste von Machilis ist übrigens nichl zu homologisiren mit der ringförmigen Leiste der Odonaten, welche sich an einer ganz anderen Stelle befindet. Sie entspricht vielmehr der Leiste, welche bei den Odonaten vom vorderen äusseren Ende des Trochanters zum Condylus des Coxo-Trochanteral- Gelenkes läuft. Die Leiste von Machilis lässt sich daher auch nicht in demselben Sinne als Grenzlinie eines Gliedes auslegen, wie die ringförmige Leiste der Odonaten. ^) Es fragt sich nun, welche Bedeutung den auf dem Trochanter von allen Odonaten (mit Ausnahme der jungen Larven) befindlichen Verdickungsleisten zukommt. Zum Vergleich lassen sich ähnliche Fälle bei anderen Myriopoden- und Insektenbeingliederu heranziehen. Sowohl bei Myriopoden wie bei Insekten sind gewöhnlich auf den Coxen hervortretende Chitinleisten vorhanden, welche zu den Gelenkhöckern hinziehen (Fig. 2, 5, 6). Die Bedeutung derselben kann hier nicht zweifelhaft sein: sie dienen, wie seit langem bekannt ist, zur Stütze der Gelenke und zur *) An dieser Stelle möchte ich noch mit einigen Worten auf die eigenartigen Miiskelverhilltnisse des Trochanters von 3Iachilis eingehen. Wie BÖKNER kürzlich nachgewiesen hat, besitzt 3Iachilis einen doppelten Levator trochanteris (Fig. 7), einen vorderen (h tro.) und einen hinteren (htro.). Vkrhoeff bildet in seinem letzten Aufsatz nur den hinteren dieser beiden Muskeln ab; in seiner früheren Arbeit (siehe Fussnote ') auf pag. 73) dagegen bildet er nur den vorderen Levator ab, und zwar den proximalen Theil, während Sehne und Insertionsstelle nicht ge- zeichnet sind. Das Eigenthümjiche dieser Muskeln ist, dass sie nicht an der gewöhnlichen Stelle, am vorderen oberen Rande des Trochanter sich anheften, sondern durch den Trochanter hindurch nach der andern Seite desselben gehen (Fig. 7). An der Stelle, an welcher der Levator trochanteris sich ansetzen sollte, findet sich nur ein kleines, aus wenigen Fasern bestehendes Muskelbündel, das sich in der Z^vischenhaut zwischen Coxa und Trochanter anheftet (Fig. 7 1: a tro.). In diesem schwachen Muskelbündel, welches von Börner übersehen wurde, haben wir jedenfalls den Rest des ursprünglich hier sich ansetzenden vorderen Levator trochanteris zu erblicken. Sitznnij vom 10. Februar 1903. gl VersteifuDg der Glieder. Den am proximalen und distalen Rande des Trochanters vorhandenen und den zu den Ge- lenkhöckern des Trochanters ziehenden Leisten (Fig. 2, 5, 7) kommt zweifelsohne dieselbe Bedeutung zu und es ist sehr wahrscheinlich, dass auch die Ringleiste der Odonaten zur Versteifung und Festigung des Trochanters beizutragen be- stimmt ist. Die Thatsache, dass sie sich mehrfach ver- zweigt und seitliche Aeste absendet (Fig. 2 u. 3) scheint mir jedenfalls zu Gunsten dieser Annahme zu sprechen. Wenn es sich um die Verwachsungsstelle zweier Glieder handelte, würden wir wahrscheinlich keine verästelte Chitin- leiste, sondern eine einfache Furche finden, wie auch bei andern verwachsenen Gliedern. Ringförmige Leisten finden sich übrigens auch noch an anderen Boingliedern, z. B. bei Odonaten und Blattiden am vorderen Ende der Tibia. Plier wird, ähnlich wie am Trochanter der Odonaten durch eine um die Tibia herum- laufende Verdickungsleiste ein keilförmiges Stück abge- schnürt. Man wäre daher auch hier berechtigt, das proxi- male Schuürstück der Tibia als besonderes Glied aufzu- fassen. Noch auffälliger als die eben erwähnten Formen verhält sich in dieser Beziehung Machilis. Hier ist am ersten Maxillartaster das proximale Ende der Tibia durch eine deutliche Furche vom distalen Ende abgeschnürt (Fig. 8). Eine Chitinleiste ist nicht vorhanden. Wir haben hier genau dieselben Verhältnisse wie sie oben für die jungen Odonaten- larven beschrieben wurden. Will man mit Bezug auf die- selben bei den Odonaten den vorderen Theil des Trochanters als Glied auffassen, so muss man auch das vordere Ende der Tibia bei Machilis, Odonaten und Blattiden als solches interpretiren. Diese Auffassung scheint mir jedoch wenig Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, da an derselben Stelle, wo früher die Furche vorhanden war, später einfache Ver- dickungslelsten auftreten, welche aus den oben besprochenen Gründen nicht als Gliedgrenze gelten können. Ich halte es vielmehr für das Wahrscheinlichste, dass die ringförmigen Verdickungsleisten, wo sie an Beingliedern von Insekten vorkommen, ebenso wie andere Leisten zur Festigung und Versteifung des betreffenden Gliedes dienen. 82 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Figurenerklärung, Allgemeine Bezeiclmuug-eu. Co — Coxa. Fe = Femur. h tro =r vorderer Levator des Trochanter. lia tro ^z .) )) )7 ^^ I2 tro — hinterer „ „ ^j Rem. fe. := Reinotor femoris. Rem. ti. z= Remotor tibiae. Ti — Tibia. Tro zzz Trochanter. Vdl = Verdickungslciste. Fig. 1. Geophilns carpophagus. Optischer Schnitt durch Trochantei und Femur, um die Remotores femoris und tibiae zu zeigen. Y\g. 2 u. 3. Afjrion sp. Trochanter von vorn (Fig. 2) und von hinten (Fig. 3). Fig. 4. Trochanter einer Larve von A(jrion. Fig. 5. Trochanter von Fliyllodromia (jermanica mit seinen Chitinleisten. Fig. 6. Trochanter von M<(chilis sp. Fig. 7. Machilis sp. Coxa und vorderes Ende des Trochanters im optischen Durchschnitt. Vdl = Chitinleiste. Fig. 8. Machilis sp. Hinteres Ende des Femur und vorderes Ende der Tibia des ersten Maxillartasters. Das vorderste Ende der Tibia ist durch eine Furche abgeschnürt. Herr Karl W. Verhoeff sprach über Tracheat en-Beine, 3. Aufsatz: Frogoneata. Im ersten Aufsätze, welcheu'ich über Tracheaten-') Beine veröffentlichte (vergl. Nova Acta d. L. K. Aitad. deutscher Naturforscher, Halle 1902), habe ich die Opistho- goneata für sich behandelt, ohne Berücksichtigung der Progoncata. Das geschah mit vollster Absicht und schon damals in dem Bewusstsein. dass die Beine der Opistho- goneata und Frogoneata in ihrer Gliederung und Musku- latur nicht homolog sind. Nachdem ich an anderer Stelle meine Untersuchungen über die Beine der Opisthogoneata fortgesetzt habe^j, soll es meine jetzige Aufgabe sein, den Laufbeinen der Frogoneata näher zu treten. Einzelne ^) Ich gebrauche den Begriff Traclieata im Sinne von Äntcnnatn! *) Vergl. im Zoolog. Anzeiger meinen 2. Aufsatz über Tracheaten- Beine, ]9U3, No. 692, und eine weitere Arbeit, welche voraussichtlich in den Nova Acta, Halle 1903, erscheint. Dort habe ich auch, so weit die Opisthogo7ieata in IBetracht kommen, Stellung genommen zu dem Aufsatz Börneu's in No. 9, 1902, dieser Zeitschrift: „Die Gliederung der Laufbeine der Atelucevata.^^ SitzwKj vom 10. Februar 1903. 83 MittheiluDgeu zu diesem Thema habe ich schon in früheren Jahren gemacht'), auch standen mir schon seit längeren Jahren hunderte von Präparaten zur Vorfügung, die auch auf dieses Thema Bezug haben und welche in den letzten Jahren sich noch vermehrten, sodass der Wunsch nach einer Zusammenfassung immer dringender wurde, zumal diese Verhältnisse nicht nur an und für sich sehr wichtig sind für vergleichende Morphologie sowohl, als auch Phylogenie und Systematik, sondern auch besonders für die grosse Menge metamciphosirler Segmentanhänge, namentlich bei Diplopoden. Einen Theil dieses Themas, nämlich die Charakterisirung der Hüften und die Unter- scheidung von Coxiten und Telopoditen habe ich bereits im Wesentlichen erledigt, worüber sich viele IMittheilungen in meinen Schriften über Diplopoden zerstreut finden. Am Grunde der Hüften giebt es sehr charakteristische Kreuzungsmuskeln, (die ich mehrfach erörtert und ab- gebildet habe-) d.h. solche schräge Muskeln, welche von der Tracheentasche (oder andern Rumpfstützpunkten) einer der durch die Sagittalebeue getrennten Hälften eines Rumpfsegmentes ausgehend sich an den Grund der Hüfte der andern Segmenthälfte befestigen (und bei dieser um- gekehrt). Die Hüften der Progoneata sind also solche Grundglieder der Beine, welche am Grunde von den Kreuzungsmuskeln bedient werden und ent- weder unmittelbar an das zugehörige Sternit stnssen oder sogar meist ganz in demselben ein- gelenkt oder befestigt sitzen. Dies war bisher bereits geklärt worden, wenn auch noch nicht ganz in diesem Wortlaut ausgedrückt. Jetzt aber handelt es sich um eine genaue Klarstellung der einzelnen Telopoditglieder und eine der bestimmten Klar- *) Vergl.: „Ein Beitrag zm- Kenntniss der Glomenden", Verh. d. nat. Ver. f. Rheinl. u. Westfalen, 1895, Diplopoden aus Bosnien u. s. w., Y. Teil, Archiv f. Naturgesch., .1898 (namentlich Polyzonium) u. a. a. Stellen. ') Vergl. z. B. den VIII. Aufsatz meiner „Beiträge zur Kenntniss pal. Myriopoden", Archiv f. Nat., 1899. 84 Gesellschaft nahirf orscheyider Freunde, Berlin. Stellung entsprechende Nomenklatur, die sich so weit als möglich mit der der Opisthoyoneata, decken soll. Dass die Muskulatur für die Bestimmung der Telopodit- glieder bei den Opisthoyoncata entscheidend ist, habe ich im 1., 2., 4. und 5. Aufsatze ausgeführt, wir werden sehen, dass ihr diese ausschlaggebende Rolle auch bei den Progoneata zukommt. Im4.und5. Aufsatz überTracheaten-Beine werde ich zeigen, dass wir drei grosse Gruppen von Beinmuskeln in ver- gleichend-morphologischer (und auch physiologischer) Hin- sicht zu unterscheiden haben, nämlich I. Krallenmuskeln, n. indirecte Wandmuskeln oder Brückenmuskeln und III. directe Wandmuskeln oder kurz directe Muskeln. Diese drei Gruppen treffen wir auch bei den Pro- goneaten an: I. Die Kralleumuskeln entsprechen durchaus denen der Opisthogoneata, sind aber höchstens in drei Bein- gliedern vertreten, in drei Gliedern z. B. bei Volijsonium (Abb. 4) und Fohjxenus^) (Abb. 8), in zwei Gliedern — was auch bei den Progoneata ein sehr häufiger Fall ist — z. B. in den Fällen, welche die beigegebenen Ab- bildungen 1, 11, 12 und 15 vorführen. Zahlreich aber treffen wir ausserdem Beine mit nur einem Krallenmuskel, wie anbei die Abbildungen 2, 3, 5, 9. 10 und 14 zeigen. Besonders beachtenswerth ist ferner, dass bei ein und derselben Form eine Verschiedenheit in der Zahl der Krallenmuskeln beobachtet werden kann, so z.B. bei Folyzonhim (Abb. 3 und 4). wobei aber zu betonen ist, dass dieser Unterschied sich zwischen den beiden vordersten Laufbeinpaaren einerseits und den übrigen Beinen andererseits findet. II. Die Brück enmuskelu sind (wie auch bei den Opisthogoneata), die für die Bestimmung der Beinglieder wichtigsten. Gerade sie sind es zugleich, welche in auf- fallender und beständiger Weise eine von den Opistlio- *) Für diese Gattung hat sie Börner a, a. 0., No. 9, pair. 2)7, lichtig angegeben. Sitzuny vom 10. Februar 1903. 85 goneata abweichende Vertheilung zeigen. Ich unter- scheide wie dort grund- und endwärtige Brückenmuskeln. a) gruQdwärtige Brückenmuskeln (proximale) sind mir fünf (sieben) bekannt geworden, von denen drei (b. bl und b 11) aus der Hüfte entspriagen und sich durch die Hüfte, das (wenn es vorhanden ist) kleine schmale erste Telopoditglied, (das keine directen Muskeln besitzt) und das erste grössere Telopoditglied (welches fast immer directe Muskeln besitzt) erstrecken und sich am Grunde des zweiten grösseren Telopoditgliedes befestigen. Der vierte Muskel (br Abb. 6) fehlt meistens, hat denselben Verlauf wie die drei vorigen, kommt aber schon aus dem Rumpfe (Steniit). Der fünfte Muskel (b 2 Abb. 7) hat denselben Verlauf wie die drei ersten, zieht aber noch um ein Glied weiter, also an den Grund des dritten grösseren Telopoditgliedes. Ausserdem giebt es noch zwei grund- wärtige Brückenmuskeln (coxotrochanterale), welche hier und da vorkommen, welche aber nur bis an den Grund des ersten grösseren Telopoditgliedes gelangen und von denen der eine (tm Abb. 7 bei Folyxenus) von der Hüft- leiste L entspringt, der andere bei Folysonitim entweder vom Sternitrande (tm 1 Abb. 4) oder dem Sternitknoten k (cm Abb. 3). b) Endwärtige Brückenmuskeln (distale) giebt es drei, welche in der Folge von grund- nach endvvärts hinter einander liegen und von denen der erste b 3 und dritte b 4 zw-ei Glieder durchziehen, der mittlere b 44 aber drei Glieder. Der grundwärtigste b 3 derselben drei Muskeln liegt im zweiten und dritten grösseren Telopodit- glied (den kleinen Trochanter ohne directe Muskeln abge- rechnet), der endwärtigste b 4 im dritten und vierten Telopoditglied und der mittlere b 44 im zweiten, dritten und vierten grösseren Telopoditglied. Die drei grundwärtigen, hcäufigsten Brücken- muskeln, welche die Hüfte, den kleinen Trochanter und das erste grössere Telopoditglied durchziehen und am Grunde dos zweiten sich anheften, liegen also vollkommen proximalwärts von den end- 3(3 Gesellschaft nafurforschender Freunde^ Berlin. wärtigen Briickenmuskeln, d. h. nicht mit ihnen in einem Gliede neben einander, was ein wichtiger Unter- schied ist von den Opistlio(joneata, wo das grundwärtige der von den grossen distalen Brücl\enniuske]n durchzogenen beiden Glieder zugleich das endwärtigste Glied ist der von den grundwärtigen Brückenmuskeln durchzogenen Glieder. Mit andern Worten: Bei den Opisthogoncata greifen griind- und endwärtige Brückenmuskeln im Bereiche eines Gliedes (und zwar des Praefemur) über einander weg, während bei den Frogoneata die endwärtigen Brücken- muskeln vollkommen distal hinter den grundwärtigen liegen (ausgenommen den selten vorkommenden Muskel b 2, der aber vier Glieder durchzieht und aus der Coxa stammt, übrigens neben den andern grundwärtigen Brücken- muskeln vorkommt). Die endwärtigen Brückenmuskeln bieten uns aber noch ein anderes Verhalten, was den Opisthogoncata gegenüber einen wichtigen Unterschied darstellt, nämlich die schon erwähnte Lage hinter einander, während sie bei den Opisthogoncata neben einander vorkommen. Während also der grosse (endwärtige) Brückenmuskel der Opistho- goncata m den beiden Gliedern proximal vor dem den letzten (endwärtigsten) Krallenmuskel enthaltenden Gliede liegt, giebt es bei den Progoneata einen solchen Muskel zwar auch und das ist b 3 [der grundwärtigste der end- wärtigen Brückenmuskeln], aber die beiden andern, weiter end wärts liegenden b 4 und b 44 fehlen den Hexapoda durchgehends, den Chilopoda wenigstens b 44. Was die Verbreitung der Brückenmuskeln angeht, so kommen wir im Allgemeinen zu einem sehr ähnlichen Ergebniss wie bei den Opisthogoncata, indem nämlich die Brückenmuskeln im Allgemeinen um so mehr verschwinden, je abgeleiteter die betreffende Gruppe ist. Die niedrig stehenden Folyxcnus z. B. besitzen fünf Brückenmuskeln, die Poly^onium vier bis fünf, die Lysiopetaliden, welche Grundlagen für verschiedene derivatere Gruppen bieten, haben sogar bis sechs Brücken- Sitzmuj vom. 10. Februar 1903. 87' muskeln, Craspedosomideu häufig vier, Pauropodeii drei bis vier, dagegen Polydesiniden drei und oft nur zwei. Juliden nur zwei. Noch deutlicher werden diese Gegensätze, wenn wir allein die grund wärtigen Brücken- muskeln ins Auge fassen, da es besonders diese sind, welche bei den höheren Gruppen wegfallen, es haben nämlich an diesen die Polyxeniden 4, Lysiopetaliden 2 — 3, Polyzoniiden 2—3, Craspedosomideu 1—3, Paui'opoden 2. Glomeriden 1, Polydesmiden 0 — 1, Juliden 0. III. Die directen Muskeln treten in sehr ver- schiedener Anzahl auf. sind auch niemals alle zugleich bei einer bestimmten Form anzutreffen. Ganz allgemein gültig jedoch ist ihr Fehlen im letzten Gliede und im ersten des Telopodit. vorausgesetzt, dass dies ein schmaler Ring ist und zugleich drei seitliche Ge- lenkknöpfe vorkommen (vergl. Abb. 1 und 7) (fehlt der schmale Eing, so kommen nur zwei seitliche Gelenkknöpfe vor). Die Hüfte enthält stets wenigstens zwei directe Muskeln, welche sich an den Grund des ersten grösseren Telopoditgliedes heften und hier nicht als Brückenmuskeln aufgeführt werden, weil das kleine Ringglied häufig fehlt. Im Telopodit können dann weiterhin vier Segmeute directer Muskeln vorkommen, von denen das letzte (welches sich also im vorletzten Gliede befindet) selten vorkommt. Auch das vom Grunde aus dritte Segment directer Telo- poditmuskeln (das übrigens von mir nur rückenwärts d. h. als Extevsor angetroffen worden ist) kommt nicht häufig vor, wurde anbei aber in Abb. 10 von Stroncjulosoma und AUopauropiis abgebildet. Die directen Muskeln des ersten und zweiten grösseren Telopoditgliedes (prf und fe) sind fast immer gut ausgebildet, oft sowohl Extensoren als auch Flexoren, oft auch nur einer von beiden, während im ersten dieser beiden Glieder noch ein seitlicher Muskel vorkommen kann^) (Folydenms). An den beiden vordersten Bein- ^) Von I*(»RMEK i'iclitig nachgewiesen bei iUyriciis Verh. gß Gesellschaft naf urforschender Freunde, Berlin. wältigen Briickenmuskeln, d. h. nicht mit ihnen in einem Gliede neben einander, was ein wichtiger Unter- schied ist von den Opisthogoneata, wo das grundwärtige der von den grossen distalen Briickenmuskeln durchzogenen beiden Glieder zugleich das endwärtigste Glied ist der von den grundwärtigen Briickenmuskeln durchzogenen Glieder. Mit andern Worten: Bei den Oxnsthogoncata greifen grund- und endwärtige Briickenmuskeln im Bereiche eines Gliedes (und zwar des Praefemur) über einander weg, während bei den Progoncata die endwärtigen Brücken- muskeln vollkommen distal hinter den grundwärtigen liegen (ausgenommen den selten vorkommenden Muskel b 2, der aber vier Glieder durchzieht und aus der Coxa stammt, übrigens neben den andern grundwärtigen Brücken- muskeln vorkommt). Die endwärtigen Brückenmuskeln bieten uns aber noch ein anderes Verhalten, was den Opisthogoneaia gegenüber einen wichtigen Unterschied darstellt, nämlich die schon erwähnte Lage hinter einander, während sie bei den Opisthogoneata neben einander vorkommen. Während also der grosse (endwärtige) Brückenrauskel der Opistho- goneata in den beiden Gliedern proximal vor dem den letzten (endwärtigsten) Krallenmuskel enthaltenden Gliede liegt, giebt es bei den Progoncata einen solchen Muskel zwar auch und das ist b 3 [der grundwärtigste der end- wärtigen Brückenmuskeln], aber die beiden andern, weiter endw'ärts liegenden b4 und b 44 fehlen den Hexapoda durchgehends, den Chilopoda wenigstens b 44. Was die Verbreitung der Brückenmuskeln angeht, so kommen wir im Allgemeinen zu einem sehr ähnlichen Ergebniss wie bei den Opisthogoneata, indem nämlich die Brückenmuskeln im Allgemeinen um so mehr verschwinden, je abgeleiteter die betreffende Gruppe ist. Die niedrig stehenden PoJgxcnus z. B. besitzen fünf Brückenmuskeln, die Polysonium vier bis fünf, die Lysiopetaliden, welche Grundlagen für verschiedene derivatere Gruppen bieten, haben sogar bis sechs Brücken- SitZH)i(j rotit 10. Februar 1903. gj. muskeln, Craspedosomiden häufig vier, Pauropodeu drei bis vier, dagegen Polydesmiden drei und oft nur zwei. Juliden nur zwei. Noch deutlicher werden diese Gegensätze, wenn wir allein die grund wärtigen Brücken- muskeln ins Auge fassen, da es besonders diese sind, welche bei den höheren Gruppen wegfallen, es haben nämlich an diesen die Polyxeniden 4, Lysiopetaliden 2 — 3, Folyzoniiden 2—3, Craspedosomiden 1—3. Pauropoden 2, Glomeriden 1, Polydesmiden 0 — 1, Juliden 0. III. Die directen Muskeln treten in sehr ver- schiedener Anzahl auf. sind auch niemals alle zugleich bei einer bestimmten Form anzutreffen. Ganz allgemein gültig jedoch ist ihr Fehlen im letzteu Gliede und im ersten des Telopodit. vorausgesetzt, dass dies ein schmaler Ring ist und zugleich drei seitliche Ge- lenkknöpfe vorkommen (vergi. Abb. 1 und 7) (fehlt der schmale Eing, so kommen nur zwei seitliche Gelenkknöpfe vor). Die Hüfte enthält stets wenigstens zwei directe Muskeln, welche sich an den Grund des ersten grösseren Telopoditgliedes heften und hier nicht als Brückenmuskeln aufgeführt werden, weil das kleine Ringglied häufig fehlt. Im Telopodit können dann weiterhin vier Segmente directer Muskeln vorkommen, von denen das letzte (welches sich also im vorletzten Gliede befindet) selten vorkommt. Auch das vom Grunde aus dritte Segment directer Telo- poditmuskeln (das übrigens von mir nur rückenwärts d. h. als Exteiisor angetroffen worden ist) kommt nicht häufig vor, wurde anbei aber in Abb. 10 von Strongulosoma und Allopauropus abgebildet. Die directen Muskeln des ersten und zweiten grösseren Telopoditgliedes (prf und fe) sind fast immer gut ausgebildet, oft sowohl Extensoren als auch Flexoren, oft auch nur einer von beiden, während im ersten dieser beiden Glieder noch ein seitlicher Muskel vorkommen kann^) ( PoJydemus). An den beiden vordersten Beiu- ^) Von Ijörneu richtig nachgewiesen bei illyrUit.s Yerh. gg Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. paaren, die immer mehr oder weniger von den übrigen abweichen, beobachtete ich bei JDorypetalum (Abb. 2) und Odontopyge (Abb. 13) das vollständige Fehlen der directen Muskeln des ersten grösseren Telopoditgliedes. Von denen des zweiten Telopoditgliedes ist besonders oft der Flexor allein kräftig entwickelt, z. B. bei Folydesmus (Abb. 11) und bei Glomeris nebst Typlüoglomeris (Abb. 12). Dieser Flexor im dritten Segment directer Beinmuskeln liegt stets in dem grundwärtigen der beiden Glieder, welche der grundwärtigste der distalen Brückenmuskeln durchzieht. Nach dieser Erörterung der drei Beinmuskelsysterae sind wir in die Lage gesetzt, die einzelnen Beinglieder ganz scharf charakterisiren zu können und damit, ähnlich den Opisthogo7ieata ein Muskelhomologlegesetz für die Proyoneata oder doch zunächst jedenfalls für die Diplo- poda aufzustellen. ^) Die Coxa wurde schon oben erörtert und für die weiteren Beinglieder gebrauche ich in der Folge von grund- nach endwärts dieselben Bezeichnungen wie bei den Opisthogonedtd , so weit das möglich ist, also Trochanter, Praefemur, Femur, Tibia und Tarsus. Da nun aber, gegenüber den Opisthogoneata die Pro- goneata meist ein muskelführendes Telopoditglied mehr besitzen (von dem Trochanter der Opisthogoneata, der nur bei Geophiliden einen Seitenmuskel besitzt, nie aber Extensoren oder Flexoren, ist natürlich abzusehen), so erhebt sich die Frage, wie dies zu benennen sei. An und für sich ist das gleichgültig, aber ich werde eine Be- zeichnung wählen, die mir der Lage und den Muskeln dieses Gliedes gemäss erscheint. Bei einem Vergleich der Pro- und Opisthogoneata ersehen wir zunächst, dass das erste Glied die Coxa und das letzte (seltener die letzten) muskellosen d. h. Tarsus, einander entsprechen. Das kleine auf die Hüfte folgende, muskellose Glied der Pro- goneata entspricht zwar nicht seiner Entstehung nach, wohl aber nach Muskellosigkeit, Lage und Funktion dem Trochanter der Opisthogoneata, weshalb ich es auch Trochanter nenne, wie es bisher schon meist (nicht ') Auf die Pauropoden und Symphylcn komme icli weiterhin zurück. Sitzmuj vom 10. Februar 190S. 89 immer!) richtig geschehen ist. Das erste grössere Telopoditglied, bei Fro- und Opisthogoneata über- einstimmend die letzten Strecken fast aller griind- \v artigen Brückenmiisk ein enthaltend, kann daher auch als bei beiden homolog erachtet und ebenfalls Praefemur genannt werden. Gleichfalls homolog für beide grossen Gruppen ist die Tihia als letztes muskelführendes und zwar die distalsten Krallenrauskeln enthaltendes Glied, beiProgoneaten mit eingliedrigemTarsus stets das vorletzte. Somit bleiben zwischen Praefemur und Tibia bei Progoneaten noch zwei Glieder übrig, wäh- rend es deren bei Opisthogoneaten nur eins giebt. Eins dieser beiden Glieder der Diplopoden und zwar das proximale können wir jedenfalls Femur nennen, obwohl es dem Femur der Opisthogoneata nicht homolog ist, da es eine, wie schon gesagt, abweichende Muskulatur aufweist. Die Lage und Funktion ist aber eine ähnliche und da es sehr oft auch durch seine Grösse ausgezeichnet ist (vergl. Abb. 1, 2, 11, 12. 13), namentlich dem fraglichen, weiter folgenden Gliede gegenüber, so kann über die Be- rechtigung dieses Gliedes als Femur kein Zweifel bestehen. Das Glied endlich, welches zwischen Femur und Tibia übrig bleibt, muss einen neuen Namen erhalten und ich bezeichne es als Postfemur. Mit der Praetibia der Epimorphen-Endbeine kann dasselbe nicht gut verwechselt werden, da es das mittlere der drei Glieder ist. welche die endwärtigen Brückenmuskeln enthalten, was für jene Glieder der Epimorpha-Endbeine nicht gilt. An typischen Diplododen - Beinen kommen folgende Muskeln immer vor (soweit die Thatsachen bekannt sind), 1. Ein distaler Krallenmuskel (km) bei der ge- wöhnlichen Zahl von sieben Beingliedern (ohne Krallen) im vorletzten Gliede. jedenfalls immer im letzten überhaupt Muskeln führenden (bei dem selteneren Falle von acht Beingliedern also im drittletzten Gliede). 2. Der distalste der drei endwärtigen Brücken- muskeln (b 4). welcher bei sieben Beingliedern stets durch das dritt- und zweitletzte Beinglied zieht, jeden- falls immer im voiietzten und letzten muskelführeudeu. 90 Gesellschaft naturfor sehender Freunde, Berlin. 3. Ein bei niederen Formen schwacher, höheren aber mehr oder weniger starker, directer unterer Muskel, welcher bei sieben Beingliedern stets im zweiten grösseren Telopoditgliede liegt und zugleich stets vor dem grund- wärtigen der beiden Glieder, welche den vorerwähnten Muskel b4 enthalten, immer also im drittletzten der muskel- führenden Glieder. 4. Diese drei Constanten habe ich in Abb. 16 als die quergestrichelten Muskeln km, b 4 und d schematiscli vor- geführt, zu denen dann noch als vierter wahrscheinlich eben- falls constanter b3 kommt! Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die drei Muskeln km, b 3 und d zu ein- ander in demselben Lageverhältniss stehen wie ent- sprechende bei Opisthogoneaten, was besonders für Insekten auffallend ist (dort also endwärtiger Krallen- muskel, grosser Brückenmuskel und schräger oder unterer directer Praefemurmuskel). Trotzdem kann keine voll- ständige Homologie zwischen den Beinen der Opistho- und Progoneaten festgestellt werden, einmal weil wir noch den anderen endwärtigen Brückenmuskel b 4 haben, \) der jeden- falls für die Chilognathen constant ist und bei den Pselaphognathen, wo die Beobachtung schwierig ist, vielleicht noch gefunden wird, der aber von den Opistho- goneaten allgemein unbekannt ist, sodann wegen des ge- schilderten Verhaltens der endwärtigen Brückenmuskeln, die bei Progoneaten grundwärts nicht über das Gelenk x der Abb. 16 hinausgehen (b), während sie bei d(i]i Opistho- yoneatciFemm und Praefemur durchziehen, also vom Gelenk y an über x hinausreichen. Das Postfemur ist nun offen- kundig als eine endwärtige Abschnürung des Femur entstanden, womit sehr schön die Thatsache harmonirt, dass wir die allmälige Vergrösserung der directen Mus- keln des Femur innerhalb der Diplopoden verfolgen können von den primitiven zu den aberranteren Formen, man vergl. z. B. PoJyxcnus (Abb. 8) und PoJyso- nium (Abb. 4) mit Polydcsmus (Abb. 11) und Juliden (Abb. 14). ') Niclit selten auch iloii Miiskol h 44. Sitznng mw 10. Februar 1.903. Dl Ich gebe hier jetzt in GegenüberstelluDg die xMuskel- homologiegesetze für Opistho- und Proyoneata, wobei icli bemerke, dass das Gesetz für die OpistJioyoneata in gleichem Wortlaut auch in den Nova Acta, Halle, veröffent- licht wird: Progotieata (Diplopoda, Sym2)hyla, Fauropoda). § 1. Der Tarsus ist ein- oder zweigliedrig und euthält niemals Mus- keln, ist aber von der Klauensehne durchzogen. §2. Die Tibia enthält, mögen ein, zwei oder dr eiKr allen mus kein vor- handen sein, stets den endwärtigsten derselben [selten directe Muskeln], (fast) immer die End- hälfte eines distalen Brückenmuskels. § 3. Das Postfemur [welches alle typischen Di- plopoden - Beine besitzen, nicht aber diejenigen der Pauropoden und Sym- phylenj existirt. wenn es fünf muskeltragende Beinglieder giebt^j immer und enthält, wenn zwei oder drei Krallenmus- keln vorkommen, den vorletzten derselben. ^) In den seltenen und nur von den beiden ersten Beinpaaren be- kannten Fällen, wo nur vier muskeltragende Glieder vorkoumien, existirt das Postfemur dennoch, wenn der Trochanter fehlt und das vom Grunde aus zweite Beinglied keine directen Muskeln besitzt. OpistJiof/oneata (Hexapoda und Chilopoda). § 1. Der Tarsus ist ein- oder mehrgliedrig und enthält niemals Muskeln, ist aber von der Klauensehne durch- zogen. § 2. Die Tibia ent- hält, wenn zwei oder mehr Krall enmus kein vorhanden sind, stets den endwärtigen (distal- sten) derselben [ausser- dem häufig directe Mus- keln], niemals aber Brückenmuskeln. — Ein Postfemur fehlt. -I 92 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. § 3. Das Femur ent- hält, wenn zwei oder mehr Kralleumuskeln vorhanden sind. im ersteren Falle den grimd- w^ärtigen (proximalen), im letzteren Falle den vorletzten derselben, ausserdem stets die end- wärtige Hälfte des oder der endwärtigen (dista- len) Brückenmuskeln Wenn es zwei oder drei endwärtige Brückenmus- keln giebt. enthält es die Grundhälfte des distalen derselben und die Endhälfte des proxi malen, letztere immer nanrentlich auch dann wenn überhaupt nur ein endwärtigerBrückenmus kel vorkommen sollte Von den grundwärtigen Brückenmuskeln reicht keiner in das Postfemur. § 4. Das Femur ent- hält, wenn fünf muskel- führende Glieder und ein oder zwei Krallenmus- keln vorkommen, keinen derselben, wenn drei Krallenmuskeln vorkom- men und fünf muskel- führende Glieder den proximalsten derselben. Kommennur vier mus kel - führende Glieder vor [und fehlt das Post- femur], so besitzt das Femur den proximalen Krallenmuskel. Stets ent- hält dasFemur die Grund - hälfte eines endwärti- gen Brückenmuskels und zwar, wenn nur einer vorkommt. eben von diesem, wenn zwei oder drei vorkommen, stets den proximalsten der- Sitzung vom W. Februar 1903. 03 § 4. Das Praefemur enthält, wenn zwei Kral- lenmuskeln vorkommen, keinen derselben." wenn mein' vorkommen, ent- liält es einen derselben und zwar bei drei den grund wärtigen, bei vier den zweiten derselben vom Grunde aus. Stets enthält es die grund- wärtige Hälfte des oder der endwärtigenBrücken- muskeln. Kommengrund- wärtige Briickenmuskeln vor, so befinden sich die eudwärtigsten Stücke derselben stets im Prae- femur. § 5. Der Trochanter enthält, wenn zwei oder dreiKrallenmuskeln vor- kommen, keinen dersel- selben') [Bei Diplopoden enthält das Femur stets wenigstens einen directen Muskel]. § 5. Das Praefemur besitzt niemals Krallen- muskeln und niemals endwärtige Brüciienmus- keln, es ist mit wenig- stens einem directen Muskel versehen, wenn nicht (vergl. die zwei vor- deren Beinpaare. Abb. 2 z.B.) dann giebt es in der Bein- grundhälfte nur zwei (2 -f 2) seitliche Gelenk- knöpfe an zwei Gliedern, statt der gewöhnlichen drei. Wenn grundwärtige Brückenmuskeln vor- kommen, durchziehen dieselben stets auch das Praefemur. Dieses wird von der Hüfte entweder durch ein schmales, stets muskelloses und 1 — 2 seitliche Gelenkknöpf- chen führendes Glied ge- trennt oder stösst, wenn dieses fehlt, unmittelbar an die Hüfte. § 6. Der Trochanter enthält niemals Krallen- muskeln, niemals end- wärtige Brückenmuskeln ') Die kleinen Gruppen der Pauropoden und Symphylen verhalten- sicli ein wenig anders in ihren Brüclienniuskeln als die Diplopoden, worauf ich noch zurückkomme, entsprechen aber auch diesem Gesetz. 94 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. und niemals directe Mus- keln, entbehrt also einer eigenen Muskulatur. Wenn er fehlt, giebt es in der Grundhälfte des Beines höchstens zwei (2 + 2) seitliche Gelenk- knöpfe, wenn er vor- kommt deren drei, (34-3) auch ist dieses Glied stets klein und geht nicht über das Ringartige hinaus. ben, wenn vier vorkom- men, den grundwärtig- stendieser. Erhatanden endwärtigen Brücken- muskeln keinen Antheil [oder doch nur dann (Chilo- poda). wenn der grosse Brückenmuskel einen drei Glieder durchziehenden Nebenmuskel aufweist]. Kommen grundwärtige (proximale) Brücken- muskeln vor, so ziehen sie stets auch durch dieses Glied, welches, wenn es vorkommt, stets das nächste hinter der Coxa ist und höchstens einen (seitlichen) directen Muskel enthält, meist aber überhaupt keinen. Hiermit sind auch die wächtigsten Unterschiede zwischen den Beinen der Pro- und Opisthogoneata hervorgehoben. Man wird bemerken, dass in diesen Uebersichteu die Be- stimmung der Glieder allein aus ihrem gegenseitigen Lagever- hältniss eine sehr geringe Rolle spielt, was eine Haupt- stärke dieser Begriffs- Aufstellungen ist. zumal man bisher bei den Antennaten meist annahm, dass neue Glieder nur am Ende auftreten, während am Telopodit thatsächlich die jüngeren Glieder sowohl am Grunde, als am Ende, als in der Mitte auftreten können. Während ich bei den Opisthogoneata vier Beinglieder als ältere nachgewiesen habe^) (nämlich Coxa. Praefemur. Femur und Tibia), beobachten wir deren bei den Pro- goneata fünf, nämlich Coxa, Praefemur. Femur. Tibia und Tarsus, ein Umstand, der mit der geschilderten Be- ^) Ich verweise hinsichtlich (h'S Tarsus ;iber auf ineiiien satz in den Nova Acta. Auf- ISUznny roin 10. Febnuir I!J()3. 95 «chaffoüheiL der eodwärligen ßriickeüimiskeln in Zusammeu- hang steht, indem sich an den Grund des Tarsus ein end- wärtiger (bei den Opisthogoncata fehlender) Briickenmuskel anheftet (b 4), der mit seinem Nachbarn b3 sich halb über- greifend eine gemeinsame Entstehung voraussetzen könnte, da sie die Gelenlve. (iber welche sie hinwegziehen, nur in einer Zeit überschreiten konnten, wo dieselben als solche noch nicht bestanden. Da aber das Postfemur der Chilognatha an seinem Grunde niemals einem Brückenmuskel Ansatz gewährt, der Muskel b 3 also, nach Einschnürung des Ur-Femur in Femur und Postfemur sekundär aus einem directen zu einem in- directen Muskel wurde, ist der Brückenmuskel b4 älter als b3 und somit der Tarsus unzweifelhaft eines der älteren Beinglieder der Progoneata. Wir kennen auch kein Laufbein, an welchem er fehlte. Progoneata: a) ältere Beinglieder: ') Coxa, Praefemur, Femur, Tibia und Tarsus [Tibiofemur!]. b) jüngere Beinglieder: Trochanter, Postfemur und Tarsusabschnitte. 1. Der Trochanter ist als jüngeres Beinglied charakterisirt durch seine Muskellosigkeit und sein nicht seltenes Fehlen, namentlich an den beiden ersten Bein- paaren. ') Wollen wir noch weiter zurückgehen, so lässt sich leicht zeigen, dass von diesen fünf älteren Beingliedern eines entschieden jünger ist als die vier anderen, also ein mittel altes Glied genannt werden könnte (worauf ich in einem siDätcreii Aufsatz zurückkommen möchte). Es betrifft das die Tibia, welche durch Einschnürung des Tibio- femur'[in Femur und Tibia entstand Nach Wegfall des directen Femurmuskels und seines Gelenkes erhält man in b3, wie schon ge- schildert, einen directen . Muskel. Der Muskel b4 konnte aber ent- stehen, wenn das Gelenk, an welches sich der Muskel b3 heftet, noch nicht existirte. fDieser ist also nicht älter. Denken wir uns ihn fort, in- dem wir ihn durch ein abgespaltenes Muskelsegment, nämlich den directen Tibialmuskel zu einem Muskel b 44 ergänzen, was der Ur- zustand der endwärtigen Brückenmuskeln ist, so haben wir das Tibio- femur. Der directe Muskel des Femur setzt nur das Gelenk voraus, welches er bedient. b4 setzt ebenfalls dieses Gelenk voraus. Der sprechendste Hinweis auf das Tibiofemur ist b 44. 96 Gcsellscliaft naturforschender Freunde, Berlin. 2. Der durch EiQschuüriing des Tarsus entstehende zweite Tarsus ebenfalls durch Muskellosigkeit und sein Vorkommen nur in einzelnen Gruppen. 3. Das Postfemur ist zwar allgemein bei den Diplo- poden verbreitet, fehlt aber den kleinen Klassen der Symphylen und Pauropoden (Abb. 15), ausserdem gehen an seinen Grund keine Brückenmuskeln, sondern nur directe, die also nach Entstehung dieses Gelenkes auftreten konnten, da sie nur dieses Gelenk, aber keine andern zur Voraussetzung haben. Nur bei Polyxenus konnte ich einen Brückenmuskel (b 2 Abb. 7) nachweisen, welcher am Postfemurgrunde wirkt. Derselbe lässt sich aber viel- leicht so erklären, dass er von vornherein etwas über den Femurgrund hinausging, wie das thatsächlich für den den Femur bedienenden Muskel bl gilt, welcher an der Leiste L angeheftet ist und dass er dann sekundär, bei Einschnürung des Femur in zwei Glieder an das neue Gelenk zu liegen kam. Das Verhalten des Muskels bl weist geradezu auf diese Erklärung hin und entspricht vollkommen den ge- schilderten Verhältnissen bei Chilognathen. In einem be- sonderen Aufsatze werde ich zeigen, dass in gewissen ab- geleiteten Verhältnissen das Postfemur auch bei Diplopoden fehlen kann. Ich komme schliesslich noch auf die Pauropoden und Symphylen. Für die Pauropoden haben wir eine Abbildung der Muskulatur zuerst durch Silvestei erhalten (vergl. Abb. 15), welcher das Praefemur als „Trochanter" bezeichnet. Eine andere Abbildung lieferte Bökneu (No. 9 d. Z), ohne die genannte von Silvestri, welche den grundwärtigen Brückenmuskel bl gut erkennen lässt, berücksichtigt zu hahen Börner lieferte auch zwei dankenswerthe Abbildungen der Scolopendrella-'QQme. hat aber deren Glieder am „Vorderbein" nicht richtig ge- deutet. Er nahm eine Verschmelzung von Tibia und Tarsus au („„Tita""), während ein Vergleich seiner eigenen Ab- bildungen mit Leichtigkeit lehrt, dass thatsächlich eine Verschmelzung von Tihia und Femur erfolgt ist! Durch diese Verschmelzung sind beide Krallenmuskel in Sitziüuj ruin 10. Februar WU3. 97 eiu (Jlied gekoinmeu. währcud sie bei seiner Auiuihine docii miüdesteus mit einem Bündel in der „Tita" angetroffen werden müssten, was aber natürlich nicht der Fall ist. Pauropoden und Symphylen zeigen in ihrer Organi- sation eine eigenthümliche Mischung primärer und sekun- därer Charaktere. Wir sehen, dass die Beine der Pauro- poden mit dem zweigliedrigen Tarsus (Abb. 15) etwas entschieden Sekundäres darstellen, wofür auch die im Ver- gleich mit den meisten Diplopoden keineswegs einfachen Krallen sprecjien, während das Fehlen des Trochanter so- wohl primär als sekundär aufgefasst werden kann. Die Beine der Pauroden und Symphylen sind einander homolog, dagegen la'ssen sie sich weder mit den Opisthogoneata noch Biplopoda in voll- kommene Homologie bringen. Von den Opisthoyoneata trennt sie der endwärtige Brückenmuskel b4, Abb. 15). welcher bei diesen Micro- progoneata neben dem distalsten Krallenmuskel liegt, bei den Opisthogoneata liegen dagegen die endwärtigen Brückeiimuskeln vor dein distalsten Krallenmuskel. Mit den Diplopoda dagegen stimmen sie in dieser Hinsicht überein, besitzen aber (nach Börner) einen Brückenmuskel, welcher Praefemur und Femur durchzieht und den Diplopoda fehlt. Auch diesen Muskel hat SiLVESTRi zuerst abgebildet. Die Existenz dieses Muskels steht in enger Beziehung zum Fehlen des Postfemur bei den 3Iicro2)rogoneata. Trotz dieser bemerkenswertheu Unterschiede habe ich oben im Muskelhomologiegesetz der Progoneata die Micro- progoneata mit berücksichtigt. Für alle krallenführenden tyj)ischen Laufbeine mit mindestens vier Gliedern lässt sich folgendes all- gemein für die Äntennata gültige Gliederbestimmungsgesetz geben: Der distalste Krallenmuskel charakterisirt die Tibia. Was proximal hinter der Tibia und vor der Anheftungsstelle der Krallensehne liegt, ist Tarsus. Die Hüfte isi; das grundwärtigste, stets 98 Gesellschaft naturforschender Freiende, Berlin. au (las Sternit grenzende Bciugiied. Zwischen Coxa und Tibia giebt es bei Diplopoden drei bis vier, bei andern Antennaten höchstens drei Glieder. Giebt es bei Diplopoden vier Glieder, so sind es grundwärts ein kleines, muskelloses, der Trochanter und dann drei grössere Femoralia, nämlich Prae- femur, Femur und Postfemur, giebt es drei Glieder, so sind es die drei letzteren. Bei den anderen An- tennaten sind es, wenn drei Glieder zwischen Coxa und Tibia liegen, erst ein kleines, meist muskelloses, der Trochanter, dann zwei grössere, Praeferaur und Femur. Wenn zwei Glieder zwischen- liegen, sind es Praefemur und Femur, wenn nur eins zwischen Coxa und Tibia vorkommt, ist es das Femur. [Sehr selten kommt ein Vereiutsein von Tibia und Femur oder Tibia und Tarsus vor, in welchen Fällen die obigen Muskelhomologiegesetze zur Entscheidung führen.] Sollten sich noch Fälle nachweisen lassen, in welchen sich der distalste Krallenmuskel anders verhält als das Gesetz augiebt. so würde das eine Modifikation nicht aber eine Aufhebung desselben bewirken können. Bisher aber sind solche Fälle nicht bekannt geworden. Oben habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die beiden vordersten Beinpaare der Progoneaten, namentlich der Diplopoden, manche interessante Eigenthümlichkeiten aufweisen und hoffe in einem späteren Aufsatze darauf eingehender zurückkommen zu können. Jetzt hebe ich nur hervor, dass die Unterschiede in der Praefemurmuskulatur. nämlich das Vorkommen von 0, 1, 2 oder 3 directen Muskeln sehr schön die allmälige Rückbildimg derselben zeigen und zugleich lehren, wie wenig darauf zu geben ist. dass bei dem Trochanter der OpisthoyonccWi ausnahmsweise (Geophiliden) auch mal ein Muskel zur Entfaltung gelangt, nur ist beim Praefemur der Progoneata die Muskel- losigkeit. beim Trochanter der Opisthoyoncata der Muskel besitz die Ausnahme. Ich glaube nun zur Genüge klargelegt zu haben, dass weit weniger das Vorkommen irgend eines Muskels Sitzung vom 10. Fehruar 1903. 99 Überhaupt, als die gesetzmässigen Lageverhältnisse der Muskeln zu einander von grundlegender Be- deutung sind. Als Belege für das Gesagte hätte ich statt der bei- gegebenen 2 Tafeln auch 20—30 von anderen Arten, Gattungen und Familien liefern können, ich l)egnüge mich hier damit, auf die grosse Zahl untersuchter Formen hin- zuweisen. Zum Schlüsse bleibt mir nichts Anderes übrig, als die Mittheilungen C. Börners in No. 9 d. Z. wenigstens so weit sie die Proyoneata betreffen, noch zu besprechen, obwohl sie im Wesentlichsten bereits durch das Gesagte berichtigt sind: [Ueber die Oplsthogoneata im 4. und 5. Aufsatz!] Einer seiner folgenschwersten Irrthüraer besteht darin, dass er (bei Chilopoden sowohl als auch Diplopoden) glaubt, die Verkümmerung der Krallenmuskeln geschähe vom Beinende aus, während sie thatsächlich von proxi- mal- nach distal wärts erfolgt, wie jeder aus meinen Abbildungen leicht ersehen kann. (Man vergl. z. B. Abb. 4, 12 und 14.) BöRNER hat daher den endwärtigsteu (Krallen- muskel des „Tarsus I" für einen „accessorius" gehalten, während in Wirklichkeit dieser der constante und der des Femur und Postfemur schwankend sind. Hinsichtlich des Trochanter („Complementärringes") von Polyxenus will BöRNER „noch keine Klarheit gewonnen" haben. In- dessen liegen bei dieser Form die Verhältnisse dieses]Gliedes nicht wesentlich anders als bei andern Diplopoden. Wir haben uns nur zu vergegenwärtigen, dass während bei andern Diplopoden die ganze Wandung der Beinglieder (namentlich durch Unterstützung von abgelagertem Kalk) eine recht feste ist, das Hautskelett der Polyxeniden ein zartes ist. Daher bemerken wir bei diesen au der Hüfte, Trochanter, Praefemur und Femur vorne eine Verdickungs- leiste\) (L Abb. 7 und 8), welche einem Theil der Muskeln zum Ansatz dient und zugleich die drei bekannten seitlichen ') Die ich auch schon J896 in No. .500 des Zoolog. Anzeigers erörtert habe. 100 Gesellschaft naturtorschcnder Freunde, Berlin. Gelenkknöpfe der Diplopoden bildet, zwischen Coxa und Ti'ochanter, Troclianter und Praefemur und zwischcm diesem und dem Femur. Im Femur endet die Leiste, ohne dessen Ende zu erreichen. Die beiden Gelenliknöpfe des Troch anter charakterisiren denselben nun ebenso wie seine ringartige Kleinheit und das Fehlen der directen Muskeln als das Gebilde, welches in entsprechender Weise die andern Diplopoden haben. Aus dem Vergleich der Abb. 7 und 8 ersieht mau zugleich, dass auch bei Polyxenus die beiden vordersten Beinpaare durch das Fehlen des Trochanter ausgezeichnet sind, wie auch Börner angedeutet hat. Den tiefgreifenden Unterschied zwischen directen und iudirecten Beinmuskeln kennt Börner nicht, vielmehr sehen wir aus seinen Aeusserungen z. B. auf S. 217 „ich sah Fasern des Levator femoris bis in die Coxa gehen" und „bisweilen einen Theil des Depressor femoris durch die Coxa bis in den Rumpf verlaufen" u. dergl.. dass er hier nicht bemerkte, dass es sich um ganz ver- schiedene Muskeln handelte. In einer physiologischen Arbeit ist dergleichen unter Umständen erlaubt, nicht aber in einer vergleichend-morphologischen! Von den Krallen- muskeln giebt er den Fall des Vorkommens dreier für Polyxenus richtig au. nennt das aber „selten", indem er meine Arbeit „IX. Aufsatz'' der „Beitr. z. Kenntniss pal. Myriopodeu", Archiv f. Naturgesch. 1899, Taf. XIX. Abb. 4 nicht gekannt hat. wo für Hcterosonium carnio- lense Verh. (m. W. zum ersten Male) drei Krallenrauskeln nachgewiesen sind.') „Extensores (Tibiae und der folgen- den Glieder) fehlen zum Unterschiede von den Opistho- goneaten gänzlich" (Börmer^). Auch das ist unzutretfend, wie anbei die Abb. 9 und 10 zeigen, wo sowohl dem Femur als dem Postfemur ein sehr deutlicher Extensor zukommt. Solche Formen können nun immerhin übersehen werden, nicht übersehen werden brauchte aber ein für M Ein Buch, welches diesen Aufsntz enthiilt, liahe icli Börner damals selbst in die Hand gegeben! -') Börneh's „Tibia" entsi)iicht dem (iliede, welches ich anbei als Postfemur bezeichnet habe. Sitzung vom 10. Februar 1903. 101 Paiiropodeii bereit« von SiLviisiia nachgcwieseuei" Ex- teusor, den Abb. 15 zeigt. Dass eine „Variabilität der Miiskulatiir" wirklich be- steht, ist keine Frage, aber dieselbe bewegt sich in einem ganz bestimmten, gesetzmässigen Rahmen. Nach meiner Definition des Trochanter soll, schreibt BöuNEK, „nur den Diplopoden mit Complementärring ein Trochanter zukommen", was doch gar nicht richtig ist, da er nach meiner Definition zutreffend charakterisirt ist, indem er überall eigener directer Muskeln entbehrt, mit alleiniger Ausnahme der Geophiliden, bei denen der betreffende Muskel ein seitlicher ist. nicht aber ein typischer Flexor oder Extensor. Für Börner s Anschauungen charak- teristisch ist der Umstand, dass er seine „Betrachtungen über das phyletische Alter der Beinglieder" für Pro- und Opisthogoneata zugleich anstellt, während dieselben, wie ich gezeigt habe, überhaupt nicht homolog sind, seine Tabelle auf S. 225 aber ist unhaltbar aus einer ganzen Reihe von Gründen, die ich theils schon anführte, theils in den Nova Acta veröffentlichen werde, theils noch weiter- hin in einem späteren Aufsatz besprechen möchte. Den so- genannten „ Tibiotarsus " habe ich bei Myriopoden nirgends bestätigen können, auch nicht für die Vorderbeine von Scolopendrella. indem dort ein Tibio- femur vorliegt, was aus Bökner's eigenen Abbildungen zu ersehen ist! Diese Frage gehört aber hauptsächlich ins Hexapoden-Kapitel. (Vergl. meinen 4. und 5 Aufsatz.) Ebenso unhaltbar wie der „Tibiotarsus" ist der „Trochanterofemur" als älteres Beinglied. Für die Hexapoda habe ich das an anderer Stelle bewiesen und bespreche es jetzt noch für die Progoneatu. Börner ver- steht unter „Trochanterofemur" derselben eine Verschmelzung derjenigen beiden Glieder, welche ich Praefemur und Femur nenne. Obwohl er hierfür kein einziges richtiges und nur ein unrichtiges Beispiel im Bereich der Fro- goncata hat anführen können, wird doch auf S. 223 eine Betrachtung „über das Alter der Beinglieder der Ätcloce- rata'' angestellt und auf Grund von „5 Fällen" bewiesen (!) t02 Gesellschaft naturforschender Freu)ule, Berlin. „dass der Trochanter^) kein primäres, sondern erst ein sekundäres Beinglied ist". Von diesen ,,5 Fällen" ist No. 1 — 4 eine Vermengiing des Trochanter und Praefenmr, indem in No. 1 und 2 das Praefemur. in No. 3 und 4 der wirkliche Trochanter herangezogen sind. No. 5 ist eine Abnormität, die dadurch ei'möglichl wii-d. dass bei Orchesella an die Grenze zwischen Praefernjir und Femur keine grund- wärtigen Brückenmuskeln mehr ziehen' und die Beine dieser Thiere durch das Sprungvermögen an Bedeutung etwas verloren haben. Bei den Vrogoneata ist aber ein ,,Trochanterofemur''. also eine Vereinigung von Praefemur und Femur ebenso ausgeschlossen wie bei den Cliilopoden und Thiiscaiur en, denn gerade an der Grenze zw'ischen Praefemur und Femur liegen, wie meine Abbildungen zeigen (z B. Abb. 1), die Wirkungspunkte der meisten proximalen Brückenmuskeln. Ausserdem zeigen die hier befindlichen Gelenkknöpfe eine bemerkenswTrthe Con- stanz. Wie man zwischen „Femur" und „Tibia" (= Femur und Postfemur in meinem Sinne) ein „Kniegelenk'' suchen kann, wie es Böhmer in seiner Abb. r2a von Polydesmus illyricus durch einen „■^" markirt hat, weiss ich nicht. Ohne einen einzigen Anhaltspunkt (wie bei „Trochan- terofemur" der Progoncata) eine Hypothese (oder gar mehrere) in die Welt schicken, heisst gewiss nicht der Wissenschaft einen Dienst leisten!!! Erklärniig- der Abbilduugeu. Allgemein gelten folgende Abkürzungen : CO = Coxa. ta = Tarsus. tr = Trochanter. V = Bauchplatte. prf = Praefemur. k = Knoten derselben. fe — Femur. n = Beinnerv. pstf := Postfemur. coa = Coxalorgan. ti = Tibia. L = Muskelleisten. b 11 u. b 2 = grundwärt ige Brückenmuskeln, welche da femur durchziehen, tm und tni 1 = coxotrochanterale Brückenmuskeln , welche das Praefemur nicht durchziehen, br = grundwärtiger, aus dem Rumpf kommender Brücken- muskel, welcher ebenfalls das Praefemur durchzieht. ') Bei Progoneato gleich meinem Praefemur ta Z Ivn Tafel I. zu Seite 82. p'i- /cm. it pstf ^ ti ta pstf 5^^>^ ^l/t- i^a. km Tafel II. zu Seite .S2. CO ■\ /ß ^ ba 13 \\ Sitzung vom 10. Februar 1903. 103 1)3, 1)4 und b44 = eiuhvürtipo Brückenniuskeln, welche oiidwiirts hinter dem Praefemur liegen. b3 = femoraler cndwärtiger Brückenmuskel. b4 = tibialer endwärtiger Brückenmuskel, km, knil, km 2 = Krallenmuskeln (km = tibialer, km 1 — post- femoraler, km 2 = femoraler). Die directen, Muskeln sind meist nicht besonders bezeichnet. Tafel I. Abb. 1. Caüipus havmliyerus Verh. 8. Bein, Männchen. „ 2. Borypdalum degenerans Latz. 2. Bein, Männch. „ 3. Folijzoninm truussdvmucmu Verh. 1. Bein, Münnch. ,, 4. — hosniense Verh. 8. Bein, Männch. „ 4 a. Flatydesvnis typJdus Dad. Endhälfte des 7. Beines, Männch. „ 5. Mustigophoroi)]iyllon cirriferum Verh. 4. Bein, Männch. „ 6. Craspedosoma Canestrini Fedri. 1. Bein, Männch. „ 7u.8. Folyxenus lagurus (L.). 7. Das 5. Bein, Grundhälfte von vorn gesehen, 8. Das 1. Bein, von hinten gesehen. Tafel II. Abb. 9 u. 10. Strongylosoma italicum Latz. 9. ein 5. Bein, 10. ein 2. Bein des Männchens. „ 11. Folydesmus banaticus Dad. 8. Bein, Männch. „ 12. Typhlogloineris coeca Verh. Ein Laufbein. „ 13. Odontopyge Attemsi Verh. 1. Bein, Männch., Grundhälfte. „ 14. Typhloiulus psilonotus Latz. 2. Bein, Männch. „ 15. AUopauropua brevisetus SiLV. Ein Laufbein. [Alle Abbildungen sind original, nur Abb. 15 nach Silvestri, wo ich aber eine andere Bezeichnung beigesetzt habe.] Anmerkung: Herr Prof. Dahl hatte die Freundlichkeit, mir das Präparat eines Libellenlarven-Beines (Agrion) zu zeigen, in welchem die beiden Glieder zwischen Coxa und Femur sehr deutlich von einander ab- gesetzt zu sehen waren, ganz übereinstimmend mit dem, was ich in meinem 2. Aufsatz veröffentlicht habe. — Inzwischen konnte ich den echten Trochanter auch von einigen Käferlarven nachweisen, wovon sich die Herren Prof. Külbe und Dr. Obst an der Hand meiner Prä- parate ebenfalls überzeugten. Neuerdings habe ich Trochanter und Praefemur auch bei Trichopteren-Larven gesehen. R, Lauterborn zeichnet sie im Zoolog. Auz. Nr. 694 von Ithyirichia und zwar völlig unbeeinflusst, da er sie im Text überhaupt nicht erwähnt! Wenn nun von anderer Seite gegen den Trochanter der Libellen Einwendungen zu machen versucht wurde, so sind dieselben einmal schon halbe Zustimmungen und im Uebrigen haben sich die Zeugnisse für das neue Beinglied so gemehrt, dass ich in keine weitere Erörterung darüber eintrete, doch muss daran erinnert werden, dass Grünberg von der irrthümlichen Voraussetzung ausgeht, Börner habe „die Homologie der Beingliederung der Chilopoden und Insekten nachge- wiesen" vergl. dieses Heft S. 75). Denjenigen Fachgenossen, welche sich für die Beine der Ojojsit/io- und Proyoneata interessiren, empfehle ich mit Buntstiften auf den Tafeln die homologen Muskeln kenntlich zu machen. 104 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Herr W. BERGMANN sprach über ein Receptaculum seminis bei Octopus de-filippU und einige biologische Beobachtungen. Zwischen meinem in Neapel für meine Untersuchungen über das Ovarium und die Eibildung bei den Cephalopoden gesammelten Material befand sich auch ein Ovarium eines jungen Weibchens von Octopus de-fdippii. Da ich von dieser Art nur dies eine Stück besass und dasselbe dazu noch sehr klein war. verzichtete ich auf die makroskopische Präparation und zerlegte das ganze Organ in Schnitte. Schon bei der makroskopischen Betrachtung fiel mir an dem Oviduct. den ich zum Theil mit conservirt hatte, eine eigenthümliche, fast kugelige Aussackung desselben, dicht bei der Mündung des Oviductes in die Ovarialkapsel, auf. Dieser Körper hatte ungefähr V-* der Grösse des ganzen Ovariums. Anfangs schenkte ich ihm keine besondere Aufmerksamkeit, bei der Durchsicht der Schnittserie zeigte es sich jedoch, dass er im Inneren in lauter runde, follikel- artige Abtheilungen zerfiel (s. Textfigur). In der Mitte zwischen diesen Abtheilungen verlief ein Gang (od). Die Follikel, wenn ich die Abtheilungen so nennen darf, waren vollständig mit Spermatozoen erfüllt, die mit ihren Köpfen in dem Epithel, das die Follikel aus- kleidet, zu stecken schienen. Zunächst dachte ich an Hermaphroditismus, wies diesen Gedanken jedoch bald von mir und sah in diesem eigen- thümlichen Organ ein Receptaculum seminis. Wie die Durchsicht der Litteratur ergab, hatte ich mit letzterer Auffassung Recht. Brock (1. pag. 254) erwähnt bei Tremoctopus violaceus grosse Samentaschen, die er jedoch nicht näher beschreibt. Soviel ich aus seiner Arbeit zu ersehen glaube, hält er das Vorkommen von Samen- taschen überhaupt für charakteristisch für die Philo- nexiden. während er von ihrem Vorkommen bei den höher stehenden Octopoden nichts erwähnt. Rako- wiTZA (5.) fand bei Octopus vuU/aris an dem oberen Ende des Oviductes, jedoch dem Ovarium nicht eng an- liegend, eine Verdickung der Oviductwandiing (bulle). Die Sitzung vom 10. Fehruor 1903. 105 i ei. sp. l\ f ■■;■ -r^A: f: .0^. Querschnitt duicli dru Oviduct von Octopiis de-filippii, mit Anlage eines Keceptaculum seniinis. ei = Ei, f = Follikel, od = Oviduct, or.k = Ovarialkapsel, sp = Spermatozoon. — Vergr. 60. Spermatophoren drangen bis an den unteren Rand dieser Verdickung vor, nicht aber in diese hinein. Es mag sein, dass es sich auch hier um eine Art Receptaculum se- min is handelt. Das Receptaculum bei Octopus de-filippii be- steht aus mehreren schlauchförmigen Ausstülpungen des Oviductes. die wie dieser von einem einschichtigen Cylinderrepithel ausgekleidet sind. Die Mündung der 106 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Schläuche in den Oviduct ist enger als ihr Lumen, etwas weiter von ihrer Mündung enfernt. Sie sind rings um den Oviduct augeordnet, biegen dicht hinter ihrer Mün- dung um und verlaufen dann parallel zum Eileiter. Ob sie blind endigen oder an ihrem distalen Ende wieder in den Oviduct münden, konnte ich nicht erkennen. Ersteres scheint mir jedoch wahrscheinlicher zu sein. Ueberhaupt konnte ich wegen Mangels an Material nicht feststellen, ob dies Verhalten normal ist, oder ob ich nur eine Abnormität vor mir hatte. Der Umstand, dass Brock ebenfalls Receptacula fand, scheint mir für ein normales Verhalten zu sprechen. Die Wandung des central verlaufenden Oviductes ist gefaltet. Diese Falten sind wahrscheinlich Fortsätze der Falten der Ovarialkapsel , die nach der Mündung des Oviductes hin zusammenstrahlen und sich in diesen fort- setzen. Die Abbildung zeigt Letzteren zweimal getroffen und man ersieht hieraus, dass derselbe geschlängelt ist uud nicht in gerader Richtung verläuft, wie Brock es angiebt. Eine Bewimperung des Epithels, wie ich sie bei Deca- poden beschrieben habe, konnte ich, übereinstimmend mit Beoc'k, weder in dem Oviduct noch in der Ovarialkapsel auffinden. Die schlauchförmigen Ausstülpungen dienen, wie alle Receptacula, nach erfolgter Begattung zur Aufspeicherung der Spermatozoen, die von hier aus die den Eileiter passii-euden Eier befruchten, ßei den Formen, bei denen eine Befruchtung der Eier innerhalb des Oviductes statt- findet, scheint ein Zufluchtsort für die Spermatozoen noth- wendig zu sein. Sind keine ausgebildeten Receptacula vorhanden, so ist wenigstens die Wand des Oviductes stark gefaltet (RAKovvrrzA). Die Spermatozoen können sich in den Falten festsetzen und entgehen so der Gefahr, von den austretenden Eiern wieder hinausgedrängt zu werden. Auffällig ist es nur, dass die Begattung so früh er- folgt, lange bevor die noch ziemlich jungen Fi(n' befruch- tungsfähig werden. Vielleiciit hängt aber hiermit die SiüuiKj vom 10. Febrnar 1903 J^Q7 eigenthümliche Anordnung der Spermatozoenbündel, mit den Köpfen in den Follikelzellen, zusammen, indem die Sper- matozoen möglicher Weise bis zur Eireife ihre Nahrung von den Epitbelzellen der weiblichen Leitungswege beziehen. Bei den Cephalopoden, deren Eier ausserhalb des Oviductes befruchtet werden, sind derartige Vorrichtungen nicht nöthig, jedoch sind bei diesen Formen, nach un- veröffentlichten Untersuchungen von F. C. v. Maehrenthal (3. pag. 1096) bestimmte Felder oder gar Taschen zur Auf- nahme der Spermatophoren vorhanden. Diese Unterschiede würden mich aber zu weit führen und möchte ich hier nur noch einige Beobachtungen an- knüpfen, die sich an das vorher Gesagte anschliessen und die Begattung bei den Cephalopoden betreffen. Kollmann (2) und Schmidtlein (6) beobachteten bei der Begattung von Octopus vulgaris einen Kampf, während Rakovv^itza (5) behauptet, dass die Begattung ohne Kampf vor sich gehe. Auch ich beobachtete einen Kampf, der während der ganzen Dauer der Begattung, d. h. also manchmal während einer ganzen Stunde, mit un- geschwächter Erbitterung fortgeführt wurde. Individuen gleichen Geschlechts können es in einem Fall wenigstens nicht gewesen sein, denn es befand sich in dem Aquarium nur ein grosses Männchen und das Weibchen wurde in meiner Gegenwart hineingesetzt. Nachdem das Männchen sich den neuen Gast genau angesehen hatte, fiel es auf einmal über das Weibchen her. Es entspann sich ein heftiger Kampf, in dessen Ver- lauf man öfters wahrnehmen konnte, wie das Männchen bestrebt war, seinen Hektokotylusarm in den Mantel des Weibchens einzuführen. Das Weibchen wehrte sich energisch mit Armen und Schnabel. Zuletzt schien es jedoch dem Männchen gelungen zu sein. Nach vollzogener Begattung zog sich das Weibchen scheinbar ganz erschöpft in eine Ecke des Aquariums zurück, während das Männ- chen in grosser Erregung hin und her schwamm und sich sofort auf einige nun hineingeworfene Krebse stürzte, während das Weibchen die Beute gar nicht beachtete. Mag 108 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. sein, dass in dem Falle, den Rakovvitza beobachtet hat, das Weibchen krank war. Ich habe nie beobachten können, dass das Männchen das Weibchen mit dem Hektokotylus- arm vor der Begattung streichelte, wie dies Rakowitzka gesehen hat und statt still zu halten, setzte sich das Weib- chen in allen Fällen zur Wehr. Es wäre ja allerdings nichtr ausgeschlobsen, dass eine Begattung überhaupt nicht stattgefunden hat und dass das Männchen den Eindringling nur wegbeissen wollte. Leider habe ich es damals versäumt, durch Sectiou des Weibchens den Beweis für die Richtigkeit meiner Beobachtung zu er- bringen. Man erhält in Neapel zur Untersuchung meist nur Sepien männlichen Geschlechts und zwar ist dies durch die Fangweise bedingt. Einem früher zufällig gefangenen Weibchen wird Mantel und Schulp am Körperende durch- bohrt und durch die Oeffnung wird eine Sclinur gezogen. Das festgebundene Weibchen wird nun an einer Stelle, an der Sepien häufig vorkommen, ausgesetzt, und es dauert meist nicht lange, bis sich einige Männchen nähern, die dann mit dem Kätscher gefangen werden. Bei einer Fahrt Hess ich nun ein Männchen, welches das Weibchen um- schwamm, nicht fortfangen. Alsbald entspann sich ein Kampf wie der oben geschilderte. Um ein Eindringen in fremdes Jagdrevier kann es sich hier nicht handeln. Als das Weibchen später herausgenommen wurde, fand ich an der Buccalmembran mehrere Spermatophoren, oder richtiger mehrere jener kleinen birnförmigen Säckchen, welche (nach V, Maehrenthal) beim Zerplatzen der Spermatophoren gebildet werden, angeheftet, die sicher vorher nicht vor- handen gewesen waren. Lafont (4), welcher die Begattung der Sepien eben- falls beobachtet hat, sah nur in einem Fall einen Kampf, der mit solcher Erbitterung geführt wurde, dass am nächsten Tag beide Individuen an den empfangenen Wunden starben. Dies war jedoch ein anormaler Fall, indem es sich um ein Männchen von Sepia füiouxii und ein Weibchen von Sepia officinalis handelte. In den normalen Fällen soll Sitzting vom 10. Februar 1903. 109 (las Weibchen dem Männchen nicht so energisch wider- standen haben, wenn jedoch Lafont, wie er selbst angiebt, nach vollzogener Begattnng in dem Aquarinm abgerissene Saugnäpfe fand, so scheint mir diese Thatsache doch nicht mit den übrigen Angaben in Einklang zu bringen zu sein. Bei den Octopoden, bei denen die Begattung durch die Einführung des Hektokotylusarmes in den Mantel des Weibchens für das Letztere recht unangenehm sein muss, ist ein Kampf sehr erklärlich. Bei Sepia jedoch wo eine derartige Begattung nicht stattfindet, scheint mir dieses Verhalten recht merkwürdig und eine Bestätigung meiner Beobachtungen über die Begattung bei den Octopoden zu sein. 1. Brock, I. Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Ccplialo- poden. Morphol. Jahrb., Bd. VI, 1880. 2. KoLLJiANN. Die Cephalopoden in der zoologischen Station des Dr. DoHKN. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXVI. 3. KoRSCHELT, E., und Heider, K. Lehrbuch der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte der wirbellosen Thiere. Jena 1893. 4. Lafont, M. A. Observations sur la fecondation des Mollusques Cephalopodes du golfe du Gascogne. Ann. Sei. nat., ser. 5, Vol. 11, pag. 109—133. 5. Rakowitza, E. G. Notes de Biologie. Arch. de zool. experim. 3 ser. 2. 1894. 6. Schmidtlein, R. Beobachtungen über die Lebensweise einiger Seethiere innerhalb der Aquarien der zoologischen Station. Mitth. zool. Station. Neapel, Bd. I, 1879. Herr F. E. SCHULZE demoustrirte eine Variatsreihe von Gdllimorpha colona. Referirabend am 18. Februar 1903. Herr Rawitz über: Die elastischen Fasern im Kehlkopfe mit besonderer Berücksichtigung der functiouellen Structur und der Function der wahren und falschen Stimmlippe. Von Dr. Katzenstein. Archiv f. Laryn- gologie, Bd. 13. Herr Heinroth über: 1) Die Sperrvorrichtung an den Zehen der Vögel. Von Josef Schaffer, Wien. 2) Ornitliologische Ergebnisse der I. Deutschen Südsee- Expedition von Br. Mencke. Von Dr. 0. Heinroth. J. i'. Starcke, Beiün W. Nr. 3. 1903. Sitzungs-Bericht der Gesellschaft iiatiirforscliender Freunde zu Berlin vom 10. März 1903. Vorsitzender : Herr Schwendener. Herr G. Breddin sprach über neue Paläotropische Reduviinen. Triatoma migrans n. spec. Der Tr. ruhrofasciata Dkg. in Schaabelbau und Färbung verwandt Pronotum gekörnelt. Füblergruben den Augen deutlich näher als dem Kopfende; 1. Fühlerglied das deut- lich dreilappige Kopfende nicht erreichend. — Schmutzig ockergelblich. Fühlerglied 1 und 2, der Kopf (grössten- theils), 4 divergirende Längsstreife des Pronotum -Hinter- feldes, das Schildchen (ausser der Spitze) und Randflecke des Abdomens, oft auch Schnabelglied 1 und Beine schwarz- braun. Basis der Flügeldecken, Coriumspitze, ein sehr grosser Fleck im Innenwinkel des Corium und die Endhälfte des Clavus verwaschen schwarzbraun. Membran schwarz. — Länge ITV-t (c/") — 24 (9) mm. — Süd- Java; Nordost- Sumatra. Tiarodes Waterstradti n. spec. 2 . Hinterwinkel des Pronotum in lange spitzwinklige Zähne ausgezogen. — Hellockergelb. Kopf oben mit Fühlern und Schnabel, unregelmässige Querflecke nahe dem Vorderrand des Halsschildes und auf dem Quereindruck, Flügeldecken. Connexiv, Randflecke des Bauches, schmale B;isis und Ende der Vorderschienen, Mittelschienen oben u'kI Hinterschienen schwarz. Connexiv mit gelben Quer- binden. Ein sehr grosser, vorn ausgebuchteter Fleck des 3 112 Gesellschaft natnrfwschender Freunde, Berlin. Coriums weisslich; ein schiefes Fleckchen nahe der Corium- basis gelb. Länge 2OV2 mm. Nord-Borneo. Tiarodurganda n. gen. Zwischen Tiarodes Bürm. und Durganda Am. stehend. Stimmt mit letzterer überein durch folgende Zeichen: Augen vom Ende und der Basis des Kopfes gleichweit entfernt; Fühler in der Mitte zwischen Augen uud Tylusende einge- lenlit; Wangen als schalenförmige Platten frei lang vorge- zogen. Kopf hinter den Augen geschnürt, dahinter merklich verbreitert; Nebenaugeu weit von einander entfernt; Schuabel- glied 1 nicht länger als 2. Nähert sich Tiarodes in folgen- den Stücken: Kopf dick cylindrisch; Vorderhüften genähert; Prosternum schmal, langspitzig, tief gefurcht. Hinterleib kaum breiter als das Halsschild. Vorderschenkel unten mit 2 Reihen Dörnchen. Mittelschenkel daselbst mit Knötchen besetzt. Tiarodurganda apiculis n. spec. cT. Fersengruben der Vorderschienen kaum Ve der Schienenlänge betragend. Hinterfeld des Halsschildes flach- quergerunzelt. — Glänzend stahlblau; Flügeldecken schwarz, matt. Beine, Plinterleib und ein randstäudiger Apicalfleck des Coriums schön dottergelb. Genitalplatte und Umgebung pechschwarz. Länge 117-i, Schulterbreite S'/imm. — Toukin. Heteropinus n. gen. Der Gattung Staliastes Kiuk. im Habitus nahestehend. Körper klein, flachgedrückt, lang anliegend behaart. Kopf klein, mit den Augen so breit als lang, hinter den Augen sehr verdickt, dann plötzlich verschmälert. Halsschild mit durchlaufender Quer- und Längsfurche. Die Ecken aller Hinterleibssegmente kurz zahnartig vorragend. Vorderhüften einander fast berührend. Schnabel kurz, dem Kopfe an- liegend (wenigstens in seiner Basalhälfte); Glied 1 nur so lang als breit; Glied 2 mehr als doppelt so lang wie 3. Vorderschenkel etwas verdickt, unten mit einer Reihe borstentragender Dörnchen. 1. Fühlerglied sehr kurz und dick, Glied 2 lang cylindrisch; zwischen beiden Gliedern ein sehr deutliches, ziemlich gestrecktes Zwischenglied. Sitzung vom 10. März 1903. 113 Heteropinus mollis n. spec. d'. Pechbrauii. 1. Fühlerglied, SchnabeL Brust- und Bauchmitte, Beine, Flügeldecken hell rostgelb, Membran, bis auf den inneren Theil des Basalsaumes, tiefschwarz. Länge 6V2 mm. Schulterbreite 2 mm. — Nord-Kamerun. Staliastes melancholicus n. spec. $. Flügeldecken das Hinterleibsende ein wenig tiber- ragend- Fersengrube fast die Endhälfte der Vorderschienen einnehmend. — Tiefschwarz, glänzend; Halbdecken matt. Beine und Hinterleib blutroth. Vorder- und Mittelhüften, sowie der Endrand der Schenkel und der Schienen und die Tarsen schwärzlich. Länge (mit Decken) 13 mm, Schulter- breite 3 mm. — Tonkin. Lenaeus marmoratus n. spec. (/• Augen fast so weit von der Basis wie vom Ende des Kopfes entfernt. Schnabelglied 1 ein wenig länger als Glied 2; dieses deutlich länger als Glied 3. Vorderfeld des Halsschildes mit glatten, warzenförmigen Erhabenheiten, bedeckt; Hinterfeld mit dick konischen deutlich vorragenden Schulterecken; auf der Scheibe mit zwei kurzen zusammen- gedrückten stumpfen Zähnen. Schildchen mit kaum vorge- zogener, am Ende knopfig verdickter Spitze. Innere Membran- zelle von der Basis an deutlich verbreitert. Vordere Schenkel auffallend laug, das Kopfende weit überragend. — Sehr hell ockergelb. Ein Seitenstreif des Kopfes, hieroglyphische Zeichnungen des Pronotumvorderfeldes, eine stumpfwinklige Querbinde des Hinterpronotums, ein verloschener grosser Fleck vor der Coriummitte (nach der Clavusnaht einige Adern aussendend), eine gebrochene Querlinie vor der Clavus- spitze. Seitenflecken der Brust, 2 Reihen Fleckchen an den Bauchseiten (basal wärts jederseits zu 1 grossen Fleck verfliessend) , Basis, Spitze und ein Ring der Schienen, Schenkelende und Halbringe auf der Oberseite der Schenkel und verloschene Flecke der Connexivsegmente pechschw^arz oder schwärzlich. Membran schmutzig ockergelb; Innen- winkel und Geäder schwärzlich. Länge 17, Schulterbreite 473 mm. — Malakka (Perak). W^ Gesellschaft naiiu- forschender Freunde^ Berlin. SchuUheissidia n. gen. Nächststehend Vclitra Stal. Körper klein, ziemlich flachgedrückt, flach und glänzend. Kopf mit den Augen so breit als lang; vor den Augen liegender Teil kurz, stark abwärts gewölbt, > glatt. Schnabel abstehend. Halsschild, mit gerundetem Hinterraud und nahezu durch- laufender starker Mittelfurche; Vorderfeld ohne Runzel- sculptur. Prosternum flachgefurcht, die Spitze nicht auf- gebogen. Bauch querüber gewölbt. Vorder- und Mittel- schenkel an der Basis schlank, in der Mitte sehr deutlich verdickt, unten mit einigen Dörnchen bewehrt. Fersen- gruben der Vorderschienen deutlich. 1. Fühlerglied das Kopf- ende etwas überragend, etwa '/s so lang als das 2. Glied. SchuUheissidia mitis n. spec. $. Schwarz; Hinterleib, Mitte der Hinterbrust und Hiuterfüsse oraugegelb; letztere oben gegen Ende schwärz- lich. Halbdecken mattschwarz; ein grosser dem Costalrand aufsitzender Fleck vor der Mitte und die äusserste Spitze des Coriums, sowie der Eudsaum der Membran hellgelb; eine breite winkelförmige Zeichnung in der Aussenhälfte der Membran weisslich. Länge T'/s mm. — NordostSumatra. Velitra maxima n. spec. o^. Scheibe des Bauches gewölbt, nur am Bauchgrund durch verloschene Kiele von den Bauchseiten geschieden. — Pechschwarz, glanzlos; Schnabelspitze, Brust- und Bauchmitte mehr pechbraun. Schienen (bis auf Grund und Ende) und Tarsen, sowie die apicalen Vs des 2. Fühler- gliedes schmutzig rostbraun. Bauchsauni, Connexiv und Corium schmutzig rosig. Der am Grunde schmale, nach hinten stark verbreiterte Costalsaum und ein Randstreif des Corium neben der hinteren Clavushälfte pechschwarz. Länge 24:72, Schulterbreite 7 mm. — Tonkin. Ccrilocus harscht n. spec. 9 . Im Habitus dem C. inermipes Stäl am nächsten verwandt, aber in den Schultern viel schmäler (Prouotum kaum breiter als lang), der stark verbreiterte Hinterleib mehr als IV2 mal so breit wie das Halsschild, die End- winkel des 7. Conuexivsegments etwas lappig vorgezogen, Sitzung vom 10. März 1903. 115 breit gerundet. Flügeldecken das Hinterleibsende erheblich überragend. Beine länger, Schenivel viel schlanker; Vorder- iind Mittel Schenkel unten sehr deutlich gedornt. — Farben- verteiUing wie bei C. iiwnmpes, nur ist das Gelb viel heller und das Grunddrittel aller Schenkel ist gelb. Schildchen pechschwarz. Länge (mit Decken) 25 V2, Schulterbreite 6 mm. — Congo. Cerilocus poecilus n. spec. 9 . Körper erheblich schmäler als bei den bekannten Arten, von den Schultern ab bis nahe dem Hinterleibsende fast gleichbreit. — Schwarz, wenig glänzend. Das Basal- glied der schmutzigbrauuen Fühler, das Hinterfeld des Halsschildes (ohne die schwarze Mittelfurche), ein grosser dreieckiger Discalfleck des Coriums, ein breiter Ring der Schenkel und ein subbasaler Ring der Schienen ockergelb. Hintertarsen und Spitzen der Schienen rostgelb. Eine breite, durch die schwarzen Adern unterbrochene Querbinde und ein Spitzenfleck der Membran gelblich-weiss, durchscheinend. Länge (mit Decken) I8V2, Schulterbreite öVö mni. — Kamerun. Phouerr/ates impcrator n. spec. 9. Untergattung PJwnergates. Glänzend violett; ein sehr breiter, subbasaler Ring der Vorder- und Mittel- schenkel schön orangerot. Flügeldecken matt schwarz. — Halsschild glatt; Hinterfeld am Quereindruck mit dichten Längsrunzeln, auf der Scheibe mit einigen undeutlichen Punkten. Vorderfeld mit dichterer, in gew^undenen Streifen angeordneter Punktirung; die glatten Zwischenräume zwischen diesen Streifen schwarzviolett. Länge (mit Decken) 2372, Schulterbreite 1^3 mm. — Kamerun. Caprocethera n. gen. Der Gattung Carcinomma Bergr. nahe verwandt und von ihr durch folgende Zeichen abweichend: Wangen in zwei sehr lange, schlanke, leicht diver- girende Dornen vorgezogen. Halsschild querüber deutlich gewölbt; Vorderfeld am Seitenrande mit spitzem Dorn und davor einem Knötchen, Hinterfeld an den Schultern und auf \\ß Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. der Scheibe mit zusammengedrückten Dornen, Ecken der Connexivsegmente mit einem spitzen Zahn bewehrt. Caprocethera cave n. spec. cT. Schmäler als C. astroJogiis Bkrgr. Die Kopfdornen das Ende des 1. Fühlergliedes erreichend. Hinteres Pronotumfeld undeutlich gerunzelt; Schulterdornen nach aussen und hinten vorgezogen. Schildspitze in einen zu- sammengedrückten, aufgerichteten, leicht zurückgekrümmten Dorn erhoben. Membranzellen die Membranmitte deutlich überragend. Spitze des 2. Fühlergliedes keulig verdickt. — Verwaschen pechbraun. Spitze des 2. Fühlergliedes. Schilddorn, Schenkeleude und Schienen schwärzlich. Zwei Ringe der letzteren, Tarsen, Kopfdornen und Fühler gelblich. Bauch pechbraun mit ockergelber Zeichnung. Membran verwaschen schwarzbraun, gelblich marmorirt. Länge (ohne Kopfdorne) llV4mm. — Ostafrika (Tana). Cethera maculipennis n. spec. cf . Kleiner und zierlicher als C. niusiva Germ., die Augen merklich w^eiter von der Kopfbasis entfernt; der platten- förmige Stirnfortsatz (von oben gesehen) tief eingeschnitten. Pronotum stärker geschnürt, die Knoten der Halsecke vorn gerade abgestutzt; Vorderfeld des Pronotums mit spitzen Dörnchen bewehrt; Hinterfeld ohne Runzelung. mit spitzen, zahnartig vorragenden Schulterecken und auf der Scheibe nahe dem Hinterraud mit zwei stumpf-zahn förmigen Höckern, davor 2 glatte quere Erhebungen. — Färbung und Zeichnung ähnlich wie bei C. musiva, die Zeichnungen der Oberfläche verwaschen. Der Innenwinkel der Membran (ausser der äussersten Basis) nebst den Zellen von einem grossen, sehr auffälligen, im ganzen quadratischen tiefschvvarzen Sammet- fleck bedeckt. Länge 7^4 —SV* mm. — Nord-Kamerun. Inara currax n. spec. Körper langgestreckt; der Hinterleib nicht breiter als die Schultern, die Flügeldecken in Ruhelage seitlich nicht oder kaum überragend; Flügeldecken über das Hinterleibs- ende nicht hinausragend. Schulterecken mit kurzem, spitzem Dorn bewehrt; hintere Seitenränder des Halsschildes auf- Sitznmj vom 10. März 1903. 117 geschlagen, die Hinterecken spitzwinklig vorgezogen. Schild- chen mit langem, yerticaiem Dorn und einem knotenförmigen Höcker jederseits nahe der Basis. Beine lang, schlank; Fersengrube etwa 7* so lang als die Vorderschienen. Körper mit einzelstehender, langer, aufrechter Behaarung; diese Behaarung auf der Unterseite des Kopfes, der Vorder- briist und den vorderen Schenkeln zu einem weissen, schimmelartigen Haarfilz verdichtet. — Glänzend metallisch- violett. Beiae und Schilddorn orangerot oder hell blutrot. Die Spitze des letzteren, die Oberseite der Vorder- und Mittelschenkel, die Oberseite der Vorder- und Mittelschieneu, nach der Basis zu. die ganzen Hinterschienen, Tarsen, Trochanteren und Hüften, nebst den Halbdecken schwarz. Ein dreieckiger Fleck im Endwinkel des Coriums gelblich- weiss. Jederseits am Bauche eine Reihe querovaler Fleck- chen und ein grosser querbindenartiger hinter der Mitte gelegener Fleck dicht silberweiss behaart. Länge 1372 bis 15 mm. — Nordost- Sumatra. Pasiropsis morio n. spec. (/. Zurückgebogene Spitze des Prosternums fast senk- recht, schlank und zart dornenförmig. Vorderschenkel schlauk-keulig; Fersengrube der Vorderschieuen sehr schmal, etwa 75 der Schienenlänge ausmachend. Hinterfeld des Halsschildes mit leichter linienförmiger Mittelfurche. — Tiefschwarz, fast glanzlos. Schnabelspitze pechbraun. Die Grenzen der Connexivsegmente (oben und unten) durch je eine feine weissliche Linie bezeichnet. Länge 1074 mm. — Sumatra. Tetroxid (Tetroxia) piceipes n. spec. 2 . Der T. Beauvoisi Fairm. Dist. in Bau und Grösse nahestehend. 1. Fühlerglied etwas länger und schlanker, Vorderfeld des Halsschildes mit linienförmiger Mittelf iirche, Dorn des Schildchens erheblich länger, steiler aufgerichtet mit leicht zurückgekrümmter Spitze, Hinterleib etwas schmäler. Färbung wie bei T. Beauvoisi, doch Hiuterleibs- rand, Schenkel und Schienen einfarbig, pechschwarz oder schwarzbraun; Membran einfarbig schwarz. Corium und 118 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Clavus schwarz. Basis des Coriums (weniger als V^ der Länge), mehr als die EndhäWte des Clavus, der sehr schmale anstossende Clavalsaum des Coriums und ein schiefer bindenartiger Fleck an und auf der Membranscheide (den Innen- und Aussenrand des Coriums nicht erreichend) dottergelb. Länge 19 V2 mm. — Kamerun. Tetroxia (Acanthaspis) scurra n. spec. 9. An J! flavovaria Hhn. in der Färbung erinnernd, aber der T. tergemina Bukm. im Bau am nächsten verwandt. Augen gross, von oben gesehen breiter als die Stirn zwischen den Augen; linienförmige Mittelfurche der Stirn sehr deutlich. Vorderfeld des Halsschildes mit wurm- förmiger Runzelsculptur; Ilinterfeld mit flachen, warzen- förmigen Erhebungen dicht bedeckt, ohne knotenförmige Erhöhungen am Hinterrand, mit vorn deutlicher, hinten in eine feine Linie auslaufender Mittelfurche und sehr kurz zahnartig vorragender Schulterecke. Schilddoru ziemlich kurz, gerade, halb liegend. — Pechschwarz mit weicher gelblicher Behaarung. Ein grosser, aus 4 Flecken zu- sammengeflossener Querfleck nebst den Schulterzähnen und dem hinteren Aussenrand des Halsschildes, die äusserste Spitze des Schilddorus, die Basis des Coriums und eine kurze zweimal gebrochene Querbinde hinter der Mitte nebst einem Längsstreif an der Clavusnaht, der Schildsaum des Clavus in der Mitte, die Adern der Membran (ausser der äusseren), quadratische Flecken des Hinterleibsrandes, der Hinterleibsrücken, 1. Fühlerglied oben (ausser der Spitze), die Tarsen, 2 breite Ringe der Schienen und etwa das Enddrittel der Schenkel hell ockergelb oder lehmgelb. Kleine ringförmig geordnete schwärzliche Fleckchen teilen die helle Zeichnung der Schenkeleudeu in einen Doppelriug. Die Membranspitze (vom Zellenende ab) schmutzig-weiss, einen verloschen schwärzlichen Fleck eiuschliessend. Länge I9V2 mm. — Ceylon. Tetroxia (Acanthaspis) niyricollis n. spec. cT . Nahe verwandt der vorigen Art. Augen von oben gesehen dem vorderen Kopfende sehr genähert, merklich Sitzumj vom 10. März 1903. 119 schmäler als die Stirn zwischen den Augen; Stirn auch hier mit deutlicher linienförmiger Mittelfurche. Pronotum mit feinen, gruppenweise gehäuften Körnchen dicht bedeclit; Vorderfeld „sculpturirt". die flachen Furchen zwischen den gekörnelten Runzeln glatt; Hinterfeld nur vorn mit deut- lichem Längseindruck und ohne knotenförmige Erhöhungen nahe dem Ilinterraud. Schilddorn stark schrägliegend, ziem- lich kurz, gerade. 1. Fühlerglied kürzer als der Kopf. — Schwarz, unten pechschwarz. Viereckige (z. Th. quadratische) Randflecken des Hinterleibs, die Spitzen der Schenkel (etwa V'4— V-n)' die Schienen und Tarsen nebst der Basis des Coriums lehmgelb oder hell ockergelb. Ein fast kreis- runder (nur vorn in der Mitte leicht gekerbter) Fleck hinter der Mitte des Coriums und ein grosser Spitzenfleck der Membran weisslich-gelb; letzterer einen schwärzlichen Läugsfleck einschliessend. Die Spitze, ein verloschener Ring vor der Mitte und die schmale Basis der Schienen pechbraun. Länge 16 V2 mm. — Ostindien (Sangli). Tetroxid severa n. spec. 9. Durch die [langgestreckte Gestalt sowie den Bau des Kopfes und Halsschildes erheblich von den mir be- kannten Tdroxta-Avten abweichend und rü Reduvins j^ersonatus L. erinnernd. — Kopf mit den kaum mittelgrossen Augen ziemlich schmal, hinter den Augen wenig verjüngt. Hals- schild unbewehrt, weit vor der Mitte geschnürt, mit fast ganz durchlaufender Mittelfurche; Vorderfeld wenig convex, ohne wurmförmige Sculptur; Hinterecken des Halsschildes ganz abgerundet; Schultern nicht vorragend, gerundet. Schild in ein sehr kurzes, schräg ansteigendes Spitzchen auslaufend. Membran das IIinterleil)seude wenig überragend. Aeussere Membranzelle an der Basis viel schmäler als die innere, kurz hinter der Basis ziemlich stark verbreitert, dann bis ans Ende fast gleichbreit. Vorder- und Mittelschenkel kaum verdickt. Fersengruben fast halb so laug als die Vorderschienen. — Tiefschwarz, glanzlos, weichbehaart. Vorderschenkel (besonders innen und unten) und Tarsen dunkel pechbraun. Hinterfeld des Prothorax, die äusserste Basis des Coriums und der Epipleuren schön orangegelb. j^20 Gesellschaft naturfoi-schender Freunde, Berlin. Schildbasis schmutzig rostbraun. Bauch silbergrau behaart. Länge 17V2. Schulterbr. 4 mm." — Tonkin. Tetroxia (IJloclcptes) spurca n. spec. Die Art weicht zusammen mit der nahverwandten T. conspersa Stal im ganzen Habitus und durch einige structurelle Merlvmale so erheblich von den Tetroxia- kvi^n ab, dass man sie als Untergattung (wenn nicht als eigene Gattung) TJhclcptes m. abtrennen muss: Körper klein, völlig behaart, Kopf klein, eiförmig; Mittelkiel der Brust nicht gegabelt, sondern bis zwischen die Vorderhüften durchlaufend, Brust zwischen den Mittel- und Vorderhüften daher mit gekreuzten Kielen; Halsschild auf der Scheibe unbewehrt. Schulterecken ab- gerundet, nicht vorragend, Halstuberkel ganz undeutlich. Schildchen mit massig vorgezogener liegender Spitze. Membrannaht bis zum Endpunkte des inneren Coriumsectors gerade (nicht gebuchtet), die innere Membranzelle an der Basis so breit oder breiter als die äussere, von der Basis an verschmälert. Nebenaugen von einander viel weiter entfernt als von den kleinen Augen. Fühlerglied 1 kürzer als der Kopf und wenig kürzer als Glied 2. Fersengruhe kaum Ve der Länge der Vorderschienen ausmachend. 1. Fühlerglied V^ - 7-5 so lang als Glied 2. Vorderfeld des Prouotums mit wurmförmiger Ruuzelsculptur, Hinterfeld fein gerunzelt. — Glanzlos, schwarzbraun. Hals- schild hinten und an den Schultern heller. Ein Costaistreif des Coriums vor der Mitte, die Sectoren, der Hinterleib (der glänzende Bauch an den Seiten dunkler), Fühlerglied 2 (ausser der schwarzen Spitze) und 1 . Schienen (das Ende dunkler) und Tarsen verwasclien und schmutzig rostgelb. Membran mit feiner, wolkig verfliessender Spreukelung und einer hellen Linie am äusseren Theil der Basis. Behaarung graugelb bis goldgelb. Länge 9 — 10 mm. Schulterbreite 8— S'/inim. — Deutsch Neu-Guinea. Centrogoniis ochreipennis n. spec. cf- Augen gross, halbkugelig, unten und oben ein- ander stark genähert (Abstand unten weit geringer als die Sii2umj vom 10. März 1903 121 Breite des 1. Schüabelgliedes, oben geringer als der Quer- durehinesser des Auges); Stirn zwischen den Augen unbe- wehrt. Dornen des Halsschildes nur massig lang, die- jenigen an der Halsecke etwas kürzer und dicker als die übrigen; Schulterdornen schräg nach hinten und aussen ge- richtet. Hinterfeld des Pronotums mit dichter, meist querer Runzelung und schmaler Mittel furche. Schilddorn schlank, halb liegend, die Spitze kaum merklich gebogen. Counexiv- segmente 2—5 mit einem kurzen, sehr spitzen Zahn bewehrt. Beine schlank, die Hinterschenkel fast an das Hinterleibs- ende reichend. Fersengruben fast halb so lang als die Vorderschienen. -- Dunkel pechbraun bis pechschwarz, schwach seidig schimmernd. Kopf vor den Augen, Schnabel, 1. Fühlerglied und schmale Basis des zweiten. Dornen der Oberseite. Beine, Brust- und Bauchmitte gelblich; ein ver- wischter Ring vor dem Schenkelende etwas heller. Flügel- decken und Hinterleibsrand sauber ockergelb; die Basis der Connexivsegmente, und die schmale Basis der Flügeldecken pechbraun; ein Längswisch zwischen Costa und 1. Sector nahe der Coriumecke schwärzlich. Membran schwärzlich, nach der Basis und dem Commissuralrand hin schwarz; der Innenwinkel selbst ockergelb. Länge (mit Halbdecken) 23 mm. Variirt: Halsschild grösstentheils trübe ockergelb, hinten mit pechbraunem Mittelfleck. — Nordwest-Australien. Diplosiacanthia n. gen. Kopf merklich kürzer als das Halsschild, vor den Augen schnell und stark abwärts gebogen, zwischen den Fühlern mit zwei dicht aneinanderliegenden, horizontalen, lang und schlank vorragenden Dornen bewehrt. Schnabel abstehend, (jilied 1 und 2 etwa gleich lang. Pronotum weit vor der Mitte geschnürt, nahe dem Hinterrande mit 4, auf den Halsecken mit je einem langen, schlanken Dorn be- wehrt. Hinterfeld mit schlanken Schulterdornen und un- bewehrter Scheibe. Dorn des Schildchens schlank, schräg aufsteigend, nach hinten gekrümmt. Hinterecken der Con- nexivsegmente mit schlanken Dornen bewehrt. Schenkel 122 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nicht verdickt: Vorderschieuen mit Fersengruben; Tarsen schlaulv. Baucii ohne Mittelkrel. Fühlerglied 2 fast doppelt so lang als Glied 1. Der australischen Gattung Centrogomis Brgr. nahe stehend, durch die Bewehrung der Stirn leicht unter- schieden. Biplosiacanthia monticola n. spec. cf. Stirndornen die Mitte des 1. Fühlergliedes fast erreichend. Dorn des Schildchens etwa unter 45*^ auf- steigend, leicht gekrümmt. Hinterfeld des Pronotums dicht und fein runzelig, matt. Fersengruben kaum mehr als Vs so lang wie die Vorderschienen. — Pechschwarz oder dunkel pechbraun. Pronotum schön ockergelb, Vorderfeld und Schilddorn hell pechbraun. Fühlergruben. Stirndornen, Fühler, Endhälfte der Vorder- und Mittelschenkel, ein breiter Mittel- riijg der Hinterschenkel, die Schienen (ausser der Basis der Hinterschienen), die Tarsen. Bauchmitte der Länge nach, hintere Ecken der Connexivsegmente oben und unten (die Spitze der Dornen schwarz) und der Hinterrand des 7. Bauch- segments hellgelb bis weisslich. Hinterleibsrücken schmutzig rostbraun. Basis gelblich. Membran rauchgrau; Corium schmutzig pechbraun; die vorgezogene Coriumecke, ein Längsfleck neben der Clavusendhälfte, der Clavus und etwa die basale Hälfte der Membran (mit den Zellen) sammetig schwarz. Der Fleck des Coriums ringsum und die Corium- ecke vorn schmal gelb gerandet. Tarsen, Schienenende und Fühlerglied 3 und 4 leicht rotlibraun angelaufen. Var. picea. Pronotum pechschw\^rz ; Mittel- und Vorder- schenkel unweit der Spitze mit bräunlichem Ring. Länge 774— 7 '/a miu. — JSord-Kamerim (Job. Albrechts- höhe). Iphitlbcrcutd n. gen. Kopf klein, eiförmig, hinter den kleinen Augen ge- schnürt, dann wieder verdickt; Fühler dicht vor den Augen eingelenkt. Sclmabel weit abstehend; Glied 1 deutlich länger als Glied 2. Pronotum viel breiter als lang, nach vorn stark verengt, vor der Mitte stark geschnürt; Vorder- Sitzung vom 10. März 1903. 123 feld convex, ziemlich schmal; Halsecken abgerimdet. ohne Knoten; Hinterfeld des Pronotiims glatt nnbewehrt, ohne deutliche Mittel furche, mit gerundeten Schultern und breit gerundetem Hinterrand. Flügeldecken das Hinterleibs- ende weit überragend; äussere Membranzelle nach der Basis zu sehr stark verschmälert und dort viel schmaler als die überall gleichbreite innere Zelle. Connexivsegiuente an der Hinterecke mit deutlichem aufgesetztem Zahn be- wehrt. Vorderschenkel nur wenig verdickt, unten auf der Innenseite mit einer Reihe kleiner Döruchen. Vorder- schienen unten mit Stiften besetzt, an der Spitze nach hinten in einen spornähnlichen Fortsatz deutlich umgebogen. Vordertrochanteren unten in einen dicken konischen Höcker erhoben. Tarsen schlank. Vorderbrust gefurcht, horizontal; Mittel- und Hinterbrust ohne Mittelkiel. Fühler- glied 1 schlank, so laug als der Kopf; Fühlerglied 2 etwa 1 V2 mal so lang. Iphitliereuta lougipennis n. spec. (/. Kopf etwa ^4 so lang als das Halsschild; die Anschwellung hinter den Augen fast so breit als die Stirn mit den Augen. Vorderfeld des Pronotums nur halb so breit als das Hinterfeld, sculi)turirt, nur hinten, in der Mitte etwas eingedrückt; Hinterfeld glalt, glänzend. Schildchen convex; eine vorgezogene S])itze ist nicht erkennbar (abge- brochen V). Flügeldecken lang, mit der Endhälfte der Membran das Ilinterleibsende überragend und (in Ruhelage) wenig schmäler als der Hinterleib. Zähnchen des 2. Con- nexivsegments sehr spitz. — Pechschwarz, wenigstens auf den Flügeldecken und unten kurz und dicht behaart. Membran tiefschwarz. Prothorax, äusserste Basis der Halb- declvcn und des Schildchens, sowie die Hüften, Trochanteren und Schenkel der Vorderfüsse schön orangerot; das Ende der letzteren (besonders oben) schwärzlich. Kopf unten und vor den Augen, Schnabel, Mittel- und Hinterbrust nebst den Hüften und Trochanteren der hinteren Beinpaare, die Grundhälfte der Mittelschenkel und die Basis der Hinter- schenkel schmutzig rotgelb. Tarsen und letzte Fühler- 124 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. glieder schmutzig bräimlichgelb. Länge 14 mm, ohne Halbdeckeu 11 mm; Schultei'breite 4 mm. Holland. Neu- Guinea (Hattau). Junghuhnidia^) n. gen. Kopf ziemlich klein, eiförmig, hinter den kleinen Augen geschnürt, dahinter wieder verdickt. Schnabel abstehend; 1. Glied deutlich länger als Glied 2. Halsschild ziemlich breit, weit hinter der Mitte geschnürt, mit deutlicher, nach vorn und hinten sich etwas abflachender Längsfurche. Vorderfeld convex. ohne Spur eines Halbtuberkels; Hinter- feld glatt unbewehrt mit abgerundeten Schultern und sehr flach gerundetem Hinterrand. Schildmitte kaum convex, die Spitze nicht vorgezogen. Flügeldecken mit dicken er- habenen Adern, kürzer und erheblich schmäler als der breiteiförraige Hinterleib. Connexivrand unbewehrt, die Ecke des zweiten Segments ein wenig vorragend, mit ab- gerundeter Spitze. Aeussere Membranzelle nach der Basis zu erheblich verschmälert, daselbst erheblich schmäler als die überall gleichbreite innere Zelle. Vorderbrust gefurcht, horizontal. Mittel- und Hinterbrust mit deutlichem Mittelkiel. Vorderschenkel etwas verdickt, hinter der Basis deutlicli gebogen, unten gegen Ende mit kaum sichtbaren Körnchen; Vorderschienen auf der Unterseite mit einer Reihe spitzer Körnchen, die Spitze nach hinten kurz spornförmig vorgezogen; Fersengruben fehlen. Vorder- trochanteren unten etwas verdickt. Fühlerglied 1 kürzer als der Kopf; Glied 2 etwa LV-i mal so laug. Der vorigen Gattung und Crociaeiis Bredd. nahe ver- wandt. Jungliiihnidia crucnta n. spec. 9. Vorderfeld des Pronotums sculpturirt. Hell blut- rot, oben glanzlos. Flügeldecken zwischen den roten Adern leicht geschwärzt; Membran schwarz. Hinterleibsrücken nach den Seiten hin beim beschriebenen Stück schwarzbraun. Länge 12 mm. Schulterbreite 37^ "i'»- West-Java (Pengalengan). *) Dem Andenken F. W. Junghuhn"s, des beriiliinten Eifoisclieis der Insel Java, gewidmet. Sitzung rom 10. März 1903. 125 Physoderus serraticollis n. spec (/. Kopf so lang als das Halsschild; Fühlergruben etwa gleichweit von den Augen und von dem Kopfende entfernt; Fiihlerglied 1 das Kopfende ein wenig überragend. Vorderes Feld des Pronotums länger als das hintere Feld, und nur wenig schmäler als dieses, stark convex (sehr deutlich höher als das Hinterfeld), mit einigen spitzen Knötchen auf der Scheibe und am Rande mit dornen- ähnlichen spitzen Tuberl- schaffen Schott, sichelförmig. 2V2 mal kürzer als der ungeringelte Theil der Dentes. Abdomen IV öVa mal länger als Ab- domen III. IMesonotum staik gewölbt. Schuppen gerundet. — Gelblichgriin, liell. Schuppen bräunlich. Augenflecke und Stii'nauge schwarz, schwarz umrandet die Antennen- wurzel; Tibiotarsus des 3. Paares endwärts mit breiter schwarzer Querbinde (aussen), ebenso Tibiotarsus des 2. Paares, aber nur mit schwarzem Fleck, der die Aussen- seite nicht ganz schwarz färbt. Furca und Ventraltubus heller. — Länge des gestreckten Thieres ohne Kopf und Fm'ca 1 ,4 mm. 1 P^xemplar von Dr. Fülleborn bei Langenburg am Nyassa-See gesammelt. Diese schöne Art nähert sich durch den Bau der Älucrones den Arten Lep. fakifcr Schffij., L.pacliardi Schott und L. schaff er i Schott, ist diesen gegenüber aber gut durch die Bezahnung der Klauen, die relative Länge des tibiotarsaleu Spürhaares sowie auch die gelblichgrüne Färbimg gekennzeichnet. 22. Lepidocijrtus domestictts n. sp. Auch diese Form hat sichelförmige Mucrones. die etwa halb so lang sind wie der ungeringelte Theil der Dentes. Klauen schlank, mit 4 Innenzähnen. Ton denen die Proximal- zähue etwa in der Mitte der Innenkante stehen, der Ante- apicalzahn sehr klein, der zweite dagegen gross, spitz, nach Yorn gerichtet; Lateralzähne und auch 1 echter Aussenzahn 152 Gesellschaft natiirforsehcnder Freunde, Berlin. sind entwickelt. Empodialanhang lanzettlich, mit orerader Anssenlamelle, am 5. Paar etwas länger als die Hälfte der Klauendiagonale. Tibiotarsales Spürhaar dick, kurz, etwas länger als V* der Klauendiagonale (am 3. Paar). Antennen bis 275 länger als die Kopfdiagonale, 1:11: III: IV etwa = 1:1 V2 : 1 7r. ; 2. 8 + 8 Ommen. Abdomen IV 5—8 mal länger als III. Körper sehr lang gestreckt, auch der Kopf relativ lang. Mesonotum vorn mit einem Schopf feiner Keulenhaare; Antennen, Heine und Körperende dicht uud stark behaart; After von zahlreichen Keulenhaaren umstellt; Antennen- und I3eingiieder mit einigen besonders langen Haaren. Die Tergite von Thorax II und III bedecken ziemlich ganz die Hüftglieder namentlich des 2. und 3. Bein- paares. Rundschuppen, diese thcilweise sehr lang. — Schneeweiss, ausser den Augenflecken und dem Stirnauge völlig unpigmentirt. — Länge bis 2,3 mm. 1 Exemplar von meinem Freunde Gulinbkkg in seiner Wohnung zu Berlin im Januar 1903 gesammelt; 2 weitere Exemplare wurden von Ilerin Khausbaukr in Weilburg (Hessen) im August 1897 erbeutet und in seinem Werke p. 80, Anmerkung 2 als „Sira donuatica Nie. mit iMucrones ohne Anteapicalzahn" verzeichnet. Von Li'}!, flavovircns n. sp. untei'scheidet sich domcsticus n. sp durch die Klauen und die relative Länge des tibio- tarsalen Spiirhaares, ferner auch durch die Fäi-bung und die allgemeine Körpej'gestalt (namentlich auch den eigen- thiimlich langen Koi)f). Das verwandtschaftliche Verhältnis zu L. pacliardl Schott juuss erst noch näher festgelegt werden; sollten beide einer Art angehören? Sein- charak- teristisch ist für domcsticus n. sp die Gestalt und Grösse des 2. endvvärtigen Innenzahnes. Sectio Fseudosinella Schffk. (ut genus). (-f Protosirodrs C. B., Mcsosirodcs C. B.. Sirodcs Sciikfk.) 23. Lppklocijrtus (Vscndosiuclht) 8 puuctntus (C. B.) var. 2ncta n. vai*. Weicht, abgesehen von einigen unwesentlichen morpho- logischen Details, die von dem Altersunterschied der früher Sitzmifj vom 10. 3Iärz 1903. 153 Yoü mir beschriebenen, nur in 2 jungen Thieren vorhandenen llaiiptform und der von mir in Italien gefundenen Exem- l)lare herrühren diiiften. durch die Pigmentirung imd die etwas andere Stellung der 4 Ommen ab. Kopf. Antennen und Hiiftglieder. namentlich der ersten beiden Paare, zer- streut violett punktirt; Meso- und Metauotum sehr fein und undeutlich punktirt. Augenfleck rundlich viereckig. () Exemplare unter Blumentöpfen im Botanischen Garten von Palermo (5. April 1902). 1 am Earo bei Genua (20. März 1902) von mir erbeutet. 24. Lcpidocijrtus (Psatdoshuila) immaculatus (Lie-Pktt.) ab. tridenticAilata n. ab. Unterscheidet sich von der Hauptform (F. immacidata Lie-Pett.) durch das Voi-handensein von 3 Inuenzähnen an den Klauen, während deren jene nur 2 besitzt (nämlich die beiden Proximalzähne). Empodialanhang ist zugespitzt, seine Aussenlamelle in der basalen Hälfte breit. 1 Exemplar von mir unter einem Stein am Fusse des Monte Pellegrino gefunden (28. März 1902). 25. Lepidocyrtus (PsmdosineUa) fallax n. sp. Die Art hat mit L. (Ps.) scxocuhia Schott den Besitz von nur 3 + 3 Ommen gemein, ist aber dennoch nicht mit dieser verwandt, sondern sehr wahrscheinlich von einer anderen Art dieser Gattung ausgegangen und im Laufe der Peductionsentwicklung der Augen bei der gleichen Zahl an- gelangt wie jene. Sie unterscheidet sich durch folgendes: Antennen 1 7* mal länger wie die Kopfdiagonale. 1 : 11 : III : IV — 1 : 1 '/a — IV"? : iVö • 3. Klauen mit 3 Innenzähnen, von den Proxinialzähnen ist der äussere (vordere) bedeutend grösser als der innere (hintere). Empodialanhang lanzett- lich, fast halb so lang wie die Klauen diagonale (am 3. Paar). Tibiotarsales Spürhaar, welches an der Spitze nur schwach verbreitert ist. nicht ganz so lang wie der Empodialanhang (am 3. Paar). Abdomen IV 3 — 4 mal länger als III. üentes + Mucro iV-t mal länger als das Manubrium. Die 3 Ommen stehen jederseits dicht gedrängt am Vorderrande des Augenflecks, ziemlich diclit hinter den Antennen. 154 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Bei P. sexoculdta Schott (= P. voigtsi C. B.) stehen die Augen auf 2 getrennten Flecken, auf den vorderen 2. auf dem hinteren 1 ; Dcntes + Mucro gleich lang mit dem Manubrium; Abdomen IV 2-74nial länger als III; tibio- tarsales Spiirhaar -/s der Klauendiagonale; Proximalzähne der Klauen anscheinend ziemlich gleich gross; Antennen kaum länger wie die Kopfdiagonale, II kaum länger als III. Augenfleck schwarz, ähnlich wie bei L. odopuncMus (C. B), Kopf sehr spärlich fein violett punktirt; Antennen hell; Schuppen gelbbräunlich. Boi'sten bräunlich. Länge bis 1 mm. 1 Exemplar auf einem Acker zwischen Palazzo Adriano und Prizzi (Sicilia) am 2 April 1902, 7 Exemplare bei Palmi (Calabria) 9.— 11. April 1902. stets unter Steinen, z. Th. zwischen Ameisen, von mir gefunden. Subgenus Lepidocyrtinns subg. nov. Mesonotum nur wenig vorragend, Antenne III und IV secundär geringelt, Rund- und Spitzschuppen. Mucrones sichelförmig. 26. Lepidocijrtus (Lepidocijrtinus) anmäicornis n. sp. Körpergestalt die Mitte zwischen Sira und Lcpidocyrtus haltend, doch noch mehr Lepidoct/rtus-arüg,. Behaarung spärlich (yermuthlich schlecht erhalten). Keulenborsten namentlich auf dem Mesonotum und dem Kopfe, sonst sehr spärlich; Beine. Antennen und Furca dichter behaart; ebenso der Mundhügel. 8 + 8 Ommen. Proximalommen nur sehr wenig Ideiner als die übrigen. Klauen schlank, mit 4 Innenzähnen, deren Proximalzähne eben vor der Mitte (grundwärts) stehen; Lateralzähne kräftig, ähnlich wie bei Eiitomohnja dorsalis etc.; Empodialanhang lanzettlich, schlank, etwas kürzer als die Entfernung der proximalen Innenzähne von der Klauenbasis (aussen gemessen) (am 3. Paar); tibiotarsales Spürhaar, stark am Ende verbreitert, um V^ — V-'^' kürzer als die Klauendiagonale (am 3. Paar). Furca gross, Dens (-f- Mucro) : Manubrium = l Ye : 1 '/s- Mucro sichelförmig, wie bei L. (Fscudosira) )i/jassicus n. sp., ca. 2'/4mal länger als der ungeringelte Theil der Dentes. Ab- Sitzinuj vom 10. März J.903. 155 dornen IV 3 Va— 5 74 mal länger als III. Antennen erheblich kürzer als der Körper, an dem einzigen Exemplar mit yoU- stäudigen Gliedern SVanial länger als die Kopfdiagonale, diese fast 4V2mal kürzer als die Körperlänge; Antennengiieder I : II : III : IV == 1 : 173 : 2V2 : SVs. Oft sind die Antennen unvollständig, einige Glieder verwachsen, so bisweilen I und II, oder II l und IV. Ventraltubus lang. Schuppen zumeist gerundet, selten zugespitzt, von sehr verschiedener Grösse. — Färbung weiss oder schwach violett pigmenth't und dann hellbläulich schiinmernd. mit vielen hellen Flecken dazwischen. Augenflecke, Stirnauge. Antennenbasis und zwischen diesen schwarz, ebenso die Hüftgiieder der Beine mit schwarzen dichtstehenden Flecken; Spitze des Femur und Tibiotarsus, und die Antennen violett. — Schuppen bräunlich. Länge bis 3.8 mm. 5 Exemplare von Dr. Flllebokn bei Langenburg am Nyassa See in einer klaren IMondnacht unter Bäumen (Lampenfang) erbeutet (16. August 1899). Die eben beschriebenen Thiere stellen die Hauptform dar. 2 weitere Exemplare die von Di-. Fülleisoijn in einer relativ trockenen Waldschlucht in Ukinga bei Marampa am '2\. und 22. September 1899 aus Mulm gesiebt wurden, unterscheiden sich einmal durch die relative Länge des tibiotarsalen Spürhaares des 3. Paares (: Klauendiagonale — 17'6 : 1). sodann durch die Färbung: die Antennengiieder und Beine bräunlich, Antenne III (und IV?) etwas violett angehaucht, I und II mit schwarzem Längsstreifen am Ober- rande; von den Beinhüften nur die des 1. Paares und die Hinterwangen des Kopfes (ausser den Augen) mit schwärz- lichen Flecken. Sie mag var. striata n. v. heissen. Das grösste Individuum misst 4,2 mm. Lc2)idoci/rtmus annulicornis n. subgen. n. sp. erinnert durch die Ringelung der beiden letzten Antennalglieder an VerJiocf/icUa AnsoLOX. unterscheidet sich von dieser aber durch nur 4 gliedrige Antennen, die relative Länge des 4. Abdominalsegmentes und durch andere in der hinten folgenden Bestimmungstabelle der Entomobrtjinen ausge- drückte Merkmale; ihn als Genus von Lepidocyrtus Bouul., C. B. abzutrennen, halte ich nicht für angemessen. 156 Gesellschaft naturforschemhr Freunde, Berlin. Genus Heteromurus Wankkl, Absolon. Subgenus Heteromurus s. str. Absolon. 27. Heteromurus tetrophthalmus n. sp. Diese durch 2 + 2 Ommen charakterisirte Art ist sehr nahe mit //. nitidus (Templ.) verwandt. Sie theilt mit ihr den Bau der Klauen, die 3 Innenzähne (davon 2 die beitannteu Proximalzähne) und jederseits einen deutlichen Basalzahn tragen; Empodialanhang schlank, spitz. Aussen- lamelle zum Unterschiede von H. nitidus und H. major (MoN.) ohne Zahn; tibiotarsales Spiirhaar nicht so lang wie die Klaue, anscheinend spitz (am 3. Paar). Mucro von normalem E72tomohr//incn-Ty\n\s, ca. Vs so lang wie der un- geringelte Theil der Dentes; diese (und Muci'o) etwa l'/zinal länger als das Manubrium. Abdomen IV iVsmal so lang wie III. Antennen fast doppelt so lang wie die Kopf- diagonale, I (primär) : II : III : IV etwa =1:2: 1"V4 : 3-/3; IV (primär) mit 8 — 10 sekundären Ringeln. Die beiden Ommen jederseits dicht bei einander liegend, auf gemein- samem kleinen Fleck oder für sich pigmentirt. Auf der Stirn und dem Vorderrande des JMesonotums finden sich mehrere Keulenhajire, sonst ist die Behaarung spärlich und zart, Schuppen länglich, gerundet, klein, sehr zahlreich. - Farbe ganz weissgelb. ohne braunes Pigment. — Länge des ausgestreckten Thieres ohne Furca bis 1,4 mm. 2 Exemplare unter Steinen auf dem Foro Romano in Rom (22. März 1902), 1 Exemplar unter einem Stein am Castello di S. Benedetto bei Palazzo Adriauo (Sicilia) (1. April 1902), 6 Exemplare unter Blumentöpfen im Botan. Garten von Palermo (5. April 1902) und 7 Exempl. unter Steinen in Olivenhainen bei Palmi (Calabria) (9. April 1902) von mir gesammelt. Diese Art stimmt mit //. docellatus Schutt, in der Zahl der Ommen überein, unterscheidet sich aber durch die Ringelung des letzten Antennengliedes. /2Ä Heteromurus caendcscens n. sp. Im Habitus stark an Arten der Gattung Fodura C= Tomocerus) erinnernd. Behaarung kräftiger als bei der Sitzung vom 10. März 1903. -157 vorhergehenden Art. lange Keulenborsten auf dem Kopfe, dem Vordeirande des Mesonotums und am Hinterende des Abdomens; Antennen, Beine und Furca dicht behaart. Schuppen diclit stehend, grössere und kleinere, gerundet, oft vorn einge]. Ätlurol)]^orus^\(^.'Yv\^.\^. (1\[) A. laricis Tullh.) b. Furca stets vorhanden. (1 Abdominalsegniente oder die beiden oder 3 letzten ISegmente verwachsen. Empodial- anhang stets vorhanden. a. Setae sensnales, soweit als solche erkennbar (am 1.-4. Abdominalsegment). vom normalen Spitz- borstentypuö. d, h. von (\v\' Hasis zur Spitze all- mählich verjüngt: 7. Jsotonui Bouhl.. C. B. (Tyjt. I. viridis Bouul.) ■^' Setae sensuales nudae. t G Abdoniinalsegmente: Subgen. Froisotoma C. H. (Tyj). /. miimta Tullh.) tt V. und VI. Abdominabsegment verwachsen: Subgen. Isotomina C. B. (Typ. I. agrcni C. B.) i"tt IV- — VI. Abdominalsegment verwachsen: Subgen. Folsomia i Willem) C. B. (Typ. /. fnuiaria (L.)). '^'■^' Setae sensuales serratae. 6 Abdominalsegniente: Subgen. Euisotoma C. B. (Typ. I. viridis Bourl.) |j. Setae sensuales wie bei den Tomoccrinoe und Eido- mohrywae, in ihrer ganzen Länge fein und allseitig gewimpert. je 2 Paar auf dem 2. — 4. Abdominal- segment. d Abdominalsegniente: 8. IsotottiHrifs gen. nov. (Typ. I. p(dustris (Mülllk)). 172 Gesellschaft nattirforschender Freunde, Berlin. Man ist versucht, die oben eruirten Untergattungen von Isotoma BouuL., C. B. als Genera zu betrachten, und zwar in erster Linie " und ""'". Da jedoch einige Arten von FAiisotoma C. B. (z. B. /. notahil/s Schffu.) den Beginn einer Verschmelzung der beiden letzten Abdominal segmente zeigen, ich ferner auch uiclit absehen kann, ob nicht viel- leicht Uebergänge zwischen "^'' und ^^ vorkommen, so halte ich es vorläufig für gegeben, die Gattung Isotoma als solche zu belassen. Isotoma xMlnstris (Mllr.) ist dagegen wohl als Vertreter einer selbständigen Gattung aufzufassen, deren Merkmal der feinere Bau und die Zahl der ab- dominalen Setae sensuales^) ist, die in völliger Ueber- einstimmuug mit denen der Tomocerl/nac und IJntomohryiuac steht, und bedenken wir, dass die Setae sensuales der Actaletlnae C. B. wie bei den meisten Isotominen nackt sind, so erscheint es um so mehr gerechtfertigt, auf Grund des angegebenen Charakters Isotoma palustris generisch ab- zutrennen. Sie leitet ohne Frage und ohne merklichen Sprung zu Alloschäfferia amjungcns (Schffr ) und durch diese zu den eigentlichen Ei/tomohri/inen über. In systematischer Hinsicht gehören bekanntlich die Entomohryinae Schffr., C. B. zu den schwierigsten Collem- bolen. Während man seit Tullberg und Sciiäfffr „schuppeuti'agende" und „nicht schuppentragende" Formen untersciiied und die Gattungen dieser Subfamilie in die Sectionen der „Pilosi" und „Squamosi" trennte, machte ich'-) darauf aufmerksam, „dass die schuppentragenden Foinien polyphyletischen Ursprunges sind", eine Anschauung, welche durch meine neuesten Studien befestigt worden ist. Während ich aber damals die Eniomohrjjhiac nach Untersuchung ihrer deutschen Vertreter in ^Enlomohryueformes'^ und ^.Lcpido- ^) Echte Setae sensuales (und zwnr nnckte, abstehende und an der Spitze schwach verdickte) fand ich auch unter den Achorutiden, ■/.. V>. bei Achorutes «riiidtiis Nie. in je 1 Paar auf dem Mesn- und Metanotuni. Sie sind jedenfalls weiter verbreitet und in(i,ulicher Weise nceionet, die Unterfamilien der Jsotoiiiinae, Fodurinae und Ei}toniobryume /.w Trilms herabzudrücken. ") cf. die sab ^) p. 1G5 citirte Arbeit. Sitzumj vom 10. März 1903. 173 ci)yiifon}u\s'' zerthoilen zu dürfen glaubte, bin ich jetzt auf Grund der Kenutniss fast aller hieher gehörigen Gattungen zu dem Resultat gelaugt, dass meio derzeitiger Versuch ehier Diagnostiziriing der Entomobryinengeuera sein Ziel nicht erreicht hat. Die Unterscheidungsmerkmale, welche ich für jene bei(hMi Gruppen angab. h;il)en sich iniLaufe meiner (Jüllembolenstudien als niciit sticidialtig erwiesen, wenn ich auch an m<'hrei'en meiner alteren Resultate noch festhalten jnuss. Ich wiederhole, dass Sinella Buook keine FMontohrija RoND. ist. dass Sira Lubb. die nächste Verwandte von letzt- genannter Gattung und FseudosincUa Schffr. nicht gleich Sira. sondern gleich Lepidocyrtus BoujiL. ist. Wenn ich damals die Entomobryaeformes und Lepidocyrtiformes hauptsächlich durch ihren Körperbau unterscheiden wollte, so weiss ich jetzt, dass dies unmöglich und unrichtig ist; der „mehr oder weniger dorsoveutral abgeplattete Körper" Ivomnit eigentlich nur Entomohr/jfc und Sira zu und nicht einmal allen Arten dieser Genera, und im Körperbau stinunen z, B. OrcheseUa Tkmpl., SiueUa Buook und He- tcromurus Wankel sehr auffällig überein. Vor allem ist es die Untersuchung einiger Eidomohr//a- Arinn [E. siiperha Krausi!., E. dorscdis Uzel. E. pundcola Uzel) gewesen, welche es mir plausibel gemacht hat. wenn Schäffeu') die Vermuthung auss[n'ichl, dass man in Zukunft vielleicht die Gattungen Sira und Lepidocijrtns nicht mehr würde aufrecht erhalten können. Die genannten 8 Entoniobry(^n unter- scheiden sich nämlich ähnlich von den anderen Arten der Gattung, wie Lcpidocijrtus von Sira, und zwar durch ihre Körpergestalt. Der sonst mehr oder weniger flache Körper der meisten E)domohrt/a- ArtGii ist bei jenen weit höher, und das Mesonotum ragt, namentlich bei erwachsenen Thieren, ähnlich weit über die Basis des Kopfes kapuzenartig vor, wie bei vielen Upidocijrten. Im specielleren rat he ich z. B. die auft'allend ähnliche Gestaltung des Ilinterrandes des IV. Abdominalsegmeutes bei den gewöhnlichen Eutomahrijcn und Sira einer — , bei den 3 anderen Eutomohrijcn und Lepidoci/rtus andrerseits zu beachten. ^) Die Collembola des Bismarck-Archipels, Arcli. f. Nat. 1898. ■174 Gesdlsclutf naturfwschender Freunde, Berlin. Bezüglich der Zusammengehörigkeit von CalisteJJa und Entomohrtja bin ich mir ganz klar; die. beiden UzEL'schen Entomobryen sind sehr nahe mit Kuausbauek's E. superha verwandt und an der Identität von dieser mit Calistdla supcrla Rt. darf wohl überhaupt nicht gezweifelt werden; die Angabe vom Vorhandensein von „silberglänzenden, hie und da in Querreihen augeordneten Schuppen" (nach einer brieflichen Mittheilung des Herrn Di-. W. M. Axelson allein von Reuter und nur an getrockneten Thieren beob- achtet), von deren Form niemals etwas ausgesagt wird, beruht meiner Ansicht nach auf einer Beobachtungstäuschung, denn die Existenz zweier im Uebrigen vollkommen übereinstimmenden Collembolen mit und ohne Schuppen ist mir vorläufig undenkbar, sollte sie aber doch statthaben, so resultirt dann die Nichtig- keit unserer systematischen Versuche. Weit schwieriger ist" die Frage zu beantworten, ob Sira und Lepidocijrtus zusammengezogen werden dürfen. Die mir bekannten Arten der eigentlichen ».S/ra-Gruppe zeichnen sich durch ein sehr beachteuswerthes Merkmal aus, welches ich gelegentlich der Diagnostizirung der von R. Heymons gesammelten neuen Sira villosa sp. nov. entdeckt habe. Ihre Furca entbehrt nämlich der Schupi)en und ist nur mit gewimperten (vielleicht auch einigen nackten) Ilaaren bekleidet. Es vereinigen somit die besagten Formen {S. pruni (Nie), huski Lunn., nigromaculata Lunu., platani (Nie.) und villosa n. sp.) 2 Merkmale (Spitzschuppen und Fehlen furcaler Schuppen), welche — wenigstens bis jetzt — eine Trennung der Gattung5/ra Lubb. \ on Lepidocyrtus BouKL. und ähnlichen Formen nicht nur möglich, sondern erforderlich machen. (Ferner sind Sira und Entomohrija ihrerseits durch den Besitz eines rundlichen, echten Sinnes- kolbens an der Spitze von Antenne IV ausgezeichnet, der bei den Lepidoct/rten bisher nur bei Pscudosira v/jassica n. sp. beobachtet werden konnte; wie mir Herr H. Agren |Lund, Schweden] freundlichst mittheilte, hatte er jenen Sinnes- kolben gleichfalls nur bei Sira und Entomohrija gefunden.) Dahingegen sind bei Lepidocyrtus Boürl., Fseudosinella SciiFFu. [nebst SectionenJ, Pscudosira Schutt und Lcpi- Sitzung vom 10. März 1903 -175 doci/rtimis subgen. nov. furcale, namentlich auch dentale Schuppen allbekannt; sie inseriren namentlich zahlreich auf der Ventralseite der Furca, während dorsal meist nur Haare gefunden werden. Alle diese Formen haben ferner fast durchweg „Rundschuppen" und nur selten „Spitz- schuppen", wie z. B. Lejx pidus Schffr.. der sicherlich in diese Gattung gehört und nicht, wie ich früher glaubte, eine Sira ist; dies nimmt uns heute aber um so weniger Wunder, als wir auch innerhalb der Gattung Paroneüa Schott, Schffr. Arten mit Rund-, und eine Art (P. dahli Schffr.) mit Spitzschuppen kennen. Durch das furcale Schuppen- kleid nähern sich die Formen der Lepidocyrtus-Gvn^^Q einigen anderen schuppentragenden Generibus (Heteromurus, Cijphoderns ; es kommt auch Paronella und Campylotliorax zu), es ist dies Merkmal aber kaum von höherem Werth und beweist uns nur, dass Sira Lube. kein Lepidocyrtus, andrer- seits PseudosineUa, Pseudosira und ?Mesira Stscherbakow keine Sira sind. Von diesen letzteren ist PseudosineUa Schffr. (-f Sirodes Schffr., Protosirodes C. B., Mesosirodes C. B ) ganz unzweifelhaft ein Subgenus von Le2yidoe/jrtus BouRL. . was mir aufs deutlichste einige neue Arten , wie Pseudosin. fallax n. sp. und P. octopunctata C. B. var. pida n. v. gezeigt haben. Die Länge des ungeringelten Theiles der Dentes zur Mucrolänge variirt bei ihnen, sodass eine Trennung von Lepidocyrtus unmöglich ist; überein- stimmend ist bei beiden übrigens auch die Körpergestalt (mehr oder weniger vorragendes Mesonotum) nnd die geringe Länge der Antennen, die unter echten Lepidocyrten unseren heimischen Arten, wie L. lanuginosus Tullb., cyaneus Tullb. etc. zukommt. In ganz besonders nahe Verwandtschaftsbeziehungen werden die Genera Lepidocyrtus und Sira nun weiter durch die Gattung Pseudosira Schott gebracht, die ich auf Grund der einen neuen Species (P. nyassica n. sp.), welche ich bezüglich einiger, von Schott für seine Species nicht er- wähnter und wichtiger Eigenschaften habe prüfen können, als Subgenus zu Lepidocyrtus Bourl. stelle, obwohl es Schott und Schäffer zu Sira Lubb. gebracht haben. Pseudosira 3t* 176 Gesellschaft luitiirforschender Freunde, Berlin. mjassica n. sp. theilt mit Lepiäocyrtus das Vorhandensein von Rundschuppen und des furcalen Schuppenkleides, ähnelt aber den echten Siren durch die allgemeine Körper- gestalt, was anscheinend auch für Pseudosira elcfjans Schott gilt. Fraglich ist noch das Genus Mesira Stschehbakow, vermuthlich aber synonym mit Pseudosira Schott. — Die Frage, ob Lepidocyrünns subg. nov. nicht besser als Genus zu betrachten sei, scheint mir im Hinblick auf Heteromurus Wankel, in welcher Gattung Arten mit secundär geringelten und einfachen Antenuengliedern vor- kommen, und die relativ enge Verwandtschaft mit Lepi- docyrtus in dem von mir oben angenommenen Sinne beantwortet werden zu müssen. Wollen wir doch bei all unseren systematischen Untersuchungen nicht nur neue Genera und Species imd Varietäten aufstellen, als vielmehr ia erster Linie ein natürliches, ein Vervvandtschaftssystera der zahlreichen Formen ermitteln, in dem „Genera- und Speciesfragen" nur eine untergeordnete Rolle spielen. In der folgenden Bestimmuagstabelle habe ich leider nur au einigen Stellen gleichzeitig die Verwandtschaft der einzelnen Genera auszudrücken vermocht. Sie verfolgt in erster Linie nur den Zweck, die bisher noch unangenehm bemerkbar gewesene Schwierigkeit, resp. Unmöglichkeit einer Bestimmung vieler Entomobryinen-Gattungen zu be- seitigen. Bestimmungstabelle der bisher bekannt gewordenen Gattungen und Untergattungen der Entoniohi'yiiiae SCHFFR., C. B. A.Keine Keulenborsten, keine Schuppen, Mucro wie bei den Isotominae, Antennen 4gliedrig, Abd. III und IV nicht erheblich verschieden lang. Klaueninnenkante einfach? a. Dentes ohne Dornen, Abd. IV mit 2 sehr langen Borsten auf dem Rücken: L Alloschaefferia gen. nov. (Typ. Isotoma conjugens Schffr.) b. Dentes mit Dornen, Abd. IV ohne jene Borsten: 2. Tomocerura Wahlgren. (Typ. T. picta Wahlgken.) Sitzung vom 10. März 1903. 177 B.Mit Keiileuborsten, mit oder ohne Schuppen, Mucro verschieden, Antennen 4 — 6gliedrig, Längenverhältniss von Abdomen III zu IV ver- schieden, Klaueninnenkante normalerweise in der basalen Hälfte gespalten. I. Dentes ohne Doppelreihe spitzrippiger Schuppen. a. Mucro plump; Dentes ungeringelt ; distal wenig oder nicht verschmälert. * ohne Schuppen, Dentes distal (in der Nähe des Mucro) mit einem schuppenförmigen Anhang, Antennen etwa 2mal so lang wie der Körper: 3. Cremastocephalus Schott. (Typ. C. trilohatus Schott.) *"" mit Schuppen. •f Dentes wie bei No. H, Antennen 3 mal so lang wie der Körper, Abdomen IV 9 mal so lang wie III: 4. Campylothorax Schott. (Typ. C. longicornis Schott.) tt Dentes ohne jenen distalen schuppenförmigen Anhang, mit langer (nackter oder gewimperter) Dornenreihe; Antennen kürzer oder länger als der Köper, Abdomen IV 4 mal länger als III : 5. Paronella Schott, Schffu. (incl. Trichorppha Schott) (Typ. P. fusca Schtt.) b. Mucro vom Entomobryen- Typus, klein; Dentes geringelt, distal allmählich und ziemlich erheblich verschmälert. a. Abdomen IV (in der Rückenmittellinie gemessen) kürzer als III; mit Schuppen. Ungeringelter Theil der Dentes vielmal länger als der Mucro, dieser ohne Basaldorn (nach Schäffer): 6. Leindophorella Schffr. (Typ. L. flavescens Schffr.) }. Abdomen IV so lang oder länger als III. * Dentes ohne Dornen, ö Antennen 4gliedrig. 3t** 178 Gesellschaft nnhtrforschender Freunde, Berlin. O Tibiotarsus nur am 3. Beinpaar gegenüber der gespatelten Spür- borste mit 1 nackten Spitzborste. 0, Antenne IV ungeringelt, oder III und IV geringelt und dann Abdomen IV SVs — 4 72 mal länger als III. •f* Furca ohne Schuppen, nur mit Haaren bekleidet. cT Ohne Schuppen. ■^ Abd. IV etwa gleich lang mit III: 7. Corynothrix Tullb. (Typ. 0. borealis Tüllb.) *^ Abd. IV 3 — 11 mal länger als III: 8. EntoTYiobrya Rond. (Typ. E. muscorum Nie. !) (Zu dieser Gattung ge- hören noch: Brepanura Schott, Calistella Rt. und ? Salina Macg.) ./ cf Körper mit Spitzschuppen. Abdomen IV 3— 7(?)mal länger als III: 9. Sira Lubb. (Yy]}.S.nigromaculata'L\]BB.) ^f Furca, namentlich auf der Ventralseite, mehr od weniger dicht mit Schuppen, dorsal mit zahlreichen, verschieden- artigen Haaren bekleidet; Rund-, selten Spitzschuppen: 1 0. Lepidocyrthus Bourl. , C. B. (Typ. L. hnuginosiis Tullb.) a. Mesonotum nicht vorragend, Körper5'/ra-ähnlich, Mucrones sichelförmig, Antennen III und IVungeringelt; Rundschuppenj : Sitzumj vom 10. März 1903. 179 Siibgen. P5eM£?o5^Va(ScuÖTT)C.B. (Typ. L. nyassicus n. sp.) Hierher wahrsclieiolich noch Mesira squamoornata Stscher- BAKOW. b. Mesonotum mehr oder weniger vorragend, (Meso-) Thorax in folgedessen höher als breit Antennenglieder imgeringelt Rund-, sehr selten Spitzschup pen, Antennenlänge verschie den, 0 — ^16 Ommen: Subgen. Lepidocyrtus s. str. (Typ. L. lamiginosus Tullb.) (Hierher als Sektion: Pseudo- sinella Schffr., deren Unter- sektionen: Sirodes Schffr., Protosirodes C. B. und Meso- sirodesC. B. eingezogen werden.) c. Mesonotum nur wenig vor- ragend, Antenne III und IV secundär geringelt, Rund- schuppen, Mucrones wie bei a: Subgen. Lepidocyrtinus subg nov. (Typ. L. annulicornis sp. n.) vQO Antenne IV geringelt, lang. Abd. IV nur wenig länger als III; mit Schuppen: 11. Typhlopodura Absolon. (Typ. T. cavicola Absln.) iutf(m(»;p(inis o Punktierung ziemlich dicht und I5HEDD. BaUClldcST' , ,,. ^ , ...«^ . TT 1 1-11 i ••! (II, vn, VIII, zweitos, o''^l>- Hiuterhalftedes Halsschildos truhe siebentes, achtes Hin- und verwaschen olivengrünlich; die terleibssegmeiit, Ge gchulterdomen (obeu) und eine sie ver- bindende gerado Querbmde, sowie der Samn des Hinterrandes schwarz. Schildchen gelblich mit verwaschen blutrothem Scheib(Mifleck, der ringsum schwarz- braun umi-andet ist. Corium verwaschen und trübe pechbraun. Variirt: Schulterdornen deutlich nach vorn gebogen-). Fühlcrglied 2 bald mehr bald weniger deutlich länger als Glied 3. Länge (mit Halbd.) cf 107-t-llV4, ¥ 127.1— I2V4 mm; Schulterbr. eine heller. Die Schulterdornen und das Corium nach dem Endwinkel zu \erwasclien [»echbraun. Ein glatter schief gestellter Querfleck am Ende der Rinuila orangegelb. Die äusserste Sclmabelspitze, und die Endecken des 3.. 4. und 5. sowie des 7. Connexivsegments oben und unten schwarzbraun. Membran hyalin mit ganz verwaschener, grauer Schattenzeichnung und einem schwärzlichen schiefen Streifen, der den Aussenrand in der Mitte trifft. Rücken verwaschen blutroth. nach der Basis zu orange. Länge (mit Halbd.) lOVi. Breite des Halssch. 7'/-' mm. Neu-Guinea (leg. Schütz. Berliner ]\[useum). Dichohothrium n. gen. Kopf klein, unpunktirt. mit undeutlichem, nicht ge- schärftem Rand, die Stirnschwiele von der sehr schmalen Basis an nach vorn sehr deutlich erweitert. Wangen convex. Wangenplatten schmal linienförmig. mit der Wange zugleich (von der Seite gesehen) bogenförmig gekrümmt, hinten all- mählich verschwindend. Hinter den Schultern gelegener Theil des Halsschildes horizontal, der davor gelegene nach vorn stark abfallend. Pronotuniseitenrand sehr stark drehrund (teres) (die Randlinie daher vollkommen getilgt), Punktirung des Pronotums diesen gerundeten Rand nie erreichend. Cicatricalgegend als etwas convexes, unpunklirtes Querband ununterbrochen durchlaufend. Die davorliegende vordere Randung des Pronotums schmal, niedergedrückt mit wenigen (meist einreihig geordneten) Punkten. Schildchen länger als breit, mit schmalem Spitzentheil. Bauch scharf gekielt, der Basaldorn bis an die IMittelhüften vorgezogen, an- gedrückt, so hoch wie das hintere Ende der Brustplatte. Brustplatte hinten bis zwischen die Mittelhüften, vorn bis vor die Vorderhaften reichend, bis nahe an ihrejn Vorder- raude an Höhe allmählich zunehmend. Randkiele des Prosternums ziemlich deutlich, nac-ii vorn niedriger werdend. 208 Gesellschaft naturforschenäev Freunde, Berlin. Ostiolenfurche lang, gerade. Bauchseilen unpiinktirt, beim Weibchen, auf jeder Seite auf der Grenze des (i. und 7. AbdoniinaJsegments mit einer kreisrunden, grossen und tiefen, durch die etwas erhabene Incisur in zwei etwa gleiche Hälften getheiiten Copulationsgrube. Von Sastragcda durch die Ausdehnung der Brusti)latte und das Vorhandensein von Copulationsgruben beim Weibchen, durch letzteres Zeichen auch von ElasmosMlnis leicht zu unterscheiden. Von Stictocarcviis ausser den oben angegebenen Unterscheidungsmerkmalen, durch den ganz abweiclienden. an SasUxujala- und Ehsmosfctlnis- Arten er- innernden Habitus unterschieden. ^) Dichohothrium snstragnloides n. spec. cf ^ . Habitus einer kleinen Sastrar/ala mit langen, flachgedrückten (nicht drehrunden) nach aussen vorgezogenen Schulterdornen. Nebenaugen von einander etwa l'/2mal so weit entfernt als von den Augen. Pronotum massig dicht und stark punktirt. vorderer Seitenrand sowie der Hinterrand flach gebuchtet. Schild mit ziemlich flaclier und weitläufiger, Corium mit ziemlich grober, dichter, etwas zusammenfliessender Punktirung, das Costalfeld viel feiner und nur ganz weitläuftig punktirt. Hinterleib von der Basis an nacli hinten fast geradseitig verschmälert; End- ecken des 7. Segments in beiden Geschlechtern spitzwinklig vorgezogen. Fühlerglied 2 in der Länge variabel: kaum länger oder sehr deutlich länger als Glied 3. Glatt glänzend, hell honiggelb. Die Hinterhälfte des Pronotums und das Schildchen dunlvel pechbraun, Clavus und Corium etwas heller; die Schulterdorneu schwarz. Ein grosser undeutlich bogenseitig-dreieckiger Diskalfleck des Schildchens sowie jederseits ein kleines Fleckchen in den Basalwinkeln und wenigstens die äusserste Spitze honiggelb. Das Costalfeld des Coriums (hinter dem Ende der Ptinuila keilförmig längs des Costalrandes auslaufend und die Eiid- ecke des Coriums nicht erreichend) honiggelb. ]\Iembi'an verw'aschen schwärzlich; der innere Bas;ilwinkel (selir ') Weitcrc Untcrscliicdo von Sfic(i)C(ircni(s s. p. 'Jll Aiuii. SUzimfj vom 12 Mal 1903. 209 schnial) und ein gröii^yerer Fleck ;tii der Mitte des äusseren llaiides tluukler; ein Fleckchen im äusseren Basalwinkel und eine von dort iinch der Mitte der Membran hin ziehende seliräge Fleckchenbimle, sowie ein verloscheiier Sj)itzenfleck weisslich-liyalin. Hinterleibsrücken verwaschen roth, die l^ndeckeii des 7. Segments oben bUitroth. Fiibl<'r rostgell), das letzte Glied dunkler. c/*. Der sichtbare Theil des 8. Bauchsegments in (V^y iMille leicht gebuchtet, an den Seiten gerundet. Unterer Endrand des Genitalsegments breit und flach gei'UU(h't. V'ariirt : a. Schulterdorn deutlich nacli hinten gekrümmt. b. Die pechbraune Farbe auf Pronotum, Schild und Corium durch lichtes Rothbraun ersetzt. Schulter- doruen aber schwarz. Länge (mitHalbd.) 9-973, Schulterbreite 5 V.-, G'/r.mm. West-Java [Gede-Gebirge, 8000'. leg. FKuriSToKTKii, August 1892 (Berliner Museum und m. Sannnlung)]. Dichohothrium tenuisp intim n. spec. cj" $ . Kleiner und verhältnissmässig kürzei' als die vorige Art. mit stärker gebogenen Hinterleibsrändern und ganz anderer Form der Schulterdornen. Diese leicht nach aufwärts und vorwärts gerichtet, dick konisch, plötzlich in eine schlanke, drehrunde Dornenspitze ver- schmälert. Punktirung des Pronotums nnd Schildchens inässig grob und diclit, mit eingemischten flachen Quer- runzelchen; die Schildmitte etwas weitläufiger punktirt. Costalfeld des Coriums auch hier spärlich punktirt, ein bi'eiter Längssti-eif an der Innenseite der Rimula glatt, un- jHinktirt. Nebenaugen von einander etwa doppelt so weit entfernt als von den Augen. Fühlerverhältnisse wie bei der vorigen Art. — Hell honiggelb. Pronotum und Schildchen schwarzbraun punktirt. Hinteihälfte des Pro- notums und das Schildchen sehr verwaschen schmutzig bräunlich, das Schildchen nach der Basis zu dunkler pech- braun; zAvei etwas verloschene Fleckchen nahe der Basis und die Basalwinkel sowie die Schilds})itze weisslich-gelb. llal])decken hell li(iniggell). der Glavus, das basale Fünftel 210 Gesellschaft natu r forschender Freunde, Berlin. des Coriums (ausser dem schmalen Rand), das innen längs der Clavusnalit lang keilförmig nach hinten ausläuft und eine bi'eite. schiefe Binde längs der Membrannaht (in der Mitte in einer kurzen, zahuartigen Erweiterung gegen das Ende der Rimula hin vorspringend) dunkel schwarzbraun. IMembran wasserhell-liyalin, hinter der Mitte mit einem bogenförmigen ganz yerloschen rauchgrauen Querband, das etwa in der Mitte des Aussenrandes in einen dunkleren grösseren Fleck endigt; nach dem Basalwinkel zu noch 2 — 3 kleine ver- loschene Fleckchen. Die Schulterdornen oben und hinten, die Endecken des 7. Hinterleibssegments, sowie einige Zeich- mmgeu der weiblichen Analplatten schwarzbraun. Fühler schmutzig und verwaschen rostgelblich; Glied 2 wenig länger als Glied 3. cT. Der sichtbare Theil des 8. Abdomiualsegments in der Mitte deutlich eingebuchtet, an den Seiten gerundet. Unterer Eudrand des Genitalsegments breit- und etwas gestutzt-gerundet. $. Copulatiousgruben , wie bei voriger Art, sehr auffallend. Länge (mit Ilalbd.) 1^/^ — 1-/?., Schulterbreite 47^' bis 572 mm. West-Java [Gede-Gebirge, 8000", leg. Fkumstorfer, August 1902 (Berliner Museum und m. Sammlung). JDichohotlirium elasmostcthoidcs n. spec. ? . Im Habitus an einen Elasmostcthus. etwa grisnis L., erinnernd. Hinterleib von der Basis an nach hinten sehr flachbogig verschmälert. Schultereckeu deutlicli winkelig nach aussen vorragend und etwa einen Winkel von 70 — 80" bildend, un bedornt. Vordere Seitenränder des Halsschildes fast gerade. Punktirung des Halsschildes und Schildchens ziemlich fein und massig dicht, vielfach iu kurze Querlinien geordnet. Punktirung des Coriums fein und sehr weitläuftig, besonders im Costalfeld und in der Nähe der Rimula. Endecken des 7. Hinterleibssegments im ganzen nahezu rechteckig, der freie Rand der Innenseite leicht gerundet erweitert. - H
uni\lirt; diese Punktirung lliesst SitzMKj roiii l:>. Mai 1903. 211 auf der nititorliälfto dos Pi'onotuiiis zu (^uerlinieu zusammen und lässt diesen Theil dunlder erscheinen als die Vorder- hälfte. Der Schultorfortsatz oben goröthet, die Spitze pech- scliwarz. Schildchen mit weisslicher Spitze, die Grundhälfto verwaschen schwarzbraun, vier gelbliche Fleckchen (wie bei voriger Art) einschliessend. Halbdeciien sehr hell gelb. Clavus, das basale Viertel des Coriums (ausser dem schmalen Randfeld), das innen längs der Clavusnaht lang kielförmig nach hinten ausläuft, und eine schiefe Binde längs der Membrannaht (innen breiter als aussen und dort eine hellere Stelle einschliessend) schwarzbraun. Membran hyalin; ein ganz verloschen, rauchgraues bogenförmiges Querband hinter der Mitte, das um die Mitte des Aussenrandes in einen dunkleren Flecken endigt, und einige Fleckchen nach dem Innenwinkel zu von derselben Farbe. Hinterleibsrücken in der Mitte und am Ende hell-blutroth; die Endeckeu des 7. Hinterleibssegments (oben und unten) dunkel blutroth. Fühler etwas trübe hellgelb; Glied 2 erheblich länger als Glied 3 (wohl variabel?); Glied 4 und 5 nicht erhalten. Länge (ohne Halbd.) l^f-i, Schulterbreite 47'! mm. Ost-Java [Tengger Gebirge, 4000", leg. Fuuiistoufer (1 Stück, Berliner Museum)]. Stictocarenus ligatus Er. ') Uhijnchocoris ligata Er. 1842. = Cuspicona? taeniola Dall. 1851. ^=: Stictocarenus tneniola Reut. 1881. Das typische Exemplar Erichsoxs im Berliner Museum ^j Stictocarenus StaL unterscheidet sicli Dichohothrium m. ihircli folgende Merkmale: Bei Stictocarenus ist das Pronotum eben und als Ganzes und zwar nur sehr sanft, nach vorn geneigt, der Kih'per daher oben sehr erheblich flacher, der Pronotuniseitcnrand sehr deutlich als schmaler Kiel abgesetzt, fast blattartig geschäift. Die Punktirung des Hals- schildes erstreckt sich bis unmittelbar auf diesen Randkiel, die beiden unpunktirten Cicatricalfelder sind seitlich und vorn von breiten, ver- worren punktirten Feldern eingeschlossen, der Vorderrand vollkommen eben, niclit abgesetzt. Kopf oben ganz eben, dicht punktirt mit deutlich geschärftem Rande, die Stirnschwiele gleichbreit durchlaufend. Wangen nicht der Länge nach convex, die Wangenplatten mit ganz geradem Rand, nach hinten zu an Hc'die niclit abnehmend und an der Kopf- basis plötzlich gestutzt abbrechend. Bauchseiten punktirt. Im Habitus an DitoDWtai sus und Stanralia. erinnernd. 212 Gesellschaft na f urforschender Freunde, Berlin. ist ein Mcänuchen, der Pronotiimrand ist einfarbig, sonst stimmt es durcliaiis mit den Besclireibiingen des St. tacniola bei Dallas und Reuter überein. Der Bauch zeigt jederseits der Mitte eine durchlaufende eingedrückte Längsliuie, die nach innen zu auf jedem Segment von einem flachen hell goldgelben Längskielchen begrenzt ist. Das zwischen diesen Längswulsten gelegene Mittelfeld des Bauches glatt, sehr spärlich und fein punktirt. die ausserhalb davon gelegenen Felder dicht und stark runzelig punktirt. Der von Reuter beschriebene „dens obtusus pilifer ])rominens" in der Mitte des „segmentum genitale maris primum" gehört, nach meiner Untersuchung, nicht diesem (d. h. dem 8ten) Abdominalsegment, sondern dem darunter versteckten eigentlichen Genitalsegment an. Proctophantasta n. gen. Kopf oben eben, grösstentheils glatt, mit schmalem aufgeschlagenem Rand, vor den Augen buchtig verschmälert, die Spitze massig breit, die Lappen gieichlang, der mittlere gleichbreit durchlaufend, vor dem Ende mit rinnenförmigem Längseindruck; Wangenplatten selir niedrig, kielförmig, unweit der Kopfbasis plötzlich nach aussen umbiegend und divergent bis zum Kopfgrund verlaufend, eine grubenartige Vertiefung einschliessend. Halsschild convex, sanft nach vorn gewölbt-geneigt. Der Vorderrand, sowie der vordere und hintere Seitenrand des Pronotums fein fadenförmig ver- dickt und durch eine eingedrückte, punktirte Linie von der Scheibe abgesetzt; der Hinterrand leicht gebuchtet. Das glatte, querbind enartige Cicatrikalfeld ist hinten durch eine vertiefte Punktlinie begrenzt. Schildchen so lang als breit, mit massig breitem Spitzentheil. Corium ziemlich kurz; der Endi'aud in der Mitte stumpfwinklig gebuchtet, die Endecke abgerundet. Bauch mitte nicht gekielt. Bauchgrund ohne Dorn. Mittelbrust mit sehr feinem und sehr niedrigem, nach vorn kaum merkbar erhöhtem Mittelkiel. Prosternum ein gleichseitiges, von feinen Seitenkielen eingeschlossenes, vertieftes Dreieck bildend. Ostiolenfurcheu sehr kurz. Hinterleibsrand gerundet, unbewehrt; die Endecke des G. Segments nach hinten in eine scharfe Spitze ausgezogen; Sitzung rnui 1;?. Mai 1903. 213 (las 7. Segiuent (bei beiden Geschleclitem) mit zwei sehr lang nach hinten A^orgezogenen. leicht aufwärts gebogenen, überaus schlanken Dornfortsätzen be- wehrt. Fühler schlank; das 1. Glied das Kopfende kaum überragend; das 2. Glied (bei den bekannten Arten) gleicli- lang oder länger als Glied 3. Schnabel den Baucligrund überragend; Glied 1 die Kopfbasis nicht erreichend. Unter- seite der Vorderschienen etwa auf Vs ihrer Länge mit einem winzigen spornartigen Dörnchen bewehrt. Schenkel beim c^ etwas keulig verdickt. Zweites Tarsenglied breit und etwas flachgedrückt, 172- bis 2mal so lang als das Basalgiied. Im Bau der Mittelbrust und der Tarsen an Änischys Dali, sich anschliessend, durch die Wölbung und Randimg des Pronotums und den Halntus mehr an Microäeuterus Dali, erinnernd. Prodopliantasta colax n. spec. $ . Kopfoberseite vor den Nebenaugen mit einigen feinen Punkten; Stemmata von einander etwa doppelt so weit (Mitfernt wie von den Augen. Pronotum mit massig feiner und dichter Punktirung und eingemischten flachen Runzeln und glatten Fleckchen. Schildchen beim Ueber- gang in den Spitzentheil sehr deutlich gebuchtet, der Spitzentheil an der Basis verhältnissmässig schmal (etwas länger als an der Basis breit), mit fast geraden, schwach nach hinten convergireuden Seiten und ziemlich unvermittelt abgerundeter, massig breiter Spitze. Grundhälfte des Schildchens ziemlich grob punktii"t, die Punkte nach den Schildwinkeln zu gedrängt, nach der Mitte zu nur vereinzelt stellend. Ein grösserer, querovaler Fleck hinter der Schild- mitte glatt; der Spitzenteil fein und dicht punktirt, mit glatter Randlinie des Seitenrandes. Punktirung des Coriimis ziemlich fein und, besonders in der Aussenhälfte, sehr weit- läuftig. Fühler schlank, länger als der Körper (ohne die Abdomiuaklornen) ; Glied 2 erheblich länger als Glied 3. — Glänzend, weisslich-gelb. Die schmale Randuug der Stirn- schwiele und die Randlinie der Vorderhälfte des anteokularen Kopftheiles, ein damit verbundener Streif der (unteren) Kopfseiten über den Fühlergruben, sowie eine komplizirte 214 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. LängszeiclinuDg der Kopfsclieibe um die Nebenaugen und vor denselben, die als gerader Streif nach vorn fortgesetzt den äusseren Kopfrand vor (distalvvärts) der Mitte trifft, schwarz. Pronotum pechbrauu, nach vorn pechschwarz; der sehr schmale aufgeworfene Rand, zwei schräge, sub- marginale Längsbinden und eine, hinten schmal-linienartige und vielfach unterbrochene, vor der Mitte fleckenartig ver- breiterte Mittelbinde (die drei Binden durch die pechbraune, eingedrückte Puuktlinie hinter dem Cicatrikalfeld mehr oder weniger unterbrochen), einige Querrunzeln auf der Hinter- hälfte, zwei grössere Fleckchen unweit des Aussenrandes dicht hinter dem Cicatrikalfeld und zwei kleinere mit der Mittelbinde verfliesseude auf dem Cicatrikalfeld selber, unpunktirt, weissgelb. Die Punktirung des Schildchens pechbrauu. nach den Seiten hin und an der Spitze zu pech- braunen Flecken zusammenfliesseud, je ein Fleck der Schild- winkel, der grosse querovale, hinten linienförmig auslaufende Scheibenfleck und die Seitenränder des Spitzentheiles auf- fallend gelb. Halb decken trübe weisslich gelb, pech- braun punktirt; Aussenfeid nach der Spitze zu schön orange. Ein rundlicher Fleck vor und auf dem Ende der Rimula (innen), der schmale Endsaum des Coriums und der Schild- saum des Clavus schwarz. Seiten der Hinterbrust, und des Bauches, sowie das Ende der Hinterschenkel hell blut- roth; der Hinterrand der Hinterbrust sowie der Saum des Bauches weissgelb; die langen Hinterleibsdornen pech- schwarz. Einige Zeichnungen und Flecke der Mittel- und Vorderbrust schwarzbraun. Fühler schwärzlich; die Basi der drei letzten Glieder, sowie das zweite und erste Glied schmutzig gelblich; je ein Längsstreif des letzteren Gliedes aussen und innen und die Basis des 2. Gliedes pechschwarz. Hinterleibsrücken schmutzig orangegelb, nach den Seiten hin blutroth und pechbraun werdend und hier weissgelbe submarginale Flecke einschliessend. Connexiv hellgelb, mit braunem lunenrand. Membran hyalin. Länge (mit Abdominaldornen) S'/s mm, Schulterbreite 4 nun. Nordost-Sumatra [Tebing tinggi, leg. Sciiultheiss, 20. Februar 1884 (meine Sanmilung)]. SifzKiii) roiii /^'. 3f(ii 1903. 215 Fructophiintastii pscustcs n. spec. (/. Aehnlich der vorigen Art, die Seliildi'änder gorad- iiiiii;- (oliiie Ausbuchtung;) in den Spitzentheil sich fort- setzend. Der Spitzentheil plumper und an der Basis viel breiter liier (am Knde der Zügel) deutlich breiter als lang, die Seitenränder nach hinten (schwach bogig) stark convergirend, in die massig breit zugerundete Spitze allmählich umbiegend Stemmata von einander iVamal so weit ent- fernt wie von den Augen. Die Punktirung der Schildchen- basis au<;h in der Mitte dicht, mit Runzeln untermischt. Puuktirung der Halbdecken sehr viel gröber und dichter. Die Fühler etwas kürzer, das zweite Glied kaum merklich längin' als das dritte. Die Spitzen der langen Hinterleibs- dornen etwas nach innen gebogen. — Etwas trübe ocker- gelblich, die Punktirung pechbraun bis pechschwarz, mehr oder ^veniger zu Linien zusammenfliessend. Das Pronotum hinten, das Schildchen und ein verwaschener Fleck des Coriums vor und auf dem Ende der Rimula (innen) ver- waschen pechbrauii. Kleine Fleckchen in den Basalwinkeln des Schildchens, ein grosser querovaler Scheibenfleck, die Mittellinie hinter diesem Scheibenfleck und der ganze Eud- i'and der Schildspitze glatt, weisslich-gelb. Kopf mit wenigen schwarzen Punkten vor den Nebenaugen, sonst einfarbig; die Oberlippe schwärzlich. Unterseite mit Schnabel und Beinen hell weisslich-gelb; eine submarginale, schiefe Längslinie auf der Vorderhälfte der Propleuren und die feine Punktirung der Hinterhälfte schwarz. Bauch trübe und dunkel blutrolh. der Aussen- sowie der Endrand nebst den Abdominaldorneu weisslich-gelb Fühlerfarbe schmutzig gelblich, nach der Spitze zu in pechbraun und pechschwarz übergehend. Länge (mit Abdominaldornen) 6^5 mm. Sumatra [Seidang. leg. Puttfarkkn (llanibui'ger Museum)]. Froctoplianlasta satanas n. spec. cT. Schildränder geradlinig (ohne Ausbuchtung) in den Spitzentheil sich fortsetzend. Der Spitzentheil aus breitre Basis mit ganz geraden Seiten nach hinten zu sich schnell 216 Gesellschaft iiaturforschoider Fieuiide, Berlin. versohmälernd , die schmale Spitze gestutzt -genindet. Stemmata von einander etwa lV2mal so weit entfernt als von den Augen. Fühler schlank, lang; das zweite Glied etwa nm V^ länger als das dritte. Abdominaldornen sehr lang. Die Punktirung des Pronotums etwa wie bei P. colax, die dei' Halbdecken viel gröber; das Schildchen auch in der Mitte der Scheibe grob und dicht, etwas runzelig punktirt. — Oberseite schwarz. Vier Fleckchen im Nacken, ein Längsstreif zwischen den Ocellen, je ein Längsstreif in der Mitte der Jochstücke und eine dünne Längslinie der Stirnschwiele, sowie die Rand- linie des anteocularen Kopftheiles von den Augen bis zur Mitte, die Seitenrandlinie des Pronotums, eine schiefe, sub- marginale Längsbinde jederseits und eine Mittel binde der vorderen Pronotumhälfte (diese drei Binden durch die schwarze eingedrückte Pmiktlinie hinter dem Cicatrikalfeld unterbrochen), zwei Fleckchen des Cicatrikalfeldes und zwei Flecke dicht hinter diesem Feld unweit des Aussenrandes. je ein Fleck im Basalwinkel des Schildchens und eine mondsichelförmige (vorn concave) Querbinde hinter dessen Mitte (letztere Binde in der Mitte farblos punktirt). die Randliuie des Costalfeldes bis zur Mitte und ein ver- loschener verkehrt keilförmiger Längsstreif vor der Mitte des Coriums längs der Rimula (innen) weisslich-gelb. Unterseite mit Schnabel und Beinen weisslich-gell). Die Mesopleuren hinter der Mitte, die Metapleuren und der Bauch trübe blutroth; der Hinterrand der Meso- und der Metapleuren, der Bauchrand, sowie das ganze 7. Äbdominal- segment (ausser den schwarzbraunen Enddornen) schmutzig weisslich. Die Fühlerhöcker sowie eine von ihnen aus nach vorn verlaufende Linie der (unteren) Ko])fseiten. ein Punktfleck auf der äusseren Basis der Vorderhüftpfannen, zw^ei concentrische gebogene Bindchen auf dem Skapularfeld der Propleureu, sowie 1—2 verwaschene Zeichnungen der Mesopleuren jedei'seits pechschwarz. Schenkelenden ver- waschen und schmutzig orange; Schienen und Tarsen schmutzig gelblich, die Mitte der ersteren heller, das Tarsenende schwärzlich. Fühler schwarz, die Basis der drei letzten Glieder trübgelb, Glied 2 pech braun, Glied 1 ver- SitzuiHj roiii }■>. Mai. 1003. 2 1 7 waschen pechbraiiii, innen und aussen mit schwarzem Länj^sstreif. Län,i;'e (mit Ab(h»minal(loi'nen) S'A mm. Bornen (wahrscheinlicli Siidost-Borüeo, m. Sammlung). Proctophantasta diaholus n. spec. cf . Spitzentlieil des Schildchens etwa wie bei vorij^cr Art gebildet, die Punktirimg des Halsschildes eben so dicht und gleichmässig wie bei P. satanas. Schildchen längs der Mitte von der Basis an l)is zur Spitze ununterbrochen imnktirt, an der Basis giv'iber. au der Spitze feiner. Stemmata von einander nicht ganz doppelt so weit entfernt wie von den Augen. Alle drei vorderen Ko])f läppen gegen Ende löffeiförmig etwas vertieft. Fühlerglied '2 etwa 1 V2 mal so lang als Glied 3. Die Abdominaldornen viel kürzer als bei P. safancis. — Tief schwarz. Vier kleine Fleckchen im Nacken, ein kurzer Längsstrich zwischen den Ocelien. ein dünner Längsstreif der Jochstücke und die aehr feine Handlinie des Kopfes. 5 7 punktförmige Fleck- chen auf dem Cicatrikaltheil des Pronotnms und dessen feiner aufgeworfener Seitenrand, jederseits ein grosser, schiefer, unpunktirter Bindenfleck längs des Seiten- randes des Schildchens von der Basis an bis fast ans Ende der Zügel reichend und ein dreieckiges Fleckchen des Coriums im Aussenfeid hinter dem Ende der Rimula belegen schwefelgelb. Ein verkehrt keilförmiger Fleck im Innern der Basalhälfte des Coriums schmutzig weisslich, braun punktirt Die Unterseite des Kopfes, die Vorder- brust, eine breite (durch eine schwarze Linie unterbrochene) Querbinde der Mesopleuren längs dem Vorderrand, der Ilinterrand der Metaplcuren mit den hinteren llüftpfannen, der Endraud der Hüften, der Rand des Bauches (ausser der Basis) und das 7. Abdominalsegment (ausser den Dornen) glatt, elfenbein weiss. Der Fühlerhöcker und eine submarginale Linie der (unteren) Kopfseiten davor, sowie ein grosser viereckiger Fleck auf dem Skapularfeld der Propleuren schwarz, letzterer zwei gebogene, concentrische weisse Bindchen einschliessend. Trochanteren und Basis der Schenkel schmutzig weissgelb, letztere gegen Ende und 218 Gesellschaft miturforschender Freunde, Berlin. die Basis der Schienen sehr verwaschen pechbraiin; Schienen- mitte und Fühlerbasis schmutzig' gelblich; Schienenende. Tarsen- und Fühlerende schwarzbraun. Fühlerglied 1 aussen und innen und die Basis von Glied 2 schwarz. Länge (mit Abdoniinaldornen) 6V2 mm. Ost-Java [Tengger-Gebirge, leg. Fkuhstokfek (Berliner Museum)]. Microdeuter US javauus n. spec. cT- Kopf unpunktirt, vor den Augen tief gebuchtet, vor der Ausbuchtung wieder deutlich erweitert, plötzlich und unvermittelt in den flach-gerundeten Vorderrand über- gehend Schildchenrand von der Basis an bis fast zur Spitze sich nahezu geradlinig fortsetzend; die Spitze ziemlich schmal, abgerundet; Spitzentheil mit flachem MittelUiel. Schnabel das vierte Hinterleibssegment kaum ei-reichend. Bauchkiel scharfkantig, fast bis zum Hinterleibsende durch- laufend. Bauchdorn das Fude der Mittelhüften fast er- reichend. Ventraler Theil des 7. Abdominalsegments in der Mitte wenig länger als die beiden vorhergehenden Segmente zusammen. Fühlerglied 3 kaum dreimal so lang als Glied 2. Das Pronotum weitläufig und massig fein ])unktirt; das Schildchen mit noch etwas feineren Punkten, die sich in der Mitte der Scheibe und an den Seiten in leicht nadelrissig vertieften Querlinien anordnen. Punktirung der Halbdecken erheblich gröber, längs der Rimala ginnen) mit einem nach hinten verbreiterten glatten Längsstreif. -- Glänzend; schmutzig rostgelb mit pechschwarzer Punktirung. Die Grundhälfte und die Spitze des Schildcheus. ein ver- wischter Fleck des Coriums kurz vor der Spitze der Rimula (innen) und das Corium gegen Ende hin mehr oder weniger dunkel schwarzbraun. Vier glatte Fleckchen der Schild- basis (die äusseren in den Grundwinkeln) hellgelb. Membran gleichmässig dunkelfarbig; nahe der Mitte des Aussenrandes zeigt sich ein schwärzlicher Fleck. Freier Conuexivrand l)eclischwarz, im äusseren Basalwinkel jedes Segments ein schiefer, tropfenförmiger gelber Fleck. Unterseite trübe und verwaschen blutroth. Der Kopf unten, der Hinterrand der Meso- und Metapleuren, die Ilüftpfanuen (wenigstens Sitzuiifi vom 1:J. Mai 1903. 210 zum Theil), lliineu, Trüclianlerei], Sclieukelltasis und Sehucabel verwaschen gelb. Die Mittel brüst [)latte und der liauch nach den Seiten bin pecbbräunlich; letzterer mit tropfenförmigen, subiiiarginalen Flecken (wie das Connexiv) und jederseits zwei Reihen kleiner, glatter Warzen hellgelb. Die Hchnabelspitzc und der Rand der Wangenplatten schwarz. Beine schmutzig ockergelblich; Schienen gegen Ende und Tarsen leicht geschwärzt. Fühler trübe rostgelb (Glied 5 nicht erhalten). cT- 7. Abdominalsegment auf der Unterseite in der Mitte tief hyperbolisch gebuchtet; jederseits davon mit einer massig tiefen und weiten, schiefen Einbuchtung; die drei Buchten durch schlanke s|)itzwinkligc Zähne getrennt; End- ecken des Segments spitzwinklig (etwas weniger als ßO"), sehr deutlich vorgezogen. Länge (mit Ilalbdecken) 10 mm. West-Java (Sukabumi. 2000', leg. Fkuiistohfeu. (m. Sammlung)]. ()nc((contias n. gen. Kopf eben, mit den Augen deutlich breiter als lang, vor den Augen leicht gebuchtet verschmälert, das Ende ziemlich breit abgerundet. Nebenaugen von einander etwa so weit entfernt als von den Augen. Auf der Unterseite des Kopfes ist die Fühlergrube hinten und innen von einem gerundeten, fast senkrecht aufgerichteten Plättchen begrenzt, das als scharfes, sehr deutliches Kielchen sich nach der Schnabelwurzel hin verliert. Pro- notum fast eben, nach vorn geneigt; die vorderen Seiten- ränder deutlich plattenartig-geschärft, nicht gebuchtet; Schultern wenig vorragend, unbewehrt; Basalrand flach ge- buchtet. Hintereckeu ziemlich deutlich. Schildchen länger als breit, mit schmaler vorgezogener Spitze. Hinterleib die Halbdeckeu (in Ruhelage) seitlich nicht überragend, von der Basis an schlank und nur sehr leicht bogig verschmälert. Bauch mit starkem Mittelkiel, der Basaldorn lang, bis zwischen oder fast vor die Voi'derhüften reichend, von der Basis an stark abwärts steigend (nicht horizontal), gekrümmt, au der Spitze deutlich höher als die 220 Gesellschaft naturfwschemler l^reumle, Berlin. ^Ii< telhnistplattc. Letztere Platte stark geriiudet er- hoben, kurz A'or den Vorderhiiften am höchsten und dort viel höher als diese, das Ende der Vorderbrust nach vorn nicht überragend und hinten die Mittelhüften nicht er- reichend. Erstes Tarsenglied kaum kürzer als das zweite. Endecken des 7. Hinterleibssegmeuts beim c/* deutlich spitzwinklig ausgezogen. Bauchseiten des $ am flinter- rand des 6. Hinterleibssegments mit sehr deutlichem, am Vorderrand des 7. Segments mit einem undeutlicheren glanzlosen, flachen Grubeneindruck. Bei oberflächlicher Betrachtung an ein Acantlwsoma erinnernd, aber durch die im Druck lierYoigehobeuen Zeichen abweichend. Oncacontias hrunneipcnnis n. spec. cf $ . Kopf oben quergenrnzelt mit zwei Längsstreifen aus feinen Punkten vor den Nebenaugen. Pronotum mit weitläufiger, feiner Punktirung. nahe dem (flachen) Vorik'r- rand und zwischen den glatten Cicatrices etwas dichter punktfrt. Schulterecken mit abgerundeter Sintze. die vorderen Seitenränder leicht gebogen, vorn in eine kleine rechtwinklige Ecke zahnartig nach aussen vorspringend. Schild besonders um die Mitte der Basis sehr weitläuftig. die Halbdecken dichter und das Corium erheblich gröber punktirt. Zweites Fühlerglied nur wenig länger als das dritte. — Glatt, glänzend, etwas trübe gelb (beim lebenden Thier vielleicht hellgrün?), Unterseite heller. Ein Fleck des Pronotums jederseits auf der Schulterecke und das Corium verwaschen pechbraun. Das Randfeld des Coriums bis zur Rimula plicatoria (ausser der schwarzbraunen End- ecke) trübe gelb; ein daranstossender Längsfleck an der Innenseite des Rimulaendes elfenbeinweiss. unpunktirt. Membran hyalin. Fühler (5. Glied nicht erhalten) rost- braun, gegen Ende dunkelbraun. Endecken des 7. Ab- dominalsegments unten bei beiden Geschlechtern verwaschen pechbraun. Länge (mit Halbd.) 10-11 mm; Schulterbr. 5-5-/3 mm. Neu Seeland (leg. OverbiiCK. Museum Hamburg). Sit2>i)Hf vom 1L>. Mal 190.1 221 Gehöi't vielleicht als Farbenvarietät zu dem mir unbe- kannten Chiicx vittatus Fah. lil. Neue Coreiden der Gruppe Helcomeraria. Prioptijchomia n. gen. llalsschild jederseits in einen grossen, fliigeläbnlicbi'n. am Rande gesägten, nach aussen und leicht nach hinten vorgezogenen Plattenfortsatz verbreitert. Schildspitze ohne Knötclien. IMembran der Halbdeclvcn dicht netzartig geädert. Fühlerglied 1 kaum kürzer als Glied 4. letzteres sehr deutlich länger als Glied 3. Hinterschenkel des cf unten dicht hinter der Mitte mit einem Dorn und nahe der Spitze mit einem breiten Zahn; sowohl Dorn wie Zahn be- rühren die (eingeschlagene) Hinterschiene auf der Aussen- seite derselben. Hinterschienen leicht gekrümmt, oben und unten erweitert (auf der Unterseite nahe der Basis einen flachen, stumpfwinkligen Zahn bildend). Erstes Tarsenglied deutlich länger als die beiden distalen Glieder zusammen. Im Bau der Schenkel mit Elasmomia Stal zunächst verwandt. P rioptDcliomia euryptcra n. spec. cT. Die plattenförmigen Schultererweiterungeu des Prothorax in eine scharfe nach aussen und hinten ge- wendete Spitze ausgezogen, ihr vorderer Rand mit kleinen, ihr Hinterrand mit sehr grossen und unregelmässigeu Zähnen bewehrt. Basalrand des Halsschildes in der Mitte leicht gebuchtet. Hinterleib in der ]Mitte viel breiter tils am Grunde, die Flügeldecken (in Ruhelage) seitlich erheblich überragend. Schnabelgiied 2 kaum kürzer als Glied 4, Glied 3 bei weitem das kürzeste. Vorderschieneu nicht oder nur undeutlich erw^eitert, gleichbreit; Mittelschienen erst in ihrem Enddrittel spatelföi-mig erweitert. Hinter- schenkel aussen und innen mit je einer Reihe massig grosser Spitzhöcker und auf der Innenseite unten nahe der Spitze mit 1 ( — 2) Dornenspitzcheu; Dorn in der Mitte der Unter- seite kurz abgestumpft; Zahn nahe dem Scheukelende gross, 222 Gesellscluiff )uifiirfors(Jirii. Juni 100:1 233 (3), welche sich von bekannten Arten dieses Siibgenus da- durch auszeichnet, dass ausser den Proepisternen auch die Mesoepisternen und zuweilen auch die Metaejjisternen mit Grübchenpunl\ten besetzt sind. Andere Arten dieses Subgenus sind carlnatus Kl. nebst der Subspecies nigrocyancsccns ni. (welche Bates für violuccus Kl. hielt), violaccus Kl., irurpurcipennis m. nebst der Subspecies iväiicnsis (4), ferner virklanus m. und hrevicostatus Quedf. Auch die westafrika- nischen Arten liamiUonl Bates und cumcruuus n. sp. (5) gehören in dieses Subgenus, unterscheiden sich aber von den vorstehenden ostafrikanischen Arten und Unterarten dieser Untergattung durch das Fehlen der Chätoporen auf den Ventralplatteu. Zu Mcsotcffkis ist ausser dem mwita Harold nur noch Ic'mgamis n. sp. (6) zu stellen. Dieses Subgenus leitet zu Tcffhis i. sp. über. Das Vorhandensein von Chätoporen fühi-t auf Archotejflus und Stktoteffhs zurück. In dem Subgenus Tcfflus i. sp. lassen sich fünf Arteu- gruppen unterscheiden. Zur dd('(jorgnci-(jiVv\\)\iQ gehören (jracilentus m., tenulcolUs Faium. (den ich früher i\\v pkuiifrons Muuu. hielt), ildegorgiiel GuEU. und hacquanli Ciiaud. Zur megerlci-(3iV\\]}\}Q'. ftschcri m., chaudoirl Raffu. und mcgcrkl F. Zur Sansibar kns-(jV\i'^\iQ: nyasskus n. sp. (7), läUmanus m. und sansibarkus m. nebst den Subspecies sansibarkus m.. ftnitimus ni., gogonkus m. und praccursor n. sp. (8). Zur rc/cAflrcii'- Gruppe: rckhardl m. und dentkidutus Quedf. 7a\v 2cbulianiis-(av\i\i\)Q: transitionis n. sp. (9), scbidknius Raffr. und erlangerl n. sp. (10). Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf folgende kurz gefassten Diagnosen der neuen Formen: 1. Tcfflus (Archotefflns) gallanus n. sp. cT Von T. raffrayi Chaud. verschieden durch den schlankeren Körper, stärkere Rippen, weniger breite Streifen, kleinere Tuberkeln in letzteren, das weniger breite submarginale Interstitium ohne secundäre Rippe und den Mangel an 23-1: Ge.scUfichdft iiatKr/'oi-^c/u'iuU-r l'retiiide, Berlin. Grübcheupiiiikteu auf deu glatten Episternen. Querleisten der Streifen dichter stehend und zahlreicher als bei T. jamcsoni Bates. Länge des Körpers 32 mm. — Vom Gandjule-See in West-Galla, 5. Januar 1901 (Baron V. Erlanger). 2. Tcfflus (Stktotefflus) angnstipes n. sp. cT ^ • Dem T. hrcvicostahis Quedf. nahe verwandt, verschieden durch den kleineren und schlankeren Körper, den breitereu, oberseits etwas weniger grob gerunzelten Prothorax, dessen Hinterecken viel schärfer gewinkelt sind; ferner durch die gegen die Basis hin mehr verschmälerten Elytren, die bis zum Ende derselben ausgebildeten secimdären Rippen, die viel reichliclier punktirten Episternen des Prothorax und punktirten Episternen des Mesothorax; schliesslich durch die um mehr als die Hälfte schmaleren Vordertarsen des ]\Iännchcns. Kopf ganz dicht runzlig-punktirt. Länge des Körpei's 27 — 30 mm. — Aus Deutsch-Ostafrika: Süd-Uhehe zwischen Jringa und Mgololo, März 1899, und aus Ubena in Uhehe. April 1899 (W. Goetze). 3. T. uvinsanus n. subsp. Von T. angiistipcs durch die auf der Mitte glatte Stirn, den weniger tiefen Eindruck des Clypeus und den etwas breiteren Pi'othorax unter- schieden. Wahrscheinlich gehört diese Form als Subspecies in den Formenkreis von angustipes m. — Aus Konsi in der Landschaft Uvinsa, östlich vom Tanganyika-See, 2. November 1899 (Hauptmann Glauning). 4. T. (Stictolifl'his) purpurcipcnuis m., 8ub.«p. n. ivitucnsis. Dem T. xmrpureipcnuis recht ähnlich, aber ganz schwarz; die Elytren nach der Basis zu weniger gerundet und mehr ver- schmälert, ähnlich wie bei T. cannatiis und nigrocyancscens. aber die Rippen schmal und weniger hoch, als bei diesen Formen. Länge des Körpers 30 mm. — Aus Bri tisch - Ostafrika: Taruim llinterlande von Mombasa( F. Thomas). 5. T. (Süctotcjf lus) cumcrunus n. sp. Schwarz. Mit T. hamiltoni und carinatus nahe verwandt. Prothorax vor den rechtwiDkligen Hinterecken eingeschnürt. Prothorax kürzer und breiter als bei hamiltoni, vor den Hinterecken eingeschnürt. Flügeldecken stärker convex, siebente Rippe SitzKiiy vom !>. Jimi 1003. 235 schwach ausgebildet, ;iber deutlicher als bei T. raff'rai/L Alle Episternen glatt, nicht puüktirt. Länge des Körpers 35 mm. — Aus Südost - Kamerun: Yaiinde - Station (V. Ca RNA p). 6. T. (Mesotefflus) lünganus n. sp. ö" ? • Dem T. muata IIakoi-d sehr nahe verwandt, aber der Prothorax merlclich Idirzer im Verhältniss zur Breite und vor den stark einge- zogenen Hinterecken weder parallelseitig noch rechtwinklig, sondern vielmehr ausgebuchtet und spitzwinklig. Länge des Körpers 28 — 33 mm. — Aus dem Nord-Nyassa- Gebiet: zwischen Bulongwa und Buanyi (29. September 1899, Dr. Füllebohn). sowie Unyika (1. November 1899, W. Goetze). 7. T. {Tcffhis i. sp.) ni/assiats n. sp. (cf?) gehört zu den grössten Arten der Gattung und ist der ddcf/orgnci- Grupi)e ähnlich durch die Länge der Antennen und des letzten Palpengliedes, steht aber der sansihan'cus-Gi'u\)\)e nahe durch die Bildung der Rippen der Elytren, sowie durch die äussere Erscheinung. In der Sculptur des Pro- thorax steht die neue Art in der Mitte zwischen diesen beiden Artengruppen. Sie hat aber mit der schlanken Körpeiform des delcgorgiici nichts gemein. Dagegen gleicht sie dem saiisibarkus durch den Körperbau, die Länge der Beine und die Sculptur der Elytren. Die Streifen der Elytren sind ungefähr so breit wie die Kippen oder kaum breiter. Länge des Körpers 47 — 49 mm. — Aus dem Nord-Nyassa-Gebiet (Utengule, 12. Dezember 1898, Dr. Füllebohn; Unyika, 1. November 1899, W. Goetze). 8. T. {Tcffhis i. sp.) sansibaricus m., %v^)^). praccursor n. c/". Kleiner als der typische sansibaricus; Prothorax weniger breit, dessen Seiten in der Mitte abgerundet, vor den llinterecken gerade; Elytren nach dem Grunde zu etwas mehr verengt, Rippen etwas breiter. Streifen etwas schmaler. Beide erweiterte Glieder an den Vordertarsen des Männchens etwas schmaler. Von dem ähnlich grossen T. sehulianus sogleich durch die weniger glänzende Ober- seite des Körpers, die kürzeren Antennen, den abweichend gebildeten und oberseits dicliter runzlig-punktirten Prothorax 236 Gesellschaft luitarfursdteiider Freunde, Berlin. und die schmaleren Rippen der Elytren verschieden. — Länge des Körpers 36 min. — Aus Nord-Galla (Roba Schalo, 1. Dezember 1900, Baron v. Eklanger). 9. T. (Tcffhis i. sp.l transitionis n. sp. $. Bei merk- licher Aehnlichkeit mit T. rcichardi m. von dieser Art durch die deutlich längeren Antennen, den kleineren Kopf, die breiteren Rippen und die schwächer ausgebildeten Querleisten der schmalen Streifen der Elytren unter- schieden. Durch die Beschaffenheit der (verlängerten) Antennen und Palpen, sowie des grossen, glatt ruuzlig- punktirten. auf der Mitte weniger dicht punktirten Prothorax und der Elytren (breite Rippen, schwach ausgebildete Querleisten der sehr schmalen Streifen) dem zchidlanus ähnlich; aber durch den breiteren, vor den stumpf ab- gerundeten Mintereckeu geradseitigen Prothorax unter- schieden. Länge des Körpers 46 mm. — Britisch-Ost- afrika (von Möllenkamp erhalten). 10. T. {Tfff'lus i. sp.j crhwjeri n. sp. cT $ • Mit dem T. zcbuUanus zunächst verwandt, aber grösser, das vorletzte Glied der Maxillarpalpen länger und schmaler; die Seiten des glänzenden, auf der Scheibe hie und da punktirten. nach den Seiten zu runzlig- punktirten Prothorax deutlicher flach abgesetzt und weniger dicht punktirt, vor dem Hinter- rande unpunktirt. Die Ripi)en der Elytren breiter, die Streifen daher schmaler, namentlich die inneren Streifen, welche nur den vierten oder fünften Theil von der Breite der Rippen aufweisen und keine Querleisten zeigen. Länge des Körpers 48 — 50 mm. — Aus Süd- Somali (Bardera am Ganale und Mansiir, 30. Mai. 3. Juni 1901, Baron v. Eklanger). Dem Entdecker dieser stattlichen und sowohl morpho- logisch wie phylogenetisch werthvoUen Art, Herrn Baron Carlo von Erlanger zu Ehren benannt. Tefflus crlunycri ist als die am weitesten in der Morphologie der Teffli vorgeschrittene Art der Gattung aufzufassen. Sitzung vom 9. Juni 1903. 237 Aus den vorstehenden Darlegungen ist zu erkennen, dass die untersten Stufen in der Gattung Tcffliis noch primär erscheinende Rippen auf den Elytren aufweisen, dass aber auf der obersten Stufe die Rippen schon sehr verbreitert sind und theilvveise der Abflachung sich nähern, so dass sie den gewöhnlichen luterstitien der grossen Masse der Carabiden ähnlich sind. Derartige primär erscheinende Formen giebt es, ausser in anderen Familien, noch manche unter den Carabiden, einer Familie derAdephagen. Es ist bemerkenswerth, dass die artenreichen Gattungen Carabus und Calosoma, welche nach meiner Auffassung auf einer tieferen Organisationsstufe der Carabiden stehen, als die meisten grossen Gruppen der Familie, grossentheils eine sehr primäre Flügeldecken- sculptur aufweisen. Ueber die tiefe Stellung von Carabus und Calosoma in der Stufenfolge der Carabiden habe ich mich schon früher verbreitet'). Eine ausserordentlich primäre Sculptur treffen wir auf den Elytren von Gattungen unterer Stufen der Malacodermaten, namentlich bei den Lyciden. Es ist anzunehmen, dass sich die primäre Sculptur der Elytren der Lyciden theils wohl deshalb noch besser er- halten hat, weil ihre Träger ein weniger hohes Alter haben, wie mir scheint, als die Adephagen, deren Elytren z. Th. vermuthlich wegen des höheren Alters meist schon sehr ausgebildet, theils weil die ältesten Formen der noch älteren Adephagen gewiss ausgestorben sind. Aber noch lebende urälteste Formen, die Protadephagen (Ciqjcdidac), leben noch; die primitive Flügeldeckensculptur mancher Lyciden gleicht derjenigen von Cupes, Omma und anderer Cupediden. Herr H. J. KoLBE sprach über myrmekophile In- sekten, speciell über Thorictus forcli Wasm. Unter den Beziehungen verschiedener Thierarten zu- einander nehmen diejenigen Fälle, welche man als Symbiose bezeichnet, ein ganz besonderes Interesse in Anspruch. Es sind bei der Svmbiose nicht nur die Lebensverhältnisse au ') H. J. KoLBE, Natürliches System der carni vor en Coleo- ptera. (Deutsche Ent. Zeitschrift, 1880, p. 256—280. 238 Gesellschaft naturforsc/iender Freunde, Berlin. sich, welche in den Vordergrund der wissenschaftlichen Bedeutung treten, sondern die morphologischen Begleit- erscheinungen. Ethologische Vorgänge werden zwar immer von morphologischen beeinflusst, aber bei den Symbionten ti-eten ganz besondere morphologische Folgen auf. ganz in Uebereinstinimung mit den extraordinären ethologischen Grundlagen. Eins der ältesten und wichtigsten Beispiele dieser Art ist das Verhältniss des kleinen Kläfers Glavüjer testaccus zu der Ameise Lasitis flavus. Diese Wirthsameise hält die Käfer jener Species in ihrem Neste und benutzt sie wie Hausthiere, indem sie die von den Käfern abgegebenen wohlschmeckenden flüssigen Ausscheidungen zu ihrem Be- darf verwendet. Die Käfer lassen die (allerdings kaum wahrnehmbaren) Ausscheidungen aus den gelben Haar- büscheln an der äusseren Hinterecke der Flügeldecken und am Grunde des Abdomens hervortreten. Es ist auch längst bekannt, dass die Käfer von den Ameisen regelrecht ge- füttert werden. W.^smann beobachtete '), dass der Clavü/cr sich während der Fütterung passiv verhält, dass die fütternde Ameise dabei den Kopf leise hin und her bewegt, während der Kopf des Claviger fast bewegungslos an ihrem Munde ruht. Eine Fütterung dauert gewöhnlich einige Minuten. Diese passive Nahrungsaufnahme hat den Claviger in ein derartiges Abhängigkeitsverhältniss zu der Ameise ge- bracht, dass er nicht im Stande ist, selbständig Nahrungs- stoffe zu zerkleinern; denn es ist Thatsache, dass seine Mundtheile. namentlich die Unterkiefer und die Kiefer- taster schwach ausgebildet sind, so dass sie wie verkümmert aussehen. Offenbar wird den Käfern die Nahrung von den Ameisen völlig vorgekaut. Ueber ]{eduktion der Taster bei echten Ameisengästen hat Wasmann unter dem Titel ,.Zur Bedeutung der Palpen bei den Insekten" eine kleine Abhandlung im „Biologi.^chen Central blatt", IX. Band. No. 10, p. 303 ff. verötrentlicht. ') Wasman.x, Stettin. Eiit. Zeit. ISDl, p. 8. Sitzumj vom 9. Juni 1903. 239 Die eigenartig gebauten keulenfönnigeu Anteaneii ver- wendet der Claviger dazu, venniltelst derselben der Ameise seine Wünsche auszudrücken. Wasmann sah (1. c). dass der Käfer mit seinen leise bewegten Antennen die Kopf- seiten der Ameise berührt und unterdessen die Mundgegend der letzteren bedeckt. Der Kcäfer der Gattung Atcmclcs hat eine ähnliche Fiihlersprache in seinem Verkehr mit seiner Wirthsameise; ausserdem streichelt er mit erhobenen Vorderfüssen die Kopfseiten der Ameise, wenn er diese um Nahrung anbettelt. Auch die Blindheit dos Claviger, dem der Sehnerv völlig fehlt, bringt ihn in grosse Abhängigkeit von den Ameisen. Wasmann sieht in den blinden Clavigeriden die höchste und letzte Stufe des symbiotischeu Gastverhältnisses unter den Insekten. Zugleich bietet der dünne cylindrische Vorderleib einen geeigneten Angriffspunkt für den Transport durch die Ameise. Der Hinterleib ist verhältnissmässig umfangreich, vielleicht um eine reichliche Absonderung des von den Ameisen so sehr begehrten Sekretes zu ermöglichen. Die Flügeldecken sind sehr verkürzt. Schon Ph. W. J. Ml'ller hat an dem Claviger testaceus sehr viel beobachtet und darüber 1818 eine werthvolle Abhandlung geschrieben.') P^in anderes eigenartiges Beispiel von Myrmekophilie bietet Atemeies cmarginaüis Payk., der bei 3Ip-mica- Arten wohnt und von diesen seines Sekretes wiegen geschätzt wird. Bei diesem Kpfer sind die Körpertheile nicht so umgebildet oder reducirt, wie bei Claviger. Dement- sprechend ist seine Beziehung zu den Ameisen auch keine so innige, auch seine Abhängigkeit von diesen ist geringer. Gefüttert wird der Atemeies von den Ameisen ebenfalls; in Beziehung dazu ist seine Zunge vergrössert, während die Lippentaster verkürzt sind, aber im Uebrigen sind seine Mundtheile nicht verkümmert. Er nährt sich gelegentlich auch selbständis: und betreibt sein Gastverhältniss zu den ') Philipp Wilbrand Jacob Müllek, Beiträge zur Natuv- gescliiclite der Gattung Claviiicr. (Germar's Magazin f. Ento- mologie. III. 1818. p. 09 — 112. l.'Taf) 240 Gesellschaft naturforsdicnder Freunde, Berlin. Ameisen zuni grössten Schaden derselben; denn er frisst deren Brut. Auch die Larve des Atemeies wird von deu Ameisen gefüttert; und die Larve nährt sich gleich dem Käfer ebenfalls von Ameisenbrut. Atemeies macht sich durch seine Bewegungen und sein Benehmen (Fühlerver- kelir) so sehr den Ameisen ähnlich, dass diese anscheinend getäuscht werden. Wasmann hat die Beziehungen dieses Käfers zu der Ameise ausserordentlich sorgfältig beobachtet. Wir sehen, dass die räuberischen Gewohnheilen des Atcmcles die Ameisen nicht abhalten, diesen als Gast bei sich zu behalten und ihn zu hegen und zu pflegen. Daraus aber, dass andererseits die Ameisen gegen die Puppen des Käfers unrichtig verfahren, indem sie diese unzeitig aus- graben und umherschleppen und dadurch leicht dem Ver- derben, dem Tode aussetzen, können wir erkennen, dass die Ameisen lediglich ihrem Brutpflegotriebe folgen und vielleicht gar keine Ahnung davon haben, dass sie anders- geartete Wesen pflegen. Diese und noch manche andere Fälle von echtem Gastverhältniss bilden die höheren und höchsten Stufen der Symbiose zwischen Ameisen und anderen Lisekten. Die meisten Myrmekophilen (meistens Käfer) gehören zu den nur geduldeten Gästen (Synöken). welche nur von allerlei Abfällen in den Ameisennestern leben und keine An- passungscharaktere besitzen, den Ameisen auch keine wohlschmeckende Säfte spenden. Andere Ameisengäste werden feindlich verfolgt und gehören daher in das Kapitel der Synechthrie. Das WASMAXN'sche Werk „Krit. Verz." ') enthält 124G bis jetzt bekannte mjTmekophile Arthropoden, von denen 993 zu den Coleopteren. 1 zu den Strepsipteren. 39 zu den ITymenopteren. 26 zu den Lepidopteren (Raui)en), 18 zu den Dipteren, 7 zu deu Orthopteren, 1 zu den Pseudo- neuropteren, 72 zu den Rhynchoten, 20 zu den Thysanuren, 60 zu den Arachnoiden und 9 zu den Crustaceen (Isopoden) gehören. M K. W.vsM.VNiN, Kri ( i sclics Verzoi cliiiis (1(M' my rmekophileii und terniitopliihMi Arthropoden. Berlin, F. L. Dames. 1894. Sitzung vom 9. Juni 1903. 241 Unter deu myrmekophilen Lepidopterenlarven sind namentlich die Raupen der Lycäniden bemerkenswert!!, welche in Ameisennestern leben und durch eine Dorsal- öft'nung am 1 1 . Segment für den Ameisenbesuch aage- passt sind. Im letzen Jahrzehnt wurde ein eigenartiger myrme- kopiiiler Käfer viel besprochen, welcher in Nord-Afrika zu Hause ist und neuerdings namentlich von Escherich beob- achtet wurde. Es ist der kleine Thoridus forcli Wasm. ^ welcher bei der über Tunesien und Algerien verbreiteten Ameise Myrmccocystus viaticus F. (var. megalocola Foerst.) lebt. Dieselben Beziehungen hat Thoridus pcmciseta Wasm. zu Murmccocystus viaticus F. und var. descrtorum For. A. Forel hat das biologische Verhältniss dieser Käfer zu der Ameise 1889 in Tunis entdeckt und darüber wiederholt Mit- theilungen gemacht.^) Er fand die Käfer fast immer am Fühlerschafte von Ameisen der genannten Art sitzend, meist einen an einer Ameise, zuweilen zwei, je einen au beiden Fühlern. Es war nicht nöthig, diesen Aufenthaltsort sogleich als etwas Besonderes anzusehen; denn es konnte zufällig sein. Aber es erregte die häufige Wiederholung des Befundes die gerechte Aufmerksamkeit des Beobachters. Weitere interessante Aufschlüsse gewann Wasmaxn ■'), welcher von FoKEL im April 1893 einen lebenden Thoridus empfing und ihn in ein Nest der hiesigen rothen Waldameise (Formica rufa) setzte. Der Thoridus sass hier volle drei Wochen an derselben Stelle des linken Fühlerschaftes einer Ameise. „Nach einigen Tagen geberdete sich die Ameise wie toll und machte verzweifelte Versuche, den ') E. Wasmann, Kritisches Verzeichnis der myrmekophilen uiul termitophilen Arthropoden. Berlin 1894. p. 137, 219. — Deutsche Ent. Zeitschr. 1890, p. 300-301; 1895, p. 41 — 44. ') A. Forel, Eine myrmecol ogische Ferienreise nach Tunesien und Ostalgerien. (Humboldt, 1890, p. 29ü— 306.) — Fourmis de Tunisie et de TAlgerie Orientale. Compt. rend. Soc. ent. Belgique. 1890. — Les forniicides de la province d'Oran (Algerie). Bnll. Soc. Vaudoise, XXX, p. 9. '') Wasmann, Zool. Anzeiger, 1898, p. 43G. 6=* 242 Gesellschaft naturforscliender Freunde, Berlin. Käfer von ihrem Fühlerschafte abzustreifen, die jedoch ver- geblich waren; dann wurde sie allmählich wieder ruhiger. Das Benehmen der Ameise erschien mir verdächtig; ich untersuchte deshalb die Fühler einer Anzahl Thoridus- tragender Myrmccocijstus mc(/ahcola aus Oran (vou Forel 1893 gesammelt) und fand, dass der untere Theil des Fülllerschaftes der Ameisen von den Oberkiefern des Thorictus wie mit groben Nadelstichen durchbohrt wird". Die Käfer sitzen mit dem Kopfe stets gegen die Spitze des Fühlerschaftes gerichtet, wie Fokel und Wasmann ausdrüci. Juni 1003. 265 5. Synodontis fucllchonu n. sp. Körperhöhe 129 mm] 4 mal in K. -Länge (ohne C.) |116 mm], Koj>flänge (bis zum Anfang der Seitenlinie) 133 mm] S'/z mal. Schnauze stumpf conisch, so lang wie der postoculare Theil des Kopfes (bis LI.) [14 mm]. Inter- orbitalbreite |13mm] unter doppeltem Augendurchmesser |7 mm]. Augenhöhlenränder mehr seit- als aufwärts ge- wandt. Augendurchmesser 5 mal in Kopflänge. ]\Iaxillarbarteln dunkel, an der Basis mit deutlicher (schwarzer) Membran, erreichen fast die Spitze de« Hu.neral- fortsatzes. Aeussere Mandibularbarteln erreichen das Pectoralgeleuk , mit unverzweigten, schlanken Aesten von massiger Länge. Innere Mandibularbarteln kürzer, mit kurzen, dicken, schwach verzweigten Aesten. Aeussere Mandibularzäline 1 mm hervorrcigend, 51, auf 4 mm breitem Felde (beim kleineren Exemplar nur 42). Obere Kopfflä(;he fein granulirt, stellenweise vermiculirt (letzteres beim kleineren Exemplar vorherrschend). Hinter- hauptschild deutlich dachförmig (beim jüngeren flacher), die liinterspitzen etwas abgerundet (beim kleineren Exemplar spitzwinklig). Schulterfortsatz regelmässig dreieckig, unten mit deutlichem, gradem, längsgerieftem Wulst, der hinten (beim jüngeren Exemplar deutlichere) Perlung zeigt; sein spitzwinkliges Ilinterende endet vor dem Hinterhauptschild. D. V^; Dorsalstachel kurz [28 mm], etwas unter Kopf- breite. Basis der Fettflosse 1 Va mal so lang [24 mm] als die der D., beider Abstand gleich Schnauzenlänge. A. '^/s, ihre Basis 14 mm, Unterraud convex, Höhe 18 mm. Brust- stachel kurz [27 mm], etw^as unter Kopf breite (beim kleineren Exemplar dieser gleich); er bleibt von der V. um 10 mm entfernt; Oberfläche gerieft, am Innenrande mit 15 deutlichen, an der Basis zusammenstossenden, aussen mit 25 kleineren, basalen und 7 grösseren, apicalen Zähnen, die der Aussenkante alle mehr oder weniger apical ge- richtet; ein häutiger Anhang überragt den Stachel um 3 mm. V. Vö; kurz [15 mm], reicht bis zum After. A. Vs; 7 mm hinter dem After, 18 mm hoch, Basis [13 mm] gleich Schnauzenlän«;e. 266 Ge.scILch(i/'i naliirforsd/cnikr Freunde, llcrliii. Schwauzstiel 1 1 mm hoch (Minimum), 19 mm lanj;- (hinter der A.). Schwanzflosse tief gegabelt, oben 32 mm lang Grundfarbe von Körper und Fettflosse hell bräunlich- grün mit imregelmässigen (beim jüngeren Exemplar ge- drängten) Flecken von etwas unter Angengrösse. auf dem Nacken kleiner. Veiticalflossen (schwächer auch die paarigen) dunkel gebäudert. 2 Exera[)lare, Länge (ohne C.) 115 und 78 mm. Ein nur 38 mm langes Exemplar könnte, trotz einiger Abweichungen, el)enfalls zu S. fueUchonü zu rechnen sein. Die Höhe ist in der Länge 4V2 (statt 4 mal) enthalten, der Augendurchmesser in der Kopflänge 473 (statt 5) und in der Interorbital breite nicht ganz 2 mal (statt über 2). Aeussere Zähnchen am P. -Stachel nur ca. 22 (statt 32), innere 9 (statt 15) 6. St/nodontis cf. samhe^ensis Ptks. Von den vorliegenden 9 Exemplaren stammen 3 vom Rukwasee [12V2 cm lang, ohne C, darunter wenigstens 1 c/*], 6 aus dem Songwe [13 — 14^4 cm, sämmtlich ^ ]. Sie zeigen im Allgemeinen Uebereinstimmung mit der von Peteks (Sitz -Bericht Kgl. Preuss. Ak. Wissensch. Berlin 1852, p. 682 und „Rt'ise nach Mossamb.") be- schriebenen S. zamhcseiisis (die zugehörigen Typen konnten z. Th. bei der Untersuchung benutzt werden), weichen aber in einigen Punlden ab: Fundort Sambesi (Peteus) ' Rukwa mit Son.uwe Aeiisserf jMaiulibularzii !ine 20 -f 2 bis 38 10—25 Dorsalstachc'l reicht bis zur P'ettflossc reicht nie bis zur FettHosse rt'Cturalstacli v\ iciclit bis ,':ur liiiitereii reicht nie bis zur hinteren D.-Vciticale D.-Verticalc; von sclilan- (Seitenansicht) kerein Bau. Ebenso ergeben sich auch von der neuerdings durch BouLENGER (Les poissous du bassin du Congo) für S. zam- heztnsis gegebenen Beschreibung (die übrigens niciit völlig SitsitiKj roin 9. Juni WO: 267 auf (lio typischen Exemplaiv \rAM.. v<;l. (•) fol^-ende Al)- \v('ichuiii;en: Synodon tis zambczcnsis Blgr. nee Ptrs. ExcinpIaiT vom Piukwa mit Soiigwc Körperhöhe : Kopflänge . . Kopflänge : Körperlänge . . Schnauzenlänge : Kopflänge Aiigendnrehmesser in Kopf- länge 1 : 1 1 :4 Acussere Mandibularzähne Ilumeralfortsatz Innere Pectoralstaehel- Zähnchen Fettflosse als hoch . mal länger 2 : 5, auch etwas weniger als 1 : 2 6— 7 mal 20—80 ,sans carene' 22-25 meist 1:1, seltener ^i : 1 oder Vv : 1 seltener 1 : 4, meist 1 : 3V2 his 1 1 :2 .S\. ca. B\'2mal 19—25 mit mehr oder weniger deutlichem Längswulst ca. 16 3'A meist 4, ■ 3V2-4'/2 und 5. für ausreichend seltenei Sollten die angegebenen Unterschiede erachtet werden, eine selbständige Lokalforni von Synodonüs zu charakterisiren. so würde diese wohl am besten unter dem Namen S/jnodontis zamhesensis ruhwaensis als neue Subspecies aufgefasst werden. Vier kleinere Elxemplare (53 — 42 mm o. C.) sind wohl als Junge der Art zu betrachten. Ihre Schnauze ist kürzer (273 -2 Va mal in Kopflänge statt 2 mal), die äusseren -Mandibularzähne in geringerer Zahl (statt 25 — 19 nur 20 — 14). die inneren Zähnchen am Pectoralstachel nur 11—8 (statt 16). Der Augendurchmesser ist nur 4 — 4V2 mal in Kopflänge (bei grösseren 5V2 mal) enthalten. Die Färbung ist dunkel marmorirt statt einfach. Ein weiteres 5?/j20(Zoi?^/6- Exemplar (40 mm 1.) ist wohl nicht mehr an eine der genannten Arten anzuschliessen ; um es als neue Art zu charakterisiren, würde indessen reicheres Material erforderlich sein. 268 Gesell.schii/t )t(itnrfuischc)uler Freunde, Berlin. Farn. Ci/prinidae. 7. Lahco victorianus Blgr. Es liegen 2 Exemplare vor, 30 cm bezw. 4,5 cm lang (bis zum Ausschnitt der C. gemessen). Das grössere (nahe der Songwe-MünduDg gefangen) hat folgende Formel: 4 3 5 D. jY A. — Sq. 36 ^; 4 Reihen Schuppen zwischen LI. und V. Es ergeben sich einige, nicht sehr erhebliche Abweichungen vou Boulenger's Angaben (Proc. Zool. Soc. London 1901, p. 159): Körperhöhe vielleicht etwas grösser (statt gleich bei victorianns] als die Kopflänge; diese 4^3 mal in der Körperlänge (ohne C.) enthalten. Kopf- breite nicht ganz 1 '/2 mal in Kopflänge. Hornwarzen der Schnauze sehr spärlich und schwach entwickelt Augen lateral, doch etwas nach oben gerichtet, in der Mitte des Kopfes. Augendurchmesser kna])p 6 mal in Kopflänge, knapp 3 mal in Interorbitalbreite enthalten (statt 3-372 mal bei victorianus). ]\Iaulbreite ca. gleich der halben Kojifbreite (statt etwas mehr bei victorianus), ca. 3 mal in Kopflänge enthalten (statt 2'/2 — 27i)- Rostrallappen nicht, Oberlippe sehr schwach, Unterlii)pe schwach gefranst. „Plicae" der Lippen nur seitlich an der Oberlippe und schwach ent- 4 3 r-'i wickelt. I). — - (statt 77 -.y, hei victorianus). der Ober- rand gradlinig (statt concav); ihr längster Strahl misst 7»! Kopflänge (statt Kopflänge). D. etwas näher der C. als 3 2 r-^i der Schnauzenspitze. A. - {victor/ainis —.--); ihr längster o o Strahl misst 7« Kopflänge (statt Vs ^'<^-)- V. reicht fast bis zum After (bei victorianus nicht); beginnt unterhalb des 5. verästelten Strahls der 1). (statt 4.). C. -Ausschnitt nur 7'^ f^t-'i' Flösse tief, (bis zur Schwanzbeuge gemessen) {victorimnis hat C. „deei)ly forked"). Schwanzstiel so lang 5 wie hoch (statt 1 72 mal so lang). Sq. 36-, (statt 38 bis 672 39 - . , o 1 / ) '^ "'"' -^ LN'ihen Sehujipen zwischen LI. und V. 7/2 — 0/2 Sitzuny vorn 0. Jinii 1903. 269 (statt 4 oder 5). Haut zwischen den Flossenstralilen mehr (D., C , A.) oder weniger (P., V.) schwarz. Ein duukler Fleck oben hinter der Kiemenspalte. Ein dunkles Schuppen- netz erkennbar. 2 — 3 schwarze Punkte vorn und hinten an der Iris beider Augen (ob nur zufällig?). Die Untersucliung des kleinen Exemplares ergiebt: D. ^^ A.^^ Sq. 40 ^;4V2 Schuppen reihenzwischen 1 u 0 LI. und V.; Schnauze von oben etwas spitzer als beim grossen Exemplar. Oberer Rand der D. schwach ausge- schnitten. V. beginnt unter dem 5. oder 6. verästelten Strahl der D.; C. stärker ausgeschnitten; Schwauzstiel etwas länger als hoch. Es fehlen die schwarze Flossen- färbuDg. die Punkte auf der Iris. Dagegen ist die dunkle Netzzeichnung der Schuppen gleichfalls erkennbar. Sollten die angegebenen Abweichungen des Exemplars vom Rukwa-See gegen die typischen vom Victoria-See die Aufstellung einer selbständigen Form angebracht erscheinen lassen, so könnte diese als Laheo victoriamis fncllehorui subsp. n. bezeichnet werden. 8. Barhus jachsoni Gtiir. 3 Exemplare von 80, 58, 53 mm Länge (bis zur Schwanzgabelung). I^l'^-I- Sa. 37 3^-||^^ UM 3-A Reiheu zwischen L.l. und V.. fast genau den Angaben Günthers (Proc. Zool. Soc. London 1889, p. 72) entsprechend. Da- gegen finden sich einige geringfügige Abweichungen: Körper- höhe ca. 473 nial in der Körperlänge enthalten {bei Jackson i nur 372); Schnauze etwas länger als der Augendurchmesser {hei jachsoni umgekehrt). Hintere Barteln etwa 172 Augd. lang (hei jachsoni nur von gleicher Länge), vordere etwas kürzer. D. -Stachel stets kürzer als die Kopflänge, nament- lich bei den kleineren Exemplaren (bei jachsoni länger als der Kopf). Der zweite Fleck au der Körperseite schwankt in seiner Lage (17., 20., 2L Schuppe), während ihn das typische (einzige) Exemplar von jachsoni über der IG. Schuppe d«r LI. trägt. 270 Gesellschaft mitiirforschemler Freunde, Berlin. 9. B. cf. vinciguerraii Pfefp. 2 Exemplare von 66 bezw. 48 mm Länge (wie oben gemessen). Die Untersuchimg ergiebt " r " I- S'i- ä- (38) 4(3v/bU/ ''1^° ""■• """- lieblicli von Pfeffers Angaben (Thierw. Ostafr. III, 5. Lief, p. 62) abweichend. Interorbitalbreite etwas grösser als bei vinciynerraii D. -Anfang genau in der Mitte zwischen Schnauzenspitze und Anfang der C. (vinciguerraii hat ihn der Schnauzenspitze genähert). P. reichen bis V., V. bis beinahne an A., also beide etwas länger als bei vinciguerraii. D. -Stachel fast liopflang, mit ca. 20 Zähnen (beim kleinereu ca. 15), während für v/??c(r/«Trt// „etwa 10" angegeben werden. — Die Färbung lässt den für vinciguerraii typischen dunklen Fleck vor der C. vermissen. Trotz der angegebenen Abweichungen dürften die Exemplare vom Rukwa-See zu B. vinciguerraii Pfeff. gehören oder ihm jedenfalls sehr nahe stehen. 10. B. innocens Pfeff. Es liegen 217, vielleicht sämmtlich noch unausge- wachsene Individuen von 13 49 mm Länge vor. Die Unter- suchung ergiebt D. |, A. I; Sq. ca. 30 (28-33 .,,,^'(' , ' 8 0 ^ 2\/2 bis V. während Pfeffeu (Thierw. Ostafr., p. 66) angiebt. Diese Unterschiede aber müssen mit Siclierheit auf einen abweiclienden Zählmodus (vgl. Pfkffku. p. IX, Anm.) zurückgeführt werden. 11. Barilius moorii Blgr. Die vorliegenden 2 Exemplare (15 bezw. 6.8 cm 1. bis zur Schwanzgabelung) zeigen einige Abweichungen von BouLENGERs Angaben (Transact. Zool. Soc. Lond. XVI, 3, 1901): Schnauze des grösseren Exemitlars iVL-mal so lang wie der Augdm.. des kleineren rehitiv kleiner (bei moorii Sitzuruj vom lä. Mai 1903. 271 ,.as long as or a littlc longer thaii tho dianieter of the e}'e"'). Intci'orbital breite beiiugrössereu Exemplar gleich l-'/öALigdiii.. beim kleiuerea kleiner (bei moorii nur „a little greater"). •> 3 3 D. Y7> (bei nioorn — ) A. 15 (hei moorii ~ — —-), beim lU J 1 Ö 1 TC gnisseren Exemplar die vorderen Strahlen stark verlängert (Männchen). Scf. 53 (ca.) -^j-^ (moorii hat 56 — 60 — _ — ). 0/2 i Die dunklen Querbinden sind, namentlich beim grösseren Exeni|)lar, ziemlich undeutlich, hier ausserdem iui vorderen Theile je in 2 Hälften gespalten — Das grössere Exemplar besitzt auf einem Theil seiner Schuppen ein oder mehrere Bruustknötchen. Farn. Cf/prinodontldae. 12. Haplochihis atripinna Pfeff. PiS liegen im Ganzen 38 Exemplare vor, (herunter 4 grössere (25 28 mm Totallänge mit C.) und 34 kleinere (15 -25 mm 1.), die vermuthlich zusammengehören. Die grossen stimmen bis auf die nicht bei allen ausgeprägte (hmkle Flossenfärbung (Jugend?) genau mit den Pfeffer- schen Typen überein. Referirabend vom 16. Juni 1903. Herr P. Bartels: Selenka, Zur vergleichenden Keimes- geschichte der Primaten. (Menschenaffen, Theil V.) Herr Möbius: lieber Perlmuschelbänke bei Ceylon nach Herd man. Ueber Scliutzbebecknng einer Raupe nach Shelford. Herr Kolkwitz: Rieh. Volk, Allgemeines über die biologi- schen Verhältnisse der Elbe bei Hamburg. Mitth. aus dem Naturhist. Museum. XIX, 1903, S. 65—154. Herr Waldeyer: Walter Simon. „Hermaphroditismus verus". Virchows Archiv f. patholog. Anatomie. Bd. 172, S. 1, 1903. J. F. Starcke, Beilin SW. 48. Nr. 7. 1903. S i t / u 11 g s - B e r i c h t der (jesellscliaft natiirforschendor Freunde zu Berlin vom 14. Juli 1903. Vorsitzender: Herr Waldeyer. Herr Friedr. Dahl sprach über täuschende Aehnlich- keit zwischen einer deutschen Springspinne (Balkis deprcssus) und einem am gleichen Orte vorkommenden Rüsselkäfer (Strophosomus capitatus). Bei einer Reise ins Riesengebirge im Juni d. Js. hatte ich Gelegenheit eine Beobachtung zu machen, die vielleicht weitere Kreise als den der Specialisten interessiren dürfte. Ich hatte mir die Aufgabe gestellt, meine Stufenfäuge echter Spinnen, die ich im Herbst begonnen hatte ^), zu anderer Jahreszeit fortzusetzen und sammelte in diesem Vorsommer zunächst bei Lomnitz am Fusse des Gebirges, etwa 360 m hoch. Während ich hier von Laubholzbüschen, namentlich Haseln, mittels eines Regenschirmes einen Fang machte und Alles, was an Spinnen vorkam, einsammelte, stiess ich auf eine unerwartete Schwierigkeit: Die Aehnlich- keit zwischen einer Springspinne Ballus depressus (VValck.) und einem Kurzrüsselkäfer, den mir Herr Dr. Obst als Strophosomus capitatus (I)eg.) {=^ obesus Marsh) bestimmte, war so gross, dass ich nur einen Theil der Stücke sofort und sicher unterschied, und auch diese nur dann, wenn ich mein Auge auf normale Sehweite nähern konnte. Einzelne Stücke waren einander so ähnlich, dass mein Auge schon ') S.-P.. d. Ges. naturf. Fr. Jahrp. lilU'J, p. 185 ff. 274 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. in massiger Entfernung zur völlig sichern Unterscheidung nicht ausreichte; ich musste den Finger zu Hülfe nehmen und das Thier betasten, um mich zu überzeugen, ob ich den harten Käfer oder die weiche Spinne vor mir hatte. — Käfer sowohl wie Spinnen Hessen sich ein solches Betasten meist ruhig gefallen, wie man denn überhaupt bei Thieren, die irgend einen natürlichen Schutz besitzen, keine allzu grosse Scheuheit beobachtet. Zwei sichere That- sachen lagen also vor 1) eine ausserordentlich grosse Aehnlichkeit zwischen einem Käfer und einer Spinne, eine Aehnlichkeit, die so weit geht, dass selbst der Specialist. der doch für Thiere seiner Gruppe ein äusserst scharfes Auge besitzt, gelegentlich getäuscht wird, und 2) das Zusammenvorkommen der beiden Thier- arten. Um die relative Häufigkeit der beiden Formen anzu- deuten, möchte ich hinzufügen, dass ich von der genannten Springspinne (ich sammelte ausschliesslich höhere Spinnen- thiere), innerhalb einer Stunde 5 Stück faud. während ich von dem Käfer in derselben Zeit nach roher Schätzung etwa 50 Stück beobachtete. Der Vergleich ergiebt also, dass H) der Käfer weit häufiger war als die Spinne. Nun kommt noch eine vierte Thatsache hinzu, die mir ganz besonders bemerkeuswerth erscheint. Unser Ballus dcpressus unterscheidet sich der Form nach in ganz auf- fallender Weise von allen andern einheimischen Spring- spinnen. — Während der Kopftheil des Cephalothorax bei den Springspinnen sonst vorn sehr breit endet, weil er die vier grossen nach vorn gerichteten Vorderaugen trägt, ist er bei Balhis nach vorn sehr merklich verengt. Zugleich besitzt der Hinterleib eine für eine Springspinne recht auffallende Form. — Ich hatte mir früher häufig die Frage vorgelegt, welchen Zweck wohl diese auffallende Form .für die Er- haltung der Art besitze. Dass nämlich alle Eigenschaften eines Thieres zur Erhaltung der Art in Beziehung stehen, dass in der organischen Welt, ebenso wie in der anorganischen, nichts ohne Ursache entsteht, gilt mir als feststehender Er- faiirungssatz. - Im vorliejrenden Falle aber hatte ich niemals Sitzung vom 14. Juli 1903. 275 eine auch nur einigermassen walirsclieinliclie Erklärung für die sonderbare Form finden können. Jetzt zeigte sich mir. dass 4) gerade diese für eine Springspinne höchst eigenartige Form die Spinne dem genannten Rüssel- käfer so ausserordentlich ähnlich macht. Es kommen noch einige weitere Thatsachen hinzu, zu denjenigen, die ich jetzt unmittelbar beobachten konnte, Thatsachen, die ebenso zweifellos feststehen wie die hier genannten. Nämlich: 5) Der genannte Rüsselkäfer be- sitzt einen sehr festen Panzer. Kaum kann man ihn unverletzt auf eine Nadel spiessen. Er gehört entschieden zu den festesten Käfern unserer Fauna und damit mag es wohl zusammenhängen, dass man ihn (ebenso wie seinen häufigen Verwandten Str. conjli) 6) niemals im Magen unserer meisten Singvögel findet, während 7) jene Singvögel Spinnen und namentlich Springspinnen meistens ausserordentlich gern fressen: Zu Zeiten, wo es -im Freien viele Springspinnen giebt, findet man sie sehr häufig im Magen jener Singvögel. Durch Beobachtung und Ex- periment steht endlich fest, dass 8) Vögel ihre Nahrung ausschliesslich oder doch fast ausschliesslich mit Hülfe ihres Gesichtssinnes aufsuchen. Es ist sicher. dass der Geruchssinn bei ihnen äusserst unvollkommen ent- wickelt ist. Trotz des scharfen Gesichtssinnes hat man aber ,)) bei Vögeln Täuschungen beobachten können. Soweit die Thatsachen. — Jetzt kommt die hypothetische Seite meiner Betrachtungen. Ich meine, dass die einzige befriedigende, wenn nicht die einzige zur Zeit überhaupt mögliche Erklärung für die abweichende Form der Spriugspinne darin zu suchen ist, dass es sich hier um einen Fall von Mimicry handelt, um eine von der Natur geschaffene Aehnlichkeit zwischen dem iiartschaligen Käfer und der weichhäutigen Spinne, welche der Spinne den grossen Vortheil gewährt, dass sie vor der grossen Mehrzahl unserer Vögel in einem gewissen Maasse sicher ist^ — Ich meine, dass diese Erlclärungsweise die ') Völlig uiivcrstäiuUich ist es mir, wenn bei der Mimicry- Frage gewisse Autoren nicht einsehen kcnmen, dass auch der Schutz vor 276 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. einzige ist, die hier iu Frage kommen Ivanu. und dass wir auf sie hingewiesen sind, wenn wir uns nicht denjenigen anschliessen wollen, welche in völliger Resignation auf alles Erklären in der organischen Welt verzichten. Fragen wir weiter, in welcher Weise die Natur diese schützende Aehnlichkeit geschaffen haben mag, so scheint mir nur die Selectionstheorie, nicht aber der Neolamarckis- mus eine befriedigende Antwort zu geben. Der Neo- lamarckist könnte allenfalls sagen, dass die gleichen physi- kalischen Einwirkungen die gleichen Formen geschaffen haben. Man fragt dann aber, warum nicht auch die andern am gleichen Orte lebenden Käfer, die doch jenem Rüssel- käfer in ihrer ganzen Organisation unendlich viel näher stehen als die Spinne oder warum nicht auch eine zweite, grössere, am gleichen Orte lebende Springspinne (Erganc Uancardi (Scop.)), die sich durch ihre Kraft und Sprung- gewandtheit ihren Feinden zu entziehen pflegt, die gleiche Gestalt angenommen haben. Es muss ja zugegeben werden, dass auf dem Gebiete der „Mimicry" viel, sehr viel gesündigt ist: Man hat an vielen Stelleu schützende Aehnlichkeit entdecken wollen, wo von einer solchen sicherlich nicht die Rede sein kann. Soviel aber scheint mir ebenso sicher festzustehen, dass recht viele Fälle bekannt geworden sind, in denen der aus einer gewissen Aehnlichkeit in Form und Farbe ents]»ringende Schutz auf der Hand liegt. In allen diesen Fällen und auch im vorliegenden Falle hat sicherlich nicht der Zufall gewaltet. Eine Hauptschwierigkeit der Selektionstheoi'ie erblicken die Gegner dieser Theorie gewöhnlich in der Entwicklung des ersten Anfangs einer nützlichen Eigenschaft. Sie meinen, die allerersten Anfänge könnten dem Tliiere keinen merk- lichen Vortheil gewähren, so dass die Naturzüchtuug nicht einsetzen könne. Der Einwand ist nicht unberechtigt. Wenn wir aber sehen, dass verhältnissmässig sehr wenige Thiere irgend eine einer Anzahl von 'J'hicrarten für die Erlialtung der Art von grossem Nutzen ist. Sitzung roin 14. Juli 1903. 211 bestimmte nützliche Eigenschaft, die sicherlich sehr vielen \on Voi'theil sein würde, besitzen, so wird uns die An- nahme nahe gelegt, dass jedes Thier für eine bestimmte Art des natürlichen Schutzes gleichsam prädestinirt war, d. h., dass schon gewisse Eigenschaften vorhanden waren, an welche die Naturzüchtuug anknüpfte. Die Eigenschaften, an welche die Natur anknüpfte, rauss man sich natürlich ebenfalls als durch Naturzüchtuug entstanden vorstellen. Man muss aber annehmen, dass bei deren Entstehung ein anderes Motiv vorlag. Als bestimmtes Beispiel möge der uns hier vorliegende Fall dieneu : Zwei Springspinnen kommen an demselben Orte vor. Beide besitzen viele Feinde und bedürfen des Schutzes. Nur bei Balkis depressus hat die Natur die genannte schützende Aehnlichkeit züchten können, bei Ergane hlancardi nicht. Bei letzterer musste ein anderer Vortheil, ein anderes Schutzmittel anstatt der schützenden Aehnlichkeit durch Selection vervollkommnet werden, und das war in unserem Falle die grosse Bew^eglichkeit und Gewandtheit. Man muss also annehmen, dass Balkis depressus schon von vornherein, zufällig, d. i. infolge uns unbekannter Ur- sachen eine gewisse Aehnlichkeit mit Strophosomiis capifatus besass. Es handelte sich jedenfalls um eine Aehnlichkeit, die sich ausschliesslich auf die Färbung erstreckte. In Bezug auf die leicht wandelbare Farbe sind sog. Natur- spiele nicht selten. — An die vorhandene Farbenähnlich- keit knüpfte die Naturzüchtung an und schuf die für eine Springspinno so auffallende ITorm. Noch ein weiteres Beispiel mag zeigen, wie wir uns die Entstehung des ersten Anfangs einer nützlichen Eigen- schaft vorstellen können. Es ist völlig undenkbar, dass sich bei einem extremitätenlosen Thiere durch Naturzüchtung Schaufeln zum Graben entwickeln sollten. Sind dagegen Beine vorhanden, die ursprünglich keineswegs zum Graben, sondern nur zum Laufen dienen, so kann man sich aus ihnen sehr wohl die Scliaufeln der Maulwurfsgrille durch Naturzüchtuug entstanden denken. Der erste Anfang des Grabbeines hatte also eine ganz andere Function und für 278 Gesellschaft nafur forschender Freunde, Berlin. diese Function wurde durch Naturzüchtung ein Stadium er- reicht, an welches die Naturzüclitung für die zweite Function anknüpfen Ivonnte. Derselbe sprach über eine eigenartige Meta- morphose der Troguliden, eine Verwandlung von Amopaum in Bicranolasma und von Meiopoctea in Trogulus. Die Durchsicht eines von Herrn Dr. Verhoeff im europäischen Mittelmeergebiet gesammelten, umfangreichen Opilioniden-Materials liess mich in der Familie der Trogu- liden eine ganz eigenartige Metarmophose erkennen, die weitere Kreise interessiren dürfte. Die Troguliden zeichnen sich vor allen anderen Opili- oniden dadurch aus, dass am Vorderrande des Cephalothorax zwei nach vorn vor- ragende Fortsätze vor- handen sind, die in vielen Fällen eine wohl ausgebildete, die Mund- theile aufnehmende Ka- puze bilden (vergleiche Fig. 1 u. 2). Die Thiere selbst sind in ihren Be- wegungen träge. Ihre Körperbedeckung ist am Truncus und an den Beinen mit vielen Wärz- chen oder Papillen bedeckt. Die Papillen tragen je ein kleines Häkchen, welches vielleicht einen klebrigen Stoff ausschwitzt. Durch die Häkchen und Rauhigkeiten der Oberfläche werden Erde- und Schmutztheilchen festgehalten, so dass das Thier schon bald nach der Häutung durch anhaftende Theilchen die Farbe seiner Umgebung angenommen hat. ja bisweilen aus- sieht wie ein kleines Erdhäufchen. Es ist klar, dass die Troguliden durch die anhaftenden Fremdkörper dem Auge ihrer P'einde in hohem Grade entzogen sind. Frei von Fremdkörpern sind allein die Mundtheile, die Cheliceren oder Mandibeln und die Maxillarpalpen oder Taster. Natürlich Fig. 1. Vorderer Theil des Kopfes von einem jungen Bicranolasma (10 -mal vergrössert). Sitzuncj vom J4. Juli 1903. 279 Fig. 2. Vorderer Theil des Kopfes von einem reifen Bicranolasma (10- mal vergrössert). lässt die Funktion dieser Tlieile eine Incrustienmg mit SclimutztheilcliCQ nicht zu; sie erscheinen mehr oder weniger glänzend braun oder schwarz und würden das sonst erdfarbige Thier sofort verrathen. wenn sie nicht durch die oben genannte Ka- puze dorsal völlig ver- deckt wären. Bei der Unterschei- dung der Opilioniden- gattungen spielen viel- fach die Maxillarpalpen eine wichtige Rolle. Auch bei der Unterschei- dung der Troguliden- gattungen hat man sie herangezogen und unterscheidet z. B. eine Gattung Amopaum von einer Gattung Bicranolasma hauptsächlich nach der verschiedenen Form der Taster. Bei ersterer (vergl. Fig. 3) ist das gestreckte dritte Glied desselben (in der Figur das 2.) mit langen dünnen Papillen besetzt, und die Endglieder sind mit zahlreichen sog. Kugelhaaren, (das sind Haarborsten, die vor dem Ende kugelförmig ver- dickt sind), versehen'). Au den Tastern der Gattung Bkranolusma (vergl. Fig. 4) sind weder Papillen noch Kugel- haare vorhanden. Die Untersuchung des umfangreichen Vekhoeff' sehen Materials hat nun ergeben, dass 1) beide genannten Gattungen stets nebeneinander vorkommen und dass 2) alle Exemplare der Gattung Bicranolasma geschlechtsreif, alle Exemplare der Gattung Amopaum unreif sind. Das Material ist zu verschiedenen Jahreszeiten gesammelt und stammt aus sehr verschiedenen Gegenden des europäischen Mittelmeergebietes. Die Zahl der untersuchten Exemplare ist etwa 100. Auch ') Die Funktion der Kugelhaare, welche auch bei der Gattung l^emastoma vorkommen, scheint noch nicht aufgeklärt zu sein. 280 Geselkchaft naturforschender Freunde, Berlin. die früheren Autoren erwähnen bei der Gattung Amopaum nirgends die Geschlechtsorgane und sagen bei der Gattung Fig. 3. Maxillarpalpus von einem jungen Dicrunoldsma (10 -mal vergrössert). Fig. 4. Maxillarpalpus von einem reifen Dicranolasma (10- mal vergrössert). Dicranolasma nichts von den jungen Thieren Ich darf also wohl mit Sicherheit behaupten, dass Amopaum die Jugendform von Dicranolasma ist, obgleich die Formen bis jetzt nicht in einander übergeführt sind. Die Metamorphose muss uns freilich zunächst höchst sonderbar erscheinen. Die Papillen und Kugelhaare, die in andern Familien überall nicht nur bis zum geschlechts- reifen Thier erhalten bleiben, sondern sich sogar noch vervollkommnen, sollen hier ausnahmsweise bei Eintritt der Geschlechtsreife verschwinden; es soll also ein positiver Charakter bei der Reife wegfallen; das ist doch mindestens sehr auffallend. Eine einfache Ueberlegung zeigt jedoch, warum diese eigenartige Verwandlung eintreten muss. — Die schon oben erwähnte Kapuze ist nicht sofort in ihrer vollen Ausbildung vorhanden, sie entwickelt sich vielmehr erst allmählich bei den Jugendstadien. Sechs Anhänge (vergl. Fig. 1) sind freilich schon früh vorhanden, aber ihre Form ist anfangs eine völlig andere. Die beiden grössteu mittleren besitzen zuerst auf der Innenseite keine Papillen und die SifztoKj vom J4. Juli 1.903. 281 Allgen stehen fasst au deren Basis. Später rücken die Augen weiter nach vorn und auf der Innenseite der Fortsätze treten kurze Papillen auf. Endlich, und zwar erst beim geschlechtsreifen Thier zeigt sich Alles in voller Ausbildung (vergl. Fig. 2). Zwichen den Papillen setzen sich überall Theilchen von Schmutz und Erde fest und die Kapuze er- scheint völlig geschlossen. Erst beim reifen Thier ist die Kapuze soweit entwickelt, dass sie die gesammten Mund- theile aufzunehmen vermag. Sie würde auch jetzt noch nicht gross genug sein, wenn nicht die oben genannte Reduction der Taster einträte, wenn nicht die einzelnen Glieder derselben schlanker würden und dabei Papillen und Kugelhaare verschwänden. Die eigenartige Umwandlung tritt also deshalb ein, damit alle Mundwerkzeuge, auch die vor der letzten Häutung noch frei vorstehenden Taster, in der Kapuze Raum finden und das Thier nun äusserlich ganz erd- farbig erscheinen muss. Man fragt sich freilich, warum nur das geschlechtsreife Thier eines so vollkommenen Schutzes bedarf. Ich meine, dass die Antwort auch auf diese Frage nicht schwer ist: — Während der ersten Entwicklungssta- dien hat das Thier nur für die Selbsterhaltung zu soi-gen. Im geschlechtsreifen Zustande aber müssen Männchen und Weibchen einander aufsuchen und sind deshalb gezwungen, mehr aus ihrem Versteck hervorzukommen. Eine ähnliche Umwandlung, wie bei der Gattung Bicrano- lasma, nur in geringerem Maasse, beobachten wir bei der G-äituug 7 roguhis. Auch hier hat man für die Jugendform, die sich namentlich durch die unentwickelte Kapuze aus- zeichnet, eine besondere Gattung Metopoctea begründet. Die Gründe, welche mich veranlassen, auch diese Gattung einzuziehen, sind genau dieselben, wie bei der Gattung Amopcmm. Nach dem mir vorliegenden Material muss ich die Trogulideugattungen demnach folgendermaassen unter- scheiden : Trogulidae. I. Der Tarsus des 2. Beinpaares besteht (abgesehen von dem abgeschnürten Endstück des Metatarsus) aus 4 bis 16 Gliedern; die vier mittleren Bauchplatten sind kurz 282 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. riDgförmig, zusammen etwa halb so lang als der Bauch breit ist, oder noch kürzer; der Bauch zeigt in der Mitte keine Längsnaht; die Augen stehen an den Seiten der beiden nach vorn vorragenden, oft kapuzenfönnig zusammen- geueigten Anhänge, erscheinen also durch einen Gabelspalt getrennt (d. h. natürlich nur dann, wenn dieser Spalt nicht mit Erde ausgefüllt ist). (Fig. 2.) D i er a n ola s m a SoEUEyiSE'S. (Jugendform: Amopaum Soer. Fig. 1.) II. Der Tarsus des 2. Beinpaares besteht, abgesehen von dem meist vorhandenen, abgeschnürten, papillenlosen Endstück des Metatarsus. aus höchstens 3 Gliedern; die 4 mittleren Bauchplatten sind zusammen etwa ebenso lang oder länger als der Bauch breit ist und stets mit einer Längsnaht versehen, die nur bei ganz jungen Thieren oder durch anhaftende Erde undeutlich sein kann; die Augen stehen stets hinter der Theilung der nach vorn gerichteten, oft kapuzenförmigen Anhänge und zwar an den Seiten eines niedrigen Hügels. A. Die nach vorn vorragenden beiden, oft mit verbindender Erdkruste überdeckten Anhänge des Kopfes sind Ivurz, läirzer als die auf ihnen stehenden und nach vorn vor- ragenden, meist durch Erde verkitteten Papillen (ohne deren Endborsten); der Tarsus des 1. und 2. Beinpaares besteht, abgesehen von dem zapfenförmigen, papillenlosen Endtheil des Metatarsus, aus drei Gliedern, indem das Basalglied nahe der Basis durch eine schwächere Ab- schnürung abgliedert ist; ebenso ist beim Tarsus des 3. und 4. Beines das Basalglied an der Basis uiideutlich gegliedert, so dass an diesen Beinen 4 Glieder vorhanden sind; die Papillen an den Schienen sind laug und dünn, die längeren sind (wenn ganz von Erde entblösst) wohl immer mindestens viermal so lang als dick. Die Schenkel sind an der Basis stark eingeschnürt und mit dem zweiten Trochantergliede, das sich schmal und eng an das erste anlegt, völlig verschmolzen. Anelasmoccphalus Simon. B. Die genannten Kopfanhänge sind länger als die an ihrem distalen Ende stehenden, nach vorn vorragenden Papillen; der Tarsus des 1. und 2. Beinpaares bestellt, SitziuKj vom 14. Juli 1003. 283 abgesehen Yon dem oft Torhandeneii Eudstiick des Metatarsiis aus 1 — 2 Gliedern, der Tarsus des 3. und 4. Beinpaares aus 1 — 3 Gliedern; die Papillen an den Schienen sind meist kurz warzenförmig, die längeren wohl höchstens dreimal so lang als dick. Die Schenkel sind an der Basis nicht stark eingeschnürt und von dem dicken zweiten Trochantergliede meist deutlicher ab- gegrenzt. a. Der Tarsus aller Beine besteht aus 1—2 Gliedern; die Krallen des 1., 3. und 4. Beinpaares sind halb so lang wie der 1- bis 2-giiedrige Tarsus. Calathocratus Simon. b. Der Tarsus am 3. und 4. Beinpaar besteht aus 3, (nur bei ganz jungen Thieren undeutlichen), Gliedern; die Krallen sind im Verhältniss zum Tarsus immer, weit kürzer. Trogulus Latk. (Jugendform Metopodea Simon.) Von den Gattungen Calathocratus und Anelasmoccphalus liabe ich nur ein dürftiges Material vor mir. Ueber die Arten dieser Gattungen darf ich mir deshalb kein Urtheil erlauben. Ein reiches Material liegt mir Yon den Gattungen Bicrauolasma und Trogulus vor. Ich gebe deshalb eine Uebersicht der Arten, welche zeigen mag, wie sich die Ab- grenzung derselben an der Hand dieses Materials ergiebt. Früher beschriebene Arten, die ich nicht kenne, nehme ich in meine Uebersichten auf, soweit mir dies nach der Beschreibung möglich ist. Finde ich in der Artbeschreibung nur Merkmale angegeben, welche nach dem mir vor- liegenden Material keine Constauz besitzen und deshalb die Aufstellung einer Art nicht zu rechtfertigen scheinen, so stelle ich den Namen vorläufig in die Synonyraie. — Fundorte, für welche ich keine Belege vor mir habe, sind in Klammer gesetzt. — Trogulus Latr. Die bisher verwendeten Unterscheidungsmerkmale der Arten dieser Gattung erwiesen sich z. Th. als unbrauchbar, weil sie keine Constanz zeigten. Neue Merkmale habe ich 284 GcsellscJcaß naturforsdiendcr Freunde, Berlin. nur äusserst spärlich auffinden können, obgleich ich alle Organe, welche in andern Arachnidengruppen mit Erfolg verwendet sind. z. B. die Scheereii der Clieliceren, die Palpen, die Geschlechtsorgane (Penis und Legeröhre) etc. sorgfältig untersucht habe. Vielleicht ist einer meiner Nach- folger glücklicher als ich. — Von den hier aufrecht er- haltenen Arten werden vielleicht an der Hand eines reicheren Materials noch einige fallen müssen. Anderer- seits ist nicht unwahrscheinlich, dass sich eine südspanische i\rt von einer süditalienischen wird unterscheiden lassen. I. Alle Schenkel, auch die Vorderschenkel, ohne Rückenkiel und ohne Rückenreihe langer Papillen. Truncus 22 mm laug (Süd-Dalmatien). Trog, torosus Simon 1885. II. Der Schenkel des zweiten Beinpaares mit einem ähnlichen aus langen Papillen bestehenden Kiele wie der des ersten Beinpaares; Truncus 13 mm lang (Südwest- Alpen). Trog, cristatus Simon 1879. III. Der Schenkel des 1. Beinpaares mit starkem, aus Papillen bestehenden, meist mit Erde bedeckten Kiel; der 2. Schenkel entweder ohne Kiel oder, wie der 3. Schenkel, mit sehr niedrigem Kiele. €1. Das kurzhaarige Schnürstück des Metatarsus am 2. Bein- paar ist ungefähr so lang wie das 1. Tarsengiied, so dass der Tarsus aus 3 fast gleich grossen Gliedern zu bestehen scheint; Truncus 8V2— H limi lang. Süd- Dalmatien. auf Salzboden. Trog, squamatiis C. L. Koch 1839. S}. Das Endstück des Metatarsus am 2. Beinpaar (Fig. 5a und b) ist nicht halb so lang wie das basale Tarsengiied. A. Der Metatarsus des 2. Beinpaares dorsal am distalen Ende entweder in gerader oder in schwach gebogener Linie in das Endstück übergehend (Fig. bd)\ die vor dem distalen Ende auf Papillen stehenden dorsalen Borsten ragen deshalb nicht bis an den etwas auf- geworfenen Endrand des Gliedes vor. a. Der nicht mit Papillen besetzte distale Theil des Metatarsus am 2. Beinpaar, an der dorsalen Seite gemessen, höchstens halb so laim- wie der Meta- Sitziaui vom 14. Juli 1903. 285 tai'sus am Ende (lateral gesehen) dick ist; Trnncus 107^ — 13 mm lang. Griechenland. Jrog. (jraeciis n. sp. Fig. 5. Abgeschnürtes papillenloses Endstück des Metatarsus, a. von Trogidus corcyraeus, b. von Tr. (jypseiis. b. Der nicht mit Papillen besetzte distale Endtheil des Metatarsus am 2. Beinpaare ist über halb so lang, als das Glied am Ende dick ist (Fig. 5a); der Triincus 11— 15 mm lang. Corfu. Trog, corcyraeus n. sp. B. Der Metatarsus des 2. Beinpaares fällt, lateral ge- sehen, dorsal gegen den Tarsus sehr stark ab (Fig. 5 b); die letzten auf Papillen stehenden Stacheln ragen deshalb bis an oder über den ein wenig aufgeworfenen Endrand des Gliedes vor. a. Die beiden Tarsenglieder des 2. Beinpaares sind kaum an Grösse verschieden, das Endglied wohl nie mehr als um Vi» länger als das vorletzte. OL. Die Borsten auf der dorsalen Seite des vorletzten Tastergliedes sind gegen das Ende (auch im Kanadabalsampräparat) nicht verjüngt, bisweilen etwas keulenförmig erweitert; die beiden Tarsen- glieder des 2. Beinpaares mit dem Endstück des Metatarsus zusammen länger als der mit Papillen besetzte Theil des Metatarsus (alles ventral ge- messen). Truncus S'/s— 97-' ( — 12) mm lang. Ge- birge von Bosnien und Siebenbürgen (u. Corsica). Trog, aqnatlcus Sim. 1879 286 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. ß. Die Borsten auf der dorsalen Seite des vorletzten Tastergiiedes oft z. Tli. am Ende etwas gerundet, aber doch deutlich gegen das Ende verjüngt; die beiden Tarsenglieder des 2. Beiupaares mit dem Endstück des Metatarsus zusammen kürzer als der mit Papillen besetzte Theil des Meta- tarsus. " Truncus (8,5— ) 10.5 (—12?) mm lang; das basale Tarsenglied des 4. Beinpaares (ventral gemessen) um Vs länger als der Endrand der Schiene (vom distalen, ventralen Endrande bis auf die Spitze des dorsalen Fortsatzes, also schräg-lateral gemessen). Gastein (u.Oberbaiern). Trog, tingiforniis C. L. Koch 1848. "•■ Truncus 12—15 mm lang; das basale Tarsen- glied des 4. Beinpaares kürzer als der schräg lateral gemessene Endrand der Schiene zu- sammen mit dem dorsalen Fortsatz. Klein- Asien (u. Jerusalem). Trog, gypseus Simon 1879. b. Das Endglied des Tarsus am 2. Beinpaar ist immer weit länger als das vorletzte Glied. a. Die Haare des vorletzten Tastergliedes stehen auch beim reifen Thier z. Th. auf Papillen oder Warzen, beim jungen Thier (Mctopocka cxürata SiM. 1879?) wahrscheinlich auf sehr hohen Pa- pillen; der papillenlose Endtheil des Metatarsus am 2. Beinpaar bei dem aus Spanien stammen- den cT ^u der dorsalen Seite etwa halb so lang wie der Metatarsus am Ende (lateral gesehen) dick ist; Truncus 9,3 (c/*) — 1 1 ( $ ) nnn lang. Andalusien, Albanergebirge, (Südfrankreicli u. Corsica). Trog, cori^if'ormis C. L. Koch 1839. Das von Koch gezeiclmete Stück besass am Hinterrande des Abdomens eine starke Aus- randung. Bei dem mir aus Italien vorliegenden SitziüKj vom 14. Juli 1903. 287 $ ist dieselbe schwach entwickelt, bei deu aus Spanien stammenden ^ fehlt sie gänzlich. Es pflegen indessen gerade in Bezug auf dieses Merkmal bei den Arten sehr starke Variationen vorzukommen. - Immerhin ist der Vergleich eines grösseren Materials aus Spanien und Italien erwünscht ,3. Das vorletzte Tasterglied beim reifen Thier ohne Papillen, beim jungen Thier (Kapuze unvoll- kommen) mit niedrigen Papillen oder Warzen; * derTrimcus 7- 10V2(- 12) mm lang, das ba- sale Tarsenglied am 2. Beinpaar über 2^4 mal so lang als (lateral gesehen) dick. — In der relativen Länge der Tarsen- und Taster- glieder, in der Farbe des Körpers oder eigent- lich der Incrustirung und in der Form der Zähne auf der Legeröhre kommen kh- änderungen vor, die ich aber an der Hand des umfangreichen mir vorliegenden Materials nicht als Arten gelten lassen kann. Von den mitteldeutschen Berglandschaften bis ans Mittel meer verbreitet, in den süd- lichsten Theilen von Spanien, Italien und Griechenland scheint sie zu fehlen und durch Trog, corisiformis einerseits und Trog, graecns andererseits vertreten zu werden. Natürlich greifen die Verbreitungsgebiete über einander über. Trog, ncpaeformis Scop. 1763. (Latk. 1 804 , Haiix 1 834, non C. L. Koch 1 839.) Trog, nigcr C. L. Koch') 1839, transalpin. Trog, higaeiformis C. L. Koch i) 1839, Grie- chenland. Jrog.coreiformis C. L. Koch ') 1839. Vaterland? Trog, ro.straüts Latk. 1798, Sim. 1879, Frank- reich. M Icli halte die Kocu'schen Grössenangabeii im Text für richtig, nicht lue Maasse bei der Figur. 288 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. 1. Jugendstadium. Pkalangium melanotarsus Hermann 1804, Strassburg. Trogidus violaceus Gerv. 1844, Paris. Trog, olbiccnts Soeuexsen 1873, Mittel-Italien. Metopoctea melanotarsus Sim. 1879. Siro inaeqiiipcs (iniquijjes) Karsch 1884, Asturien. 2. Jugendtsadium: Trog, melanotarsus C. L. Koch 1839, Nürnberg. Trog. 2^erforaticeps Äusserer 1867, Tirol. 3. Jugeudstudium: Trog, asper atus C. L. Koch 1839, Pfalz. Trog, sinuosus Soerensen 1873, Mittel-Italien. Die hier gegebene umfangreiche Synonyniie besitzt natürlich nur einen beschränkten Grad von Sicherheit, da ich meist auf die vor- liegenden Beschreibungen angewiesen war. Nur von einer einzigen Beschreibung liegt mir die Type vor, nämlich von Siro inaequipes Karsch. Ich habe mir erlaubt, hier den Gattungsnamen durch stäripen aus der Coxa mitzuerhalten. — Am Grunde der Tibia (II) sitzt ein breiter Promotor tibiae II (p. ti.) an, dem gegen- über vielleicht bei den Thelyphoncn ein schwacher Remotor wirkt (?). — Am Grunde des Tarsus I und II sitzt je 1 Flexor (f. tai. f. ta2). Im Gegensatz zum Scorpion fehlt der Extensor tarsi I, wie bei ihm gleichfalls auch ein p]xtensor tibiae. — Der Extensor praetarsi entspringt im 1. (Basitarsus) und seine Sehne beginnt schon im 2. Tarsale; von Flexores praetarsi finden wir einen aus der Patella (superior [VJ) nur bei den Thcl/jpJwnidcu und einen mehrth eiligen aus der Tibia (II) (bei den Thdyphonidm mit einigen Fasern auch aus der Patella) kommenden (inferior); ein accessorius aus dem Tarsus fehlt. Die vorstehenden Angaben beziehen sich auf die Thdyx)](,onidcn und Amblupupcn. Koeneuia und Tnth//rcus habe ich auf die Beinmuskulatur nicht genauer untersucht, es scheinen bei ihnen ähnliche Verhältnisse vorzuliegen. b) Das 3. Extremitätenpaar. Die 3. Extremität ist bei allen Fedipalpen bekannter- maassen in eine sogen. Fühlergeissel umgewandelt, die homolog und ebenso auch die Muskeln, obschon so die Bezeichnungen derselben oft nicht mehr physiologisch richtig sind mit Bezug auf das ganze Thicr; das brauchen sie aber auch nicht, da wir die Glieder des Beines als solche betrachten, weil anders eine Klärung dieser com- plicirten Verhältnisse erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht ist. '') Erwähnt mag noch werden, dass bei den grösseren Formen in 298 Gesellschaft ndturforschendcr Freunde, Berlin. einem normalen Laiifbcin bei den Palp'Kjraäi (Koencnia) noch eiuigermaassen älmlich ist. Die Umwandlung hat namentlich den Tarsus oder auch wohl (bei den AmUypugi) Tibia und Tarsus betroffen, indem dieser oder diese Beiu- abschnitte in mehr oder weniger zahlreiche sekundäre Glieder zerlegt sind, über die man sich in spezielleren Schriften Orientiren mag. Die Gliederung der basalen Beinhälfte ist normal: Coxa, Trochanter und Femur. Endwärts finden wir bei den Amhlypypen und Palingmdcn noch eine echte Patella {Tibia I), bei den Uropupen dagegen eine Patellotibia (= Tibia der Scorpione etc.); die Gliederzahl des Tarsus ist sehr verschieden und wiederholt studirt worden. Ein Klauen- glied mit 2 Klauen finden wir nur noch bei Koenenia und fragliche Reste eines solchen bei den Amhlijpijpeii. Bemerkenswerth ist es. dass, ähnlich wie bei den Tastern der Mundbeine der Hexapodcn, so auch an dieser Pedipalpenextremität die Gelenke (namentlich die distalen) ihre B^estigkeit verloren haben (excl. bei Koencnid). Von normalen Beiumuskeln finden wir distal vom Kniegelenk bei den Thdyphonklen einen Extensor und Flexor tarsi I; jeder von ihnen ist (cf. Anmerkung"*) doppelt und sie zusammen greifen so am Tarsus an, dass dieser allseitig rotirt werden kann. — Ausserdem finden wir trotz des Fehlens eines Praetarsus 2 zarte Sehnen durch den ganzen Tarsus bis an die Endspitze des Beines verlaufend, offenbar Homologa der Extensor- und Flexorsehue des Praetarsus. Bei den AmUijpiiiJoi liegen die Verhältnisse ähnlich, doch kann ich hier nicht näher darauf eingehen. 3. Affine (IC. Die Beingliederung der Arunccn stimmt im Wesent- lichen mit der der Pcdipalpen überein. wir finden bei ihnen Coxa, Trochanter. Femur, Patella, Tibia, mehrgliedrigeu Tarsus und 2 klauigen Praetarsus. Die 3 basalen Bein- glieder zeigen dieselbe Muskulatur wie bei den Pedipalpcn, doch erhält der Levator femoris ein Faserl)ündel aus der Coxa. — Die Patella entsendet nur einen breiten Promotor tibiae an den Tibiengrund. Der Tarsus (1) hat einen starken der Gelenkhaut zwischen Trochanter unil Femur sichelförmige Cliitin- spangen ausgehildet sind. Sitzu)>ij rom 14. JiiU 1003. 299 Flexor; Extensorea fehlen aber, wie ja auch bei den Pcdi- p-i(5tocembeiQgliederung und der mancher Aruchniden und Insekten nicht anders als auf wahrer Homologie beruhend, erklären; ehe sich die heutigen grossen Arthropodenroihen trennten, waren, so möchte ich annehmen, ihre Extremitäten (ursprünglich gleichartig) der- art gegliedert, dass zwischen Coxa und Trochanter, sowie zwischen Femur und Tibia die Hauptgelenke bereits fixirt waren. Diese Gelenke möchte ich daher einander entschieden für homolog erklären, während das Gleiche wohl oft für das Trochantero- femoralgelenk, weniger sicher aber für die Inter- femoral- und Intertibiotarsalgelenke gelten dürfte. Die letztgenannten Gelenke bieten daher grössere Variationen und sind bisweilen nur schwierig mit Sicherheit zu identi- ficiren. Die Thatsache, dass ein ylj^MS-Schwimmfuss das gleiche Kniegelenk besitzt, wie der Kieferfuss der Scolo- pendriden und Gcophilideu\ dass der Mandibeltaster vieler Cntstaceen gleich dem Labialtaster mancher Hexapoden nur aus 2 durch ein Kniegelenk getrennten Gliedern besteht (Trochanterofemur und Tibiotarsus); dass zwischen Rumpf und Kniegelenk bei den Bmchyuren z. B. und den meisten Ojnsihogoneatenhe'men die gleiche Gliedzahl bei gleichzeitig gleicher Gelenkbildung und -folge gefunden wird; dass die ursprünglichen Beingelenke auch dort erhalten bleiben liöunen, wo sie nur phylogenetisch zu erklären sind (Mund- beine etc.), schliesst meiner Meinung nach die Möglichkeit der Entstehung so gleicher Verhältnisse aus mechanistischen Gründen aus. Zum Theil sind die „alten und ältesten" Beinglieder auf Grund von Verwachsungen gelegentlicher oder normaler Art bei den verschiedensten Formen er- schlossen worden, und da diese immer nur zwischen den 318 Gesellschaft ncdurfnr sehender Freunde, Berlin. von mir oben erwähnten Cardinalgelenken der Beine ge- funden werden, so erscheint deren Alter gut begründet. Die Zweiästigkeit der Crustaceenbeine ist eine Anpassung an das Wasserleben und wahrscheinlich entstanden durch die Benutzung der Extremitäten als Schwimmbeine, indem durch gelegentliche Bildung eines Seitenastes die als Ruder wirkende Oberfläche der Beine vergrössert wurde, und je mehr diese dem freien Schwimmen angepasst worden sind, desto ähnlicher wurden sich oft Exo und Endopodit, indem letzterer gleichzeitig seine ursprüngliche Gliederung verlor. Wo aber die Extremitäten mehr oder weniger ausschliess- lich zum Gehen gebraucht werden, tritt der Exopodit ent- sprechend zurück und fehlt sogar nicht selten, während das eigentliche Bein die auf ein allgemeines Arthropodenbein- schema zurückführbare Gliederung zeigt. Der Spaltfuss bleibt bei dieser Art der Auffassung dennoch ein wesent- licher Charakter der Crustaceen und Trilohiten, nur kann ich ihn, wie gesagt, nicht für einen primären Charakter halten und gar den Exopodit, der ursprünglich vom Troch anter ausgeht, auf die dorsalen Parapodien der Anneliden zurückführen, was zwar theoretisch wohl möglich, aber keineswegs auf Grund unserer heutigen Kenntnisse be- weisbar ist. Der Exopodit geht bei den Crustaceen, wie es zuerst Hansen energisch verfochten hat, von dem 3. Stamm- glied e (Trochanter) aus, er kann aber auch auf das 2. Glied herabrücken, wie z. B. an dem ersten und letzten Maxillarfuss von Garcinus maenas etc. Solche Fälle sind als abgeleitete zu beti'achten, sie zeigen uns aber, dass der sogenannte Exopodit, den man an der Plüfte der 6. Extremität von Limidus oder au den Hüften der Thoracal- beine von Machilis (Stylus) findet, wohl mit Recht seinen Namen trägt, da ja in dem erwähnten Falle von Carcinus und bei vielen anderen Formen der echte Exopodit auch von dem von mir als Coxa bezeichneten Beingliede aus- geht, dessen Homologie mit der echten Coxa ich gleich darlhuii werde. — Sitzung vom U. Juli 1903. 319 Zur ersten Orientieriing benutzen wir mit Vortheil den gewöhnlichen Granat: Crangon vulgaris, oder auch einen anderen Krebs jener Gruppe, Falaemon etc. Die Lauf- beine von Crangon vulgaris bieten, von der Hinter- seite betrachtet, ein Bild, wie es Fig. 17 zeigt. Die Pleuren des Rumpfes werden von einem Gliede gebildet, welches seitlich eine grosse Kammkieme (ki) trägt und nur am distalen Ende ringförmig geschlossen ist (Sco). Auf dasselbe folgt ein vollstcändiges, kurzes Glied, welches mit dem 3., dann folgenden ein in jeder Beziehung mit dem normalen Coxalgelenk übereinstimmendes Ge- lenk bildet und sich somit als Coxa zu erkennen giebt; Levator und mehrl heiliger Depressor trochanteris sind kräftig entwickelt. Das erstgenannte Grundglied nimmt zur Coxa eine ähnliche Stellung ein, wie die Subcoxa (Me- rosternum) zur Coxa bei vielen niederen Insekten oder den CJiifopoden, nur dass dort die Vorderseite, hier die Hinter- seite des Basalgliedes als pleurenartige Platte entwickelt ist; es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass wir beide Gebilde (Sco) als Homologa zu betrachten haben. Die Coxa wird nun gegen die Subcoxa von vorn nach hinten (horizontal) bewegt, während die auf die Coxa folgenden Glieder durchaus vertikal im oben bezeichneten Gelenk bewegt werden. Die Coxa nannte Milne-Edwards Coxo- podit, offenbar hielt also er sie schon für ein Aequi- valent der Insekten- oder Arachnidencoxa. — Es folgen nunmehr 3 Glieder, die in einer Geraden liegen und nur seitlich gegen einander bewegt werden können, während sich ihnen das Endteil des Beines mit einem deutlichen, typischen Knie anschliesst (Hi^NSEN). Die beiden Gelenke zwisclien den 3 fraglichen Gliedern ähneln sehr dem Trochanteralgelenk der typischen O^nstltogoveatenhe'me; da nun das basale Gelenk oft etwas unregelmässig ist, über- dies an den grossen Scheerenbeinen Qm^sAstacus, Crangon etc. die beiden grundwärtigen Glieder unbeweglich mit einander verwachsen sind und kein Grund vorliegt, diese beiden Glieder bei Ästacidcn und Fahemonidcn nicht zu identi- ficiren, ferner das end wertige Gelenk auch alle Merkmale 320 Gesellschaft naturforschender freunde, Berlin. des //^^^(rfl^oilcn-Trochantergelenkes besitzt ^^) : so ergiebt sich vergleichend morphologisch, dass wir hier einen zwei- gliedrigen Trochanter und eingliedriges Femur vor uns haben, was trotz der abgeänderten Gelenkverhältnisse auch für die hinter den Scheerenbeinen stehende Extremität von Crangon etc. zutrift't. [Bei der Verwandtschaft von Hcxapoden und Criistacccn leuchtet es ein, wenn ich das basale Trochanterstrictum der Odonaten und anderer Hcxapoden (=Vekiioeffs Trochanter der Hctapoden) dem 1. Trochanterale dieser Crustaceenheinc homologisire.] End- wärts vom „Knie" liegen 3 Glieder, deren zweites gegen das erste halb vertilferfiisse der (lälopodcn lehren, dass der Praetarsus auch bei den letzteren erst nacl» der Gliederung des Metapodit in Tibia, Basi- und Telotarsus entstanden sein kann. Sitzun/j vom U. Juli 1903. 333 Ursprunges sein, zumal dies Glied bei den Pantopoden zwar auch durch Extensor- und Flexormuskel bewegt wird, diese aber nicht (wie stets bei den Äraclmiden) über den Grund des letzten Tarsale zurückreichen, während es bei den Crustnceen muskellos ist. — Im Vorstehenden ist ferner nachgewiesen, dass die Scheeren der Decapodeubeine homolog sind den Scheereu der Limulusbeine, folglich kann der be- wegliche Scheerenfinger bei den Cnisiaccen, der das normale Endglied der Krebsbeine ist, kein Praetarsus sein; vielmehr ist er Tarsus II + undifferencirtem Praetarsus: oder mit anderen Worten : die Scheere der Arthropoden- beine wird stets vom Telotarsus als beweglichem Scheerenfinger und dem Basitarsus [oder in seltene- ren Fällen einem Tibiotarsale (Tibia + Tarsusi)] mit dem unbeweglichen Scheerenfinger (als Fortsatz) gebildet. Der Praetarsus ist namentlich für die Landarthropoden characteristisch, während er unter den ursprünglichen Meeres- bewohneru nur bei den Parttopoden unzweifelhaft angetroffen wird, dagegen den Crustaccen und Merostomm normaler Weise fehlt. So lässt sich vermuten, dass auch bei den Pevipatidcn der Praetarsus in Anpassung an das Landleben selbständig entstanden ist, wofür die (nach de Meijere) eigenartige Mus- kulatur dieses Beingliedes bei Pcripatus sprechen würde. Die Klauen der Tardigraden endlich sind so eigenartig, dass ich mir nicht denken kann, dass sie und das sie tragende Glied dem Praetarsus und seinen Klauen homolog sind. — Wie weit im Uebrigeu die Beingliederung der Onijcho- phoren mit derjenigen der anderen Arthropoden in Einklang zu bringen ist, entzieht sich vorläufig meinem Urtheil, da es mir an Untersuchungsmaterial mangelt; für die Tardigraden halte ich dies für ausgeschlossen. Jedenfalls ergiebt sich aus der Beingliederuug der Gliederthiere, dass CJieliceraten, Panto- poden. Teleioceraten und Ätcloceraten einander näher stehen als die Oniiehophorcu und Tardigraden zu irgend einem Vertreter 334 Gesellschaft naturforsdiender Freunde, Berlin. derselben, was im P^inklang mit der übrigen eigenartigen Körperorganisation dieser Thiere steht.) — Da die Beine der letztgenannten Formen offenbar der primären Beinglieder der anderen Gliederfüssler entbehren, sie vielmehr als einfache „Stummel" mit abgegliederten Klauen erscheinen, möchte ich für das ungegliederte Urbein der Arthropoden die Bezeichnung Archipodium vorschlagen, das bei den Embryoneu und nach Abzug der Klauen auch bei Onychoyhoren und Tardigraden verwirklicht wird. Da ferner das Coxotroclianteralgelenk unstreitig das älteste Beingelenk darstellt, wir auch an den Urosterna (Packard, = Abdominalsterna) von Muclälis und den Schleppbeinen ^er Scolopcndriden abgeflachte Subcoxocoxen'^) vorfinden, so wird es zweckmässig, auch die ältesten Beinabschnitte mit neuen, vergleichend morphologischen Ter- minis zu belegen. Für Subcoxa + Coxa gebrauche ich: Basipodit (nicht identisch mit dem MiLNE-EowARDs'scheu gleichlautenden Terminus der MacniiPulRufheine [= Troch- anter], für Trochanterofemur: Mesopodit, für Tibiotarsus: Metapodit, und wir erhalten nun folgendes Schema der Arthropodenbeiuglieder und ihrer Beziehungen zu einander: Archipodium Telopodit \Vi<:rhoeff) Basipodit Mesopodit Metapodit / \ / \ / \ Subcoxa Coxa Trochanter Femur Tibia Tarsus (I-Il) (I-II) (I-IV) (I-II) (I-X) Die Bestimmung der Beinglieder der Arthropoden kann nicht nach allgemeinen, immer geltenden Regeln oder Grundsätzen erfolgen, sondern sie muss in jedem einzelnen 19) Vergleiche einen ilemnächst im Zoologischen Anzeiger er- scheinenden Aufsatz von mir (zur Klärung der Beingliederung der Ateloceraten), in dem ich Gelegenheit genommen habe, die wichtigsten Fehler der letzten Beingliedarbeiten K. W. Yerhoefk's richtig zu stellen und sein Ateloceratenbeingliednmskelhomologiegesetz zu entlarven. Sitzuni/ vom. 14. Jnli 1903. 335 Falle unter Berücksichtigimg solcher Grundsätze (Ent- wicklung, Form und Folge der Gelenke, Muskelfiihrung oder -losigkeit, Verwachsungsersclieinungen) durch den Vergleich eines möglichst reichlichen Materiales ge^vonnen werden. Wer meine Resultate nachzuprüfen oder zu be- kämpfen beabsichtigt, möge daher mindestens ebenso viele Formen untersuchen, wie sie mir vorgelegen haben, und nicht auf Grund von morphomanistischen Sophistereien und mehr oder weniger leeren Behauptungen gegen die- selben vorgehen, wie es Verhoeff nun schon einige ]\tale versucht hat. Derartigen „naturphilosophischen" Mach- werken ist die wahre wissenschaftliche Forschung stets überlegen. — Folgende Uebersichten mögen die von mir gewonnenen Beobachtungen nochmals kurz zusammenfassen: 336 Gesellschoft nahirfw sehender Freunde, Berlin. Metapodit Mesopodit Basipodit o er » CJi i;^ CO to i •- Tarsus II (1-4) Praetarsus td i H p' 3 T s p Subcoxa Coxa (1-2) f f Tarsus II (1-2) Praetarsus CO 1 H p' 3 H 3 n P 3 ►1 Subcoxosteriium Coxa (1-2) 1 Telotarsus, selten mit Praetarsus p" p" 2^ T H p Subcoxa Coxa (1-2) 1 1 i p' 3 c o 2 p 1 P S' s r Tarsus II (1-x) Praetarsus w p 1 X St p' 1 B 1 3 1 n : o 1 P 1 Tarsus 11 (1-4) Praetarsus p' cn. P Ö5 ^1 p" £ T v!5 3 s t 3 ö I-. Sitzitny vom 14. Juli 1903 337 CS X o Coxa 1 Coxa 1 Coxa II 1 c H 3 |3 CO 1 Normale L auf b eine der Amplü- und Jsopoden, auch der ersteren Fang- klauen- oder Schooren- beine. X o CO 1 'S o H 'o 2 H 3 S .2 H t/3 CCl 2 C3 :^1 et O öl c J p .2 1 o i i 'S "6 5 ä; CS -3 o o ■7: c3 p H CS 3 1 o ll 5 1 p 'S p ^ 'S -S 'S 1^. 338 Gesellschaft natitrforschender Freunde, Berlin. 9^. 1 r 11 Cr x: 2 S. ~? K ^^ iT tu > S <; =".2 H 1 s s^i ^ ^ s- ;> ^^,^: i_i o »:^ =^ s -i W :4.o s X S s s- ? E? i-8 i H2 ^, p s -- "^ m w M HO "1 o;. Da- 3 2 1 2" 20 £ 2 2 J3 2 c- 2. <^ 2- S 2 2- 0 ^ i » 2 S- s "2. "^ i d" ^ I j^ 2 Ol j^ != " 2 CO tr^ ^ hi t:^ C: c i-s P £« FT C Sitzung vom U. Juli 1903. 339 Zum Schluss sei es mir noch vergönnt, für die freund- liche Überlassung von Untersuchuugsmaterial den Herren Professor Dr. F. Daiil, Dr. R. IIkymons und Dr. II. Tiiiklk meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Erklärung der Figuren und der in ihnen angewandten Kürzungen Fi,i>-. 1 u. 2. Limidus folyphemufi 1) 4. Extremität der rechten Körpor»^ Seite, von hinten gesehen; 2) rechte Chelicere, von der Aussenseite (liinten) gesehen. „ ;-!. Androctomis anstralis. Linke 3. Extremität, von vorne gesehen, nur der Telopodit gezeichnet. „ 4. Nemastoma bimaculata. Femora: a) der 2. und 3., b) der 4. und 5., c) die 6. Extremität, in gleicher Vergrösserung, „ 5 u. 6. Cryptostemma toestermanni. 5) 2. Extremität der linken Körperseite, von vorn (unten) gesehen; (5) Letztes (6.) Bein derselben Körpersette, von unten gesehen. ,. 7 u. 8. Garypus spec. 7) Letztes Bein der linken Körpei'seite, von hinten gesehen ; 8) 3. Extremität der rechten K()rper- seite, von vorne gesehen. „ y a. Ixodes spec. aus Tabora. (i. Extremität der linken Seite, von hinten gesehen. „ 9 b. Tromhidiide aus Calabrien Telopodit der 2. Extremität, von aussen (hinten) gesehen. „ 10. Goleodes spec. Die basal vom Kniegelenk gelegenen Glieder: a) der 2., b) der 3., c) der 4., d) der 5., e) der 6. Extremität in gleicher Vergrösserung; a-c von der Vorderseite, d— e von der Hinierseite gesehen. „ II. Sadocus viteUino-svlcdtiis. Metapodit der 2. Extremität, von innen (vorne) gesehen. „ 12. Trithyrnis camhridijci. Telopodit der 2. Extremität, von hinten (aussen) gesehen. „ 13. Clcarinns seycJicllaruin . 2. Extremität, von oben (vorn) gesehen. „ 14. P/»-«/»zc7t«sreH//'or;;(ü>, junges Thier. Metapodit der 2. Ex- tremität in selber Lage wie Fig. 13. „ IT). Mastigoproctus giganleus. Metapodit der 2. Extremität, von unten (hinten) gesehen. „ 1(1. Ni/mphon mixtum d". 6. Extremität der recliten Körper- seite und das zugehörige Rumpfsegment, von hinten gesehen. „ 17 — 19. Crangon vxdgans. 17) letztes thoracales Laufbein, 18) 1. Maxillarfuss, 19) 2. Maxillarfuss. alle von hinten ge- sehen. „ 20. Carcinus mdcnas. Rechte Mandibel, von unten (hinten) gesehen. „ 21. Palaemon voüenhöffeni. Grosses Scheerenbein, ohne Sub- coxa, von hinten gesehen. „ 22. Carcinus maenas. ]. thoracales Laufbein, ohne Subcoxa, von hinten gesehen. „ 2S, 2i, 2(j. Talitnis siwc. 23) ein mittleres thoracales Laufbein; 24) Scheerenbein, ohne Subcoxa; 20) 2. Maxillar- 7tt'- 340 Gesellschaft ndtnrforschender Freunde, Berlin. fnsspaar (Labium), alle von hinten gesehen. In Fig. 24 ist der bewegliche Scheerenfinger (Taj + Pi'j rf'chts noch für sich vergrösscrt dargestellt. Fig 25. Asellus aipKitlcus. Die 3 basalen Glieder eines hinteren (thoracalen) Lautbeines, „ 27. Aims spec. Dritter Schwimnifuss, von vorne gesehen. Yon den Figuren gilt dasselbe wie in meinen beiden ersten Mittheilungen über die Keinglicderung der ArihropoiUii. Die Ab- kürzungen in denselben bedeuten : Co {1, :^) — Coxa (I, II). Coed — Endit der Coxa. Cor = Coxalrest. d. c. r=i Depressor coxae. d. CO [1, ^) — „ (1, -^)- d. fe (1, 2) = „ fenioris (1, 2j. d, fe. = „ „ accessorius. d. tr. — „ trochanteris. Epp r= Epipodit. e. pr. z=. Extensor praetarsi. e. s — Extensorsehne des Praetarsus. e. ta [1, 2) — Extensor tarsi (1, 2). e. ti =r „ tibiae (patellae). Exp = Exopodit. expm = Basalniuskel des Exopodit. Fe {1, 2) =r Femur (I, II). Feed = Elndit des Femur. Fci str =: Strictum des basalen Femorale. /'. pr. acc. = Flexor praetarsi accessorius. f. pr. inf. = „ „ inferior. f. pr. sup. =1 „ „ superior. f. s. — Flcxorsehne des Praetarsus. f. ta. (1, 2). = Flexor tarsi (1, 2) f. ti. — „ tibiae (patellae). Id = Kieme. Ä-.s- = Krallensehne. Ib. ext. — Lobus externus (Kaufortsatz von Coxa 11). Ib. int. =: „ internus ( „ ,, „ , 1). l. CO., l. CO. 2 = Levator coxae, coxae II. l fe {1, 2). =: „ femoris (1, 2). l. tr. = „ trochanteris. n =: Unvollständige Grenze zwisdu'n Snluox Fig. 27. ;i ui Obl — Oberlippe. Fa = Patella (= Tibia I). p. fe. =r Promotor femoris. Fr = Praetarsus (incl K'linicii). pstrf =: PseudotracheaUeld. p. ti = Promotor tibiae (11). r. fe = Remotor fenioris. r. ti — „ tibiae (II). r. tr = „ trochanteris. 4 d C Tafel 1. Zu Seite 292 Cor f/jr.inE Trfe Tafel 2. Zu Seite '291 FeZ l.tr f.pr.sup. J Tafel 3. Zu Seite 292 d.feZ -pr. f.pr.inf. f:tct. Co a 9. r^ Co r ^^ ^" Co V \ ^r\ Tr Tri . Vi ^^' ■'\ f^ \\ sii -l -Fe/ Fei '" n \ j- Fc2 Fe2 10. 11. Tafel 4. Zu Seite 29: Tafel 5. Zu Seite 2'J2 -o{ Sco /\~ ••-,1^^ . \\ Tafel 6. Zu Seite '202 d.co2 d.tn Ta2 23. d.coZ du: Tafol 7. Zu Seite 292 ScoecL TiecL 27. SlIZKiin roiii 14. JhU 1903. 341 Sco = Subcoxa. Scocd = Endit der Subcoxa. sti = Stigma. Tu = Tarsus. Tdi = Basitarsus (olim Metatarsus). TcH = 2. Tarsale, aber in Figg. 1, 2, 5, Hb, 17, 18, 21, 22 = Telotarsus. Ti = Tibia, in Figg. 1, 6, 11 = Tibia 11. Ticd — Endit der Tibia. Tita = Tibiotarsus = (Mctapodit). Titas = Tibiotarsale (Tibia + Basitarsus). (i, ;>) — Trochaiiter (I, 11). Tred = Endit des Trochanter. Trfe — Trochanterofenuir (= Mcsopodit). Trn — Trochanternaht. Herr Hans Virchow sprach über den Orbitalinhalt des Elefanten. Die Tötung des Elefanten Omar im Zoologischen Garten am 9. Juni d. J. bot Gelegenheit zn mancherlei Unter- suchungen, welche durch den Direktor des Gartens, Herrn Dr. Hkck, in liebenswürdigster Weise gewährt wurde. Ich wählte davon den Orbitalinhalt; das Auge aus alter Neigung und den Lidapparat, weil ich mit der Bearbeitung der Lider beschäftigt bin. Ueber das Auge werde ich erst später berichten können, da ich versuchen möchte. Totalschnitte durch dasselbe zu machen und dies eine längere Voibereltung braucht. Ueber den Lidapparat aber möchte ich schon jetzt sprechen. Es ist bereits mancherlei über den Orbitalinhalt des Elefanten aus früherer Zeit bekannt: Die straffe Plaut, welche die Orbita gegen die Temporalgrube abschliesst, die relative Kleinheit des Bulbus, die Abwesenheit von Thränen- punkten, Thräuenkanal, Thräneusack und Meibom'schen Drüsen, das Vorhandensein einer Härder' sehen Drüse und eines Nickhautmuskels. Alle diese Einzelheiten gewannen für mich durch die eigene Präparation nicht nur grössere Präguanz und Anschaulichkeit, sondern auch Beziehungen theils untereinander, theils mit anderen Bedingungen. Sehnerv. — Die Orbita des Elefanten ist sehr gross, obwohl, wie gesagt, der Bulbus relativ klein ist. Daher 342 Gesellschaft naturforsdiendcr Freunde, Berlin. ist auch der intraorbitale Theil des Sehnerven sehr lang, an meinem Präparat 11,5 cm. Augenmuskeln. — Das Gleiche gilt von den Augen- muskeln. Die Augenmuskeln sind also nicht deswegen lang, weil der Bulbus gross ist, sondern weil die Orbita tief ist, die Orbita aber ist tief, weil der Schädel breit ist. Der Schädel ist breit wegen der Stosszähne. Also hat der Elefant lange Augenmuskeln nicht wegen seiner Augen, sondern wegen seiner Zähne. Von den 6 Recti ist der obere der schwächste, insofern als er die schmälste Sehne hat, was sich vielleicht daraus erklären lässt. dass der Elefant wegen seiner Höhe wenig Veranlassung hat nach oben zu blicken. Die 4 Recti stehen im Hintergrunde der Augenhöhle mit dem Bindegewebe der letzteren in breiter und fester Verbindung, und ich möchte hier die Besprechung des Bindegewebes anschliessen. Bindegewebe der ilugenhöhle und der Lider. — Bei vielen Säugethieren, insbesondere auch beim Menschen und beim Affen, finden sich wichtige und klare Differen- zierungen im Bindegewebe der Orbita und der Lider. Das Septum orbitale trennt die Lidregion von der Orbitalregion; in den Lidern lässt sich die Cutis, die lockere centrale Bindegewebsschicht und die Tarsi (bei Affen nur ein oberer) unterscheiden; in der Orbita die Tenonsche Kapsel, Muskel- scheiden, Fascien und die Sehnenausbreitung des Levator, auf der anderen Seite das Fettpolster. Beim Elefanten dagegen giebt es zwar lokale Differenzen, aber es fehlt doch jede klare Gliederung. Es fehlt ein Septum orbitale, in den Lidern wird wohl das Bindegewebe besonders dicht gegen die Lidränder, aber es fehlt einerseits die lockere, centrale Bindegewebsschicht, andererseits die Lidplatten. Kurz die Lider sind nichts anderes als dicke Hautlappen, worauf das Formlose, Ausdruckslose ihrer Bildung beruht. In der Orbita konnte ich weder eine Tenon sehe Kapsel, noch Muskelscheiden oder Fascien finden, ja selbst eine Sehnenausbreitung des Levator palpebrae superioris und des ihm gegenüberstehenden Depressor palpebrae inferioris lässt sich nur mit einer irewissen Gewaltsamkeit und Kunst- Sitzniuj vom 14. Juli 1903. 343 lichkeit herstellen. In der Orbita giebt es wohl Lappen eines eigenlhümlichen grauen Fettgewebes, aber es fehlt doch ein zusammenhängendes, orbitales Fettpolster. Es überwiegt ein eigenthümliches, zwar weiches, aber doch zähes, zaddriges Bindegewebe, welches alles umhüllt, mit allem in Verbindung steht und der Präparation die grössten Schwierigkeiten bereitet. Dieses Bindegewebe geht ohne Grenzen in das dichte, schwielige Bindegewehe der Lider über. Der ganze Orhltalinhalt hat etwas Rohes, nach unseren menschlichen Begriffen Unfertiges, Unorganisirtes. Lid spalten Öffner. — Diese Verhältnisse haben eine grosse Bedeutung für die beiden Lid Spaltenöffner, den Heber des oberen Lides und den lierabzieher des unteren. Der Levator hat eine Breite von 5 cm und ebenso der Depressor, der noch etwas kräftiger zu sein scheint. Von einer eigentlichen Sehne (Sehnenausbreitung) des Levator und Depressor kann man, wie gesagt, gar nicht sprechen; man kann als solche nur das dichte Bindegewebe, welches in der Fortsetzung der Muskeln liegt, ansehen, welches sich aber nur künstlich aus dem zwar gleichfalls dichten Bindegewebe der Umgebung herausschälen lässt. Die Sehne des Levator und die des Depressor ist reich an glatten Muskelelementen. Solche liegen auch weiter seitlich, sowohl an der nasalen, wie an der temporalen Seite, sodass man einen, mit dem Levator und Depressor zusammenhängenden Ring von dichtem, an glatten Muskelfasern reichem Gewebe isoliren kann, welcher nur durch die hiudurchtretenden Obliqui unterbrochen wird. Auch ein „abirrendes Bündel" des Levator scheint vorzukommen. Oberfläche der Conjunctiva. — Dem Elefanten fehlen, wie seit langem bekannt ist, die Thränenpunkte, ebenso wie Thränenkanälchen und Thränensack. Es fehlen ihm auch die Wimpern und sein ausdrucksloser, rundlicher Lidrand hat nur eine innere, aber keine äussere Lidkante. Anstatt der fehlenden Wimpern dienen ihm borstenartige Haare, welche an der Aussenfläche des oberen Lides bis zu 10 Reihen übereinanderstehen, deren längste, ausserhalb 344 Gcsellscliaft iiaturfürnchendcr Freunde, Betiui. der Haut bis 45 mm und innerhalb der Haut bis 7.5 mm lang sind. Diese Borsten sind nasal wärts gewendet, so- dass von ihnen vorwiegend der nasale Augenwinkel ge- schützt wird. Im unteren Lide gibt es entsprechende aber weit schwächere, spärlichere und kürzere Haare. Die Meibom' sehen Drüsen fehlen, sow'eit ich bis jetzt ermitteln konnte, gleichfalls. Von einer Caruncula lacrimalis kann man nur in einem bedingten Sinne sprechen. Zum Begriff einer Karunkel gehört eine Erhebung, ein Hügel, der Besitz von Haaren und Talgdrüsen und bei vielen Thieren Pigmentirung. Beim Elefanten fehlt der Hügel und die Haare; es ist nur eine schwach pigmeutirte Stelle vorhanden, und es ist noch durch die weitere Untersiiciumg nachzuweisen, wie weit dieselbe Merkmale einer Karunkel besitzt. Die Oberfläche der Conjunctiva ist. abgesehen von den Falten, die sich bei Bewegungen des Bulbus bald mehr bilden, bald mehr glätten, mit einer Anzahl von unregel- mässigen leisteuartigen Erhebungen und entsprechenden runzelartigen Furchen versehen. Es ist schwer, ihr Aus- sehen anschaulich zu schildern, doch lässt sie sich für den Kenner anatomischer Präparate sofort veranschaulichen durch den Vergleich mit der Vagina einer alten Frau. Ganz vereinzelt kommen an ihr papillenartige Anhänge vor, bald rund, bald blattartig, auch wohl gestielt; der grösste derselben, in zwei platte Zipfel getheilt. mit einer Basis von 8 mm und Höhe von 4 mm fand sich am tempo- ralen Ende des oberen Lides. Im Epithel dieser Con- junctiva findet man zahlreich die auch von anderen Con- juuctiven bekannten Schleimzellen. Ueber die Oberfläche prominirende Follikel besitzt die Conjunctiva nicht, weder in B^rm eines FoUikelfeldes. wie bei Kaninchen. Katze, Hund, Rind, noch in Form dissemiuirter Follikel, wie beim Pferde. Einige kleine, weissliche Flecke, die man mit Mühe sehen kann, mögen P'ollikel oder follikelartige Bil- dungen sein in der gleichen Weise, wie beim Menschen, aber auch dies ist noch nicht sicher. An Pigmentirungen unterscheidet man zwei Arten, eine schwarze und eine rost- Sitsitiu/ roiii 14. JhU l'.KKi. 345 fai'bene. Die erstcre findet sich an d(M' Stolle der Karnnkel. sodann in Form eines Fleckes an der nasalen Seite der Basis der Nickliant und in Form feiner Streifen, anschliessend an den Lidrand. Die rostfarbene Pigmentirung nimmt vor allem die Nickhauttasche ein. Die Nickhaut ist sehr gross und demgemäss ist auch die Nickhauttasche sehr geräumig. Die Nickhaut ist auf ihrer nasalen, in der Lidspalte sichtbaren Fläche durch ein dickes, runzliges Polster ausgezeichnet, welches durch eine Ansammlung von dichtem Bindegewebe unter der Con- junctiva bedingt ist. Nickhautknori)el. — Der Nickhautknorpel steht zur Nickhaut in dem gleichen Verhältnis, wie eine Zeltstange zum Zelt, d. h. einerseits reicht der „Stiel" desselben über die Nickhaut, bez. Nickhauttasche hinaus in die Tiefe, an- dererseits wird die Nickhautfalte nur in der Mitte durch den Knorpel gesteift. Der Nickhautknorpel hat eine Länge von 75 mm. Er besteht aus Stiel und Schaufel, von denen die letztere mit zwei kurzen Hörnern endigt. Der Knorpel ist nicht symmetrisch gestaltet in der Weise, dass die Schaufel in der geraden Verlängerung des Stieles läge, sondern er biegt sich, um in die Schaufel überzugehen, abwärts, dann wieder aufwärts. An den Stiel des Knorpels greift ein Muskel an, der nichts Anderes ist. als ein Stück des Mus- culus orbicularis und der sogleich bei diesem beschrieben werden soll. Orbicularis. — Ob Theile des Orbicularis am Knochen ansetzen, vermag ich nicht anzugeben oder auszuschliessen. Bei der Art der Gewinnung des Präparates (Herausnahme des Orbitaliuhaltes im Ganzen und nachfolgende Präparationi könnte etwas Derartiges wohl vorhanden gewesen und über- sehen sein, denn es ist sicher, dass Raudtheile des Muskels bei der Vorbereitung für die Präparation in Wegfall gekom- men sind, insbesondere im nasalen oberen Quadranten. Bestimmte Hinweise jedoch auf Knochenursprünge existieren nicht; vielmehr finden die Bündel, falls sie nicht ununter- brochen am temporalen und nasalen Lidwinkel vorbeikreisen. Gelegenheit zum Ansatz an zwei, sogleich zu beschreibenden 346 Gcsdlsdidft naturfurnchciuler Freunde, Berlin. hindegewebigen Formationen. Auch bietet unzweifelhaft das dichte Bindegewebe, aus welchem der Orbicularis gewisser- maassen ausgegraben werden niuss. dem Muskel einen viel grösseren Halt, als es beim Orbicularis eines IMenschen oder Affen der Fall ist. Insbesondere ist der Muskel auf der Haut- seite so innig in das schwielige Gewebe der Cutis eingelassen, dass es nur mit grösster Mühe möglich sein würde, ihn ohne Verletzung von hier aus zu präparieren, obwohl Cuvier ihn von dieser Seite darstellt. Ich habe ihn ebenso, wie schon vor mehr als 50 Jahren Haukison. von der Innenfläche aus freigelegt, wo die Präparation auch immer noch sehr müh- sam ist. Von den beiden erwähnten bindegewebigen Forma- tionen ist die eine an der nasalen Seite gelegen und erstreckt sich von dem nasalen Lidwinkel in horizontaler Richtung nasal wärts. Sie entspricht also der Lage nach dem Ligamentum palpebrale mediale des Menschen, lässt sich aber doch in keiner Weise im Aussehen mit ilim ver- gleichen, ist überliaupt nicht abgrenzbar, sondern ist nur als eine Stelle zu bezeichnen, wo das ohnehin schon derbe cutane Bindegewebe noch dichter ist als sonst. Deswegen vermeide ich auch den für die Beschreibung bequemen Ausdruck eines Ligamentum pal]»ebrale. Die andere bindegewebige Formation liegt temporal, erreicht jedoch den Lidwinkel nicht, sondern bleibt von ihm durch einen Abstand von 2 cm getrennt. Sie ist nur wenig nach unten von der durch die Lidspalte gelegten Ebene entwickelt, hauptsächlich nach oben, und nimmt hier eine um so grössere Ausdehnung an, je mehr man sich dem äusseren Rande des Orbicularis nähert, sodass an meinem Präparat das obere Randbündel des Mukels 8 cm kürzer ist. als es sein müsste, wenn es bis an die Ebene der Lid- spalte abwärts reichte. In dieses bindegewebige Polster treten die Bündel des Orbicularis mit deutlich erkennbaren. l)latten Sehnen ein. Am temporalen Rande des Prä|)arates finden sich in dieses Polster eingelagert zwei |)latte. offenbar vom Knochen abgeschnittene Knori)elstücke. SitZKiHf roiii 14. JitU 1903. 347 Der Orbicularis verliält sicli verschiedcMi in seiner temporalen und nasalen Hälfte. In der temporalen Hälfte bildet er eiue einheit- liche Platte und ist demnach von dem iles Menschen nicht wesentlich verschieden, wenn man von der oben ge- schilderten Unterbrechung durch das Bindegewebs- polster absieht. Doch nimmt nicht der ganze Muskel an (lieser Unterbrechung theil. vielmehr geht im unmittelbaren Anschluss an den Lidwinkel eine 2 cm breite Partie un- unterbrochen vom oberen in das untere Lid über. In der nasalen Hälfte besteht der Muskel aus 2 Por- tionen, einer oberflächlichen oder cutanen (palpebralen) und einer tiefen oder orbitalen, von denen die letztere wieder in 2 Abschnitte, einen oberflächlicheren oder ununterbrochenen und einen tieferen oder unterbrochenen geschieden werden kann. Die cutane Portion erleidet eine vollständige Unterbrechung au der nasalen Bindegewebsformation, indem sie hier in einer horizontalen Breite von 38 mm Ansatz findet, und nimmt bei ihrem temporalwärts gerichteten Ver- lauf die ganze Breite des Muskels von den Lidrändern bis zum oberen und unteren Rande ein. Die orbitale Portion ist, wie gesagt, in 2 Abschnitte geschieden. Der tiefere dieser beiden befestigt sich von oben und von unten her in einer Ausdehnung von 20 mm am Stiel des Nickhaut- knorpels und erleidet durch diesen eine Unterbrechung; der oberflächlichere Antheil geht ohne Unterbrechung in einer Breite von 15 mm an der nasalen Seite des Stieles vorbei und schliesst sich weiterhin an den inneren, d. h. der Lidspalte näheren Rand der tieferen Portion an, sodass von da an beide eine einheitliche Platte darstellen. Diese tritt dann an die innere, d. h. orbitale Fläche der cutanen Portion und geht in letztere über, indem ihre Bündel sich zwischen die jener einordnen. Die Vereinigung der unterbrochenen und ununterbrochenen Partie der orbitalen Portion kann bestimmt werden durch eine Ebene, welche senkrecht durch den nasalen Lidwinkel gelegt wird, die Vereinigung mit der cutanen Portion findet etwas nasal von der Mitte der Lider statt. Man sieht aus dieser Beschrei- 348 (Tesdlschiift iiatid-furscJcciHlcr Frcuitdc, Bciiiii. bung, dass man nur bedingt von einem „Nickhautmuskel" oder gar, wie Harrison thut. von deren zwei, einem oberen und einem unteren, sprechen kann. Wenn es auch bequem für die Beschreibung ist, den Ausdruck Nickhautmuskel anzuwenden, so kann diese Unterscheidung doch immer nur eine sekundäre Bedeutung beanspruchen und ich ver- meide sie dalier, um keine falschen Vorstellungen zu er- wecken. Ich kann es, wie gesagt, nicht bestimmt aus- schliessen, dass Theile des Muskels am Knochen entspringen, aber das ist sicher, dass die Bündel des Nickhautantheiles, soweit sie an meinem Präparat erhalten sind, in die Bahn des Orbicularis einbiegen und weiterhin von ihm nicht mehr zu unterscheiden sind. Diese anatomischen Verhältnisse geben für die phy- siologische Auffassung wichtige, aber immerhin nicht entscheidende Anhaltspunkte. Das eine lässt sich aus dem anatomischen Präparat mit Sicherheit ableiten, dass wenn der ganze Orbicularis sich zusammenzieht, dadurch zu- gleich Lidschluss und Verschiebung der Nickhaut veranlasst werden muss. Ob aber daneben noch isolirte Kon- traktion des Nickhauttheiles stattfinden kann, d. h. ob im funktionellen Sinne von einem selbständigen Nickhautmuskel zu sprechen ist, das lässt sich durch den Anblick des Muskels am anatomischen Präparat nicht entscheiden. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit Hesse sich durch den Nachweis der Innervation erbringen, Gewissheit aber nur durch die Beobachtung am Lebenden; aber selbst hier wäre es nicht absolut sicher, dass isolirte Bewegung der Nickhaut auf isolirte Innervation des Nickhautmuskels zurückgeführt werden müsste, vielmehr könnte ja auch der ganze Orbicularis iunervirt, aber die Lider durch die gleichzeitige Aktion der Lidspaltenerweiterer (Levator und Depressor) festgehalten werden. Ich will noch besonders betonen, dass der Nickhaut- theil des Orbicularis am Knorpel bis ans innere p]ude des Stieles zurückgreift und genau mit diesem abschliesst. Die Gliederung in der nasalen Hälfte des Orbicularis ist also von der beim Menschen «ränzlich verschieden: es Sitzmuj vom U. Juli. 1903. 349 fehlt der Theil bezw. es fehlt das Ursprungsverhältniss, welches zur Aufstellung des Homer" sehen Muskels ge- führt hat. d. h. der Ursprung des Orbicularis an der lateralen Wand des Thränensackes und noch dahinter am Knochen, was ja auch verständlich ist, da ein Thränensack selbst nicht existirt; es besteht dagegen eine orbitale Portion, die theils an den Stiel des Knorpels ansetzt, theils an diesem vorbeiläuft. Man könnte daher für einen Augenblick auf den Gedanken kommen, dass der Nickhaut- muskel des Elefanten der auf den Knorpel übergewanderte Iloruer sehe Muskel sei. Diese Vorstellung wird aber hin- fällig, wenn man den weiteren Verlauf berücksichtigt: Der Horner sehe Muskel des Menschen stellt im weiteren Ver- lauf die an die Lidspalt unmittelbar anschliessenden Partieen des Orbicularis dar, nämlich im oberen Lid die untere Hälfte des prätarsalen Abschnittes und im unteren Lid den ganzen prätarsalen Abschnitt, und er bildet diesen Muskel in seiner ganzen Dicke; der Orbitalmuskel des Elefanten dagegen gesellt sich im weiteren Verlauf den peripheren Theilen des Orbicularis, also dem Orbi- cularis orbitae und nicht Orbicularis palpebrarum bei, in- dem an der Stelle, wo er in die Platte des Orbicularis eintritt, sein innerer, d. h. dem Lidspalt näherer Rand 27 mm sowohl im oberen, wie im unteren Lid von dem Lidrande entfernt bleibt. Ich habe noch beizufügen, dass von dem unteren Nickhautmuskel sich ein 4 mm breites Bündel ablöst, an einer Stelle, welche 4 cm von dem Ansatz an dem Stiel des Knorpels entfernt ist, um in das Bindegewebe zwischen dem Knorpel und dem Ausführungsgang der HAKDKu'schen Drüse einzutreten. Ein kleines secundäres Bündelchen von dem erwähnten Bündel trat an meinem Präi)arat an die Härder sehe Drüse selbst. Drüsen. — Ich komme nun zuletzt zu demjenigen Theil meiner Untersuchung, den ich, wenn ich das Interessanteste und. wie ich glaube, Neue hätte zuerst nennen wollen, wohl an den Anfang hätte stellen müssen: zu den conjunctivalen Drüsen. Wie schon gesagt, ist die Härder sehe Drüse des 350 Ge-'^ellschnft naturforfichcnder Freimrle, Berlin. Elefanten schon früher bekannt gewesen. Die Frage, ob ausserdem noch andere Drüsen vorkommen, insbesondere eine Thränendrüse, findet sich gleichfalls erörtert, aber ver- schieden beantwortet. „Die Thränendrüse wurde von Camper beim Elefanten nebst den Thränenpunkten, dem Thränen- kanal u. s. w. vermisst; Perrault hatte sie gefunden. Nach Blaixville hat sie die Grösse einer Erbse." (Stanxius vergl. Anatomie der Wirbeltiere S. 402, Anmerkung 12.) Nach Harrison kommen in der Conjunctiva nur wenige rothe Körner vor. In Wahrheit ist der Drüsenapi)arat der Conjunctiva so reich, dass der Elefant darin vielleicht alle übrigen laud- bewohnenden Säugetiere übertrifft. Dieser Drüsen- apparat kann in zwei Abschnitte geschieden werden, einen palpebralen und einen Nickhauttheil, von denen jeder sich aus einer kompakten geschlossenen Formation und disseminierten kleinen Einzeldrüseu zusammensetzt. Die geschlossene Formation des palpebralen Theiles stellt einen Drüseu- gürtel vor, der das ganze obere und untere Lid einnimmt und nur an der nasalen Seite eine Lücke von 1 cm zeigt. An der lateralen Seite und ebenso in der Mitte des oberen Lides hat er eine Höhe von 3.5 cm. Im unteren Lid ist er etwas schwächer und in beiden Lidern wird er gegen die nasale Seite hin niedriger. lür reicht bis dicht an den Lidrand, nimmt also in erster Linie den Teil der Lider ein. welchen man beim Menschen als den tarsalen bezeichnen würde. Es handelt sich nicht um eine Drüse, sondern um eine grosse Zahl von dichtgedrängten Eiuzeldrüsen. Die dissemirten kleinen Einzel drüsen nehmen die Gegend nach dem Fornix hin und wohl auch den Fornix selbst ein. In der geschlossenen Formation findet man am lateralen Ende des oberen Lides eine Drüse von 16 mm. welche sich durch ein mehr glattes, weniger gelapptes Aus- sehen und eine etwas hellere, etwas mehr gelbliche Nuance der Farbe von den übrigen Drüsen auszeichnet. Bei sorgfältiger Präparation lässt sich diese Drüse ringsum isoliren, und es findet sich ein 12 mm lauger Sitzuug vom U. Juli 1003. 351 gegen den Lidrand gerichteter Gang, welcher auf der Conjimctiva mit einer eben sichtbaren Oeffuung mündet, die sich aber beim Sondiren ohne Gewaltanwendung etwas ausweitet. Man kann diese Drüse in einem gewissen Sinne als „Thränendrüse" bezeichnen, worauf ich zurückkomme. Sonst haben alle Drüsen einschliesslich der Hakder- schen die dunkle braunrothe Farbe, wie etwa die Submaxillaris des Hundes, der sie auch in der derben Consisteuz gleichen. Die geschlossene Formation des Nickhaut- antheiles nimmt den Grund der Nickhauttasche ein und dringt von da aus auch in die Nickhautfalte ein. Die disseminirten kleinen Einzeldrüsen des Nick- hauttheiles liegen in der bulbären Wand der Nick- hau ttas che und reichen an dieser Stelle am weitesten bis zur Hornhaut heran, sogar Ins in eine Entfernung von 8 mm von deren Rand. Die HAKDEii'sche Drüse hat an meinem Präparat eine Grösse von 27 ram. Es ist jedoch bei der ersten Präparation ein Stück des inneren Endes verloren gegangen, welches ich auf etwa ein Drittel des noch vorhandenen schätze. Sie ist durch mehrere tiefe Einschnitte in einige Lappen geschieden, an denen wieder durch seichtere Ein- schnitte eine Trennung in Läpi)chen angedeutet ist. Die Drüse ist durch einen nach der Präparation 65 mm langen Gang mit der nasalen Wand der Nickhauttasche ver- bunden, an welcher sie durch eine leicht sichtbare Oeffnung ausmündet. Der Drüsengaug ist in seiner ganzen Länge von kleinen Neben drüsen besetzt. Im geweblichen Bau sind die geschilderten Drüsen sämtlich übereinstimmend. Sie haben alle den Charakter von Schleimdrüsen. Demnach wäre allerdings die Haudeu- sche Drüse, wenn man den Ausführungen Miessneu's (Arch. f. wisseusch. u. prakt. Thierheilk. 2G. Bd.) sich anschliessen will, garnicht als HAUDER'sche, sundern als Nickhautdrüse zu bezeichnen. 352 Gesell'^chaft vaturforschendcr Frenwle, Berlin. Die mitgetheilten Beobachtungen über die conjimctlvalen Drüsen regen zu einer Anzahl von Betrachtungen, theils morphologischer, theils physiologischer Art an. Ich will diese Betrachtungen einzeln aufführen. 1. Es ist öfters gesagt worden, dass man in der Conjunctiva als die primäre morphologische Grundlage für die Difterenzierung der Thränendrüse und der HARDEu'schen Drüse einen zusammenhängenden Ring fornicaler Drüsen annehmen müsse (z. B. Wikdeusiieim, Vergleichende Anatomie S. 312.) — Das ausgebreitete Vorkommen von Drüsen beim Elefanten zeigt, dass man diese Vorstellung erweitern muss, denn die von Drüsen eingenommene Fläche ist thatsächlich so umfassend, dass man potentia der ganzen Conjunctiva die Fähigkeit der Drüsenbildung zuschreiben muss. Gerade die kleinen dis- seminirten Drüsen mit ihrer weiten Ausbreitung zeigen diese universelle Potenz in besonders deutlicher Weise. 2. Es ist öfters erörtert worden, ob die beim Menschen im Tarsus (ausser den MEiBOM'schen Drüsen) vorkommenden acinösen oder acinotubulösen Drüsen in das System der Thränendrüse gehören oder, ob sie etwas Selbstständiges sind. — Die eben erwähnte Ausdehnung der Drüsenbildung beim Elefanten spricht zu Gunsten der ersteren Auf- fassung und macht es wahrscheinlich, dass die Unterschiede formaler Art nur durch die räumlichen Bedingungen des Standortes veranlasst sind. 3. Es ist gesagt worden, dass die Härder' sehe Drüse aus dem nasalen Ende des fornicalen Drüsenringes iiervorgegaugen sei; auch hat man ihr die Bezeichnung der Nickhautdrüse beigelegt. — Das Verhalten beim Elefanten legt es nahe, diese Auffassung zu modificiren, denn es zeigt, dass die Härder sehe Drüse nur eine bevorzugte P^inzeldrüse unter einer grossen Zahl von Nick- hautdrüsen ist, dass daher der Ausdruck HARDER'sche Drüse und Nickhautdrüse nicht mehr synonym gebraucht werden kann. Dies stimmt auch mit dem Verhalten beim Affen (M(tcdci(s rcsus) überein. bei welchem in der flachen Einsenkung der Conjunctiva zwischen der kleinen Nickhaut Sitziiiif/ vom 14. Juli 1003. 353 (Plica conjunctivalis) und dem Bulbus eine ganze Anzahl (10) von eben mit blossem Auge sichtbaren Drüsen theils mit kurzen Ausfiihrungsgängen, theils ohne solche der Con- junctiva ansitzend gefunden wird, also eine Anzahl von Nickhautdrüsen, aber keine HARDER'sche Drüse. 4. Es ist mehrfach die Frage aufgeworfen worden, ob der Elefant eine Thränendrüse habe oder nicht. — In meinem Falle kam am lateralen Ende des oberen Lides eine Drüse vor, welche sich durch Grösse, Glätte und Aus- führungsgang von den umgebenden conjunctivalen Drüsen unterschied und in gewissem Sinne wohl als Thränendrüse angesprochen werden konnte. Sie mündet jedoch wahr- scheinlich nicht am Fornix, sondern unterhalb desselben au der Fläche des Lides und entfernt sich nicht von dem Stratum der übrigen Drüsen (liegt also nicht oberhalb der Levatorausbreitung), hat an ihrem Ausführungsgang keine accessorischen Drüsen, und vor Allem besitzt nicht mehrere Ausführungsgänge, ist also eine Einzel drüse und nicht ein Drüsenkomplex, wie die orbitale Thränendrüse des Menschen und der Affen. Sie ist also nicht im strengen Sinne der letzteren zu homologisireu. 5. Es ist eine ziemlich allgemeine Anschauung, dass die Thränendrüse und die Härder' sehe Drüse, wenn auch aus ursprünglich einheitlicher Formation herausdiflferenzirt, sich doch durch den specifischen Drüsencharacter unter- scheiden. — Beim Elefanten haben alle die beschriebenen Drüsen denselben geweblichen Charakter; und da bei den AValen, wie neuerdings wieder Pütter betont, alle conjunctivalen Drüsen ölbildend, beim Elefanten alle Drüsen Schleimdrüsen sind und beim Kaninchen die HARDER'sche Drüse ein Sekret absondert, welches nicht anders aussieht, wie Milch, so kann man aus dem Sekret keine morpho- logischen Differenzen ableiten, wie ja auch der Unterschied von serösen und Schleimdrüsen im morphologischen Sinne dadurch hinfällig geworden ist, dass man in den gleichen Drüsen theils seröse, teils Schleimzellen findet. 6. Es ist von Pütter betont worden, dass bei den Walen ein reicher Bestand von conjunctivalen Drüsen mit 7ttt 354 Gesdl-schaß natur forschend er Freunde, Berlin. Fehlen von thränenableitenden Wegen verbunden sei. — Beim Elefanten kommt die gleiche Kombination (sowie übrigens auch das Fehlen von MEinoM'scheu Drüsen und Wimpern) vor; sie ist also hier nicht aus einer An- passung ans Wasserleben zu erklären. Es fragt sich nun, was dem Elefanten dieser reiche Drüsenapparat nützt und in welcher Weise derselbe gebraucht wird. Auf diese Frage vermag ich eine Antwort nicht zu gel)en, ja ich sehe mich sogar ausser Stande, eine Vermuthung auszusprechen. Dass der Elefant aus seinen zahlreichen conjunctivalen Drüsen nicht fortdauernd eine erhebliche Schleimmenge absondert, ist wohl sicher. Aber ich möchte hier an das Verhalten unserer eigenen Mund- und Rachenhöhle erinnern. So gewiss es ist. dass unter Umständen z.B. beim Genuss coucentrirter alkoholischer Flüssigkeiten oder stark zuckerhaltiger Speisen sowie bei krankhaften Zuständen ganz erhebliche Mengen von Schleim abgesondert werden, so sicher ist es doch auf der anderen Seite, dass wenn nicht reizende Speisen und Getränke ge- nossen werden, von einer Schleimabsonderung eigentlich garnicht die Rede sein kann. Was, in welchem Maasse und unter welchen Umständen die Conjunctiva des Elefanten secernirt. das lässt sich nicht aus dem anatomischen Präparat, sondern nur durch Beobachtung am Lebenden feststellen, wobei immer noch der Reichthum des Epithels an Schleim - Zeilen mit zu berü(;ksichtigen ist. Sitzitiiff vom 14. Juli WOH. 355 Referirabend vom 21. Juli 1903. Herr H. Virchow: Ucber den Orbitalinhalt des Elephanten. Herr L. Kny til)ei-: G. IIaueklandt: Sinnesorgane im Pflanzenreich zur Perceptiou mechanischer Reize. Leipzig 1901. Herr P. Bartels 1. über: Waekhoff: Die diluvialen menschlichen Kiefer Belgiens und ihre pithekoiden Eigenschaften. Selknka's Menschenaffen Lief. VI, 1903. 2. über: E. Fischer: Beeinflusst der M. (jenmjlossus durch seine Function beim Sprechen den Bau des Unter- kiefers"? Anatom. Anzeiger XXIII, 2. 3. 1903. Herr Rawltz über: Weinbekg: Fossile Hirnformen. 1. Aiwhi- Joplius- Derma- recti Zeitschr. f. wiss. Zool , Bd. 74. Herr F. E. Schulze zeigt rothe Fhuoshis cornms nov. Druck von J. F. Starcke. Berlin SW. 4s, Willielmstrasse 13.'). Nr. 8. 1903. S i t z u n g s - B e r i c h t der (ieselLscliaft natiirtbrscliender Freunde zu Berlin vom 13. Oktober 1903. Vorsitzender: Herr Waldeyer. Herr A. Nehring sprach über eine Springmaus aus Nordwest-Kleinasien {Alactaga WüUamsi laticcps, n. siibsp.). Soweit mir bekannt, ist bisher keine Springmaus- Species mit Sicherheit aus Kleinasieu beschrieben worden. Danfokd und Alstün erwähnen in ihrer ersten Arbeit über die Säugethiere Kleinasiens (P. Z. S., 1877, p. 281) einige kurze Andeutungen von Kotschy und Cürzon, die sie auf Äladaga dccumana Licht, beziehen; sie kommen aber in ihrer zweiten Arbeit (ibid., 1880, p. 64) zu der Ansicht, dass es sich um Merioncs (Gerhühis) crytltrurus handle. Um so interessanter dürfte es erscheinen, dass ich hier den Balg (nebst dem zugehörigen Schädel) von einer Springmaus vorlegen kann, welche am 23. Juli 1903 auf wilder, unbebauter Steppe unweit Köktschi-Kissik, der ersten Eisenbahnstation hinter Eski-Schehir, an der Linie nach Koniah, erschlagen wurde. Ich erhielt dieses Exemplar für unsere Sammlung am 4. August d. J. durch die Güte des Herrn J. Gottwald in Konstautinopel. Leider ist die Haut am Rücken verletzt und der eine Hinterfuss zer- schlagen; auch der Schädel, den ich selbst aus der Kopf- haut herauspräparirt habe, zeigt sich hinten lädirt, indem ihm das Occiput nebst dem untern Theile des Interparietale quer weggeschnitten ist. Die Abnutzung der Backenzähne 8 358 Gesellschaft natm-forscliendev Freunde, Berlin. und die Beschaffenheit der Schädel knochen beweisen ein mittleres Alter des P^xemplars. Nach der Zahl der Zehen am Hinterfusse^), nach der Form des Schädels und der Zähne handelt es sich um eine Alactaga-Species; und zwar ist dieselbe nahe mit A. WüUamsi Thomas verw^andt, einer mittel- grossen Species, welche 1897 in Ann. a. Magaz. N. Hist., Vol. 20, p. 309 f., aus der Gegend des Wan-Sees in Kurdistan zuerst beschrieben wurde. ^) Es sind aber hin- reicheude Abweichungen vorhanden, um das vorliegende Exemplar als Vertreter einer besonderen Subspecies zu unterscheiden. Wegen des breiteren Schädels nenne ich sie Alact. WilUamsi laticeps. Dimensionen: Grösste Breite der Gehirukapsel 19,2 mm {A. Will. 18 mm), grösste Breite des Interparie- tale 10 {A. Will. 9), Interorbitalbreite 10 {A. TF. 9), von der Spitze der Nasalia bis Vordernaht des Inter- parietale 29 [A. W. 28), Jochbogenbreite 24,5 {A. W. 23,8), obere Backenzahnreihe, ohne Prämolar gemessen, 6,2 (A. W. 5,7), quere Breite der Knochenbriicke über dem Foramen infraorbitale 4 {A. W. 3). Foramina palatiua relativ gross, Foramina incisiva (= F. palat. anter.) 6,5 {A. W\ 6,5) Diastema 10,4 (10,5). — Ich bemerke ausser- dem, dass die oberen Molaren breiter gebaut und ihre Kauflächen weniger auswärts geneigt sind, als bei A. WilUamsi. Die Kauflächen der oberen Molaren liegen bei A. Will, laticeps. nach unserem Exemplar zu urtheilen. in einer horizontalen Ebene. Die Condylar-Länge des Unterkiefers beträgt 19,6 mm; sein Molartheil ist in verti- kaler Richtung stark entwickelt. Länge des Ohrs, soweit dasselbe behaart ist, 30 mm, incl. des unbehaarten Basaltheils 40 {A. W. 46), also wesent- lich kürzer, als bei der typischen Form. Kopf und ') Es sind ausser den 3 Vorderzehen zwei Afterzelien vorhanden, wie bei den ccliten Sandspringern. -) Von dieser S])ecies besitzen wir durch SAruNiN 2 Exemplare. Siehe diese Zeitschrift, 1901, p. 145 f. Sitzung vom 13. Octoher 1903. 359 Rumpf 145 (141). der ursprünglich wohl etwas längere Schwanz =') 205 (203), Hinterfuss incl. Calcaneus 69 (65). Färbung des Haarkleides: Im AllgemeineD wie bei A. WiUiamsi, doch in manchen Punkten abweichend. Der mediale Vorderrand des Ohrs ist schwarz gesäumt, der angrenzende Theil der Ohrmuschel mit dichtsteheuden dottergelben Haaren besetzt; der übrige (grössere) Theil der Aussenseite der Ohrmuschel erscheint im getrockneten Zu- stande schwärzlich, zeigt sich aber bei genauem Zusehen mit feinen, schmutzig-gelben Haaren bewachsen. Der laterale Aussenrand ist zu ^/s weiss behaart; die Innen- tläche der Ohrmuschel theils weiss, theils gelb behaart. Die Schnurrhaare sind theils schwarz, theils weiss. Hinter dem dunkelgelben Keulenstreifen findet sich ein schmaler, schwärzlicher Streifen. Die Unterseite des Ilinterfusses vom Calcaneus -Fortsatz an bis fast zu den Zehenspitzen ist mit dunkelbraunen Härchen eingefasst. Die Oberseite des Schwanzes zeigt sich dunkelgelb behaart, mit einem undeutlichen schwarzen Mittelstreifen, welcher schliesslich in den schwarzen Theil der „Fahne" des Scliwanzendes übergeht. Spätere Untersuchungen an anderen Exemplaren werden meine obigen Angaben ergänzen müssen. Vorläufig ist es schon ein zoogeographisch interessantes Resultat, dass eine mit A. WiUiamsi Thomas verwandte Alactaga- Form in Nordwest-Kleinasien sicher nachgewiesen werden kann. Im Uebrigen verweise ich auf meine Mittheiluugeu „über Alact. Williamsi vom Talysch- Gebirge und vom Gr. Ararat" und auf die Zusammenstellung meiner Publicationen über diluviale und recente Springmäuse in dieser Zeitschrift, 1901, p. 145 — 148. (Erschienen Mitte Juni 1901.) Vergl. auch Satunin, Mittheil. Kaukas. Mus., Bd. I, Lief. 4, 1901, p. 127 f. Aus Syrien und Palästina habe ich bisher trotz vieler Bemühungen keine Alactaga-, sondern nur eine Dipus- Species s. str. erlangen können. Siehe „Globus"', 1902, ^) Der Schwanz ist vollständig, aber etwas geschrumpft. 7* 360 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Bd. 81, S. 312. Die angeblich in West - Arabien vor- kommende, in der Litteratur oft erwähnte Species: Alac- taya aulacotis Wagn. wurde von mir lüirzlich als sehr problematisch nachgewiesen. Siehe „Zoolog. Anzeiger", 1902, No. 662, S. 89—91. — Die Ideinen Sandspringer aus der Mugan- Steppe in Transkaukasien, welche früher Ä. acontion genannt wurden, habe ich als A. elatcr caucasicus nachgewiesen. (Siehe diese Zeitschrift, 1900, S. 61—70.) Diese Art ist wesentlich kleiner als A. WiUiamsi, ab- gesehen von sonstigen Unterschieden. Die von 0. Thomas a. a. 0., p. 310, geäusserte Vermuthung, dass jene kleinen transkaukasischen Sandspringer zu A. Wüliamsi gehören, Ist nicht zutreffend. Dagegen hat Satunin in Ost-Kaukasien (im Kreise Kuba) ein einzelnes Exemplar von A. WiUiamsi erbeutet. Siehe „Museum Caucasicum", Bd. I, 1899, p. 102. Derselbe sprach ferner über das Vorkommen einer Abart des gemeinen Hamsters {Cricdns vtihjaris haby- lonius, n. subsp.) südöstlich von Bagdad. Vor Kurzem erhielt ich durch die Naturalienhandlung von W. Schlüter in Halle a. S. zur Ansicht 4 Hamster- Bälge nebst zugehörigen Schädeln, welche in der Gegend südöstlich von Bagdad neuerdings gesammelt sind. Ein (altes) Exemplar habe ich für unsere Sammlung behalten und lege es hier vor. Die Färbung des Balges stimmt im Wesentlichen mit der unseres deutschen Hamsters überein; doch ist der ganze Unterarm bei ersterem tiefschwarz, während bei letzterem die Unterseite des Unterarms weisse Haare auf- zuweisen pflegt. Hand und Fuss sind bei dem babylonischen Hamster zierlicher gebaut und mit kürzeren (weissen) Haaren bewachsen, als bei dem deutschen. Die Umgebung der äusseren Genitalia zeigt bei jenem eine weissliche Be- haarung bis nach der Inguinalgegend hin. Besonders auf- fallend sind einige Abweichungen des Schädels. Derselbe ist relativ kurz und breit gebaut, mit markirten Formen und ziemlich stark abgekauten Molaren. Basilarlänge 43,5 mm, Jochbogenbreito 29 mm. Foraniina incisiva auf- Süztmrj vom 13. October 1903. 361 fallend kurz, nämlich 7,9 mm, ähnlich wie bei meinem Cric. viüg. rufescens vom Ural-Gebiet. Obere Molar-Reihe 7,4 mm. Bullae auditoriac rundlich, gross und besonders in ihrem hintern Theil stark entwickelt. Occipitalfläche stark nach vorn geneigt, obgleich das vorliegende Individuum alt ist. Nasalia relativ kurz und von der Mitte ab plötzlich nach vorn verbreitert. Foramen infraorbitale und die da- hinter liegende Partie des Oberkiefer -Jochfortsatzes ab- weichend gestaltet. Wie weit die aufgezählten Unterschiede constant sind, und wie sich der babylonische Hamster demnach zu dem ostrussischen Cric. vidg. rufescens Niikg. und zu dem rujuänischen Cric. Nchringi Matsch, verhält, hoffe ich später an weiterem Material nachweisen zu können. Jeden- falls ist das Vorkommen eines grossen, schw^arzbäuchigen Hamsters in Babylonien an und für sich schon von wesent- lichem Interesse für den Zoogeographen. Bisher galt der Nordrand des Kaukasus als Südostgrenze des Cricetus vulgaris und seiner Subspecies. Vergl. meine Bemerkung im Arch, f. Naturgesch., 1898, Bd. I, S. 386. Siehe auch diese Zeitschrift, 1899, S. 1 ff. und 1901, S. 157, sowie S. 232 -236. An letzterem Orte hat Matschie den rumänischen Hamster eingehend beschrieben. Nach einer Mittheilung Schlüters sind die babylonischen Hamster von Herrn Ingenieur Levi gesammelt worden, der noch jetzt in Babylonien bezw. in Persien verweilt. Ein Irrthum über die Provenienz der betr. Hamster ist nach der wiederholten Versicherung des Lieferanten aus- geschlossen. Herr R. DU BoiS-ReymOND sprach über QuellungS- vorgang und Gewebsflüssigkeit. Schon vor 33 Jahren hat H. Quincke in einer kurzen Mittheilung (Pflügeu's Arch. Bd. 3. S. 332.) an- gegeben, dass bei der Quellung eine beträchtliche Ver- minderung des Gesammtvolums stattfindet, das heisst, dass das Gesammtvolum von quellbarer Substanz und QueUungs- flüssigkeit nach dem Quellen geringer ist als vorher, so 362 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. lange beide Stoffe noch getrennt sind. Diese Angabe ist richtig und lässt sich leicht durch Versuche bestätigen: Wenn man in eine Flasche eine quellbare Substanz, z. B. Tischlerleim oder getrocknetes geliochtes Hühnereiweiss bringt, und dann die Flasche bis zu einer bestimmten Marke mit ausgeliochtem, luftfreiem Wasser auffüllt, so ist, nach- dem die Substanz in Wasser angequollen ist, der Stand des Wasserspiegels unter die Marke gesunken. Wenn man an eine empfindliche in Wasser schwimmende Senkwaage ein Schälchen befestigt, das quellbare Substanzen enthält, so sinkt die Senkwaage, indem die Substanzen anquellen immer tiefer ein. Aus beiden Versuchen geht hervor, dass mit der Quellung eine Abnahme des GesammtYolums der Flüssigkeit und der quellbaren Substanz stattfindet. Beim ersten Versuch wird die Volumabnahme ohne weiteres ersichtlich, beim zweiten muss sie aus der Zunahme des specifischen Gewichts erschlossen werden. Die Senkwaage nebst der an ihr hängenden Schale ist mit dem ver- drängten Wasser in Gleichgewicht. Dadurch, dass einfach Wasser in die quellbare Substanz eindringt, ist das Sinken der Senkwaage nicht zu erklären, denn das eindringende Wasser würde nicht mehr und nicht weniger Wasser ver- drängen, als es selbst wieder ersetzt, üa man nun aber beim Eindringen des Wassers thatsächlich die Waage tiefer sinken sieht, so muss man annehmen, dass das eindringende Wasser mit der quellbaren Substanz zusammen eine Ver- dichtung erfährt und deshalb, sobald es von der Substanz aufgenommen ist, weniger Wasser verdrängt als vorher. Es lässt sich aber mit Sicherheit die Thatsache fest- stellen, dass bei der Quellung eine gegenseitige Beein- flussung zwischen der quellenden Substanz und der Quellungsflüssigkeit stattfindet, sodass das Gesainmtvolum abnimmt, und zwar ist diese Volumabnahme so gross, dass sie von der Vcrgrösserung der quellenden Substanz durcli die Aufnahme der Quellungsflüssigkeit mehrere Procent er- reichen kann. Diese Beobachtung zwingt zu einer ganz anderen Auf- fassung des Quellungsvorgauges als sie bisher in chemischen SitZHiuj vom 13. Octoher 1903. 363 und physikalischen Lehrbüchern gegeben worden ist. Man pflegte die Quellung zu vergleichen mit der Aufsaugung von Flüssigkeiten durch capillare Hohlräume. Hierbei kann aber nie auch nur annähernd so grosse Volum- veränderung stattfmden. Ausserdem quellen bestimmte Substanzen nur mit bestimmten Flüssigkeiten, während die capillare Imbibition von den chemischen Eigenschaften der Flüssigkeiten unabhängig ist. Demnach muss in der Quellung vielmehr ein chemischer als ein rein physikalischer Vorgang gesehen werden. Von den verschiedenen Arten von chemischen Reactionen zweier Substanzen aufeinander können Verbindung und Hydratation nicht in Frage kommen, weil bei diesen ein bestimmtes Mengenverhältniss zwischen den beiden Substanzen bestehen muss, und überdies die Quellung nicht bloss in Wasser, sondern auch in anderen Substanzen stattfindet. Dagegen ist die Quellung voll- kommen in Analogie zu bringen mit dem Vorgang der Lösung, Hierbei ist der Begriff der Lösung im Sinne der neueren Anschauungen so zu fassen, dass er eine gegen- seitige Einwirkung der beiden betheiligteu Stoffe bedeutet. Nicht nur der feste Körper lösst sich in der Flüssigkeit, sondern die Flüssigkeit lösst sich zugleich in dem festen Körper. Ist man diese Auffassung gewohnt, so hat es nichts Befremdendes mein*, wenn man die quellbaren Körper als solche auffasst, die im Stande sind, eine Flüssigkeit zu lösen, ohne selbst von ihr gelöst zu werden. Auf diese Weise gelangt man zu der Auffassung, dass der Quellungsvorgang auf der Lösung der Flüssigkeit durch die quellbare Substanz beruht. Lösung findet in beliebigem Gewichtsverhältniss statt, das Lösungsmittel scheidet durch Eintrocknen freiwillig aus, Lösung ist von starken Volum- veränderungen begleitet, Lösung geht mit erheblichen calo- rischen Veränderungen einher, Lösung entwickelt unter Umständen sehr beträchtliche „osmotische" Druckkräfte, alles Erscheinungen, die man bei der Quellung beobachtet. Mein hochverehrter Fachgenosse, E. Overton in Würzburg ist auf Grund vieljähriger Studien über die 364 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. osmotischen Verhältnisse quellbarer Substanzen zu ganz derselben Auffassung des Quellungsvorganges gelangt. E. OvERTON sagt (Pflügers Arch. Bd. 92. 1902. S. 273.). „Es scheint indessen nicht unmöglich, dass die Quellung selbst nichts anderes ist als eine feste Lösung, wobei das Wasser als die gelöste Verbindung, die Eiweisskörper etc. als das (feste) Lösungsmittel auftreten". Durch diese Uebereinstimmung des auf zwei ganz verschiedenen Wegen gewonnenen Ergebnisses scheint mir die neue Auffassung gesichert. An dieser Stelle ist nun auf zwei Thatsacheu hinzu- weisen, die aus den erwähnten Untersuchungen und ihrem Ergebniss folgen und deren Kenutniss für die Biologie, insbesondere für die Erforschung der Seethiere, von Be- deutung sein kann. Erstens entsteht die Frage: Wenn beim Quellen die quellbare Substanz und die Quell ungsfltissigkeit zusammen auf geringeres Volum zusammenschrumpfen, als sie vorher getrennt einnahmen, wie Yerhalten sich in dieser Beziehung Gewebsflüssigkeit und thierische Gewebe? Diese Frage habe ich durch den Versuch an natür- lichem Hühnereiweis und an Muskelgewebe vom Säugethier auf folgende Weise beantwortet: Das Gewicht und das Volum einer Probe der frischen Substanz wird bestimmt. Dann lässt man sie trocknen, und bestimmt Gewicht und Volum der Troclvensubstanz. Indem man das letztere Ge- wicht von dem der frischen Substanz abzieht, erhält man das Gewicht des beim Trocknen entwichenen Wassers. Diesem Gewicht entspricht ein gewisses Volum, nämlich jedem Gramm Wasser ein Cubikceutimeter. Zieht man aber das Trocken volum vom frischen Volum ab. so erliält man stets einen kleineren Wert, als der Gewichtsdifferenz ent- sprechen würde. Daraus folgt, dass sich das Wasser in den genannten Geweben wie Quellungsflüssigkeit in ge- quollener Substanz verhält, dass es sich in einem Zustande befindet, indem es viel weniger Raum einnimmt, als ge- wöhnliches Wasser oder nach der oben angegebenen An- schauung, dass es in den Gewebssubstanzen gelöst ist. Sitzung vom 13. October 1903. 365 Dies Ergebniss dürfte für alle lebende Gewebe gelten Die Gewebsflüssiglveit darf nicht als freies Wasser ange- sehen werden, sondern sie ist als Bestandtheil der eigent- lichen Gewebssubstanz aufzufassen, so gut wie das Wasser in einer Zinksulfatlösung als Bestandtheil der Zinksulfat- lösung angesehen wird. Der zweite Punkt ist der, dass an der Veränderung, die mit dem Volum der Flüssigkeit und der quellenden Substanz vor sich geht, offenbar die gesammte quellende Substanz betheiligt ist. Wenn ein Stück getrocknetes Ei- weiss in Wasser gelegt wird, nimmt es Wasser auf, weil jedes seiner Theilchen gleichmässig die Fähigkeit hat, mit Wasser zu quellen. Das Wasser vertheilt sich in der Substanz nach Art eines in ein Lösungsmittel diffundirenden Körpers. Wenn man dasselbe Stück Eiweiss in Benzol legt so quillt es nicht, es nimmt kein Benzol auf, weil alle seine Theilchen gleichmässig der Fähigkeit entbehren, mit Benzol zu quellen. Dies ist so selbstverständlich, dass es kaum nöthig scheint, überhaupt darüber zu sprechen. Trotzdem findet man fast überall wo von diesen Verhältnissen die Rede ist, insbesondere da, wo vom Uebergang gelöster Substanzen in lebende Gewebe gesprochen wird, das Wort „permeabel" gebraucht und dementsprechend mehr oder minder klar die Anschauung ausgesprochen, es sei eine „Grenzschicht'' vorhanden, die der Flüssigkeit den Eintritt verwehre. Bei dem oben angeführten Fall eines Stückchens von trockenem Eiweiss liegt es auf der Hand, dass von einer Grenzschicht nicht die Rede sein kann, denn man kann die Substanz beliebig zertheilen. ohne dass sich ihr Verhalten ändert. Auch bei einem organisirten Gebilde aber ist die Annahme einer derartigen „Grenzschicht" eine ganz überflüssige und sehr gewagte Hypothese. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich die verschiedenen Schichten des Gewebes so sehr in ihren Eigenschaften unterscheiden sollten, dass die „Grenzschicht" allein etwa für die Wasser- aufnahme der Gesammtmasse verantwortlich zu machen wäre, w^ährend die innere Leibessubstanz sich ganz indifferent verhalten sollte. Auf Grund der mitgetheilten Versuche 366 Gesellschaft naturforschender Freutxde, Berlin. ist es sogar ganz sicher, dass sich das etwa aiifgeuommene Wasser nicht nach dem Durchgang dnrch eine „Grenz- schicht" nunmehr frei und von der übrigen Substanz un- abhängig in den Geweben anhäuft, es wird im Gegentheil offenbar gerade so viel Wasser aufgenommen, wie der chemischen Beschaffenheit der inneren und äusseren Körper- masse im ganzen entspricht, ganz unabhängig von der mehr oder minder grossen „Durchlässigl länger als Glied 2 und 3 zusammen; letztere etwa gleichlang, etwas kürzer als Glied L Hinterschienen fast gerade, unten mit 6 — 7 grösseren Zähnen, das Basaldrittel unbewehrt. — Trübe weiuroth. Bauch, Brustmitte, Hüften, Trochanteren, Hinter- schenkel, Kopf, Schnabel, Fühler, Cicatricaltheil und Basal- saum des Pronotums, Clavus und Innenhälfte des Coi'iuins Sitzimy vom 13. Octoher 1903. 375 scliimmer. Schildspitze, zwei Querflecke auf den Cicatrices, die Mitteliiuie des Kopfes, der Clypeus oben und die Augenränder, ein (ziemlich grosser) Fleck auf jeder Hüft- pfanue und der Seitenrand des Hinterleibs, sowie die Basis der Hiutertarsen gelbweiss. Commissuralsaum des Clavus und Basalwinkel des Schildchens orange. Vorder- und Mittelschenlcel schwarzbraun, Unterseite, Schienen und Tarsen heller. Länge I4V2 mm. Bolivia. Ctenomelyntlius hrunneiventris n. spec. cf . Aelinlich dem vorigeu, etwas grösser, die Schulter- ecken deutlich winkelig, lliuterschieueu gebogen. Tief- schwarz; der Bauch (ausser dem letzten Segment und der Genitalplatte) sowie die Flügeldecken trübe rothbraun, letztere innen und aussen verwaschen schwärzlich. Mem- bran dunkel. Die Zeichnungen des Kopfes wie hei voriger Art; die äusserste Schildspitze, die vorgezogene Coriumecke, das Connexiv und 2 Querlinien auf den Narbenstellen des Hinterleibsrückens, die Tarsen, sowie die Mittel- und Vorder- schienen gelb oder gelblich. Halsriug des Pronotums und Coriumende mit grünem Metallschitnmer. Länge IG mm. — Bolivia. Stenoscelidia nigroaenea n. spec. ¥. Fühlerglied 2 erheblich länger als das 1. Glied, dieses wenig länger als das 3. Glied. Pronotum (ausser dem ringförmig abgeschnürten, konvexen Cicatrikalfeld) dicht chagrinirt. mit sehr deutlichem Mittelkiel. Schildchen nicht viel länger als breit. Hinterschenkel schlank-keulen- förmig, zusammengedrückt, unten eine scharfe Schneide bildend mit spitzen Zähnen. Hinterschienen auf der Ober- seite vor der Mitte nur ganz undeutlich erweitert (zwischen zwei ganz leichten Erhebungen ganz flach und w^eit aus- gebuchtet). — Tiefschwarz mit gi unliebem Erzglanz. Die Randlinie des Coriums hinter der Mitte, Spitze und Seiten- rand des Schildchens vor der Mitte, ein Mittelfleck des Cicatrikalwulstes, 3 kurze Linien des Scheitelhinterrandes, Jnnenrand der Fühlerhöcker, Clypeusseiten und der Augen- saum des Unterkopfes nebst den Oefltuungen der Thorakal- 376 Gesellschaft naturfovscliender Freunde, Berlin. driisen trübe gelb. Bauchscheibe, Baiichsaum imd Conuexiv hellgelb, Hinterrand der Connexivsegmente und Hiiiterleibs- rückeu (grössteutheils) schwarz. Schienen und Fühler- glieder 2 und 3 schmutzig rostgelb oder rostbraun, die äussersten Spitzen der letzteren und das Ende der Hinter- schienen schwärzlich (Fiihlergiied 4?) Länge 14 nini. — Bolivia. Stenoscelidia hilaris n. spec. $ . Fühlerglied 1 kürzer als das Pronotum. Ilinter- schienen auf der Unterseite sehr wenig, auf der Oberseite vor der Mitte stärker verbreitert, die Verbreiterung platten- artig, schief-gerundet, ungezähnt, nahe dem Ende am breitesten; das Basalfünftel der Schienen nicht erweitert. Weisslich, die Beine hellgelb, Fühler schmutzig-gelb. Kehle. Clypeus und ein Fleck an seiner Basis, 2 Nackenflecke um die Nebenaugen, Fleckchen hinter und unter den Augen, Basal- saum des Pronotums, eine damit verfliessende Mittelbinde des Halsschildes (vorn das Cicatricalfeld nicht erreichend) und zwei Scheibenflecke jederseits dieser Binde, je ein Bindchen auf dem Seitenrand des Cicatrikaltheiles, Basis der Fühler, ein Streif auf der Oberseite des 1. Gliedes, das Ende des 2. und 3. Gliedes und das ganze 4. Glied, Seitenflecke der Brust und des Bauches, je zwei submediane Fleckchen der Mittelbrust und des 4. Hinterleibssegments, der Hintersaum der hellen Connexivsegmente, der Hiuterleibs- rücken (grössteutheils), die Plattenerweiterung der Ilinter- schieneu (ausser der Basis), der Endsaum der Hinterschenkel und eine Linie auf deren Aussenseite schwarz. Flügel- decken schmutzig pechbraun, ein lang-dreieckiger Fleck im Mittelfeld des Coriums schwarz, ein dreieckiger Fleck vor der Coriumecke safrangelb. Membran schwarz. Länge 13V2 mm. — Bolivia. Lnminiceps supcrhus n. spec. $. Pronotum grob-rmizelig-puuktirt mit erhabenem Mittelkiel, Band stumpf - sägezähnig, in der ]\Iitte leicht gebuchtet; Schulterecke winkelig vorragend. Fühler und Beine stark, Hinterschenkel auf der Untei'seite mit spitzen SitziUHj vom Vi. Octijber 1903. 377 Zähnen. — Dunkel metallisch - grün. Ein sehr breiter Seiten- und Vordersaum des Ilalsschildes, ein (an der Basis sehr breiter, dfinn allnialilicli verschmälerter) Costalsaum der Flügeldecken, Banchsaum und Connexiv hell blutroth. Hinterleibsrücken, Tarsen, Schienen, Schnabel, Fühler schwarz. Länge 20 mm. Bolivia. Fetalops trium^iliator n. spec. c^ . Körper verhältnissmässig breit und pluinp. Pronotum grob - runzelig - punktirt, Seiten bis zu den Schultern fast gerade, ausgebissen; Schultern rechtwinkelig- vorragend mit aufgesetzter kurzer Spitze. Fühler ziemlich stark; Glied 1 länger als Glied 2; das 3. Glied leicht zu- sammengedrückt; das 4. Glied nicht kürzer als 2 und 3 zusammen. Hinterschenkel sehr stark, gebogen, aussen glatt, innen und oben mit gereihten Dörnchen; unten mit 2 Reihen Dornen, von der inneren Reihe aber nur 1—2 sehr lange subbasale Dornen und gegen die Spitze hin ein plumper gerade nach innen gerichteter Dorn stärker entwickelt. Basaldrittel der Hinterschienen auf der Unter- seite gebuchtet - erweitert, ungezähnt. — Lebhaft rostgelb. Oberseite des Kopfes, Pronotum, Corium und Clavus, je ein grosser Seitenfleck der Brustsegmente und die apikalen Vs der Schienen lebhaft metallisch -grün. Der Cicatrikal- theil, eine breite Mittelbinde, sowie der schmale Seiten- und Hinterrand des Pronotums, die Basis der Flügeldecken, sowie eine geknickte breite Querbinde hinter der Mitte des Coriums und bis zur Clavusspitze lebhaft rostgelb. Membran, Tarsen, Fühler schwarz; 4. Glied der letzteren mit breitem, subbasalem, rostgelbem Ring. Ilinterleibs- rücken mit schwärzlichen Flecken. — Länge 23 mnj. — Bolivia. Pctulops proletarius n. spec. cT. Pronotum nach voi-n ziemlich stark abfallend mit schlank zugespitzten, nach aussen und hinten vorgezogenen Schulterecken; Seitenrand davor leicht gebuchtet, hinterer Seitenrand gezähnt. Metapleuren mit sehr schlankem, spitzem Dorn. Trochanteren der Hinterbeine mit schlankem 378 Gesellschaft natiirforschender Freunde, Berlin. Dorn; Hinterschenkel gebogen, schon an der Basis stark verdickt, oben mit deutlichem Dorn; Oberseite mit einigen Dörnchen, Unterseite mit zwei Reihen fast horizontal ab- stehender Dornen. Hinterschienen unten bis zum Ende des Basaldrittels etwas erweitert, von da an zur Spitze verschmälert und mit entfernten, schlanken Zähnen bewehrt. Fühlergiied 2 länger als Glied 1. — Röthlicli braun; Flügeldecken, Schildchen, Pronotum hinten, Kopf oben, Brustmitte, Hüften, Trochanteren und die Hinterbeine, der Bauch (ausser den Seiten) und die Seiten des Hinterleibs- rückens schwarzbraun. Adern des Coriums und des Clavus, Seiteuränder des Schildcheus, Zeichnungen der Stirn, eine kurze Linie am Hinterrand der Mittelbrust und das Connexiv trübe gelblich. Fülüer und Hintertarsen trübe blutroth. Tarsen und Schienen der Mittel- und Vorderbeine ver- waschen rostbraun. Länge 18 mm. — Bolivia. Meluchopetalops n. gen." Habitus einer Mduclm (etwa lineatella Fab.) doch der Schnabel ziemlich lang und schlank, Clypeus zusammen- gedrückt, plattenartig vorragend, Beine länger, Hinterschenkel fast das Hinterleibsende erreichend, allmählich und massig stark keulig-verdickt, unten mit einer Reihe Dornen, oben mit gereihten Spitzchen, Hinterschienen oben und unten blattartig verbreitert. Fühlergruben von den Augen weit entfernt. Kopfseiten hinter den Augen nicht wulstig ver- dickt. Pronotum ohne Halsring. Schildbasis runzelartig erhaben. Membran mit vielen Adern. Melucliopetalops hanausus n. spec. <^. Schulterecken spitz, leicht nach hinten gebogen, Hinterecken sehr flach gerundet-lappenförmig. Connexivecken unbewehrt. Fühlerglied 1 länger als Glied 2; Glied 4 fast so lang als 2 und 3 zusammen. Schnabel die Mittel- hüften erreichend; Glied 1 das längste. Hinterschieuen beider- seits bis zum Ende des basalen Drittels gerundet erweitert, dann bis zur Spitze allmählich wieder verengt. — Plell gelbbraun mit dunklerer Punktirung, unten hell röthlich- gelb. Kopf oben, Fühler und Schienen röthlich. Ein Sitzumj vom 13. October 1903. 379 Streif auf der Aussenseite des 1. Fühlergliedes, die Endbälfte des 2. und S.Gliedes, die Spitze und ein subbasaler Ring des 4. Gliedes (beide durch einen weissen Ring getrennt), Kopf- raud zwischen Auge und Fühlergrube , ein schmaler Seitenrand des Pronotums, eine kurze Mittelbinde des Cicatricalfeldes, der schmale Costalsaum des Corinms bis zur Mitte, die Schnabelspitze, Dornenspitzchen der Schenkel, punktförmige Fleckchen der Brust- und Bauchseiten, Connexiv und Seitenflecken des Hinterleibsrückens schwarz. Ecken der Connexivsegmente weisslich. Hinterschienen und Hinterschenkelende schmutzig rostbraun. Membran hell gelbbraun. Länge 20 mm. — Bolivia. Melucha acutispina n. spec. $ . Trübe rostgelb, Flügeldecken besonders gegen das Ende zu röthlich angelaufen; Flügeldecl^en bräunlich- punktirt, Pronotumhinterhälfte und Schildchen schwarz- punktirt; Seitensaura und Spitze des letzteren unpunktirt. Die Unterseite nebst dem Schnabel und den Beinen hell- gelb. Fühler, der Rand des Kopfes zwischen Augen und Fühlergruben, Seitensaum des Pronotums, ein schmaler Costalsaum des Coriums, der Endsaum der Hinterschenkel schwarz; die basalen Vs der Hinterschienen auf der Ober- seite schwärzlich-weinroth, auf der Unterseite trübe gelblich, schwärzlich - gesäumt. Die Membran dunkel, erzglänzend. Hinterleibsrücken pechbräunlich. Fühlerglied 3 etwas zusammengedrüclit. Clypeus schmäler als sonst, etwas vor- ragend (an AcantliocephaUnen erinnernd). Pronotumrand mit wenigen kleinen Sägezähnen; Schulterecken spitz nach aussen und hinten vorgezogen. Hinterschenkel oben mit abgesetzter Kante; Hinterschienen vor der Mitte am breitesten, von da allmählich verschmälert, ungezähnt. Metasternum vorn mit zwei starken, gebogen- convergenten Kielen. Länge 20 mm. — Bolivia. Melucha ruficornis n. spec. $ . Sehr ähnlich M. lineatella Fab. und von dieser Art unterschieden durch bedeutendere Grösse, ganz trübe blutrothe Fühler, die erheblich stumpferen Schulterecken, 330 Gesdlsdutft natarforsdiender Freunde, Berlin. die iindeutlicliere Quorrunzelung des Pronotums. Die scliwarze Querbinde nahe dem Hinterrandc des Pronotums ist an den Schiiltcrbeulen unterbrochen. Hinterschieuen vor der Mitte am breitesten, von da an gegen das Ende hin wenig verschmälert, ungezahnt. Die basalen % der Ilinterschienen und der Endsaum der Hinterschenkel trübe blutrot (cruentus), diese Färbung vorn und hinten schwarz- gesäumt. Länge 19 mm. — Bolivia. Lcptoscelis matronalis n. spec. V. Schulterecken vorragend, etwa rechtwinklig, mit geschärfter Spitze. Schnabel das Ende des 3. Ilinterleibs- segments nicht erreichend, Glied 3 viel kürzer als Glied 2. — ]Mattschwarz. Hinterleib, Hintersaum der Metapleuren. ein schmaler Costalsaum des Coriums (hinter der Mitte linien- förmig), ein undeutliches Fleckchen am Ende der Rimula und ein Aederchen im Innenwinkel des Coriums blutroth. Fühlerglied 4 (ohne die äusserste Basis) gelb. Schildspitze und Schnabelende gelblich, dessen äusserste Spitze schwarz. Länge I8V2 mm. — Bolivia. Malvana luuta n. spec. $ . Der M. serrulata Stal (nach der Beschreibung) ähnlich, grösser. Schulterecke nach aussen und nach vorn vorgezogen, sehr schlank zugespitzt Hinterschienen unbe- wehrt. — Hell rostbraun, Corium gegen den Innenwinkel zu etwas getrübt; das Connexiv schmutzig-gelb, Unterseite hell ockergelblich. Die Zähnchen des Prouotumrandes und die Eandlinie vor der Mitte. 2 Pünktchen des Cicatrikal- feldes, eine Linie des Costalrandes im Corium (vor der Mitte), die Schnabelspitze, je 2 Punktflecken der ßrust- seiten und eine Reihe der Bauchseiten, der apikale und äussere Saum der Connexivsegmente und die Fühlerglieder 2 — 4 schwarz; eine Basalbinde der Connexivsegmente honiggelb. Die schmale Basis des 4. und des 2. Fühler- gliedes, ein Hing des 2. und das Basaldrittel des 3. Gliedes rostrot. Membran gelblich hyalin, die Adern dunkler. Länge 25—28 mm. — Bolivia. Sitzumj vom 13. (Jctuber 1003. 381 Euhulc suhdcpressa n. spec cf. Körper ziemlich ttcichgedrücleigte durchbohrte Schalen von Landschnecken. Es ist schon lange bekannt, dass öfters au Meer- Conchylien, namentlich Muscheln, kreisrunde Löcher mit scharfer und glatter Begrenzung gefunden werden und diese auf Fleischfressende Meerschnecken zurückzuführen sind; namentlich hat Dr. Schiemenz in den Mittheilungen der zoologischen Station in Neapel Bd. X, 1891, S. 153. Taf. 11 anschaulicli beschrieben, wie die Gattung Natica {milk- punctata und Josephiniana) Venus - Musclieln anbohrt und Murex erinaceus ist bei der künstlichen Austernzucht in Arcaclion in derselben Weise als Zerstörer der lebenden Austern bekannt. An den Schalen von Landschnecken hatte aber der Vortragende früher noch nie analoge Bohr- löcher bemerlvt; vor Kurzem hat Dr. J. Röäier inFrankfurt a.M. demselben drei bei Rovigno gesammelte Stücke von Helix cincta Müll, zugesandt, bei denen allen ein etwas länglich- rundes, ziemlich glattrandiges Loch von beinahe 4 mm im grossen Durchmesser auf dem letzten Theil der vorletzten Windung sich befindet: bei der einen grössten ist ausser- dem noch ein zweites etwas kleineres (fast 3 mm) auch länglich-rundes Loch auf dem entsprechenden Theil der drittletzten Windung vorhanden, also nahe dem ersten; an dem zweiten Exemplar ist das einzige Loch nicht offen 394 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. sondern durch ein kleineres Schalenstückchen geschlossen, das dieselbe Farbe und dieselben Anwachsstreifen zeigt, wie die umgebende Schale, etwas tiefer liegt und durch eine andere einfarbige amorphe Masse mit den Rändern des Loches verbunden ist; beim dritten Exemplar ist nur ein und zwar offenes Loch vorhanden. Wenn es wirklich Bohrlöcher sind, die zum Zweck des Angriffes auf die Weiclitheile der Schnecke gemacht sind, so dürfte das erste Stück zweimal kurz hintereinander angegriffen worden und dem Angriff erlegen sein, ebenso das dritte noch unaus- gewachsene Stück einem einmaligen Angriff, das zweite aber denselben überlebt haben und zur Vernarbung gelangt sein; vielleicht wurde der Angreifer in seiner Arbeit durch irgend einen Zufall gestört und unterbrochen. Kurz darauf sandte Dr. Römer noch ein Stück von Uelix aspersa Müll, aus Nizza, welches ein einigermassen ähnliches Loch zeigt, doch unter anderen Verhältnissen: dasselbe ist absolut grösser (5 mm), liegt auf der Unterseite der letzten Windung und ist unsymmetrisch, die eine Längsseite stärker gebogen als die andere und die ganze Schale ist stark verbleicht, sodass man hier auch an eine zufällige Verletzung post mortem denken kann. In der conchyliologischen Litteratur kann ich bis jetzt nur eine entsprechende Angabe finden: Dr. Jon. Roth sagt in seiner letzen Arbeit über die von ihm bei Jerusalem gesammelten Schnecken (Malakozoologische Blätter II, 1855, S. 19 und 38), dass an Bulimus {Buliminus oder Petraeus) lahrosus Oliv, und sidoniensis Feu. öfters mehrere ovale Löcher zu sehen seien, im grossen Durchmesser 3, im kleinen 1 '/a mm, welche an den Rändern unter der Lupe deutlich Spuren der Benagung zeigen (sub lente manifesta mandibularum rodentiura vestigia); er habe mehrmals ge- sehen, dass die Larven der Käfergattung Drihis mittelst ihrer starken Mandibeln die letzte und vorletzte Windung der genannten Schnecken annage und durchbohre und so das Thier nöthige, sich von dem Steine, an den es sich fest angeklebt, zu lösen und ihr so den Zutritt durch die Schalenmündung zu ermöglichen (nova mihi spectata ars Sitzung vom 13. October 1903 395 quam ipse vix crediderim nisi iterata vice observatam. Drili cujiisdam larva, mandibulis validis armata, testarum anfractum ultimuin et peuiiltimum arrodens perforat et aiiimalculum cogit, iit solvat vinculum, cujus ope arctissime la])idibus adhaerens aperturain testae plane obseptam reddere solet.) In dei" Tliat findet sich nun aucli ein ähnliclies länglichrundes Loch an einem, wahrsclieinlich aus Dr. Roth's Hand stam- menden Buliminus sidoniensis, auf dessen vorletzter Windung Die Kcäfergattung Brilus kommt in Mittel- und Süd-Europa vor, in letzterem mit mehreren Arten und schon seit MiRLzixsKi (Annales des scienc. uat. I, 1824, p. 67, pl. 7) ist die Larve als „Schneckentödter" bekannt, aber man wusste nur von ihr, dass sie durch die Mündung in die Scliale einkriecht, wie es auch öfters das Johanniswürmchen, die Larve des Leuchtkäfers (Lampijris) thut, der ebenso wie Drilus zur natürlichen Abtheiluug der Käfer mit weichen Flügeldecken (Malacodermcn) gehört. MiELziNSKi's Beobachtungen betreffen Helix nemomlis und sind in Frankreich oder in der französischen Schweiz gemacht; von Anbohren der Schale ist dabei mit keinem Wort die Rede, die Larve dringt nach denselben nur durch die Mündung der Schale ein. Vielleicht kommt dabei ein geographisches Moment in Betracht: in heissen und trockenen Ländern wie am Karst und in Palästina mögen Land- schneckeu wochenlang und vielleicht monatelang mit der Mündung fest angedrückt an eine Unterlage bleiben und erst bei Regen sich wieder bewegen; die Drilus-Larve kann ihnen daher nicht anders beikommen, als indem sie die Oberfläche der Schale in Angriff nimmt; in Gegenden mit feuchterer Luft halten die Landschnecken keinen Sommer- schlaf und bieten daher ihrem Feinde mehr Gelegenheit, durch die Mündung einzudringen. Nach Mielzinskl ist die Larve etwa 7 mm breit und dringt tief in das Innere der Schneckenschale bis über die letzte Windung hinein vor und frisst die Schale vollständig leer; dazu sind die an Helix c'mcta und Buliminus beobachteten Löcher zu klein, sie können nur ein Aussaugen durch den hineingesteckten Kopf der Larve gestatten; dass sie regelmässig an der 396 Gesdlsduift naturforschender Freunde, Berlin. vorletzten Windung liegen, ist wohl dadurch bedingt, dass die lebende Schneclie bei der Trockenheit sich soweit im Innern zurückgezogen hat und innerhalb der letzten Windung gar nicht zu treffen wäre; ja bei dem einen Fall mit zwei Löchern ist zu vermuthen, dass die Schnecke sich auch noch hinter die angebohrte Stelle zurückgezogen hatte und die Larve daher zum zweitenmal höher oben au der dritt- letzten Windung angegriffen hat. Die Löcher liegen in allen vorliegenden Fällen so, dass, wenn die Schnecke mit der Mündung an eine grössere, feste Fläche, etwa einen Baumstamm, eine Felswand oder einen grösseren Stein, augedrückt ist, die angebohrte Stelle nicht durch denselben gedeckt, sondern frei der Luft ausgesetzt ist und doch nicht allzuweit davon absteht. Ob übrigens die oben augeführten Worte Roth s so zu verstehen seien, dass das Anbohren gewissermaassen nur ein Reiz sei, um die Schnecke zur Fortbewegung und dannt zum Oeffnen ihrer Mündung zu zwingen, so dass der Feind dann durch diese eindringen kann, dürfte doch zu bezweifeln sein und sind neuere Beobachtungen darüber wünschenswerth. Charak- teristisch bleibt, dass sowohl an den erwähnten Helix cincta von RoviGNO, als an den genannten Buliminus- Arten aus Palaestina ein länglich-rundes scharfrandiges Loch an ent- sprechender Stelle der vorletzten Windung vorhanden ist. Derselbe sprach ferner über das Vorkommen der Helix (Cumpylaea) Fresli und Fupa edentula bei Reichenhall. Der Vortragende hat schon in fünf Jahren, 1878, 1879, 1882, 1889 und 1903, einige Ferienwocheu in Reicheuhall zugebracht und dabei stets mit besonderem Interesse auf die schöne und für das Alpengebiet so charak- teristische Helix -GiYw^iiQ der Qimpijlaeen geachtet, von denen namentlich die obengenannte, Helix Prcsli F. Schmidt, schon durch ihre individuelle Grösse (etwa 25 mm im Durch- inesser) und dadurch, dass sie an offenen Felswänden lebt, dem suchenden Auge nicht leicht entgeht. Dabei lag es nahe, l)eim Besuch derselben Stellen den früheren Befuud Sitzunij vom, 13. Oetoher 1903. 397 mit dem jetzigen zu vergleichen; das erstemal, 1878, fand ich diese Art trotz zahlreicher Excursioneu gar mvM in der näheren Umgebung von Reichenhall, sondern nur bei der „Eiskapelle" (Gletscher-Ende, 840 m üb. d. M.), oberhalb St. Bartholomä am Königsee, im folgenden Jahre wieder ebenda, aber auch an der kahlen Felswand des Ristfeucht- horns dicht über der von der Wegscheide (647 m) nach Schnaizlreut (509 m) herabführenden Strasse. In demselben Jahre, 1879, sammelte auch Frau von Maltzan bei Reichenhall und fand einige Arten, die ich übersehen hatte (Böttger. Jahrbuch d. malakozool. Ge- sellsch. 1879, S. 413), aber der //. Presli wird mit keinem Worte erwähnt. Drei Jahre später, 1882, wieder ebenda, aber auch am obern Ende des Nesselgrabens (fast 647 m), also schon etwas näher bei Reichenhall, 1889 wieder an denselben Stellen, aber auch am Bergrücken des Müllner' s beim Kugelbach-Bauer (636 m); endlich in diesem Jahre, 1903, nicht nur zahlreicher an Felsenwänden, sowohl des Soolen- leitungswegs als der Fahrstrasse nahe dem Nesselgraben (Nordabhang des mit dem Müllner zusammenhängenden Gebersberges und Südabhang des am Jochberg und Zwiesel sich anlehnenden Heuberges) und endlich noch viel näher bei der Stadt an einer kleinen kahlen Felsenstelle des Fusses des Luttengebirges, rechtes Ufer des Salach, Strasse von Reichenhall (474 m) nach Jettenberg (547 m), die ich in früheren Jahren oft gegangen war. Und zwar war an all diesen Stellen die Schnecke in Mehrzahl und lebend vorhanden, frei an der Felswand sitzend, so dass sie meist erreicht werden konnte, ohne den Boden der Strasse zu verlassen oder nur durch ein paar Schritte Ansteigens. Endlich fand ich sie in diesem Jahr auch am Fuss des Untersberges, zunächst dem Hallthurm (694 m), bei dem „Watzmannblick", allerdings nur ein todtes Stück und zugleich mit H. (Campyhea) ichthijomma Held, während sonst diese beiden unter sich verwandten, aber schon durch die Verschiedenheit ihrer Grundfarbe leicht zu unterscheiden- den Arten, U. Presti matt grau weiss, ichthyomma glänzend 398 Gesellschaft natnrforschewler Freunde, Berlin. braun, nie an einer Stelle zusammen vorkommen, die weisse an kahlen Felsen, die braune an mehr bewachsenen schattigeren Stollen; an diesem Platze hatte ich in früheren Jahren nicht gesucht, aber doch auch sonst am Untersberg und habe sie da nie gefunden, auch nie von Anderen ge- hört, dass sie daselbst vorkomme. Damit sind jetzt alle grössern Berge im Halbkreis von Osten über Süden nach Westen um Reichenhall als Wohnsitz dieser Campijlaea nachgewiesen, nur von den nördlichen, dem Zwiesel und Stauffen, fehlt sie noch. Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dass man in ein paar Wochen alle Landschnecken einer Gegend auffinde, aber in diesem Falle, da ich in den fünf Jahren grösstentheils dieselben Wege gegangen und stets auf die Schnecken geachtet, ganz besonders nacli Cnmpylaeen gesucht und in den spätem Jahren weniger rüstig und unternehmend war, aber doch sie jedesmal öfter fand, kann ich doch nicht umhin zu glauben, dass eine thatsächliche Erweiterung ihres Vorkommens in der Umgegend von Reichenhall stattgefunden hat. Ein jeder Sammler hat einigermaassen seine individuelle Art, zu suchen und wenn ein und derselbe daher in aufeinander- folgenden Jahren es anders findet, ist das etwas be- deutsamer, als wenn zwei verschiedene Personen in verschiedenen Jahren es anders finden, da hier die individuelle Verschiedenheit des Suchens von Eiufliiss sein kann. Ob dieses Weiterschreiten innerhalb etwa 20 Jahre ein allgemeines Häufiger -werden und weitere Ausbreitung im bayerischen Gebirge ist oder nur eine ört- liche Fluctuation, können erst weitere Beobachtungen lehren. Die angegebenen Zahlen zeigen ferner, dass diese Alpen- schnecke im bayrischen Gebirge gar nicht nur in besonderen Höhen vorkommt, sondern auch ganz am Fusse des Ge- l)irges lebt (ich fand dieselbe auch 1890 am Fusse des Kessel berges an einer felsigen Stelle kaum einige Fuss über dem Niveau des Kochelsees (601 m). Ildix ichthy- omma dagegen habe ich in den fünf Jahren (1875 — 1903) übereinstimmend immer wieder an denselben Stellen ge- funden, am Fuss des Lattensebirges dicht bei der Stadt Sitzuiiij roiii 13. (ktohcr W03. 399 au der kleinen Kapelle beim Anfang der Fahrstrasse nach Jettenberg und der Ramsau, und auf dem Staufen bei der Padinger Alp; nur ihr Vorkommen am Unterberg war mir diesmal neu. Fupa edcntula Drap, ist eine kleine Schnecke, nur bis 2 mm gross und dunkelbraun; man sucht sie daher zunächst auf dem Boden und kann sie leicht übersehen; so habe ich sie auch in den ersten drei Jahren der Besuche Reichen- halls nicht gesehen, aber Freifrau von Maltzan (am an- geführten Ort S. 415) hat sie im Jahre 1879 in einem Wäld- chen an der Salach gefunden „in Hunderten von Exem- plaren, von Bäumen und Gesträuchen geklopft". Dadurch aufmerksam gemacht, gelang es mir und meiner Frau 1889 und 1903 sie ziemlich zahlreich zu finden, zwar nicht hoch oben an Bäumen, aber doch an Blättern von Brombeer- sträuchern und namentlich von jungen Ahornsprösslingen und zwar stets an deren Unterseite, so fest haftend, dass sie beim Abpflücken der Blätter nicht herabfielen, nur einen oder einige wenige Fuss über dem Boden, sowohl im Nonner- holz als auf dem Wege zum Alpgarten; ebenso fand ich dieselbe Art an der Unterseite von Ahornblättern in Hohen- schwangau 1 892 und im Weissbad bei Appenzell 1 890. Es ist das ein Beispiel, wie einzelne Arten nur durch eine bestimmte Art des Suchens zu finden sind. Referirabend am 20. Oktober 1903. Herr Rawitz: J. Gross, Ueber die Sehnervenkreuzuug bei den Reptilien. Zoolog. Jahrb. Abt. f. Antog. Bd. 17. Herr Ascherson: Raunkiaer und Ostenfeld, Kastrerings- forsoeg med Hieracium og andre Cichorieae. K. Botanisk Tidskrift 25, Bind. 3 Hefte, p. 409—413. Herr Möbius: Lauterborn, Robert, Der Formenkreis von Änuraea cochlearis. T. 1. 2. Aus: Verhandlungen d. nat.-med. Ver. zu Heidelberg. N. F. Bd. 6. H. 5 und Bd. 7, H. 4. 1900—1903. J. r. Starcke, llcrliu SW. iH. Nr. 9. 1903. S i t z u n g s - B e r i c h t der (jesellscliaft iiatiirtbrscheiider Freunde zu Berlin vom 10. November 1903. Vorsitzender: Herr Waldeyer. HeiT Karl Grünberg sprach über afrikanische Mus- ciden mit parasitisch lebenden Larven. Es ist eine seit mehreren Jahrzehnten bekannte Thatsache, dass in Afrika häufig Fliegeularven als Hautparasiten bei Menschen und Säugethieren auftreten. Mau ist versucht, in solchen Fällen zunächst an Oestriden zu denken, jene Dipterenfaniilie, deren Larven bekanntlich ausschliesslich Säugethierparasiten sind und von denen eine Gattung, Dcnnatohid , im Larvenstadium auch als Hautparasit beim Menschen vorkommt. Das Verbreitungsgebiet dieser Gattung beschränkt sich jedoch im Wesentlichen auf Südamerika; aus Afrika sind bisher noch keine Vertreter bekannt geworden und es ist nicht wahrscheinlich, dass dies jemals geschehen wird. Eine genauere Untersuchung der fraglichen afrikanischen Larven hat denn auch längst ergeben, dass es sich nicht um Oestriden, sondern um echte Museiden handelt, die mit der gewöhnlichen Stubenfliege [lltisca domcstica L.) und besonders mit der Schmeissfliege [CallipliorOj vomitoria (L.)] ziemlich nahe verwandt sind. Es ist bekannt, dass Larven ge- wisser Musciden (hauptsächlich Sarcophaginen) zuweilen als Parasiten auf Menschen und Säugethieren gefunden werden. Gewöhnlich handelt es sich hierbei nur um gelegentlichen Parasitismus. Nur eine Sarcaphaginen-Art, Wohlfahrtia magnifica (Sceiin.), scheint als Larve ein typischer 401 Gesellschaft naturfoischencler Freunde, Berlin. Schmarotzer von Menschen und Säiigethiereu zu sein. Die in Rede stehenden afrikanischen Muscidenlarveu dagegen haben sich eioer ausschliesslich parasi- tischen Lebensweise angepasst und leben wie gewisse Oestridenlarven {Cutcrehra, Bennatohia, Uypodenna) unter der Haut in von ihnen selbst verursachten Geschwüren. Die erste Nachriclit über parasitisch lebende afrikanische Muscidenlarveu stammt aus dem Jahre 1862. Zwei französische Aerzte, Coquerel und Mondieuk (8), be- obachteten am Senegal in zahlreichen Fällen das Vor- kommen von Fliegenlarven in Hautgeschwüreu bei Menschen, Hunden, sowie bei Katzen und Ziegen. Sie hielten die Larven wiegen ihrer Lebensweise für Oestridenlarven und glaubten, dass sie einer besonderen, mit BcrmatoUa ver- wandten Gattung angehörten. Seitdem wurden die Larven noch mehrfach unter dem Namen „Ver du Cayor" (uach Cayor am Senegal, wo sie besonders häufig zu sein scheinen) beschrieben, so von Bekanger-Feraud (1), Railliet (9,10) und Blanchard (2, 3). Auch die Fliege selbst wurde wiederholt beobachtet und beschrieben. Bereits Beranger- Feraud erkannte (1872), dass es sich um eine Museide handle und constatirte die Aehnlichkeit der Fliege mit Musca und CaUipJiora. Blanchard sprach im selben Jahre die Vermuthung aus, dass die Fliege zu Ochromgia Macq. gehöre und nannte sie 0. anthropophaga. Eine ge- nauere Beschreibung gab er im Jahre 1893 (2). Bis zum Jahre 1897 waren die Larven nur aus Westafrika be- kannt geworden. In diesem Jahre beschrieb Bbauer (7) zum erstenmal 2 Muscidenlarven aus Tanga (D.-O. -Afrika) aus der Haut eines Europäers. Brauer sprach bei dieser Gelegenheit bereits die Ansicht aus, dass diese Larven in dieselbe Gattung wie der ,.Ver du Cayor" oder wenigstens in eine nahe verwandte gehörten. Er vermuthete ferner, besonders nach der Abbildung des Flügelgeäders bei Blanchard (1893), dass die Imago zu Bengulia Walk. oder Aiichmeromyia Scmx. zu stellen sei. Wie man aus diesen Angaben ersieht, konnte die systematische Stellung der fraglichen Museide noch nicht Sitzumj vom 10. November 1903. 402 mit Siclierheit präzisirt werden. Ebensowenig sind die ver- wandtschaftlichen Beziehungen zwischen den in Ost- und Westafrika beobachteten Larven genügend aufgel^lärt. Im Folgenden soll daher versucht werden, an der Hand eines ziemlich umfangreichen Materials die bisherigen Beob- achtungen nach Möglichkeit zu ergänzen und in gegenseitige Beziehung zu bringen, sowie besonders die systematische Stellung der wichtigen und interessanten Fliege festzulegen. Das zoologische Museum zu Berlin besitzt folgendes Material au Larven und Imagines. I. Larven. 1. Eine kleine Larve zweiten Stadiums aus dem Arm eines Menschen, von Johann-Albrechtshöhe (Kamerun). 2. Zwei Larven im Beginn des dritten Stadiums aus Tanga (D.-O. -Afrika) aus der Haut eines Europäers; 1897 von Brauer (7) beschrieben. No. 3 — d sind erwachsene oder fast erwachsene Larven des dritten Stadiums. 3. Larven aus Dar-es-Saläm, aus der Haut von Hunden. 4. Larven aus D.-O. -Afrika, von Haushunden. 5. Larven aus Grootfoutein (D.- S.-W.- Afrika); „Larven, die sich zur Sommerzeit ins Fleisch von Hunden und kleinen Antilopen eiufressen und tief im Fleisch entwickeln, grosse Plage der Hunde und Antilopen." 6. Larven aus der Haut eines Leoparden, aus Britisch-Ostafrika. IL Imagines. 1. Ein Exemplar (lanoh) hat ein sehr aus- gedehntes Verbreitungsgebiet. Railliet beschreibt die Luago vom Senegal (es ist wohl anzunehmen, dass es sich thatsächlich um diese Art handelt), Blanchard aus Durbau. Die soeben besprocheneu Exemplare stammen aus Langen- burg (Nyassa-See) und aus Bagamoyo. Die Larven sind bekannt vom Senegal (nach den älteren Autoren), vom Sambesi, Gabun und Delagoabai (Blanchakd); das hier be- schriebene Material stammt von verschiedenen Oertlichkeiten in Deutsch-Ost-Afrika (Tanga, Dar-es-Salam und aus Deutsch- Süd-West-Afrika (Gobabis). Ob die aus Kamerun stammende Larve zweiten Stadiums ebenfalls hierher gehört, ist noch zweifelhaft. Das Verbreitungsgebiet dürfte sich somit über Centralafrika und einen grossen Theil Südafrikas erstrecken. Biologie. Die Larven von Cordylobia entwickeln sich wie die gewisser Oestriden (Dermatobia, Cuterebra) in Hautge- schwüren. Wie die Larven unter die Haut o;elanireu, ist Sitzung vom 10. November 1903. 414 noch nicht genau beobachtet. Das Wahrscheinlichste ist, was bereits Coquerel und Mondiere annahmen, dass die Fliege ihre Eier oder ganz junge Larven einzeln an die Haut ablegt, und dass die Larven dann in diesslbe ein- dringen. Dagegen meint J^ekanger-Feraud, dass die Larven sich „im Sande bildeten" („le ver dit de Cayor semble se former dans le sable") und in die Haut am Boden liegender Thiere und Menschen eindrängen. Die Larven leben ausser auf Menschen noch auf Affen und sehr häufig auf Hunden, nach CüQUEREii und Mondiere auch auf Katzen und Ziegen. Die eine der oben be- schriebenen Larvenformen stammt aus der Haut eines Leoparden. Am Senegal wurde der „Ver de Cayor" be- sonders oft bei Soldaten und Eingeborenen beobachtet. Vielfach lebt auf einem Individuum zugleich eine grössere Anzahl Larven und vor allem Hunde scheinen zuweilen mit grossen Mengen behaftet zu sein. Coquerel und MoKDiERE zählten einmal liber 100 Larven an einem Hund und Beranges Feraud berichtet, dass er in einem Falle 78, in einem zweiten über 300 Larven auf einem Hund beobachtet habe. In dem letzteren Falle sei der Hund an den Folgen gestorben. Herr Dr. Steudel hat in Bagamoyo die Larven nicht auf erwachsenen, dagegen regelmässig auf neugeborenen Hunden gefunden. In diesen Fällen schienen die Fliegen ihre Brut mit Vorliebe an die noch weiche und feuchte Haut der neugeborenen Thiere abzusetzen. Die Larven sitzen an den verschiedensten Körperstellen, an Armen und Beinen, an Schultern, Rückeu, Brust und Hüften, nach Coquerel und Mondiere auch oft an den Genitalien. Die Anwesenheit der Larve verrät sich durch die Bildung eines beulenartigen Geschwüres, das sich mit dem Heranwachsen der Larve vergrössert und oben eine Oelfnung besitzt, in der das Hinterende der Larve zum Vorschein kommt. Das Entfernen der Larve durch Ausdrücken oder mittelst einer Pinzette bereitet keine Schwierigkeiten. Die erwachsene Larve verlässt spontan ihren Wirth und verpuppt sich in der Erde. Nach Entfernung der Larve verheilt das Ge- schwür in kurzer Zeit, ohne nachtheilige Folgen zu hinter- 415 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. lassen. Die Fliege soll nach Coqueuel und Mondiere auf blühenden Pflanzen leben. Herr Dr. Füllebokn, der während eines mehrjährigen Aufenthalts am Nyassa-See die Larven von Cordylobia wiederholt beobachtet hat, war so liebenswürdig, mir seine Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen, welche hier im Auszug folgen: Die Larven leben auf Menschen, Affen und Hunden. Sie verursachen bei Menschen längliche Geschwüre, die inmitten einer Infiltration liegen, welche von einer an ihren äusseren Rändern diffus verlaufenden Rötlmng umgeben ist. Das eigentliche Geschwür beschränkt sich auf die Stelle, an der die Larve sitzt; es ahmt in seineu Umrissen die Form der Larve nach und erscheint daher als lauggestreckte Vorwölbung. Sein Umfang richtet sich nach der Grösse der Larve und ist daher sehr verschieden; nach Entfernung der Larve erscheint an seiner Stelle eine deutliche Rinne. In der Geschwüröffnung ist das Hinterende der Larve sichtbar. Solange diese anwesend ist, sondert das Ge- schwür bei Druck eine gelbliche Flüssigkeit ab, nach Ent- fernung der Larve erfolgt eine ziemlich reichliche Entleerung serös-blutiger Flüssigkeit. Die Larve verursacht bohrende Schmerzen, welche jedoch nur anfallsweise auftreten und mitunter ein lebhaftes Picken. Die Geschwüre verheilen nach Entfernung der Larve in 1—3 Wochen. Das mehr oder weniger fortgeschrittene Entwicklungsstadiuiu scheint auf die Dauer der Heilung einzuwirken. Erwachsene Larven, auf die Erde gebracht, graben sich sofort ein. Litteraturverzeiclmiss. Beranger-FeraüI). Etüde siir los larvcs de mouches qui se developpent dans la peau de riiomme, au Senegal. C. R. Ac. Sei. 2, LXXV, p. 1138, 1872. Blanchard, Coiitributions ä Tetude des Dipteres parasites. 1. Sur un Museide de l'Afrique austraJe, ä larve cuticole. Ann. Soc. Ent. Fr. L XII, Bull. p. C XX, 1S93. Blanchard, Encore sur les larves cuticolos observees chez rHomme en Afrique. Ebenda, L XV, p. 670, Tf. XIX, Fig. 6, 1896. Brauer und Bergenstamm, Die Zweiflügler des Kaiserl. Mus zu AVien. IV, Wien 1889. Sitsung vom 10. November 1903. 4I6 5. BuAUER und Bergenstamm, Die Zweiflügler des Kaiser!. Mus. zu Wien. V, Wien 1891. 6. Bkaüer und Bergenstamm, Die Zweiflügler des Kaiserl. Mus. zu Wien. VI, Wien 1893. 7. Brauer, Beiträge zur Kenntniss aussereuropäischer Oestriden und parasitischer Muscarien. Denkschr. Ak. Wien L XIV, p. 299, 1 Tt. 1997. 8. Coquerel und Mondiere, Note sur des larves de Dipteres developpees dans le tumeurs de l'apparence furonculeuse au Senegal. Ann. Soc. Ent. Fr. (4) II, p. 95, 1862. 9. Larrey, über Beranger-Ferand (1), in Rev. Mag. Zool. (2) XXIIl, p. 491, 1872. 10. Railliet, La mouche de Cayor, Bull. Soc. centr. med. -veter., 1884, p. 77. 11. Railliet, Traite de Zoologie medicale et agricole. 2. Ausg. 1895, p. 785. Fig. Fig. Fig. Fig. ] 2 3 4 Fig. ö Fig. Plg. Fig. 6 7 8 9 Figrurenerkläruiig-. Larve im 2. Stadium aus dem Arm eines Menschen. Erwachsene Larve aus der Haut eines Haushundes. Fast erwachsene Larve aus der Haut eines Leoparden. 11. Körpersegment mit Stigmenplatten einer erwachsenen Larve aus der Haut eines Hundes. Stigmenplatte einer Puppe von Coi-dylobia anthropophaga (Blanch.); die Larve lebte in der Haut eines Hundes. Stigmenplatten der Larve von Calliphora erythrocepliala (Meig.). Stigmenplatten der Larven von Musca domestica L. Cordylobia anthropophaga (Blanch.) 9? Habitusbild. .. 10. Dieselbe Art, Kopf schräg von vorn und von der Seite. Herr VON MARXENS legte Land- und Süsswasser- Conchylien von Ost-Borneo vor, welche Dr. Martin Schmidt, Sohn des verstoibeuen Archidiakonus Adolf Schmidt in Aschersleben und jetzt bei der geologischen Landesanstalt beschäftigt, in jenen fernen Gegenden ge- sammelt hat. Unsere systematische Kenntniss der Binnen - Mol- lusken Borneo's ist verhältnissniässig jung, jünger als diejenige Javas (van Hasselt 1823 und Mousson 1849), von Celebes (zuerst durch Quoy und Gaimard 1832) und den Philippinen (Cuming von 1840 an). Zuerst hat 1851 der Engländer W. Metcalfe eine Anzahl Arten aus dem Gebiet von Sarawak (NW.) beschrieben, über deren Her- 417 Gesellschaft naturforschender Freunde; Berlin. kunft er allerdings nicht ganz sicher war; diese hat sich aber doch durch Uebereinstinimung mit späteren Funden vollständig bestätigt. Dann wurden 1863 einige Arten be- schrieben und in den Sammlungen verbreitet, welche der Engländer H. Low auf der Insel Labuan nahe dem alten Brunei, ebenfalls an der Nordwestlaiste, aber 3Va Breiten- grade nördlicher, gefunden hatte. Es ist also hier wie in anderen Gegenden der Besitznahme durch die Engländer bald der Anfang einer Beachtung und Kenntniss auch kleinerer wirbelloser Thiere daselbst gefolgt. In demselben Jahr 1803 bereiste ich die holländischen Besitzungen an der Westküste von Borneo, von Sambas bis Pontianak, 1 — O'* N. Br. und erreichte vom obersten holländischen Posten am Kapnasfluss, Sintang, noch den zu demselben Stromgebiet gehörigen grossen Binnensee Danau Sriang, in welchem unter sonst lauter Süsswasserflschen ich noch eine marine Gattung, Sygnathas, auffand; (der See liegt dem Fluss- laufe nach etwa 60 geogr. Meilen, der Luftlinie nach etwa 40 von der Westküste entfernt, von der Nordküste etwa nur I6V2, aber durch das Gebirge Batanglupar davon getrennt.) Die gesammelten Landschnecken wurden in dem oftiziellen Werk über die Königl. Preussische Expedition nach Ost- Asien, zoolog. Tlieil II. Band 1847 beschrieben, die Mollusken des süssen Wassers und die submarinen endlich in meiner Bearbeitung von Prof. Max Weher's Mollusken in dessen Werk Zoologische Ergebnisse einer Reise in Niederländisch-Ostindien Bd. IV. 1897. Als Gesammt- resultat ergab sich, dass die Binncn-Mollusken Borneo" s im Allgemeinen, was die Gattungen betrifft, mit denen der malayischen Halbinsel, sowie denen von Sumatra und Java übereinstimmen, im Einzelnen, was die Arten betrifft, grossentheils eigenthümlich, einige aber auch mit solchen von Sumatra und Malakka identisch sind, nicht aber mit solchen von Java. Identisch mit javanischen, aber damit auch zugleich über die meisten anderen Inselgebiete des indischen Oceans verbreitet sind nur wenige echte Land- und Süss- wasser-Mollusken, dagegen die meisten der submarinen, an den Flussmündungen im Mangle -Sumpf lebenden Arten. Sitzung vom 10. November 1903. 418 Mit den Philippinen und Celebes ist auch schon die Ueber- einstimmung in den Gattungen in sofern eine geringere, als auf beiden auch positiv Gattungen und Untergattungen von ansehnlicher individueller Grösse und ziemlicher Häufigkeit auftreten, welche Borneo ebensowohl als Java, Sumatra und der malayischen Halbinsel fehlen, so auf den Phillippinen Cocldostyla und Obhlna, auf Celebes Ohhu und Flaaispircf. Nun galt das Alles bis dahin nur von der Nordwest- und der Westiiüste Borneos, welche ja gerade Sumatra und Malakka zugewandt sind; die Nordspitze, die Ost- und die Südseite war conchyliologisch noch nicht be- kannt. Die letztere, das Gebiet von Banjerraassin, hätte ich seiner Zeit gern noch vergleichsweise besucht, wurde aber durch eben damals ausgebrochene Kriegsunruhen ver- hindert; seitdem erhielt das Berliner zoologische Museum einzelne Arten von dort (1881 durch Herrn Grabowsky und 1891 durch Dr. Semmelink). Ferner haben die beiden Italiener G. Doria und 0. Beccari 1865 und Anfangs 1866, sowie namentlich der Engländer A. Everett 1889 und 1893 an der Nordküste bei Sarawak und weiter nörd- lich bis zur Nordspitze hin, C. Bock 1881, in Süd-Borneo bei Banjermassin und aufwärts davon im Distrikt Amontai, der Franzose M. Chaper 1892 im Stromgebiet des Kapnas gesammelt und Dr. Büttikofer auf der holländischen Ex- pedition nach Central-Borneo 1894 ist in diesem Gebiet weit landeinwärts bis zu den hohen Bei'gen gedrungen. Aber noch fehlte die Kenntniss der eigentlichen Ostseite, des Gebirgs- zuges, wo das weit nach Osten vorstehende Vorgebirge Mangkalihat den Celebes nächslen Punkt von Borneo bildet. Unmittelbar an der Südseite davon, in der Gegend der Bai von Sangkulirang, hat Dr. Martin Schmidt während seiner geognostischen Thätigkeit auch conchyoliologisch ge- sammelt und damit den Kreis unserer bezüglichen Kennt- nisse für den Umfang von Borneo geschlossen. Auf den ersten Anblick erkennt man seine Ausbeute an Land- schnecken als eine in Borneo zusammengebrachte, ja sie zeigt auffallende Aehnlichkeit mit solchen von der Nord- west- und Westseite der grossen Insel. Die grosse Nanina 419 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. Broohei, nach dem früheren Beherrscher von Sarawak benannt, welche ich von Eingeborenen aus dem Gebirge Batanglupar als Schmuckgegenstand erhalten, von Bock in den höheren Gegenden von Süd-Borneo und von BüTTiKOFEK im obersten Kapuasgebiet wieder gefunden, die charakteristische N. (DayaJäa) nasiita Mete, ebenfalls zuerst von Sarawak bekannt geworden und auf der hol- ländischen Expedition bei Sintang (Kapnasgebiet) wieder- gefunden, der charakteristische Gyclopherus Borneensis Mete, auch von Sarawak und ferner häufig an der Westseite von Singkawang bis Mandhor sowohl an der Küste, als etwas weiter landeinwärts verbreitet, von Büttikofer auch am oberen Kapuas gefunden, alle diese sind auch in Du. M. Schmidt's Ausbeute in ununterscheidbaren Exemplaren vorhanden. Andere Arten sehen zwar auf den ersten Anblick solchen aus West-Borneo ganz ähnlich, aber bei näherer direkter Vergleichung der Exemplare zeigen sich doch auch gewisse Unterschiede; es bleibt jedoch der Zukunft anheim- gestellt, ob bei Prüfung einer grösseren Anzahl von Exem- plaren derselben und etwa noch von dazwischen liegenden Fundorten, vielleicht ganz allmählige Uebergänge sich finden und es scheint daher gerathen, dieselben nur als geographische Abarten zu benennen. Andera sind hin- reichend verschieden, um ohne Bedenken als eigene Arten betrachtet zu werden, finden aber doch noch nahe Ver- wandte in anderen, schon von mehr westlichen Theilen Borneos bekannten Arten. Es ergiebt sich daraus eine weit grössere Gleichmässigkeit der Landschnecken inner- halb der grossen Insel ßorneo, als für Celebes, wo die Landschnecken des Nordens, Manado, von denen des Südens. Makassar, fast alle ganz verschieden sind, jene mehr mit den Philippinen, diese mehr mit Java nnd Flores über- einstimmend, wie ich schon 1863 hervorgehoben und was auch die beiden Sakasin bestätigt haben, so dass man jetzt Celebes als aus mehreren Inseln zusammengewachsen be- trachtet. Man hat früher öfters die Gestalt von Borneo, die grossen Flussthäler als Meerbusen ansehend, mit der- jenigen von Celebes verglichen. Aber in dieser Gleich- Sitzmuj vom 10. November 1903. 420 iiiässigkeit der LandschiK^okoüfiiuna liegt ein beraerkens- werther Unterschied und genauere Untersuchungen werden wohl auch wesentliche Unterschiede im geognostischen (jiebirgsbau beider Inseln finden. Die Süsswasser- und noch mehr die Brakwasser- Mollusken, welche Dr. M. Schmidt in Ost-Borneo ge- sammelt hat, sind mit wenigen Ausnahmen Arten, welche weit über die Inseln des indischen Oceans verbreitet sind; wir finden darunter Neritimt, aculeata, crepidularia, Cornea, dubia und Üoromandeliana, Septaria tessellata, Mdania tuher- culata, Assiminea miniata, Faunus ater, Potamides sulcatus, Äuricula Midae und Judae. Ein besonderer Anklang an das nahe Süd-Celebes findet sich unter den Landschnecken Ost - Borneo's in einzelnen Fällen, namentlich auf der Insel Pulo Miaug, wo M. Schmidt einen Cijelolus (Pseudocyclophorus) fand, welcher dem C. fuhninalatus von Maros und auch dem C. Amloinensis Ffr. nahe steht, ferner ebenda den Amphi- dromus interruptus var. strigosus, ganz ähnich wie ich ihn bei Maros gefunden und endlich die hübsche Xesta Moluensis E. Sm., welche zwar schon von Everett bei Molu in Nord-Borneo entdeckt, doch mehr der X fulvi^ona Mouss. von Süd-Celebes und manchen andern mehr östlichen Arten gleicht, als den Formen von Borneo und Sumatra. Unter den Süsswasser -Muscheln ist auch eine neue stattliche Baüssa zu nennen, da diese Gattung aus Borneo bis jetzt nur in einer von Pkime ohne nähere Fundortsangabe be- schriebenen Art bekannt geworden, dagegen im südlichen Celebes, bei Makassar, eine andere Art ziemlich verbreitet ist; die Gattung kommt übrigens auch auf den Nikobaren, Sumatra, Java, Neu -Guinea und selbst den Viti- Inseln vor, ist also keineswegs für Celebes besonders charak- teristisch. Umgekehrt verhält es sich mit Unio; es ist einer der bezeichnendsten Züge für die Süsswasserfauna von Celebes, dass die Unioniden vollständig fehlen, wie auch auf den Molukken und den Inseln Polynesiens (auch auf den Philippinen sind sie recht schwach vertreten), während Borneo, Java, Sumatra und die malayische Halb- 421 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. iüsel noch verschiedeüe und darunter stattliche Arten von Unio und Margaritana (Pseudodon) besitzt, Sumatra und Borneo namentlich auch Arten mit ausgeprägter Slaüptur der Aussenseite der erwachsenen Schale, ähnlich wie bei Arten von Cliina, Nord -Amerika und zur Tertiärzeit auch in Europa. Dr. M. Schmidt hat in Ost -Borneo nun auch einen Unio gefunden und zwar einen mit (allerdings ziemlich schwacher) Slvulptur; es bleibt also dabei, dass die von M. Schmidt erforschte, Celebes nächste Gegend Ost-Borneo's sich in den Land- und Siisswasser- Mollusken ganz ent- schieden auf der Seite von Borneo überhaupt, eventuell auch Sumatra, und im Gegensatz zu Celebes steht. Als neue Arten oder Varietäten lassen sich die folgenden auffüliren : 1. CycloUis 2}eraniplns n. Testa discoidea, latissime umbilicata, leviter striatula, fusca, parce pallide variegatu; anfr. 5V2, supra convexiusculi, ad peripheriam et infra sat convexi, .priores vix supra ultimum elevati, apice obtusissimo, sutura sat profunda; apertura valde obliqua, peristomate interne recto continuo, externo prope mubilicum perangusto, ad basin paulo magis, in parte externa et superna valde dilatato et breviter reflexo, albo, fusco-limbato; ala trigono-rotundata, paulum elevata et ad anfractum penuttinum adnata. Diam. maj. 33-40, min. 27—30?, alt. testae incluso peristomate 12V2 — 16, excluso 9 — 10, ad initium anfr. ultimi 7 8; aperturae diam. internus IOV3 — 12, externus iucl. ala 1572- 19 mm. Suitanal Kutei, Ost-Borueo, Dr. M. Schmidt. Sehr ähnlich dem C. Trusanensis Godw. Aust. Proc. Zool. Soc. 1889 p. 314 pl. 36 Fig. 5, aber nach der Ab- bildung zu urtheilen relativ noch flacher und absolut grässer. 2. Cyclotus (Platyraphe) hicolor n. Testa turbinata, umbilicata, infra suturam distincte, at levissime striatula; anfr. 47i, convexi, apice papillari, paulum obliquo, superiores tres obscure violacei, unicolores, Sitzung vom 10. November 1903. 422 sequentes pallide flavido-grisei, superne leviter violascente- tincti, ultimus basi sat convexus. ad aperturani breviter solutus; apertura diagonalis, circularis, peristomate recto, incrassato. Diam. maj. 11, min. 9, alt. SV»', apert. diam. et lat. 472 nun. Sumpfwald am Gunung - Sekerat, Ost - Borneo, Dr. M. Schmidt. Von meinem C. jpti/choraphe durch das bedeutend höiiere Gewinde, von ü. (PI.) liratiis Godw. Aust. loc. cit. p. 345 pl. 36 Fig. 3 durch den Maugel der „distinct liration" auf den zwei obern Windungen (spiral?, aber in der Abbildung nicht zu erliennen), von beiden durch die eigenthümliche Färbung unterschieden. 3. Hemiplecta densa Ad. Rv. v. var. annectens u, Testa anguste et aperte umbilicata, subdiscoideo-couoidea, angulata, solida, superne rugis parvis undulatis obliquis confertis sculpta, sat obscure fusca, zona suturali angusta nigricante et fascia peripherica angulari fusca picta, infra leviter striatula, fusco-flavescens; spira paulum elevata, apice paulum pallidiore; anfr. 6 — 67-1, superne planiusculi, ultimus infra convexus, ad aperturam vix descendens; apertura modice obliqua, pro ratione generis parva, rhombeo-lunata, peristomate recto obtuso, margine externo obsolete angulato, margine basali levissime antiorsum convexo, dein siuuatim in m. columellarem brevissimum triangulatim dilalatum, at uon reflexum transeunte. Diam. maj. 45 — 49, min. 37 — 40, alt. 25-27, apert. diam. 23—2472, alt. obliqua 19 72— 20 72 mm. Sekuran und Kari-Orang, Ost-Borneo, M. Schmidt. Aus einer Formeureihe, welche Borneo mit Sumatra gemeinsam ist (vgl. Landschnecken der Ostasiat. Expedition S. 230). Die vorliegende schliesst sich zunächst durch Grösse und dunkle Farbe an die Form atrofusca Alb. an, ist aber nicht eigentlich gekielt, sondern nur gekantet. 4. Helix (Chloritis) brachystoma u. Testa globosa; anguste umbilicata, vix striatula, nitidula, 423 Gesellschaft naturforscJiender Freunde, Berlin. pallide flavesceos, arctispira; anfr. -IV3, supremi vix, penultimus magis siipra sequentem elevati, convexiusculi, siitura sat profunda, ultimiis basi inflatus, ad aperturam modice deflexus; apertura paiilum obliqua, late lunata, altior quam lata, peristomate modice incrassato et distiücte reflexo, margine externo et basali beiie retuiidatis, coliiinellari fere perpeudiculai'iter descendente, versus umbiliciim latiuscule angulathn expanso; umbilicus iütimdibuliforiuis,subangulatus, dein cyliüdricus. Diam. maj. 13, min, ll'/s, alt. 10; apert. diam. excluso peristemate 5, incluso T'/s, alt. obliqua 7 mm. Gunung Parong, auf Kalkboden Ost-Borneo, M. Schmidt. Aehnlich //. smilaris Fer. und tomentosa Pfr. von Labuan, aber verschieden durch das Lumen der Mündung, das im Durchmesser kürzer als hoch ist, den steil herabfallenden Colamellarrand und die gedrängte Form der obern Umgänge, ähnlich derjenigen bei der javanischen //. crassala Phil. Ein rothbraunes Band dicht über der Nalit ist auf der vorletzten Windung angedeutet. 5. llelix (Planispira?) semiquadrivolvis n. Testa subanguste umbilicata, supra discoidea, infra sat inflata, striatula, levissime scabriuscula, pallide Cornea, auguste unifasciata ; spira paululum immersa, sutura impressa; anfr. 4V2, ultimus superne haud procul ab apertura impressione spirali notatus, antice vix desceudens, periemphalio non angulato; apertura parum obliqua, securi- formis, peristomate paulum incrassato, breviter reflexo, marginibus distantibus, columellari oblique descendente, angulo obtuso in basalem extrorsus ascendeutem transe- unte, m. externo ad peripheriam rotundato, superne rectilineo, non inflexo. Diam. maj. 18, min. 10, alt. 9; apert. diam. incluso peristomate 10, alt. obliqua 9 mm. Sultanat Kulei, Ost-Borneo, M. Schmidt. Aehnlich meiner quadrivolvis von West-Borneo (Ost- asiat. Landschnecken S. 258 Taf 14 Fig. 6), aber der Eindruck auf der Oberseite der letzten Windung erreicht Sitzung vom 10. November- 1003. 424 nicht dio Mündung, daher deren Oberrand geradlinig bleibt, der Umkreis des Nabels ist nicht kantig, die ganze Schale ist etwas grösser und hat eine halbe Windung mehr. 6. Ämphidromus 3fartensi Böttg. var. capistratus n. :'| m- f s^ Testa fusiformi ovata. flava, zona suturali alba magis angusta, fascia olivaceo-viridi basali anfr. ultirai et striga ejusdem coloris poneaperturam, ambobus angulatim conjunctis picta; aperturae altitudine longitudinem testae paene aequaute. Long. 39 — 47, diam. 23 — 25 V2, apert. alt. incluso peristom. 19— 24V2, excluso I5V2— 2OV2, Sultanat Kutei, Ost-Borneo, M. Schmidt. Rechts und links. 7. Ämphidromus Adamsi R. vor. ohliquatus n. Testa elongate conoddea, sat tenuis, levis- sime striatula, nitida, carnea vel pallide flavida-virescenz, guttis nigricantibus dia- phanis raris adspersa, strigis albis latiusculis oblique deorsum et antrorsum descendentibus picta; apertura valde obliqua, peristomate crassiusculo, breviter reflexo, rosaceo-albido, extus et intus distinctius roseo-limbato, margine columellari verticali incrassato, um- bilicLim prorsus claudente, callo parietis aper- turalis pertenui. 425 Gesellschaft naturforscJiender Freunde, Berlin. Long. 38—4072, diam. 19—20, apert. alt. obliqiia 18 — 19, diam. 11 — 13 mm. Sangkiüirang, Ost-Borneo, M. Schmidt. Zwei Exemplare, beide links; ähnlich dem Ä. pictus von Fulton Ann, Mag. nat. hist. 6. XVII 1896 p. 85 pl. 5 Fig. 8), von Kina-Balu in Nord-Berneo, aber ohne dessen zwei Basalbänder und auch sonst dünnschaliger und zarter, nach oben zu schlanker und nach unten breiter, daher dem A. Adamsi ähnlicher, namentlich der Form, welche ich bei Mandhor (West-Borneo) gefunden habe (Ostasiat. Land- schnecken S. 357 Taf. 21 Fig. 5, 5b). 8. Clunsilia filialis n. Testa elongute turrita, leviter striatiila, corneo-fusca, sutura superficiali, simplice; anfr. 13, priores 4 5 convexi, sequentes subplani. antepenultimus et penultimus aequales, ultimus paulo angustior, cervice rotundata, non rugosa, ad basin leviter impressa; apertura patula, trigono-pir- formis, paulum obliqua, peristomate sat tenui, breviter expanso, albo; lamella superior debilis, marginem attingens, retrorsum rectiliuea et magis elevata, lamella inferior paulo validior, parum flexuosa, in marginem excurrens; pl. sub- columellaris non emersa; plicae palatales (iuclusa principali) 3, subaequaliter ultra lunellam prolongatae, in fance breviter conspicuae et extus sulcis impressis notatae, lunella extus aegre conspicua. Long 31, diam. 5, apert. incl. perist alt. 67», lat 4^3 mm. Gunung Sekerat, auf Kalkstein, Ost-Borneo, von dem Sohn des um die Clausilienkunde hochverdienten Adolf Schmidt entdeckt. Nur ein Exemplar. 9. Unio (Quadrula) Nieuivenhousi Schepm. var. parcesculptus. Testa oblonga, compressa, crassa, concentrice confertitu striatula et pone umbones in parte areali rugulis arcuatim ascendentibus, plerisque leviter furcatis sculpta; antice brevissima, rotundata, postice elongata et subtruncata ; SitziUKj vom 10. Noveiiihcr 1903. 426 unibones sat compressi, detriti; margo superior posticus iisque ad sinulum subhorizontalis, dein angulo perobtuso arcuatim leviter descendens, usque ad dimidiam testae altitudinem ; margo posticus rectilineus, paulum obliquus, angulo plus minusve distincto a m. ventrali separatus; m. ventralis in parte postica et media subhorizontalis, levissime sinuatus, in parte tertia anteriore primuni leviter, dein valde ascendens. Facies interna lactea, leviter mar- garitacea; dens cardinalis valvae dextrae validus, trigono- coniciis, crenulatus, d. card. posterior valvae sinistrae paulo minus validus, conicus, anterior v. sin. debilis, trigono- compressus; dentes laterales posteriores (lamellae) rectilinei. Long. 70, alt. 43, diam. 20 mm. Vertices in V^ loDgitudinis siti. Guleh-Fluss, Ost-Borneo, M. Schmidt. Weicht von dem von Hr. Schepman beschriebenen TJ. Nieuiveuhousi (Notes from the Leyden Museum 1898 p. 92 Taf. 1 Fig. 1. 2.) ebenfalls aus dem östlichen Borneo hauptsächlich durch die schwächere Skulptur ab, indem die aufwärts gebogenen Runzeln nur ganz nahe hinter den Wirbeln den obern Schalenrand erreichen, aber nicht mehr in der Gegend der abgerundeten Flügelecke und des ab- steigenden Hinterrandes, wo sie schon 6 bis 12 mm davon aufhören; auch ist die untere etwas schief nach vorn ab- steigende Hälfte des Hinterrandes nicht durch eine deutliche Ecke von der oberen getrennt. 10. Batissa Schmidti n. Testa cordato-rotundata, paulo longior quam alta,modice compressa, liris distinctis concentricis subdistantibus in parte anteriore sculpta, olivaceo-nigricans, nitida; vertices in circa ^s longitudinis siti; margo anticus primo concaviusculus, dein diagonaliter paene ad dimidiam altitudinem descendeus, tum arcuatim in ventralem transiens; margo posticus superior sat leviter paulo ultra ligamentum descendens, dein angulo sensibili in m. posticum proprium valde descendentem leviter convexum transicus; margo ventralis antice et postice veald 427 Gesellschaft natur forschender Frennde, Berlin. arcnatus, in media parte fere rectilineiis. Facies interna albida vel pallidissime carnea, versus margines pallide violacea; dens lateralis anticus sat brevis, rectilineiis, d. lateralis posticus duplo longior, paulura arcnatus. Long. 65V2-70Vl>, alt. 52—57, diam. 27- 31 V2 mm. Kari-Orang, Ost-Borneo, M. Schmidt. Steht in ihrer Gesammtform zwischen den beiden Artengruppen Rotwiäatae und ElUpücac, welche ich in der Bearbeitung der M. Wp:BEK'schen Mollusken charakterisirt habe, im Uebrigen der B. violacea var. Macassarica (ebenda S. 105 Taf. 5 Fig. 8) am nächsten, aber doch verhältniss- Sitzinif) mm W. Noreniher IßOS. 428 mässi<;- höher als diese. Die einzige bis jetzt aus Borneo beschriebene Art, B. compressa Prime, mir nur durch die kurze Diagnose bekannt, soll höher als lang sein. Referirabend am 17. November 1903. Herr Rawitz: Dr. C. Chknzinski, Zur Frage über den Bau der Nervenzellen. Neurologisches Centralblatt 1903. No. 22. Herr du Bois-Reymond: K. Kkauton, With nature and a caniera. London 1902. Derselbe: Gilbert Whites. Natural history of Öelbourne. London 1902. Druck von J. F. Starcke Berlin ÖW. 48. Wilhelmstrasse 135. Tafel I. Zu Seite 400 F^iü'. 3. Fi-. 2. Fu Fio-, 7. Fig. 4. Fig. 5. Tafel IL Fm. 8. Fiü'. 9. Fiii'. 10. Nr. 10. 1903. S i t z u n g s - B e r i c h t der Gesellschaft iiaturtbrscheuder Freunde y.u Berlin vom 8. Dezember 190ß. Vorsitzender: Herr MüBlus. Herr F. HiLGENDORF legte einen Süsswasserfisch aus der Nähe von Alexandria, Paratihipia mnUicoIor, vor. Das Fischchen ist von Herrn C. H. Schöller in Alexandrien in Quellen der Wasserläufe, die süsses Wasser 7Aini Marcotis-See führen, entdeckt worden, und es ist ihm gelungen, zahlreiche Junge zu züchten und dahei die von Ohromiden oder, wie man neuerdings die Familie nennt, Cichliden bereits mehrfach bekannte Brutpflege zu be- obachten. Herr Schöller urtheilte richtig, dass eine von den bekannten dortigen Cichliden: Chromis (neuerdings TUajna geheissen) niloücus und tristramP) verschiedene Art vorliege. IMs es möglich sein würde, die Thiere zu einer „sach- verständigen Untersuchung nach Deutschland zu senden", nannte er vorläufig den Fisch Chromis muUicoIor, indem er annahm, dass dieser vielleicht eine überhaupt neue Art bilden werde. Vor Kurzem gelangte ich nun durch Herrn Schöller in den Besitz mehrerer in Formalin conservirter, egyptischer Exemplare, deren genauere Untersuchung ich gern übernahm, weil inzwischen die Art bereits in Deutsch- land gezüchtet worden war und weitere Verbreitung ge- funden hatte. ') Jetzt wird T. tristrami als Syn. zu Tilapia zillii Gerv. gezogen. lU 430 Gesellschaft naturforschenäer Frennäe, Berlin. Eine Schilderung des Fisches, „Ein neuer Chromis". nach dessen äusserer P^rscheinung und seinem Gebahren lieferte Herr Schöller selbst in: Blätter für Aquarien- und Terrarienkuude, Jahrg. U, S. 185—187 und 203—20(3. Juli und Aug. 1903, unter Beigabe einer nach dem Leben ausgeführten , nicht schlecliten Photographie. Auch hat P. Engmann in „Natur und Haus", Jg. 11, S. 321—323. „Chromis mulücolor. ein neuei' Chanchito", den Fisch und seine Fortpflanzung geschildert. Die Abbildung ist systematisch nicht zuverlässig. 0. Fliessbach. „Das Laichgeschäft des Chr. multk.'\ bringt, ebenda S. 323, einige Notizen über Ejakulation der Eier und des Sperma etc. Zunächst war festzustellen, ob die Art überhaupt zu Chromis ("= Tilapia) gehöre oder aber zu einer der (seit 1857) davon abgegliederten oder daneben aufgestellten Gattungen. Aus der Form der Zähne, die ein spitzig sind, ergab sich nun die Zugeöhrigkeit zur Gattung Faratüapla Blkr. Auch die Sichtbarkeit des Hinterendes vom Maxillare, das vom lutermaxillare nicht ganz verdeckt wird, war als Unter- schied gegen Tilapia zu constatiren. Der Mangel grösserer Mittelzähne in der Vorderreihe schliesst Hemichromis, und der einer deutlicheren Anschwellung innen neben dem oberen Ansatz der Kiemen die Gattung Pelmatochromis und Ver- wandte aus. Für die Gattung Paratilapia hat Boulenger eine Be- stimmungstabelle der Species gegeben, Proc. Zool. Soc. London, 1898 pg. 137. 18 Arten umfassend; No. 1 — 6 sowie 10 — 18 sondern sich ab schon durcii die Zahlen der Flossenstacheln und der Schuppen auf der Körperseite und auf der Wange; die 3 restirenden (rohusta Gthr., cavifrons HiLGi). und retrodens Hilgd.) hal)en alle 6 9 Reihen Wangeuschuppen (statt 3 bei multicohr). sodass also bis zu dieser Zeit (1898) der Schöller sehe Fisch als ander- weitig noch nicht beschrieben gelten kann^). Die Zahl der in den letzten 5 Jahren entdeckten und i)ublicirten ') Auch die li). Art, Par. Tkiinhergü Ca.steln., dio als uiisiclicr nur anhangsweise von Uoul. aufgeführt wird, stimmt nicht zu mnltuulur. Sitzung vom. 8. Dezember 1903. 431 Paratil.-Sp. beläuft sich auf 21. Nur 5 von diesen aber stehen der P. mulüc. näher: P. cerasogostcr Boul. 99 (Congo), nigrofnsciata Pelegrin Ol (Französ. Congo), lühherti Hilgd. 02 ( Deutsch - S -W.- Afrika), dorsalis Pelegr. 02 (Franz. Congo). ivingati Boul. 02 (Weisser Nil). Die spitz endende Dorsalis II und Analis und bei den meisten auch Pectoralis (nur bei wingati stumpfer, diese Art ist aber durch 31 Sq. in der Längsreihe ausgeschlossen) können jedocii hier als Unterscheidungsmerkmal dienen. Nachfolgend eine Kennzeichnung der Paratüapia multicolor nach in Formol präparirten Thieren. D. 14/8 — 15/9, A. 3/7; Sq. der Längsreihe nur 24 bis 25; die Querreihe unter dem Anfang der D. bis zur L. 1. abwärts zählt 4, die von dem Anfang der A. bis zur oberen L. 1. schräg nach vorn aufwärts 8. Perforirte Sq. der oberen Seitenlinie 14 ( — 16). die der unteren 8 (—9). (Der Hinterrand der Schuppen ist bedornt.) Die Waugenschuppeu in 3 Längsreihen. Die Zähne der Oberkieferlade und des Unterkiefers in 3 — 4 Reihen, braunspitzig; die in der vorderen Reihe deutlich grösser. Kiemeudornen auf dem Unterast der 1. Kieme 7. Höhe des Körpers gleich der Kopflänge und etwas über 27^ mal in Länge (ohne C). Kopfprofil gradlinig. Augendurchm. gleich Schnauzenlänge, 3V2mal in Kopflänge. Das Maxillare erreicht die Verticale vom vordem Augenrand nicht. Stirnbreite kaum grösser als Augendurchm. Schwanzstiel nicht so lang als hoch. Die Rückenflosse vorn niedrig, die Stacheln vom 4. ab gleich dem Augendurchm.. die hinteren kaum länger. 3. A- Stachel über 1 Augd. lang. Der weiche Theil der D. und A. nicht ganz so hoch wie die C. und P. lang und gleich VI 4. der postorbitalen Kopflänge. Der Rand der weichen D. und A. ist convex gerundet, schwächer, aber noch deutlich, ist es der der P. und C. Der erste weiche Strahl der V. ist in einen Faden verlängert (beim c/ kaum). Die Färbung der todten Exemplare ist olivengrün, die Schujipen haben ein silbernes Centrum; der dunkle Operkularfleck ist sehr deutlich, ebenso ein Zügelfleck; lu* 432 Gesellschaft naiar forschender Freunde, Berlin. längs der obern und untern Seitenlinie eine nicht ganz continuirliclie scliwärzliche Fleckenreihe, bei dem ^ ist auch der Oberrand der weichen D. dunlvel und der Aussen- bez. Vordertheil der V. Dunkle Fleclven stehen in Binden geordnet in der D.. A. und C; die in der weichen A. werden zu grösseren Ocellen, die in C. und D. zu kleineren. Die Iris goldig, zum Theil durch Schwarz verdeclit. Die Kehlgegend bei den $ weisslich. bei den cT aber nur an den Kiemenhautstrahlen. Der verlängerte Faden an der Bauchflosse des cT ist im Leben zinnoberroth. Die Färbung der lebenden Männchen, zumal während der Paarungszeit, ist besonders lebhaft. — Die Totallänge des c/ ist 60 mm, die des $ 51. Herr Franz Eilhard Schulze sprach über einen bei Warnemünde gestrandeten ungewöhnlich grossen Tunfisch. Als ich mich im August dieses Jahres 1903 in Warne- münde aufhielt, liörte ich, dass am Meeresstrande, etwa da, wo der Wald von Markgrafenhaide beginnt, ein grosser Fisch liege, welchen Warnemünder Fischer für einen Lachs gehalten hätten. Der Wirt der Krfrischungshalle „Zur hohen Düne" teilte mir mit, dass er das Thier zwar noch einige Tage zuvor ziemlich unversehrt angetroffen und seine Länge mit 8V4 Fuss gemessen habe, dass jetzt aber der Kopf erheblich ver- letzt und der Schwanz abgeschnitten sei. Als ich das Thier sah, fand ich nur noch den circa 2 Meter langen, V2 Meter hohen und 40 Centimeter dicken, bereits stark in Fäulniss übergegangenen Rumpf, von dem der Schwanz mit einem scharfen Instrumente abgetrennt und der Kopf fast ganz zerstört (wie von Hunden abgefressen) war. Ich erkannte sofort, dass es sich nicht um einen Lachs, sondern um einen allerdings ungewöhnlich grossen Tun- fisch, Thi/mms th/mmis (L), handele. Dies hdirte zunächst nicht nur die Makrelen -ähnliche Gesamiiitform, sondern Sitzumi vom 8. Dezember 1903. 433 besonders die Zahl. Form und Stell uog der Flossen und der eigentümliche Verlauf der Seitenlinie. Es fanden sich zwei Rückenflossen und dahinter noch eine Anzahl, circa 10. kleine, getrennt stehende Flössel. Ein ähnliche Reihe von Flössein folgte an der Bauchseite hinter der Afterflosse. Weniger gut erhalten waren die schmalen und langen Brustflossen sowie die kürzeren Bauch- flossen. Die Seitenlinie zeigte eine sehr charakteristische Aus- hieguug nach oben. Neben den medianen Flossen fanden sich derbe thal ergrosse Hautschuppen, während die übrigen an den Seiten des Körpers stehenden cykloiden Schuppen erheblich kleiner und zarter waren. Den Makrelencharakter verriet auch die jederseits an der Schwanzwurzel stark vorspringende horizontale Hautleiste. Ich löste nun an Ort und Stelle unter Assistenz meines mich begleitenden Sohnes, des stud. ehem. Arnold Schulze, zunächst aus der fauligen Masse das noch vorhandene Schwanz- ende der Wirbelsäule in einer Ausdehnung von circa 40 Centimeter heraus, präparirte sodann eine mit den grossen Schuppen versehene Hautpartie neben der Rückenflosse ab, und excidirte schliesslich einen Theil der Rückenflosse mit den zugehörigen Flossenträgern. Nachdem diese Theile durch mehrmals wiederholtes Waschen und Abreiben mit trockenem Sande möglichst gereinigt waren, umgab ich sie mit Seegras nebst mehreren Lagen von Packpapier und sandte sie so in einer Kiste wohlverpackt von Warnemünde aus an das Zoologische Institut in Berlin. Am nächsten Tage trat leider stürmisches Wetter und Plochwasser ein. Als ich später den Rest des Kadavers in Sicherheit bringen lassen wollte, war nichts mehr davon zu finden. Nach der hier im Zoologischen Institute ausgeführten Präparation der so geretteten Skeletstücke zeigt es sich zu- nächst, dass 5 wohlerhaltene zusammenhängende Wirbel der Schwanzpartie erbeutet waren, welche manches Besondere aufweisen. Von dem 7 Centimeter langen und ebenso breiten sand- uhrförmigen Körpern jedes der drei mittleren Wirbel ragt 434 Gesellschaft iiatiirforscJieiider Freunde, Berlin. seitlich iu horizontaler Richtimg und in halber Höhe jederseits ein plattenföriniger Seiteufortsatz (Froccssits transversus) vor, welcher von dem mittelsten Wirbel in dessen ganzer Länge (von 7 cm) entspringt und über 2 cm absteht, während er bei den beiden andern weniger stark entwickelt und bei den übrigen, (das heisst bei dem vordersten und hintersten der sämmtlichen 5 Wirbel) kaum ausgebildet ist. Während so von den 6 durch tiefe Gruben getrennten äusseren Längs- wülsten der sanduhrförmig ausgehöhlten Wirbelkör])er die beiden lateralen zu den Processus transversl auswachsen, entspringen von dem Hinterende sowohl der beiden dorsalen wie der beiden ventralen Läugswülste eines jeden Wirbel- körpers die Basen der hier sehr niedrigen und zu fast hori- zontaler Lage nach hinten sich umbiegenden dorsalen resp. ventralen Bögen. Diese sind sehr niedrig und an ihrer Distalfläche stark abgeplattet, so dass ihre lang ausgezogene Pars spinosa in Form einer länglichen Platte die mediane Vertiefung des nächst hinteren Wirbelkörpers überdeckt und mit diesem den Neural- resp. Haemal-Kanal bildet. Nur bei dem hintersten der 5 Wirbel biegen sich die bis zu 7 cm ausgewachsenen, sich etwas zuspitzenden Processus spinosi der oberen wie der unteren Bögen stark auf- wärts resp. abwärts, um sich an die entsprechen- den Theile der in senkrechter Richtung stark ent- wickelten Schwanzflosse anzulegen. Uehrigens besitzt jeder dieser dorsalen resp. ventralen Bögen in seinem unpaaren spinosaleu Theile noch einen proximalen, d. h. also gegen den Wirbelkörper gerichteten Vorsprung, welcher in eine entsprechende mediane Grube des betreffenden anderen Wirbelkörpers eingreift. Da nun jede dieser medialen Gruben (sowohl die dorsale wie die ventrale) jederseits von einem nach vorn und etwas auswärts vorspringenden Fortsatz, dem Processus articularis (interior. flankiert ist^, so sind hierdurch die sämmtlichen Wirbel in eigenthümlicher Weise ^) Die Processus artimlares posteriores jedes Wirbelkörpers sind init den Basen der betreffenden oberen resp. unteren Bogen ver- schmolzen und stellen daher hier keine selbständigen Höcker dar. Sitzumj vom S. Dezember 1903. 435 zwar beweglich aber untrennbar untereinander verbunden. Auch bei den völlig- ausinacorirten Wirbeln hat sich diese Verhäkelung noch soweit erhalten, dass zwar eine beträcht- liche Beweglichiveit besonders in der horizontalen Richtung nach rechts und links, aber keine vollständige Trennung möglich ist. Die Strahlen des geretteten Rtickenflossentheiles sind paarig und gegen ihr Ende mehrfach gespalten. Durch Schlottergelenk sind sie mit den starken unpaaren Flossen- trägern verbunden, welche ziemlich tief, bis zu 30 cm, zwischen die Rückenmuskeln hinabragten. Die plumpen, 3—4 cm breiten Hautschuppen zeigen zwar eine massig glatte Oberfläche, lassen aber eine un- deutlich-radiäre und concentrische Streifung erkennen. Ihr Randkontur ist entweder unregelmässig rundlich oder wellig, zuweilen auch hier und da eckig. Von der gewöhnlich in der Mitte, seltener an einer Seite gelegenen dicksten Partie ver- dünnen sich die Schuppen ziemlich gleichmässig bis zu dem zugeschärften Rande. Die unmittelbar neben den Median- flossen gelegenen grossen Schuppen besitzen eine stark ge- riefelte Verdickung an der einen Seite, mit welcher sie sich an die Flossenträger oder Flossenstrahlen anlegen. Jede Schuppe ist von einem dichten Gefässnetz durchzogen und besteht aus echtem Knochengewebe, welches Knochen- körperchen und eine zu den Gefässen resp. zum Randsaume concentrische lamellöse Schichtung der Grundsubstanz leicht erkennen lässt. Obwohl der im atlantischen Gebiete weit verbreitete und besonders im Mittelmeere recht häufige, in der Regel aber nur 1 - 2 m grosse Tunfisch nur selten in die Ostsee kommt, liegen doch schon einige Angaben vor, nach welchen daselbst vereinzelte Exemplare von ebenso ungewöhnlicher Grösse gefangen sind, wie der hier bei Warnemünde ge- strandete. So wird z. B von einem 8V2 Fuss langen Tun- fisch berichtet, welcher in der Erkernförder Bucht erbeutet ist. 436 Gesellschaft naturforschendei- Freunde, Berlin. Herr W. Berndt sprach über die Anatomie von Cruptopliialus striatus n. sp. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ent- deckte ÜAKwin in Sclmeckenschalen {Coucholepas penivi- ana), die von der chilenischen Küste stammten, ein kleines bohrendes Cirriped. den Cryptopliialus minutus Darw. Er trennte diese neue Form wegen einiger höchst eigenartiger Abweichungen in Körperbeschaffenheit und Entwickluugs- weise von den übrigen Cirripedien und schuf für sie die Ordnung der „Abdominalia", denen er die Lepadiden, Balanen und Skalpelle (cirrhipedes normaux französischer Autoren) als y^TJiorncica^ gegenüberstellte. In späterer Zeit ist noch ein ähnliches Cirriped. Kochlorine hamata Noll, von dem Forscher F. C. Noll entdeckt worden, auch hat man neuerdings die in ilu'er Körperbeschaffenheit sehr eigen- tümliche Älcippc Imnpas Hanc. den Abdominalia beigesellen wollen. Ich habe vor einiger Zeit letztere Gattung ge- nauer untersucht und möchte mich vorläufig der Ansicht anschliessen, nach welcher wir als „Abdominalia" die drei, wohl mit Familienrang zu versehenden Gattungen Crijpto- phiaUus, KocJdorine und Alcip)pc zusammenzufassen hätten. Da die Abdominalia eine durch ihre reducirte Körper- beschaffenheit, ihre bohrende — raumparasitische — Lebens- weise und ihre eigenartigen Geschlechts- und Entwicklungs- verhältnisse hochinteressante Gruppe darstellen, so könnte es Wunder nehmen, dass ihr typischer Vertreter Crijpto- phialus seit Darwins Zeiten noch nicht wieder untersucht wurde; es mag dies seine Erklärung in der Seltenheit und versteckten Lebensweise der Thiere finden. Ich verdanke mein Material der grossen Güte des Herrn Professors Plate hierselbst, der mir freundlicher Weise eine grosse Anzahl Exemplare von Chiton magnificus überliess, in deren kalkigen Rückenpanzern sich die kleinen Cirripedien eingebohrt vorfanden. Die Chitonen stammten von der chilenischen Küste, wo auch die Heimat von Cri/ptophialus minutus Darw ist. Es wird zunächst als merkwürdige Thatsache zu ver- zeichnen sein, dass auch Chitonen von Cirripedien angegriffen I Sitzmuj vom 8. Dezciiihcr 1003. 437 werden, während dies sonst nur von Schnecken bekannt war. {Alcippc in Buccinum und Fusits, Cruptophiahis miniitun in Coucholcpds peruviana, Koclilorine in Haliotis). Die Rauraschmarotzer sassen in manchen Exemi)laren in enormer Zahl, so dicht, dass sich die Bohrlöcher berührten. ich will hier keine genaue Beschreibung der äusseren Körperbeschaifenheit des Thieres geben, sondern mich be- gnügen zu sagen, dass ich mich wegen einiger sehr charac- teristischer Abweichungen meines Thieres von Cryptopliialus minutus Dauw. genöthigt sah, eine neue Species aufzustellen. Der Körper des Thieres ist in regelmässigen Abständen durch Chitinleisten quergestreift; ferner sind die Girren ver- hältnismässig bedeutend kräftiger und länger, überhaupt der hintere Köperabschnitt stärker, als Dakwin dies in seiner Zeichnung von Cryptophialus minutus angiebt. Ich muss bei Aufstellung des Art- Unterschiedes auf dieser Zeichnung fussen, da sie die einzige geblieben ist, die je von Cryptophialus angefertigt wurde. — Ich nenne die neue Art Cryptophialus striatus, wegen der characteristischen Chitinstreifuug; gebe jedoch hier ausdrücklich die Möglich- keit zu, dass eine spätere genauere Untersuchung des in der Schnecke bohrenden Cryptophialus minutus Dauw. auch hier eine ähnliche Chitinstreifung zu Tage fördern und so meine Species striatus hinfällig machen könnte. - Dakwin giebt nur eine allerdings sehr ausführliche und exacte Beschreibung der chitinigen Hartgebilde und der Muskulatur von Cryptop)hialus, wie dies nach dem Stande der technischen Hilfsmittel jener Tage nicht anders möglich war; ich habe mir wegen der Wichtigkeit der Gattung für die gesammte Carcinologie eine genaue ana- tomische Untersuchung zur Aufgabe gemacht, deren Resul- tate betreffs dreier Haupt- Organsysteme ich jetzt in Kürze mittheilen will. Ich sehe dabei ab von histologischen oder entwicklungsgeschichtlichen Befunden, da ich diese in einer für später geplanten grösseren Arbeit über die Abdominalia mittheilen zu können hoffe. Einleitend sei bemerkt, dass das Thier für die folgenden Untersuchungen so orientirt sein soll, dass die Mantel- 438 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Öffnung nach oben, das geschlossene Ende des stumpf- ei- förmigen Mantels nach unten gerichtet ist. Die ventrale Seite des hufeisenförmig gekrümmten Körpers sieht so nach oben, die dorsale nach unten und aussen. Dies entspricht der natürlichen Lage des Thieres in der Chitonenschale. Der Verdauungstractus. Darwin beschreibt nur die Muudwerkzeuge und die chitinigen Theile des Kaumagens von Crijptophialus genauer; im Uei)rigen beschränkt er sich darauf, zu sagen, dass der Verdauungstract aus Oesophagus, Magen und Enddarm (rectum) bestehe, welcher mit einem grossen After ausmünde. Zu Darwin's sehr correcter Beschreibung der Mund- werkzeuge habe ich für meioe Species nichts Neues hinzu- zufügen. An dem eigentlichen Verdauungs-Rohre nun kann man (wenn man die für die Lepadiden meist gewählten Be- zeichnungen beibehalten will) sowohl nach histiologischen Merkmalen, als auch durch äussere Einschnürungen u. s. w. vier wohl gesonderte Theile unterscheiden: 1. Oesophagus mit Kaumagen. 2. Magen. 3. Mitteldarm. 4. Enddarm. Die Länge des Oesophagus und des Kaumagens zu- sammen beträgt etwa V« der Länge des gesammten Ver- dauungstracts ; der Magen nimmt annähernd die Hälfte, der Mitteldarm nur Vio bis V12 in Anspruch. Auf eine geräumige Mundhöhle folgt ein verhältuiss- mässig kurzer Oesophagus, welcher in ziemlich geradem Verlaufe nach unten und nach hinten (dorsalwärts) zieht. Das Lumen, dessen Gestalt sich am besten an Querschnitten ermitteln lässt. hat in den ersten 7^ des Oesophagus die Gestalt eines vierzackigen Sternes oder Kreuzes, dessen auf einander senkrechte Axen mit der Symmetrieebene des Thieres Winkel von 45" bilden. Im letzten Viertel verengert sich das Lumen des Oesophagus Silsumi vom 8. Dezemher 1903. 439 bedeiiteud uud hat uur iiuch uiircgelmässig- elliptische bis schlitztTtnnige Gestalt. Nun folgt der für Cruptophidlus characteristische Kau- magen, welcher dieser Gattung unter allen Cirripedien eigen- thünilich ist. Dakwin's Beschreibung der chitinigen Theile dieses Organs stimmt in allen wesentlichen Punkten auch für diese Species, es soll daher auf dieselben hier nicht näher eingegangen werden Die Länge des Kaumagens ist etwa gleich der des Oesophagus, bei vielen Exemplaren ist sie geringer. Der Kaumagen hat im Ganzen etwa die Gestalt einer vier- eckigen, an den vier Flächen tief eingebeulten Flasche ohne Boden; der Hals der Flasche würde der Oesophagus sein, mit dem unteren Theil, dem offenen Boden, sitzt die Flasche breit dem Magen auf, nachdem sie vorher eine kleine Einschnürung erfahren hat. Der Magen erstreckt sich bis in die Region, wo sich der Körper des Thieres ventral wärts einzubiegen beginnt. Er sendet zwei grosse, stumpf- kuppelförmig endende Aus- läufer rechts und links neben dem Kaumagen nach oben, sodass sie bis in die Region hineinreichen, wo der Oesophagus in den Kaumagen übergeht. Häufig sind diese beiden Magen -Ausläufer ungleich lang. Nach unten, dem um- gebogenen Theile des Körpers zu, verjüngt sich der Magen bedeutend und erscheint im Querschnitt kreisrund, während der Querschnitt vorher die Gestalt einer dorsoventral ab- geplatteten Ellipse hatte. In der Gegend, welche Dakv^'in das 5. Körpersegment nennt, verengt sich der Magen plötzlich zu einer Art Pylorus; das Lumen des Verdauungstractes ähnelt jetzt wiederum eine kurze Strecke weit dem des Oesophagus, es hat die Gestalt eines vielzackigen, gelappten, unregel- mässigen Sternes: diese Partie möchte ich als den Mittel- darm der Lepadiden auffassen, wenngleich seine Kürze im Vergleich zu diesem auffallen kann. Auf den Mitteldarm folgt ohne Einschnürung das enorm weite Rectum von der Gestalt eines seitlich abgeplatteten Halb cy linders, dessen gerundete Seite ventralwärts gerichtet 440 (h-sellschaft iitilarforschcndcr Freunde, Berlin. ist, dessen durch die halbirende Ebene gerade abgeschnittene Seite nach aussen (dorsalwärts) sieht. Das Kaliber des Rectums bleibt bis zu dessen Endo das gleiche; der After liegt als grosse Längsspalte zwischen den Girren. Grössere Anhangsdrüsen, vergleichbar den „gastro- hepatischen Goeca" und den „Pancreas"- Drüsen derLepaden, vermisste ich, auch gelang mir noch nicht der Nachweis der bei jenen nachgewiesenen Speicheldrüsen (Gruvel). Die Muskulatur des Verdauungstracts soll vorläufig noch nicht besprochen werden, ebensowenig seine Histologie. Das Nervensvstem. Fig. 1. Schematische Darstellung des Nervensystems eines erwachsenen CV?/j>tojj/u«i»6- - Weibchens ; Verdauungstract schraffirt eingezeichnet. Sitzung vom 8. Dezember 1903. 441 Wie schon eingangs bemerlvt, bringt Dauwin lieine Notizen über das Nervensystem. Dasselbe ist im Verhältnis zur Gesammtmasse des Thieres gross; es setzt sich zusammen aus: 1. dem Gehirn-Doppelgauglion, 2. einem grossen Subösophagealgangiion oder ersten Ventralganglion, 3. einem etwas kleineren zweiten Ventralgangiion. Das Gehirn-Doppelganglion liegt genau an der Stelle, wo sich der Oesophagus zum Kaumagen zu erweitern be- ginnt, und zwar liegt es der Dorsalseite des sich erweiternden Oesophagus dicht auf. Die beiden Ganglien, die es zusammensetzen, haben spitz -keulenförmige Gestalt; von der stumpfen 8eite der Keule gehen die Schlundconnective ab. Diese sind ver- hältnismässig (verglichen mit Alcippe und Lepadiden) ausser- ordentlich lang. Sie verlaufen zunächst ziemlich genau in dorsoventraler Richtung neben dem Kaumagen hin, dann biegen sie nach unten ab und nähern sich im letzten Viertel ihres Verlaufes einander ausserordentlich. Ventralwärts von und sehr nahe an der Stelle, wo der Kaumagen, dem eigentliclien Magen breit aufsitzend, endigt, verschmelzen die Schlundconnective der rechten und der linken Seite miteinander und gehen so in die nach oben gewandte Spitze des grossen ersten Ventralganglions über. Dieses hat die Form einer in dorsoventraler Richtung ab- geplatteten, stumpfen Spindel; es geht mit seinem unteren spitzen Ende in die beiden Connective der (hier nur aus zwei Ganglien bestehenden) Bauchganglienkette über. Die Connective sind etwa um ein Viertel länger als das erste Ventral ganglion; sie treten über der Stelle, wo der „Magen" in den „Mitteldarm" übergeht, in das zweite kleinere Ventralganglion ein, welches etwa Vs der Länge des ersten (grossen) Ventralganglions besitzt. Es liegt fast immer etwas oberhalb an der Stelle, wo der Körper des Thieres seine grösste Krümmung besitzt, zwischen dem Verdauungs- tract und den ventralen Inteiiiunenten eingekeilt und hat 442 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. die Form einer selir langgezogeiien Birne, welche ihr stumpfes Ende nach oben kehrt Von den peripherischen Nervenstämmen will ich hier nur erwähnen, dass ich. wie bei Äkippe. die von der untern Seite der Hirnganglien ausgehenden typischen Pedunculus- Nerven der Lepadiden fand, und dass das letzte Ventral- ganglion in sechs zu je 3 gruppirte Nervenstämme ausläuft, von denen es nicht zweifelhaft sein kann, dass sie sich zu den sechs Girren begeben. Die Genitalorgane. 0^J^^- Fig. 2. Sclicinatisolic Darstolluny der (iciiitalorgüiic ciiios cnvachsciieii Sitznnf) rom 8. Dezember 1903. 443 Cnjptopliiahis ist wie Akqw ^•etrennt-ft-eschlechtlich; es soll hier nur eine Jiesciireibiini;' der weiblichen Genital- orgaue gegeben werden. Darwin sagt, dass es ihm nicht gelaug, an Spiiütus- exemplaren die ovarian aieca zu erkennen, dass er dieselben jedoch zwischen äusserem und innerem Mantelblatte in der Nähe des „Discus" vermute. In der That liegen die Ovarien im Mantel. Wir finden bei Cri/ptophialus mit Bezug auf diese Organe Verhältnisse, die wesentlich von den bei anderen Cirripedien gefundenen diöeriren. Zunächst finden sich nur zwei Ovarialtuben (was der paarigen Anlage des Ovarialtuben -Convoluts bei Alcippe entspricht), welche getrennt jede für sich mit einem Oviduct ausmünden Die beiden Ovarien liegen, einander stark genähert, aber scharf von einander gesondert, in der dorsalen — der carinalen gegenüberliegenden — Partie des Mantels, und erstrecken sich als zwei lange parallele Röhren von dem oberen Winkel, den der Mantel in seiner Ursprimgspartie mit der Kopfregion des Thieres bildet, bis in die unterste Spitze des im ganzen stumpf - eiförmigen Mantels. Die Röhren sind au beiden Enden blind ge- schlossen, im oberen Drittel am weitesten und haben somit eine schlanke Birneuform. Der Oviduct. der wegen der enormen Grösse der hier nur in geringer Anzahl producirten Eier sehr dehnungsfähig sein muss. entspringt dem oberen Ende der Ovarialtuben stark genähert etw^a auf gleicher Höhe mit dem oberen Theile des Kauraageus; beide Oviducte verlaufen zunächst eine kurze Strecke weit nach innen zu. und nähern sich dabei soweit, dass sich ihre Wandungen berühren. Dann verlaufen sie schräg nach unten und aussen und senken sich bis in die obere Region des eigentlichen Magens. Sie legen sich nun der Wandung dieses Magens dicht an. umgreifen ihn halbbogenförmig und trennen sich wieder von der Magenwandung, indem sie etwa ein Drittel des Magenumfanges in der Ventralregion freilassen. Hierauf beschreiben sie noch einen kleinen nach unten hin ge- wendeten Haken und senken sich sodann in das bei allen Cirripedien bekannte typische „Atrium des Oviducts", den 444 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. auditory sac Darwin's. ein. Dieses hat die Gestalt einer vielfach eingebeulten, flachgedrückten Flasche; es mündet mit einem Gange von der Form eines flachgedrückten Trichters in einer schlitzförmigen Oeffuimg nach aussen. Das ist die weibliche Genitalöffnung, welche etwa in der Gegend der von Darwin gefundenen Rudimente des ersten Cirrenpaares liegt. Auf die Vorgänge der Eibildung im Genital tract soll Herr Friedr. Dahl gab Winke für ein wissenschaft- liches Sammeln von Thieren. Auf dem Gebiete der Sammeltechuik sind in den letzton Decennien ganz ausserordentliche Fortschritte ge- macht worden. — Früher betrachtete es ein Specialist als seine Lebensaufgabe, auf seinem Specialgebiete die Tliiere seiner Gegend zusammenzubringen. Jetzt erreicht man dieses Ziel bei einer einigermaa^sen fleissigen Sammel- thätigkeit leicht innerhalb eines Jahres Nur die ße- schalfung gelegentlicher, zufälliger Vorkommnisse, von Gästen, verschleppten Formen etc. erfordert nach wie vor einen Zeitraum von mehreren Jahren; sind doch derartige Erscheinungen in einzelnen Jahren garnicht oder doch nur ganz vereinzelt zu finden. Da ich als Sammler sowohl in fernen Ländern und Meeren als auch in der Heimath vielseitiger als die meisten Kollegen thätig gewesen bin und stets bestrebt war. mir alle Fortschritte im Sammeln anzueignen, darf ich vielleicht meine Erfahrungen auf diesem Gebiete in gedrängter Kürze mittheilen. Jeder Anfänger im Sammeln entdeckt in seiner Gegend bald eine Anzahl von Oertlichkeiten. die besonders thier- reich sind. Diese Orte sucht er immer wieder auf und findet immer wieder einzelne Arten, die für ihn neu sind. Ist er Insektensanunler. so ist sein Hauptfangapparat das S(;hmetterlingsnetz. Ist er Käfersammler, so wendet er hier und da auch Steine um, sucht unter der Rinde und 1 Sitzuny vom S. Dezember 1903. 445 am aiisfliesseüdeü Safte lebender Bäume, in dem Mulm morscher Stämme, in Ameisennestern, in Pilzen, an Koth und Thierleichen und au Wasserpflanzen. Eventuell verwendet er auch einen Streifsack, um Gräser etc. ab- zustreifen, einen Regenschirm um Büsche abzuklopfen oder ein Sieb um Laub, Moos und Genist auszusieben. Beim Sammeln steckt er immer nur das ein, was er für selten hält oder was er glaubt noch nicht zu besitzen. Ein plau- mässiges Absuchen wird nicht betrieben. Gewisse Oertlich- keiten und Geläudeformen werden geradezu planmässig ge- mieden, weil sie arm an Thieren sind. — Es ist sfclier, dass ein Sammler, der nach dieser Sammelmethode oder, richtiger gesagt, ohne Methode verfährt, nie die Fauna seiner Gegend auch nur annähernd erschöpfen, dass er eine grosse Zalil von Arten ganz ungerechtfertigter Weise stets für selten und sehr selten halten wird. Schon seit vielen Jahren haben sich Verbesserungen der eben geschilderten primitiven Sammel- und Fangmethode angebahnt, Verbesserungen, die auch heute noch keines- wegs ihren Abschluss gefunden haben. Dieselben nahmen ihren Anfang von Meeresuntersuchungen aus und kamen erst viel später bei der Erforschung der Binnenlandsfaunen in Anwendung. Soweit ich sehe, hat K. Möbius zum ersten Male gezeigt, wie wichtig es ist. dass man die verschiedenen in einem Meerestheile vorkommenden Existenzbedingungen be- rücksichtigt, wenn man in absehbarer Zeit eine annähernd vollständige Uebersicht über dessen Fauna gewinnen will: - In der Kieler Bucht unterschied er den Lebensbedingunc.-en nach folgende Oertlichkeiten'): " I. Strandregion. a) Im Sande. b) An Steinen. c) Unter Steinen. ') H. A. Meyer und K. Möbius, Fauna iler Kieler Bucht Bd I 1 'Pf- '^^^ P- ^--"^"^^ abgedruckt in d. Mitth. d. Vereins nördl! ü. Elbe, Heft 7 p. 14 — 26. 11 446 Gesellschaft naturforscheiider Freunde, Berlin. II. Region des grünen Seegrases. a) Auf und zwischen Seegras. b) Auf Blasentang. c) Auf Ulven. III. Region des abgestorbenen Seegrases. a) Im todten Seegrase. b) Im sandigen Boden. c) Auf Blasentang. d) Auf Steinen mit Schwämmen. IV. Region der rothen Algen. a) Auf rothen Algen. b) Auf saudig-lehmigem Boden. V. Region des schwarzen Schlammes. a) An flachen Stellen. b) An tiefen Stellen. VI. Auf Holzwerk. a) An Hafenpfählen und Schiffen. b) Im Innern des Holzes. c) An Muschel pfählen. VII. Schwimmende Thiere. Bei den Exkursionen, die alljährlich mit Studirendeu gemacht wurden, wurden die meisten dieser Oertlichkeiten plnnraässig abgeftscht. Bei den Exkursionen kam jedesmal noch das Brackwasser mit seinem Holzwerk. Schlamm und seinen Pflanzen hinzu. — Zum Fange dienten Apparate, die ein massenhaftes Erbeuten der Thiere gestatteten, das Schleppnetz für die am Grunde lebenden Thiere, das Schweb- netz für die freischwimmenden Thiere und der Kratzer für dasjenige Gethier, welches am Holzwerk lebt. Später nannte Möbius die Vergesellschaftungen von Thieren, welche an Oertlichkeiten mit ganz bestimmten Existenzbedingungen zusammenleben, Biocönosen oder Lebensgemeinden und seitdem gehen die Fortschritte der Sammeltechnik und der biocönotischen Forschung eng Hand in Hand. Die Binnenlandfauna eines Landes hat, soweit ich sehe, G. Jäüeii zum ersten Male in Thieruesellschafteu SitzwKj vom 8. Dezember 1903. 447 eingetheilt^). Sein, für den Anfänger im Sammeln und für den Lehrer, der mit seinen Schülern Exkursionen machen will, überaus wichtiges Werk hat es aber nicht auf eine neue Auflage gebracht; dasselbe musste vielmehr im Preis sehr bedeutend herabgesetzt werden, ein Beweis dafür, wie wenig der Lehrer die für den Unterricht in der lebenden Natur wichtigsten Werke kennt oder schätzt. — Dem Jäger- schen Werke waren natürlich andere wichtige aber weniger umfassende Werke über Vertheiluug gewisser Landthiere vorangegangeu, Werke, welche jenem gleichsam die Grund- lage lieferten. Unter diesen ist besonders eine überaus fleissige Arbeit Kaltenbach's^). „die Pflanzenfeinde", zu nennen, ein Werk, welches die einzelnen Pflanzen mit ihren sämmtlichen bis dahin bekannten Schädlingen aus der Klasse der Insekten in systematischer Reihenfolge auf- führt. Gegenstücke zu diesem Werke sind die schönen Arbeiten von Hermann Müller^) über die Pflanzenfreunde — so könnte man sagen — , in welchen die Blüthenbesucher der einzelnen Pflanzenarten nach eigenen Beobachtungen des Verfassers zusammengestellt sind. Während diese so ausserordentlich wichtigen bio- cönotischen Untersuchungen über Landthiere veröffentlicht wurden, hatte sich in der Meereskunde ein weiterer grund- legender Fortschritt angebahnt. Wieder war es K. Möbius, der einen Hauptmangel in der bisherigen Forschungsmethode erkannte. In seinem Werkchen über die Auster"*^) wies er darauf hin, dass man bei Untersuchung einer Biocönose die Individuenzahl nicht vernachlässigen dürfe und zehn Jahre später erschien die gewissermassen bahnbrechende ^) G. JÄGER, Deutschlands Thierwelt nach ihren Standorten ein- getheilt, 2 Bde., Stuttgart 1874. '-') J. H. Kaltenbach, Die Pflanzenfeinde aus der Klasse der Insekten, Stuttgart 1874. ^) H. MÜLLER, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider, Leipzig 1873 und H. MÜLLER, Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassungen an dieselben, Leipzig 1881 etc. *) K. MÖBIUS, Die Austern und die Austernwirthschaft, Berlin 1877 p. 72 ff. 10* 448 Gesellschaft naturforschender Freumle, Berlin. Arbeit von V. Hensen über die Bestimmung des Planktons ^). in welcher l)ei Untersuchung einer einzelnen Biocönose zum ersten Male eine vollständige Individualstatistik ^) ver- sucht wurde. Nach diesen kurzen geschichtlichen Andeutungen er- laube ich mir, meine eigenen Erfahrungen im Sammeln kurz mitzutheileu. Ich hoffe, dass mancher Lehrer, der Exkursionen mit seinen Schülern machen will, mancher Laie, der in fremde Länder hinausgeht und der Wissen- schaft nützen möchte, ja auch mancher Sammler und P'orscher meinen Mittheilungen einzelne für ihn brauchbare Winke wird entnehmen können. Vorausschicken möchte ich die Bemerkung, dass ich das Präpariren, Conserviren und Verpacken der Thiere ganz ausser Acht lassen darf, weil über diesen Gegenstand ein vorzügliches Büchlein erschienen ist. ^) Ich werde mich lediglich der Erbeutung der Thiere zuwenden. Diese ist nämlich in jenem Schriftchen. ebenso wie in einem umfangreichen, von G. Neumayeu herausgegebenen Werke ^) weniger eiügehend behandelt. Drei Punkte sind es besonders, auf welche ich hier eingehen muss: erstens auf die Oertlichkeit. an welcher zu sammeln ist. zweitens auf die anzuwendenden Fang- geräthe und drittens auf die Art der Anwendung dieser Geräthe. also auf den Fang selbst. Was zunächst die Oertlichkeit anbetritt't, so möchte ich als obersten und wichtigsten Grundsatz für den Sammler eine Lehre voranstellen, welche selbst von erfahrenen Sammlern immer und immer wieder nicht genügend berück- sichtigt wird, den Satz nämlich, dass man, um die Fauna einer Gegend zu erschöpfen, an möglichst ver- schiedenen Lokalitäten, an Orten mit möglichst ') Fünfter Bericht der Kommission zur wisseiischaftliclien Unter- suchung der deutschen Meere, p. 1 ff. Berlin, 1887. «) Vgl. Biolog. Centralbl. v. 21 p. G75, 1901. ^) Anleitung zum Sammeln, Conserviren und Verpacken von Thieren für das zoolog. Museum in Berlin. 2. Aufl. Berlin 1902. *) G. Neumayer, Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen, 2. Aufl. Berlin, J888. Sitzunrj vom 8. Ikzcmher 1903. 449 verschiedenen Lebensbedingungen, mögen diese nun reich oder arm an Thieren sein, sammeln muss. Pls gilt dieser Satz für alle Thiere im gleichen Maasse. von den Wirbelthieren herab bis zu den niedrigsten Organismen. Ein Beispiel aus der Litteratur möge veranschaulichen, was ich meine. — Im Bismarck- Archipel hatte ich nach meinen Erfahrungen in Bezug auf V'ögel folgende Oertlich- keiteu unterschieden. ') 1. Die freie Meeresiläche, 2. die Meeresbuchten, 3. den Meeresstrand. 4. die Sumpfwiese, 5. die nackte Boden- fläche. 6. den Mangrovesumpf, 7. die Pflanzung. 8. das Grasland. 9. das Gebüsch. 10. die Waldschlucht. 11. den ausgedehnten Hochwald. 12. die Berglandschaft. 13. die kleineu Inseln. — 0. Heinroth, der nach mir den Bismarck- Archipel besuchte, war nicht in der Lage, die mit Hochwald bestandenen tiefen Schluchten, d. i. Nr. 10 der ge- nannten Oertlichkeiten besuchen zu können. Die Folge war, dass ihm, dem Ornithologen zwei der gemeinsten Vögel der Gegend. Charmosijna rubrigularis und Collocalia csculcnta entgehen mussten.^') — Für den Anfänger ist es nicht leicht, sich ein Urtheil darüber zu bilden, welche Oertlichkeiten als biologisch ver- schieden zu betrachten sind, da nicht apriorische Erwägung, sondern nur die Erfaliruug den Ausschlag giebt. Ich halte deshalb eine Uebersicht der zu unterscheidenden Oertlich- keiten, welche den augenblicklichen Stand unserer Kennt- nisse auf diesem Gebiete zum Ausdruck bringt, für unbe- dingt erfoi'derlich. Selbst der erfahrene Sammler wird bei Durchsicht einer solchen Zusammenstellung darauf geführt, welche Oertlichkeiten er noch vernachlässigt hat. Stützpunkte können uns bei Aufstellung einer solchen Uebersicht vielfach die Arbeiten der Botaniker liefern. Die Leitpflanzen ihrer Vegetationsformationen ^) können ') Mitt. aus d. zool. Museum in Berlin v. I Heft 3 p. 111 ff. -) Journal für Ornithologie Jahrg. 1902 p. 390 ff. und 1903 p. 65 ff. ä) Vgl. Grisebach in : Neumayer's Anl. z. wiss. Beob. a. Reisen, Berlin, 1874 p. 340 ff. 450 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. nämlich in den meisten Fällen auch für den Zoologen als leicht zu beobachtende Leitformen gelten. Sobald die Leit- pflanzen also für ein Land festgestellt sind, thut der Zoologe wohl, sich diese zu merken. Freilich decken sich die Vegetationsformationen keineswegs immer mit den Ilaupt- abgrenzungen, die der Thiergeograph in einem Lande vor- zunehmen hat Etwas näher gerückt erscheinen sie den letzteren durch das Bestreben der Botaniker, welches sich in neuerer Zeit geltend macht, bei Eintheilung in Formationen die Verschiedenheit des Substrates in den Vordergrund zu drängen ^). Den Namen Formation möchte ich bei thier- geographischen Untersuchungen meiden, da die geologische Formation für den Zoologen vielfach ebenso wichtig ist, wie die Vegetationsformation und die gleiche Benennung deshalb leicht zu Irrthümern führen kann. Ich begnüge inich hier mit den deutschen Ausdrücken Geländearten und Gewässerarten, wiewohl ich zugeben muss, dass ein ge- eigneter technischer Ausdruck wie etwa „Zootop" viel kürzer und bezeichnender sein kann. Tab. L Arten der Gewässer. L Das Meer. A. Die hohe See. Tiefe über 200 m. B. das Küstenmeer. Tiefe ca. 20- -200 m. C. Die tieferen Meeresbuchten und die Binnenmeere. D. Das flache Uferwasser bis auf etwa 20 m Tiefe. E. Der bei Ebbe vom Wasser entblösste Theil. IL Das Brackwasser in verschiedenen Abstufungen des Salzgehaltes. III. Die Binnengewässer. A. Die Salzseen. B. Die süssen Gewässer. A. Stehende Gewässer. a. Seen. a. Mittlerer Theil derselben. ß. Ufertheil. •) Vgl. P. GrAEBNEr, Botanisclior Führer durch Norddeutschlaiul, Berlin, 1903 p. 1 ff. Sitzumj vom 8. Dezember 1903. 451 1. Das Ufer bewaldet. 2. Das Ufer frei. "^ Das Ufer sumpfig. "■'' Das Ufer fest, l). Teiche imd die stillen Buchten grösserer Flüsse, niemals austrocknend. Unterscheidung wie bei den Seen, c. Tümpel und Gräben; zeitweise mehr oder weniger austroclinend. a. In der Ebene. 1. Im Walde. * Im Sumpfwalde. Wasser gefärbt. ** Im trockenen Walde. 2. In dunklen Höhlen. 8. Im offenen Gelände. * Auf Sandboden. ''•* Auf schwerem Boden. ■'••■••* Auf Torfboden, Wasser gefärbt. ->:->^^^^x- 4^^^f Felsen. ß. Im Gebirge verschiedener Höhe. Unter- scheidung wie bei a. B. Fliessende Gewässer. a. Langsam fliessende Flüsse, Auen, und Bäche, b. Schnellfliessende Bäche. Tab. II. Geländeformen. I. Kleine freiliegende Inseln im Meere. II. Festland und grössere Inseln. A. In der Ebene und in geringer Höhe über dem Meere, bis zu etwa 250 m. A. Am Ufer der Gewässer, a. Am Meeresstrande. a. Sumpfiges oder mooriges Gelände. 1. Mangrovesumpf. 2. Salzwiese. ß. Festes Gelände. 1. Unterer dauernd feuchter Theil. 2. Höhere trockene Theile. 3. Dünen. 452 Gesellschaft Haturforschencler Freunde, Berlin. b. Am Ufer süsser Gewässer. a. Das Ufer von Seen und Teichen. ß. Das Ufer von Flüssen. y. Das Ufer von Bächen. B. Fern von Gewässern. a. Offenes Gelände oder sonnige Plätze. S. Fern von Bäumen und Sträuchern. a. Gelände mit nackten oder moosbewach- senen Bodenstellen. * Fast ohne Pflanzen wuchs. 1. Sanddünen. 2. Wüsten. ** Mit etwas dichterem Pflauzenwuciis. 3. Steppen und Heiden. 4. Torfmoore. 5. Moossümpfe. '"•'" Gelände mitgut bewachsenemBoden, Getreidefelder. Ruderalsteilen etc. ß. Gelände ohne nackte Bodenstellen, dicht bewachsen. 1. Trockener Boden. * Mergel haltiger Boden. ^^- Mergelfreier Boden. 2. Feuchter Boden (Wiesen). 3. Nasser sumpfiger Boden. cd. Sonnige Ränder von Wald und Gebüsch. h. llalbschattiges und schattiges Gelände, a. Nichtsumpfiges Gelände. 1. Ausgedehnter Hochwald. * Laubwald verschiedener Art. *" Nadelwald verschiedener Art. 2. Waldschluchten. 3. Baumpflanzungen verschiedener Art. 4. Gebüsche, Schonungen und Wald- lichtungen. * Laubholzgebüsch verschiedener Art. *"■'' Nadelholzschonung verschiedener Art. 5. Felsiges Gelände. Sitzung vom 8. JJezenihcr 1903. 453 1^. Sumpfiges Gelände. 1. Hochwald und hohes Gebüsch. 2. Niedriges Gebüsch, c. Dunkle Höhlen. a. Halbbelichteter Eingang der Höhle. ß. Dunkler Theil der Höhle. B. Im Gebirge in verschiedener Höhe. Unterscheidung wie unter A. Für den Sammler handelt es sich nun darum, die ver- schiedenen Arten des Geländes und der Gewässer, die in seiner Gegend vorkommen, aufzufinden. — Giebt es brauch- bare Karten der Gegend, so liefern diese stets Anhalts- punkte: Meeresufer, Seen, Flüsse, Berge, ja sogar ausge- dehnte Moore und Sümpfe und Sanddünen zeigen fast alle besseren Karten an. — Für die meisten Gegenden Deutsch- lands giebt es die äusserst sorgfältig ausgeführten Mess- tischblätter des Generalstabes, welche in dem Verhältniss 1 : 25 000 gezeichnet sind. Dieselben bilden für den Sammler eine ausgezeichnete Grundlage, da auf ihnen die verschiedenen Höhen des Geländes, Wälder und zwar Laub- und Nadelwald. Gebüsche. Wiesen. Hutungen, Heiden. Acker- land. Gräben, Mauern. Felsen etc. unterschieden werden. Diese Blätter werden für den Sammler natüi'lich noch werth- voller, wenn geologische Eintragungen gemacht sind, wie dies bei der geologischen Landesaufnahme geschieht. — Sind in einem Lande brauchbare Karten nicht vorhanden, so müssen Erkundigungen eingezogen und eventuell Reisen zum Aufsuchen der verschiedenen Geländeformen unter- nommen werden. Nicht genug kann man hervorheben, dass der Sammler sich durch Thierarmuth niemals ab- halten lassen darf, auf einer der genannten Geländearten zu sammeln. Jede Geländeart besitzt ausser weitverbreiteten (eurytopen) Thierarten, stets auch einzelne für sie charakteristische (stenotope) Formen und oft beherbergt gerade ein thierarmes Gelände verhältniss- mässig viele stenotope Arten. Als Beispiel nenne ich unter den deutschen Geländeformen nur die Heide. Von allen Geländeformen sind die artenärmsten der Ackerboden 454 Gesellschaft naturforsdoender Freunde, Berlin. und die Kulturwiese uod docli besitzen auch sie Formen, die auf unkultivirtera Boden nur sehr lokal anzutreffen sind. Mit Aufzählung der Gelände- und Gewässerarten ist die Zahl der Biocönosen. die beim Sammeln zu berück- sichtigen sind, keineswegs erschöpft. Ein Beispiel, das ich schon früher einmal in ausführlicher Weise gegeben habe\), mag dies zeigen: Beim Sammeln von Spinnen bekommt man an genau demselben Punkte im Walde völlig ver- schiedene Fänge, wenn man erstens im Moos des Bodens, zweitens auf niederen Pflanzen und drittens auf dem Ge- büsch des Unterholzes fängt. Obgleich die drei Fänge sämmtlich an schattig stehenden Pflanzen gewonnen wurden, an Pflanzen, deren Art bei einem vom Raube lebenden Thier. wie die Spinne es ist. doch nur in einem sehr geringen Maasse in Betracht kommen kann, sind die in ihnen enthaltenen Spinnenarten fast durch- weg verschieden. Dasselbe Gesetz gilt in grösserem oder geringerem Maasse für alle Thiergrupi)en. sogar für die beweglichsten Thiere, die Vögel. Bei zwei Tauben- arten ^) des Bismarckarchipels konnte ich zeigen, dass sie sich von denselben Früchten nähren, während aber die eine (ChakopJiaps stephani) diese Früchte ausschliesslich am Boden sucht, pflückt die andere (Macropygia carteretia) sie ausschliesslich vom Strauche. Und in Bestätigung dieses biocönotischen Gegensatzes machte Heinroth die sehr interessante Beobachtung^), dass eine Taube, welche im Naturleben ihre Nahrung von der Pflanze zu pflücken pflegt (Carpophaga vanivycki), in der Gefangenschaft nicht dazu zu bewegen war, die ihr zusagende Nahrung vom Boden aufzunehmen. Wie weit Biocönosen an demselben Orte zu unter- scheiden sind, wie weit man also in der Variation der Fänge an demselben Orte gehen muss. um alle Thiere zu bekommen, kann wieder nur die Erfahrung lehren. Ich gebe hier deshalb zwei Uebersichten, die auf diesem Ge- biete etwa unsern jetzigen Erfahrungen entsprechen. 1) Sitz.-Ber. d. Ges. naturf. Freunde Berlin. Jahrg. J902. p. 189. ') Mitt. a. d. zool. Mus. Berlin v. I. Heft 3 p. 151, 152 u. 154 1899. ^) Jouru. f. Ornitli. Jahrg. 1902 p. 412. Sitzung vom S. Dezember 1903. 455 Tal). 111. Unterscheidung der ^iocöüosen in dem- selben Gewässer. I. Frei im Wasser schwimmend oder treibend. A. Unmittelbar an der Oberfläche oder an und zwischen treibenden Gegenständen, Algen, Holz, Bimsstein etc. „Auftrieb". B. In verschiedener Tiefe, mit oder ohne Eigenbewegung, frei schwimmend (,. Plankton" im weiteren Sinne). II. Am Grunde des Wassers oder an Bodenpflanzen. A. An oder in Pflanzen. a An oder in lebenden Pflanzen. a. Au oder in Phanerogamen verschiedener Art. ß. An oder in Algen verschiedener Gestalt, b. An oder in todten Pflanzen. a. An oder in liolzwerk. |1 Auf, zwischen oder unter abgestorbenen weichen Pflanzentheil en. B. An oder in Thieren oder thierischen Stoffen. a. An oder in den verschiedenen Theilen lebender Thiere verschiedener Art (in Magen, Darm, Kiemenhöhle etc.). (Parasiten). b. In oder an Thierleichen oder thierischen Stoffen. C. Am nackten Boden der Gewässer. a. An, in, zwisclien und unter Steinen und Felsen. b. Auf und zwischen Kies und Muschelschalen. c. Auf und im Sande. d. Auf und im Schlick (Lehm, Torf etc.). Tab. IV. Unterscheidung der Biocönosen in dem- selben Gelände. I. An und in lebenden Thieren oder Pflanzen. A. An und in den einzelnen Theilen lebender Thiere verschiedener Art und des Menschen (in Darm, Magen, Leber, Gehii-n. Augenhöhlen, Luftwegen, Luftsäcken, Muskeln, Haut, Federn etc.), (Parasiten). B. An und in lebenden Pflanzen. a. An und in Phanerogamen und Gefässki-ypto- gamen. 456 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. OL. An und in den Wurzeln oder Knollen ver- schiedener Arten. [1 An und unter Rinde verschiedener Holz- pflanzen. Y- Im lebenden Holze verschiedener Holzpflanzen. Z. An und in den Früchten verschiedener Pflanzen. £. An und in den Blüthen verschiedener Pflanzen. ^. An und in grünen Pflanzentheilen. 1. An und in niederen Pflanzen verschiedener Art. 2. An und in dem Laubwerk verschiedener Straucharten. 3. An und in dem Laubwerk halbhoher Bäume verschiedener Art. 4. Au und in dem Laubwerk der hohen Kronen verschiedener Paumarten. b. An und zwischen Moosen und Flechten. c. An und in Pilzen verschiedener Art. IL An und in abgestorbenen thierischen und pflanzlichen Stoffen, in Nestern, Bauten, Höhlen etc. oder am aus- fliessenden Safte lebender Pflanzen. A. An und in thierischen Stoffen. a. Auf und in Koth. b. An und in Thierleichen verschiedenen Alters und verschiedener Art. a. An und in kleinen Leichen von Insekten etc. ß. An und in grösseren Leichen von Wirbel- thieren etc. B. An und in menschlichen und thierischen Bauten, Nestern, an Holzwerk. Brücken, Mauern, Felsen, Höhlen etc. a. An und in menschlichen Bauten, Höhlen. Brücken, Planken etc. a. An und in Aussenwänden, Felsen etc. 1. An sonnigen Wänden. 2. An schattigen Wänden. ß. An verdeckten aber lichten und trockenen Theilen und am Eingang von Höhlen. Sitzunfj vom 8. Dezember 1903. 457 y. An wenig- belichteten trockenen Tlieiien. 0. An feuchten Theilen. 1. In Kellern. 2. In Warmhäusern. 3 Unter Brücken. £. In finstern unterirdischen Höhlen, b. An und in den verschiedenen Theilen der Bauten und Nestern verschiedener Thierarten. a. In Bauten von Thiergesellschaften. Ameisen, Wespen, Bienen, Termiten. ß. In und an Nestern einzelner Thiere oder Thier- paare verschiedener Art. C. An und in todten pflanzlichen Stoffen. a. Im mehr oder weniger verfallenen Holz ver- schiedener Holzpflanzen. a. In festen Holztheilen. |j. Im Mulm. b. Unter Rinde verschiedener Holzpflauzeu. c. Auf, in oder unter weichen abgestorbenen oder faulenden Pflanzentheilen. a. Im trockenen Laube oder zwischen Nadeln der Nadelhölzer. j3. Im Genist, in Büscheln von Gras etc. Y. Unter angespülten Algen etc. 0. In und an faulenden Früchten. £. In u:id an faulenden Pilzen. ^. Am ausfliessenden Safte lebender, geschlagener oder abgestorbener Stämme. III. An und in anorganischen oder zu Humus zerfallenen organischen Stoffen. A. Im Boden oder unter Steinen. a. Im Boden verschiedener Art. Sand, Erde. Lehm, Mergel. Torf etc. 1). Unter Steinen etc. B. Auf dem Boden. a. Auf schwerem Ilunmsboden. b. Auf leichtem Humusboden. c. Auf Sand. 458 Gesellschaft natmforschender Freunde, Berlin. d. Auf Kies und Geröll. e. Auf Torfboden. f. Auf Felsboden. g. In Wegen. Durch Combiniruug der Tabelle 1 und III einerseits und der Tabelle II und IV andererseits erhält man alle Biocönosen. die nach dem jetzigen Stande unserer Kenntniss voriioinmen können. — Welche von ihnen in einem be- schränkten Sammelgebiete wirklich vorhanden sind, kann nur der Sammler entscheiden. Man wird sich leicht überzeugen, dass die Anzahl der wirklich vorhandenen Biocönosen nicht so endlos gross ist, wie es nach der Zahl der möglichen Combinationen den Anschein haben möchte. Manche dieser Combinationen fehlen überhaupt auf der Erde. So giebt es in grossen Meerestiefen bekanntlich keine festsitzenden Algen und Phanerogaraen. auf hohen Bergen keine Wälder etc. Derartige Unmöglichkeiten, welche die hier angewendete verkürzte Tabellenform nicht ausdrücklich ausschliesst. wii'd der Sammler leicht selbst ausscheiden können. Ein Sammler, der es sich zur Aufgabe gemacht hat. die Fauna eines Gebietes in Bezug auf einzelne Thiergruppen zu erschöpfen, kann nicht genug darauf hingewiesen werden, dass er planmässig eine Biocönose nach der andern absuche. Wer dies nicht thut, wird immer einzelne Biocönosen übersehen, da manche Geländeformen dem Um- fange nach so ausserordentlich vorwalten, dass andere weniger umfangreiche, namentlich dann, wenn sie weit ab- wärts von allen Wegen liegen, ganz verschwinden und nur bei sorgfältigem Suchen aufgefunden werden können. Wer planmässig vorgeht, kann manche Biocönosen, nach denen er sonst lauge vergeblich suchen müsste, selbst- thätig schaffen. So kann man Thierleichen unter den ver- schiedenartigsten Bodenverhältnissen auslegen, um die den einzelnen Geländeformen eigenthümlichen Aasfresser zu be- kommen. ') ') Vgl, Sitzungsber. d. Ak. d. Wisseiiscli. in licrliii, Jaluy. LsyG V. 2. p. 17 ff. Sitzung vorn 8. Dezemher 1903. 459 Was die Zeit des Saminelns anbetrifft, so möchte ich zunächst hervorheben, dass aucli in den Tropen, ja sogar unter einem gleichmässigen Insel Idima der Fang an der- selben Oertlichiceit zu den verschiedenen Jahreszeiten eine recht verschiedene Ausbeute liefern kaun, und dass in ge- mässigten Gebieten auch der Winter (oder Späthherbst) manche typische, nur zu dieser Zeit vorkommende Form liefert. — Wiederholt man zu etwa drei verschiedenen Zeiten im Jahre die Fänge an jedem Orte, so darf man darauf rechnen, dass annähernd alle wirklich heimischen Thiere, auch diejenigen mit kurzer Entwickelungsdauer an- getroffen werden. Die meisten wird man sogar bei ge- eigneter Wahl der Fangzeit in reifem Zustande bekommen. Nur Durchziigler unter den Vögeln und einzelne niedere Thiere mit sehr kurzer Entwickelungsdauer. freilich bis zu den Krebsen und Insekten hinauf, kann man verfehlen. — Als Sammelzeiten könnten in Betracht kommen: — zunächst für die Tropen, erstens die Zeit einige Wochen nach Ein- tritt der trockenen Jahreszeit, zweitens die Zeit am Schlüsse des zweiten Drittels der trockenen Jahreszeit und drittens die Zeit einige Wochen nach Eintritt der Regenzeit, dann für die gemässigten Gebiete: erstens der Vorsommer, zweitens der Hochsommer und drittens der Späthherbst nach dem ersten Herbstregen. Auch auf die Tageszeit ist zu achten: Manche In- sekten fliegen fast nur am Vormittag aus und sind am Nachmittag schwer zu finden. — Viele Thiere konmien nur während der Dämmerung oder Dunkelheit aus ihren Verstecken hervor. Derartige Nachtthiere werden z. Th. vom Lichte angelockt, andere kann man in Fallen fangen, noch andere, namentlich grössere wenig bewegliche Formen, findet man in giosser Zahl, wenn man mit der Laterne ausgeht. So fand ich im Bismarck-Archipel manche Frösche, während der Dunkelheit zu Hunderten^), die mir bis dahin nur in ganz vereinzelten Stücken in ihrem Versteck Mittb. d. zool. Museums in Berlin v. 1. Hft. 4 p. 117. 19UU. 4ßO Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Auch das Wetter ist von grosser Bedeutung. Viele Insekten fliegen nur bei Sonnenschein und gutem Wetter. Die meisten Schneeigen dagegen trifft man nur bei Regen- wetter oder sehr feuchter Luft ausserhalb ihres Versteckes an. Der Fang mittels Faaglaterne (s. unten) ist im gemässigten Klima nur an wenigen Sommerabendeu von Belang. Sogar in den Tropen ist er je nach dem Wetter sehi' verschieden. ') Sehr wichtig für den Sammler ist eine passende Wahl der Fanggeräthe. Viele Apparate werden empfohlen und von den Handhmgen zum Verkauf geführt, die nichts als Kinderspielzeug sind, die beim ersten ernstlichen Gebrauche versagen. Der wissenschaftliche Sammler muss vor Allem Fanggeräthe besitzen, die einerseits einen Massenfang aller kleineren Formen und anderer- seits die Erbeutung auch versteckt lebender Arten gestatten. In der Beschaffung wirklich brauchbarer Fanggeräthe ist ebenso wie im planmässigen Sammeln die Meeres- forschuDg vorangegangen. Ich werde deshalb bei meinen Betrachtungen von der Meeresforschung ausgehen. Freilich werde ich mich, was speciell Meeresthiere anbetrifft, darauf beschränken, nur diejenigen Geräthe zu nennen, die ein einzelner Forscher mit Hülfe einiger Fischer von einem kleinen Boote aus verwenden kann. Die Ausrüstung von Meeresexpeditionen lässt sich auf wenigen Seiten auch nicht andeutungsweise zur Darstellung bringen. Unbe- rücksicht lasse ich auch die Geräthe, die zum Präpariren und Conserviren der Thiere erforderlich siud, weil diese in der oben genannten Anleitung des zoolog. Museums zu Berlin ziemlich ausführlich genannt sind. Für den Fang der Thiere am Boden tieferer Gewässer dient das Schleppnetz oder die Dredge. — Die für den Handgebrauch bequemste Form desselben besteht aus einem gleichseitig dreieckigen Eisenrahmen von etwa 40 cm ^) Vgl. Enijerlein in Mitt. d. zool. Mus. u. üeilin v. 2. lieft 2 II p. 3 ff. Sitzuny vom 8. Dezember 1903. 461 Fig. 1. Schleppnetz. Seitenlänge (Fig. 1). Das Eisen, etwa 4 cm breit und 74 cm dick, ist am Vorderrande geschärft, am Hinterrande zur Befestigung des Sackes mit Löcliern versehen. Vorn, in den Ecken des Rahmens befinden sich Ringe zur Be- festigung der Taue. Der Beutel kann aus sog. Congress- stoff von etwa 1 mm Maschengrösse bestehen und muss äusserlicli noch mit einem starken Netz umgeben sein. Das Tau, mit welchem man das Schleppnetz zieht, darf für den bequemen Handgebrauch nicht über 300 m lang sein. Grössere Tiefen kann man also vom Boote aus nicht wohl befischen. — Die mit dem Schleppnetz herauf- geholte Masse wird, wenn sie aus Sand oder Schlick be- steht im Wasser gesiebt. Zwei Siebe, gewöhnliche Hand- siebe von etwa 50 cm Durchmesser und 12 cm Randhöhe, ein Haarsieb und ein Messingdrahtnetzsieb mit etwa 1 V2 mm Maschengrösse, lassen die kleineren und grösseren Thiere gewinnen. Zur Uebertragung der Masse in das Sieb dient ein grosser kurzstieliger Holzlöffel und zum Herausheben der Thiere aus dem Siebe eine Pincette Fig. 2. Pincette. mit geriefelter Innenseite der Enden (Fig. 2) ^). Bringt das Schleppnetz Pflanzen, kleinere Steine etc. herauf, so legt *) Fig. nach A. Böttcher vgl. weiter unten. 12 462 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. man diese in eine flache Glasschale von etwa 25 cm Durchmesser oder in einem Glashafeu und wartet ab, bis die Thiere beweglich werden oder sich ausbreiteu. um sie dann, die Ideiüsten Formen mit der Pipette, herauszuheben. Tliiere, die unmittelbar an der Wasseroberfläche, namentlich zwischen schwimmenden Gegenständen oder die im flachen Wasser leben, fängt man mittels des Handkätschers. Der Bügel des Kätschers darf nicht zu schwach sein. Bei der ideinsten noch praktischen Grösse (Fig. 3). die zugleich auf dem Lande als Streif- sack dienen und bequem in eine Tasche gesteckt werden kann, ist der Bügel etwa 20 cm lang und 15 cm breit. Er besteht aus einem 5 mm starken Messingdraht, der an ein oben 18 mm unten 19 mm weites starkes Messingrohr angelöthet ist. Das Rohr lässt sich auf einen beliebigen Stiel fest aufschieben. Der Sack besteht aus ^''^' \acrff''''"'" dichtem Congressstoff' von 1 mm Maschen- grösse. Zum Fange grösserer, schnell beweglicher Thiere muss Schleppnetz und Kätscher fast doppelt so gross und ent- sprechend stärker sein. Zugleich muss der Sack aus Netzstofl" bestehen, am besten aus engmaschigem Fisch- netzstoff. Zum Abkratzen von Holzwerk, Felsen und grösseren Steinen unter Wasser dient der sog. Kratzer, ein be- sonders stark gebauter Kätscher, dessen Eisenbügel eine gerade scharfe Vorderkante besitzt. Zum Fange der kleinen Planktonorganismen, mit Aus- nahme allerdings der allerkleinsten Formen^), eignet sich ') Vgl. II. Lohmann in: Wissenscliaftl. MecrcsuntPis. Al)t. Kiel N. F. Bd. 2 p. 47 ff. u. Bd. 7 p. 1 ff. Sitzung vom 8. Dezember 1903. 463 für den Handgebrauch am besten das sog. mittlere Plankton netz. Es ist das ein von Apstein in Anlehnung an das HENSEN'sche grosse Planktonnetz konstruirter Apparat,^) das in Fig. 4 dargestellt ist. Der filtrirende untere Theil (f) dieses Netzes bestellt aus feinster Müllergaze. Durch einen un- durchlässigen aus Barchend bestehen- den konischen Aufsatz (a) wird der Druck auf die filtrirende FLäche ver- mindert. Ganz unten befindet sich ein abnehmbarer Eimer (e). dessen Wand z. Th. ebenfalls aus Müllergaze be- stellt. Zum Fange lässt man das Planktonnetz in verschiedene Tiefen hinab, um es dann senkrecht wieder aufzuziehen. Zur Befreiung des Fanges vom Salz des Meervvassers wäscht man ihn in dem Eimer mittels einer Spritzflasche, (am besten aus Blech hergestellt,) welche filtrirtes Süss- wasser enthält. Um grössere Plank- tonthiere zu fangen, kann man ein grösseres Vertikalnetz aus gröberer Müllergaze ohne Aufsatz verwenden und zum Fange der grössten Formen kann man sich ein Netz mit sehr weiter Mündung (Durchmesser über 1 m) herstellen, indem man aus zwei- fach umeinander gedrehten Zaundraht Fig. 4. Planktonnetz. ^^^^ ^..^^^ ^^^^^^ ^^^ Mosquitonetzstoff den Beutel herstellt. — Die kleineren Organismen, die unmittelbar au der Oberfläche leben, können mittels eines Kätschers aus feiner Seidengaze gefangen werden. Zum Fange der beweglichsten Wasserthiere, nament- 3) C. Apstein: Das Süsswasserplankton, Kiel 1896, p. 34 ff. Mau kann das Netz vom Diener des zool. Instituts in Kiel beziehen. 12* 464 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. lieh der Fische eig- nen sich am besten Selbstfänger, unter denen die Reuse bei geringer Arbeit des Sammlers die reich- ste Ausbeute liefert. Man kann sie mit oder ohne Köder ausstellen. Für den Fang kleinerer For- men eignen sich kleine Drahtnetz- reusen (Figur 5) (Länge 40 cm, Weite 12 cm, Durchmesser Fig. 5. Drahtnetzreuse. ^^j, Oeffnungen 3 cm und Maschengrösse 1 mm) sehr gut. Diese Reusen besitzen unten einen Blechboden mit einer Thür. Zum eigentlichen Fischfang können Fischreusen ver- schiedener Maschenweite dienen. Um Fische, welche Nah- rung suchend am Ufer hinziehen oder welche die Flüsse und Bäche hinaufsteigen, zu fangen, kann man die Reuse auch mit Flügeln versehen.' Die Flügel werden mittels einge- schlagener Pfähle gespannt. Die zum Spannen der Reusen dienenden Holzbügel kann man sich bei einer Forschungs- reise an Ort und Stelle hineinmachen lassen. Niemals aber verlasse man sich darauf, dass die Fischer der Gegend, die man besuchen will, selbst Reusen ausstellen, da derartige für den praktischen Gebrauch vollkommen ausreichende Geräthe für einen wissenschaftlichen Fang oft wenig geeignet sind. Kleine Fische fangen sich in den meisten Fällen nicht in jenen Fischreusen der Eingeborenen. Auf Sand- und Schlickboden kann man auch Angel- schnüre zum Fischfange verwenden. Doch achte man darauf, dass starke Strömung in Flüssen und im Meere das treibende Merkzeichen leicht unter Wasser zieht. Zwischen Felsblöclcen und Baumwurzeln und namentlicii Sitzung vom 8. Dezember 1903. 465 auf Korallenriffen sind Angelschnüre nicht verwendbar. — Darf man Dynamitpatronen anwenden, so liefern diese oft eine sehr reiche Ausbeute. Doch muss man darauf achten, dass man sie nicht zu früh ins Wasser wirft, da durch die Bewegungen beim Abbrennen der Zündschnur die Fische verscheucht werden. Andererseits ist natürlich das Explodiren in der Luft ganz erfolglos und ein gar zu frühes Explodiren kann sogar gefährlich werden. Die Ver- wendung von Dynamit ist immerhin nur da möglich, wo das Wasser hinreichend klar und flach ist. Besonders auf Korallenriffen hat man meistens eine reiche Ausbeute. Ist das Wasser gar zu flach, so breitet sich die be- täubende Erschütterung nur über eine sehr kleine Fläche aus und auf hoher See kann man Dynamitpatronen nur dann verwenden, wenn man über geschickte Taucher verfügt. Gehen wir nun zur Erbeutung von Landthieren über, so mag mit den Landwirbelthieren begonnen werden. — Dass das Suchen grösserer, wenig beweglicher Thiere, namentlich der Kröten, Frösche etc. bei Nacht mit der Laterne oft sehr ergiebig ist, wurde schon oben angedeutet. Bei Tage und in der ersten Dämmerung ist natürlich die Flinte für Wirbelthiere aller Art das beste Geräth. Sehr wünschenswerth ist es, dass man stets zwei Flintenläufe und einen Büchsenlauf zur Verfügung hat. Einen Büchsen- lauf muss man stets zur Hand haben, weil grosse Thiere dem Sammler nicht oft zu Schuss kommen und man deshalb keine Gelegenheit unbenutzt lassen darf, sie zu schiessen. In den Tropen ist die Büchse auch für weniger grosse Thiere, namentlich für Raubvögel etc. un- entbehrlich, da die Tropenbäume so hoch sind, dass ein Schrotschuss nicht mit der nöthigen Kraft hinaufreicht. Ausser dem Büchsenlauf sind aber auch zwei Schrotläufe unentbehrlich, weil Thiere von verschiedener Grösse zum wissenschaftlichen Gebrauch mit Schrotkörnern verschiedener Grosse geschossen werden müssen. Jeder Jäger weiss übrigens, dass oft der zweite Schuss der bessere ist. Ja es giebt Fälle, wo zwei Schüsse unbedingt nöthig sind. 466 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. So kann man fliegende Hunde, die an den höchsten Wald- bäumen hängen, durch den ersten Scluiss zum Abfliegen bewegen, um sie dann, während sie den unvermeidlichen Bogen nach unten machen, mit dem zweiten Schuss zu erlegen. Für den Fang grösserer am Boden lebender Säuge- thiere erwiesen sich mir Tellereisen als am brauchbarsten. Auch zum Fange mancher versteckt am Boden lebender Vögel kann man dieselben verwenden, mit Köder besteckt auch zum Fange mancher grösserer Vögel, die ihr Futter am Boden suchen, z. B. von Krähenarten etc. — Für kleine Nager (Mäuse) gaben Mausefallen, bei denen das Thier einen Faden abzunagen hat, um zum Köder zu gelangen, die beste Ausbeute. Was die Erbeutung grösserer versteckt lebender und zugleich behender, nur nachts hervorkommender Thiere. besonders der Säugethiere etc., was die Erbeutung grösserer Reptilien oder auch kleinerer Thiere mit z. Th. hochgradiger Schutzfarbe anbetrifft, so ist man ebenso wie in Bezug auf grosse Meeresthiere etc. vielfach auf den Zufall angewiesen und man thut gut, sich mit recht vielen Bew^ohuern des Landes in Verbindung zu setzen, um durch Beihülfe Vieler dem Eintreffen des Zufalls eine grössere Wahrscheinlichkeit zu geben. — Auch Vogelnester sitzen meist sehr versteckt und dabei fliegen die brütenden Vögel oft sehr schwer ab. Auch hier ist man deshalb beim Auffinden mehr oder weniger vom Zufall abhängig. Um gerade in Bezug auf Nester eine brauchbare Ausbeute zu gewinnen, thut man wohl, sich die landläufigen Namen der Vögel zu merken, da der Finder meistens sehr wohl weiss, zu welcher Vogel- art das gefundene Nest gehört Bei einiger Aufmerksamkeit wird man dann sehr bald jedes gebrachte Nest auf die richtige Vogelart zurückführen können, und die kleinen Schwindeleien, die nie ausbleiben werden, sehr bald durch- schauen. Von grösseren Thieren, die man nicht ganz in Alkoliol zu stecken pflegt, sollte man nicht nur die in und an den verschiedenen Theilen lebenden Parasiten, sondern stets Sitzunij vom 8. Dezember 1903. 4ß7 auch den Mageiiiulialt, bei selir grossen Tliioron wenigstens einen Theil des letzteren in Alkohol aufheben. Eine him*eichend genaue Untersuchung der Masse ist nämlich meist an Ort und Stelle nicht möglich und doch liefert eine derartige genaue Untersuchung oft weitgehende Auf- schlüsse über die Lebensweise des Thieres Bei Säuge- thieren. die ihre Nahrung mittels der Zähne zerkleinern, bleibt allerdings das Resultat der Magenuntersuchuug oft zweifelhaft, zumal wenn man das nächtlich äsende Thier bei Tage in seinem Verstecke findet. Auch bei Fischen, die lebend gefangen sind, ist der Magen meist leer. Doch lasse man sich durch wiederholtes vergebliches Suchen nicht abhalten weiter zu suchen, und hebe alles auf, was man findet. Dass durch ein derartiges Vorgehen auch der Mchtspecialist manches über die Lebensweise einer Thier- gruppe erforschen kann, glaube ich in meiner Arbeit über das Leben der Vögel auf den Bismarck-Inseln^) gezeigt zu haben. Die von mir. dem Nichtspecialisten gewonnenen Resultate konnte Heinroth, der specieller Kenner auf diesem Gebiete ist, soweit seine Kontrolle reichte, im Wesentlichen bestätigen-). Für den Fang wirbelloser Landbewohner kommt in erster Linie der Kätscher in seinen verschiedenen Formen in Betracht, namentlich dann, wenn es sich um fliegende Thiere (Insekten) handelt. Gross, aber zugleich leicht muss der Kätscher sein, wenn man schnellfliegende Insekten, z. B, Schmetterlinge etc. fangen will. Für das Schmetter- lingsnetz wählt man am besten eine Form, die ein doppeltes Zusammenklappen des Bügels gestattet (Fig. 6)^), da n)an es dann trotz seines Umfanges in die Tasche stecken kann. Zur Befestigung des Netzes am Stiel dient, ebenso wie beim Wasserkätscher ein kurzes Rohr aus starkem Blech. Benutzt man nämlich ein Schrauben- gewinde, so muss man stets noch einen besonderen Stiel ') Mitt. a. d. zool. Museum z. Berlin 1. c. '-) Journ. f. Ornithol. 1. c. ^) Fig. 6 ist ebenso wie Fig. 2 aus dem Katalog von A. Böttcher, Naturalienhandlung, Berlin C, Brüderstr. 15, entnommen. 468 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. iiütführen. Der Bügel des Netzes darf vor Allem nicht zu schwach sein, bei 30 cm Bügeldurchmesser etwa 4 mm dick. Für den Netzbeutel ist ein dünner durchschim- mernder Stoff, sog. Mull am geeignetsten. Da aber ein solcher Beutel von leichtem Stoff sehr bald zerrissen ist. empfiehlt es sich, bei einer Reise stets einige Reserve- beutel vorräthig zu haben. Zum Tödten der gefangenen Tagfalter genügt ein fester Druck quer über die Brust, sobald der Falter einmal bei seinen Bewegungen die Flügel über dem Rücken zusammengelegt hat. — Andere grosse, schnellfliegende In- Zusam- Sekten und namentlich auch mit Stachel dnS'^'tcl?metS^ewehrte Hautflügler tödtet man mittels lingsnetzes nach Aetliers (oder Chloroforms). Der Sammler A.Böttcher. xxi\m^ also stets ein kleines Aetherfläsch- chen mit sich führen. Mit der linken Hand hält er den Netzbeutel zusammen, um ein Entkommen des Thieres zu verhindern und mit der rechten giesst er ein Paar Tropfen Aether durch den Netzstoff hindurch. Ausser dem leichten Schmetterlingsnetz muss der Sammler stets auch einen Streif sack besitzen, einen Streifsack, der so kräftig gebaut sein muss, dass er zu- gleich als Wasserkätscher dienen kann. Schon oben bei den Geräthen zum Faoge von Wasserthieren wurde ein solcher beschrieben (s. Fig. 3). Der Streifsack dient zum Ab- streifen von Blüthen und weichen Pflanzentheilen. Man fängt mit ihm sowohl nichtfliegende als auch fliegende, besonders kleinere schnellfliegende Thiere. Will man das Gethier in grosser Zahl erbeuten, so streife man erst eine Anzahl Pflanzen ab, schwinge dann den Streifsack einige Male in der Luft herum, damit alles in den hinteren geschlossenen Theil des Beutels geschleudert werde, umfasse dann schnell mit der linken Hand den Netzbeutel, um ein Zurückkriechen der Thiere zu verhindern und lasse überall da, wo sich etwas bewegt, einen Tropfen Aether eindringen. Wenn Sitznmj vom S. Dezember 1903. 4ß9 Alles betäubt ist, öflfüe man den Beutel, um den ganzen Inhalt \on Thieren in ein Gläschen mit Alkohol zu tliuii. falls man es nicht vorzieht, Einiges trocken aufzuheben. Dass bei diesem Verfahren stets einige Tiiiere entwischen, spielt beim Massenfange keine grosse Rolle. Um ein Ent- wischen einzelner Stücke völlig zu verhindern, hat man für den Massenfang auch Doppelkätscher construirt. Der innere Sack besitzt dann am Ilinterende eine kleine Oeffnung, durch welche alles gefangene Gethier in den grossen äusseren Sack gelangt. Letzterer kann hinten geöffnet werden, nach- dem der Inhalt mit Aether oder Chloroform betäubt oder getödtet ist. — An Orten, wo keine Schnecken leben, welche die Masse verkleistern würden, wird ein solcher Apparat bei trockenem Wetter eine in vieler Hinsicht brauchbare Ausbeute geben. Zarte, zerbrechliche Insekten jedoch und Spinnen wird man selten in gutem Zustande bekommen, sobald zuviel Gethier im Netz zusammenkommt. Ein weiteres wichtiges Fanggeräth ist der Regen- schirm, am besten ein sog. „En-tout-cas" von dunkel- brauner Farbe, da der Stoff derartiger Schirme haltbarer zu sein pflegt, als sog. Gloriaseide oder gar Seide. Auf der dunkelbraunen l-i'arbe wird man die meisten Thiere leicht bemerken. Man fängt mit dem Schirm niclitfliegende und träge fliegende Thiere, soweit sie auf Gebüsch leben. Zum Fange hält man den aufgespannten Schirm mit der Hohlseite nach oben unter einen Busch oder die unteren Zweige hoher Bäume, schüttelt diese kräftig oder klopft sie mit einem dicken Stock ab. Zum Fange der Plausspinnen etc. benutzt man ausser dem Schirm einen Haarbesen, um die Gewebe mit ihren Bewohnern herunter zu nehmen und dann über dem Schirm abzuschütteln. Als weiterer wichtiger Apparat ist die Sammel- scheibe zu nennen, ein zweimal zusammenlegbarer, aus starkem Draht bestehender Netzbügel, straff mit dichter weisser Leinwand oder glattem weissen Baumwollenstoff überzogen. Da die Scheibe öfter gewaschen werden und zu diesem Zweck der Bügel herausgezogen werden muss. 470 Gesellschaft natur forschender Freimde^ Berlin. ist ein Bügel mit Schraiibeugewmde (Fig. 7) besser als ein solcher mit Blech- rolir. wie er beim Schmetterlingsnetz em- pfohlen wurde. Die Schraube kann man. mn den Bügel ausgespannt zu erhalten, ent- weder in eine Schraubenmutter oder einfach in ein durch einen gewöhnlichen Flaschen- kork gebohrtes enges Loch einschrauben. — Ueber der Sammelscheibe schüttelt man Moos. Genist und Laub aus. Sie ist zum Fange kleiner versteckt am Boden ^^ meniegb^arer™ lebender Thiere weit geeigneter als ein am Bügel für die Boden ausgebreitetes Tuch oder gar ein Sammelscheibe. Bogen Papier. Gegenstände, die man wohl zu gleichem Zweck empfohlen hat. Die Samrnelscheibe kann mau stehend in der Hand halten und in die Nähe des Auges bringen; sie bildet keine Falten, in welche sich die Thiere verkriechen können und wird durch Feuclitig- keit nicht imbrauchbar. Als Ersatz der Sammelscheibe kann in manchen Fällen das Käfersieb in Betracht kommen. Es ist das ein Sack, der in der Mitte ein weitmaschiges Sieb enthält. — Moos und Gen ist, besonders aber trockenes Laub, das man nach Thieren durchsuchen will, legt man in den oberen Theil, schüttelt gehörig, um es dann wieder herauszunehmen mid durch neues zu ersetzen. Alle Thiere, die sich in der gesiebten Masse befinden, gelangen mit dem feineren Ge- siebe in den unteren Beutel, und können in diesem mit nach Hause genommen und hier in Ruhe auf einem Tische ausgesammelt werden. Die ganze Methode ist sehr bequem. Allein man kann nur eine verhältnissmässig geringe Menge Gesiebe mitnehmen und beim starken Sieben sowohl, wie beim Transport leiden zarte Thiere oft ganz ausserordent- lich. Man sollte das Sieb deshalb nur da anwenden, wo eine andere Methode sehr unbequem ist. So ist es zur Untersuchung des abgefallenen Laubes in Sumpfwäldern, in denen viele Stechmücken hausen, fast unentbehrlich. Zum Fange von Thieren, die in der Erde leben, ist Sitzimy votu 8. Dezember 1903. .| 7 1 ein Spaten unbedingt erfV(i'(l(»rli(;li und zwar ist ein ge- wnlinlieher }Iandsj)al(Mi, \vi(> ihn die Landbewohner benutzen, für den Sammler sehr wohl geeignet. Auf Ex- kursionen ist es aber ^. ^^ ,^ , häufig erwünscht, einen Flg. 8. raschenspaten: , i . n-, i j. kleinen Taschenspaten (Fig. 8) immer zur Verfügung zu haben, weniger zum regel- rechten Umgraben des Bodens, als vielmehr zum Verfolgen von Wohnröhren, die sich inderErdehefinden, zum Ahhebenkleiner trockener Rindenstücke und trockener Blattscheiden, wie sie manche grösseren Tropenpflanzen, z. B. die Kokospalme, die Banane etc. hesitzen, zum Zertheilen von morschem Holz etc. etc. Viele Thiere kann man auch ohne jegliches Geräth fangen: Was*^ am nackten Boden oder im kurzen Rasen umherläuft, was an Wänden und Felsen sitzt und w'as unter Steinen sich versteckt hält, sammelt man gehend oder knieend. Was im abgefallenen Laube im Walde, im Ge- nist am Ufer der Gewässer und zwischen dichtem Pflanzen- werk am Boden, namentlich am Rande der Gewässer lebt, sammelt man, da es sehr viele kleine Formen enthält, am besten liegend. Die festgewachsenen Pflanzentheile biegt man dabei auseinander, die losen hebt man auf und schüttelt sie aus. Auch von Pflanzen muss man manche Thiere un- mittelbar absammeln, weil sie beim Abklopfen und Ab- streifen nicht gefangen werden. Es gehören dahin die in Pflanzengallen lebenden Thiere, die Blattminirer, die Blatt- roller etc. Um die Thiere aus ihren Larven züchten zu können, sollte der Sammler, ebenso wie für die Zucht der Falterraupen überhaupt, und für viele andere Zwecke stets einige Zuchtkästen zur Verfügung haben. Zum Schlüsse möchte ich von Apparaten noch zwei Selbstfänger nennen, die namentlich kleines Gethier oft in grosser Menge liefern. Bei dem einen dient irgend ein Köder, z. B. faulendes Fleisch, Koth. Früchte etc., beim andern eine Flamme als Lockmittel. 472 Gesellschaft naturforschender Freunde, Berlin. Die Köderfalle (Fig. 9)\) besteht aus einem in die Erde eingegrabenen Trinkglase (gl.) mit senkrechten Wänden und einer darüber gestellten Glasfliegenfalle (fl.). in dem Trink- giase befindet sich der Köder (1). Rings um die Falle ist Fig. 9. Köderfalle. ein kleiner Wall (w.) aufgeworfen, damit die Thiere nicht den Ausweg wiederfinden. In dem Glase steht ein kleiner Stab (st ), der ein Aufklettern in den oberen Theil der Falle gestattet. Der Randbehälter ist mit Alkohol (70 "/o) (sp.) gefüllt. — Oben ist die Falle mit einem Kork (k.), nicht mit Glasdeckel, verschlossen. Fliegende Thiere fangen sich in dem Alkohol, nichtfliegende muss man zum Theil sorg- fältig aus dem Glase und dem Köder heraussuchen. Die Fanglaterne (Fig. 10) besteht aus einer einen quadratischen Raum umschliessenden Bleclu'inue, in welche man Alkohol giesst. An die 4 Innenecken sind Falze zum Hineinschieben von 4 oben erweiterten Glasscheiben an- gelöthet. In das mittlere Quadrat stellt man eine Lampe (L.). — Da es beim Anlocken mehr auf die Grösse der leuchtenden Fläche, als auf deren Plelligkeit ankommt, wählt man Scheiben von Milchglas oder von mattgeschliffenem Glase. Von dem letzteren befindet sich die glänzende Seite aussen und führt unten ohne vorstehenden Rand in die Rinne. 1) Vgl. S.-B. Ak. Wiss. Berlin 1896, II p. 17 ff. Süzumj vom 8. Dezember 1903. 473 Fig. 10. Fanglaterne. Empfehlenswei'ther ist vielleicht gewöhnliches Fensterglas, das man innen mit weissem Seidenpapier beklebt, da man derartige Scheiben überall ersetzen kann. Beim Fange mittels der genannten beiden Fang- apparate gelangen die Thiere aller- dings in Alkohol imd darin könnte man einen Mangel erblicken wollen. Es hat sich aber gezeigt, dass.die zarteste Farbe, der zarteste Duft, soweit er auf Beschuppung oder Behaarung zurückzuführen ist, beim leichten Antrocknen des Thieres in der Regel wieder erscheint, vor- ausgesetzt, dass der Alkohol gut und nicht zu schvvach war und die Thiere im Dunkeln aufbewahrt wurden. Will man das Material später theilweise trocknen und es zunächst in absoluten Alkohol spannen, so bringt man und dann in Aether, lässt es darauf leicht antrocknen, ordnet mit einem Pinsel die zarten laugen Schuppen oder Haare und weicht es schliesslich in der bekannten Weise auf feuchtem Sande auf. Zarthäutige Dipteren bringt man ebenfalls stets erst in Aether und trocknet sie dann sehr langsam um ein Schrumpfen zu verhindern. Endlich mögen noch einige Worte über das Fangen selbst gesagt werden. Viele Sammler, selbst erfahrenere, machen den grossen Fehler, dass sie gleich beim Sammeln ihre Auswahl der mitzunehmenden Stücke treffen. Ich weiss (als Arachnologe) aus eigener Erfahrung, dass selbst der Specialist beim Sammeln gewisse Bärmen nach dem äusseren Habitus nicht zu trennen vermag, um wie viel weniger darf sich ein Nichtspecialist dazu befähigt halten. Wenn er aber die Arten nicht unterscheiden kann, so bleibt ihm nur übrig, ohne Auswahl zu sammeln, wenn anders er die Absicht hat, nach Möglichkeit alles, was vorkommt, zu sammeln. 474 Gesellschaft naturforschetider Freunde, Berlin. Ich muss also vor allen Dingen den Massen- fang empfehlen. — Der Sammler stecke alles ein, was er an einem Orte findet, vom Grössten bis hinab zum Kleinsten. Ist das Material an einer Stelle zu umfangreich, so nehme er wenigstens einen Theil des- selben ohne jegliche Auswahl und treffe eine Auswahl der Individuen nur in Bezug auf den Rest, hebe dann aber die ausgewählten Stücke getrennt in einem besonderen Ge- fäss auf. Grössere Massen trockenen Materials aufzu- heben, ist nicht wohl thunlich, deshalb muss auch derjenige, der sonst nur trockenes Material sammelt, seine Massenfänge in Alkohol aufheben. Es hat sich übrigens neuerdings ge- zeigt, dass in allen Thiergruppen Alkoholmaterial brauchbar ist; Andererseits braucht man nicht zu befürchten, dass man einzelne Arten in zu grosser Zahl aufhebt. Hunderte von Individuen verschiedenen Geschlechts und verschiedenen Alters sind bei Beschreibung neuer Arten nicht nur erwünscht sondern zur besseren Umgrenzung der Art sogar nothwendig und wenn es sich um eine bekannte, bereits wohl umgrenzte Art handelt, so ergiebt sich für den Be- arbeiter des Materials aus der grossen Anzahl der Individuen zum mindestens die Häufigkeit der betreffenden Art unter den gegebenen Lebensbedingungen. — Nimmt sich der Sammler vor, an verschiedenen Oertlichkeiten zu sammeln, so wird sich in seiner Ausbeute kaum eine Art in allzu- grosser Individuenzahl finden. Zum Einsammeln des Materials sind weithalsige Gläser mit Korkstöpsel am besten geeignet. - Kleines Gethier thut man am besten in kleine kurze Stöpsel- fläschchen. Für Spinnen benutze ich gewöhnlich zwei Grössen. Die Höhe ist bei beiden dieselbe, eswa 6 cm. Der äusserlich gemessene Durchmesser ist 2 resp. 8 cm und die innere Halsweite 1 resp. 2 cm. In Flaschen der beiden genannten Grössen kann man Alles, was an Thieren hineingeht, gross und klein, hart und weich vereinigen, nur Thiere, die ein zu starkes Sekret abscheiden, steckt man lieber nicht in zu grosser Zahl hinein. Man achte aber beim Sammeln auf zweierlei. Erstens thue man nicht mehr Süzumj vom S. Lczcinher 1903. 475 Thiere hinein, als bis sich Alles locker berührt; zweitens stecke man in diejenigen Fläschchen, die nicht ganz mit Material gefüllt sind, so viel locker zusammengeknittertes weiches Papier z. B. Zeitungspapier, bis ein sehr leichter Druck auf die Thiere ausgeübt wird. Sehr kleine Thierchen kann man in die Fläschchen übertragen, (!) indem man sie mittels des mit Alkohol befeuchteten Korkstöpsels auf- tupft. Grosse Thiere, welche in die genannten Fläschchen nicht hineingehen, hebe man nie mit kleinen, zarten Thierchen zusammen in demselben Stöpselglase auf. — Etiquetten schreibe man mit mittelhartem Bleistift klein aber deutlich auf weiches Schreibpapier und schiebe das Zettolchen so in das Glas, dass es sich dem Rande an- legt. Pergament ist zu hart und zerstört zarte Thiere. Für alle Thiere, die au demselben Fundort unter den gleichen Lebensbedingungen leben, genügt ein Zettelcheu. Aus einem so, streng biocönotisch. gesammelten Material kann der Specialist sehr vieles über die Lebensweise der Arten entnehmen, weit mehr als der unerfahrene Sammler ahnt. Angaben über die auf einen Fang verwendete Zeit ist deshalb wichtig, weil sie Schlüsse auf die Häufigkeit der Arten gestatten. Auch Angaben über den verwendeten Fangapparat und bei Plauktonfängen über die Tiefe, bis zu welcher das Netz hinabgelassen wurde, sind sehr wichtig. Will man noch besondere Notizen über die Lebens- weise einzelner Arten oder gewisse zarte nicht an Schuppen oder Pigment gebundene und deshalb in Alkohol vergäng- liche Farben machen, so muss man die betreffenden Thiere natürlich gesondert aufheben. Damit schliesse ich meine Winke Sie setzen sich, soweit sie neu sind, aus zahlreichen Kleinigkeiten zu- sammen. Die Erfahrung lehrt aber, dass die Befolgung der vielen kleineu Vorschriften den wissenschaftlichen Werth sowohl als den Geldwerth einer Ausbeute um ein Vielfaches erhöht. 476 Gesellschaft natur forschender Freunde, Berlin. Referirabend am i5. Dezember 1903. Herr v. Martens: Darmstädter und du Bois-Reymond, 4000 Jahre Pionierarbeit. Herr M. Bartels: Vorlage photograpliisclier Thierbilder aus Italien. Herr 0. Heinroth: „Unser Hausgeflügel" von Pfknnigstorff und Dr. Blancke. Herr K. Möbius: H. v. Ihering, Biologie der stacliellosen Honigbienen Brasiliens. t. 1 J. F. fltarcke, llerliii W. ?2044 106 259 534 f^:i^-:^-ri^:^l . ^ii '%'-■. -k.,^ ^mm^mm ^i^e^#^^ m m^iWM. %rS^4.- ¥:äCi^%Ä'^^'^ 'W^ :"^««^:!'.