Eriee an nme ne men nn nem Runde an N tt AR} aa N In Zu Hhr 0 A | } EN SESUNN A! ; I | y. \w N. nn Or a) AU IN ER ARNe PR an wu AR Ihr) NER 1 ar Nr MN Has hr \ 5 un MAL lot Kar AAN AR TRAIN HUNG } N Mara RR REN SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. ——— — ——r JAHRGANG 1904. ERSTER HALBBAND. JANUAR BIS JUNI. STÜCK I—XXXIV MIT NEUN TAFELN UND DEM VERZEICHNISS DER MITGLIEDER AM 1. JANUAR 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. EINER. Verzeichniss der Mitglieder am 1. Januar 1904 . e - Dirtnuey: Die Funetion der Anthropologie in der Cultur de 16. ean 17. ehrhunderts x R. Scnexex: Tlieorie der radioactiven Erscheinungen \ G. Kremn: Bericht über Untersuchungen an den sogenannten Een. und den nt Schiefer. gesteinen der Tessiner Alpen Coxze: Hermes Propylaios (hierzu Taf. I) TEE Tır. Wıesano: Dritter vorläufiger Bericht über die von Pen Könipliehen Mizeen een ee bungen in Milet Diers und A. Kıeix: Die Renz: Dee ne aus "Milet (hierzu Tat. m. Meteoritensammlung der Ps Friedrich -Wilhelms - Universität zu 21. Januar 1904 2 F. Braun: Der Hertz’sche Gitterv Sean im Gebiete den Kichiharen. Skanlıng Harnack: Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem An hang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers WALDEYER: Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jalıresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Jahresbericht Festrede über die Sammlung der griechischen Inschriften über die Sammlung der lateinischen Inschriften . über die Aristoteles- Commentare P über die Prosopographie der römischen Bersorzeit . —3. yahrhımdert) über die Politische Correspondenz Faievrıcn’s des Grossen über die Griechischen Münzwerke über die Acta Borussica . i über den Thesaurus linguae Takdın ; ER über die Ausgabe der Werke von WEIERSTRASS über die Kanr-Ausgabe . über die Ausgabe des Ibn Saad ß über das Wörterbuch der aegyptischen Ehrache über den Iudex rei militaris imperii Romani . über die Ausgabe des Codex Theodosianus über die Geschichte des Fixsternhimmels . über das »Tlierreiclı« über das »Pflanzenreich « ea le über die Ausgabe der Werke Wıruern vox re Ss der Deutschen Commission ? über die Forschungen zur Geschichte der neaharhdeutschen. Schnktsprsche der Huxsoror -Stiftung der Savıcny- Stiftung . der Borp-Stiftung . : der EouAarn Gernann- Stiftung der Hersaxn und Erıs£ geb. Ts Were le Jahresbericht der Kirchenväter- Commission Jahresbericht der Commission für das Wörterbuch der: Aeitschen Be Jahresbericht der Akademischen Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin. Die Runonr Vırenow -Stiftung . Inhalt. Uebersicht der Personalveränderungen . . . ae nn re ER de ee RE: Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim ann und Schrumpfense- 2 Er H. Dessau: Zu den Milesischen Kalenderfragmenten . . . ee Mösıus: Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch heirachtet Pr a er R. Heymoss: Die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre elanmar Be Tu. Arsrecnr: Neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam —Greenwich . . J. Bernstein und A. Tscuermar: Über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von IEHRERD 9 Se a Ra. 5,0 2% a a Dirrney: Die Function der Anthropologie in der Cultur des 16. und 17. a unders‘ Fortsetzung . F. W. K. Mürrer: Handschriften -Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkestän Enter: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes (hierzu Taf.) . ». » ». 22... C. Rusce und J. Preent: Über die magnetische Zerlegung der Radiumlnien . . » ». 2 2... Erman: Die Sphinsstlle . . . . i 5 en. 0. 3: Sacnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ukba. Ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten arabi- Sehen Geschichtslittaratar. (hierzu Tat. IV). re Er EEE Y. Crönert: Eine attische Stoikerinschrift . . . .. . Dee 0: SER Über die Aser’schen Functionen von drei _V sränderlichten Rortsetzungi ee F. Rıcnarz und R. Scnexer: Weitere Versuche über die durch Ozon und dureh Radium hervorgerufenen Biehterscheinungen . . un co a... e ee ur Voser: Untersuchungen über das speetroskopische Doppelztenu hen BAuigae. .. . > van’r Horr, U. Grasst und R. B. Denxısox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten Lösungen bei 83°, . Scuorrky: Über redueirte Integrale erster Gattung . ». 2 2.2. . ee sareır cı J. Harımann: Untersuchungen über das Spectrum und die Balın von ö ok . ee H. BaumnAver: Über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beziehungen der Kenn in täehenreicheneZonen namen a N ee RA Frogexivs: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Geupren Ne et ee ae Kıein: Über das Meteoreisen von Persimmon Creek, bei Hot House, Cherokee Ge: Nord -Carolina . van’r Horr, H. Sacns und O. Bıacn: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 8° . . . . STRASBURGER: Über Reductionstheilung . . . . 2 R Ks a PER... von Wıramowırz- MoELLENDORFF: Satzungen einer ınilesreenen Sangergilde (hierzu Taf. NV) ee Re Tueopor Monnsen-Stiftung . . . ee SE .o Me no Herrwis, O.: Über Beziehungen des iierischen Eies zu aan aus ihn sich entwiekelnden Embryo. . Krein: Über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung beim Veesuvian« - =. 0.00 00 wenn de 10 van’r Horr und W. MEvErHorFFer: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salz- ablagerungen. XXXVI. Die Mineralcombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83° . . .. E. Barrowırz: Über den Bau des Geruchsorgans der Oyelostomata . » 2 2... er: C.F. Geiser: Zur Erzeugung von Minimalflächen durch Schaaren von Curven en Arte Fıscner und F. Wrepe: Über die V, erbrennungswärme einiger organischer Verbindungen . . . . . von Hermnorrz: Hydrodynamische Untersuchungen. Aus dem Nachlass zusammengestellt von W. Wırn Praner: Über die Extinetion des Lichts in einem optisch homogenen Medium von normaler Dispersion Nahren.sVWWeiteres’zu den Milesischen Parapesmen. 2 Sr SCHREZERRVVS Diehlateinischen Buchstabennamen. 2.2 nr KekuLE von Stravonitz: Über den Apollldes@Kanachos er ee N Pıscner: Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus IdykutSari, Chinesisch- "Turkestän (hierzu BRARSVIE— VI) 000% te en ns er ee Me Re ee a a re R. Luruer und F. Weigerr: Über umkehrbare photochemische Reactionen im homogenen System. I. An- thrazen und Dianthrazen . . . 2... A EI WE EN € er De he O. Hor.ver-Esger: Jahresbericht über die Heranspabe der Menue Germaniae itorted a ae WareurG: Über die Ursache des Voltaefleets. Nach Versuchen des Hrn. Greınacner . . . . .» BtervAcaH: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. . ». . » 2 2 2 2 2 2 2 0 2... Harnack: Ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens . . x 2 2 2 nn ne. Harnack: Der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleuthertus . ». » 2 2 2... ze. VERZEICHNISS DER MITGLIEDER DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN AM 1. JANUAR 1904. I. BESTÄNDIGE SECRETARE. Gewählt von der Er Adamers. =. ..0:....0 . ‚phys.-math.,Classe... Be kallenrgar nn... plhil.-hist: - es re plulichnstr - - Waldeyr .-.. . . . . plıys.-math. - II. ORDENTLICHE MITGLIEDER der physikalisch - mathematischen der philosophisch historischen Classe Classe De Hr. Adolf Kürchhoff Hr. Artinır Auwers . ae EEE Ran - Johannes Vahlen - Eberhard Schrader - Alexander Conze . - Simon Schwendener - Hermann Munk . N : - Adolf Tobler - Hermann Diels - Hans Landolt - Wilhelm Waldeyer . en Re - Heinrich Brunner . - Franz Erlhard Schulze BT ET NRE - Otto Hirschfeld - Wilhelm von Bezold A N a er - Eduard Sachau - Gustav Schmoller . - Wilhelm Dilthey . Datum der Königl. Bestätigung 1S7S April 10. 1893 April 1895 Nov. 2 1896 Jan. 20. Datum der Königlichen Bestätigung 1860 März 7. 1866 Aus. 18. 1874 Dec. 16. 1575 Juni 14. 1377 April 23. 1879 Juli 13. 1580 März 10. 1881 Aug. 15. 1881 Aug. 15. 1881 Aue. 15. 1884 Febr. 18. 1854 Aprıl 9. 1884 Juni 21. 1885 März 9 1886 April 5 1887 Jan. 24. 1887 Jan. 24. 1887 Jan. 24. 1 Hr. Ferdinand Frhr. von Richthofen Eir: Ordentliche Mitglieder der physikalisch - mathematischen der philosophisch -historischen Classe Olasse Karl Klein Karl Möbius . Adolf Engler Ne a Hr. Adolf Harnack Hermann Karl Vogel . Hermann Amandus Schwarz Georg Frobenius Emil Fischer Oskar Hertwig Max Planck . 2 - Karl Stumpf - Erich Schmidt . - Adolf Erman . Friedrich Kohlrausch Emil Warburg Jakob Heinrich van’t Hoff Re - Reinhold Koser - Max Lenz . Theodor Wilhelm Engelmann . donitz - Ulrich von Wilamowitz- Moellendorff . Wilhelm Branco el: Robert Helmert . 5 Friedrich von Hefner ltemjech Heinrich Müller-Breslau . 2 ee en - Heinrich Zimmer . - Heinrich Dressel . - Konrad Burdach . - Richard Pischel Friedrich Schottky . sl - (Gustav Roethe . - Dietrich Schäfer - Eduard Meyer . - Wilhelm Schulze (Die Adressen der Mitglieder s. S. VIII.) - Reinhard Kekule von Stra- Datum der Königlichen Bestätigung 1887 April 6. 1888 April 30. 1890 Jan. 29. 1890 Febr. 10. 1892 März 30. 1892 Dec. 19. 1893 Jan. 14. 1893 Febr. 6. 1893 April 17. 1894 Juni 11. 1895 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Aug. 13. 1895 Aug. 13. 1896 Febr. 26. 1896 Juli 12. 1896 Dec. 14. 1898 Febr. 14. 1898 Juni 9. 1899 Mai 3. 1899 Aug. 2. 1899 Dec. 18. 1900 Jan. 31. 1901 Jan. 14. 1901 Jan. 14. 1902 Jan. 13. 1902 Mai 9. 1902 Mai 9. 1902 Juli 13. IO03@Janssers: 1903 Jana% 1905 Aug. 4. 1903 Aug. 4. 1903 Nov. 16. II. AUSWÄRTIGE MITGLIEDER der physikalisch-mathematischen Classe der philosophisch -historischen Classe Hr. Otto von a in Leipzig Hr. Albert von Koelliker in Würzburg . BE U BE IE SEES - Eduard Zeller in Stuttgart - Theodor Nöldeke in Strass- burg - Friedrich Tnheofz Dr, in Winterthur . - Theodor von Sickel ın en - Pasquale Villari in Florenz . - Franz Bücheler in Bonn Hr. Wilhelm Hittorf in Münster i.W.. Lord Kelvin in Netherhall, Largs Hr. Marcelin Berthelot ın Parıs . - Eduard Suess in Wien - Eduard Pflüger in Bonn ee Br a at Rochus Frhr. von Lilieneron ın Schleswig r. Leopold Delisle in Paris IV. EHREN- MITGLIEDER. Earl of Crawford and Balcarres in Haigh Hall, Hr. Max Lehmann in Göttingen - Ludwig Boltzmann in Wien A Se. Majestät Oskar II., König von Schw En ed N Hugo Graf von und zu Terchenfeld in Berlin Hr. Friedrich Althoff in Berlin - Richard Schöne in Berlin : Frau Elise Wentzel geb. Heckmann in Berlin Hr. Konrad Studt in Berlin . - Andrew Dickson White in Ithaca, at nz Wigan II Datum der Königlichen Bestätigung 1855 Nov. 30. 1892 März 16. 1895 Jan. 14. 1900 März 5. 1901 Jan. 14. 1902 Nov. 16. Datum der Königlichen Bestätigung 1883 Juli 30. 1887 Jan. 24. 1888 Juni 29. 1897 Sept. 14. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 5. 1900 März 17. 1900 Dee. 12. 1* IV Hr. V. CORRESPONDIRENDE MITGLIEDER. Physikalisch- mathematische Classe. Ernst Abbe in Jena. Alexander Agassiz in ae a Adolf von Baeyer in München Friedrich Beilstein in St. Petersburg . Ernst Wilhelm Benecke in Strassburg Eduard van Beneden in Lüttich . Oskar Brefeld in Breslau Otto Bütschli in Heidelberg ir Jolm Burdon- Sanderson in Oxford *. Stanislao Cannizzaro in Rom Karl Chun in Leipzig Gaston Darboux in Paris £ Richard Dedekind in Braunschweig . Nils Christofer Duner in Upsala Ernst Ehlers in Göttingen . Rudolf Fittig in Strassburg Walter Flemming in Kiel Max Fürbringer in Heidelberg Albert Gaudry in Paris . » Archibald Geikie ın London . Wolcott Gibbs in Newport, R. 1. Er Gill, Kgl. Sternwarte am Ca der Cuten Hoffnung Paul Gordan in Erlangen Ludwig von Grajf in Graz . Gottlieb Haberlandt in Graz . Julius Hann in Wien Victor Hensen in Kiel : Richard Hertwig in München . Wilhelm His in Leipzig . ‚Joseph Dalton Hooker ın Sl William Huggins in London ”. Leo Koenigsberger in Heidelberg . Michel Levy in Paris. Franz von Leydiy in Ben 0. m T.. Gabriel Lippmann in Paris Moritz Loewy in Paris . Hubert Ludwig in Bonn . Datum der Wahl 1896 1895 1884 1888 1900 1887 1899 1897 1900 1888 1900 1897 1880 1900 1897 1896 1893 1900 1900 1889 1885 1890 1900 1900 1899 1889 1898 1898 1893 1854 1895 1893 1898 1887 1900 1895 1898 Oct. Juli Jan. Dee. Febr. Nov. Jan. März Febr. Dee. Jan. Febr. März Febr. Jan. Oct. Juni Febr. Febr. Febr. Jan. Juni Febr. Febr. Juni Febr. Febr. 29. 18. 7. April 28. Juni Juni Dee. Mai l& 1 12. 4. Juli 28. Jan. Febr. Dee. Juli 20. 22. 12. 14. Physikalisch-mathematische (lasse. Hr. Eleuthere Mascart in Paxis . : - Dmitri) Mendelejew in St. Peferebure - Franz Mertens in Wien . - Henrik Mohn in Christiania - Alfred Gabriel Nathorst in Stoe oe - Karl Neumann in Leipzig E i - Georg von Neumayer in Nenkadı asıd. ad ’ - Simon Neweomb in Washington . - Max Noether in Erlangen - Wilhelm Pfeffer ın Tanz \ - Ernst Pfitzer in Heidelberg . - Emile Picard in Paris - Henri Poincare ın Parıs . - Georg Quincke in Heidelberg - Ludwig Radlkofer in München Sir William Ramsay in London Lord Rayleigh in Witham, Essex . k Hr. Friedrich von Recklinghausen in Strassburg - Gustaf Retzius in Stockholm - Wilhelm Konrad Röntgen in München - Heinrich Rosenbusch in Heidelberg - George Sahnon in Dublin - Georg Ossian Sars in Christiania - Giovanni Virgimo Schiaparelli in Mailand - Friedrich Schmidt in St. Petersburg . { Hermann Graf zu Solms- Laubach in Strassburg . Hr. Johann Wilhelm Spengel in Giessen . - Eduard Strasburger in Bonn - „Johannes Strüver in Rom - Otto von Struve in Karlsruhe . - Julius Thomsen in Kopenhagen - August Toepler in Dresden . - Melchior Treub in Buitenzorg - Gustav Tschermak in Wien . Sir Willam Turner in Edinburg Hr. Woldemar Voigt in Göttingen . - Karl von Voit in München i R ; - Johannes Diderik van der Waals in Aerden - Eugenius Warming in Kopenhagen - Heinrich Weber in Strassburg . - August Weismann in Freiburg i.B. . - Julius Wiesner in Wien . ! - Alexander William Williamson in High Pitfold, Hasleniere - Clemens Winkler in Dresden Datum der Wahl 1895 1900 1900 1900 1900 1893 1896 1883 1896 1889 1899 1898 1896 1879 1900 1896 1896 1885 1893 1896 1887 1873 1898 1879 1900 1899 1900 1889 1900 1868 1900 1879 1900 1881 1898 1900 1898 1900 1899 1896 1897 1899 1875 1900 Juli Febr. Febr. Febr. Febr. Mai Febr. ! Juni Jan. Dee. Jan. Febr. Jan. März Febr. Oct. Oct. Febr. : Juni März Oct. Juni Febr. 2 Oct. Febr. Juni Jan. Dee. Febr. April Febr. März Febr. März März März Febr. Febr. Jan. Jan. März Juni Nov. Febr. vI Physikalisch-mathematische Classe. Datum der Wahl ee Hr. "Adslf, Witliner. in. Aachen. . \.., ee BB deMarzuae = Rerdmand Zirkel ın Leipzig . „Va me . 1887 Oet. 20. - Karl Alfred von Zittel in München . . . . ........1895 Juni 13. Philosophisch-historische Classe. Hr. Wilhelm Ahlwardt in Greifswald. - . . .: 2.2.2...1888 Febr. 2. = Karl von Ama ın München ': .. 0. We Far IT: - Graziadio Isaia Ascohk in Mailand . . . 2 2 ..2..2...1887 März 10. - Theodor Aufrecht m Bonn . . ee. MlSCAMEEBERR - Ernst Immanuel Bekker in He ee leid ‚Ihnilt: 28), eu Otiol-Benndorf,in Wien... ..... 00 Swen PIUS N ee = BmiedrichBlass in Halle a. S.. . : mr 900 Tanzes: =" Eugen »Bormann in Wien . .: . a we 2 NLRORTEREEZe =, Ingram: Byywater in Oxford . . . „es am... „SS Now - - Antonio Maria Cerianv n Mailand . : ...2..........1869 Nov. 4. - Heinrich Denifle in Rom. . . ee BIOGDEETETEN - Wilhelm Dittenberger in Halle a.S.. ... . . ...... 1882 Juni 15. = Touis.:Duchesne in. Rom... 1. 10.2... 0 re TI = Benno! Erdmann m Bom . ... 2 „aan ran - Kuno Fischer in Heidelberg . . . - . 2..2.2.....1885 Jan. 29. - Paul Foucart m Panrıs . . a lalorkechniit 17, - Ludwig Friedländer in Sue ee el/0) Alain. - IV - Oskar von Gebhardt in Leipig . : - » 22... ...1903 Ali 9. - Theodor Gomperz in Wien. . . en kelepy (Ola 112): - Franeis Liewellyn Griffith in Ashton une Yu >17: 24 1900 Janı 18: - Gustav Gröber in Strassburg . . . . . sn. 90T le = WWällielmvon Hartel in Wien . . a BEI - Georgios N. Haizidakis in Athen. . . . 2. 2... ... 1900 Jan. 18. - Albert Hauck in Leipzig . - EI Eee let - Johan Ludvig Heiberg in Kopenhagen erlaan el8I6 Marz - Max Heinze in Leipzig . - - ee ll Ann: Silleı - Richord Henze in Wien . .. 2 „u wear 29a: - Antoine Heron de Villefosse in Paris. . . . » . .„ .„ 1893 Febr. 2. - Leon Heuzey in Paris . . . ee Ko)oi0) Asien ler - Hermann von Holst in Freiburg i. FE ee ikerser ale „29: - Theophile Homolle in Athen . . . . ER EIERN ON - Vatroslav JagiE n Wien. . . ee NED ee - William James in Cambridge, Mass. er Nee - Karl Theodor von Inama-Sternegg in Wien . . .. . . 1900 Jan. 18. - Ferdinand Justi in Marburg . . . . ... 20.0.0... .1898 Juli 14. Karl Just inıBonn 2 2 re 5a aN rs lE - Panagiotis Kabbadias in an a er, >; .+..1887 New. 17. - Frederic George Kenyon in London . . . » . . . „1900 Jan. 18. - Eranz Keelhorn in Göttingen . . . . .n „me 1880 Dee. 16. vu Philosophisch-historische Classe. us en a Datum der Wahl Hr. Georg Friedrich Knapp in Strassbug . . » 2.0.1893 Dee. 14. SS BastlRlzan]schewsnaSts Petersburg Sr een 1891 Juni 4. - August Leskien in Leipzig . » » » 22 en. 1900 Jan. 18. a ndla Benasseur in Patıs 20... ae, 1900. Jan. 18, - Giacomo Lumbroso n Rom . . 2 ee STARNOveR 2. - Johm Pentland Mahaffy in Dublin . . 2... 2... 1900 Jan. 18. - Frederic William Maitland in Cambridge . . -: . . .. 1900 Jan. 18. lasim Maspego in Paris. 2. ar Ban 51897 Fulir; 15. - Adolf Michaelis in Strassburg . . . - ne kereisı Ahnnndin all, - Alexander Stuart Murray in London . . . . 2... 1900 Jan. 18. Ele Messoasan. Wien. > ea es 9 290 239005, Jan.) 18. Heinrich NtssenaneBonner near 1900 Tanz 18: Sr Juhusı. Opperb in Ranise. A N 0502 Marzel - Georges Perrot in Paris . . ER SS - Wilhelm Radloff in St. Beterebure SNETEIETN 218957 Jan 1:0: - Victor Baron Rosen in ‘St. Petersburg . . . . . . . 1900 Jan. 18. - Richard Schroeder in Heidelberg . . . . . . .......1900 Jan. 18. = Emil Schürer in. Göttingen... m an. 0.2.0.2 0:5 9% 118935 duli 20. il Smarem Paris. ev. 2 A Neal? 1900 Jan 18. EB Uihsard. ‚Sievers in. Leipzie. . "2... nen 1900, Jana, - Christoph von Sigwart in Tübingen . . . . ........1885 Jan. 29. - Albert Sorel in Paris. . . u. ee 900 ans - Friedrich von Spiegel ın München ES AT NER 3182er: - Henry Sweet in Oxford. . . a INS ROHR Tune 6; Sir Edward Maunde Thompson in Load BE SONST m elsghr Mar 2 Hr. Vilhelm Thomsen in Kopenhagen. . . . 2. 2........1900 Jan. 18. ueHerman. Usener in. Bonn . 2 ns ne Ga:.0lamor Vateli snnRlovenz .r a en 97egulto: Kurt Wachsmushin: Leipzig...) „ul ag. Sarnen 7 218m, A. rlemele WerlanaParısı no Te 1896 MärzAl2: - Julius Wellhausen in Göttingen . . . . 2.2.2. ...1900 Jan. 18. = Luchng Wünmer:n Kopenhagen. .°...'2.... 1.1891 Juni 4. - Wilhelm Windelband in Heidelberg . . . . . ..... 1903 Febr. 5. Sllreım Wundtänleipzig u. nn... 202070619007 Jan:, 718. BEAMTE DER AKADEMIE. * Bibliothekar und Archivar: Dr. Köhnke. Wissenschaftliche Beamte: Dr. Dessau, Prof. — Dr. Ristenpart. — Dr. Harms. Dr. Czeschka Edler von Maehrenthal, Prof. — Dr. von Fritze. — Dr. Karl Schmidt. VI WOHNUNGEN DER ORDENTLICHEN MITGLIEDER UND DER BEAMTEN. Hr. Dr. Auwers, Prof., Geh. Ober-Regierungs-Rath, Lindenstr. 91. SW. 68. - = von Bezold, Prof., geh. Ober-Regierungs-Rath. Lützowstr. 72. W - = Branco, Prof., Geh. Bergrath, Maassenstr. 35. W. 62. - = Brunner, Prof., Geh. Justiz-Rath, Lutherstr. 36. W. 62. - - Bwrdach, Professor, Grunewald, Paulsbornerstr. 8. - = ÜConze, Professor, Grunewald, Wangenheimstr. 17. - - Diels, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Kleiststr. 21. W. 62. - = Dilthey, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Burggrafenstr. 4. W. 62. - = Dressel, Professor, Charlottenburg, Knesebeckstr. 3. - = Engelmann, Prof., Geh. Medieinal-Rath, Neue Wilhelmstr. 15. NW.7. - = Engler, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Steglitz, Neuer Botanischer Garten. - = Erman, Professor, Steglitz, Friedrichstr. 10/11. - - Fischer, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Hessische Strasse I—4. N. 4. - = Frobenius, Professor, Charlottenburg, Leibnizstr. 70. - - Harnack, Professor, Fasanenstr. 43. W. 15. - - von Hefner-Alteneck, Hildebrandstr. 9. W. 10. - - Helmert, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Potsdam, Geodätisches Institut. - - Hertwig, Prof., Geh. Medieinal-Rath, Grunewald, Wangenheimstr. 28. - - Hürschfeld, Professor, Charlottenburg, Carmerstr. 3. - - van’t Hof, Professor, Charlottenburg, Uhlandstr. 2. - = Kekule von Stradonitz, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Landgrafen- str. 19. W. 62. - Kirchhoff, Prof., Geb. Regierungs-Rath, Matthaeikirchstr. 23. W.10. - - Klein, Prof., Geh. Bergrath. Charlottenburg, Joachimsthalerstr. 39/40. - = Kohlrausch, Professor, Charlottenburg, Marchstr. 25°. - = Koser, Geh. Ober - Regierungs-Rath, Charlottenburg, Carmerstr. 9. - = Landolt, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Albrechtstr. 14. NW. 6. - - Lenz, Professor, Augsburgerstr. 52. W. 50. - = Meyer, Professor, Gross-Lichterfelde West, Mommsenstr. 7/8. - - Möbius, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Sigismundstr. 8. W. 10. - - Miüller-Breslu, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Grunewald, Kurmär- kerstr. 8. - - Munk, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthaeikirchstr. 4. W.10. - = Pischel, Professor, Passauerstr. 23. W. 50. - Planck, Professor, Achenbachstr. 1. W. 50. Hr. Hr. Dr. IX Freiherr von Richthofen, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Kurfürsten- sor- Ll’0. V262: Roethe, Professor, Westend, Ahorn-Allee 30. Sachau, Prof., Geh. Regierungs-Rathh, Wormserstr. 12. W. 62, Schäfer, Prof., Grossherzogl. Badischer Geh. Rath, Steglitz, Fried- riehstr. 7. Schmidt, Professor, Derfflingerstr. 21. W. 35. Schmoller, Professor, Wormserstr. 13. W. 62. Schottky, Professor, Steglitz, Fichtestr. 12°. Schrader, Prof., Geh. Regierungs-Ratlı, Kronprinzen -Ufer 20. NW. 40. Schulze, Franz Bilhard, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Invalidenstr. 43. N. 4. Schulze, Wilhelm, Professor, Kaiserin Augustastr. 72. W. 10. Schwarz, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Grunewald, Humboldtstr. 33. Schwendener, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Matthaeikirchstr. 28. W. 10. Stumpf, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Augsburgerstr. 61. W. 50. Tobler, Professor, Kurfürstendamm 25. W. 15. Vahlen, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Genthinerstr. 22. W. 35. Vogel, Prof., Geh. Ober-Regierungs-Rath, Potsdam, Astrophysikali- sches Observatorium. Waldeyer, Prof., Gel. Mediemal-Rath, Lutherstr. 35. W. 62. Warburg, Prof., Geh. Regierungs-Ratlı, Neue Wilhelmstr. 16. NW. 7. von Wilamowitz- Moellendorjf, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Westend Eichen- Allee 12. Zimmer, Prof., Geh. Regierungs-Rath, Halensee, Auguste Victoriastr. 3. ’ . Czeschka Edler von Maehrenthal, Professor, Wissenschaftlicher Beamter, Stendalerstr. 3. NW.5. Dessau, Professor, Wissenschaftlicher Beamter, C harlottenburg, Car- ımerstr. 8. von Fritze, Wissenschaftlicher Beamter, Kurfürstenstr. 112. W. 62. Harms, Wissenschaftlicher Beamter, Schöneberg, Erdmannstr. 3. Kölmke, Bibliothekar und Archivar, Charlottenburg, Goethestr. 6. Ristenpart, Wissenschaftlicher Beamter, Friedenau, Beckerstr. 6. Schmidt, Karl, Wissenschaftlicher Beamter, Bayreutherstr. 20. W. 62. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei 2 TE TER THU ER ! a en h Pr alas .i j RN: ETTURFH N Se Hi ih, | di N Pat. j ah Mh In LO LER "ea = & Eu UT, 4 aa w Eu un a A RT wu a er ve RE HL. Be FT 2 1 7 2 B u Mi N ee A 5 , } N; PR Bin De es} PERS | Ta,‘ Be NN Be EN APR a Ziele RR ie PR h N ut 12 Ri: abe ka.) NED RNENG, ah Be. a % Be. ‚ n h u “ a Si ge ir, .' ei: eu Br 2 Bi 2 BRAL,T Ew/sh - nad AS AV RER Dr L Hr ABER 2LW! DW f 4 re Ay y 4 Kirıv A na LA 1: i Al BYWi, ö Be) LE REN -j A \ Ir h n SITZUNGSBERICHTE f f | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN ] | ' AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. | Lu. | 8 7. Januar 1904. 4 MIT' DEM VERZEICHNISS DER MITGLIEDER DER AKADEMIE AM 1. JANUAR 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. WrzleqalegelerelerelerelerelereleteletelerelepeleteletelepaletetsTeI I -TSISTSITSI-TSIeTeIT=1-T=1=TeI-TeISFelST=IST=IT=JSTeISTeIST=ITeleT=1eT=lreler=lereernlSrSJSr=lSrulerSlerulerelern Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. ; 51. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch -historischen Classe ungerade Nummern. 82. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. welche nieht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, ‚ sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt -Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an Ten Se, mit, en sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, rn Irei die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des . » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Mona. October bis December zu Anfang des ® Mittheilungen, | - nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, dere _ plare auf ihre Kosten abziehen lassen. BR 528. ; spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei ist, steht es frei, auf Kosten der RS weitere gleiche stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sean | | sobald das. _Manuseript Benckfertie vorliegt, öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Besound. Akademie oder der betreffenden Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen i ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. a‘ y „ $ 11. £ 2 \ re Pen Arbeit erhält nerkgeiitä fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. ei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten | len, fallt in der Regel der Umschlag fort. % Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf sei ine Kosten noch weitere bis zur Zahl von ne hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Na theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf \ seine ‚Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu 1 erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder | erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger | Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- | ; Test zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- vorgelegt: werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nic} htmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. | Wenn s schriftliche Einsendungen auswärtiger oder eoıre- einer der ‚Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende oder durch ein ‚anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie ı nicht t angehören, hat er einem zunächst SreIBneR, scheinenden Mitgliede zu überweisen. [Aus Stat. sa, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, | | | gestellt und ‚sogleich. zur ums ET u 829. a Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des ı Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht _ } ı aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach Jed er rAene. nur die Verfasser verant- wortlich. REN! pi gebracht werden.] al, nämlich: nn a er in echt ie Er Fertigstellung des Registers. 1 SITZUNGSBERICHTE 1904. l: DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 7. Januar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Dies. 1. Hr. Dirtuey las über die Function der Anthropologie im 16. und 17. Jahrhundert. Er behandelte die Entwickelung der Anthropologie in diesem Zeitraum und ihr Verhältniss in ihrer ersten Periode zu der Dichtung der Zeit und in der zweiten zu den Geisteswissenschaften. 2. Derselbe legte im Auftrage des Verfassers vor: B. ErDMAnN, Historische Untersuchungen über Kanr’s Prolegomena. Halle, Nie- meyer, 1904. 3. Der Vorsitzende legte folgende mit Unterstützung der Aka- demie gearbeiteten Werke vor: 1. Georgii Monachi Chronicon ed. C. DE Boor. Vol. I. Lipsiae, Teubner, 1904; 2. A. Fıscnuer, Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts. Nach dessen Tode vollendet und herausgegeben von W. Tüneer. Bd. ı. Gütersloh, Ber- telsmann, 1904. Sitzungsberichte 1904. 1 2 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. Die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. Von W. DiLrazy. Erster Abschnitt. Menschenkunde und Theorie der Lebensführung im Zeitalter der Renaissance und Reformation. Die Änderung der Lebensverhältnisse während des 15. Jahrhunderts rief im Gegensatz zur Weltverneinung des Mittelalters ein neues Gefühl les Lebens hervor, und das unter diesen Bedingungen entstehende Wiederverständnis des Altertums gab Material und Formeln, es aus- zudrücken. Die Bejahung des Lebens war der Grundzug der neuen Zeit; der Mensch und seine natürlichen Verhältnisse zu seiner Um- gebung wurden Mittelpunkt des Interesses; sich ausleben, seinen Macht- willen geltend machen, in der Schönheit des Lebens und in deren Retlex, der Literatur und Kunst, sich selber genießen — dazu ein verschärfter Sinn für die Auffassung der Charaktere, für die Kenn- zeichen der Leidenschaften und für das Triebwerk der Affekte, wie : dies er an den Höfen und in den Stadtrepubliken sich ausbildete war der neue Lebenszusammenhang, der sich über den Horizont des Bewußtseins damals erhob. Und der philosophische Reflex hiervon war eine umfangreiche Literatur: ihr Gegenstand war der Mensch, die physiologische Bedingtheit des Seelenlebens, die Macht der Affekte, die Temperamente, die Verschiedenheit der Charaktere von Individuen und von Völkern, die Physiognomik und der sonstige Inbegriff von Mitteln, Charaktere zu erkennen, und endlich die Folgerungen aus dieser Menschenkunde für die Lebensführung: sie bezogen sich auf las Betragen, Verständnis und Behandlung anderer Menschen und Be- stimmung des sittlichen Lebenszieles. Die Grundformen philosophischer Lebenshaltung, wie das Altertum sie entwickelt hatte, treten jetzt zu- erst wieder mit offenem Visier und in freiem Tageslichte uns entgegen. Lorenzo Varta, Erasmus, MAcHIAVELLI, ÜARDANO, MONTAIGNE, JUSTUS Lirsius, GIornano Bruno vertreten Lebensstellungen des Menschen, und eben die Erhebung ihrer Lebensstimmung zu philosophischem Bewußt- sein gibt ihnen ihre ausgeprägte Physiognomie. Dirvney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 3 Die so entstehende Literatur hat ihre schulmäßige Doktrin in einer neuen Anthropologie. Diese erforscht im Unterschied von der modernen Psychologie die Inhaltlichkeit der Menschennatur selber, den Lebenszusammenhang, in welchem die Inhalte und Werte des Lebens fe zum Ausdruck gelangen, die Entwicklungsstufen, in denen das ge- schieht, das Verhältnis zur Umgebung, endlich die individuellen Da- seinsformen, zu denen der Mensch sich differenziert, und so entspringt folgerichtig aus ihr eine Lehre von der Lebensführung, eine Beurteilung der Lebenswerte, kurz eine Lebensphilosophie. Diese Literatur setzte ein mit der Vertiefung in die Person, welche das eigene Innere zu erfassen unternahm, um auf diese Ansicht ihre Lebensführung zu gründen. Prrrarca und die moralphilosophischen Traktate aus der großen Zeit von Florenz, welche an die Stoa sich anschließen, stehen am Beginn dieser Bewegung." Das neue Wissen um den Menschen vertieft sich dann beständig in VıvEs, ÜARDANO, SCALIGER, TELESIO, MOoNTAIGNE, GIORDANO Bruno; drei neue Momente führen dann die wissen- schaftliche Vollendung dieser Anthropologie herbei: die Inventarisie- rung und Systematisierung der stoischen Überlieferungen durch die holländische Philologie, die Anwendung der Gaumerschen Mechanik auf das Seelenleben und endlich, seit Huvsco Grorws, der Aufbau des natürlichen Systems von Recht, Staat und Religion auf die neue an- thropologische Wissenschaft. Diese Literatur umfaßt im Gegensatz zur scholastischen Be- griffswissenschaft neben den schulmäßigen Schriften über Anthro- pologie, den Eneyklopädien und den Werken über die Natur Ge- spräche, Briefe, Essays. So konnte sich die neu auftretende Kunst, den Menschen zu sehen, den Zusammenhang von Äußerem und Innerem zu gewahren, Temperament und Individualität aufzufassen, der ganzen gebildeten Welt mitteilen. Es entstanden die bewunderungswürdigen historischen Charakteristiken des MacnsmavErLı und GUICCIARDINI, die Selbstbiographien des Cerriını und Carpano. Was in Italien zuerst gewonnen war, breitete sich über die anderen Länder aus, im Zu- sammenhang damit entstand die große Diehtung, mit ihrer Kraft, die Innerlichkeit auszusprechen, wie sie in den Kanzonen und Sonetten seit Perrarca und ihren Erläuterungen geübt wurde, und mit ihrer naiven Macht der Charakteristik in Roman und Drama. In dieser ganzen Literatur tritt das Verhältnis des Menschen zu den großen Zweckzusammenhängen, in die er verwebt ist, gänzlich zurück, un- vergleichlich aber macht sich die Kunst geltend, Personen hinzustellen und Leidenschaften zu schildern. Dies ist die Folge einer wissen- ! Näheres in meiner Abhandlung, Archiv für Philosophie IV 624 ff. I* 4 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. schaftlichen Auffassung, die noch nicht die tieferen Probleme der Gesetzlichkeit des Seelenlebens zu bewältigen vermag, aber in der äußeren und inneren Beschreibung, insbesondere der Affekte und Charaktere, unvergleichlich ist. Das Sehen dieser Zeit ist naiv, sinnen- stark, den ganzen leiblich-seelischen Menschen umgreifend und voll von genialem Detail. War doch auch damals das politische und soziale Handeln mehr auf die Beobachtung des Menschen, auf die Rechnung mit den herrschenden Persönlichkeiten und ihren Mitteln gegründet als auf das Studium der Zweckzusammenhänge des wirt- schaftlichen und sozialen Lebens. Die Nationen sind in diesem Zeitraum noch durch die lateinische Sprache und bereits durch den lebendigsten Verkehr derer, die in der neuen Richtung vorwärtsgingen, miteinander verbunden. Ein Grund- unterschied macht sich doch geltend. Bei den romanischen Völkern mit ihrer animalischen Lebendigkeit, ihrem Lebenssinn, ihrem Rechnen mit den gegebenen Kräften, mit ihrem Beobachtungsvermögen hat sich diese Literatur zunächst entwickelt, und als sie dann auf die ernsten, schweren, religiös-grübelnden nordischen Völker überging und dort unter dem Einfluß der Reformation sich entfaltete, hat sie einen ganz anderen Charakter angenommen. Fortbestand und Umbildungen der zwei Hauptformen der mittelalterlichen Anthropologie. Die aristotelisch-scholastische und die platonisch-mystische An- thropologie, die sich im Mittelalter entwickelt hatten, bestanden auch im 16. Jahrhundert fort. Die erstere Doktrin überwog in den kirch- lichen Personen und Instituten. Und es entsprach nur deren Bedürfnis, wenn hier zuerst die aristotelische Theorie von den Gemütsbewegungen zu einer Klassifikation fortgebildet wurde. Innerhalb der Vierteilung des Aristoteles fassen wir hier das praktische Verhalten in den sinn- lich bedingten Begehrungszuständen und Leidenschaften ins Auge. Der oberste Einteilungsgrund des affektiven Verhaltens bei Tmomas geht zurück auf Ar. de anima Ile 3 Ile 10. Das Streben (örezıc), sofern es nicht vom Verstande geleitet wird, ist entweder Emieymia (cupiditas) oder örrA (ira). Dies ist verwandt mit der platonischen Sonderung der zwei ersten Seelenteile. Entsprechend sondert Tuomas das concupisci- bile und iraseibile; im ersteren herrscht das direkte Verhältnis des sinnlichen Begehrens zu Gut oder Übel; treten Schwierigkeiten in den Weg, so entsteht das irascible Verhalten, dessen charakteristisches Merkmal die Anstrengung ist, das Sichemporarbeiten gegenüber der Hemmung. Dirrney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 3) Die Einteilung entnimmt aus der inneren Erfahrung den Verlauf im Fühlen und Streben und die Gegensätzlichkeit in den Affektzuständen. Da aber die weitere Unterscheidung der einzelnen Affekte durch deren innere Merkmale sehr schwierig ist und die Vorstellungen von den Gegenständen, auf die sie sich beziehen, am deut- lichsten in diesen Gesamtzuständen hervortreten, werden die ferneren Einteilungen hergenommen von den äußeren Bedingungen, unter denen die Affekte auftreten. Vor allem unterscheidet Tuomas die Momente des Verlaufs (gradus in processu appetitivi motus), entweder Liebe, Verlangen, Freude, oder Haß, Abwendung und Schmerz. So entsteht die Anordnung, die in folgender Tabelle ausgedrückt werden mag: Coneupiseibile Iraseibile Circa bonum: Circa malum: Circa bonum Circa malım Amor Odium Futurum: A nm.: Daraus folgend, daß ein Spes a desperatio Audacia — timor simile vel conveniens sich mit dem strebenden Vermögen ver- Praesens: bindet. Ira Desiderium Fuga Gaudium Tristitia Jenseits des affektiven Verhaltens die Sphäre des Willens, unter den Bedingungen der Sinnlichkeit, aber von ihr unabhängig, in der freien Entscheidung aus Vernunft- gründen; Stadien: eonsilium, consensus, usus. Hier entspringen die vier Kardinal- tugenden, während aus dem theoretischen Verhalten die intellektuellen Tugenden hervorgehen. Das Ziel des Seelenlebens ist also wie bei Aristoteles ein doppeltes und das beschauliche Verhalten wird bevorzugt. Eine unermeßliche Literatur schloß sich an Tsomas an, und durch SuAarez gelangte dieser Standpunkt im 17. Jahrhundert zur Herrschaft in den kirchlichen Kreisen. Eine zweite Grundform der von der christlichen Religiosität be- stimmten Anthropologie findet sich in den mystischen Schriften, welche von Platon oder dem Neuplatonismus bestimmt sind. Die metaphysische Einrahmung dieser Anthropologie wird in allen diesen Systemen durch dieselben Begriffe gebildet. Verwandtschaft der Seele mit der intelli- giblen Welt und Ausgang aus ihr, die Inkorporation derselben, die so entstehende Zweiseitigkeit ihres Wesens, nach welcher sie der sinn- lichen und zugleich der übersinnlichen Ordnung angehört, der so be- dingte zeitliche Verlauf ihres Lebens, und endlich das in ihrer Ver- wandtschaft bedingte Ziel ihrer Rückkehr in die intelligible Welt. Die näheren Bestimmungen dieser Metaphysik variieren nach dem Verhältnis von Emanation und Schöpfungslehre, von Kreation der Seele oder stufenweisem Herabsteigen der göttlichen Kraft oder Abfall der Seele. Überall aber in dieser platonisierenden Mystik stammt aus diesem metaphysischen Hintergrund der einheitliche metaphysische oder reli- giöse und zugleich der sittliche Gesichtspunkt, unter welchem der Ablauf des Lebens aufgefaßt wird. Alle psychischen Vorgänge sind verknüpft zu dem einheitlichen Zusammenhang der Verwirklichung des höchsten Gutes: der Vereinigung mit der inteiligiblen Welt: sie sind Seiten und Stufen dieses Prozesses. So wurde hier zum ersten Male ein Typus von Entwicklungsgeschichte der Seele im Zeitverlauf auf- 6 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 7. Januar 1904. gestellt. So einseitig derselbe war, lag doch hierin die hinreißende Macht, welche diese Lebensdeutung und die aus ihr fließende Anthro- pologie geübt hat. Es war ein Weltdrama, in welchem aus der Ver- senkung des Gottverwandten in die Leiblichkeit ein Konflikt entstand und durch das Welttreiben hindurch schließlich in der Gottanschauung und Gottesliebe zu reiner Auflösung gelangte. Diese Mystik durchlief verschiedene Stadien und Formen von der Epoche des Kampfes der Weltreligionen untereinander, in der sie in den Formen der Gmnosis, des Neuplatonismus und der Philosophie der Kirchenväter sich manifestierte, bis auf ihre letzte unter dem Einfluß der kritischen Philosophie entwickelte Form in dem späten ScHELLING, in BAADER, FRIEDRICH SchLEGEL und verwandten Geistern. Es lag in ihrer Lebensdeutung eine Zweiseitigkeit, die schon in Platon angelegt war. Wie die sinnliche Welt zugleich die Manifestation der Ideen und die Verminderung ihrer Kraft im Sinnlichen ist, so ist die Hingabe an diese sinnliche Welt zugleich die Ab- kehr von der Ideenwelt und die Vorstufe ihrer Erfassung. So konnte diese Lebens- deutung und die aus ihr entspringende Anthropologie so verschiedene Formen an- nehmen, wie sie in Aucusrın, BOnAVENTURA und dann wieder in der mit der platonischen Akademie verknüpften Literatur, die am Hof der Mediceer sich entfaltete, auftreten, ja, sie konnte ein Bestandteil der Anthropologie Spmozas wie der SCHOPENHAUERS werden. Die Entwicklungsstufen werden von Prorın auf der theoretischen Seite als Wahrnehmung, Verstand und anschauende Vernunft unterschieden; die Betonung des Willens, der servitudo in der Versenkung ins Sinnliche und der libertas in der Hin- gabe an die übersinnliche Welt, die beiden Lebensweisen und eivitates bei Aususrın bereiten die Unterscheidung der praktischen Stufen vor. Und so können nun die beiden Viktoriner und Bonaventura das ganze Seelenleben des Menschen unter den Gesichtspunkt einer Stufenfolge in seinem erkennender und seinem affektiven Ver- halten aufwärts bis zu der anschauenden Erkenntnis und der Liebe Gottes, oder, da dieses beides eins ist, zum amor dei intellecetualis Srınozas darstellen. Und zwar unterscheidet Huco vox Sr. Vıcror drei Hauptstufen im Fortgang der erkennenden Seele zu Gott: eogitatio, meditatio und ceontemplatio. Die unterste Stufe ist die sinn- liche Wahrnehmung und Vorstellung der wechselnden und vergänglichen Erscheinungen. Die zweite oder die Meditation ist die Erforschung der Relationen und ursächlichen Beziehungen in freier, diskursiver Tätigkeit des Verstandes; auf ihr richtet sich der Blick auch in das Innere des Menschen. Die höchste oder die Kontemplation ist die unmittelbare Anschauung des göttlichen Wesens und der in ihm gegründeten Ordnung, Mit diesen Stufen der Erkenntnis stehen die des affektiven Verhaltens in innerer Be- ziehung. Den wechselnden Bildern der sinnlichen Objekte entspricht die regellose, vom Zufall geleitete Liebe, die auf die vergänglichen, sinnlichen Gegenstände gerichtet ist. Und auf der höchsten Stufe fallen, wie bei Srınoza, anschauende Erkenntnis und Liebe zusammen. Ich übergehe hier die Variation dieser Theorie bei Rıc#Arv von Sr. Vıeror und die künstlerisch tiefe Darstellung derselben durch BoxavEntura, besonders in dem itinerarium mentis ad deum. Und nun beginnt die Literatur der Zeit über die Liebe, in der mit dieser mystischen Doktrin die Einwirkung des Minne- sangs sich verbündet. Gersox hat die theoretischen Stufen mit den affektiven noch genauer verbunden und die Einheit der intellektualen Anschauung mit der Liebe mystisch gefeiert. Kanzonen und Kommentare über sie, Abhandlungen, Dialoge handeln in Italien und Frankreich von der sinnlichen und der mystischen Liebe. Diese Literatur ist durch eine Reihe von Mittelgliedern hindurch zu Spınoza gelangt, und die drei einander entsprechenden Stufen des intellektuellen und praktischen Verkailens wurden ihm zum Gerüst seines Aufbaus der geistigen Welt. Überallhin aber war von un- ermeßlicher Wirkung die Einführung eines lebendigen Entwicklungszusammenhangs in die Anthropologie. re Dirrsey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 7 Es kam nun aber in dem mystischen Platonismus der Renaissance die andere Seite zur Geltung, welche neben der Weltentfremdung in Platon liegt. Platon hat die Stufen des affektiven Verhaltens, die seinen Erkenntnisstufen entsprechen, am deut- lichsten auf dem Gebiete des Eros unterschieden. Dieser, -als Streben nach dem Besitze des dauernden Gutes, in der gottverwandten Natur des Menschen gegründet, zugleich aber, als Streben in deren sinnlicher Endlichkeit, Sohn der Fülle und des Mangels, durchläuft die Stufen der Liebe zu den schönen Gestalten, schönen Seelen, schönen Wissenschaften, um in der Liebe für die ewige Idee Erfüllung zu finden. Hier spricht sich die Doppelseitigkeit dieser Lebensdeutung aus, nach weleher mönchische Mystiker den Untergang der Idee in der sinnlichen Schönheit, und höfische, künst- lerische Renaissancemenschen die Verklärung der Erscheinung und Gestalt durch die Idee hervorheben konnten. Die Weltfreudigkeit wurde jetzt an Platons Gegenwart der Idee in den Erscheinungen hervorgehoben. Marsırıus Fıcımus wertet den Schmerz im Sinne der Renaissanceschriftsteller: die Vernunft spricht gegen ihn, weil er dasjenige jedesmal hindert, was uns zum Schutz dienen kann.! Und im Begriff der Gottesliebe wird das Philosophische der intellektualen Anschauung stärker betont. Nıcoraus Cusanus hebt an der Vereinigung mit Gott vor allem hervor, daß das Verlangen in ihr endet und der Frieden ein- tritt, daß die Liebe immer auf Verwandtschaft gegründet ist und so Gottes- und Menschenliebe zusammengehören.” Und nach Tuomas CamranerLa ist die intuitive Anschauung des Göttlichen zugleich Erkenntnis und Liebe Gottes. So bereitet sich SPINOZA Vor. Die Formel, daß Gott sich selbst liebt, die dann Srınoza benutzt, um die menschliche Gottesliebe auf einen höchsten Ausdruck zu bringen, ist in dieser plato- nischen Mystik häufig (der jüngere Pico de morte Christi lib. I c.ı p.32), ebenso, daß dem Erkennen die Liebe folgt (ebendaselbst e.7). Und dem amor dei intellectualis verwandt ist manches bei dem jüdischen Renaissancephilosophen Leo Hrsrz=vs in seinen Dialogen über die Liebe. Die neue Menschenkunde und Lehre von der Lebensführung. Ich entwickle die Grundzüge der neuen Anthropologie. Der wichtigste lag in der veränderten Wertung der menschlichen Sinn- lichkeit in Wahrnehmung und Affekt. Vıves hob die Bedeutung des auf die Selbsterhaltung gerichteten Zuges in uns hervor und faßte die Affekte als ein System von Anreizen zur Tätigkeit in der Richtung auf das Nützliche und von Abwehr gegenüber den Schädlichkeiten. Teresıo wies den inneren Zusammenhang auf, in welchem die Selbst- erhaltung als Grundeigenschaft aller Kräfte und Wesen sich äußert in Andrang und Abwehr und ihre Erkenntnismittel vom Werte der Dinge in Lust und Schmerz hat. Hiermit hing zusammen das Streben, die Ein- heit des menschlichen Daseins wiederherzustellen aus den Trennungen, die Körper und Seele, Sinnesauffassung und Intellekt, Affekt und Willensentscheidung auseinandergerissen hatten. Dies ist der eigent- ! Massırıus Fıcınus, in Platonem, Ausgabe 1561, Basel, tomus secundus p. 1429. ® Nıcoraus Cusanus, Exeitationum liber III, p. 437, Ausgabe 1565, Basel, und liber VII, p. 588 und 589. 8 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. liche Gegenstand des Streites zwischen CARDAnO und SCALIGER. SCALIGER hatte für sich die Klarheit der Unterscheidungen, welche Aristoteles gegeben hatte, während Carpano noch nicht wagt und auch noch nicht vermag, aus dem neuen Pampsychismus und der neuen Wertung der Persönlichkeit die Konsequenzen zu ziehen. Ein weiterer Grund- zug der neuen Psychologie liegt in der Erkenntnis von der Bedeutung der körperlichen Vorgänge im Haushalte des Lebens. Es sind Medi- ziner, Naturforscher und in den neuen physiologischen Theorien ver- sierte Philosophen, welche die Doktrin fortbilden. Dann aber entsprang aus dem Gefühl vom Werte des Erlebnisses und aus der Freude an seiner Auffassung eine unvergleichliche Vertiefung in den konkreten Reichtum des seelischen Geschehens. Diese Anthropologie geht auch über diejenigen antiken Schriftsteller, welche im Greisenalter der alten Welt in Selbstschau sich vertieften, hinaus. Sie säkularisierte den ganzen Reichtum, den die christliche Mystik erobert hatte. Auch sie war auf die innere Struktur und den Zusammenhang des Seelenlebens » gerichtet, und auch ihr Hauptinteresse bildeten Wille, Triebe, Affekte, ihre Beherrschung und ihr Einfluß auf das Leben. Sie ist nicht eine Einzelwissenschaft, sondern Studium der Seele als Schlüssel für Kenntnis und Behandlung des Lebens. Und hierdurch ist nun ein weiterer Grund- zug bedingt. Sie mußte die Schranken der allgemeinen Seelenlehre über- schreiten und die ganze Mannigfaltigkeit der Formen zu umfassen suchen, in denen menschliches Seelenleben auftritt. Barkray in seinem Spiegel der Seelen blickt von einer Höhe bei London hinab auf die Stadt, den Fluß und die Last seiner Schiffe, das Häusermeer. Der Gedanke an (die unermeßliche Fülle menschlichen Lebens ergreift ihn. Er möchte den verschiedenen Geist der Jahrhunderte und der Nationen erkennen, und so versucht er eine Psychologie der Völker zu entwerfen. Die Lehre von den Temperamenten war ein Lieblingsgegenstand der Zeit. Aus der Physiognomik der Alten bildete sich eine Methode, die In- dividualität der Personen durch Merkmale zu erkennen. Man stu- dierte die Einwirkung des Milieus. Die physiologische Grundlage wurde für die Erklärung der Wahrnehmung, Einbildungskraft, der Ileenassoziation und des Affektes verwertet. Obwohl Melanchthon Spiritualist war, hat doch seine Schrift über die Seele ihre Grund- lage in Anatomie und Physiologie. Und ein letzter Grundzug. Diese Anthropologie findet ihre eigenste Anwendung in einer Lebenskunst, wie die Gesellschaft jener Tage sie bedurfte. Denn die Kraft der Persönlichkeiten, ihre Geltung bei den Fürsten oder in den höch- sten republikanischen Behörden, ihr Studium der Menschen, die In- triguen, waren damals mächtiger als zu irgendeiner anderen späte- ren Zeit. Dirraey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. ) Lorenzo Varra gewann schon die Einsicht, daß alles mensch- liche Streben nur durch die im Gefühl erfahrenen Werte in Bewe- gung gesetzt wird. Der erste große systematische Schriftsteller auf dem Gebiet der Anthropologie ist der Spanier Vıves. Er will an die Stelle der verwickelten scholastischen Begriffswissenschaft die Rich- tung auf das Erfahrbare setzen, und dieser Gesichtspunkt forderte eine neue Menschenkunde. Die Momente, sie hervorzubringen, be- gegneten sich in ihm; der Freund des Erasmus kannte das gesamte überlieferte Material der Menschenkunde und Lebenslehre, und der Hu- manist, der auf dem schlüpfrigen Boden des Hofes von Heısrıcn VII. lange sich bewegen mußte, der weite Reisen hinter sich hatte, als er Sein Eremitenleben in Brügge begann, kannte die Welt und die Menschen. Das Entscheidende war aber doch sein angeborenes Genie für die Auffassung menschlicher Zustände. So bezeichnet Vıves den Übergang aus der metaphysischen Psycho- logie zu der beschreibenden und zergliedernden. Er ist einzig in der Kraft der Schilderung seelischer Zustände, er sucht ihre zeitlichen und ursächlichen Relationen aufzufassen und so einen Strukturzusammen- hang des seelischen Lebens zu gewinnen. Und zwar ohne Hypo- thesen erklärender Art über die kausalen Verhältnisse, in dem Ge- fühl, Begehren und Vorstellen zueinander stehen. In Rücksicht auf Originalität wie auf den Umfang der Darstellung liegt der Schwerpunkt seiner Schrift de anima! in der Theorie der Affekte. Das berühmte Vorwort Srınozas zu seiner Affektenlehre, welches die Wichtigkeit des Gegenstandes und die Notwendigkeit seiner neuen Bearbeitung hervorhebt, hat seinen Vorläufer in dem Anfang des dritten Buches, das von den Affekten handelt. Es ist der schwierigste Gegenstand wegen der Mannigfaltigkeit der Gemütsbewegungen, der notwendigste, damit für die furchtbaren Krankheiten der Seele eine Heilung gefunden werde. Und er ist von allen bisherigen Schriftstellern, auch den Stoikern, Cicero, Aristoteles, un- genügend behandelt. So kündigt Vıves eine gründlichere Erforschung der mensch- lichen Gemütsbewegungen an. Der Mensch strebt nach Erhaltung seiner selbst und nach glücklichem Leben. Aus diesem Drang entstehen die Aflfekte. Er definiert Affekt: »Istarum facultatum quibus animi nostri praediti a natura sunt ad sequendum bonum vel vitandum malum, aectus dieuntur affeetus sive affeetiones, quibus ad bonunı ferimur vel contra malum vel a malo recedimus.« (Anfang des dritten Buches.) Sie erstrecken sich also sowohl auf vorübergehende Erregungen als auf habituelle Seelen- zustände. Sie sind höchst verschieden, und ihre Verschiedenheit wächst ins Uner- meßliche durch die Unterschiede der menschlichen Anlagen. Die den Affekten einwohnende Grundtendenz ist nützlich. Denn die eine Seite des affektiven Verhaltens, in welcher dasselbe sieh auf Güter bezieht, ist der mensclhıh- lichen Seele notwendig als ein System von Anreizen, damit sie nicht unter der Last des Körpers in Faulheit und Schlaf versinke: immer wieder muß sie aufgerüttelt werden. Die andere aber, in der sich dieses affektive Verhalten auf die Übel bezielıt, ist der Zügel, der sie von den Schädlichkeiten zurückhält. ! Ich zitiere nach einem Exemplar der Königl. Bibliothek zu Berlin, in Basel erschienen, ohne Jahreszahl, zugleich enthaltend Amerpachii de anima libri IIII, Melanchthonis liber I. 10 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. Sehr fein spricht er vom Lebenswerte des Gefühls, das aus dem Eindruck dessen, was in einem Mißverhältnis zu unserer Natur steht, entspringt, noch bevor dasselbe uns verletzt hat (offensio). Gleichgültig ist uns beinahe nichts: ein Satz, der dann bei Srınoza wichtig wird. So mißbehagt uns bei dem ersten Eindruck von Menschen ihr Gang, ihr Antlitz, irgend eine Bewegung. Diese Offension ist nun dem Menschen gegeben, damit er bei dem ersten Geschmack eines Übels sich sofort zurückziehe, da sonst aus der Gewöhnung an dasselbe sogar eine Hinneigung entstehen kann (de offensione, p. 230). Schädlich ist dann freilich das Übermaß dieses Affektes, wenn unter den Eindrücken der Dinge und Menschen die Offension überwiegt. Und von der Scham (pudor) sagt er schön, daß sie dem Menschen wie ein Pädagoge beigegeben sei. Denn der Knabe oder Jüngling ist noch schwach an Einsicht, und so hat er in der Scham einen Antrieb, das Urteil zu verehren, das von Überlegenen ausgeht oder von der Überzahl. Und ebenso werden Frauen und Kinder durch sie zurückgehalten, Affekten ohne Maß sich in ihren Äußerungen zu überlassen. Kurz, eine Theorie von dem Lebenswerte der Affekte erstreckt sich durch deren ganze Darstellung. Dem affektiven Verhalten ist aber das Urteil beigegeben, das die richtige Ab- sehätzung der Übel und Güter ermöglicht, aber auch die Seele unrichtigen Wert- bestimmungen preisgibt. Bei Vıves ist auf Grund der stoischen Doktrin schon der erste Ansatz zu den Schilderungen Srınozas von der Macht der Affekte im natürlichen Verlauf des Seelenlebens und der Selbstherrschaft des Willens im Weisen, der sie sich unterwirft. Wie die Bewegungen des Meeres wechseln vom leisen Zittern der Wellen bis zum furchtbaren Sturm, wie sie unter der Wirkung des Windes zuneh- men, wie ihnen schließlich nichts widersteht, — ganz so veränderlich und furchtbar sind auch die menschlichen Gemütsbewegungen. Schließlich verwirren und verkehren sie nicht nur die inneren Zustände, sondern auch die äußeren Sinneswahrnehmungen, so daß die Liebenden, Zürnenden, Fürchtenden Dinge zu sehen und zu hören glauben, die nicht sind. Die Einteilung der Affekte ist der des Truomas und seiner Schule verwandt und gehört also unter den Typus der aristotelischen. Vorstellung, Gefühl und Be- gehren werden hier wie in allen Einteilungen der Renaissancezeit nicht von einander getrennt. In den tatsächlichen Gemütszuständen sind ja diese Seiten immer vereinigt. Hierauf berulit das Recht der Renaissanceanthropologie, die innere Gliederung des Affektlebens selber hinzustellen, ohne etwa bei der Freude über die Gegenwart eines Gutes auf das Vorwiegen des Gefühls in ihr besonders zu reflektieren; ist doch in dieser Freude auch ein Streben, das Gute festzuhalten, in irgend einem Grade enthalten. Schlimmer ist freilich, daß von der Stoa ab die Urteile, welche auf die Affekte ein- wirken, dem Intellekte zugeschrieben werden, während sie tatsächlich als Werturteile vorwiegend Reflexe aus dem affektiven Verhalten sind. Der oberste Gesichtspunkt ist bestimmt durch den Satz, daß der amor auf einem Verhältnis der Verwandtschaft mit seinem Gegenstande berulit, und das odium auf einer Inkongruenz zwischen beiden. Das Bewußtsein dieses Verhältnisses, das aus der Berührung mit dem Gegenstande entspringt, ist sonach als amor und odium der primäre Affekt. In ihm wird das Gut und das Übel gesetzt, welche dann in Freude und Trauer als gegenwärtig genossen und in Begierde und Furcht für die Zukunft erstrebt werden. Die Klasse der Affekte, die sich dem Übel entgegenstellen, ist aus der aristotelisch -scholastischen Unterschei- dung des concupiseibile und irascibile hervorgegangen. So ergibt sich nun die An- ordnung der Affekte, die wir hier nach den Definitionen und Einteilungen aus seiner enumeratio affectuum in eine Tabelle bringen. In der Darstellung selber freilich wird er zu einer anderen und tieferen Beobachtung der Verhältnisse der Verwandtschaft geführt. Er ordnet dann auch die motus animi contra malum den beiden anderen Klassen unter. Dirruey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. al Motus animi (affeetus) a ne ad bonum a malo contra malum I Allubescentia prima sur- I Offensio, primus motus de gentis motus aurula; malo, allubescentiae contraria; confirmata fit: Amor; confirmata fit: Odium sub amore sunt: favor, re- verentia, misericordia. II Motus de bono praesenti, II de malo praesenti I in malum praesens quod sumus asseeuti Maeror Ira, invidia, indignatio Laetitia; sub laetitia: delectatio. Äußerung: risus. Il Motus de bono futuro Ill de malo futuro II in malum futurum Cupiditas Metus Fiducia et audacia sub ceupiditate: spes Diese Einteilung des affektiven Lebens schließt sich an Aristoteles und Thomas an. Indem er nun aber in die Darstellung selbst eintritt, überwiegen die inneren ursäch- lichen Beziehungen, die aus der Zergliederung der einzelnen Affekte sich ergeben. Eine logische Durchführung der Klassifikation war in beiden Darstellungen nicht durch- führbar wegen der Unhaltbarkeit des überkommenen Ausgangspunktes in den beiden primitiven Affekten Liebe und Haß. Das Bedeutende aber sind die Ansätze zu einer genetischen Auffassung. Welch ein Bild, wie von Liebe und Haß aus die Affekte sich verzweigen und in irgend einem Grade jeder Wahrnehmung oder Vorstellung ihre Färbung mitteilen, die im Bewußtsein auftritt. Wie eine gewisse natürliche »Kongruenz« des Willens mit einem sich darbietenden Gute ihn zu diesem hinzieht und so die ersten leisen Bewegungen der Allubescentia entstehen, wie sie in der Heiterkeit der Miene, dem Hochziehen der Augenbrauen, der Erhellung des Gesichtsausdrucks und im Lächeln sich ausdrücken. Die Festigung dieser Stimmung ist dann die Liebe. Ihre Darstellung ist ein Meisterstück. Geringes kann anfänglich sie aufheben, Tätigkeit oder andere Leidenschaften wirken ihr entgegen. Unter den Momenten, die sie hervorrufen, hebt er auch die beiden hervor, welche dann Spınoza in seiner Erklärung vornehmlich an- gewandt hat. Wir lieben den, der uns selber wohltut, oder jemandem wohltut, den wir lieben. Durch diesen Satz geht Srınoza von der Freude zur Liebe über. Inter- essanter aber ist die Übereinstimmung in bezug auf die Formen der Liebe in Sym- pathie und Mitleid.! »Die Ähnlichkeit (similitudo) zwischen Subjekt und Gegenstand bewirkt sowohl Sympathie als Mitleid«: Ähnlichkeit in Lebensalter, Sitten, Körper- konstitution, Studien, Lebensstellung, Geschlecht. Es ist, wie wenn bei dem An- schlag einer Saite die von gleicher Spannung auf dem anderen Instrument mittönt. Srinoza erklärt die commiseratio ganz ähnlich daraus, daß die Vorstellung des Affekt- zustandes in einem uns ähnlichen Wesen in uns selber den ähnlichen Zustand hervor- ruft. Nur daß Vıves auch den Einfluß des vermittelnden Gedankens erwähnt, dal> ein Leidzustand um so mehr uns droht, je verwandter wir selbst dem Leidenden sind. Warum wird ein reicher Mann mit Blinden und Armen eher Mitleid haben als mit einem armen Philosophen? Weil er annimmt, daß er eher blind oder lahm werden kann als Philosoph. Ebenso berücksichtigt Srınoza bei seiner Erklärung der Sympathie aus Assoziation den Fall, in welchem sie oder die Antipathie entstehen, weil Dinge oder Personen mit denen etwas Ähnliches haben, die Lust oder Schmerz der Regel nach in uns hervorrufen. Dem amor werden dann neben misericordia und sympathia auch favor und veneratio zugeordnet: jener »die beginnende Liebe«, diese das Gefühl der Größe, die Bewunderung einflößt, aber ohne das von Beeinträchtigung unserer Per- ! Vıves, De anima III, cap. de misericordia et sympathia. 12 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. son, da sonst Furcht überwiegen müßte. Wie das Bewußtsein eigener Größe die Seele erweitert, so muß hier eine Zusammenziehung derselben stattfinden. Auch hier finden sich wieder sehr tiefe Beobachtungen. Auf der entgegengesetzten Seite des Hasses treten zuerst die vorübergehenden Affekte der Offension, der verächtlichen Stimmung und des Zornes auf. Letzterer ist von dem iraseibile zu unterscheiden. Die Offension entsteht einerseits, wie wir sahen, aus der Inkongruenz, welche entweder zwischen dem Körper oder der Seele und dem äußeren Gegenstande besteht; hier berührt er die convenientia der verschiedenen Sinnesbilder und der Begriffe mit den Gegenständen, aus welcher unter den anderen Gefühlen auch das Gefallen an der Wahrheit und das Mißfallen am Irrtum oder der Lüge entspringt. ÖOffension entsteht aber dann auch als vorübergehendes Mißgefühl über Verletzungen. Bringt das Übel zwar keinen Schaden hervor, erregt aber das Urteil der Verwerfung, so entsteht die verächtliche Stimmung (contemptus). Zorn wird dann definiert als die herbe Gemütsbewegung, die entspringt, wenn jemand das von ihm besessene Gute verachten sieht, da er es doch selbst nicht als verächtlich betrachtet: worin er eine Verachtung seiner Persönlichkeit erblickt.! Zorn ist eine Gemütsbewegung, Zornmütigkeit eine dauernde Beschaffenheit oder ein ingenium naturale; die herrliche Schilderung desselben ist Seneca sehr verschuldet. Und wenn nun die Offension eingewurzelt ist, sich auf einen Gegenstand bezieht, von dem beständig Verletzungen ausgehen, und darauf gerichtet ist, selber diesem eine schwere Verletzung zuzufügen, dann entsteht der Haß (odium). Während bei Spınoza das odium all- gemeiner gefaßt wird, als die Ursache jeder Machtverminderung treffend und auf Entfernung und Vernichtung derselben bedacht.” Wenn Vıvzs dann die invidia, zelotypia und indignatio dem odium unterordnet, so ist dies auch bei Srınoza der Fall, nur daß Eifersucht als ein gemischter Affekt von seinen Definitionen ausgeschlossen ist. Dann unterscheidet Vıves die ultio als die Betätigung des odium von diesem selbst und leitet sie ab durch den Satz: was irgend der Affekt von einem äußeren Gegenstand in Empfang nimmt, strebe er auf den zurückzuwerfen, von dem er es empfing, sei es gut oder böse.” Dies Gesetz wird bei Srınoza* so näher bestimmt: das odium ist die tristitia concomitante idea causae externae, und da die Seele vorzustellen strebt, was eine solche Ursache ausschließt, so entsteht das Streben, diese Ursache zu ent- fernen und zu zerstören. Und nun entsteht aus diesen beiden Grundaffekten das Streben, den Gegenstand der Liebe zu erlangen oder den erlangten festzuhalten und den des Hasses abzuwehren. Tnomas von Aquın hatte Hinwendung und Abwehr unterschieden, Furcht und Hoffnung aber dem irascibile zugeordnet. Letzteres war selbstverständlich unhaltbar. Erst die Einteilung, welche die Lust und Schmerzgefühle zugrunde legt, konnte einen klaren Zusammenhang erreichen. Vıves definiert cupiditas als das Streben, ein Gut. das zuträglich erscheint, zu erlangen, wenn es abwesend ist, oder zu erhalten, wenn es in Besitz ist. Und dies Gut dient entweder der Selbsterhaltung (esse) oder dem bene esse. Die Natur hat nun den Menschen mit den Affekten ausgestattet, welche ihn antreiben, zu erreichen und festzuhalten, und vorsichtig und tapfer machen in der Abwehr. Die so entstehenden Gemütszustände spezaalisieren sich weiter nach dem Gegenstand, auf den die Begierde gerichtet ist. So ist nun doch schließlich unter dem Begehren auch Abwehr mit inbegriffen. Als eine Form der cupiditas definiert er die Hoffnung, nämlich: Zuversicht, es werde uns, was wir wünschen, zuteil werden.° Teleologisch angesehen erscheint sie Vıves als ganz vorzüglich notwendig unter soviel Kümmernissen und harten, fast unerträglichen Dingen. Die Furcht da- De anima 1l1I, de ira et offensione. Eth. III prop. 13. De animalll, de ultione et erudelitate. Eth. III prop. 13. Scholion. De anima Ill, spes. » ww o Divrsey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 13 gegen hat er nicht ausdrücklich als eine Modifikation der Begierde bestimmt, sondern definiert sie als Zusammenziehung der Seele, hervorgerufen durch die vermutete An- kunft eines als Übel Gewerteten.! Und mit keinem Worte wird die Furcht hier bezogen auf die Verhältnisse des Begehrens. So entsteht eine Unebenheit in der Be- handlung dieser koordinierten Aflfekte, in denen eben Streben oder Abwehr in ver- schiedenem Grade auftreten kann. Wenn Vıves diese Gruppe nur unter dem äußeren Gesichtspunkt des Strebens nach einem künftigen Guten oder der Abwehr eines kom- menden Übels auffaßt, so wird hier recht deutlich, wie die Auffassung der inneren Verhältnisse später erst möglich wurde, indem von einer strebenden Wesensbestimmt- heit und von den primären Affekten der Lust und Unlust ausgegangen wurde, wie dies in Teresıo und im 17. Jahrliundert auftrat. Dieselben Mängel entstehen in bezug auf das innere Verhältnis, in welchem Freude, Schmerz und die ihnen zugeordneten Affekte zu den anderen Gemüts- bewegungen stehen. Es ist eben nicht möglich, die Freude einfach zu definieren als den Gemütszustand, der auf die Gegenwart eines Gutes sich bezieht, und so muß Vıves selbst von der laetitia das gaudium unterscheiden, das der Aufhebung eines Übels folgt. Und ebensowenig ist die entsprechende Unterordnung der Betrübnis unter das malum praesens möglich, da sie ja ebenso aus der Entziehung eines Guten folgen kann. Verwandt mit der Furcht ist ihm dann die Scham (pudor), als die Furcht vor der Schande, welche als solche aber nicht die vor einem aus ihr er- wachsenden Schaden enthält. Den Schluß bildet die Schilderung des Stolzes (superbia). Seine natürliche Grundlage ist nicht schlimm: das Bewußtsein des Menschen von seiner höheren Ab- kunft, die berechtigte Liebe zu sich selbst, nach der er sich der höchsten und wahr- haften Güter wert erachtet. So ist auch in diesem von ihm tief in seinen zer- störenden Wirkungen geschilderten Affekt der teleologische Charakter des Seelenlebens bemerkbar. Endlich hat Vıves auch schon tiefe Blicke in die Gesetzlichkeit getan, welche das affektive Leben beherrscht. Affekte sind nach seiner Definition Kräfte, mit denen die Natur uns zur Bereicherung von Gütern und Vermeidung von Übeln ausgerüstet hat. Sie sind also stets »Bewegungen der Seele«. Daher das Gleichgewicht, Seelen- ruhe, Sicherheitsgefühl nicht als Affekte anzusehen sind. Die Kraft in diesen Be- wegungen ist ihnen selber einwohnend oder wird durch äußere Ursachen ihnen zu- geleitet. Die Affekte verstärken oder hemmen sich gegenseitig. Einer ruft den anderen hervor. So entsteht aus der Liebe invidia, odium und ira, wenn ein anderer den geliebten Gegenstand haßt oder verfolgt: das von SpınozA später so genial ausgenutzte gesetzliche Verhältnis. Ebenso entsteht aus der Liebe unter gegebenen äußeren Bedingungen die Begierde, die Hoffnung. die Furcht, bei Erreichung ihres Zieles die Freude, andernfalls der Schmerz. So tritt zur teleologischen Wertung der Affekte das klare Bewußtsein von der Kausalgesetzlichkeit, nach welcher gegebene Affekte unter hinzu- tretenden Bedingungen sich umsetzen in neue Gemütsbewegungen. Ebenso klar er- kennt Vıves, daß Affekte sich gegenseitig nach dem Verhältnis ihrer Kraft verdrängen und aufheben. Den bei Spınoza so wichtigen Satz, daß im Widerstreit der Affekte das Übergewicht nicht durch den moralischen Wert, sondern durch die Stärke des Affektes entschieden wird, formuliert Vıves und erläutert ihn an dem Bilde des bür- gerlichen Kampfes. in welchem niemand auf den Besseren, sondern jeder auf den Mächtigeren hört. So unterwirft sich der stärkste Affekt das ganze Reich der Seele. Und wie in dem Selbsterhaltungsstreben die Affekte gegründet sind, so ist ihre Stärke schließlich vom Verhältnis zu diesem Grundtrieb bestimmt. Er unterscheidet die schwachen von den starken, die vorübergehenden von den dauernden, und betont immer wieder die Macht des Gesetzes der Eingewöhnung wie Aristoteles. Von der ! De anima III, de metu. 14 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 7. Januar 1904. Macht der Affekte über das Gemüt, die so aus den kausalen gesetzlichen Relationen entsteht, befreit sich der Weise durch die richtige Wertbestimmung der Dinge.! Lauter Sätze, welche dann in der bestimmteren Fassung, welche die Analogie der me- chanischen Naturanschauung darbot, bei Ho»zees und Srınoza wieder begegnen werden. In Carvano ist das Bewußtsein von sich selbst, unbändiges Be- dürfnis des Ruhmes, Sinn für die Mannigfaltigkeit menschlichen Da- seins ausgeprägter und das autoritätsfeindliche Vertrauen zum eigenen Genie stärker als in irgendeinem Zeitgenossen. An seine außer- ordentliche Persönlichkeit, seine unzähmbaren Affekte, seine Visionen, seine Ahnungen und an sein Bewußtsein von seiner Singularität, das an die Originalgenies des 18. Jahrhunderts gemahnt, knüpft sich doch bei erheblichen Verdiensten in Mathematik und Medizin die Dauer seines Namens. Er verwebt den Bericht über seine Person überall in seine Schriften und hat schließlich in der Autobiographie de vita propria eine psychologisch wie künstlerisch geniale Darstellung derselben gegeben. Hierin vergleicht ihn GorrnE richtig mit Ben- VENUTO ÜEruist und MontaAısne. Die Grundlage des hier hervortreten- den Lebensverständnisses liegt aber in seiner Anthropologie, wie sie in den beiden Schriften de subtilitate und de varietate rerum sich findet. Sie liegen zwischen den Schriften des Vıves de diseiplinis 1531, de anima et vita 1538 und der Schrift des Tezesıo de rerum natura, welche vollständig 1586 erschien. Wie Gausteı bestreitet er die Teleologie, die den Zweck der Natur im Menschen findet. Dieser Irrtum entspringt, weil der Mensch alles zu seinem Vorteil zu brauchen vermag.” Was ist, ist um seiner selbst willen. Sätze, die Spmoza zu völliger Verwerfung teleologischer Betrachtung fortbildete. Hieraus entspringt ihm nun seine liebevolle Freude an der Eigenart der Wesen bis auf ihre Sonderbarkeiten. Es ist die Zeit der beschreibenden Naturerkenntnis, und dem Menschen scheinen neue Organe zu erwachsen, Realität aller Art zu erblicken. Die Ausgangspunkte der Erklärungen in seiner Anthropologie sind überall physiologisch. * Sehr schön sind seine ästhetischen Betrachtungen. Die Gegenstände erregen in den Sinnen in dem Maße Lust, als sie leicht erkennbar sind; so entspringt eine die ! Zu dieser ganzen Theorie ist das Prooemium des dritten Buches De anima und die dann folgende Enumeratio affeetuum zu vergleichen (S. 167— 169). 2 De subtilitate Lugd. 1550, p.415 — 418. R 3 Ableitung der wenig erfreulichen Eigenschaften der menschlichen Rasse aus der Mischung der Stoffe im Körper, S.439f.; Studium der Ausdrucksbewegungen, S. 444; physiologische Erklärung der Seufzer und Tränen (S. 454) als eines zweck- mäßigen Mittels der Natur, die vom Schmerz bewirkte physische Hemmung aufzu- heben; die schlechten Charaktereigenschaften durch körperliche Gebrechen begünstigt, S.455. Der Mechanismus, durch welchen die Affekte körperliche Veränderungen her-, vorrufen, S 456. Dirrney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 13 Konsonanz und die überschauliche Proportion begleitende Lust; der Eindruck des Schönen entsteht hier aus den Maßverhältnissen der Dinge. Er zeigt an dem Ver- hältnis der Teile des Gesichts, der Anordnung der Säulen oder Bäume die Wirkung der Symmetrie auf das Gefühl. Hier beruft er sich auf die Alten und bereitet Krr- Lers Ideen vor. Der Vorzug des Gehörsinnes liegt darin, daß er leichter Gemüts- bewegungen erregt. Hier entwickelt er, wie die verschiedene Kombination der Unter- schiede der Töne nach Höhe und Tiefe, nach ihrer Stärke, nach Rauheit und Santt- heit, nach Geschwindigkeit der Folge sowie nach Dissonanz und Konsonanz im Ge- müte kriegerische Energie, Rührung, freudige Lebhaftigkeit und Mäßigung hervor- bringen. Und sehr fein führt er nun für alles Empfindbare drei Prinzipien der ästhetischen Wirkung durch. Zuerst ist das Gefallen geknüpft an die Proportion, dann an das Mittelmaß des Reizes, endlich an den Fortgang von dem weniger zu dem mehr gefälligen Eindruck. In seiner Darstellung der Affekte geht er von der Theorie der Lebensgeister aus: im Zustande der Freude strömen sie nach außen, dem Gegenstand entgegen, und in dem der Traurigkeit ziehen sie sich von den äußeren Teilen zurück, und zwar plötzlich in den heftigen Unlustaffekten und langsamer in den stetig wirkenden. Diese Grundvorgänge bedingen dann die Veränderungen in Blutbewegung und Blutwärme, und so entstehen die typischen Unterschiede in den körperlichen Wirkungen der Affekte. In der Schrift De varietate rerum 1556 kommt noch stärker sein Grundgefühl von der unermeßlichen Mannigfaltigskeit der Dinge zum Ausdruck. Auf all diesen beschreibenden medizinischen, anthropologischen Arbeiten beruhen schließlich die Ge- sichtspunkte seiner Selbstbiographie. Äneas Syıvıus, Benvenuro Crreinı haben das lebhafteste Bild ihrer eigenartigen Persönlichkeit und ihres Verhältnisses zur Außen- welt hinterlassen. Aber erst Carvanus hat aus dem höchsten Begriff der biographi- schen Aufgabe, wie er ihm aus seinen anthropologischen Studien entstanden war, und mit all den Kunstmitteln, die durch die so gefaßte Aufgabe gefordert wurden, seine Selbstbiographie abgefasst. Mit Bewußtsein stellt er seine widerspruchsvolle und dämonische Individualität hin, ausgehend von seiner physischen Struktur, den in ihm vorherrschenden Affekten des Ruhmes, der Liebesleidenschaft und des Zornmutes, sowie von den Eigenheiten seiner Auffassungsgabe, seinen Visionen, seinem Vermögen der Voraussage, seiner intuitivren Begabung. Und ebenso bewußt unternimmt er, die Notwendigkeit aufzu- zeigen, welche die Ausbildung seiner Individualität bestimmt hat. Die Konstellation, die über seiner Geburt waltete, hat die zweifelhaften wie die glücklichen Eigenschaften seines Lebens vorbestimmt. Von Vater und Mutter leitet er dann Züge seiner Indi- vidualität ab; beiden gemeinsam waren Zornmütigkeit und Unbeständigkeit, die auf ihn übergingen. Nun berichtet er von den Umständen, die auf sein Leben eingewirkt haben. Statur und Körpererscheinung, Gesundheit, seine körperlichen Übungen und seine Lebensordnung vergegenwärtigen die physische Grundlage seiner Existenz. Als seinen stärksten Beweggrund hebt er die Liebe zum Ruhm hervor; so früh er denken kann, war er darauf gerichtet, seinen Namen zu verewigen. Er spricht über sich, seine sinnlichen Leidenschaften, sein falsches Spiel, sein Bedürfnis zur Rache, wie der Naturforscher über die Organisation eines Raubtiers, mit der Ruhe thoretischen Ver- haltens, in welcher später Srınoza die Affekte auffaßte. Die Streitschrift des Jur. Caes. ScALIGER (1557) gegen das Werk des Caro. de subtilitate war das am meisten besprochene Ereignis innerhalb der damaligen anthro- pologischen Forschung. Auch ScaLıGER hatte eine immpetuose Natur von demselben gigantischen Selbstgefühl und derselben Einmischung des Kultus seiner Persönlichkeit in die wissenschaftliche Untersuchung. Von solchen Eigenschaften ward er hingezogen ! Eine andere Ursache der Lust, welche durch die Sinne vermittelt wird, liegt in Vornehmheit und Seltenheit der Gegenstände, da dann aus dem Besitz besondere Befriedigung unseres Selbstgefühls entspringt; S. 462. 463. 16 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. zu der Betrachtung der menschlichen Leidenschaft. Die Überlegenheit, welche er über den Carvano zu behaupten schien, beruhte doch nur darauf, wenn man von seiner göttlichen Grobheit absieht, dass er der dunklen, aber tiefen Intention des CArDANo auf einheitliche, physiologisch begründete Auffassung des Seelenlebens die klaren Distinktionen des damals aus der scholastischen Verderbnis wiederhergestellten Aristo- teles gegenübersetzte.'" Wenn Scarıser die Lehre des Carpanus von Symmetrie und Proportion als der Grundlage der ästhetischen Eindrücke in den beiden höchsten Sinnen bestreitet, so ist Carpano hier der Weiterblickende, und die Distinktionen seines Gegners von Sinn und Intellekt, Qualität und Proportion, sind gegen seine Theorie selbst nicht entscheidend. Wenn die Hauptdifferenz zwischen beiden in der Theorie des affektiven Lebens darauf beruhte, daß Carpanvs die Einheit in diesem Verhalten durchzuführen suchte und sonach die Grundeigenschaft des Begehrens nicht nur innerhalb der Sinnlichkeit, sondern auch im Willen findet und den Affekt auf beide Gebiete erstreckt, wogegen ScauıGEr die affektive Zuständlichkeit der Seele, das hieraus entspringende Begehren und die Willensentscheidung sondert und aus diesen Momenten dann die äußere Handlung hervorgehen läßt, so daß das Begehren vom Willen getrennt ist und seine zeitliche Bedingung ausmacht — wie wenig fördern doch diese aristotelischen Distinktionen des Scauıser, wie gar nicht greifen sie ein in das frische Leben der damaligen anthropologischen Forschung! Die Poetik des ScaLıGEer war eine der großen Taten der damaligen Geistes- wissenschaft. Sie sammelte in sich den Inbegriff der Traditionen des gesamten Alter- tums. Die fragmentarische Überlieferung der aristotelischen Lehre lockte, ein voll- ständiges Lehrgebäude aufzustellen, aus welcheın die Regeln für die dichterische Praxis und die Kritik abgeleitet werden könnten. Dies war das Ziel der Poetik des ScALIGER so gut als der des Vına und des Lorzz. Poetik bleibt im aristotelischen Sinne eine Kunstlehre, die auf Regelgebung gerichet ist und die Topik und Rhetorik der Alten, insbesondere des Aristoteles, sind neben den Resten ihrer Poetik die Fund- stätten für die Bausteine dieser neuen Wissenschaft. Genau so ist aus ihnen später in Deutschland die Hermeneutik formiert worden. So bilden das zweite und vierte Buch, welche die Kunstmittel darstellen, und darin vor allen die Lehre vom bild- lichen Ausdruck, die eigentliche Masse in dem Werk des ScaLısEer. Das bewußte Machen, das Aufsetzen von Bildern und rednerischen Figuren, wie es aus der Rhetorik stammt: dies ist der Hauptpunkt, in welchem die Doktrin dieser Poetik mit dem geschraubten, pomphaften, bildlich gesteigerten Stil der Epoche zusammenhängt. Da- her hat diese Poetik keinen Zusammenhang mit der Anthropologie der Zeit oder ihres Urhebers in der Lehre von der Einbildungskraft als deın schaffenden Vermögen des Dichters: auch war ja kein Ansatz zu einer solehen Behandlung der Poetik in der Anthropologie der Zeit vorhanden. Und auch die Bestimmungen des Carpano und anderer platonisierender und pythagorisierender Denker über die Gründe des Eindrucks von Schönheit in Symmetrie, Proportion usw. wurden, wie wir sahen, von ihm törichterweise zur Seite geschoben. Der Zusammenhang dieses ersten großen Ent- wurfs der Poetik mit der Anthropologie der Zeit besteht an einem anderen Punkte: in der Theorie der Affekte. Und hier berührt sich ScatLıGer mit dem innersten Geiste der werdenden großen Phantasiedichtung. Es handelt sich um den Zweck der Dichtung. Ich lasse die keineswegs einwandfreie Polemik gegen Aristoteles zur Seite. ScALIGER knüpft an die in der Polemik mit Carnpano entwickelten Unterscheidungen. Aus den Charakteranlagen (mores) entspringen die Gemütsbewegungen (affeetus). Und diese gehen als innere Akte (actus interiores) den äußeren Handlungen voraus. Der Zweck der Dichtung besteht nun in der moralischen Belehrung des Menschen. Das Verhältnis der Dichtung zu den angegebenen Stadien, in denen die Handlung entsteht, ist entgegengesetzt demjenigen, das in der Wirklichkeit des bürgerlichen Lebens statt- findet. In letzterem ist die Handlung das Endziel, während in der Dichtung die Dar- ! Cap. 300, 2. een ur Dirraey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 17 stellung der Handlung das Mittel ist: der Dichter lehrt Affekte durch Handeln. Die Handlung ist also das Gewand, in das der Dichter seine Lehre einhüllt, und der Affekt ist der eigentliche Gegenstand der Belehrung, welche auf die Bestimmung unserer Hand- lungen wirken will.! Ferner wird die Lehre von den Affekten noch an einer anderen Stelle benutzt, in dem wichtigsten dritten Buche, wo dort von der künstlerischen Dar- stellung von Charakteren und Leidenschaften die Rede ist. So zeigt sich uns hier der Zusammenlıang zwischen dieser Poetik, deren Einfluß unermeßlich gewesen ist, und der kommenden Tragödie, welche in der Darstellung des Nexus, der von Anlagen durch Affekte zu Handlungen führt, und in der breiten Darstellung des Affektlebens ihren Mittelpunkt hatte. Für dies innere Verhältnis ist dann auch dasjenige sehr belehrend, was Bacon über denselben Gegenstand entwickelt hat. Der herrschende wissenschaftliche Kopf war auf diesem Gebiete TeLesıo, geboren 1508 zu Cosenza. Wie er die Erklärung der Na- tur aus ihr selber, sonach aus dem Erfahrbaren unternahm und hier- für das Zusammenwirken der Forscher in der Richtung auf Beob- achtung und Experiment herbeizuführen suchte, hierin der Vorgänger Bacoxss, so hat er auch die Anthropologie loslösen wollen von der Metaphysik und dem Zusammenhang des Naturerkennens einordnen. So hat denn auch sein Hauptwerk De rerum natura iuxta propria prineipia in den späteren Auflagen von 1586 und 1583 der früher 1565 erschienenen Naturlehre die Seelenlehre untergeordnet. Und er zuerst hat nun die kausalen Relationen zwischen den Erscheinungen des Seelenlebens vermittels oberster Prinzipien des Naturzusammen- hangs abzuleiten unternommen, wie das dann Spmozas Methode war. Vor allem aber hat er die Andeutungen des Vıvzs über einen allum- fassenden Kausalzusammenhang des Seelenlebens fortgebildet. Der Mensch ist ihm ein sich selbst erhaltendes psychophysisches Wesen, das aus den Außenreizen Erkenntnis entwickelt und auf sie in Affekten und Handlungen reagiert. Teresıo zuerst hat die von außen erwirkten Veränderungen in diesem Wesen, nämlich die Sinneseindrücke in modernem Geiste untersucht (Buch VID)‘ und genetisch von dieser Grundlage aus die Mittel des Naturerkennens abgeleitet. Wie Vıves hat er die Lebenswerte der Affekte anerkannt, kraft deren sie der Selbsterhaltung des organischen Wesens dienen und sonach heilsam und notwendig sind, wofern sie das mittlere Maß weder überschreiten noch hinter ihm zurückbleiben. In ihm vollzieht sich die Wendung in der Anordnung der Affekte, welche Hosges und Spixoza vorbereitet hat: was den Körper und den ihm einwohnenden (schließlich eben- falls physischen) Spiritus stärkt und erhält, ruft kraft des Strebens nach Selbsterhaltung Lust hervor, was ihn vermindert oder zerstört, Schmerz, und diese sind die beiden primären Affekte. Hiermit ist die Metaphysik aus diesem wichtigen Teile der Seelenlehre beseitigt und genau die von Hosges und Spixoza gegebene psychophysische SPoetieesy IbAVUIS.c.3; vel.lib. IN, e.720. Sitzungsberiehte 1904. DD 18 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. Interpretation der Affekte eingeführt. Ich habe nun früher im ein- zelnen nachgewiesen‘, wie Teresıo in seinen einzelnen Sätzen von GALEn und der Stoa bestimmt ist, und wie er zuweilen, bis in die Worte hinein, Srıxoza in dessen anthropologischen Hauptsätzen vor- bereitet hat. Dasselbe gilt in bezug auf Hosses. Ich füge zu dem dort Gesagten nur einige Bemerkungen hinzu. Die Abgren- zung von Metaphysik und Physik ist freilich auch bei Teresıo darum nicht voll- ständig deutlich, weil er einen übersinnlichen, ewigen Geist festhält, der im Unter- schied von dem aus dem Samen entwickelten direkt von der Gottheit eingegossen und hinzugefügt ist. Dieser ist also eine die Grenzen des Naturzusammenhangs über- schreitende Tatsache, wie die des göttlichen Wesens selber. Andererseits aber fällt doch diese Tatsache im Unterschied von den durch keine Erfahrung kontrollierbaren metaphysischen Wahrheiten, wie der Existenz Gottes, nach ihm in das Erfahrbare, weil sie in der inneren Erfahrung unseres sittlichen Bewußtseins gegeben ist. TELesıus schließt V, 2 und 3 auf diesen unsterblichen Geist aus folgenden Erfahrungen: der Mensch erforscht Dinge, die ihm von keinem Nutzen sind, und vernachlässigt über der »seligen Betrachtung« der göttlichen Dinge das Wohl seines Körpers, aus einem inneren Verlangen nach der Anschauung und dem Verkehr mit der höheren Welt. Alle anderen animalia sind nur auf die Dinge, die der Selbsterhaltung dienen, bedacht; sie begnügen sich im Genuß der gegenwärtigen Güter, wogegen die mensch- liche Seele, auch wenn man sie unter dem Zuströmen aller Güter vollkommen glück- lich vermuten könnte, doch stets anxia, semper remotis futurisque prospiciens ist. Der Mensch sieht willig der Zerstörung seines Körpers entgegen. Er verachtet die Schlechten selbst auf der Höhe ihres Glückes. liebt und verehrt dagegen die Guten. Alle diese Eigenschaften lassen sich aus dem Spiritus e semine eductus nicht erklären. Endlich hat Teresıo die Existenz einer unsterblichen Seele, als ein Postulat einer gerechten Weltordnung angesehen. Da nun Teresıo mit Recht die Einheit des Seelenlebens gegenüber den aristotelischen Dualismus festhalten will, gibt er dem aristotelischen Begriff der forma substantialis die Wendung, daß er den unsterblichen Geist als eine hinzutretende Form des Körpers und der Lebensgeister faßt, auf der dann der höhere Intellekt und der Wille beruht. Gänzlich hinfällig ist die öfters geäußerte Ansicht, als ob es dem Teresıo mit dieser Doktrin nicht ganz ernst wäre. Sie ist vielmehr das unvermeidliche Komplement seiner physiologischen Psychologie, die auf den Lebensgeist sich gründet. Als Hozses und Srınoza diese physiologische Spirituslehre aufgeben konnten, bedurften sie auch der forma superaddita nieht mehr. Aus einer Kombination von Erfahrungen schließt Teresıo, daß im ganzen Univ&rsum mit der Materie ein Analogon des Psychischen verbunden und sonach das Seelenleben in Tieren und Menschen eine Äußerung dieser allgemein verbreiteten Kraft ist. Das zweite allgemeine Naturprinzip, auf dem seine Anthropologie beruht, ist das Streben nach Selbsterhaltung, das schon den zwei Naturkräften und dann weiterhin jedem aus ihrem Zusammenwirken an der Materie entstehendem Körper innewohnt. Jedes Ding kennt kein anderes Übel, als die Zerstörung seiner selbst.? Das dritte allgemeine Naturprinzip der Anthropologie ist die innere Teleologie des animalischen Wesens, nach welcher der Selbsterhaltung seine Teile und seine Funk- tionen dienen. Und für die Psychologie der individuellen Unterschiede tritt dann die Lelıre von der unübersehbaren Mannigfaltigkeit der Dinge, gleichsam einem in der Natur angelegten Prineipium individuationis hinzu. Der Kanon oder die mensura (offenbar entsprechend dem Begriff des Kriteriums im Theoretischen), welche der Bewegung aller Affekte die Ziele geben, ist die Selbst- erhaltung. Sie wirkt wie die Feder in einem Uhrwerk, indem sie den Gang der Affekte ! Archiv Band VII, 82 ff. 2 Tel. de rer. nat. IX, 2. Ben Dirrney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 19 bestimmt. Sie tut dies durch die Grundeigenschaft des affektiven Lebens, nach welcher Lust geknüpft ist an das, was die Macht des Körpers steigert, und Unlust an das, was sie vermindert oder zerstört. Wieder alles Hosges und Srınoza. Dieser Trieb der Selbsterhaltung führt die Menschen zusammen in gesellschaftliche Verbände und zu vertrautem Verkehr, und er erregt in ihnen das Gefühl des Wohlwollens für die Mit- menschen. Denn getrennt vermöchten sie kein sicheres Leben zu führen; der ein- zelne könnte nicht alles, was er zur Erhaltung des Lebens braucht, sich selbst ver- schaffen, der Kampf gegen andere Lebewesen und gegen Gewalttaten schlechter Men- schen ginge oft über die Kräfte des Alleinstehenden hinaus. Hier bereitet Teresro das Naturrecht von Hozses auf Grund der antiken Tradition vor. Und da der Mensch erkennt, daß die Leiden, die seine Mitmenschen bedrücken, auch ihm drohen, daß das Gute, was jenen zufällt, auch ihm erreichbar ist, so entsteht das Mitgefühl, und dieses kann sich in Haß gegen die umsetzen, welche dem schaden, den wir lieben. Der echteste Ausdruck des Geistes der Renaissance sind die Wertbestimmungen, nach welchen Trresıo die Affekte abschätzt. Die Traurigkeit und alle ihr ver- wandten Affekte sind als eine Zusammenziehung des Geistes eine Schwäche und Herabsetzung desselben, dagegen sind fortitudo und sublimitas als Erweiterungen der Seele Steigerungen der Lebenswerte in ihm, sonach Tugenden. Nicht lange nach dem vollständigen Werke des Terzsıo erschienen in Frankreich 1588 die Essays des Moxtaisne. Ich habe nachgewiesen', daß er neben dem Einfluß der Skeptiker auch den der römischen Stoa und des Plutarch in sich aufgenommen hat, und in unserem Zusammen- hang wird ersichtlich, wie er den Vıvss und Texzsıo fortsetzt. Er ver- ehrt in allem die Natur und strebt, sie rein zu vernehmen. Sie lenkt uns durch den Trieb nach Freude, und ihre Mittel sind die Affekte, ohne die unsere Seele bewegungslos daläge wie ein Schiff auf offenem, ruhigem Meer. Auch bei ihm findet sich der Zweifel am Wert der Reue, gegründet darauf, daß das Vergangene im Zusammenhang des Universums bedingt war, die Bevorzugung der männlichen und freudi- gen Gefühle — alles wie bei Hosses und Srmoza. Das stoische Prinzip des naturgemäßen Lebens, auf welches nun in der nächsten Generation ein natürliches System der menschlichen Lebensordnungen gegründet werden sollte, steht im Mittelpunkte seiner Moral, und das Größte in ihm — worin er der Renaissance und vornehmlich dem CARDANo ver- wandt ist — ist die Hinstellung seiner eigenen Individualität im Ge- fühl des Rechtes, das eigene Wesen auszuleben.? Diese ganze Reihe von Denkern schließt der Süditaliener GiorDANO Bruno, der Philosoph der italienischen Renaissance, durch welchen deren künstlerischer Geist und ihre ästhetischen Ideale in die Sphäre der Philo- sophie erhoben worden sind. Wie seine Naturansicht die Trümmer des antiken Materialismus zu einem neuen mächtigeren, erhabeneren Ge- bäude vereinigt und zugleich die in Teresıo angelegten Konsequenzen zieht durch den Begriff des einen unendlichen und göttlichen Uni- ! Archiv IV, S. 646 ft. ?2 Über sein Verhältnis zur Stoa das Nähere in dem zitierten Aufsatz. 20 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. versums: so hat auch die aus dieser Doktrin fließende Anschauung des Menschen, so ungenügend sie in der wissenschaftlichen Begründung ist, doch die Ideale der Renaissance am vollkommensten realisiert. Die ganze Dogmatik des Christentums wird als anthropozentrisch, dua- listisch und jüdisch-partikular dem Standpunkt des Sinnenscheins und der Imagination untergeordnet. Die Auflösung dieses Scheines ist die Philosophie. Der Höhepunkt des philosophischen Bewußtseins ist der heroische Affekt, in welchem Bruno das Lebensgefühl der Renaissance größer als irgend ein anderer Denker ausgesprochen hat. Nicht nur die katholische, sondern auch die protestantische Lebensführung scheint ihm dies heroische Lebensgefühl zu unterdrücken. Wie eine lodernde Flamme glüht und leuchtet in ihm das Renaissancebewußtsein von der Schönheitsherrlichkeit der Welt, von jener unermeßlichen Varietas re- rum, die Carpano so tief empfunden hatte, von dem individualen Eigenleben jedes Teiles des Universums. Hinter ihm liegt die Schul- philosophie und das Christentum; Aristoteles ist nur darin nachzu- ahmen, daß er hinwegschritt über die früheren Philosophen. Er ver- ehrt den Prrrarca, aber seine sentimentale Liebe findet er zugleich des Mitleids und des Lachens würdig: eine wahre Tragikomödie. Aus dem Altertum strahlen zu ihm vornehmlich herüber das Gestirn Platos und, es umkreisend, das des Plotin, »des Fürsten aller Platoniker«, und in der Moral das der Stoa, insbesondere des Epiktet und Mark Aurel. Die Menschenkunde und die Lehre von der Lebensführung, wie die Renaissance sie gewonnen hatte, ist nun auf die nordischen Völker übertragen worden. Hier aber traf sie nun auf Lebensbedingungen ganz anderer Art, und in den großen protestantischen Bewegungen mußten diese Doktrinen veränderte Formen annehmen. Ich habe früher versucht, die seelische Lebendigkeit, welche hier in den verschiedenen Formen des protestantischen Glaubens sich ausbildete, und die hinter den Dogmen und Moralschriften aufgesucht werden muß, zur Darstel- lung zu bringen." Verhältnis dieser Literatur zu Kunst und Dichtung. Jedesmal, wenn eine Kultur abstirbt und eine neue entstehen soll, erblaßt die Begriffswelt, die aus der älteren hervorgegangen war und löst sich auf. Das Erlebnis, wie es bedingt ist durch die gesellschaft- lichen Veränderungen und die Fortschritte der Wissenschaft, emanzi- piert sich gleichsam eine Zeit hindurch von den Fesseln begrifflichen Denkens: für sich wird es eine Macht über die Gemüter. Hiervon ist dann die Folge eine ganz neue Schätzung von Kunst und Dich- ! Archiv V, 337ff.; VI, 6ıff., 225fl., 5ı8ft.; VII, 29ft. Dirraey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 21 tung als des unmittelbaren Ausdrucks dessen, was die Zeit bewegt, und ein direktes Verhältnis jeder Art von Literatur über die Natur des Menschen und die Führung des Lebens zur Kunst und Dichtung. So erleben wir es heute, und so war es im 16. Jahrhundert und in den Anfängen des 17. bis zur Entwicklung des naturwissenschaftlichen Geistes in KerLer, GaLiteı und Descartes. Der systembildende Geist ruht ja niemals: ist er doch in dem metaphysischen Bedürfnis gegrün- det, das Rätsel von Welt und Leben in allgemein gültiger, wissenschaft- licher Erkenntnis zu lösen. Aber kein Aufwand von Scharfsinn kann den Gespinsten des begrifflichen metaphysischen Denkens, die in solchen Zeiten entstehen, Farbe und Kraft des Lebens geben. Und wie nun Kunst und Dichtung in solchen Zeiten der höchste Ausdruck der Lebens- auffassung werden, so schöpfen sie doch nicht ohne jede andere lite- rarische Vermittlung aus ihnen selber die Tiefe der Lebensansicht. In dem angegebenen Zeitraum hat die neue Kunst und Dichtung sich ent- faltet in der Atmosphäre der ausgedehnten Literatur, die vom Menschen und seiner Lebensführung handelte. So hat in der bildenden Kunst die Lehre von den 'Temperamenten, den Ausdrucksbewegungen, den individuellen Verschiedenheiten, wie sie aus den Schriften der Alten herüberkam und sich fortbildete, auf die beiden größten Genies der Charakteristik und des Ausdrucks, auf Lıiowarno und DÜRER, gewirkt. Rarraeıs ganze Lebensstimmung schwimmt in dem Lichte jener Poesie, die aus der Literatur und Dichtung von der Liebe, von der Ver- wandtschaft der irdischen und göttlichen Schönheit stammte, welche damals alle Gebildeten beschäftigte. Die Sonette MicHEL ANGELOS offenbaren sein inneres Verhältnis zu der platonisierenden Mystik jener Tage. Und man findet sich versucht zu vermuten, daß RusEns unter dem Einfluß der geistigen Atmosphäre stand, welche die starken Bewegungen, die Affekte der Seele, die daraus entspringenden star- ken Handlungen auf eine neue Weise nachempfand, schätzte und zer- gliederte. Vornehmlich aber hat nun diese ganze Literatur auf die Dichtung der Epoche und in ihr wieder besonders auf das Drama ge- wirkt. Wenige Spuren direkter Einwirkung der Schriften, von denen wir sprachen, sind auf uns gekommen, wie die zweifellose Einwirkung Montaisnes und die mögliche Brunos' auf SHAKESPEARE, wie das Ver- hältnis Racmes zu Port-Royal, dem Sitz der tiefsten Seelenkunde des Zeitalters, oder wie Morı&res Kenntnis der philosophischen Diskussionen jener Tage. Wir kennen nicht die unzähligen Kanäle, durch welche von den großen Reservoirs der Menschenkunde jener Tage sich Frucht- barkeit über die Gefilde der Poesie verbreitete. Dichter aber, als wel- ! Vgl. Archiv VII, 282. 22 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. che von der Anschauung der Menschen leben, werden auch damals mehr als aus Büchern aus der Anschauung der von dieser Literatur formierten Persönlichkeiten und aus dem lebendigen Gespräch, das unter den Gebildeten jener Tage von dieser Literatur bedingt war, gelernt haben. Schließlich liegt der Beweis für dies ganze Verhältnis nicht nur in den spärlichen direkten Beziehungen zu dieser Literatur, die nachgewiesen werden können, sondern darin, daß diese ganze Dichtung einmütig eine Kraft manifestiert, die sinnliche Seite des Menschen, die äußeren Zeichen des Charakters, die körperlichen Aus- drucksmittel der Leidenschaften zu erfassen, die Struktur der Individuen sehen zu lassen, den inneren Zusammenhang von Affektzuständen darzustellen, welche niemals vorher oder nachher erreicht worden ist. Es ist, als ob die Figuren von SHAKESPEARE oder MoLiErE durchsichtig in die Triebkräfte ihrer Seelen blicken ließen. Sie fordern die Kunst mimischer Darstellung wie keine anderen, und ermöglichen sie, weil schon dem Dichter die körperliche Seite der inneren Zustände immer gegenwärtig war. Und auch die Begriffe dieser großen Dichter über das Verhältnis des Charakters zum Schicksal hängen zusammen mit den Debatten jener Tage über diese Frage.' Zweiter Absehnitt. Die Anthropologie und das natürliche System der Geisteswissen- schaften im 17. Jahrhundert. Die neuen anthropologischen Begriffe des 16. Jahrhunderts, wie sie zunächst bei den romanischen Völkern sich entwickelt hatten, wirkten selbstverständlich auch auf die Politiker und die politischen Schrift- steller. Aber die Ideen über die Verbesserung der gesellschaftlichen Ordnungen waren zunächst durch die christlichen und die platonischen Ideale bestimmt, sie entbehrten also der allgemeingiltigen Grundlage in einer realen Erkenntnis der menschlichen Natur: so folgerten die Utopie des Morvs (1516) und die revolutionären Ideen der Spiritualisten in Deutschland aus willkürlichen Idealbegriffen, und noch die Politik des Justus Lirsıus (1589) ist konstruiert aus den Begriffen der Tugenden, welcher der Fürst bedarf; die Anforderungen der harten Realität finden dann unter der Tugend der prudentia erst einige Berücksichtigung, wie der Geist der Zeiten sie verlangte. Der außerordentliche Fort- schritt, der von dem politischen Bedürfnis der Zeit gefordert wurde ! In bezug auf SuarespeAare habe ich einiges über dieses Verhältnis entwickelt in den Sitzungsberichten dieser Akademie 1896 vom 5. März. Dirrsey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 23 und in den neuen Anschauungen des Menschen eine theoretische Grund- lage erhielt, bezog sich auf die Prinzipien der äußeren Politik. { Ich habe in früheren Abhandlungen dargelest, wie der Begriff der Staatsraison, die von dem Machtstreben der Staaten aus die Regeln des politischen Handelns al- leitet, in den Kämpfen der italienischen Staaten sich ausbildete, in der venezianischen Politik die erste grundsätzliche Verwirklichung und in Macntaveruıs Schriften ihre Doktrin erhielten. Macnraverrı hat das politische Denken auf seine anthropologischen Prinzipien gegründet. Die Gleichförmigkeit der Menschennatur, die Macht der Ani- malität und der Affekte, vor allem der Liebe und der Furcht. ihre Grenzenlosigkeit — dies sind die Einsichten, auf welche jedes folgerichtige politische Denken und Han- deln und die politische Wissenschaft selbst gegründet werden muß. Die mit Tatsachen rechnende positive Phantasie des Staatsmanns hat in diesen Erkenntnissen, die den Menschen als eine Naturkraft begreifen und Affekte dadurch überwinden lehren, daß sie andere Affekte ins Spiel bringen, ihre Grundlage. Sarrı entwickelt in seiner po- litischen Schrift von 1615 mit der Kälte des Naturbetrachters Prinzipien und Technik der oligarchischen Regierung Venedigs, Gurccrarninı, Parura und Borero vertreten in milderer Form denselben Standpunkt, und das Testament Rıckerırus ist auf das- selbe Prinzip der Staatsraison gegründet, aber gemäßigt durch die vornehmeren Ge- siehtspunkte, wie sie die Reputation des Souveräns in den großen Monarchien for- derte. Der niederländische Vertreter der römischen Stoa, Scıorprivs, hat in seiner Schrift über die Methode der Politik, die Coxrına herausgegeben hat, Autarkie und Wohlfahrt des Staates als die Richtschnur alles politischen Handelns hingestellt und die Beweggründe der Moral nur in mittelbares Verhältnis zu ihr gesetzt; der po- litische Denker hat über die Tyrannis und die Revolutionen nur zu sprechen wie ein Arzt über Fieber und Entzündungen. Dieser Vergleich ist demjenigen ähnlich, welchen Spınoza in weiterem Sinne auf die Betrachtung des ganzen affektiven Lebens ange- wandt hat: »als ob von Linien, Ebenen oder Körpern die Rede wäre«. Und Lırsivs selber hat in seinen Vorschriften über die fürstliche prudentia die Frage aufgeworfen, ob nicht in deren säuberliche Mischung einige Tropfen von böswilliger List und Be- trug eingemischt werden dürften, er hat diese Frage bejaht, in Erwägung, daß Natur und ratio das Staatswohl zum unbedingten Maßstab der politischen Handlungen machen, und daß die Politik der Zeit voll von Lüge, List und Trug sei.! Prinzipien der Fortbildung der Rechts- und Staatsordnung, ge- gründet auf die neue anthropologische Wissenschaft und systematisch durchgeführt, haben sich aber in einem ganz anderen Zusammenhang entwickelt. Zwei Momente greifen hier ineinander. Die protestanti- schen Schriftsteller untersuchten, zumal seit der Bartholomäusnacht (1572), das Verhältnis des Rechtes der Fürsten zu dem der Unter- tanen und gingen dabei zurück auf den griechisch-römischen Begriff des Staatsvertrages. Die Schriften von Henning 1562, LAnGuEer 1569 und Horomasnus 1585 sind durch ihre wissenschaftliche Methode be- merkenswert. Hesnıse nennt seine Schrift De lege nature methodus apodietica, und Lansver bezeichnet bereits als sein Verfahren die geo- metrische Methode, wie sie Hosses und Srınoza dann übten.” Das andre Moment lag in der Renaissance der römischen Rechts- und Staatslehre. Diese vollzog sich durch die großen französischen Juristen ! Näheres in meinen Aufsätzen im Archiv. besonders VII, 56 ff. ®2 Meine Abhandlung, Ba.VIl, 59 ff. 24 Sitzung der philosophisch--historischen Classe vom 7. Januar 1904. der Schule von Bourges, unter denen mehr historisch Cvracmws und vorwiegend systematisch Doxerıus die Führer waren. Die römische Rechtswissenschaft hatte die naturrechtlichen Theorien der Griechen mit dem Rechtssystem selbst in Beziehung gebracht, und so gelangte auch auf diesem Wege die naturrechtliche Theorie in ihrer Anwend- barkeit auf die positive Jurisprudenz zur Geltung. Und da nun die neue bürgerliche Gesellschaft auf die rechtliche Gleichheit aller Staats- bürger und andererseits auf die Durchführung der staatlichen Souve- 'änität hindrängte, so gewann sie in der naturrechtlichen Lehre die theoretische Grundlage ihrer Konstituierung und das Kampfmittel gegen die Selbständigkeiten, die im Innern der Gesellschaft im Mittelalter sich gebildet hatten. Aus diesem Bedürfnis gingen drei große Werke hervor, die Staatslehre des Bons 1577, die Politik des ALrnus 1603 und das Völkerrecht des Hwso DE GroorT 1625." Hwco Groriws, der letzte unter diesen Schriftstellern und der einflußreichste, steht nun bereits unter dem Einfluß der Erneuerung der römischen Stoa, welche sich damals in der niederländischen Philologie vollzogen hatte. Das Verhältnis der Zeit zu der Stoa und der durch sie bedingten römischen Lebensansicht beruht vornehmlich darauf, daß hier ein Zusammenhang gegeben war, in welchem aus dem teleologischen Charakter des Weltzusammenhanges vermittels der Lehre vom Menschen ein Inbegriff allgemeingültiger und unveränderlicher Regeln abgeleitet wurde, an welche jede Ordnung der Gesellschaft in Recht, Staat und religiösem Glauben gebunden ist. Dies war es, was die Zeit be- durfte: Begründung neuer Ordnungen, unabhängig von den bisherigen Autoritäten: Autonomie des Geistes in der Regelung seiner praktischen Betätigungen im bürgerlichen Leben: unangreifbare Grundsätze für die Regelung der Gesellschaft nach ihren neuen Bedürfnissen. Die Prinzipien der rationalen Gestaltung von Recht, Staat und Religion als den Formen geistigen Lebens konnten aber nur auf den erkannten gesetzlichen Zusammenhang des Geistes begründet werden. Sie forderten also eine Fortbildung der Anthropologie. Drei historische Momente wirkten zusammen, die Anthropologie, wie sie Vıves und Teresıo geschaffen hatten, fortzubilden. Die An- forderungen, welche in der rationalen Gestaltung von Recht, Staat und Religion enthalten waren, das Material, das nun in der philo- logischen Rekonstruktion der römischen Stoa gewonnen wurde, die Methoden und Prinzipien, die in der mechanischen Naturwissenschaft sich darboten. So entstand die größte Leistung der Anthropologie dieser Zeit: die Aufstellung von Gesetzen, welche den ursächlichen ! Das Nähere über dieselben meine Abhandlung Archiv VII, 63 ft. Direney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 25 Zusammenhang des Seelenlebens beherrschen, so daß die einzelnen seelischen Zustände aus dem obersten Prinzip der Selbsterhaltung eines von der Außenwelt bedingten und auf sie reagierenden psycho- physischen Wesens abgeleitet werden. Die klassischen Repräsentanten dieser Anthropologie sind auf Grund des Descartes Hosges und Srınoza. Ich habe über den Einfluß der römischen Stoa auf die Systeme dieser drei Philo- sophen an anderer Stelle gehandelt; sie stehen aber gemeinsam zugleich unter der Ein- wirkung der beiden anderen angegebenen geschichtlichen Momente, und zu diesen treten Einflüsse mannigfacher, höchst komplizierter, zum großen Teil gar nicht mehr feststell- barer Art. Die Frage nach den Schriften, welche auf Srinoza gewirkt haben, konnte in einem gewissen Umfang durch Parallelstellen aufgeklärt werden. Den ersten Nachweis solcher Art gab TREnDELEnBURG, der für den Traktat I3, wo auf eine üb- liche Unterscheidung von 8 Arten von Ursachen rekurriert wird, übliche Lehrbücher von HEEREBOORD und BURGERSDLJICK, als die Autoren, denen er folgte, nachweist (Beiträge I1I 316ff). FREUDENTHAL (Spinoza und die Scholastik in den EnuArn ZELLER gewidmeten Aufsätzen 1887) gewann aus der Analyse der cogitata metaphysica den Nachweis der Bekanntschaft Srınozas mit HEEREBOORD, BurGErspisck und anderen Autoren der jüngeren Scholastik; von dieser Grundlage aus konnte er dann auch an der Ethik die Verwertung der scholastischen Tradition plausibel machen. Andererseits hat Sıswarr den Nachweis geliefert, daß Srınoza wahrscheinlich den Gıorpano Bruno selber gelesen hat; würde man diese Lektüre nicht als streng erwiesen ansehen, so müßte Srınoza durch ein uns zur Zeit unbekanntes Mittelglied mit Gıiorpano Brunos Ideen in Beziehung stehen (Stewarr: Spınozas kurzer Traktat, übersetzt und erläutert. 1370. Einl. S. 38.43). Wieder eine andere Quellenklasse, auf welche Joe hinwies, ist weniger gut bezeugt; indeß daß die jüdischen Religionsphilosophen von Srınoza benutzt worden sind, und daß unter ihnen besonders Maımonives und ÜRrEskas be- merkenswerte Parallelen zeigen, kann kaum bestritten werden. Nimmt man hierzu die offenliegende Benutzung von Descarres und Hosges, so ergibt sich hieraus seine Berührung mit sehr verschiedenen Kreisen von Literatur in dieser Epoche. Dazu zeigt die in emem Brief von Scnurrer an Leıenız enthaltene Angabe seltener Bücher in seinem Nachlaß, daß er auch entlegenere Schriften über religiöse und politische Gegenstände in Besitz hatte. Alle diese Nachweise gestatten, dem Kern Srınozas näher zu dringen. Man mul suchen, sie durch eine andere Methode zu verbinden und zu ergänzen. Spınoza hat was er gelesen verdaut und in eigene Lebenskraft verwandelt. So sind alle Beweise direkter Abhängigkeit durch Parallelen in enge Grenzen eingeschlossen. Er ist aber in Kern seiner Ideen vom ersten Dialog ab getragen von einer großen Bewegung der Zeit, gleichviel auf welche Art ihm deren Kenntnis im einzelnen zufloß. Aus dem Verhältnis seiner tiefen Seele zu dieser umgebenden Bewegung entspringt die innere Form und Struktur seines Systems. Diese ist in der Ethik, rückwärts in dem Fragment de emendatione und weiter zurück im Traktat so einfach, daß in dieser Rücksicht Spınoza wie ein durchsichtiger Kristall vor uns liegt. Der erste Eintritt in die philosophische Bewegung um ihn mag schon vermittelt gewesen sein durch seinen Unterricht bei dem humanistischen Arzte van DER Enpe; denn diesem schrieb man zu, er habe seinen Schülern die Keime des Atheismus ein- geimpft; bei diesem Atheismus des humanistischen Arztes werden wir an den Natura- lisınus des Lucrez und an moderne Schriften dieser Richtung, wie Teresıo, zu denken haben. Auf Enpes geistige Bedeutung wirft seine Rolle als Unterhändler ein Lieht und ein näherer Verkehr mit ihm scheint wahrscheinlich nach der Überlieferung, Spınoza sei als dessen Hilfslehrer tätig gewesen. Die Grundrichtung Srinozas tritt schon in dem ersten Dialog hervor, der in den Tractat de deo et homine eingelegt ist. Den Grundbegriff desselben bildet die in ihrer Totalität unendliche und höchst vollkommene Natur. Die Begierde sieht in dieser Natur überall nur Verschieden- heiten; die ratio löst aber diese Bedenken und demonstriert die Einheit, welche vom 26 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. Intellekt unmittelbar erfaßt wird, woraus dann die vollkommene Liebe zu dieser voll- kommenen und unendlichen Natur entspringt. In diesen Sätzen ist die Erkenntnis der unendlichen Natur nach ihren Stufen und in ihrer Verbindung mit dem Fortgang vom Affekt zur Gottesliebe schon vollständig enthalten. Die Struktur des Systems ist also von vornherein ein Monismus, in dem sich die Seelenlehre nach dem Schema der platonisierenden Mystik gliedert, und Srınozas eigenste Erfindungen entspringen aus der Anpassung dieser Struktur an die wissenschaftliche Lage. Alles was er las, wandelte sich ihm sofort in Stoff zur Ausgestaltung dieser Grundanlage des Systems. Justus Lirsıus, GERARDUS Vossıus, Scıoprrus und Hemsıus haben in erster Linie die Rekonstruktion der römischen Stoa in der nieder- ländischen Philologie vollzogen. Auch die früheren Stufen der Anthro- pologie hatten unter dem Einfluß der römischen Stoa gestanden, und die Theorie der Lebensführung war ebenfalls tief von dem einfachen Zusammenhang zwischen der teleologischen Naturordnung, dem natur- gemäßen Leben und den unabänderlichen natürlichen Gesetzen der Gesellschaft bestimmt gewesen, wie die römische Stoa sie aufstellt. Jetzt entstand aber ein philologisch begründetes Wiederverständnis. Welch eine glorreiche Blüte erlebte damals dies einzige freie Gemein- wesen der damaligen Welt. Es ruhte auf der Grundlage eines durch Handel und Industrie mächtigen Bürgertums, getragen von der aktiven reformierten Religiosität. Es gewährte den freien Denkern und Sehrift- stellern zuerst in Europa eine sichere Zuflucht. Der internationale Zusammenhang, welcher die Reformierten der verschiedenen Länder miteinander verknüpfte, eröffnete den großen französischen Juristen, welche sich mit größerer oder geringerer Entschiedenheit zur Huge- nottenpartei bekannten, eine neue Heimat in Basel, Genf, „Heidelberg, Altdorf, vornehmlich aber in den Niederlanden. Leyden wurde die erste Universität im modernen Verstande; denn das Merkmal einer solehen ist die Verbindung des Unterrichts mit der unabhängigen Forschung als aus- drücklichem Zweck des Universitätsbetriebs. Die französischen Reli- gionskämpfe bestimmten den größten Philologen der Zeit, J. J. ScALIGER, zur Übersiedelung dahin. Mehr als an einer anderen Stelle Europas wurde damals Arbeit für den Fortschritt der Wissenschaften hier ge- leistet, und all diese Arbeit war von allgemeinen Ideen bestimmt. Die Ideen der römischen Stoa verbanden sich hier mit der arminiani- schen Erfassung des Idealismus der Freiheit und des höchsten mora- lischen Begriffes der Gottheit, wie sie im Studium des Cicero und des Seneca erwachsen waren. Bis in die niederländische Dichtung, besonders das Drama, erstreckt sich der Eintluß der hier vollzoge- nen Verbindung römischer Stoa mit dem freien in den Sekten sich entwickelnden protestantischen Christentum: sie war innerlichst ver- wandt dem zähen, geduldigen und ruhigen niederländischen Geiste. Das war die Atmosphäre, in welcher Grorıus, Spısoza und GEULINCX hintereinander sielı entwickelt haben. Dirraey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. A Wieder begegnen wir einer Gruppe von Schriften aller Art, systematischen Dar- stellungen der römisch-stoischen Doktrin, Briefen, Dialogen, Essays, welche eine euro- päische Wirkung geübt haben und in großen Kreisen der Gebildeten gelesen wurden. Der angesehenste unter diesen philologischen Stoikern war Jusrus Lirsıus (geb. 1547). Er machte namentlich in der Schrift De constantia und in seinem System der Politik Anspruch darauf, als Philosoph und als Schriftsteller zu gelten. In der ersteren Schrift hat er die stoische Doktrin mit den Grundgedanken der christlichen Religio- sität zu versöhnen unternommen und in der zweiten auf die antike Tugendlehre eine Staatstheorie begründet. In der Schrift De constantia preist er die Stoa, weil sie mehr als irgend eine andere Sekte den Begriff der Providenz zur Geltung gebracht und den Menschen zu der ewigen Ordnung der Dinge hingezogen hat.! Hier, wie überall, bevorzugt er die römisch umgeformte Stoa des Seneca. Chrysipp dagegen hat zuerst die männliche Sekte durch seine spitzfindigen Untersuchungen verderbt und entnervt.” Der Dialog ruht auf Seneca. Lırsıus hat die Niederlande verlassen wegen der bürgerlichen Un- ruhen. In der Unterhaltung mit seinem Freunde CAarorus Lancıus weist ihn dieser darauf hin, daß er bürgerliche Unruhen gerade jetzt überall finden werde: in uns selbst aber bringen wir Unruhe oder Ruhe überallhin mit: unser Geist muß gefestigt und gebildet werden, damit uns Ruhe werde in Unruhen und Frieden inmitten der Waffen. So ruft ihn der Freund zur constantia auf. Sie wird definiert als die rechte, unbewegliche Stärke der Seele, die durch das Äußere und Zufällige weder maßlos erhoben noch herabgedrückt wird. Stärke aber definiert er als die innere Festigkeit, die nicht aus der opinio, sondern aus der reeta ratio stammt.? Mit constantia hat Scıoprıus die eYrrAselAal, wie sie Diogenes (VII, rı5f.) aufzählt, bezeichnet: die der ratio entsprechende innere Gemütsverfassung des Weisen. Auf seine weichlichen Bedenken antwortet dem Lırsıus sein Freund: »Es spricht zu dir ein Philosoph, nicht ein Flötenspieler.«c Zwei Punkte sind nun von Bedeutung. Er verwirft die miseratio als die Pusillanimität, die unter dem Druck des fremden Leidens zusammenbricht, er- kennt aber im Unterschied zu ihr die miserieordia an als die Neigung des Geistes, fremden Mangel oder Bekümmernisse zu erleichtern. Hier berührt er die Streitfrage, welche schon zwischen der strengeren Stoa und den Peripatetikern® bestand, und die Scıorrıus mit besonderem Nachdruck behandelt hat. Epiktet hatte gemahnt, vom Anblick eines Jammernden sich nicht bewegen zu lassen: denke bei dir, daß ihn nicht, was ihm zustieß, quält, sondern die vorgefaßte Meinung desselben; vor allem aber seufze nicht mit. LaerLıus PEREGRINUS in seiner interessanten Schrift über Erkenntnis und Besserung der Leidenschaften der Seele von 1598 findet hierin eine unglaubliche Gemütshärte, die den Menschen der Menschlichkeit beraube. Scıorrıus aber inter- pretiert dieselbe Stelle des Epiktet im Sinne der Schrift des Seneca De elementia. Hier findet Seneca die Wohltätigkeit und kraftvoll-freudige Unterstützung des Un- glücklichen dem Weisen geziemend; Mitleid aber als eine Bekümmernis wegen fremden Leidens muß demselben fern sein; das sind schwache Augen, die beim Anblick eines Triefäugigen überfließen, wie es Krankheit und nicht Fröhlichkeit ist’, immer mit dem Lachenden zu lachen. Dieser Ansicht vom Mitleid also tritt Scıorrıus bei. So trat also auch von dieser Seite die Verurteilung des Mitleides an Hosers und Spınoza heran. Der zweite Punkt betrifft die providentia. Es gab keinen Punkt, der damals in den Niederlanden heftiger umstritten gewesen wäre als die Frage der Providenz, der Gnadenwahl und des ihr verwandten stoischen Determinismus. Lirsıus mildert letzteren durch Bevorzugung der römischen Stoa und spricht zwar von der - De const. 1, cap. 18. De const. I, cap. 17. De const. |, cap.4. Cie. Tuse. IV, $ 43 ff., $ 506. De elem. II. 5 und 6. u» oo » 28 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. wohltätigen Notwendigkeit, erkennt aber ausdrücklich die Wahlfreiheit an und zieht sich schließlich zurück in die Anweisung: Necessitatis non aliud eflugium est, quam velle quod ipsa cogat. Und ebenso hat er in seiner Manuductio ad Stoicam philoso- phiam die Paradoxa der strengen Stoa, wie die von der Affektlosigkeit und Apathie des Weisen, der Verwerflichkeit des Mitleids und der Verzeihung, mit den Aus- kunftsmitteln der eklektisch-römischen Richtung abzumildern gewußt. Sein Ideal war das eines christlichen Stoikers. Aus diesem Ideal ging auch seine in vielen Auflagen über Europa verbreitete Politik hervor. Sie baut sich auf die Lehre von den Kar- dinaltugenden auf. In Lirsıes zuerst ist der ganze Zusammenhang der stoischen Moralphilosophie der Anschauung der moralischen Welt zugrunde gelegt worden. Eine zarte und zugleich leidenschaftliche, zur Melancholie geneigte Natur, welche in der Verbindung der Stoa mit dem Christentum ihren Halt fand — so tritt er uns in seinen Briefen entgegen: seine Persönlichkeit stellt er hier als ein höchst Interessantes und Bedeutendes den Zeitgenossen dar. Die Streitigkeiten, in welche seine kirchen- politischen Ideen ihn besonders mit dem edlen Verteidiger der Toleranz CoornHErT verwickelten, haben ihn ins Ausland und in die Arme der Jesuiten getrieben. Auch DasıeL Heınsıus, der Philolog, Dichter und Historiker, und Gerarvvs Vossıvs stehen unter der Einwirkung der stoischen Philosophie.! Die Systematisierung der stoischen Überlieferung über die Affekte und die moralische Lebensführung war nun aber das Werk des Scıorrpivus in seinen Elementa philosophiae Stoicae moralis (1606). Auch in diesem deutschen Philologen waltet die Tendenz der Vereinigung der stoischen Moralphilosophie mit dem Christentum, und auch ihm ist Seneca der Vermittler zwischen diesen beiden. Wohl haben die Para- doxien der stoischen Sekte, »der stärksten und heiligsten«, derselben üblen Leumund bereitet, richtig interpretiert steht aber diese Moralphilosophie sowohl mit dem katho- lischen Glauben als mit den Lehren der anderen vornehmsten Philosophen im Ein- klang. Stoa und Christentum denken über das höchste Gut einstimmig. Indem Scıorrıus nun daran geht, den systematischen Zusammenhang des moralischen Lebens von den Affekten an durch ihre Reinigung hindurch bis zu der Ordnung der Pflichten darzustellen, nimmt er seinen Ausgangspunkt in dem sehr wertvollen Gedanken einer allgeıneinen Wertlehre, den er einer Stelle des Seneca? entnimmt. Die Wissenschaft des moralischen Lebens zerfällt nach dieser in drei Teile: der erste hat die Abschätzung der Lebenswerte zum Gegenstand, der zweite die Herstellung eines angemessenen Verhältnisses des Trieblebens zu diesen Wertbestimmungen, und der dritte die Regeln der Handlungen, welche dem entsprechen. Die Notwendigkeit einer solchen allgemeinen Theorie der Lebenswerte wird von ihm begründet. Was wäre so notwendig, als jedem Ding seinen Wert zu bestimmen? Die Größe desselben abzuschätzen ist die oberste und erste Aufgabe: von hier aus erst kann der Antrieb geregelt werden, welcher der Größe des Wertes entsprechend sein muß. Das Leben kann nur dann mit sich in Übereinstimmung sein, wenn die Handlung sich dem An- trieb nicht versagt und der Antrieb aus dem festgestellten Wert des Gegenstandes ent- springt, sodaß seine Stärke diesem Werte entspricht. Diese höchst merkwürdige Auf- stellung einer obersten Theorie der Lebenswerte für die moralischen Wissenschaften wird nun von Scıorrıus benutzt.” Er stellt eine Tabelle auf, was vor ihm auch andere, wie Larrıus PEREGRINUS getan haben, und der erste Teil seiner moralischen Wissenschaft wird hier bestimmt als Theorie de aestimatione. Der Maßstab der Wertbestimmung wird in dem Prinzip gefunden, in Übereinstimmung mit der Natur zu leben. In diesem Prinzip ist ein Maßstab des bonum, des honestum und der virtus enthalten. Es ist klar, daß die Bestimmung der mittleren Linie des Handelns aus dem Ziel des Lebens bei Aristoteles auf diese Theorie eingewirkt hat. ! Letzterer hat in seiner Schrift De theologia gentili et origine et progressu idololatriae im 3. Buch, cap. 36 und an anderen Orten über. die Affekte gehandelt. 2 Sen., Ep. 89, 14. ® Scıorrıus, Elementa cap. 119. Dirrsev: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 29 Der Zeitwert der Schrift des Scıorrıvus liegt dann in der Systematisierung der stoischen Moralphilosophie, welche alle Einzelbestimmungen in sich aufzunehmen suchte, ja einige Ergänzungen vornahm, deren Scıorrıus mit sonderbarem Selbstgefühl Er- wähnung tut. Hierbei ordnet er die drei Teile der stoischen Moralphilosophie, die eben angegeben wurden, einem allgemeineren Unterschiede unter, welchen er ebenfalls aus einer Stelle des Seneca entnimmt.! Seneca unterscheidet? decreta und praecepta. Scıorrıus definiert diesen Unterschied dahin, daß jene das Leben allgemein regeln, diese die einzelnen Teile des Lebens, die menschlichen Handlungen nach der Ver- schiedenheit von Ort und Zeit bestimmen. Und so zerfällt ihm nun die stoisch- moralische Disziplin in die decreta, deren oberster Teil von der aestimatio und deren zweiter von der appetitio handelt, und in die praecepta, deren erster Teil die medi- eina affectuum und deren zweiter die officia zum Gegenstande hat. So entsteht für die Lehre von der appetitio die folgende Anordnung: Appetitio: . naturalis et (ea qua inclinamus ad ea, quae ad conservationem nostri pertinent, sine motu, ER qua virtutem seu honestum seetamur: ad virtutem enim, ut ad eaque vel summum bonum, natura magis inclinamus quam ad conservationem nostvi. boni, : h : Se ex quibus oritur aegro- venturi: cupiditas : NER: a tatio seu morbus, ut prineipes, sen libido, ae Er N ESTER avaritia, ambitio, mu- uarıum a s Ev - : j 4 k an p lierositas etc. dieit opinione venturi: metus. Hine oritur offensio ieiturque pa- Bee : 2 nr Rn ER seu fastidium sive abhorrentia, tt 105 v - : : SE z SA SC mali inhospitalitas, MIcorYNelA, MICANEPW- tus vel pertur- batio, quae dividitur in TIlA, praesentis: aegritudo seu tristitia. . iudicio sus- cepta et cum motu aliquo, quae commotio est vel libidini subiectae sive species libidinis: ira, exeandescentia, odium, amor etc., prineipibus voluptati: delinitio, lactatio ete., subieetas, ut Imetui: pigritia, terror, timor ete., aesritudini: misericordia, invidentia, angor, luetus ete. tione, constans et prudens et cum etiam incommodi c. r. prineipes ut [es elatio anımi c. r., |eutic: declinatio mali voluntas: appetitio cum ra- vel ratione: OPMH vel EYTiAsela voluntati: benevolentia, cle- vehementior ne 2 © Eu nascuntur ex tas seu laetitia. sine ratione sive constantia, et dividitur in mentia etc., prineipibus jgaudio: recreatio, hilaritas subiectas ut etc., cautioni: reverentia seu vere- cundia, castitas seu sanctitas. Dieser Tabelle geht in der des Scıoprıus die der aestimatio vorher. Wie die systematische Anordnung der Affekte in ihr im ganzen den in den stoischen Eintei- lungen und Definitionen der späteren Zeit entspricht®, wurde sie nun für die philoso- phischen Schriftsteller der folgenden Periode ein nützliches Mittel der Orientierung, ! Scıoprıus, Elementa cap. 119. ?2 Seneca, Ep. 94 und 95. 3 Vel. außer Seneca insbesondere Cic. Tuse. IV $ ırfl.; Diocenes VII, 110 ff. und Anpronıcus. 30 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 7. Januar 1904. wenn sie auch uns heute nichts neues sagen kann. Unter den praecepta waren dann die medieina affeetuum und die officia gesondert und bis ins einzelste gegliedert. Und darin lag nun das für die Zeit nützliche, daß Scıorpivs in seiner Schrift den großen Zusammenhang bis ins einzelste sichtbar machte, in welchem gleichsam der moralische Gemütsprozeß in seinen Stadien von der stoischen Philosophie aufgefaßt worden war. Als einen solchen Typus der umlaufenden philosophisch-philologischen Literatur dieser Klasse haben wir sie hier besprochen, so wenig bedeutend sie auch, abgesehen von diesem literarisch-historischen Zusammenhang, ist. Im Jahre 1597 erschienen zuerst die Essays von Bacon und 1605 dann die eng- lische Ausgabe der Schrift De dignitate et augmentis scientiarum, die lateinische 1623. Bacon löst die moralische Wissenschaft los von der Theologie; die sittlichen Ordnun- gen stehen nach ihm unter einem Naturgesetz; dieses hat sein äußeres Merkmal an dem consensus, innerlich wirkt es als Instinkt und natürliches Licht — alles Sätze, welche aus der Stoa stammen. Der innere Instinkt ist auf Selbsterhaltung und auf Gemeinwohl gerichtet. Die unterscheidende Eigentümlichkeit Bacons liegt nun aber darin, daß er eine Wissenschaft fordert, welche die Verwirklichung der im Natur- gesetz geforderten Lebenshaltung durch die Hilfsmittel herbeiführen will, welche in einer neuen Wissenschaft der Menschenkunde enthalten sein würden. Unter die Lücken in den bestehenden Wissenschaften, welche seine Eneyklopädie feststellt, zählt er auch, daß eine Doetrina de cultura animi fehle.! Der erste Teil dieser Theorie soll eine Charakterologie sein. Das Material derselben muß bei Dichtern und Geschichtsschreibern aufgesucht werden; unter den letzteren hebt er Tacırus, Conines, Guicerarpdinı hervor. Wie die Agrikultur eine Kenntnis der Verschiedenheiten von Boden und Klima fordert, oder die Medizin eine solche der Körperunterschiede, so muß die Kultur des Geistes gegründet werden auf die Kenntnis der Unterschiede der Charaktere. Der zweite Teil dieser neuen Wissenschaft ist die Doktrin der Affekte in ihren verschiedenen Graden und Formen. Sie sind die Krank- heiten der Seele oder die Stürme, die in der menschlichen Seele die großen Unruhen her- vorbringen. Aristoteles hat scharfsinnig und gut von ihnen gehandelt, aber von seiner Theorie hat er in der Moral keinen Gebrauch gemacht. Bacon lobt die Stoiker, findet aber auch hier, daß die lebensvollen Darstellungen des affektiven Lebens bei Diehtern und Historikern von keiner Theorie noch erreicht worden seien. Bei ihnen vor allem findet sich die Verwertung des Verhältnisses, nach welchem ein Affekt benutzt werden kann, einen anderen zu unterdrücken oder einzuschränken. Wie Jäger sich eines Tieres bedienen, um ein anderes zu jagen. Hierauf beruhe dann auch die Benutzung von Belohnungen und Bestrafungen in der Rechtsordnung: die übermächtigen Affekte von Furcht und Hoffnung können andere schädliche zurückdrängen. So kommt an dieser Stelle Bacon dem Satze des Srınoza ganz nahe, daß ein Affekt immer nur durch einen anderen überwunden werden könne, ohne daß er ihn doch besäße. Der dritte Teil dieser Theorie soll von den Heilmitteln und dem Heilungsprozeß handeln, durch welchen der Mensch sich von den Krankheiten der Affekte zu befreien vermag, und hier hat Bacox schöne Regeln entwickelt und insbesondere die Macht der Gewöhnung, die Aristoteles so schön dargelegt hatte, verwertet. Wie nun auch diese Theorien auf die Stoa vielfach zurückgehen, habe ich früher nachgewiesen.” Eine der schönsten populären Schriften über Seelenkunde und Lebensweisheit aus dieser Zeit sind seine Essays. Hier hat er über die einzelnen Affekte, ihre Bedingungen, die inneren Ver- hältnisse, nach welchen sie in den verschiedenen Charaktertypen zusammenwirken, die geistvollsten Bemerkungen gemacht. 1601 erschien dann die Schrift von CuAarron, De la sagesse. \Vieder tritt uns hier eine Persönlichkeit eigensten Gepräges entgegen, die Kenntnis ihrer selbst und ! De dign. et augm. seientiarum lib. VII c. 3. 2 Archiv VII, S. 46ft. Dirraey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 31 der Menschen zum Geschäft ihres Lebens gemacht hat. Der Schüler Moxywaısnes betont noch stärker die moralische Gebrechlichkeit des Menschen, und doktrinärer als jener hat er die stoischen Lehren von den Affekten, den Mitteln der Befreiung von ihnen und dem Ideal des Weisen verwertet.! Auch dies war eine Schrift, welche auf den ganzen Kreis der Gebildeten gewirkt hat. In allen diesen Schriften, so verschieden sie sonst sind, herrscht eine Form der Anthropologie, und macht sich eine Funktion der- selben geltend. Ihren Hintergrund bildet die neue, das ganze welt- liche Leben durcehdringende Lebendigkeit, welche der im Norden auf- getretene Protestantismus hervorgerufen hatte, und die sich auch Frank- reich und den katholischen Niederlanden mitteilte. Die moralischen Ideen erhielten durch diese Bewegung eine außerordentliche Macht. Es entstand das Streben nach einer allgemein gültigen Begründung derselben. Das »Licht der Natur,« das die römische Philosophie ver- ehrte, ward in den Lehren der Stoa, im christlichen Idealismus, ja in allen großen Philosophen als ein einmütiges und genugsames ge- funden. So fand nun auch hier, wie vorher in den Denkern der süd- lichen Renaissance, eine neue Vertiefung des Menschen in sich selbst, in die letzte Innerlichkeit seines Wesens statt. Das Schema des Ver- laufes eines in seiner Autonomie festgegründeten innerlichen Lebens fand man vornehmlich in den Lehren der Stoa von einem teleologischen Zusammenhang der Natur, der Selbsterhaltung, den Anlagen unseres Wesens, in denen sie teleologisch wirksam ist, dem Hineingeraten des Menschen in das Treiben der Affekte und in die Knechtschaft durch sie und endlich der Befreiung des Menschen von ihr durch die Erkenntnis der Lebenswerte. Die Innerlichkeit, die so hier im Norden entstand und auch einzelne französische Kreise beeinflußte, hat als ein weiteres Moment die englische und niederländische Dichtung wie die von Racme bedingt. Auf dem Boden der aristotelisch-scholastischen Lehre von einer unabhängigen geistigen Substanz, welche die Affekte gleichsam nur von außen und vorübergehend zu verwirren vermögen, hat Descartes das Schema der stoischen Moralphilosophie verwertet, Spinoza auf der Grundlage des neuen Monismus, zugleich von anderen Voraussetzungen aus GEULINCK. Wir sahen, wie nun aber die neue Anthropologie allmählich noch eine andere Funktion in der geistigen Kultur auszuüben begann: sie wurde die Grundlage für die Werke, welche ein natürliches System von Recht, Staat und Religion aufzurichten und zur praktischen Geltung zu bringen unternahmen: den Höhepunkt dieser zunächst von den Naturwissenschaften unabhängigen Bewegung bildet Huso (sRoTIUS. ! Näheres in meiner Abhandlung Archiv VII, S. 50. 32 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 7. Januar 1904. Das an anderer Stelle und unter anderem Gesichtspunkt über Grorıus Gesagte! bedarf hier folgender Ergänzungen. Grorıus geht aus von der Definition des Staates.? Er sucht nun in den Rechtsordnungen der Staaten die durch die Natur des Menschen und der Sachen gegebenen und darum notwendigen Begriffe und Sätze des Natur- rechts auf. Dieses aber begründet er schließlich auf die Wissenschaft von der menschlichen Natur: denn aus dem Verhältnis der konstanten Züge derselben zu der Natur der Dinge entspringen die natürlichen, allgemein gültigen Bestimmungen über die Ordnung der Gesellschaft. Wie Bacon findet er in ihr zwei einander be- schränkende Anlagen. Jedes lebende Geschöpf sorgt von seiner Geburt ab für sich; es strebt sich zu erhalten, vermeidet seinen Untergang und sucht auf, was seine Selbsterhaltung befördert. Es entwickelt sich im Menschen aber auch ein sozialer Trieb; schon die Tiere schränken die Sorge für ihr Eigenleben ein durch die Rück- sicht auf ihre Jungen und auf andere Tiere derselben Klasse. In den Kindern zeigt sich früh Mitleid und das Streben, anderen wohlzutun. Mit dem geselligen Trieb verbindet sich Sprache und das Vermögen, allgemeine Regeln zu bilden und ihnen gemäß zu handeln. Hierauf beruhen das Recht und die in ihm enthaltenen Vor- schriften, fremden Gutes sich zu enthalten, Verbindlichkeiten zu erfüllen, verschuldeten Schaden zu ersetzen, sowie das Prinzip der Wiedervergeltung. Ferner liegt in unserer Natur das Vermögen, Güter und Übel zu bemessen, und die gegenwärtige Lust der Rücksicht auf die Zukunft aufzuopfern. Die so entstehenden Regeln des Lebens sind in ihrer Gültigkeit unabhängig von der Existenz oder dem Willen der Gottheit, weil sie in der Natur begründet sind.* Der Übergang aus diesem Stadium der Begründung einer po- litischen Wissenschaft auf die Anthropologie in dasjenige, dessen Hauptrepräsentanten Hosges und Spmoza sind, liegt in einer Anzahl von Dokumenten der Entwickelungsgeschichte von HossBEs vor uns. Er ging von dem Begriff der Staatsraison aus, den MaAcHraveıL und die venezianischen Politiker entwickelt hatten, und der eben in Rıcnzrieu als dem glücklichen Leiter eines großen Staatswesens seine klassische Repräsentation gefunden hatte. In den Wirren der englischen Bürgerkriege entstand ihm der Plan eines neuen Naturrechtes, dessen Mittelpunkt Staatsmacht und Staatsraison sein sollten. Er trat Hvco Grorıvs entgegen, dem Anhänger der sozialen Richtung des Naturrechts der Fortsetzer der radikalen Doktrin desselben, dem Schüler der Stoa, des Cicero und der römischen Jurisprudenz der Vertreter jenes nackten Machtbegriffes, den zuerst die griechischen Sophisten entwickelt hatten. So formierte er seine ersten Begriffe von der Natur des Menschen und gründete auf sie den ersten Entwurf seines Naturrechtes. Wie er nun aber alle Richtungen des Naturrechtes um sich her auf die vieldeutigen Erfahrungen über die Menschen und die auf sie gegrün- dete Anthropologie sich berufen sah, fand er sich gezwungen, festere Grundlagen für eine wissenschaftliche Seelenlehre aufzusuchen. Er ! Archiv VII, 66—74. ® Lib.I cap. ı $14 übereinstimmend mit der bekannten Definition Ciceros, die ihrerseits auf Aristoteles Politik III, 6 beruht. ® Grorıs de iure belli et pacis in der Einleitung und am Beginn des zweiten Kapitels. 2 Dirrery: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts. 33 begründete seinen Begriff eines einheitlichen Staatswillens auf den eines allgemeinen mechanischen Zusammenhangs. Seine politische Wissenschaft wurde jetzt eine Dynamik des großen politischen Kör- pers, sein politisches Ideal das eines sicher functionierenden mecha- nischen Systems, und dieses konnte nur gefaßt werden als gegründet in der Erkenntnis des Menschen als eines psychophysischen Mecha- nismus. So erhielt die Anthropologie die Form der Konstruktion der psychophysischen Erscheinungen aus wenigen Prinzipien nach Gesetzen, welehe mechanisch die Beziehungen dieser Erscheinungen regeln, und die höchste Ausbildung fand dieser Standpunkt in der Ethik Srinozas. Der Gegensatz, welcher zwischen dem aristotelisch- scholastischen Dualismus, in welchem Descartes seinen Idealismus der Freiheit zum Ausdruck brachte, und diesem anthropologischen Monismus von Hosßes und Srınoza bestand, wurde dann in Leısnız durch den Gedanken der Entwickelung in den Individuis überwunden. Und wenn Hosgses und Srınoza nur auf die Gleichförmigkeiten des Seelenlebens gerichtet waren, so nahm Lrıenız das Prinzip der in- dividuellen Verschiedenheiten von NıcorLAus Cusanus, CARDANUS und Bruno wieder auf. Die Philosophie dieser Zeit war eine Interpretation aller gegebenen Erscheinungen vermittelst evidenter logischer, mathe- matischer und metaphysischer Begriffe und Grundsätze. Dies Ver- fahren sollte die Entscheidung liefern über den Zusammenhang, in welchem das mechanische System der Natur und die psychischen Tat- sachen sich zueinander verhalten. Auch die geometrische Methode des Spınoza ist nur in diesem Sinne zu verstehen. Die so für die Inter- pretation des Seelenlebens enstehenden Grundbegriffe konstruieren die Anthropologie. Und aus dieser folgt das natürliche System der gesellschaftlichen Ordnung. Ausgegeben am 14. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1904. 3 - e ee] DEE ERULTNRTEN 111 2% er © “ DIE ET 77 07 DE En: newer 1; Thun SE AN DuP RN AR TON BE a Bar 7 IT Een, or DRRL: Fa RAN ER TE penis : . » 44 re “re a ET EOET j Ha Ale) PTR ERT we { Tr a d, Preme, # vs N BT Ze‘ RN: Be 717 se Fi Fr TEN IR Jr SITZUNGSBERICHTE 190 DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 7. Januar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. F. E. Scuuzze las über den Bau des respiratorischen Theils der Säugethierlunge. (Erscheint später.) Das respiratorische Parenchym der Säugethierlunge wird gebildet von zahlreichen selbständigen » Alveolarbäumehen«, welche theils als terminale Fortsetzungen der letzten Bronchioli, theils als Seitenäste kleiner Bronchien erscheinen. Der sehr verschieden lange, einfach röhrenförmige Stamm eines jeden »arbor alveolaris« zeigt entweder nur vereinzelte Alveolen, bez. mit Alveolen besetzte seitliche Aussackungen »sacculi alveo- lares«, oder er ist ringsum gleichmässig mit Alveolen besetzt. Er geht über in das baumartig verzweigte System der Alveolargänge »ductuli alveolares«, welche stets rings- um ganz mit Alveolen besetzt sind, und endet mit den seitlich oder terminal in die Alveolargänge einmündenden blinden Alveolarsäckchen »saceuli alveolares«. — Die von Mirrer als besondere kugelig erweiterte Theile des Alveolargangsystems beschriebenen »Atria« liessen sich an den bisher studirten Säugethieren nicht erkennen. Im ein- zelnen bestehen grosse Differenzen im Bau der Alveolarbäumchen und in der Grösse der Alveolen bei den verschiedenen Säugethieren. 2. Hr. vav’r Horr legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Run. Schexck in Marburg vor: Theorie der radioactiven Erscheinungen. Den Kernpunkt der Abhandlung bildet die Auffassung, dass die Elektronen bei Erscheinungen chemischen Gleichgewichts, zumal bei demjenigen zwischen Sauerstoff und Ozon, eine Rolle spielen, welche sich dem sogenannten Massenwirkungsgesetze unterordnet. 3. Hr. Kıeın legte einen Bericht des Hrn. Prof. Dr. G. Kremn in Darmstadt vor über seine mit akademischen Mitteln ausgeführten Un- tersuchungen an den sogenannten »Gneissen« und den metamorphen Schiefergesteinen der Tessiner Alpen. Es wird der Nachweis erbracht, dass der Tessiner Gneiss ein echter Granit mit primärer Fluidalstructur ist. Die ihn bedeckenden metamorphen Schiefergesteine werden als contactmetamorph angesprochen und ihre Lagerung als die eines nord- westlich streichenden Sattelgewölbes gedeutet, in dessen Scheitel das Tessinthal ein- geschnitten ist. Der früher als archäisch angesehene Tessiner Gneiss wird als jung- tertiär aufgefasst. 4. Hr. F. E. Scuurze überreichte die 18. und 19. Lieferung des Zr 36 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Werkes »Das Tierreich«: Paridae, Sittidae und Certhüdae von C. E. HerımAYR und Tetrawonia von R. von LENDENFELD, und Hr. EneLer das 18. Heft (IV. 5): R. Pırerr, Taxaceae des Werkes »Das Pflanzenreich «, sowie ein neues Heft der Monographien afrieanischer Pflanzenfamilien: VII. Strophantus, bearb. von E. Gize. Ferner wurden übergeben: Gesammelte Schriften von Anour Fick. I. Band. Physiologische Schriften. Würzburg 1903, und: WiIEsSER und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte der Botanik. Festschrift, von K. LissBAuEr, L. LinsBAuvEr und L. v. Portuem. Wien 1903. 37 Theorie der radioactiven Erscheinungen. Von Dr. RupoLr ScHENcK in Marburg. (Vorgelegt von Hrn. van’r Horr.) hr einer in Gemeinschaft mit Hrn. Prof. Dr. Rıcnarz in Marburg aus- geführten Arbeit! wurde der Nachweis erbracht, dass das Ozon in die Gruppe der radioactiven Substanzen gehört. Es ist klar, dass ein solches, in beliebiger Menge zur Verfügung stehendes Material ge- eigneter ist, um Untersuchungen über das Wesen der Radioactivität an- zustellen, als die so kostspieligen und in nur so kleinen Mengen er- hältlichen Präparate der bisher bekannt gewordenen radioactiven Stoffe. Wir wollen nun versuchen, ob es nicht möglich ist, aus den bereits bekannten Eigenschaften des Ozons einige Schlüsse abzuleiten, welche für das Radioactivitätsproblem von Bedeutung sein können. Bildung und Spaltung des Ozons. 1. Ozonisirung durch Elektrieität. Es ist eine bekannte Thatsache, dass sich bei einer grossen Zahl von elektrischen Vorgängen, beim Überschlagen von Funken, bei der Elektrolyse und im Dielektrieum bei der sogenannten stillen Entla- dung, aus gewöhnlichem Sauerstoff O, die allotrope Modification Ozon von der Formel O, bildet. Andererseits geht aus den in der citirten Abhandlung geschil- derten Versuchen hervor, dass Ozon beim Zerfall Leitfähigkeit für Elek- trieität erhält, also Gasionen aussendet und in Sauerstoff übergeht. Es bildet sich aus Sauerstoff in Gegenwart von Gasionen und zerfällt in Sauerstoff und liefert dabei Gasionen. Wir haben es also mit einem umkehrbaren Vorgang zu thun, dessen Ähnlichkeit mit einem Disso- eiationsvorgang sofort in die Augen springt, wenn man die Gasionen, wie es in der modernen Behandlung der elektromagnetischen Vorgänge allgemein geschieht, als etwas Materielles betrachtet. Wir bedienen ! Diese Sitzber. 1903. LII (17. Dec.). 38 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. uns dieser Behandlungsweise rein formal, ohne Rücksicht darauf, ob die Elektronen eine wirkliche oder nur eine scheinbare Masse besitzen. Wir können dann sagen, Ozon bildet sich aus Sauerstoff und Gasionen und zerfällt andererseits in diese Bestandtheile. Wir dürfen es unter diesen Umständen als eine chemische Verbindung von Elek- tronen mit Sauerstoff, als ein Sauerstoffelektronid auffassen. Eine Möglichkeit, sich ein Bild von diesen Vorgängen zu ver- schaffen und die Vorstellung in das Gewand einer chemischen Formel zu kleiden, ist vielleicht die folgende. Wir nehmen an, dass unter dem Einfluss elektrischer Störungen, bei denen sowohl positive als negative elektrische Theilchen oder Elek- tronen entstehen, eine Spaltung der gewöhnlichen Sauerstoffmoleküle OÖ, in ihre Atome! erfolgt. Es ist bekannt, dass die positiven Elek- tronen eine grosse Neigung zur Verbindung mit materiellen Atomen besitzen. während die negativen ein selbständiges Dasein zu führen vermögen. Deshalb ist es möglich, dass die positiven Elektronen mit Sauerstoffatomen zu Sauerstoffatomionen sich vereinigen, während die negativen unverbunden bleiben. Wenn wir für die positiven und nega- tiven Elektronen die Symbole E* und E” einführen, so können wir den Vorgang durch die Formel zum Ausdruck bringen: 0,+2E+2E- =20E!-+2E.. Die Vereinigung zu den Ozonmolekülen stelle ich mir in folgen- der Weise vor: 2.0, + 20E54 22H, =2 07 X0SE I E20 Es ist damit dem Grundgesetz der Elektrieitätslehre, dass keine Entstehung einer Ladung einer Art ohne Auftreten der aequivalenten Elek- trieitätsmenge entgegengesetzter Art möglich ist, Rechnung getragen. Die Umkehrbarkeit des Processes kommt zum Ausdruck, wenn wir schreiben: 20,+20E/ +25 2 20, 1OR)rEr 2207 Wir wollen nun im Folgenden die elektrisch geladenen Theilchen — Atomionen sowohl wie Elektronen — unter dem Begriff »Gasionen« zusammenfassen. Sie sind stets in aequivalenten Mengen vorhanden. Die Umkehrbarkeit dieses eigenartigen Dissociationsvorganges zwingt uns ohne weiteres, das Gültigkeitsbereich des Massenwirkungs- gesetzes auf die Gasionen auszudehnen. Die Elektronen und Atom- ionen folgen also in ganz derselben Weise dem Massen- wirkungsgesetz wie die elektrolytischen Ionen und die elektrisch neutralen Moleküle. ! Vergl. hierzu van"r Horr-Couen, Studien zur chemischen Dynamik, S. 86. R. Scuenex: Theorie der radioactiven Erscheinungen. 39 Die Dissoeiation des Ozons in seine Componenten Sauerstoff und Gasionen hat nun eine Merkwürdigkeit, die diesen Vorgang von den meisten der gewöhnlichen Dissociationsprocesse unterscheidet. Der Zer- fall geht nämlich unter Wärmeentwicklung vor sich, Ozon ist eine endotherme Verbindung. Für derartige Dissociationen folgt aus dem zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie, dass die Gleich- gewichtsconstante, welche die Öoncentrationen des Stoffes mit denen seiner Spaltungsproducte im Gleichgewichtszustand verknüpft, K= Oos « Cokz - Oma Co; mit steigender Temperatur kleiner wird. Also wird auch das Ozon mit Erhöhung der Temperatur an Beständigkeit zunehmen." Daraus folgt ohne weiteres, dass die Concentration der vom Ozon im Gleich- gewicht ausgesendeten Gasionen bei höheren Temperaturen unter im übrigen gleichen Bedingungen eine kleinere sein wird als bei niedri- geren Temperaturen. 2. Ozonisirung durch Radium. Es ist eine bekannte Thatsache, dass man in der Nähe von kräftig wirkenden Radiumpräparaten Ozongeruch® wahrnimmt. Die Erklärung des Phänomens kann nach unseren Ausführungen ohne weiteres ge- geben werden, wenn wir der Thatsache eingedenk sind, dass Radium- präparate durch Aussenden von Gasionen die Luft stark ionisiren. Es sind Sauerstoff und Elektronen vorhanden und es erfolgt natürlich Bil- dung von Ozon, bis Gleichgewicht eingetreten ist zwischen den beiden Gasen und den Gasionen. Es liegt nun nahe, das Radium und die übrigen radioactiven Substanzen ebenfalls als Elektronide aufzufassen, die Arbeiten von Ruruerrornp und Soppy” über das Radiothor scheinen mir wenigstens eine solehe Auffassung durchaus zu rechtfertigen. Die Gleichgewichts- verhältnisse bei diesen Stoffen liegen aber etwas anders als bei dem gasförmigen Ozon. Wir haben es ja mit festen Substanzen, mit hetero- genen Gleichgewichten zu thun. Es ist zu erwarten, dass hier für jede Temperatur eine constante Gasionenconcentration, welche mit dem radioactiven Ausgangsmaterial und seinem festen Zersetzungsproduet im Gleichgewicht steht, sich ausbilden wird. Der ganze Vorgang würde ein Analogon sein zu der Dissociation des Caleiumearbonates in Cal- ciumoxyd und Kohlensäure. ! Vergl. hierzu Nersst. Naturforschervers. Cassel 1903. Vortrag. ? Proc. Chem. Soc. 18. 219. (1902). 3 GieseL, F. Ber. d. Deutch. chem. Ges. 35. 3608. 1902. 40 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Die Ausbildung eines solchen Gasionengleichgewichts hat bisher noch nicht beobachtet werden können, offenbar weil Nebenreactionen, wie etwa ÖOzonisation und Fortführung der Reactionsproducte, eine fortwährende Störung des Gleichgewichtes bewirken. Wahrscheinlich sind die Gleichgewichtsconcentrationen der Gas- ionen für die verschiedenen Substanzen sehr verschieden. Ihre Kennt- niss würde von höchster Wichtigkeit sein. Sehr gross dürfte die Tension wohl beim Radium sein. Wir haben in unserer früheren Abhandlung bereits die gewaltige, merkwürdig grosse Wärmeentwickelung der Radiumpräparate bei der Elektronenabgabe erwähnt. Die Thermodynamik gestattet uns daraus wieder einen wichtigen Schluss zu ziehen. Die Gasionentension muss mit steigender Temperatur abnehmen. Dieser Umstand gestattet uns nun vorauszusagen, unter welchen Bedingungen es dereinst möglich sein wird, das Radium aus seinen Zerfallsproducten wieder aufzubauen. Die Bedingungen sind hohe Tem- peratur und kräftige Elektroneneoncentrationen. Es sei gestattet, über die Herkunft der radioactiven Stoffe einige Vermuthungen zu äussern. Es scheinen hier Stoffe vorzuliegen, die sich bei vuleanischen Vorgängen, die von kräftiger Elektrieitätsent- wickelung begleitet waren, gebildet haben. Es mag hier erwähnt werden, dass die Spectrallinien des Heliums, eines Spaltungsproductes des Radiums, bei irdischen Substanzen zuerst an einem lavaähnlichen Auswürfling des Vesuvs beobachtet wurden und zwar durch PALmıErı im Jahre 1882. 3. Ozonisirung durch chemische Vorgänge. (Theorie der Autoxydation.) Wenn wir ein Verständniss für die Bildung von Ozon bei che- mischen Vorgängen, bei der langsamen Verbrennung von Phosphor, bei der Oxydation organischer Substanzen, wie Terpentinöl u. s. w., gewinnen wollen, so ist es nothwendig, sich der Ergebnisse der Arbeit von RoßErT von HrrmnorLzz' und F. Rıcnarz zu erinnern. Sie haben gefunden, dass das Dampfstrahlphänomen durch eine sehr grosse Zahl von chemischen Reactionen ausgelöst wird. Um ein paar Beispiele zu geben, erwähne ich nur die langsame Oxydation von Aether, die Vereinigung von Stickoxyd und Sauerstoff zu Stiekstoffdioxyd, die Verbrennungsprocesse. Es brauchen aber keineswegs Processe zu sein, bei denen der Sauerstoff mit in Action tritt. Auch die Vereinigung von Salzsäure und Ammoniak zu Chlorammonium, die Dissociation ! Wien. Ann. 40. 161 (1890). R. Scuener: Theorie der radioactiven Erscheinungen. 41 des Stickstofftetroxydes N,O, in Stickstoffdioxyd, die Vereinigung von Wasserstoff und Chlor zu Chlorwasserstoff bewirkten Condensation des Dampfes. Für eine Reihe dieser Processe wurde dann von Unrıe' das Auftreten von Gasionen, welche die Entladung eines Elektroskopes bewirken, nachgewiesen. Aus diesen wichtigen Untersuchungen ist zu entnehmen, dass bei vielen chemischen Reactionen, vielleicht bei allen, Gasionen auftreten. Ihre Mengen, das darf man wohl, a priori sagen, werden bei den verschiedenen chemischen Vorgängen sehr ver- schieden sein, wir werden den allerverschiedensten Abstufungen be- gegnen. Systematische Untersuchungen auf diesem Gebiete liegen noch nicht vor, es ist eine völlige terra incognita. Wenn nun chemische Reactionen mit Erzeugung von Gasionen Hand in Hand gehen, so ist es verständlich und nothwendig, dass anwesender Sauerstoff ozonisirt wird. Diese Ozonbildung wird in um so höherm Maasse stattfinden, je kräftiger die Ionisirung beim pri- mären Process ist, die entstehende Ozonconcentration ist direet ein Maass für deren Stärke. Wenn diese Theorie der Autoxydation richtig ist, so dürfen wir hoffen, Ozonisirung auch einmal bei solchen Vor- gängen anzutreffen, bei denen die primäre Reaction ohne Mitwirkung von Sauerstoff vor sich geht. Bis jetzt sind leider solche nicht be- kannt” und es ist wohl auch nicht danach gesucht worden. Bei den Autoxydationsprocessen wird nun häufig die Entstehung von Wasserstoffsuperoxyd beobachtet. Das Wasserstoffsuperoxyd ist ein völliges Analogon des Ozons; es ist von ihm bekannt’, dass es “manationen aussendet, welche durch Aluminiumblech auf die photo- graphische Platte wirken, wir dürfen es also wohl genau so wie das Ozon als ein Elektronid ansprechen. Es bildet sich und zerfällt unter ganz ähnlichen Bedingungen, selbst die Analogie in den thermischen Verhältnissen findet sich hier wieder. Der maximale Leuchtdruck des Phosphors und die scheinbaren Aus- nahmen vom Massenwirkungsgesetz. Die Gültigkeit des Massenwirkungsgesetzes bei Gasionenreactionen macht nun eine Reihe von merkwürdigen und räthselhaften Erschei- nungen verständlich. Es ist eine bekannte T'hatsache, dass Phosphor in reinem Sauer- stoff von Atmosphärendruck nicht leuchtet und auch keine Oxydation erfährt, dass aber bei Verminderung der Sauerstoffeoncentration beide ! Dissertation. Marburg 1903. 2 Schliesslich kann man die Ozonisirung durch Radium so auffassen. ® Graerz, Ann. d. Physik [4.] 9. 1100 (1902). 42 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Vorgänge wieder auftreten. Von Irepa' und von Ewan ist die Ab- hängigkeit der Reactionsgeschwindigkeit von der Sauerstoffeoncentra- tion bei der langsamen Verbrennung des Phosphors messend verfolgt worden. Die Untersuchungen führten zu dem Resultat, dass bei niedri- gen Sauerstoffdrucken die Reactionsgeschwindigkeit dem Massenwir- kungsgesetz folgt. Es wäre nun äusserst merkwürdig, wenn bei den höheren Sauerstoffeoncentrationen das Naturgesetz von der Massen- wirkung keine Gültigkeit mehr besitzen sollte. Wir dürfen wohl an- nehmen, dass die Ungültigkeit nur eine scheinbare ist. Es besteht die Erfahrungsthatsache, dass das Leuchten des Phos- phors bei einer ganz bestimmten Druckgrenze des Sauerstoffs aufhört, die, falls fremde störende Substanzen nicht zugegen sind, nur von der Temperatur abhängig ist. Bei etwa 20° liegt der maximale Leuchtdruck des Phosphors bei einem Sauerstoffpartialdruck von 670—-700 mm. Diese Grenze steigt, wenn man dem Sauerstoff kleine Ozonmengen zufügt, und zwar um so mehr, je grösser die Ozonmenge ist. Für die Erklärung dieser höchst merkwürdigen Erscheinung wollen wir uns zwei Punkte in das Gedächtniss zurückrufen, dass erstens bei chemischen Reactionen, und zwar mit Sicherheit bei der Einwirkung von Sauerstoff auf Phosphor, eine Entwicklung von Elektronen erfolgt (primärer Vorgang) und dass zweitens die Elektronen auf Sauerstoff unter Ozonbildung einwirken. Diese ist aber nicht vollständig, son- dern es bildet sich wegen der Umkehrbarkeit des Processes ein Gleich- gewicht zwischen Sauerstoff, Ozon und Gasionen aus. Die Concen- tration der letzteren wird um so grösser sein, je kleiner der Sauer- stoffdruck ist, und es werden alle Indieatoren, welche auf Gasionen ansprechen, bei kleinen Sauerstoffdrucken intensivere Wirkungen zeigen als bei höheren. Vergrössern wir bei einem in Dissociation befind- lichen System die Concentration eines Zerfallproductes, so wird die Concentration des anderen Spaltungsproductes kleiner. Es ist das eine aus dem Massenwirkungsgesetz folgende Thatsache. Wenn wir nun die Voraussetzung machen, dass der Phosphor oder eines seiner Oxydationsproducte unter dem Einfluss von Ionen zum Leuchten veranlasst werden, und wenn wir die weitere zulässige Annahme hinzufügen, dass die Oxydation des Phosphors durch Sauer- stoffatomionen bewirkt wird, so haben wir alle Punkte, welche zur Aufstellung der Theorie erforderlich sind. Wir brauchen höchstens die Bemerkung hinzuzufügen, dass der Indieator eine bestimmte Em- pfindlichkeit besitzen, d. h. auf eine gewisse minimale Ionenconcen- tration für unser Auge wahrnehmbar ansprechen soll. ! Vergl. van'r Horr-Conen, Studien zur chemischen Dynamik S. 64. hs “ ” . a « . . ») R. Scnenex: Theorie der radioactiven Erscheinungen. 43 Haben wir leuchtenden Phosphor in einer Sauerstoffatmosphäre, so haben wir neben ihm, und mit ihm im Gleichgewicht, Ozon und Gasionen. Die letzteren erregen einerseits Leuchten und bewirken an- dererseits die Oxydation des Phosphors. Steigern wir nun den Sauer- stoffdruck, so wird die Ozonceoncentration auf Kosten der Ionen ver- grössert. Ihre Zahl wird schliesslich, bei genügender Steigerung der Sauerstoffeoncentration, kleiner als der Betrag, welcher erforderlich ist, um die Luminiscenzwirkung unserm Auge bemerklich zu machen. Hand in Hand damit geht die Abnahme der Reactionsgeschwindig- keit, der Forderung des Massenwirkungsgesetzes gemäss. Ähnliche maximale Leuchtdrucke! finden sich bei anderen lang- sam verlaufenden Oxydationen wieder und sie sind sicher in ähnlicher Weise zu erklären. Über die Emanationen der radioactiven Stoffe und die indueirte Radioactivität. Bei seinen Untersuchungen über das Thorium fand Rurnerrorv’, dass dieser Stoff eine sogenannte »Emanation« aussendet, ein Gas. wie es scheint, von radioactiven Eigenschaften. Auch Radium liefert eine solche Emanation, wie Dorn’ gefunden hat. Neuerdings sind von Gorpstein' eingehende Untersuchungen über den Gizser’schen Emanationskörper publieirt worden, ein Emanationspräparat, welches man mit Hülfe von radioactivem Cer gewinnt. An diese Emanationen knüpft sich ein ganz besonderes Interesse seit der Aufsehen erre- genden Mittheilung von Rausay’ und Soppy, dass die Emanation zer- fällt und dass unter den Zersetzungsproducten Helium beobachtet wurde. Die Emanation des Radiothors lässt sich durch flüssige Luft ver- diehten und es ist sogar möglich gewesen, ihren Siedepunkt zu be- stimmen. RUTHERFORD und Soppy fanden. dass die verdichtete Ema- nation bei — 130° plötzlich verdunstet. Sollte diese Emanation nicht aus Ozon bestehen? Die Bedingun- gen zur Bildung dieses Stoffes sind, wie wir oben gesehen haben, stets gegeben, wenn Luft mit radioactiven Substanzen in Berührung kommt. Ozon lässt sich durch flüssige Luft condensiren und sein Siede- ! Es besteht die Möglichkeit, mit ihrer Hülfe Verfahren zur Bestimmung der Jonenconcentrationen auszuarbeiten. ® Phil. Mag. (5) 49, 1. 1900. ® Abhandl. der Naturforsch. Gesellsch. zu Halle. Juni (1900). * Verhandl. der Deutschen Physik. Gesellsch. 5, 392 (1903). 5 Proc. Roy. Soc. 72, 204 (1903). 44 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. punkt liegt nach Orszewskı' bei — 106°, nach neueren Untersuchungen von Troost” bei — 119°. Er liegt also etwas höher als der der Emanation; wenn wir aber bedenken, dass diese wohl kaum Ozon in reinem Zustande repräsen- tiren kann, dass sich die übrigen Bestandtheile der Luft, welche einen tiefern Siedepunkt als Ozon besitzen, in dem Condensationsproduet auflösen und ein Gemisch mit ihm bilden werden, so müssen wir einen Siedepunkt erwarten, welcher unter dem des reinen Ozons liegt. Es scheint hier unsere Vermuthung eine wichtige Bestätigung zu fin- den, denn die Differenz der Siedepunkte ist gar nicht allzu erheblich. Wenn bei den Versuchen über die Emanationen die Luft nicht ganz vollständig ausgeschlossen ist, so besteht stets der Verdacht der Ozonbildung und der Auflösung von den Bestandtheilen der Luft in dem Ozon beim Abkühlen mit flüssiger Luft. Es scheinen uns deshalb auch die Versuche Ramsay’s und Soppy’s, die von verschiedener Seite so ge- deutet werden, als entstünde das Helium aus der Emanation, noch nicht absolut beweisend zu sein. Es kann ja das Helium, welches in der Luft des Ransay' schen Laboratoriums wohl stets in kleinen Mengen enthalten ist, in der Emanation, welche eventuell aus ceondensirtem Ozon besteht, einfach gelöst sein. Beim Aufbewahren der Röhrchen, welche die wieder gasförmige Emanation enthalten, wird sich das Ozon zersetzen, und es können alsdann die Spectrallinien des Heliums unter den geeigneten Bedingungen zur Geltung kommen. Wie sich die Speetra von Gasen, denen Ozon beigemengt ist, verhalten, wissen wir noch nicht; es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Anwesenheit dieses radioactiven Stoffes zu allerhand Störungen des normalen Bildes Veranlassung gibt. Es ist also nothwendig, dass die Rausav’schen Versuche an anderen Orten und unter veränderten Bedingungen wiederholt werden. Erst dann wird sich zeigen, ob beim Aufbewahren der Emanation wieder Helium auftritt und ob die bisherige Deutung der Versuchsresultate zu- lässig ist. Ich halte mich nicht für berechtigt und es liegt mir durchaus fern, an den Versuchen des Hrn. Rausay eine Kritik üben zu wollen, aber bei Untersuchungen, welche Fundamentalpunkte einer Wissenschaft be- treffen, muss alles berücksichtigt werden, was die Beobachtungen be- einflussen könnte. Deshalb gestattete ich mir, auf diese mögliche Fehler- quelle die Aufmerksamkeit zu lenken. Die Möglichkeit einer Abspal- tung von Helium aus den Radiumpräparaten halte ich für sehr wahr- scheinlich. In diesem Falle würden wir bei Gegenwart von Sauerstoff eine Vertheilung der Elektronen zwischen dem Helium und dem Sauer- ! Lanporr-Börnsteın, Tabellen S. 126. ® Compt. rend. 126. 1751. R. Scuenex: Theorie der radioactiven Erscheinungen. 45 stoff haben, und diese hängt von der Haftintensität der Elektronen an den verschiedenen materiellen Atomen ab. In naher Beziehung offenbar zu den Emanationen steht die so- genannte indueirte Radioactivität. Man beobachtet, dass alle mög- lichen Körper, welche sich in der nächsten Nachbarschaft von radio- activen Substanzen befinden, allmählich ebenfalls radioactiv werden. Diese indueirte Radioactivität geht aber nach kürzerer oder längerer Zeit verloren. Wenn die Körper sich in atmosphärischer Luft befinden, kann man die Vermuthung aussprechen, dass Ozon der Träger der Induetion ist. Das gebildete Ozon wird wie andere Gase von der Oberfläche fester Stoffe adsorbirt und sendet dann beim Zerfall Elektronen aus, welche die für die radioactiven Substanzen charakteristischen Phänomene auslösen. Die Zerstreuung der Elektrieität durch die Luft lässt sich wohl sicher auf die Anwesenheit kleiner Ozonmengen zurückführen, viel- leicht ist sogar die Leitfähigkeit der Luft das sicherste Maass für die ÖOzonisirung. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, dass man an den verschiedenen Punkten der Erdoberfläche, in den verschiedenen Räumen so verschiedene Elektrieitätszerstreuung findet. Die Ursache der Ozonbildung sind Fäulniss- und Verwesungsprocesse; man darf das wohl als sicher annehmen, denn in Räumen, in denen Fäulnissorganismen nicht aufkommen können, wie z. B. in den Schäch- ten der Kalibergwerke', wo die concentrirte Salzlösung eine dauernde Desinfection bewirkt, ist die Elektrieitätszerstreuung ausserordentlich viel kleiner als in Kellern und bewohnten Räumen. Es dürfte daher das Ozon auch für die elektrischen Vorgänge in unserer Atmosphäre von grosser Bedeutung sein. In dieser Mittheilung ist eine Vollständigkeit der Litteraturan- angaben nicht angestrebt worden. Es ist mir auch bekannt, dass der eine oder andere Punkt meiner Auseinandersetzung von anderen Fach- genossen gelegentlich” gestreift worden ist. Ich konnte hier nicht im einzelnen darauf eingehen. Bei der experimentellen Durcharbeitung des erschlossenen Gebietes und den Berichten über die erhaltenen Forschungsergebnisse werde ich bemüht sein, die Litteratur in vollstem Umfange zu berücksichtigen. ! Erster u. GEITEL, Phys. Zeitschr. 4. 522. (1903.) 2 Vergl. den zusammenfassenden Vortrag über die Elektronentheorie auf der Naturforscherversammlung zu Hamburg, von Kaurmann (1902); ferner: J. Stark, Die Dissoeiirung und Umwandlung chemischer Atome. Braunschweig 1903. 46 Bericht über Untersuchungen an den sogenannten „erneissen“ und den metamorphen Schiefergesteinen der Tessiner Alpen. Von Prof. Dr. G. KLemm in Darmstadt. (Vorgelegt von Hrn. Kreın.) e I Folgenden soll ein vorläufiger Bericht über Untersuchungen des Verfassers in den Tessiner Alpen gegeben werden, die er mit Unter- stützung der Königlichen Akademie der Wissenschaften ausführte, um die genetischen Beziehungen zwischen den dortigen »Gneissen« und den sie im allgemeinen überlagernden metamorphen Schiefergesteinen aufzuklären. Als Ausgangsort für diese Studien wurde die Gegend zwischen Airolo und Faido gewählt. in der die Grenze beider Gesteinsgruppen mehrfach gut und in leicht zugänglicher Weise aufgeschlossen ist. Besonders bietet die Schlucht des Tessins zwischen den Stationen Rodi-Fiesso und Faido der Gotthardbahn vorzügliche Gelegenheit zur Untersuchung des »Gneisses (Gn)« und des »glimmerreichen Gneisses, in Glimmerschiefer übergehend (Glgn)«. wie die hier auftretenden Ge- steine auf K. vox Frırscı’s »Geognostischer Karte des Sanet Gotthard.« genannt werden.' Kurz unterhalb des früheren Zollhauses Dazio grande bei Rodi ist der engste Theil der Schlucht, und hier finden sich auch in den Felsen, aus denen die Strasse herausgesprengt ist, und in den vom Flusse glatt geschliffenen Wänden die deutlichsten Beweise dafür, dass der sogenannte »Gneiss« ein echter Granit mit primärer Fluidal- struetur ist. ! Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. XV. Lieferung. Bern 1873. Das in vorliegendem Berichte besprochene Gebiet ist topographisch dargestellt auf Blatt 503 (Faido) des topographischen Atlas (Siegfried - Atlas) der Schweiz, der auch die Grundlage der Karte von Frrrsc#’s bildet. G. Krenn: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 47 Wenige Schritte oberhalb eines kleinen Kapellchens mündet in die Tessinschlucht eine von Norden, vom Monte Piottino, herabzie- hende Runse. die in (unkelm, deutlich geschichtetem Schieferhorn- fels ausgewaschen ist. Auf ihrer Westseite, unmittelbar an der Land- strasse, ist der Contact zwischen »Gneiss« und Hornfels vorzüglich aufgeschlossen. Die Grenze zwischen beiden Gesteinen verläuft fast genau senkrecht, und von ihr aus fällt die Schieferung des Hornfelses steil nach Osten, die Parallelstructur des »Gmeisses« ebenso steil nach Westen ein. Schon mit blossem Auge erkennt man leicht, dass letzterer in das Schiefergestein Apophysen entsendet, welche dessen Schieferung theils durchqueren, theils auch parallel zu ihr eingedrungen sind. Am Contact selbst verwischt sich, wie man diess besonders gut an ge- schliffenen Platten sieht, die Parallelstruetur des »Gneisses«, und es entsteht eine bis zu mehreren Centimetern starke Zone längs der Grenze, in der offenbar eine innige Vermengung der Bestandtheile beider Ge- steine stattgefunden hat. In Schliffen quer zur Grenze sieht man, dass eine starke Resorption des Schiefergesteines stattgefunden hat. Dieses stellt sich dar als ein augitführender Biotithornfels, der auch Feldspath und in manchen Lagen primären Kalkspath führt. Er hat eine sehr enge, feine Fältelung. welche die Schieferung des Gesteines erzeugt. In der Grenzzone gegen den »Gneiss« hat meist eine ausser- ordentlich starke Anhäufung des lichten, malakolithartigen Augits statt- gefunden, und ausserdem sieht man, zum Theil deutlich gegen den »Gneiss« abgegrenzt, zum Theil ganz in ihm verschwimmend, Fetzen des Schiefergesteines im »Gneiss« eingeschlossen. Der »Gneiss« führt auch noch in einer Entfernung von mehreren Centimetern vom Contact lichten Augit. der ihm sonst fremd ist.' Diese Beobachtungen beweisen, dass der »Tessiner Gneiss« ein echter Granit mit Parallelstructur ist, der an dem Schiefer deutliche exogene und endogene Üontact- erscheinungen zeigt. Analoge Wahrnehmungen lassen sich thalabwärts von der ge- schilderten Stelle vielerorts machen, und besonders an den glattge- schliffenen Wänden des Tessinbettes sieht man zahlreiche dunkle Schie- ferschollen, die sich deutlich von dem sie umschliessenden hellen Granit abheben, der sie injieirt und durchtrümert. Es liegt daher kein Grund vor, den vieldeutigen Namen »Gneiss« noch weiter für das soeben als Granit erkannte Gestein zu verwenden, ! Die mikroskopische Beschaffenheit der Tessiner Gesteine soll nach Abschluss der Feldaufnahmen in einer besonderen Abhandlung ausführlich erläutert, hier aber nur insoweit besprochen werden, als es zur Begründung der über die genetischen Beziehungen jener Gesteine vorgetragenen Anschauungen unbedingt erforderlich ist. 48 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. das schon H. pe Saussure in seinen »Voyages dans les Alpes etc.« Tome VII p.ıı als Granit bezeichnete, ohne an dessen Parallelstructur, die er treffend schildert, Anstoss zu nehmen. Der Tessiner Granit ist ein in frischem Zustande hellgrau ge- färbtes, vorwiegend klein- bis mittelkörniges Gestein von sehr wechsel- voller Structur. Diese ist bei Airolo und Faido überall als deutliche Parallelstruetur entwickelt, geht aber weiter nach Südosten zu in eine mehr massige, fast richtungslos-körnige über. An sehr vielen Stellen ist die Parallelstructur durchaus eben- tlächig und bedingt eine Absonderung des Granites in mächtige Bänke und Platten (piotta), von denen z. B. der Monte Piottino, den der Tessin in der Schlucht des Dazio grande durchbricht, seinen Namen hat. Fig. 1. Granit mit gefältelter Fluidalstruetur. Mairengo bei Faido. 4/9 d. nat. Gr. Besonders zwischen Rodi und Faido trägt aber die Parallelstruetur des Granits sehr häufig einen stark gefältelten Charakter, den schon Saussurr£ (a. a. O.) erwähnt und beschreibt. Namentlich hat aber F.M. Starrr in seiner Arbeit: »Wie am Monte Piottino die Parallelstruetur des Gneisses in Schichtung übergeht« (N. Jahrb. f. Min. u. s. w. 1832, I, S. 75— 101) dieselbe eingehend besprochen. Er suchte darzuthun, dass sie durch Einwirkung seitlichen Druckes auf den starren Gneiss ent- standen sei, und versuchte, den Mechanismus dieses Vorganges experi- mentell zu erklären. Betrachtet man eine aus solchem Granit mit gefalteter Parallel- struectur senkrecht zu dieser geschnittene Platte (Fig. 1), so sieht man eine vielfältige Wechsellagerung von hellen, glimmerarmen bis G. Kreun: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 49 glimmerfreien und dunkleren biotitführenden bis biotitreichen Lagen sowie ausserdem noch dunkele, die Parallelstruetur durchsetzende Linien, welche die Durchschnitte von Biotitaggregaten bilden, die aus sehr zahl- reichen, in paralleler Stellung dicht aneinandergereihten, auf gewissen Flächen angehäuften Blättchen bestehen. Auf den ersten Bliek ist man wohl versucht, die milchweissen glimmerfreien Lagen für Feldspath zu halten, erkennt aber schon mit der Lupe, dass sie aus einem oft recht feinkörnigen Aggregat von Feldspath und untergeordnetem Quarz bestehen, während in anderen hellen Lagen der Quarz über den Feldspath dominirt. Das Mengen- verhältniss der quarzreichen und der feldspathreichen Lagen ist äusserst variabel, so dass manchmal nur vereinzelte feldspathreiche Lagen in quarzreicher Umgebung auftreten, manchmal gerade das umgekehrte Verhältniss herrscht, sehr oft aber ein Gegensatz in der Zusammen- setzung der einzelnen Lagen überhaupt nieht zu bemerken ist. Die Falten sind von sehr verschiedener Höhe und Steilheit, bald auf grössere Erstreckung hin von gleichmässiger Grösse und sym- metrisch zu parallelen Mittelebenen angeordnet, bald recht ungleich- mässig gross, unsymmetrisch ausgebildet, eng zusammengedrückt, über- kippt, flexurartig u.s.w., und zwar nicht selten alle diese verschie- denen Formen dicht neben einander, wie Fig. ı zeigt, welche einen Durchschnitt durch einen Block abbildet, der sich als Gerölle des von Mairengo bei Faido herabstürzenden Wildbaches fand. Mehrfach liess sich beobachten, dass derartig gefaltete Gesteins- partien mitten zwischen ebentlächig-parallelstruirten liegen, so dass sich die Falten oft recht rasch nach oben und unten zu verflachen und ausebnen (Fig. 2). Wie schon erwähnt, werden Partien stark welligen Granits durch- zogen von Flächen, parallel zur Medianebene der Falten, auf denen sich zahllose Biotitschüppchen an einander gelegt haben, so dass diese Flächen im Querschnitt als meist dünne, oft recht ebene, oft aber auch vielfach gezackte schwarze Linien erscheinen, längs deren das Gestein leicht theilbar ist. In manchen Fällen kommen diese Linien so zu Stande, dass sich die Schenkel steiler, eng übereinanderliegen- der Falten an einander legen, während häufig diese Linien mitten durch die Scheitel der Falten oder durch die Schenkel hindurehsetzen. Ziemlich häufig ist zu beobachten, dass an diesen Glimmerstreifen die Gesteinslagen abschneiden und Verschiebungen erlitten haben. Es ent- stehen dadurch unter Umständen so verworrene Strueturbilder, wie Fig. 3 zeigt, Bilder, welche die Annahme leicht begreiflich erscheinen lassen, dass hier stark verquetschte, von vielen Verwerfungen durch- zogene Gesteine vorliegen. Sitzungsberichte 1904. 4 50 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Indessen ergibt sich doch bei genauerer makroskopischer und mikroskopischer Untersuchung, dass an eine kataklastische, aus dem starren Gestein herausgebildete Structur hier nicht zu denken ist, dass vielmehr die Entstehung der verschiedenartigen Lagen im Granit, der Fig. 2. Granit mit gefalteter Fluidalstruetur. Dazio grande bei Rodi-Fiesso. 5/s d. nat. Gr. Falten, welche dieselben zeigen, der diese Falten durchsetzenden Glim- merstreifen und der scheinbaren Verwerfungen vor der Verfesti- gung des Granitmagmas abgeschlossen war, dass also alle diese Er- scheinungen Fluidalstrueturformen sind. Die Glimmerblättehen, die auf.den scheinbaren Verwerfungen liegen, haben zwar zum grössten Theile unregelmässige, zum Theil aber idio- @. Kresm: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 51 morphe Umrisse. Hierdurch ist ein scharfer Unterschied zwischen den glimmerbesetzten Flächen des Tessiner Granits und echten Rutschflächen gegeben, auf denen die Glimmerblättchen stets im stärksten Maasse ver- ändert worden sind. Wie alle Untersuchungen an gequetschten Graniten gezeigt haben, sind es stets zuerst die Glimmerblättehen, welche in den Quetschzonen zerrissen und zerfetzt, verbogen, gestaucht und zusammen- geknäuelt werden, auch wenn die übrigen Gesteinsgemengtheile nur erst Bin Granit mit scheinbaren Verwerfungen. Dazio grande bei Rodi-Fiesso. 4/, d. nat. Gr. schwache Spuren des Gebirgsdruckes aufweisen. Nun zeigt aber die mikroskopische Untersuchung auch der am stärksten gefältelten und scheinbar ganz von Verwerfungen durchzogenen Tessiner Granite nirgends etwas von derartigen Deformationen ihrer Glimmer, auch nicht an den Querschnitten jener scheinbaren Verwerfungen. Übrigens ist auch deren makroskopisches Aussehen völlig anders als das von Quetschzonen im Granit. Derartige Rutschflächen zeigen nämlich stets eine mehr oder weniger starke Glättung, die oft bis zur Spiegelbildung geht; meist sind sie fein- gestreift und ausserdem stets mit Umwandlungsprodueten der Granit- gemengtheile imprägnirt. Auch in sonst ganz frischem Gestein zeigen 4* 52 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. sich überall längs der Quetschzonen deutliche Zersetzungserscheinungen, Infiltrationen von Eisenoxyd, Neubildungen wie Serieit oder Epidot u. s. w Alles diess aber fehlt an den in Rede stehenden Structurflächen des Tessi- ner Granits vollständig. Ferner sieht man bei der mikroskopischen Unter- suchung von Granitquetschzonen in diesen stets eine besonders starke Zermalmung aller Gemengtheile. Das Gestein zeigt sich daher von viel- fach verzweigten Adern stark zertrümmerten Materiales durchzogen, die sich oft sehr scharf gegen fast unveränderte Gesteinspartien abheben. Gerade diese Inconstanz der Structur hat der Verfasser! als das am meisten charakteristische Merkmal gequetschter Granite bezeichnet, und A. Sauer” hat sich diesen Ausführungen mit Bezug auf die kataklasti- schen Granite des Aarmassivs angeschlossen. Der Tessiner Granit aber zeigt bei aller Variabilität seiner makro- skopischen eine ausserordentliche Gleichmässigkeit der mikro- skopischen Structur, so dass die Ausbildung der einzelnen Gemeng- theile und ihre Verbandsverhältnisse in den am stärksten gefalteten und scheinbar vielfach verworfenen Abarten dieselben sind, wie in denen mit ebenflächiger Parallelstructur. Die Hauptgemengtheile dieses Granits sind Quarz, Feldspäthe und zwei Glimmerarten. Neben Orthoklas erscheint reichlich ein verschwom- men gitterstreifiger Mikroklin und ein Plagioklas, dessen Auslöschungs- schiefe in den symmetrisch auslöschenden Schnitten etwa 10° beträgt, und der daher der Oligoklasreihe angehören dürfte. Die Feldspäthe sind fast nie idiomorph und umschliessen nicht selten Quarzkörnchen, eine Erscheinung, die Granite mit viel resorbirtem Schiefermaterial zu zeigen pflegen. Sehr bemerkenswerth ist das ziemlich häufige Auftreten mikro- pegmatitischer Aggregate von Feldspath und Quarz, eine Erscheinung, die bis jetzt nur aus Eruptivgesteinen, nie aber aus Sedimenten be- schrieben worden ist. Glimmer ist in recht wechselnder Menge vor- handen, und zwar neben Biotit auch reichlicher, oft mit jenem ver- wachsener Muscovit. Auch diess scheint für schieferreiche Granite cha- rakteristisch zu sein, wie z.B. für den an Schiefergesteinseinschlüssen so reichen kleinkörnigen »Hauptgranit« der Sächsischen Lausitz. Ob die in manchen Partien des Tessiner Granits reichlich an- wesenden hellbraunen Glimmerblättchen Ausbleichungsproduete des Biotits darstellen oder ob sie einer besonderen Glimmerart angehören, ist noch näher zu untersuchen. Die Quarze zeigen überaus häufig undulöse Auslöschnng, die ja für die Quarze protoklastischer Granite geradezu charakteristisch ist, ! Bemerkungen über Kataklas- und Protoklasstructur in Graniten. Notizbl. d. V. f. Erdkunde u. d. geol. L.-A. zu Darmstadt. IV. Folge, Heft 18. 1897. S. 27 —37- 2 Geologische Beobachtungen im Aarmassiv. Diese Berichte. 1900. S. 740. G. Kreun: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 55 und die verschwommene Gitterstruetur der Mikrokline steht hiermit vollkommen in Einklang. Diese protoklastischen Phänomene aber sind, wie nochmals betont werden muss, ganz gleichmässig durch die Masse des fluidalstreifigen Granits vertheilt, und nirgends zeigen sich Er- scheinungen, die auf spätere Kataklase hindeuten. Hiernach ist also die Structur des Tessiner Granits als echte Fluidalstruetur anzusprechen, die vor allem in der Anordnung der Glimmerblättehen zum Ausdruck kommt. Diese, welche unter den Hauptgemengtheilen des Granits die ältesten Ausscheidungen sind, wurden durch den im emporgepressten Magma herrschenden Druck parallel zur Berührungsfläche des Granits mit seiner sedimentären Hülle angeordnet; die Fältelungen, welche wir jetzt vielfach im Tes- siner Granit sehen, und die Glimmerstreifen, welche die Falten durch- setzen, müssen wir der Einwirkung seitlichen Druckes zuschreiben, der auf zähflüssige, noch nicht völlig erstarrte Magma durch die noch fortdauernde Faltung der sedimentären Hülle aus- geübt wurde. Die Krystallisation des Quarz-Feldspath-Gemenges im Granit hat sieh erst nach Aufhören des Druckes, also nach Abschluss der Aufrichtung des Gebirges, vollzogen. Diess geht unzweifelhaft aus der Art der Anordnung und der Verwachsung der Gemengtheile hervor und aus der völligen Unverletztheit der Glimmerlamellen. Diese konnten ihre ecomplieirte Anordnung ohne Zer- störung ihrer Form nur in einem noch plastischen Medium erhalten; und dass das Quarz-Feldspath-Aggregat des Granits erst dann aus- krystallisirt ist, nachdem die Glimmerlamellen diejenige Anordnung erhalten hatten, die sie jetzt zeigen, erhellt daraus, dass die Glimmer- blättehen sehr oft durch mehrere Quarz- und Feldspathkörner hindurchgehen, ohne irgend welche Deformation aufzu- weisen. Vergleicht man die hier kurz erörterte Fluidalstruetur des Tes- siner Granits mit derjenigen anderer {luidaler Eruptivgesteine, so zeigen sich zwischen ihnen viele Analogien. Namentlich die ausge- zeichnet fluidalen Quarzporphyre von Weinheim und von Gross- Umstadt im Odenwald zeigen ganz ähnliche Fältelungen ihrer Schlieren zwischen ganz gestreckten Lagen sowie Verwerfungen der einzelnen Lagen gegen einander, Erscheinungen, die sich auch hier unzweifelhaft im noch plastischen Magma herausgebildet haben und keinesfalls der Einwirkung von Gebirgsdruck auf das starre Gestein zugeschrie- ben werden können.‘ Und wie sich im Porphyr vom Wachenberg ! Vergl. den Vortrag des Verfassers über den Quarzporphyr von Weinheim. Ztschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1go1. S. 50. 54 Sitzung der plıysikalisch- mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. bei Weinheim an der Bergstrasse die Schlieren an den zahlreichen Einsehlüssen stauen, so sieht man auch nicht selten im Tessiner Granit, dass es eingeschlossene Schieferschollen sind, welche von der Parallelstruetur des Granits umflossen werden und deren Faltenbil- dung veranlassen. Die Structur des Tessiner Granits schwankt auch bedeutend in Bezug auf die Korngrösse; besonders treten oft porphyrische Abarten auf, sogenannte »Augengneisse«. An den Steilwänden der Tessin- schlucht oberhalb Faido sowie auch in verschiedenen Schluchten am linken Thalgehänge bei Faido kann man das häufige Auftreten der- artiger porphyrischer Schlieren mitten im gleichmässig-körnigen Granit deutlich beobachten. Die porphyrischen Feldspathe sind oft mehrere Centimeter lang, erweisen sich aber vielfach nicht als einheitliche Individuen, sondern lassen eine Zerbrechung in mehrere Theilstücke erkennen, zwischen die sich Gesteinsgrundmasse bisweilen eingedrängt hat. Auch bestehen manche der von Glimmerflasern umschmiegten weissen Flecke, die man von fern wohl für porphyrische Feldspäthe halten möchte, aus feinkörnigem Gemenge von Feldspath und Quarz. Noch mehr Schwankungen als die Korngrösse zeigt der Glimmer- gehalt des Granits. Häufig treten die Glimmerblättchen einzeln, wenn auch reichlich auf; vielfach aber bilden sie zusammenhängende Häute, die mehrere Millimeter dick werden. Und von dieser Structurform finden sich alle Übergänge zu Graniten, welche dicht erfüllt sind mit parallel angeordneten, meist starke Resorptionserscheinungen zei- genden Schieferfetzen, die randlich ganz in der Granitmasse ver- schwimmen. Wandert man von Faido aus thalabwärts, so findet man in den Granitbrüchen von Chiggiogna, Lavorgo, Chironico, Giornico die Parallelstructur überall noch deutlich entwickelt; in den grossen Brüchen von Osogna tritt sie aber schon sehr zurück bei abnehmendem Glimmergehalt des Gesteines; zugleich werden auch Schiefereinschlüsse, die bei Lavorgo und in der Biaschinaschlucht noch recht häufig sind, viel seltener. Bei Claro endlich wird ein fast völlig dem normalen Granit gleichendes Gestein abgebaut, das nicht viel mehr Parallelstruc- tur aufweist, als manche Abarten des bekannten mittelkörnigen Gra- nits der Lausitz. Schiefergesteinsfragmente kommen bei Claro nur noch vereinzelt vor. Die schwache Parallelstructur des Gesteines, das hier ganz allgemein als Granit bezeichnet wird, ist in technischer Hin- sicht sehr von Vortheil, da sie das »Spalten« des Granits sehr er- leichtert. Zwischen Osogna und Claro befindet man sich auf der Sohle des Tessinthales in einem Theile des Granitmassivs, der wohl über 2000” von der Grenze gegen die Sedimente entfernt ist. Nach Ca- Z G. Kresu: Uber die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 99 stione zu, mit der Annäherung an die steil aufgerichteten Schiefer- gesteine, welche hier den Granit bedecken, nimmt die Parallelstructur wieder bedeutend zu. Jedoch konnte der Verfasser hier noch keine eingehenden Untersuchungen ausführen. Um festzustellen, ob der weiter nach Südwesten zu auftretende Granit von Baveno, ein Gestein von ganz richtungsloser Structur, auch derartige parallelstruirte Varietäten bildet an der Grenze gegen seine Deckengesteine wie der Tessiner Granit, unternahm der Verfasser im Herbst 1902 eine Excursion an den Lago Maggiore. Am Westufer desselben trifft man nach Überschreitung des gewaltigen Schuttkegels der Maggia bei Ascona Amphibolite mit prachtvollen granitischen In- jeetionen und bei der Wanderung an diesem Ufer nach Süden zu eine Fülle verschiedenartiger hochkrystalliner Sedimente, «die in typischer Weise von Graniten durchtrümert werden, die bald klein-, bald grob- körnig, bald gleichmässig gekörnt, bald ausgezeichnet porphyrisch sind und durchweg deutliche Parallelstructur zeigen. Diese Sedimente sind noch bei Baveno selbst anstehend in Hohlwegen, die nach den grossen Steinbrüchen südwestlich vom Orte führen. Plötzlich aber stösst man auf ein gewaltiges Quarzfelsriff, das etwa nordwestlich streicht, und unmittelbar jenseits desselben stelıt der massige Miarolithgranit an. Offenbar ist also hier an einer Verwerfung von bedeutender Sprung- höhe die Schieferhülle des Lakkolithen tief abgesunken, so dass sie nun unvermittelt an den massigen Kern stösst, und dass der Über- gang aus diesem in parallelstruirte Randpartien und die von diesen in die Sedimente ausstrahlenden Injeetionstrümer hier nicht nachzu- weisen sind. Der Tessiner Granit scheint im Gegensatz zu anderen Granitmassi- ven eine einheitliche Masse darzustellen. Wenigstens konnten bis jetzt nirgends Anzeichen dafür gefunden werden, dass hier, wie etwa im Odenwald und der Lausitz, ein älterer Granit von einem jüngern durchtrümert wird. Ganz frei von Nachschüben ist er auch nicht, aber dieselben spielen hier eine ganz untergeordnete Rolle im Ver- gleich zur Masse des Hauptgesteines. Bei Faido bemerkt man in der Dazioschlucht zahlreiche helle Aplitgänge, die theils parallel zur Flui- dalstruetur injieirt sind, theils auch dieselbe durchtrümern, ganz in derselben Weise wie der Hauptgranit die von ihm eingeschlossenen Schieferschollen. Diese Aplite sind von klein- bis feinkörnigem Ge- füge und lassen manchmal deutliche Parallelstructur erkennen, die sich aber nie so hoch entwickelt, wie in den »Alsbachiten« des Odenwaldes. An der Tessinpromenade bei Faido stehen mehrere solche schon von weitem durch ihre helle Farbe auffallende Aplitgänge an, deren silber- weisse Glimmerblättchen vorwiegend parallele Anordnung zeigen. 56 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Recht verbreitet ist eine zweite Gruppe von Ganggesteinen, die man ihrem ganzen Auftreten nach als Pegmatite deuten muss, obwohl sie im Gegensatz zur normalen Ausbildungsweise der Pegmatite so arm an Feldspath zu sein pflegen, dass sie gewöhnlich fast reine Quarz- gänge darstellen. Oft enthalten sie nur vereinzelte Feldspäthe und nur an den Salbändern Glimmerbestege. Auf Hohlräumen führen sie häufig zierliche Rosetten von muscovitartigem Glimmer, nicht selten auch Glieder der Chloritgruppe, ferner Eisenglanz, Schwefelkies und Kupferkies, wäh- rend Turmalin meist fehlt. Die Berechtigung, diese Quarzadern, welche so häufig zwischen den Granitlagen als linsenförmige Körper oder als Bänder auftreten, und welche in der ganzen sedimentären Hülle des Tessiner Granits verbreitet sind, als Aequivalente der Pegmatite auf- zufassen, möchte der Verfasser aus seinen Untersuchungen über die Spessartgesteine! herleiten, bei denen er alle möglichen Übergänge aus echten feldspathreichen Pegmatiten in fast reine Quarzgänge nachweisen konnte. Dagegen waren lamprophyrische Ganggesteine im Tessiner Gra- nitgebiete, soweit der Verfasser dasselbe bis jetzt kennen lernte, nir- gends wahrzunehmen. — Nachdem im Vorhergehenden die Zusammensetzung und die Struc- tur des Tessiner Granits kurz geschildert worden sind, mögen nun- mehr einige Beobachtungen mitgetheilt werden, die sich auf die Glie- derung und die Lagerungsverhältnisse der ihn bedeckenden Sedimente beziehen und auf die Verbandsverhältnisse an der Grenze zwischen beiden. Zwischen Airolo, genauer der Thalenge des Stalvedro, und Rodi wird das linke, nördliche Gehänge des Tessinthales bis in grosse Höhe von Granit gebildet, während das rechte, südliche aus Schiefergesteinen besteht, die bei vorwiegend westöstlichem bis nordwestlichem Streichen nach Süden oder Südwesten einfallen. Von Rodi ab tritt der Granit auch auf das südliche Ufer über und seine Grenze gegen die Schiefer liegt daselbst bei Faido etwa 400”, bei Gribbio (etwas südlich von Faido) schon gegen 500” über der Thalsohle.. Am Nordgehänge liegt die Granit-Schiefergrenze am Ritomsee beim Hötel Piora etwa 700", am Predalppass nördlich von Faido etwa 1500” über dem Tessin. Steigt man von Faido aus neben den schönen Wasserfällen der Piumogna das südliche Thalgehänge hinan, so findet man, wie früher beschrieben, in der Thalsohle ausgezeichnet fluidalen, oft stark por- phyrischen Granit. Am Elektrieitätswerk sieht man in dem Kessel, ! Beiträge zur Kenntniss des krystallinen Grundgebirges im Spessart. Abhand- lungen d. hess. geol. Landesanstalt. Bd. II, S. 190 u. 242. G. Kresu: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. BY den sich der jäh herabstürzende Wildbach ausgehöhlt hat, sehr gut den Reichthum des Granits an dunkelen Schieferschollen, die seiner Parallelstruetur und Plattung parallel gelagert sind. Bei weiterm An- stiege bis zu der Stelle, von der die Rohrleitung für das Aufschlag- wasser der Turbinen ausgeht, trifft man zahlreiche Klippen, die gut erkennen lassen, wie manchmal durch Schieferschollen die ebenflächige Parallelstructur des Granits zur Faltenbildung gezwungen wird, wie sich aber diese Falten nach oben und unten rasch ausebnen. Die Häufig- keit der Schieferschollen und der Glimmerreichthum des Granits nehmen beim Anstieg beständig zu. Ganz dasselbe Bild bietet sich auf der neuen Strasse von Faido nach Dalpe, neben der sich an vielen Stellen schöne frische Gesteins- anbrüche finden. Hier wird etwa von der grossen Kehre dieser Strasse an der Reichthum des Granits an Schieferschollen und an Glimmer ganz ausserordentlich, und da, wo der Weg den Steilhang überwunden hat, stehen Klippen eines Mischgesteines an, das wohl zu gleichen Theilen aus Schieferhornfels und Granit besteht. Von hier an bietet das Piumognabett selbst, das oberhalb der grossen Fälle noch eine An- zahl kleinerer Strudel mit prachtvoll geglätteten Wänden bildet, für mehrere hundert Meter aufwärts fortlaufende gute Aufschlüsse. Un- mittelbar über dem obersten Fall steht noch unzweifelhafter, wenn auch sehr schieferreicher und selbst stark schieferiger Granit an, der aber häufig Granat führt, offenbar ein Resorptionsproduct des granatreichen Glimmerschiefers, der von da an als geschlossene Masse auftritt, immer noch reich an Granitadern, die, meist parallel der Schieferung injieirt, sich an den glatten Felsen sehr deutlich abheben. Der Glimmerschiefer ist hellgrau und führt viel Granat, sehr häufig auch Staurolith, seltener Disthen. Ausser von Granit wird er von zahlreichen Quarzadern durch- zogen, die der Verfasser als pegmatitartige Bildungen ansieht. Etwas unterhalb der Brücke vor Dalpe wird das rechte Ufer flacher, und ge- waltige Auhäufungen von Glacialschutt verhüllen das feste Gestein, das aber am steilen linken Ufer in Klippen ansteht, deren Streichen und Fallen im ganzen mit den Richtungen übereinstimmt, die man unten im Tessinthal an den Granitplatten misst. An der Brücke selbst wird der Glimmerschiefer von Dolomit überlagert, der ein seiner Mächtig- keit nach schwer zu bestimmendes Band bildet, das sich noch etwa kilometerweit nach Südosten verfolgen lässt, sich dann aber auskeilt. Auf von Frıtsem’s Karte ist die Dolomitpartie zu weit nach Südosten verlängert, da sie auf dem steilen Fusswege von Faido nach Gribbio trotz vielen Suchens nicht mehr nachzuweisen war. Von Dalpe aus zieht sich der Dolomit in einem zusammenhängenden Streifen über Cornone nach Prato, wie diess auch Starrr auf Blatt VI und VI seiner 58 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. leider an vielen Stellen sehr stark schematisirten Übersichtskarte der Gotthardbahnstrecke zur Darstellung gebracht hat. Bei Prato ver- schwindet er unter gewaltigen Massen von Wildbachschutt, um erst wieder westlich von Fiesso an dem von Tremorgio herabstürzenden Bach zum Vorschein zu kommen. Zwischen Dalpe und Prato, nament- lich bei letzterm Orte, kann man öfters denselben Glimmerschiefer wie im Piumognaprofil als Liegendes des Dolomits nachweisen. Am Wege von Prato nach dem Monte Piottino stehen in einem kleinen Bachrinnsal im Liegenden des Dolomits granatreiche, theils silber- weisse, theils dunkele Schiefer an, die man bis dahin durchquert, wo das Berggehänge mit seinen grossen, südwärts fallenden Platten be- ginnt. Diese bestehen schon aus stark injieirten Schiefern, von denen aus ein allmählicher Übergang in schieferreichen Granit nachzuweisen ist. Den Dolomit schliesst ein kleiner Schurf am Kirchhügel von Prato auf. Er ist hier stark zerklüftet und zeigt deutliche Rutschflächen. Er lässt keine Schichtung erkennen, wird aber von gut geschichtetem Kalkstein überlagert, der N 60° W streicht und mit etwa 40° nach Süden einfällt; auch er ist stark zerklüftet. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine kleine, durch Bergrutsch vom Kirchhügel abgelöste Scholle, die noch ungefähr ihr früheres Streichen und Fallen beibe- halten hat. Jedenfalls lässt sich in den soeben beschriebenen Profilen Faido-Dalpe und Prato-Monte Piottino nirgends eineV erwerfung zwischen »Gneiss« und Glimmerschiefer nachweisen, wie sie STAPFF angenommen hat. Vielmehr beweist die typisch ausgebildete Injectionszone der Schie- fer, dass nach dem Empordringen des Granits keine tektonische Ver- änderung mehr sich vollzogen hat. Verfasser hat noch kein Gebiet »krystallinen Grundgebirges« kennen gelernt, welches so völlig den Eindruck ungestörter Lagerung darbietet als das der Tessiner Alpen. Hier fehlt jede Andeutung von Quetschzonen und Verwerfungen, welche die krystallinen Gebiete des Odenwaldes, Schwarzwaldes, der Vogesen, des Thüringer Waldes oder des Erzgebirges u. s. w. so reichlich durch- setzen. Zertrümmerungserscheinungen nimmt man in dem bis jetzt vom Verfasser untersuchten Theil der Tessiner Alpen nur da wahr, wo es sich um junge Bergstürze handelt, wie z.B. bei Catto, Quinto und Osco. Zu demselben Resultat wie bei Faido und Prato gelangt man, wenn man von Airolo aus auf dem gewöhnlichen Wege nach Piora ansteigt. Derselbe führt zuerst mit mässiger Steigung am linken Thal- gehänge über Madrano und Brugnasco, wobei man zuerst über nord- wärts fallende Glimmerschiefer geht, denen auch hornblendereiche, dunkele Schiefer eingelagert sind, die an der Thalstrasse unterhalb vom Stalvedro bessere Aufschlüsse zeigen. An manchen Klippen kann man deutliche, die Schiefer durchsetzende oder ihnen parallel ein- G. KrLemn: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 59 geschaltete Granittrümer beobachten. Halbwegs zwischen Madrano und Brugnasco betritt man dann das Granitgebiet. Der Granit ist selır reich an Schieferschollen, sehr deutlich parallelstruirt und plattig ab- gesondert mit nördlichem Einfallen. Derselbe Granit begleitet uns auf dem Wege nach Altanca, wo letzterer in die Schlucht des aus dem Ritomsee abfliessenden Foosbaches einbiegt und bei dem steilen An- stiege bis In Valle fortwährend das Mischgestein von Schiefer und Granit durehschneidet. Oberhalb der letzten Hütten stellen sich dann ge- schlossene Glimmerschiefermassen ein, die aber noch starke granitische Injeetionen zeigen, die sich bis an’s Hötel Piora beobachten lassen. Das Streichen des Schiefers ist Westnordwest, das Einfallen nordwärts ge- richtet, zum Theil ziemlich steil. Verfolgt man von dort aus über den Fongio die Schiefer in ihrem Streichen westwärts, so gelangt man im Ab- stieg wieder zurück zum Stalvedro im Tessinthal. Die Schiefer-Granit- grenze läuft also, wie diess auch von Frırsen's Karte angibt (der Glimmer- schiefer ist als »Glgn, Glimmerreicher Gneiss, in Glimmerschiefer über- gehend« bezeichnet), ungefähr dem Wege von Brugnasco nach Altancz und In Valle parallel, woraus es sich leicht erklärt, dass man hier überall einen so schieferreichen Granit antrifft. Auch in diesem Profil ist also keine Verwerfungstfläche zwischen Schiefer und Granit vor- handen, sondern die ursprüngliche Contacttläche. An der Stelle, wo unterhalb Airolo der Tessin die quer zu seinem Laufe streichenden, steil aufgerichteten Schiefer durchbricht, dem Stalvedro, bieten sich sowohl an der Landstrasse, welche die Felsen zum Theil durchtunnelt, als auch unten in der Schlucht vorzügliche Aufschlüsse. Es stehen hier vorwiegend Glimmerschiefer an, denen aber auch Quarzitschiefer eingelagert sind, und sie werden vielfach durehtrümert von stark flaserigen Graniten, namentlich am westlichen önde der Schlucht. Wie schon oben erwähnt, steigt die Grenze zwischen Schiefer und Granit um so höher über die Thalsohle, je weiter thalabwärts man wandert. Am Predalppasse, der den Übergang von Faido nach dem Val S. Maria bildet, liegt sie etwa 250” unter der Passhöhe und etwa 1500” über Faido. Obwohl in diesem Profil die Aufschlüsse nieht so gut sind wie auf der südlichen Thalseite, kann man doch auch hier sehen, dass die jetzt sichtbare Grenze zwischen Schiefer und Granit auch die ursprüngliche ist. Die Schichten fallen hier nach Nordosten bez. Osten ein. In der Fortsetzung desselben Gebirgskammes nach Süd- osten sieht man am Pizzo di Molare, den der Verfasser noch nicht be- suchen konnte, ein hellleuchtendes Dolomitband stark nach Südosten oder Süden einfallen, und die Sedimente reichen dort bis in ein tieferes Niveau hinab. 60 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. In den bisher besprochenen Profilen haben wir also überall als Hangendes des Granits Glimmerschiefer kennen gelernt, der seinerseits wiederum von Dolomit oder marmorartigem Kalk- stein überlagert wird. Auch Gyps und Anhydrit treten in engem Verbande mit dem Dolomit bei Airolo auf. Über diesem ersten Dolomitlager folgt im Piumognathal auf dem südlichen Gehänge ein sehr mächtiger Complex silberweisser, an Stauro- lith und Disthen local sehr reicher Glimmerschiefer, die z.B. an der Alpe La Piotta gut aufgeschlossen sind. Hier enthalten manche Schichten zahllose Staurolithzwillinge nach $P$ (232). Diese Schiefer werden wieder überlagert von Dolomit, der N60°W streicht und mit etwa 25°SW einfällt. Dessen Hangendes bilden wiederum ähnliche Glimmer- schiefer, wie die Liegenden. Das Dolomitband lässt sich mit dem Auge in die gewaltigen Steilwände hinein verfolgen, in denen der imposante Pizzo Forno nach dem Piumognathale abstürzt. Zur Zeit der Anwesen- heit des Verfassers, Anfang Juli 1903, waren aber diese Wände, wie überhaupt der ganze Thalschluss des Piumognathales, noch so mit Schnee bedeckt, dass eine Begehung unmöglich war. Man kann aber aus den Geröllen des Piumognabettes schliessen, dass die den Dolomit bedeekenden Glimmerschiefer von denselben schönen, an grossen Granat- krystallen und langen Hornblenden reichen Glimmerschiefern und Kalk- silieathornfelsen überlagert werden, die auch bei Airolo das Hangende des obersten Dolomitlagers bilden, sowie, dass auch Granit im Bereiche der Piumognaquellen sehr verbreitet ist. Der Dolomit von der Alpe La Piotta lässt sich mit annähernd gleich bleibendem Streichen und Fallen über den Piz Lambro (2138”) und die Alpe Cadonigo nach der Alpe Cadonighino verfolgen, wo die blendend weissen, tremolitreichen Dolomite in der Passscharte erscheinen, über die der Weg von Dalpe nach dem Campolungopass geht. Am Cadoni- ghinopass streicht der Dolomit etwa N 80° O und fällt mit etwa 35° nach S ein. Auch hier treten Glimmerschiefer im Hangenden und Liegenden des Dolomits auf. Die Lagerungsverhältnisse am Campo- lungopass konnten ungünstiger Schneeverhältnisse halber noch nicht genauer untersucht werden. Beim Abstieg vom Cadonighinopass nach Dalpe überschreitet man unterhalb der Alpe Cadonighino silberglänzende Glimmer- und Quarzit- schiefer, innerhalb deren in dem wilden Tobel, den der nach Mascengo abstürzende Bach gebildet hat, krystalliner Schieferkalk ansteht. Sein Liegendes bilden wieder helle, oft garbenschieferartig gefleekte Glimmer- schiefer. Steigt man von Alpe Campolungo über den Tremorgiosee nach Fiesso, so durchschreitet man zuerst mächtige Glimmerschiefermassen, G. Kremn: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 61 die ganz constant nach S oder SW einfallen und die Wände des tiefen Kessels zusammensetzen, in dem der schöne Tremorgiosee liegt. Etwas unterhalb seines Abflusses trifft man dann auf die hier nur wenige Meter mächtigen Schieferkalke, die wir unterhalb Alpe Cadonighino fanden, und durchquert dann ein sehr monotones System von grauen Kalkphylliten mit dunkelen granatreichen Glimmerschiefern. Dieser ganze Schichteneomplex streicht WNW und fällt nach S ein. Fast am Fusse des Berggehänges steht Dolomit an, die Fortsetzung des bei Prato und an der Piumognabrücke bei Dalpe beobachteten Lagers. Er hat dasselbe Streichen und Fallen wie sein Hangendes. Die grauen Kalkphyllite setzen von Fiesso aufwärts bis zum Stal- vedro überall die unteren Partien des südlichen Tessinthalgehänges zu- sammen und zeigen dabei ganz vorwiegend westnordwestliches Streichen bei südlichem Einfallen. Zwischen Piotta und Stalvedro wird letzteres immer steiler und nimmt manchmal sogar nördliche Richtung an. Je- doch herrscht an höheren Stellen des Gehänges, wie Verfasser bei einer Exeursion von Ambri nach dem Sassellopass feststellen konnte, wieder südliches, allerdings meist recht steiles Einfallen vor. Jedenfalls erhält man bei der Betrachtung der Lagerungsweise der metamorphen Sedimente auf dem südlichen Gehänge des Tessinthales den Eindruck, dass dieselben den südlichen, südwärts fallenden Flügel eines grossen, nordwestlich streichenden Sattelge- wölbes bilden, in dessen Scheitel das Tessinthal einge- sehnitten ist, und dessen Nordflügel von den Schichten bei Airolo-Piora-Predalp-Molare aufgebaut wird. Alle Abwei- chungen im Streichen und Fallen, die man local beobachten kann, scheinen nur ganz untergeordnete Erscheinungen zu sein, Runzelun- gen, welche den einfachen sattelförmigen Bau des ganzen Schichten- systems nicht stören. Am Stalvedro findet sich in den Sedimenten zweifellos eine starke Störung; dieselbe ist aber älter als der Granit, da sie nichtihn übergreift. Eine Verwerfung in dem Sinne, welchen Starrr (a.a.0. S.580) annimmt, oder eine Überschiebungsfläche'! zwischen Granit und den Sedimenten auf der Südseite des Tessinthals liegt nicht vor. Der Nordflügel des Tessiner Sattels ist am besten aufgeschlossen am Eingang des Val Canaria bei Airolo in einer von Norden kommenden Schlucht, die auf der Siegfriedkarte als »Ronco di Berri« bezeichnet wird. ı C. Scumivr spricht im »Livret guide geologique dedie au Congres geologique international, VI® Session & Zurich 1884, p. 187 von einer derartigen Überschiebung der »Monte di Sobrio« — über die »Tessiner« Masse. Er spricht ebenda auch von einer »Tessiner Mulde«, während er a.a.O. p.129 die Tessiner Masse als Domge- wölbe bezeichnet. ” 62 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. Das Profil ist durch von FrırscH in den Erläuterungen zu seiner Gott- hardkarte S.134 beschrieben, und GRUBENMANN hat in den Mittheilungen der Thurgauischen naturforschenden Gesellschaft (Heft VII, Frauenfeld ı888) unter dem Titel »Über die Gesteine der sedimentären Mulde von Airolo« eine Anzahl der in den tieferen Theilen jenes Profils anstehenden Gesteine petrographisch untersucht und mit den zum gleichen Schichten- system gehörigen Gesteinen verglichen, die zwischen Tom- und Ritom- See im Val Piora anstehen. Auch Scamipr bespricht (Livret guide ete. p- 155) jene Gesteine. Als unterstes Glied dieser Schichtenreihe sind die im Stalvedro aufgeschlossenen Glimmerschiefer aufzufassen, auf deren Übereinstim- mung mit den tiefsten Gliedern des Piumognaprofiles schon oben hin- gewiesen wurde. Sie werden überlagert von Dolomit, Gyps und An- hydrit, die besonders im Val Canaria selbst gut aufgeschlossen sind. Über einer sie bedeckenden Zone von Glimmerschiefern, Quarzitschiefern, Thonglimmerschiefern u. s. w. folgt dann eine etwa 300” mächtige Ab- lagerung von Kalkglimmerschiefer, über dieser nochmals Glimmerschiefer und verwandte Gesteine, die dann wiederum von Gyps und Dolomit überlagert werden, auf die sich dann nochmals Glimmerschiefer legen. Die bis hier aufgezählten Sedimente über den Stalvedroschiefern fasst GRUBENMANN als Glieder einer Doppelmulde, der »Bedrettomulde« oder »sedimentären Mulde von Airolo« auf. Die ausserordentlich charakte- ristischen, amphibol- und granatreichen Glimmerschiefer aber, welche auf den hier aufgezählten Schichten völlig concordant auflagern, trennt er ohne Angabe von Gründen von der »Bedrettomulde« ab. Der Verfasser kann sich nach seinen bisherigen Beobachtungen mit dieser tektonischen Anschauung durchaus nicht einverstanden er- klären. Es ist ihm ganz unwahrscheinlich, dass die Schich- ten des Val Canaria- und Tom-Ritomseeprofils eine Doppel- mulde darstellen, weilsich innerhalb derselben nirgends die so ganz unverkennbaren, von Hornblende durchspickten Schiefergesteine finden, welche dieht über dem obersten Dolomitlager auftreten. Da sie den anderen Schichten des Pro- files zweifellos concordant aufgelagert sind, müssten sie mitgefaltet sein und innerhalb der angeblichen Doppelmulde mindestens zweimal auf- treten. Der Verfasser kann vielmehr die Sedimente des Tessiner Sattels nur als ein Schichtensystem auffassen, in dem drei verschiedene Horizonte von Dolomit bez. Gyps und Marmor auftreten. Diese drei Horizonte haben wir aber im Südflügel des Sattels in ganz ana- loger Weise entwickelt gefunden und als Hangendes des obersten im Piumognathal auch dieselben hornblende- und granatreichen Glimmer- schiefer wie bei Airolo. G. Krıenu: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 63 Dass alle dem »Tessiner Gneiss« aufgelagerten Schichten. starke Umwandlungen erlitten haben, darin stimmen alle bisherigen Beobachter überein, und zwar haben sie dieselben für »dynamometamorph« erklärt. Besonders GrUBENMAnN betont diess sehr scharf und schreibt dem Gebirgsdruck einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Formge- staltung der Gemengtheile jener Sedimente zu (a.a.0. S. 26). Er geht sogar so weit, dass er für die Erklärung der Rhombendodekaäderform der Granaten an das Verhalten plastischer Kugeln (z. B. aus Glaserkitt bestehend) erinnert, die, in geschlossenem Raum allseitigem Druck ausgesetzt, die Gestalt von Rhombendodekaödern annehmen. Scnnmipr dagegen sagt von diesen Gesteinen, die er ebenfalls als Producte der Dynamometamorphose auffasst (a. a. 0. S.142): »Die Umwandlung der- selben ist aber weniger eine mechanische, sondern vielmehr eine che- mische, d.h. die ursprünglichen Gemengtheile wurden in Lösung ge- bracht und krystallisirten in der Gesteinsmasse wieder aus. Erhöhte Temperatur und Druck bei gleichzeitiger Einwirkung von Lösungsmit- teln, d.h. Wasser, welches Kohlensäure, Kieselsäure, Borsäure und Titansäure gelöst enthält, genügen allein vollständig zur Erklärung der weitgehendsten Umkrystallisation der Gesteinsmassen.« Nachdem nun aber der »Tessiner Gmeiss« als echter Granit von jüngerm Alter als die ihn bedeckenden Sedimente nachgewiesen wor- den ist, kann es nicht mehr zweifelhaft erscheinen, dass letztere durch den Granit eine echte Contactmetamorphose!' erfahren haben. Denn jene Sedimente treten uns jetzt als relativ dünne Schollen entgegen, die überall von Granit unterteuft werden, der auch zwischen ihnen überall zu Tage tritt und sie randlich im stärksten Maasse injieirt hat. Für die Contactmetamorphose spricht auch die Hornfelsstruetur der Tessiner Schiefergesteine, die später eingehend geschildert werden soll. Übrigens lassen solche Gesteinstücke, wie das umstehend in Fig. 4 abgebildete, schon bei makroskopischer Betrachtung erkennen, dass nicht der Druck, welcher die Faltung des Gesteines bewirkte, auch seine Umkrystallisation erzeugt haben kann. Das abgebildete Stück ist ein stark gefalteter, an Hornblendenadeln sehr reicher Hornfels aus dem Ronco di Berri. Die Hornblenden liegen grossentheils völlig regel- los durch die ganze Masse zerstreut, ein reichlicher Theil derselben senkrecht oder schräg zur Mittelebene der Falten und oft tangential zu den Stellen stärkster Faltung. Auch unter dem Mikroskop zeigen die von Einschlüssen, besonders Quarzkörnchen, dicht erfüllten Horn- blenden keinerlei Biegung oder Zerbrechung und keine Spur ! Die Anschauung, die Scuuivr in dem oben eitirten Satze von der Wirkung der Dynamometamorphose entwickelt, unterscheidet sich ja nur wenig von den An- schauungen über das Wesen der Contactmetamorphose. } 64 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 7. Januar 1904. von optisch anomalem Verhalten. Wären sie noch während derFal- tung des Schiefers, also durch den Druck, welcher die Faltung bedingte, entstanden, so könnten sie unmöglich die geschilderte Beschaffenheit haben. Sie müssten vielmehr, da sie oft durch verschiedene Sehichten hindurchsetzen, an verschiedenen Stellen ihrer Längsrichtung sehr un- Fig. 4. Gefalteter Hornfels, reich an Hornblendenadeln. Roneo di Berri bei Airolo. /2 d. nat. Gr. gleichem Drucke ausgesetzt gewesen sein, der nothwendigerweise me- chanische Deformationen oder doch wenigstens optische Anomalien hätte hervorrufen müssen. Der Satz, den Rosengusch ausgesprochen hat: »Was während des Druckes und durch den Druck sich bildete, wird dureh ihn nicht deformirt. Keine Kraft zerstört das, was sie schuf, so lange die Existenzbedingungen des Geschaffenen fortdauern «, kann hier unmöglich herangezogen werden, da ja die Richtung und ve G. Kremm: Über die »Gneisse« und die Schiefer der Tessiner Alpen. 65 damit auch die Stärke des Druckes auf die in der Krystallisation be- griffenen Hornblenden fortwährend sich geändert hätten. Der- artige Stücke, die man häufig bei Airolo sammeln kann, beweisen viel- mehr, dass die Umkrystallisation des Schiefergesteines erst nach Abschluss der Faltung vollzogen sein und dass während und nach der Umkrystallisation kein Gebirgsdruck mehr ein- gewirkt haben kann. Es kann daher nur eine reine Gontactmeta- morphose' jene Umkrystallisation bewirkt haben. Durch Petrefaetenfunde am Nufenenpass, im Val Piora u. s. w. ist sichergestellt, dass ein Theil der eontactmetamorphen Schiefer lia- sisches Alter hat. Der Tessiner Granit, der sie umgewandelt hat, muss daher postliasisch sein. Da aber nach dem heutigen Stande der Kenntnisse die Schichtenfaltung in der Tessiner Masse erst in jungtertiärer Zeit erfolgt ist, und da die umgewandelten Sedimente und der Granit nach dessen Erstarrung keinen Gebirgsbewe- gungen mehr ausgesetzt gewesen sind, so muss der Tessiner Granit als jungtertiär aufgefasst werden. — Am Schlusse dieses Berichtes möchte der Verfasser nochmals be- tonen, dass er bei seinen bisherigen Untersuchungen sein Augenmerk hauptsächlich auf das Studium des Tessiner Granits gerichtet hat. Er muss sich vorbehalten, die hier kurz entwickelten Anschauungen über die Tektonik der Sedimente der Tessiner Alpen durch weitere Special- untersuchungen noch zu beweisen und zu vervollständigen. ! Auch E. WeınscHenk hat bereits die Sedimente der Tessiner Alpen als contact- imetamorph angesprochen. Grorw’s Zeitschr. f. Krystallogr. 1899, NXXI. S. 258 — 265. Ausgegeben am 14. Januar. h- Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 5 SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. In. i ne Nm 5%, MIT TAFEL I uno II. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaction der » Sitzungsberichte«. 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nieht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 8 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören , sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Notliwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- aan dene dem m | Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im li steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich : , die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, F » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, S » October bis December zu Anfang des nächsten Aue nach Fi ertigselung des Bag. ” ” ” ” ] | | | | öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. $8. 5. Auswärts werden Correceturen nur auf ven Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. . or ne nee EEE s1l. 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mitteilung und der Name des Verfassers stehen. i | 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. i 3 RE 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu. erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 u . plare auf ihre Kosten abziehen lassen. $ 28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören ‚, hat er einem zunächst. Bedienen scheinenden Mitgliede zu überweisen. > [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht N 4 $ 29. 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des 4 geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben de 3 gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie 4 für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. 4 Er EINSTEIN he amd 67 SITZUNGSBERICHTE 1904. Il. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. von Bezorp las über »Lufttemperatur und Luft- wärme«. (Erscheint später.) Häufig wird, besonders in neuerer Zeit, anstatt »Lufttemperatur« das Wort »Luftwärme« gebraucht. Diess ist ein sehr bedenklicher Sprachgebrauch, der zu Un- richtigkeiten führt und wichtige Thatsachen verhüllt. So entspricht z. B. einer bestimmten Temperaturschwankung in grösseren Höhen eine geringere Wärmeschwankung als an der Meerestläche, in 5500” nur etwa die Hälfte. Bei feuchter Luft ist es sogar möglich, dass in Folge zunehmender Feuchtigkeit der Wärmegehalt wächst, während die Tem- peratur sinkt. In der Mittheilung werden diese Verhältnisse nach verschiedenen Rich- tungen hin genauer untersucht, und wichtige Schlüsse daraus gezogen. 2. Hr. Coxze machte eine Mittheilung über eine in Pergamon gefundene Copie des Hermes Propylaios von Alkamenes. 3. Hr. Kekure von Srranonızz legte einen dritten, von Hrn. Director Dr. Turopor Wiırsann eingesandten vorläufigen Bericht über die von den Königlichen Museen veranstalteten Ausgrabungen in Milet vor. 4. Hr. Pıscner legte eine Abhandlung des Hrn. Dr. O. Franke vor: Beiträge aus chinesischen Quellen zur Kenntniss der Türk-Völker und Skythen Central-Asiens. (Erscheint in «dem Anhang zu den Abhandlungen von 1904.) In der Abhandlung wird auf Grund der von den chinesischen Historikern über- lieferten Nachrichten dargelegt, wie in den beiden letzten Jahrhunderten v. Chr. eine rückläufige Bewegung unter den skythischen Stämmen nach Westen und Süden stattfand. Diese Bewegung pflanzte sich nach Nordindien fort. Die Indoskythen unter Kaniska giengen um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. als Sieger aus dem Kampfe um Nordindien hervor und gründeten später das grosse Kushän-Reich unter Kozulo- kadphises, Oimokadphises und ihren Nachfolgern. 5. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer am 10. Dee. v.J. von Hrn. Hrrrwis in der physikalisch-mathemathischen Classe vorgelegten Abhandlung der HH. Prof. Dr. RuporLr Krause und Dr. Sitzungsberichte 1904. 6 68 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. S. Kremrxer in Berlin: »Untersuchungen über den Bau des Centralnervensystems der Affen: das Nachhirn vom Orang Utan« in den Anhang zu den Abhandlungen von 1904. 6. Hr. Warpever erläuterte im Anschluss an die Mittheilung des Hrn. Prof. H. Vrenow im Anhang zu den Abhandlungen der Akademie vom Jahre 1902 eine von demselben nach Verticalschnitten durch den gesammten Örbitalinhalt einschliesslich des Lidapparats ent- worfene Tafel. Es wurden insbesondere hervorgehoben feinere Bauverhältnisse der Lider, der Lidmuskeln, des Septum orbitale, der septalen Brücke am Musculus obliquus inferior und der Wimpern. 7. Als Fortsetzungen akademischer Unternehmungen überreichten Hr. Dırzs Vol. HI p. II des Supplementum Aristotelieum: Aristotelis res publica Atheniensium ed. F. Kexyox. Berlin 1903. und Hr. Koserr den 29. Band der Politischen Correspondenz FrıeprıcH s des Grossen. Als von der Akademie unterstützte Werke wurden eingereicht: H. Kıesann, die wirtswechselnden Rostpilze. Berlin 1904, und E. Ar- DERHALDEN, Bibliographie der gesamten wissenschaftlichen Literatur über den Alkohol und den Alkoholismus. Berlin und Wien 1904. Das corr. Mitglied Hr. Hauck liess sein Werk übergeben: Kirchen- geschichte Deutschlands. Vierter Theil. Leipzig 1903. Die Akademie hat das ordentliche Mitglied ihrer physikalisch- mathematischen Classe Hrn. FrıieDrRIcH VON HEFNER-ÄLTENECK am 7. Januar. und das correspondirende Mitglied derselben Classe Hrn. Kart ALrren vox Zırten in München am 5. Januar durch den Tod verloren. a in 69 Hermes Propylaios. Von ALEXANDER Ü0NZE. Hierzu Taf. 1. B.: den Ausgrabungen des archäologischen Instituts in Pergamon wurde nach den Berichten der HH. DörrreLp und Arrmann am 6. No- vember v. J. eine Herme mit bärtigem Kopfe gefunden, aus weißem Marmor. Sie lag in Stücke zerbrochen im Schutte in einem der Ge- mächer (Kaufläden oder Werkstätten), welche für den Hinaufgehenden linker Hand entlang der zur Oberstadt hinaufsteigenden Hauptstraße, oberhalb des unteren Marktplatzes, sich aneinander reihen. Es ist die Gegend südlich unterhalb der Zisterne auf dem Plane in den Athenischen Mitteilungen des Instituts 1902, Taf. I, auf welchem die Gemächer noch nicht ausgegraben erscheinen. Aus den Stücken wieder zusammengesetzt, hat sich die Herme so glücklich wieder herstellen lassen, wie sie auf der Abbildung, welche hier auf Taf. I beigegeben ist, sich darstellt, einer Abbildung, die nur zu einer vorläufigen Kennt- nisnahme dienen soll. Tadellos erhalten sind die Hauptsachen, das Gesicht, abgesehen von einer unerheblichen Lücke im Barthaar, und die Inschrift. Der Kopf ist nach den Berichten der Entdecker über- lebensgroß, eine Kopie zwar und aus römischer Zeit, aber von sorg- fältiger Durchbildung und sehr wirkungsvoll. Außer dem, was unsere Abbildung vorläufig genügend zeigt. ist zu bemerken eine Schnur, welche den Kopf hinter den vorderen drei Lockenreihen und über die lang in den Nacken hinabfallende Haarmasse hin umgibt und diese Haarpartien gegen die glatt gelassene obere Schädelfläche ab- grenzt. An den Seiten des Hermenschaftes sind die Eintiefungen für die üblichen Ansätze. Die ursprüngliche Höhe der ganzen Herme ist, da das Unterteil fehlt, nieht genau anzugeben, muß aber, nach der Stelle des Geschlechtsteils zu urteilen. ziemlich erheblich ge- wesen sein. Auf der Vorderfläche des Schaftes steht zu unterst der Weisen- spruch: T'noeı cayrön. Darüber in vier Zeilen das Epigramm: Eiahceıc AnKAMENEoC TIEPIKANNEC ATANMA, "EPMAN TON TIPO TIYA@N' Eicato TTepramıoc. 70 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. Gleich anfangs, als wir hier den Fund besprachen, machte mich Hr. Rıcmarnp Schöne auf die dem Anfange dieses Epigramms gleiche Wendung in dem Antipater-Epigramm der Anthol. palat. VI, ı8 auf- merksam: Eiatacıc AnKMANA USW. »Du wirst erkennen, daß dieses des Alkamenes herrliches Bild ist, Hermes, der vor dem Tore. Pergamios stellte es auf.« Dieser Pergamios ist uns sonst nicht bekannt. Er mag zur Zeit Hadrians gelebt haben. Paläographisch stimmt zu der Hermeninschrift eine der Weihinschriften für Hadrian in Pergamon selbst (I. v. P. 373). Hermenbilder standen viele vor Toren. Aber der Hermes, der hier so KAT &zox4n so genannt ist, wird doch kein anderer sein als der in Athen, ön TIpomYanıon ÖnomAroycı, wie Pausanias sagt (I, 22. S: KATA A& THUN EcoAoN AYTHN HAH TAN €c AKPOTIOAIN EPMAn, ON TIPotYArıon ÖNOMAIOYCI, KAl XAPITAC CWKPATHN TIOIÄCAI TON CWoPoNIcKOY AETOYCIN KTA.). Von dem Relief der Chariten. über das zuletzt Amerune gehandelt hat (Die Skulpturen des Vatikanischen Museums. Museo Chiaramonti n. 360) hat man längst, namentlich seit BExnporFs Ausführung in der Archäol: Zeitung XXVII, 1869. S. 55 ff.. den Hermes als eine selb- ständige Figur abgetrennt, und auch Frazer neigt bei seiner Ab- wägung der Ansichten dahin, ihn für ein Einzelbild zu halten. Die Vermutungen über seinen genaueren Standplatz lasse ich beiseite. Die Inschrift bringt uns die schwerwiegende Neuigkeit, daß es ein Werk des Alkamenes gewesen sei, der uns sonst ja als der Künstler eines anderen in derselben Gegend aufgestellten Werkes, der Hekate eniryrriala, genannt wird, von dem ein Hermes aber ander- weitig nicht erwähnt wird. Verdient das Zeugnis der Weihinschrift des Pergamios Glauben? Mir scheint nach dem, was wir uns über den Kunstcharakter des Alkamenes glauben vorstellen zu können: Ja. Daß wir die gute Kopie eines Werkes der reifen Zeit des fünften Jahrhunderts v. Chr. vor uns haben, wird niemand bezweifeln. Aber auch mit dem, was man mit Wahrscheinlichkeit unter unserem Antikenbesitze auf Alka- menes zurückgeführt hat (Furrwänster, Meisterwerke S. 117ff.), ver- einigt sich der pergamenische Hermes sehr wohl und wird dann fort- an als ein durch das inschriftliche Zeugnis besonders fester Ausgangs- punkt für die Zurückführungen auf den dem Phidias im Altertum so nahe gestellten Meister zu gelten haben. Hierfür fällt meiner Meinung nach eines noch besonders schwer in die Wagschale, der künstlerische Eindruck, den das neugefundene Werk, auch losgelöst von aller anderen Überlieferung, macht. Ich urteile einstweilen nur nach den Photographien, glaube aber da trotz aller Abschwächung, welche die Kopistenarbeit mit sich bringen muß, selbst der Wirkung, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1904 Conze: Hermes Propylaios. Conze: Hermes Propylaios. 71 die ein Zeus des Phidias auf den Beschauer übte, nahe zu sein. Es ist noch keine Individualität eines Hermes, es ist ein eroßer Gott, mit Festhalten gewisser Altertümlichkeiten zu religiöser Wirkung, kenntlich als ein göttliches Sonderwesen durch das althergebrachte Gesamtschema, an dem aber das Antlitz auf eine höhere Stufe «e- hoben ist. Die von Pergamios aufgestellte Kopie wird nicht die einzige uns erhaltene sein. Man wird danach die zahlreichen, oft Dionysos ge- nannten Köpfe in den Museen durchmustern, in denen der Wider- schein eines berühmten Originals, voraussichtlich in mannigfacher Brechung und meist unerfreulich schematisiert, sich zu erkennen geben wird, schwerlich irgendwo reiner, als in dem Exemplare aus Perga- mon, wo man seit der Könieszeit in so besonders naher Beziehung zu attischen Vorbildern stand. In der Benennung Dionysos sind wir bisher vielfach zu weit gegangen für diese Köpfe, zu deren Untersuchung, als auf attische Originale des fünften Jahrhunderts zurückgehend, schon FurTwÄNGLER aufforderte (Meisterwerke, S. 684, Anm. ı). In den Königlichen Museen hier kommen drei Exemplare besonders in Betracht: Beschreibung Nr. 104, 107 und der Schröper'sche Kopf, Archäol. Anzeiger 1903, 8232, n..0: Auf den Besitz eines solchen Werkes würde jedes Museum stolz sein. Da wir es nicht für uns erworben haben, sehe ich es nir- gends lieber als an einem Ehrenplatze in der Schöpfung Hannı Bey’s, dem Ottomanischen Museum in Konstantinopel, von wo es in Ab- güssen recht bald allgemeiner zugänglich gemacht werden möge. Dritter vorläufiger Bericht über die von den König- lichen Museen begonnenen Ausgrabungen in Milet. Von THEODOR WIEGAND. (Vorgelegt von Hrn. KekuLE von STRADONTTZ.) D: Arbeiten des Herbstes 1901 begannen am 3. Oktober. Sie waren anfangs weniger auf neue Grabung als auf die Durchführung einer sorgfältigen Bearbeitung der bisher entdeckten Architekturmonumente gerichtet; kleinere Ausgrabungen, z. B. an der Südseite des Buleuterion und an dessen Propylaion, traten ergänzend hinzu. Der Aufnahme der Rathausruine!' sowie des Grabbaues von TA mArmara” hatte sich Herr Regierungsbaumeister Hugert Knackruss aus Cassel gewidmet, das Nymphäum’ bearbeitete Hr. Dr. phil. JuLıus Hürsen aus Frankfurt a. M. Bei der Aufmerksamkeit, welche die römischen Nymphäen und die ihnen Fig. 1. verwandten Bauten neuerdings besonders durch die Entdeckun- gen der deutschen Baalbek-Ex- pedition® und durch E. Maass’ Buch über die Tagesgötter’ auf sich gezogen haben, war die nachträgliche Auffindung des Architravfragments Fig.ı sehr willkommen, da wir damit eine sichere Datierung des Nym- phäums in das Zeitalter des Kaisers Titus gewinnen; das Monument rückt dadurch zeitlich an die Spitze der bisher bekannt gewordenen Nymphäen. Es sei hier gleich erwähnt, daß wir später gegenüber der Nordseite des Nymphäums, in 52” Abstand von diesem, gl. Sitzungsber. d. Königl. Preuß. Akad. d. Wiss. ıgo1r, XXXVII, S. gogft. gl. ebenda S. 913. gl. ebenda S. 907. \ \ \ J » or ahrbuch d. Kais. Deutschen Arch. Inst., XVII, 1902, S. 103 ff. ° E.Maass, Die Tagesgötter in Rom und den Provinzen, Berlin 1902, S. 37ff. Tu. Wıesanp: Ausgrabungen in Milet. Ill. 73 die Reste einer großen jonischen Marmorhalle (Wandelgang 740 breit, Säulendurchmesser 90°") mit rückwärts anliegender Kammerflucht fanden (vgl. den Plan Fig. 2), die nach Süden aber hier ohne Kammern — rechtwinkelig umbiegt. Weitere Ausgrabungen müssen entscheiden, ob das Nymphäum mit dieser der hellenistischen Zeit entstammenden Anlage verbunden war oder ob es sich um einen Säulenhof‘ von selb- ständiger Bedeutung handelt. REIETII TE Er. WEN 1 Als Vorbedingung für weiteres Fortschreiten sowohl im Gebiet der Löwenbucht als auch in der Nekropolis, wo Hr. Dr. Carı W arzınger hellenistische Gräber am Kalabaktepe, alte Brandgräber und römische Anlagen am heiligen Tor beobachtet hatte, stellte sich immer dringen- der die Notwendigkeit des Ankaufes größerer Geländestrecken heraus. Daß wir ihn durchführen konnten, verdanken wir in erster Linie pri- 74 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. vater Hülfsbereitschaft mehrerer Altertumsfreunde; etwa die Hälfte des antiken Stadtgebietes (rund ı Million Quadratmeter) konnte so für künftige Forschungen gesichert werden. Als ich mit Huserr Knackruss am 6. Oktober 1902 die folgende Kampagne eröffnete, an der vom 20. Oktober bis 21. Dezember auch Hr. Dr. Warrer Korse als Epigraphiker teilnahm, begannen wir mit der durch schwierige Grundbesitzverhältnisse bisher verhinderten Unter- suchung des südlich von Buleuterion liegenden Geländes. Sofort ergab sich ein bedeutsames Resultat: zunächst eine auf drei Stufen sich er- hebende 16397 lange, nach Süden geöffnete Marmorhalle aus helle- nistischer Zeit mit dorischer Außenarchitektur und innerer Säulen- stellung (vgl. den Plan Fig. 2). An den Enden dieser 1280 tiefen Kolonnade setzt sich rechtwinklig je eine andere Halle an. Die nach Osten geöffnete hat ebenfalls 12”8o Tiefe, die nach Westen geöffnete zeigt dagegen einen 14.42 tiefen Wandelgang und an diesen schließt sich rückwärts ein in drei Reihen hintereinander geordnetes Kammer- system; die vorderste Kammerreihe ist 6°20 tief, die zwei dahinter folgenden haben jede etwa 260 Tiefe; bis jetzt sind rıı Kammern festgestellt, sämtlich von 4.10 Breite. Die Gesamttiefe der Halle betrug rund 30”, ihre Länge dagegen ist bisher nur bis auf 172" verfolgt, ebenso die des gegenüberliegenden Säulenganges. Aber schon Jetzt zeigt sich, wie gewaltig dieser, der großen Agora von Magnesia am Mäander völlig ebenbürtige Platz im Stadtbilde gewirkt, ein wie bedeutendes Zentrum des städtischen Lebens dieser tausendsäulige Hof gewesen sein muß, der ergänzend zu dem den Ansprüchen des Verkehrs nieht mehr genügenden älteren Markte an der Löwenbucht hinzutrat. Wie dort, so läßt sich auch hier die ganze Anlage als zweistöckig nachweisen, da die den durchlaufenden Triglyphenfries krönenden Gesimsblöcke keine Traufrinne, sondern ein gerades Lager für darüberliegende Werkstücke eines Oberstockes zeigen. Nach der Form der zahlreiche Farbspuren in Rot und Blau aufweisenden Zier- profile, dem knappen Echinus der Kapitelle, dem niedrigen Architrav und den flachen Tropfenleisten mit sehr breiten kurzen Guttae und sehr spitz unterschnittener Scotia gehört der Bau in die jüngere helle- nistische Zeit und ist jedenfalls später als das Rathaus zu datieren, jedoch ist römischer Einfluß wegen der echt griechischen technischen Tradition sicher auszuschließen; Mörtel ist z. B. nur bei Reparaturen verwendet. Von den Inschriften, die auf dem neuen Markt gefunden wurden, sei erwähnt eine hellenistische Sonnenuhr, auf welcher Hr. Dr. Korsz das Wintersolstitium (Trori# xeımerin#), das Aequinoctium (ichmerin#) und das Sommersolstitium TPorH# eerın#) inschriftlich ver- merkt fand. Tu. Wırsannp: Ausgrabungen in Milet. I. 75 Es wird die Aufgabe späterer Untersuchungen sein, darüber Klar- heit zu erlangen, wie die neuentdeckte Agora — wir nennen sie im Gegensatz zum nördlichen Markte an der Löwenbucht künftig den Süd- markt — im Süden abschloß. War der Platz hier frei oder öffnete sich auch gegen Norden eine Halle? Und wie waren die umgeben- den Quartiere eingeteilt? Sicher ist, daß am der Ostseite des Süd- marktes später sehr große römische Hausanlagen, die durch Feuer zu- grunde gegangen sind, gelegen haben. Eine derselben wurde teil- weise aufgedeckt; sie zeigte ein Hausperistyl von 63” Länge, das mit vielfach wechselnden geometrischen Mosaikfeldern in Schwarz, Gelb, Weiß und Rot ausgelegt war. Mäander und große schwarze Delphine unterbrechen stellenweise die Buntheit der Rauten, Quadrate, Kreise und Monde, die sich in immer wieder neuen Kombinationen anein- anderreihen. Das spätere Schicksal des Südmarktes hat sich bei dieser Unter- suchung klar ergeben: als um 260 n. Chr. die Schutzmauer gegen die Goten gezogen werden mußte, ist der ganze Platz von der Verteidi- gung ausgeschlossen und preisgegeben worden. Soweit die Hallen nicht damals sehon zerfallen waren, wurden sie niedergerissen, die Bauglieder zur Füllung der neuen Festungsmauer fortgeschleppt. Der Zug dieser Verteidigungslinie ist an der Straße, die den Südmarkt vom Buleuterion scheidet, festgestellt worden, wo sie die Rückwand der nach Süden geöffneten Markthalle benutzt. Weiterhin erkennt man, etwa in der Mitte zwischen Rathaus und Nymphäum, einen aus zahlreiehen alten Architekturstücken erbauten Turm, der eine immer sichtbar gewesene Ehreninschrift für Trajan enthält. Zu umfassenderen Untersuchungen im Gebiet der Löwenbucht nördlich vom Buleuterion ließ uns die Regenperiode damals nicht viel Zeit. Indessen sind Versuchsgräben gezogen worden, deren einer ein außergewöhnliches Interesse bot, da in ihm die Marmorbasis (H. 50°", Br. 124°”, T. 124°”) eines kolossalen Bronzestandbildes für Seleukos I. Nikator gefunden wurde — denn um diesen Herrscher muß es sich nach dem vorzüglichen Schrifteharakter des Steines handeln: Bacınea CenevKkon ö AaAmoc 6 MıinHciwn "ATIönnwN! Mehrere ähnliche Basen ohne Aufschrift lagen daneben. Weiterhin fand sich eine Anzahl Marmorblöcke, die allem Anschein nach die Nachbildung eines Schiffes darstellen, wozu auch einige Blöcke mit Tritondarstellungen in flachem Relief sehr gut passen. Der Bug des Schiffes scheint durch zwei in einen gemeinsamen Kopf endigende, 76 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. lebensgroße Löwen gebildet worden zu sein. In größerer Tiefe fanden wir auf wohlgefügtem Marmorpflaster eine halbkreisförmige Exedra in situ. Dieser Befund und die Größe der Basisblöcke, die nicht weit verschleppt sein können, läßt auf eine besonders wichtige Anlage schließen, bei der der Gedanke an ein städtisches Apollonion wohl zulässig ist. Überhaupt scheinen die das innere Ende der heiligen Straße umgebenden Stadtteile an hervorragenden Bauwerken reich ge- wesen zu sein. So liegt unweit der Fundstätte der Seleukosbasis auf dem östlichen Abhang des Theaterhügels ein aus Porosblöcken er- richteter, einst mit Marmor umkleideter Unterbau, dessen kammer- ähnliches inneres Gewölbe an die kunstvollen Substruktionen perga- menischer Bauten erinnert. In dem diesen Kern bedeckenden Schutt fanden sich zahlreiche jonische Säulentrommeln, Reste von Ranken- simen und gute Sima-Löwenköpfe, die ebenso wie die dabei gefundenen Vasenscherben den Charakter der besten hellenistischen Zeit tragen. Wir werden in der nächsten Kampagne ein Hauptaugenmerk auf die Aufklärung der Löwenbucht richten. Die erwähnten Enteignungen hatten es inzwischen ermöglicht, ein am Theater sich ausdehnendes kleines Zigeunerdorf zu beseitigen und an die Aufdeckung des gewaltigen Bauwerks zu schreiten, das an Größe von keinem andern Theater Kleinasiens übertroffen wird. Es ist mit der Front gegen Südwesten in den höchsten Hügel des Stadtgebietes eingebaut und ragt heute noch mehr als 30" über die Ebene empor. Dem Cyriacus von Ancona, der 1446 den Bau beschrieb', machten die hochgewölbten Parodosportale und die Marmorwände der 140” langen Front einen so großen Eindruck, daß er das Monument für fast völlig intakt hielt. Und doch erhob es sich einst noch um mindestens 10” höher über dem Hügel, denn die oberste Galerie ist eingestürzt. Sie war abgeschlossen mit einem löwenköpfigen Mar- morgesims, während die Basis der im obern Teil mit Blendbogen belebten Parodosmauer von einem 120° hohen, mit plastischen Flechtbändern und Lorbeerstäben geschmückten Sockelprofil gebil- det wurde. Der Umfang des äußern Theaterkreisbogens beträgt 230”, die Bühnenbreite 34”. Die Orchestra fanden wir 10” hoch ver- sehüttet. Ein großartiges und bewegtes Bild bot sich im Altertum von den Stufen des Zuschauerraumes. Unmittelbar zu Füßen des Bühnenhauses und der steil aufragenden Parodoswände lag ein tief einbuchtender Hafen, der im Nordosten von großen Thermenanlagen mit vorgelagerten Säulenhallen, im Süden vom Stadion begrenzt wurde. Darüber hinaus ! E. Zıesarın, Neue Jahrbücher 1902, 1. Abt., S. 221f. Tu, Wıesann: Ausgrabungen in Milet. III, a 7 RZ 7 un u u | u | 78 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. sah man die ganze &zw mönıc' in flacher Niederung sich ausdehnen, rechts davon glänzte das Meer mit der nahen Insel Lade, der steile Berggipfel des samischen Kerketeus und das sich vorschiebende Mykale- kap schlossen das Bild auf der rechten, die weißen Kalksteingebirge Kariens auf der linken Seite ab. Das Theater ist in seiner jetzigen Gestalt römisch. Es besteht aber kein Zweifel, daß es an der Stelle des an sich vorauszusetzenden und auch durch Einzelfunde (s. u.) und durch Inschriften bezeugten älteren griechischen Theaters” steht, denn die Stützmauern der Paro- doi und der Bühne sind in derselben wuchtigen Bossenquadertechnik wie die hellenistischen Stadtmauern errichtet, so daß man zunächst den Eindruck hatte, als stütze sich hier das Bühnenhaus geradezu auf einen Teil der hellenistischen Stadtmauer. Es besteht gute Aussicht, den Grundriß des hellenistischen Bühnengebäudes in der Hauptsache zu ermitteln. In römischer Zeit waren die westlichen Stützmauern durch eine Balustrade mit Waffenfries gekrönt, von dem sich vor der nordwestlichen Parodos viele Platten gefunden haben. Eine breite Freitreppe führte aus dem Hafen zu den Zugängen des Westflügels. Im Osten bedurfte es einer solchen Treppe nicht, da das Niveau der Stadt hier so hoch lag, daß man das Theater in gleicher Höhe mit dem östlichen Portal erreichte. Das System der inneren, gewölbten Korridore wird durch einen Blick auf die linke Hälfte des Planes Fig. 3 klar, die einen Horizontal- schnitt in der Höhe des mittlern Diazoma darstellt. Diese Korridore sind auf beiden Flügeln 4” breit, nur der von Norden einmündende 39” lange Tunnel des Westflügels ist 3” breit. Um auf letzterm zum mittlern Umgang des Sitzraumes zu gelangen, stieg man vom Portal der Südseite (Fig. 4) über 32 Stufen empor; um von demselben Portal auf den obern Umgang zu gelangen, benötigte man 71 Stufen, die wir sämtlieh noch in ihrer alten Lage vorgefunden haben. Der Westflügel enthält außer den Korridoren auch noch drei große gewölbte Kammern. Vier solcher Kammern finden sich im Ostflügel, jedoch fehlt hier die innere Treppe zum obersten Rang und der Tunnel von Norden. Man ersieht aus der Planskizze (Fig. 3), daß der Zuschauerraum, dessen Sitze sämtlich aus Marmor hergestellt sind (Fig. 5), drei Um- gänge hatte. Der unterste liegt am Beginn der Sitzstufen und ist nur 1”47 breit. Er liegt etwa 2” höher als die Orchestra, die durch eine ! Arriani Anabasis I, ı8 ff. Ebenso wird in Soloi zwischen €zw rrönıc und eicw mönıc geschieden, Hrserner-Wiraerm, Reisen in Cilieien und Lykien 1896, Wiener Denkschr. VI, Nr. ı01, S. 43. ? DirrENBERGER, Sylloge 1?, Nr. 314, 46. Tu. Wıesann: Ausgrabungen in Milet. II. 80 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. mit Sockelprofil und Kranzgesims eingefaßte, marmorverkleidete Wand umgrenzt war. Sieben in dieser Wand verteilte, mit Kassetten ab- eedecekte Nischen wird man wohl kaum anders denn als Bildnischen erklären, und man wird dabei vielleicht den Gedanken an die sieben Tagesgötter, wenn auch nicht ohne Vorbehalt (Maass, a.a.0. S.287ff.), zulassen dürfen. In der Mitte des untersten Umgangs standen zwei einem hellenistischen Bauwerk entlehnte Säulen. Ein zweites Paar stand ebenso rückwärts auf der fünften Stufe; das ganze diente offenbar einer Ehrenloge, deren Schattendach auf diesen Säulen ruhte. Der zweite, mittlere Umgang teilte sich in einen äußern, offenen Teil von etwa 2” Breite und in einen innern, überwölbten Gang von 2.30 Breite und 2'5o Höhe. Es ist hervorzuheben, daß dieser Um- gang zwei Stufen tiefer als der äußere Teil liegt und somit zum Auf- fangen der von den oberen Rängen herabfließenden Regenmengen diente. Das Wasser trat durch die Türen ein und sammelte sich in zwei den Umgang einsäumenden, 30°” breiten, flachen Rinnen, aus denen es in den überdeckten Mittelkanal des Ganges abfloß. Die Zugänge zu dem Umgang sind teils direkte mit schiefer Ebene als Schwelle, teils em sind sie rechtwinklig umbiegend und mit eingelegten Stufen ange- ordnet, eine Vorrichtung, die sichtlich mit dem Bestreben zusammen- hängt, den Zustrom des Publikums zu regulieren. Dieselbe Einrich- tung findet sich auch bei dem obern Umgang. Hier ist jedoch die Höhe des Gewölbes mit Rücksicht auf die darüberliegenden höchsten Sitzstufen größer (3”), auch finden sich auf der Rückseite Ausgänge, die der näheren Aufklärung harren. Durch diese Umgänge war das Theater also in drei Ränge zer- legt. Der untere enthielt ı3 Sitzreihen, die in fünf Keile geteilt waren, der mittlere ebenfalls ı8 Sitzreihen in zehn Keilen. und auf dieselbe Reihenzahl werden wir für den obersten Rang geführt, für welchen dann 20 Keile anzunehmen sind. Jetzt sind vom obersten Rang nur noch wenige Stufen in situ vorhanden, überall aber sieht man noch die radialen, einst schräg aufsteigenden Mauerschenkel, die als Seitenwandungen der die Sitze tragenden, teilweise noch erhalte- nen Tonnengewölbe dienten. Ein nicht mehr erhaltener äußerer Um- gang, konzentrisch der äußersten Peripherie des Sitzraumes, bildete den Abschluß des Ganzen; er lag in dem Teil, der auf der Plan- skizze (Fig. 3) mit weiten Parallellinien schraffiert ist. Die oberste Reihe jeden Ranges hatte Sitzbänke mit Rücklehnen, die bei den übri- gen Sitzen nicht nachzuweisen sind. Besondern Schmuck tragen die den Zwischentreppen benachbarten Sitze, da sie bis in die obersten Ränge hinauf mit Löwenfüßen ausgezeichnet sind. Fig. 5. Ta. Wıesann: Ausgrabungen pe. in Milet. II. sı o.) DD Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. Der Orchestraboden trug ein kostbares Marmorplattenpflaster. Was davon erhalten ist, zeigt Streifen in leuchtend rotem, in violett geäder- tem und in bläulich-weiß zestreiftem Marmor. Die Proskenion-Vorderwand liegt noch verborgen in einer dieken byzantinischen Festungsmauer, die schon vor dem neunten Jahrhun- dert n. Chr. quer über die Orchestra gezogen wurde. Aus ihr stammen u.a. die von RavEr-Tnomas auf Taf. XX ihres Werkes »Milet et le golfe Latmique« veröffentlichten Skulpturen. Hier fanden sich auch die Reste des hellenistischen Sternbildkalenders, der im Anschluß an diesen Bericht von den HH. Dirrs und Rem besprochen wird. Wie- viel von der Proskenion-Vorderwand noch aufrecht erhalten ist, wird sich erst bei der im nächsten Herbst beabsichtigten Niederlegung der Festungsmauer herausstellen. Hinter ihr sind die in drei Reihen an- geordneten Pfeiler, welche den Marmorplattenbelag des römischen Spielplatzes trugen, zum Vorschein gekommen (s. Fig. 5). Von den Parodoi führt jederseits ein schmales, flach überwölbtes Treppchen in diesen verdeckten Raum herab. Das römische Spielhaus ist noch nicht ganz freigelegt. Man er- kennt aber jetzt schon, daß zwei Perioden zu unterscheiden sind. Der ersten gehören prächtige Pilaster und Säulen aus rotem, aegypti- schem Granit, aus grünem Euböamarmor und aus dunkelblau geäder- tem weißem Marmor an. Die Kompositkapitelle zeigen einen sehr guten, scharfen Schnitt der Akanthusblätter, die Zahnschnitte sind sorgfältig ausgearbeitet und die Kassettendecke zeigt reiche, tief ge- höhlte Muster. Dieselben guten Traditionen zeigen sich auch bei den Gliedern einer großen, flachen Nische, deren Gebälk sich zusammen- gefunden hat. Den Eingang zur Bühne von den Parodoi aus bildeten gewölbte Tore aus weißem Marmor. Der Schlußstein des westlichen Bogens trägt auf der einen Seite ein Gorgoneion, auf der anderen das milesische Stadtwappen, den Löwen. Zu dieser relativ sehr guten Architektur passen auch die Pfeiler-Kompositkapitelle des Südportals der westlichen Parodos: über zwei Reihen Akanthusblätter schwebt eine Nike mit ausgebreiteten Flügeln, umgeben von leichtem Ranken- werk. Die Ecke des Kapitells wird durch die Protome eines Flügelgrei- fen gebildet; von den zwei Voluten ist die eine als einfache Schnecke gestaltet, die andere ausgefüllt mit dem Brustbild eines bärtigen, der Nike zugewandten Giganten. Das sind Bildungen, wie wir sie von den Kapitellen des Apollotempels zu Didyma kennen, deren Entstehung in vorrömischer Zeit HaussovrLıer' mit guten Gründen vertreten hat. ! HavssourLier, Etudes sur l’histoire de Milet et du Didymeion. "Paris 1902. S. 277- Tu. WıiEesano: Ausgrabungen in Milet. 111. 83 Daß aber ihr pergamenisch beeinflußtes Vorbild bis ins zweite Jahr- hundert n. Chr. nachgewirkt hat, zeigt sich hier deutlich und wird auch durch zwei überlebensgroße, «der Bühnenarchitektur angehörige Telamone aus Marmor bewiesen, deren kraftvolle Formen der perga- menischen Kunst nahestehen. Denn das Theater von Milet ist erst in trajanisch-hadrianischer Zeit fertiggestellt worden. Das lehrt uns der Name des mit der Oberaufsicht «der Arbeiten beauftragten Pro- pheten Ulpianos in einer Orakelinschrift, die wir beim Eingang in den obern Umgang auf einem Kalksteinblock an der Südseite des obersten Treppenabsatzes des Westflügels in situ fanden (H.: 60°, BRE7SS)l: Of oikoaömoı ol ep €...... N "Ermironon. ErronABoı TOY MEPOYC TOY BEATPOY, OY EPFETIICTATEI Ö TIPOSÄHTHC eelo? OyYnmıanoc "Hpwc, EproaoTel ö AP- 5 XITEKTWN MHnösInoc. TA EIAHMA|TA Kjai TA TET|PJAeTA KATA TON KEIONWN TEPIEINÜCIN Kal Enerkovclin A] AnnHNn Ep- TOAOCIAN CKETITWNTAI! 7 BEOC EXPHCE' "EmmepAmoIC TIINYTAIC AWMHCECIN EYTEXNIAIC TE 10 EYTTANAMOY BWTÖC TE YTIO@HMOCYNAICI #EPICTOY XPHCBAI CYMOOPÖN ECTI AITAIOMENOIC BYCIAICI TTannaaa TePiroreneian 1a Ankımon "Hpaka|[AA Z. 7 enerkove [ın Al, Z.9 minyTalc. Z. 12 1a’ Ankımon (von Prorr). Z. 8 zwischen ckentontaı und eeöc steht ein schräger Trennungsstrich. Die Anfrage an das Orakel ist in die nieht gewöhnliche Form einer konjunktivischen -Doppelfrage gekleidet: rrerieinwcın Kal ENErKOYCIN [= Enerkwcın verdumpft? (vgl. K. Dierericn, Unters. z. gr. Spr. S. 15)] H... CKETTTWNTAI; »sollen die Maurer die Bogen und die Gewölbe über die Säulen spannen und (diese Arbeit) auf sich nehmen oder sich nach einem andern Arbeitslos umsehen?« Der Konjunktiv mit der Frage- partikel AÄ ist in einigen Dodonäischen Orakeln ähnlich gebraucht, Corzitz, Gr. Dialektinschr. II, 1561 C, 1; 1589, I; 1590, 4. Zeigt schon die Anbringung der Inschrift an der Wand des obersten Ranges, daß die an das Orakel gestellte Frage sich auf die höchsten Teile des Sitzraumes beziehen muß, so geht aus den weiterhin ge- brauchten technischen Bezeichnungen insbesondere hervor, daß es sich um den Abschluß, den äußersten Umgang des Zuschauerraumes han- delt, der, wie z. B. in Ephesus, mit einer umlaufenden Halle bekrönt war. Schon standen die Säulen dieser Halle, da scheint sich ein Streit erhoben zu haben, dessen näherer Anlaß sich zwar unserer Be- Sitzungsberichte 1904. 7 54 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. urteilung entzieht, der aber die Bauleute zur Befragung des Orakels veranlaßt, ob sie den Rest der Arbeit durchführen sollen oder ob sie andere Arbeitsangebote vielleicht noch an anderen Teilen desselben Theaters unter anderen Architekten und Oberaufsehern — annehmen sollen. Als Arbeit blieb ihnen noch das Spannen (rerieinein) der von Säule zu Säule gehenden Bogen (eintmara) der Hallenfront und die Konstruktion der hinter den Bogen ansetzenden, die Verbindung mit der Rückwand herstellenden Kreuzgewölbe (TetpAeta; so belehrt mich H. Knackruss, denn jedes Kreuzgewölbe besteht ja aus vier dreieckigen Feldern). Die Antwort des Orakels ist weder stilistisch erfreulich noch sehr klar. Die Dative hängen sämtlich von xrAcen, Z. ır ab. AwmHcecın eYrexnliaıc Te ist als En AIA avoin für »Kunstfertigkeit, Meisterschaft im Bauen« zu fassen (von Prorr), zu denen man im späten Griechisch gewiß Adjektiva wie Emrreirpoc und rınvTröc setzen kann. Es empfiehlt sich, der erfahrenen, klugen Baukunst und dem Rat des geschickten, vortrefflicehsten Mannes zu folgen. indem man der Pallas Tritogeneia und dem starken Herakles flehend mit Opfern naht. Diese beziehen sich wohl auf Athena “ErrAnH als Patronin jeder Kunstfertigkeit und auf den Änkımoc "Hrakadc als Bürgen für die Festigkeit und Tragfähig- keit des Gewölbes (vgl. Atlas). Die Bauglieder der zweiten römischen Epoche des Bühnenhauses sind zum großen Teil aus denen der ersten Epoche umgearbeitet wor- den. Die Schmuckteile, unter denen ein übertrieben hohes Pfeifen- ornament immer wiederkehrt, dann ein platter, verkümmerter Zahn- schnitt und die ganz unsorgfältige Art der Ausführung erwecken den Eindruck einer recht späten Zeit. Zu diesem letzten Bau sind aber auch die Glieder eines ganz ausgezeichneten archaischen Bauwerkes vernutzt worden. Zuerst haben sich davon Läuferplatten mit leicht gekörntem Spiegel gezeigt, der von doppelten, feinen Rändern um- rahmt ist, dann ähnlich fein behandelte Orthostaten und altertümliche, 38°” hohe Eierstäbe mit Astragalen, andere wieder von 28°" Höhe ohne Astragal. Auch mit großen Reliefs scheint der Bau ausgeschmückt gewesen zu sein, da sich an einer Platte der Rest von Pferdefüßen und eines menschlichen Fußes daneben, fast lebensgroß, gezeigt hat. Da die jetzt in Berlin befindliche Platte mit der Darstellung einer archaischen Sphinx in der Nähe der Bühne gefunden wurde, so ist es wohl möglich, daß diese Platte dem interessanten Bauwerk, dessen Hängeplatte mit altjonischem Anthemienmuster geschmückt ist, ange- hört. Technisch merkwürdig und für die Güte der Ausführung be- zeichnend ist, daß man für die Bleivergüsse die Läuferschichten senk- recht durchbohrte, um von oben gießen zu können und so den Anblick Ta. Wiesann: Ausgrabungen in Milet. IM. 1615) eines von außen ansetzenden Gußkanals zu vermeiden. Vielleicht ist ein Fingerzeig für die Bedeutung des Baues eine in der Bühne ver- baute Marmorquader mit der archaischen Aufschrift: AOHWAI IM 3'H Die hellenistischen Stützmauern der Bühne ließen uns hoffen. daß wir auch von dem ältern Spielhaus einiges finden würden. In der Tat hat sich hinter dem römischen Proskenion die Vorderwand des ältern Bühnenhauses, ähnlich konstruiert wie die in Priene, gezeigt; vom Oberbau hat Hr. Knackruss zwei schöne Pilasterkapitelle und ein Geison ermittelt, dessen Konsolendekorationen als hellenistisch schon früher an den Hallen des Nordmarktes der Löwenbucht nachgewiesen werden konnten. Von hellenistischen Inschriften seien erwähnt: ein horosartiger Stein Arraacwn TIrrotH — wohl die erste Bekundung der Arraaeic in Milet selbst; zu ergänzen wäre vielleicht xırıacryce im Hin- blick auf die im Theater üblichen Getreideverteilungen KATA XInIACTYN. Dann die Weihung eines Siegers bei dem T'hespischen Musenfest, Philinos, an Dionysos und die Musen, besonders aber die nach dem Scehriftcharakter auf den berühmten Bildhauer Silanion zu beziehende Inschrift: Die Schrift steht der Alexanderzeit durchaus nahe, wie ein Ver- gleich mit den Inschriften vom Athenatempel zu Priene ergibt, nur in geringen Einzelheiten ist sie etwas moderner, z. B. in dem ge- schwungenen < und dem T, so daß der Versuch, Silanion über die von Plinius angegebene Zeit höher hinaufzurücken, hier keine Stütze erhält. Es ist nun noch einzelner Untersuchungen im nordwestlichen Stadtgebiet Erwähnung zu tun. Eine Tastung in der Gegend südlich vom Stadion innerbalb des Dorfes Balad führte uns auf ein sehr stattliches griechisches Privathaus (Länge des Hofes 15", Säulendurch- messer 68°), dessen Peristyl mit weißem, rot gestreiftem Mosaik ausgelegt ist. Nahe diesem Hause wurde ich auf die Trümmer einer aus großen und zahlreichen Marmorblöcken bestehenden Rundbasis aufmerksam, deren Stücke teils in einem Acker beim Pflügen zum Vorschein kamen, teils in einer alten Moschee verbaut waren. Die sofortige Aufgrabung und Sammlung lohnte sich, da sich auf der Zi 86 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. Vorderseite der Basis ein über drei Blockschichten reichender, 72 Zeilen langer Brief des Königs Eumenes’ II. an den ionischen Städtebund er- gab. Da die Basis noch ihrer Zusammensetzung harrt und der Text erst dann endgültig festgestellt werden kann, so beschränke ich mich hier auf eine vorläufige Mitteilung des Inhaltes. Eumenes II. hat zwei Gesandte des jonischen Bundes, Eirenias und Archelaos, zur Überreichung eines Ehrenbeschlusses während eines Aufenthaltes in Delos empfangen. Als Führer und Wohltäter der Hellenen wird ihm, unter Hervorhebung seiner zahlreichen großen Kämpfe gegen die Barbaren, der Dank der Städte ausgesprochen; durch ihn sei erst die Wohlfahrt wieder gesichert worden — drmwc Al TÄC EAAHNIAAC KATOIKOYNTEC TIÖNEIC AIA TIANTÖC EN EIPHNHI KAl THÄI BEn- TIETHI KATACTAceIı YrrApxwcın (Z. 1I— 13). Nachdem die Gesandten so- dann der den einzelnen Bundesstädten erwiesenen Wohltaten gedacht und an die traditionelle Politik Attalos’ I. erinnert haben, verkünden sie die Verleihung eines goldenen Siegerkranzes und eines vergoldeten Standbildes an den König, wobei dieser sich den Ort der Aufstellung selbst aussuchen möge. Die Ehren sollen bei den panjonischen Festen und in jeder einzelnen Bundesstadt noch einmal besonders ausge- rufen werden. Eumenes erklärt sich in längerer Rede zur Annahme der Ehren bereit, gibt dabei seiner Hoffnung auf dauernde Freund- schaft mit dem Bunde Ausdruck und bestimmt eine größere Summe für die würdige Begehung seiner Hmera enonvmoc bei der panjonischen Panegyris (Z. 51); und nun ist es interessant, wie der König auf Grund der kyzikenischen Abkunft seiner Mutter Apollonis seine Verwandtschaft mit Milet feststellt. Deshalb will er in Milet das ihm verliehene Standbild errichtet sehen, und zwar En TO ErHeicmenw HMin Yrrö MiAH- clion relmene[i, ölte rAP En TAYTH TA möneı cvnTenosnTelc] TAN TTANArYPIN erHoicee THN TIMÄN HMIN, THC TIÖNEWC MÖNHC TON |AAWN MEXPI TOY TIAPON- TOC TEMENOC ANAAEAEIXYIAC HMIN KAl CYFTENOYC KPINOMENHC AlA KYIIKHNOYC, ENAOEA AC TIOANA Kal ÄzlA MNHMHC YTIEP TÖN IWNWN TIETIPAXYIAC OIKEIOTÄTHN EAOFILOMHN THN ÄNÄBECIN ECcEcAAl EN TAYTH, KTa. (Z. 60— 68). Wir be- sitzen in der gefundenen Basis den Unterbau jenes vergoldeten Stand- bildes Eumenes’ II. und vielleicht sind auch noch Reste des Evmeneion vorhanden. Die Ehrung aber wird nicht ohne Beziehung zu jener Wandlung der römischen Politik gegen Eumenes sein, die im Tage von Sardes ihren Gipfelpunkt erreichte und ein noch engeres An- schließen der Hellenenstädte an den König zur Folge hatte (vgl. Polyb. XXXI, ıo Dino.) Nachgrabungen am Südwestende der Stadt haben durch zwei in eine frühbyzantinische Kirche verbauten Inschriften den Gedanken an ein dort zu suchendes Heiligtum des seöc Yrıcroc nahegelegt: Te. Wıesanp: Ausgrabungen in Milet. III. 87 meetloher 37© , Breite 52°”. Ton iereA To? ÄrIWTA- Toy [eeo? Yrilcrov cwTAroc OYımıon KArrıon BOYAEYTHN Ö CTATIWN TON KATA TIÖAIN KHTIOY- PÖN TON TAION EYEPFETHN Ymep TÄC EAYTOn CWTHPilac. Es müssen danach im Stadtgebiet des römischen Milet zahlreiche Gärten vorhanden gewesen sein. Über statio = Innung Böckn CIG. 5853, Kusırschek, Jahreshefte 1903, Beiblatt S. So u. 81, wo aller- dings nur Innungen ausländischer Kaufleute erscheinen. 2. Höhe 40°”, Breite 56°. OYımıon KaAPrıon TON TIPO®HÄTHN TOY ÄTIWTATOY 8E0Y YYicToY 0 CTÖNOC TÜN CWAHNO- KENT@ÖN TON IAION EY- EPFETHN AlA TIANTWN. Es handelt sich um die Flottille der Muschelfischer, die ihren Namen von der beliebten Eßmuschel cwaAn erhalten haben (Athenäus III, 85D, 9goDE, wo diese Fischer auch cwaHnıcTai und cwAHNnoeHPaı ge- nannt werden). Schalen solcher cwaAnec sind im Schutt der Aus- grabungen oft zu bemerken; daneben beobachtete Hr. Prof. VossELEr aus Stuttgart auch meterdicke Schichten von Purpurmuscheln, die einen sichtbaren Beweis des blühenden Gewerbes sowohl der Muschel- fischer als der rmopeyrosAsoı darstellen. Das durch kentein ausgedrückte Loskratzen und Losstoßen der Muscheln von felsigen Stellen mittels dreizack- oder rechenartiger Werkzeuge kann man heute noch in allen Häfen der Levante beobachten. Die am Fundort der beiden Inschriften aufgedeckte frühchrist- liche Kirche möge bei der Bedeutung des Mäandertales für die Ent- wickelung der altbyzantinischen Kunst kurz besprochen werden. Der Grundriß ist nahezu quadratisch (Fig. 7): das Innere bildet ein Kreis von 11" Durchmesser, der durch tiefe Nischen in den vier Ecken er- weitert ist. Der Haupteingang liegt im Westen, ihm gegenüber die auffällig kleine Nische des Presbyters. Je ein Nebeneingang findet sich an der Nordseite und in der Nordwestecke. Vor dem Haupt- eingang wird ein noch nicht ausgegrabener Narthex anzunehmen sein. Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. 85 7: Fig. N... ml A ii Homv Ta. Wıersann: Ausgrabungen in Milet. II. 119) Der Boden der Kirche war mit Marmorplatten bedeckt, auf denen im Kreise acht Marmorsäulen von 5" Höhe standen. Ihr glatter Schaft ruht auf einer reich profilierten viereckigen Sockelbasis und trägt Akanthuskapitelle von scharfer Arbeit und guter Zeichnung. Marmorne Stichbalken, deren Stirn das lateinische Kreuzzeichen trägt, legten sich radial von der Mauer über die Kapitelle. Darüber erhoben sich Ziegelbogen als Träger einer Kuppel. Wichtiger noch als diese Kirche ist die Auffindung einer etwa in der Mitte zwischen Didyma und Milet am Meere liegenden drei- schiffigen Basilika altbyzantinischer Zeit wegen der mit ihr verbundenen Klosteranlage. Die Kirche ist über 20” lang. Von den drei Apsiden drückt sich nur die mit einer Presbyterienbank versehene mittlere im Außenbau architektonisch aus. Der Fußboden war mit Mosaik be- deckt; im Narthexmosaik liest man vor der Tür zum Mittelschiff: "Emi Novnexiov TIPECBYTEPOY KE Ol- Ko|nömoy Ere- NONTO TÄ EPTA. A|PXANrenE c- [Y soneeı] Man wird an den für jene Gegenden vorzugsweise in Betracht kommenden Erzengel Michael als Schutzherrn der Kirche denken müssen. Dicht neben dem Narthex fand sich ein Saal mit rußge- schwärzten Hypokausten, in einem andern Gemach steht eine mo- nolithe, runde Ölpresse von mehreren Metern Durchmesser, daneben liegt ein Raum, der mit seinen sorgfältig zementierten Wänden ver- mutlich als Kelterkammer zu erklären ist. Die ganze Anlage scheint an der Stelle antiker Bauten zu stehen: denn die Mittelapsis besteht ganz aus Orthostaten und Epistylien eines griechischen Marmorrund- baues, zu dem sich auch das Zahnschnittgeison und zierliche jonische Säulen gefunden haben. Wir wissen, daß vor den Toren Milets wich- tige Tempel gelegen haben, z. B. der Thesmophoren', und das uralte, von Alyattes verwüstete und glänzend wiederhergestellte Heiligtum der Athena von Assesos.” Man findet Erwähnungen des letztern Ortes bis ins 13. Jahrhundert unserer Zeitrechnung in den Urkunden des Klosters Patmos.” Heute ist der Name im Volke verschollen. ! Parthenios, narr. am. 8; HaussouLLıer, Etudes sur l’histoire de Milet et du Didymeion, p. 64. 2 Herodot I rg ff.; R. Scnuserr, Geschichte der Könige von Lydien, S.43 ff. ® Mürrer und Mıixrosich, Acta et diplomata monasteriorum et ecclesiarum orientis III p. 167 ff, 90 Gesammtsitzung vom 14. Januar 1904. Um aber die alten Kultstätten wiederzufinden, wird sorgfältige Be- achtung der byzantinischen Reste in der Umgebung Milets notwen- dig sein. Zum Schlusse sei der Befestigungen gedacht. Grabungen vor dem heiligen Tor haben gelehrt, daß wir zwei hellenistische Perioden der Stadtbefestigung zu scheiden haben. Die ältere Mauer. zwei Meter dick und mit isodomem Marmorquaderwerk errichtet, ist vertreten durch einen dem früher geschilderten heiligen Tor vorgelagerten besondern Torbau, der von zwei quadratischen Türmen von 7" Seitenlänge flan- kiert ist und dessen Mauerschenkel unter der jüngeren hellenistischen Mauer, die in früheren Berichten schon beschrieben ist, verschwinden. Diese jüngere 4"50— 5” dieke Mauer ist dießmal namentlich am Süd- westende der Stadt aufgeklärt worden, wobei sich eine 5” breite Aus- fallpforte mit vorgelagertem Turm gefunden hat. Eine fast überein- stimmend angelegte Ausfallpforte liegt etwas weiter östlich, wo eine in situ gefundene Inschrift den Ort als jepormnatik TON einörtawn bezeich- net. Weiter gegen das Südwestende der Stadt zu macht die Mauer auf ihrer Innenseite einen zimmerartigen Einsprung (6: 3”15), dann folgt eine Treppenrampe von über 22” Länge, die sich in 3" Breite dem Zug der Stadtmauer anlegt, so daß hier die Gesamtdicke 840 beträgt. Als unter Kaiser Trajan das Niveau der &zw rmönıc erhöht wurde, scheint die Stadtmauer schon im Verfall gewesen zu sein. Die Wacht- stuben im heiligen Tor waren in Brunnenkammern umgewandelt wor- den, römische Häuserfundamente reichen bis dieht an oder gar über den Mauerring. Mit der Gotengefahr kam die Notwendigkeit einer neuen Schutzlinie, die in der oben schon geschilderten Art eilig, mit Hülfe antiker Monumente, gebildet wurde und wobei ganze Stadt- teile ausgeschlossen wurden. Endlich die byzantinische Zeit, in der nur noch das Theater als Zufluchtsort benutzt wurde. Die Parodos- portale wurden mit Sitzstufen und Baugliedern der Bühne vermauert, eine 4” dicke Schutzmauer wurde dem Proskenion entlang über die Orchestra gezogen bis zur Höhe des mittlern Umganges. Ein Kastell, dessen Südmauer auf den Gewölben der obersten Ränge steht, krönte das Ganze; ein weiter Zwinger dehnte sich nach Norden und nach Osten bis zur Nähe der Löwenbucht. In der Cavea des Thea- ters entstanden Wohnhäuser, zu deren Bau aufgerichtete Sitzstufen benutzt wurden. Der bunte Marmorboden der Orchestra wurde durch- schlagen, uın die gewaltigen Gewölbe einer mehrere Stockwerke tiefen Zisterne herzustellen; über der einstigen Kaiserloge wurde eine Kirche errichtet. Münzen des Ikonoklastenkaisers Theophilos (329— 842) und seiner Witwe Theodora beweisen. daß dieß alles schon vor dem neun- Tu. Wıesannp: Ausgrabungen in Milet. III. 91 ten Jahrhundert geschehen sein muß. Neues Licht wirft diese Wand- lung auf die von Böckn OIG. II 2895 ausführlich behandelte Plane- teninschrift an der Nordwestecke des Theaters. E. Maass' hat es neuerdings für möglich erklärt, daß die Inschrift eine Art offizieller Bauinschrift gewesen sein könne; das ist nach Art der Anbringung und der Schrift ausgeschlossen, wie schon Cyriacus von Ancona ge- sehen hat. Ein neugefundenes Stück einer übereinstimmenden Pla- neteninschrift zeigt überdieß, daß der Bau an mehreren Stellen mit demselben Text beschrieben war. Heidnischen oder jüdischen Cha- rakter der Erzengel anzunehmen, sehe ich keinen Grund. Nach der Umwandlung des Theaters in eine byzantinische Festung lag es den Christen nahe, diesen Zufluchtsort ganz besonders den höheren Mäch- ten zu empfehlen.” Und der erflehte Schutz: Arıe ®YAAToNn THN TIÖNIN MinHcion Kal TIÄNTAC TOYC KATOIKOYNTAC Scheint den Bewohnern reichlich zuteil geworden zu sein. Denn obwohl schon unter Kaiser Andro- nikos II. (1252— 1328) die Mäanderebene an die Mohammedaner ver- loren war, zeigen die im Kastell gefundenen Johannitermünzen, z.B. des Grolmeisters Raimund (1365—-1375), daß sich das KAcTPpon TÜNn TTarnation noch bis weit über die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts erfolgreich gehalten hat. ! Tagesgötter S. 244 f. ® Daß die sieben Götter im übrigen in Milet älter sein können als das Theater- kastell, soll nicht bestritten werden. 92 Parapegmenfragmente aus Milet. Von H. Dıers und A. Reun. (Vorgetragen am 11. November 1903 [s. Jahrg. 1903 S. 997).) Hierzu Taf. I. Bi der Ausgrabung des Theaters in Milet haben sich bei der Kam- pagne des vorigen Winters vier Bruchstücke grobkörnigen Marmors gefunden (das Fragment Ö in der Zisterne der Orchestra), welche der Leiter der Ausgrabung Hr. Direktor Dr. Tr. Wırsann sofort als Über- bleibsel eines öffentlich ausgestellten Kalendariums erkannt hat. Da ich mich wegen des Parapegmas des Demokrit (Vorsokr. S. 408ff.) jüngst mit dieser Literatur etwas beschäftigt hatte, so übergab mir Hr. von KEkuLE, an den Abschrift, Zeiehnung und Abklatsche der Fragmente von Hrn. Wırsasn eingesandt waren, im Juli d. J. die Sachıe zur Bearbeitung. Obgleich es leicht war, an der Hand der antiken Parapegmen die Sternphasen größtenteils zu ergänzen, bedurfte es doch zur sicheren Entscheidung der Anordnung der Fragmente und Deutung der leider stark verstümmelten Anweisung im Fr. B eines mit diesem Gegenstande genauer vertrauten und wit den nötigen Hülfsmitteln ausgestatteten Spezialisten. Ich wandte mich daher an den durch seine Studien auf dem Gebiet der antiken Astronomie, namentlich aber jüngst durch seine Rekonstruktion der Salzburger Kalenderuhr' rühmlichst bekannt gewordenen Dr. A. Renm in München mit der Bitte, eine fachmännische Erklärung und Ergänzung der Milesischen Fragmente zu versuchen. Obgleich er im Begriff stand, sich der Koischen Expedition des Prof. Dr. R. Herzoe anzuschließen, entsprach er doch meiner Bitte sofort und es gelang ihm in wenigen Tagen die Resultate zu gewinnen, die mit seinen eigenen Worten im folgenden mitgeteilt werden. Er er- kannte, daß die vier damals allein bekannten Fragmente zu zwei ver- schiedenen Kalenderwerken gehören, die sich nicht nur durch die ! Jahresh. d. österr. Arch. Instit. VI (1903), S. 41 ff. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1904. Taf. II. Nr. 456A. Dırıs und Reum: Parapegmenfragmente aus Milet. in, ULMER : h Diers und A. Reum: Parapegmenfragmente aus Milet. 93 Schrift und andere Äußerlichkeiten scheiden (das hatte bereits Hr.Wır- sAnD festgestellt), sondern auch durch die Art der Anordnung und die benutzten astronomischen Quellen. Denn AD prunkt mit erlesenen Namen wie Euktemon, Eudoxos, Philippos (von Opus), zitiert die Aegypter, ja zieht einen fabulösen Inder namens Kallaneus heran, wäh- rend BC (Epikrates?) keine Autoritäten anführt, obgleich er nachweis- lich Meton-Euktemon und Kallippos benutzt hat. Nach der Schrift scheint dieser der Jüngere, und da der Abstand der Schrift kaum merk- lich ist, darf man vielleicht vermuten, daß sie beide nur um einen Me- tonischen Zyklus von 19 Jahren voneinander abstehen. Doch müssen diese feineren Bestimmungen erst nach genauer Kenntnis der Originale getroffen werden, die nun wohl bald in Berlin eintreffen werden. Unterdessen gestatte ich mir, was ich darüber bis jetzt ermittelt habe, vorzulegen. Zur Bestimmung des Alters der Inschriften, die bei solchen Kalen- darien von besonderer Wichtigkeit ist, stand mir zunächst nur der aus den Zeichnungen des Hrn. Wıecann, vor allem aber aus den Ab- klatschen erkennbare Schrifteharakter zu Gebote, der natürlich für einen der Epigraphik Fernerstehenden um so schwieriger zu verwerten war, als man längst davon abgekommen ist, die Chronologie der lokalen Schriftentwiekelung nach dem uns einigermaßen vertrauten attischen Modell zu bestimmen. Die von mir befragten Fachmänner bestätigten meinen Eindruck, daß man an das zweite Jahrhundert v. Chr., eher an den Anfang als an das Ende, denken müsse. Genaueres lehrte ein unscheinbares Bruchstück, dessen Existenz durch einen reinen Zufall zu meiner Kenntnis gelangte. Ich hatte mich nämlich wegen einer anderen Frage an Hrn. Dr. Korse gewandt, der, wie ich wußte, an den Ausgrabungen in Milet im Winter 1902 mitgewirkt und sich mit der Feststellung des milesischen Kalenders beschäftigt hatte. In den mir gütigst zur Verfügung gestellten Notizen fand ich die Bemerkung, es sei im Jahre 1899 eine kleine Marmorinschrift (Inv. 84) zutage ge- kommen, wonach die Sommersonnenwende im Archontat des Apseudes (433/2) auf den 13. Skirophorion = 21. Phamenotlı des ägyptischen Kalenders falle, im Jahre des -eyktoc aber' auf den 14. Skirophorion — ıı Payni. Ich erkannte, daß die erste Solstitialbestimmung nichts mit Milet zu tun habe, sondern sich auf die berühmte Beobachtung des Meton und Euktemon vom 27. Juni 432 v.Chr.” beziehe, die von den Alten öfter erwähnt wird. Ptolemaios gibt im Almagest (las Genaueste III 2 S. 205, 20 Heib.: exeinu MEN TÄP ÄNATPÄGETAI TETENH- ! Hr. Kotse zitierte nur aus dem Gedächtnisse, da ihm keine Abschrift des Fragmentes zu Gebote stand. ® In Wirklichkeit 28. Juni u 27" nach Böcku (W. Foerster) Sonnenkr. S. 43/44- 94 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. MmenH er Arevaovc Apxontoc AsıınHcı KAT Airytitioyc Damenwe KA TIPWIAC. Diodor XII 36, 2 berichtet darüber unter dem Archon Apseudes [43 3/2]: en AcC TAlc Asunaıc METWN 5 TTAayYcanioY MEN YIöc, ACAOZACMENOC A& EN ÄCTPONOTIAI, EEESHKE THN ÖNOMAIOMENHN ENNEAKAIAEKAETHPIAA, THN APXHN TIOIH- CAMENOC ÄTIO MHNöc EN AsHnAic CKIPoO®OPIÖNOC TPICKAIAEKÄTHC. EN AE TOIC EIPHMENOIC ETECI TÄ ÄCTPA THN ATIOKATÄCTACIN TIOIEITAI KAl KABÄTIEP ENIAYTOY TINOC MEFÄNOY TON ANAKYKAICMÖN AAMBÄNEI. AIO Kal TINEC AYTON METWNocC ENIAYTON ÖNOMÄIOYCI. AOKEI A& Ö ANHP OYTOC EN TÄ TIPOPPHCEI Kal TIPOFPA@RI TAYTHI BAYMACTÜC EITITETEYXENAI" TÄ TÄP ÄCTPA THN TE KINHCIN KAl TÄC ETII- CHMACIAC TIOIEITAI CYME@NWC TH TPA®H.! AIO MEXPI TÖN Kae HMÄC XPÖNUN Oi MAEICTOI TON "EnnkNWN XPWMENOI TH ENNEAKAIAEKAETHPIAI 0Y AIAYEYAONTAI TÄC AnHBelac.” Es war also zu vermuten, daß das kleine Bruchstück, von dem mir nachträglich Kunde ward, zu einem der beiden Parapegmen ge- hören müßte. Wenn hier die erste berühmte Solstizbeobachtung Metons angezogen und eine zweite solche Beobachtung mit Nennung des, natürlich attischen, Archonten chronologisch fixiert wird, so kann das nur den Sinn haben, die moderne Kalendereinrichtung als Nachbild der athenischen vom Jahre 432 zu bezeichnen. Dieser milesische Ka- lender also gehört zu den vulgären nach Metons Enneakaidekaöteris orientierten Parapegmen, von denen Diodor spricht. Zur Handhabung eines solchen Kalenders gehört selbstverständlich, daß man weiß, wie der bürgerliche veränderliche Mondkalender mit dem ewigen in Stein gehauenen solaren Kalender in Einklang zu bringen sei. Dazu muß man vor allem den Ausgangspunkt des ıgjährigen Zyklus fixieren, und das geschieht in dem kleinen Bruchstück so, daß die damals im zweiten Jahrhundert allgemein gültige attische Archontenrechnung zu- sammen mit der für astronomische Rechnung allein brauchbaren und von den Alexandrinern eingeführten ägyptischen Jahresrechnung zur Anwendung gelangte. Es kommt also vor allem darauf an, das zweite Datum zu ermitteln. Die Endung des attischen Archonten -eyKToc (diese Angabe erwies sich später als irrig) führte zu keinem Resultate; denn der einzig in Betracht kommende Archon TTonveyktoc, der in das Jahr ! Die Verbindung des Zyklus mit den Sternbeobachtungen und Wetterangaben scheint das Charakteristische dieses Werkes gewesen zu sein. Denn mit der öffent- lichen Aufstellung eines Schaltzyklus war Oinopides (Vorsokr. 9 S. 240, 6) den beiden Astronomen vorangegangen. Und zwar scheint die Idee der Enneakaidekaöteris und die Beobachtung der Sonnenwende von Meton herzurühren, die Sternphasen und Episemasien von Euktemon, der auch Beobachtungen in Thrakien (Amphipolis) und Umgegend beisteuerte. Das Parapegma des Demokrit (Fr. 14) zeigt schon ganz die Einrichtung des Metonischen. ®2 Vel. Philochoros und Kallistratos bei Schol. Arist. Av. 997 und die unten S. 97 angeführte Stelle. Dies und A. Renn: Parapegmenfragmente aus Milet. 95 275 gehört, mußte von vornherein ausscheiden, weil die Schrift nieht in den Anfang des dritten Jahrhunderts gesetzt werden durfte. So blieb als einziger Anhalt zur Fixierung des Jahres nur die Gleichung mit dem ägyptischen Kalender. Da das ägyptische Wandeljahr all« vier Jahre um einen Tag zurückbleibt, so entspricht die Differenz zwischen dem 21. Phamenoth (201. Tag des ägyptischen Jahres) und dem ıı. Payni (281. Tag), also So Tage, einem säkularen Unterschied von 320 Jahren. Zieht man diese Differenz ab von dem Metonischen Epochenjahr 432, das in dem Bruchstück als Ausgangspunkt genannt ist, so erhält man das Jahr ıı2 v. Chr., dessen Jahresanfang (1. Thoth) auf den 20. September fällt. Der ıı. Payni dieses Jahres (281. Tag) gleicht sich also dem julianischen 27. Juni. Daraus ergibt sich, daß der milesische Astronom gerade wie Meton eine etwas ungenaue Solstitial- beobachtung zugrunde gelegt hat." Die Bestimmung des Jahres nach dem ägyptischen Kalender läßt nun, da genauere Stundenangaben fehlen, einen Spielraum von vier Jahren, da die Jahre 113— 110 alle den gleichen Neujahrstag haben. Von diesen Jahren ist ı13/2 TTarA- monoc, 112/1 Asonycıoc und 110/9 TTonvkaeıtoc in der attischen Archon- tenliste festgelegt. Wäre also der Name TToavlevKtoc richtig, so müßte dieser Archont in die leere Stelle des Jahres ı 11/10 einrücken, und die Rechnung würde vielleicht doch noch zu Bedenken Raum geben, da man ungern mit dem Ansatz der Schrift an das Ende des zweiten Jahrhunderts heruntergehen würde.” Glücklicherweise hat sieh inzwischen das kleine, aber inhaltsreiche Marmorbruchstück in Milet vorgefunden (Nr. 84); ein von Hrn. Wırsann gefertigter Abklatsch und eine von Hrn. Dr. Freprıcn hergestellte Ab- schrift gestatten eine vollständig sichere Herstellung wenigstens der linken Spalte des Fragments: ! Hr.W.Foersver hatte die Güte, mir seine Berechnung der Sommersonnenwenden für die Jahre ı12 bis 109 v. Chr. (—ı1ı bis —ı08 astr.) nach julianischem Datum mit- zuteilen: ı12 v.Chr. Juni 25 22" 6" (Tagesanfang Pariser Mitternacht) BET » 3A IIo » 20 grad LO E 33: ®2 Doch hat Hr. HırLrer von GÄRTRINGEN mir gütigst einen Papierabklatsch der Inschrift von Andros IG. XII 5, 722 [= IG. Ins. V 722 = CIG. II add. 23495 — Le Bas II 1802] zur Verfügung gestellt, die nach Beremann, Philol. 1847, 645, WanpınGron u.a. um 108 v.Chr. angesetzt wird (Krers bei P.-Wıssowa RE. II 2289,7 geht sogar noch tiefer hinab). Diese Schrift hat eine ziemliche Ähnlichkeit mit den milesischen ndern. 96 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. Nr. 84. elerınac Trolm|Ac [re- NOMENHC Em AyeYAaoyc EXOM Ckıiposorıßnoc Ir, H- KAIETT TIC Än KATÄ ToYc AÄirv- Ae0 s TITIOYC MiA KAl K KAIC To? ®amenve, Ewc EKKA TA|c renomenhc Em THPIAI- - - - - Hl TTonlvkneitoy Ckı- MEPA POeoPI|WNOC IA, Ka- 0AW ıo TA A& ToY|c Airynti- ENNEA ovc roY TTayjni TAc ia, KAITI KATA a& TO MinlAcıon AICT enE Der authentische Text des Steines beseitigt mit einem Schlag alle Unsicherheit. Der athenische Archont Polykleitos (die Lesung ist völlig klar) ist natürlich identisch mit dem Eponymen des Jahres 110/9 und bestätigt somit lediglich die aus der Angabe des ägyptischen Datums angestellte Berechnung. Denn der ıı. Payni des mit dem 20.September (1. Thoth) beginnenden ägyptischen Jahres des Polykleitos (110/9) ergibt den 27. Juni 109 als den von dem milesischen Kalender- fabrikanten angesetzten ierminus post quem seiner nach Metons Vor- gang mit der nächsten Numenie beginnenden Enneaknidekaöteris. So-. dann ergibt sich bereits aus dem Abklatsch (was man am Original demnächst genauer wird feststellen müssen), daß dieses Fragment 84 in Schriftgröße und Schriftform mit 456 BC, nicht aber mit 456 AD stimmt. Denn diese hat bei A und A geschweifte Schenkel, und der Bindestrich des A ist schärfer und winkliger nach unten gezogen als in der Schrift von 84 und 456 BC. Auch ist © und 2 in AD oft viel kleiner als die übrigen Buchstaben, während sie in 84 und 456BC nicht stark von der üblichen Schrifthöhe abweichen. Vor allem ist ein individueller Unterschied im ® bemerkenswert. In 84 nämlich wie in 456 BC ist der in AD regelmäßige Kreis des mittleren Rundes ® zu einer Ellipse mit abgeplatteter Basis $ umgestaltet, was aus den entsprechenden Formen der ptolemäischen Kalamusschrift abgeleitet ist. Mithin ist der Stifter des auf das Jahr 109 bestimmten Kalenders wahrscheinlich der in der großen Überschrift genannte ENJIKPATHz PYAR[POY oder wie man ergänzen will, und das Bruchstück 34 müßte nach dem Inhalte vermutlich am Anfange der Einführung seine Stelle finden, von der uns das mit breiteren Kolumnen ausgestattete Mittel- stück in 4560 erhalten ist. “un Diers und A. Reum: Parapegmenfragmente aus Milet. 97 Leider läßt sich die rechte Spalte des Fragments 84 nicht er- gänzen, zumal die Breite der Kolumnen nicht feststeht. Nur soviel darf man aus Z. 7 und ıo vermuten, daß die Einrichtung des neun- zehnjährigen Zyklus erörtert wurde. Welcher Anfangstag nach mile- sischem Kalender für die Enneakaidekaöteris gelten sollte, war wohl in Z.12ff. der rechten Spalte gesagt. Nun mußte noch das System der Schaltjahre angegeben werden, damit der bürgerliche Kalender ohne Schwierigkeit auf das astronomische Parapegma übertragen werden konnte. Die speziellen Anweisungen zum Einstecken des Monatsdatums in die Löcher des solaren Kalenders folgten dann in dem uns er- haltenen Mittelstück 456 0. Ich lasse nun die unabhängig von jenem erst neuerdings bekannt gewordenen Fragmente entworfene Bearbeitung des Herrn Renm wörtlich folgen. Um die nicht geringe Bedeutung des kalendarischen Monumentes zu würdigen, das uns die Ausgrabungen in Milet geschenkt haben, ist es wohl wünschenswert, zusammenzustellen, was wir über die technische Einrichtung der Witterungskalender aus antiker Überlieferung erschließen können, um so mehr. als mir eine Vorarbeit darüber nicht bekannt ist. An die Spitze der Zeugnisse hat das schol. Arat. ad v.752 p. 478. SM. zu treten: nachdem dort in ziemlich verworrener Weise von Metons Tätig- keit als Astronom gehandelt ist, heißt es: aezAmenoı Toinyn (seil..den me- tonischen Zyklus) ol merA METwnA ACTPONÖMOI TIINAKAC EN TAIC TIÖAECIN EOHKAN TIEPI TON TOY Hniov TIEPIHOPÜÖN TÜN ENNEAKAIAEKAETHPIAWN, ÖTI KAG EKACTON ENI- AYTON TOIÖCAE ECTAI XEIMÜN Kal TOIÖNAE BEPOC KAi TOIÖNAE »EINÖTWPON Kal ToIolae ÄNEMOI Kal TIOANÄ TIPÖC BIWBEREIC XPEIAC TOIC ANEPWTTOIC.... ... EAEEANTO A& aytAEnnunec Trap’ Airyrıtion Kal Xanaalon. Ergänzend entnehmen wir aus Aelian V. H. X 7 (Merun 5 AevkonoeYc ACTPOAÖTOC ANECTHCE CTHAAC Kal TAc Hnlov TPoTIÄC KarterpAyato Kra.), daß Meton selbst.die Auf- zeichnung seines Kalenders auf öffentlich auszustellende Tafeln unter- nahm. Das Aratscholion nun klingt so, als setze der Autor voraus, es sei der Kalender fortlaufend für alle 19 Jahre des Zyklus in Stein gegraben gewesen: etwas anderes ist auch aus Diod. XI 36, 2. 3 nicht zu entnehmen. Aber soll man wirklich glauben, Meton habe die doch alljährlich in gleicher Weise sich wiederholenden Phasen und die nach der Theorie des 5. Jahrhunderts mit ähnlicher Regelmäßig- keit wiederkehrenden Episemasien rgmal in wesentlich gleicher Weise in dem teuern Material verewigen lassen?! Auch findet sich in den ı Iperer, Handb. der Chronol. 1 328, stellt sich die Sache in der Tat so vor; der Konsequenz für die Zyklen des Kallipp und Hipparch mit ihren 76 und 304 Jahren weicht er aber doch aus (S. 353)- 98 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904 — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. stattlichen Resten der alten Parapegmen,. die uns literarisch erhalten sind, nirgends eine Spur, daß sie mehr als die 365 Tage des ge- meinen Sonnenjahres umfaßt hätten. Aber freilich, schlechthin so wie das altertümlichste Stück, das pseudogeminische, in den Hand- schriften steht. konnten die Parapegmen für den praktischen Gebrauch nicht eingerichtet sein, d. h. sie konnten sich nicht auf die Angabe der zodiakalen Data beschränken und die bürgerlichen völlig ignorieren. Um die Tabellen für den modernen Forscher handlich zu machen, haben Wacnsnurn in seinem Lydus De ostentis und Manıtivs in seinem Geminus die julianischen Daten beifügen müssen: im griechischen Alter- tum vollends war bei der Veränderlichkeit des Jahresanfangs eine Identifikation der nach den Zodiakalzwölfteln eingeteilten Phasen und Episemasien mit den Daten des bürgerlichen Jahres ohne Anweisung unmöglich. Aber vergeblich sucht man im 17. Kapitel des Geminus, das von den Episemasien handelt, oder in Galens Kommentar zu Hippoer. Epid. I (T.XVIL ı p. 15 ss. K.), wo die Beziehungen zwischen Sternphasen und bürgerlichen Daten erklärt werden, nach irgend einer Angabe in der gewünschten Richtung: ja Gem. p. 182, 24M. (errel a& OYK EAYNANTO OYe HMEPAN OYTE MÄNA OYTE ENIAYTÖN WPICMENON ÄNATPAYAI (seil. die Kalendermacher), en &ı TI TOYTWN EMITEAEITAI. ... . . WPICMENOIC TICI CHMEIOIC HBENHCAN A®OPICAI TÄC METABONAC TOYF Aepoc) scheint eher auf das Fehlen der bürgerlichen Daten hinzuweisen. Ein leiser Fingerzeig für unsere Frage ist vielleicht in Arats Phaenomena in einer Stelle enthalten, die aus der Beziehung auf die Parapegmen Licht gewinnt. Am Ende seines Gedichtes, v. 1142 bis 1144, spricht Arat davon, wie sich die Zuverlässigkeit der Wetter- vorhersage steigert, wenn mehrere gleichbedeutende Zeichen zusanımen- treffen; zwei geben eine große, drei eine sichere Gewähr. Dann fährt er fort: “145 AlEI A AN TIAPIÖNTOC ÄPIEMOIHC ENIAYTOF CHMATA, CYMBANAWN, Ei TIOY Kal ET ACTEPI TOIH H@C AÄNTEAAONTI »AEINETAI” H KATIÖNTI, ÖTMTIOIHN KAl CHMA AETHI. Weder die Erklärung der Scholien noch die von Voss, welche beide an die Zeichen des vorangehenden Jahres denken, ist verständ- lich. Die Bedeutung der Sternphasen ist doch nach der Lehre der Parapegmatisten in jedem Jahre die gleiche. Vielmehr kann Arat nur meinen, man solle zu den Wetterzeichen, wie er sie lehrt, noch die in den Parapegmen verzeichneten hinzunehmen: aber natürlich die des laufenden Jahres, so daß maPıwn ENIAYTÖöC Wie TIEPITEAAÖMENOC ENIAYTÖC ZU ! So A richtig; KATEPxeTAaı CM. 1 ’ x < j b h Diers und A. Reun: Parapegmenfragmente aus Milet. 99 verstehen ist. Daran schließt sich dann das Folgende ohne Anstoß: ».leinen Wetterkalender brauchst du aber eigentlich nur während der acht Tage des Monats zu Rate zu ziehen, an denen der beste Wetter- prophet, der Mond, nicht am Himinel steht«. Völlig klar wird indes die Stelle erst, wenn man in v. 1146 statt cHmara Hmara schreibt: »die Tage des ablaufenden Jahres zähle, damit du feststellen könnest, ob eine Episemasie des Kalenders mit einem von «dir beobachteten Zeichen anderer Art übereinstimme«.' Also nach der Auffassung des Arat oder vielmehr des Verfassers der ursprünglichen Schrift TTepi cHmeion muß man »Tage zählen«, um ein Parapegma benutzen zu können. Das setzt voraus, daß wenigstens für einen bürgerlichen Tag im Jahr — man wird natürlich an den ersten denken — überliefert war, welche Stelle er im Sonnenjahr hatte. Ielı stellte mir also bisher die Sache so vor, daß Meton zwar den Kalender nur einmal aufgezeichnet, aber. sei es einleitungsweise, sei es durch Randbemerkungen zum ersten Monat, für alle 19 Jahre seines Zyklus die Lage des bürgerlichen Neu- jahrstages im Sonnenjahr bestimmt habe. Zur Erleichterung des Nach- zählens mochten dann Verzeichnisse der ÄcTPwn AIACTHMATA dienen, wie sie im Papyrus Eudoxi uns vorliegen.” Soweit etwa die Kalender mit dem Zweck, praktisch gebraucht zu werden, in Buchform verbreitet waren. wird sich schwerlich ein anderer Modus ausfindig machen lassen. Bei den Kalendern auf Stein hingegen war die Einrichtung anders und zwar für den Be- nutzer ganz wesentlich einfacher. Das ist es, was uns der Fund von Milet lehrt; dazu kommt, wie sich gleich zeigen wird, daß er uns für den bisher nicht recht verständlichen Namen mAPÄTIHrMA" I Gestützt wird diese Vermutung wie meine ganze Erklärung durch den aus gleicher Quelle wie Arats Dichtung getlossenen (vgl. zuletzt BphW 1902, Sp. 516) Text der sogenannten Dissertatio Laurentiana bei MrEGER, De Theophrasti qui fertur TTepi cHmeion Libro (Leipzig 1889) S. 71: EZETAION AE Kal TÄC KAT” ENIAYTON HMEPAC KAI ETIICKOTIÖN, El TIOY ANATOAH ACTPON H AYCIC EKEINAIC TAIC HMEPAIC FINETAI, EN AIC KAI CHMEIA TINOC XEIMÖNOC TIPOAHNOYTAI, [EN AIc| AN EYPHIC (eYPoic cod.) ToYTo, moAY (TTonYC cod.) MAnnoN 6 XEIMWN TIPOCHMAINETAI. 2 Ein weit genaueres Verzeichnis gleicher Art steht im cod. Vindob. gr. philos. 108 fol. 232Y, aus dem es mir Borr freundlich mitteilte. Ich habe es bereits für die Publikation vorbereitet und dabei gefunden, daß es aus dem Parapegma Kuktemons exzerpiert ist. Im folgenden gedenke ich gelegentlich von seinen Angaben Gebrauch zu machen. 3 Das von Geminus an in der astronomischen Literatur übliche Wort scheint zuerst vorzukommen in des Thrasyllos’ Verzeichnis der Schriften des Demokrit (Diog. Laert. IX 47, Dıers, Fragm. d. Vorsokr. S. 374); doch - ist es vielleicht dort nur von Thrasyll zur Erklärung des Haupttitels Merac enıaytöc A AcrronomiH beigefügt. Da es übrigens die Sache sehr gut bezeichnet, sehe ich nieht ein, warum es nicht von dem Erfinder der Vorrichtung sollte aufgebracht sein. Dieser Erfinder war wohl trotz Plinius und Unger nieht Demokrit, sondern Meton im Verein mit Euktemon. Sitzungsberichte 1904. 3 100 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. die Erklärung liefert. Drei von den vier Bruchstücken, die uns hier beschäftigen, enthalten kalendarische Angaben, wie wir sie aus den Parapegmen kennen, ebenso nach den Zodiakalzeichen gruppiert, wie wir das im Geminusparapegma finden. Aber es fehlt die Tagnummer: statt ihrer sind am Rande vor den einzelnen Phasen oder Epi- semasien Löcher angebracht. Natürlich sollten sie je ein Plättchen mit dem jeweiligen bürgerlichen Datum aufnehmen. Da es aber nicht an jedem Tag eine Phase oder Episemasie zu verzeichnen gab, muß- ten auch die unbesetzten Tage markiert werden: sonst konnte ja derjenige, welcher den Apparat zu bedienen, d. h. die Plättchen bei- zustecken hatte, unmöglich aus der Tafel den Abstand zweier Phasen erkennen. Diesem Zweck dienten die zwischen die Zeilen zesetzten Löcher: an und für sich konnten sie leer bleiben, sie dien- ten ja nur demjenigen, der das Beifügen der bürgerlichen Daten. zu den Episemasien besorgte, zum Abzählen. Aber es war wohl zweck- mäßiger, die ganze Reilıe zu bestecken, statt einen Teil der Nummern zesondert aufzubewahren. Nur hat man sich nicht vorzustellen. daß alle 365 Löcher ständig ausgefüllt gewesen und alle Nummern ein- mal, am Jahresschluß. verändert worden seien: eine Serie für einen, höchstens zwei Monate genügte dem Zweck vollkommen, wenn nur der Aufseher nach Ablauf eines jeden Monats die erledigte Serie für den nächsten, bzw. übernächsten »beisteckte«. Das ist die Manipu- lation, von der Nr. 456C, rechte Spalte, handelt. Das Beistecken der Daten des Mondmonats zu den Zeichen des Sonnenjahrs wird in der Inschrift selbst mit dem Wort mararırnYnaı bezeichnet: nun ist klar, weshalb diese Gattung von Kalender marArHrma, zu deutsch etwa »Steckkalender«, hieß. Ich lasse nunmehr an erster Stelle den soeben benutzten Text 4560 folgen, mit Ergänzungen, die, soweit es sich nicht bloß um das Ausfüllen von Buchstabenlücken handelt, lediglich annähernd den Sinn herstellen wollen, und mit einem möglichst kurz gefaßten Kom- mentar, dann in gleicher Bearbeitung die drei Parapegmenfragmente'; von ihnen schließe ich 456 B unmittelbar an 456 C an, obwohl 456 D Zodiakalzeichen behandelt, die dem B vorausliegen. Denn es hat sich mir gezeigt, daß uns nicht die Reste eines, sondern zweier Parapegmata vorliegen, AD auf der einen, B, zu dem C gehört, auf der anderen Seite. B hat nämlich nach Hrn. Wırsanp etwas andere Schrift und andere Buchstabengröße als AD und ist auf einen Block von ' Von den Ergänzungen stammt der größte Teil von den HH. Wıesaxn und Diers. Wo ich bei ABD abgewichen oder weiter gegangen bin, geschah es zumeist auf Grund eines ungefähr für das Jahr 100 v. Chr. angepaßten Hiwnmelsglobus, der durch Borrs Güte zu meiner Verfügung steht (vgl. Bor, Sphaera S.83 A. 2). j j j 2— f j N | i j Dıers und A. Reun: Parapegmenfragmente aus Milet. 101 anderer Dieke geschrieben; es ist aber auch insofern etwas anders ausgestattet, als die leeren Tage nicht am Ende der Zeilen oder auf eigenen, sonst frei bleibenden Linien angebracht, sondern zwischen die beschriebenen Zeilen eingeflickt sind.‘ Noch wesentlicher sind die inhaltlichen Differenzen: AD gibt reichlich Episemasien, B ver- ziehtet völlig” auf sie und beschränkt sich auf die Sternphasen; da- bei arbeitet B nicht wie AD nur mit den auch sonst üblichen Phasen, bevorzugt vielmehr wunderlicherweise schr weit südlich oder nörd- lich stehende Sternbilder, auch laufen Fehler mit unter, von denen AD frei zu sein scheint. Ferner gibt AD die Gewährsmänner an und ist infolgedessen genötigt, die gleiche Phase mehrfach zu wieder- holen, B bietet keine einzige Doppelangabe. Kurz, AD präsentiert sich als eine kompilatorische Arbeit nach Art des Geminus-Parapeg- mas, B gibt sich als selbständige Leistung eines Autors, als den wir wohl den in der Überschrift mit so stolzen Buchstaben sieh nennen- den [’Emlıkeatuc, oder wie der Mann hieß, anzusprechen haben. Nur die Voraussetzung, daß wir es mit den Resten zweier Parapegmen zu tun haben, setzt uns endlich instand, eine vernünftige Anordnung für das Original zu erschließen. Während nämlich A Widder und Stier, D Wage und Skorpion, also unmittelbar aufeinander folgende Zeichen behandelt, finden wir in B die Reihe Schütze— Wassermann — Widder, d.h. in B folgt immer das übernächste Zeichen, wobei, stärker als in AD, das Bestreben obgewaltet zu haben scheint, die Zeichen in annähernd gleicher Höhe beginnen zu lassen. Nach den Buchstabenresten, die oben am Rande von B erhalten sind, ist für diesen Kalender folgende Anordnung zu vermuten: Krebs Jungfrau Skorpion Steinbock Fische Stier Löwe Wage Schütze Wassermann Widder Zwillinge. In AD hingegen standen die Zeichen in langer Reihe neben- einander oder in dieser Weise übereinander: DZ Rrebs Löwe Jungfrau Wage Skorpion Schütze A Steinbock Wassermann Fische Widder Stier Zwillinge. ! [In B scheint nur die Orthographie Akpönyxoc vorzukommen, in AD nur das falsche AKPonYxoc. Diers.] 2 Die Angabe der reeypoı cynexeic 456 BZ. 16f. ist nur eine scheinbare Aus- 5 45 nahme; der Zephyr gilt, als Signal des Frühlingsanfangs, einer Phase gleich. ® Nach dem Vorbild des Geminus-Parapegmas lasse ich den Krebs voran- stehen, zumal da so eine Anordnung erzielt wird, wonach über Schütze und Wasser- mann ein Zeichen stand. Der Frage, in welches Zeichen damals in Milet das bürger- liche Neujahr fiel, wird natürlich hiermit nicht präjudiziert. 4 Wenn diese Gruppierung richtig ist, so muß die untere Reihe von der oberen dureh einen angemessenen Zwischenraum getrennt gewesen sein; die letzte Episemasie beim Widder mußte über dem Anfang des Stiers Platz finden. S* 102 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. Erstes Parapegma. nm 4560; breit oben 0.52, unten, wo Bruch ist, 054: loch. links 019, rechts 0.20: beiderseits Bruch. = In der Mitte: ? ? EST ]NIEKSEFASTE ES ER NE DREI E Linke Spalte: moıel |ülcre Hnıakıın H A& CEnIC ECTIN A IWIAIOY Ol AE KYKnlc- I 2... .| EKÄCTHI AYl- amaıe |oC »EPÖMENOC Tacı >’ NEMO CHA ES ONE EA Rechte Spalte: . ÖMENON, TON A ETTIÖNTA TIAPA|TI|ATA- Naı, TÄC A’ HMmEpac, OTAN 5 melc alelne|HI, me- in Tateehnalı] eic TAN AlNA|rPAsANn TON o HMEP@N 5 HAHN Zee © Se A BA RR RN o ° Wie viel unten fehlt, ist nicht zu bestimmen. Offenbar handelt es sich in beiden Spalten um eine Art von Gebrauchsanweisung für den Kalender. Aus den geringen und schwer lesbaren Resten der linken Spalte vermag ich einen Satz nicht mit Sicherheit zu rekonstruieren; doch müssen hier die einzelnen Bestand- teile des Parapegmas und die notwendigsten kalendarisch -astronomi- schen Begriffe erklärt gewesen sein: mit Kvkanicroı (Z. 3) werden die kleinen runden Löcher gemeint sein, mit Aric (2.4) der Bogen, der ein Ekliptikzwölftel darstellt, mit ceaic die Kolumne oder der Absatz, der einem solehen Zwölttel entspricht. Diese Erörterung mag mit ae (Z. 2) der allgemeinen Angabe angereiht gewesen sein, daß das ganze ' Der Name Epikrates kommt in (noch unpublizierten) milesischen Inschriften mehrfach vor. Diers und A. Reun: Parapegmenfragmente aus Milet. 103 Parapegma eine Haıach merloaoc umfasse. Also mag Z.2 ff. dem Sinne nach etwa Folgendes enthalten haben: ERUHIE EKACTIH A& cenic ECTIN Ä- Yic Enöc| IwialoY, oi A& KYknic- Koi Aal HMEPAI, Ac EN| EKACTHI AYi- al d Hnıloc BEPÖMENOC ..... d.h. jeder Absatz entspricht einem Zodiakalzeichen, «die Löcher bei jedem Zeichen entsprechen der Zahl der Tage, an denen die Sonne sich in ihm bewegt. Die rechte Spalte behandelte die Veränderungen, die mit den Tagnummern, hier schlechtweg Hmeraı genannt, vorzunehmen sind: der Text von Tön- bis Hmepon' ist verständlich, wenn man aus dem Vorausgehenden zu emiönta etwa MmAna ergänzt; nach Hmerön mochte folgen To? Esezic (oder Er&poy oder metA ToFTon) mHnöc. Die Infinitive sind von einem vorausgehenden acı abhängig zu denken. Der Sinn ist also: nach Ablauf einer gewissen Zeit muß man die Tage weiter- versetzen, um so den folgenden Monat dem Sonnenjahr »beizustecken«. Rechts folgte dann, wie die erhaltenen drei Löcher lehren, sogleich das Parapegma selbst. 456B breit 044; hoch etwa 026; ringsum Bruch. Linke Spalte: Rechts oben Buchstabenreste, dann, nach einem freien Raum von etwa 0.05: ı 0 En Toz|örHı d Haioc » © WPlon| EWioc AYneı Kal TIPO- KYWN Ejwıoc AYneı 3 © KYwN EjWIoc avneı 5 4 0 TOzÖ|THC ÄPpxeraı EwWloc E- mıTElanwn Kal TIEPCEYC Ö- noc E|WIOC AYNeı ol o o cK|oprıioy TO KENTPON Erti- 1 Telaneı Ewıon (a) zte) 10 10 0 T|ÖZEYMmA EWION EmTenneı ır 0 Ix|eYc 5 nöTIoc ÄPxeTAI ÄKPO- N|Yxoc AYneın 12 0 Ae|töc EwWioc Ermitennei 13 0 Alaymloı Mmecofcı AvYöme- non] U ANATPA®HN ergänze ich nach den oben ausgeschriebenen Ptolemäus- und Geminus- Stellen (S.93 und 97); [der Abklatsch läßt deutlich das A zu Anfang erkennen. Drers.] 104 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. Schütze, 24. November bis 23. Dezember jul. (nach kallippischem Schema). Erhalten ist etwa die erste Hälfte des Zeichens. Die Phasen von Orion und Kyon sind früher angesetzt als bei G (= Pseudo-Geminus), es wird sich aber nichts anderes ergänzen lassen. Nach Globus, G S und ı2' (Eudoxos) und Vindob. habe ich Orion vor Kyon gesetzt. Zu 2.5 vgl. G 7 (Kallippos), zu Z.8 G ıo (Euktemon): wegen dieses Ab- standes nehme ich an, dass zwischen Z. 7 und 8 zwei Löcher standen.” Zu 2.13 vgl. &@ ı5 (Euktemon), zu Z.ı4 vgl. Gı6. Nimmt man meine Ergänzungen der Löcher an, so decken sich die Abstände mit denen bei @. — Z. 2/3 Prokyon. 2. 6 Perseus sind evident falsche Phasen. Man möchte an Vertauschung der beiden Gestirne denken. Auch Ichthys ist wohl etwas zu früh angesetzt. 456B. Mittlere Spalte: En Tolc AYTloic (eF nie} N ı 0 EN YAPOoXOwI Ö HAloc > 0 |newn| EWIoc ÄPxeTaı AYNWN 5 KAl AYPA AYNEI oo s © OPNIC AKPÖNYXOC APXETAI AYNWN 000000000 ıs © ANAPOMEAA ÄPXETAI EWIA EITI- TEANEIN oo ı8 © YAPOXOOC MECOI ANATENAAWN 10 19 © IMTIOC EWIOC APXETAI ETTI- TEANEIN ° 21 © KENTAYPOC OAOC EWIOC AYNEI 22 0 YAPOC ONOC EWIOC AYNel 23 © KHTOC ÄPXETAI AKPONYXON 15 AYNEIN x © ÖICTÖC AYNEI, IEPYPWN ÜW- PA CYNEX@N o000 29 0 OPNIC ONOC AKPONYXOC AYNEI » © [APKToFPoc| AKPÖNYxoc Erm- 20 [tenneı] ! So bezeichne ich die Tagnummer im geminischen Parapegma. ?2 [Nachträglich glaube ich die Hälfte des rechten Loches auf dem Abklatsch wahrnehmen zu können. Bin zweites vorher muss nach dem Abstand angenommen werden. Diers.] Diers und A. Renn: Parapegmenfragmente aus Milet. 105 7.1 vermag ich nicht zu ergänzen; es muß sich um die letzten Tage des Steinbocks handeln. Seine letzten zwei Tage sind auch bei G ohne Phase. In Z.2 bedeutet A, wie Hr. Dırrs erkannt hat, die 30 Tage des Wassermanns; es war also durchgehends in B die Tagzahl der Zeichen zum Beginn angegeben: Z. 3 ff. Wassermann, 22. Januar bis 20. Fe- bruar. Alle 30 Tage sind erhalten. Zu Z.4 Leon vgl. G 2 (Kal- lippos), zu Z.5 Lyra vgl. G 3 (Euktemon); P(tolemaeus) hat, wie aus der Episemasie zu T'ybi 29 — 24. Januar zu ersehen', beide Pha- sen vorgefunden, und zwar, unserm Kalender entsprechend, nicht an zwei aufeinander folgenden, sondern am gleichen Tage; Z.5 ist mit ayneı der Spätuntergang gemeint (so auch Z. 16). 2.16 Tag 24 Oistos, vgl. @ 25 (Euktemon, Abstand von Lyra identisch) und Vin- dob. Trotz dieser verblüffenden Übereinstimmung ist kein Zweifel, daß es sich um eine uralte Korruptel oder ein uraltes Mißverständnis in Euktemons Parapegma handelt;” ja, bei Jungfrau 10, wo das gleiche Sternbild bei G (für Euktemon) und im Vindob. wiederum überein- stimmend genannt wird, liegt ohne Frage abermals der nämliche Irr- tum vor.” An beiden Stellen paßt, wie der Globus zeigt, Ornis.' Man hat demnach nur die Wahl, anzunehmen, Euktemon habe dieses Stern- bild Pfeil genannt, oder in seinem Archetypus habe ein den Späte- ven nicht mehr verständlicher Name für den Schwan — etwa olwnöc? gestanden, der dann in der gemeinsamen Quelle unserer Parapegmen an den beiden ersten Stellen in öicröc korrumpiert worden, an der letzten (vgl. A. 4) ausgefallen wäre. — Irrtümer, die dem »Epikrates« zur Last fallen, stehen bei Tag 19, wo aHreı emitennon eher am Platz wäre, und bei 29, wo önoc unrichtig ist. vorausgesetzt, daß der Schwan auf des Epikrates Globus den gleichen Raum einnahm wie auf dem unsern. Z.19 Tag 30 habe ich Arktofpoc ergänzt, obwohl die Phase sonst etwas später gelegt wird (von Eudoxos um 4 Tage). Noch ist der Asteriskos neben 2.16 Tag 24 zu erwähnen: ich zweifle nicht, daß damit dieser Tag als der des Frühlingsanfangs soll bezeichnet werden.” Nur unter dieser Voraussetzung rechtfertigt sich ja auch Kannintol KAl EYKTHMoNI eoyel. Bei G ist zu beiden Phasen YeTIA vermerkt. Bemerkt haben den Fehler bereits die griechischen Handschriften bei G 25, die das in der lateinischen Übersetzung erhaltene ölctöc (sagitia) auslassen. Immoc ver- suchte Manitius einzusetzen. ® Vgl. ferner Plin. XVIII 310. Clodius zum 4. Sept. und 18., 19., 27. Febr. * Das gleiche Sternbild füllt die Lücke bei G (Euktemon) Stier 30. Und zwar paßt in allen Fällen der hellste Stern des Bildes « (Deneb). ° [Freilich ist die Frühlingsgleiche in den Parapegmen erst zu Widder ı (G Euk- temon, Kallippos) oder 6 (Eudoxos) notiert. Der populäre Frühlingsanfang, Zephyrs Eintritt, ist bei G (Demokrit) schon zu Wassermann 16, (Euktemon) Wassermann 17 gesetzt. Diers.] 2 106 Gesammtsitzung vom 14. ‚Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. die Aufnahme einer Witterungsangabe in den sonst nur Phasen ver- zeichnenden Kalender (vel. o. S.ı01 A. 2). Dann ist eben ein so früher Ansatz von Frühlings Anfang doch nicht. wie Unger in Iwan Mürnvers Handbuch 1° 723 und Furereisens Jahrb. 1890 1. 156ff. 383 aunimmt, den Theoretikern Eudoxos und Hipparch ausschließlich eigentümlich. 456B. Rechte Spalte: ı |o en Kpıwı 6 Haiocı 2 0 iIxeywn 0 CYNAECMOC EWIOC EITI- TEelAnEı 0 ME|TAC IXOYC EWIOC APXETAI EITITEA- 6 © KEINTAYPOC ÄPXETAI ÄKPÖNYXOC €- mit[Ennein 00 To 9.00 EN|FÖNACIN APXETAI AKPO- NYx|oC EITITEANEIN oo 12 0 TINJEIANEC ÄKPONYXOI AYNOYCIN [0] 14 © KA|CCIETIEIA AKPÖNYXOC ÄP|XxETAI AYNEIN er 115, 15, 30 m. nl ve ı3 © Widder, 23. März bis 22. April. Erhalten etwas mehr als die erste Hälfte des Zeichens. Da nur der linke Rand der Schrift, höch- stens «drei Buchstaben umfassend. erhalten ist, muß die Ergänzung, namentlich was den Wortlaut betrifft, mehr oder weniger hypothetisch bleiben. Auch die Abstände bleiben zweifelhaft: denn wo überhaupt Löcher zwischen den Zeilen sieh finden, ist nicht zu sagen, wie viele ihrer waren. Außer Zweifel steht aber die Deutung auf das Zeichen des Widders, nicht durch «ie Gruppierung des Ganzen (vgl. 0. S. 10T), die ja selbst erst erschlossen ist, sondern durch die Ergänzung von 7.10—12: wenn in 10/11 von einer Spätphase des Engonasin die Rede ist, in ı2 die Pleiaden genannt werden — und ich kann mir keine andere Ergänzung denken — dann muß es sich um den Spätauf- gang des ersteren (und den Spätuntergang der letzteren) handeln; denn anders sind Phasen dieser zwei Gestirne nicht so nahe zusammenzu- bringen. Bei ( steht zu Widder 10 (Euktemon) und zu Wilder 13 (Eu- Diers und A. Rens: Parapegmenfragmente aus Miiet. 107 doxos, Demokritos) die Pleiadenphase verzeichnet. So ließen sich denn auch die anderen Zeilen im allgemeinen mit ziemlicher Wahr- scheinlichkeit ergänzen; zu bemerken ist hierzu nur Folgendes: Z. ı ist nach Analogie der beiden andern Spalten ergänzt; Widder ı weiter hinaufzurücken, verbietet die Symmetrie; auch Z. 2, wenn richtig er- gänzt, spricht dagegen, denn die Phase entspricht G ı (Kallippos). Der Wortlaut, namentlich auch der Artikel, ist durchaus arbiträr, da die Zeilenlänge nicht gleich bleibt. Z.4 ist ja merac ixeyc neben ixoyc 6 nörioc 1. Sp. Z. ı ı auffallend; doch laufen beide Termini neben einander her (vgl. Maass, Comm. in ‚Är. rel., p. 104, 19). emiteanwn neben emrennein Z. 11, (da der Verfasser ohne ersichtlichen Bedeutungs- unterschied wechselt.‘ Z. 16 sind, meine ich, am Rande die Spuren eines angefangenen Loches zu sehen: der Steinmetz hat es dann an seinem richtigen Ort. nämlich eingerückt. wirklich ausgeführt. Es kann sich aber auch um eine zufällige Verletzung des Steins handeln; sollte das Zeichen dem x (mittlere Spalte Z. 16) entsprechen, so müßte es vor die Reihe der Löcher gerückt sein, wäre auch wohl mit einer Phase oder Episemasie verbunden. Zweites Parapegma. 456 D breit 035: hoch 020, links etwa 0"ıS; ringsum Bruch. Linke Spalte: Ka|TA 2 ? [0] [0] 6) 2 © CKOPTIIOC ÄKPWNY|xOC AYNEI KAT’ EYAOZON Kal AiryTıtioyc © 5 4 © BoPEeAc Kali NÖTOC TINEI KAT EYAOEON KAl Air |YTITIovc. KATÄ AEC INAWN KAA- AANE|A CKOPTIIOC AYNEI METÄ BPON- T|Ac Kal AnemoYy [0) [0] 10 7 © YAAjec AKPWNYXoI EITITEAAOYCIN — KAT eY|aozon KAl AIFYTITIOYC 8 © YAAEC EcrjErıaı ETTITEAAOYCIN KATÄ INAÖN KAN|NANEA ı Bei G wird der, wie es scheint, von Eudoxos und Kallippos eingeführte Aus- druck stets korrekt mit dem Infinitiv verbunden. In Z. 16 hat wohl mAPeenoc önH EWIA AYNEI gestanden. Sitzungsberichte 1904. le} 108 Gesammtsitzune vom 14. Jan. 1904. — Mittheilune vom 11. Nov. 1903, >- >- Wage, 26. September bis 25.Oktober. Erhalten das dritte Viertel des Zeichens. Der hier zuerst, dann in diesem Parapegma noch mehrfach zitierte Inder Kallaneus ist uns sonst nicht bekannt; auch nennt uns die antike Überlieferung keine Inder als Parapegmatisten." Z. 3 ergänzt nach Analogie des Folgenden und G17. Z.5 ergänzt nach G19 und P Phaophi 16 und 17 (13. und 14.Oktober). Zu Z.7/8 vgl. P Phaophi 16 KAICAPI ÄNEMOC ÄTAKTOC, YETÖC, BPONTAI. Z. IO ergänzt nach G@ 22. Die Abstände stimmen genau zu G. 456D. Rechte Spalte: KATA A SER 5 3 0 Yäaelc Edlaı Aaynoycı ...... KAT Re + 0 Yaaelc Eülaı AYNOYCI, XEIMÜN 10 C®0A|POC KAT’ EYAOEON s o xeım[&pıoc 6 ÄHP KAT’ EYAOEON 6 © YAalec Eblaı AYNnovcı Kal ’ xeim|ainei KATÄ INA@N KANNANEA 730% ! [Ich zweifle nicht, daß dieser Inder Kallaneus identisch ist mit dem von One- sikritos fr. 10. 33 (Ser. Al. p. 50, 57 Mürrer) und Megasthenes fr. 42 (II 439 Mürrer) in die Alexandergeschichte eingeführten Gymnosophisten Kalanos, den Klearechos TTepi Yrınoy fr. 69 (II 323 M.) als Gesamtnamen der indischen Philosophen auffaßte: KANOYNTAI A&, ÖC ®ACIN, Ol #INÖCOSOI TIAPA MEN "INAoIc Kananoi, TIAPA A& CYroıc loYAaloı, während Onesikritos behauptet, statt seines indischen Namens CeinHc sei er wegen seines Grußes Kane von den Hellenen Kanande genannt worden. Über die einheimische Überlieferung teilt mir Hr. Pısener folgendes mit: »Über den Gymnosophisten Kalanos wissen die indischen Quellen nichts. Wir können nicht einmal seinen Naınen mit Sicherheit auf einen indischen zurück- führen. KannaneyYc kommt ja der vermutlichen Namensform nahe, wenn diese Kalyäna, mittelindisch Kalläna, ist, was »gut«, »schön«, »vortrefflich«, »edel« bedeutet und oft als Eigenname vorkommt. Von Astrologen ist dem Namen nach ein Kalyä- nasarman bekannt, der einen Kommentar zu dem berühmtesten astrologischen Werk der Brhatsamhitu des Varähamihira geschrieben hat. Wir kennen aber nur ein ein- ziges Fragment und wissen über seine Zeit nichts. Die des Varämihira ist auch schlecht beglaubigt. Sein Tod wird meist 587 n. Chr. gesetzt. Er soll andererseits ein Zeit- genosse des Kalidäsa gewesen sein, der Ende des 4. und Anfang des 5. Jahrhunderts n. Chr. gesetzt wird. Einen berülımten indischen Schriftsteller, dessen Name ähnlich lautete wie Kannaneyc, kennen wir bis jetzt unter den Astrologen nicht.« Vermutlich wird bei den Indern auelı nie ein solcher Astronom zum Vorschein kommen. Denn es scheint nach den Verkehrsverhältnissen zwischen Indien und Ionien I Diers und A. Renm: Parapegmenfragmente aus Milet. 109 Skorpion, 26. Oktober bis 24.November. Erhalten das letzteViertel des Zeichens. Zweimal im Jahr ereignen sich Phasen des Orion und der Hyaden in der Weise, daß die Orionphase vorangeht: beim Spät- untergang im Zeichen des Widders und beim Frühuntergang im Skor- pion;: auch wenn im folgenden (456 A linke Spalte) nicht das unge- fähr entsprechende Stück aus dem Widder erhalten wäre, könnte an- gesichts der Episemasien unseres Zeichens, die von stürmischem Wetter reden, kein Zweifel sein, daß wir es mit Phasen des Spät- herbstes zu tun haben. Die Ergänzung im einzelnen ist natürlich sehr unsicher, auch hinsichtlich der Abstände, da am Zeilenende mehrfach Löcher stehen konnten. Z.off. war mein Gedankengang dieser: Zu Z.gf. Tag 4 vgl. G Evaozwı YAnec (EWIAI) AYNOYCI’ Kal XEl- mAaineı coöapa —= P Atlıyr 26 (22. Nov.) EYaözwı xeım®n ceoaröc, zu Z. 11 Tag 5 vgl. P Athyr 27 (23. a Eyaözwı ..... xeimerioc d Afp. Dann habe ich zu Tag 6 Kallaneus gefügt, fußend auf der Beobachtung, dab er wiederholt dem Eudoxos in kurzem Abstande folgt. — Z. 5/6 Tag 3 ist vielleieht nach G 27 zu ergänzen vAae|c Eülaı AYoNnTAI Kal EoYei| KATÄ [Eykt4monal, wofern man sich nicht an der Vernachlässigung der Elision stößt (vel.456D linke Spalte Z.5: 456A linke Spalte Z. 1, rechte Spalte Z.2.5.8.10). Z.3. Vom Orion kann ich mir in dieser Zeit keine andere Phase denken als die nach dem Globus und der Anleitung von G15 eingesetzte; danach ist vielleicht Z. 4 EyKtHmona zu ergänzen. Bei Z.7 Lyra ist am Rande wohl deshalb kein Loch angefügt, weil die Phase auf den nämlichen Tag wie die vorhergenannte zu be- ziehen ist. Nach Eudoxos fällt die Phase (vgl. G) auf Skorpion 21. — Endlich ist zu bemerken, daß unter der Voraussetzung der Rich- tigkeit meiner Ergänzung die Phase bei Tag 4 (auch die bei 5) etwas früher angesetzt sein mußte als bei G, wo sie Skorpion 29 ist; denn wenn man Tag 4 — Skorpion 29 verstehen wollte, müßte das Zeichen 32tägig sein, was ein Unding ist. 456A breit unten, wo rauhe Stoßtläche ist, 0754; hoch diek etwa o”18. D D in alexandrinischer Zeit ziemlich ausgeschlossen, daß solehe Sternbeobachtungen der Inder, wenn es wirklich deren damals gab, nach dem Westen gedrungen und auf den griechischen Zodiakos übertragen worden seien. Vielmehr scheint dieser Rallaneus zu den weisen Örientalen, wie Nechepso und Petosiris, Ostanes, Akicharos, Zoroaster u.a. zu ge- hören, die vom dritten Jahrhundert an als Träger angeblicher orientalischer Weisheit in der astrologischen Literatur der Alexandriner eine Rolle gespielt haben. S. Vorsokratiker S. 459, 16 Den nackten Gymnosophisten als Vertreter der Astronomie anzurufen, ist freilich eine barocke Idee. Aber er ist, wie die häufige Erwähnung in der späteren Litera- tur zeigt (vgl. auch Athen. mechan. S.5,8 Wescner), eine populäre Figur gewesen. Dier.s.] ! Das ist 23. Nov. jul.; gleichwohl ist die Phase mit P, wie geschehen, zu kombinieren, da P nach der Unger’schen Reduktion (Zeitrechnung 2 S.747) die eudoxi- schen Phasen in der Regel einen Tag früher bringt als G. 110 Gesammtsitzung vom 14. Jan. 1904. — Mittheilung vom 11. Nov. 1903. Linke Spalte: ı © TINEIAAEC ECTIEPIAI AYNo|vcın KAT EY- AOEON, KATÄ AC I|NAWN KAAAANCA 2 © TINEIAREC EcM|EPIAı AYNOYCIN KAl ETTIICHMAINEI XANALHI o| o [6) [6) Y|Ac KPYTITETAI ECTIEPAC, XANALAl un ı o ETTIT |INONTAI KAl IEBYPOC ETTITINEI KATÄ EYKTHIMONA, KATA AC INAWN Ganzer unterer Rand, 0"04 hoch, leer. Oben ist über Zeile ı veınkatey leerer Raum. Widder, 23. März bis 22. April. Erhalten etwa das dritte Viertel. 7,.1—4 ist so stilisiert, daß die in Loch ı und 2 zu setzenden Tag- zahlen in die Satzkonstruktion einbezogen werden. Es ist also zu ver- stehen KATA ac Inaßn Kannanea TAı (folgt die Tageszahl, die eingesteckt wurde) maeıAaec Kran. — ZI Tagı!' = Gı3, 2.6 Tag7°” = G23; also in unserem Parapegma 6tägiger, bei G rotägiger Abstand. Das zweite Datum ist wohl sicher mit P Pharmuthi 20 (15. April) zu kombinieren; ob aber dem ersten PPharmuthi 16 (also 4tägiger statt 6tägiger Ab- stand) oder P Pharmuthi 13 (also 7tägiger statt 6tägiger Abstand) ent- spricht, wage ich nicht zu entscheiden; jedenfalls zeigen hier sämt- liche Zeugen starke Differenzen (im Vindob. ist die Zahl ausgefallen). — Die letzten Tage des Zeichens müssen über dem nächsten ge- standen haben (samt dem Wort Kannanea); mindestens eine Phase (G 27) wird noch verzeichnet gewesen sein. 456 A. Rechte Spalte: ı © Alz avnelı Ecrierac |..... KAT EYKTHMONA o 3 0 AlE AKPWNYXOC AYNEI KA|T” EYAOEON KAl @lAITTION Kal AIrYTITIloYc l 5 4 0 AlE Ecmepia AYNei KATÄ INA|ÜN KAANANEA (6) 6 © AETOC EIITEANEI ECTIEPAC KAT EYKTHMONA 7 © ÄPKTOYPOC AYETAI EWBEN Kal EITTICH- 10 MAINEI KAT EYKTHMONA, TAI A A|YTÄI Ac- TOC ETIITEANEI ECTIEPAC KAl KAT|A ®IAITITTON ! An YAaec zu denken verbieten die Raumverhältnisse; auch wäre damit nichts gewonnen. a ? eemepac ist überflüssig; der Autor wußte offenbar nicht, daß KpYrıtecea bei Euk- temon immer den Spätuntergang bedeutet (vgl. Manitius zu G p.228, zo und im Index). Diers und A. Reun: Parapegmenfragmente aus Milet. 111 Ganzer unterer Rand 004 hoch leer. Oben Z.ı verstoßen, so daß nur der untere Teil der Buchstaben zu sehen ist. Stier, 23. April bis 24. Mai. Erhalten das letzte Viertel des Zeichens. Z.ı folgte auf Ecrıerac vielleicht eine (nirgends erhaltene) Episemasie. Z.ı Tagı=G25, 27 Tag6=G31ı, also in un- serem Parapegma s5tägiger, bei @ 6tägiger Abstand; Vindob. gibt wie unser Parapegma 5tägigen Abstand. Z.9 Tag 7 = @32; Ab- stand von Aetos identisch (vgl. auch P. Pachon 29 und 30, 24./25. Mai). — Z.3 kann wohl nur EYaozon ergänzt werden (vgl. P. Pachon 26, 21. Mai), da für Euktemon in diesen Tagen des Stiers nur die eine Z. ı angesetzte Phase überliefert ist. — Z. 10/11 würde «ai wohl sinnentsprechender vor Aeröc stehen (zur Nennung des Philippos vgl. P. Pachon 29/30). Endlich hat sich die Hoffnung erfüllt, der IDeLer vor 80 Jahren in seiner Chronologie (317) Ausdruck gegeben hat: » Vielleicht ist man einst bei wiederholter Durchforschung des klassischen Bodens so glücklich, ein solehes Monument (Parapegma) zu entdeceken«; um in Kürze zu rekapitulieren, was wir durch die glückliche Entdeckung lernen, so gibt sie uns erst den rechten Begriff von einem TAPÄTIHrMA, und zwar sprachlich und sachlich: sie bezeugt (durch BÜ und den Kallaneus in AD), daß neben den bekannten Parapegmatisten noch eine ganze Anzahl anderer muß tätig gewesen sein, deren Schriften uns verloren sind'; sie bezeugt endlich, was wichtiger ist, daß die lite- rarische Überlieferung der Parapegmen in der Terminologie und in den Zahlen leidlich zuverläßig ist. Eine Würdigung im einzelnen, die vielleicht auch der Frage näher treten dürfte, welche Zodiakal- schemata hier zugrunde liegen, kann indes jetzt bei der Kürze der Zeit, die für diese erste Bearbeitung verfügbar war, noch nicht ge- geben werden. ! Epikrates gibt sich zwar den Anschein, als arbeite er ganz selbständig; es ist aber, besonders nach dem Irrtum in B mittlere Spalte Z. 16, so gut wie sicher ge- worden. daß er auch literarische Quellen, Meton-Euktemon und den (in AD nicht benutzten) Kallippos, herangezogen hat. Ausgegeben am 21. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 10 i - f = TER > ‚ ’ ei wy ” r a Pyi u LTE Se RTL ER, EI J: A "Wa Ba RETTET UC OMEERE ren Sin art vn Sa rlonlaa Se er Ar NIBUR Ar Rare En ; Mira, rer au 13 rd 27 rz mi er fpr ph Sur mr Bi N ei a ,ü8 14 # rasen ECPAPL Kan Br A f AR fi Et) Kur Bar Wale TER u N en Au NT HE Ne una Dot Vera a aaa | MEN UNE EN Fi | RENT AN - Teer Uns Ge b # iPrasE : Kiiegg uße rt DEE, TI = Va ae Sarkg erh ı ma! url Ben di 5 Bar Kan Er ! Din I» te f 17 Gen Ber, St WARIE IST La Pe: at A ttirh Sara Are ae L E er 4 y tab WW er ieh 1 ir 7 Gies L Arorh . N I Ale Kita a: Re A Te lon en BANN, Ar, Pi nit ' re ha (aketife 01% at A ur TREIBT) Vorl e Rule; u nennt Trans a = Kaiginl Ir | Durgl rlue ii hr res Zr oc EA rn en ick Meer; : BEYER Are, GENEE Lim, Yoylalas Klara Kr rttı Pr? Krane I IRN ABEND aragen sad 9 ug ” „a9 is han wnhlekmn ml ur ee Aal it u Kunztia:. Ks Wudkn SET Jod Ic; N Kirn urlieh "ale ri aa A Kr ler Sue ne DR, Fe vos ch 8 ‘% let HE rest EIRTNRUTEE) sa KR ir Arien Me Ten yratEeT an PERS: wer rate ar BE nr ke BuTeN 2 1 7 s er ee Ten er. Sin ee re ee Se ae nie fine an N las ed ran re a > a Er FR ak, et Anus s alı fr, Br) ni) an Tri 'unssae E ar grpgengall en N y - Bu RE en u 2, 6 we au Br3% K 115 e ge A er ayanı. not BER aa are SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IV. V. 21. Januar 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- Jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die iu der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten, 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Sceretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 56. I. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist } nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- ten.len Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 8.7. l. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriflverkeh wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird ‚Jährlich drei Mal, nämlich : die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, » D » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, N, 0 » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers. öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. : S8, j 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. re sı1. 4 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem Ä der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. | 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- 4 berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem vedigirenden Seeretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Olasse. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. 828. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet IT nn ne Are Es 4 ROBERT ENOUEN EERESN — = ie nennen scheinenden Mitgliede zu überweisen. nr [Aus Stat. $41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder z einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuseript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] Y Sa Plan e ne 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sin nach jeder Richtung nur die Verfasser vera) wortlich. er j N 113 SITZUNGSBERICHTE en DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 21. Januar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Kırın las: Die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrieh-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904. Der aus der Zeit von Weiss, Rose und Wessky überkommene Bestand der Sammlung beläuft sich. nach dem Absetzen der Pseudometeoriten und doppelt geführten Localitäten, auf 213 Fall- und Fundorte; heute weist die Sammlung deren 466 auf, hat sich also um mehr als das Doppelte vermehrt, auch sind jetzt alle wesentlichen Lücken ausgefüllt. In Europa kommt sie zur Zeit nach Wien, London und Paris. In Folge der bewirkten Vermehrung der Sammlung wird eine zusammenfassende Be- arbeitung derselben in nächster Zeit möglich sein. — Unter dem interessanten Neuen, was die vorliegende Arbeit enthält, nimmt der Nachweis des Leueits unter den Mineralien der Meteoriten die erste Stelle ein. 2. Hr. Eneermann überreichte einen Bericht über die von Hrn. Geh. Med.-Rath Prof. J. Berssteın in Halle mit Assistenz des Hrn. Prof. A. TscHERMAK im vergangenen Jahre mit akademischen Mitteln ausge- führten Untersuchungen über das thermische Verhalten des elek- trischen Organs von Torpedo. _(Ersch. später.) 3. Hr. Kontrauscn hat in der Sitzung am 7. d. M. die hier nach- träglich folgende Mittheilung des Hrn. Prof. F. Braun in Strassburg vor- gelegt: Der Hrrrz’sche Gitterversuch im Gebiete der sicht- baren Strahlung. Der Verfasser hat gesucht, den Herrz’schen Gitterversuch für Lichtschwingungen nachzuahmen. Es ist ihm diess, ausgehend von Kunpr’schen bisher nicht erklärten Beobachtungen, \gelungen, indem er einen dünnen, über eine ebene Glasplatte ge- spannten Metalldraht durch eine kräftige Flaschenentladung zerstäubte. Der dabei entstehende Metallbeschlag verhält sich in gewissen Partien gegen Licht ganz ebenso wie ein Herrz’sches Gitter gegen elektrische Wellen. Der Verfasser macht eine Reihe von Anwendungen, insbesondere zur Discussion der mikroskopischen Bilder von mit Gold gefärbten Dünnschnitten organischer Gewebe. Sitzungsberichte 1904. 11 114 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrieh-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904. Von C. Kreim. I. Einleitung. Re meiner Arbeit vom 5. Februar 1903' konnte ich constatiren, dass die Meteoritensammlung der Universität sich seit dem Bestande vom 15. October 1889 von: 237 Fall- und Fundorten mit 215477° Gewicht auf 330 » » » 232024 » gehoben hatte. Dabei fehlten aber noch viele Fundorte und namentlich solche, die in ihren Meteoriten Repräsentanten ganzer Gruppen darstellen. Durch das nicht genug anzuerkennende Entgegenkommen der hohen Staatsregierung war ich in der Zwischenzeit nicht nur in der Lage, die Lücken in den Repräsentanten der Hauptgruppen ausfüllen und viele neue Meteoriten erwerben zu können, sondern auch die wichtigsten europäischen Sammlungen zu besuchen und zu studiren, vielerlei Belehrung zu empfangen und einen erfolgreichen Tauschver- kehr einzuleiten. Im Frühjahr 1903 ging ich zunächst nach Paris, wo im Musce d’histoire naturelle (Jardin des Plantes) in der, bezüglich der Aufstellung mit der mineralogischen vereinigten geologischen Abtheilung sich in der Mitte des Schausaales die Meteoriten befinden. Die Sammlung war schon von DAuBkREE sehr gepflegt worden, und sein Nachfolger, Prof. Meunıer, widmet sich mit Eifer ihrer Vervoll- kommnung. Der neueste Katalog von 1898 weist 466 Nummern auf; es sollen aber jetzt an 600 sein. Hervorzuheben sind die Prachtstücke von Juvinas, Estherville, La Caille, Coahuila, Chareas, Canon Diablo, Ata- cama und viele andere. Die Sammlung ist im Grossen nach dem ! Diese Sitzungsberichte, 1903. S. 139—172. ea Kreın: Meteoritensammlung 1904. +15 Daugrer’schen System und im Einzelnen nach natürlichen Gruppen, repräsentirt durch einzelne hervorragende Typen, aufgestellt. Aus der Sammlung haben wir: Roda (1871), Tadjera (1867), Angers (1822) und Lance (1872) im Tausch erworben. Von Paris wandte ich mich nach London. Hier konnte ich nur die Sammlung des British Museum, Natural History, besichtigen, da die Sammlungen des Museum of Praetical Geology in Jermyn Street in Neuaufstellung begriffen waren. Das British Museum hat am Ende seines herrlichen Mineralien- saales, wohl des schönsten der Welt, in einem Quertract seine her- vorragende Meteoritensammlung aufgestellt. Nach dem Katalog von 1896 waren es 476 Localitäten, die inzwischen unter der umsich- tigen und energischen Leitung von Prof. FLercHer, dem Nachfolger von Könıe,, WATErHouUse und MAskELYNE, wohl sehr angewachsen sein mögen. Die Aufstellung ist nach den Fallzeiten erfolgt oder, wenn diese nicht bekannt sind, geographisch angeordnet. Viele hervorragende Stücke sind vorhanden, darunter das leider stark abbröckelnde Eisen von Cranbourne, Australien, mit 3731" Gewicht. Aus dem British Museum erhielten wir im Tausch: Shergotty (1865), Bustee (1852), Aubres (1836) und Lodran (1868). Auf der Rückreise besuchte ich auch Brüssel und besah die bel- gischen Meteoriten im dortigen Museum. Beziehungen konnte ich nicht anknüpfen, da der Director des Mineralogischen Museums, Prof. Cr£ment, kurz vor meiner Anwesen- heit gestorben und der fernere Meteoritenkenner in Gent, Prof. Rexarp, schwer krank war; derselbe ist dann auch bald darauf gestorben. Im Herbst 1903 reiste ich nach Wien, Budapest und Prag. In Wien ist zur Zeit die grösste Meteoritensammlung vorhanden, und es wird kaum möglich sein, dass eine andere dieselbe, nament- lich was Lehrhaftigkeit, Schönheit und Grösse der Stücke anlangt, erreichen wird. — Der neueste Katalog von Berwerr# (Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums 1903, Bd. XVII) zählt 560 Locali- täten, die sich in der Folge wohl rasch vermehren werden. Die Samdmlung nimmt im Hofmuseum einen ganzen Saal ein. Eine grosse Vitrine ist für die Eisenmeteoriten bestimmt, dar- unter sind namentlich hervorzuheben: Babb’s Mill, Kokstad, Hex River Mounts, Elbogen (mit durch natürliche Ätzung entstandenen Wınmann- srÄtren’schen Figuren), Braunau, Hraschina‘ Mazapil, Quesa und viele andere. Eine zweite grosse Vitrine enthält die Steinmeteoriten mit: Knyahinya, Lance, Mincy, Tieschitz, Estherville, Ohaba, Mezö-Madarasz, Moes, Pultusk, Stannern, Eagle Station u. s. w. Ile 116 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Frei ausgestellt sind: Youndegin mit 909" Gewicht, nach Cran- bourne in London das grösste und schwerste Eisen in Europa, danach Coahuila und Canon Diablo, ferner zwei Platten des Eisens mit gröbsten Lamellen von Mount Joy. Die Meteoritensammlung in Wien verdankt ihre Bedeutung: VON SCHREIBERS, VON WIDMANNSTÄTTEN, PARTSCH, HoERNESs, von Har- DINGER, TSCHERMAK, sodann namentlich Brezına und nach ihm BERwERTH. Die Aufstellung war nach dem Rosr - Tscueruax - Brezima’schen System erfolgt, von dem jetzt, aus Gründen der Vereinfachung, wieder in etwas abgewichen worden ist. Aus dem Wiener Hofmuseum erhielten wir im Tausch: Shergotty (1865), Peramiho (1899), Mordvinovka (1826). Ein Besuch in Budapest liess mich die schöne und in den Stücken wohlgewählte Meteoritensammlung studiren. Sie steht jetzt unter Prof. Krenser und hatte im Jahre 1886 254, jetzt etwa 360— 370 Fundorte. Da in ihr die Sammlungen des Fürsten Loskowırz, von v. Baunnaver (Haarlem) und die vom Staatsrath von Braun (Wien) angekaufte Privatsammlung aufgegangen sind, so ist ihr schöner Be- stand erklärlich. Sie ist nach dem Brezma’schen System aufgestellt. Es wird ihr auch in der Zukunft nicht fehlen, da der »Ober- kustos«, H. vos Sensey, jährlich aus seinen Mitteln Tausende für sie ausgiebt — ein ebenso seltener als für reiche Leute nachahmungs- werther Vorgang. Von sonst nicht vertretenen grösseren Meteoriten sind in Budapest die Meteorsteine von Nagy Borov£, gefallen 9. Mai 1895, und O Ferjeto, gefallen 25. Juli 1900, zu sehen. Die Sammlung des Böhmischen Nationalmuseums in Prag steht, was Anzahl der Vorkommen anlangt, den oben genannten nach. Sie hat aber sehr gewählte Stücke (etwa 200 Stück), und die Aufstellung derselben und die der Mineralien überhaupt ist die schönste, die man sehen kann. Sie macht ihrem Director Prof. Vrsa alle Ehre. Auf meinen zwei Reisen erfreute ich mich des Raths und der Beihülfe der nachgenannten Herren und bin vielen derselben auch sehr verbunden für die Erlaubniss, die unter ihrer Leitung stehenden Sammlungen besehen und studiren zu dürfen. Es sind zu nennen: Brck£, BERWERTH, BREZINA, TscHErMAR (Wien), Conen (Greifswald), FLETCHER, Jupp, Tearı (London), FouQuE, GAUBERT, Lacroix, Meunıer, Micner-Levy (Paris), Krenser, Zımany (Budapest), Rosesgusch (Heidelberg), VreA (Prag). Leider war es mir, trotz mehrfacher Bemühungen, nicht vergönnt, mit den Sammlungen von Budapest und Prag in einen Tauschverkehr treten zu können. - Krein: Meteoritensammlung 1904. 10, Bei der Abfassung dieses Katalogs wurden, ausser den in diesen Sitzungsberichten 1903, S. 140 genannten, noch benutzt: der neue Katalog von BERWERTH 1903 und der von W. Brunss über die Strass- burger Meteoritensammlung 1903. Von Meteoriten ist hier jetzt eine nahezu genügende Anzahl vor- handen, um sich für ein System entscheiden zu können. Es wird dies möglich sein, wenn die noch zu erwerbenden und die vorhan- denen Meteorsteine mikroskopisch untersucht und die ebenfalls noch zu vermehrenden Meteoreisen neben den vorhandenen geprüft worden sind, zu welch ersterem Zwecke zur Zeit 500 Dünnschliffe vorliegen. Einstweilen ist nach dem Vorgange von BERWwERTH die alte Anordnung erhalten geblieben, nur wurden, wie dort, die Untergruppen »geadert« und »breccienartig« bei den Meteorsteinen weggelassen. Im System sind durch Tausch und Kauf die wesentlichsten Lücken ausgefüllt, namentlich haben wir, bis auf eine Ausnahme, zu allen Gruppen Repräsentanten. Die Katalogisirung wurde im Sinne der vorjährigen fortgesetzt, und ich dabei durch die HH. Dr. BrLowskv, von WoLrr, TAnsHÄUSER und Arrxı unterstützt. Die Anordnung des Katalogs ist dieselbe geblieben, wie es 1903 in diesen Sitzungsberichten S. 141 auseinandergesetzt wurde. 118 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. II. Zusammenstellung der Fall- und Fundorte, sowie der Fall- und Fundzeiten der Meteoriten und ihrer Gewichte. Das Gewicht ist in Grammen angegeben. Gewichte unter 0?3 sind nicht angeführt. Lau- Gefallen Gewicht fende oder Fallort Art Dam; Gefunden d. Haupt- | im mer stücks Ganzen | I. Meteorsteine. _ | 1. Eisenarme Meteorsteine ohne runde | Chondren. | Achondrite. a. Eukrite. Bestehen aus Augit und Anortlit. Die Rinde ist schwarz und glänzend. I 22.V. 1808 Stannern, lelaus, Mährenee eye en Eur 449 1496.5 2 13. Vl. 1819 Jonzae, Saintonge, Frankreich ............. Eu 2 2 3 15. VI. 1821 Juvinas, Ardeche, Frankreich.............. Eu 568 1012 4 24. X. 1899 *Peramiho, kathol. Missionsstation im Bezirke Songea, Deutsch-Ostafrika .............. Eu 4 | 4 b. Leueituranolith. | Besteht aus Leueit, Anorthit, Augit, Glas und Erz. Die Rinde ist schwarz und glänzend. 5 V]. 1861 *Schafstädt bei Merseburg ................ L 3.5 7-5 c. Howardite. | Bestehen aus Bronzit, Olivin, Augit und Anorthit. Die Grundmasse ist locker und führt einzelne härtere Ausscheidungen. Die Rinde ist schwarz und glänzend. 6 13. XI. 1803 Sankt Nicolas, Mässing, Bayern...........- Ho 22 22 7 13. XII. 1813 Tuotolaks, Wabore, BRinnlandererzer ren Ho A| 5 8 7.Vl1l. 1823 Nobleborough, Lincoln Co., Maine, N. America] Ho 0.5 0.5 9 5.X. 1827 Bialystock,HRusslandr- re er: Ho 72 79 10 14.V1l. 1845 Le Teilleul, LaVivionnere, Manche, Frankreich | Ho 1.4 1.9 II 5. VIII. 1855 Petersburg, Lincoln Co., Tennessee, N. America} Ho 55-5 73-5 12 2. Vlll. 1882 *Pawlowka, Fluss Karai, Bezirk Balachew, GouyrSaratoyy., Bussland upper: Ho 106.5 109.5 d. Bustite. | Bestehen aus Bronzit und Augit. Die Rinde ist | braun und matt. 13 14. IX. 1836 X Aubres, Bezirk Nyons, Dep.Dröme, Frankreich | Bu 9.5 9:5 14 2. XIl. 1852 *Bustee, Goruckpur, Nordwest-Provinz, Ost- INGE rare SE ge e eRROE eNerngere Bu 2.5 2.5 sichtstabelle erläutert. sind mit einem * bezeichnet. + Die hinter den Namen stehenden abgekürzten Bezeichnungen der Arten sind in einer späteren Über- X Die seit Abfassung des Meteoriten-Ratalogs vom 5. Februar 1903 neu hinzugekommenen Stücke 2= Kreın: Meteoritensammlung 1904. Lau- fende mer 15 16 17 18 2 20 21 22 23 24 23 Gefallen oder Gefunden 22. XII. 1863 1. XII. 1889 25. VIII. 1865 Frühjahr 1871 25. III. 1843 29. VI. 1843 30. XI. 1850 17. VI. 1870 20.1. 1869 3.X. 1815 22. IX. 1886 Fallort e. Amphoterite. Bestehen aus Bronzit und Olivin. Die Rinde schwarz und matt. Manbhoom, Bengalen Jelica- Gebirge, Serbien f. Shergottit. Besteht aus Augit und Maskelynit. Die Rinde ist braun und glänzend. *Shergotty, Umjhiawar, Behar, Bengalen, Ost- indien g. Rodit. Besteht aus Bronzit und Olivin, sowie etwas Feld- spath. Die Rinde ist schwarz und matt, *Roda, Huesca, Aragonien, Spanien h. Chladnite. Bestehen wesentlich aus rhombischem Augit. Bei hellgelblicher und glänzender Rinde ist letzterer Enstatit, bei grauschwarzer und matter Bronzit. Bishopville, Süd-Carolina, N. America Manegaon, Eidulabad, Ostindien Shalka, Bancoorah, Ostindien lbbenbühren, Prov. Westfalen i. Angrit. Besteht wesentlich aus Augit, untergeordnet sind Olivin und Magnetkies. Die Rinde ist schwarz und glänzend. Angra dos Rais, Rio de Janeiro, Brasilien .. k. Chassignit. Besteht wesentlich aus Olivin. Die Rinde ist schwarz und schwach glänzend. Chassigny, Haute Marne, Frankreich l. Ureilit. Besteht aus Olivin und Augit. Untergeordnet sind Nickeleisen ünd Kohlenstoff. Letzterer ist zum Theil amorph, zum Theil Diamant. Die Rinde ist mattschwarz und besitzt viele glänzende schwarze Fleckchen. Nowo-Urej, Krasnoslobodsk, Penza, Russland Gewicht Art —— d. Haupt- im stücks Ganzen Am 3 Am 112 II4 She 4 5 Ro 0.5 | 0.5 Chl 172 233 Chl — — Chl 79 85 Chl 1930 1934-5 A 2 2 Cha 13 13 Ur 4 4 25 Achondrite.... | 522T1.4 120 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. Januar 1904, @& @&® &® ww DD UN a bb Ho 8 @m=Sı + Gefallen oder Gefunden 16. XI. 1492 11. IV. 1715 3. VII. 1753 7. 1X. 1753 Mitte VII. 1766 13. IX. 1768 20. XI. 1768 17. XI. 1773 19. 11. 1785 132% 1787 24. VII. 1790 16. V]. 1794 13. XI. 1795 16.1. 1796 8/12. 11l. 1798 19. XlI. 1798 26. 1V. 1803 8.X. 1803 Gefunden 1804 5. IV. 1804 24. XI. 1804 6.1V. 1805 XI. 1805 25. Ill. 1807 14. XI. 1807 19. IV. 1808 3. IX. 1808 Gefallen 1808 Gefallen Mitte VIII. 1810 23. XI. 1810 12. III. 1811 8. VI. 1811 10. IV. 1812 15.1V. 1812 5.VIll. 1812 5.—6.1X. 1812 RuaeNoRrt Eisenhaltige Meteorsteine mit Chondren. Chondrite. Bestehen aus rhombischem Augit (Bronzit), Enstatit, Olivin, Augit und Eisen und führen polyedrische und runde oder nur runde Chondren. Ensisheim, \Ober-Elsassen ee ee Schellin, Garz, Stargard, Prov. Pommern ... Krawin b. Plan, Tabor, Böhmen ........... Luponnas, Ain, Frankreich................ Albareto, Modena, Hallen een Tnee, Sarthe, Brankreieh ee Mauerkirchen, Ober- Österreich ............ Sena, Sigena, Aragonien, Spanien.......... Wittmess, Eichstädt, Bayern............... Jigalowka, Bobrik, Charkow, Russland ..... Barbotan, Landes, Frankreich Siena, Lueignano d’ Asso, Toscana, Italien... Wold Cottage, Yorkshire, England......... Bjelaja Zerkow, Ukraine, Kiew, Russland... Salles, Villefranche, Rhöne, Frankreich...... Benares, Krakhut, Ostindien L’Aigle, Normandie, l’Orne, Frankreich..... Saurette, Apt, Vaucluse, Frankreich........ Darınstadt, Hessen High Possil, Glasgow, Schottland Hacienda de Bocas, S. Luis Potosi, Mexico. . Doroninsk, Irkutsk, Sibirien............... A'SCO.;-LOTSICA 0.2, en ehee)e aD Fee wlan leder are Timoschin, Juchnow, Smolensk, Russland... Weston, Fairfield Co., Connecticut, N. America Borgo San Dorino, Cusignano, Parma, Italien Lissa, Bunzlau, Böhmen Mooradabad, Delhi, ÖOstindien Mooresfort. Tipperary, Irland Charsonville, Loiret, Frankreich Kuleschowka, Gouv. Poltawa, Russland..... Berlanguillas, Burgos, Castilien, Spanien.... Toulouse, Haute Garonne, Frankreich Erxleben, Magdeburg, Prov. Sachsen ........ Chantonnay, Vendee, Frankreich ........... *Borodino, Gouv. Moskau, Russlands. oa era stone era ern eeneele e dee teen Fluss Stonitza, Gewicht d. Haupt- | im stücks Ganzen Gefallen oder Gefunden 10. IX. 1813 15.1. 1814 5. IX. 1814 18.11. 1815 10.1V. 1818 VI. 1818 1o. VIII. 1818 13. X. 1819 12. VII. 1820 13. IX. 1822 30. XI. 1822 3. VI. 1822 15.1. 1824 14. X. 1824 10. 11. 1825 27. IX. 1825 19.V. 1826 16. II. 1827 9.V. 1827 4. VI. 1828 8.V. 1829 14. VIII. 1829 9.IX. 1829 13.V. 1831 9.IX. 1831 25. XI. 1833 8.1. 1834 12. VI. 1834 4.VIll. 1835 11. XI]. 1836 18. IV. 1838 6.VI. 1838 Bekannt 1338 13. 11. 1839 17. VII. 1840 22. Ill. 1841 12. VI. 1841 26.1V. 1842 3. VI. 1842 2.Vl. 1843 16.1X. 1843 I. 1844 25.1. 1845 Krein: Meteoritensammlung 1904. R-allort Inmericks Adarestlrlandi nern een Alexejewka, Bachmut, Ekaterinoslaw, Russland Cw Agen, Lot et Garonne, Frankreich ......... Ci Durala, Umbala, Delhi, Ostindien.........- & Zaborzika, Volhynien, Russland............ Cw Seres, Mäcedonien, Türken... ccne.ceecnen (lg Slobodka, Smolensk, Russland...........-- Ce Bohtzea Gera, Thürinzene. es rel re te Cw Lasdany, Lixna, Witebsk, Russland ........ Cg La Baffe, Epinal, Vogesen, Frankreich ..... Ce Allahabad, Futtehpore, Ostindien........... Cw * Angers, Maine et Loire, Frankreich....... Cw Renazzo), Berrara, Italiens ee se Cs Praskoles, Zebrak, Beraun, Böhmen........ Ce Nanjemoy, Charles Co., Maryland, N. America] Ce Honolulu, Owahu, Sandwich-Inseln......... Cw *Mordvinovka, Pawlograd, Gouv. Ekaterings- layaw Russland re re Cw Mhow,Azım ‚Gur, Ostindienss ee sepereeseee Ci Drake Creek, Nashville, Tennessee, N. America] Cw Richmond, Henrico Co., Virginia, N. America| Cck Forsyth, Monroe Co., Georgia, N. America..| Cw Deal, Longbranch, New Jersey, N. America . Ci Krasnoj-Ugol, Räsan, Russland............ Ce Vouille, Poitiers, Vjienne, Frankreich....... (ei Zmorow, Weessely,. Mähren... Anrede. 'g Blansko,, Brünn, Mähren . er nee (g Okniny, Volhynien, Russland.............. (g Charwallas, Hissar, Delhi, Ostindien........ Ci * Aldsworth, Cirencester, Gloucestershire, Eng- Ei Sonn 20 0 Aura 0.0,.9 800 Fa BDO Cg Maea0% Rio, Assu, Brasihenk. once nn Ci Akburpoor, Saharanpoor, Östindien ......... lg Chandakapoor, Beraar, ÖOstindien........... Ci Simbirsk, Russland (Bartsch) .............. Ck Pine Bluff, Little Piney, Missouri, N. America] Ce Cereseto, Casale, Piemont, Italien.......... Ce Grüneberg, Prov.. Schlesien. ............... Cg Chäteau Renard, Loiret, Frankreich........ Ci Pusinsko Selo, Milena, Croatien............ Cw Aumieres, Lozere, Frankreich ............. Cw Uttecht,sHlollandı Zen een ee Ce Klein-Wenden, Erfurt, Prov. Sachsen....... Ck Cerro Cosina, Dolores Hidalgo, Mexico..... Ck Le Pressoir, Indre et Loir, Frankreich...... Ce stücks Gewicht d. Haupt-| im Ganzen EN At Pu w - MED ESTIDIOFST [$) H- I Ko et ElolNe) oO u in in on an (nn a a nn (in an ca 122 Lau- fende Nunı- mer IO5 106 107 108 109 110 III 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 Gefallen oder Gefunden V. 1845 25. Il. 1847 20.V. 1848 27. XI. 1848 31. X. 1849 13. VI. 1850 17. 1V. 1851 5.X1. 1851 23.1. 1852 4. IX. 1852 13. X. 1852 Gefunden 1852 10. 11. 6. III. 6. 111. IR 11.V. 1855 13. V. 1855 VI. 1856 12. XI. 1856 28. II. 1857 24. 11]. 1857 1. IV. 1857 11. X. 1857 27. XU. 1857 19. V. 1858 9. XI1. 1858 24. XII. 1858 28. Ill. 1859 2. Il. 1860 28. III. 1860 1.V. 1860 14. VII. 1860 12.V. 1861 14.V. 1861 28. VI. 1861 1. X. 1862 7. X. 1862 2. Vl. 1863 8. VIII. 1863 ıı. Vlll. 1863 7. XD. 1863 12. IV. 1864 1853 1853 1853 1854 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Fallort *Barratta, Neu - Süd - Wales, Australien ee ee Hartford, Linn Co., Jowa, N. America...... Castine, Hancock Co., Maine, N. America... Deniliquin, *Ski, Amt Akershuss, Norwegen........... Monroe, Cabarras Co., N. Carolina, N. America Kesen, Iwate, Japanwen errang Gütersloh, Minden, Prov. Westfalen ........ XNulles, Catalonien, Spanien .............. Yatoor, Nellore, Madras, Östindien......... Dorf Mezö Madaräsz im Comitat Maros-Torda, Siebenbürgen@e rer Re lereee Borkut, Marmaros, Ungarn....2.......2.... Mainz, Hessen-Darmistade ee Girgentn, Sicilienere age *Duruma, Mombas, Wanika-Land, Ostafrika Segowlee, Chumparun, Östindien........... Linum, Fehrbellin, Prov. Brandenburg ...... Kaande, Oesel, Livland er. Dee Gnarrenburg, Bremervörde, Prov. Hannover.. Avilez.: Durango, SP Mexienmreeg es rer Trenzano, Brescia, Malenz een Parnallee, Madura, Östindien............... Stawropol, Kaukasus, Rassiande erregen Heredia, Costa Rica, Centralameriea........ Veresegyhäza, Ohaba, Blasendorf, Ungarn... Quenggouk, Pegu, Hinterindien............. Kakowa, Temeser Banat, Ungarn .......... Aussun, Montrejeau, Haute Garonne, Frankreich Molina, Murcia, 1Spanteneegeer een. Harrison Co., Indiana, N. America ......... Alessandria, San Giuliano veechio, Piemont.. Kheragur,, Agra, Ostindieneees er ee: New Concord, Museingum Co. , Ohio, N. America Dhurmsala, Kangra, Ostindien ............. Butsura, Goruckpur, Östindien............. Canellas, Villa nova, Barcelona, Spanien.... Mikenskoi, Grosnaja, Kaukasus............ “Sevilla, Andalusien, Spanien ............. Menow, Alt-Strelitz, Mecklenburg ......... Scheikahr Stattan, Buschhof, Curland....... Aukoma, Billistfer, Livlandie een ee *Shytal, Daeca, Bengalen, Ostindien Tourinnes la Grosse, Tirlemont, Belgien .... Nertt,. Cürlandi4.....n22 na Gewicht d. Haupt- im stücks Ganzen Krein: Meteoritensammlung 1904. 123 " Lau- fende Num- | mer 148 149 150 151 152 153 154 155 157 159 160 161 162 183 184 185 186 187 188 189 Gefallen oder Gefunden 26. VI. 1864 25. III. 1865 25. VIII. 1865 IV. 1866 9. VI. 1866 6. XII. 1866 Gefunden um 1866 9. VI. 1867 30.1. 1868 29. II. 1868 20. III. 1868 20—30.V1.1868 ı1.V11. 1868 Gefunden 1868 1.1. 1869 5. V. 1869 22.V. 1869 19. IX. 1869 Gefallen 1870? 21.V. 1871 14. VI. 1871 10. XII. 1871 28. VI. 1872 31. VIII. 1872 Gefallen (?) 1873 11.V. 1874 14.V. 1874 20.V. 1874 26. XI. 1874 Gefunden 1874 12. 11. 1875 19. VI. 1876 28. VI. 1876 21. X1. 1876 3.1. 1877 17-.V. 1877 13. X. 1877 19. XI. 1877 15. VI. 1878 5. IX. 1878 20. X]. 1878 Gefunden um 1878 Fallort Dolgowoli, Volhynien, Russland *Claywater, Vernon Co., Wisconsin , N. America *Senhadja, Aumale, Constantine, Algier .... Udipi, Delhi, Ostindien Knyahinya, Unghvar, Ungarn.............. Elgueras, Cangas de Onis, Oviedo, Spanien. . Rushville, Brockville. Franklin Co., Indiana, NEräAmenica ee see SORT *Tadjera, Setif, Constantine, Algier, N. Africa BultusksaSiele,Nowy; Bolent. een. Motta di Conti, Villanova, Casale,. Piemont, Italien *Daniel’s Kuil, Griqualand, Südafriea *Pnompehn, Cambodga, Cochinchina ÖOrnans, Salins, Doubs, Frankreich *“Goalpara, Assam, Ostindien............... Hessles Upsala,n Schweden. ne sl. Krähenberg, Zweibrücken, Bayern ......... Kernouve, Clegueree, Bretagne, Frankreich.. Tjaber Badanazr Java... Sr seine Mac Kinney, Collen Co., Texas, N. America *Searsmont, Waldo Co., Maine, N. America Laborel, Dröme, Frankreich Bandong, Goemorveh, Preanger, Java Sikkensaare, Tennasilm, Esthland Orvimiorber Romsı Italien». 32. essen: Aleppo, Haleb, lemasıen nassen. *Sevrukovo, Bez. Belgorod, Gouv. Kursk, Kusslander.atei ae ee Castalia, Nash Co., N. Carolina, N. America *Wirba, Widdin, Bulgarien Kerilis, Cötes du Nord, Frankreich Waconda, Mitchell Co., Kansas, N. America Homestead, Amana, Sherlock, Jowa, N. America Vavilovka, Gouv. Cherson, Russland........ Ställdalen, Nya Kopparberget, Schweden.... *Rochester, Fulton Co., Indiana, N. America Warrenton, Sanct Peter, Missouri, N. America Hungen, Hessen, Deutschland Sokobanja, Sarbanovac, Alexinac, Serbien... Cronstadt, Orange River, Südafriea......... Treschitz/Preraus»Mähren...en.esesonehee Dandapur, Goruckpur, Östindien ........... Rakowka, Tula, Russland. .......022.2. 2040. Bluff, Lagrange, Fayette Co., Texas, N. America CeOrn Gewicht d. Haupt- | stücks im Ganzen 0.3 | 0.3 55 | 5.3 TR I 1333 1817 4 4 3 3 | 5 8070 10647-5 3-5 3-5 6.5 6.5 26 26 0.5 0.5 39 66 5 5-5 520 520 0.5 0.5 133 272 I I 121.5 130.5 1.5 1.5 14 30 38-5 38.5 9.5 9-5 32.5 32.5 II II 1.5 1.5 3 3 14 23 2276 | 2357 46.5 46.5 41.5 41.5 Lı LI 5 5 Spl. Spl. 70 70 I22 122 4-5 4-5 15 15 2 43 89 139 124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2]. Januar 1904. Lau- fende Num- mer 190 191 192 193 194 195 Gefallen oder Gefunden 31.1. 1879 17.V. 1879 18. II. 1880 18. VI. 1881 19. XI. 1881 3. II. 1882 28.1. 1883 16.11. 1883 3. X. 1883 19. 111. 1854 20.V. 1884 6.1V. 1885 27.1. 1886 24. V. 1886 10. XI. 1886 Vor 1887 1. I. 1887 30. VIII. 1887 Gefunden 1887 Gefunden 1887 Gefundenvorı888 VII. 1889 1889 beschr. 3. II. 1890 10. IV. 1890 2.V. 1890 25. VI. 1890 Gefunden 1891 20. VII. 1892 29. VIII. 1892 13.11. 1893 26.V. 1893 Bekannt 1893 9. IV. 1894 9. V. 1894 27. VII. 1894 27.V.1895 Gewicht Fallort rg Var d. Haupt- im stücks | Ganzen La Becasse, Dep. Indre, Frankreich ........ Cw 2 2 Gnadenfrei, Prov. Schlesien. ............... Ce 13-5 13.5 Toke uchi mura, Yofugori, Tamba, Japan...| Ck 47-5 5I Pacula,. Hidaleo, Mexicorrzrae ee Cw 22.5 22.5 Gross-Liebenthal bei Odessa, Russland...... Cw 39 46.5 Möcs (Vajda-Kamaras), Siebenbürgen ....... Cw 1064 (Bare) A OBEREN. » I41.5 (Palatka) SR » 133 1384 (Gyulatelke) 2 Pos: » 35-5 (Visa) De Bon » Io £ * Saint Caprais de Quinsae, Gironde, Frankreich] Ci 16 16 Alfianello, Brescia, Italien............u0-... Ci | 12590 | 12759 Ngawi, Madioen, Java... u. .nee neuen. CeN I I Alastoewa, Djati Pengilon, Java............ Ck 480 4830 Midt Vaage, Tysnes, Hardangerfjord, Norwegen] Cg 12 30 Chandpur, Mainpuri, Nordwestprovinz, Öst- indien: 21-1 Terae RR RE Cw 3 8 Nammianthal, South Arcot, Madras, Ostindien| Ce 12.5 12.5 Assis), Berusja, Italiens ser Ce 23-5 23-5 Maeme, Nipon, Japaner ege rer Cw 97-5| 1435 *San Emigdio Range, San Bernardino Co., Californien, IN. Americas errie re Ge 3 3 Bjelokrynitschie, Volhynien, Russland....... Ci 9 II Ochansk a.d. Kama, Gouv. Perm, Russland..| Ce 390 445 *Pipe Creek, San Antonio, Bandera Co., Texas, N. America see een Ck 4-5 4-5 San Pedro Springs, Texas, N. America...... Ck 1.5 1.5 *Carcote, Wüstencordillere, Chile.......... Ck I 1.5 Ergheo, Brava, Somalihalbinsel, Afriea...... Ck 105 105 *Gilgoin, Gilgoin Station, Neu-Süd-Wales, Australien... Seas Cs 113 129 Antifona, Colleseipoli, Spoleto, Italien ...... Ce 41.5 41.5 Misshof, Rıcası Curnlande re Een Ce 18 18 Forest, Winnebago, Iowa, N. America...... Ce 30 63.5 Farmington, Washington, Kansas, N. America] Cs 59 110.5 Long Island, Phillips Co., Kansas, N. America| Ck 136.5 188 Guarena, Prov. Badajoz, Estremadura, Spanien] Ck 4-5 4-5 Bath, South Dakota, N. America ........... Ce 42 45 Prieetown, Highland Co., Ohio, N. America. | Cw 1.5 1.5 Beaver Creek, British Columbia, N. America. | Cck 4 4 Prairie Dog Creek, Kansas, N. America..... Cek 37-5 46 Fisher, Polk Co., Minnesota, N. America....| Ci 59-5 59-5 Bori, Centralprovinz, Ostindien ............ (Ei 2 3-5 *Sawtschenskoje, Gouv. Cherson, Russland . | Cek 8 | 8 Ambapur Nagla, Sikandra Ras, Ostindien ...| Ce 37 | 39-5 Kreis: Meteoritensammlung 1904. 125 Gefallen Gewicht der Fallort — — G AAREER ae d. Haupt-| im an stücks | Ganzen 227 | Gefunden 1895 | Oakley, Logan Co., Kansas, N. America .... 20.5 35 228 9. IV. 1896 Ottawa, Franklin Co., Kansas, N. America .. 1.5 1.5 229 13. 1V. 1896 Tesvesib- Namur, Belgiene... once. 2% 2.5 230 19. V. 1897 *Meuselbach, Amt Gehren, Schwarzburg-Ru- BOJSEA URTEIL Re Eee Re 0.5 0.5 231 20. V]. 1897 Langon, Bouches-du-Rhöne, Frankreich .... 29 29 232 1. VIII. 1897 HayIıd LO ZN] WBOSDIENE Teer. 91.5 91.5 233 15. 1X. 1897 GambatsaRKhampur, Indienerer een 72.5| 73 234 5. VII. 1898 Andover, Oxford Co., Maine, N. America ... 7.5| 7-5 235 15. XI. 1898 *Saline Township, Sheridan Co., Kansas, INERENTNETA CAESAR ERNST OEREES NER Ci 169 182 236 25.1. 1899 *Zomba, Britisch- Centralafriea............. Cw I 1 237 12. III. 1899 Bjurböle, Stensbölle Fjord, Borgä, Finnland. | Ce 359 657 En Nessa@0,aKansas, EN.IAmerIca a era eree ) 238 Erubpiy 1599 Kansada, Ness Co., Kansas, N. America..... \ Cs 19.5 33 239 10. VII. 1899 Allegan, Allegan Co., Michigan, N. America . |CeOrn 109 117 240 Bekannt 1900 | India Rico, Argentinien ................... Ck 1 I 241 21. X. 1901 SS Hyıtlıs2Abor Ban, Einnlandes 2. eaaseesee Ck 165 165 242 | 1go1 beschrieb. | *Kissj, Bezirk Tschistopol, Gouv. Perm ....| Cs 33-5 33-5 243 15. XI. 1902 *Bath Furnace, Bath Co.,. Kentucky, N. America] Cw | 76.5 76.5 218 Chondrite.... 69570.8 Anhang. Eisenführende Meteorsteine mit Chondren und Kohlegehalt. Kohlige Chondrite. Der Silieatgemengtheil besteht aus rhombischem Augit (Bronzit) und Olivin. | 244 15. 11I. 1806 Alais, Gard, Brankreich . .. 0.0.00 eseennen K 14 | 22.5 245 13. X. 1838 Cold Bokkeveld, Capland, Südafriea........ RK 9 18.5 246 15.1V. 1857 KahasDebreczn, nUngaun er... 2 eereeereet: K 0.5 0.5 | 247 14.V. 1864 Orgueil, Tarn et Garonne, Frankreich...... K 149 | 149 ı 248 23. VlI. 1872 *Lanee, Loir et Cher, Frankreich.......... Ke I I ' 249 1.Vll. 1879 Nogoya, Entre Rios, Argentina ............ K 974 1797 ı 250 18.VI. 1889 Michei, Mittel-Russland. cc... neaeeeueen K 20 | 20 251 7.1V. 1891 Indarch, Schuscha, Transkaukasien, Russland| Ke 14-5 14-5 8 kohlige Chondrite.... 2023 126 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Lau- En Gefallen Gewicht ende d Art ——— Num- G : 7 d. Haupt- im mer enneagr stücks | Ganzen II. Mesosiderite. Übergänge von den Meteorsteinen zu den Meteoreisen. Bestehen aus einem Eisennetz, in welchem Olivin und Bronzit mit wechselnden Mengen von Plagioklas die Maschen füllen. 252 4. VII. 1842 Banea, 11081000, 9paniankmreger ee ee M 10 10 253 Gefunden 1856 | Hainholz, Paderborn, Prov. Westfalen. ..... M 215 456.5 254 | Gefunden 1856 | Mincy, Taney Co., Arkansas, N. America...| M 68 106 255 | Gefunden 1857 | Macquarie River, N. S. Wales, Australien ...| M 14-5 14-5 %efunden 1861 | Vaca Muerta (Sierra del Chaco), Atacama, S. 256 AmeriCa ee LE M 398 8 Gefunden 1874 | “Mejillones, Atacama, Bolivia, S. America .. 75 sI 257 ro. V. 1879 Estherville, Emmet Co., Iowa, N. America ..| M 4407 4557 258 | Gefallen V.1880 | Veramin, Teheran, Persien................ M 7 7 259 | Gefunden 1887 | Crab Orchard, Cumberland Co., Tennessee, IN. America Rec M 40 49-5 260 | Gefunden 1887 | Morristown, Hamblen Co., East Tennessee, IN EA mer car ER M 165 165 261 | Gefunden 1888 | Doüa Inez, Atacama, Chile, S. America..... M 19.5 19.5 262 | Gefunden ı888 | Llano del Inca, Atacama, Chile, S. America.| M 56.5 56.5 Anhang. Lodranit. Krystallinisch - körniges Gemenge von Olivin und Bronzit in einem feinen zusammenhängenden Netz von Nickeleisen. 263 1. X. 1868 *Lodran, Mooltan, Punjab, Ostindien ...... Lo 5-5 5-5 | ı2 Mesosiderite .... | | 5965 Don Erwähnt, Gewicht a © | Gefunden oder Fundort und Fallort Art ; | Beschrieben d. Haupe Er cn stücks Ganzen III. Meteoreisen mit Silieaten. Pallasite. Bestehen aus einem Eisengerippe mit Silicatkörnern. a. Olivin-Pallasite. Bestehen aus einem Eisengerippe mit Körnern von Olivin. 264 Krasnojarsk, Jeniseisk, Sibirien (Pallaseisen).... Imilac, Atacama, Bolivia, S. America .......... 887 3117.5 3010 3793 265 1.5 1.5 Campo del Pucara, Catamarca, Argent. Rep. ... Kreım: Meteoritensammlung 1904. 189) | Lau- fende Gefunden oder Beschrieben Num- mer ! Gewöhnlich erscheinen alle Toluca-Eisen unter einer Nummer. zusammen. Erwähnt, 267 1810 268 1859 269 1868 270 1880 271 1885 272 1885 273 I. VI. 190 274 1902 275 1903 ‘ 1751 276 1833 1861 i 277 Um 1400 i 278 Bekannt etwa 1600 2279 | 26. V.ı751 ı 280 1780 \ 281 1784 282 1784 283 1784 234 1784 Fundort und Fallort Art Albacher Mühle, Bitburg, Niederrhein A)UNtChtyersehttastreenrerereteen he steleiete were b)nlimgeschmolzeni. 42 nee Rokicky, Brahin, Minsk, Russland ............ Port Orford, Rogue River Mountains, Oregon, IN YAIN EI A Eee are ner *MountVernon, Christian Co., Kentucky, N. America Eagle Station, Carrol Co., Kentucky, N. America Brenham Township, Kiowa Co., Kansas, N. PO PO PO PO RSHEN 9 06 Doro anne RD an Daran PO Pawlodar, Semipalatinsk, Asiat. Russland ...... PO *Marjalahti, Kirchspiel Jaakima, Viborgs Län, anna ep eg RN ee PO Admire, Lyon Co., Kansas, Nord-America ..... PO SHinmarken, „Norwerenee eig: PO b. Bronzit-Pallasit, Siderophyr. Besteht aus einem Eisengerippe mit Körnern von Bronzit und aecessorischem Tridymit. Steinbach, Sachseniae. rasen ee rare akane Steinbach, Sachsen (Rittersgrün) ....22.2..22.... Steinbach, Sachsen (Breitenbach, Böhmen) ..... PB PB PB 13 Pallasite .... IV. Meteoreisen. a. Oktaödrische Meteoreisen. Zeigen Schalenaufbau (z. Th. Zwillingsbildung) oder Skeletbildung nach dem Okta&der und geben diesen Aufbau, zu dem verschiedene, mehr oder weniger nickelhaltige Eisensorten (Balkeneisen [Kamaeit], Band- eisen |[Taenit], Fülleisen [Plessit]) beitragen, durch Anätzen zu erkennen. Hierdurch entstehen, bei der verschiedenen Angreifbarkeit jener Eisensorten durch Säuren, die WıpmannstÄrten’schen Figuren. BlbosenuRohmene u er slesterclene anfelere erefehett de Om La Caille, Grasse, Var, Frankreich............ Om Eiraschina,@Aoram, Groalene.. sera: Om Descubridora, San Luis Potosi, Mexico........ Om Bendesos Bahia, Brasiliens esse naesaasen. [07% Sierra blanca, Durango, Mexico .............. (0% SPennants- Risen) aus Moskaus. . u2ccceenenaee Om Xiquipilee, Toluca, Mexico.............. er Om Manıls-Dolucay Mexico rasen dere „I Og d. Haupt- stücks Gewicht im Ganzen ıo | Io 757 2780 254 313.5 184 191.5 148 148 135 221 27 27 86 | 86 31.5 31.5 916 916 22.5 47 3682 | 4247-5 | sp | 16082 | | 165 225 91 22210255 =) 27-5 2 125 33, || 34-5 141 147-5 Ru 2) 32965 | 54861 189.5 189.5 Hier sind aber Arten Om und Og 128 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Erwähnt, Gewicht Gefunden oder Fundort und Fallort Art en Beschrieben d. Hanpt- Ze stücks Ganzen 235 1804 Misteca, Oaxaca, Mexicor rn mr nee Om 1228 123I 2836 1804 Chareas, San) Euis’ Potosi,2Mexieof ern erere: Om 28 28 287 1804 Durango, Mexico“. ze Tre, Om 544 782 288 1808 Cross Timbers, Red River, Texas, N. America ..| Om 106 136 289 1810 Santa-Rosa, ‚Bunja, Colombia ersenereee: Off 499 973-5 (Von BoussınsAaurr an A. v. Humsorp'r.) 290 1814 Tenarto), Saroser Com. UÜngarnreree er rer. Om 249.5 532 2g1 1818 Cambria, Lockport, New York, N. America ....| Of 193 240.5 292 Vor 1819 | Burlington, Otsego Co., New York, N. America..| Om 104 118.5 293 1820 Guilford Co., N. Carolina, N. America ......... Om 0.5 0.5 294 1829 Bohumilitz, Prachin, Böhmen... Og 1329.5 | 1405.5 295 1835 Black Mountain, Buncombe Co., N. Carolina, N: Ameriear...... REEL EI e Og 32-5 33-5 296 1836 Wichita Co., Brazos, Texas, N. America ....... Og Io Io 297 1839 Baird’s Farm, Asheville, N. Carolina, N. America] Om 6 13 298 1839 Butnam Co., Georgia, N. American. ge: Of 24-5 245 299 1840 Cosby’s Creek (Cocke Co., Sevier Co., Tennessee), NAD ERIC a A EEE Eee Re Og 198 338 300 1840 Carthago, Caney Fork, Smith Co., Tennessee, N., America... 2, ee Om 771-5 819.5 301 1840 Maeura, Szlanieza, Arva, Ungarn............. Og 6220 10106 302 1840 Smithville, De Calb Co., Tennessee, N. America] Og 2.5 2.5 303 1846 Jackson Co., Nashville, Tennessee, N. America| Om 2 2 304 1346 Netschaevo, Tula, Russlandererren nee OmN 382 562 305 1847 Seeläsgen, Prov. Brandenburg ................ Ogg 1635 4385 306 1850 Ruff’s Mountain, Lexington Co., S. Carolina, N: "American. NE tete Om 142 275 307 1850 Salt River, Kentucky, N. America............. Oft 19.5 19.5 308 1350 Schwetz, Rgbz. Marienwerder, Prov. Westpr. ...| Om 5006 10178.5 309 1850 Seneca Falls, Seneca River, New York, N. America| Om 17 17 310 1852 Chupaderos, Chihuahua, Mexico .............- Of 190 190 BI 1853 Löwenfluss, Seitenfluss d. gr. Fischflusses, S. Africa] Of 60 74-5 312 1853 Tazewell, Claiborne Co., Tennessee, N. America] Off 609 722 SIR 1854 Cranbourne, Melbourne, Victoria, Australien ...| Og 236 279 314 1854 Jewell Hill, Madison Co., N. Carolina, N. America] Of IoI 101 315 1854 Madoe, Ob. Canada, N. America .............. Of 29 29° 316 1854 Sarepta, Saratow, Russland ee eoereeine Og 1860 1962 317 1854 Werehne Udinsk, Niro, Witim, Sibirien..... ..| Om 569 569° 318 1856 Denton ‚Co., Texas, N. America. were Om II II 319 1856 Fort Pierre, Nebrasca, Missouri, N. America ...| Om 12.5 12.5 320 1856 Orange Rıveri(Garib), IS: AITICa te rer Om 28.5 28.5 | 321 1858 Staunton, Augusta Co., Virginia, N. America... | Om 1470.5 | 1521.65 | 322 1858 Trenton, Milwaukee, Wisconsin, N. America....| Om 1398 1420 323 1358 Wooster, Wayne Co., Ohio, N. America....... Om I I 324 1860 Cleveland. Ost Tennessee, N. America .......... Om 39 39 (Von ApaE an EHRENBERG) Kreın: Meteoritensaminlung 1904. 129 Gewicht Lau- Erwähnt, ine Gefunden oder Fundort und Fallort EEE; Ei mer Beschrieben "stücks , Ganzen 325 1860 Coopertown. Robertson Co., Tennessee, N. America 172 172 326 1860 Lagrange, Oldlıam Co., Kentucky, N. America. . 592 1013 327 1860 Marshall Co., Kentucky, N. America .......... 72.5 72-5 328 1863 *Bückeberg (Preussen u. Schaumb. Lippe) b.OÖbern- kirchen, Kr. Rinteln, Regbez. Oassel........ 69 69 329 1863 Nejed, Wadee Banee, Khaled, Centr. Arabien... 29 29 330 1863 Russel Gulch, Gilpin Co., Colorado, N. America 502 | 502 331 1863 Saint Francois Co., Missouri, N. America ...... 6 | 6 332 1863 Smith’s Mountain, Rockingham Co., N. Carolina, | NiwAmerIcat ke er ee ee 3.5 8.5 333 1866 Bear Creek, Denver Co., Colorado. N. America . 44 | 76 334 1866 Juncal, Paypote, Atacama, Chile.............. | 57 335 1867 Casas grandes, Chihuahua, Mexico ............ ZT ma, 336 1869 Amakaken, südlich Caperr, Patagonien, S. America 2.5 | 2 337 1871 Bacubirito, Ranchito,, Mexican. neeeen.aeekee 365 | 365 338 1871 *Vietoria (Iron Creek), Saskatchewan River, British @NEHA m erTeae ee sera ee erh s 28 28 339 1873 *Chulafinnee, Claiborne Co., Alabama. N. America 64 91.5 340 1874 *Butler, Bates Co., Missouri, N. America...... 39-5 39-5 341 1876 *Noehtuisk, Gouv. Jakutsk, Sibirien, Russland . LER) I 342 | 20.1V.ı876 | “Rowton b. Wellington, Shropshire, England .. 25 2.5 343 1876 Saeramento Mountains, Eddy Co., New Mexico, 1896 beschr. ING NERILEN 2.5 0 nase 20 00.000.009 0.060. 400000 764 784-5 344 1877 Dalton, Whitfield Co., Georgia, N. America.... 30.5 30.5 345 1879 Niagara, Forks Co., Nord Dakota, N. America . 3-5 4 346 1880 *Ivanpah, San Bernardino Co., Californien NINE No a a BE I I 347 1880 Lexington Co., S. Carolina, N. America........ 194-5 194-5 348 1881 Costilla Peak, Colorado. N. America........... 147 147 349 1883 Old Fork of Jenny’s Creek, Wayne Co., W. Viranian NS Americas agents are stehe 5 5 350 1883 Sao Juliäo de Moreira, Ponte de Lima, Minho, | alone. ae ee N Sue 186.5 | 2gı 351 1883 Walker Township, Grand Rapids, Michigan, | NG nalen ausge fo akaesolhonaacheaeee 2655 | 265 352 1884 Glorietta Mountain b. Canoneito, Sta. Fe Co., NewsNexicos N. FAmerika a a see: 9615 9868 353 1884 JoeWright, Independence Co., Arkansas, N. America 64.5 125-5 354 1884 Merceditas, Santiago, ‚Chile. ........n.c.crocca. | 355 1884 Penkarring Rock, Youndegin, W. Australien ... 77 | am! 356 1885 Jamestown, Stutsman Co., N. Dakota, N. America 1285| 128.5 B57 | 27- XI. 1885 | *Mazapil, Zacatecas, Mexico ................. 17 | 17 358 1885 TUgNos7L Ohr ee ee 28 63.5 359 1886 Thunda, Windorah, Queensland, Australien .... 42.5 42.5 360 1886 Tonganoxie, Leavenworth Co., Kansas, N. America 8 8 361 1887 Carlton, Hamilton Co., Texas, N. America ...... 70 70 Sitzungsberichte 1904. 12 130 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Lau- - Erwähnt, a Gefunden oder Num- x en Beschrieben 362 1887 363 1887 364 1887 365 1888 366 1888 367 1888 368 1888 369 1888 370 1889 371 1839 E72 1890 373 1390 374 1890 375 1890 370 1891 377 1891 78 1891 379 1891 380 1892 381 1893 382 1893 333 1893 354 1893 335 1894 386 1894 387 1894 388 1894 389 1895 390 1895 391 1895 392 1896 393 1896 394 1897 395 1897 396 1897 397 | 1. VIII. 1898 398 1898 399 1898 400 1899 Gewicht Fundort und Fallort Art d. Haupt- im stücks Ganzen Mount Joy, Adams Co., Pennsylvanien, N. America | Ogg 954 1100 Silver Crown, Laramie Co., Wyoming, N. America|l Og 11782 | 172 Waldron Ridge b. Tazewell, Claiborne Co., Ten- nessee., N. American ee Og 366 366 Bella Roca, Sierra de San Fraaneisco, Santiago, Papasquiaro, Durango, Mexico ............. Of 38.5 38.5 Bischtübe, Gouv. Turgaisk, Russland.......... O8 174 174 St. Geneviöve Co., Missouri, N. America ....... Of 257 257 Thurlow, Hastings Co., Ontario, Canada....... Om 18 18 Welland, Ontario, Canada, N. America. ....... Om 43.5 | 43.5 XCuernavaca, Morelos, Mexico ............... Of 214 214 Independence, Kenton Co., Kentucky. N. America] Om 292 406.5 Apoala,, Oaxaca, Mexico „rer. Om 457 | 457 Augustinowka, Gouv. Ekaterinoslaw, Russland... | Om 24-5 24.5 Bridgewater Station. Burke Co., N. Carolina, | N, America. 4.8. wa Of 141 T41 Franceville, El Paso Co., Colorado, N. America] Om 12 123 “Bald Eagle, Williamsport, Pennsylvanien, INELÄMErICa Se ee ee ee Om 51 5I Canon Diablo, Arizona, Neu Mexico, N. America] Og 1585 1692.5 *Tajgha b. Krasnojarsk, Sibirien, Russland..... | Om 49 49 oubil, rleniseisk, Husslandess ser Om 86.5 86.5 Mount Stirling, West-Australien .............. Og 471 471 Ballinoo, Murchison River, West-Australien .....| Off 246 281 El Capitan, Neu Mexico, N. America ......... Om 2 2 Mooranoppin, West-Australien................ Ogg 38.5 | 38-5 Plymouth, Marshall Co., Indiana, N. America ..| Om 103-5 103.5 Arlinston, Sibley Co., Minnesota, N. America ..| Om 55 55 Canton, Cherokee Co., Georgia, N. America....| Og 152 152 Oroville, Butte Co., Californien............... Om 23-5 23-5 Roebourne, Nordwest-Australien .............. Om 177 265 Nocoleche, Wanaaring, N. S. Wales........... Om 9.5 12.5 Öseuro Mountains, Socorro Co., Neu Mexico, INK America. nee EEE. Og 18.5 18.5 *Reed City, Osceola Co., Michigan, N. America| Og 169.5 169.5 Beaconsfield, Vietoria, Australien ............. Ogg 236 236 Luis Lopez, Socorro Co., Neu Mexico, N. America| Om 32 32 Lipan Flats, San Angelo, Tomgreen Co., Texas, IN EÄMELICaN. tee ee EEE ee Om 196.5 196.5 Mungindi, Queensland, Australien ............. Of 475 546 u. Of Rosario, Honduras, Central-America........... Om 40 40 *Quesa, Enguera, Valencia, Spanien .........». Of 0.3 0.3 ZATISspe, Sonoyas Mexico rege Og 210.5 210.5 *Kodaikanal, Madura, Madras, Indien ........ OfR 89.5 89-5 = Moctezuma, Sonora, Mexico. ars ur Om 2 g Kreiy: Meteoritensammlung 1904. l 31 Lau- fende Num- mer 402 403 404 405 406 407 408 409 410 Erwähnt, Gefunden oder 3eschrieben 1901 1902 1792 1810 1853 1860 1863 15. VI. 1900 1834 Gefallen 4ıı (Herbst?) 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 1837 14. VI. 1847 1850 1855 1863 1867 1867 1872 1878 1879 1882 1882 1887 1887 1887 1899 Fundort und Fallort Art Gewicht d. Haupt- stücks | im 3 Ganzen *Mukerop, Bez. Gibeon, Gross - Namaqualand, Deutsch” Sud-West-Aftien or. cn encnne Om-Ot| 3780 3780 Rhine Valley (Villa®), Süd- Australien ......... Og 123.5 123.5 Algoma, Wisconsin, N. America .............. Om 2 | 5 Anhang. Grobkörnige Aggregate oktaödrischer Meteoreisen. ACateCaSEMEITCO RT er aka ObZ | 1219 1410 Sta. Rosa, Marktplatz (Karsten), Colombia...... ObZ 0.5 | 0.5 Sta. Rosa, Marktplatz (Wilhelm Reiss). Colombia.. | ObZ 169 | 209 Union” @0, Georgia, N. American cn 2. en. ObZ 39-5 | 54 Nelson Co., Kentucky, N. America............. ObZ 258 | 358.5 Eopiapo, Sierra di Deesa, Chile»... cn. ObEC | 2915 3443 N’Goureyma, Prov. Macina, Sudan............ ObZ 200 29 133 okta@drische Eisen. |127738.3 b. Hewaödrische Meteoreisen. Zeigen durchgreifende, hexa@drische Spaltbarkeit, keine okta@drische Schalenbildung und geben beim Anätzen in vielen Fällen durch die Neumann’schen Linien einge- lagerte Zwillingslamellen nach dem Oktaöder zu erkennen. Lime Creek, Claiborne, Alabama, N. America...| H 154 157 Coahuila, Mexico (Santa Rosa-Saltillo)......... H 16 16 Coahunla; Mexico (Santa Rosa) 2.20... cc a....: H 6 6 Coahuila, Mexico (Bolson de Mapini).......... H I311-5| 2554.5 BraumauleBohmenkmeee u nen ee H 1354 1624 Pittsburg, Alleghany Co., Pennsylvanien, N. America] H I I GeumaleNıssoans u NAAMEerICan ee Hb 238 238 Dakota, Indian Territory, N. America.......... H 55 | 55 Auburn, Macon Co., Alabama, N. America ..... H 17-5 17-5 Seottsville, Allen Co., Kentucky, N. America....| H 72-5 1225 Nenntmannsdorf, Pirna, Sachsen.............. H 4 4 Tombigbee River, Choctaw Co., Alabama, N. America| H (?) 102.5 102.5 Lick Creek, Davidson Co., Nord Carolina, N. America| H II LI Fort Duncan, Maverick Co., Texas, N. America| H 579 | 686.5 Hex River Mounts, Capland, S. Africa ........ H 80.5 80.5 San Antonio, Kendall Co., Texas, N. America..| Hb 5I 51 *Floyd Mountain, Indian Valley Township, Pulaski COS Viram1a, EN ENMenIcası een een. Hb 457 457 Hollands Store, Sommerville, Chattooga Co., (EOn EIER IN -PÄNTENI Cars ER Re ee ne Hb 51.5| 51.5 Murphy, Cherokee Co., Nord Carolina, N. America| H 217 217 17 hexa@drische Eisen... | 5402.5 132 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Lau- Erwähnt, Gewicht fende | Gefunden oder Fundort und Fallort Art = Dr Beschrieben d. Haupt- im mer stücks Ganzen c. Dichte Meteoreisen. 427 1716 Siratik, Senegal, Westafrica.........eeeucnce. Dby 64-5 73-5 428 1783 Campo del Cielo, Otumpa, Tueuman, Argentina| Dby 131 19L 429 1793 Capland), Südafriea@e.. era RE Daß 4335 | 744 430 1810 Rasgata, Zipaquira, Colombia................. Dby 79-5 130 431 1840 Smithland, Livingston Co., Kentucky, N. America| Dba 14 14 432 1842 Babb’s Mill, Green Co., Tennessee, N. America. | Dba 42.5 48 433 1846 Deep Springs Farm, Rockingham Co., Nord- Carolina, N. America ....... er yelaevaysteferke rate Dba 314 314 434 1847 Chesterville, Chester Co., Süd-Carolina, N. America | Dby 148 395 1850 Muchachos, Tucson, Arizona (Carleton), N. America | Dbß 27 27 435 | 1869 Muchachos, Tucson, Arizona (Ainsa, Sonora) N; Ameriea u... re ee DbP 2 2 436 1857 Locust Grove, Henry Co., Georgia, N. America| Dby 65 65 437 1862 Kokomo, Howard Co., Indiana, N. America....| Daß 7 7 438 1867 5.5 Gewichts - Vermehrung vorhandener Vor- kommen... er. RT: 4482.— 3. 3 Fall- und Fundorte von Pallasiten....... Tro2e5 4. 27 Fall- und Fundorte von Meteoreisen .... 5530.8 Gewichts - Vermehrung vorhandener Vor- kommen a. #020 ne ehe 189.5 77. Eall- und Eundortermit nr ers 13342°5 Kreiın: Meteoritensammlung 1904. 155 Die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich - Wilhelms- Universität besitzt somit am 21. Januar 1904: I. 251 Fall- und Fundorte von Meteorsteinen mit 76815°2 ZU HRR22I » » » Mesosideriten » 5965.— BEATS 4 » » » Pallasiten » 16082.— aA » » » Meteoreisen » 147175.3 zusammen 450 Fall- und Fundorte! mit ............ 246037°°5. Im Durchschnitt kommen daher 546°7 auf den Fundort. Die Ankäufe erfolgten von den Herren: Bönm in Wien, Dr. Brezıma in Wien, Vıcror H. GresorY in London, Srürtz in Bonn, Prof. H. A. Warn in Chicago und wurden ermöglicht durch die von der hohen Staatsregierung in dankenswerthester Weise gewährten ordentlichen und ausserordent- lichen Mittel. Als Geschenkgeberin ist Frau Apotheker C. HrrLwıe zu nennen, die das noch in ihrem Besitz verbliebene grösste Stück des Leueit- uranoliths von Schafstädt (3°5) schenkte. Im Tausch wurden erhalten: von Prof. Dr. Conen, Greifswald, Cacaria, Morrodal, Quesa, Moctezuma; aus dem mineralogisch -geologischen Institut der Universität Christiania (Prof. Bröscer) Ski; dem British Mu- seum in London (Prof. FLercner) Aubres, Bustee, Londran, Shergotty; dem mineralogischen Institut der Universität Mün- chen (Prof. von Grorn) Duruma; dem Musee d’histoire na- turelle, Paris (Prof. Mrunter), Angers, Lance, Roda, Tad- jera; dem mineral.-petr. Institut der Universität Strassburg (Prof. Bückme) Goalpara, Meuselbach; dem k. k. Hofmuseum in Wien (Prof. Berwerrtu) Mordvinovka, Peramiho, Shergotty; dem mineral. -geolog. Institut der Universität Würzburg (Prof. BECKENKAMP) Carcote. Dagegen wurden an diese Orte im Tausch abgegeben Stücke von: Alexejewka, Cronstadt, Ibbenbühren, Klein-Wenden, Linum, Sena Sigena, Ternera, Toke uchi mura. ! Durch eine in diesen Tagen erhaltene Sendung ist die Zahl der Fall- und Fundorte auf 466 gestiegen. Da sich unter den Zugängen auch Victoria West, Cap Colonie. 1862. Of. V befindet, so sind jetzt zu allen Arten Repräsentanten vorhanden. Der Hzrrz'sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung. Von Prof. FERDINAnND BRAUN in Strassburg. (Vorgelegt von Hrn. Konrrausch.) Rn: Satan Hertz im Jahre 1588 gezeigt hat, dass elektrische Schwingungen, welche aus Luft auf Gitter aus Metalldrähten senkrecht auffallen, in zwei Componenten zerlegt werden, von welchen die den Drähten parallele Schwingung refleetirt, die dazu senkrechte dagegen nahezu ungeschwächt durchgelassen wird, lag es nahe, diese im Gebiet der Optik unbekannte Erscheinung auch dort aufzusuchen, um damit einen Beweis für die Identität der sichtbaren Schwingungen mit elek- trischen zu erbringen. Es hat insbesondere Hr. H. E.J. G. nu Boıs' und später derselbe Forscher in Gemeinschaft mit Hrn. Rugens” diese Analogie verfolgt. Sie haben auch durch Messungen Polarisations- erscheinungen feststellen können, indem im allgemeinen eine Compo- nente stärker hindurchgieng als die andere, doch sind ihre Resultate keine directe Bestätigung der Theorie; denn im sichtbaren Spectrum gieng durch ihre Gitter gerade diejenige Componente stärker hindurch, welche nach der elektromagnetischen Liehttheorie schwächer hindurch- gehen sollte. Erst beim Zurückverfolgen der Strahlung bis über etwa die dreifache Wellenlänge sichtbarer Strahlen findet nach Durchschrei- ten eines Indifferenzpunktes ein umgekehrtes Verhalten, aber, wie es scheint, auch nur in einem kleinen Gebiete von Wellenlängen statt, um dann vielleicht — wenn es gestattet wäre zu extrapoliren — wieder- um umzukehren. Dieses Verhalten kann nicht Wunder nehmen. Die feinsten Drahtgitter, welche diese Forscher benutzen konnten und welche vielleicht überhaupt herstellbar sind, waren aus Drähten von o”"”o1 Dicke hergestellt und hatten ebenso breite Zwischenräume. Während ! pu Bois, Wien. Ann. 46, S. 542, 1892; 48, S. 546, 1893. ® pu Boıs und Ruzens, Wien. Ann. 49, S. 593, 1893. Bezüglich weiterer Litte- ratır verweise ich auf diese Arbeiten. Eine von den Verfassern in Aussicht gestellte Fortsetzung habe ich nicht finden können. F. Braun: Gitterpolarisation. 155 mm daher die »Gitterconstante« o""'o2 ist, repräsentirt jede Drahtdicke und jeder Zwischenraum rund 20 Wellenlängen sichtbaren Lichtes. Wenn auch zu erwarten ist, dass eine exaet durchgeführte Theorie durch die genannten Versuche würde bestätigt werden, so fehlt dieser Vergleich doch noch zur Zeit. Näher an die Erscheinung kam Hr. Ansronn' (in wesentlicher Wiederholung eines Fızeau’schen Versuches) durch mikroskopische Be- mm obachtungen eines sehr feinen Spaltes, den er auf höchstens o0""0001 Breite schätzt, in einer Silberschicht, wo er Polarisationserscheinungen fand, welche den elektrischen Beobachtungen von Hrn. Warrz” ent- sprechen würden. Breitere Spalten verhielten sich umgekehrt. 2. Im Jahre 1886 hat Kunpr” das Folgende mitgetheilt. Kuxpr hatte sich auf Glasplatten, welche horizontal im Abstand von wenigen Millimetern unter einem dünnen verticalen Metalldralit lagen, der im luftverdünnten Raume als Kathode diente, durch dessen Zerstäubung dünne Metallspiegel hergestellt, welche im allgemeinen die Gestalt eines ausserordentlich flachen Kegels besassen. Untersuchte er eine solche Metallschicht in nahezu parallelem Lichte zwischen zwei ge- kreuzten Nicols, so fand er, dass die Metallplatte das Gesichtsfeld erhellte: er beobachtete aber gleichzeitig ein dunkeles Kreuz, dessen Arme den Polarisationsebenen parallel lagen; die Durchkreuzungs- stelle lag immer genau an der Spitze der konischen Metallschicht, also in dem Punkte, über welchem sich die Kathode (bei der Her- stellung des Spiegels) befunden hatte. Kuspr deutete die Erschei- nungen als die Folge einer Orientirung der abgeschleuderten Theilchen und bezeichnete sie als Doppelbrechung, wenn er auch die Schwierig- keit, wie eine solche in sonst isotropen Metallen entstehen sollte, klar erkannte und aussprach. 3. Eine ungezwungene Erklärung für die Kunpr'sche Beobachtung würde sich ergeben, wenn man annehmen dürfte, dass die radial orientirten Metalltheilchen, obschon sie nach Kunpr's Versuchen unter dem Mikroskop wie eine homogene Schicht erscheinen, sich dennoch wie Herrz’sche Gitter verhalten. Nach dieser Auffassung müsste man erwarten, dass die parallel den Polarisatorschwingungen® gelegenen Metallstäbehen das Licht re- ı H. Ausrons, Wien. Ann. 48, S. 717. 1893. ® K. Warız, Wien. Ann.’63, S. 234. 1897. 66, S. 308. 1898. ® A. Kunpr, Wien. Ann. 27, S. 59. 1886. * Iehı rede im Folgenden der Einfachheit der Darstellung wegen meist von den Schwingungen des Lichtes und verstehe darunter den Fresser’schen Vector, welcher senkrecht zur Polarisationsebene liegt und mit dem elektrischen Vector der elektro- magnetischen Theorie eoineidirt. 156 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. flectirten, und der entscheidende Versuch würde in dem Nachweis gelegen sein, dass, auch ohne Gegenwart eines Analysators, sich ein dunkeler Streifen, parallel zur Schwingungsriehtung, vorfände, welcher z. B. den Drehungen des Polarisators folgen müsste. 4. Wie einem Beobachter von der Umsicht, welche Kuxpr aus- zeichnete, eine derartige Erscheinung sollte entgangen sein, schien mir zwar schwer verständlich. Aber andererseits erklärt die supponirte Auffassung, dass Kunpr keine der Kalkspathfigur entsprechenden Ringe beschreibt; und endlich schien eine Beobachtung von Hrn. Dessau! meine Annahme zu unterstützen. Dieser beobachtete, dass bei einer geringen Drehung des Analysators aus der gekreuzten Stellung heraus das dunkele Kreuz sich »in zwei Hyperbelarme« auflöste. 5. Als ich die in der hiesigen Sammlung noch vorhandenen, von Kunpr und Hrn. Dessau hergestellten Präparate einer Prüfung unter- warf, wurde mir das negative Resultat von Kuspr erklärlich. Die Helliekeit des von ihm benutzten Sonnenlichtes wird nämlich bei parallel gestellten Nicols oder Weglassen des Analysators im allge- meinen so unerträglich, dass man nur an ein Arbeiten mit objectiv entworfenem Bilde denken kann und daher schon besonders nach einer derartigen Erscheinung suchen muss. Eine Durchmusterung in dieser Art der mehr als zwanzig vor- handenen Präparate lieferte aber auch kein positives Resultat. Dieser negative Befund wurde aber erklärlich durch die Thatsache, dass ich auch nicht im Stande war, die Kunpr’sche Erscheinung an denselben mit irgend welcher Sicherheit nachzuweisen.” Auch durch die Herstellung neuer Präparate kam ich dem Ziele nicht näher; ich überzeugte mich nur, dass die Teelnik nicht ganz einfach ist und Erfahrung zu verlangen scheint. Nachdem auch Zer- stäubung von galvanisch im Vacuum glühend gemachten Palladium- drähten sowie eine grosse Anzahl nach dieser Art im hiesigen In- stitut von Hrn. AECkKERLEIN hergestellter Palladiumspiegel kein besseres Resultat ergeben hatten, habe ich versucht, ob nicht Metallbeschläge, wie man sie dadurch erhält, dass man eine kräftige Flaschenentladung durch einen dünnen Metalldraht schickt, geeigneteres Material sein könne. In der That glaubte ich bei einem sicher über 50 Jahre alten derartigen Goldpräparate Spuren der gesuchten Erscheinung zu finden, während mir diess an einer ähnlichen Silberzerstäubung nicht gelingen wollte. ! B. Dessau, Wien. Ann. 29, S. 353, insbesondere S. 373, 1886. ?2 Schon bei einer mehrere Jahre früher vorgenommenen Durchprüfung zeigte sich nur noch an zwei Exemplaren und auch da nur an einigen Stellen die Kunpr- sche Erscheinung. F. Braun: Gitterpolarisation. 157 6. Diese Zerstäubungen lassen sich sehr leicht herstellen. Man spannt einen dünnen Metalldraht über eine Glasplatte (die selber meist wieder auf einer dickeren Glasplatte auflag), kittet am besten die Enden mit etwas aufgetropftem Siegellack fest und belastet zwei Stellen des Drahtes mit an ihrer Unterfläche ebenen Gewichten, die als Elektro- den dienen. Ich habe gewöhnlich Metalldrähte von einigen Üenti- metern Länge gewählt, aber auch Silberdrähte von über ein Drittel Meter Länge glatt zerstäuben können. Die Dicke des Metalldrahtes spielt eine wesentliche Rolle; o"'""ı ist schon nieht mehr günstig, o”"0o6 und o”"o4 pflegen gute Dimensionen zu sein. Durch diese Drähte habe ich Entladungen von 7, 9 und 20 pa- rallel geschalteten Flaschen, die auf eine Schlagweite von 6 bis IOomm mit einer Influenzmaschine geladen waren, hindurchgehen lassen. Die Capaecitäten entsprachen etwa 20000, 27000 und 40000 cm. Ich habe immer nur einen Entladungsschlag benutzt. Sobald die Funkenstrecke durchschlagen wird, erscheint ein helles Licht über dem ganzen Draht. Ich vermuthe, dass zuerst eine Stelle des Drahtes durchbrochen wird und ein Gleitfunke von da aus den Draht bis an die Elektroden zerstäubt. Aber auch unterhalb der Elek- troden findet sich derselbe häufig verändert, wenn ich mich nicht täusche, sogar unter Umständen jenseits derselben. Diese Erschei- nungen müssen aber für sich weiter verfolgt werden. Bedeckt man den Draht mit einer zweiten, einfach darauf gelegten Glasplatte, so kann man feine Zerstäubungen bis zu mehreren Centi- metern Abstand von der Drahtaxe erhalten. 7. Die optische Untersuchung geschah mittels eines (SEIBERT'schen) Mikroskopes, wie es für mineralogische Zwecke gebräuchlich ist.‘ Un- terhalb des Objecttisches befindet sich der feststehende Polarisator, welcher ein schwach convergentes Licht auf die Platte wirft. Der Öbjecttisch kann genau centrirt werden und ist dann gut centrisch drehbar. Zwischen Objeetiv und Collimatorlinse kann ein Nicol (gegen den Polarisator gekreuzt) von aussen eingeschoben werden. Bei meinem Instrument war durch das Einschieben dieses Analysatornicols keine störende Verschiebung des Bildes gegen das Fadenkreuz des Oculares bemerkbar. Eine einwandfreie Untersuchung kann nur geschehen in der cen- trirten Partie des Objeetes. Das Gesichtsfeld muss gleichmässig hell sein; für die meisten Zwecke ist am besten diffuses Tageslicht, als Ersatz dafür kann auch das von einem weissen Papierschirme zurück- ! Die leihweise Überlassung dieses Instrumentes, ebenso wie der zugehörigen photographischen Apparate verdanke ich den HH. Collegen Bückıns und Brunns. Die ersten Photographien war Hr. Dr. Sörtser so freundlich für mich anzufertigen. 158 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. geworfene Licht eines Auerbrenners dienen. Ich finde aber, dass es für feinere Nuaneirungen nicht ausreicht. Bei Benutzung künstlichen Lichtes hat man dafür zu sorgen, dass der Mikroskopspiegel von keinem direeten Licht getroffen wird: ebenso muss in allen Fällen der ganze obere Theil des Objecttisches und das Auge (durch einen schwarzen, gebogenen Pappschirm) vor Beleuchtung geschützt sein. Die fastausschliesslich verwendete Vergrösserung war 28fach (linear). 8. Ein zerstäubter Draht zeigt dann etwa folgendes Bild': In der Axe, wo er auflag, einen hellen Strich; das Glas scheint dort Ver- änderungen erlitten zu haben; rechts und links davon ein schmales Metallband; von diesem gehen, senkrecht zum Draht, feine, aber noch durchsichtige, sich allmählich verjüngende Metallstreifen (also in der Form sehr spitzer gleichschenkliger Dreiecke) aus; endlich darüber hinaus sehr dünne breite Metallstaubbeschläge. Die centrale Partie (in welcher sich z. B. bei Silber Flecken von wunderschöner Färbung, die etwas dichroitisch zu sein scheinen, be- finden) lasse ich ausser Betracht. Es handelt sich vorzugsweise um diejenigen Stellen, wo die dichteren, in diffusem Licht noch ziemlich dunkelen Streifen in den feinen, kaum merklich absorbirenden Metall- beschlag auslaufen. Als ich diese Stellen bei einem zerstäubten Silberdraht (0"'"07 Durchmesser) absuchte, indem ich die Streifen abwechselnd parallel und senkrecht zur Schwingungsrichtung des Polarisators drehte, gelang es mir Partien aufzufinden, welche dunkler waren für Parallelstellung”, heller, wenn sie um 90° gedreht waren. Am besten war es bei offen zerstäubten Drähten. Aber auch bedeckt zerstäubte zeigten die Er- scheinung. Bei letzteren glaubte ich auch noch in Partien, welche von der Drahtaxe entfernt waren, einen Unterschied im Ver- 0 etwa 2” halten der Streifungen je nach ihrer Orientirung erkennen zu können. Sie macht sich hier geltend als mehr oder weniger starke Differenzirung gegen die Umgebung. Deutlicher wurde die Erscheinung, wenn zwei solcher Partien mit ihren Metallfäden, die Streifenrichtung gekreuzt, auf einander gelegt wurden. Dann waren immer die jeweils den Polari- satorschwingungen parallelen deutlicher. 9. Man wird natürlich, solange man die Structur der Streifen, die man erzeugen will, nicht nach Willkür in der Hand hat, auch nur auf ein tastendes Absuchen nach günstigen Partien angewiesen sein. Denn während einerseits nach den Anschauungen, von denen wir aus- gehen, eine Orientirung nach einer Richtung hin gefordert wird, muss ! Eine Abbildung gibt M. Törrer, Wien. Ann. 65, S. 874, 1898. ® Diess soll immer heissen: die Striche parallel zu den auffallenden Lichtschwin- gungen. F. Braun: Gitterpolarisation. 159 man andererseits verlangen, dass die feinen mikroskopisch voraussicht- lich nicht mehr auflösbaren Metallstreifehen dureh ganz oder nahezu metallfreie Streifen getrennt sind. Die Methoden von SıEDENTorrF und Zsısmonny' werden, wenigstens in gewissen Partien, mit Vortheil heran- gezogen werden. Die Auffindung passender Stellen wird nun sehr erleichtert, wenn man den Analysatornicol einschiebt. Dreht man das Präparat so, dass die Streifenrichtung 45° mit den gekreuzten Polarisationsebenen bildet, so findet man eine Anzahl Büschel (vergl. Fig. 3), welche hell auf dunkelm Grund erscheinen und bei Drehung um #45° verschwinden, d.h. die Kunpr’sche Erscheinung zeigen. Wenn unter diesen eine gut ausgesprochene, nicht zu kleine Stelle ausgesucht, auf den Schnitt- punkt des Fadenkreuzes geschoben und dann nur im Lichte des Po- larisators beobachtet wurde, so zeigte diese Stelle immer — diffuses Tageslicht vorausgesetzt — schwach, aber unverkennbar (wie ich durch andere Beobachter controliren liess) sich dunkler in Parallelstellung als senkrecht dazu. 10. Verschiedene Variationen des Versuches führten nicht wesent- lich weiter als zu der sicheren Überzeugung der Richtigkeit der Beobachtung, es felilte aber noch die Prägnanz der Erscheinung. Auch Drähte von Gold (0.1 und 0.06 mm) gaben kein wesentlich besseres Resultat. Erst als ich in Besitz dünner Platindrähte von o"”"04 Durch- messer gekommen war, konnte ich die Erscheinung so stark erhalten, dass jeder Zweifel beseitigt war. Nach meinen Erfahrungen gelingt der Versuch mit ihnen sicher. Ich fand am günstigsten bei den er- wähnten 20 Flaschen eine Funkenstrecke von 6—8 mm Länge, den Draht glatt auf die Glasplatte ausgespannt, knoten- und knickfrei, nicht über 3°” lang, offen zerstäubt. Man wird kaum ein Präparat finden, welches die Erscheinung nicht zeigt, das eine freilich besser als das andere. Die Bedingungen habe ich noch nicht viel variirt, insbesondere im Vacuum noch gar keine Versuche gemacht. Man sucht am sichersten in der angegebenen Weise zwischen gekreuzten Nicols, schiebt eine passend scheinende Stelle in die Axe des Mikroskopes, entfernt dann den Analysator und beobachtet nur im Lichte des Polarisators. Im Sinne der Thatsachen gesprochen wird man finden: die Stellen mit gut ausgesprochener Aufhellung sind intensiv dunkel (sammetschwarz) gefärbt, wenn ihre Strichrichtung senkrecht zur Po- ' H. Sıeventorr und R. Zsıcmoxpy, Annalen d. Physik (IV), 10, S. 1, 1903. 160 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. larisationsebene liegt, sie werden relativ hell (etwa schwach zimmt- braun), wenn sie der Polarisationsebene parallel liegen. Im Sinne der elektromagnetischen Lichttheorie gesprochen: sie lassen wenig Licht durch, wenn die Streifen parallel dem elektrischen Vector liegen, viel dagegen, wenn sie senkrecht zu demselben ge- stellt sind. Platingitter: (Nr. 2). Fig. 1. Fig. 2. Striche senkrecht zu den Striche parallel zu den Liehtschwingungen. Lichtschwingungen. a a (Nur Polarisator.) Fig. 8. Striche unter 45° zu den Lichtschwingungen (gekreuzte Nicols). Die Figuren geben eine Reproduction photographischer Aufnah- men; die Platten von Fig. ı und Fig. 2 sind genau gleich lange, bei gleichem sehr schwachem, aber aussergewöhnlich constantem Tages- licht (Nebel) exponirt worden (8”); Fig. 3 zeigt die Streifen zwischen F. Braun: Gitterpolarisation. 161 gekreuzten Nicols (über eine Stunde in theilweise hellerm Lichte exponirt).. Die Copien sind gleichfalls in genau identischer Weise hergestellt. Natürlich zeigt sich, direet gesehen, der Unterschied un- gleich stärker als in der Reproduction; man erkennt aber doch, dass in Fig. ı die Platindreiecke nur sehr schwach erscheinen; nach Drehen des Präparates (Streifen parallel den auffallenden Lichtschwingungen) werden sie scharf und deutlich; Fig. 3 erläutert, dass die Erscheinung auftritt an denjenigen Stellen, welche das Kunpr'sche Phänomen zeigen. 11. Auch bei den besten Präparaten, welche ich bis jetzt er- halten habe, ist das den Streifen parallel schwingende Licht nicht völlig ausgelöscht. Es setzen sich daher beide Componenten wieder, falls sie — wie diess, wenigstens bei Platin, in erster Annäherung der Fall zu sein scheint — ohne Phasendifferenz hindurchgehen, wieder zu einer linearen Schwingung zusammen. Diese wird je nach der Dichte der Streifungen verschiedenes Azimuth haben. Man beobachtet diess am besten, wenn man den Analysator aus dem Rohre entfernt und ‚durch einen drehbaren Oecularnicol ersetzt. Kreuzt man den- selben gegen den Polarisator (die Streifen im Azimuth 45°), so dass man die Fig. 3 sieht, und dreht ihn dann um kleine Winkelbeträge, so wandert eine dunkele Stelle über die Nadeln hinweg. Dass die Figuren 2 und 3 nicht vollkommen identisch sind, er- klärt sich hieraus. Ob auch Phasendifferenzen vorhanden sind, so dass eine der wirk- lichen Doppelbrechung durchaus aequivalente Erscheinung auftritt, habe ich noch nicht entscheiden können. 12. Während das in 10 angegebene Verhalten die Regel ist, kom- men aber doch Fälle vor, welche sich derselben noch nicht zu fügen scheinen. Ich habe an einzelnen sehr dünnen Stellen von Gold- und Platinpräparaten, wenn auch schwach, aber doch, wie ich glaube, deut- lich beobachten können, dass das parallel zu den supponirten Streifen schwingende Licht mit grösserer Intensität hindurchgieng als die senk- rechte Componente. Ich habe diess an manchen Stellen, namentlich in unmittelbarer Nähe des Drahtes, gefunden. Es scheinen dort, worauf auch das makroskopische Aussehen der Metallzerstäubung hinweist, Un- regelmässigkeiten vorhanden zu sein, herrührend von Knickungen oder schlechtem Aufliegen des Drahtes auf der Platte. Die Aufklärung dieses Punktes ist, solange man auf mikroskopische Beobachtung an- gewiesen ist, penibel und bedarf noch weiterer Versuche, möglichst mit gleichmässigen, grösseren Flächen. 13. Gleichzeitig in der Richtung der Zerstäubung wirkende con- stante oder in der Periode der Flaschenentladung wechselnde (aber freilich gegen den Strom um 90° in Phase verschobene) elektrische Felder, ebenso Sitzungsberichte 1904. 14 162 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. gleichzeitiges galvanisches Anwärmen des Drahtes bis zu dunkeler Roth- gluth gaben kein erkennbar anderes Bild der Zerstäubung. Platin ist dasjenige Metall, welches auch nach Angabe des Ent- deekers das Kunpr’sche Phänomen am deutlichsten zeigt. Warum andere Metalle weniger günstig sind, ob hier die Brechungsexponenten eine Rolle spielen, kann vielleicht aus weiteren Versuchen erklärt werden. Durch Bedecken mit Wasser, Schwefelkohlenstoff oder Methylen- jodid konnte ich keine sichere Änderung erkennen. Auch einen Ein- fluss der Farbe (rothen und blauen Glases) habe ich bei Platin nicht beobachtet. Scheinbare Änderungen waren auf geänderte Lichtinten- sität zurückzuführen und konnten auch durch eingeschobenes berusstes Glas hervorgerufen werden. Die etwa vorhandenen Gitterwirkungen konnten bisher, mangels genügenden Sonnenlichtes, nicht verfolgt werden; ebenso wenig die feinen, oft wunderbar zarten und schön gefärbten Interferenzerschei- nungen, welche sich nach Unterlegen eines feinen Spaltes bei Silber- präparaten unter dem Mikroskop zeigen und von dem Öffnungswinkel des auffallenden Lichtes abhängig zu sein scheinen. 14. Unter dem Mikroskop habe ich mit 100- und etwa 5oofacher Vergrösserung eine Structur, welche die Erscheinungen erklären könnte, nicht mit Sicherheit nachweisen können. Im gewöhnlichen Tageslicht sah ich gar keine Differenzirung. Unter Verwendung directen Auerlichtes habe ich feine Streifungen beobachten können, welche auch beim Drehen ihre Helligkeit ändern; dazwischen aber Felder ohne erkennbare Structur, welche fast gleich- mässig heller und dunkler wurden. Diese letzteren Flächenfelder waren keineswegs immer da besonders hervortretend, wo auch sichtbare Streifen sich befanden. Man wird also nicht annehmen dürfen, dass ihre Helligkeitsänderung durch die sichtbaren Streifen bedingt sei. Mir selbst fehlte hinreichende Erfahrung in der Untersuchung so feiner Präparate mit noch stärkeren Vergrösserungen sowie in der Beurtheilung der Bilder. Hr. Dr. H. Stıpentorr von der Firma Carl Zeiss in Jena hatte die Gefälligkeit ein Präparat im hiesigen Institut zu prüfen. Mit der homogenen Immersion von 2” und der Apertur 1.3 zeigte sich bei Untersuchung im Auerlicht sowie in dem einer Bogenlampe das folgende Bild: eine Anzahl Körnehen, welehe ohne erkennbare Regelmässigkeit vertheilt waren; zwischen denselben ein nicht mehr auflösbares gleichmässig helles Feld, welches die charakteri- stischen Erscheinungen der Gitterpolarisation und scheinbaren Doppel- brechung noch sehr scharf erkennen liess. 15. Das Interesse, welches die Erscheinungen bieten, ist nicht auf den Nachweis des optischen Analogons zum elektrischen beschränkt; F. Braun: Gitterpolarisation. 163 sie beanspruchen, wie mir scheint, auch ein selbständiges optisches Interesse. Ich bin überzeugt, dass schon Beobachtungen, z. B. auf mine- ralogischem Gebiete, vorliegen, welche jetzt unter einem andern Ge- sichtspunkte erscheinen werden. In der That zeigte mir Hr. College Bückme, nachdem er meine Präparate gesehen hatte, sofort ein ähn- liches mineralogisches. Eine Lasourx’sche Beobachtung an Würfeln von Chlorsilber, welche in einer Richtung gepresst wurden, führt sich vielleicht auf entstehende Silberlamellen zurück.' Dass in Brom-, Jod- und Chlorsilber durch Druck eine Zersetzung eintritt, haben Mvers und ich gezeigt.” Auch Beobachtungen, über welche kürzlich Hr. Scnumauss® im An- schluss an Versuche des Hrn. MaAsorana berichtete, lassen sich vermuth- lich auf Gitterpolarisation zurückführen. 16. Sieht man von dem einen in 10. erwähnten Punkte ab, so ist die vollkommene optische Analogie zu den Herrz’schen elektrischen Gittern festgestellt. Ich möchte noch auf einige Anwendungen hinweisen. Wenn es z. B. gelingen würde, sehr dünne Krystallplättchen einer hochmole- eularen organischen Goldverbindung derart zu zerstören, dass nur die Goldmolecüle, und zwar wesentlich an ihrem Orte, erhalten blieben, so müsste ein Metallgitter resultiren, aus dessen optischem Verhalten man, namentlich an der Hand einer durchgeführten elektromagneti- schen Gittertheorie’, einen Schluss auf den Abstand der Metalltheilchen machen könnte. Ich habe eine Anzahl Versuche in dieser Richtung hin unternommen, z. B. Bleiacetat in sehr dünner Schicht auf Glas aus- krystallisiren lassen und dann mit einem Schälchen, das eine concen- trirte Lösung von Kaliumsulfhydrat enthielt, zusammen unter eine Glas- glocke gestellt. Man dürfte hier erwarten, dass ein Gitter aus Bleisulfid bleibt, während die Essigsäure und das Krystallwasser zur Sulfhydrat- lösung wanderte. Dieser und eine Reihe ähnlicher Versuche haben aber bisher noch keine sicheren Schlüsse ziehen lassen. 17. Dagegen glaube ich auf einem andern Gebiete einen Schritt weiter gekommen zu sein. Hr. Angronn’ hat beobachtet, dass dünne ! Ich kenne den Versuch nur aus Amsronn, Sitzungsber. d. Königl. Sächs. Akad. d. Wiss. 7. December 1896. ®2 J.E.Myess u. F. Braun, Phil. Mag. (5) 44. p.ı72. 1897. Vergl. Carey Lea, ibid, ® A. Schmauss, Ann. d. Phys. (4) 10. S. 658. 1903. ı2. S.186. 1903. * Vergl. J. J. Tuosson, Recent Researches in Elecetrieity and Magnetism. Ox- ford 1893. P.425, insbesondere Phasenänderung betreffend. 5 H. Aneronn, Sitzungsber. d. Kgl. Sächs. Akad. d. Wiss., 7. December 1896. In dieser Litteratur bin ich selbstverständlich nicht bewandert. 14* 164 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Schnitte aus dem Holze der Coniferen oder aus den Sehnen von Mäuse- schwänzen, die mit zweiprocentiger Goldchloridlösung getränkt und nach dem Trocknen dem Sonnenlichte ausgesetzt wurden, sehr hübschen Dichroismus zeigen. Er hat mit Recht nach dem damaligen Stand- punkte unserer Kenntnisse sich für die Erklärung damit begnügt, an- zunehmen, dass das eingelagerte Metall für sich oder in Verbindung mit der Grundsubstanz zu einem anisotropen Gebilde werde. Wenn wir aber berechtigt wären, anzunehmen, dass sich hier Gitter aus metallischem Gold im Gewebe bildeten, und diese nach den hier beschriebenen Versuchen die Erscheinung hervorrufen, so würden wir umgekehrt aus den Polarisationserscheinungen bei so gefärbten Schnitten einen Schluss ziehen können auf eine gitterartige Molecular- struetur, deren Auflösung selbst mit den stärksten Mikroskopsystemen vielleicht schon eine principielle Grenze gesetzt wäre. 18. Ich habe die Amgronn’schen Versuche mit Spänen der ge- wöhnlichen Holzwolle wiederholt. Diese Späne sind noch zu dick und müssen in Zukunft durch dünnere Schnitte ersetzt werden. Trotz- dem konnte ich an denselben die Amgroxnn’schen Angaben bestätigen. Wurden nach vorherigem Trocknen solche Fasern in einem Glas- rohre erhitzt, das in die Dämpfe von siedendem Quecksilber eintauchte, und durch welches ein Strom von Kohlensäure (mit Bleiacetat und doppeltkohlensaurem Natron gewaschen, mit Chlorcaleium getrocknet und durch Watte filtrirt) hindurchgeleitet wurde, so habe ich an den Präparaten nachher Folgendes beobachtet: a) Zwischen gekreuzten Nicols sind sie (die Streifen in mittlere Azimuthe gedreht) an dünnen Stellen hell mit einem prachtvollen Rubinroth, das an die Farbe der Gläser alter Fenster erinnert. Die Hauptmasse wird dunkel, wenn ihre Fasern parallel oder senkrecht zu den Schwingungen des Polarisators stehen. b) Ich habe, auch ohne Analysator, an einzelnen Fasern, schwach, aber deutlich die oben beschriebene Gitterwirkung beobachten können. c) Bei derselben Anordnung, wie sub b, zeigte sich mit Drehen des Präparats, dass Zeichnungen für gewisse Stellungen undeutlich werden, bisweilen fast ganz verschwinden; bei einer Drehung um 90° aus dieser Lage heraus werden sie dagegen deutlich und dunkel. Die ausgezeichneten Lagen waren meistens nahezu parallel oder senkrecht zur einfallenden Schwingungsebene. Im Sinne unserer Auffassung würden sich damit feine Gitter- strueturen verrathen, welche (falls die mikroskopische Auflösung ver- sagt) theils parallel, theils senkrecht zur Faserrichtung verlaufen. Das Bedenken, dass Aschenbestandtheile Ursache der Erschei- nungen sein möchten, hatte ich anfangs. Ich habe es fallen lassen F. Braun: Gitterpolarisation. 165 a) in Folge von Controlversuchen; b) ich habe Späne genommen, welche einfach in der Amgroxn schen Weise behandelt waren; andere, welche gut ausgewässert waren; wieder andere, welche mit verdünnter Salz- säure, endlich solche, welche mit verdünnter Salzsäure und nachher mit verdünnter Flusssäure behandelt und dann ausgewaschen waren — alle mit demselben Ergebniss. Auch ein Imprägniren (nach dem Aus- waschen) mit einprocentiger Chlorkaliumlösung (in der Absicht, da- durch ein besseres Skelet zu erzielen) änderte nichts. 19. Wenn es gestattet ist, anzunehmen, dass organische Gold- verbindungen bei der Temperatur des siedenden Quecksilbers zerstört werden', so dürfen wir schliessen, dass das Gold als Gitterbildner wirkt. Falls es aber, wie wahrscheinlich, die gleiche Rolle auch in anderen Fällen übernimmt, so wird die Deutung von Bildern im polarisirten Lichte vielfach eine ganz andere werden; die Polarisationserscheinungen selber wird man aber vielleicht mehr, als meines Wissens bisher ge- schah, zur Aufklärung heranziehen. Es ist anzunehmen, dass erst mit Abständen, die gleich oder kleiner sind als eine halbe Wellenlänge, die Gitterpolarisation eintritt in der Weise, dass die parallel den Gitterstäben schwingende Com- ponente stärker reflectirt wird; diess ist in Übereinstimmung mit einem direeten Versuche des Hrn. Augroxnn.” Wenn es gestattet ist, nach Analogie der elektrischen Gitter zu schliessen, und wenn wir ein der- artiges als Schema zu Grunde legen dürfen, so sollte die Gitterpolari- sation mit zunehmender Feinheit des Gitters wachsen, um einen Maximal- werth zu erreichen und dann rasch in der Weise abzunehmen, dass beide durchgelassene Componenten gegen Null convergiren. Dann sind wir aber wahrscheinlich schon in der Nähe molecularer Dimen- sionen. Eine praktische Beobachtungsregel würde dann etwa so lauten. Man untersuche ein Goldpräparat bis zu den Grenzen der mikrosko- pischen Leistung. Findet sich keine Structur mehr, aber Gitterpolari- sation, so darf auf eine submikroskopische Gitterstruetur geschlossen werden, deren Fasern parallel den stärker ausgelöschten Schwingungen liegen. Eine Controle gegen wirkliche Doppelbrechung (und natürlich auch Gitterpolarisation mit Phasenänderung) besteht darin, dass die Farbe nicht in die complementäre umspringt durch Drehung des Analysators. ! Um diese an und für sich wahrscheinliche Annahme zu prüfen, habe ich eine Verbindung, welche wohl zu den beständigsten gehören dürfte, nämlich Amylmercap- tangold (im CO,-Raum), im Quecksilberdampfbad geprüft. Sie zeigte sich vollständig zersetzt. ®2 H. Ausronn, Wiıep. Ann. 48, S.717. 1893. 166 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 21. Januar 1904. Die gekreuzten Nicols spielen dann eine andere Rolle, als man seither annahm. Der Analysatornicol stellt nur das bequemste Mittel dar, um durch eine Differenzmethode kleine Unterschiede in der Hellig- keit beider Componenten (parallel und senkrecht zu den Gitterstäbchen) zu erkennen. Man braucht, um die »Doppelbrechung« zu sehen, sehr intensives Licht. Hat man mit dieser Lichtstärke ohne gekreuzte Nicols gearbeitet, so ist man meist so geblendet, dass man nach Einschieben . des Analysatornicols anfangs nichts erkennt. Man wird nicht über- schätzen, wenn man annimmt, dass man von dieser Intensität noch leicht 0.0001 zu bemerken vermag unter Bedingungen, wie sie die gekreuzten Nicols hervorbringen. Ganz anders wird es aber, wenn man verlangt, dass man selbst einige Procent der Lichtstärke, addirt zu einer schon vorhandenen endlichen Lichtintensität, nach Drehen des Präparates soll unterscheiden können.' Der Analysator müsste ersetzbar sein durch eine Vorrichtung, welche die beiden durch das Gitter ausgespaltenen Componenten zwei getrennten Gesichtsfeldern zuführt und sie dort, ähnlich wie bei einer dichroskopischen Lupe, nebeneinander legt. Eine solche Anordnung würde wichtig sein, wenn es sich um die Entscheidung handelt, ob wahre Doppelbrechung oder Gitterpolarisation vorliegt an Empfind- lichkeit und Bequemlichkeit wird sie die gekreuzten Nicols jedoch nicht leicht übertreffen, weil man bei ihnen zu enormen auffallenden Licht- stärken übergehen kann.’ 20. Die oben gemachte Bemerkung ist auch zu beachten bei der Beurtheilung vorstehender Versuche. Sie sind naturgemäss nur die ersten Anfänge mit noch nicht ad hoc ausgebildeten Methoden, und ich verkenne nicht, dass meine Schlüsse bisher der Lösung einer Gleichung mit zwei Unbekannten ähnlich sind. Doch hat die Gleichung etwas vom Charakter einer diophantischen. Es kommen noch Neben- bedingungen hinzu, welche die Lösungsmöglichkeiten einschränken. In der That scheint sich immer die supponirte submikroskopische Struc- tur auch wieder makroskopisch zu reproduciren, was bei nahezu pa- rallel neben- und übereinandergelegten feinsten Fasern auch erklärlich ! Berücksichtigt man die in Betracht komınenden trigonometrischen Factoren, so ergibt sich für das Azimuth 45° und gekreuzte Nicols die von der auffallenden Intensität J hindurchgehende =+JYy’, wenn angenommen wird, dass das senkrecht zu den Gitterstäbchen schwingende Licht ohne Schwächung hindurchgeht und y einen echten Bruch bedeutet. Bei Betrachtung ohne Analysator wird dann im einen Falle J, nach Drehung um 90° dagegen J(r—Y)? beobachtet. Setzt man + y?’ = 0.0001, so ergibt diess für direete Betrachtung im blossen Lichte des Polarisators eine Differenz der Lichtstärken von 4 Procent. ® Ein diehroskopisches Ocular hat schon, wie ich später erfuhr, Ansronn im Jahre 1888 angegeben. F. Braun: Gitterpolarisation. 167 ist. Immerhin wird sich der ganze Kreis der Beweise erst allmählich schliessen. Das bisher Beobachtete hat sich aber, in sich selber wider- spruchslos, derart aneinandergefügt, dass ich am positiven Endergeb- niss nicht zu zweifeln vermag. Wie weit die mineralogische und ins- besondere die biologische Forschung aus dem Mitgetheilten glaubt Nutzen ziehen zu können, muss ich dem Urtheil der auf diesem Ge- biete Orientirten überlassen. Ausgegeben am 28. Januar. 4 { y Pan, an: Ds vu the) I ee 169 SITZUNGSBERICHTE la \% DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER: WISSENSCHAFTEN. 21. Januar. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Harnack las Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers. In der Abhandlung sind 13 Sprüche Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, untersucht, und zwar solche Sprüche, die auf guter Überlieferung beruhen oder durch ihren Inhalt Anspruch darauf erheben, von Jesus zu stammen. In dem Anhang wird gezeigt, dass Lucas statt der sog. drei ersten Bitten des Vater-Unsers wahrscheinlich nur geboten hat: »Dein heiliger Geist komme [auf uns] und reinige uns«. Einheitlich und fest sind daher nur die Anrede (»Vater«) und die 4.—6. Bitte in den Evangelien überliefert. Sie sind die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. Die Zusätze bei Matthäus lehnen sich an die jüdische Gebetspraxis an, zugleich aber an die Verkündigung Jesu. Der Zusatz bei Lucas grenzt das Gebet als christliches gegen das Gebet der Johannesjünger ab und stammt aus der Erfahrung des apostoli- schen Zeitalters. 2. Hr. Coxze legte das mit Unterstützung der EpuArp GERHARD- Stiftung herausgegebene Werk vor: Tu.Wırsann, Die archaische Poros- Architektur der Akropolis zu Athen. Cassel und Leipzig, Fischer, 1904. 3. Der Vorsitzende legte das mit Unterstützung der Akademie herausgegebene Werk vor: Procli in Platonis Timaeum commentaria ed. E. Dırnz. I. Lipsiae, Teubner, 1904. 170 Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers. Von ADpoLr HARrNACcK. Nient von den neuen Sprüchen Jesu, die in den letzten Jahren theils publieirt, theils signalisirt worden sind, will ich auf den folgenden Blättern handeln, sondern von bekannten Sprüchen, die mir besonders werthvoll zu sein scheinen, die aber trotz der tüchtigen Unter- suchungen von Rescn und von Ropes noch manche ungelöste Probleme bieten oder nicht genügend aufgeklärt sind. Hrn. Rescn gebührt das Verdienst, das Material mit höchstem Fleisse gesammelt zu haben. Hr. Ropes hat es in kurzen trefflichen Untersuchungen gesichtet. Eine Abhandlung über die älteste Gestalt des Vater-Unsers füge ich hinzu, weil ich zeigen zu können hoffe, dass ein gewöhnlich für apokryph gehaltener Satz bei Lucas lucanisch ist. I Geben ist seliger als Nehmen. Apostelgeseh. 20, 35: nern MNHMONEYEIN TE TON AÖFWN TOY KYPioY IHco?, OTIı aYtöc einen MAKAPION ECTIN MAANON AIAÖNAI ÄH AAMBÄNEIN. Zum Text: makApıoc D*Gigas Pesclitto [aber die letztere bietet dazu: »qui dat... qui aceipit«]. Constit. Apost. IV, 3: ’Erei Kal ö KYPIoc MAKAPION EITTEN EINAI TÖN AIAÖNTA HTIEP TON NAMBANONTA. Anastasius Sin., Quaest. 14: "Eriei KAl Ö KYPIoc MAKÄPION EITIEN EINAI TON AIAÖNTA YTIEP TÖN AAMBANONTA. Epi- phanius, haer. 74, 5: ‘Araeön AlAönal MAnnoNn H AAMBANEIN. Dieser Thatbestand berechtigt nieht, mit Brass (Acta apostol. sive Lucae ad Theophil. liber alter, sec. formam «quae videtur Romanam, 1896, p.71) in die [angebliche] erste Ausgabe der Apostelgeschichte den Spruch in der Form zu setzen: MAKAPION MÄANAON TON AIAÖNTA YTIEP TÖN AAMBANONTA, denn die beiden Zeugen Peschitto und Const. App. (in der syr. Didaskalia, der Grundschrift des Const. App., fehlt der Spruch, und Anastasius ist wohl von Const. App. abhängig) sind verhältnissmässig jung. Dazu kommt, dass (s. u.) »MAKAPIoc«, auf Actionen bezogen, ungewöhnlich ist (s. u.), und es daher sehr nahe lag, die Infinitive durch Partieipien zu ersetzen, zumal da es in der Didache (e. 1) einen Spruch gab, der MakAPioc 6 AlaoYc lautete. Aus demselben Grunde (um das neu- trische MAKAPION zu vermeiden) hat Epiphanius »Araeön« Statt »MAKAPION« Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 171 geschrieben (oder Gedächtnissfehler?), und D*Gigas haben sogar MAKAPIöC ECTIN MAANON AIAÖNAI H AAMBANEIN bieten zu dürfen geglaubt. Aus dieser Übersicht ergiebt sich, dass auch Rescen’s (Agrapha, Ausser- kanonische Evangelien- Fragmente, in den Texten und Untersuchungen, Bd. 5, Heft 4, 1889, S. ı50f.) Meinung abzulehnen ist, die verschiedenen Texte seien verschiedene Übersetzungen eines hebräischen Originals. Dieser Meinung liegt die unhaltbare Hypothese zu Grunde, eine hebräische Saınm- lung der Sprüche Jesu habe sich, sei es als ganze, sei es theilweise, bis tief in das 4. Jahrhundert hinein erhalten und die Geschichte des griechischen Textes beeinflusst. Ubrigens wäre, selbst wenn man das annehmen dürfte. kein Anlass vorhanden, hier von dieser Annahme Gebrauch zu machen. In der Einführungsformel bieten LP, viele Minuskeln, Vulg., Sahid., Arm. und Aethiop. TON Aöron bez. ToY AöroY. Das ist die schlechter bezeugte und leichtere, also falsche LA. — A°®, Minuskeln, Basil., Epiphan. und Chrysost. lassen “IHcoY fort; die Weglassung erklärt sich leichter als die Hinzufügung, da die Formel »der Herr Jesus« weniger gebräuchlich war als »der Herr« und »der Herr Jesus Christus«. Das Herrnwort findet sich in der Rede, die Lucas dem Paulus bei seinem Abschied von den Ephesiern in den Mund gelegt hat. In das Evangelium hat Lucas das Wort nicht aufgenommen, sei es, weil er es damals noch nicht kannte, sei es, weil es ihm die Quellen, denen er dort gefolgt ist, nicht boten. Dass Paulus es wirklich eitirt hat, dafür haben wir keine Gewähr, mag man auch die Rede zu den relativ glaubwürdigeren rechnen und sich erinnern, dass der Apostel, wie seine Briefe beweisen, manchmal Herrnworte angeführt und sich auf sie berufen hat. Wir können die Bezeugung des Spruchs also nicht über die Zeit der Apostelgeschichte hinaufführen. Die Citationsformel ist lehrreich, weil sie Worte des Herrn als einen Complex voraussetzt und zwar als einen bekannten. Ganz ähnlich lautet die Citationsformel im ungefähr gleichzeitigen ersten Brief des Clemens (ce. 13): MAnICTA MEMNHMENOI TON AÖFWN TOY KYPIOY "IHCoOP, OYc ENANHCEN AIAÄCKWN ... OYTWC TÄP EITTIEN’ "EneATe, INA EneH- eAte Kra., vergl. Polycarp ad Philipp. 2: MmnHmonevonTec Ün eitten d KYPıoc AlAAcKkun' MH KPinete Kra., und eine Quellenschrift der apostol. Kirchen- ordnung (Texte u. Unters. Bd. 2, Heft 5, S. 30): mpo&neren YMin, OTE EAlAAcKen, OTI 10 Aceenec Kran. Jesus blieb zunächst noch immer der »Lehrer«, obgleich er als »der Christus« und »der Herr« verehrt wurde. Das Fortbestehen des Bewusstseins, die Schüler Jesu zu sein, ob- gleich man ihn als Herrn und Gott wusste, ist merkwürdig (s. meine Geschichte der Ausbreitung des Christenthums, 1903, S. 286 ff.). Das »alaAckeın« fehlt zwar in der Einführungsformel hier, aber dafür tritt das ayYtöc ein, welches an das AaYTöc &sA erinnert. Was die Form des Spruchs anlangt, so ist sowohl das neutrische »MmakAPıon« auffallend als auch der mit mAnnon gebildete Comparativ. Paulus schreibt I. Cor. 7, 40: makarıwTera A& EcTin EAN OYTWc MeinH, aber mit mAnnon gebildete Comparative finden sich auch sonst, s. Jes. 54, I 172 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. (Galat. 4, 27): monnA TÄ TERNA TÄC EpAmov MAnnoN H TÄC EXOYCHC TÖN Anara. Die semitische Grundlage schimmert hier deutlich durch (der mit 72 verbundene Positiv). Ein neutrisches »makArıon« findet sich in den Sprüchen Jesu sonst nieht, so häufig das Wort sonst ist (von MmAaKaPla Enrıic ist im Titusbrief [2, 13] die Rede, aber das ist ein Sprach- gebrauch, der den Pastoralbriefen eigenthümlich ist und mit 5 makArıoc eeödc I. Tim. ı, ı1; 6, 15 zusammenzustellen ist). Am nächsten kommt dem Gebrauch von makArıoc an unserer Stelle Jacob. I, 25: oYroc MA- KAPIOC EN TA moıhceı AYToY Ecral. In ihren Rückübersetzungen haben Sırkınson und DeLıTzscH makArıon mit 270 wiedergegeben, gewiss nicht mit Recht: es ist das hebräische "ws oder "wsn. Der Spruch wird durch dasselbe aus dem irdischen Eudämonismus in den Eudämonismus der zukünftigen Zeit, die Gott heraufführt, gehoben. Die Maxime als solche ist in ihrer Zeit nicht frappirend; sie ge- hört zu denen, die auch die griechisch-römische Ethik hervorgebracht hat, und zwar die der Stoa sowohl als die Epikurs.‘ Vermuthlich findet sie sich auch bei den jüdischen Lehrern. Aber ausgezeichnet ist sie in der evangelischen Fassung durch ihre Prägnanz und durch das »marArıon«. Eben deshalb liegt kein Grund vor, an ihrem Ur- sprung von Jesus zu zweifeln. Wie sie überliefert worden ist, ver- mögen wir nicht zu enträthseln. Die Annahme, dass der Spruch in schriftlicher Fixirung im Zusammenhang mit anderen Worten Jesu zu Lucas und seinen ersten Lesern gekommen ist, ist trotz des Con- texts (MNHMoNEYEIN TON nörwn) keineswegs nothwendig. Man darf sogar sagen, dass die Annahme unwahrscheinlich ist. Hätte nämlich der Spruch je in irgend einem Evangelium gestanden, so hätte man ihn gewiss, namentlich seitdem sich die Apostelgeschichte verbreitet hatte, von dort hervorgezogen. In diesem Falle wäre es erlaubt gewesen, ein apokryphes Evangelium zu benutzen, da der Spruch durch die Apostel- geschichte legitimirt war. Er begegnet aber nirgends unabhängig von diesem Buch. Naiv ist die Marginalnote des gelehrten Schreibers des Codex H (saec. fere.IX) der Apostelgeschichte zu unsrer Stelle: »’Ex TOn Aıatäzewn«. Er wusste also, dass der Spruch auch in den aposto- lischen Constitutionen steht (s.o.), hielt dieses Werk für ein echt aposto- lisches und glaubte nun, Lucas habe den Spruch aus ihm entnommen. Der Zusammenhang, in welchem der Spruch in der Apostelge- schichte angeführt wird, ist nicht zu übersehen. Es handelt sich dort ! Für die Stoa s. Seneca, Epist. 81, 17: »Errat [!] si quis benefieium aceipit liben- tius quam reddit«, für die Epikureer Plutarch, Moral. p. 778 C: ’Enikoypoc ToY eY TIÄCXEIN TO EY TIOIEIN 0Y MÖNoN KAnnIoN AnnA Kal Halon [!] EINAI @Hcın. Plutarch legt dem König Artaxerxes das Wort bei: TO TIPoceeiNAI TOY AwENEIN BACIAIKOTEPÖN EcTi. Dies Wort führt freilich in eine ganz andere Riclıtung. Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 173 nicht um blosses Geben oder um Geben im engeren Sinn des Worts, sondern um Hülfeleistung jeder Art in Bezug auf die Schwachen, und zwar um eine Hülfeleistung, zu der man sich die Mittel durch harte Arbeit verschafft: mAnTA Yrreacıza YMIN, OTI OYTWC KOTMIÖNTAC AEI ANTI- ANAMBÄNECBAI TON ACBENOYNTWN, MNHMONEYEIN TE TON AÖTWN TOY KYPIoY KTA. Das Wort Jesu hat in dieser Anweisung, die sich auch in der Didache, dem Hirten des Hermas und dem Barnabasbrief findet, die weiteste Anwendung erhalten und ist, so gefasst, zu einer Grundregel der christ- lichen Ethik geworden. Den christlichen Stempel aber trägt der Spruch an seiner Form — nicht als Gebot, sondern als Seligpreisung ist er gegeben. Schliesslich ist noch auf eine Stelle in der urchristlichen Litteratur hinzuweisen, die mit der unsrigen ganz nahe verwandt und gleich- zeitig mit ihr ist. Im I. Clemensbrief (c. 2) liest man: TTAntec Te ETA- TIEINO®PONEITE MHAEN ÄAAIONEYÖMENOI, YTTOTACCOMENOI MANAON H YTIOTACCONTEC, HAION AIAÖNTEC H AAMBÄNONTEC", TOIC E»oAloic TO? eco? Apkoymenoı. Hat der Verfasser die Apostelgeschichte gelesen und den Ausdruck von dort übernommen, oder geht er direkt auf den Spruch Jesu zurück oder trifft er zufällig mit ihm zusammen? Abhängigkeit von der Apostel- geschichte ist in dem ausführlichen Brief (trotz e. 13, s. 0.) nicht nach- weisbar, vielmehr spricht e. 5 gegen eine solche; Herrnsprüche hat der Verfasser sonst nirgends in seine eigenen Worte eingeflochten, sondern sie stets kenntlich gemacht. Also ist es wahrscheinlich, dass er sich nicht bewusst gewesen ist, ein Herrnwort zu citiren; möglich, dass er doch, ohne es zu wissen, von ihm abhängig ist. Lienrroor (z. u. St.) hält die Abhängigkeit für zweifellos. Die folgenden vier Sprüche sind den Fragmenten des Hebräer- Evangeliums entnommen. 2. Wer den Geist seines Bruders betrübt, (ist des schwersten Verbrechens schuldig). Hieronymus, In Ezech. 18,7: »In evangelio quod iuxta Hebraeos Nazarei legere consueverunt inter maxima ponitur erimina, qui fratris sui spiritum contristaverit.« ! Die lateinische Version, die wahrscheinlich noch dem 2. Jahrhundert angehört, lautet: »Libenter dantes magis quam accipientes«. Das »libenter« erinnert an Seneca (s- 0.). Der Comparativ »libenter magis« ist beim Übersetzer wohl aus Reminiscenz an den Wortlaut des Spruchs in der Apostelgeschichte zu erklären, doch s. Rönsch, Itala und Vulgata S. 342. 174 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. Zum Text: Der Spruch ist nur dwech Hieron. überliefert; der Nach- satz ist dem Gedanken, nicht aber dem Wortlaut nach sicher und kann daher nicht mehr hergestellt werden. Der Gedanke ist Matth.5, 22 (auch anderen Sprüchen Jesu) so ver- wandt, dass man keinen Grund hat, ihn in der hier vorliegenden neuen Form als Spruch Jesu zu beanstanden. Auch Hr. Rorrs (die Sprüche Jesu, in den Texten und Untersuchungen Bd. 14, Heft 2, 1896, S. 145) urtheilt so, während Hr. Resc# (S. 375) meint, ein Wort Jesu sei hier in einseitiger Weise auf die Spitze getrieben. Ich vermag davon nichts wahrzunehmen; Matth. 5, 22 lautet doch nicht etwa schwächer? Auch das ckanaanlizeın in der verwandten Stelle Matth. 18, 6 ist kaum anders zu verstehen als das »contristare«. In der griechischen Übersetzung des Hebräer-Evangeliums hat wohl aymein Tö TInefma To? Aaenoo? gestanden (nyrein findet sich bei Marcus und Lucas nicht, sondern nur bei Matthäus, der auch sonst dem Hebräer-Evangelium nahesteht). Paulus schreibt Ephes. 4, 30: MY AYTIEITE TO TINEYMA TO Arion TO? 8e0%. »Den Geist betrüben« ist viel- leicht eine geläufige Redensart gewesen, und so erklärt sich der pleo- nastisch scheinende Ausdruck » den Geist seines Bruders betrüben«. Aber er ist vielleicht in der direkten Absicht gebraucht, an das »Betrüben des heiligen Geistes« zu erinnern.‘ Will man das nicht annehmen — es würde ein Acumen in den Spruch bringen, welches sonst den Sprüchen Jesu fremd ist —, so muss man rıne?fma wirklich pleonastisch verstehen, was aus der biblischen Sprache bekanntlich auch zu belegen ist. — Ayrıein verwerthet Paulus öfters in demselben Sinn wie hier, so vor Allem Röm. 14, 15: ei rÄP AIA BPÖMA Ö AAEN®ÖC COY AYTIEITAI, OYKETI KATÄ ATATIHN TIEPITTATEIC. Sprüche Jesu, wie den unsrigen, hat Paulus ge- wiss gekannt. Dass der Spruch erst aus Matthäus zurechtgemacht ist, dafür giebt es schlechterdings keinen Anhalt. Neues lernen wir nicht aus ihm, aber wir freuen uns doch, ihn zu besitzen. ! Es ist nicht unmöglich, dass es ein Herrnwort gegeben hat, welches vor dem »Betrüben des (heiligen) Geistes« gewarnt; zu der oben abgedruckten Stelle aus dem Epheserbrief sind nämlich noch folgende Stellen zu vergleichen: Hermas, Mand. X, 2: MH EAIBE TO TINEYMA TO ÄrION TO EN Col KATOIKOYn. Pseudocyprian, De aleat. 3: »Monet dominus et dieit: Nolite eontristare spiritum sanctum qui in vobis est, et nolite exstinguere lumen quod in vobis effulsit.« Dazu I. Thess. 5, 19: TO TINEYMA MH CBENNYTE (s. Resch S. 215 fl., Rores S.73f.).. Eine Wurzel des Spruchs mag Jes. 63, 10 sein: TIAPOEYNAN TO TINEYMA TO ÄTION AYTOY. Bi Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 175 ... und niemals sollt ihr fröhlich sein, ausser wenn ihr euren Bruder in Liebe seht. Hieronymus, In Ephes. 5, 3f.: »In Hebraico quoque evangelio legimus dominum ad diseipulos loquentem: “Et numquam)’, inquit, “laeti sitis, nisiquum fratrem vestrum videritis in earitate.« Zum Text: Auch dieser Spruch ist nur durch Hieronymus überliefert, aber im Unterschied vom vorigen als directes Citat gegeben. Das »Et«, welches zum Citat gehört, zeigt, dass der Spruch der Schluss eines Redestücks ist, das wir leider nicht zu enträthseln vermögen. Die Rede war an die Jünger ge- richtet. Das Wort zeigt seine aramäische Fassung noch in der Super- übersetzung, nämlich in dem »videritis in caritate«, wo sich »in cari- tate« nicht auf das Object, sondern auf das Subjeet bezieht und das »videre« ganz semitisch ist. Der Spruch bildet eine schöne und eigenthümliche Parallele zu Matth. 5, 24. Hier heisst es, die Jünger sollen nicht vor Gott treten, ohne sich mit dem Bruder versöhnt zu haben; in unsrem Spruch wird die Liebe, d.h. die Versöhnung, als die Bedingung jeglicher Freude gefordert. Dass Jesus dieses so gut wie jenes gesagt haben kann, hätte Hr. Resc# (S. 375) nicht bestreiten sollen. Was er mit seinem »starken Ansatz zur Gesetzlichkeit« will, ist mir so unverständlich wie Hrn. Ropzs (S. 145). Aber auch dass Jesus voraussetzt, » dass seine Jünger sich freuen« und dies nicht missbilligt, ist nichts weniger als auffal- lend, wenn man auch nicht auf Matth. 5, 12 verweisen darf. Übrigens ist der Satz nicht positiv, sondern negativ gegeben. Die Form »euren Bruder« (statt »deinen Bruder«) findet sich bei den Synoptikern nur Matth. 5, 47 (aber im Plural). Das Hebräer-Evangelium ist nicht, wie noch immer Einige an- nehmen, nachträglich aus dem Griechischen zurecht gemacht worden. Auch unser Spruch verbietet diese Annahme, da er, wie gezeigt, se- mitisch coneipirt ist. 4. Nieht soll ruhen der Suchende, bis er finde, Wenn er aber findet, wird er staunen, Staunend aber wird er zur Herrschaft kommen, Herrschend aber wird er Ruhe haben. Clemens Alex., Strom. II, 9,45: sınel Kal Ararık TAN Anheeıan 5 einö- CO®0OC EK TOY BEPATIWN EINAI TNHCIOC Al ATATIHN HAH @lAOC NOMICBEIC. TAYTHC AE APXH TO GBAYMÄCAI TÄ TIPATMATA, WC TInATwN EN DeAtATtw AEreı, Kal 176 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. Marteiac &n TAIc Tlaraadcecı TIAPAINDN »OAYMACON TÄ TIAPÖNTA, BABMON TOY- TON TIPÖTON TÄC ETIEKEINA TNWCEWC YTIOTIBEMENOC«. H KAN TO Kae EBpal- oYc eYarreniw »O BAYMACAC BACIAEYCEI«, TETPATITAI, »KA) Ö BACIAEY- CAC AÄNATTAHCETAN. Clemens Alex., Strom. V, 14, 96: "Em Teneı rAÄP To? Tımalov aEreı » T® KATANOOYMENW TO KATANOOYN EZOMOIÜCAI AEIN KATÄ THN ÄPXAIAN ®YCIN, ÖMOIWCANTA A& TENOC ExeIN TO? TIPOTEGENTOC AÄNEPÜTIW YTIO BEWN APICTOY BloY TIPÖC TE TÖN TIAPÖNTA KAl TON ETIEITA XPÖNON«. ICON TÄP TOYTOIC EKEINA AYNATAI' OY MAYCcETAI Ö IHTÜN, Ewc AN EYPH, EYPÜWN AE BAMBHOHCETA|I, BAMBHOEIC A& BACIAEYCEI, BACINEYCAC AE& ETTANATITAYCETAI. Zum Text und zur Überlieferung. Die vollständige Form des Spruchs ist jetzt sichergestellt, nachdem schon vorher Hr. Zaun (Geschichte des Neutestamentlichen Kanons Bd.2, S. 657) das zweite Citat bei Clemens gefun- den hatte (es war verborgen geblieben, da es nicht als Citat eingeführt ist). Dass es die vollständige Form bietet, beweist das neue Bruchstück einer Samm- lung von Sprüchen Jesu, welches die HH. Grensrer und Hunt publieiren wer- den, über das sie aber schon einige Mittheilungen gemacht haben. Hier findet sich nämlich der Spruch wörtlich oder fast wörtlich genau so wie bei Cle- mens Strom. V, 14, 96. Diese Thatsache ist in verschiedener Hinsicht von grosser Bedeutung. r. lehrt sie, dass in die von GRENFELL und Hun'r ent- deckte Sammlung von Herrnsprüchen ein Spruch aus dem Hebräer-Evange- lium Aufnahme gefunden hat; damit ist zum ersten Mal eine Quelle dieser Sprüche aufgedeckt. 2. Entscheidet sie, wie bemerkt, zwischen den beiden Forınen des Spruchs bei Clemens. 3. Zeigt sie, dass Clemens nicht, wie Zaun gemeint hat, selbst aus dem aramäischen Original übersetzt hat (und so zu seinen verschiedenen Fassungen gekommen ist), sondern dass eine griechische Übersetzung des im Hebräer- Evangelium enthaltenen Spruchs (also wohl auch des ganzen Evangeliums) um das Jahr 200 bereits existirte; denn auf die Meinung kann Niemand verfallen, der Sammler der von GREN- FELL und Hunr entdeckten Sammlung habe den Spruch aus den Stromateis des Clemens entlehnt. Dort findet er sich ja (in der vollen und richtigen Fassung) nicht als Herrnwort gekennzeichnet. Für die Geschichte des He- bräer- Evangeliums ist daher der neue Fund von höchster Bedeutung. 4. Lehrt die Stelle, wie vorsichtig man bei den Citaten des Clemens sein muss: durch die Beleuchtung, in die er den Spruch in dem ersten Citat gerückt hat, hat er ihn so unkenntlich gemacht, dass bisher fast alle Kritiker auf Grund die- ses Spruchs ein sehr ungünstiges Urtheil über das Hebräer-Evangelium ge- wonnen haben und gewinnen mussten. Nimmt man aber an, dass dem Cle- mens der Spruch auch in der ersten Fassung, die er bietet, schon überliefert war — und das ist nicht unmöglich, denn das 6 eayYmAcac ist nicht der ein- zige Unterschied der beiden Fassungen —, so muss man folgern, dass es zur Zeit des Clemens bereits zwei Übersetzungen des Hebräer- Evangeliums ge- geben hat. Endlich 5. zeigt das Citat in seiner zweiten Form bei Clemens, dass dieser Schriftsteller sogar Herrnworte, ohne sie kenntlich zu machen, in seinen Text aufgenommen hat. Vielleicht verbergen sich also in seinem grossen Werk noch andere Citate aus uralten Schriften, ohne dass wir es wissen! Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 1ErE7 Die Form »ÄnATTAHCETAI« findet sich auch Apoc. Joh. 14, 13 und im Hirten des Hermas. Das Verbum eErranarmYeceai, welches die zweite Gestalt des Spruchs bei Clemens bietet, findet sich auch Luce. 10, 6 und Röm. 2, 17. Der Spruch ist nicht so schwierig, wie er auf den ersten Blick erscheint: er steht in nächster Verwandtschaft mit den Gleichnissen vom Himmelreich bei Matth. e. 13. Zur ersten Zeile (»Nicht soll ruhen der Suchende, bis er finde«) ist das Gleichniss vom Kaufmann zu ver- gleichen, der köstliche Perlen sucht. In beiden Fällen ist das zu Suchende das Himmelreich; vergl. den von den HH. Grexrerr und Hunt früher publieirten Herrnspruch: EAn MH NHCTÜCHTE TÖN KÖCMON, 0Y MA EYPHTE THN BACIAEIAN ToY ee0Y%, Matth. 6, 33: IHTEITE A& TIPÖTON THN BACINEIAN, und Matth. 7, 7: 6 IHT@N eyPickeı. In der zweiten Zeile ist »eamsHekcetai« (eaymAceı) natürlich nicht im Sinne von »durch etwas Furchtbares entsetzt werden« zu verstehen; noch weniger ist mit Clemens an das platonische »Staunen« zu denken', sondern es ist ein Staunen über ein überschwängliches Glück, das in Freude übergeht. Die nächste Parallele ist Matth. 13, 44: "Omoia ecrin H BACINEIA EHCAYPW KEKPYMMENW EN TO ATPO, ÜN EYPÜWN ÄNGPWIIOC EKPYYEN, KAl ATIO TÄC XAPÄC AYTOY YTmÄrei Kal Twnel TIANTA Kta. In den alten griechischen Übersetzungen des Alten Testaments wechseln &eaymacan und eeamsHencan [eben deshalb ist die Annahme nicht nothwendig, Clemens habe das esaymacan willkürlich eingesetzt], bez. exectkcan und BAMBOFNTAI, EN TH EKCTÄcEeIı moY und EN T@ BAMBEIceAl Me, EeopyBlieHun und €eamshehn (Ps. 47,6; Hiob 26, ıı; Ps. ı15, 2; Daniel 8, 17, s. Zann, a.a.0.). An allen diesen Stellen ist das Entsetzen freilich durch etwas Schreckliches verursacht, aber das hindert nicht, an anderen Stellen und an unsrer Stelle ein Entsetzen, das sich in Freude verwandelt, anzunehmen. Im Neuen Testament findet sich eamseiceA nur bei Marcus (1,27; 10, 24. 32); hier bedeutet es überall das stutzende Staunen, welches die Thaten und Worte Jesu erregen. Dagegen findet sich ö eämsoc nur bei Lukas, und e. 5,9 braucht er es genau in dem Sinn, den eamseiceA: an unsrer Stelle hat. Als Petrus den wunderbaren Fisch- zug gethan hatte, heisst es: eAmBoc TIEPIECXEN AYTON Kal TIÄNTAC TOYC CYN aY1®.” Mit Fug aber hat Hr. Rescu (S. 379) auch II. Clem. ad Kor. 2, 6 ! Christliche Gnostiker schlossen sich an Plato an und lehrten dieses Staunen; s. die von Clemens angeführte Stelle aus den TTaraaöceıc des Mattlıias. ® Hieraus ergiebt sich, dass Hr. Zaun auf falscher Fährte war, als er erklärte: »Die diesseits von Schreck und Furcht Erstarrten werden im zukünftigen Aeon als Könige über die Welt herrschen. Sprüchen wie Luk. 6, 2ı würde dieser nochı ähnlicher sein, wenn eamselceAi die vom Lehrer des Clemens diesem mitgetheilte Über- setzung, SAYMAIEIN aber eine willkürliche Verschönerung des Clemens wäre. Es könnte ein Wort wie hebr. rrr (Kal und Niphal) zu Grunde liegen, welches die beiden Be- deutungen »zerschmettert, zerbrochen werden« und »in Schrecken und Entsetzen ge rathen« in sich vereinigte. Der hebräische Amanuensis des Clemens hätte dann nicht Sitzungsberiehte 1904. 15 178 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. (EKEINO TAP ECTIN META KAl BAYMACTON, OY TÄ ECTÜTA CTHPIIEIN AnnA TÄ nintonta) und 5, 5 (H A& Emarrenia TO% XPICTOY METÄNH KAl BAYMACTH ecrın) verglichen. Auch an I. Petr. 2,9 (To? Ek cköToYc YMÄc KANECANTOC EIc TÖ BAYMACTON AYTo? »&c) darf erinnert werden. eaymAzeın wird in den vier Evangelien in demselben Sinne wie eamseiceaı vom Staunen über die Worte und Thaten Jesu gebraucht. In einem Sinn eigener Art steht es in den Worten Joh. 5, 20: 6 TMATHP einel TON YION Kal n TIANTA. ACIKNYCIN AYT® A AYTOC TIOIEI, KAl MEIIONA TOYTWN AEIZEI AYTW EPrA, INA YMEIC BAYMÄLHTE. Die dritte Zeile zeigt, dass die sacınela das zu suchende und zu findende Gut ist: eamsHeeic Aa& BacıneyYcei. Dass »die Bacıneia finden « gleichbedeutend ist mit der Antheilnahme an der Herrschaft des Messias, zeigt der Spruch Matth. 19, 23, ferner auch I. Kor. 6, 2 und Apok. 3, 21; 20, 4. Indessen ist, wie bei den Himmelreichs-Gleichnissen in Matth. 13, der Gegensatz der jetzigen Zeit und des zukünftigen Aeon nicht deut- lich ausgedrückt. Die vierte Zeile bringt die sich steigernde Satzkette durch das ÄNATTAHCETAI (ETTANATIAYcETAI) nicht nur zu einem vollkommenen Abschluss, sondern sie nimmt auch das oY maycetaı der ersten Zeile wieder auf und rundet so in kunstvoller Weise das Ganze. Zu AnaTAYeın (ANA- maycıc) s. Matth. ı 1, 28f.: Er® AnNATIAYCcw YMÄC .... EYPHCETE ANÄTIAYCIN Talc vyxalc Ymön, Matth. 12, 43: ıHTein AnArraycın, Apok. 14, 13: na ÄNATIAYCONTAI €K TON KöTTwNn. Das »oYk Exein AnAraycın« ist die Hölle (Apok. 14, ıı). Am genauesten aber berührt sich mit unsrer Stelle ein schon zur zweiten Zeile eitirter Satz aus dem 2. Clemensbrief (5, 5): H Erarrenia TO? XPICTÖ? METÄNH KAl BAYMACTH ECTIN KAl ÄNATIAYCIC TÄC MEn- ANOYCHC BACINEIAC . ... TI OFN ECTIN TIOIHCANTAC EIITYXEIN AYTOn; Hat der Verfasser des Briefs unseren Spruch gekannt? Die drei Begriffe eAv- MACTÖöC — Bacınela — AnAraycıc finden sich hier wie dort. Die richtige Interpretation des Spruchs muss die ungünstigen Ur- theile über ihn zerstreuen. Noch Hr. Rescn (S. 378) meinte: »Sinn und Zusammenhang ist, verglichen mit Matth. ıı, 29, gerade der entgegen- gesetzte. Dort die demüthige Jesusnachfolge, hier chiliastische Herr- schaftshoffnung, aber nicht zu erreichen auf dem Wege der Selbst- verleugnung, sondern des in diesem Zusammenhange ganz unverständ- lichen eavmAzeın, dessen absoluter Gebrauch, wie er hier vorliegt, von allen Anschauungen des echten Urchristenthums vollständig abweicht. « mit eAMBHeEIC (— Ekrinareic), sondern mit CYNTETPIMMEnoc oder einem ähnlichen Wort übersetzen sollen. Die, welche zerbrochenen Geistes, zerknirschten Herzens sind, sollen als Könige herrschen.« Hier ist das eAmseiceAai völlig missverstanden, der Gegensatz vom Diesseits und dem zukünftigen Aeon ist eingetragen, willkürlich ist ein hebräischer Lehrer des Clemens eingeführt, kurz — Alles ist falsch. Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 179 Dies ist ganz besonders verkehrt. Die Gedanken sind vielmehr sämmt- lich als Gedanken Jesu zu belegen. Wir haben primäre Überlieferung vor uns; Bedenken kann nur die kunstvolle Form erregen, aber auch Matth. ıı, 28f. erregt solche. 5% Ich wähle mir die Guten aus [habe mir ausgewählt]; die Guten sind die, welche mir mein Vater im Himmel ge- geben hat. Euseb., Theophan. Syr., ed. Lex, IV, ı2 (engl. p. 234): »Die Ur- sache aber der Scheidung der Seelen, die aus dem Hause hervorgehen [s-. Matth. 10, 34f.], hat Er gelehrt, wie wir es gefunden haben an einer Stelle in dem Evangelium, das bei den Juden ist in hebräischer Sprache, wo er sagt: »Ich wähle mir die Guten aus; die Guten sind die, welche mir mein Vater im Himmel gegeben hat.« Zum Text: Eusebius hat das Citat in demselben Capitel zweimal gegeben; aus der Wiederholung ersieht man, dass in der ersten Anführung das dritte Wort (77) zu tilgen ist (s. Gressmann, Studien zu Eusebs Theo- phanie, 1903, in den Texten u. Unters. Bd. 23, Heft 3, S. 112); ich habe es in der Übersetzung bereits fortgelassen. Hr. Resch (S. 394 f.) hat den im Hebräer-Evangelium überlieferten Spruch missverstanden, wenn er sagt: »Dass der Herr gerade die Guten sich auserwählt ..., widerstreitet sowohl der johanneischen als der synoptischen Tradition«. Er vergleicht dann Clemens, Recog. I, 51 (»invitare venit ad regnum iustos quosque et eos qui placere stu- duerunt ei«) und findet hier eine »judenchristliche« Anschauung, die dem Spruch: oYk HÄneon kanecaı aıkalovc stracks zuwiderlaufe. Das ist richtig — der so verstandene Spruch ist unchristlich und würde dem Celsus gefallen, der die Berufung von Sündern Christus gegenüber scharf getadelt hat —, aber der Satz hat nicht den Sinn, den Resch ihm gegeben hat: denn ı. werden »die Guten« näher bestimmt durch den Satz: »die Guten, welche mir mein Vater im Himmel gegeben hat«, 2. hat man unter »den Guten« nicht moralisch Gute zu ver- stehen. Das syrische Wort (ev) kann sehr wohl die »homines bonae voluntatis« bezeichnen (s. den Gebrauch von "88 in‘Daniel 3, 32 und 6, ı). Hr. Preuscnen hat (Antilegomena, 1901, S. 8) übersetzt: »die Wohlgefälligen«. Zu erinnern hat man sich an das »gute« Acker- feld in Matth. 13, 8. 23. Auch darin irrte sich Hr. Rescn, dass er den Spruch auf die Auswahl der zwölf Jünger bezieht. Von ihnen ist hier nicht die Rede (s. gegen Rescn die Ausführung Zanv’s, a.a.0. S. 702f.). Der Schwerpunkt des Spruchs ruht augenscheinlich in den Worten: »welche mir mein Vater im Himmel gegeben hat«. Weniger 152 180 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. an Matth. ı1, 27 als an Joh. 17, 2. 6. 9. 24 und 18, 9 sieht man sich hier erinnert.‘ In dieser Hinsicht ist der Spruch von nicht geringer Bedeutung, weil er eine Brücke zum vierten Evangelium schlägt. Dass er auf guter Überlieferung beruht, ist nieht zu bezweifeln (so auch Hr. Rorzs). Die Annahme, dass er aus unseren kanonischen Evangelien zurechtgemacht ist, hat nichts für sich. 6. Worin ich euch ergreife (finde), darin werde ich (euch) auch richten. Zum Text. Zu der grossen Anzahl von Zeugnissen für diesen Spruch, die CorELıer und Resch (S. Iı2ff., s. S. 227ffl., 290f.) gesammelt haben, hat Ropes (S. 137ff.) noch mehrere hinzugefügt. Seitdem ist noch ein Zeugniss hinzugekommen. Maruta von Maipherkat citirt in seinem Brief an den Ka- tholikos Isaak den Spruch (s. Braun, De S. Nicaena Synodo. Syrische Texte des Maruta von M., 1898, Nr.4, vergl. Theol. Litt.- Zeitung 1899, Nr. 2, Col. 46): »Wie ihr erfunden werdet, so werdet ihr behandelt werden«. Der von Resc# nur lateinisch mitgetheilte Text bei Theodorus Studita lautet griechisch (Cozza-Luzr, 1888): OmoY ce EYPw, Ekel ce KPINO. Wenn irgendwo, so liegt hier die Annahme nahe, dass die verschiedenen Fassungen des Spruchs auf zwei verschiedene Übersetzungen aus dem Ara- mäischen zurückgehen; denn Justin, der älteste Zeuge, schreibt, Dialog. 47: EN OoIC AN YMÄC KATANAB@, EN TOYTOIc KAl KPINd. Dagegen führen fast alle übrigen (etwa 2o Zeugen) auf die Form &n & [oion] eYpw [einmal findet sich auch Eaw] ce, En ToYT® [ToIoYTon] KAl KPInö ce. Clemens Alex., Quis div. 40 bietet bereits eine Mischform: &»’ olc AN EYPw YMAc, Er TOYToIC KAl KPING. Nur durch Justin, aber durch ihn auf’s bestimmteste, ist der Spruch als Herrnwort gekennzeichnet. Nachdem er auf Grund von Ezech. 33, 12— 20 ausgeführt hatte, dass Gott den reuigen Sünder wie einen Gerechten annimmt, den aber, der sich von der Frömmig- keit und dem Rechtthun abkehrt, als Sünder und Gottlosen ansieht, fährt er fort: Aıo Kal 5 Hmeteroc KYrıoc "IHcoFc Xrictöc einen’ "En oic AN YMÄC KATANABW, EN TOYToIc Kal KPIN®d. Fin Gedächtnissfehler des Justin ist nicht leicht anzunehmen, am wenigsten kann er den Spruch bei Ezechiel selbst oder in einem Ezechielapokryphon gefunden haben. In der Folgezeit wird der Spruch in Ost und West (Cyprian) meistens angeführt, ohne dass seine Herkunft angegeben wird; aber in den Quaest. Pseudo-Athanasii 36 (Mixe T. 28, p. 17), bei Elias Cretensis (Ius Graeco-Rom. lib. V, Resp. I, Frankf. 1596, p. 337) und in der Vita S. Johanniei (Byzant. Zeitschr. III, ı, S. 150f.), drei späten Zeugen, wird er als Prophetenspruch (eHci 6 eeöc AIA TO? TIPO@HTOY [TON TIPO®H- ! Auf Matth. 24, 31 verweist Hr. Rores (S. 149): [ol Arrenoi] EmicYNAzoYcin TOYc EKAEKTOYC AYTOY EK TON TECCAP@N ANEmwn. Aber diese Stelle passt gar nicht, da unser Spruch nicht eschatologisch ist. Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 181 tön]) bezeichnet. Johannes Climacus (Miexe T.88, p. Sı2) nennt ihn bestimmt eine »eunk To? lezekiän« und ebenso Pseudo-Athanasius {Vitae Patrum, Micne T. 73, p. 136). Daraus zu schliessen, dass der Spruch in einem Apokryphon Ezechiel gestanden hat, ist schwerlich erlaubt; mit mehr Recht könnte man an einen interpolirten Ezechiel denken. An den Rand von c. 33 (s. besonders v. 20: EKACToN EN TAlc Öaoıc AYToY KPIn® YmAc) mag frühe schon das Herrnwort geschrieben worden sein, das ja bereits Justin im Zusammenhang mit diesem Capitel eitirt hat. In demselben Zusammenhang findet es sich auch bei Hieronymus. Er schreibt p. 122, e. 3: »Iustitia iusti non libera- bit eum in quacumque die peccaverit, et iniquitas iniqui non nocebit ei, quacumque die conversus fuerit [Ezech. 33, 2]. Unumquemque iudicat deus sicut invenerit. Nec praeterita considerat, sed praesentia, si tamen vetera crimina novella conversione mutentur«. Der Gang der Dinge ist wohl dieser gewesen: das Wort war zuerst als Spruch Jesu überliefert; dann wurde es herrenlos, sei es, dass man den Ursprung nicht mehr kannte, sei es, dass man absichtlich den Autor unterdrückte, da das Wort nicht in den kanonischen Evangelien stand; dann wurde es als Wort Ezechiel’s bezeichnet, weil es seiner Ausführung in e.33 sehr nahe steht und vielleicht in einigen Hand- schriften zu derselben gesetzt war. Über den Sinn des Wortes kann kein Zweifel sein; Hieronymus hat es richtig erklärt: »non praeterita deus considerat, sed praesentia« (so auch Rores S. 139). An dem Gleichniss von den klugen und thörichten Jungfrauen (Matth.25, 1—ı4) hat es eine gewisse Parallele. Die Parallelen aus Paulus (katanamsAneın), die Hr. Resen (S. 128 £.) eitirt — I. Thess. 5, 4! Philipp. 3,12! —, sind keine solchen. In den sy- noptischen Evangelien findet sich KaTanamsAneın nur Marc.9,18. Ob das Wort in utramque partem interpretirt werden darf, ist mindestens fraglich. Es scheint drohenden Charakters zu sein. An der »Echtheit« des Worts, d. h. an uralter, guter Überlieferung ist nicht zu zweifeln. Dass Jesus in demselben als der Richter erscheint, ja sich selbst als den Richter bezeichnet, hat zwar deutlichere Parallelen bei Johannes als bei den Synoptikern, aber sie fehlen auch bei diesen nicht, s. vor Allem Matth. 25, 3ıff. Zur Zeit wird die Echtheit dieser Sprüche bestritten, meines Erachtens nicht mit Recht. Ist unser Spruch echt, so ist die Beziehung Jesu auf Ezech. 33 — denn eine solche liegt unzweifelhaft vor — von Bedeutung. Woher haben Justin, Clemens und die ältesten Zeugen den Spruch erhalten? Schwerlich aus mündlicher Überlieferung. Justin drückt sich so bestimmt aus, dass man nur an eines der von ihm gebrauchten Evangelien denken kann. Hätte man es nur mit Clemens zu thun, 182 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. so läge das Hebräer- Evangelium am nächsten (auf dieses scheint auch die doppelte Übersetzung zu führen). Aber dass Justin dieses Evan- gelium gekannt hat, lässt sich nicht nachweisen. Das Petrus-Evan- gelium hat Justin gekannt und benutzt. Sollte es aus diesem Evan- gelium stammen? Non liquet. — Die Vorliebe der Kirchenväter für dieses Wort bis tief in das frühe Mittelalter hinein bedarf keiner Er- klärung. Drückt es doch mit besonderer Prägnanz einen Gedanken aus, der sowohl im Sinne des Trostes wie der Drohung verstanden werden konnte und daher ein eschatologischer Text ersten Ranges war. % An eben diesem Tage sah er [Jesus] einen arbeiten am Sabbath und sprach zu ihm: Mensch, wenn Du weisst, was Du thust, bist Du selig; wenn Du es aber nieht weisst, bist Du verflucht und ein Über- treter des Gesetzes. Nach Lue. 6, 4 bringt der Cod. D folgenden Vers: TA AYTA Hmera BEACAMENÖC TINA EPFAIÖMENON TO CABBÄTW EITTEN AYTW' ÄNGPWTIE, EI MEN OlAAc TI MoIETC, MÄKAPIOC ET’ EI AC MN OIAAC, ETMIKATÄPATOC Kal TTAPABÄTHC EI TO? NÖMDY. Im 6.Capitel (v. ı ff.) erzählt Lucas die auch von Marcus und Matthäus berichtete Geschichte von den Jüngern, die am Sabbath Ähren ausrauften und assen, und knüpft daran, wie jene, die Ge- schichte von der Heilung des Kranken mit der starren Hand am Sab- bath. Zwischen beide Erzählungen schiebt der Cod.D die vorstehende Anekdote (nicht ungeschiekt nach der ersten, da beide im Freien auf dem Felde spielen) und stellt den Vers 5 (»der Menschensohn ist ein Herr auch des Sabhaths«) erst an den Schluss der drei Geschichten, die dadurch zu einer Einheit zusammengeschlossen erscheinen. Die Anekdote ist nicht ursprünglich von Lucas erzählt und aus irgend welchem Grunde gleich Anfangs in den Handschriften fortge- lassen worden — in diesem Falle hätte es nicht heissen können: »an eben diesem Tage ... am Sabbath«, sondern nur: »an eben diesem Tage —; sie ist also ein Zusatz, was ja auch an sich das Wahr- scheinlichste ist.' Der Codex D birgt unter mehreren Schichten schlimmer Übermalung bekanntlich auch gute (aber nicht lucanische) Überlieferung. Das hier gebotene Stück findet sich sonst nirgends; auch besitzen wir ! Nach Hrn. Resca (S.190 f.) ist sie lucanisch und soll den ursprünglichen Zu- sammenhang geben. Allein Resch hat sich über den merkwürdigen Anfang nicht aus- gesprochen. Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 183 bei keinem Kirchenvater eine Anspielung auf dasselbe." Es scheint einer schriftlichen Quelle entnommen und schlecht herausgeschnitten zu sein; doch kann das TA aYTA Hmera auch auf den zurückgehen, der die Er- zählung eingefügt hat. In diesem Falle könnte die Geschichte aus münd- licher Überlieferung stammen, ja sie könnte sich auch aus einer Gnome entwickelt haben, weil die Situation so kurz und farblos geschildert wird (s. Ropres S. 126). Allein sie ist doch ausreichend präcisirt, und das Ganze weist in Einzelheiten den Typus der evangelischen Erzäh- lungen auf. Zu eeacAmenoc vergl. Luc. 5, 27: EeeAcaTo TEAWNHN KABHMENON, ZU EpraIömenon vergl. Matth. 21, 28: cHmeron EprAIov EN T® ÄMTIEAÖNI, zu Änepwrie vergl. Luc. 12, 14: AnePwTIE, TIC ME KATECTHCEN KPI- TAN KTA., zu olarc vergl. Marc. 10, 38 (Matth. 20, 22): oY« olaate Ti Alteicee, Luc. 23, 34: oYK olaacın TI TIOI0Fcın, Luc. 9, 55: oYK OlaATe 010Y TINEYMATÖC Ecte YMeilc; und Joh. 4, 22: Ymelc TIPOCKYNeiTe Ö OYK OlAATE, Ymelc TIPOCKYNOTMEN Ö OIAAMEN, zu MakAPIoc ei vergl. Matth. 16,17: ma- KAPIoc ei, Cimwn. Was den Sinn des Spruchs betrifft, so darf man nicht übersehen, dass das negative Glied am Schluss steht, also das betonte ist: er wendet sich also nicht an solche, die die religiöse Freiheit ver- schränken, sondern — bei voller Anerkennung dieser Freiheit — gegen solche, welche sich von dem Gesetze loslösen, ohne zu wissen, was sie damit thun — ohne den Christusglauben als neue Stufe über der alttestamentlichen Religion erkannt zu haben, sagt man. Eine solche Mahnung würde nicht aus den Kreisen des nachapostolischen, vul- gären Heidenchristenthums stammen; denn dieses hat sich sehr schnell über seine Loslösung vom jüdischen Ceremonialgesetz beruhigt oder hat vielmehr nie Skrupel empfunden, obgleich es das Christenthum keineswegs als Contrast zur Religion des Alten Testaments erkannt hatte. Der Spruch müsste vielmehr in den paulinisch -johanneischen Gedankenkreis gehören, und zwar speciell in den paulinischen. Nach Paulus bleibt der Jude zum Halten des Gesetzes verpflichtet, so lange er nicht die Predigt vom Kreuze Christi als des Gesetzes Ende er- kannt und den Contrast von Gesetz und Gnade erlebt hat. Eben dies scheint auch unser Spruch zu sagen, und Röm. ı4, 23 kann dann mutatis mutandis hier verglichen werden: mAn ö oYk E« TICTEWC ÄMAP- TIA ECTIN. ! Die Meinung von Hrn. Rescn (S. 188 ff.), Paulus müsse die Geschichte bez. das Herrnwort gekannt haben (wegen Gal. 2,18, Röm. 2, 1. 3 |AnePwrte, sonst stimmt nichts], Röm. 2, 25. 27 [tAPABATHC nömoyY] und Röm. 14, 23), ist unhaltbar. Über das Wahr- heitsmoment, das ihr vielleicht zu Grunde liest, s. später. Noch merkwürdiger ist, dass nach Urn. Resch auclı Jacobus das Wort gekannt haben soll, weil auch er von TAPABÄTHC NöMOY (2, II, cf. 2, 9) spricht. 184 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. Aber muss der Spruch nicht anders verstanden werden und kann er nicht doch von Jesus selbst stammen und die ganze Erzählung auf echter Überlieferung beruhen? Mir scheint das wohl möglich, obgleich die sonst bekannten Erzählungen über das Verhältniss Jesu zum Sabbath nicht in dieselbe Richtung weisen. »Der Menschensohn (der Mensch?) ist auch ein Herr des Sabbaths«, lautet anders als unser Spruch. Aber warum soll es unmöglich sein, dass Jesus auch einmal etwas anderes über diese Materie gesagt hat? Die Form des Spruchs bietet, wie gezeigt, kein Hinderniss. Auch die Voraussetzung scheint mir kein Hinderniss zu sein, dass der unbekannte Bauer, der am Sabbath auf dem Felde arbeitete, eventuell bereits als ein »Wissender« gilt. Im Sinne Jesu ist dieses »Wissen« ein anderes als bei Paulus. Es ist die Einsicht, dass es auf den Kern des Gesetzes ankommt und nicht auf die Ceremonien. Solche Einsicht setzt,Jesus bei Manchem vor- aus, und sie war damals in der That vorhanden. Darf man also den Spruch so paraphrasiren, dass er diejenigen selig preist, welche sich an die äusseren Gesetzesbestimmungen nicht binden in der Gewiss- heit, dass es auf etwas Anderes ankommt, die aber bedroht, welche diese Gewissheit nicht besitzen, sondern die Gesetzesbestimmungen leichtsinnig oder eigensüchtig in den Wind schlagen —, so kann hier echte Überlieferung vorliegen. Noch ist darauf hinzuweisen, dass der Spruch darin ein Acumen hat, dass hier die Sünde der Unwissen- heit eine sehr schwere ist, während sie sonst als lässlich gilt, ja gar nicht als Sünde beurtheilt wird. 8. Wer nahe bei mir ist, ist nahe beim Vater, Wer fern von mir ist, ist fern vom Reich. Origenes, Hom. inJerem. XX, 3 (Lommazzsch, T.20, p. 399): »Legi alicubi quasi salvatore dicente, et quaero — sive quis personam figu- ravit salvatoris sive in memoriam adduxit —, an verum sit hoc quod dietum est: Ait autem ipsi [ipse] salvator: "Qui iuxta me est iuxta ignem est; qui longe est a me longe est a regno.« Didymus, in Ps.35, 35 (Mıexe, T. 39, e0ol.1488): Aı6 eHcın 6 cwTHP"' "O Erryc mov errvc TOP TIYPÖC' d A& MAKPÄN ÄTT EMOY MAKPÄN ATIÖ TÄC Bacınelac. Zum Text: Schwerlich ist das Citat bei Didymus unabhängig von dem des Origenes. Am Ende des 4. Jahrhunderts ist eine selbständige Kennt- niss jenes Apokryphons, aus dem Örigenes geschöpft hat, nicht mehr anzu- nehmen. Dazu kommt, dass, wie bekannt, Didymus nicht nur ein Lands- mann, sondern auch ein eifriger Leser und Verehrer des Origenes gewesen ist. Wir haben also nur Origenes als Zeugen für den Spruch. Harnack: Nicht-kanonische Worte ‚Jesu. 185 Wo das Citat bei Origenes beginnt, ist nicht ganz sicher. Liest man, wie überliefert, »ipsi«, so gehören die Worte: »Ait autem ipsi salvator« bereits zur Quelle. In diesem Falle haben wir den abgerissenen Schluss eines Gesprächs. Allein es ist nicht wahrscheinlich, dass Origenes das Stück so ungeschickt abgetrennt hat. Dazu kommt, dass Origenes im folgenden Capitel Jesus mehrfach »salvator« nennt und es wenig glaublich ist, dass die Schrift, aus der das Wort stammt, ihn ebenso eingeführt hat. Man wird daher »ipse« zu lesen haben und die Worte: »Ait autem ipse salvator« dem Ori- genes zuweisen (dann wird die Annahme noch einmal bestätigt, dass Didy- mus hier den Origenes ausgeschrieben hat; denn auch er bietet »ö cWTHP«). Unzweifelhaft hat Origenes »errYc ToY TIYPöc« gelesen, wie die latei- nische Übersetzung und Didymus bieten; denn im Folgenden eommentirt er »das Feuer«: »Ut enim, qui iuxta me est, iuxta salutem est, ita et iuxta isnem est, et qui audiens me et audita praevaricans factus est vas irae prae- paratuin in perditionem, cum iuxta me est, iuxta jgnem est.« Dennoch halte ich »tiYPöc« für einen Lesefehler des Origenes statt TIATPöC; denn r. was »das Feuer« hier bedeuten soll, ist unklar. Soll man nach Luk. ı2, 49 er- klären (mYp Äneon BaneiN Em TAN FAN) oder nach Luk. 3, 16 (AYTOC YMAc BATI- TICEI EN TINEYMATI Ärlo Kal rıyPl)? Ist vom Gericht oder vom Martyrium und Leiden! oder vom Feuergeist die Rede? (2) entsprechen sich »Feuer« und »Reich« durchaus nicht, während die beiden Zeilen doch ganz parallel gebaut sind, und man demgemäss auch in der ersten Zeile einen tröstlichen Begriff erwartet. »Vater« aber und »Reich« stehen in genauester Parallele. Dazu kommt, dass wir unter den von GRENFELL und Hunr entdeckten Sprüchen Jesu einen besitzen, der da lautet: "EAN MH NHCTEYCHTE TON KÖCMON, OY MH EYPHTE TÄN BACINEIAN TOY 8E0Y° KAl EAN MH CABBATICHTE TO CÄBBATON OYK Övecse TON TTATEPA. Hier stehen »BAcınela« und »TATHP« in Correspondenz (vergl. Matth. 26, 29: En TA Bacınela TOY TIATPÖC MmoY)?, und ö TIATHP ist ebenso absolut gesetzt wie an unsrer Stelle. Da endlich mypöc und rrATPöC graphisch sich wenig unterscheiden und leicht verwechselt werden konnten, so halte ich die Conjeetur MATPöC für geboten. Einer Erklärung bedarf der Spruch nicht, so einfach ist er. An- klänge an andre Sprüche Jesu fehlen nicht”, vergl. das »oY makpAn ei Amo TAc Bacınelac TO? eeoY« Mare. 12, 34. An echter Überlieferung braucht man nicht zu zweifeln. Wie anders ist das johanneische: » Wer mich siehet, siehet den Vater«, im Vergleich mit unserem: »Wer nahe bei mir ist, ist nahe beim Vater!« Was die Fundstelle betrifft, so hat Hr. Zanv (Gesch. des neutesta- mentlichen Kanons II, S. 639) mit Recht bemerkt, dass man nicht wohl an ein Evangelium denken kann (gegen Hrn. HıreenreLn, der an das Ägypter-Evangelium denkt). Origenes hätte sich seiner Gewohnheit ge- mäss anders ausgedrückt, wenn er den Spruch in einem Evangelium ge- funden hätte, und er hätte einem solchen gegenüber schwerlich bemerkt: »sive quis personam figuravit salvatoris, sive in memoriam adduxit«. ı 2 Siehe Clemens Alex., Strom. Il, 7, 35: Kal 6 ErrYc KYPloY TIAHPHC MACTIF@N. Barnab. 7, ır stehen Jesus selbst und »das Reich« in Parallele: oYTo, @HCIN, Ol BENONTEC ME lAEIN Kal ÄAYACcBAl MOY TYC BACINEIAC ÖBEINOYCIN BNIBENTAC KAl TIABÖNTAC AABEIN Me. 3 ws 4 er x N , 4 GO Vergl. auch Ephes’ 2, 13: oi MOTE ÖNTEC MAKPAN EFENHEHTE ETYC. 186 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904, Wir müssen daher auf die Feststellung der Fundstelle verzichten, da die Zahl der in Betracht kommenden möglichen Schriften nicht gering ist. Der Zweifel des Origenes braucht uns in dem Urtheil, hier echte Über- lieferung zu besitzen, nicht zu erschüttern; denn ein Wort Jesu, das nicht in den Evangelien stand, durfte Origenes nicht ohne Umstände als Instanz eitiren. 3 Hast du deinen Bruder gesehen, so hast du deinen Gott |Herrn] gesehen. Clemens Alex., Strom. I, 19, 94: Eiaec rAP, eHci, TÖN ÄAENSÖN coY, ElAec TÖN BEÖN COY, TÖN CWTÄPA OlMAı BEÖN EIPfCceAl HMIN TÄ NYN. Clemens Alex., 1. e. II, 16. 70: Myvcrtikwteron A& HAH TO »Inoeı CEAYTON« EKEelsen ElaHTTAI" Efaec TÖN ÄAERABÖN COY, EIAEC TON BEÖN COY. Tertullian, De orat. 26: »Fratrem domum tuam introgressum ne sine oratione dimiseris “Vidisti‘, inquit, "fratrem, vidisti domi- num tuum —., maxime advenam, ne angelus forte sit«. Palladius, "*H xae’ Airyrıton TÖn monAxwn ictopia (Preuscuen, Palla- dius und Rufinus, 1897, S. 48): Aeci Epxomenoyc TOYc ÄAENGOYC TIPOC- KYNEIN’ 0Y TÄP AYTOYC AnnÄ TON BEON TIPOCEKYNHCAC’ EIAEC TÄP, ®HCI, TON ÄAENBON coY, eiaec KkYpıon [om.L] Tön seön coy [für KYpıon — coy bietet der Syrer xrıcrön]. Zum Text: Das coy nach Aaenoön ist um des Parallelismus willen beizubehalten, obschon es Tertullian nicht bietet. Nicht mit derselben Sicher- heit kann man sich für eeöc (Tertullian KYPioc) entscheiden. »KYPioc« wird auch durch Palladius gestützt; denn das Fehlen des Worts bei einem Zeugen, während alle übrigen es bieten, fällt schwerlich in’s Gewieht, zumal da nieht »KYPioc«, sondern »eeöc« durch den Vordersatz vorbereitet erschien und somit »eeöc« als ein Zusatz zu gelten hat, der gemacht ist, um die Correspondenz herzustellen. Andererseits ist »eeöc« prägnanter. Keiner der Zeugen bezeichnet den Spruch als ein Herrnwort; sie haben ihn also nicht als ein solches gekannt; aber ı. der Spruch ist sicher aus dem Semitischen übersetzt, wie die Fortlassung der Conjunktion im Vordersatz beweist, 2. seiner Voraussetzung nach trägt er alttestamentliches Gepräge, vergl. Genes. 33, 10 und Exod. 4, 16, 3. er stammt aber nicht aus dem Alten Testament, dagegen darf man ihn wohl in den Gedankenkreis Jesu einrechnen, und er berührt sich besonders stark mit den beiden Herrnsprüchen, sub Nr. 2 und 3, 4. hat Jesus die Worte gesprochen (Matth. 25, 40): &e’ öcon EmoifcaTte EN) TOYTWN TON ÄAAENEWN MOY TÜN ENAXICTWN, EMoi ErtolHcATe, SO ist ihm unser Wort wohl zuzutrauen. Natürlich darf man nicht mit Clemens und dem syrischen Übersetzer des Palladius unter »Gott« Christus ver- Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 187 stehen, sondern Gott selbst.‘ Bei der Erklärung des Spruchs soll man nicht übersehen, dass das dem griechischen »eiaec« entsprechende hebräische (aramäische) Wort einen speeielleren Sinn hat als jenes. Auf eine ganz falsche Fährte ist Hr. Resch (S. 297) bei der Erklä- rung des Spruchs gerathen, indem er als die innere Voraussetzung des Spruchs die Gottebenbildlichkeit des Menschen bezeichnet hat.” Hr. Ropzs (S.49) ist dann noch weiter gegangen und hat behauptet, der Sinn des Citates mache wegen der philosophisch entwickelten Anwen- dung vom Gedanken der Gottebenbildlichkeit des Menschen die Zurück- führung auf ein Wort Jesu unwahrscheinlich. Die Gottebenbildlich- keit darf nicht eingemischt werden. Der Spruch gehört einfach in die Reihe der Sprüche, die die Nächsten- und Gottesliebe miteinander verflechten, ja identifieiren (vgl. Johannes). Dass er von Jesus selbst stammt, ist nicht gewiss, aber nicht unwahrscheinlich. Vielleicht war er im Hebräer-Evangelium überliefert und ist frühe von dort aus in Umlauf gekommen, ohne dass man den Ausgangspunkt mehr wusste. 10. Oftmals haben sie begehrt, eines dieser Worte zu hören, und hatten keinen, der (es) sagte. Irenäus, haer. I, 20, 2 (über die Mareianer referirend): AnnA Kal EN TO eipukenaı TTonnAkıc ErreeymHca [der alte Lateiner »concupivie] ÄKOFCAI ENA TON AÖTWN TOYT@N, KAl OYK Ecxon |[Lat. »habui«] Ton &poYnta [Lat. »qui diceret mihi«], Emeainontöc eacı einaı [so der La- teiner, der Grieche bei Epiphanius: aein] AıA To? Enöc TON AnHeüc EnA BEON, ON OYK EFNWKEICAN. Zum Text: Sowohl Epiphanius als der alte Lateiner haben »erreey- MHCA« gelesen, und dadurch wird der Spruch zu einer Aussage Jesu über sich selbst; allein trotz der einstimmigen und alten Bezeugung ist die Con- jeetur »ErteeYmHcAn« Westcorr’s (Introduetion to the study of the Gospels, 6th edit., 1881, p. 463), der auch Hr. Rorzs (S. 56) folgt, anzuerkennen. Zwar geht Hr. Resch (S. 347) zu weit, wenn er das Logion als Aussage Jesu für un- geheuerlich und unsinnig erklärt — wir wissen ja gar nicht, von welchen »Worten« Jesus gewünscht hat, dass er sie höre —, aber das »ErieeYmHcA« ist in »ETIESYMHCAN« zu verwandeln, 1. weil die Marcianer so gelesen haben müssen; denn ihr »öNn oYKk ErNn@keicAn« führt auf diese Lesart; 2. weil Irenäus ebenfalls so gelesen haben muss; denn er hätte nicht stillschweigend über den Vers hinweggehen können, als stünde er in seinem eigenen Evangelium, ! Er, und nicht ein Herr überhaupt, ist auch zu verstehen, wenn man »KYPloc« statt »seöc« liest. 2 Nicht minder verkehrt ist die Verweisung (a. a.O.) auf den apokryphen Spruch: »Ita me in vobis videte, quomodo quis vestrum se videt in aquam aut in speculum«, der gar nichts mit unsrem Herrowort zu tlıun hat. 188 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. wenn er »ErteeYMHcA« gelesen hätte; 3. weil Matthäus das erreoYmHcan (c. 13, 17) in einem auch sonst parallelen Spruch bietet: rmoAnol TIPO®ÄTAI Kai AlkAIOI [e ETTIEOYMHCAN IAEIN Ä BAETIETE Kal OYK EIAAN, KAl ÄAKoYcAI A AKOYETE KAl OYK Hkovcan. Dazu kommt, dass sich noch erklären lässt, wie es zur falschen Lesart »erreoymHca» gekommen ist: man meinte, das »EmeAiNoNToc« fordere sie, indem man es durch einen naheliegenden Irrthum auf das Subject des Spruchs bezog, während es doch auf den, der den Spruch gesprochen hat, zu beziehen ist. Die Interpretation des Wortes macht keine Schwierigkeit, sobald der Text richtiggestellt ist. Subjeet sind wohl wie in Matth. 13, 17 »die Propheten und Gerechten«, und das Object sind die Worte Jesu. Das »oYK Ecxon TON EroFnTAa« ist lebendiger als das »oYk Hkovcan« des Matth. und Lucas (10, 24), und das »Eena TON AörwN TOYTon« ist kräf- tiger als das »A äkovere«. So darf sich die Fassung unseres Spruchs wohl mit der kanonischen messen. Hält Jemand aber die schlichtere Fassung der kanonischen Evangelien für die ältere, so kann man nicht sicher widersprechen. Wo aber hat das Wort, hinter welchem eine semitische Grund- lage .hindurchsehimmert (oYx &cxon TON EroPnta), gestanden? Irenäus fand sich durch dasselbe so sehr an Matthäus erinnert, dass er keine Bemerkung gemacht hat. Aber im Matthäus steht das Wort so nicht, und dass es nur ungenau wiedergegeben ist, ist nicht anzunehmen. Durch Zufall erhalten Sprüche nicht eine so prägnante Fassung. Die Marcianer, eine in der Mitte des 2. Jahrhunderts entstandene christ- liche Secte, müssen es aus einem uns unbekannten Evangelium ge- schöpft haben, welches mit den kanonischen sehr verwandt war, aber doch auch von ihnen abwich (s. Zaun, Gesch. des neutestamentlichen Kanons I, S. 740, 744). z dar (Denn es spricht der Herr): »Ihr werdet sein wie Lämmer mitten unter Wölfen.« Es antwortete aber Petrus und spricht zu ihm: »Wenn nun die Wölfe die Lämmer zerreissen?« Jesus sagte zu Petrus: »Nicht fürchten sollen sieh die Lämmer vor den Wölfen, nachdem sie (die Lämmer) gestorben sind, und ihr, fürchtet euch nicht vor denen, die euch tödten und euch nichts zu thun vermögen, sondern fürchtet euch vor dem, der, nachdem ihr gestorben seid, Vollmacht über Seele und Leib hat, (sie) zu werfen in die Feuerhölle!« II. Clemens ad Cor. 5: (Aereı rip 5 KYpıoc)' "Ececee wc ÄPNIiA EN MECW AYKWN. ATIOKPIBEIC a& 5 TIEtpoc ayT@ nereı" "EAN OYN AIACMAPÄ- am Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 189 ZWCIN Ol AYKOoI TÄ APNIa; Einen Ö Incosc TO TTerpw' MH soBeicowcan TÄ ÄPNIA TOYC AYKOYC METÄ TO ATTOBANEIN AYTA. Kal YMEIC MH 0- BEICBOE TOYC ATTOKTENNONTAC YMAÄC KAl MHAEN YMIN AYNAMENOYC TTOIEIN, AANÄA BOBEICBE TÖN METÄ TO ATTOBANEIN YMÄC EXONTA EEOYCIAN YYXÄc KAl CWMATOC, TOY BANEIN EIC TEENNAN TIYPÖC. Jal'p: (Es sprach der Herr): Wenn ihr bei mir versammelt in meinem Busen seid und meine Gebote nicht thut, werde ich euch verwerfen und zu euch sagen: Wei- chet von mir; ich kenne euch nicht, woher ihr seid, ihr Übelthäter. I. Clemens ad Cor. 4: (eitten ö «Yrioc [Iuco?c: der Syrer])' "EAn ÄHTE MET EMO? CYNHTMENOI EN TÖ KöATw moy [in uno sinu: der Syrer] KAl MH MOIÄTE TÄC ENTOAÄC MOY, AÄTTOBAA® YMAÄC KA) Ep YMin’ YTIATETE AT EMmoY, OYK OlAA YMmACc TIÖBEN ECcT&, EprATtaı ANOMIAC. Die beiden Sprüche gehören zu den apokryphen Evangelien- eitaten des II. Clemensbriefs, der, wie ich anderswo gezeigt habe, von dem römischen Bischof Soter herrührt (um das Jahr 167). Diese Citate werden von Lientroor u. A. mit Recht auf das Ägypterevan- gelium zurückgeführt, da das in ce. ı2 stehende Citat höchstwahr- scheinlich aus ihm genommen ist. Beide Sprüche (die Jünger Christi sind in beiden als Lämmer bezeichnet) fehlen in unsern Evangelien, sind aber durch zahlreiche und sehr nahe Berührungen mit ihnen verbunden: Lue. 10, 3 (Matth. 10, 16): 'laoy [er®| Aroctemnw YMmAc üc APNnac [Matth. mpösaTAa] En mecw aYKwn. Matth. 10, 28: Kai MM soBeicee ATIÖ TÜÄN ÄTIOKTENNÖNTWN TO CWMA, THN AC YYXHN MH AYNAMENWN ÄTIOKTEINAI” BOBHEHTE AL MANAON TON AYNA- MEnoN [Kal] YYxHNn Kal COMA ATIOnECAI EN TEENNH. Lue. 12, 4f.: m4 »oBHehTe ATIö TÜN ÄTIOKTENNÖNTWN TO CWMA Kal METÄ TAYTA MH EXÖNTWN TIEPICCÖTEPÖN TI TIOIHCAI' YTIOAEIEW AE YMIN TINA $OBHEÄTE. $OBHEHTE TON META TO AÄTIOKTEINAI EXONTA EEOYCIAN EMBANEIN EIC THN TEENNAN’ NA, AErW YMIN, TOYTON ®OBHEHTE. Zu vergleichen ist auch Excerpt. ex Theodot. p. 972: »osHeHte TOYN, AETEI, TON METÄ BANATON AYNÄMENON KAl YYXHN KAl COMA EIC FEENNAN BANEIN, PD. 981: 58 CWTHP nEreI, »oBEIceAI AEIN TÖN AYNÄMENON TAYTHN THN YYXHN KAl TOYTO TO CWMA TO YYXIKÖN EN FEENNH Arionecal, Justin., Apol.I, 19: MH ©OBEICBE TOYC ANAIPOYNTAC YMÄC KAl METÄ TAYTA MH AYNAMENOYC TI TIOIÄ- CAl, EITTE, GOBHEHTE AC TON METÄ TO ATIOBANEIN AYNÄMENON KAl YYXHN Kal 190 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. cömA eic reennan EMmBaneln, Clemens, Hom. XVI, 4: mA »osHeATe And To? ÄTIOKTENNONTOC TO CWMA, TH AE YYXH MH AYNAMENOY TI TIOIÄHCAI” $OBÄEHTE A& TON AYNÄMENON KAl CWMA KAl YYXHN EIC THN TEENNAN TO? TIYPOC BANEIN. Lue. 13, 26f.: Kal Ärrokpieelc Epei YMin’ oYK Olaa YMAC TIÖBEN EcTe... Kal Epei’ nerw YMin, oYK olaa |[Ymac| TIösen Ecte' Amocthcete [AnöctHTe] AT €MmoY TIÄNTEC ErrAtai Aaıklac, cf. Justin., Apol.I, 16: Kai TöTE Erö ayTtoic' "ArıoxwPeite AtT EMo?, EprATaı TAC AnoMiac, Justin., Dial. 76: Kai ep@ AYTolc" "AnaxwPreite Ar Eemo?, Matth. 7, 23: Kai TÖTE Ömonoräcw AYToic öTIı oYaerıote ernwn YMmAc' Arioxwpeite |das YrrArete unseres Textes ist sonst bei Matthäus und Marcus häufig] Am &mo? oi Eprarömenoı TAN ANOMIAN. Was die erste Erzählung betrifft, so ist sie den Fragmenten, die sich bei Matthäus und Lucas finden, überlegen; denn dort ist aus dem ersten Satze: Ececee wc APNIA EN MEcw AYKwn eine Aussendung (Amoctenneın) geworden. Alles aber, was sich auf die Aussendung der Jünger in den Evangelien bezieht, ist seeundäre Überlieferung (siehe Weizsäcker und WELLHAUSEN zu den Stellen. Dagegen hat die Fassung in unserem Stück nichts, was Anstoss giebt. Man hat hier vielmehr nun ein schönes Beispiel, wie Aussendungsreden entstanden sind. Unser Citat führt uns hinter unsre Evangelien. Auch der Satz: »Fürchtet euch nicht u. s. w.« ist bei Matthäus (Io, 28) und Lucas (12, 4f.) ganz ohne Context und Zusammenhang, kommt also wie aus der Pistole geschossen, während er in unserem Stück in bestem Zusammenhang steht. Dort ist er ein Trümmerstück, hier erscheint er in einer natürlichen Structur. Dass das nachträglich künstlich gemacht ist, ist unwahrscheinlich. Hr. Rores (S. 146) meint: »Dass die katholische Tradition diese wenig bedeutende Frage des Petrus und Antwort Jesu nicht aufbewahrt hat, ist nicht befremdend.« Wenig bedeutend? Ein merkwürdiges Urtheil! Ebenso schlecht ist der Ge- schmack des Hrn. Resca (S. 377), der von einer »fast allzu harm- losen Zwischenrede« des Petrus spricht. Das erste Stück darf als aus primärer Überlieferung stammend betrachtet werden, und wir freuen uns, dass uns noch der Spruch herber Jenseitigkeit und Ironie Jesu erhalten ist, den unsere Evan- gelisten unterdrückt haben: »Nicht fürchten sollen sich die Lämmer vor den Wölfen, nachdem sie [die Lämmer] gestorben sind.' ! Ein Nachklang unseres Stücks ist vielleicht in den Acta Johannis zu consta- tiren (Zaun, Acta Joh. S. 83: &neTeinaTo NErWN" 1A0Y ÄMIOCTENAW CE ÜC TIPÖBATON EN MECW AYKON KAl MH oBHefc AYToYc), doch reicht wohl die Verweisung auf Matth. 10, 16.28 — die Combination lag nahe — aus. Agathangel. c.63 — auf diese Stelle ver- weist Hr. Resc# (S. 378) — ist schwerlich, trotz des AlacrtapAccein, von unserer Stelle abhängig (so auch Rorks S. 147). Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 191 Die zweite Stelle ruht auf Jes. 40, II (TO Braxionı AYToY cYnAzeı ÄPNAC KAl EN TO Könnw AYTo? Bactäceı) und Ps. 6,9 (AmöcTHTe Ar’ EmoY TIÄNTEC Oi EPFALÖMENO! THN ANOMIAN). Sie ist gewiss nicht eine nachträg- liche steigernde Variation von Luc. 13, 26f. (so Zann, a.a.0.1S.937), sondern beruht auf selbständiger und, wie mir scheint, guter Überliefe- rung. Die Anlehnung an die alttestamentlichen Stellen widerstreitet dem nicht, und dass das »moiein TÄc EntonAc moy« in den johanneischen und somit in einen späteren Gedankenkreis weist (RoreEs S. 58), ist nicht sicher. Johanneisch wäre »THrein TÄc ENTonAc« (€. 14, I5. 21; 15, 10). In welchem Zusammenhang der Spruch gesagt ist, ist nicht zu enträthseln; es braucht nicht der von Lucas ce. ı3 zu sein. h22 Das Schwache wird durch das Starke gerettet werden. Dieser nur einmal bezeugte Spruch steht in der sogenannten Apo- stolischen Kirchenordnung (c. 26) in einem sehr merkwürdigen Zu- sammenhang (s. Texte und Untersuchungen Bd. 2 H. 5, 1886, S. 28ff.): "OTe ÄTHcen Ö AIAÄCKANOC TON ÄPTON KAl TO TIOTHPION KAl HYNÖTHCEN AYTÄ nerwn‘ ToFTö Ecti TÖ cOMmA MoY Kal TO AIMA, OYK ETETPEYEN TAYTaıc [scil. den ihn begleitenden Frauen] cyctAnaı Hmin [den Jüngern]. MArea eitten’ AIA Mapıkm, OTI EIAEN AYTHN Melai@can. MaPia EITTEN’ OYKETI Er&naca, AAN EMNÄHCEHN TÜN AÖTWN TOY KYPloY HM@N Kal Ärannlaca'" TIPOENErE FÄP HMIN, OTE EAIAACKEN, OTI TO ÄCBENEC AIA TOY ICXYPoY CWeHcETAI. Zum Text: Erst durch die syrische Handschrift von Malabar (jetzt in Cambridge) haben wir den vollständigen Text dieses Stückes erhalten (s. Nestte in der Theol. Litt.-Ztg. 1902, Nr. ı). Alle bisher bekannten Zeugen — es waren nieht wenige — lassen nämlich die Worte nach »ere- AACA« und vor »TIPoenere« aus, der Syrer aber bietet: »sondern ich erinnerte mich der Worte unseres Herrn und freute mich; ihr wisst ja, (dass er uns vorhergesagt hat).« Übersetzt man diese Worte, wie ich gethan, in’s Grie- chische zurück, so bemerkt man, dass das Homöoteleuton (Erenaca — HrAN- niaca) den Ausfall verschuldet hat. Das »ihr wisst ja« ist eine Amplification, wie sie in syrischen Übersetzungen häufig ist. Die apostolische Kirchenordnung ist wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts entstanden, aber sie ruht auf älteren Schriften. Auch unser Stück ist das Fragment einer solehen und darf seinem Kerne nach dem 2. Jahrhundert zugerechnet werden. Es stammt aus der Zeit, da man (vergl. Tertullian, de baptismo) einen Kampf gegen die Zulassung der Frauen zu kirchlichen Würden bez. zu eultischen Functionen (abgesehen vom Wittwen- und Diakonissen- ! Siehe zu den letzten Worten die folgende textkritische Bemerkung. 192 Sitzung der pbilosophisch -historischen Classe vom 21. ‚Januar 1904. Amt) führte" Damals hat man die seltsame Anekdote erzählt über das letzte Mahl Jesu. Sie ist herausgesponnen aus der Erwägung, dass die Frauen Martha und Maria bei diesem Mahle zugegen gewesen sein müssen, dass sie aber bei der Abendmahlsfeier nicht erwähnt werden. Hieraus folgerte man, dass sie sich etwas haben zu Schulden kommen lassen, und daher sei das weibliche Geschlecht von der Theilnahme an der Feier ausgeschlossen worden. Der Erzähler scheint das so zu deuten, dass sie in Folge dessen nicht als Diakonen bei ihr. fungiren dürfen; wenigstens glaube ich den nicht ganz klaren Bericht so ver- stehen zu müssen. Da die apostolische Kirchenordnung eine Fiction ist, in der die Apostel redend auftreten, so lässt sie auch Martha und Maria in ihrer Versammlung zugegen sein und sprechen. Martha klagt die Maria an, sie habe gelächelt” und damit das Unheil ver- sehuldet: Maria wehrt sich: nieht gelacht habe sie’, sondern sie habe in Erinnerung an ein Wort des Lehrers frohlockt (Aranniaca, s. Luc. I, 46: Firanniacen TO TINeYMA MoY). Dieses Wort nun, welches sie anführt, welches also auf noch älterer Überlieferung beruhen muss, lautet: »Das Schwache wird durch das Starke gerettet werden.« Maria, d. h. der Erzähler, giebt ihm hier augenscheinlich den Sinn, dass das Weibliche durch das Männliche gerettet wird, und gewinnt so eine Autorität für die Anweisung, auf die es ihm ankommt, dass die Frauen nur durch Männer, nämlich durch die Priester, die Heils- güter erlangen können, nicht selbst aber als Priester fungiren dürfen. Das ist natürlich eingetragen. Der Spruch ist aus diesem Zusammen- hang loszulösen und für sich zu betrachten. Als solcher steht er inner- halb der Herrenworte isolirt; dagegen klingen einige paulinische Sprüche an (I. Thess. 5, 14; I. Cor. 12, 9; 1. Cor. 3, 7 ff. 9, 22), doch können auch sie keineswegs als wirkliche Parallelen gelten.” Der Sinn ! Aus späterer Zeit vergl. Apostol. Didaskalia e. ı4 p. 77 (ed. Acnerıs): »Denn er, Gott der Herr, Jesus Christus unser Lehrer, hat uns, die Zwölf, ausgesandt, das [jüdische] Volk und die Heidenvölker zu lehren. Es waren aber mit uns Jüngerinnen: Maria von Magdala und Maria, die Tochter des Jacobus, und die andere Maria; er hat sie jedoch nieht ausgesandt, mit uns das Volk zu lehren. Denn, wenn es nöthig gewesen wäre, dass die Frauen lehrten, so hätte unser Lehrer ihnen befohlen, mit uns zu unterweisen.« 2 Was sich der Erzähler bei dem Vorwurf des Lächelns, den er die Martha machen lässt, gedacht hat, bleibt dunkel. Ob er bloss an einen Unfug gedacht hat oder ob er die Möglichkeit andeuten wollte, Maria habe bei den Worten: ToYTö Eerti TO cÖMA moyY aus Unverstand oder Unglauben (wie Sarah) gelächelt? In jedem Falle bleibt die Erzählung höchst merkwürdig. 8 OYkeErı Erenaca ist auffallend; oYkertı wird man hier schwerlich anders deuten können als ein verstärktes oYk, aber ein soleher Gebrauch ist bestritten, s. Buwırmann, Grammatik des Neutestamentlichen Sprachidioms 7, 1867, S. 574 f. * Gegen Resch (S.153 f.), der Fremdes aus den Evangelien und den Briefen her- beigebracht hat und vor Allem darin irrt, dass er in »Tö Aceenec« die durch die Sünde a Harnack: Nicht-kanonische Worte Jesu. 193 des Spruches ist in der Allgemeinheit zu belassen. Am besten ver- gleicht man noch Luc. 6, 39: mATı AYNATAaı TY@nöc TY®AöN ÖAHreIN; MUr der Geförderte und Starke vermag dem Schwachen zu helfen. Aber auch diese Zusammenstellung ist wenig aufklärend; denn in unserem Spruch liegt augenscheinlich der Schwerpunkt in der Verheissung dessen, was geschehen soll. Wahrscheinlich hatte er seine Determi- nirung an einer Erzählung, die vorausging, die wir nicht kennen. Er kann ein echtes Herrnwort sein, aber es ist auch möglich, dass er ein Reflex ist aus den späteren Spannungen zwischen »Schwachen« und »Starken«. Auch die Verweisung auf das bei Origenes erhaltene apokryphe Herrnwort: aıA ToYc Äcseno®nTac FceenoyNn KTA., passt nicht. Schliesslich ist zu erwägen, ob »Tö Aceenec« und »Tö IcxYPön« per- sönlich zu fassen sind, ob sie nicht vielmehr als »Fleisch« und »Geist« oder ähnlich zu erklären sind (s. Mare. 14, 38: TO Men TINETMA TIPÖEYMoN, H A& cAPz Aceenkc). In diesem Falle wäre nicht an ein echtes Herrn- wort zu denken. 13. Zur Perikope von der Ehebrecherin (Joh. 7, 53 ff.). I. Hr. WeriHAusen hat (das Evangelium Marci, 1903, S.94. 129) darauf hingewiesen, dass Jesus vor seiner Gefangennahme längere Zeit in Jerusalem gelehrt haben muss. »Der Versuch des Marcus, den Auf- enthalt in eine Woche zusammenzudrängen, misslingt; der Stoff wider- strebt dem an sich etwas unsicheren Schema der sechs Tage, in das er gezwungen werden soll. ... Und wenn er c. 14, 49 (ef. Matth. 26, 55; Luce. 22, 53) sagt: »Ich bin doch täglich bei euch gewesen und habe im Tempel gelehrt,« so reicht ein zweitägiges Lehren (Mare. 11, 15 bis 12, 38) nicht aus, um xae’ Hmeran zu rechtfertigen.«e Diese Er- wägung ist richtig. Zum Lehren Jesu im Tempel in jener Zeit siehe auch noch Mare. 12, 35; Luc. 19, 47: Kal Än AlAAckun TO KA®” HMEPAN En TO iepß, Luc. 20, I: Kal Ereneto En MIA TÖN HMEPÜ@N AIAÄCKONTOC AYTO? TON AARON EN TO iep@, vor allem aber Luc. 21, 37: Än a& TÄc HMEPAC EN TO IEPÖ AIAACKWN, TÄC A& NYKTAC EEEPXÖMENOC HYAIIETO EIC TO Öroc TO Kanoymenon "Erramwn. Bestätigt wird ein mehrtägiges Lehren Jesu im Tempel durch die Perikope von der Ehebrecherin. Diese Peri- kope stammt aus einem Evangelium, und zwar, wie ich Texte und Unters. Bd. ı3 H.2 S.5off. wahrscheinlich gemacht habe, aus dem Petrusevangelium. In einem Theil unserer Handschriften ist sie nach Joh. 7, 52 gestellt, während die Mss. der Farrargruppe sie, chrono- geschwächte Menschenwelt und in »Tö IcxYpön« die Kraft, welche in Christus erschie- nen ist, erkennen zu müssen meint. Sitzungsberichte 1904. 16 194 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. logisch richtig, nach Luc. 21, 38 bieten; denn in dem Evangelium, dem das Stück entnommen ist, ist sie unzweifelhaft im Zusammenhang mit Jesu letzten Reden erzählt. Das Stück beginnt nämlich mit den Worten: Kal ETIOPEYeHcAN EKACTOC EIC TON OIKON AYTOF', "IHcoFc A& Eno- peyeH eic TO "OPpoc TÜN "EnAlwN. ÖPEPOY A& TIÄNIN TIAPEFENETO EIC TO IEPÖN, KAl TIÄC 6 nAOC HPXETO TIPÖC AYTON, KAl KABlIcac EAlAAcKEN AYToYc. Wir sehen hier, dass sich eine förmliche Gewohnheit herausgebildet hatte: am Tage lehrt Jesus im Tempel — das Volk weiss ihn bereits dort zu finden —, und Nachts ist er auf dem Ölberg. Luc. 21, 37 erhält hier die willkommenste Bestätigung. 2. Die Frage der Schriftgelehrten und Pharisäer in Bezug auf das im Ehebruch ertappte und vor Jesus gestellte Weib: en T® nömo Mwschc ENETEINATO TÄC TOIAYTAC NIBÄIEIN’ CY OYN TI AEreıc; wird durch die spätere Interpolation: TOFTO A& EnErON TIEIPAIONTEC AYTON, INA EXWCIN KATHFOPEIN AYToY, verdunkelt. Die Ausleger, der Richtung folgend, in welche die Interpolation weist, sind daher auch in Verlegenheit. In- wiefern konnte die Antwort, die Jesus gab, Anlass zu einer Anklage bei der römischen Obrigkeit werden? Mochte er mit Moses sich ein- verstanden erklären oder milder urtheilen — die Entscheidung konnte ihm vor dem römischen Forum nicht schädlich sein. Die Frage ist daher anders zu verstehen. Durch seinen Einzug in Jerusalem und die stürmische Tempelreinigung hatte er sich als Messias bekannt. Die Prophezeiung der Zerstörung des Tempels war wahrscheinlich auch schon bekannt. Die jetzt an ihn gerichtete Frage setzt seinen An- spruch, der Messias zu sein, voraus und erhält erst von hier ihr Acumen: »Moses hat befohlen, solehe Weiber zu steinigen: was sagst Du«? Es ist nicht nöthig anzunehmen, dass die Frage als eine ver- sucherische im bösen Sinne gemeint war; ja der überraschend schnelle Ausgang der Geschichte (dass einer nach dem anderen beschämt ab- geht) legt diese Absicht nicht nahe. Hatten es die Fragenden darauf abgesehen, Jesus in schwere Verlegenheit zu setzen, ja ihn um den Hals zu bringen, so begreift man ihre Beschämung und ihren schnellen Rückzug nicht. Begreiflich aber ist derselbe, wenn die Fragenden in gutem Glauben Jesus um eine Entscheidung angingen. Die Frage war ja wirklich eine brennende, da das Gebot des Moses zu hart erschien. Indessen unser Berichterstatter, der die Schriftgelehrten und Pharisäer als die Fragenden einführt, hat bereits an eine versucherische Frage gedacht, wenn auch nicht mit der Absicht, daraus eine Anklage vor der römischen Obrigkeit eonstruiren zu können. ! Hr. Weiss nennt diese Worte einen ungeschiekten Übergang, den der Inter- polator gemacht hat (Joh. Ev., Meyer 9. Aufl. S.263); aber warum sollen sie nieht der Vorlage angehören, die falsch abgeschnitten ist? Als Übergang sind sie zu ungeschickt. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 199 3. Bei der Beurtheilung des Verhaltens Jesu ist Alles abzuweisen, was jenseits der Richtlinie liegt: »Richtet nicht! Ich richte nicht« (vergl. Luc. 12, 14: TIc me KATECTHCEN KPITHN Ä MEPICTAN €o Ymäc;). Speciell der Gedanke an Sündenvergebung ist fernzuhalten. Um so wichtiger und, eindrucksvoller sind die Worte: ToPevYoy, ATO TO? NYN MHKETI ÄmAPTAane. Die Besserung ist das Entscheidende. Anhang. Die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers. Unsre neueren kritischen Ausgaben bieten das Vater-Unser in der Lucanischen Form übereinstimmend also (Lue. 11, 2—4): TTATer, Arıacettw TO ÖONOMA coY' EneATw H BAcinelA CoY’ TÖN APTON HM@N TON ETTIOYCION AlAOY HMIN TO KAO HMEPAN, KAl Avec HMIN TÄC ÄMAPTIAC HMON, KAl TÄP AYTOI A®IOMEN TTANTI Ö®EINONTI HMIN, Kal MH EICENETKHC HMAC EIC TTEIPACMÖN. Von der Gestalt bei Matthäus unterscheidet sich diese ı. durch das Fehlen der Worte (bei rrATer) »uimon 5 En Toic oYranoic«, 2. durch das Fehlen der sogenannten 3. Bitte »renHeftw TO BenHMA coY üc EN OYPAN® Kal Em rAc«, 3. durch das Fehlen der sogenannten 7. Bitte »AnnA PFcal HmAc ATIO TO? TIONHPO?«, 4. durch die Übersetzungsvariante in der 4. Bitte für »Aöc Amin cHhmeron«, 5. durch die Übersetzungsvarianten in der 5. Bitte für »TA ösveınAMmATA« und für »üc Kal HMelc A®HKAMEN TOIc Öveinetaıc HMOn«.' Die Mehrzahl der Kritiker sieht in der Lucanischen Gestalt die Urgestalt des Vater-Unsers, in der des Matthäus aber eine spätere Erweiterung. Hr. Rescn dagegen (Texte u. Unters. V Heft 4, S. 398. und X Heft 2, S. 228 ff.) kehrt das Verhältniss um: Lucas habe »nach seiner Gewohnheit« verkürzt. Dazu behauptet derselbe Kritiker, Lucas habe nicht »eneAtTw H Bacıneia coy« geschrieben — dies sei eine spätere Conformation mit dem Matthäustext —, sondern »eneetw TO TINE?MA coY TO Arıon €® HMAC Kal KABAPICATW HMAc«. Beigetreten ist ihm meines Wissens nur Hr. Brass, der muthig genug gewesen ist, diese Worte in den von ihm recensirten Text des Lucas aufzunehmen (Evang. sec. Lucam, 1897, p. XLIIf., 51). Da bisher kein berufsmässiger Exeget diese Lesart ! Auch im Hebräerevangelium hat das Vater- Unser gestanden; wir wissen aber von der Gestalt, die es dort hatte, nicht mehr als die eine, freilich besonders wich- tige Thatsache, dass das Wort, dem das »erioYcioc« entspricht, dort mähär (= len- demain) lautete. 16* 196 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 21. Januar 1904. anerkannt hat und Rescn und Brass auf halbem Wege stehen geblieben sind'!, ist es nothwendig, die Frage auf’s neue zu erörtern, zumal da das handschriftliche Material zu Gunsten der merkwürdigen Lesart sich vermehren lässt. Aber auch noch an einer anderen Stelle scheint mir der Text nicht sicher zu sein: ist »#Hmön« nach Arron bei Lucas wirk- lich zu lesen? — Ist der Lucastext correct hergestellt, so tritt das Problem der Urgestalt des Vater-Unsers in eine ganz neue Beleuchtung. ik: Der Thatbestand in Bezug auf die sogenannte ı. und 2. Bitte bei Lucas ist folgender: 1. Fast alle unsre Handschriften und Versionen bieten sie in der Fassung, wie sie oben gegeben sind, aber die grosse Mehrzahl unter ihnen bieten auch die Sätze des Matthäus als Interpolationen, also die 3. und 7. Bitte und den Zusatz zur Anrede; nur einige älteste bieten sie nicht. Es kann also kein Zweifel sein, dass der Text des Lucas schon frühe nach dem des Matthäus corrigirt worden ist. 2. Dagegen fehlt im Minuskel-Codex 700 (GRrEGoRY), al. 604, Brit. Mus. 2601 Egerton’, saec. XI. die zweite Bitte (»Dein Reich komme«); an ihrer Stelle stehen die Worte: "Eneetw TO TINEFMA coY TO ArION €’ HMAC Kal KABAPICATW HMAc. Derselbe Thatbestand liegt im Cod. Vatiean., olim Barb. IV, 31 (Nr. 214 von Sopen)” vor; nur lauten hier die Worte: ’Eneetw coY TO TINE$MA TO ÄTION KAl KABAPICATW HMAC.“ Beide Codices weisen im Übrigen die bekannten Interpolationen aus Matthäus auf. 3. Gregor von Nyssa lässt in seiner Auslegung des Vater-Unsers die Worte »Dein Reich komme« ganz bei Seite, hat sie also in seinem Lucas nicht gelesen und erklärt nur obige Bitte um den Geist (De orat. dom. 3,1 p.737ff.). Dreimal führt er die Worte an, das erste Mal in der Form: e&reetw TO Arion TINEYMA CcoY €® HMAC KAl KABAPICATW HmAc, das zweite Mal lässt er &o’ Hmac fort, das dritte Mal stellt er es nach &neetw und schreibt T5 rınefma TO Arıon ohne cov. Überein- stimmend mit Gregor schreibt Maximus Confessor in seiner Auslegung des Vater-Unsers (ad Matth. 6, 10, Mine Bd. 90 Col. 884): ö EnTarea MaTeAlöc ®HCI BACINEIAN AANAXO? TÜN EYATTENICTÜN ETEPOC TINEYMA KEKAHKEN ÄTION, ®ACKWN " ENBETW COY TO TINEYMA TO ÄTION KAl KABAPICATW HMAc. Maximus ! Hr. Horrzuann hat sich unsicher ausgesprochen (Handeommentar’?, 1892, S.1T5). ®2 Edid. Hoskıer, 1870, p. 32. ® Geschrieben im Jahre 1153 von dem Presbyter Manuel, Konk&anaPoc ToY ArioY CTesanitoy. * Gütige Mittheilung des Freiherrn von Sopen iun. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers. Io )T mag von Gregor abhängig sein (Comgeris, Zaun), aber sein Zeugniss bleibt doch werthvoll. Hätte er niemals diese LA selbst gelesen, so hätte er sie schwerlich auf die blosse Autorität Gregor’s einge- führt. 4. Marcion (um 140) ist unser ältester Zeuge für den Text des Lucas. Wie hat er gelesen? Von Tertullian (adv. Marc. IV, 26) er- halten wir Kunde (vergl. Zaus, Gesch. des neutestamentlichen Kanons 2.Bd. S. 471): »Denique sensus orationis quem deum sapiant, re- »cuius et in primordio spiritus super aquas ferebatur«..... »eius regnum optabo venire«.... »quis dabit mihi panem cotidia- num«?.... »quis mihi delieta dimittet«?.... »quis non sinet nos dedueci in temptationem?« Dass Tertullian hier nicht seinen Text des Vater-Unsers dem Marcion unterlegt, zeigt De orat. 2ff. (Ter- tullian selbst befolgt den gewöhnlichen Text)’; dass er treu referirt, beweist die Thatsache, dass er nur fünf Bitten aufführt. Also hat Mareion an erster Stelle eine Bitte um den heiligen Geist gelesen?, an zweiter die Bitte um das Kommen des Reiches. Er stimmt also mit den bisher aufgeführten Zeugen überein; aber während sie die Bitte um den Geist statt der zweiten Bitte bieten, bietet Marcion sie statt der ersten. 5. Noch sind zwei indirecte Zeugen zu nennen. In den Acta Thomae (ce. 27 Bonner) heisst es*: ’Enee TO Ärıon TINEFMA KAl KABAPICON TOYC NE@POYC AYTÖN KAl THN Kapalan, und in der Liturgie von Konstan- tinopel (p.109 Swamson)’ wird der Geist also angerufen: “Enee... KAl KASAPICON HMAC. Der Thatbestand in Bezug auf das »#Hmön« in der vierten Bitte ist folgender: fast alle Zeugen bieten es; aber im Syrus Sinaiticus, diesem unschätzbaren Zeugen, fehlt es, und Marcion las nach dem Zeugniss des Origenes »ÄPToNn coY«. ! Dass Maximus nicht mehr gewagt habe, den Evangelisten, der dies geschrie- ben haben soll, mit Namen zu nennen (Zaun), ist eine seltsame Annahme, da er doch sagt, dass es ein Evangelist ist, der die Variante bringt. ® Gegen eine hier einschlagende Hypothese von Cnase (Texts and Stud. I, 3, p- 26) s. Zaun, Theol. Litt.- Blatt 1892 S. ıız3f., Gesch. des neutestamentlichen Kanons 2. Bd. S. 1015f. ® Wie die Bitte formulirt war, lässt sich nach Tertullian’s verkürzenden Mit- theilungen nicht entscheiden. Nichts spricht aber dagegen, dass sie wie bei Gregor, Maximus und in den beiden Minuskel- Codices gelautet hat. Aus dem »super aquas« ‘ könnte man sogar auf &® HmAc schliessen. * Hierauf hat Hr. Rescn zuerst hingewiesen. ® CHAsE p. 29. 198 Sitzung der philosophisch -historischen Clssse vom 21. Januar 1904. 2. Was die ursprünglichste Form der Bitte um den heiligen Geist betrifft, so mag man die Varianten TO TInefmA covY TO ÄrIoN, COY T. TIN. T. Är., TO ÄF. TIN. coy, TO TIN. T. Är. auf sich beruhen lassen; aber nicht ganz gleichgültig ist, ob &e’ HmAc ursprünglich ist oder nicht. Der Vaticanus, Maximus und Gregor (an der zweiten Stelle) bieten es nicht. Die Zeugen halten sich also — wenn man Marcion als un- sicher ausser Betracht lässt — die Waage; die Hinzufügung ist aber leichter erklärlich als der Wegfall (s. Act. 1,8; 11,15; 19,6, wo es überall beim Kommen des Geistes steht). Dazu kommt vielleicht noch ein anderes: Der Cod. D, der sonst das Vater-Unser bei Lucas in der aus Matthäus interpolirten Gestalt bietet, formulirt die erste Bitte so: ÄTIACOHTW TO ÖNOMA coY €» HmAc. Indem man behauptete, dass das »&® HmAc« schlecht zu dieser Bitte passt, meinte man hier ein Trüm- merstück aus der Bitte um den heiligen Geist erkennen zu können. Schwerlich mit Recht: denn nur für einen Griechen, nicht für einen Semiten ist ÄrıaceiTw TO ÖnoMA coy €e Hmac anstössig.' Richtiger könnte man umgekehrt argumentiren, »&e’ #HmAc« habe ursprünglich zu Arıac- ehTw TO ÖnoMmA coy gehört und sei dann zu »Eneetw« geschoben worden. Dies ist um so wahrscheinlicher, als unter der Voraussetzung, die erste Bitte und die Bitte um den Geist seien bei Lucas ursprünglich, das Hmelc nur in der ersten Bitte fehlen würde, während es in allen übrigen Bitten steht. Ich würde somit kein Bedenken tragen, das €» HmAc zur ersten Bitte zu ziehen und aus der Bitte um den Geist zu streichen, wäre es gewiss, dass Lucas die erste Bitte wirklich geboten hat (s. dagegen unten). 3. Stammt die Bitte um den heiligen Geist von Lucas selbst oder ist sie nachträglich an Stelle einer anderen Bitte eingeschoben? Mir scheint, dass nach methodischen Grundsätzen schon der äussere Befund nahezu entscheidet. Bei Marcus und Lucas haben stets die Lesarten den Vorzug, die nicht mit Matthäus stimmen; denn Conformationen mit dem Text dieses Evangelisten begegnen wir auf Schritt und Tritt. Dass aber gerade beim Vater-Unser Matthäus auf's Stärkste den Lucastext nachträglich beeinflusst hat, ist allgemein zugestanden. Man wird daher auch den letzten Schritt thun müssen. ! Nur die Form des Gedankens, nicht der Gedanke selbst, musste bei Griechen Anstoss erregen. Der Gedanke lag vielmehr überall nahe; vergl. schon die ältesten Ausleger: »der Name soll bei uns geheiligt werden«. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 199 Ferner, woher sollte ein Späterer, wenn er das Vater-Unser bei Lucas in derselben Form las wie bei Matthäus, den Muth genommen haben, diese Form zu corrigiren und etwas ganz Neues einzusetzen? Und welches Motiv soll ihn geleitet haben? Die Bitte um das Kommen des Reiches konnte nicht einmal einem radicalen Spiritualisten anstössig sein. Denn wie leicht war sie umzudeuten! Umgekehrt aber — wie nahe lag es, den Lucastext auch hier mit Matthäus zu conformiren, zumal, nachdem sich die von Matthäus gebotene Form in den Gottesdiensten durchgesetzt hatte! Endlich, wenige Zeilen nach dem Vater-Unser (s. ec. 11,13) steht bei Lucas der Satz: ei oYn Ymeic TIONHPOI YTIAPXONTEC OIAATE AÖMATA ÄTABÄ AIAÖNAI TOIC TEKNOIC YM@N, TIOCW MAANON Ö TIATHP Ö EE OYPANOY AWCEI TINEFMA ÄrIon Tolc AlToYcın AYTön. Bei Matthäus lautet dieser Spruch (7, ı1): & RER Awceı AraeA TOIc AITOFcIın AYTön. Man erkennt also, dass Lucas das mıne?mAa Arıon in Sprüche Jesu eingefügt hat, wo die Überlieferung etwas Anderes bot, dass er die Bitte um den heiligen Geist als die erste und wichtigste voraussetzt, und dass er sie unmittelbar nach dem Vater-Unser erwähnt. Welche Bedeutung aber überhaupt das tıne?ma Arıon bei Lucas hat (eine Verwandtschaft mit Johannes!), braucht hier nicht ausgeführt zu werden. Es ist ein Centralbegriff in den Erzählungen der Apostelgeschichte, und besonders kommen e.1,8; II, 15; 19,6 unserer Stelle sehr nahe. Was aber das »KaearıcAtw« betrifft, so steht in der Apostelgeschichte e.15,8f. die schlagende Parallele: AoYc TO 1Inefma TO Arıon ... TA TIICTEI KABAPICcAC TÄC KAPAIAC AYTON.! Aus diesen Gründen” darf man meines Erachtens nicht zweifeln, dass Lucas die Bitte um den heiligen Geist im Text des Vater- Unsers geboten hat. Dass sie sich heute bei nur wenigen Zeugen des Textes noch findet, ist kein Gegengrund; denn ı. sind die Zeugen, wenn man sie nicht nur zählt, sondern auch wägt, sehr erheblich, 2. sind die Minuskeleodices auf diese Lesart bisher noch nicht untersucht worden; ganz zufällig ist man auf zwei Zeugen gestossen: es können zehn oder zwanzig oder noch mehr sein, welche die Lesart bieten°, ! In den Evangelien findet sich das Wort in übertragener Bedeutung nicht; in den Briefen ist es nicht selten, vergl. Paulusbriefe, Ilebräer-, Titusbrief, I. Joh. und Jacobus. ® Noch ein wichtiges Argument wird am Schluss der Abhandlung zur Sprache kommen. — Eine schlagende Parallele ist die Entdeckung, dass der Lucastext an einer ebenfalls solennen Stelle nach Matthäus corrigirt worden ist. Lucas schrieb bei der Geschichte von der Taufe Jesu: »Mein Sohn bist du; ich habe dich heute ge- zeugt«; aber dafür sind sehr frühe schon die Worte eingesetzt worden: »Du bist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe«. ® Leider haben wir auch vom grossen textkritischen Werke Soven’s hier keine Aufschlüsse zu erwarten, da er Lucas rı nicht als Stichproben-Capitel zur Unter- suchung der Minuskeln ausgewählt hat. Immerhin aber verdanken wir ihm einen neuen Zeugen (Ss. 0.). 200 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 21. Januar 1904. 3. grade beim Vater-Unser musste sich der Matthäus-Text schnell durchsetzen und Entgegenstehendes verdrängen; dazu: es giebt im Neuen Testament nicht wenige alte, ja ursprüngliche Lesarten, die trotz der Menge der Handschriften und Versionen nur durch einen oder ein paar Zeugen überliefert sind. 4. Wo stand nach Lucas ursprünglich die Bitte um den heiligen Geist? Marcion las: TTArer, Eneetw TY Arıon TINETMA coy |[Ee’ HMmAc] Kal Kaea- PICATW HMAc!" Eneetw H BACIKEIA COY. Die übrigen 4 Zeugen bieten: TIATep Arıaceftw TO DNOMA coY' Eneetw TO TINETMA cov TO Arion |E® HmAc]| Kal Kaearichtw HmAc. Hätte man nur die Wahl zwischen diesen beiden Formen, so wäre wohl die zweite zu bevorzugen; denn das doppelte &neetw, dessen Sinn hier und dort ein verschiedener ist, befremdet. Aber wie kam Marcion dazu, die Bitte um die Heiligung des Namens, wenn er sie vor- fand, auszustossen? Etwas begreiflicher wäre bei ihm die Ausstossung der Reichsbitte. Aber freilich kann man auch umgekehrt fragen, wie kamen die übrigen Zeugen dazu, die Reichsbitte auszumerzen, wenn sie ursprünglich war? Eines ist gewiss: entweder Marcion oder die übrigen Zeugen sind bereits durch den Matthäustext be- einflusst gewesen. Dann aber ist, da sich Ausmerzung überhaupt nicht erklären lässt, die Schlussfolgerung m.E. geboten, dassim Lucas- text weder die ı. noch die 2. Bitte gestanden hat. Dass die 3. Bitte bei ihm gefehlt hat, aber schon sehr früh eingesetzt worden ist, gestehen alle zu. RescH und Brass sind einen Schritt weiter ge- gangen und haben erkannt, dass auch die 2. Bitte ursprünglich gefehlt hat und erst nachträglich hinzugefügt worden ist. Sie glaubten aber, trotz des Gegenzeugnisses des Marcion, die erste Bitte für Lucas fest- halten zu können. Aber eine Ausmerzung durch Marcion ist unerklär- lich. Man muss den Weg hier bis zu Ende gehen, zumal da die drei ersten Bitten bei Matthäus nicht leicht zerrissen werden können: Lucas selbst hat statt der drei ersten Bitten nichts anderes geschrieben, als TTAtep, EneeTw TO Arıon TINEYMA coY [Eo HMAc| Kal Kaeapıcarw HmAc. Diesem Texte ist aus Matthäus bald die eine, bald die andere Bitte (d. h. die ı. oder dje 2.) hinzugefügt worden, und zwar schon in frühester Zeit; zuletzt, aber noch im 2. Jahrhundert, ist die Dreizahl der von Matthäus gebotenen Bitten an die Stelle der Bitte um den Geist gesetzt worden. ! Dass Marcion so gelesen hat, braucht man nicht in Zweifel zu ziehen; Ter- tullian giebt in seinem Referate des marcionitischen Vater-Unsers nur die Stichworte (s. oben). uni Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 201 Diese aus dem textkritischen Befund sich nahelegende Annahme bestätigt sich aus inneren Erwägungen: zur Bitte um den heiligen Geist passt weder die Bitte um die Heiligung des Namens recht, noch die Bitte um das Kommen des Reichs. Sie passen weder ihrem In- halte noch ihrer Form nach. Sie sind kurze gedrungene Gebetsseuf- zer eschatologischer Färbung (s. Zaun in seinem Matthäuscomm. z. d. St.); die Bitte um den Geist aber bezieht sich auf die Gegen- wart, und es ist ausdrücklich gesagt, was der Geist soll: er soll (die Herzen) reinigen. Das liegt in einer ganz anderen Richtung als die drei ersten Bitten bei Matthäus.! Was das »#mön« in der 4. Bitte betrifft, so scheint mir die Auto- rität des Syrus Sinaiticus stark genug, um es ernstlich zu gefährden. Auch hier scheint eine Conformation mit Matthäus vorzuliegen (leider fehlt der Matthäustext an dieser Stelle im Syr. Sinait.). Dazu kommt, dass die Lesart des Marcion »ÄPTon coy« — gewiss eine Willkür — sich leichter erklärt, wenn er ein absolutes »Apron«, als wenn er fand. »APTON HMON« >. Die beiden Formen des Vater-Unsers bei Matthäus und bei Lucas, richtig wiederhergestellt, erweisen sich in ihrer ersten Hälfte als sehr verschieden. Wie ist über ihre Ursprünglichkeit zu urtheilen? Lueas. Matthäus. TTArter' TTAtTep HMO@n 5 En Tolc OYPANoIc' Eneetw TO ÄTION TINETMA cov [Ee Hmäc] KAl KABAPICATW HMAC' TON Äpron |HM@N?| TON Erioycion AlAOY HMIN TO KAa” HMEPAN’ KAl Abec HMIN TÄC ÄMAPTIAC HMÜN, KAl TÄP AYTO|l A®IOMEN TIANTI ÖBEINONTI HMIN ÄTIACOHTW TO ONOMA COY' EneATW H BACINnEIA COY' TENHEHTW TO BEAHMA COY, WC EN EN OYPAN® KAI Em TÄc' TON APTON HMÖN TON ETTIOYCION AÖC HMIN CHMEPON KAl ABec HMIN TÄ ÖBEINHMATA HMÖN, WC KA HMEIC ABHKAMEN TOIC ÖbEl- NETAIC HM@N ' KAl MH EICENEFKHC HmAc eEic TIEI- KAl MH EICENETKHC HMAC EIC TIEIPAC- PACMÖN. MON, AnnÄ PYcal HMAC ATIO TOY TTONHPOY. ! Hält man die Autorität des Marcion für zu schwach, um die Bitte um die Heili- gung des Namens zu streichen, so mag man diese Bitte für den Lucastext neben der Bitte um den heiligen Geist retten (in der Form Ärıace4Tw TO ÖNomA coY €&® HMAc); aber man muss dann die Schwierigkeit in den Kauf nehmen, dass die Bitte um den 202 Sitzung der philosophisch--historischen Classe vom 21. Januar 1904. Das Ergebniss der Vergleichung kann man aus dieser selbst ab- lesen, so sicher drängt es sich auf; indessen werden einige Worte doch nicht überflüssig sein. I. An die Ursprünglichkeit der ersten Bitte, wie sie Lucas bietet, kann nicht gedacht werden; enthält sie doch seine eigene religiöse Anschauung oder richtiger die religiöse Erfahrung und Anschauung des Kreises, zu dem er gehört. Die Annahme ist nicht nothwendig, dass er sie selbst stilisirt hat; sie kann ihm bereits überliefert wor- den sein (doch s. unten). Die Begabung mit dem (heiligen) Geist war im apostolischen und nachapostolischen Zeitalter das entscheidende, den Christenstand begründende Erlebniss. Indem Lucas oder seine Ge- währsmänner die Bitte um den Geist dem Herrngebet als Einleitung oder besser als Grundlegung voranstellen, ergänzen sie es, wie sie es nach ihrer Erfahrung ergänzen mussten. Würden sie Jesus Christus selbst hier genannt haben, so würden sie die Erfahrung, um die es sich handelt, nieht in ihrer unmittelbaren und deutlichen Form aus- gesprochen, sondern schon theologisch fixirt haben. Der »Geist« ist das unmittelbar Gewisse und Notliwendige. 2. Aber auch daran kann kaum gedacht werden, dass die drei ersten Bitten, welche Matthäus bietet, ursprünglich sind. Sicher ist, aus dem Vergleich mit Lucas, dass der Zusatz zu »tAtep« und die soge- nannte 7. Bitte stilisirte Amplificationen sind; zugestanden ist ferner längst, dass die 3. Bitte in diesem Gebet nicht ursprünglich ist. Die- ses Urtheil muss nun auch auf die ı. und 2. ausgedehnt werden. Was hätte den Lucas bestimmen können, die Bitten zu streichen (so Resch), wenn sie ihm im Herrngebet überliefert gewesen wären? Bei der ı. Bitte lässt sich schlechterdings kein Motiv einsehen, aber auch in Bezug auf die 2. muss man constatiren, dass Lucas nirgendwo sonst den Begriff BAcineia (To? seo?) vermieden hat. Er hat auch den eschatologischen Charakter des Begriffs (trotz Stellen wie IO,9. II; 11, 20; 17, 20f.) bestimmt festgehalten (s. 21, 31; 22, 18 u. s.w.). Dazu kommt, dass die drei ersten Bitten bei Matthäus zusammengehören und eigentlich eine einzige — eindrucksvoll, aber auch kunstvoll — stilisirte Bitte darstellen. Es sind heisse Gebetsseufzer, vergleichbar dem Suspirium in der Didache (ce. 10): &neetw [A] xApıc Kal TIAPeneETw 5 KöcMmoc oYToc. Sie sind gewaltiger und umfassender als dieses, aber gehören doch zu ihm. Andererseits aber sind sie, wie längst nachgewiesen, Geist, die ihrer Natur nach eine Initiationsbitte ist (s. u.), an zweiter Stelle steht. Ich vermag mich an dieser Rettung nicht zu betheiligen; denn ein so wirres Gebet (erst die Bitte um die Heiligung des Namens, dann die Anrufung des Geistes, dann wieder Bitten) kann ich nicht für lucanisch halten. Es ist aus Conformation ent- standen. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 203 den officiellen jüdischen Gebeten blutsverwandt und stellen in kürzester Form ihren wichtigsten Inhalt dar.' Das Ergebniss ist: die Bitte um den heiligen Geist (Lucas) ist gewiss nicht ursprünglich, und die drei ersten Bitten bei Matthäus sind es höchst wahrscheinlich ebenfalls nicht. 6. Das, was dem Lucas und Matthäus gemeinsam ist, lautet also: TTAtep' TON ÄPTON TON ETTIOYCION AÖC” HMIN CHMEPON”, KAl Äoec HMIN TA ÖsEIAHMATA" HMON, WC KAl HMEIc A®HKAMEN TOIC ÖBeInETAIC HMON’, KAl MA EICENErKHC HMAC Eic TIEIPACMÖN." Diese drei Bitten sind sowohl bei Lucas als bei Matthäus durch ka) verbunden, während die vorangehenden unverbunden stehen. Das ist nicht unwichtig. Die drei Bitten sind ferner durch das gemeinsame #meic verbunden. Die drei Bitten beziehen sich auf die einfachsten aber wichtig- sten Zustände, in denen sich Jedermann zu jeder Zeit findet und empfindet oder doch empfinden soll. Dass zwischen den drei ersten Bitten bei Matthäus und den vier folgenden ein Hiatus liegt, ist längst erkannt worden, aber auch in der Recension des Lucas bemerkt man sofort, dass die drei Bitten enge zusammengehören gegenüber der Bitte um den heiligen Geist. Kann das Bittgebet dieser drei Bitten für sich bestehen? Ist es ein Ganzes oder ist es ein Torso? Ich wüsste nieht, was ihm fehlt, und ich sehe nicht, dass es durch seine Kürze und durch die Beschrän- kung (auf das Brod, die Verschuldungen und die Versuchung) die vor- zügliche Überlieferung verleugnet, in der wir es besitzen.’ Vorzüglich ! Auch schon das Herrngebet selbst (d. h. Bitte 4,—6) ist dem Schimone Esre etwas verwandt. 2 AlaoY. TO Kae” HMEPAN. TAC ÄMAPTIAC. KAl TÄP AYTOI A®IOMEN TIANTI ÖBEINONTI HMIN. In dem, was dem Lucas und Matthäus gemeinsam ist, steht der von diesem gebotene Text dem aramäischen Original wohl um eine Stufe näher. Ob Lucas sprach- lich an ö®elaHma Anstoss genommen oder ob er als Pauliner ÄmAPTIA eingesetzt hat, steht dahin. Nicht unwichtig ist das Perfeetum »AsHkamen« des Matthäus, obschon der Grundtext wohl auclhı durch das Präsens übersetzt werden konnte. Tö kKA® HMEPAN = CHMEePoN kommt auch sonst bei Lucas vor. »AlaoY« ist correcter (also jünger) als »Aöc« in diesem Zusammenhang. Das Wort öseinerkc war dem Lucas zu vulgär. ? Der Kern des Gebets ist die Bitte um Vergebung. Das hat Matthäus noch richtig herausgefühlt, wenn er dem Vater-Unser unmittelbar die Worte naclıfolgen lässt (6, 14): EAN TÄP A®ÄTE TOIC ÄNEPWTIOIC TÄ TIAPATITWMATA AYTON, A®Hcel Kal YMIN Ö TIATHP YMÖN O oYPAnNIoc. Dieser Kern stelıt zwischen zwei Bitten, die an der Ver- ao a» w 204 Sitzung der plilosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. darf man die Überlieferung nennen; denn sowohl die vollkommene sachliche Übereinstimmung der beiden Zeugen, wie die Varianten bestä- tigen es, dass wir hier Urgestein vor uns haben." Je grösser der Ab- stand der Überlieferung in der ersten Hälfte des Gebets bei Lucas und Matthäus ist, um so frappanter ist die Concordanz in der zweiten. Der Zusammenhang aber, in den Matthäus das Vater-Unser gestellt hat, ist offenkundig unrichtig. In Verbindung mit einer langen Rede kann es nicht gestanden haben, am wenigsten nach der Mahnung: »Wenn du betest, gehe in dein Gemach, und, nachdem du die Thüre geschlossen, bete zu deinem Vater«. Ja man darf auf Grund dieser Stelle fragen, ob Jesus überhaupt ein Mustergebet und ein solches für viele zugleich (kmeic) gelehrt haben kann. Indessen jene Mahnung zum ausschliesslichen Gebet im Verborgenen ist doch eum grano salis zu verstehen. Was sie verbietet, steht in ce. 6, 5. Lucas bringt eine Erzählung, nach der das Vater-Unser die Er- füllung der Bitte eines Jüngers ist: »Lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat«. Diese Erzählung scheint auf den ersten Blick einwandsfrei; allein das Vater-Unser in seiner Urgestalt enthält nichts, was auf einen solchen antithetischen Ursprung deutet. Im Folgenden werden wir sehen, dass die Veranlassung, wie sie Lucas berichtet, einem schweren Bedenken unterliegt. Ts Wie sind die von Matthäus und Lucas überlieferten Formen des Herrngebets entstanden? Die Antwort auf diese Frage ist im Vorhergehenden zum Theil angedeutet. Matthäus giebt das Gebet liturgisch-feierlich ausgestaltet, und zwar unter Anlehnung an die überlieferten jüdischen Haupt- gebete. Es klingt aus in einem nach Gedanken, Form und Rhythmus parallelen Doppelsatz. Gleichartig und ebenfalls rhythmisch sind die drei ersten neuen Bitten gestaltet; sie stellen eine dreifaltige Bitte dar und finden in dem üc &n oYpan® Kal Em rAc ihren Abschluss.” Gewiss sind es Bitten, ja heisse Bitten, aber man kann sie zugleich auch als eine Doxologie in Form von Bitten betrachten. Wenn in einem noch späteren Stadium der Geschichte des Vater-Unsers — suchsgeschiehte merkwürdige Parallelen haben. — Die Verlockung, die Bitte um das Brod geistig zu deuten (die so nahe liegt, wenn ihr die drei ersten Bitten voran- gehen), wird geringer, wenn sie das Gebet eröffnet. Ganz schwindet aber die Ver- suchung nicht. Bereits Mareion hat sie so gedeutet. ! Vergl. auch das Hebräer Evangelium (s. o.). ® Die Worte gehören zur dritten Bitte, aber wirken doch wie ein Abschluss zu allen drei Bitten. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 205 aber noch in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts (siehe die Didache) — eine förmliche Doxologie an den Schluss gesetzt worden ist, so entspricht dieser neue Zusatz ganz dem Charakter des Gebets, wie es bei Matthäus vorliegt und trägt nichts Fremdes ein. Wie früh es die Form angenommen hat, die Matthäus bietet, wissen wir nicht, jedenfalls noch in judenchristlichen Kreisen — das zeigt die Anlehnung an die jüdischen Gebete — und in der Zeit, da noch Judenchristliches auf das heidenchristliche Gebiet überging, vermuth- lich also noch unter den Augen der Zwölfjünger.' Trotz jener An- lehnung ist aber nicht nur alle so nahe liegende Polylogie vermieden, sondern es ist auch lediglich das den alten Gebeten entnommen, was in der Verkündigung Jesu in neuem Lichte hervorgetreten war. In diesem Sinne sind auch die drei ersten Bitten echt. Sollte das Herrngebet ein feierliches Gemeindegebet werden, so kann man sich keine umfassendere, kürzere und würdigere Form denken als die bei Matthäus vorliegende. Sie enthält nichts, was Jesus nicht gesagt haben könnte, wohl auch nichts, was er nicht gesprochen hat, wenn auch nicht in diesem Zusammenhang. Man kann noch mehr sagen: Jesus hat — so berichtet noch Matthäus — nicht die Anweisung ge- geben: »Betet dieses«, sondern: »Also sollt ihr beten«, hat er ge- sprochen. Die Gemeinde hat ihn verstanden, sofern sie seine Worte nicht bloss eopirt hat. Was sie ihnen hinzufügte, das hatte sie auch von ihm gelernt und gab es in wundervoller Reinheit und Prägnanz wieder. Lucas hat das ursprüngliche Herrngebet nur durch eine Ein- gangsbitte vermehrt. Es könnte scheinen, als sei die Bitte um den heiligen Geist Christen, namentlich paulinischen, so natürlich gewesen, dass die Hinzufügung derselben einer Erklärung nicht bedarf. Allein erstlich war die altchristliche Vorstellung die, dass man den Geist entweder hat (als dauernden Besitz) oder nicht hat — als tägliche Bitte erscheint die Bitte um den heiligen Geist daher auffallend —, sodann macht auch der Zweck, um dessen willen hier um den Geist gebeten wird (die »Reinigung«), es wahrscheinlich, dass es sich um ein Initiationsgebet handelt, d.h. um ein Gebet, durch das der Christenstand erst begründet werden soll. In dem Momente aber werden wir auf ein Doppeltes aufmerksam, nämlich r. auf die Einführung des Vater-Unsers bei Lucas (»Einer seiner Jünger sprach ! Schon Marcus mag das Herrngebet als Gemeindegebet in der von Matthäus gebotenen Form gekannt haben; ce. ı1, 25 (s. Werrnausen’s Bemerkung zu der Stelle) schreibt er: »Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, was ihr etwa gegen wen habt. damit auch euer Vater in den IHimmeln [dieser Ausdruck findet sich nur hier bei Marcus!) euch eure Übertretungen vergebe«. 206 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. zu ilım: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger gelehrt hat«) und 2. auf die Stelle Lucas, Apostelgeschichte 19, 2 (»Paulus traf zu Ephesus einige Jünger und sprach zu ihnen: Habt ihr, als ihr gläubig wurdet, den heiligen Geist empfangen? Sie aber antworteten ihm: Wir haben nicht einmal gehört, dass es einen heiligen Geist giebt. Er sprach: Woraufhin seid ihr denn getauft? Sie antworteten: Auf die Taufe des Johannes. Paulus sprach: Johannes hat mit der Busstaufe getauft u.s.w..... Da wurden sie auf den Namen des Herrn Jesus getauft und..... der heilige Geist kam auf sie«). Sobald man diese Stellen eombinirt, erscheinen die Worte, mit denen Lucas das Vater-Unser eröffnet, in einem ganz anderen Licht. Auf sie fällt jetzt der Schwerpunkt, und sie — aber auch nur sie — stehen in engstem Zusammenhang mit dem angegebenen Anlass: »Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger gelehrt hat«. Durch die Bitte um den heiligen Geist soll sich das Vater-Unser von dem Gebet der Johannesjünger unterscheiden.' Die Nicht-Ursprünglichkeit der Bitte um den heiligen Geist im Herrngebet wird dadurch noch einmal gewiss, aber auch die Un- geschichtlichkeit des Anlasses, der nach der Darstellung des Lucas zum Herrengebet geführt haben soll. Correspondirt dieser Anlass nur mit jener Bitte im Gebet, die nachträglich hinzugefügt worden ist, so fällt er selbst dahin. Zu fragen ist daher nur noch dies, ob dem Lucas die Bereicherung und Determinirung des Vater-Unsers schon überliefert gewesen ist, durch welche es ein Initiationsgebet ge- worden ist (denn das ist es in der lucanischen Gestalt auf alle Fälle). Möglich ist das, denkbar ist auch, dass es ihm als christliches Ini- tiationsgebet im Gegensatz zu den Johannesjüngern bereits überliefert war. Aber wahrscheinlicher ist doch wohl — bei dem Interesse, welches er selbst an der Auseinandersetzung mit den Johannesjüngern (wie der 4. Evangelist) genommen hat —, dass erst er dem Herrn- gebet durch Voranstellung der Bitte um den heiligen Geist den con- fessionellen Charakter gegenüber den Johannesjüngern gegeben hat. Auch er hat, wie Matthäus, den Wortlaut des identisch überlieferten Gebets nicht verändert, aber sich die Freiheit genommen, dasselbe zu bereichern. Den wirklichen Anlass des Gebets kennen wir also nicht mehr; denn auch die von Lucas erzählte Veranlassung hat sich als unhalt- bar erwiesen. Das Herrngebet ist somit ein frei schwebendes Stück ! Dies ist ein neues und vielleicht das stärkste Argument dafür, dass die Bitte um den heiligen Geist bei Lucas wirklich ursprünglich ist; denn nur sie steht mit dem Anlass des Gebets, wie Lucas ihn angiebt, in fester Correspondenz. Harnack: Die ursprüngliche Gestalt des Vater- Unsers. 207 der Überlieferung. Da erhebt sich die bereits oben berührte Frage in verstärkter Form auf’s Neue, ob nicht auch die Urgestalt des Gebets Jesus abgesprochen werden muss. Da es bei Marcus fehlt, so hat Hr. Wertuausen (Marcus S. 98) Bedenken angedeutet: »Marcus mag es als Gemeindegebet gekannt haben [wegen 11, 25, s. o.|, hat aber nicht gewagt, es dem Wortlaut nach auf Jesus zurückzuführen. Jesus giebt bei ihm kein Formular. sondern nur allgemeine Regeln für das Beten. Er stellt die Bereitwilligkeit zu vergeben schlechthin als Vor- bedingung auf, ‘wenn man steht und betet. Auch die Bitte: "Führ uns nicht in Versuchung” steht bei Mare. 14, 37 für sich und nicht im Zusammenhange des Vater-Unsers.« Diese und andere Bedenken scheinen mir nicht durehschlagend. Viele echte Worte Jesu sind als frei schwebende überliefert, und das Schweigen des Marcus in Bezug auf Reden und Worte Jesu, welehe Matthäus und Lucas bieten, be- weist an und für sich nichts. Seine Ökonomie vermögen wir in dieser Hinsicht überhaupt nicht zu durchschauen. Das Vater-Unser, wie Matthäus es mittheilt, kann ein Formular genannt werden; aber die Urgestalt des Herrngebets fällt nicht unter diese Kategorie‘. Sie ent- hält nur schlechthin nothwendige Bitten; aber sie und nur sie heraus- zuheben, das ist die grosse Entdeckung in der Welt des Gebets. Man kann nicht Jedem in jedem Momente zumuthen, er solle um die Heili- gung des Namens Gottes, das Kommen des Reichs u. s. w. bitten — dazu gehört eine gehobene, feierliche Stimmung, wie sie vornehmlich die cultische Gemeinsamkeit erzeugt —, aber jene drei Bitten sind nichts Anderes als die Entfaltung der rechten Gebetsgesinnung selbst. Sie sind weder so erhaben, dass man eines besonderen Aufschwungs zu ihnen bedarf, noch so speciell, dass sie nicht immer präsent sein können. Eben deshalb sind sie weniger eine Anweisung als die selbstverständliche Darstellung der Grundform kindlichen Gebets und fallen nicht unter die Schranken, die Jesus dem Gebet gezogen hat. Auch das »Wir« und »Uns« ist schwerlich zu beanstanden: Jesus hatte doch einen festen Kreis von Jüngern, von Nachfolgern um sich gesammelt. Nun kommt hinzu, dass die Bezeugung des Kerns bei Matthäus und Lucas ganz einheitlich und vortrefflich ist, und dass die Geschichte des Gebets, wie sie schon in diesen beiden Evangelien vorliegt, der Annahme der Authentie sehr günstig ist. Man hat es nur bereichert, aber an keiner Stelle zu verändern gewagt, und man hat es Zwecken dienstbar gemacht, für die es sich eigentlich nicht eignet. Das gilt besonders von der Form, wie sie Lucas bietet. ! Hr. Werrsausen hatte im Zusammenhang der Erklärung des Marcus - Evan- geliums keine Veranlassung, die Frage aufzuwerfen, ob sich etwa ein ursprünglicher Kern des Herrengebets ermitteln lässt. 208 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. Januar 1904. Warum hat man sich diese Mühe gemacht, wenn man einer flüssigen oder unsicheren Überlieferung gegenüberstand oder überhaupt keiner von Jesus herrührenden ? »Vater, das Brod für den kommenden Tag gieb uns heute, und vergieb uns unsre Schulden, wie auch wir vergeben haben unsern Schul- digern, und führe uns nicht in Versuchung hinein« — so lautete das ursprüngliche Herrngebet. Bei Matthäus ist uns dieses Gebet in be- reicherter und liturgisch stilisirter Form als Gemeindegebet erhalten, unter Anknüpfung an die jüdische Gebetsübung und an die Verkündi- gung Jesu. Bei Lucas liegt es uns vermehrt um eine einleitende Bitte vor, welche die Erfahrung der christlichen Gemeinde im apostolischen Zeitalter enthält, im Unterschied von allen anderen religiösen Gemein- schaften, zunächst von der der Johannesjünger. Ausgegeben am 28. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. VI. 28. Januar 1904. | BERLIN 1904. _ VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. i IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. [nr -TaleT=1- TER SIT TeI-TelerelerelerelereleTelerzlerelerel-Te1-TelSTzIeTelerelerel-TelereleTeIT I -TSISFel-Tet Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte« . $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtliehen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- matlıematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. $ 2. £ 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gelıö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welehe nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $6. l, Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. ‘3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Notliwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche “ Auflage eingeliefert ist. 8.7. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden. Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer end in deutscher "Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, ‚ mit denen sie im Sch wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: A die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats MET » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, Da RR . October bis December zu Anfang des nächsten Höre nach Fertigtell ” ” . Classe. öffentlichen. beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffende $8. 3 5. Auswärts werden Correeturen nu Verlangen verschickt. ‚Die Kg ve Be füllen, fällt in der Regel der Ums t 3. Einem Me welcher re der Aknde Alalanib oder der be befendlen Classe. _ "Nicht erhalten 50 Fr eiexemplare und dürfen Szchkerelı vr plare auf ihre Kanen abziehen lassen. N: 828. ° 1. Jede zur Aufnahme in die S stimmte Mittheilung muss in einer “ vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder ° Wenn schriftliche ER auswärtiger de: En Mitglieder direct u der Akademie ‚oder bei einer iler ER Ein darauf gerichtete sobald das Manuscript druckfe gestellt und sogleich zur AimnE gebracht ext für alle Sn Theile der nach jeder Richtung nur wortlich. 209 SITZUNGSBERICHTE 1904. v1. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN: 28. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Frıeprıcn's I. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hr. WaArLpevER eröffnete die Sitzung, welcher Se. Excellenz der vorgeordnete Hr. Minister Dr. Srupr beiwohnte, mit folgender Rede: Zur Doppelfeier dieses Tages, der seit der Thronbesteigung Kaiser Wirneru sl. dessen Geburtsfest mit dem Gedächtniss unseres Erneuerers, König Frieprıc#'s Il., vereinen lässt, waren wir am 29. Januar 1903 zum letzten Male in den altgewohnten Räumen versammelt, die wir der Huld des grossen Frreprıcn verdankten. Dieselbe Feier sieht uns heute an einer anderen Stätte, welche nur zeitweilig unsern Zwecken dienen soll, während dort unter den Linden hunderte emsiger Hände mit Zeichenstift, Winkelmaass und Kelle sich regen, um für uns ein neues glänzendes Heim an dem alten geschichtlichen Platze zu be- reiten. Wir verdanken es der Munificenz und weit vorschauenden Ob- sorge unseres Kaiserlichen Herrn und erhabenen Schützers, auf den sich heute zuerst unsere Blicke in dankbarem und freudigem, befreitem Empfinden lenken. Mit dankbarem Empfinden gegen den Lenker aller Geschicke, der die dunkle Sorge kurz vergangener Tage von uns ge- nommen hat, so dass wir befreiten und freudigen Herzens unserm in aller seiner jungen Kraft und Frische uns wiedergewonnenen Herrscher an seinem Geburtsfeste zujubeln können. So gestaltet sich die heutige Feier für uns zu einer besonders bedeutsamen und tief gefühlten. Nicht aber für uns allein! Wenn etwas die alte Erfahrung, dass sich Freude zum Leid gesellt, wie Leid zur Freude, uns abermals vor Augen führen konnte, so war es die aufrichtige, innige Theilnahme an dem Wohl und Wehe unseres, des Deutschen Kaisers, welehe in dieser Zeit die ganze Welt durchzuckt und bewegt hat. Möge sich die reine Freude, die wahre menschliche Theilnahme erweckt, mit ihrem ganzen Wohl- Sitzungsberichte 1904. 17 210 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. thun auf unsern Kaiserlichen Herrn und sein Haus legen für und für; nimmermehr werde sie getrübt! Das sei unser Wunsch aus offenem Herzen! Unser Erinnern am heutigen Tage gilt aber auch unserm Er- neuerer und zweitem Stifter König Frıeprıcn, dem Philosophen und Akademiker auf dem Throne, und seiner Zeit! Wenn auch über 100 Jahre verflossen sind, seit der grosse einsame König sein Auge schloss, so lebt und webt doch seine Zeit in unsere hinein, wie denn ein geheimnissvolles Band alles Lebendige umfasst von Anbeginn. Je mehr wir unsere ethnologischen, historischen und entwicklungsge- schiehtlichen Studien vertiefen, desto mehr werden wir uns des inneren Zusammenhanges bewusst, der das Menschengeschlecht verkettet und der es uns unter dem Bilde eines grossen Stromes erscheinen lässt, der über die Erde hinwegtfliesst, sich fort und fort erneuernd, ein Theilchen bedingt vom anderen nach ewigen Gesetzen. Die Zeit FrıepricHn's des Grossen war für Deutschland, wie für die meisten Culturländer, reich an hervorragenden Förderern der bio- logischen Wissenschaften. Man könnte sagen, dass ein frischer Zug der Beschäftigung mit biologischen Problemen durch die Lande ging. Ich brauche nur an die Namen Karr von Linn£E, LAZZARO SPALLANZANI, ALBRECHT von Harzer und Kasrar Frieprıcn Worrr zu erinnern. Die bedeutendsten Werke dieser Männer, deren Einfluss tief auch in unsere Zeit eingreift und weit darüber in die kommenden Jahrhunderte hinein- reichen wird, fallen in die friderieianische Zeit. Drei von ihnen, Linn£, gewählt 1746, SparLanzanı, gewählt 1776, und Harrer, ge- wählt 1749, gehörten unserer Akademie als auswärtige Mitglieder an; Harrer suchte man, wiewohl vergebens, nach Berlin zu ziehen, den vierten, Kaspar Frieprıcn Worrr, der an Bedeutung keinem nachsteht, ja, durch Gedankentiefe an die vorderste Stelle gehören mag, liess man sich entgehen, obwohl er ein Berliner Kind und, man kann es in gewissem Sinne sagen, aus dem Heere Frıeprıcn s des Grossen her- vorgegangen war. Von ihm und dem grossen entwicklungsgeschicht- lichen Probleme, durch dessen geistvolle und für seine Zeit entschei- dende Behandlung er seinen Namen unsterblich gemacht hat, will ich in dieser Stunde hier in Erinnerung an die fridericianische Epoche, der er doch Vieles verdankt, handeln. Die nähere Veranlassung dazu entnehme ich aber dem Umstande, dass gerade das Worrr’sche Pro- blem in unserer Zeit, wenn auch in vertiefter Fassung, wieder wie damals die Geister auf den Kampfplatz geführt und zum Theil neue Forschungsrichtungen in der Entwicklungsgeschichte geweckt hat. Kasrar FRIEDRICH WoLrF — Andere schreiben, wie es auch GOETHE thut, fälschlich »Worr« — wurde in Berlin 1733 als Sohn eines Schnei- WALDEYER: Festrede. ala dermeisters geboren. Nähere Geburtsdaten habe ich nicht ermitteln können. Sein Vater muss in guten Vermögensverhältnissen gelebt ha- ben, denn er konnte nicht nur die Studien seines Sohnes in Berlin und Halle bestreiten, sondern ihn auch später noch, als er ohne Ein- künfte seinen Forschungen oblag, unterhalten. Den ersten Unterrichtsgang Worrr's kennen wir nicht. Später, mit 20 Jahren, finden wir ihn als Zögling des hiesigen Collegium medico-chirurgicum, aus welchem sich im Laufe der Zeit die jetzige Kaiser Wilhelms- Akademie für die militärärztlichen Studien, und die medicinische Facultät unserer Universität entwickelt haben. Das Col- leeium stand zu der Zeit, in der Frreprıcn's Il. grosse Aera begann, in grosser Blüthe und in hohem Ansehen weit und breit, da Männer wie der ältere Liegerkünn, der ältere Mecker, CorHentvs und ein wenig später der ältere WALTER an ihm wirkten — diese sämmtlich zugleich Mitglieder unserer Akademie. Worrr berichtet selbst von seinen anatomischen Studien unter Mecker. Augenscheinlich genügte indessen dem strebsamen Jünger der Naturwissenschaften die einseitig mediei- nische Ausbildung, die er damals hier nur finden konnte, nicht, auch wollte er den Doctorgrad erwerben. und so treffen wir ihn ein Paar _ Jahre später! auf der Universität zu Halle, wo er schon als 26 jähriger durch seine Doctordissertation den Grund zu seinem späteren Ruhme legte. Er promovirte mit seiner »Theoria generationis«e am 28. No- vember 1759. Welchem Einflusse es zu danken ist, dass Worrr seine junge Kraft der Entwicklungsgeschichte zuwendete, und weshalb er nach Halle zog, wissen wir nicht. Worrr war ein stiller, echter Gelehrter und Forscher, wenig mittheilsam, nur seiner wissenschaftlichen Arbeit lebend, und so haben wir von seinem Lebensgange und den Ein- flüssen, die auf ihn gewirkt haben mögen, nur wenig erfahren. Ent- wicklungsgeschichte wurde damals hier nicht getrieben, aber auch nicht in Halle; überhaupt war die ganze Zeit nach des grossen Marrıenı Tode (1694) für diese Wissenschaft eine wenig förderliche gewesen. Nur ALBRECHT von HALLER ragt hier, wie in allen Zweigen der Biologie, ruhmvoll hervor, obwohl seine grössten Verdienste nicht gerade auf diesem Felde liegen. Auf Worrr mag der grosse damalige Göttinger Anatom und Physiologe indireet eingewirkt haben durch seine Schriften und seine weit und breit anerkannte Bedeutung‘, die die Augen Aller auf ihn lenkte. Das geht auch daraus hervor, dass Worrr in seiner berühmten Erstlingsschrift, welche ihrer ganzen An- ! Worrr wurde am 10. Mai 1755 als Stud. med. bei der Hallenser Universität immatrieulirt. 17 212 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. lage und Durchführung nach eine lange Beschäftigung mit ihrem Gegen- stande voraussetzt, sich eingehend mit Harrer’s Lehren, als deren Gegner er auftritt, beschäftigt. Da entwicklungsgeschichtliche Auf- gaben ihn vorzugsweise auch während seines ganzen übrigen Lebens am meisten angezogen haben, so ist klar, dass er sich schon von Anfang seiner Studien solchen zugewendet haben muss. Es hat da doch wohl der Einfluss Mecker's mitgewirkt, der einer der bedeu- tendsten Schüler Harrer’s war. Da nun Harrer fast der Einzige war, der damals in Deutschland Entwicklungsgeschichte trieb, so hätte man Worrr eher als späteren Göttinger Studenten vermuthen sollen, denn als Hallenser. Vielleicht gaben für Halle äussere Gründe den Ausschlag, gegen Göttingen innere. Worrr fühlte sich, als er die Universität Halle bezog, wohl schon als Gegner Harrer’s in dem ihn beschäftigenden grossen Probleme; andererseits schätzte und verehrte er Harrer auf’s höchste, wie aus seinem Briefwechsel mit Letzterem hervorgeht. Dazu kam, wovon dieser Briefwechsel und vieles Andere, wie die Anhänglichkeit Mvur- sınna’s an Wort, seine Liebe zur Zurückgezogenheit, Zeugniss geben, Worrr’s feinsinnige Natur, die ihn einem Streite mit einem von ihm so hochverehrten angesehenen Manne aus dem Wege gehen hiess. Der derzeitige Vertreter der Anatomie und Physiologie in Halle! konnte ihn wohl nicht bewogen haben, Halle zu wählen. Übrigens braucht man bei Leuten vom Schlage Kasrar FrieprıcH Worrr’s nicht viel nach Einflüssen zu fragen; solche finden ihre eigenen Wege und stellen sich ihre Aufgaben selbst! Nach Erlangung der Doctorwürde kehrt Worrr nach Berlin zu- rück und sendet von hier aus seine Dissertation an Harzer. Hieran knüpft sich jener bereits genannte Briefwechsel, der für beide Theile ehrenvoll ist und uns den Charakter Worrr's im schönsten Lichte zeigt. (Epistolarum ab eruditis viris ad Albertum Hallerum seriptarum Tomi VI.) Das fiel mitten in den siebenjährigen Krieg, und zwar in die für König Friepricn unglücklichsten Jahre 1759 und 1760. In ÜorHEnıus hatte die Preussische Armee einen vortrefflichen Leiter ihres Lazareth- wesens. Er wünschte seine Feldscherer und Chirurgen ordentlich vor- gebildet für ihren verantwortungsvollen Beruf und richtete deshalb be- sondere Vorlesungen in der Anatomie und praktische Übungskurse nicht nur in Berlin, sondern auch bei den grösseren Feldlazarethen ein. ! Es war Paırıpp AporLr BoEHNER (1741— 1789). Er hinterliess eine ansehn- liche Reihe von Schriften über die verschiedensten Gebiete der Mediein: Pharma- kologie, Innere Mediein, Geburtshülfe, Anatomie und Physiologie; einzelne behandeln auch entwicklungsgeschichtliche Themata, sind jedoch ohne besonderen Werth. In seinen »Institutiones osteologicae« finden sich saubere Abbildungen von Embryonen und embryonalen Skeleten. > WALDEYER: Festrede. 218 Dazu berief er Worrr, den er als Zögling des Berliner, Collegium me- dieco-chirurgieum wohl kannte und schätzte, nach Breslau und be- freite ihn bald, als er den grossen Erfolg sah, den Worrr mit seinen Cursen hatte, von dem sewöhnlichen Lazarethdienste. Hier machte Worrr auch die Bekanntschaft des damals 17 jährigen, aus einer Barbier- stube in Stolp hervorgegangenen, späteren ausgezeichneten Berliner Chi- rurgen UHrIsTIANn Lupwis Mursınsa und wählte sich den geweckten jungen Lehrling zu seinem Amanuensis. Mursınna hat Worrr es nie vergessen, dass er ihm seine erste wissenschaftliche Ausbildung verdankte und ist ihm stets ein treuer, ergebener Freund geblieben. Von ihm haben wir auch die meisten Nachrichten über Worrr's Leben, die wir in der ersten Ausgabe von GoErnE's Schrift: »Zur Morphologie«, Stuttgart und Tübingen 1817, S.252— 256, abgedruckt finden. Sie sind aus Berlin vom 3. März ı819 datirt und mit Mursına’s Namen unterzeichnet.' Der Hubertusburger Friede löste die Lazarethe auf, und Wourr wie Mursınna kamen, zunächst ohne Erwerbsbeschäftigung, nach Berlin zurück. Eine schwere Zeit für Beide begann. Worrr fühlte den Lehr- und Forscherberuf in den Gliedern und scheint sich auf Erwerb durch ärztliche Praxis erst gar nicht eingerichtet zu haben. Da am Collegium medico-chirurgiecum kein Platz für ihn frei war, so wendete er sich an Coruexius mit dem Anliegen, dass es ihm gestattet werden möchte, als freier Docent Vorlesungen über seine Studienfächer, insbesondere Physiologie, der die Entwicklungsgeschichte derzeit zugehörte, zu hal- ten. Das stiess auf den entschiedenen Widerstand der Lehrer am Colle- gium medico-chirurgieum. Ich möchte hier nicht in das harte Ur- theil des Biographen Worrr's, Aurren Kırennorr's, über das damalige Lehrer-Personal des Collegium einstimmen. Es hatte thatsächlich allein das Recht, diese Vorlesungen zu halten, und einschneidende Neuerungen werden niemals ohne Widerstand durchgesetzt. Schliess- lich wurde auf Cornexmws’, der ja doch selbst Mitglied des Collegium war, Betreiben Worrr's Antrag genehmigt. Worrr lebte hier bei seinen Eltern und nahm nun Mursınsa wieder zu seinem Amanuensis an. Seine Vorlesungen — er las auch über Logik, ferner über Pathologie und Therapie — fanden nach Mursınsa’s Bericht so viel Beifall, «dass es schwer wurde, ein hinreichendes Auditorium dafür zu finden. Aber das Wasser zwischen dem »Privatdocenten«, denn das war Worrr im echten Sinne des Wortes, und seinen ehemaligen Lehrern war getrübt; es soll zu schärferen Gegensätzen, zu Kathederpolemiken und sogar zu Streitigkeiten zwischen den gegenseitigen Schülern gekommen sein, ! Obwohl auf dem Titelblatte der Goerne’schen Schrift als Jahr 1817 stehen geblieben ist, finden sich doch darin mehrere kurze Einschiebsel späteren Datums. 214 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. und Worrr sah ein, da ihm bei einer eingetretenen Vacanz im Colle- gium medico-chirurgicum ein weit weniger Befähigter vorgezogen wurde, dass er in Berlin wenig Aussichten auf Erlangung einer Pro- fessur oder einer Stelle in der Akademie habe. Aber von der Aka- demie kam ihm, wenn auch indireet, doch die ersehnte Förderung, mit der er ihr freilich — und man kann es nur auf’s Höchste be- klagen — für immer entrissen wurde. Nach dem von L. StıepA ver- fassten betreffenden Artikel in A. Hırsc#'s Biographischem Lexikon hervorragender Ärzte aller Zeiten und Völker hat kein Geringerer als LEONHARD Eurer dazu mitgewirkt, dass Worrr einen Ruf an die Peters- burger Akademie erhielt, dem er im Frühjahr 1767, nachdem er in Berlin sich noch verheirathet hatte, folgte. Ob die Nachwirkungen der früheren Contlietszeit sich so lang hin ausdehnten, vermag ich nicht zu sagen; kurz die Berliner Akademie hat auch in der Folge nicht daran gedacht, Worrr, der 1794 starb, wieder zu gewinnen oder ihm einen Platz unter ihren auswärtigen oder Ehrenmitgliedern einzuräumen. Mecker war schon 1774 gestorben, aber WALTER senior überlebte Worrr um viele Jahre, und ihm traue ich es zu, nach ge- nauerer Bekanntschaft mit seinem Wesen und Lebensgange, dass er ein schwer zu versöhnender Gegner war. Bestimmtes jedoch vermag ich nicht darüber zu sagen. Waren die Kampfesjahre in Berlin zugleich, wie wir von Mursınna und durch die aus jener Zeit stammenden Veröffentlichungen erfahren, zugleich Jahre eifrigster Arbeit gewesen — ausser kleineren Mitthei- lungen besorgte Worrr eine zweite höchst interessante deutsche Aus- gabe seiner Theoria generationis — so setzte sich dies in Petersburg bei sorgenfreier, wenn auch bescheidener Existenz, mit verdoppeltem Eifer und nie erlahmender Forschungslust fort. Die Acta Academiae scientiarum Petropolitanae geben vollgültiges Zeugniss davon. Drei der späteren Werke Worrr’s seien hier erwähnt: »De formatione inte- stinorum praeeipue, tum et de Amnio spurio aliisque partibus em- bryonis gallinacei, nondum visis, observationes, in ovis ineubatis in- stitutae«, ferner: »de ordine fibrarum musculorum cordis« in ı2 Ein- zelabhandlungen und (1789): »Von der eigenthümlichen und wesent- lichen Kraft der vegetabilischen sowohl als auch der animalischen Substanz, als Erläuterung zu 2 Preisschriften über die Nutritionskraft«. Die erstgenannte grosse Abhandlung über die Bildung des Darm- kanals ist gleich der Theoria generationis ein klassisches und unseres Autors bedeutendstes Werk: ich kann den Werth desselben nicht besser in kurzen Worten wiedergeben, als es unser auswärtiges Mitglied Hr. von Körtiker in seinem Lehrbuche der Entwicklungsgeschichte (U. Aufl. S.ı0) gethan hat, wo es heisst: »Durch diese Untersuchung m 15 WALDEYEr: Festrede. Worrr’s wurde zum ersten Male ein Organ von seinem ersten Anfange bis zu seiner Vollendung verfolgt, und, was noch wichtiger ist, die Bildung eines so zusammengesetzten Apparates, wie der Darm, auf eine einfache blattartige primitive Anlage zurückgeführt.« Durch diese gründlich und meisterhaft durchgeführte Arbeit wird Worrr, wie von Körriker weiter darlegt, auch zu einem für seine Zeit merkwürdig tiefen Einblick in die Auffassung der ersten Entwicklungsvorgänge geführt, die er in der Bildung von blattartigen Primitivorganen er- blickt. Worrr sagt: »Diese nicht etwa eingebildete, sondern auf den sichersten Beobachtungen begründete und höchst wunderbare Analogie von Theilen, die in der Natur so sehr von einander abweichen, ver- dient die Aufmerksamkeit der Physiologen im höchsten Grade, indem man leicht zugeben wird, dass sie einen tiefen Sinn hat und in der engsten Beziehung mit der Erzeugung und der Natur der Thiere steht. Es scheint als würden zu verschiedenen Malen hintereinander nach einem und demselben Typus verschiedene Systeme, aus welchem dann ein ganzes Thier wird, gebildet und als wären diese darum einander ähnlich, wenn sie gleich ihrem Wesen nach verschieden sind. Das System, welches zuerst erzeugt wird, zuerst eine bestimmte eigen- thümliche Gestalt annimmt, ist das Nervensystem. Ist dieses vollendet, so bildet sich die Fleischmasse, welche eigentlich den Embryo aus- macht, nach demselben Typus das Gefässsystem und der Darmkanal wieder nach demselben Typus«. Dies Werk Worrr's blieb, augenscheinlich weil es in den damals wenig zugänglichen Petersburger Acta und dabei in lateinischer Sprache abgefasst war, fast ganz unbekannt, bis es der Enkel Jonas FRIEDRICH Mecker’s des Älteren, des Lehrers von Worrr in Berlin, der noch berühmtere Jomann FriEepDrIcH MEcKEL der Jüngere, Anatom in Halle, ı8ı2 in’s Deutsche übertrug und auf’s Neue herausgab. In den Abhandlungen über die Anordnung der Muskelfasern des Herzens wagt sich Worrr an eines der schwersten Probleme der Ana- tomie und Physiologie, ein Gebiet, auf dem, ich möchte sagen, täglich noch neue Funde gemacht werden. Fast alle späteren Arbeiten gehen hierin auf Worrr zurück. Besonderes Interesse erregen die Kritiken, welche Worrr an den Arbeiten übt, welche aus Anlass der von der Petersburger Akademie gestellten Preisfrage über die »Nutritionskraft« eingelaufen waren und von denen die eine, die beste, BLumengacH zum Verfasser hatte. Brunen- BACH stellt darin die in jener Zeit so vielfach diseutirte Ansicht auf, dass zur Erklärung der Erscheinungen des organischen Lebens eine besondere Kraft anzunehmen sei, die die Ernährungs- und Form- bildung beherrsche; er nannte diese Grundkraft den »Bildungstrieb, 216 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Nisus formativus«. Das war einfach ein Wort für ein unbekanntes und unverstandenes Etwas, wie wir solehen Wortbildungen seit dem grauesten Alterthum überall da begegnen, wo der Mensch dem nie versiegenden Drange folgt, den Erscheinungen des Lebens auf den Grund zu kommen. Am bekanntesten ist als solch ein leeres Wort, womit weiter nichts gesagt ist, als das wir von dem Wesen dessen, was wir damit bezeichnen wollen, nichts wissen, der Ausdruck »Lebenskraft«. Man kann diesen Worten nur darin ihre Berechtigung zuerkennen, dass mit ihnen ausgedrückt werden soll, die uns be- kannten Naturkräfte, für welche das Causalitätsgesetz gilt, reichen noch nicht aus, um die Erscheinungen des Lebens zu erklären. Worrr hat nun sowohl in seiner 'Theoria generationis, wie überall in seinen Schriften, wo sich Gelegenheit dazu bot, insbesondere aber in der in Rede stehenden letzten Abhandlung vom Jahre 1789 sich auch mit einer solehen Kraft, die er » Wesentliche Kraft, Vis essen- tialis« nennt, auf das Eingehendste beschäftigt. BrumengacH’s »Bil- dungstrieb« will er nicht gelten lassen und fertigt ihn mit der ihm eigenen feinen Kritik in höflichster Form ab. Seine » Vis essentialis« sucht er mit grossem Aufwande von Scharfsinn näher in ihrer Art festzustellen. Sie besteht nach ihm in molecularen — so würden wir heute sagen — anziehenden und abstossenden Kräften, die er mit den anziehenden und abstossenden Kräften der unorganischen Naturkörper vergleicht; doch soll diese Vis essentialis der lebendigen Dinge nicht dieselbe sein, wie die anstossenden und abstossenden ınoleceularen Kräfte des Unbelebten. Darum ist ein lebendiger Körper keine Maschine, die einfach denjenigen Gesetzen der Mechanik unter- liegt, denen die unbelebte Natur mit eiserner Nothwendigkeit ge- horcht. Dass aber in den Organismen die mechanischen Kräfte der unbelebten Natur mitthätig sind, erkennt Worrr klar und bündig an. Nur die eigentlichen Lebenserscheinungen der Entstehung und Ent- wicklung, der Ernährung, des Wachsthums u. s. f. der Organismen. können nicht ohne Annahme einer besonderen Kraft, seiner Vis essen- tialis, verstanden werden. Er sucht nun aber diese Vis essentialis (loch ihres Räthselhaften zu entkleiden und sie näher zu begreifen, indem er sie sich als abstossende Kraft für Substanzen, die in den sich entwickelnden und lebenden Organismus nicht eingehen sollen, als anziehende für solche, die dieser Organismus nothwendig hat, denkt. Wir kommen alsbald auf diese Lehre Worrr’s, wenn wir von seinen Entwicklungsgrundsätzen, wie er sie in seiner Theoria gene- rationis niedergelegt hat, zu sprechen haben werden, zurück. Vorerst soll noch einer bedeutsamen Entdeckung Worrr's, der Erkenntniss des morphologischen Organisationsprineips der höheren WALDEYER: Festrede. 2m Pilanzen, der Kormophyten, was wir gemeinhin unter dem Namen der »Metamorphose der Pflanzen« verstehen, gedacht werden. Es ist Jedermann bekannt, dass an dieses Schlagwort der Name GorTHE's geknüpft ist. Es handelt sich hierbei um nichts Geringeres als um eine vergleichende Morphologie der Pflanzenkörper, um die Beantwor- tung der Frage, von welcher Grundform die einzelnen Formgebilde der Pflanzen, also u. a. Blätter, Wurzeln, Blüthen- und Fruchttheile abzuleiten sind, und ob es eine oder mehrere soleher Grundformen giebt, ob es Vergleichspunkte zwischen den niederen Pflanzen, den Thallophyten und den Kormophyten giebt, wie sich diese Forment- wicklung paläontologisch begründen und verfolgen lässt, kurz um ein ungeheures Gebiet voll des grössten wissenschaftlichen Interesses, wie jedes vergleichende Forschungsgebiet. Was Woırr und GoETHE darin geleistet haben, sind kleine Anfänge im Vergleich zu dem, was das heutige Gebiet der allgemeinen äusseren Morphologie der Pilanzen umfasst, aber es sind eben die Anfänge, mit denen die Bahn gebrochen wurde. Und von WorLrr muss man sagen, dass er auf streng wissen- schaftlichem Wege zu seinen Ergebnissen kam; fast der ganze erste Theil seiner T'heoria generationis handelt davon. Und ist es nicht ein seltsames Zusammentreffen, dass hier in Berlin, wo die Anfänge der vergleichenden Morphologie der Pilanzen auftauchten, 100 Jahre später ihr in Hrn. Arexanper Braun einer ihrer grössten Förderer, wenn wir von phylogenetischer Begründung absehen, erstanden ist!? GOETHE beschäftigte sich mit der Frage, ohne von Worrr's Vor- arbeiten etwas zu wissen. Sobald er aber, und zwar merkwürdiger Weise durch den grossen Philologen Frıeprıcn Ausust Worr, unserm Mitgliede', Kenntniss von Kaspar Frieprıcn Worrr’s — Beide sind nur namensverwandt — Arbeiten erhielt, hat er Worrr’s Priorität und grosse Verdienste unumwunden und mit dem grössten Lobe anerkannt. In seiner Schrift »Zur Morphologie«, Bd. I, Ausgabe von 1817, führt er zunächst die in St. Petersburg gehaltene Gedenkrede an, die ich zur Charakterisirung Worrr's hier mittheilen möchte: »Er (Worrr) brachte, heisst es, nach St. Petersburg schon den wohlbefestigten Ruf eines gründlichen Anatomen und tiefsinnigen Physiologen mit, einen Ruf, den er in der Folge zu erhalten und zu vermehren wusste durch die grosse Zahl trefflicher Aufsätze, welche in den Sammlungen der Akademie verbreitet sind. Er hatte sich schon früher berühmt gemacht durch eine tief und gründlich durch- dachte Probeschrift über die Zeugung und durch den Streit, in wel- ' Über die eigenthümliche Stellung Fr. A. Worr's zur Akademie vergl. Harnack: s Geschichte der Königl. Preuss. Akad. d. Wissensch. Bd. I, 2. Hälfte S. 560, 641 Anm. 2, S. 650, 652 und 654. 218 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. chen er deshalb mit dem unsterblichen Harrer gerieth, der, unge- achtet ihrer Meinungsverschiedenheit, ihn immer ehrenvoll und freund- scehaftlich behandelte. Geliebt und geschätzt von seinen Mitgenossen sowohl wegen seines Wissens, als wegen seiner Geradheit und Sanft- muth, verschied er im 61. Jahre seines Alters, vermisst von der ganzen Akademie, bei der er seit 27 Jahren sich als thätiges Mit- glied erwiesen hatte. Weder die Familie noch die hinterlassenen Pa- piere konnten etwas liefern, woraus man einigermaassen eine um- ständlichere Lebensbeschreibung hätte bilden können. Aber die Ein- förmigkeit, in welcher ein Gelehrter einsam und eingezogen lebte, der seine Jahre nur im Studierzimmer zubrachte, giebt so wenig Stoff zur Biographie, dass wir wahrscheinlich hiebei nieht viel ver- missen. Der eigentliche bedeutende und nützliche Theil vom Leben eines solehen Mannes ist in seinen Sehriften aufbewahrt; durch sie wird sein Name der Nachwelt überliefert, also, indem uns eine Lebens- beschreibung abgeht, geben wir das Verzeichniss seiner akademischen Arbeiten, welches gar wohl für eine Lobrede (Eloge) gelten kann. denn es lässt mehr als die schönsten Redensarten die Grösse des Verlustes empfinden, den wir durch seinen Tod erleiden«. Man hätte wohl erwarten dürfen, dass man ein wenig näher auf eine Analyse dessen, was die Schriften Worrr'’s Bedeutendes enthalten, eingegangen wäre; aber auch diese kurze Fassung ist werthvoll; sie lässt uns den stillen Gelehrten erkennen, der nur seiner Arbeit lebte, wie ich ihn schon vorhin charakterisirt hatte. Gorrne spricht sich im Anschlusse daran in höchster Anerken- nung über Worrr aus, dessen Schriften er von der Zeit an — es war zur Zeit der »Campagne in Frankreich « auf's Eifrigste studirt babe und theilt wörtlich den Abschnitt, der sich auf die Pflanzenmetamor- phose bezieht, aus der Mecxer'schen Übersetzung des Worrr’schen Werkes über den Darmkanal mit, nebst eigenen Bemerkungen. So kam er auch dazu, bei dem ihm gut bekannten Mursınna diejenigen örkundigungen einzuziehen, deren ich vorhin gedachte und die uns glücklicherweise, eben durch GorrHE, erhalten sind. Wenden wir uns nunmehr zu dem entscheidenden Schritte, mit welchem Worrr der damals herrschenden Entwicklungstheorie ent- gegentrat, womit ein neuer, ungemein fruchtbar erscheinender Abschnitt der Embryologie angebahnt wurde und dessen Tritt auch noch in unsere Zeit hineinhallt. In kurze Worte gekleidet liegt die bedeutsame That K. Fr.W ourr’s darin, dass er als grundlegenden Vorgang bei der Entstehung und Heranbildung junger organischer Wesen, Pflanzen oder Thiere, eine völlige Neubildung der ersten Anfänge oder Keime derselben inner- Waıpeyer: Festrede. 219 halb des elterlichen Organismus zu erweisen suchte, »Epigenesis«, dass er dagegen die zu seiner Zeit herrschende Lehre von der bereits im elterlichen Körper vorhandenen Vorbildung der Nachkommenschaft im Kleinen, aber mit allen zugehörigen Organen, die dann bloss sich herauszustalten, zu entwickeln hatten, »Evolutio« widerleete. Er setzte an die Stelle der »Evolutionslehre« die Lehre von der »Epigenesis«. Daher betitelt Worrr seine berühmte Doetordisser- tation auch nicht als »Theoria evolutionis«, sondern »T'heoria gene- 'ationis« und übersetzt das auch in der 1764 von ihm in Berlin besorgten Deutschen Ausgabe mit »Theorie von der Generation«. Wir verstehen heute unter »Generation« den Vorgang der »Zeugung«. Davon handelt Worrr nicht allein und bleibt daher auch in der Übersetzung bei dem Worte »Generation«, welches bei ihm mehr den Sinn hat, den wir heute dem Worte »Entwicklungsgeschichte«, »historia evolutionis« beilegen. Wir ersehen daraus, dass das Wort für die Lehre, welehe Worrr be- kämpfte, geblieben ist, aber dieses Wort »Evolutio«, »Entwicklungs- geschichte«, hat durch Worrr's elassische Untersuchungen einen anderen Sinn bekommen, wenngleich auch nicht völlige den, den Worrr unter »Epigenesis« verstand. Zur Zeit als Worrr seine Untersuchungen begann, waren, wie kurz angedeutet, die hervorragendsten Biologen, Allen voran ALBRECHT von Harrer, der Meinung, dass die Keime neuer Pflanzen, Thiere und Menschen in den elterlichen Organismen im Wesentlichen in der- selben Form mit allen ihren Organen, aber im Kleinen, vorgebildet und enthalten seien, beim Menschen also als »homunculi« in dem vielfach gebrauchten Sinne dieses Wortes. Die Ausgestaltung dieser Keime, bestiolae, homunculi, zum Neugeborenen bestehe also im We- sentlichen in einem »Entfalten« und » Auswachsen« der mikroskopisch kleinen Anlagen von Kopf, Rumpf und Extremitäten sammt allen in- neren Theilen, die sämmtlich schon vorhanden gewesen seien. Daher stammt auch der, wie gesagt, heute allein noch gebräuchliche Aus- druck: »Evolutio«, »Entwicklung«. »Entwicklungsgeschichte«. Trug nun die Mutter von Anbeginn die kleine Frucht in sich, so musste sie sie schon gehabt haben, als sie selbst noch ein Embryo, ein Ho- muneulus, war; ihre Mutter musste sie gleichfalls in sich getragen haben bis zum Anbeginn des Menschen- oder des betreffenden Thier- geschlechtes hinauf; die »homunculi« oder »bestiolae« mussten einer in den anderen eingeschachtelt gewesen sein, daher nannte man diese Lehre auch die »Einschachtelungstheorie«. Andere Ausdrücke sind »Präformations«- oder »Prädelineationstheorie«. Allen Ernstes gab man sich die Mühe, zu berechnen, wie viele Keime unsere Stamm- mutter Eva in sich geborgen haben müsse. 220 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Eine neue Streitfrage wurde in diese Lehre hineingeworfen, als die männlichen Keimelemente, die Spermien, durch Ham und Lerv- WENHOEK entdeckt wurden, indem schon LEEUWENHOER vermuthete, dass dieses die homunculi oder bestiolae seien; das mütterliche Ele- ment, das Ei, diene nur als Ernährungsmaterial, während andere, die Ovisten, diesem Ei seine bisherige Stellung gewahrt wissen wollten. So stand die Lehre von der Entwicklung — wenn ich hier ein- mal von einigen anderen Theorien, wie der der Panspermie, absehe —, als Worrr seine Studien begann. Es ist erstaunenswerth, wie vollendet in Form und Inhalt die erste Schrift des 26jährigen jungen Mannes erscheint. Sie umfasst die sämmtlichen Lebewesen, Pflanzen und Thiere, gliedert sich, streng logisch durchgearbeitet, in einen ein- leitenden, klar bereits den Inhalt angebenden, dann in einen kritisch- tlıeoretischen Theil. Soll man aber bei aller Hochachtung vor WoLrr's Bedeutung das bleibende Ergebniss seines Werkes angeben, so muss man sagen, dass es in der negativen Seite, in der erfolgreichen Be- kämpfung der Evolutionslehre von Marrıeni, SWAMMERDAM, LEEUWEN- HOEK, BONNET, A. von HALLer und Leiıssız — denn auch unser grosser Begründer gehörte dieser Lehre an — gelegen ist. Wenn auch nicht sofort die Reaction siegreich vordrang, so muss man doch sagen, dass seit 1759 die Präformationslehre allmählich zurückwich, namentlich seit ihr Brumensacn in seiner scharfen, witzsprühenden Weise kurz vor Wourr’s Tode zu Leibe ging. Das, was aber Worrr und BrumEn- BacH thatsächlich besiegt haben, war nur die damalige Fassung der Präformationslehre in ihrer, ich möchte sagen, grobsinnlichen Form, als ob thatsächlich in den elterlichen Organismen die Nach- kommen als kleine Pflänzchen, Thierchen oder Menschlein en minia- ture verborgen lägen. Wir belächeln das heute vielleicht und er- achten damit Worrr's Verdienst zu gering; aber in Wahrheit hat er eine grosse That gethan und einer wissenschaftlichen Entwicklungs- geschichte im heutigen Sinne den Boden bereitet. Waren die Nach- kommen als Wesen en miniature schon vorhanden, dann gab es ja eigentlich nur ein Wachsthum, eine Entfaltung des schon fertig Ge- gebenen, dann gab es keine Umgestaltungen, keine Formneubildungen aus anders gestalteten Anlagen, kurz, dann gab es keine Entwicklungs- geschichte in dem Sinne, wie wir heute das Wort verstehen. Hierin liegt die bleibende Bedeutung von Kaspar FrIEDRIcH Worrr's Theoria generationis. Nicht glücklich aber war Worrr in der Lehre, die er an die Stelle setzte. Er kam von seinen Beobachtungen an den Pflanzen darauf. Die noch durchsichtigen jüngsten Keimanlagen bei den Pflan- WALDEYER: Festrede. 221 zen hielt er für eine flüssige Masse, die noch gar nicht organisirt sein sollte. Dieser Masse wohne aber jene »Vis essentialis«, die vor- hin erwähnt wurde, inne, und organisire sie im Verein mit andern accessorischen Kräften, die nach Ort, Zeit und andern Umständen verschieden seien. Zu der Vis essentialis komme als zweite für die Formgestaltung nothwendige Eigenschaft das Vermögen der flüssigen Urmasse, allmählich fester zu werden. Die »Vis essentialis« liess er im Wesentlichen, wie wir sahen, in einer anziehenden und abstossen- den Kraft bestehen, durch welche für den jungen sich entwickelnden Organismus das Brauchbare und Nöthige herangezogen, das Unbrauch- bare beseitigt werde. Diese ganze Lehre beruht aber einmal auf einer falschen Voraussetzung, das andere Mal nimmt sie willkürlich eine be- sondere Kraft an, deren thatsächliches Vorhandensein durch Nichts bewiesen wird. Die Zurückweisung der alten Evolutionslehre hat Worrr am ein- gehendsten in seinem Meisterwerke »Über die Bildung des Darm- kanals« erreicht. Ich führe (in der Übersetzung J. Fr. Mecxer's) einen Satz daraus an, der zugleich zeigt, wie Worrr sich zur Entstehung der Vis essentialis stellt; er hält sie für eine Kraft, die zwar bloss der »vegetabilischen und animalischen Materie« innewohne, aber eine Naturkraft sei, wie alle übrigen. Es heisst bei ihm: »Hieraus leuchtet unstreitig einem Jeden ein, dass bei der Fortpflanzung nicht die Theile der organischen Körper, zwar unendlich klein und unsichtbar, aber doch fertig und vollendet vorher vorhanden sind und unmittelbar aus der Hand der schaffenden Natur hervorgegangen, endlich nur durch zufällige Umstände, gewissermaassen erweckt, anfangen sich zu ent- wickeln, sich ausdehnen und zuletzt zur völligen Grösse heranwachsen. Nicht dies ist der Gang, sondern die Bildung der organischen Körper im Allgemeinen ist den blossen Naturkräften überlassen, welche der thierischen oder vegetabilischen Materie einwohnen; eine Materie dieser Art aber, die mit solcher Kraft versehen ist, diese wurde von Gott unmittelbar aus dem Nichts geschaffen. Denn wenn ein kleiner, un- sichtbarer, aber vollständiger, schon voraus vorhandener Magen all- mählich sichtbar und grösser würde, so müsste man ihn offenbar, so- bald man ihn sieht, ganz, vollkommen und genau in der Gestalt des erwachsenen Magens sehen, er möchte auch noch so klein sein, nie aber halb, nie offen, nie mit ganz fremden Theilen verbunden.« Das weist aber nun Worrr unter Anderem für den Magen nach, dass er bei seinem ersten Auftreten nicht als das Gebilde erscheint, als was er uns später entgegentritt, sondern als eine völlig anders gestaltete Anlage, deren allmähliche Umformung wir durch ihn im Einzelnen erfahren. 222 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Aus dem eben angeführten Satze sowie aus der ganzen Auffassung Worrr’s von der »Vis essentialis« geht aber meines Erachtens auch hervor, dass man Worrr nicht zu den Monisten zählen kann, wie das mehrfach geschehen ist. Worrr sagt zwar, die vis essentialis sei eine Naturkraft wie alle übrigen, doch ist sie nach ihm nur der organischen Substanz eigen, und an einer anderen Stelle, in der Theoria generationis, bekennt er sich offen zur Annahme einer immateriellen Seele: »Ich will nur noch Weniges bemerken«, sagt er in der vierten Anmerkung zu $225 seiner T'heoria generationis: » Alle die Functionen des Körpers, von denen ich geläugnet habe, dass sie auf mechanische Weise sich vollziehen, habe ich auf keine Art erklärt; ich habe nur den Zusammenhang, der zwischen der Maschine und dem Leben besteht, untersucht, den Ursachen des Letzteren aber dort, wo es zu der Maschine keine Beziehung hat, nicht weiter nachgeforscht. Wenn du also, wohlwollender Leser, in dieser Beziehung meine Ansicht errathen wolltest, so könntest du leicht irren. Am nächsten wird man wohl meine Ansicht treffen, wenn man an die Meinung Sranr's oder an die von ihm übernommene und etwas ge- änderte Wnvrr's und anderer Neuerer denkt, der zu Folge die in unserem Körper sich vollziehenden Functionen der Thätigkeit einer im- materiellen Seele zugeschrieben werden, die dieselben entweder leitet und frei handelt oder die durch den ihr auferlegten Zwang bestimmt wird. Ich möchte aber nicht, dass mir dies als ein Fehler angerechnet werde oder dass es scheine, als ob ich mir widerspräche, weil ich den gebräuchlichen Ausdrücken zu Liebe in der ganzen Abhandlung so ge- sprochen habe, als ob Alles sich auf mechanische Weise vollzöge.« Man sieht also, dass Worrr, obwohl er die natürlichen Lebensvorgänge nach mechanischen Naturprineipien sich vollziehen lässt — das will er, wie aus seiner ganzen Abhandlung hervorgeht, mit dem Ausdruck »Maschine« sagen —, den letzten Urgrund des Lebens nicht in den mechanischen Naturkräften sieht. Wenn auch nicht teleologisch, so ist die Lebensauffassung Worrr’s doch keineswegs monistisch. Wie es bis auf unsern Tag so ist, so wurden auch damals natur- theoretische Betrachtungen mit religiösen Vorstellungen verknüpft. Und es ist bezeichnend, wie man — namentlich war es HarLer — in den Lehren Worrr's einen Verstoss gegen die Religion erblickte. Harrer wirft dies Worrr‘ in einigen Briefen an den Letzteren vor. Wenn, wie Worrr wolle, der junge Keim eines Menschen eine völlige Neubildung und zwar Anfangs nicht organisirt, sei, so könne man ihn ja nicht als von Gott erschaffen ansehen, wohl aber seien alle Menschen von Gott erschaffen, wenn sie nach der Präformationslehre auf das erste Menschenpaar auch organisatorisch zurückgeführt wer- den müssten. Ehe wir nun von Worrr Abschied nehmen, möchte WALDEYErR: Festrede. 223 ich seine Antwort an den von ihm so hochgeschätzten HALtLEer an- führen, die ihn in seiner Bescheidenheit, aber auch in seiner inneren Festigkeit als echten Naturforscher klar charakterisirt: »Und was un- sere Streitsache betrifft, so denke ich also: Mir nicht mehr als Dir, herrlicher Mann, liegt die Wahrheit am Herzen. Sei es, dass or- ganische Körper aus dem unsichtbaren in den sichtbaren Zustand sich erheben, sei es, dass sie aus der Luft sich hervorbringen: es giebt keinen Grund, weshalb ich dies mehr als jenes wünschen, oder jenes vielmehr wollen, dieses nicht wollen sollte. Und eben dies ist ja auch Deine Meinung. Einzig der Wahrheit forschen wir Beide nach; das, was wahr ist, suchen wir. Warum also sollte ich gegen Dich streiten? Warum sollte ich Dir widerstreben, da Du mit mir nach demselben Ziele strebst? Deiner Obhut vielmehr vertraue ich voll Zu- versicht meine Epigenesis an, sie zu vertheidigen und auszubauen, wenn sie wahr ist: ist sie aber falsch, so soll sie auch mir ein verhasstes Ungeheuer sein. Ich werde die Evolution bewundern, wenn sie wahr ist, und werde den anbetungswürdigen Urheber der Natur mit demüthigster Andacht verehren als eine den mensch- lichen Einsichten unerklärbare Gottheit: ist sie aber falsch, so wirst Du sie, auch wenn ich schweige, ohne Zögern verwerfen.« (Citirt nach A. Kırcumorr.) Sehen wir nun, wie die Ausläufer der grossen Controverse, ob Evolution, ob Epigenesis? sich bis in die Gegenwart fortsetzen. Die Vorstellung der Evolutionisten zur Zeit Harter’s und Worrr's war falsch, ebenso falsch aber auch die Epigenesis, wie Worrr sie auf- baute. In veränderter Form, wie sie durch die zahlreichen Ent- deckungen neuer einschneidender Thatsachen und insbesondere durch experimentelle Forschung nothwendig geworden war, zieht sich die Er- örterung über dies grosse Problem aber bis zu unseren Tagen hin. Es sind insbesondere die Namen Kar Ernst von Baer’s, Boverrs, ÜHABRY’S, Drissch’s, GorrtE’s, Herest’s, Oskar und Rıcnarp Hrrrwiıe’s, Hıs’, VON KÖLLIkER’s, LoEB’s, Morean’s, NussBAaum’s, PANDER’S, PFLÜGER’S, PrE- vosr’s und Dumas’, Reıcnerr's, Remar’s, Roux’, OsKAR SCHULTZE’S, SCHWANN’S, HERBERT SPENcER’Ss und Weısmanvs, welche mit diesen Forschungen verknüpft sind. Seit der Entdeckung des Furchungs- processes und des Aufbaues der cellulären blattförmigen Anlagen aus den Abkömmlingen der Eitheilung, weiterhin der Organe und Ge- webe aus diesen Anlagen, seit der Entdeckung des Säugethiereies ist die Fassung einer Epigenese im Sinne Worrr’s unmöglich geworden. Nun aber hat die Neuzeit noch überraschendere Resultate gebracht. Bei verschiedenen Thieren lässt sich zeigen, dass diejenigen Zellen des Kör- pers, aus denen die neuen Individuen hervorgehen, die Geschlechts- D2A Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. zellen, schon zu einer sehr frühen Zeit in dem sich bildenden Embryo präformirt sind. Beim Pferdespulwurm kann man nach Ablauf der ersten Theilung der befruchteten Eizelle schon erkennen, welche von den beiden Theilungszellen später die Geschlechtszellen, also diejenigen Zellen, aus denen die nächstfolgende Generation hervorgehen soll, lie- fern wird. Und mit ungefähr der fünften Theilung sind die ersten Ge- schlechtszellen selbst schon da. Wenn diese sich beim weiteren Wachs- thum des Embryo noch vermehren, so gehen aus dieser Vermehrung nur noch Geschlechtszellen hervor. Alle übrigen Zellen bilden die sonstigen Gewebe und Organe des Körpers: man nennt sie daher jetzt Körperzellen. So setzt sich denn jedes Individuum aus zwei differenten in ein- ander steckenden Zellencomplexen zusammen, den Fortpflanzungs- zellen (Geschlechtszellen), welche nur einen kleinen Theil der Ge- sammtzellen des Körpers bilden, und den grossen Complexen der Körperzellen, aus denen alles Übrige, also fast der gesammte Leib, gebildet wird. Nur die Geschlechtszellen sind es, welche sich ge- gebenen Falles in continuirlicher Reihe fortpflanzen von einem In- dividuum zum anderen; die Körperzellen haben kein Fortpflanzungs- vermögen von einem Individuum auf das andere. So kann man sich den Ablauf des Menschen-, Thier- und Pfilanzenlebens unter dem Bilde einer continuirlichen, horizontal fortschreitenden Abseissenlinie vor- stellen, auf der sich von Strecke zu Strecke Ordinaten erheben. Die Ordinaten sind die einzelnen Individuen, sie sterben einzeln ab; in der Abseisse ist die Reihe der dauernd lebensfähigen Geschlechtszellen gegeben. Diese Vorstellung harmonirt viel mehr mit einer geläuterten Prä- formationslehre als mit der Epigenesis Wourr's. Aber noch auf einem anderen Gebiete, dem der Entwicklungs- physiologie oder der Entwicklungsmechanik von Rovx, erheben sich Fragen, welche in einem gewissen Grade den Streit zwischen den Evolutionisten und Epigenesisten fortleben lassen. Eine derselben lautet: ist in der Eizelle oder in dem Haufen der Furchungskugeln oder in den Keimblättern der zukünftige Embryo schon in der Weise vorgebildet, dass man sagen kann: aus diesem Zelleneomplex entsteht dies Organ, aus jenem jenes, kurz, giebt es eine sogenannte »Pro- spective Eistruetur« und wie weit geht diese? So kann man an den eben gelegten Eiern der Fliegen erkennen, wo sich der Kopftheil, wo sich Rücken- und Bauchtheil des künftigen Fliegenembryo an- legen werden. Wenn Rovx von den zwei ersten Furchungszellen eines Froschembryo die eine durch eine glühende Nadel abtödtete, so entwickelte sich die andere Zelle ruhig weiter, brachte aber zu- WALDEvErR: Festrede. 225 nächst nur einen halben Embryo zu Wege, je nach der Wahl (der operirten und nicht operirten Zelle entweder einen linken oder einen rechten Halbembryo. Solche und ähnliche Erfahrungen sprechen für eine mehr oder minder weitgehende Präformation, deren Begriff jetzt natürlich im Sinne der Zellenlehre zu modifieiren ist. Andere Erfahrungen haben dagegen gezeigt, dass man bei ver- schiedenen Thieren, wie Amphibien, Echinodermen u. A., nicht nur aus einer ersten Furchungszelle, sondern auch aus einer Zelle späterer Ge- nerationen noch einen Ganzembryo erzielen kann, allerdings ent- sprechend kleiner. Diese Ergebnisse neigen nach der Seite der Epi- eenesis, natürlich diese wiederum im Sinne der Zellenlehre umge- ändert gedacht. So zieht sich die grosse Frage, die in der friderieianischen Zeit hier in Berlin wesentlich mit ausgefochten wurde, in unser Jahrhundert hinüber, viel mehr vertieft, aber auch viel mehr verwickelt. Werden unsere Epigonen ihre völlige Lösung erleben, oder wird das Wort, dass in das Innere der Natur kein erschaffener Geist eindringe, wahr bleiben? Die zunehmende Schwierigkeit liegt darin, dass wir uns auch bei rein morphologischen Fragen an immer kleinere Massentheilchen wenden müssen. Es gilt hier vollkommen der Satz, den kürzlich Hr. ExgELmann in seiner Rede über die Herzthätigkeit ausgesprochen hat: »Wie bei allen fundamentalen Lebensvorgängen liegt die Haupt- schwierigkeit für die weitere energetische Erforschung darin, dass die morphologischen, chemischen und physikalischen Bedingungen, au welche ihr Zustandekommen geknüpft ist, bereits in unsichtbar kleinen oder doch in so kleinen Massentheilchen vereinigt sind, dass eine gesonderte Beobachtung, geschweige denn Messung der einzelnen Partialvorgänge und ihrer räumlichen Beziehungen ausgeschlossen er- scheint. « Ich habe Ihre Blicke um anderthalbhundert Jahre zurückgelenkt und sie von da wieder zur Gegenwart geführt. Die Akademie hat ihre Aufgaben in dieser Zeit unentwegt zu erfüllen gesucht, ob auch schwere Zeiten und schwere Verluste sie dann und wann zu lähmen drohten. Der Stamm der Männer, welche noch so recht der Zeit Kaiser Wirsern'sI. angehören, lichtet sich mehr und mehr. Haben wir Ruporr Vırcnow und Dünmrer als die letzten der vom alten Heim her ge- storbenen zu Grabe geleitet, so sind in den wenigen Monaten unserer jetzigen Unterkunft schon drei aus unserer Mitte geschieden: Urkıcı Könter, Tim:opor Mommsen und vox HEFNER-ALteneek! Es ziemt sich ihrer am heutigen Tage zu gedenken, insbesondere Tneopor MonnseEn’s, in dem sich gewissermaassen die Akademie verkörperte; möchten ilır zu keiner Zeit solche Männer fehlen! Sitzungsberichte 1904. 18 226 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Aber wenden wir den Blick von wehmüthiger Erinnerung ab zu erfreulicherem Bild, so begrüssen wir unsern go)jJährigen EpuvArD ZELLER in seiner schwäbischen Heimat gehobenen Herzens und erinnern uns freudigen Dankes der Kaiserlichen Glückwünsche, die unser erhabener Schirmherr ihm zu seinem Geburtstage gewidmet hat. In diesem Danke sollen heute meine Worte ausklingen! Alsdann wurden (die Jahresberichte über die von der Akademie ge- leiteten wissenschaftlichen Unternehmungen sowie über die ihr ange- oliederten Stiftungen und Institute erstattet. Sammlung der griechischen Inschriften. Bericht des Hrn. von WILAMOWITZ-MOELLENDORFF. Eine neue durchlaufende Bezifferung der von der Akademie ver- öffentlichten oder begonnenen oder geplanten Inschriftensammlungen ist durchgeführt; genauer berichten darüber die Sitzungsberichte 1903, S. 703: die Übersicht wird jedem neuen Hefte beigegeben werden; neue Titelblätter sind den Besitzern der erschienenen Bände zur Ver- fügung gestellt. Damit ist ein Arbeitsprogramm aufgestellt, das weder die schleunige Ausführung aller Theile unbedingt fordert, noch eine Erweiterung der geographischen Grenzen ausschliesst. Entscheiden soll allein das wissenschaftliche Bedürfniss und die praktische Durch- führbarkeit. Aber es darf gehofft werden, dass dieser Rahmen sich ebenso gut bewähren wird wie der des Corpus Inscriptionum Lati- narum. Freilich der Name Corpus ist aufgegeben, denn dass die Akademie ebenso alle griechischen Inschriften herausgäbe wie alle lateinischen, ist weder möglich noch wünschenswerth. Insbesondere liegen die Kleinasiens in der sicheren Hand des Österreichischen archäo- logischen Institutes. Aber so viel verspricht unser Programm aller- dings, dass die Akademie für die griechische Epigraphik Europas soreen will. Damit sie das wirklich kann, ist unbedingt erforderlich, dass die ältere und die laufende Litteratur ohne Lücken ausgezogen wird, also in dem Archive der Akademie die Kenntniss der bereits publi- eirten und bearbeiteten Inschriften immer präsent erhalten wird, wie das in Wien für Kleinasien geschieht. Schon die Nachträge lassen sich sonst nur ungenügend und mit unverhältnissmässigem Aufwande Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 227 herstellen. Auch muss ein Ort sein, wo Abschriften und Abklatsche von Inschriften gesammelt und bewahrt werden können, auch solche die eine Sonderpublication nicht verdienen. Die Gründung eines solchen Archives ist begonnen, obwohl die Räumlichkeiten in der Zeit des Um- baues sehr ungünstig sind. Prof. Freiherr HırLer von GAERTRINGEN hat bereits in diesem Jahre den Anfang mit der Arbeit des Excerpirens gemacht. Es sind uns auch in dankenswerthester Weise von den Königlichen Museen einige Abklatsche syrischer Steine überwiesen. Es wird noch mancher Jahre bedürfen, geniessen werden die Früchte der Arbeit vielleicht erst andere: aber gerade darum ist es eine aka- demische Aufgabe. Durch Anfertigung eines Registers sind die drei Hefte Nachträge zum ersten Bande der attischen Inschriften abgeschlossen, denn dieser Band kann nicht mehr ergänzt, sondern muss einmal in irgend einer Weise erneuert werden. Dasselbe gilt von den attischen Inschriften römischer Zeit. Hr. Dr. Hans von Prorr hatte ihre Neubearbeitung übernommen, ohne dass über die Form entschieden war. Sein jäher Tod ist nicht nur für diese Abtheilung ein schwerer Schlag und be- sonders schmerzlich, da der strebsame Mann eben das Ziel erreicht hatte, ersehnte Aufgaben ganz selbständig angreifen zu können. Er hatte noch im Frühjahre Lakonien zum zweiten Male bereist, um für Hrn. Prof. Max Fräsker die Inschriften aufzunehmen. Im Sommer er- lag dieser einem längeren Leiden, und büssten wir so einen lange mit unserm ‚Unternehmen verbundenen Gelehrten ein, dessen sorg- fältige litterarische Forschung auch seinem unfertigen Nachlass hohen Werth verleiht. Nun übernahm Hr. vox Prorr den ganzen Band, nur um ihn doppelt verwaist zurückzulassen. Es ist Vorsorge getroffen, dass trotzdem schon in diesem Jahre die Arbeit vor den Steinen wieder aufgenommen wird. Die thessalischen Inschriften, bearbeitet von Hrn. Prof. OÖ. Kern, stehen unmittelbar vor dem Drucke. Erschienen ist Band XU, Heft 5. erste Hälfte, bearbeitet von Prof. Freiberrn Hırzer von GAERTRINGEN; das sind die Inschriften der eigentlichen Cykladen ausser Tenos. Dies ist zurückgestellt, weil ein belgisches Mitglied der Ecole francaise, Hr. Dr. Drvovuy, dort ertrag- reiche Grabungen veranstaltet hat, deren Ergebnisse abzuwarten waren. In dankenswerthester Weise hat der Finder und die Eeole francaise aber schon jetzt alle Funde mitgetheilt, und so wird die Bearbeitung gemeinsam geschehen, gewiss das Erwünschte für die Wissenschaft. Freiherr HıLLer von GAERTRINGEN hofft noch in diesem Jahre ein Ergänzungsheft zu XII, 3, den Ertrag seiner späteren Ausgrabungen auf Thera, fertig zu stellen. 18* 228 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Den Bearbeiter von Heft 4, den Inschriften von Kos und Kalym- nos, Hrn. Prof. R. Herzogs, haben wir bei seinen Untersuchungen des As- klepiosheiligthumes in Kos von Neuem unterstützt, da der epigraphische Zuwachs überaus reich ist, so reich, dass die Wissenschaft die Fort- setzung der Grabungen verlangt. Für Heft 7. die Inschriften von Amorgos, die Hr. J. DELAMARRE in Paris bearbeitet, hat die Herstellung der Abbildungen begonnen. Geplant war für den letzten Sommer die Bereisung der Inseln des tırakischen Meeres durch Hrn. Dr. ©. Freprıen, erschien jedoch wegen der macedonischen Wirren nicht angezeigt: sie ist für diesen Sommer bestimmt in Aussicht genommen. Der Vorsitzende der Öommission hat Griechenland besucht, wesent- lich um mit den massgebenden Personen persönlich Fühlung zu nehmen. Der Besuch von Delos, Mykonos und Delphi, deren In- schriften die französische Akademie im Rahmen unseres Werkes über- nommen hat, lehrte, dass die Bewältigung der hier durch die Eeole francaise entdeckten Schätze unmöglich überhastet werden darf, trotz- dem aber dank der bewunderungswerthen Energie des Hrn. Tır. HonorzEe die delphischen Inschriften bereits alle copirt sind. Vor Allem aber hat sich die vollkommene Übereinstimmung über Ziele und Wege herausgestellt. Dasselbe gilt gegenüber den entscheiden- den Stellen der griechischen Verwaltung. der Generalinspection der Alterthümer und der archäologischen Gesellschaft, deren Liberalität und Thatkraft über jedes Lob erhaben sind. Auch im Fürstenthum Samos, das an Stelle des verhinderten Vorsitzenden Freiherr Hırrer VON GAERTRINGEN besucht hat, dürfen wir auf volles Entgegenkommen hoffen, wenn es Zeit sein wird, dort einzusetzen. Den Dank für mannigfache Förderung durch Behörden und einzelne Gelehrte, nament- lich Frankreichs und Englands, spricht die Vorrede des erschienenen Heftes aus: das neidlose Zusammenwirken für die gemeinsame Sache ist vorhanden, die beste Gewähr, dass die Arbeit guten Fortgang nehmen kann, falls sich nur hinreichend befähigte und eifrige Be- arbeiter finden. Sammlung der lateinischen Inschriften. Bericht des Hrn. Hırscurern. Bevor ich heute den alljährlichen Bericht über den Fortgang des lateinischen Inschriftenwerkes erstatte, liegt mir die schmerzliche Pflicht ob, des Heimganges des Mannes zu gedenken, dessen Name mit diesem akademischen Unternehmen seit seinem Beginn unauflös- lieh verknüpft war und es für alle Zeiten bleiben wird. Dass das Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 229 Corpus inseriptionum Latinarum ins Leben getreten und seiner Voll- endung nahe gebracht worden, dass es unserer Akademie beschieden gewesen ist, der Wissenschaft dies Werk zu schenken, ist das un- vergängliche Verdienst Tnueropor Momnsen’s, der nach langer segens- reicher Thätigkeit aus unserer Mitte geschieden ist. Er war der Schöpfer und Träger zahlreicher Unternehmungen unserer Akademie; aber das lateinische Inschriftenwerk ist doch weitaus seine grösste Schöpfung und sein Lieblingskind geblieben. Dieses Werk in die Wege zu leiten und durchzuführen, wurde er im Jahre 1858 in unsere Körperschaft berufen, und bis zu seiner Todesstunde ist er ihm in unablässiger Thätigkeit treu geblieben. Seine alten Arbeitsgenossen Henzen, pe Rosst, Rırscn, und manche jüngere Gelehrte, die sich später zu ihnen gesellten, sind vor ihm dahingegangen; er hat, so schwer und tief er es empfand, allein geblieben zu sein, bis zu seinem Ende mit fester Hand das Steuer geführt. Unermüdlieh schaffend, helfend und mahnend hat er den Fortgang des Werkes mit unge- schwächtem Interesse verfolgt, und auch als er aus den akademischen Commissionen ausgeschieden war, gestattet, dass dieser Bericht mit seinem Namen geziert bleibe. In seinem hohen Sinne die Arbeit fortzuführen, wird das Streben aller derer sein, denen es vergönnt war, seine Mitarbeiter zu sein. Über den Fortgang des Unternehmens ist Folgendes zu berichten: Die Sammlung der stadtrömischen Inschriften (VD) ist durch die im vergangenen Jahr erfolgte Herausgabe der Additamenta zu einem vorläufigen Abschluss gelangt. Einen grösseren Nachtrag zu den In- schriften gedenkt Hr. Hürses in der Ephemeris epigraphica zu ver- öffentlichen. Die Vorarbeiten zu den Indices sind auch in diesem Jahr unter Leitung des Hrn. Dessau gefördert worden: doch kann ihre Drucklegung für das nächste Jahr noch nicht in Aussicht genommen werden. Den Satz der Indices zum XI. Band (Mittelitalien) hat Hr. Bor- MANN begonnen. Die Inschriften von Nordgallien (XII. ı) sind von Hrn. vox Do- MASZEWSKI SO weit zum Druck gebracht, dass der von Hrn. Hırson- FELD bearbeitete französische Theil baldigst zum Abschluss gelangen und das Erscheinen dieses Fascikels für diesen Sommer in sichere Aussicht gestellt werden kann. Den durch ZAneEnEister's Tod unter- brochenen Druck der Inschriften Germaniens (XII, 2) hofft Hr. von Domaszewskır nach Erledigung einer Revisionsreise aufzunehmen. Für das gallisch -germanische Instrumentum (XII. 3) hat Hr. Bons in diesem Sommer eine sechswöchentliche Reise an den Rhein und in die Schweiz unternommen, um das massenhafte, in den dortigen 230 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Museen und Privatsammlungen befindliche Material zu revidiren und zu ergänzen. Die noch ausstehenden Abtheilungen, insbesondere die Inschriften auf Glas und Metall, sind zur Drucklegung grossentheils fertiggestellt. Die Sammlung der im ganzen römischen Reich ge- fundenen Augenarztstempel, die der französische Gelehrte Hr. Esp£- RANDIEU, wie bereits im letzten Bericht mitgetheilt wurde, mit dan- kenswerther Bereitwilligkeit übernommen hat, ist im Manuseript abge- schlossen und der Satz derselben bereits begonnen worden. An der Fortführung der Drucklegung des stadtrömischen Instru- mentum (XV, 3) ist Hr. Dressen in diesem Jahr verhindert gewesen. Die Neubearbeitung der republikanischen Inschriften (I?) hat Hr. Lonnatzzscn so weit gefördert, dass der Druck voraussichtlich in diesem Sommer in Angriff genommen werden kann. Die Fertigstellung des Werkes zu überwachen und die Gesetzurkunden zu redigiren, ist Hrn. Momusen nicht mehr, wie er gehofft hatte, beschieden gewesen; auf die Bitte der Akademie hat sich ihr auswärtiges Mitglied Hr. Bücnerer bereit erklärt, an seine Stelle zu treten. Die Akademie ist ihm für diese Zusage zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Hr. Mau stellt die sofortige Aufnahme und ununterbrochene Fort- führung des Druckes der Pompejanischen Wandinschriften (IV. Supple- mentband) in Aussicht. Die Africanischen Inschriften (VII. Supplementband) sind von den HH. Casnar und Dessau bis auf die umfangreichen, während des Druckes des Bandes zu Tage getretenen Funde und die in Vorbe- reitung befindlichen Indices abgeschlossen; der dritte Faseikel wird in wenigen Wochen zur Ausgabe gelangen. Das epigraphische Archiv in der Königlichen Bibliothek steht Dienstags von 11—ı Uhr unter den durch die Beschaffenheit der | Sammlung gebotenen Cautelen der Benutzung offen. Aristoteles - Commenlare. Bericht des Hrn. Diers. Im vertlossenen Jahre sind folgende Bände fertiggestellt worden: V 5: Themistius in libr. XII Metaphys. hebr. und lat., herausgegeben von S. Lanpaver, V 6: Themistius (richtiger Sophonias) in Parva Na- turalia, herausgegeben von P. WespLanp, XIV 3: Philoponus (richtiger Michael) de generatione animalium, herausgegeben von M. Haypuck, XXIIı: Michael in Parva Naturalia, herausgegeben von P. WENDLAND, und endlich der letzte Band des Supplementum Aristotelieum II 2: Aristotelis res publiea Atheniensium, herausgegeben von F. G. Krxyox. - .. ” ” Var ” ” ‘ Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 231 Von B. VII Simplieius in Categorias ist der Text ausgedruckt. Der Index konnte nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, da der Heraus- geber, Prof. KAusrreiscn, in der Zwischenzeit im Auftrag der Akademie eine wissenschaftliche Reise nach England auszuführen hatte. B. XIII 2 und XVIII 2 sind dem Drucke übergeben worden, so dass nur noch drei Hefte der ganzen Sammlung ausstehen. Prosopographie der römischen Kaiserzeit. Bericht des Hrn. Hırscureun. Die HH. Kress und Dessau sind in diesem Jahr durch andere Arbeiten verhindert worden, die Drucklegung des Schlussbandes zu beginnen. Politische Correspondenz Frırprıcu's des Grossen. Bericht der HH. Scumorter und Koser. Der soeben ausgegebene Band 29, wie die vorangegangenen durelı Hrn. Vorz bearbeitet, führt in 807 Nummern vom ı. August 1769 bis zum 30. Juni 1770. Die Preussische Politik wurde in diesem Zeitraum durch das Bestreben geleitet, die mittlere Linie zwischen Russland und Österreich, deren Interessen in der orientalischen mehr noch als in der polnischen Frage auseinandergingen, einzuhalten und einem feindlichen Zusammenstoss beider Mächte vorzubeugen. Die politische Lage kennzeichnet sich auf der einen Seite durch die am 12./23. October 1769 erfolgte Erneuerung der preussisch-russischen Defensivallianz von 1764, auf der anderen durch die Begegnung zwischen König Frıeprıcı und Kaiser Joseru II. zu Neisse (25. bis 28. August 1769) sowie durch die sich anschliessenden Verhandlungen wegen einer zweiten Zusammenkunft und wegen einer preussisch - österreichi- schen Friedensvermittelung zwischen Russland und der Pforte. Griechische Münzwerke. Bericht des Hrn. Dresser. Die Fortsetzung des ersten Bandes des nordgriechischen Münz- werkes hat nach dem Rücktritt des Hrn. Pıck Hr. Dr. K. Reerıne in Berlin übernommen und mit der Redaction der Münzen von Tomis bereits begonnen. Die Vorarbeiten zum zweiten, für die Münzen von '[hracien be- stimmten Bande haben die HH. Strack und Münzer in regelmässiger 22 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Weise weitergeführt. Der Erstere hat die Zettel der für sein Gebiet in Betracht kommenden Städte und die der Inseln Thasos und Imbros durchgearbeitet, Hr. Münzer den Rest der Zettel von Pautalia fertig- gestellt sowie das umfangreiche Material für Perinthus vollständig und das ebenso reiche für Philippopolis theilweise bearbeitet. Der Druck des dritten, die macedonischen Münzen umfassenden Bandes ist nicht fortgesetzt worden. Doch hat Hr. GAEBLErR eine An- zahl von Untersuchungen, die dazu bestimmt sind, die Einleitung zu diesem Bande zu entlasten, beendet und zum Theil in der Zeitschrift für Numismatik zum Druck gebracht, ferner das von Hrn. von Frıtze während seiner Reise für ihn gesammelte neue Material verarbeitet, so dass die Wiederaufnahme des Druckes in diesem Jahre mit Sicher- heit erfolgen wird. Über die Vorarbeiten für das kleinasiatische Münzwerk ist Folgendes zu berichten: Hr. Kusırscher hat den Druck des die karischen Münzen um- tassenden Bandes nieht beginnen können, da er behindert war, die für die endgültige Redaction noch erforderlichen Reisen nach Paris und Athen zu unternehmen. Nur einige kleinere Sammlungen in Österreich und Ungarn sowie die Münzen in Bologna, Ravenna und Rimini wurden aufgenommen. Die Excerptensammlung und die Ord- nung der Zettel für das ganze kleinasiatische Gebiet wurde fortgesetzt. Hr. vo Frırze hat vom 29. Januar bis zum 3. September die für die Bearbeitung der Münzen von Mysien und Troas nothwendigen Rei- sen ausgeführt. Besucht wurden die Sammlungen Italiens, Griechen- lands, der Türkei und Österreichs. Die Benutzung wurde fast überall in der liberalsten Weise gewährt; nur in Constantinopel musste wegen des Neubaues des Museums die Untersuchung der noch ungeordneten Münzsammlung unterbleiben. Das Ergebniss der siebenmonatigen Reise ist ein sehr zufriedenstellendes gewesen und auch den anderen Mit- arbeitern am akademischen Münzwerke zu Gute gekommen, da Hr. vos Frırze zahlreiche Desiderata für den thraeischen Münzband erledigte und nach Möglichkeit auch Abdrücke für die Gebiete der HH. GAEBLER und Kusrrschek anfertigte. Die Zahl der während dieser Reise in Siegellack abgedrückten Münzen beläuft sich auf nahezu 3500. Seit seiner Rückkehr hat Hr. vox Frırze mit der Anfertigung und Einord- nung der Gipsabgüsse begonnen. Das für die Münzen von Olbia und Tyra bisher gesammelte Mate- rial, das ursprünglich für den I. Band des nordgriechischen Münzwerkes bestimmt war, sowie die Zettel für die Münzen des heutigen Südruss- lands, des Kaukasus nebst Pontus und Paphlagonien hat die Akademie Sr. Kaiserl. Hoheit dem Grossfürsten ALEXANDER MicnAmLowirsch von Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 233 Russland überlassen, um für eine unter der Leitung Sr. Kaiserl. Hoheit vorbereitete Gesammtpublication der Münzen jener Gebiete verwerthet zu werden. Die Akademie hat die Zusage, dass diese Publication in ihrer Anlage dem I. Bande des akademischen Münzwerkes sich an- schliessen und nicht nur in russischer, sondern auch in deutscher Sprache erfolgen werde, mit besonderem Danke aufgenommen. Acta Borussica. Berieht der HH. Scumorser und Koser. Das vergangene Jahr 1903 hat aus den gleichen Gründen wie das Vorjahr nicht zur Fertigstellung neuer Bände geführt. Die Briefe König Frieprıcn Wiruern's I. an den Fürsten Leorornn von Dessau sind leider durch Prof. Dr. Kravske in Königsberg immer noch nicht ganz fertig gestellt. Der Druck des Band VII der inneren Staatsverwaltung, welcher die Acten von 1746—45 enthält, ist durch Prof. Dr. Hmrze bis zu Bogen 39 gediehen, er wird im Laufe des Jahres 1904 ausgegeben werden. Unser früherer Mitarbeiter, Dr. Bracat, jetzt Archivar am Königl. Hausarchiv, hat die Anfertigung des Registers für den Band übernommen. Prof. Dr. NaupE hat die Abtheilung Getreidehandels- politik von 1740 an weiter gefördert; ebenso Dr. Srorze die Bearbei- tung der Acten der inneren Staatsverwaltung von 1723—1740. Es ist Hoffnung, dass dieser Theil der Publieation bis 1740 bald ganz vollendet sein wird. Die von Dr. Frhr. von ScuRöTTEr bearbeitete Münzgeschichte. Dar- stellung und Acten von 1701—1740, ist im Druck. Der erste Theil, die Darstellung, 18 Bogen umfassend, liegt schon gedruckt vor; der Druck der Acten hat begonnen. Der Band wird im Laufe dieses Jahres ausgegeben werden können. Die Münzgeschichte der Zeit Frıeprıcn's des Grossen ist im Manuscript zu einem erheblichen Theile fertig. Dr. Wırnerm NaupE ist am 7. Januar plötzlich einem Herzschlag erlegen; die Acta Borussica verlieren an ihm einen ihrer ältesten und geschätztesten Mitarbeiter. Thesaurus linguae latinae. Bericht des Hrn. Diers. Da im abgelaufenen Jahre das Unternelimen der fünf deutschen Akademien unter der Leitung des Generalredactors Prof. F. VorLner in München seinen regelmässigen Fortgang genommen und besondere 234 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Beschlüsse nicht zu fassen waren, fiel ausnahmsweise die Jahrescon- ferenz der Thesaurus-Commission aus. Ich habe daher Hrn. Prof. VoLLmER gebeten, unserer Akademie einen etwas eingehenderen Jahres- bericht zu geben. Er lautet folgendermaassen: »Fertiggestellt wurden vom ı. Januar 1903 an von Band I Bogen 75—59, von Band II Bogen 61—86, ferner die Citirliste 15 Bogen, die dem nächsten Hefte beigegeben, aber auch einzeln verkauft werden wird. Dieses Verzeichniss führt die im Thesaurus benutzten Autoren in alphabetischer Reihenfolge nebst Angabe ihrer Lebenszeit, ihrer maassgebenden Ausgaben (bez. Handschriften) sowie der Ordnungs- nummer ihrer Zettel im Thesaurusmaterial an. Auch über den Kreis der Thesaurusbearbeiter und -leser hinaus, für die das Verzeichniss ein unentbehrliches Hülfsmittel ist, wird es sich voraussichtlich manche Freunde erwerben. « »Im Ganzen sind also 56 Bogen vollendet worden, vier Bogen weniger als die nach den Ergebnissen der vorhergehenden Jahre be- rechnete Minimalleistung betragen sollte. Diese Differenz erklärt sich durch Krankheit und andere Abhaltungen einzelner Assistenten sowie durch den Wechsel, der im Personal des Bureaus im vorigen Jahre stattgefunden hat.« » Ausgetreten sind nämlich zum ı. April v. J. Prof. Zimmermann, zum 15. April Dr. Böser, zum ı. October Dr. Bıcker. Neu eingetre- ten ist dagegen nur Dr. B. A. Mürırer am 1. August. Dr. vox Mess wurde der Arbeit für sechs Monate durch Krankheit, Dr. MünscHeEr für zwei Monate durch eine militärische Übung entzogen. So besteht das Bureau am I. Januar d. J. aus dem Generalredactor, dem Redactor, dem Seceretär und acht Assistenten. Drei Assistentenstellen sind also noch zu besetzen, und es ist dringend zu wünschen, dass das Bureau bald wieder auf den vollen Bestand gebracht werde und, was ebenso wichtig ist, dass die älteren, eingeübten Beamten und Assistenten auf die Dauer an das Unternehmen gefesselt werden. « »Um diese Constanz des Bureaus auch finanziell sicherzustellen, werden die ausserordentlichen Beiträge zu Gehaltszulagen verwandt, die in dankenswerther Weise von den deutschen Regierungen und Aka- demien im vorigen Jahre, und hoffentlich auch weiter, dem Thesau- rus bewilligt worden sind: von Baden 600 Mark, Elsass-Lothringen 1000 Mark, Hamburg 1000 Mark (hier als dauernder Zuschuss), Preussen (in Form von zwei Stipendien) 2400 Mark, Württemberg 700 Mark, von der Kgl. Preuss. Akad. d. Wiss. 1000 Mark, von der Kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1000 Mark, von der Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss. 50o Mark, zusammen 8200 Mark, dazu 1000 Mark von der Kgl. Akad. d. Wiss. zu Wien für 1904.« Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 235 > »Mit dem erwähnten Ausfall an Arbeitszeit und Arbeitskraft des Bureaus hängt es auch zusammen, dass das in diesem Jahre bewäl- ticte Material noch keinen Fortschritt gegen das frühere an Concen- tration aufweist, obwohl der Generalredaetor nach dieser Seite unab- lässig thätig ist. Denn fehlt es an Assistenten, so fehlt es natürlich bei der nothwendigen Schnelligkeit der Arbeit auch an Zeit, einen zu lang gerathenen Artikel immer wieder zu erneutem Kürzen zurückzu- geben. So war es denn bisher nicht zu hindern, dass der Gesammt- umfang der fertiggestellten Theile nicht viel (absolut gerechnet 287 Seiten), aber doch ein Stück den dem Plane nach zur Verfügung stehenden Raum überschreitet. « Nach diesem Berichte des Generalredaetors darf der Wunsch aus- gesprochen werden, es möge gelingen, den leitenden Persönlichkeiten des Münchener Bureaus einen grösseren Stab zuverlässiger Hülfskräfte dauernd zu gewinnen, die im Stande sind, wenn sie die nothwendige Schulung zu diesem Zwecke erlangt haben, selbständig zu arbeiten, d. h. nicht nur ein richtiges, sondern auch ein klares und gedrängtes Referat auf Grund des gewaltigen Zettel- und Stellenstoffes zu geben. Das ist die Lebensfrage des Thesaurus, der ohne eine opferwillige Hin- gebung (dazu geeigneter junger Gelehrter nicht durchgeführt werden kann. Bericht über die Ausgabe der Werke von WEIERSTRAss. Berieht des Hrn. Auwers. Band III, der Schlussband der Abhandlungen, ist im Mai 1903 ausgegeben worden. Ein neuer Band der Vorlesungen: Elliptische Functionen, ist im Manuscript zur Hälfte vollendet und wird in einigen Monaten in Druck gegeben werden. Kanrt- Ausgabe. Bericht des Hrn. Dir rury. Der vierte Band der Werke ist erschienen. In einigen Monaten werden Bd. II (Vorkritische Schriften I) und Bd. III (Kritik der reinen Vernunft in der zweiten Auflage) herausgegeben werden. Der Druck von Bd. V (Kritik der praktischen Vernunft und Kritik der Urtheils- kraft) hat begonnen. Dem Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen haben wir Dank dafür zu sagen, dass er uns das Manuseript der Schrift Kanr's »Vom radikalen Bösen in der menschlichen Natur« zur Verfügung gestellt hat. a 236 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Ausgabe des Ibn Saad. Bericht des Hrn. Sacnar. Der Druck ist so weit vorgeschritten, dass die ersten vier Bände, welche von den Herren BROCKELMANN, ZETTERSTEEN, Horovırz und dem Berichterstatter bearbeitet sind, innerhalb der nächsten Monate ausgegeben werden können. Die anschliessenden Bände über die Über- lieferer aus Medina, dem übrigen Arabien, Kufa und Basra werden von den HH. Lirrert, Meıssner und ZETTERSTEEN für den Druck vor- bereitet. In die Aufgabe der Edition der Biographie Muhammed’s haben sich die HH. Dr. Euern Mırrwoch, Dr. Joser Horovırz und Prof. Dr. Frieprıcn Schwarıy getheilt. In den Osterferien 1903 hat Hı. Horovırz im Britischen Museum die inhaltsverwandten Theile des Waxıpr'schen Werkes verglichen. Die sämmtlichen Collationsarbeiten sind abgeschlossen, und von dem ersten Theil der Prophetenbiographie, der von Hrn. Mırrwocı herausgegeben wird, liegen bereits die ersten Bogen gedruckt vor. Wörterbuch der ägyplüischen Sprache. Bericht des Hrn. Erman. Unser Unternehmen hat im verflossenen Jahre grössere Fort- schritte gemacht als in jedem früheren. Die Zahl der verzettelten Stellen betrug 5993, also mehr als das Doppelte der vorjährigen Leistung; die Zahl der alphabetisirten Zettel war 79632. Es sind somit jetzt im Ganzen verzettelt 20672 Stellen, alphabetisirt 342375 Zettel. Auch abgesehen von diesem äÄusserlichen Resultate können wir mit dem in diesem Jahre Geleisteten wohl zufrieden sein. Es wurden folgende Texte verarbeitet: Religiöse Litteratur: die Pyramidentexte, die die Grundlage des Wörterbuches bilden, wurden nach vierjähriger Arbeit von Hrn. SETHE vollendet. Die Bearbeitung der wichtigen Amduatlitteratur wurde von Hrn. Grafen Scuack in Angriff genommen. Die Festgesänge der Isis und Nephthys und das Apophisbuch verzettelte Hr. Lanse. Klassische Litteratur: die sogenannte »Berliner Lederhand- schrift« durch Hrn. Rorper. Neuägyptische Litteratur: Pap. Anastasi III und V und die Briefe des Pap. Sallier I durch Hrn. Wereezisskı nach der Vorarbeit des Hrn. Ermas. Pap. Koller durch Hrn. Rorper. Der grosse Pap. Harris wurde nach den Vorarbeiten der Hl. SrEısporrr und ErMmaN von Hrn. Wreeziısskı begonnen. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. tt Tempelinschriften: Hr. Garnier förderte diesen wichtigen Theil unserer Aufgabe um ein Beträchtliches; er erledigte die Tempel von Derelbahri und Redesieh, sowie die wesentlichsten Inschriften von Karnak und Medinet Habu. Die »Inscription dedicatoire« des Ramses-Tempels von Abydos verzettelten die HH. BorracHer und Gau- THIER nach Vorarbeiten des Hrn. Erman: auch Hr. MöLrer arbeitete weiter an diesem Tempel. Gräberinschriften: die Mastaba’s des alten Reichs aus Lersivs, Denkmäler II und englischen Publicationen wurden von Hrn. Rorper in der Hauptsache zu Ende geführt. Die Gräber zu Der Rife und Beni Hasan wurden von demselben begonnen. Grössere Inschriften aus Gräbern des neuen Reichs, besonders solche historischen Inhalts, bearbeitete Herr GARDINER. Geschäftliche Texte: Berliner Pap. 3047 durch Hrn. Roeprr. Die Rückseite des Pap. Abbott durch Hrn. Erna. Inschriften in den Museen: die Museen zu Leiden, Turin, Genf und Lyon wurden von den HH. Gaurnter, WRrECZINsKIı und JUNKER fertiggestellt, der Louvre zum grössten Theil von den beiden erst- genannten erledigt. Hr. GArnInEr arbeitete am British Museum und anderen englischen Sammlungen. Hr. Mapsen setzte die Verzettelung der Kairiner Stelen des mittleren Reichs unter Leitung des Hrn. Lange fort. Inschriften griechisch-römischer Zeit: grössere Denk- steine und Grabsteine dieser Zeit erledigte Hr. Serne. Ihre Tempel- inschriften, die für die lexikalische Forschung von so grosser Wich- tigkeit sind, konnten endlich von Hrn. Junker ernstlich in Angriff genommen werden, nachdem die Königliche Akademie zur Bewälti- gung dieser Sonderarbeit einen besonderen Zuschuss gewährt hatte. Der Anfang ist mit dem Tempel von Denderah gemacht worden, für dessen Inschriften wir im Berliner Museum eine grosse Anzahl von Abklatschen besitzen. An der Verzettelung arbeiteten in diesem Jahre mit: die HH. BoLLAcHER, ERMAN, GARDINER, GAUTHIER, JUNKER, LANGE, MADsEn, MöLter, ROEDErR. Graf Scnack, SETHE, Wreczisskıi. Die Nebenarbeiten wurden wie bisher von den HH. Borracner und VosELsanG und von Frl. MorsENsTERN erledigt. Hr. Serne arbeitete während längerer Zeit an der Einlegung der Zettel aus dem provisorischen Alphabet in das definitive. Die HH. Jusker und Roeder wurden zum October als ständige Hülfsarbeiter angestellt; dem ersteren gewährte der Herr Bischof von Trier zu diesem Behufe einen dreijährigen Urlaub. Hr. GARrDINER, der nach Berlin übersiedelte, übernahm die Führung der Textlisten. 238 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Durch freundliche Mittheilung von Abschriften, Abklatschen und Photographien wurden wir von den HH. Borcnarpt, BREASTED, GaR- DINER und ScHÄFER unterstützt. Index rei militaris imperü Romani. Bericht des Hrn. HırscHreı». Hr. Rırteruise ist leider auch in diesem Jahr durch seine Amts- geschäfte an der Ausarbeitung des von ihm gesammelten Materials verhindert worden. Codex Theodosianus. Bericht des Hrn. Diers. Das letzte Werk, das Monusen in der Reihe seiner grossen Aka- demiepublicationen angeregt und selbst mit der Energie des Jünglings vorbereitet und durchgeführt hat, der Codex Theodosianus, ist glück- licher Weise, soweit von vornherein die Mitarbeit des Gründers in Aussicht gestellt war, vollendet worden, wie er es selbst in seinem letzten Berichte für das Jahr 1903 versprochen hatte. Das Manuseript zum ersten Bande ist von Monusen's Hand vollständig abgeschlossen worden, der Druck selbst war von seiner Hand bis fast zu Ende geleitet worden. Die letzten Bogen der grossen Einleitung sind im Satz. Die Drucklegung wird beaufsichtigt von Prof. O. SEEck in Greifs- wald, der unserer Akademischen Commission für den "Theodosianus beigetreten ist, und von Dr. Pavr Meyer, dem Herausgeber des zweiten Bandes. Zum Abdruck sollen im ersten Bande noch gelangen: ı. die von Prof. L. Trauvge in München übernommene paläographische Er- klärung der beigegebenen Facsimiletafeln und 2. die Untersuchung von Prof. A. von Wrerscnxo in Innsbruck De usu Breviarü Alariciani forensi et scholastico per Hispaniam Galliam Italiam regionesque vicinas. Die Bearbeiter stellen die Ablieferung der Manuscripte für die nächste Zeit in Aussicht, so dass die Publication des ganzen Bandes im Früh- ling dieses Jahres erfolgen dürfte. Die Arbeiten für die Ausgabe der Leges Novellae ad Theodosianum pertinentes sind, wie der Herausgeber, Hr. Dr. Paıvı M. Mryer berichtet, so weit gediehen, dass der Text nebst Apparat der Novellae Theodosii I. und Valentiniani III. gedruckt vorliegt, ausserdem Kapitel I, II, VI der Prolegomena im Manuscript fertiggestellt sind. Der Herausgeber hofft bis zum Herbst dieses Jahres die Ausgabe der Novellae vollendet vorlegen zu können. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 239 Geschichte des Fixsternhimmels. Bericht des Hrn. Auwers. Die fortlaufende Eintragung der Catalogörter in den allgemeinen Zetteleatalog ist bis zur Epoche 1375 fortgeschritten, indem im, Be- richtsjahre etwa 166000 Oerter aus Catalogen mit Epochen zwischen 1855 und 1875 übertragen wurden. Ausserdem wurde eine grössere Anzahl früher übergangener klei- nerer Cataloge und vereinzelter in Zeitschriften u.s. w. zerstreuter Be- stimmungen aus der Zeit 1750— 1845 verwerthet, indem daraus etwa 4000 Oerter ausgezogen — zum Theil erst abgeleitet — wurden. Das Fehlerverzeichniss zu den ausgezogenen Catalogen liegt bis zur Epoche 1825 einschliesslich druckfertig vor und ist weiter bis 1860 zusammengestellt, mit welcher Epoche ein zunächst herauszugebender I. Theil abschliesst. Zur Drucklegung desselben hat Hr. A. F. Lmprmans in Darmstadt zweitausend Mark zur Verfügung gestellt: eine neue Be- thätigung zur Förderung der Wissenschaft, für welche die Astronomen Hrn. Lispemans zu wirklichem Dank verpilichtet sind. Das Thierreich. Bericht des Hrn. ScHuLze. Im vergangenen Jahre sind zwei Thierreich -Lieferungen, die acht- zehnte und neunzehnte der ganzen Reihe, erschienen. Erstere ent- hält drei Vogelfamilien, die Meisen (Paridae), die Kleiber (Sittidae) und die Baumläufer (Certhüdae) und ist von Hın. Heıımayr in München bearbeitet. Die letztere enthält die Bearbeitung der mit vierstrahli- gen Kieselnadeln versehenen Spongien, der Tetraxonia, von Hrn. Prof. voN LENDENFELD in Prag. Die zwanzigste Lieferung, welche die Schnurwürmer (Nemertini) behandelt, ist zwar fertiggedruckt, konnte aber noch nicht ausge- geben werden, weil sie noch dem Bearbeiter, Hrn. Prof. Bürser in Santiago in Chile, zur Revision vorgelegt werden muss. Die in Vorbereitung befindliche einundzwanzigste Lieferung wird den ersten Theil der Amphipoden von Mr. Stessine in Tunbridge Wells in englischer Sprache bringen. Das Pflanzenreich. Bericht des Hrn. Engrer. Das »Pflanzenreich« oder Regni vegetabilis conspectus hat im vergangenen Jahre recht erhebliche Fortschritte gemacht. Es sind sieben Monographien mit einem Gesammtumfang von 71 Druckbogen 240 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. erschienen. Über die grosse Familie der Orchidaceae, an deren Bear- beitung sich einige Gelehrte unter Führung unseres correspondiren- den Mitgliedes Hrn. Prırzer (Heidelberg) betheiligen werden, ist der erste Theil, von ihm selbst bearbeitet, erschienen. Dr. W. Runtaxn (Berlin) hat die Zriocaulaceae, für deren Neubearbeitung ein dringendes Bedürfniss vorlag, erledigt; Dr. W. Grosser (Breslau) bearbeitete die Cistaceae, bei welehen die ausserordentliche Variabilität der Arten das Studium sehr erschwerte, auf Grund umfangreichen Materials; Prof. Dr. C. Mrz (Halle a. S.) lieferte im Anschluss an eine vorjährige Be- arbeitung der Myrsinaceae die der nahestehenden Theophrastaceae. Aus der Feder Prof. Dr. Bucnexaus (Bremen) erschien die Bearbeitung der Scheuchzeriaceae, Alismataceae und Butomaceae. In einem starken Band veröffentlichte Prof. Dr. E. Koenxe (Berlin) die Monographie der von ihm durch einige Jahrzehnte studirten Zythraceae. Endlich hat Dr. R. Pıreer (Berlin) die Bearbeitung der wichtigen Familie der Taxa- ceae, in welcher auch die Fossilien von Bedeutung sind, durchgeführt. Alle Monographien erleichtern durch eine Fülle guter Abbildungen (insgesammt 1910 Einzelbilder in 226 Figuren) die Benutzung und bringen zahlreiche neue Arten an’s Licht, welche bisher in den Mu- seen unbearbeitet lagen: sodann geben die Monographien aber auch eine gute Unterlage für pflanzengeographische Forschungen. Die Zalıl der Mitarbeiter nimmt stetig zu, so dass ein continuirliches Erschei- nen weiterer Monographien gesichert ist. Ausgabe der Werke Wırnerm von Humskornr's. 3ericht des Hrn. Scnnuipr. Von WirsenLm von Humsonpr's »Gesammelten Schriften« sind im Juni 1903 der erste (Leıtzmann s Ausgabe der »Werke« im engeren Sinn I: 1785— 1795) und der zehnte (Gersnarpr’s Ausgabe der »Poli- tischen Denkschriften« I: 1802-—- 1810), im December der elfte Band (»Politische Denkschriften« II: 18Sr0—ı813) erschienen; der zweite ist ausgedruckt, der die zweite Abtheilung schliessende zwölfte geht jetzt unter die Presse. Das Briefeorpus bedarf‘ noch mancher Ergänzung. Es ist neuer- dings durch Hrn. Grafen p Havssonvizze, Mitglied der Academie francaise, und Hrn. Dr. Günrner, Vorstand der Danziger Stadtbibliothek, in dankenswerthester Weise gefördert worden. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 241 Deutsche Commission. Bericht der HH. Burvacn, Rorrne und Sceumipr. Die Deutsche Commission hat heute zum ersten Mal über ihre Pläne und Arbeiten zu berichten. In’s Leben gerufen, um mit aka- demischen Mitteln die Erkenntniss der heimischen Sprache und Litte- yatur zu fördern, wird sie bemüht sein, in ruhiger, aber weitgreifen- der Vorbereitung den breiten und festen Grund zu legen, auf dem sich dereinst die nationalen Werke errichten lassen, die von der Aka- demie längst in’s Auge gefasst sind: eine Geschichte der neuhoch- deutschen Sprache und der grosse Thesaurus linguae Germanicae, der Leben und Reichthum unserer Muttersprache in seinen Schatzkammern bergen soll. Die Commission hat zunächst eine Inventarisirung der litte- ‚arischen Handschriften deutscher Sprache bis in’s 16. Jahrhun- dert in Angriff genommen, die sich zu einer Handschriftenkunde des deutschen Mittelalters auswachsen soll. Nur so wird es möglich werden, das reichbewegte sprachliche und geistige Leben voll zu erfassen und zu verstehen, aus und in dem sich Humanismus. Reformation und Schriftsprache bei uns entwickelt haben: insbesondere wird nur so ein umfassender Überblick zu gewinnen sein über die erbauliche, wissen- schaftliche, technische und Übersetzungsprosa der mächtig ringenden Zeit, die dem Buchdruck unmittelbar vorhergeht. Auch deutsche Hand- schriften des späteren 16. und des 17. Jahrhunderts, sowie die mittel- und neulateinischen Manuseripte Deutschlands sollen berücksichtigt werden, soweit sie Werke von ästhetischem Anspruch, vornehmlich Dichtungen, enthalten. Die Leitung dieser Handschriftenaufnahme ist so vertheilt worden, dass Hr. Burpacn das grösste und wichtigste Ge- biet übernimmt, die Bibliotheken Mittel- und Süddeutschlands, der preussischen Provinzen Öst- und Westpreussen, Posen, Schlesien, ferner Österreich-Ungarns und der Schweiz, Italiens und Russlands, wäh- rend Hrn. Rorrne das übrige Preussen, die kleineren norddeutschen Staaten, Hessen-Darmstadt, Luxemburg, ferner Frankreich, England, die Niederlande und die nordischen Länder zufallen. Natürlich be- darf es einer sehr grossen Zahl von Mitarbeitern. Eingeleitet sind die Inventarisationsarbeiten bereits für Königsberg, Ost- und West- preussen, Breslau, Prag, Wien, München, Leipzig, Jena, Rom; Bremen, Bonn, Coblenz, Darmstadt. Fulda, Giessen, Greifswald, Halle, Ham- burg, Münster, Waldeck: die HH. Dr. Burs (Hamburg), Dr. Heın (Giessen) und Dr. SrtEısgErGEer (Greifswald) haben schon die ersten Proben eingereicht, die, so gering sie an Zahl sind (10), doch ahnen lassen, welch Ertrag unser wartet: neben einem niederdeutschen Frei- Sitzungsberichte 1904. 5 19 242 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. dankfragment taucht da z.B. eine Übersetzung von Guillaume de Digulle- villes Pelerinage de la Vie humaine (15. Jahrhundert), eine Bearbei- tung von Hans Sachsischen Fastnachtspielen aus dem 17. Jahrhundert, eine ändernde und kürzende Handschrift von Gryphius Peter Squenz u. A. neu zu Tage. Schon jetzt lässt sich übrigens vorhersagen, dass sowohl die Aufnahme der Handschriften selbst wie namentlich auch die Organisation ‚und Controle der Inventarisirungsarbeiten in Zukunft Reisen der Leiter und der Mitarbeiter nöthig machen werden. Die einlaufenden Beschreibungen sollen zu einem Archive gesammelt und in ihm sofort derartig verzettelt werden, dass jeder Zeit eine voll- ständige und vielseitige Übersicht über das vorhandene Material ge- sichert ist. Es soll ferner in rascher Folge eine Reihe von ungedruckten deutschen Werken des Mittelalters und der frühneuhoch- deutschen Zeit publieirt werden: leidet doch die litterarhistorische wie die sprachgeschichtliche Forschung schwer darunter, dass die poetische und namentlich die prosaische deutsche Litteratur von 1250 bis 1500 nur in einer unzulänglichen, oft fast zufälligen Auswahl herausgegeben worden ist. Die Akademie beabsichtigt weniger kriti- sche Ausgaben als die zuverlässige Wiedergabe guter Handschriften mit den unentbehrlichsten Berichtigungen und Erklärungen: saubere Handschriftenabdrücke haben ihren eigenthümlichen bleibenden Werth für die Erkenntniss der Sprach- und Geschmacksentwicklung auch neben den kritisch «urchgearbeiteten Editionen, für die sie zugleich die beste Vorbereitung bilden. In Zukunft sollen diese Publicationen die Prosa jeder Art, namentlich auch die Fachprosa, in ihren Kreis ziehen: zunächst aber schien es geboten, eine Anzahl der noch un- gedruckten gelesenen Dichtungen des ausgehenden Mittelalters schnell zugänglich zu machen. Im Vorbereitung oder doch in feste Hände gelegt sind folgende Ausgaben: die Weltchronik, der Alexander und der Wilhelm Rudolf’s von Ems, der Rennewart Ulrich’s von Türheim, Seifrid’s Alexandreis, der Wilhelm von Österreich Johann’s von Würz- burg, Friedrich von Schwaben, die Christherrechronik, Karl und die Schotten, Dichtungen des deutschen Ordens, das Buch der Märtyrer, die Sprüche des Teichners, Sammelbände von kleineren Erzählungen und Beispielen, von Volks- und Gesellschaftsliedern: dazu die Oxforder Mystikerhandschrift. Wir haben begründete Aussicht, dass schon im laufenden Jahre die ersten Hefte erscheinen werden. Den Verlag dieser »Deutschen Texte des Mittelalters«, die Hr. Rorrne leitet, hat die Weidmann’sche Buchhandlung übernommen. Endlich sind durch Hrn. Scmupr über eine der deutschen Litteratur-, Bildungs- und Sprachgeschichte höchst wünschenswerthe Gesammt- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 248 ausgabe der Werke WırLann’s, die auch seine Übersetzungen und Briefe umfassen soll, eingehende Berathungen mit dem besten Kenner, Hrn. Bervmarp SEuUFFERT in Graz, gepflogen, die Grundsätze für das ganze Unternehmen entworfen und Mitarbeiter in's Auge gefasst worden. Die Vertheilung der Werke auf Bände ist im Gang, ebenso ein Register aller handschriftlichen Materialien und maassgebenden Drucke. Ein Verlagscontraet konnte noch nicht abgeschlossen werden. An WIELAND sollen sich andere wichtige Schriftsteller des 18. Jahrhunderts anreihen. üs liegt in der Natur der Sache, dass die Deutsche Commission heute fast nur von Plänen und Zielen zu berichten hatte, über denen sich fernere und höhere Ziele aufbauen. Wenn wir mit Zuversicht auf den allseitigen kräftigen Fortschritt unserer Arbeiten rechnen, so berechtigt uns dazu die verständuissvolle und thätige Hülfsbereitschaft, die wir fast überall und über Erwarten sefunden haben, wo immer wir Mitarbeit und Unterstützung warben. Die Deutsche Commission ist augenblicklich zusammengesetzt aus den HH. Burvacn, Diers, Dirruey. Koser, Rortne, Scumir: geschäfts- führendes Mitelied ist Hr. Rorrne. Forschungen zur Geschichte der neuhochdeutschen Schrifisprache. Bericht des Hrn. Burpacn. Von den durch mich in Angriff genommenen und geleiteten For- schungen zur Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache, die 1. deren Ursprung und Emporkommen im 14., 15., 16. Jahrhundert, 2. ihre Einigung im 17. und 18. Jahrhundert und 3. die Ausbildung der modernen Litteratursprache zum Gegenstand haben, konnte seit dem vergangenen Sommer nur die erste Gruppe gefördert werden. Hervorragend wichtig ist dabei die Feststellung der Beziehungen zu den Anfängen des deutschen Humanismus und der dadurch hervor- gerufenen neuen Formen des Satzbaus und Stils der Prosa in der lateinischen und deutschen Kanzleisprache. Für ein bedeutendes Doecu- ment dieser Bewegung innerhalb der böhmisch-mährischen Kanzleien um die Wende des 14. Jahrhunderts, eine reichhaltige Olmützer Sammel- handschrift, die ich zuerst untersucht und in grösseren Theilen abge- schrieben hatte, wird von mir jetzt mit Unterstützung des Hrn. Dr.Wirrı SCHEEL, der mir seit dem October 1903 zur Seite steht, eine Publica- tion und möglichst vielseitige Beleuchtung vorbereitet. Die Handschrift stammt aus dem Schülerkreise des Kanzlers Kaiser Karl's IV., des Schle- siers Johann von Neumarkt. Dieser Johann von Neumarkt, ein ge- schiekter und mannigfach interessirter Gehülfe seines kaiserlichen Herrn, 192 244 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. des grossen Centralisators und Reorganisators deutscher Bildung und deutschen Wohlstands, hat die königliche Kanzlei reformirt, den Stil ihrer lateinischen und deutschen Urkunden umgebildet und in neue Bahnen geleitet, er hat auf Befehl des Kaisers auch lateinische reli- eiöse Schriften in's Deutsche übersetzt und ist durch diese Übertra- gungen der älteste deutsche Schriftsteller einer kunstvollen, leben- digen, den modernen Leser an Luther's Sprachkraft gemahnenden neuhochdeutschen Prosa, in jenem durch bayerisch -österreichischen Einschlag modifieirten ostmitteldeutschen Sprachtypus, der fortan unter dem nachwirkenden Anstoss der von Karl IV. in Böhmen, Mähren, Schlesien und den abhängigen Nachbargebieten geschaffenen neuen staatlichen, kirchlichen und wissenschaftlich-litterarischen Cultur der Kern unserer gesammten schriftsprachlichen Entwicklung geblieben ist bis auf den heutigen Tag. Jene bedeutungsvolle Olmützer Miscellan- handsehrift enthält ausser sechs, bis auf einen unbekannten, lateini- schen Briefen Johann’s von Neumarkt eine bunte Sammlung latei- nischer Gedichte und Prosawerke Petrarca’s,. mit dem Johann von Neumarkt in persönlichem Verkehr und Briefwechsel gestanden und den er als seinen Meister verehrt hatte. Meine Abschriften aus die- sem Olmützer Codex sind von Hrn. Dr. ScuheeL für den Druck redigirt, die photographisch aufgenommenen Textstücke übertragen und in das Druckmanuscript eingereiht worden. Für alle von Petrarca herrühren- den oder ihm zugeschriebenen Gedichte und Abhandlungen ist von Hrn. Dr. Scherer eine Untersuchung der Frage, ob sie schon bekannt oder gedruckt seien, auf's Neue angestellt worden und hat bis jetzt hin- sichtlich des allergrössten Theils — meine frühere, vorläufige Nach- forschung bestätigend — zu einer verneinenden Antwort geführt. Fer- ner hat Hr. Dr. Scheer sowohl für die prosaischen als auch für die poetischen Bestandtheile die Untersuchung auf die Ermittelung der un- mittelbaren Vorbilder ausgedehnt, wobei sich besonders die Benutzung und Nachahmung von Livius, Florus, Valerius Maximus und nament- lich Ovid ergeben hat. Der Abschluss dieser Arbeit ist im Laufe des Frühjahrs zu erwarten. Hunsorort- Süftung. Bericht des Vorsitzenden des Guratoriums Hrn. WALDEYER. Die HH. Tuıwenıus und Lupwiıe Diers sind mit der weiteren Be- arbeitung des von ihren Reisen mitgebrachten wissenschaftlichen Ma- terials beschäftigt. Der Vorsitzende des Curatoriums hat über Eigen- thümlichkeiten von Papua-Schädeln, die zum Theil von Hrn. Tuıtextus Jahresberichte der Stiftungen und Institute. 245 gesammelt worden waren, in der Sitzung der physikalisch-mathemati- schen Classe der Akademie vom 10. Dezember d.J. Mittheilung gemacht. Die für das Jahr 1903 zur Verfügung stehende Summe von rund 7000 Mark ist Hrn. Dr. Leostuarn Scnurtze, Privatdocenten an der Uni- versität Jena, zu systematisch- und geographisch -zoologischen Unter- suchungen in Deutsch-Südwestafrica verliehen worden. Hr. Dr. Leoxnarn ScHuLtzE ist bereits seit einigen Monaten an Ort und Stelle thätig und hat sowohl dem zoologischen Museum wie der anatomischen An- stalt eine Reihe werthvoller Sammlungsstücke eingesendet. Die für 1904 verfügbare Summe beläuft sich auf Sooo Mark. Sarıenr-Stiflung. Bericht des Hrn. Brunner. I. Über die Arbeiten zu einer neuen Ausgabe von Gustav Hon£ver’s Werk: »Die deutschen Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Hand- schriften« (1856) haben die HH. Dr. Borcauine und Dr. JuLıus GIERKE einen eingehenden Bericht erstattet. Dem Honrver'schen Verzeichniss, das 741 Handschriften von Rechtsbüchern aufzählt, konnten 299 neue Nummern eingereiht werden, die der Bericht im Einzelnen verzeichnet. Andererseits mussten aus dem Honever’schen Verzeichniss 25 Nummern gestrichen werden, theils weil sie mit anderen Nummern identisch sind, theils aus sonstigen Gründen. Ein Wechsel des Aufenthalts ist bei 56 Nummern constatirt worden. Verloren gegangen sind seit 1856 25 Handschriften. Von allen neu eingestellten Nummern und von einer grossen Anzahl alter Nummern sind ausführliche Beschreibungen angefertigt worden. I: Vom Vocabularium lurisprudentiae Romanae ist im Jahre 1903 das von Hrn. B. Küster bearbeitete vierte Heft (ceterum —cymbium) aus- gegeben und damit der erste Band vollendet worden. Er trägt die Widmung: In memoriam Theodori Mommsen, qui hoc opus fundavit. Das Manuscript des fünften Heftes wird von seinem Bearbeiter Hrn. GruprE voraussichtlich zu Ostern d. J. eingeliefert werden. borr- Stiftung. Bericht der vorberathenden Commission. Am 16. Mai 1903 hat die Königliche Akademie der Wissenschaften den zur Verfügung stehenden Jahresertrag der Borr-Stiftung von 1902 im Gesammtbetrage von 1350 Mark in 2 Raten verliehen. Die grössere 246 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Rate von 900 Mark wurde Hrn. Dr. Argerr Bürk in Tübingen zuer- kannt in Anerkennung und zur Weiterführung seiner Arbeiten auf dem Gebiete der indischen Philologie, die kleinere Rate von 450 Mark Hrn. cand. phil. Jonans BECKER aus Cöln, z. Z. in Berlin, zur Fort- setzung seiner Dialektforschungen auf slavisch -litauischem Gebiete innerhalb Deutschlands. Im Vermögensbestande der Stiftung ist keine Änderung eingetreten. Enbvarnd GERHARD- Stiflung. Bericht des Hrn. Conze. Das Stipendium wurde seit dem Inslebentreten der Stiftung zum ersten Male im Jahre 1894 Hın. Pucuhsteın für Untersuchung der antiken Befestigungen von Paestum verliehen. Die Publication ist noch nicht erfolgt. Auch die Ergebnisse der mit dem Stipendium unterstützten Arbeiten des Hrn. NoAck über griechische Städteruinen in Akarnanien und Aetolien sind noch nicht veröffentlicht, und das Hrn. Böntau zu Untersuchungen auf Lesbos verliehene Stipendium hat noch nicht in Verwendung genommen werden können. Als erste durch eine zweimalige Bewilligung aus den Mitteln der Stiftung unterstützte Arbeit ist soeben die Publication des Hrn. Wirsann erschienen: Die archaische Poros-Architektur der Akropolis zu Athen. Text und Atlas. Cassel und Leipzig 1904. Bericht der Hermann und Erise geb. Hrckmann WENTZEL- Stiftung. Bericht des Guratoriums. Die drei grossen litterarischen Unternehmungen der Stiftung sind im Berichtsjahr planmässig fortgegangen. Die Leiter haben darüber die hier als Anl. I und II folgenden Berichte erstattet. Die von Prof. Pırwivpson zum Abschluss seiner Forschungen im westlichen Kleinasien für 1903 geplante dritte Reise wurde auf 1904 verschoben und soll nun in diesem Jahre in etwas erweitertem Umfang ausgeführt werden. Prof. A. Vorırzkow hat seine Forschungsreise nach Ostafrica und Madagaskar im Januar 1903 angetreten und bis jetzt planmässig durch- geführt. Er hat erst die Witu-Inseln und Pemba, dann die Haupt- inseln der Comoren-Gruppe eingehend durchforscht, und ist am 1. No- vember auf Madagaskar gelandet; seine letzte Mittheilung ist von dort aus Tullear vom 25. December 1903. Ein vorläufiger Bericht über Jahresberichte der Stiftungen und Institute. 247 die Arbeiten auf den Witu-Inseln und Pemba ist in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde veröffentlicht. Die Geldbewilligungen des Jahres 1903 haben betragen: 6000 M. zur Fortsetzung der Bearbeitung des Wörterbuchs der deutschen Rechts- sprache: 4000 M. zur Fortsetzung der Kirchenväter- Ausgabe; 3000 M. für die Bearbeitung der römischen Prosopographie: 1000 M. für weitere Ausdehnung der dritten kleinasiatischen Reise des Prof. Pımwireson. Anl. I. Bericht der Kirchenväter -Commission für 1903. Von Aporr Harnack. I. Ausgabe der griechischen Kirchenväter. In dem Jahre 1903 ist der 10. Band der Kirchenväter- Ausgabe erschienen, nämlich: Örigenes’ Commentar zum Johannesevangelium (Preuscuen). Im Druck befinden sich vier Bände, nämlich: Eusebius’ Kirchengeschichte, 2. Theil, nebst der Übersetzung Rufin’s (Scuwartz und Monmusen r): Eusebius, Topica (Krostermasn) und Theophania (GrEssmann): Gnostische Schriften in koptischer Sprache (K. Scımipr); Clemens Alexandrinus, Werke, Bd. I (Sräurın). Von dem » Archiv für die Ausgabe der älteren ehristlichen Schrift- steller« wurden neun Hefte ausgegeben, nämlich: Bd. VII Heft 4: Jasssen, Das Johannesevangelium nach der Paraphrase des Nonus; Bd. IX Heft 1: K. Scıumr, Die alten Petrusakten: Bd.IX Heft 2: Wrepe, Die Echtheit des 2. Thessalonicherbriefs: Bd. IX Heft 3: Harsack, Der pseudocyprianische Traktat De singularitate clerieorum. Die Hypotyposen des 'T'heognost. Der gefälschte Brief des Bischofs T’heonas; Bd. IX Heft 4: vos Scnugert, Der sogenannte Prädestinatus: Bd. X Heft 1: Lrirorot, Schenute von Atripe: Bd.X Heft 2: Acneuıs und Freummne, Die syrische Didaskalia; Bd.X Heft 3: Frhr. vox Sopen, Die eyprianische Briefsammlung; Bd. X Heft 4: Warrz, Die pseudoclementinischen Schriften. D Im Druck befinden sich zwei Hefte. Die Vorarbeiten für weitere Bände der Kirchenväter- Ausgabe sind fortgeführt worden. Grössere Unterstützungen erhielten Bınzz und PArumENTIER (Reise nach Italien für Sokrates, Sozomenus und Theodoret), Karıgerow (für Übersetzungen von Werken Hippolyt’s aus dem Geor- gischen in's Russische), Körscnau (Reise naclı Italien für Origenes, 248 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. De prineipiis), Wenprann (Reise nach Paris für Hippolyt, Philoso- phumena), Schwartz (Reise nach Italien für Eusebius, Praeparatio), K. Schmpr (Reise nach Aegypten für koptisch - gnostische Schriften). Der der Commission zugeordnete wissenschaftliche Beamte K. Schmipr hat seine grosse Ausgabe der Acta Pauli in koptischer Sprache vollendet. Dieselbe ist in Leipzig (J. ©. Hinrichs’sche Buchhandlung) erschienen. 2. Prosopographia Imperii Romani saee. IV—VI. Die von der Commission seit drei Jahren geplante Prosopographie von Diocletian bis zu Justinian’s Tode hat das Curatorium der Stiftung im Herbst 1902 in die Zahl der von ihr herauszugebenden Publi- cationen aufgenommen. Die Commission hat mit der Leitung der kir- chenhistorischen Abtheilung Hrn. JüLıcner, der profanhistorischen Hrn. Sercx betraut. Dank der freiwilligen Mitarbeit einer grossen Anzahl von Kirchenhistorikern sind die Vorarbeiten im Laufe des Jahres 1903 bedeutend gefördert worden. Die Commission beklagt hier wie in Bezug auf die Ausgabe der Kirchenväter den Verlust ihres Mitgliedes Hrn. Monusen auf’s tiefste. Er hat die Arbeiten nicht nur mitgeleitet — der Plan der Prosopographie gehört ihm an, und die Durchführung lag ihm besonders am Herzen — sondern er hat auch selbst mit- gearbeitet. Seine Rufin-Ausgabe ist vollendet: die Drucklegung wird Hr. Scnwarrz übernehmen. Seine umfangreichen Excerpte für die Prosopographie sind Hrn.Serck anvertraut worden, den die Commission an seiner Stelle zum Mitglied gewählt hat. Anl. I. Bericht der Commission für das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache. für das Jahr 1903. Von Heıskıcn Brunner. Die akademische Commission tagte zu Heidelberg am 28. und 29. März 1903. Sie revidirte durch Stichproben das in der Heidel- berger Universitätsbibliothek aufbewahrte Archiv der Excerptenzettel und fasste Beschlüsse über Anlage und Ergänzung des Quellenver- zeiehnisses, über einzelne zur Excerpirung heranzuziehende Quellen- werke, über Bestellung neuer Mitarbeiter und über die Ausarbeitung einer erweiterten und vervollständigten Instruction für die Excerptoren. Im März 1903 bildete sich in Wien ein »österreichisches Comite zur Förderung des deutschen Rechtswörterbuchs.« Mitglieder dieses Comites sind Hr. Sectionschef und Prof. Excellenz vox INAMA-STERNEGG, Hr. Oberlandesgerichtsrath Dr. Tıreopor Morroc#h, Hr. Archivdirector Jahresberichte der Stiftungen und Institute. 249 Hofrath Dr. G. Wıster und die HH. Prof. Erssr Freiherr vox Scuwinp, Sıcmunp ADter, Arrons Dorscn, Rıcnarn HEinzeL, Kart Kraus, J. Minor und O. vox Zarzineer. Nach dem Vorbilde der schweizerischen Com- mission stellt sich das österreichische Comite die Aufgabe, für die Zwecke des Rechtswörterbuchs die deutschen Quellen Oesterreich-Ungarns sy- stematisch zu excerpiren und die Excerpte an unser Heidelberger Ar- chiv abzuliefern. Vorsitzender des österreichischen Comites ist Hr. Prof. Dr. Ersst Freiherr vox Schwisp, Wien III, Reisnerstrasse 32, an den alle die Angelegenheiten dieses Comites betreffenden Zuschriften zu richten sind. Über die Arbeiten des Jahres 1903 erstattete der wissenschaft- liche Leiter des Unternehmens Hr. Scnrorper folgenden Bericht. Bericht des Hrn. ScHROEDER. Die Gesammtzahl der in das Archiv eingeordneten Zettel belief sich bei der letzten Feststellung auf 171500; sie ist seitdem auf mehr als 200000 gestiegen. Einen besonders dankenswerthen Zuwachs bil- den die von Hrn. Prof. Lıegermann eigenhändig hergestellten Auszüge aus dem ersten Bande der »Gesetze der Angelsachsen«, 3000 Excerp- tenzettel umfassend. Das im Laufe dieses Jahres für die österreichi- schen Rechtsquellen begründete Wiener Comite hat bereits 10000 Ex- cerptenzettel zusammengebracht; die Titel der unter ihrer Leitung aus- gezogenen Quellen sind in dem unten folgenden Verzeichniss durch ** bezeichnet. Die schweizerische Commission hatte die von ihr über- nommene Aufgabe bereits im vorigen Jahre in der Hauptsache zu Ende geführt: die inzwischen von ihr noch eingegangenen Nachträge sind in unserer Zusammenstellung durch * gekennzeichnet. Die Grıum’schen Weistümer sind nunmehr bis auf einen kleinen noch ausstehenden Rest des ersten Bandes vollständig ausgezogen. Die Auszüge aus dem Schwaben- und Deutschenspiegel sind von der Leitung in Angriff ge- nommen worden, nachdem sich herausgestellt hat, dass die kritische Ausgabe von Rockısser’s nicht abgewartet werden kann: sie werden ebenso wie die ebenfalls begonnenen Auszüge aus dem kleinen Kaiser- recht im Laufe des nächsten Jahres vollendet werden. Ein Verzeich- niss der noch ausstehenden Quellen ist in Arbeit genommen; schon Jetzt ergibt sich, dass ihre Bewältigung noch geraume Zeit und einen erweiterten Kreis von Mitarbeitern erfordern wird. Um so dankens- werther ist die Unterstützung, die das Unternehmen in Folge der Ini- tiative der HH. Fockema Anpreae und Vervam bei den holländischen Gelehrten gefunden hat. Unser Verzeichniss führt bereits verschiedene werthvolle Beiträge derselben auf. Die von der Wörterbuch -Com- 250 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. mission beschlossene neue » Anleitung zum Excerpiren für das deutsche Reehtswörterbuch« wurde sämmtlichen Mitarbeitern, auch denen der Wiener Commission, zugestellt. Sie lehnt sich an die von der schwei- zerischen Commission entworfene Anleitung an und hat sich bereits in hohem Grade bewährt, insbesondere hat sie für die Leitung eine wesentliche Ersparniss an Zeit- und Arbeitsaufwand gebracht. Von den ständigen Hülfsarbeitern war Dr. Rorr hauptsächlich mit den Ein- ordnungen in das Archiv und der Ergänzung des Verzeichnisses der zusammengesetzten Wörter, Dr. Wanr mit der bibliographisch genauen Feststellung der Quellenverzeichnisse beschäftigt. Da Dr. Want als Beamter der Universitätsbibliothek seine Thätigkeit für das Wörter- buch auf drei Stunden täglich einschränken musste, so war eine Er- eänzung der ständigen Hülfskräfte geboten. Seit dem ı. November ist Dr. LroroLn PErers, vorerst mit beschränkter Arbeitszeit, als stän- diger Hülfsarbeiter gewonnen. Da Dr. Rorr zum ı. April 1904 aus- scheiden wird, so erwächst für die Wörterbuch-Commission die Auf- gabe, sich über eine Neuorganisation der ständigen Hülfskräfte der Leitung schlüssig zu machen. Ohne zwei ständige Hülfsarbeiter sind die ihr obliegenden Aufgaben schlechthin nicht zu bewältigen. Wenn die hierfür erforderlichen Mittel nicht flüssig gemacht werden können, lässt sich die Einreihung der immer zahlreicher eingehenden Excerpten- zettel in das Archiv und die Aufarbeitung der hektographisch herge- stellten Zettel nicht mehr regelmässig bewirken: es würden Stauungen eintreten, bei denen eine erspriessliche Förderung der noch ausstehen- den umfangreichen Arbeiten nicht mehr möglich wäre. Verzeichniss der im Jahre 1903 ausgezogenen Quellen. (Die Beiträge der schweizerischen Commission sind mit einem *, die der österreichischen mit zwei ** bezeichnet.) **Ackermann aus Böhmen: Prof. Berxr (Leitmeritz). **Acta Tirolensia I (vollendet): Jos. Krarr (Seminar von VoLTELIKI). **Anegenge, her. von Halın (Gedichte des 12. und 13. Jh., 1840): P. B. BranpL (Se- minar SEEMÜLLER). Artikel der Bauern, Die zwölf, her. von Götze, Hist. VJSchr. V. 1902: Dr. Kornxe. Bär, Urkunden und Akten zur Geschichte der Verfassung und Verwaltung der Stadt Koblenz, 1898: Dr. Rorr. **Beheim, Michael, Buch von den Wienern, her. von Karajan, 1843: Epw. ZELLWERER, (Seminar Prof. Kraus). b **Beheim, Michael, Reimchronik von Friedrich von der Pfalz (1469), her. von Hoffmann, Quellen und Erörterungen z. bayer. u. deutsch. Geschichte 3, 1— 258: Epm. Zerr- WERKER (Seminar Kraus). Beweisung, Stück von der, her. von Homeyer, Des Sachsenspiegels 2. Teil I, 363 fl.: SCHROEDER und LoRENTZEN. Bilsteiner Gerichtsordnung (17. Jh.), bei Geisen, Teutsches Corpus iuris, Hannover 1709: Prof. Hıs. **Biterolfund Dietleib, her. von Jänieke, Deutsches Heldenbuch I. 1866: C. Tuumser (Seminar R. Kraus). **Bonus, her. von M. Haupt, Zeitschr. f. deutsch. Altertum 2, 208 ff.: R. Fınpeıs (Se- minar K. Kraus). Jahresbericht der Stiftungen und Institute. 251 *Bremgarten, Urkunden im Stadtarchiv Bremgarten: Oberrichter Dr. W. Merz (Aarau). Codex diplom. Saxoniae regiae, 2. Hauptteil. NI (Universität Leipzig). XII (Frei- berg): Dr. G. Leuserr (Giessen). Deichordnungen (unvollendet): Dr. J. Grerkz (Göttingen). *"Diemer, Deutsche Gedichte des ır. und ı2. Jh., 1849 (Loblied auf den heiligen Geist Gebet einer Frau, Antichrist, Leben Jesu, Himmlisches Jerusalem): K. Tuunser (Seminar K. Kraus). **Dietrich und Wenezlan, Deutsches IIeldenbuch V. 1870: Prog (Seminar K. Kraus). Dortmund, Statuten und Urteile, her. von F. Frensdorff, Halle 1882: Referendar E. Rugex (Berlin). **Eders Relationen (Sammlung Chorinsky, handschriftlich): Orro Back (Seminar vox Schwixp). "Eidgenössische Abschiede II. Fortsetzung: Prof. Warrer Burexuarpr (Lausanne). **Eisen-Satz- und Ordnung von 1660, Codex Austriacus I, 318 ff.: Franz Leirer (Se- minar von SCHWwiND). Entwurf einer hessischen Landesordnung, Geisen,, Teutsches Corpus iuris, Hannover 1709, S. 391 $l.: Prof. Hıs. Erbbuch der Ämter Langensalza und Thamsbrück von 1516 (Arehiv Magdeburg): Prof. Hıs. Erbregister des Amtes Sontra (Archiv Marburg): Prof. Hıs. Erfurt, Diplomata des Erfurter St. Petersklosters (Königl. Bibliothek in Berlin): Prof. Hıs. **Ermreuther Saalbuch von 1537 und Gemeindeordnung von 1698, Geschichte der Familie von Künssberg-Thurnau, München 1838: Esern. von Künssgere (Seminar von ScHwixD). **Ferdinandeische Bergordnung von 1553 f. d. niederösterreichischen Lande: Fraxz Leırer (Seminar von Scnwixp). Fidiein, Historisch-diplomatische Beiträge z. Geschichte der Stadt Berlin, IV. (Ber- linische Urkunden von 1232— 1700): Dr. Wanr. von Freyberg, Sammlung historischer Schriften und Urkunden, II. 1829: Dr. Rorr. **Fuchs, Neidhart, bei Bobertag, Narrenbuch S. 149 ff. (Kürschner, Deutsche National- litteratur XI): Ext Kreıster (Seminar K. Kravs). **Genesis, Millstädter, her. von Diemer, Genesis und Exodus, 1862: Dr. V. DorLsaver (Znaim). **Genesis, Wiener, her. von Hoffmann von Fallersleben, Fundgruben Il.: Dr. V. Dorr- MAYER. *Gengenbach, Pamphilus von, her. von K. Gödeke, 1856: Dr. Aug. STEIGER (Bern). Gera, Stadtrecht von 1658, bei Schott, Sammlungen z. d. deutschen Stadt- und Land- rechten 1. 1772: SCHROEDER und Dr. Degen (Heidelberg). Glosse zum Sächs. Lehnrecht: Probe aus der Glosse des Sächs. Lehnrechts, bei Homeyer, Des Sachsenspiegels 2. Teil, I S. 343 ff.: Scnrorper und Prof. Lorentzen. Görlitz, Stadtbuch, her. von Jecht, N.-Laus. Magazin 69 und 70; Rügegericht von Görlitz und Löbau, her. von Bötticher, ebd. 73: Hofgerichtsbuch, her. von Knoche, ebd. 74; Liber vocationum, her. von Jecht, ebd. 77: Dr. G. Srosse. Grimm, Weistümer, I. fortgesetzt von S. 332—640: Dr. H. HrErwaGen. II. vollendet: K. Sterser. VI. vollendet: Prof. Greiner. Hanserecesse I: Die Recesse und Acten der Hansetage von 1256—1430, I. 1870: Dr. Bopex (Hamburg). **Heinrich von Freiberg, Tristan: Prof. A. Bersr (Leitmeritz). **Heinrich von Neustadt, Apollonius, her. von Jos. Strobl, Wien 1875 (verbessert nach der Wiener Handschrift): Ina Seser (Seminar K. Kraus). **Heinrich von Neustadt, Von Gottes Zukunft, her. von Jos. Strobl, Wien 1875: Ipa Sensr (Seminar K. Kraus). **Hochzeit, her. von Karajan, Deutsche Sprachdenkmäler des 12. Jh., 1846: Eur Keeıster (Seminar K. Kraus). **Juliana, her. von Schönbach, Sitz.-Berichte der Wiener Akademie d. W., phil.-hist. Classe, Band ı01: Exır Kreister (Seminar K. Kraus). **Jüngling des Konrad von Hoslau, Zeitschr. f. deutsch. Altertum VIII: Rarı Kreıster (Seminar K. Kraus). Kennemerland, Recht van het: Prof. Fockena Axpreae (Leiden). 252 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Kennemerland, Costumen der Hooge Vierscharen van K.: Prof. Fockema ÄANDREAE. Kirchhoff, Erfurter Weistümer, 1870 (ergänzt aus dem Magdeburger Staatsarchiv): Prof. Hıs. **Konrad von Fussesbrunnen, Die Kindheit Jesu (Quellen u. Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germ. Völker 43, Strassburg 1881): Ina SEnsL (Seminar K. Kraus). *Konrad von Würzburg, Klage der Kunst, her. von E. Joseph (Quellen u. For- schungen 54, Strassburg 1885): Dr. Barınser (Zürich). "Konrad von Würzburg, Der Schwanritter, her. von F. Roth, 1861: Dr. Barınger. Kopialbücher der Klöster Reinhardsbrunn und Georgenthal (Archiv Gotha): Prof. Hıs. Laber Marktstatuten, her. von Neudegger, Zur Geschichte der Reichsherrschaft Laber auf dem Nordgau, Regensburg 1902: Frl. von Schwerin (München). Laijsche Anzaigung, München, o. J. (wahrscheinlich von 1531): K. STERNER (München). **Landtafel oder Landesordnung des Erzherzogtuns Oesterreich unter der Enns, 2. und 3. Buch (Sanımlung Chorinsky): Rapvany und Gar (Seminar von SCHWInD). **Landtafeln, ÖOberösterreichische (Sammlung Chorinsky): Fraxz Lrırer (Seminar von SCHWIND). **Laurin, Deutsches Heldenbuch ]. 1866: H. Frısa (Seminar K. Kraus). Leiden, Keuren der Stadt Leyden. 1583 und 1658: Archivar Dr. Overvoorpe (Leiden). **Leuthold von Säben, bei v. d. Hagen, Minnesinger I. III. 327. 451. 468. IV. 239 ft.: Pırker (Seminar K. Kraus). Liebermann, Gesetze der Angelsachsen, I. Halle a. S. 1903: Prof. LiEBERMANNn. **Lori, Sammlung des baierischen Bergrechts, München 1764: K. Sterner (München) und Esern. von Künssgere (Seminar von ScHwinD). **Mai und Beaflor, her. von Pfeiffer, Dichtungen des deutschen Mittelalters VII Leipzig 1848: R. Fıroeıs (Seminar K. Kraus). **Der Mantel, her. von Warnatsch, Germanistische Abhandlungen II: SuLzENBACHER (Seminar SEEMÜLLER). Mecklenburgisches Urkundenbuch I-XVII: Prof. Marrın Worrr (Berlin). **Meleranz, von dem Pleier, her. von Bartsch, Stuttg. 1861 (Lit. Ver. 60): SCHNEIDER (Seminar SEEMÜLLER). **Milstätter Sündenklage, Zeitschr. f. deutsch. Altertum NX: E. KreısLer (Se- minar K. Kraus). **Mönch von Salzburg, ler. von Mayer-Rietsch, Die Mondsee -Wiener Liederhand- schrift (Acta Germaniae III. 4. IV. ı): Nussvaumer (Seminar SEEMÜLLER). **Der Nibelungen Not, her. von Bartsch, 1870: Paur Pıcstrer (Seminar K. Kraus). Niederösterreichische Landgerichtsordnung von 1514/40 und 1557 (Wien 1555. 1560): Dr. Gorpscauipr (Berlin). Nördlinger Staturen von 1650: Der Stadt N. alte Gewohnheiten, Gebräuch, Gesätz und Ordnungen, her. von Schott, Sammlungen z. d. deutschen Land- u. Stadt- rechten, I. 1772: SCHROEDER und Dr. Desen. **Oesterreichisches Landrecht, Ausgabe: von Schwind u. Dopsch, Ausgewählte Urkunden Nr. 34 u. 50: Gera vos Rapvany (Seminar von ScHwisp). Oesterreichische Weistümer VI (Steirische u. Kärnthische Taidinge): Dr. vax VLEUTEN und RK. STErxeEr. Oesterreichische Weistümer I (Salzburg): RK. STERNER. Oorkondenboek van Holland en Zeeland, Supplement, door J. de Fremerye, ’s Gravenhage ı901: Archivar OvERvoorDE (Leiden). Osnabrücker Urkundenbuch, her. von Philippi und Bär, I-IV. Dr. Börser (Bochum). **Sankt Oswald, her. von Ettmüller, 1835: J. MirteLzerser (Seminar SEEMÜLLER). **()tto der Raspe (Abschrift im Besitze des Prof. Schöubach in Graz): Eiserschürz (Seminar K. Kraus). Pirlins Sammlung Tiroler Gesetze I. (Augsb. 1506), nach dem Abdruck bei Rapp, Beiträge z. Geschichte von Tirol u. Vorarlberg V., 1829, S.131—ı61: Referendar Herına (Dresden). Placaetboek, Groot, vorvattende de placaten, ordonnantien en edicten van de Staten-General der Vereenighde Nederlanden I. 1—64: Mr. Roruis CouquErquE (Haag). Promptuarium iuris, Ausg. von Gengler, De codice saeculi XV. Erlangensi inedito, Erlangae 1854: Rechtspraktikant Goıtein (Heidelberg). Jahresberichte der Stiftungen und Institute. 253 **Vom Rechte, her. von Karajan, Deutsche Sprachdenkmäler des ı2. Jh., 1846: Emır Kreıster (Seminar K. Kraus). **Reformation der Steirischen Landhandfeste von 1446, Druck 1842: Seminar von Luscnin. **Reformation des Landrechtens des löblichen Fürstentum Steyr, Wien 1533: W. ZeısberGEr (Seminar PuntscHArt in Graz). Reformation Sigmunds, Friedrich Reisers Reformation des K. Sigmund, her. von Böhm, 1876: Dr. Kornne. Reichsabschiede, Sammlung der, (Koch), II theilweise: Dr. Kurr Perers (Kiel). Reichstagsakten, Deutsche, her. durch die (Münch.) Hist. Commission, 1. Reihe. II. (angefangen): Frh. von Schwer (München). IV. Dr. Vısener (Giessen). V. Dr. Vosr (Giessen). Rigaer Kämmereiregister, her. von A. von Bulmerineq, 1902: SCHROEDER. Rockinger, Denkmäler des baierischen Landesrechts, veröffentl. von L. von Rockinger, II. ı, München 1891: Dr. van VLEUTEn. Rockinger, Briefsteller und Formelbücher des ı1. bis 14. Jh. (Quell. u. Erörterungen z. bayer. u. deutsch. Geschichte, IX. ı) 1863: Scurorper und Dr. l,EoroLp Perers. **Rosengarten, A., her. von G. Holz, 1893: Rıcuarn Steiner (Seminar K. Kraus). Rottweil, Rotweilisch Hofgerieht-Ordenung, Frankfurt a.M. 1535: Prof. Greiser. **Rubin, bei v. d. Hagen, Minnesinger I. und III.: R. Fınpeıs (Seminar K. Kraus). *Rudolf von Enis, Der gute Gerhard, her. von M. Haupt, 1840: Dr. Aus. Steiger (Bern). Ruland’s Handlungsbuch, Stuttgart 1843: Dr. Want. Sachsse, Meklenburgische Urkunden (zu Ende geführt): Dr. von Boxın (Potsdam). Salbücher der hessischen Amter Allendorf, Vacha und Frauensee (Archiv Marburg): Prof. Hıs. **Sankt Bernhard, Gründungsgeschichte von, Font. rer. Austr. II. 6: Prof. SermüLrer. **Der von Scharfenberg, bei v. d. Hagen, Minnesinger I. 349 ff.: Pırker (Seminar K. Kraus). Schlotheim, Stadtrecht, Neue Mitteilungen des thür.-sächs. Vereins 21, 105 ff.: Prof. Hıs. **Schwazerische Bergordnung von 1468, bei Wagner, Corpus iuris metalliei, 1791: Fraxz Leirer (Seminar von SCHWIND). **Schwazerische Erfindung, 1556: Franz Leirer (Seminar von Schwixp). *Schweizer Minnesänger, her. von K. Bartsch, bei Bächtold u. Vetter, Bibl. älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz, VI.: Dr. Aue. Steıcer (Bern). **Des Fürstentums Steyer Gerichtsordnung von 1574 und 1622, Grätz 1638 und München 1622: W. ZeisperGer (Seminar PustscHArT, Graz). Stolper Statut von 1611, bei Schott, Sammlungen z. d. Land- u. Stadtrechten I, 241 ff.: SchroEper und Dr. Deskn. Stralsunder Schifferbruderschaft, Statut von 1488, Pommersche Jahrbücher III. (1902) S.179 ff.: ScHRoEDER. Stralsunder Verfestungsbuch, her. von Franeke und Frensdorff, 1875: Dr. Lurpe. Stumpf, Acta imperii, Urkunden des Kaiserreiches aus dem ıo. bis 12. Jh., 1865 bis 1881: SCHROEDER. **"Tanhusaere, bei v. d. Hagen, Minnesinger II. II.: R. Fıspeıs (Seminar K. Kraus). **Thomasin von Zirklaria, Der wälsche Gast. Bibliothek der gesamten deutschen Nationallitteratur XNX, 1852: R. Fınpeıs (Seminar K. Kraus). Tiroler Polizeiordnung von 1493, bei Rapp, Beiträge V, 149 ff.: Referendar Herıns (Dresden). 5 Tiroler Halsgerichtsordnung von 1499, ebenda V, ız1ff.: Herıxc. Johann Tölner’s Handlungsbuch von 1345 — 1350, her. von Koppmann, 1885: Scuror- DER und Want. **Tractatus de iuribus incorporalibus. 1679, Codex Austriacus: R. Derannay (Se- minar von SCHwinD). **Tractatus iuris varii practiei, I. (Hütlers Sammlung X): Friepr. Winter (Seminar VON SCHWIND). **Ulrich von Lichtenstein, Frauendienst, Deutsche Dichtungen des Mittelalters VI.: Hans SıEster (Seminar K. Kraus). **Urbare Meinhards II von Tirol, Fontes rerum Austriacarum II, 45: Joser Krarr (Seminar von VOLTELINI). 254 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt, her. von G. Schmidt, I—-III, 1863 bis ı887 (Publicationen a. d. königl. preuss. Staatsarchiven XVII. XXI. XXV]): Dr, LeoroLp PeErers. Urkundenbuch des Klosters Cornberg, her. von Schmincke, Zeitschr. f. hess. Gesch., Supplement I: Prof, Hıs. Urkundenbuch des Klosters Germerode, her. von Schmincke, ebenda: Prof. Hıs. **Urkundenbuch des Landes ob der Enns, IV.: Ruporr von Laun (Seminar von SCHwInD). Urkundenbuch der Vögte von Weida, Gera und Plauen I: Prof. Hıs. **Hans Vintler, Die pluemen der tugent, her. von Zingerle 1874: Kar KreısLer (Seninar K. Kraus). **Vorderösterreichische Bergordnung von 1731, bei Wagner, Corp. iur. metalliei: Fraxz Leirer (Seminar von Scuwinn). Waitz, Urkunden z. deutsch. Verfassungsgeschichte, 1886: Dr. Lrororn Perers. **Walberan, Deutsches Heldenbuch 1, 1866: Prog (Seminar K. Kraus). **Walter von Mezze, bei v. d. Hagen, Minnesinger I. III.: R. Fıpeıs (Seminar K. Kraus) "*Walter v. d. Vogelweide, her. von Wilmans, 2. Aufl. 1883: Kart Mezusık (Seminar RK. Kraus). **Walther, Aureus iuris Austriaci tractatus, bei J. B. Suttinger de Thurnhof, Con- suetudines Austriacae, 1718: Ar. GAL (Seminar von ScuwixD). Wasserschleben, Deutsche Rechtsquellen des Mittelalters, 1892, S. 221—29r: K. Sterxer (München). Wasserschleben, Prinzip der Sukzessionsordnung, 1860 (Sippzahlregeln, S. 125 ff. Erbrechtsregeln, S. 134 ff.): Dr. von Mörrter (Berlin). Wehner, Alte und erneuerte Ordnung und Reformation des Hofgerichts zu Rotweil, 1610: Prof. Greixer. ”*Weinzehent- und Bergrechtsordnung von 1710, Codex Austriaeus III. 615: I’ranz Leirer (Seminar von Scuwinn). Weise des Lehnreclts, her. von Homeyer, Des Sachsenspiegels 2. Teil, I. 543 fl.: SCHROEDER U. LORENTZEN. **Bruder Wernher, bei v. d. Hagen, Minnesinger Nr. ı17: Jos. MırTELBERGER (Seminar SEEMÜLLER). Wigand, Provinzialrechte des Fürstentums Minden, II. 1834: Dr. Börser (Bochum). Wigand, Provinzialrechte der Fürstentümer Paderborn und Corvey, III. 1832: Dr. Börcer. Würtembergisches Landrecht von 1555 und 1610: Rechtspraktikant Goıreın (Heidelberg). Zeitschrift f. Wortforschung I—V, 1901—1903: SCHROEDER. Zeitz, Erbrecht von 1562, bei Schott, Sammlungen z. d. deutschen Land- u. Stadt- rechten I 278 ff.: Scnroeper und Dr. Degen. Zeitz, Statuten von 1573, ebenda I. 263 ff.: Schrorper und Desexn. **Zinnbergwerksordnung Ferdinands I. von 1548 für Schlakenwalden, Schönfelden und Lauterbach, Corpus iuris et systema iuris metalliei, 1749: Franz Leırer (Se- minar VON SCHWIND). Zittau, Stadtrecht von 1567, bei Schott, Sammlungen z. d. deutsch. Land- u. Stadt- rechten ]J. 1772: SCHROEDER und Degen. "Zürich, Sammlung der bürgerl. und Polizeigesetze und Ordnungen löblicher Stadt und Landschaft Zürich, V. 1799: Oberrichter Dr. W. Merz (Aaran). **Zwettl, Gründungsgeschichte und Gemarkungsverse, Font. rer. Austr. II, 3 S.ıfl. 43: Prof. SEEMÜLLER. Akademische Jubiläums -Stiftung der Stadt Berlin. Bericht des Vorsitzenden des Curatoriums Hrn. WALDEYER. Im laufenden Jahre werden zum ersten Male die Erträgnisse der Stiftung, welche sich auf rund 14 000 Mark belaufen, für ein wissen- schaftliches Unternehmen verliehen werden. Anträge auf solche Ver- Jahresberichte der Stiftungen und Institute. 258 leihungen können für dieses Mal nur von einem ordentlichen oder auswärtigen Mitgliede der physikalisch-mathematischen (lasse der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften gestellt werden. »Solehe Anträge sind, wie es in $ 9, Alinea 3 der Stiftungs-Satzungen lautet, mit möglichst genauem und vollständigem Plan und Kosten- anschlag — wobei soweit als thunlich auch Bearbeitung und Ver- öffentlichung der von dem Unternehmen zu erwartenden Ergebnisse in Betracht zu ziehen sind — vor Ablauf des Monats Juli (1904) lem Curatorium einzureichen. « Rvoorr Vırcuow- Stiftung. Die Akademie hat dem Statut der Runour Vırcnow -Stiftung ge- mäss zwei Delegirte, die HH. von Rıcnrnoren und Diers, in den Vor- stand der Stiftung entsandt. Diese haben sich an der am 24. Januar «l.J. stattgefundenen Constituirung des Vorstandes betheiligt. Derselbe besteht ausser den beiden Delegirten der Akademie aus dem Ober- bürgermeister von Berlin Hrn. Kırscuser, Hrn. Prof. Hans Vırcnow und IIrn. Lissaver (Delegirte der Berliner Gesellschaft für Anthropo- logie, Ethnologie und Urgeschichte), Hrn. Prof. von DEN STEINEN (Dele- girter der Berliner Gesellschaft für Erdkunde) und IIrn. L. Deusrück. Zum ersten Vorsitzenden wurde Hr. Vırcıow, zum zweiten Hr. vox Rıcır- HOFEN, zum Schatzmeister Hr. Deigrück gewählt. Die Jahresberichte über die Monumenta Germaniae historica und über das Kaiserliche Archaeologische Institut werden in den Sitzungs- berichten veröffentlicht werden, nachdem von den leitenden Central- directionen die Jahressitzungen abgehalten sind. Sodann verlas der Vorsitzende nachstehenden Erlass des vorge- ordneten Ministeriums, betreffend die Verleihung des Verdun-Preises: Die durch Allerhöchstes Patent vom 18. Juni 1844 angeordnete Commission, welche Seiner Majestät dem Kaiser und Könige das beste in den Jahren 1598 bis Ende 1902 erschienene Werk über deutsche Geschichte behufs Ertheilung des zum Andenken an den Vertrag von Verdun gestifteten Preises zu bezeichnen hatte, ist nach erfolgter Er- nennung der Mitglieder im vorigen Jahre vorschriftsmässig zusammen- getreten. Dieselbe hat zufolge Berichtes vom 23. November v. J. be- schlossen, dem Werke »König Frirprıcn der Grosse« von ReııoLn Koser, von welchem die 2. Auflage des I. Bandes und die ganz be- sonders gelungene Darstellung des Siebenjährigen Krieges in das Jahr- fünft von 1898 bis 1902 fällt. den Preis zuzuerkennen. 256 Öffentliche Sitzung vom 28. Januar 1904. Seine Majestät der Kaiser und König haben geruht, durch Aller- höchsten Erlass vom 4. Januar d. J. diesen Beschluss der Commission zu bestätigen und dem Director der Staatsarchive und des Geheimen Staatsarchivs hierselbst Geheimen Ober-Regierungsrath Dr. Koser den stiftungsmässigen Preis von Eintausend Thalern Gold nebst der goldenen Denkmünze auf den Vertrag von Verdun zu ertheilen. Schliesslich berichtete der Vorsitzende über die seit dem FrıEDRICHs- Tage 1903 (29. Januar) bis heute unter den Mitgliedern der Akademie eingetretenen Personalveränderungen: Die Akademie verlor durch den Tod das ordentliche Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe FRIEDRICH VON HEFNER- ÄLTENECK am 7. Januar 1904; die ordentlichen Mitglieder der philosophisch-historischen Classe Urrıcn KöntLer am 21. October 1903, THEopDor Momusen am 1. November 1903: die auswärtigen Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe Sir GEORGE GABRIEL Stokzes in Cambridge am 2. Februar 1903, Kart GEGENBAUR in Heidelberg am 14. Juni 1903; das auswärtige Mitglied der philosophisch-historischen Classe Gaston Parıs in Paris am 6. März 1903: die eorrespondirenden Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe Josıan Wırrarp Gises in New Haven am 28. April 1903, Lviecı Cremona in Rom am 10. Juni 1903, Rupvorr Lirscnitz in Bonn am 7. October 1903, Karr ALFRED vox ZırteL in München am 5. Januar 1904; die correspondirenden Mitglieder der philosophisch -historischen Classe SpwArD Bytes Cowzır in Cambridge am 9. Februar 1903, Kar Aporr von CorseLms in München am 10. Februar 1903, Hermann von Horst in Freiburg i. B. am 20. Januar 1904. Neu gewählt wurden zu ordentlichen Mitgliedern der philosophisch -historischen Classe DiETRICH SCHÄFER £ am 4. August 1903, EpuArn MEYER ; Wirnern ScuurzE am 16. November 1903; zu eorrespondirenden Mitgliedern der philosophisch -historischen Classe Wiırnerm WisperLgann in Heidelberg am 5. Februar 1903, ÖsKAR VON GEBHARDT in Leipzig am 9. Juli 1903. Ausgegeben am 4. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN [ h _AKADENIE DER WISSENSCHAFTEN. VIE, : 4. Fegruvar 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. PET IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte $]. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch -historischen Classe Bnessade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. E 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenien Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schr! wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei. Mal, nämlich: “ die Stücke von Januar bis April in der ersten Hä fte des Monats Mall ee » 5 » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, i ; FAßss » October bis December zu Anfang des a Jahres nach Fertigstlung des 1 für alle übrigen "Theile der Sitzungs öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffend Classe. RT ae BHRSEIS: h ENTER tamerien Correeturen nur auf besonderes, Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichte! \ auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht en $1l. Rn IE 1. Der Verfasser einer unter den » Wissensch, Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentge fünfzig nanaisete mit einem Umschlag, aufı der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, R nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter Titel der Mittheilung aaa, der Name des Verfassers : sich nn 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs berichte und einem angemessenen Titel nicht übe Seiten füllen, fällt in ae Reese der wuen 15 Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch Mae: auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher V M EhRLEUNE, en zu lassen, sofern er at recht Akademie oder der een Classe. — Nichtmitgl erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach r Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 20 plare auf ihre Kosten abziehen lassen. $ 28. A 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsbe; icht. bei stimmte Mittheilung muss in einer akademischen ‚Si vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie a Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelu 3 Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 1 Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger spondirender Mitglieder direct bei der Akademie einer der Classen eingehen, so hat sie der vo Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied Vortrage zu bringen. Mittheilungen, ‚deren Verfas Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst I; scheinenden Mitgliede zu überweisen. sobald das KERN es gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht: $ 29. 1. Der redigirende Seeretar ist für den Inh geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, ‚jedoch für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangab gelesenen Abhandlungen verantwortlich. TI nach jeder Richtung nur die Verfasser wortlich. 257 SITZUNGSBERICHTE 1904. LYIE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 4. Februar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. Srumpr las: Über die Abgrenzung der Willens- handlungen. Hierunter ist verstanden sowohl ihre begriffliche Abgrenzung gegenüber den willenlosen Handlungen als ihre reale Abgrenzung (Einheit oder Mehrheit) im Flusse des psychischen Lebens. Diese Fragen hängen zusammen. Es werden Kriterien auf- gestellt und an einer Anzahl von Typen menschlicher Willenshandlungen durchgeführt. 2. Hr. Quisckr, corr. Mitglied, übersendet eine Mittheilung: Über Doppelbrechung der Gallerte beim Quellen und Schrumpfen. 3. Hr. Diers legte eine Mittheilung des wissenschaftlichen Beamten der Akademie Hrn. Prof. H. Dessau vor: Zu den Milesischen Ka- lenderfragmenten. In dem Fr. 84 (rechte Spalte; s. oben S. 96) lässt sich nach Pseudogemin. ce. 8 die Erwähnung des 76jährigen Cyklus des Kallippos ergänzen. Das Intervall, das in der linken Spalte zwischen der Solstitialbeobachtung des Meton (432) und der neuen Milesischen (109) sich berechnen lässt, beträgt 323 Jahre, also genau 17 Metonische Cyklen. Sitzungsberichte 1904. 20 258 Gesammtsitzung vom 4. Februar 1904. Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen. Von G. QUINcKE. Die Fortsetzung der Untersuchungen: »Über unsichtbare Flüssigkeits- schichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Nie- derschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten«, welche ich am 25. Juli 1901 der Königlichen Akademie der Wissenschaften vorgelegt hatte, hat folgende Resultate ergeben. ı. Flüssige Gallerte besteht aus unsichtbaren Schaumkammern mit flüssigen Schaumwänden. Starre Gallerte aus unsichtbaren Schaum- kammern mit erstarrten Schaumwänden. Brocken von flüssiger Gallerte fliessen zusammen wie Schaum- flocken von Seifenschaum. Brocken von starrer Gallerte fliessen nicht zusammen. 2. Doppelbrechung von Leimgallerte durch Biegung oder Dehnung. Durch Erkalten warmer Gelatinelösung erhält man Leimgallerte ohne Doppelbrechung, welche aus unsichtbaren Schaum- kammern mit flüssigen Wänden von sehr klebriger, ölartiger Flüssig- keit besteht. Prismatische Stäbe dieser Leimgallerte werden durch Biegen doppeltbrechend. Die Doppelbrechung ist wie bei gebogenen Glasstreifen positiv an den Stellen mit positiver Dilatation. negativ an den Stellen mit negativer Dilatation, mit optischer Axe parallel der Zug- oder Druckrichtung. Die Doppelbrechung nimmt mit dem Alter der Leimgallerte, der Dilatation und dem Leimgehalt zu. Bei glei- cher Dilatation zeigen gebogene und gedehnte Stäbe nahezu gleiche Doppelbrechung. Bei gleicher Dilatation ist die Doppelbrechung des gebogenen Spiegelglases 400 und 200 Mal grösser als die Doppelbrechung von 1o und 20 procentiger gebogener Leimgallerte. Die Elastieität des Spiegelglases ist 2 Millionen Mal grösser als von Ioprocentiger Leim- gallerte. Verschiedene Stellen derselben Leimgallerte können bei derselben Dilatation verschiedene Doppelbrechung zeigen, je nach der Menge Quixncre: Doppelbrechung der Gallerte beim Quellen und Schrumpfen. 259 unsichtbarer Schaumwände, die sich zufällig bei dem Entstehen der Leimgallerte aus der erkaltenden Leimlösung abgeschieden haben. In einem mit Wasserdampf gesättigten Raume schrumpfen pris- matische Stäbe aus Leimgallerte Tage lang langsam ein und zeigen in den Aussenschichten negative Doppelbrechung mit optischer Axe normal zur Oberfläche. Wahrscheinlich wird durch langsame Oxy- dation die Temperatur der feuchten Leimgallerte über die der Um- gebung gesteigert wie bei feuchtem Heu. 3. Doppelbreehung von Leimgallerte beim Aufquellen und Schrumpfen. Prismen, Kugeln und Cylinder von Leimgallerte zeigen beim Aufquellen in Wasser an der Aussenseite vorübergehende positive Doppelbrechung, daneben im Innern vorübergehende negative Doppelbrechung, mit optischer Axe normal zur Obertläche. In einem gleichzeitig eingeschalteten Babinet’schen Compensator zeigt der centrale Interferenzstreifen normal zur Oberfläche der auf- quellenden Gallerte einen Wellenberg an der Stelle positiver, ein Wellen- thal an der Stelle negativer Dilatation der Gallerte. Wellenberg und Wellenthal werden beim Aufquellen der Leimgallerte zuerst grösser, rücken dabei nach dem Innern fort, werden tlacher und breiter und verschwinden schliesslich, ähnlich wie Wellenberg und Wellenthal in einer Wellenrinne mit Wasser allmählich abtlachen und verschwinden. Aber die Erscheinung verläuft in einer Wellenrinne in einigen Se- ceunden oder Minuten, bei dem Interferenzstreifen der Leimgallerte in Stunden oder Tagen. Bei dünnen Gallertmassen schneller, bei dicken Gallertmassen langsamer. Beim Schrumpfen in Luft, Alkohol, Glycerin zeigen Prismen, Ku- geln und Cylinder von Leimgallerte an der Aussenseite vorübergehende negative Doppelbrechung, daneben im Innern vorübergehende positive Doppelbrechung mit optischer Axe normal zur Oberfläche. Die Er- scheinungen verlaufen umgekehrt wie beim Aufquellen. Der centrale Interferenzstreifen eines gleichzeitig eingeschalteten Babinet’schen Compensators zeigt normal zur Obertläche der schrumpfen- den Leimgallerte ein Wellenthal und negative Dilatation nahe der Ober- tläche. Daneben im Innern der Gallerte einen Wellenberg und po- sitive Dilatation. Wellenthal und Wellenberg rücken langsam nach dem Innern fort, und werden dabei flacher und breiter. Bei wiederholtem Aufquellen und Schrumpfen geht die positive Doppelbrechung der Leimgallerte durch einen isotropen Zustand in negative Doppelbrechung über und umgekehrt. Kugeln aus Leimgallerte werden durch Aufquellen in Wasser ein positiver, durch Schrumpfen in Luft, Alkohol, Glycerin ein negativer Sphärokrystall mit optischer Axe, normal zur Oberfläche. Beim Über- 20* 260 Gesammtsitzung vom 4. Februar 1904. gang aus dem geschrumpften in den gequollenen Zustand ist ein ne- gativer Sphärokrystall von einem positiven umhüllt. Beim Übergang aus dem gequollenen Zustand in den geschrumpften erscheint ein po- sitiver Sphärokrystall von einem negativen umgeben. Leimgallertkugeln gehen durch äussern Druck parallel dem Durch- messer über in ein Ellipsoid mit negativer Doppelbrechung und op- tischer Axe parallel der Druckrichtung. Bei Druck im Azimuth 45° verwandelt sich das dunkele Kreuz zwischen gekreuzten Nicol’schen Prismen in dunkele Hyperbeln, die bei zunehmendem Druck in der Druckriehtung immer weiter aus einander rücken. Drückt man eine Leimgallertkugel, die durch Aufquellen ein Sphärokrystall mit star- ker positiver Doppelbrechung geworden ist, im Azimuth 0° oder 45°, so behalten die vom schwarzen Kreuz oder den dunkelen Hyperbeln begrenzten Quadranten ihre Polarisationsfarben. Die vom Druck hervorgerufenen Änderungen der Gestalt und Doppelbrechung verschwinden sofort mit Aufhören des Drucks. Cylinder aus Leimgallerte zeigen beim Aufquellen und Schrumpfen ähnliche positive und negative Doppelbrechung wie Kugeln. Durch das Gewicht der Prismen, Kugeln und Cylinder aus Leim- gallerte ändert sich deren Gestalt im Verlauf mehrerer Tage bei con- stantem Wassergehalt, indem die flüssigen, sehr klebrigen Schaum- wände langsam aus einander und in einander fliessen. In der Nähe von Luftblasen zeigen Leimgallerte beim Aufquellen und Einschrumpfen ähnliche vorübergehende positive und negative Doppelbrechung mit optischer Axe normal zur Oberfläche der Luft- blasen wie Kugeln aus Leimgallerte in Luft. Leimgallerte in kurzen Glasröhrchen, welche in Wasser aufquillt oder in Luft, Alkohol, Glycerin einschrumpft, zeigt im allgemeinen an der nicht von Glas bedeckten Obertläche ähnliche vorübergehende positive und negative Doppelbrechung wie Kugeln aus Leimgallerte; daneben im Innern entgegengesetzte Doppelbrechung wie aussen. Stellen mit positiver und negativer Doppelbrechung können mehrere Male im Innern wechseln. Grösse und Verlauf der vorübergehenden Doppelbrechung hängen von der Geschwindigkeit des Aufquellens und Schrumpfens ab. Die Doppelbrechung der Leimgallerte ist um so grösser, je schneller die Leimgallerte das Wasser aufnimmt oder verliert. Genügend langsam aufgequollene oder geschrumpfte Leimgallerte zeigt keine Doppelbrechung. Die Viscosität der ölartigen Schaumwände und die Doppelbrechung der Leimgallerte wird durch die Mengen Luft, Alkohol, Glycerin, Ben- zol modifieirt, welche beim Schrumpfen und Aufquellen in der wasser- Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Quellen und Schrumpfen. 261 armen Leimlösung A der Schaumwände und in der wasserreichen Leim- lösung 5 im Innern der Schaumkammern verschieden stark löslich sind. Durch Aufquellen und Schrumpfen können in Leimgallerte grössere (4 bis 6 Mal grössere) Dilatation und Doppelbrechung erzeugt werden als durch Biegung, Dehnung oder Druck. Leimgallerte, deren Schaumwände in dilatirtem Zustande erstarrt sind, und Bruchstücke dieser Gallerte bleiben dauernd doppeltbrechend. 4. Doppelbrechung von Gallerten. Ähnliche positive und negative Doppelbrechung wie Leimgallerte mit optischer Axe normal zur Obertläche zeigen alle von mir untersuchten Gallerte bei genügend schnellem Aufquellen und Einschrumpfen, nämlich: a) geronnene Üolloidlösungen, wie Kieselsäure, Eisenoxydhydrat, Eiweiss, Stärke, Tannin, arabisches Gummi. (Traganthgallerte, die durch Druck optisch positiv doppeltbrechend wird, zeigt auch beim Ein- schrumpfen positive Doppelbrechung); b) gallertartige Niederschläge, deren Schaumwände kürzere oder längere Zeit eine Öölartige, klebrige Flüssigkeit sind, wie Calciumcar- bonat, Caleiumphosphat, Ferrocyankupfer, Arseniktrisulfid, Schwefel, Seifengallerte und Myelin: c) Gallerte aus alkoholhaltiger wässeriger Lösung von Mangan- sulfat, Aluminiumsulfat, Ammoniumsulfat, Magnesiumsulfat oder Zink- sulfat; d) aufquellende oder schrumpfende Krystallsplitter von Chabasit, Heulandit und ähnlichen Silieaten. Der eontinuirliche Übergang von Sphärokrystallen oder Gallerten mit unsichtbaren zu solchen mit sichtbaren Schaumkammern und die gleichzeitige eontinuirliche Änderung der Erscheinungen der Doppel- brechung bei Kieselsäure, ß-Eiweiss, Caleiumearbonat und Arsenik- trisulfid bestätigen die Auffassung der flüssigen und starren Gallerte als Schaummassen mit unsichtbaren flüssigen und starren Wänden. Gallertkugeln, welche zwischen gekreuzten Nicol’schen Prismen Airy’sche Spiralen zeigen, bestehen aus radial angeordneten gewun- denen Röhren mit entgegengesetzter Windungsrichtung in beiden über- einander liegenden Halbkugeln. 5. Viseosität und Doppelbrechung von Flüssigkeiten und festen Körpern. Elastische Nachwirkung. Klebrige Flüssig- keiten werden wie feste Körper durch Dehnung oder Compression posi- tiv oder negativ doppeltbrechend mit optischer Axe parallel der Rich- tung der grössten positiven oder negativen Dilatation. Die Doppel- brechung der klebrigen Flüssigkeiten ist aber vorübergehend und ver- schwindet wieder nach Verlauf einer gewissen Zeit, der Relaxations- zeit, wenn die durch Dehnung oder Compression in der klebrigen 262 Gesammtsitzung vom 4. Februar 1904. Flüssigkeit erzeugten Dilatationen sich ausgeglichen haben. Diese vor- übergehende Doppelbrechung verschwindet um so langsamer, je grösser die Dilatation und Viscosität, je grösser die Relaxationszeit der dila- tirten Flüssigkeit ist. Die Relaxationszeit wächst mit der Grösse der Dilatation. Sie hängt aber auch ab von den Dilatationen und der Viscosität der be- nachbarten Flüssigkeitsschichten. Mit der Art der Vertheilung der Dilatationen in diesen Flüssigkeitsschichten, mit der Geschwindigkeit ihrer Entstehung und mit der Dauer ihrer Wirkung muss die Relaxa- tionszeit und die sichtbare Doppelbrechung sich ändern. Feste Körper sind Flüssigkeiten mit grosser Viscosität und grosser Relaxationszeit. Die Relaxationszeit ist verhältnissmässig klein für kleine Verschiebungen der Theilchen oder kleine Dilatationen. Sie wird sehr gross (unendlich), sobald dauernde Dehnung oder Verkürzung eingetreten ist. Dauernde Dehnung und Verkürzung werden eintreten, sobald die Verschiebungen der kleinsten Theilchen nicht mehr ausser- ordentlich klein sind. Von der Grösse dieser Verschiebungen und der Geschwindigkeit, mit der sie an einer bestimmten Stelle und in deren Nachbarschichten auftreten, sowie von der Wirkungsweite der Mole- cularkräfte hängt «lie Relaxationszeit und die elastische Nachwirkung ab. Von den Moleeularkräften hängt die Grösse der Elastieität und Oberflächenspannung ab bei klebrigen Flüssigkeiten und bei festen Körpern. Bei festen Körpern erzeugt die elastische Nachwirkung ähnliche Änderungen der Gestalt und der Dimensionen wie bei klebrigen Flüssig- keiten. Die elastische Nachwirkung muss auch bei festen Körpern von den Dilatationen der Nachbarschichten abhängen und von der Ge- schwindigkeit, mit der diese Dilatationen aufgetreten sind. Damit sind auch die Erscheinungen der elastischen Nachwirkung in Über- einstimmung. Die Doppelbrechung klebriger Flüssigkeiten entspricht der Doppel- brechung fester Körper durch bleibende Dehnung oder durch bleibende positive oder negative Dilatation bei Verlängerung oder Verkürzung. Wasser ist eine Flüssigkeit mit kleiner Viscosität und verschwin- dend kleiner Relaxationszeit. Zwischen festen Körpern und Wasser gibt es alle möglichen Übergänge, alle möglichen Werthe der Vis- cosität und Relaxationszeit. Bei alter colloidaler Eisenoxydhydratlösung beträgt die Relaxa- tionszeit wenige Secunden, bei Leimlösung, je nach der Concentration Secunden, ıo Minuten bis I Stunde und mehr. Starre Gallerte haben festgewordene Schaumwände mit unendlich grosser Relaxationszeit. a u Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Quellen und Schrumpfen. 263 6. Geschlossene und offene Schaumkammern. Die ge-. schlossenen Schaumkammern einer Gallerte können nur ihr Volumen vermehren und aufquellen, wenn das Wasser durch die flüssigen Kam- merwände nach dem Innern der Schaumkammern diffundirt: feste Wände lassen kein Wasser hindurch und brechen bei mässiger Vo- lumenvermehrung des Inhalts der Schaumkammern. Das beim Quellen und Schrumpfen der Gallerte von der ölartigen wasserarmen Flüssigkeit A der Schaumwände und der wasserreichen Flüssigkeit B im Innern der Schaumkammern aufgenommene und ab- gegebene Wasser ist grösstentheils Lösungswasser. Bei einer Schaummasse oder Gallerte quellen und schrumpfen die sichtbaren und unsichtbaren geschlossenen Schaumkammern am Rande der Schaummasse oder Gallerte viel schneller als im Innern. Um so schneller, je dünner die Schaumwände sind. Da sich die Schaumkammern nur am Rande der Gallerte frei aus- lehnen können, so werden die Schaumkammern aus klebriger Flüssig- keit beim Aufquellen in den Aussenschichten parallel der Oberflächen- normalen gedehnt und vorübergehend positiv doppeltbrechend. Gleich- zeitig üben die aufgequollenen Schaumkammern einen Druck auf die klebrige Flüssigkeit im Innern der Gallerte aus und machen diese vor- übergehend negativ doppeltbrechend mit optischer Axe normal zur Oberfläche der Gallerte. Beim Einschrumpfen nimmt umgekehrt das Volumen der Schaum- kammern in den Aussenschichten ab, die klebrige Flüssigkeit der Schaumwände wird in den Aussenschichten parallel der Normale der Gallertoberfläche verkürzt und vorübergehend negativ doppeltbre- chend, im Innern der Gallerte gedehnt und vorübergehend positiv doppeltbrechend mit optischer Axe parallel der Oberflächennormale der Gallerte. Die Doppelbrechung verschwindet, sobald die positive und nega- tive Dilatation in der klebrigen Flüssigkeit der Schaumwände sich aus- geglichen haben. Die Richtung der grössten Quellung und Schrumpfung fällt mit der Richtung der grössten Dilatation der klebrigen Schaumwände oder der optischen Axe der Doppelbrechung an den verschiedenen Stellen der flüssigen Gallerte zusammen. Besteht derInhalt derSchaumkammern einer flüssigen Gallerte eben- falls aus sehr klebriger Flüssigkeit — was besonders beim Schrumpfen der Gallerte eintreten kann —., so kann dieselbe auch vorübergehend dilatirt und doppeltbrechend werden. Die Doppelbreehungen der Wände und des Inhalts der unsichtbaren Schaumkammern lagern sich über einander oder addiren sich. 264 Gesammtsitzung vom 4. Februar 1904. Erstarren die Schaumwände der Gallerte in dilatirtem Zustande, so bleiben sie dauernd dilatirt und die Gallerte ist dauernd doppelt- hrechend. Dauernde Doppelbrechung beweist, dass die Wände der Schaumkammern der Gallerte erstarrt sind. Vielleicht auch der Inhalt der Schaumkammern. Sind in der Gallerte offene Schaumkammern vorhanden, so werden Quellung und Schrumpfung, Dilatation und Doppelbrechung geringer bei sonst gleichen Bedingungen. In dünnen Gallertschichten werden geschlossene Schaumkammern bei Wasseraufnahme und -abgabe ihr Volumen in der Richtung der Normale der Gallertobertläche leicht ändern können. Die flüssigen Schaumwände werden parallel der Öbertlächennormalen gedehnt oder ver- kürzt und zeigen nur positive oder negative Doppelbrechung mit optischer Axe parallel der Oberflächennormalen. Die Schichten mit entgegen- gesetzter Dilatation und Doppelbrechung im Innern der Gallerte fehlen. In dünnen Gallertschichten werden lange, geschlossene Schaum- kammern mit Wänden aus klebriger Flüssigkeit bei Wasseraufnahme unter Volumenvermehrung kürzer und dieker. Die ganze Gallertschicht quillt, wird breiter und dünner, sobald die Längsrichtung der Schaum- kammern mit der Öberflächennormalen der Gallertschicht zusammen- fällt. Bei Wasserabgabe und Schrumpfen werden die umgekehrten Gestaltsänderungen eintreten. Die Gestaltänderung muss um so grösser sein, je schneller die Wasseraufnahme und -abgabe erfolgt und je klebriger die Flüssigkeit der Schaumwände ist. 7. Doppelbrechung organisirter Substanzen. Vegetabili- sche Membranen und thierische Gewebe sind aufgequollene oder ge- schrumpfte Schaummassen oder Gallerte mit sichtbaren oder unsicht- baren Schaumkammern. Die Wände dieser Schaumkammern sind in dilatirtem Zustande erstarrt, wenn die organischen Substanzen dauernde Doppelbrechung zeigen. In Übereinstimmung mit dieser Auffassung zeigen vegetabilische Membranen positive und negative Doppelbrechung mit optischer Axe normal zur Oberfläche. Nach Hrn. S. SchwEspEsEer können Theile mit positiver und negativer Doppelbrechung in derselben Pflanzenzelle neben einander liegen. Hr. V. voy Esser fand thierische Gewebe, wie Hornbildungen, ebenfalls bald positiv, bald negativ doppeltbrechend. Bei vegetabilischen und thierischen Objecten fällt nach den HH. S. SCHWENDENER und W.Tu. Exeeruasn die Richtung stärkster Quellung mit der optischen Axe der positiven oder negativen Doppelbrechung zusammen. Quincrke: Doppelbrechung der Gallerte beim Quellen und Schrumpfen. 265 In den dünnen Fibrillen der Muskelfasern liegen abwechselnd viele dünne Querschichten von doppeltbrechender und einfachbrechen- der Substanz. Bei der Contraction des Muskels quellen, wie Hr. W. Tu. EngerLmann gefunden hat, die doppeltbrechenden Querschichten, während die einfachbrechenden Querschichten um ebensoviel schrumpfen. Die geschlossenen Schaumkammern der quellenden und schrump- fenden Gallerte in beiden Arten von Querschichten haben also flüssige Schaumwände. Die geschlossenen, langgestreckten, unsichtbaren Schaumkammern der dünnen, doppeltbrechenden Querschichten liegen mit der Längsrichtung parallel der Längsrichtung der Muskelfasern, werden beim Aufquellen kürzer und dicker und bewirken dadurch die Contraction des Muskels. Dabei wird die klebrige Flüssigkeit der Schaumwände gedehnt und vorübergehend positiv doppeltbrechend mit optischer Axe parallel der Dehnungsrichtung. In den Schaumwänden der Querschichten mit dauernder Doppel- brechung liegt ein Gerüst von dünnen Lamellen starrer Gallerte mit offenen Schaumkammern und festen, doppeltbrechenden Schaumwänden. Diess Gerüst ist bedeckt und erfüllt mit der ölartigen, wasserarmen und klebrigen Flüssigkeit der Schaum wände. Durch die zunehmende Formänderung der Schaumkammern bei der Quellung kommen die doppeltbrechenden Längswände derselben immer mehr in gekreuzte Stellung. Die Doppelbrechung der Quer- schichten erscheint dadurch kleiner. Diese Abnahme der Doppelbrechung in den festen Theilen und die Zunahme der Doppelbrechung in dem flüssigen Theile der Schaum- wände lagern sich über einander und erklären die von Hrn. V. von Esner beobachteten Schwankungen der Doppelbrechung bei der Gon- traetion des Muskels. Sitzungsberichte 1904. 21 266 Zu den Milesischen Kalenderfragmenten. Von Prof. H. Dessav. (Vorgelegt von Hrn. Dıers.) In dem auf S.96 publizierten Inschriftfragment aus Milet ist in der ersten erhaltenen Spalte von zwei Sommersonnenwenden die Rede, von denen-die eine am 13. Skirophorion des attischen Archontates des Apseudes, also 432 v. Chr., die zweite am 14. Skirophorion des Ar- chontates des Polykleitos — nach der glücklichen Ergänzung des Hrn. Dies — also im Jahre 109 v. Chr." beobachtet worden sein soll. Die erste der beiden Beobachtungen ist, wie Hr. Dies gesehen hat, die berühmte des Meton und Euktemon, die den Ausgangspunkt der Einführung des neunzehnjährigen Zyklus in Griechenland gebildet hat. Von dieser ist die zweite Beobachtung durch 323 Jahre, also 17 neun- zehnjährige Zyklen getrennt. Damit ist zu vergleichen, daß Aristarch von Samos, einer der ältesten Astronomen der alexandrinischen Pe- riode, die Sommersonnenwende am Ende des 50. Jahres der ersten kallippischen Periode, d.i. im Jahre 280 v. Chr.’, 192 Jahre oder 8 neunzehnjährige Zyklen nach Meton, beobachtet hat (Hipparch meri enıaycioy mer&eoyc bei Ptolemaeus Almagest II ı p. 203, 10; 206, 5—8. 25; 207, I ed. Heiberg). Es scheint, daß die an der Scheide zweier neunzehnjähriger Zyklen gelegenen Sommersonnenwenden von den Astronomen mit Vorliebe beobachtet oder doch in der astronomischen Literatur eine Zeitlang mit Vorliebe diskutiert worden sind.” Das In- tervall zwischen den beiden Beobachtungen war in der Inschrift an- r gegeben gewesen: [Arno TAc elerınac Tro|m|Ac [rejnomenHc em Areyaoyc... L Ewc [TAlc renomenne Em [TTonjvkaeitov . . (die Angabe des Intervalls ı W.S. Fersuson The Athenian Archons (Cornell Studies in classical Philology X, 1899) p- 85. Kırcuner Prosopogr. Att. n. 11973. ?2 Ipeter I 344. A. Momnsen Chronologie 297. ® So hat noch Ptolemaeus im Jahre 139/140 n. Chr. die Tag- und Nachtgleichen beobachtet, um das Resultat mit den um 285 (15%X 19) Jahren älteren genauesten Beobachtungen Hipparchs zu vergleichen (Ptolemaeus III ı p. 204. 205 ed. Heiberg). H. Dessau: Zu den Milesischen Kalenderfragmenten. 267 selbst fehlt); vgl. Ptolemaeus a. a. O. p. 206: kai Ectin TA men And TÄC em To? AveYaovc ÄNATEFPAMMENHC BEPINÄC TPOTIÄC MExPı TÄC YTIÖ TON TIEPI APicTAPXON TETHPHMENHC KTa. -— Welche Betrachtungen der Autor' der Inschrift an die Feststellung des Intervalls zwischen den beiden Beob- achtungen zunächst geknüpft hat, läßt sich natürlich mit Bestimmtheit nicht mehr sagen, wohl kaum, wie in jener Schrift Hipparch an die Intervalle der von ihm registrierten Sommersonnenwenden, solche über die Größe des Sonnenjahres, sondern eher solche über den neunzehn- jährigen Zyklus und die mit ihm vorgenommenen oder noch vorzu- nehmenden Verbesserungen. Dazu mag schon der Umstand, daß die Sommersonnenwende vom 13. Skirophorion auf den 14. gerückt war (oder schien), Anlaß gegeben haben. (Dem Datum der Beobachtung liegt offenbar ein bereits verbesserter neunzehnjähriger Kalender zu- grunde, sonst hätte die Sommersonnenwende sich viel weiter vom 13. Skirophorion entfernt; offenbar der kallippische; die Astronomen des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. datierten nach Jahren kallippischer Perioden). — Wie dem aber auch sei, in der zweiten Spalte der In- schrift, von der nur kümmerliche Reste, je 4 oder 5 Anfangsbuch- staben von ıı Zeilen, erhalten sind, war der Autor dahin gelangt, von dem 76jährigen Zyklus des Kallippus zu reden, und zwar an- scheinend mit denselben Worten. wie unsere hauptsächlichste Quelle für diese Dinge, die Isagoge des Geminus. Zu Anfang von Z.5 ist eKKal... erhalten, mit £xkailaeka läßt sich nichts anfangen, da die Zahl 16 in den Kalendertheorien keine Rolle spielt (wenn es sich um ein Datum handelte, wäre die Zahl nicht ausgeschrieben); aber der Rest fügt sich mit dem in der folgenden Zeile erhaltenen THPIA... ZU EKKAIEBAOMHKONTAETHPIA... (Geminus’ Bericht über den kallippischen Zyklus lautet folgendermaßen (isag. e.8, S.ı22 ed. Manitius): oi rer) KÄAAITITTON TENÖMENOI ACTPÖAOTOI ... CYNECTHCANTO THN EKKAIEBAOMHKONTAETH- PIAA CYNECTHKYIAN EK TECCAPWN ENNEAKAIAEKAETHPIAWN, AITINEC TIEPIEXOYCI ... HMEPAC.... BIYne. Ganz ähnlich scheint in der Inschrift Sp. I Z.4—7 gestanden zu haben: Kal CIYNecTHcAnTo TAN] (18 Buchst.) EKKA[IEBAOMHKONTAE|- (17 Buchst.) THPlIAJA TIePIexovcan H|- (18 Buchst.) MErAlC... ! Statt der von Hrn. Reum oben S.ı02 vorgeschlagenen Ergänzung des Namens Eplikrates könnte man auch an Antlikrates denken, der in einem Epigramm der Anthologie [A. P. XI 318] wegen seiner astronomischen und astrologischen Studien verspottet wird. Aber dieser Astronom läßt sich nach Zeit und Ort nicht genauer festlegen. 268 Gesammtsitzung vom 4. Februar 1904. Die Länge der Zeilen war ungefähr dieselbe wie in Spalte I (in der Z.2 18, 2.4 17 Buchstaben zählt). — Weiter scheint der Autor, nach dem in Z.9 erhaltenen ennear...., die Enneakaidekaeteris wieder berührt, etwa ihr Verhältnis zur 76jährigen Periode dargetan zu haben. — Schlüsse auf die Abfassungszeit oder Entstehungsart der Schrift des Geminus dürften aus der ja keineswegs verwunderlichen Übereinstimmung mit der Inschrift nicht zu ziehen sein. Ausgegeben am 11. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. FF. FEBRUAR 19 04. y 2 n x r I "LER : „‘ 5 PL A r rar) y a MR y de asar | g nn . ä R a nett F 4 h" 4 d x # PT , c Eon ya 1 al . Pt > g . fi { Dr in > g 4 En « in W" k . P « et D hi R in W - . Bi. e 4 # en 2 4 vw Je Bor ever a x ' er. . 3 4 I wi , ® z { ) ec 7 + Sa i 4 s y a = n EN . .. k I ’ - 7 I + “ > a! # n \ “ n 0% ‚ \ f r e n F % 5 : P tx e D | mUKE. Dr ER 1 N i e EA y > » . i = 3 » - I lv H , > “ GE ie . . ” 7 = # £ ”, j \ i TR 5 B F E " n . y Y ) . ER ; vs > Li eh | ‘ > Ba > a F E = « a k % = } 3 € M n E 2 Br | T a . ' L a p “ ze f fr A , R - & . r I Po N r / - 4 ne 7 g Pr I ’ N Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die rimtliehen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade Nummern. $ 2. * 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den. Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, Jann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welehe nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 272 5. Den Berieht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Dexselbe Seceretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist, 072 Te 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- 'theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe: 8. 5. Auswärts werden Correcturen nur auf Be Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit ; auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 4 Bi ; $1l. D 1. Der Verfasser einer unter den Wissenachafklichent Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der eh der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. . Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- Bee und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademiel ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- 3 2 dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung ij erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammet Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach | Anzeige bei em redigirenden Secretar weitere 200 ra plare auf ihre Kosten abziehen lassen. 828. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichfe be stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswättiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliele zu überweisen. [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] 29. : l. Der redigirende Sea ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch. nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich, Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verans wortlich. ; Ren = ee I Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, _ Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, * October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach F‘ eügstellung des Registers.. En | 4 4 269 SIIZUNGSBERICHTE Auller Vin. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 11. Februar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Qlasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Mösıus las: Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet. Idealbilder schöner Vögel sind uns nicht angeboren. Sie entstehen unabsicht- lich aus Wahrnehmungen gewandt fliegender Vogelarten. Schönheit tritt stets in in- dividueller Ausprägung anschaulich auf und gefällt als eine Einheit mannigfaltigen ge- setzlichen Inhalts. Abweichungen von den gewohnten Eigenschaften des Vogelideals missfallen, weil sie unseren Erwartungen nicht entsprechen, auch bei Vögeln, welche erhaltungsmässig (physiologisch zweckmässig) gebaut sind. Schönheit und organische Zweckmässigkeit decken sich also nicht. Die Formen der Vögel haben einen höhern ästhetischen Werth als die Farben. Das Laufen und Schwimmen der Vögel sind keine so schönen Bewegungen wie das Fliegen und Schweben. 2. Hr. Herrwıe überreichte die zweite Auflage seines Werkes: Die Elemente der Entwickelungslehre des Menschen und der Wirbel- thiere. (Jena 1904.) 3. Hr. F. E. Scnuzze legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. R. Hry- mons hierselbst vor: Die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung. Die flügelförmigen Organe der Solifugen entwickeln sich aus den Seitenplatten der Embryonalanlage am 2. Beinsegment. Sie dienen als embryonale Athmungsorgane und verschwinden beim jungen Thiere mit dem Beginn der Tracheenathmung. Die flügelförmigen Organe haben keine Beziehung zu den Flügeln der Insecten, sie ent- sprechen dagegen den Lateralorganen bei den Embryonen der Gigantostraken und Pedipalpen und deuten auf eine Verwandtschaft der Solifugen zu diesen Thieren hin. 4. Hr. Hermerr legte eine Mittheilung des Hrn. Geh. Reg.-Raths In. AugrecHht in Potsdam vor: Neue Bestimmung des geographi- schen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich. Die Bestimmung wurde ausgeführt, um eine dem gegenwärtigen Stande der Be- obachtungskunst entsprechende Genauigkeit in der Kenntniss der Lage von Nord- deutschland gegen den Nullpunkt der geographischen Längenzählung zu erhalten. Sitzungsberichte 1904. 22 270 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet. Von K. Mösıus. Welche Vögel halten Sie für die schönsten? fragte ich einen Orni- thologen, der alle Vögel, die wir auf einer Wanderung durch Kiefern- und Eichenwälder der Mark Brandenburg hörten oder sahen, an ihrer Stimme und an ihrem Flug erkannte. Verwundert stillstehend ant- wortete er: Daran habe ich noch nie gedacht. Und doch hatte ihn die Schönheit unserer Vögel schon im Knabenalter so sehr gefesselt, daß er sie nicht nur im Freien beobachtete, sondern auch in Käfigen hielt. um sich an ihren Bewegungen, ihrer Gestalt und Farbe zu er- freuen. Nach und nach immer mehr mit wissenschaftlichen Unter- suchungen verschiedener Vogelformen beschäftigt, hielt er ihre ästhe- tischen Eigenschaften kaum noch der Beachtung wert. Selbst dann, wenn ihm eine wissenschaftlich untersuchte Art mehr gefiel als eine mit ihr verglichene andere Art, fragte er nicht nach dem Grunde der verschiedenen ästhetischen Eindrücke, welche beide auf ihn machten. Ähnlich verhalten sich die meisten Vogelfreunde und wissenschaft- lichen Vogelkenner. Sie äußern ihre Freude über die Schönheit ge- wisser Vögel, aber psychologische Erklärungen ihrer ästhetischen Ur- teile geben sie nicht. So sagt C. Linse, der berühmte Begründer der systematischen Tierkunde, im 9. Kapitel des 2. Bandes seiner Amoe- nitates academicae': »Die Vögel sind unter allen Tieren wohl die schön- sten. Ihre Gestalt ist so schön, daß man nichts Angenehmeres sehen kann. Was gleichet wohl an Glanz und Schönheit dem Kolibri? Was übertrifft den bunten Schwanz des Pfauen?« In dem verbreiteten Werke Das Tierleben schreibt A. Brenn’, der vortreffliche Darsteller der äußeren Eigenschaften und Lebensweisen der Vögel: »Die Anmut ihrer Gestalt, die Schönheit der Farben, die Schnelligkeit und Behendigkeit ihrer Bewegungen, der Wohllaut ihrer Stimme, die Liebenswürdigkeit ihres Wesens ziehen uns unwiderstehlich an.« ! Des Ritter ©. von Lınne Auserlesene Abhandlungen aus der Naturgeschichte, Physik und Arzneiwissenschaft, übersetzt von J. T.H. Leipzig 1776 —78. Bd. 2, S.269. ®2 Die Vögel, 3. Aufl., Leipzig und Wien 1891, Bd.r, S. 33. Bi £ Mörıvs: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. 271 Keinem Menschen ist das Idealbild eines schönen Vogels ange- boren. Einem jeden. der Sperlinge, Schwalben, Drosseln, Tauben, Krähen, Möwen und andere gewandt tliegende Vögel oft sieht, prägen sich Gedächtnisbilder ihrer Formen und Bewegungsweisen ein. Ihr Rumpf ist länglich eiförmig; nach vorn geht er allmählich über in einen dünneren Hals, der einen abgerundeten Kopf trägt. Der Schnabel ist kürzer als der Kopf, der Schwanz ungefähr ebenso- lang wie der Rumpf. Aus diesem ragen nur die unteren Teile der Beine hervor. Wenn sich die Flügel von dem Rumpf abheben und zum Fluge ausbreiten, werden die Füße an den Leib in die Höhe gezogen. In dieser Lage bieten sie dem Druck der Luft am wenig- sten Widerstand dar. Die Luft wird von dem spitzen glatten Schnabel leicht durchschnitten. Kein schwerer Kopf, kein langer Hals ziehen den Schwerpunkt des Körpers aus dessen Mitte nach vorn, kein langer Schwanz nach hinten. Er liegt mitten zwischen und unter den Flügeln und etwas hinter ihnen, so daß sie die ganze Körperlast leicht und sicher in die Luft erheben und darin vorwärts bewegen können. Jede Änderung in der Stärke und Richtung des Luftdruckes emp- findet der Vogel und ändert danach die Flügelschläge, die Haltung des Halses, des Kopfes, des Schwanzes und der Füße immer so, daß ihn seine Bewegungen dem Ziele, welches er ins Auge gefaßt hat, näher bringen. Aus allen diesen Wahrnehmungen entsteht nach und nach un- absichtlich das Idealbild eines schönen Vogels, mit welchem wir Vögel, die vor uns sitzen, vorbeilaufen oder vorüberfliegen, vergleichen, wenn wir sie schön oder häßlich finden. Sind in ihnen die Eigenschaften des uns eingewohnten Ideals anschaulich verwirklicht, so können wir uns ohne weiteres Besinnen in ihre Natur hineindenken, hineinfühlen. Wir verstehen sie, das macht uns Freude. »Wer Schönheit erblickt«, sagt Gorrue, »fühlt sich mit sich selbst und mit der Welt in Über- einstimmung. «' Weicht ein Vogel, den wir erblicken, auffallend von unserem Vogel- ideal ab, so finden wir in ihm nicht, was wir erwarteten. Das ist uns unangenehm. Diesem Gemütszustande geben wir dadurch Aus- druck, daß wir ihn häßlich nennen. Wenn Besucher der zoologischen Gärten und Museen die Pelikane häßlich finden, weil sie zu große Schnäbel haben und einen schwer- fällig watschelnden Gang, so vergleichen sie diese großen Schwimm- vögel warmer Meeresküsten mit ihrem Idealbilde eines schönen Vogels, ' Wahlverwandtschaften. I. Kap. 6. Sämtliche Werke in 40 Bdn. Stuttgart und Tübingen. 1854. Bd.r5, S. 54. DDL, 272 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. der einen kleinen Schnabel und zierliche Füße besitzt und sich leicht fortbewegt. Daß der Pelikan in seinem langen Schnabel mit einem Hautsacke am Unterkiefer ein vortreffliches Werkzeug zum Fangen von Fischen, seiner Hauptnahrung, besitzt. und daß die großen Hautplatten zwischen den Zehen der watschelnden Füße sehr zwecekmäßige Ruder- schaufeln beim Schwimmen bilden, das hindert sie nieht, den Pelikan häßlich zu nennen. Ein für seine Lebenstätigkeiten zweckmäßiger Bau des Pelikans ist also kein hinreichender Grund, ihn schön zu finden. In jedem normal ausgebildeten gesunden Tiere arbeiten die Organe so zusammen, daß es nicht allein sich selbst lebendig erhält, sondern auch noch die Fähigkeit besitzt, seine Eigenschaften auf Nachkommen zu übertragen. Es müßten uns also alle Tierformen in gleichem Grade schön erscheinen, wenn lediglich ihre erhaltungsmäßige oder zweck- mäßige Organisation sie schön machte. Zweckwidrige Eigenschaften an Gegenständen, welche Menschen gemacht haben, mißfallen, weil sie der bekannten Absicht, der Idee, für deren Verwirklichung sie ausgeführt wurden, widersprechen. Weil man niemals ästhetisch befriedigt ist, wenn man Unzweck- mäßiges an menschlichen Werken wahrnimmt, so haben manche Ästhetiker geschlossen, daß alles Zweckmäßige schön sei. Das ist eine zu weitgehende Wertung eines logischen Gegensatzes. Ursprünglich bezeichnet das Wort Zweck einen großköpfigen Nagel, der in den Mittelpunkt einer Scheibe als Zielstelle für die Schützen eingeschlagen wurde." Aus dieser sinnlichen Bedeutung ist die unsinnliche entsprungen, nach welcher Zweck das ist, wonach man im Geiste zielt, also ein Gedanke, der die Tätigkeit eines selbst- bewußten Wesens bestimmt und leitet. Menschliche Tätigkeiten, Menschenwerke sind zuerst im Neuhochdeutschen zweckmäßig ge- nannt worden, dann auch die Beschaffenheit und die Tätigkeit der zur Erhaltung der Individuen und Arten der verschiedenen Pflanzen- und Tierformen dienenden Organe. In den biologischen Wissenschaften angewendet, soll das Wort zweckmäßig nicht sagen, daß die Ein- richtung der Pflanzen- und Tierformen vor ihrer Verwirklichung von einem geistigen Wesen ausgedacht und gewollt worden sei, wie Menschen- werke, ehe sie ausgeführt werden. Es soll nur bedeuten, daß die Organe einer jeden Lebensform für deren Erhaltung nach allgemein herrschenden physischen Gesetzen gut arbeiten. Die Notwendigkeit der zahlreichen verschiedenen Tier- und Pilan- zenformen sehen wir nicht ein; denn wissenschaftlich läßt sie sich nicht feststellen. Das hat schon I. Kanr 1788 in der Schrift: »Über ! M. Heyne, Deutsches Wörterbuch, III, 1895, S.1457. | v > k ; 5 17 m Mösıus: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. 3 den Gebrauch der teleologischen Prinzipien in der Philosophie«' aus- einandergesetzt. Hier sagt er, daß wir nach Zwecken wirkende Kräfte nurin uns selbst kennen. »Es mag die Ursache organisierter Wesen in der Welt oder außer der Welt anzutreffen sein, so müssen wir ent- weder aller Bestimmung ihrer Ursache entsagen oder ein intelli- gentes Wesen uns dazu denken; nicht als ob wir (wie MEnDELssonN und andere glaubten) einsähen, daß eine solche Wirkung aus einer anderen Ursache unmöglich sei, sondern weil wir, um eine andere Ursache mit Ausschließung der Endursachen zum Grunde zu legen, uns eine Grundkraft erdiehten müßten, wozu die Vernunft durchaus keine Befugnis hat, weil es ihr alsdann keine Mühe machen würde, alles, was sie will und wie sie will, zu erklären.«e Und Gorrur? schreibt: »Die Vorstellungsart der Endursachen gefällt, weil sie wirk- lich etwas Geistiges hat und als eine Art Anthropomorphismus ange- sehen werden kann. Dem Aufmerksameren freilich wird nicht ent- gehen, daß man der Natur nichts abgewinnen kann, wenn man ihr, die bloß notwendig handelt, einen Vorsatz unterschiebt und ihren Resultaten ein zweckmäßiges Ansehen verleihen möchte. « Wer sich die erhaltungsmäßige Organisation der Tiere und Pflan- zen durch die Annahme begreiflich macht, daß sie nach einem vor- ausgedachten Plane verwirklicht worden sei, der tritt aus dem Be- reiche der Naturwissenschaft über in das Gebiet der Metaphysik und des religiösen Glaubens. Die erhaltungsmäßige Einrichtung der lebenden Wesen nennt Kar’ in seiner Kritik der ästhetischen Urteilskraft »innere Zweckmäßig- keit« oder Vollkommenheit, eine »Zweekmäßigkeit ohne Zweck«, die er der äußeren Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit gegenüber- stellt. » Asthetischen Urteilen«, schreibt er, »wird keine innere Zweck- mäßigkeit, auf welche sich die Zusammensetzung des Mannigfaltigen beziehe, zugrunde gelegt. Viele Vögel (der Papagei, der Kolibri, der Paradiesvogel), eine Menge Schaltiere des Meeres sind für sich Schönheiten, die gar keinem nach Begriffen in Ansehung seines Zwecks bestimmten Gegenstande zukommen, sondern frei und für sich ge- fallen. « K. Rosenkranz! bemerkt über denselben Gegenstand folgendes: »In der Baunsartenschen Asthetik ist der Begriff der Vollkommen- Sämtliche Werke, herausgegeben von HArtEnstEın, IV, S. 492 — 493. ?2 Geschichte der Farbenlehre. Sämtliche Werke, Stuttgart und Tübingen, 1854, Bd. 39, S. 162. ? Sämtliche Werke, herausgegeben von Harrenstein, V, $15 und 16, S. 231 und 234. * Asthetik des Häßlichen, 1853, S.ı1. 274 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. heit mit dem der Schönheit identisch genommen. Allein Vollkommen- heit ist ein Begriff, der mit der Schönheit nicht direkt zusammen- hängt. Es kann ein Tier sehr zweckmäßig, also als lebendiges In- dividuum, sehr vollkommen organisiert und eben deswegen sehr häß- lich sein, wie das Kamel, das Unau, die Sepia, die Pipa usw.« Wenn der Araber das Kamel als milch- und butterspendendes Haustier, als geduldigen und ausdauernden Lastenträger preist, hat er Gefallen an seinem Nutzen, nicht an seiner Schönheit. In der Natur wird vieles schön gefunden, was, von gewissen Standpunkten aus betrachtet, sehr unzweckmäßig ist. Ausgedehnte Heidestrecken sind unzweckmäßig für lohnende Ackerwirtschaft, aber schön für den, der sie in der Blütezeit des Heidekrautes durchwandert, ohne nach ihrem Nutzwerte zu fragen. Kahle Felsenwände sind ihren Besitzern er- traglose unzweckmäßige Massen. Der Naturfreund bewundert ihre Schönheit. Das oft gehörte Urteil: »Der Pelikan ist ein häßlicher Vogel« gab mir Anlaß, die irrtümliche Meinung: » Alles Zweckmäßige ist schön « zu widerlegen. Nun soll mir die Betrachtung des Pfauhahns, eines Vogels, dessen Schönheit seit alten Zeiten immer wieder bewundert wird, zur Darstellung des wahren Wesens tierischer Schönheit dienen. Wer vor einem balzenden Pfauhahn steht, versunken in den An- blick seines aufgerichteten Schwanzes, gefesselt durch die Form und Haltung seines Körpers, durch die Farben und den Glanz seines Ge- fieders, ohne nachzudenken, wie der Pfau diese Eigenschaften erhalten hat oder wozu sie ihm dienen, und dabei einen Genuß empfindet, den er am besten mit den Worten: Der Pfau ist schön! glaubt ausdrücken zu können, der sag die äußere Erscheinung dieses Vogels etwas aus, sondern zugleich auch über den Gemütszustand, in den er durch den Anblick des Pfau- hahns versetzt worden ist. Denn schön ist der Pfau nicht an und für sich; schön erscheint er nur einem, der ihn sieht und mit Genuß betrachtet. Dieser Genuß entspringt nicht allein aus den sinnlichen Empfindungen, welche die Farben, die Form, die Haltung und die Bewegungen des Pfaues in dem Beschauer erregen, sondern auch noch aus Erinnerungen, welche dessen Anblick in ihm wachrufen. Aus der Haltung und den Bewegungen schließt er, nach Erfah- rungen an sich selbst, daß der Pfau ein empfindendes und wollendes Wesen ist, welches durch eigene Kräfte dem Niederzuge der Schwere widersteht. In der gleichseitig fächerförmigen Ausbreitung der Schwanz- federn und in der Lage der Flügel zu beiden Seiten des Leibes er- bliekt er die Übereinstimmung der Körperform mit den Gesetzen des Gleichgewichts. In der Aufeinanderfolge und zunehmenden Größe der t mit diesem Ausruf nieht bloß über " REN Mösıus: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. prächtigen Flecke auf den langen Schwanzfedern erscheint ihm die gesetzmäßige Umbildung gleichartiger Teile eines Ganzen. Die Wirkungen dieser Gesetze treten ihm beim Anblick des Pfau- halıns unmittelbar, anschaulich entgegen. Er wird sich bewußt, daß er sie schon in ähnlichen anderen Erscheinungen wahrgenommen hat, dal er sie kennt. Dazu ist jedoch die Bekanntschaft mit der wissen- schaftlichen Fassung der Gesetze, als bloßer, aus ähnlichen Wahır- nehmungen abgeleiteter Gedanken nicht nötig. Ja, die Betrachtung dieser Gesetze, abgelöst von der sinnlichen Empfindung der Form und der Farbe des Vogels, würde den Beschauer abziehen von dem Genusse seiner Schönheit. Ästhetisch wirken Tiere nur dann angenehm, wenn sie als eine aus Teilen zusammengesetzte Einheit sinnlich wahrgenommen werden. Kein schöner Vogel, kein schöner Schmetterling ist einem anderen Individuum seiner Spezies vollkommen gleich. Jede Wiederholung ist eine andere räumlich und zeitlich neue Versinnlichung derselben Natur- gesetze, welche in ihm verwirklicht sind. Dasselbe gilt auch von schönen anatomischen und mikroskopischen Präparaten, schönen physi- kalischen und chemischen Experimenten. »Warum bin ich vergänglich, o Zeus? so fragte die Schönheit. Macht ich doch, sagte der Gott, nur das Vergängliche schön.« Gorrue.! Gerade diese, nie genau so wiedererscheinende Eigentümlichkeit reizt die Sammler von Vögeln, Konchylien, Schmetterlingen, Käfern und anderen Tieren ebenso wie die Sammler von Kunstwerken, welche auch nur einmal existieren, ihre Sammlungen durch Varietäten und Ab- errationen der Speziestypen zu bereichern. Jedes in der Form und Farbe von dem Speziestypus abweichende Individuum befriedigt momentan den allgemein menschlichen Trieb, bekannte Gesetze in immer neuer Weise versinnlicht zu sehen. Es sind ungefähr 15000 Arten Vögel beschrieben und in Museen und Privatsammlungen durch zahlreiche Exemplare vertreten, von denen keins einem anderen vollkommen gleich ist.” Die Vogelwelt der ganzen Erde bietet also menschlichen Augen einen unerschöpflichen Reichtum verschiedener ästhetischer Eindrücke dar. Die ästhetischen Eigenschaften der Vögel liegen in der Form, der Farbe und in den Bewegungsweisen. ! Vier Jahreszeiten. Sommer. Nr. 35. Sämtliche Werke. Stuttgart u. Tübingen. 1854, Bd. 1, S. 308. 2 Das Zoolosgische Museum in Berlin besitzt nach Angabe des Kustos der Vogel- sammlung Prof. Dr. Reıcnenow über 10000 Arten, von denen nur die Hälfte ausgestopft und aufgestellt ist, die andere Hälfte liegt in Balgform in Kästen. 276 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Alle drei harmonieren mit den Eigenschaften der Elemente, in und auf welchen sich die Vögel vorwiegend bewegen. Ästhetisch betrachtet, kann man sie daher in Luft-, Wasser- und Erdvögel einteilen. Die Hauptmasse des Vogelkörpers, der Rumpf, ist eiförmig oder spindelförmig. Wenn der Vogel nicht fliegt, pflegt er die Flügel so dicht an den Rumpf anzulegen, daß sie mit ihm eine einheitliche Masse bilden, an welche nach vorn der Hals und Kopf angegliedert sind. Hinten ragen bei den meisten Vögeln auch noch Schwanzfedern über den Rumpf hinaus. Der ganze Vogelkörper erscheint also als eine aus verschiedengestalteten Teilen zusammengesetzte Einheit, in welcher der Rumpf die vorherrschende größte Masse bildet. »Zu aller Schön- heit gehören Mannigfaltigkeit und Einheit. Einförmigkeit erweckt Über- druß«, schrieb vor hundert Jahren der Ästhetiker Esrrmarn.' Ver- schiedenes, Mannigfaches überschaut man mit mehr Befriedigung, als eine in sich unterschiedslose Einheit, weil sie uns mehr Vorstellungs- inhalt gibt. Die guten Flieger, welche unserem idealen Vogel zugrunde liegen, sind vom Kopfe bis zum Schwanz mit Federn bedeckt, deren Schäfte und Fahnen hinterwärts übereinander liegen. An diese einheitliche Federdecke sind wir so gewöhnt, daß ein kahler Kopf, ein kahler Hals mißfällt. Die erwartete Übereinstimmung des erbliekten Vogels mit unserer Vorstellung wird nicht erfüllt. Das ist uns unangenehm. Als Beispiele führe ich an: Gymnocephalus calvus (Gu.) Kahlkopf, Neophron perenopterus (L.) Aasgeier, Gyps fulvus Gm. Gänsegeier. Ungeschwänzte Vögel gefallen weniger als geschwänzte, weil ihnen ein vorausgesetztes Glied fehlt. Beispiel: Apteryx australis Suaw Kiwi. Sehr lange Hälse, sehr große Schnäbel, sehr lange Beine und Schwänze gefallen nicht, weil sie den Blick von dem Rumpfe, der Hauptmasse des Körpers ablenken, also die Erfassung der Ein- heit der Vogelgestalt erschweren. Beispiele: Docimastes ensifer (Boıss.) Kolibri, Dichoceros bicornis (L.) Nashornvogel, Pelecanus onocrotalus L. gemeiner Pelikan, Rhamphastus toco (Gum.) Riesentukan. Die Häßlichkeit eines langen Halses und Schnabels wird jedoch gemildert durch einen langen Schwanz und lange Beine. Der Rumpf bleibt dann doch die Mittelmasse zwischen Anhangsteilen, die sich das Gleichgewicht halten. Beispiele: Ardea cinerea L. Fischreiher, Ciconia alba L. weißer Storch. Der Vogel drückt seine Gefühle und seinen Willen vornehmlich durch die Haltung und die Bewegungen des Kopfes aus. Feder- 1 Jon. Aug. Eeeruarn, Handbuch der Ästhetik in Briefen. 4 Bände. Halle 1803— 1805. Bd. ı. Zehnter Brief, S. 59. . usa” DE ee De re Mösıus: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. 277 kronen und auffallende Farben, welche den Blick auf den Kopf hin- lenken, sind daher verschönernde Zierden des Vogelkörpers. Beispiele: Galerita eristata (L.) Haubenlerche, Bombyeilla garrula (L.) Seidenschwanz, Aixw sponsa (L.) Brautente, Upupa epops 1. Wiedehopf, Goura coronata Frem. Kronentaube, Grus pavonina (L.) Kronenkranich. Nach vorn gerichtete Haubenfedern gefallen weniger als nach hinten gerichtete. Sie widersprechen der Regel, der alle nach hinten gerichtete Deckfedern des Vogelkörpers folgen. Beispiele: Phalacro- corax graculus L., Crax alector L. Hokkohuhn. Die Augen der Vögel haben eine große Pupille, deren Schwärze sie auffallend von den sie umgebenden Hautteilen und Federn abhebt und daher den Blick auf sie lenkt. Bei vielen Vögeln ist sie von einer lebhaft gefärbten Iris umschlossen, z. B. bei den Eulen. In keinem anderen Organ versinnlicht sich der psychische Zustand des Vogels so eindrücklich wie im Auge. Den Eulen geben die großen, vorwärts gerichteten Augen ein menschenähnliches Ansehen. In dieser Wirkung werden sie unterstützt durch die niedergebogene Schnabel- spitze, welche aus den Gesichtsfedern wie eine Nase hervorragt, und auch noch durch die aufrechte Haltung des ruhenden Körpers. Auf solche ästhetische Eindrücke ist die Erhebung der Eulen zum Symbol der Göttin Athene und der Wissenschaft zurückzuführen. Wie der augentragende Kopf, so ist auch der bewegbare Sch wanz ein ästhetisch wichtiges Organ der Vögel. Er besteht stets aus einer geraden Zahl von Federn, meistens aus zwölf‘, hat also eine gefallende symmetrische Form. Sind alle Federn gleich lang, so erscheint der ausgebreitete Schwanz regelmäßig fächerförmig. Beispiele: Turdus merula L. Schwarzdrossel, Passer domesticus L. Sperling und die meisten anderen Singvögel. Gabelschwänze gefallen melr als gerade abgestumpfte, weil sie die Symmetrie auffallender veranschaulichen als diese. Beispiele: Hirundo rustica L. Rauchschwalbe, Tetrao tetrix L. Birkhahn. Sind einzelne Federn eines gabelförmigen Schwanzes regelmäßig gebogen, so tritt zur Symmetrie noch eine die Mannigfaltigkeit be- reichernde Eigenschaft hinzu, die seine Schönheit steigert. Beispiele: Menura superba Davızs Leierschwanz, Schlegelia wilsoni (Cass.) Paradies- vogel. Stufenschwänze gefallen als Ausdruck eines Wachstums- gesetzes. Die Länge der aufeinanderfolgenden Federn nimmt regel- mäßig zu. Beispiele: Pica pica (L.) Elster, Lesbia sparganura (Suaw) Kolibri, Aegithalus caudatus (L.) Schwanzmeise. Die langen gebogenen Schwanzfedern im Schwanze des Haushahns sind aus demselben Grunde schön, wie das steigende und fallende Wasser eines Springbrunnens. Sie versinnlichen Überwindung und Sieg der Schwere. Der aufsteigende 278 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Teil widerspricht der Schwere, der niederhängende gehorcht ihr. Beide bilden durch eigene elastische Festigkeit eine Einheit, die als gesetz- liche Erscheinung gefällt. In der ästhetischen Betrachtung und Beurteilung der Vögel spielen die Farben eine Hauptrolle. Lebhafte Farben und starker Glanz machen einen so starken Eindruck, daß sie den Blick mehr auf sich ziehen als die Formen der Vögel. Die ersten ästhetischen Eindrücke, welche Kinder und Ungebildete fesseln, sind lebhafte Farben. Die Formen fesseln erst den, der ihre Bedeutung für die Bewegungen, die Haltung des Körpers und für den Ausdruck psychischer Zustände kennt. In den Formen der Vögel tritt uns also mehr uns schon be- kannter eigener Vorstellungsinhalt entgegen als in den Farben. Darin besteht ihr höherer ästhetischer Wert. In einfarbigen Vögeln tritt die ästhetische Wirkung der Form eindrucksvoller auf als in verschiedenfarbigen. Beispiele: Oygnus olor (Gm.) Schwan (schwimmend), Corrus corax L., Corvus corone L. Rabenkrähe. Verschiedene lebhafte Farben, welche grell zusammenstoßen, gefallen weniger als Farben, die ineinander übergehen. Jene er- schweren, diese erleichtern die Auffassung des Vogelkörpers zu einer ästhetischen Einheit. Beispiele: Rhamphastus discolorus L. Tukan. Auf die gelbe Farbe der Kehle folgt die rote Farbe der Brust und des Bauches, beide getrennt durch eine hellgelbe Querlinie. Nicht schön. Farbenübergänge zeigt Cyanocoraw armillatus Gray, Scheitel und Kehle hellblau, Rücken, Bauch und Schwanz dunkelblau. Seiten des Kopfes schwarz. Wenige komplementäre Farben sind schöner als eine Buntheit vieler lebhafter Farben, die den Blick hin- und herziehen. Beispiele: Phacromaerus macrocinna (Br.) männlicher Pfauentrogon. Rücken- und Schwanzdeckfedern glänzend grün, Brust rot, Flügelfedern und mitt- lere Steuerfedern schwarz, äußere Steuerfedern weiß. Lesbia sparga- nura (Suaw) Kolibri. Kehle und Brust grün, Schwanz rot. Ampelis cayana (L.) Männchen: Kehle purpurn, Kopf, Brust und Bauch hell- blau, Rücken und Schwanz dunkelbraun. (yanocoraw peruanus OA». Bauch und äußere Schwanzfedern gelb, Kopf oben hellblau, Rücken und mittlere Schwanzfedern hellgrün. Dagegen Psittacus spurius Kunu bunter australischer Papagei. Kopf oben rotbraun, Seiten des Halses gelbgrün, Rücken und mittlere Schwanzfedern grasgrün, Flügel- und äußere Schwanzfedern blau, Brust und Bauch hellblau, Schwanzwurzel oben gelb, unten rot, Unterschenkelfedern rot. Glanz erhöht die Wirkung der Federfarben. Der Blick wird zuerst durch die hellste Stelle gefesselt. Von dieser aus nimmt die u Mösıvs: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. 279 Helligkeit des farbigen Lichtes, der Form des Federkleides entsprechend, allmählich ab. Indem man dieser Lichtabnahme folgt, erfaßt man Form und Farbe des Vogels angenehm als ästhetische Einheit. Beispiele: Lamprotornis aeneus (Gum.) Glanzstar, Sturnus vulgaris (L.) gemeiner Star, Männchen im Frühlingskleid. Viele Kolibris und Paradiesvögel. Längsstreifen sind schöner als Querstreifen, weil sie der Haupt- richtung des Vogelkörpers folgen. Beispiel: Numida vulturina Harnw. Geierperlhuhn. Tüpfel lassen den Bliek nicht zur Ruhe kommen, führen ihn hin und her, gefallen daher weniger als Längsstreifen. Beispiele: Numida meleagris (L.) gemeines Perlhuhn, Apteryx oweni Govrp Schnepfenstrauß. Querstreifen hemmen den Blick, der Hauptriehtung des Körpers zu folgen. Beispiele: Cueulus canorus (L.), Kuckucksweibehen, Upupa epops L. Wiedehopf, Trichoglossus cyano- grammus W ası. Neuguinea-Papagei. Auf der roten Brust sind schwarze Querstreifen. Als Läufer machen die zweibeinigen Vögel keinen so schönen Eindruck wie Säugetiere, deren Körper durch vier gleich große Beine vollkommener unterstützt wird. Die kleinen Singvögel, Tauben, Wachteln, Rebhühner u. a. laufen, trippeln und hüpfen zierlich am Boden hin. Die Störche, Reiher und Kraniche schreiten bedächtig einher. Der Lauf der Strauße und Kasuare sieht plump aus. Das Schwimmen der Enten, Gänse, Schwäne, Taucher, Mö- wen und anderer Wasservögel gefällt als mühelose Fortbewegung. Der wenig eingetauchte Leib wird vom Wasser getragen. Leicht treiben ihn die Ruderplatten der Schwimmfüße, deren Bewegungen wenig oder gar nicht sichtbar sind, vorwärts. Die Taucher, Alken und Pinguine machen mit ihren kurzen Flügeln flugartige Ruderschläge unter dem Wasser. Ihre Beine sind so weit nach hinten gerückt, daß der Körper beim Stehen und Schreiten aufrecht gehalten werden muß, wodurch die Pinguine lächerlich menschenähnlich werden. Die schönste Bewegung der Vögel ist der Flug. Er ist die vollkommenste Überwindung der Schwere in dem leichtesten und durchsichtigsten Elemente. Er übertrifft alle tierischen Fortbewegun- gen an Schnelligkeit und Ausdauer. Der fliegende Vogel überblickt besser als der Bodengänger die Hemmnisse der Fortbewegung und kann sich leicht über sie hinwegheben, um in gerader Richtung seinem Ziele entgegen zu streben. Von seiner hohen Bahn herab- schauend, empfängt er viel mehr sein psychisches Leben bereichernde Gesichtseindrücke als der Bodengänger. Alle diese Wahrnehmungen machen uns das Fliegen zur vollkommensten und schönsten Bewe- 280 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. gung lebender Wesen. Wir möchten auch gern durch weite Hori- zonte ohne jedes Hindernis fliegen können. Diesem Wunsche fol- gend, hat die menschliche Phantasie übermenschlichen Wesen Flügel verliehen. Aber Flugmaschinen herzustellen, welche wirkliche Men- schen nicht nur in ruhiger, sondern auch in bewegter Luft einem bestimmten Ziele sicher nähertragen können, das ist noch keinem Flugtechniker gelungen." Der Flug der kurzflügeligen Hühner, Enten. Taucher ist nicht so schön wie der Flug langflügeliger Vögel. Die Schlagweite ihrer Flügel ist auffallend groß und macht den Eindruck mühevoller Muskelarbeit. Viel schöner ist der Flug der Singvögel, Schwalben, Seeschwal- ben, Möwen und Raubvögel. Die Schlagweite ihrer Flügel ist kleiner, nicht auffallend bemerkbar. Ihre Flugriehtung ändern sie leicht und gewandt durch unmerkliche Änderungen der Form und Haltung der Flügel, des Halses und Schwanzes. Sie scheinen mühelos zu schwe- ben. An die Hebearbeit, die der schwebende Vogel vorher ausführen mußte, denkt der Bewunderer des Schwebens nicht, denn ästhetisch fesseln nur gegenwärtige Erscheinungen. Die formschönsten Vögel sind die großen Tagraubvögel: die Falken, Adler und Weihen. Ihr Rumpf ist spindelförmig und geht über in einen kurzen Hals. Der Schnabel ist kürzer als der Kopf und gebogen. Füße und Schwanz sind kürzer als der Rumpf. Mit diesem als der größten Körpermasse werden alle anderen Körperteile leicht zu einer ästhetischen Einheit zusammengefaßt. Die Stellung des ruhenden Falken und Adlers ist aufrecht. Mit gespreizten Zehen umfaßt er den Ast, auf dem er sitzt. Wie feste Säulen tragen ihn die starken Ständer. Scharf und fest blicken die großen glänzenden Augen in die Ferne. Kräftige Flügel heben den Adler über die Wipfel der höchsten Bäume und tragen ihn über die Gipfel der Gebirge. Mit ausgebreiteten Flügeln hoch kreisend, erblickt er leicht eine lebende Beute, ergreift sie mit scharfen Krallen und ! Der Flugtechniker Lirıenrnar verwendete ein Paar große, aus Bambusrohr und Segeltuch zusammengesetzte Tragplatten, die Vogelflügeln sehr gut nachgebildet und so leicht waren, daß man sie in die Hände nehmen konnte, um sich nach einem Anlauf von einer Anhöhe aus durch Gegenwind in die Luft erheben und darin fort- tragen zu lassen. Bei seinem letzten Flugversuche stürzte er nieder und verunglückte, weil er die Haltung der Flügel und des schwanzartigen Steuers seiner Maschine un- vorhergesehenen Luftströmungen nicht ebenso schnell und sicher anpassen konnte, wie ein fliegender Vogel, der jede Abänderung des Luftdruckes fühlt und reflektorisch sofort durch zweckmäßige Stellungen seiner Organe benutzt. Diese reflektorische Tätigkeit des lebendigen Vogels maschinell zu ersetzen, ist die schwierigste Aufgabe der Flugtechnik. An die Wichtigkeit ihrer Lösung scheinen manche leidenschaftliche Flugkünstler gar nicht gedacht zu haben. Mörıus: Die Vögel, ästhetisch betrachtet. 281 überwältigt sie. Alle diese Eigenschaften und Tätigkeiten des Adlers fassen wir in einem Worte zusammen, wenn wir ihn schön nennen. Wer den Adler nur ausgestopft, nur in Käfigen gesehen hat, dem ist dessen Schönheit nicht so inhaltsreich, wie denen, welche ihn oft im Freien beobachteten, seine Lebensweise und den Bau seiner Organe kennen. Je vollständiger uns die gesetzlich wiederkehrenden Eigenschaften einer Tierart bekannt sind, desto mehr ästhetischen Genuß bereitet uns der Anblick eines gut ausgebildeten Individuums derselben. In einem schönen Vogel sehen wir verschiedenes uns bekanntes Gesetzliches vereinigt zu einer sinnlich anschaubaren, uns erfreulich fesselnden Einheit. Die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung. Von Dr. Rıcuarp Hrynuons. (Aus dem Zoologischen Institut in Berlin. Vorgelegt von Hrn. F. E. Scuurze.) De Entdecker der flügelförmigen Organe bei den Solifugen ist ÜRONEBERE.' Er beobachtete bei fast fertigen Embryonen sowie bei ganz jungen Thieren ein Paar flügelförmiger Anhänge, die dorsal von dem Ansatzpunkte der Extremitäten zwischen dem ı. und 2. Bein- paar entspringen, die weder Nerven, noch Muskeln, noch Tracheen enthalten und deren Bedeutung um so räthselhafter ist, als sie dem erwachsenen Thiere vollständig fehlen. BmurA’, der diese Anhänge ebenfalls auffand und als Seitenorgane bezeichnete, war der Meinung, dass sie mit dem Körper über dem ersten Beinpaare mittelst eines Stieles zusammenhiengen, und dass sie später zusammenschrumpften, während man bei dem ausgewachsenen Thiere zungenförmige drei- eckige unter den Mandibeln (Cheliceren) gelegene Hautfalten wahr- scheinlich als ihren Überrest anzusehen habe. Bezüglich der morphologischen Deutung glaubt CronEBERG, dass man diese Gebilde vielleicht mit gewissen als Rudimenten einer Schalen- duplicatur anzusehenden Anhängen bei den Embryonen von Asellus vergleichen könne. Korscnerr und HEıDEr’, die sich im übrigen gegen die Verwandtschaft der Solifugen mit den Inseeten aussprechen, er- örtern dagegen die Ähnlichkeit der flügelförmigen Anhänge der Soli- fugenembryonen mit den Flügelanlagen der Inseeten. Allerdings kommen bei den Solifugen diese Anhänge nicht an dem entsprechenden Körper- segmente wie bei den Inseeten vor, aber die genannten Autoren weisen doch ausdrücklich darauf hin, dass die Ausbildung ganz ähnlicher ! CRONEBERG, A. Über ein Entwicklungsstadium von Galeodes. Zoolog. Anzeiger, 10. Jahrg. 1887. ® Bırura, A. Beiträge zur Kenntniss des anatomischen Baues der Geschlechts- organe bei den Galeodiden. Biolog. Centralblatt. ı2. Bd. 1892. ® Korscherr und Heiver. Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Thiere. 2. Heft. Jena 1892. TR ae a 4 a SR: Jan R. Hzynuons: Lateralorgane der Solifugen. 2853 tlügelförmiger Anhänge bei den Termitenlarven gleichfalls durchaus nicht allein auf die beiden typischen flügeltragenden 'Thoraxsegmente beschränkt ist. Wenn die Schwierigkeiten hinsichtlich der differenten Lagerung fortfallen, so kann thatsächlich ein Vergleich zwischen den Insecten- flügeln und den flügelförmigen Organen der Solifugen als berechtigt erscheinen. Zweifellos ist es wiehtig, Näheres über die flügelförmigen Organe bei den Solifugen festzustellen, denn wenn wirklich den In- seetenflügeln entsprechende Einrichtungen bei den letztgenannten Thieren vorkommen sollten, so ist es natürlich klar, dass diese Thatsache doch sehr wesentlich zu Gunsten einer verwandtschaftlichen Beziehung (der Solifugen mit den Insecten sprechen würde. Die flügelförmigen Organe lassen sich bei @aleodes bis in frühe Entwicklungsstadien zurückverfolgen. Die erste Andeutung dieser Or- gane konnte ich bereits in einer Embryonalperiode wahrnehmen, in der die Segmentirung des jungen Keimstreifens noch nicht beendet ist, indem der Körper an seinem Hinterende noch in eine undifferen- zirte Knospungszone übergeht. Diese Knospungszone wird erst im spätern Entwicklungsverlauf aufgetheilt und liefert die noch fehlenden Metameren. In dem betreffenden Stadium sind aber bereits im Bereiche des Cephalons (= Cephalothorax der bisherigen Bezeichnungsweise') sechs paarige knopfförmige Höcker neben der Medianlinie hervorgetreten, nämlich die deutlich postoral gelegenen Cheliceren, die Maxillarpalpen (Pedipalpen), sowie vier Beinpaare. In der darauf folgenden Rumpf- region fehlen noch die höckerförmigen Gliedmaassen, und die Segmente, soweit sie überhaupt angedeutet sind, stellen einfache, nur in der Medianlinie unterbrochene Querwülste dar. Bei @Galeodes eilt also die öntwieklung des vordern Körperabschnittes (Cephalons) der Entwick- lung der hinteren Rumpfregion voran, eine Erscheinung, die in ähn- licher Weise auch beim Skorpion von Brauer” beobachtet worden ist. Mit der schnellen Entwicklung des Cephalons steht es auch im Zusammenhang, dass in diesem Abschnitt bereits die ersten Spuren der Ganglienanlagen erkennbar sind, die als paarige Zellengruppen medial von den Extremitäten erscheinen. Diese letzteren sind von ungleicher Grösse (Fig. 1). Am stärksten entwickelt sind bei der Embryonal- ! In einer früheren Arbeit (»Zoologica« Heft 33. ıgor) habe ich bereits gezeigt, dass die Arachnoiden (und Gigantostraken) gar keinen Cephalothorax besitzen, sondern dass die bisher mit diesem Namen bezeichnete Körperregion bei ihnen im Vergleich mit den übrigen Arthropoden der Kopf ist und daher folgerichtig als Cephalon (bez. Prosoma nach einer älteren Bezeichnungsweise von Ray LAnkeEstEr) benannt werden muss. 2 BRADER, A. Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. II. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. 59. Bd. 1895. 284 Sitzung der physikaliselı-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. bedeutendste Länge erreichen. Sehr viel schwächer entwickelt zeigt sich in diesen frühen Stadien das erste Beinpaar, entsprechend seiner kümmerlichen Ausbildung beim fertigen Thiere. Wenn somit die Gliedmaassenanlagen des jungen Keimstreifens im allgemeinen in dem Grade ihrer Ausbildung ihre spätere und definitive Entwicklungsform schon errathen lassen, so zeigt sich an dem zweiten Beinpaar Bags: SURDL: Maxp.- Mat a ee ..Seit P3: EC Cephaler Abschnitt der Embryonalanlage von Galeodes caspius Bırura. Chel = Cheliceren; Kbl = Kopflappen (Gehirnanlage); Lat= Lateralorgane; Maxp = Maxillarpalpen (Pedipalpen); P2,P3= zweites, drittes Gangbein; Seit = Seitenplatten. der Embryonalanlage eine Eigenthümlichkeit, die in keiner Hinsicht mit irgend einer Bildung beim fertigen Thiere in Zusammenhang zu bringen ist. Es handelt sich dem Anschein nach um eine Art Schizo- podie, indem das zweite Beinpaar nicht wie alle anderen Extremi- täten einfach, sondern zweiästig erscheint. Deutlich unterscheidet man an dieser Extremität einen kleinen vordern (Fig. ı Lat) und einen grössern hintern Abschnitt (P 2), die von einander durch eine tiefe, von der lateralen Seite einschneidende Furche getrennt werden. R. Hrynons: Lateralorgane der Solifugen. 285 Thatsächlich ist, namentlich bei ein wenig jüngeren Keimstreifen, die Trennung zwischen den beiden Abschnitten noch nicht vorhanden. Es existirt dann noch ein einfacher wulstförmiger Höcker, und wenn hierauf die erwähnte Furche auftritt, so kann man sehr leicht den Eindruck gewinnen, als ob ein vorderer Ast von dem Extremitäten- stamm abgegliedert würde. Bei einer genauen Untersuchung zeigt sich indessen, dass diese Auffassung in morphologischer Hinsicht nicht genau dem wirklichen Sachverhalte entspricht. Was am zweiten Beinsegmente in früheren Stadien als einfacher wulstförmiger Höcker erscheint, ist noch nicht als einheitliche Extremitätenanlage aufzufassen, sondern stellt den noch ungegliederten Segmentwulst dar. Man kann sich an den extremitäten- tragenden Körpersegmenten davon überzeugen, dass die Gliedmaassen- höcker genau genommen nicht den ganzen Längsdurchmesser der Segmenthälfte von vorn bis hinten ausfüllen, sondern dass sie am hintern Rande der Segmente entspringen. Am vordern Rande der Segmente bleibt somit eine Zone undifferenzirten Ektoderms zurück, die ich als Seitenplatte (Fig. ı Seit) bezeichnen will, da sie im weitern Entwicklungsverlauf in laterodorsaler Richtung weiterwächst und an der Bildung der dorsal von den Extremitäteninsertionen gelegenen lateralen Wand des CGephalons Antheil nimmt. Den Seitenplatten von Galeodes entsprechende Ektodermtheile kommen auch bei Inseetenembryonen vor, bei denen sie im allge- meinen freilich von vornherein eine mehr laterale Lage besitzen. Das Vorhandensein solcher Seitenplatten bei den Embryonen der Arach- noiden ist wohl als sehr wahrscheinlich anzusehen, obwohl es aus den bisher vorliegenden Beschreibungen nicht ausdrücklich hervorgeht. Auch bei Galeodes sind übrigens die in Rede stehenden Seiten- platten in verschiedenen Segmenten sehr verschiedenartig entwickelt. Sehr wenig deutlich sind sie im Chelicerensegment und im Segment der Maxillarpalpen, deren Extremitätenanlagen rasch eine bedeutende Entfaltung zeigen. In ähnlicher Weise sind die Seitenplatten auch im Segment des ersten Beinpaars auf eine äusserst schmale Zone von Ektodermzellen beschränkt. Dagegen treten die Seitenplatten im dritten und und vierten Beinsegment im Bereiche des embryonalen Ektoderms deutlich hervor, sie haben hier eine annähernd dreieckige Gestalt und liegen als selbständige Felder vor den knopfförmigen Gliedmaassen- anlagen (Fig. I). In dem hier besonders interessirenden zweiten Beinsegment ist das Verhalten im Prineip genau das gleiche wie in den soeben be- sprochenen beiden Segmenten. Der Unterschied wird lediglich da- durch bedingt, dass die Seitenplatten die Gestalt von Höckern (Fig. ı Sitzungsberichte 1904. 23 286 Sitzung der plıysikalisch- mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Lat) angenommen haben, die vorn und lateral bereits am deutlichsten abgegrenzt sind und die sich jetzt auch von der Extremitätenanlage abzugrenzen beginnen, womit es zur Entstehung der oben erwähnten von der lateralen Seite einschneidenden Furche kommt. In diesen aus den Seitenplatten des zweiten Beinsegments entstandenen beiden Höckern sind die Anlagen der späteren flügelförmigen Organe oder Lateralorgane der Solifugen zu erblicken. Ich habe die erste Entstehung dieser Lateralorgane und ihre Be- ziehung zu der 'Topographie der Embryonalanlage so ausführlich ge- schildert, um zu zeigen, dass sie nicht als Anhänge oder Theile der Gliedmassenknospen angesehen werden können, eine Auffassung, die im ersten Momente zwar sehr nahe zu liegen scheint, für die ich aber bei meinen Beobachtungen an Galeodesembryonen keine Stütze gefunden habe. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegen kann, dass die tlügelförmigen Lateralorgane im Bereiche der Embryonalanlage des Eies entstehen, so sind sie doch Anhänge, die neben der Insertion der Gliedmaassen und nicht etwa von diesen aus ihren Ursprung nehmen. Durch Untersuchung von Schnittserien haben diese Befunde eine weitere Bestätigung und Ergänzung gefunden. Die Zugehörigkeit der in Rede stehenden Organe zum embryonalen Bezirk geht daraus her- vor, dass sieh unter ihnen Mesoderm befindet. indem das Cölom- säckehenpaar des zweiten Beinsegments in seinem vordern Abschnitte bis unter die Anlagen der Lateralorgane reicht. Diese letzteren stellen nicht solide Verdiekungen dar, sondern sie sind gerade wie die Ex- tremitäten Ausbauchungen der Ektodermschicht. Der concaven Seite dieser Ausbauchungen liegt die somatische Wand des an dieser Stelle etwas erweiterten Cölomsäckchens an. Die Ektodermschicht der La- teralorgane besitzt in diesen Stadien dieselbe Dicke wie das Ektoderm der Extremitäten, während an den Seitenplatten des dritten und vier- ten Beinsegments das Ektoderm erheblich dünner bleibt. In den folgenden Entwicklungsstadien vollzieht sich eine rapide Grössenzunahme der flügelförmigen Lateralorgane, die in ihrem Wachs- thum genau mit demjenigen der Beine Schritt halten. Bei einem voll- ständig segmentirten Keimstreifen gewinnt man bei flüchtiger Betrach- tung den Eindruck, als ob die Galeodesembryonen dekapod wären: in dem Maasse erinnern die Lateralorgane in ihrer Grösse und oft auclı in ihrer Form an die vier Thoraxbeinpaare. Ich gebe in Fig. 2 ein Bild von einem Keimstreifen, dessen Ex- tremitäten bereits gegliedert sind. Die flügelförmigen Lateralorgane stellen etwas nach lateral und nach hinten gerichtete sackförmige An- hänge dar. Wenn diese im vorliegenden Falle vollständig glatt und gerade gestreckt sind, so habe ich doch zu bemerken, dass ich gar R. Heryuons: Lateralorgane der Solifugen. 287 nicht selten auch Knickungen und Einkrümmungen der genannten An- hänge beobachten konnte, durch welche ihre Extremitätenähnlichkeit sehr wesentlich erhöht wird. Diese Einkniekungen halte ich aber nicht für normal, sondern sie dürften in Folge der Gonservirung ent- HR standen sein. De: Auffallend ist in diesem Stadium die etwas verän.lerte Lage der Lateralorgane; sie PERS .- liegen jetzt nicht direet vor ne Cher 3 r dem zweiten Beinpaar, sondern erstrecken sich weiter lateral ._ Maxp (bez. dorsal) von der Insertion desselben, eine Verschiebung, die mit der entsprechenden Bewegung der Seitenplatten nach der laterodorsalen Seite des Eies im Zusammenhange steht. An der Basis der flügel- förmigen Lateralorgane lässt sich leicht eine weite ovale Öffnung nachweisen, durch welche ihr Binnenraum mit Cephaler Abschnitt eines Keimstreifens von Ga- der primären Leibeshöhle der Kr puma, Tan vn de Seele Eimbryonalanlage im Zusam- — Cheliceren; Dat = Lateralorgane; Maıp = menhange steht. Wenn man Maxillarpalpen (Pedipalpen); Mgl=Ganglion ds yon dieser Öffnun oe auseeht Maxillarpalpensegments; R = Rostrum (Ober- j 2 = ; lippe); St= cephales Stigma. so kann man einen kurzen rundlichen vordern und einen grösseren langgestreckten sackförmigen hintern Theil an jedem Late- ralorgane unterscheiden, das an seiner Ventralseite leicht concav ge- krümmt ist. Der histologische Bau der genannten Organe ist ein sehr ein- facher. Sie werden lediglich von einer einfachen Schicht kubischer bis kurzeylindrischer mit polygonalen Wänden versehener Zellen ge- bildet, deren Grenzen mit vollkommener Deutlichkeit sich nachweisen lassen. Eine Eigenthümlichkeit dieser Zellen im Gegensatz zu den übrigen Ektodermzellen des Körpers besteht in ihren verhältnissmässig grossen und schwach sich tingirenden Kernen. Daher kommt es, dass an den gefärbten Präparaten die Lateralorgane sehr viel heller als die übrigen Körpertheile erscheinen. Hinsichtlich des histologischen Baues ist weiter zu erwähnen, dass das Zellplasma keinerlei Einschlüsse oder DDEJ} 23 288 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Vacuolen besitzt, sondern an den Präparaten fast homogen aussieht. Die Kernmembran ist äusserst zart. Im Chromatinnetz sind gröbere Körnchen gleichmässig vertheilt, ausserdem unterscheidet man im Kern ein, seltener mehrere stärker glänzende und sich färbende Körper- chen (sogenannte Nucleolen). Von diesem Stadium an bemerkte ich keine typischen Mitosen mehr. Die Vermehrung der Zellelemente scheint gänzlich aufgehört zu haben oder sie findet höchstens nur noch in sehr geringfügigem Maasse statt. Die Existenz einer gelegent- lichen amitotischen Vermehrung kann ich hiermit nicht vollständig ausschliessen; ich habe aber bisher keine Bilder gesehen, welche wirk- lich mit Sicherheit diesen Vorgang erkennen liessen. Ich bemerke ferner, dass die gegebene Beschreibung nicht völlig für die dem Kör- per anliegende Seite der Lateralorgane zutrifft, indem dort, und zwar namentlich in der Nähe der oben erwähnten Öffnung, die Zellen nie- driger bleiben und dunklere, den übrigen Ektodermkernen ähnliche Kerne besitzen. Der Übergang von den charakteristischen Zellen der Lateralorgane zu den nicht differenzirten Ektodermzellen ist also ein allmählicher. Der gesammte Hohlraum der tlügelförmigen Lateralorgane ist mit der Blutflüssigkeit des Körpers prall erfüllt, welche durch die basale Öffnung einen ungehinderten Zutritt und entsprechenden Abiluss findet. Amöboide Blutzellen sind in den Organen zahlreich anzutreffen, sie liegen theils einzeln, theils in Gruppen beisammen, bisweilen frei im Lumen, oder sie sind der Innenseite der Wand angelagert. Hierbei sind auch mitotische Theilungen der Blutzellen jetzt wie namentlich noch in etwas späteren Stadien häufig in den Lateralorganen zu beob- achten. Wenn man von dem Blute absieht, so treten aber weder mesodermale noch ektodermale Gewebstheile in irgend eine Beziehung zu diesen Organen, die somit weder Muskeln und Bindegewebe, noch Tracheen oder Nerven enthalten. Der weitere Entwicklungsverlauf ist ein verhältnissmässig ein- facher. Gleichzeitig mit der Entstehung der äusseren Chitinschicht findet auch an den flügelförmigen Lateralorganen die Bildung von Chitin statt, das zunächst nur als ein äusserst zartes, den Zellen dicht an- liegendes ceuticulares Häutchen erscheint. Bei den Lageverschiebungen, die alle Körperanhänge während der ventralen Einkrümmung (Umrollung) des Embryos erleiden, werden auch die Lateralorgane in Mitleidenschaft gezogen. Sie gelangen an die Seitenwand des Körpers und sind dann, wie bereits ÜRONEBERG angab, dorsal und ein wenig vor der Insertion des zweiten Beinpaars an der Seitenwand des Körpers befestigt. Die geringfügige Verschiebung nach vorn hängt damit zusammen, dass bei der Umwachsung des Dotters j R. Heyuons: Lateralorgane der Solifugen. 289 die aus den Seitenplatten entstandenen Ektodermschichten sich etwas rostrad bewegen, wobei die Lateralorgane mitgezogen werden. Da- gegen sah ich letztere niemals, wie Bıruza angibt, direet über dem ersten Beinpaar mit dem Körper zusammenhängen, wie ja überdiess ihre Zugehörigkeit zum zweiten Beinsegment aus dem "ganzen Ent- wicklungsverlauf hervorgeht. Während der Umrollung besitzen die Lateralorgane vorübergehend den grössten Umfang, offenbar in Folge passiver Ausdehnung, indem während der Verschiebung aller Körpertheile der Blutdruck am stärksten ist. Nach vollständig beendetem Umrollungsprocess, wenn der Embryo seine definitive, ventral etwas eingekrümmte Lagerung im Ei einge- nommen hat, besitzen die Lateralorgane dagegen relativ sogar eine viel geringere Grösse als beim Keimstreifen, ein Umstand, der sich wiederum damit erklärt, dass wegen des Fehlens (oder der grossen Seltenheit) von Zelltheilungen kein Wachsthum an den Organen mehr stattgefunden hat, während alle übrigen Körperanhänge sich inzwischen durch Vermehrung ihrer Elemente stark gedehnt und vergrössert haben. Die Untersuchung von Eiern zwei Tage nach ihrer Geburt zeigt, dass die Basis der Lateralorgane sich stielförmig abgeschnürt hat. Durch den hohlen Stiel hindurch findet zwar auch jetzt noch ein Austausch zwischen dem Körperblute und dem Blute in den Organen statt, immerhin ist die Communication jetzt eine engere geworden, und der Austausch ist somit bereits etwas erschwert. Ein Collabiren der Organe ist aber ausgeschlossen, da ihre äussere Chitinschicht sehon hinreichend diek und starr ist, um ein etwaiges Zusammenfallen zu verhüten. Es mag dahingestellt bleiben, ob die verminderte Cireulation mit den Degenerationserscheinungen im Zusammenhange steht, die in etwas späteren Stadien bereits an einzelnen Zellkernen zu constatiren sind. Diese gewinnen vielfach eine mehr unregelmässige zackige Form. Einzelne Kerne lösen sich schliesslich in glänzende Kügelchen und Körnehen auf, die ins Innere gelangen, wo sie von den Blutzellen aufgefressen werden. Wenn nach dem Aufsprengen der zarten Eischale die erste Häutung des jungen, noch bewegungsunfähigen Thierchens sich vorbereitet, so ist das Schicksal der flügelförmigen Lateralorgane besiegelt. Bei der Bildung der neuen Chitinhaut schliesst sich die Körperhypodermis unter dem dünnen basalen Stiele Die Communicationsstelle, die den Blut- zufluss ermöglichte, verschwindet, und die neue Cuticula breitet sich continuirlich unter dem Lateralorgan aus. Eine vollständige Auflösung sämmtlicher Zellkerne in diesem Organ ist die Folge hiervon. Das Zellplasma und selbst die Zell- 290 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. grenzen bleiben noch lange sichtbar, wenn die Kerne sich bereits in zahllose winzige Körnchen aufgelöst haben. Interessant ist, dass bei der Abschnürung des Organs von dem lebenden Körper einzelne Blutzellen mit abgetrennt werden. Sie bleiben in den Lateralorganen zurück und behalten ungeachtet der allgemeinen Zersetzung noch einige Zeit hindurch ihr typisches und normales Aussehen bei. Bei der folgenden ersten Häutung werden die flügelförmigen La- teralorgane, soweit die von ihnen allein noch vorhandenen Chitin- hülsen diesen Namen noch verdienen, mit abgeworfen, und an dem jungen, nun bewegungsfähigen Thiere erinnert dann keine Spur mehr an ihre einstige Existenz. Hautfalten beim ausgewachsenen Thiere oder bei irgend einem auf die erste Häutung folgenden Entwicklungs- stadium von Galeodes sind also nicht auf die Lateralorgane zurück- zuführen. Ehe ich zu einem Vergleich mit ähnlichen Organen bei anderen Arthropoden übergehe, mag noch die muthmaassliche physiologische Bedeutung der geschilderten Organe bei den von mir untersuchten Solifugenembryonen erörtert werden. Die relative Grösse der Lateral- organe, das eigenthümliche Aussehen ihrer Zellkerne, die sich scharf von den embryonalen, noch undifferenzirten Kernen der Körpergewebe unterscheiden, endlich der auffallende Blutreichthum machen es gewiss, dass es sich hier nicht um bedeutungslose oder rudimentäre Anhänge handeln kann, sondern dass sie eine ganz bestimmte, für den Embryo wichtige Thätigkeit ausüben. Eine ausscheidende Function ist meines Erachtens nach nicht an- zunehmen, denn abgesehen davon, dass ich keine Spur irgend eines Secretes oder Exeretes beobachtet habe, deutet auch die histologische Struetur der Zellen keineswegs auf Drüsenzellen hin. An eine Sinnes- function ist wegen des Fehlens von Nerven und nervösen Endorganen nicht zu denken. Für Pulsationsapparate fehlt die Museulatur. Sehr nahe scheint mir aber die Annahme einer respiratorischen Bedeutung zu liegen, die sehr gut mit den beobachteten Verhältnissen harmonirt. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Solifugeneier ihre Ent- wieklung im Mutterleibe durchlaufen, und dass sie dort nur von einer feinen Schale umgeben in den weiblichen Geschlechtswegen ruhen, so kann sehr wohl eine Einrichtung von Werth erscheinen, die den Gas- austausch zwischen der embryonalen und der mütterlichen Gewebs- flüssigkeit erleichtert. Für diese Function dürften die blutreichen dünn- wandigen und oberflächlich gelegenen flügelförmigen Lateralorgane vor- züglich geeignet sein. Ihre Bedeutung verlieren sie nach der Geburt bald nach dem Platzen der Eischale, wenn atmosphärische Luft von den Stigmen aufgenommen werden kann. Der rasche Schwund und ME U N R. Heyuons: Lateralorgane der Solifugen. 291 der darauffolgende endgültige Verlust der betreffenden Organe wird hiermit begreiflich. In physiologischer Hinsicht halte ich demnach die tlügelförmigen Anhänge (Lateralorgane) der Solifugen für embryonale Blutkiemen. Für das morphologische Verständniss der geschilderten Organe bei den Solifugenembryonen halte ich es für nothwendig, auf einen Ver- gleich mit ähnlichen Organen mit anderen Artlıropoden einzugehen, obwohl bei der Lückenhaftiekeit unserer Kenntnisse hier noch manches Iıypothetisch bleiben muss. Es ist wichtig, dass die Embryonen von Limulus ein Paar von Organen besitzen, die denen von Galeodes offenbar entsprechen. Ent- deckt oder doch zuerst richtig erkannt wurden diese Organe von Wa- TAsE', der sie als »dorsal organs« beschrieben hat. Wenn letztere auch ausserhalb des Keimstreifens entstehen, so stimmen sie doch ihrer Lage nach vollkommen mit den beschriebenen Lateralorganen von Galeodes überein, denen sie auch darin gleichen, dass sie am Ende der Enı- bryonalzeit wieder verschwinden. Kınestey” beobachtete, dass bein Limulusembryo anfänglich sogar jederseits eine Reihe derartiger seg- mental angeordneter Organanlagen mit wahrscheinlich »glandular or sensory fonetions« vorhanden ist, von denen ein Paar die Lateralorgane (dorsal organs) liefert, während der Verbleib der übrigen Anlagen noch unklar ist. Den Skorpionen, deren Embryonalentwicklung manche Eigenthüm- lichkeiten aufweist (z. B. Embryonalhüllen), fehlen die Lateralorgane. Immerhin sind von Parren® und Brauer’ bei diesen Thieren eigen- artige segmentale Ektodermverdickungen gefunden, die vorübergehen(l an der Basis der Gliedmaassenanlagen erscheinen und die vielleicht als Rudimente der erwähnten segmentalen Organe von Limulus auf- gefasst werden können. x Die Pedipalpen zeigen in ihrer embryonalen Entwicklung sehr viele Übereinstimmungen mit den Solifugen. Es darf daher nicht über- raschen, dass wir bei beiden Gruppen die Lateralorgane in ganz ähn- licher Gestaltung antreffen. Die Existenz von Lateralorganen bei Phryy- nus und Telyphonus ist aus einer vorläufigen Mittheilung von STRUBELL’ ! Warase, S. On the Structure and Development of the Eyes of Limulus. Joun Horxıns’ Cire. VIII. 1889. ® Kıncstey, J.S. The embryology of Limulus. Journ. of Morphology vol.7. 1892. > Parren, W. On the origin of Vertebrates from Arachnids. Quart. Journ. Mier. Sc. 31.Bd. 1890. * Braver, A. Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte des Skorpions. 1. Aa. ° SrrugeLL, A. Zur Entwicklungsgeschichte der Pedipalpen. Zool. Anzeiger, 15. Jahrg. 1892. 292 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. ersichtlich. Wenn auch eingehendere Beschreibungen noch fehlen, so ist es doch klar, dass bei den Pedipalpen embryonale Anhänge vor- kommen, die den Lateralorganen der Solifugen homolog sind. Hierfür spricht die übereinstimmende Lage am zweiten Beinsegment sowie der Umstand, dass sie am Ende der Entwicklung wieder zu Grunde gehen. Bei den Pedipalpen sollen aber diese Organe einen drüsigen Bau be- sitzen. Soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, sind die Lateralorgane von Limulus und den Pedipalpen die einzigen Gebilde, die sich mit denen der Solifugen mit genügender Sicherheit homologisiren lassen. Allerdings wurden von Fausser' die von ihm entdeckten embryonalen paarigen Drüsen der Phalangiden ebenfalls zur Kategorie der Seiten- organe hinzugerechnet. Es handelt sich in diesem Falle um ein Drüsen- paar, das erst in sehr späten Stadien des Embryonallebens, wenn das Ektoderm bereits aus kleinen Zellen besteht, neben den sich be- reits pigmentirenden Augen zur Anlage kommt. Das weitere Schicksal dieser Drüsen (»Seitenorgane«) ist unaufgeklärt geblieben. Wenn sie auch nach den Angaben des genannten Forschers den älteren Phalan- giden fehlen, so kann ich es auf Grund der gegebenen Darstellung doch nicht für wahrscheinlich halten, dass diese Drüsen lediglich für das Embryonalleben bestimmt sein sollen, sondern vermuthe, dass sie auch noch wenigstens während der ersten Stadien der metembryonalen Entwicklung funetionsfähig sein werden. Jedenfalls unterscheiden sich die in Rede stehenden Drüsen durch ihr Auftreten in späten Em- bryonalstadien in charakteristischer Weise von den Seitenorganen aller übrigen Arthropoden, die zur Zeit des Umrollungsprocesses bereits das Maximum ihrer Entwicklung erreicht zu haben pflegen. Wenn man die eben besprochenen Drüsen der Phalangiden von der Betrachtung ausschliesst, wie das meiner Überzeugung nach noth- wendig ist, so zeigen sich also bei gewissen primitiven Arachnoiden- formen (Solifugen. Pedipalpen) und ebenso bei den Gigantostraken über- einstimmende Lateralorgane, die in frühen Stadien schon beim Keim- streifen auftreten und während der Entwicklung des Embryos allem Anschein nach eine bestimmte Funetion haben. Es ist wahrscheinlich, dass diese Organe ursprünglich in grösserer Zahl und segmentaler An- ordnung vorhanden sind. Bei Arachnoiden und Gigantostraken sind somit übereinstimmende embryonale Organe nachgewiesen, und ihre Existenz kann neben anderen Thatsachen als ein weiterer Beweis dafür angesehen werden, dass beide ! &aycenp, B. Jmıoabı 10 neTopinm paspıyia 1 auaTomin NaykoBb-EBHOKROCHeBT (Phalangüdae). St. Petersburg 18gr. FED. = R. Heyuons: Lateralorgane der Solifugen. 293 Thierabtheilungen zu einer gemeinsamen Arthropodengruppe gehören und sie daher im System auch vereinigt werden können. Ich habe für diese Artlıropodengruppe seiner Zeit' den Namen Chelicerata vor- geschlagen. Bei den Crustaceenembryonen ist das Vorkommen von Seiten- organen keine Seltenheit. Es ist aber ein wesentlich anderes Bild, das uns hier entgegentritt. Während die Lateralorgane von Galeodes bestimmt im embryonalen Bereiche des Eies entstehen, so entwickeln sich die Seitenorgane der Crustaceen nach Nussaum” stets im blasto- dermalen Bezirk. Während die Seitenorgane von Galeodes und ebenso allem Anschein nach auch diejenigen der anderen Cheliceraten in keinerlei Beziehung zum Dotter treten, so bestehen die Seitenorgane der Crustaceen aus »Vitelloeyten«, indem sie genau wie das Dorsal- organ nur Theile des Blastoderms sind, die während der Entwickelung des Embryos eliminirt werden müssen, indem sie zumeist in den Dotter einsinken, wo sie zu Grunde gehen. Auch in der Lage ist ein strenger Vergleich zwischen den Late- ralorganen der Crustaceen einerseits und denjenigen der Arachnoiden und Gigantostraken andererseits nicht durchzuführen, ich halte es des- halb bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse nicht für möglich, die Seitenorgane der Cheliceraten und Teleioceraten! (Crustaceen) für gleichartige Gebilde anzusehen. Selbst wenn aber, was sich vorläufig nicht entscheiden lässt, wirklich eine gemeinsame Grundform existirt haben sollte, so ist es doch nicht zu verkennen, dass diese Organe bei den genannten beiden Gruppen eine durchaus andere Form und andere Bedeutung angenommen haben. Bei den ateloceraten Arthropoden (Myriopoda und Insecta) sind Seitenorgane” nicht aufgefunden worden. Hieraus ist ersichtlich, dass die Seitenorgane bei den drei Haupt- abtheilungen der Arthropoden, soweit sie überhaupt vorkommen, sich recht verschiedenartig verhalten, ein Umstand, der um so bemerkens- werther ist, als bei Embryonen der Cheliceraten, Teleioceraten und ! Heynmons, R. Die Entwieklungsgeschichte der Skolopender. Zoologica. 33- Heft. 1901. ® Nussaum und Scureiger. Beiträge zur Kenntniss der sogenannten Rücken- organe der Crustaceenembryonen. Biolog. Centralbl. 18. Bd. 1898. ® Der von mir nachgewiesene Ursprung der Lateralorgane im Bereiche des Keimstreifens, sowie die muthmassliche primäre segmentale nordnehe dieser Organe bei den Cheliceraten kann vielleicht einen Vergleich mit den am ersten Abdominal- segmente bei gewissen Inseetenembryonen vorhandenen paarigen drüsigen Anhängen (sogenannten Pleuropoda) nicht als ganz ausgeschlossen erscheinen lassen, doch halte ich es wegen des Fehlens aller weiteren Anhaltspunkte für zwecklos hierauf näher einzugehen. 294 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Ateloceraten im Prineip vollkommen übereinstimmende und zweifellos auch homologe blastodermale Dorsalorgane beobachtet worden sind. Es ist nach diesen Erörterungen wohl nicht schwer, die oben berührte Frage zu beantworten, ob das Vorhandensein der flügelför- migen Lateralorgane bei den Solifugen auf eine verwandtschaftliche Beziehung dieser Thiere zu den Inseeten hindeutet oder nicht. Da die flügelförmigen Organe der Solifugen aus den embryonalen Seitenplatten hervorgehen, mithin in einem embryonalen Bezirke ent- stehen, dessen Aequivalent bei den Insecten im weitern Entwicklungs- verlauf die Dorsalplatten und also indireet auch die Flügel entstehen lässt, so kann dieser Befund vielleicht im ersten Augenblick als ein neues Criterium erscheinen, das zu Gunsten der Flügelnatur der Seiten- organe spricht. Ich bin jedoch der Meinung, dass diese Folgerung jeder weiteren Begründung entbehrt. Niemals entstehen die Flügel der Inseeten im Keimstreifenstadium, nie entwickeln sie sieh überhaupt vor vollständiger Fertigstellung der thorakalen Dorsalplatten, und das Gleiche gilt natürlich auch für die vorspringenden thorakalen Seitenwände der Tergite bei den Termiten. Es handelt sich also bei den Flügelbildungen der Insecten um typische metembryonale Organe, bei den flügelförmigen Organen der Solifugen dagegen um ausgesprochene embryonale Organe. Würden die letzte- ren Rudimente der ersteren darstellen, so würden wenigstens auch die benachbarten Muskeln, Tracheen oder Nerven irgend eine Beziehung zu diesen Organen erkennen lassen müssen, was aber nicht der Fall ist. Endlich sei noch auf die Differenz in der segmentalen Anordnung hingewiesen. Das die flügelförmigen Anhänge der Solifugen tragende zweite Beinsegment ist nach meinem Dafürhalten dem ersten Maxillar- segment der Insecten homolog, an dem bekanntlich flügelähnliche Bildungen noch nicht beobachtet worden sind. Wie ich oben erklärt habe, gehören die flügelförmigen Anhänge der Solifugen vollständig zur Kategorie der embryonalen Lateralorgane, die in ganz ähnlicher Weise auch bei einigen anderen Vertretern der Cheliceraten vorkommen. Anstatt auf eine Verwandtschaftsbeziehung zu den Insecten hinzudeuten, ist also das Auftreten der flügelförmigen Lateralorgane bei den Solifugen ein Zeichen ihrer Arachnoidennatur, für welche, wie ich an anderer Stelle zu zeigen gedenke, auch der gesammte übrige Verlauf der Embryonalentwicklung spricht. RT - 295 Neue Bestimmung des geographischen Längen- unterschiedes Potsdam-Greenwich. Von Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Tu. ALBrecHr, Abtheilungsvorsteher im Königlichen Geodätischen Institut. (Vorgelest von Hrn. Herverr.) In Sommer 1903 wurde vom Geodätischen Institut die Bestimmung les geographischen Längenunterschiedes Potsdam — Greenwich in der Absicht vorgenommen, einen sichern Anschluss des mitteleuropäischen Längennetzes an Greenwich als dem Ausgangspunkt für die Zählung der geographischen Längen zu erlangen. Ein solcher war insofern noch nicht vorhanden, als die im Jahre 1895 von englischer Seite ausgeführte Längenbestimmung Green wich— Potsdam in Verbindung mit dem 1891 vom Geodätischen Institut bestimmten Längenunterschied Potsdam—Berlin und dem 1876 aus einer Cooperation der Berliner Sternwarte mit den österreichischen Län- genbestimmungsarbeiten hervorgegangenen Längenunterschied Berlin — Greenwich einen Schlussfehler von 0°225 aufweist. Ebensowenig konnte die Verbindung über Paris wegen der schon Jahrzehnte lang bestehen- den Unsicherheit in der Annahme des Längenunterschiedes Paris— Greenwich befriedigen. Die Beobachtung erfolgte unter Anwendung des Rersorn’schen Registrirmikrometers mit Umlegung inmitten jedes Sterndurchganges. wobei streng an der Bedingung festgehalten wurde, in beiden Kreis- lagen an genau denselben Stellen der Schraube zu beobachten. An jedem Abend wurden drei vollständige Zeitbestimmungen (aus je 6 —7 Zenithsternen und ı Polstern in oberer oder unterer Culmination be- stehend) beobachtet, welche vier von einander unabhängige Signal- wechsel symmetrisch einschlossen. Auch war das Beobachtungspro- gramm so gewählt, dass eine möglichst weitgehende Elimination der Unsicherheiten in den Annahmen der Rectascensionen der Sterne ein- trat. In der Mitte der Längenbestimmung fand ein Wechsel der Be- obachter und der Instrumente statt. 296 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Zur Ausführung der Signalwechsel auf elektromagnetischem Wege war dem Geodätischen Institut seitens der deutschen und der engli- schen Telegraphen-Verwaltung ein Telegraphendraht Potsdam-Berlin— Emden-Bacton-London-Greenwich zur Verfügung gestellt worden. Derselbe bestand aus einer 522"" langen, vorwiegend aus Bronzedraht bestehenden oberirdischen Strecke auf deutschem Gebiete, einem 425"" langen submarinen Kabel und einem 235" langen, aus Kupfer- draht bestehenden Theile auf enelischem Territorium. Die beiden oberirdischen Strecken waren daher, abgesehen von der Verschieden- heit des Leitungsmaterials, überdiess noch von ungleicher Länge, so dass zu befürchten stand, dass aus dieser Unsymmetrie eine Beein- trächtigung der Sicherheit des Endresultates hervorgehen könnte. Um diesem Bedenken von vorn herein zu begegnen, erklärte sich die englische Telegraphen-Verwaltung bereit, durch weitere Einschal- tung einer 334" langen Schleife London-Bedford-Leicester-Dunstable— London die englische Landlinie auf nahezu das gleiche Maass zu bringen wie die deutsche und damit die Lage des Kabels thatsäch- lich zu einer symmetrischen zu gestalten. Beim gewöhnlichen Telegraphenbetriebe sind an den Übergangs- stellen von der oberirdischen Leitung zum submarinen Kabel, d.i. in Emden und Bacton, Translatoren im Gebrauch. Da man aber bei Längenbestimmungen nur mit direeten Leitungen operiren darf, wenn man sich nicht der Gefahr aussetzen will. durch Einschaltung un- controlirbarer Zwischenapparate die Sicherheit des Endresultates zu gefährden, sind diese Translatoren während der Dauer der Beobach- tungen ausgeschaltet worden. Um aber bei dieser Gelegenheit auch gleich mit festzustellen, welchen Einfluss die Translatoren auf das Resultat des Signalaustausches ausüben, ist nach Schluss der Beob- achtungen jedes Mal auch noch ein Signalwechsel unter Einschaltung der Translatoren ausgeführt worden. Alle Signalwechsel sind unter strengem Ausgleich der Strom- stärken genau dem Verfahren gemäss ausgeführt, welches schon bei zahlreichen Längenbestimmungen des Geodätischen Instituts in An- wendung gekommen war und sich nach jeder Richtung hin bewährt hatte. Die Stromzeit hat sich aus den Signalwechseln bei direeter Schal- tung für die 1091“ lange oberirdische Leitung und das 425"” lange Kabel zu +0!141 ergeben, während aus den Signalwechseln nach Schluss der Beobachtungen, bei denen die Translatoren eingeschaltet, aber die 334°” lange Schleife innerhalb der englischen Landleitung aus- geschaltet war, der Betrag +0°079 hervorgegangen ist. Durch die doppelte Übertragung war zwar zunächst ein Zeitverlust bedingt, der- Ta. Argrecmr: Längenbestimmung Potsdam — Greenwich. 297 selbe wird aber nach Ausweis der obigen Zahlen reichlich aufgewogen durch die beschleunigte Signalübermittlung innerhalb des Kabels, welche unter der Wirkung der Übertragungssysteme erzielt wird. Die Uhrdifferenz, auf welche es bei den Längenbestimmungen in erster Linie ankommt, findet sich aus den Signalwechseln mit Translatoren im Mittel der 24 Beobachtungsabende um o0!o12 grösser, als aus den Signalwechseln bei direeter Schaltung. Da aber bei den Längenbestimmungen der Einfluss der Stromzeit auf die Uhrdifferenz nur dann eliminirt wird, wenn dieselbe in beiden Stromrichtungen einen völlig gleichen Betrag aufweist, diese Bedingung aber bei der direeten Schaltung in ungleich höherm Maasse gewährleistet ist als im Fall der Übertragung, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass nur die aus dem Signalaustausch bei direeter Schaltung hervor- gegangenen Uhrdifferenzen der Längenbestimmung zu Grunde gelegt werden dürfen. Die gegenseitige Übereinstimmung der vier Signalwechsel eines jeden Beobachtungsabends ist insofern eine ausserordentlich befriedigende, als sich der mittlere zufällige Fehler der aus einem Signalwechsel hervor- gegangenen Uhrdifferenz aus den Abweichungen der je vier Werthe unter einander zu &0.002 ergeben hat und daher der mittlere Fehler eines aus je vier solchen Werthen bestehenden Abendresultates nur # 0.001 beträgt. In Betreff der Linienbatterien war insofern eine Ungleichheit zwischen Potsdam und Greenwich vorhanden, als die Batterie in Pots- dam aus 164 Meidinger-Elementen vom Typus der Reichs-Telegraphen- Verwaltung, diejenige in Greenwich aus 88 Bichromat-Elementen von der Art bestand, wie solche in der englischen Telegraphen -Verwaltung Verwendung finden. Die letzteren Elemente besitzen eine doppelt so grosse elektro- motorische Kraft als die Meidinger-Elemente, so dass also die Stärke der Batterien einander gegenseitig nahezu entsprach. Dagegen pflegt der innere Widerstand der Bichromat-Elemente erheblich hinter dem- jenigen der Meidinger-Elemente zurückzubleiben, und etwa von der Ordnung zu sein, wie derjenige der Accumulatoren sowie der neuerdings von der Firma Sırvnens & Harske in den Handel gebrachten Beutel- Elemente. | Um zu prüfen, ob aus einer Verschiedenheit des innern Wider- standes eine Beeinflussung der Resultate hervorgehen kann, wurden in den Tagen vom 4. bis ı 1. Juli Versuche über den Einfluss der Qualität der Elemente in der Weise ausgeführt, dass bei einer fortlaufenden Reihe von Signalwechseln die Meidinger-Batterie in Potsdam zeitweilig zunächst durch eine Batterie von 94 und dann durch eine solche von 298 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. 63 Beutel-Elementen ersetzt wurde. Die Batterie von 94 Beutel-Ele- menten wies eine wesentlich grössere Stromstärke auf als die Batterie von 164 Meidinger-Elementen, während die Batterie von 63 Beutel- Elementen nur wenig schwächer war als die Meidinger-Batterie. Diese Versuche führten zu dem Resultat, dass die Batterie von 63 Beutel- Elementen innerhalb der Grenzen einer Tausendstel-Seeunde dieselben Uhrdifferenzen ergab wie die nahezu äquivalente Meidinger- Batterie, während aus den Signalwechseln mit der wesentlich stärkeren Batterie von 94 Beutel-Elementen ein um 0:005 grösserer Werth der Uhrdiffe- renz hervorgieng. Hierdurch war der Beweis geliefert, dass trotz des in der Lei- tung befindlichen Kabels keine Beeinträchtigung der Sicherheit des Endresultates zu erwarten war. Es trat aber ausserdem noch ein Um- stand hinzu, welcher geeignet war, in dieser Beziehung jeden Zweifel zu beseitigen. Im Lauf der Arbeiten stellte sich nämlich heraus, dass die in Greenwich verwendeten Bichromat-Elemente in Folge einer geeigneten Wahl der Bichromat-Paste einen wesentlich grössern innern Widerstand besitzen, als diess sonst bei Biehromat-Elementen der Fall zu sein pflegt. Hr. Wanacn hat während seiner Anwesenheit in Green- wich Messungen ausgeführt, welehe ergaben, dass der innere Wider- stand der betreffenden Elemente 6.4 Ohm gegenüber einem solchen von 7.5 Ohm der Meidinger-Elemente beträgt, und dass daher in Wirklich- keit ein prineipieller Unterschied der beiden Elementen-Gattungen nicht besteht. Endlich wurden noch Versuchsreihen zur Entscheidung der Frage angestellt, ob die Wahl der Batteriepole einen Einfluss auf die resul- tirende Uhrdifferenz ausübt. Da nämlich bei den Längenbestimmungen des Geodätischen Instituts die Umkehr in der Stromriehtung beim Übergang vom Geben zum Empfangen der Signale dadurch umgangen wird, dass man an den beiden Endstationen die entgegengesetzten Pole der Linienbatterie mit der Leitung in Verbindung setzt, so war es von Wichtigkeit, experimentell den Nachweis zu liefern, dass die Wahl der Batteriepole willkürlich vorgenommen werden darf. Zu diesem Zwecke wurden am ı1. und 18. Juni ausser den vier Signalwechseln in der normalen Stromrichtung (in Potsdam der Kupferpol und in Green- wich der Zinkpol in Verbindung mit der Leitung) weitere vier mit um- gekehrten Polen ausgeführt. welche das Resultat ergeben haben, dass ungeachtet des in der Leitung befindlichen submarinen Kabels die aus den beiden Arten der Signalwechsel hervorgegangenen Uhrdifferenzen vollkommen mit einander übereinstimmen. Die Längenbestimmung hat die nachstehenden Tagesresultate ergeben: EBENE Mn 0 4 Ta. Argrecur: Längenbestimmung Potsdam — Greenwich. 299 1903 EEE Abweichung Gesicht ifferenz vom Mittel Wanach in Potsdam, Aregreeut in Greenwich Mai 7 52”"16.017 —0:034 1.00 13 16.079 +0.028 0.63 18 16.058 +0.007 0.83 19 16.035 —0.016 0.59 20 16.067 +0.016 0.80 2I 16.054 +0.003 0.56 23 16.110 +0.059 0.88 24 16.017 —0.034 1.00 25 16.048 —0.003 0.83 28 16.023 —0.028 0.84 29 16.053 +0.002 0.88 30 16.067 +0.016 0.47 31 16.057 +-0.006 1.00 ALgrEcHT in Potsdaın, Wanacn in Greenwich Juni 20 52"16.064 +0:013 0.58 22 16.052 +0.001 0.51 24 16.046 —0.005 0.32 26 16.042 —0.009 0.97 27 16.055 +0.004 0.97 28 16.062 +0.011 0.77 30 16.032 —0.019 0.97 Juli 2 16.069 +0.018 1.00 9 16.078 +0.027 0.97 10 16.039 —0.012 1.00 II 16.030 —0.021 0.88 Der mittlere Fehler eines vollen Tagesresultates vom Gewicht ı beträgt 0.021 und die Summe der persönlichen und der instrumen- tellen Gleichung: ALBRECHT, Instr. II — Wanacn, Instr.II = 0:000 #0:005 (mittl. F.). Als Endresultat der Längenbestimmung Potsdam-Greenwich ist der Werth anzusehen: Transit Cirele der Sternwarte in Greenwich westlich vom öst- lichen Meridianhaus des Geodätischen Instituts in Potsdam: mittlerer Fehler: =0:005 wahrsch. » 0.003 52" 16.051 Gewicht: 19.30 24 Abende. Dieses Resultat ergibt, verglichen mit dem Ergebniss der im Jahre 1895 von englischer Seite ausgeführten Längenbestimmung Green- wich-Potsdam, eine Verbesserung jenes Werthes von +0.098. Da ferner der Längenunterschied Potsdam —Berlin im Jahre 1591 durch zwei unabhängige Längenbestimmungen des Geodätischen In- stituts zu 1"18:721 ermittelt worden war, entspricht der obige Werth einem Längenunterschied Berlin—Greenwich von: AD! s 33 34-772. 300 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 11. Februar 1904. Die im Jahre 1876 ausgeführte Längenbestimmung Berlin-Green- wich würde hiernach um —0.127 zu corrigiren sein und es läge somit nahezu eine Compensation der für die Längenbestimmungen in den Jahren ı876 und 1895 abgeleiteten Verbesserungen vor. Verbindet man den obigen Längenunterschied Berlin— Greenwich mit dem Endresultat der im Jahre 1877 vom Geodätischen Institut ausgeführten Längenbestimmung Berlin-Paris: 44”13:860, so würde sich für den Längenunterschied zwischen Paris und Greenwich der Werth 9" 20.912 ergeben, welcher sich auf 9”20:882 redueirt, wenn man an Stelle des direet beobachteten Längenunterschiedes Berlin— Paris den Betrag 44"13.3890 einführt, welcher aus der Ausgleichung des europäischen Längennetzes von Prof. van DE SanpE BAarHuyzen (Genfer Verhandlun- gen der Permanenten Commission der Internationalen Erdmessung im Jahre 1893. sowie Astronomische Nachrichten Nr. 3202) entnommen werden kann. Dieser Werth ist in befriedigender Übereinstimmung mit dem Werth 9” 20.887, welehen man erhält, wenn man die beiden niederländischen Bestim- mungen: Leiden—Greenwich = 17" 56:100 und Leiden— Paris = 8”35:.213 mit einander combinirt. Dass dem oben abgeleiteten Resultat für den Längenunterschied Potsdam — Greenwich in der That ein hoher Grad der Zuverlässigkeit innewohnt, kann ausser aus den einzelnen Ergebnissen auch aus der guten Übereinstimmung der Resultate der im Jahre 1902 sowohl von deutscher, als auch von russischer Seite ausgeführten Längenbestimmung Potsdam-Pulkowa gefolgert werden. Diese Längenbestimmungen wur- den streng nach dem Verfahren des Geodätischen Instituts, zwar nahezu gleichzeitig, im übrigen aber völlig unabhängig von einander aus- geführt. Sie haben trotz der Schwierigkeiten des Signalwechsels auf der 1696“ langen und recht unvollkommen isolirten Leitung eine Übereinstimmung der beiderseitigen Resultate innerhalb der Grenze von 0.011 ergeben; man wird daher auch in dem Resultat der Längenbe- stimmung Potsdam-Greenwich die Hundertstel-Secunde als nahezu verbürgt ansehen können. . h 301 Über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo. Von J. BERNnsTEIN und A. TscHEerRMAK in Halle. (Vorgelegt von Hrn. Eneermann am 21. Januar [s. oben S. 113].) De bisherigen physiologischen Untersuchungen über das elektrische Organ der Fische sind darauf gerichtet gewesen, die Stärke, Kraft, Richtung und Dauer des Schlages festzustellen. Es ist gefunden wor- den, dass die Entladungen aus einzelnen Schlägen von kurzer Dauer bestehen, welche immer in derselben Richtung verlaufen. Die in den Säulen des Organs hinter einander geschichteten Elemente nehmen beim Schlage an derjenigen Seite, an welcher die Nervenfaser eintritt, nega- tive Spannung an. Einen Aufschluss über die Ursache der in diesen Elementen entstehenden Potentialdifferenzen vermochten die bisherigen Untersuchungen indess nicht zu geben. Die neueren thermodynamischen Untersuchungen und Theorien über elektrische Ketten von von HerLmnuortz, Braun, Jaun und Anderen lassen nun die Möglichkeit zu, auch das elektrische Organ in dersel- ben Richtung zu prüfen. Man kann die elektrischen Ketten in zwei Gruppen theilen, in solche, welche exotherm arbeiten und sich bei der Arbeit erwärmen, und in solche, welehe endotherm arbeiten und sich bei der Arbeit abkühlen. Die Kraft der ersteren sinkt, die der letzteren steigt mit zunehmender Temperatur. Die galvani- schen Ketten, welche sich erwärmen, verwandeln einen Theil der che- mischen Wärme in Stromarbeit, diejenigen, deren Temperatur constant bleibt, die ganze chemische Wärme, und diejenigen, welche sich ab- kühlen, setzen Wärme ihrer Substanz und ihrer Umgebung in Strom- arbeit um. Zu der letzteren Art der Ketten gehören auch die von von Heımnortz erfundenen Concentrationsketten, in denen nicht chemische, sondern osmotische Kräfte arbeiten. Setzt man eine Kette in ein Calorimeter und führt den Strom der- selben durch eine Leitung nach aussen, während man die Kette durch Zufuhr oder Ableitung von Wärme bei constanter Temperatur erhält, so besteht zwischen der chemischen Wärme der Kette Q, der an das Sitzungsberichte 1904. 24 302 Sitzung der phys.-math. Classe v. 11. Febr. 1904. — Mittheilung v. 21. Jan. Calorimeter abgegebenen oder aus ihm bezogenen Wärme C und der in dem äussern Leiter erzeugten Stromwärme $, folgende Beziehung. Es ist: Qa=C+S,.. (1) Ist © positiv, d. h. wird Wärme vom Calorimeter aufgenommen, so ist Q>S,; ist C=0, so wird die ganze chemische Wärme in Stromarbeit umgesetzt; ist aber C negativ, d. h. wird Wärme dem Ca- lorimeter entzogen, so ist Q R= 206.8 (). Derrez- Galvanometer ohne Vorschaltwiderstand (Spule = ı50 0). ıofache Eisen - Constantan - Thermo- säule, sehr stark gefirnisst, zwischen den Organen. Empfindlichkeit e = 0?0003132 C. auf ı Sealentheil. Exotherme Kette Endotherme Kette 2 er Cal. | +0.0006 Reiz. schnelle Abl. TSQTE also Strom- Luft- zweig des therm. Schlages 2.14 49 +2 Isolation ebenso schnell 3.| 4 51 Luft- thernı. Die Ablenkungen A; und Aa könnten beide durch die Stromschleife +3 verdeckt worden sein. Versuech"2. Grosse Torp. marmorata. Beide Organe = 200%5. Widerstand B>R= 220.9 ). Dasselbe Galvanometer. Heıpennarn’sche Thermosäule (15 Wismuth- Antimon-Glieder) mit Guttapercha- papier überzogen. e = 0°0001107 C. Exotherme Kette Endotherme Kette - = men onen RRDETNTE d; bel .|4°59=| Wanderung. .5 +0.000184 | —0.00023 | —2.07 | Luft- vor d. Reiz. | therm. 10 Se,—ı2° Reiz. nach d. Reiz. DIL. 10Se.-10°-15 vor d. Reiz. Isolation 10 Se.—28° Reiz. nach d. Reiz. IX Kurz- schluss Werthe in Sealentheilen: Endotherme Kette: ı. u =C;+& , Cı=o, Ur=+2.07; 8. würde durch U ge- rade gedeckt worden sein. 2. und 3. U» und U; sind o wegen Abnahme des Schlages. Stimmt! Exotherme Kette: 1. Qr+Ur = Cı+8,, Cı=o; wenn Q=S;+S, ist (Dasıert), so hat man: (dı+U:r = 2.07, (dı = 1.66+2.07 = 3.73 und Ik = —1.66. Stimmt nicht! J. Bernstein u. A. Tscuervax: Thermisches Verhalten des elektr. Organs. 309 Versuch 3. Mittelgrosse Torp. marmorata. Beide Organe = 96g8r. Widerstand = ı88 NM. Panzergalvanometer. Heıpennars’sche Säule mit Gummimembran. e= 0°000088428 (. 2 Exotherme Kette Endotherme Kette Sets; | —— are Bem. Ö: Ar 0. Aa L.Th. mm er Cal. 1.| 4°45”] Wandertmp. Luft- 10 Se.—ı2° therm. Reiz. +10.06| —0.001301 | —14.72] 10x 1° 2. 27 Se.—20° Isolation bleibt stehen Reiz. 10x1° 3. 0.02601| 0.01778] 0.04379] +0.0002127 | +2.4 | —0.0003918 —4.43 | Luft- therm. Reiz. 10x 1° 4. 11 Sc.—20° Luft- I2 » —20° therm. [6) 9 10.02128] 0.01455|0.03583| +0.0001741 | -+2.0 | —0.0002546 | —2.9 Reiz. ebenso 10x 1° Endotherme Kette: ı. H=Ci+& =3+14.72= 17.72. 2. ”=(2= 5-10, also +. + Ih 0348, = —344.43 = 1.43. 4. U, = (+8, =0+29= 29. Stimmt! U hat anfangs stark abgenonmen, zuletzt etwas zugenommen. Exotherme Kette: ı. +", =C:+$., = 17.73, ı = Si, +, = 10.064 14.72 = 24.78, es ist aber Qı+Ur nur 17.725; Cr = Si, +U: = 10.06+U:= +3, also U=—7.06. Stimmt nicht! 3. +3, = C3+Sr, =—3+4443=143; Q3 = Si, + Se, = 2.4+4.43 = 6.83, während Q+Q, = 1.43 it. G=S, +9 =24+09, = —3, also = —0.6! 4. (y=Si,+U, = 2.0+ U, =o, also U=—-2.0! Q,=S,+%, = 2.0+2.9=4.9, während Q,+U, = (4+S., = 2.9 ist. Stimmt nicht! trische Organe sich nur in wärmeren Klimaten entwickeln konnten und wir den Fisch mit stärkstem Organ, den Zitteraal, in den Tropen vorfinden. Im ganzen schliesst sich das elektrische Organ in seinem ther- mischen Verhalten mehr dem Nervengewebe als dem Muskelgewebe an, da in ersterm bisher eine Temperaturänderung bei der Reizung noch nicht econstatirt werden konnte. DiesesV erhalten spricht auch für die Ansicht, dass die Elemente des elektrischen Organs als eigenthümlich entwickelte Nervenendapparate anzusehen sind, in denen sich die spe- eifische Muskelsubstanz der embryonalen Zellen zurückgebildet hat. Wir haben noch einen zweiten Weg beschritten, um zu ent- scheiden, ob das elektrische Organ zu den exothermen oder endo- thermen Ketten gehört. Derselbe besteht darin, den Temperatur- coefficienten der Kraft beim Schlage zu ermitteln. Wie oben bemerkt, zeigen die endothermen Ketten einen positiven, die exothermen einen negativen Temperaturcoefficienten. Die Organe wurden mit unpolarisir- baren Zinkplatten versehen in ein grösseres Oelbad eingesenkt und 310 Sitzung der phys.-math. Classe v. 11. Febr. 1904. — Mittheilung v. 21. Jan. Versuch 4. Übermittelgrosse Torp. marmorata. Beide Organe = 1098's. Widerstand =258.5 Q. Panzer- galvanometer. Heıpexmarn’sche Säule. e= 0°000088428 C. = f Exotherme Kette Endotherme Kette Zeit A L.Th| 8. Se | Be B; | 4a er Cal. i 4: | ınm er Cal. er Cal. 14.0 |0.02249| 0.02185| 0.04434| +0.000229 | +2.6 | —0.0002358 | —2.7 0.01250|0.02537|] +0.0001311 | +1.5 —0.0001349 , —1.5 Endotherme Kette: 1. ı =Cı=+3. 2. =G+8, =6+27=837. 3. 9=(; =+5. 4. ,=(,+8,=3.5+15=+5. Stimmt, abgesehen davon, dass Ü1<? in ihrer Entwicklung aus sich die höchsten geistigen Leistungen. So wird in diesem ea de Dirruey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 2 System die Psychologie zum Mittelpunkt des Weltverständnisses, sofern jede Realität nach Analogie der Geister gedacht werden muß, und damit entsteht eine neue Stellung zu dem psychophysischen Problem, welches damals das metaphysische Denken beherrschte und die Anthropologie bestimmte. Die physische Welt ist das Phänomen der geistigen, und der Mensch ist eine Verbindung von Monaden, in welcher diejenige regiert, welche die Trägerin der geistigen Lebensäußerungen ist. Diese war die letzte unter den mög- lichen Stellungen, welche das Denken des 17. Jahrhunderts zum psychophysischen Problem einnehmen konnte. Die Universalität von Leisnız spricht sich dann darin aus, daß er den Versuch unternahm, die Mechanik des Universums mit der Anschauung der in ihm verwirklichten Werte, den gesetzlichen Zusammenhang in einem Ganzen mit dem Selbstwert und der freien Macht einer Person, wie sie nun nach Anerkennung strebte, zu versöhnen. Die mechanischen Prinzipien haben Anwendbarkeit auf die ganze Wirk- lichkeit, und zwar können alle Phänomene der körperlichen Welt mechanisch oder durch Zr 1686. GERH. 8.XIl. Phil. I. 73). Aber in der letzten Analyse der Prinzipien der Physik und Mechanik findet sich, daß man diese Prinzipien nicht durch die bloßen Modifikationen der Aus- dehnung erklären kann: die Natur der Kraft erfordert ein Mehreres (ebenda S. 75). Wie man eine Maschine am besten deutlich macht, wenn man den Zweck aufweist, dem ihre Teile dienen, so wird auch das Wie des Zusammenhanges des physischen Mechanismus deutlicher durch den Rückgang auf den Begriff des Zweckes (Gern. Phil. IV. 339). Hier entspringen die Gedanken, welche noch Kanr bestimmten. Die organische Welt bedarf einen Erklärungsgrund, der die Form und den Zusammenhang des Ganzen begreiflich macht, und die geistige Lebenseinheit fordert darüber hinaus einen Erklä- rungsgrund für die einheitliche Spontaneität ihrer Lebensäußerung. Endlich tloß aus dieser universalen Richtung das Streben, das Universum als einen inneren Zusammen- hang zu erfassen, dessen Glieder stetig ineinander übergehen. So war seine größte philosophische Konzeption die Aufstellung der Prinzipien, welche in allen Gebieten der Wirklichkeit herrschen und diese untereinander zu einem Ganzen verknüpfen. Im besonderen war die Aufstellung des Prinzips der Kontinuität von unermeßlicher Wir- kung bis zu den Zeiten Hrrvers, Goernes und Hrsers. Dieses aus mathematischen Betrachtungen bewiesene Prinzip wird nun in der Form einer metaphysischen Doktrin zum Ausdruck gebracht. Er verlegt den Erklärungsgrund für die Eigenschaften der organischen und der geistigen Lebenseinheit in ein Prinzip der Form. Er vollzielit eine metaphysische Generalisation, nach welcher dieses Prinzip allen letzten Bestan(d- teilen der Wirklichkeit einwohnt, so daß es in jedem derselben eine Fähigkeit unend- licher Entwicklung zur Folge hat. Er verlegt dann die Verbindung dieser Entwicklungs- einheiten in eine ursprüngliche Anordnung, auf Grund deren sie sich ohne physischen Influx aufeinander beziehen zu einem harmonischen Ganzen. Wenn für Descartes das starre Auseinander mechanischer Gesetzlichkeit im Raum und die lebendige Inner- lichkeit des denkenden Geistes getrennte Welten waren, so breitet sich für Leiıenız über das ganze Universum die Abstufung aus, die von dem Unbewußten emporführt zur Helle des Bewußtseins: alles harmonisch zu einer Einheit verbindend durch Ent- wicklung und Kontinuität. Von dem Walten dieses Prinzips der Kontinuität ist er so fest überzeugt, daß er da, wo zwischen Klassen von Wesen Übergänge und Vermittelungen zu fehlen scheinen, ihre Auffindung als sicher voraussagt. Dieser große Gedanke war höchst wirksam, die Evolutionstheorie vorzubereiten, wenn auch Leıenız selber vor ihr Halt machte. Aus den vulkanischen Erscheinungen schließt er auf einen ursprünglichen Zustand unseres Planeten und auf die Gestaltung seiner Oberfläche durch den fort- schreitenden Prozeß ihrer Erkaltung. Er trat ein für die Erkenntnis der Versteine- rungen als der Reste älterer Lebewesen, und so wurden ihm diese zu Zeugnissen der Erdgeschichte. Keine Kluft zwischen einer toten Materie und dem organisierten Körper besteht für ilın: denn dieser ist ihm ein natürlicher Automat, der nur den die Korpuskularphilosophie erklärt werden (Leıwnız an ARNAULD 328 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 11. Februar 1904. künstlichen unendlich überragt, denn er zeigt auch in den nur dem Mikroskop zu- gänglichen Teilen noch feinste Strukturen und Gliederungen. Dieser vorausschauende Geist rüttelt an der starren Systematik des Tier- und Pflanzenreiches; vielleicht daß in irgendeiner Zeit oder an irgendeinem Ort des Universums die Arten der Tiere der Abwandlung mehr unterworfen sind oder waren oder sein werden, als dies gegen- wärtig bei uns der Fall ist. Und von dem Universum selber sagt er: »Erwäge ich alles, so glaube ich, dal in dem Universum die Vollkommenheit beständig zu- nimmt«. Wie eine Pflanze oder ein Tier hat es die Tendenz zu einem Zustand der Reife, aber im Unterschied von diesen erreicht es dieselbe nie, geht aber auch nie zu- rück, altert niemals. Dem entspricht vollständig, daß er die Vorstellung von einem Kreislauf der Dinge verwirft, denn »die Seligkeit verlangt einen beständigen Fortschritt zu immer neuen Freuden und Vollkommenbheiten«. In einem merkwürdigen Fragment (ungedruckt und vielleicht zwischen 1676 und 1686) stellt er ein Axioma perfectionis auf und unternimmt dessen Verträglichkeit mit dem Prinzip der Erhaltung der Kraft nachzuweisen. Im Philosophieren gehe ich davon aus, daß etwas existiert; daher muß es, da nichts ohne Grund ist, einen Grund geben, warum das Etwas eher (potius) existiert als das Nichts. und der Grund muß in der res necessaria liegen. Diese Ursache erwirkt weiter, daß das »Mehr« (plus) eher (potius) als das Weniger (minus) ist, und hieraus geht hervor »mein großes Axiom der Vollkommenheit«: »ut maxima prodeat realitas quae haberi potest«. Rea- lität ist nun zu schätzen nach der Menge, Mamnigfaltigkeit und Ordnung der Dinge. In der Menge ohne die Mannigfaltigkeit wäre darum keine hinreichende Realität, weil diese nicht nur nach der Materie, sondern auch nach den Formen abzuschätzen ist. Und unter mehreren schlechthin Ähnlichen reichte eines aus, damit nicht den übrigen der Platz weggenommen würde. Die Ordnung aber in der Mannigfaltigkeit liefert eine gewisse Einheit in der Vielheit. So bezieht sich alles möglichst aufeinander und ge- schieht mit höchster Vernunft. Es kann hiernach kein Vacuum geben, und da die sprunghafte Veränderung eine Art von Vacuum oder Hiatus wäre, muß die Verän- derung nach dem Gesetz der Kontinuität stattfinden. »Immer dieselbe Quantität von Aktion und Kraft erhält sich, nämlich die größtmögliche«: »aber der Grad der Voll- kommenheit ist nicht immer derselbe: dies darf nicht sein, weil sonst keine Verän- derung stattfinden könnte, da sie nicht einem Zweck zustreben würde; immer also strebt die Welt nach größerer Vollkommenheit und sie lernt immer vollkommener ihren Urheber auszudrücken, indem sie sich entfaltet (evolvendo), »neque involutiones evo- lutionibus aequipollent«. Ein anderes Fragment (ungedruckt) schließt im Einverständnis mit früher Er- wähntem den Kreislauf der Dinge aus, sonach die regierende Anschauung des Alter- tums. »Viele Ansichten vom Weltganzen lassen sich durch die Betrachtung des Welt- besten widerlegen, wie wenn jemand behauptet, daß in der Welt immer dasselbe bleibt, nur mit dem Unterschiede, daß, was für jetzt hier aufhört, anderswo entstehe, oder wenn jemand wenigstens irgendeine begrenzte Periode annimmt, nach welcher alles Frühere in seiner früheren Ordnung wiederkehrt. Daß dies falsch sei, erweist sich daraus, daß Gott auf diese Weise keinen Zweck in seinem Schaffen haben würde; denn wozu findet eine Veränderung derart statt, daß alles wie vorher wäre? usw. Eine Anschauung von unermeßlicher Tragweite! Sie sollte Naturanschauung, Anthropologie und Geisteswissenschaften umgestalten. Sie sollte insbesondere einen ganz neuen Zusammenhang zwischen den beiden letzteren erzeugen; indem sie das Prinzip der Entwicklung in der Anthropologie zur Geltung brachte, ermöglichte sie hierdurch das geschichtliche Bewußtsein innerhalb der Geisteswissenschaften. Ein zweites Moment von der größten Bedeutung wirkte aus der Metaphysik von Leisnız in seine Anthropologie — das Prinzip der Individualität. Fassen wir zu- nächst seinen historischen Ursprung ins Auge. Aus dem Verhältnis der Unterordnung des Besonderen unter das Allgemeine waren die Ideen oder substantialen Formen her- vorgegangen. Indem das 16. Jahrhundert von der Anschauung des Universums und des Verhältnisses vom Ganzen zu den Teilen ausging und den Eigenwert der Mannig- Zu “ Dirrney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 929 faltigkeit in diesen Teilen heraushob, entstand in Nıcoraus von (usa, CARDANO, GIOR- a pano Bruno und anderen das lebendige Gefühl für die Bedeutung der varietas rerum , in dem göttlichen Weltzusammenhang sowie für den Eigenwert des Individuums. Leisnız ist nun auf das tiefste und nachhaltigste von dieser Richtung der Renaissance- philosophie ergriffen. Sie entsprach seinem ganzen Lebensgefühl. Schon 1663 gab er dem in seiner Disputatio de prineipio individui Ausdruck. Hier knüpfte er an scholastische Formeln an. Die mittelalterlich realistische Voraussetzung. daß das uni- versale einen höheren Grad von Realität als das singulare habe, unter der auch Srr- xoza stand, wurde von ihm verneint: das Individuum ist ein ens positivum, das durch ein Negatives nicht konstituiert werden kann: negatio non potest producere aceidentia individualia. Die Konsequenz dieser Lehre ist, daß das Universum selbst ein »singu- lare« ist, welches unter notwendigen Wahrheiten steht, aber in seiner Tatsächlichkeit die Verwirklichung eines bestimmten Falles der in jenen allgemeinen Wahrheiten ent- haltenen Möglichkeiten ist. So weit ist hier Leıenız ganz modern, der großen Inten- tion von GoETHE und SCHOPENHAUER nächstverwandt, und nur die theologischen For- meln, welche die Wahl dieses Falles aus den Möglichkeiten ausdrücken, müssen als die vergängliche Hülle dieser großen neuen Anschauung von der Singularität und In- dividualität des Universums angesehen werden. Nur eine Hülle! Denn der gott- gesetzte Zweck ist ja nach den vorher angegebenen und vielen anderen Stellen zu bestimmen als Individuation, welche die größtmögliche Verwirklichung aller Formen und Stufen individualen Daseins enthält: Gedanken, welche den höchsten Ertrag der Renaissance, ihre Bejahung des Lebens und ihre varietas rerum darstellen. Bei Leisxız selber aber lag die neue Weltanschauung noch m den Banden der metaphysischen Doktrin. Für ihn ruht die Möglichkeit der Entwickelung und diese selbst nur in den Elementen des Wirklichen — den Monaden; wogegen die Formen der organischen Natur in harter Abgeschlossenheit verharren. Zwischen den Monaden selber besteht kein intluxus physieus. Jede derselben repräsentiert an einem bestimmten Standort das Universum: sie ist eine Substanz, die in sich Gehalt und Regel ihrer Ent- wiekelung trägt. Und die Klassen und Arten, die das Universum enthält, sind nicht verbunden durch eine reale Enwickelung; sondern nur durch eine Stufenfolge der Werte, die der aristotelischen analog ist. So zeigt auch die Psychologie von Leıznız ein Doppelantlitz. Sie ist getragen von den großen Gedanken der Individualität und ihres Eigenwertes, der Entwickelung, welche in der geistigen Lebenseimheit nach einem in ihr liegenden Gesetz die Abfolge ihrer Zustände erzeugt, und des Prinzipes der Kontinuität, und ausgehend von diesen Prinzipien macht sie Epoche im Entwickelungsgang der Psychologie. Und in der Funk- tion der Psychologie für die Geisteswissenschatten findet zugleich ein großer Fortschritt ; statt. Das starre natürliche System wandelt sich so, daß Lerenız die geschichtliche Ri Weltanschauung vorbereitet. Wie nun aber die Lebenseinheit keine Anstöße von außen empfängt, welche neue Inhalte vermitteln, geht die große Beziehung eines struk- turierten Seelenlebens zum Milieu hier verloren, und die Entwickelung fällt in die bloße Form der Aufklärung dessen, was die Lebenseinheit enthält. Wir wenden uns nun zu den näheren Bestimmungen dieser neuen Anthropo- logie. Diese müssen zunächst an den metaphysischen Begriff der Monade angeknüpft werden. Der Mensch ist ein Aggregat von Monaden. Das Verhältnis der herrschenden Monade, welche der Träger der geistigen Lebensäußerung ist, zu denen, welche den Kör- per bilden, und von denen einige beständig aus ihm aus oder in ihn neu eintreten, wird durch den Begriff der prästabilierten Harmonie gedacht. Körper und Seele sind zwei Uhren, die weder durch einen Mechanismus so verbunden sind. daß der Gang der einen den der andern regelt, noch von außen durch das Eingreifen einer Person be- ständig aneinander angepaßt werden: vielmehr ist das Verhältnis so eingerichtet, daß die Vorgänge einander korrespondieren. Der Willensimpuls und die Bewegung des Armes entsprechen einander nur durch diese ursprüngliche Einrichtung. In dieser künstlichen unfruchtbaren Theorie macht sich sogleich die verhängnisvolle Einwirkung des Ausschlusses des physischen Influxus in einem System in sieh geschlossener geisti- 330 Sitzung der philosophisch--historischen Classe vom 11. Februar 1904. ger Einheiten geltend. Die Monade, welche der Träger der Bewußtseinstätigkeiten im Menschen ist, bestimmt nicht die anderen, aus denen der Körper zusammengesetzt ist: sie ist herrschend, weil ihrer Verfassung bei der ursprünglichen Anordnung jene übrigen angepaßt worden sind. Es wird sich zeigen, in welchem Umfang den influxus phy- sieus die logischen Beziehungen zwischen den Teilen des Universums zu reprä- sentieren vermögen. Das Seelenleben ist weiter die Funktion einer Monade. Es ist bestimmt durch deren Eigenschaften. Unter diesen ist die erste, daß sie eine Kraft- einheit ist. Worin immer ihre Handlungen bestehen mögen, so wird sie zu solchen nieht erst durch Übertragung von außen befähigt, sondern besitzt in sich selbst den Grund zu Handlungen. Substanz ist ein der Handlung fähiges Wesen (Erpam. 717). » Wir teilen unserem Geiste eine ihm einwohnende Kraft zu, Handlungen hervorzubringen, die in ihm selbst gegründet sind« (Gern. Phil. IV, 510). Eine solche Krafteinheit, nicht eine Verbindung solcher, ist die menschliche Seele. Leıswız hat jederzeit den herkömmlichen Beweis der idealistischen Philosophie für ihre einheitliche, unräumliche Natur angenommen, nach welchem die Verbindung der Sinneseindrücke zu der Einheit des Objektes oder des Urteiles nur unter dieser Bedingung möglich ist. Diese Krafteinheit wird nun von Leısnız mit einem aristotelischen Ausdruck als Entelechie bezeichnet. Er nennt Entelechie die Monade, sofern sie Autarkie in sich trägt: diese macht sie zur Quelle ihrer inneren Handlung und gleichsam zu einem unkörperlichen Automaten (Erpx. 706. womit Hosees zu vergleichen). Er schließt aber aus dem Begriff der Entelechie jede Annahme eines ruhenden Vermögens aus, er be- dient sich vielmehr des Hossesschen Begriffes vom conatus: sie ist eine Kraft, deren Aktion erfolgen muß, wenn nichts sie hindert (Erpnu. 526). Alle Entelechien oder Monaden müssen nun mit Perzeption begabt sein; dies folgt für Leızsız daraus, dal die Perzeption nichts anderes ist als der Ausdruck der Vielheit in der Einheit (ex- pressio multorum in uno) (Gern. Phil. I. 3ı1). Sind aber die Entelechien von Per- zeption begleitet, so sind sie Seelen (Erpm. 250). Wir müssen alle Monaden als un- teilbar, sonach als unräumliche Einheiten durch eine Nachahmung des Begriffs, den wir von den Seelen haben, verstehen, also nach deren Analogie. Wieder geht er von Hozses aus; auf der niedrigsten Stufe ist die seelische Aktion noch nicht fixiert. da hierzu das Gedächtnis gehört. Perzeption ist der vorübergehende Zustand einer Mo- nade, die in sich schließt und repräsentiert eine Mannigfaltigkeit in der Einheit, d.h. in der einfachen Substanz. Die Perzeption und was von ihr abhängt kann nicht auf- geklärt werden durch Begriffe der Mechanik: denn dies würde heißen durch Figuren und Bewegungen (Erpu. 706). Sie ist die ursprünglichste Tätigkeit der Seele und als solche noch nicht zu deutlicher Merklichkeit gebracht. Ein Geräusch, das wir per- zipieren, aber nicht beachten, wird durch eine kleine Zunahme apperzipierbar. Dies beweist, daß das noch unbeachtete Geräusch eine Veränderung in der Seele bewirkt hat, da sonst eine kleine Vermehrung nicht die Merklichkeit derselben herbeiführen könnte (Erpn. 233). Nach dem Prinzip der Individuation, nach welchem das Weltganze in eine un- endliche Mannigfaltigkeit von Individuen gegliedert ist, muß sich nun die Differenzierung in der Innerlichkeit des einzelnen Individuums fortsetzen. Jede Monade oder Kraft- einheit erzeugt in sich eine Mannigfaltigkeit von Perzeptionen |[Erpu. 706]. Diese unendliche Differenzierung der Perzeptionen aber besteht in der Verschiedenheit ihrer Inhaltlichkeiten. Jede Perzeption repräsentiert nach ihrem Begriffe als Ausdruck der Vielheit in der Einheit ein mannigfaltig gegliedertes Objekt [Gera. Phil. II, 317, Erpn. 706]. So ist die Monade in der bunten und überquellenden Fülle ihrer Per- zeptionen nicht nur eine ganze Welt im kleinen, sondern trägt in ihnen auch zugleich das Bild des ganzen Universums in sich; sie ist gleichsam sein lebendiger Spiegel. Nur spiegeln die Monaden nach dem ihnen immanenten Prinzip der Differenzierung die Welt auf verschiedene Weise. Wie sich etwa ein und dieselbe Stadt dem Beschauer je nach seinem Standpunkt verschieden darstellt [Gera. Phil. IV. 434; Erpn. 184; 187]. Dies schließt aber zugleich ein, daß die Perzeptionen in der Monade nach den Graden ihrer Deutlichkeit unendlich abgestuft sein müssen, und daß es also eine Unzahl un- Diver: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 331 merklicher Vorstellungen in ihr geben muß. Denn die Perzeption, die wir apperzi- pieren, muß selbst wiederum eine Menge von Perzeptionen in sich enthalten, deren Grad von Deutlichkeit so klein ist, daß wir sie nicht apperzipieren können [Erpn. 233. 715]- Damit sind nun im wesentlichen die metaphysischen Grundbegriffe gegeben, inner- halb deren sich jetzt das Leienızens Anthropologie eigentümliche Problem erhebt: wie ist die Entwicklung des menschlichen Seelenlebeus zu denken? II. Der Fortschritt der Anthropologie in diesen Systemen. Der erste gemeinsame Fortschritt dieser Systematiker in der An- thropologie bestand darin, daß der Begriff von Lebenskräften in den organischen Körpern verworfen wurde. Auf dieser neuen Grundlage mechanischer Gesetzlichkeit, die auch die Organismen umfaßt, ent- stand jetzt erst eine klare Fassung des psychophysischen Problems. Jede Anthropologie wurde nun auf eine der möglichen psychophysischen Hypothesen gegründet. Die verschiedenen Möglichkeiten, unter der Voraussetzung der mechanischen Gesetzlichkeit in der physischen Welt das Problem des Verhältnisses der Reihe physischer Vorgänge zu der anderen Reihe der psychischen, die im Menschen verbunden sind, auf- zulösen, wurden klar formuliert und zuerst an der Erklärbarkeit der Erfahrungen von diesen verschiedenen Voraussetzungen aus erprobt. Es entstand endlich Klarheit darüber, was einem solchen körperlichen Apparat als seine Leistung zugeschrieben werden könne; die trübe Mischung des Physischen und Psychischen in den Begriffen von einer vegetativen und animalischen Seele endigte: der direkte Übergang aus dem Stoff zu Lebensgeistern, deren Leistungen auch aus den Be- dingungen physischen Geschehens nicht streng abgeleitet waren, ver- schwand aus dem Seelenleben: der Boden für die moderne Anthro- pologie war gereinigt. Der zweite Grundzug der Anthropologie dieser großen Systeme entstand aus der Übertragung der Methoden und Grundbegriffe einer mechanischen Konstruktion der Körperwelt auf das Gebiet des geistigen Lebens. Descartes machte den Übergang zu dieser neuen Anthro- pologie dadurch, daß er die Lebensgeister in allen ihren Leistungen der mechanischen Gesetzlichkeit unterwarf. Die vollständige Über- tragung der mechanischen Gesetzlichkeit auf das geistige Leben voll- zog sich dann erst in Hosses und Srınoza. Und Srmoza hat zuerst vollständig und systematisch das Gebiet der Gemütsbewegungen und Willensvorgänge als einen Zusammenhang nach Gesetzen zu begreifen versucht. Doch dauerte immer noch, entsprechend der Struktur dieser Systeme, die Unter- ordnung der Anthropologie unter die Metaphysik fort. Die Anthropologie war ab- hängig von der metaphysischen Lösung des psychophysischen Problems. Sie war 332 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. bestimmt durch den scharfgeprägten Begriff der Seele: dieser war abgeleitet aus der Interpretation der Erfahrungen durch die in scharfen Sonderungen klar und deutlich voneinander sich abhebenden, verstandesmäßig auseinandergerissenen Begriffe von Substanz, Attribut, Modus, Ursache und Wirkung. Sie stand endlich in bezug auf die Wertbestimmung der typischen Lebensvorgänge unter der Konsequenz der meta- physischen Prinzipien. Im Vergleich zu der freieren lebendigeren Interpretation der Erfahrung war eine solche Anthropologie im Nachteil gegenüber manchen Schriften des 16. Jahrhunderts. Aber in diesem Stadium hat doch nur die Anwendung meta- physischer Begriffe die Aufstellung eines das ganze seelische Gebiet umfassenden Kausal- zusammenhangs ermöglicht. Und jede wirksame Metaphysik hat eine Seite der Wirk- lichkeit herausgehoben und einseitig von ihr aus das Ganze systematisiert: so schärfte sie den Blick für die von ihr aus erkennbaren anthropologischen Kausalzusammen- hänge: sie begann sie auszulösen aus dem konkreten Komplexe des Seelenlebens. Da- mit leistete die Metaphysik der Anthropologie den Dienst, welchen der Naturwissen- schaft die Hypothesen geleistet haben, durch welche Induktion und Experiment geleitet wurden. Und eine andere Folge: der menschliche Geist durchlief damals die Mög- lichkeiten, den Sinn und den Zusammenhang des Lebens aufzufassen. Es folgten ein- ander die heitere moralische Rationalität des Descarres, dann die Überzeugung von der ausschließlichen Triebkraft der Selbstbehauptung durch die Affekte in allen mensch- lichen Handlungen, in der uns Hosses finster ja schrecklich entgegentritt, weiter die metaphysische Formulierung des Entwicklungsganges durch die Passionen zur Liebe Gottes aus adäquater Erkenntnis in Spınoza, endlich die Erfassung der vollen seelischen Lebendigkeit in den Relationen von unmerklichen Vorstellungen mit der Apperzeption und in der unendlich fortschreitenden Entwicklung des Geistes zur rationalen Moralität. Und so entstand damals die große innere Freiheit, das Leben nach den verschiedenen in ihm enthaltenen Seiten aufzufassen. Darin lag ein neues Moment der Souveränität des Geistes. deren nun das 18. Jahrhundert genoß, und eine Vorbereitung des geschicht- lichen Bewußtseins, welches das Werk des neunzehnten gewesen ist. Und für das Verständnis des Lebens, wie es die Menschen des 17. Jahrhunderts über Literatur und Kunst erfüllt hat, war gerade die Kombination der dynamischen Betrachtungs- weise mit der Lebensauffassung, wie diese metaphysische Anthropologie sie vermittelte, höchst wichtig. Das aber war nun der Hauptfortschritt, daß diese neue Methode, welche vom stolzen Bewußtsein erfüllt war, von den Seelenvorgängen zu reden wie der Mathematiker von Figuren oder wie der Physiker von den Gesetzen der Bewegung, durch die strikte Anwendung der Kausaluntersuchung zu den ersten strengen Theorien in den einzelnen Zweigen der Anthropologie gelangte. So konnten nun auch in der Moral die Paränese und in der Politik das leere Ideal dem wissen- schaftlichen Denken Platz machen. Der Grundstein der modernen Psychologie wurde damals gelegt durch die Er- klärung der Sinneswahrnehmungen. Mehrere Momente wirkten zusammen, daß hier die am meisten dauernde psychologische Leistung des Jahrhunderts vollbracht wurde: eine Leistung, die gleichmäßig entscheidend für Anthropologie und Erkenntnistlieorie geworden ist. Der methodische Fortgang forderte auf diesen beiden Gebieten der Phi- losophie zuerst die Auflösung dieses Problems. Zugleich war die Sinneslehre am meisten den exakten Bestimmungen des naturwissenschaftlichen Denkens zugänglich. Und zwar stand die Anwendung der Fortschritte in der Optik auf die Psychologie des Gesichtssinns im Mittelpunkt dieser Forschungen des 17. Jahrhunderts. Endlich forderte die mechanische Theorie der Materie eine erkenntnistheoretische Ergänzung durch den psychologisch begründeten Beweis der Subjektivität der in den Sinnesempfindungen gegebenen qualitativen Bestimmungen der Gegenstände. Dies sind die Momente, welche Dirıner: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 333 nunmehr in der Entstehung der ersten wissenschaftlichen Theorie der Sinneswahr- nehmungen zusammengewirkt haben. Die Kritik der sinnlichen Weltanschauung war zuerst in Demokrit als das Korrelat seiner Mechanik qualitätsloser, nur nach den Ver- hältnissen von Raum, Größe, Gestalt und Stellung verschiedener Atome aufgetreten. Aus den angegebenen Motiven ging nun das Bedürfnis hervor, die unvollkommene atomistische Erklärung der Entstehung der Sinnesqualitäten zu verbessern, und so erklärt sich, daß Gariteı, Descartes und Hosses ungefähr gleichzeitig diese Aufgabe zu lösen, und so psychologisch die von der Physik erforderte Subjektivität der sinn- lichen Qualitäten erklärbar zu machen unternahmen. In diesem Vorgang war nun aber entscheidend, daß Descartes in seiner Dioptrik die Lehre von den Bildern, die sich vom Objekte ablösen und in das Auge eintreten, durch eine mechanische Theorie er- setzte. Nimmt man das zwischen dem Außenkörper und dem wahrnehmenden Auge befindliche Medium als relativ starr an, so wird von dem äuleren Gegenstande aus ein Druck zum Siunesorgan fortgepflanzt. So wie ein solcher Druck von dem Blinden empfunden wird, der tastend mit seinem Stabe an einem Gegenstande hingeht und so sich ein Bild desselben verschafft. Demnach rufen die quantitativen Verhältnisse von Größe, Gestalt, Bewegung, Lage, Dauer und Zahl der Gegenstände die Eindrücke des Gesichtssinnes hervor. Und in verschiedenen wichtigen Punkten, wie der Erklärung dafür, daß wir die Objekte aufrecht sehen und in der Erklärung des Regenbogens, hat Descartes die modernen Theorien der Gesichtswahrnehmung vorbereitet. Die Schwierig- keiten in dieser Theorie haben ihre Fortbildung durch Hosses erwirkt, der vor dem Erscheinen der Dioptrik des Descartes noch Anhänger der Spezieslehre war, dann aber ebenfalls sehr viel zu deren Beseitigung beigetragen hat. Auch die anatomische Struktur der anderen Sinne und die Bewegungsvorgänge, welche die Eindrücke in ihnen hervorrufen, sind von Descartes in der Intention untersucht worden, die Qualitätenkreise dieser Sinne und deren subjektive Geltung abzuleiten. Der Tast- sinn ist ihm der Grundsinn. Der neue Standpunkt der Erkenntnis der Sinnesleistun- gen, welcher den Beginn der modernen Anthropologie bezeichnet, wird am besten in den Schlußparagraphen der Prinzipien überblickt. Wie denn überhaupt nicht auf die Meditationen, sondern auf diese viel reifere Schrift die Vorstellung der Lehre des Descartes zu gründen ist. Der menschliche Geist hat seinen Sitz im Ge- hirn, hier kommt auch die Empfindung zustande, von dem Gehirn aus verlaufen die Nerven nach allen Seiten des Körpers, so daß keine Stelle desselben berührt werden kann, ohne daß an ihr Nervenenden in Bewegung geraten. diese Bewegung sich auf das Gehirn überträgt und die Seele so entsprechend der Verschiedenheit der Bewe- gungen zu sinnlichen Wahrnehmungen angeregt wird. Daß der Geist vermittels des Gehirns die Vorgänge im Körper auf Anlald des Bewegungsvorganges im Sinnesnerven empfindet, zeigt sich in Gehirnkrankheiten, welche die normale Empfindung stören. oder bei Aufhebung der Verbindung der Sinnesnerven eines Gliedes mit dem Gehirn, da dann diese Glieder ihre Empfindungsfähigkeit verlieren. Und zwar können die in das Gehirn übertragenen Bewegungen in dem Geiste (Qualitäten der Einpfindung, die den Bewegungen ganz unähnlich sind, hervorrufen. Dies beweist, wie Garirer schon hervorgehoben hatte, das Gefühl des Kitzels und das des Schmerzes, welche durch Berührung hervorgerufen werden können. Er verallgemeinert nun diesen Erweis der Subjektivität der sinnlichen (Qualitäten in der Richtung, in welcher ‚JoHANNEs MÜLLER ihn dann durchführte. Die örtliche Bewegung in den Sinnesnerven, in der Leitung zum Gehirn und in diesem selbst vermag im Hautsinn Kitzel durch Be- rührung, im Auge Lichtfunken durch Stoß und im Ohr durch Zuhalten desselben mit dem Finger ein zitterndes Gemurmel hervorzubringen. Und endlich beruft er $ich dafür, daß die qualitativen Unterschiede in den Empfindungen aus der Mannigfaltigkeit der Bewegungsvorgänge entstehen, wie später Locke darauf, daß Raumunterschiede und Bewegungen ebensowohl im Gesichtssinn als im Tastsinn aufgefaßt werden, während Farben, Töne. Geschmack, Geruch nur in je Einem Sinne auftreten. Ferner be- gründet er denselben Satz daraus, daß ihre Auffassung klar und deutlich sei. Auch gibt Descarıes bereits eine Erklärung der phantastischen Gesichtserscheinungen, in Sitzungsberichte 1904. 26 39 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 11. Februar 1904. deren Bann noch ein CArvano ganz verstrickt gewesen war. Es sind Sinneswahr- nehmungen, wie die von Außengegenständen hervorgerufenen; aber der Eindruck gelangt nicht vom Sinnesnerven in der Nervenbahn zum Gehirn, sondern er entsteht in diesem selber durch die Bewegung der Lebensgeister, welche die Spuren ver- gangener Eindrücke in einer bestimmten Richtung erregen. So entstehen Träume. Halluzinationen, aber auch das Spiel der Seele mit Erinnerungsbildern. Die Theorie der Sinneswahrnehmung und ihrer Subjektivität sowie der Sinnes- täuschungen ist durch Hogses von dem Prinzip eines mechanischen Systems aus, das auch die Bewußtseinserscheinungen in sich begreift, durchgeführt worden. Dabei mischen sich wunderlich Fortschritte über Descartes hinaus mit Rückständigkeiten. Einer der wichtigsten Fortschritte bestand darin, daß er die von Außengegenständen be- stimmten Empfindungen, die Traumerscheinungen und die Halluzinationen unter Einen Gesichtspunkt zusammengefaßt hat. Das Sinnesbild entsteht unter normalen Verhältnissen aus der Reaktion gegen den äußeren Bewegungsvorgang, welche im Beginn der Bewußtseinserscheinungen stattfindet. Diese Reaktion kann nur eine Bewegung sein, da Bewegung immer wieder Bewegung hervorbringt; aber dieselbe hat kein angebbares Verhältnis zu endlichen Raum- und Zeitgrößen, wir werden derselben, während sie für das begriffliche Denken dem System der räum- lichen Bewegungen eingeordnet ist, nur als einer intensiven Wirkung inne, und diese ist die Empfindung und das aus Empfindungen bestehende Bild. Diese Empfindung aber wird vermittels der Einrichtungen, welehe das Festhalten einer eingedrückten Bewegung ermöglichen, zu Dauer und Vergleichbarkeit erhoben, wodurch dann erst Bewußtsein in unserem Sinne entsteht. In diesen Sätzen bereitet sich die von Leienız zu höchster Deutlichkeit erhobene Unterscheidung der Bewußtseinsstufen vom Unmerklichen aufwärts vor. Denn die intensiven Zustände (conatus), die wir seelisch nennen, haben nun ihre breite, unermeßlich mannigfaltige Grundlage an den Reaktionen, welche nicht festgehalten und verglichen werden. Nur dal bei Hosers diese Reaktionen nach Entfernung des Gegenstandes wieder aufhören, sonach nicht nur unmerklich, sondern auch flüchtig dahingleiten. Hieraus folgt dann eine weitere wichtige Einsicht von Hosses. Bewußte Empfindung tritt nur auf, wo wir unterscheiden; würden alle Teile des körperlichen Systems entweder ruhen oder in derselben Bewegung begriffen sein, so entstände keine bewußte Empfindung. Mit diesen Sätzen ist aber eine der sonderbaren Rückständigkeiten von Hosses verbunden. Das Organ der seelischen Zustände bestimmt er im Gegensatz gegen die klare anatomische Einsicht des Descartes als das Herz. Aus denselben erklärenden Momenten leitet er Träume und Halluzinationen ab. Während des wachen Lebens rufen die Bewegungen von den Sinnen her im Herzen Veränderungen des Blıt- umlaufs und durch sie bedingte Gefühle hervor, und diese erwirken die Phantasmen. Es ist dieselbe Bewegung, die, von Außenobjekten her, im normalen Leben stattfindet, aber in umgekehrter Richtung. Die Bilder aber sind zusammengesetzt aus Erinnerungen, ihre Klarheit ist dadurch bedingt, daß wir im Schlaf abgeschlossen sind gegen die äußeren Eindrücke. Und wie nun Hosees überall das Affektive bevorzugt, hat er übereinstimmend mit manchen späteren Erklärern aus Traumbildern und Halluzinationen die Entstehung des Geister- und Gespensterglaubens und schließlich die religiösen Grundvorstellungen abgeleitet. Die Projektion der Bilder erklärt er aus dem Gegen- streben in dem zum Bild erregten Organ. Die aus dem Wahrnehmungsvorgang abgeleitete Perzeption, welche der res (Srıvozas modus) entspricht, ist nun für die ganze Anthropologie des Jahr- hunderts das psychische Grundgebilde, an das alle weitere Ableitung seelischer Voreänge anknüpft. Nicht als ob Descarıes, Hosses und Srinoza nicht wüßten, daß sich die Perzeption aus Empfindungen zusammensetzt: aber erst Locke und Leısxız haben fruchtbare Einsichten über den Aufbau der Wahrnehmung aus den Empfindungen sewonnen: damit beginnt sich erst die Starrheit des Perzeptionsbegriffs zu lösen. Diese Perzeptionen, als die psychischen Grundgebilde, setzen sich, wenn die Bewe- gung aufhört, die sie hervorbrachte, in Erinnerungsbilder um. Die Lehre von der EM Diveney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 335 Ideenassoziation und dem Gedächtnis wird in dieser Epoche vornehmlich fortgebildet. indem deutlichere anatomische Vorstellungen zur Erklärung des Erinnerns angewandt werden. Descarres spricht von Spuren oder Dispositionen, die im Gehirn zurück- bleiben und vergleicht sie mit Faltungen, die in einem einmal zusammengelegten Papier zurückbleiben. Hosses begründet auf solche Vorstellungen sein Assoziationsgesetz, naclı welehem die in dem Wahrnehmungsvorgang entstandene Verbindung durch Sukzession in den Residuen zurückbleibt und die Reproduktion ermöglicht. Vorzüglich entwiekelt dann Hozses den Unterschied zwischen dem unwillkürlichen Gedankenlauf und dem vom Willen geleiteten Denken. Das Denken entsteht ihm durch die Zerlegung der Perzeptionen und die neuen Verbindungen ihrer Bestandteile. Und seine Ausbil- dung der nominalistischen Lehre von der Bedeutung der Zeichen für das Denken be- reitet LEIBNıZz vor. Ebenso ist die andere Seite des Seelenlebens, die Lehre von der Entstehung und den Formen der Bewegungen in dieser Zeit gefördert worden auf Grund genauerer Vorstellungen von den anatomisch- physiologischen Bedingungen. Es war von durch- sreifender Bedeutung, daß die Theorie des Drscarres vom Körper als einem Auto- maten und seiner Wechselwirkung mit dem Geiste den Unterschied zwischen Reflex- bewegungen und willkürlichen Handlungen aufklärte. Er zuerst konstruiert einen Apparat des Körpers, in welchem die äußeren Reize ohne Zwischeneintreten seelischer Leistungen Bewegungen der Glieder auslösen. Dieser automatische Zusammenhang ist der äußere Mechanismus, dessen sich der Wille bedient, wenn er Zweckhandlungen durch seinen Impuls hervorruft. Jede Handlung der Seele besteht darin, daß sie da- durch, daß sie etwas will, eine Bewegung der mit ihr verbundenen Zirbeldrüse er- wirkt, in der Weise, wie sie zum Hervorbringen der Wirkung erforderlich ist, welche diesem Willen entspricht (Passions I 41). Die Vorstellung ruft bei den willkürlichen äußeren Handlungen die Bewegung hervor, und zwar bewegt die Seele die Zirbeldrüse. und diese Bewegung pflanzt sich durch die Nerven zu den Muskeln fort und erweckt so die Bewegung der Glieder; bei den inneren Handlungen werden im Innern des Herzens die Veränderungen herbeigeführt, welche für das Erinnern oder die Spannung der Aufmerksamkeit in einer bestimmten Richtung oder für die Auffassuug eines Ge- genstandes unter bestimmten Bedingungen erforderlich sind. Denkt man sich nun einen Körper als Automaten, dessen Veränderungen durch die Außenobjekte hervorgerufen werden und der nach seiner Struktur auf die Außen- objekte reagiert. Denkt man sich weiter bewußte Vorgänge, welche, worin immer gegründet, diesem Nexus der Bewegungen in dem Automaten zugeordnet sind — und das ist die Aufstellung, welche Descarres, Hozses, Spıinoza, Leiznız in irgend- einer Weise ausgebildet haben —: dann bildet den Mittelpunkt der Psychologie in allen diesen Systemen der seelische Zusammenhang, in welchem die von außen hervorgerufenen Eindrücke sich nach inneren Gesetzen umsetzen in zweckmäßige äußere oder innere Willenshandlungen. Der Verlauf, in welchem die Bilder entstehen, die Assoziationen derselben sich ausbilden und so Erinnerungen und Phantasiebilder möglich werden, ist erörtert. Der weitere, in welchem logisches Denken, Sprach- zeichen, die Methoden der Forschung und die Kategorien der Weltauffassung sich ausbilden, wurde entsprechend den Traditionen der antiken Philosophie ganz verschieden gefaßt: insbesondere machte sich hier der Grundgegensatz zwischen der Lehre von im Geist angelegten begrifflichen Elementen und dem Empirismus geltend. Ich darf mich hier auf frühere Darlegungen berufen!, und nur über das neue Stadium, in welches durch die Psychologie des Leısnız diese Probleme traten, wird bei dieser zu sprechen sein. So wenden wir uns nun dazu, in welcher Weise das Denken, die Gemütsbe- wegungen und der sittliche Wille in allen diesen Systemen als zusammenwirkend zu dem einheitlichen Lebensprozeß aufgefaßt sind, welcher im Zentrum dieser neuen Anthro- pologie steht. Ein großer gemeinsamer Grundzug verknüpft zunächst in dieser zen- tralen Theorie die Hauptsysteme des Jahrhunderts. Sie geben eine typische Ent- ! Archiv für Gesch. der Phil. XIII, 347— 360 und 445 — 482. 26* 3506 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. wicklung des menschlichen Geistes, von der Macht der Leidenschaften über die Seele bis zu der Befreiung durch die Einsicht. Hierin beruhen sie alle auf dem römisch-stoischen Lehrmaterial. Es ist dargelegt, wie dieses ebendamals ins- besondere in der niederländischen Philologie zu erneutem Verständnis und ganz all- gemeiner Wirkung gelangt ist. Der grandiose Zug dieser stoisch-römischen Ethik, welche von der Beschreibung der Macht der Leidenschaften fortschreitet zu der sitt- lichen Autonomie, die auf die Erkenntnis der natürlichen Bezüge unseres Geistes mit dem Zusammenhang der Dinge gegründet ist, hat ihr den stärksten und dauerndsten Einfluß verschafft, den je eine philosophische Ethik hat erringen können. Von ihren Begriffen sind alle diese Systeme durchzogen: wie denn die Macht des römischen Geistes in diesem Zeitraume im Kampf mit den christlichen Ideen oder auch in Ver- bindung mit ihnen sich überall geltend machte. Diese Lehre von der Lebensführung wirkte zunächst durch die Mittelglieder, die wir in der Anthropologie des 16. Jahr- hunderts durchlaufen haben. Vor allem erfaßte Teresıo in der Selbsterhaltung das höchste Gut des Menschen und den Maßstab für die Beurteilung und die Regulierung der Affekte, bestimmte als die Verwirklichung des höchsten Gutes die erhabene Ge- mütsverfassung (sublimitas), welche auf der Weisheit beruht, von einem starkmütigen, festen Willen (fortitudo) getragen ist und im eigenen Gefühl ihres Wertes lebt. Ein Begriff, dem ganz der magnanimite und generosite des Descartes entspricht. DescAarrEs war aber in den Niederlanden zugleich ganz umgeben von direkter stoischer Tradition, und seine Briefe über das glückselige Leben an die Prinzessin Erısager# und über das höchste Gut an die Königin Curısrına von Schweden sind von den Ideen der stoischen Schule, insbesondere des Seneca, erfüllt. Und Hosses nahın als huma- nistischer Gelehrter die antike Tradition in sich auf. Doch haben diese Denker die stoischen Ideen zugleich selbständig unter der Einwirkung der neuen Anthropo- logie auf bedeutende Weise, fortgebildet. Ringt sich doch in ihnen die Erkenntnis durch, daß eine Gemütsbewesung immer nur durch eine andere überwunden werden kann: wir werden sehen, wie Descarres schon auf dem Wege zu derselben sich be- findet. Es entsteht die Einsicht in einen gesetzlichen Zusammenhang, in welchem die typischen Formen der Gemütsbewegungen verknüpft sind. So blicken diese Philosophen mit dem Auge des Naturforschers in den kausalen Zusammenhang nach Gesetzen, der in dem scheinbar zufälligen Spiel der Affekte waltet. Und sie machen die Kausaler- kenntnis fruchtbar für die Theorie der Lebensführung und die Geisteswissenschaften, indem sie von Teresıo und Hozsers ab in der Selbsterhaltung einen Maßstab für eine Wertbestimmung der Affekte gewinnen, der in der Seele selber gelegen ist und nicht dureh eine äußere Teleologie an deren Vorgänge herangebracht wird. Eine solche Wertbestimmung werden wir auch bei Srınoza, dem Gegner der gewöhnlichen teleo- logischen Betrachtungsweise, finden: seine ganze Ethik beruht auf ihr. Die Anthropologie hat nur langsam die seelischen Tatsachen zum Bewußtsein gebracht, typische Formen derselben untersucht und mit Namen bezeichnet, dieselben zergliedert und von ihrem inneren Zusammenhang untereinander Vorstellungen ge- bildet. In dieser bis heute fortgehenden Arbeit war von besonderer Schwierigkeit die Unterscheidung und Bestimmung der Zustände des Bewußtseins selber. Auf Grund der Lehre des Platon und des Aristoteles von der Zusammenfassung und Vergleichung der Sinneseindrücke durch die Einheitstätigkeit des Denkens unter- schied Galen die Veränderung des Sinnesorganes durch den äußeren Eindruck vom Be- wußtwerden desselben, und Provın sonderte die Synthesis und die Verständigung der Eindrücke durch das Denken, als gegründet in der Einheit des Bewußtseins, von den Inhalten selber, die zusammengefaßt und verstanden werden; er sonderte vom bloßen Stattfinden von Eindrücken und inneren Zuständen ihre Erhebung in das deutliche Bewußtsein durch die Aufmerksamkeit, und er sah schließlich die wesentliche Eigen- tümlichkeit des menschlichen Geistes im Selbstbewußtsein, in welchem der Geist, der denkt, sich dessen bewußt ist, daß er denkt. Leienız, der größte Psychologe des 17. Jahrliunderts, hat diese Begriffe mit der stoisch-römischen Lehre von den kleinen, d. h. unmerklichen Vorstellungen zur Dirrsey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). Sal Einsicht in den Entwickelungszusammenhang der typischen Formen und der Grade des Bewußtseins verbunden. Die Seele ist Entelechie, die als Einheit in dem Mannigfachen ihrer Perzeptionen wirksam ist; sie hat die Tendenz zur Variation, zum Fortschritt von Perzeption zur Perzeption und zu der zunehmenden Klarheit und Deutlichkeit der Perzeptionen. Die unbemerkten Perzeptionen gelangen zu verstärktem Bewußtsein durch die Aufmerksamkeit, und diese wendet sich wechselnd unter den unzähligen gleichzeitig vorhandenen, unmerklichen Perzeptionen einzelnen zu, während sie in Rück- sicht der anderen gleichsam in einem partiellen Schlaf sich befindet. Apperzeption ist nun die Erhebung der unmerklichen, dunklen und verworrenen Vorstellungen zu klarem und deutlichem Bewußtsein. In diesem Fortgang entstehen die Aneignung der Perzeptionen, das Selbstbewußtsein und die Erhebung der in der Monade dunkel ent- haltenen Beziehungsbegriffe, durch welche das Universum gedacht wird, zu klarer Erkenntnis und zur Anwendung auf das gegebene Mannigfaltige. Die Perzeption ist zunächst von keiner unterscheidenden Tätigkeit begleitet; der nächste Schritt ist, dal sie von den anderen Perzeptionen unterschieden wird. Auf der Stufe der deutlichen Vorstellung werden dann die in ihr enthaltenen Teile gesondert, und das Ich unter- scheidet sich im Selbstbewußtsein von ihr. Dieser Fortschritt zu immer deutlicherer Vorstellung findet statt in einer kontinuierlichen Stufenreihe. So ermöglichen die neuen Begriffe die Durchführung des von Leısnız aufgestellten Prinzips der Kontinuität im Seelenleben. Ihr Licht erstreckte sich über alle Gebiete der Psychologie. Durch sie wurde der innere Zusammenhang der wechselnden verschiedenartigen Zustände der Seele im Lebensverlauf verständlich, welehen Platon und die Stoa herausgehoben hatten: die Seele trägt in jedem Momente ihre ganze Vergangenheit in sich, und die Be- stimmungsgründe für ihr zukünftiges Verhalten liegen in ihr. Die scharfen Be- grenzungen ihrer Zustände bei Descartes, die starren Vorstellungen und Volitionen des Spınoza werden nun endlich durch Leıenız überwunden: hierin reicht Leırsız über die Aufklärung hinaus in das geschichtliche Denken der folgenden Epoche. Und auch für die Lehre von den menschlichen Gemütsbewegungen entstand nun eine ganz neue Grundlage. Die Atfektenlehre des 17. Jahrhunderts. Die eigentümlichste Funktion der Anthropologie des 17. Jahrhun- derts ist, in Fortentwickelung der des 16.: eine Theorie der Lebens- führung, ja weiterhin die Geisteswissenschaften zu begründen, und zwar aus der Theorie der Affekte. Eine typische Entwickelung zu einer 'ationalen Lebensführung wird aus dem Zusammenhang der Affekte abgeleitet. Dies fordert, dal in den Affekten ein Maßstab ihres Wertes und eine Kraft, ihn zur Geltung zu bringen, enthalten sei. Dem Zuschauer des Spieles menschlicher Leidenschaften zeigt sich eine grenzen- lose Mannigfaltigkeit der Gemütsbewegungen. Bevor die Wissenschaft sie analysiert, heben die Sprache des Lebens und die an sie angeschlossene Begriffsbestimmung typische Formen wie Freude, Mitleid, Hoffnung, Begierde heraus. An diesen hat, wie wir sahen, zunächst die Anthropologie ihren Erkenntnisstoff. Und daher bildet ihre Klassifikation und ihre Verbindung zu einer inneren Geschichte der Seele das große Thema dieser Anthropologie auch während des 16. Jahrhunderts. Sie werden wie feste Entitäten behandelt. Und erst Leıisnız beginnt hinter diese wieder auf den Fluß des Lebens zurückzugehen. Will ınan die Einteilungen der Affekte würdigen, so ist zunächst die richtige Einsicht hervorzuheben, daß in jedem Typus einer Gemüts- bewegung Gefühl und bestimmte gedankliche Elemente verbunden sind und ein Trieb angelegt ist. In jeder Freude ist der Trieb sie festzuhalten, in jedem Schmerz ein Trieb zur Befreiung angelegt. Hossrs bemerkt tiefsinnig, daß in jeder im Vorgang 338 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 11. Februar 1904. der Befriedigung entstehenden Freude, da die Befriedigung gleichsam stückweise ein- tritt, das Begehren fortdauert. Und wie das Gefühl Ausgangspunkt eines Begehrens sein kann, so kann es auch aus ihm in seinem Verlauf entstehen. Verschieden sind die Wertrelationen der Gemütsbewegungen. Hoffnung und Furcht begleiten die Wertrelationen eines Zukünftigen zu unserm Leben; wogegen Freude und Schmerz sich auf gegenwärtige Erweiterung oder Hemmung unseres Le- bens beziehen. Liebe und Haß dagegen begleiten Relationen, in denen das Gefühl der Erweiterung oder Hemmung unseres Lebens überwogen wird von dem objektiven Wertgefühl. Ebenso tritt in Gefallen und Mißfallen, in der Freude an uns selbst, in der Verehrung anderer die Rückbeziehung auf Nutzen oder Schaden oft ganz zurück hinter dem Gefühlseindruck von Werten. Endlich in Mitleid und Mitfreude zeigen sich Formen der Miterregung, in denen eine Rückbeziehung auf uns selbst nicht enthalten ist. Andrerseits finden wir Unterschiede der Stärke. des Ablaufs, der Dauer. des plötzlichen Hervorbrechens und raschen Verschwindens, des Anklingens und Abklingens, des Anschwellens und Abschwellens, der Ausbreitung, der Schärfe oder Weichheit. Aus den Verschiebungen in den Verhältnissen soleher Relationen und Faktoren der Gemütsbewegungen geht die Umwandlung eines affektiven Typus in den andern hervor. Bald nähert sich der allgemeine Gemütszustand diesem. bald jenem affektiven Typus, dann wiederum zeigt er immer kompliziertere Mischungsverhältnisse; es ent- stehen Gefühlskomplexionen. Stimmungen. deren einzelne Bestandteile kaum mehr aufzuweisen, kaum mehr auf affektive Typen zu reduzieren sind; alles dies bedingt durch äußere Einwirkungen und dureh den seelischen Strukturzusammenhang, durch Disposition, durch Nachwirken früherer Gefühlserlebnisse. Betrachtungen solcher Art zeigen deutlich, daß die Erkenntnis dieser Zustände hinter ihre typische Formen auf die in ihnen enthaltenen Faktoren zurück- sehen muß. um sie in dem Zusammenhang des Lebens zu verstehen. Man darf die typischen Formen nieht als starre Entitäten auffassen. die in Wirkliehkeit isoliert auftreten. einander bekämpfen und verdrängen, vom Kampfplatz wieder verschwinden, um anderen gewissermaßen hypostasierten Typen Platz zu machen, sondern muß immer von neuem auf den Gesamtzusammenhang des Gemütslebens. in seiner Mannigfaltig- keit in seinen Übergängen, in seinen Dispositionen und Stimmungen zurückgehen. So wird deutlich, daß die Erklärungen eines lHosses oder Spınoza. welche nach Bezie- hungen. die in keiner inneren Wahrnehmung gegeben sind, die Mannigfaltigkeit dieser Affekte auf ein Prinzip der Selbsterhaltung und in ihm gegebene Grundaffekte zurück- führen, nicht mehr Wert haben als irgendeine naturphilosophische Hypothese. Die Ana- logie mit der Mechanik ist trügerisch. Umd wenn Tuomas von Ayuın das iraseibile oder DescArrEs die adıniration oder Leıssız und Suarresgury die Miterregungen in ihrer Eigenart herausheben, so entsteht doch auch hieraus eine gewagte Hypothese, sobald aus der Unmableitbarkeit eine Ursprünglichkeit gefolgert wird. Dennoch muß der menschliche Geist die Möglichkeiten der Beziehungen durchlaufen, die in einem ge- gebenen Mannigfaltigen enthalten sind. um dasselbe in seine Gewalt zu bekommen. Die Weltanschauungen. die in dieser Epoche hervortraten, gewannen gerade durch ihre Interpretation des Menschenlebens ihre eigenste Macht: denn in ihr reflektierte sich die Bewußtseinslage, aus der sie hervorgingen. energischer als in den meta- physischen Projektionen. Und eben im Zusammenhang des erklärenden Prinzips mit der Metaphysik wurde das Kriterium der Wertbestimmung gefunden, welches in den einzelnen inneren Erleb- nissen als solchen nicht gegeben ist. Denn das Gefühl als solches hat für den Moment und die Person immer recht. Die Tiere, denen die Fähigkeit der Generalisation fehlt, handeln mit unfehlbarer Sicherheit aus dem Nexus ihrer Affekte. Sie haben freilich nur für den Augenblick recht. Weder im momentanen Gefühl liegt das Kriterium der Werte noch in einem metaphysischen Prinzip. Es bildet sieh im Leben selber, in dem Leben der Menschheit und in dem des einzelnen. Die großen Lehrmeister des Menschen sind auch hier Erfahrung, Versuch und Festhalten der Ergebnisse in verstandesmäßigen Regeln. Wir müssen die Illusion, welche in der \Vertbestimmung | | Ä Direney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 359 eines Gutes und in Antrieben zu Handlungen, dergleichen der Zorn ist, welcher das Zweckmäßige überschreitet, erfahren, um belehrt zu werden. Von dem, was andere durchleben, von ihren Leiden durch ihre Passionen bis zu ihrem Untergang weht dann eine Erfahrung über den Lebenswert der einzelnen Affekte in dem Grade aus. als die Eindrücke davon mit sinnlicher Stärke auf‘ uns wirken und wir die inneren Zustände zu reproduzieren vermögen. Eine Ergänzung solcher Erfahrungen liegt im Durchleben der Affekte in der Poesie oder der künstlerischen Geschichtsdarstellung. Durch die besondere Art von Erfahrung, die im Miterleben stattfindet, erleben wir in der Dichtung die schmerzlich süße Spannung der Leidenschaft, die Auflösung der Illusion über den Wert ihrer Befriedigung, die äußeren Folgen der in ihr wirksamen srenzenlosen Steigerung einseitiger Begierde, andererseits aber das ruhige Glück deı auf die stetigen, der Außenwelt konformen rationalen Gewöhnungen gegründeten Le- benszustände, der heroischen Seelenstärke, der Hingabe an die über unser Dasein veichenden großen Objektivitäten. An diesem Punkte erlangen wir einen tieferen Ein- bliek in die Funktion der Poesie im Haushalt der menschlich zeschichtlichen Welt. Dies alles sind Lebenserfahrungen: denn sie lehren nicht kausale Zusammen- hänge nun, sondern sie lassen die in ihnen auftretenden Lebenswerte im Gefühl er- fahren. Und zwar nach den gesetzlichen Verhältnissen. welche im Verstehen, Nach- bilden, Mitgefühl und der Reproduzierbarkeit innerer Zustände enthalten sind. Das Erlebnis enthält Erfahrungen von den einzelnen Lebenswerten unserer Passio- nen, der äußeren Objekte derselben, unseres Selbst, als eines Gegenstandes von Passion, und endlich des universalen Zusammenhanges, der ebenfalls deren Gegenstand werden kann. In dem Erfahren tritt dann zum Einzelerlebnis die Vergleichung dieser Lebens- werte: wieder ein sehr komplizierter Vorgang. von der einfachen Abmessung des Ge- fühlswertes bestehender Zustände zu ihrer Vergleichung mit den Folgen. die in der Zu- kunft wirken und deren Vorausnahme nach dem von Seixoza erkannten Verhältnis gerade dureh die Unruhe, welche in der Seele die Erwartung hervorruft. eime besonders starke Wirkung hat — nur daß er die individuelle Verschiedenheit in diesem Punkte nicht richtig beachtete — bis zu immer verwickelteren Verhältnissen. Endlich bilden wir Generalisationen über Gefühlzustände, Lebenswerte. Tugenden und Pflichten. Und auch diese haben wiederum ihre Kraft durch die Gefühle und Antriebe, welche aus der Nachbildung des in ihnen enthaltenen Konkreten, aus den Erfahrungen über das befrie- digende Gefühl, das die Unterordnung unter sie durch die so entstehende Regelung und Sicherheit des Lebens begleitet. aus dem befriedigenden Bewußtsein der Verhältnisse von Notwendigkeit, die dem Leben Festigkeit geben. vor allem aber aus der Über- einstimmung in Grundsätzen mit den Mitmenschen und dem so entstehenden freund- lichen Verhältnis zur Welt entspringen. So lernen wir richtig gegeneinander abschätzen die impetuose Einzelmacht unserer Passion und die ruhigen, dauernden Gefühle, die aus Gewöhnung und festen Verhältnissen zur Außenwelt entspringen, das Ausleben un- seres partikularen Daseins in der Korruptibilität desselben und das bald enthusiastische. bald stille Glück der Hingabe an die großen Objektivitäten, die vor uns waren und nach uns sein werden. Die höchste und letzte Form dieses Glückes ist die philosophische oder religiöse Hingabe an den großen Zusammenhang der Dinge als einer göttlichen Ordnung und eines göttlichen Reiches. Diese flüchtige und selbstverständlich ganz un- vollständige Skizze der Entwickelung. die aus dem beständigen Wechsel unserer (re- miütsbewegungen durch Erfahrung und Versuch zu festen Prinzipien der Lebensführung leitet. denen zugleich richtige Einsicht und Kraft der Motivation einwohnt, hat nur den Zweck. das Verständnis und die Beurteilung der nunmehr folgenden Theorien zu er- möglichen. Sie stellt die Verhältnisse in einem schematischen Zusammenhange dar; dieser aber tritt nun in historische Relationen ein. welche über das Vorherrschen der Momente, die Abfolge, in der sie das Leben bestimmen. und die Gesichtspunkte ent- scheiden. welche das Bewußtsein und die Erkenntnis der Gemütszustände leiten. Und so haben wir es auch im folgenden mit Theorien von den Affekten zu tun, welche durch die allgemeinen Bedingungen der fortschreitenden Philosophie des Jahrliunderts und durch die besonderen in und um die großen Persönlichkeiten bedingt gewesen sind. 340 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. Die Affektenlehre des DEscARTES im Zusammenhang mit seiner Anthropologie. Die Anthropologie des Descartes ist dualistisch: sie betrachtet «len Menschen als zusammengesetzt aus zwei Substanzen, die in Wechsel- wirkung miteinander sich befinden. Dieser Dualismus ist der onto- logische Ausdruck und das Komplement des Idealismus der Freiheit, in der strengen Form von Wahlfreiheit. in welcher Platon, Aristoteles, Scholastik und Mystik diesen Standpunkt gefaßt haben. Er unter- scheidet sich aber von jenem älteren Dualismus dadurch, daß die Dualität nicht in das Seelenleben selber fällt. Dieser Fortschritt in der Fassung des Idealismus der Freiheit ist dadurch ermöglicht, dal (die vegetative und sensitive Seele eliminiert wird: der Körper als ein automatischer Apparat und der durch die Merkmale des Denkens und des freien Willens eharakterisierte Geist bringen in ihrer Wechsel- wirkung die Erscheinungen des Seelenlebens hervor. Dies ist also ein Dualismus in dem Sinne, in welchem auch moderne Denker wie Lorze Dualisten gewesen sind; sie leugnen die Lebenskraft, erklären die Leistungen des physischen Apparates aus der zweckmäßigen An- ordnung der nach physischen Gesetzen wirkenden Teile und die seeli- schen Erscheinungen aus der Wechselwirkung eines solchen Körpers mit einer seelischen Substanz. Die näheren Bestimmungen der carte- sianischen Anthropologie über Wesen, Ziel und Wert des Seelen- lebens folgen dann aus dem Begriff des Geistes, als einer geschaffenen Substanz, die von Gott abhängig, aber in Beziehung auf jedes andere Ding, und sonach auch auf den Körper, selbständig und unabhängig ist. Das Lebensgefühl des Menschen, das Bewußtsein seiner Selbständig- keit und zugleich auch das der Abhängigkeit, und zwar nicht nur von einzelnen wenigen und von außen, sondern in seinem Bestande selber, drückt sich in diesem Begriff einer endlichen relativen Sub- stanz vollkommener aus als in Spinozas Modusbegriff. Das Inadäquate, das dem Begriff anhaftet, ist darin gegründet, daß die so vielfach be- wegliche menschliche Lebendigkeit durch diese scharfgeschnittenen Ver- standesbegriffe ausgedrückt werden soll. Sie sondern die Substanz von ihren Akzidenzien, das Attribut vom Modus, die Substanz von der Substanz, so daß sie auseinanderreißen anstatt nur analytisch ein als Zusammenhang Gegebenes durch Unterscheiden zu verdeutlichen. Das ist eben der Grundcharakter der Metaphysik dieser Epoche. Und so mußte der Versuch des Descartes mißglücken, die menschliche Lebendigkeit in ihrer Stellung zum Universum durch diese Begriffe auszudrücken. Direney: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 341 »Die ganze Natur des Geistes besteht darin, daß er denkt« (5. Antwort in den Meditationen). Denken ist das Attribut der Seele. Sonaech muß Descartes die verschiedenen Leistungen der Seele ableiten aus ihren verschiedenen Beziehungen, wie sie durch die Verbindung mit dem Körper möglich werden: sie sind die Modifikationen des Denkens. Aus dem Verhältnis von Körper und Geist entspringen zunächst die folgenden Grundanschauungen der Anthropologie des Drscarres. Der Körper als Automat ist ein System von Bewegungen, und auch die Lebensgeister sind Erzeugnisse des phy- sischen Prozesses, körperlich und den Gesetzen der Körper unterworfen. Und da nun die Tiere keine Seele haben, so müssen alle Leistungen, die wir an dem tierischen Körper gewahren, bloße Bewegungen sein, und sie müssen dem menschlichen Körper ganz so wie dem tierischen zugeschrieben werden. Die Bewußtseinsvorgänge. welche der Mensch in innerer Beobachtung auffaßt. haben sonach ihren Sitz in der Seele. Die Einheit (unio). welche Körper und Geist verbindet, muß als Tatsache anerkannt werden. ohne daß sie doch aus den Begriffen beider verständlich gemacht werden kann. Und die Mannigfaltigkeit der Bewußtseinszustände ist nicht gegründet in der Struktur des Geistes, welcher an und für sich nur auf die intelligible Welt kraft der ihm innewohnenden Ideen eine Beziehung haben würde, sondern in den Verhält- nissen desselben zu seinem Körper und vermittels desselben zu den äußeren Gegen- ständen. Diese Verhältnisse bestimmen zunächst die oberste Einteilung der Bewultseins- zustände. ‚Jenseit der Grenze des von der Wechselwirkung mit dem Körperleben bedingten Seelenlebens steht das Denken des Intelligiblen, das der Seele an sich selber zukommt. Dasselbe ist der Rest, welcher von der Lehre über den Intelleetus purus in Descartes übrig bleibt. Wenn die Seele ihr eigenes Wesen betrachtet. wenn sie die von ihr selbst erzeugten Ideen sich zum Bewußtsein bringt, so verhält sie sich hier den- kend, aufmerkend und sonach auch wollend nur zu sieh selbst (mehrfach in den Medita- tionen, aber auch Passions I, 20). Sie ist an sich selber Substanz, ihre Leistung ist, all- gemein ausgedrückt, Denken, oder besser: Descarres bezeichnet jede Art ihrer Äußerung mit dem Ausdruck Denken. Da Denken ihr Wesen ist, so ist sie an sich immerfort den- kend und nur aus den Hemmungen durch den Körper können ihre bewußtlosen Zustände erklärt werden. Die Bewußtseinszustände sind ihre Modifikationen. Dieselben müssen nach ihrer Wechselwirkung mit dem Körper dem obersten Gegensatz von Aktion und Passion untergeordnet sein. Sofern der Körper und die durch ihn einwirkenden Aulien- dinge handeln, so wird die Seele sich leidend verhalten, und sofern die selbsttätige Seele auf den Körper handelt, ist sie aktiv und verursacht im Körper und mittelbar in den Außen- dingen Bewegungen. Ich gebe die Worte des Descartes über diese beiden obersten Klassen der Seelenzustände. Die einen sind Aktionen der Seele und die anderen ihre Passionen. »Unter ihren Aktionen verstehe ich alles Wollen; denn wir erfahren, daß dasselbe direkt aus unserer Seele stammt und nur von ihr abzuhängen scheint. Dagegen kann man im allgemeinen als ihre Passionen alle Arten von Perzeptionen oder Erkennt- nissen in uns bezeichnen «; sie werden in der Seele hervorgerufen durch die vorgestellten Gegenstände (Passions 1], 17, vgl.ı). Die Aktionen des Willens zerfallen in innere und in äußere Willenshandlungen; jene enden in der Seele selbst, wie wenn wir Gott lieben wollen oder unsere Aufmerksamkeit einem Gegenstand zuwenden. Diese enden im Körper, so wenn wir unsere Beine in Bewegung setzen, um spazieren zu gehen (ebendal, 13). Ebenso zerfallen unsere Perzeptionen wieder in zwei Rlassen, die einen haben die Seele zur Ursache, die anderen den Körper. Die meisten durch den Körper bewirkten Vorstellungen gehen von den äußeren Gegenständen aus, werden von den Nerven auf das Gehirn übertragen und die Seele nimmt sie wahr, so das Licht einer Flamme oder den Ton einer Glocke. Auch hier betont Descartes wieder seinen 342 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 11. Februar 1904. psychologisch erkenntnistheoretischen Gedanken, daß wir nur einen Seelenzustand wahrnehmen und ihn ohne zureichenden Grund auf den Außenvorgang beziehen, der ihn hervorrief. Andere Bilder entstehen, wenn die Bewegung der Lebensgeister die Spuren früherer Eindrücke im Gehirn erregt; sie unterscheiden sich von den in den Sinnen hervorgerufenen Bildern durch einen geringeren Grad von Lebhaftig- keit und Deutlichkeit: sie sind gleichsam Schatten von jenen: auch in ihnen verhält die Seele sich leidend. Eine zweite Klasse von Perzeptionen bezieht sich nicht auf Außengegenstände, sondern auf unseren eigenen Körper. Solche sind die Appetitus naturales, wie Hunger und Durst, ferner sämtliches Schmerzgefühl, Hitzegefühl und andere Sinneswahrnehmungen, die wir nur im Körper empfinden und nicht auf Außengegenstände beziehen. Von diesen beiden Arten der Passionen, welche physisch bestimmt sind und auf Körper sich beziehen, unterscheidet Descarres das Gewahr- werden von Zuständen, welche wir der Seele zuschreiben und nicht auf die zunächst wirkende Ursache beziehen; die Gefühle von Freude und Zorn können durch Außen- gegenstände angeregt werden, sie werden aber von uns nicht wie Sinneswahrnehmungen auf diese bezogen, sondern als innere seelische Zustände aufgefaßt. Diese nennen wir nun in engerem Sinne Passionen. Descartes definiert die Passionen als Perzep- tionen oder Empfindungen oder Emotionen der Seele, die man nur auf diese selbst be- zieht und die verursacht, erhalten und verstärkt werden durch irgendeine Bewegung der Lebensgeister. Und sie bilden nun den Gegenstand seiner psychologischen Haupt- schrift. Sie sind Perzeptionen, aber nicht klare Erkenntnisse, vielmehr, die am mei- sten von ihren Passionen bewegt werden, kennen sie selbst am wenigsten: eben aus derVer- bindung der Seele mit dem Körper folgt ihre verworrene Dunkelheit. Sie sind Emp- findungen, sofern sie wie die Außengegenstände durch die Nerven vermittelt sind. Am besten aber bezeichnet man sie als Emotionen der Seele, weil sie stärker als alle anderen Bewußtseinszustände die Seele bewegen und erschüttern. Sie beziehen sieh nur auf die Seele, im Unterschiede von denjenigen Perzeptionen, die auf andere Körper oder unseren eigenen bezogen werden, und sie entstehen aus der Bewegung der Lebens- geister. Sonach können sie nur begriffen werden aus der Wechselwirkung des Körpers mit der Seele.! Und dies ist nun der Gesichtspunkt, von welchem die Schrift des Descartes über die Passionen ausgeht. Der französische Denker war zweifellos der größte philosophische Stilist seit Praron. und er hat nichts so Leichtes wie dieses geniale und tiefe Werk verfaßt; er scheint gleichsam mit seinem Gegenstande zu spielen. Er hatte 1644 sein tiefstes, reifstes philosophisches Werk, die Prinzipien der Philosophie, veröffentlicht. Dieses reichte bis zu der Darstellung der organischen Lebewesen und des Menschen. Damals beabsichtigte er in zwei weiteren Büchern diese Gegenstände zu behandeln; doch erklärte er ausdrücklich, daß er noch nicht über alle sie betreffenden Punkte zur Klarheit gelangt sei. Die menschlichen Leidenschaften waren um diese Zeit an den Höfen und in der Gesellschaft Gegenstand lebendigen Interesses nach ihrer sinnlichen wie ihrer ınystischen Seite. Dazu kam die Fülle der vorhandenen Literatur seit den Tagen der Stoa, welche den Fortgang des Geistes zur Herrschaft über die Leidenschaften in großem Sinne dargestellt hatte. Während seines ganzen niederländischen Aufenthaltes, der von 1629 —1649 dauerte, übten die Schriften, welche Anthropologie und Moral der Stoa verkündet haben, einen starken Einfluß. Als die Schrift über die Passionen erschien, lebte noch Danıer Heınsıvs. DEScARTES selbst erwähnt in seinen Prinzipien über die Naturphilosophie (IV, $190) einen Punkt aus der Affektentheorie der Stoa. Eben auf den Zusammenhang der Lehre von den Passionen mit einer Theorie der Lebensführung war Descarıes so gut als die ! Passions 1, 17— 29. Etwas anders gruppiert sind diese Seelenzustände in den Prinzipien 4. 190. Dort wird von dem Unterschiede der sensus externi oder Sinnesorgane und der sensus interni ausgegangen. Letztere zerfallen in zwei Rlassen. Die zu Bauch, Schlund usw. gehenden Nerven rufen die natürlichen Begehrungen (appetitus naturales) wie Hunger und Durst hervor. Die zu dem Herzen und den Herzkammern gehenden Nerven bilden den anderen inneren Sinn. Dirsser: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 343 stoische Literatur der Zeit gerichtet, und er begegnete sich hierin mit den Interessen seiner königlichen Schülerin. Der Weg zur Auflösung dieses Problems war ihm vor- geschrieben durch seine Anthropologie, welche aus dem Verhältnis einer denkenden, freien, geistigen Substanz zu dem Strukturzusammenhang des Körpers und den Lei- stungen der Lebensgeister in ihm die seelischen Zustände ableitete. Hierauf beruht nun das Bewußtsein seiner Originalität in dieser Theorie, er hat im Beginn der Schrift über die Passionen gesagt, er schreibe, als ob vor ihm niemand den Gegenstand berührt habe. und an einer anderen Stelle (II, Art.68) bemerkte er von der Einteilung der Leidenschaften: »ich entferne mich von der Ansicht aller, die früher über diesen Gegen- stand geschrieben haben«. Doch bezieht er sich hierbei nur auf die scholastische Einteilung in das coneupiseibile und in das iraseibile. Seinen leitenden Grundgedanken, wie er sich aus der Verknüpfung der stoischen Lehre mit seiner eigenen Anthropologie ergab, hat er in dem Brief über das höchste Gut 1647 am klarsten ausgesprochen. Der rationale Wille, der vom klaren Denken geleitet ist. bringt in seiner Betätigung die höchste Befriedigung hervor; er allein ist in unserer Macht, und unbegrenzt, wie er ist, vermag er auch die Leidenschaften zu beherrschen. »Die beatitudo besteht in der ganz allgemeinen Befriedigung des Geistes. Diese aber folgt aus einem festen und beständigen Willen, alles, was wir als Bestes erkennen, zu verwirklichen und die ganze Kraft unseres Intellektes auf ein richtiges Urteil über dieses Beste zu verwenden« (an Elisabeth, (Euvres ed. Cous. IX, 215— 222). Unter diesem Gesichtspunkt also entstand während des Winters 1645 — 1646 die Abhandlung über die Passionen der Seele. Und als er nun mit der Königin Christine von Schweden in Verbindung trat, welche über diese Gegenstände tief nachgedacht hatte, hat er auch in einem Briefe über die Liebe, der für sie bestimmt, und einem über das höchste Gut, der an sie gerichtet war, seine letzten Ideen entwickelt. An diesem Punkte darf an die allgemeinen Betrachtungen erinnert werden über die Stellung der Affektenlehre des 17. Jahrhunderts. Aus der ganzen Renaissanceanthro- pologie kam diesen Theorien als erster Grundzug das Bewußtsein von der Nützlichkeit der Affekte im Haushalte des seelischen Lebens. Descartes geht im Erweis ihres Nutzens von den Beziehungen aus, welche zwischen den Bedürfnissen des Men- schen, den äußeren Gegenständen und den Passionen bestehen (Passions Il, Art. 52). Die Objekte, welche die Sinne bewegen. rufen in uns nicht in Rücksicht aller ihrer Verschiedenheiten verschiedene Leidenschaften hervor, sondern allein in Rücksicht auf ihren Nutzen oder Schaden, oder allgemein auf ihre Wichtigkeit für uns. So besteht der Nutzen aller Leidenschaften allein darin, daß sie die Disposition der Seele er- wirken, diejenigen Dinge zu wollen, die nach dem Willen der Natur uns nützlich sind, und in diesem Willen zu verharren. Die größte Macht für das Gelingen unserer Unternehmungen liegt in der freudigen Bewegung der Seele, mit der wir sie unter- nehmen. »Ich habe oft bemerkt, daß Dinge, die ich fröhlichen Herzens tat und ohne einen inneren Widerstand dagegen, mir gewöhnlich gelungen sind.« Er ist geneigt, in dieser Abwesenheit inneren Widerstandes bei Unternehmungen den Erklärungsgrund für den sokratischen Begriff des Genius zu finden und hieraus auch sich verständliel zu machen, warum Sokrates von demselben richtig geführt wurde. Sogar auf seine Erfahrungen beim Hasardspiel beruft er sich. So stimmt er mit der Affektenlehre der Renaissance überein in der Bevorzugung der freudigen Zustände (an Elisabetlı IX, 398 ff.). Selbst der Zorn ist ein nützlicher Affekt, wenn er als sittliche Entrüstung zur Abwehr antreibt. Darin aber liegt nun nach ihm das entscheidende Moment für die Beurteilung des Wertes der Affekte, daß die höchste Tugend selber nicht affektlos ist. Denn die Seelenruhe (die tranquillitas animi der Stoa) ist ein Gefühls- zustand. Sie (oder die innere Zufriedenheit) ist der Preis, der uns anreizt zur tugend- haften Handlung. So richtet der Bogenschütze seine Handlung auf das Ziel, aber zum Schießen wird er durch den ausgesetzten Preis angereizt. Und was lehrt uns nun die Lebenserfahrung? Unter allen Lebenswerten ist der am meisten dauernde, sichere, mild, freundlich und beständig erfreuende die Seelenruhe, die innere Befriedigung, die aus dem Bewußtsein moralisch rationalen Handelns entspringt. Nur sie hängt aus- >44 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. schließlich von uns selber ab und kann uns daher nieht entrissen werden (Oeuvr. X, 59— 64). Wohlbegründete Zufriedenheit mit uns selbst und Selbstachtung, in der wir den Wert unserer Person freudig erleben, werden von ihm als Passionen und, sofern sie durch Gewöhnung und Nachdenken sich festigen, als stetige glückliche Gemüts- beschaffenheiten bezeichnet. Unter allen Passionen ist die generosite die höchste. sie ist Selbstachtuug, die auf der richtigen und stetigen Anwendung der Freiheit des Willens beruht, die uns zu großen Dingen befähist, den andern Menschen befreun- det, von Neid, Furcht und Zorn befreit (Passions III 153, 156, 161). Der Begriff ist vorgebildet bei Aristoteles als Mittleres zwischen übertriebenem Selbstgefühl und Klein- mut: MerAnoYYXla (magnanimitas). Dieser Begriff ist dem spinozistischen der Gottes- liebe darin parallel. daß er den höchsten der Affekte bezeichnet, welcher die Seele befreit und die schädlichen Leidenschaften auflöst. Er ist aber von jenem Begriff des Spınoza darin unterschieden, dal3 er das weltliche und menschliche Ideal dieser großen französischen Epoche bezeichnet: Lebensfreude, Richtung auf große Dinge, verbunden mit zarten sittlichen Gefühl, Furehtlosigkeit und Erhabenheit über die ordinären Lei- denschaften. In der französischen Tragödie hat dies Ideal am vollkommensten Racıne dargestellt, welcher sich in Port-Royal unter dem Einfluß der cartesianischen Schule entwickelt hat: sein Hippolyte ist die vollkommenste Verkörperung dieser &enerosite, und gerade durch die französischen Züge in ihr unterscheidet er sich von seinem klas- sischen Vorbild. Wir dürfen jetzt den Schluß ziehen: obwohl es DescArres nicht aus- drücklich ausspricht, so werden doch nach seinen Lebensbesriffen die Passionen nicht überwunden durch die Vernunft, sondern durch eine höchste Passion, welche auf der vollkommensten Erfahrung über die Werte der Leidenschaften beruht. Wie wird es nun möglich sein, ein System der Leidenschaften aufzustellen? ‚Jede typische Form der Passion ist getragen von einem bestimmten physisch definier- baren Verhalten der Lebensgeister, und Descarres hat diese physischen Bedingungen der Gemütsbewegungen sorgfältig beschrieben (L’'homme IV, 383 ff. und in den zwei ersten Büchern der Schrift über die Passionen), wie das der physiologischen Zeitrich- tung entsprach. Er hat auch die äußeren Zeichen der Passionen, welche von diesen physischen Grundlagen derselben abhängen, dargestellt, wie dies das Zeitinteresse eben- falls forderte. Die Einteilung selbst geht von dem anthropologischen Grundschema aus, das wir entwickelt haben. Die Seelenzustände zerfallen in Passionen und Aktionen (Passions I Art. 17). Die Passionen in die, die den Körper, und in die, welche die Seele zur Ursache haben. Die eigentlichen Passionen, die passions de l’äıne haben ihren Gegenstand in der Seele selber. Er unterscheidet nun als ursprünglich sechs Passionen, und diesen ordnet er dann die übrigen unter. Ich stelle diese Anordnung in folgender Tabelle dar. Die sechs Grundpassionen. I. Admiration, entstehend aus dem Eindruck eines neuen oder von unserer Erwartung verschiedenen Gegenstandes, bestehend in der Verwunderung bis zum Erstaunen, ohne daß noch ein Bewußtsein von Angemessenheit des Gegenstandes an uns oder von seinem Gegenteil darin enthalten wäre. Wenn er hinzufüst, daß sonach ohne diese Überraschung der Gegenstand leidenschaftslos aufgefaßt würde, so ist darin der ältere Begriff der für die Selbsterhaltung indifferenten Objekte enthalten ($ 53). II. Amour, III. Haine, entstehend aus der Wahrnehmung, daß der Gegenstand uns convenable ist oder nicht, wonach dann der Gegenstand als bon oder mauvais bestimmt wird ($ 56). Aus diesen Grundrelationen der Seele zu nützlichen oder schädlichen Gegen- ständen entstehen alle Passionen außer der admiration und den in sie eintretenden Passionen von estime und mepris. Insofern sind sie nach der alten Einteilung von — 345 amour und haine abhängig, unter Hinzutritt der Beziehung auf Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Das ist aber das Neue und Tiefe in seiner Einsicht, daß unter dem Eintreten dieser Relationen in das Bewußtsein nieht Zusammensetzungen mit amour und haine, auch nicht Unterformen derselben, sondern neue primitive Typen der Passionen entstehen. IV. Desir, entstehend aus der Beziehung auf die Zukunft. Tiefe, von Srıxoza verwertete Be- merkung, daß die Passionen nach dem Verhältnis des Nützlichen und Schädlichen uns mehr bestimmen, auf die Zukunft uns zu richten als auf Gegenwart oder Vergangen- heit. Und zwar ist desir ebenso auf die Erhaltung eines Gutes oder der Freiheit von einem Übel wie im Falle der Abwesenheit des Nützlichen oder der Anwesenheit eines Schädlichen auf die Veränderung dieses Verhältnisses gerichtet ($ 57). Dirruey: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). r 2 V. Joie, bezüglich gegenwärtiges als gegenwärtig vorgestelltes, uns zuge- höriges Gut. auf ein oder VI. Tristesse, bezüglich auf gesenwärtiges oder als gegenwärtig vorgestelltes, uns zuge- höriges Übel. $ 61. ein Aus diesen sechs Grundpassionen lassen sich nach ihm alle anderen ableiten. I. Admiration. 1. Estime, 2. Mepris, entstehend aus dem Eindruck der Größe entstehend aus dem Eindruck der Klein- des Objekts, $ 54. heit des Objekts. Entstehen diese beiden Empfindungen in der Beziehung auf uns selbst, d.h. auf unser eigenes Verdienst, das wir abschätzen und das in dem richtigen Gebrauch unserer Willensfreiheit und der Herrschaft über unsere Willensakte besteht, so entstehen: 3. Magnanimite (generosite) und 4. Humilite vertueuse. Entsteht sie in der Beziehung auf anderes uns Anhaftendes, das keinen unbe- dingten Wert hat, wie Geist, Schönheit, Reichtum, Ehre, so entstehen: 5. Orgueil und 6. Bassesse als fehlerhafte humilite. Entsteht die admiration durcli Beziehung auf äußere Objekte, sofern wir sie be- trachten als freie Ursachen, welche vermögend sind uns gut oder übel zu tun, so ent- stehen $ 55 7. Veneration 8. Dedain. II. Amour. Ill. Haine. Amour kann zunächst unterschieden werden nach den Gegenständen; die typischen Formen derselben aber entstehen erst aus der Unterscheidung der Liebe, welche den Gegenstand als ein Gut aneignen will, von derjenigen, welche aus dem psychologischen Verhältnis hervorgeht, nach welchem wir den geliebten Gegenstand als ein anderes Selbst betrachten: alsdann ist das Streben direkt auf die Interessen desselben gerichtet, betrachtet sein Wohl als das eigene, ja kann dieses bis zur Aufopferung des eigenen verfolgen, und zwar entsteht je nach der Schätzung des geliebten Gegenstandes $ 83 1. Simple affeetion 2. Amitie 3. Devotion Wertlegen auf ihn weniger Wertlesen wie auf dasSelbst Wertlegen mehr als auf das als auf uns selbst Selbst. Durch die beiden Klassen von Liebe und Haß geht eine zweite Distinktion. Wir nennen gut oder schlecht, was die inneren Sinne oder das Denken uns als un- serer Natur entsprechend oder unangemessen vorstellen. Wir nennen schön oder häßlich, was den äußeren Sinnen, insbesondere dem Gesichtssinn, entsprechend oder unangenehm ist. Er bezeichnet die so entstehenden Passionen als agrement und hor- reur; sie wirken am stärksten, doch trügen sie auch am meisten. 85. 346 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 11. Februar 1904. IV Desm. Die Sonderung des Begehrens in desiderium und fuga, wie DeEscArTEs sie wohl schon aus seinem scholastischen Unterricht kannte, wird von ihm verworfen. In der Flucht vor der Krankheit ist das Streben nach der Gesundheit enthalten. $ 87. So vermeidet er die Schwierigkeiten, die aus der Unterordnung von spes und metus unter diese beiden Typen des Begehrens entsprungen waren. Das Begehren, das aus der Wirkung auf die äußeren Sinne entspringt, erreicht die größte Stärke in dem Liebesaffekt. $ go. Tritt zum Begehren das Bewußtsein, daß seine Erfüllung viel oder wenig Wahrscheinlichkeit hat, so entspringen $ 58 1. Esperance 2. Crainte (eine Art der letzteren: jalousie). Bei höchstem Grad der Wahrscheinlichkeit steigern diese sich zu 3. Seeurite (oder assurance) 4. Desespoir. Aus der Reflexion auf Mittel und Ausführung des Begehrens entstehen $ 59 5. Irresolution 6. Courage (oder hardiesse) 7. Lächete aus Schwierigkeit in Wahl sich entgegenstellend der Gegenteil des Mutes der Mittel Schwierigkeit der (Peur Gegenteil der Ausführung hardiesse) Eine Art der hardiesse: 8. Emulation. Hier schließt Descartes eine Passion an, welche aus der Reflexion auf die Vergangenheit entsteht, sofern eine Handlung vor der Überwindung der Unent- schlossenheit vollzogen wurde: $ 60 Remords de eonscience (morsus conscientiae). V. Joie. VI. Tristesse. Aus Inbetrachtziehen eines gegenwärtigen eines Übels usw. Gutes, das uns gehört. Gehört das Gut nicht uns, sondern ande- Gehört das Übel nicht uns, sondern ande- ren Menschen, so entsteht ($ 62), ren Menschen, so entsteht wenn wir sie dessen für würdig halten, wenn sie es unseres Erachtens verdienen: weil die Dinge geschehen, wie sie sollen: I. Joie (serieuse). 2. ‚Joie accompagnee de ris et de moquerie. wenn für unwürdig wenn sie es unseres Erachtens nicht ver- 3. Envie (eine Art der tristesse). dienen: 4. Pitie (eine Art der tristesse). Bei Inbetrachtziehen der Ursache des gegenwärtigen (oder vergangenen) Guts Übels wenn durch uns selbst verursacht $ 63: wenn durch uns selbst verursacht: 5. Satisfaction (de soi-meme). 6. Repentir. wenn durch andere verursacht, nieht auf wenn durch andere verursacht, nicht auf uns bezüglich $ 64: uns bezüglich, $ 65: 7. Faveur. 8. Indignation. auf uns bezüglich: auf uns bezüglich: 9. Reconnaissance (neben faveur). 10. Colere (neben indignation). Bei Inbetrachtziehen der möglichen Meinung der anderen, $ 66. bien: mal: ı1. Gloire. ı2. Honte. Auf die Vergangenheit bezüglich, $ 67. bien: mal: 13. Regret (eine Art von tristesse). 14. Allegresse (eine Art von Jjoie). Die Ähnlichkeit der Anordnung mit dem neustoischen Übergang von den appe- titiones naturales zu den die Seele trübenden und beunruhigenden Passionen und von diesen zu der constantia ist sichtbar; aber die neuen durchgreifenden Gesichtspunkte bedingen eine viel tiefere Beschreibung und Anordnung. welche auf schönen Beob- Diener: Anthropologie des 16. und 17. Jahrhunderts (Fortsetzung). 347 achtungen beruht. Die Durchführung bringt freilich an den Tag, daß ohne Analysis der Passionstypen der stufenweise Übergang einer Form in die andere nicht zur Wür- digung gelangt. Formen, die unter amour und haine stehen, sind anderen unter ad- miration so nahe verwandt, daß hier das walıre Verwandschaftsverhältnis in der An- ordnung nicht zur Geltung gelangt. Und doch sind die Verhältnisse der Typen zu einander richtiger als in den gezwungenen Ableitungen des Hosses und Srınoza auf- gefaßt. Der Maßstab der Würdigung der Affekte, von welchem die "Theorie der Lebensführung abhängt, lag für Descartes schließlich in dem metaphysischen Begriff des Geistes als Denken und freier Wille. Aus der Macht der Affekte zurückkehren zur Unabhängiskeit des Geistes durch die beständige freudige, starke, rationale Willens- verfassung: darin lag ihm die höchste Lebensaufgabe. Eine Formel über den In- halt dieses Willens oder das höchste Gut hat er nicht aufgestellt: er starb mitten in diesen Studien: es mangelte seinem System die Möglichkeit, Ethik oder Gesell- schaftsleben abzuleiten. Erst Hosses hat von den nenen Grundlagen der Affektenlehre aus dies unternommen. 348 Handschriften-Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan. Von Dr. F.W.K. MüLLEr. (Vorgelegt von Hrn. Sacnav.) I. Material. D:. im folgenden zu besprechenden Handschriften-Reste wurden von der im vorigen Jahre aus Ost-Turkistan mit reicher archäologischer Ausbeute heimgekehrten Expedition, welche unter Leitung des Prof. GrÜnweEneL stand, in der Umgegend von Turfan teils aufgekauft, teils an Ort und Stelle persönlich ausgegraben. Bezüglich der Ein- zelheiten der Auffindung, welche manches weiter unten unter III. zu Sagende in anderer Weise bestätigen. muß vorläufig auf den Expe- ditionsbericht verwiesen werden. Die meisten der bisher untersuchten Fragmente sind auf Papier (ler verschiedensten Formate, ein aus zwei Doppelblättern bestehendes Schriftstück ist auf dünnes, weißes Leder und eins. leider nur in einem kleinen Fetzen erhaltenes, ist auf Seide geschrieben. Alle sind sorg- fältie und deutlich geschrieben. mehrere sind mit schönen Initialen bzw. eelben. grünen. blauen un«d roten Überschriften und Schluß- zeilen oder auch abwechselnd mit schwarzer und roter Schrift ver- ziert. Einzelne müssen — nach den leider nur wenig zahlreich er- haltenen Fragmenten zu urteilen — wahre Prachtstücke der Miniatur- malerei gewesen sein. Allen gemeinsam ist eine eigentümliche Vor- liebe für sehr kurze Zeilen, was den Handschriften ein außerordentlich charakteristisches Aussehen eiebt (vel. die Faksimiles). [3 I. Schrift und Sprache. Wie schon in der Überschrift angegeben, sind diese Manuskripte in Estrangelo geschrieben. Die Kenntnis dieser syrischen Schrift allein genügt aber nieht zum Verständnis der Texte, wie ein Blick auf die K. Mürrer: Handschriften -Reste in Estrangelo -Schrift aus Turfan. 34) Faksimiles lehrt. Nach einigen mißglückten' Entzifferungsversuchen gelang es dem Unterzeichneten, durch eine Reihe von Kombinationen 2 das folgende Alphabet“ festzustellen: R NEN he " a ac 3 Höchst merkwürdig sind hierbei: Va ae Su 7 N 9 rn ı. das Fehlen der gewöhnlichen syrischen RUN NEN r Buchstaben Am, ka. IN e 2. die neuen Zeichen —_S und £ a — erw. Al Kundin yor — 2, # Ma 8: Dura 73 3. die Modifikation bez. Differenzierungen & 7? ma 9 N\=[/,\X=/ (das gewöhnliche syrische 7), A D . a np » Var die Schlußform des n = %, die Form des — ® 8 ms (= syrisches g), das q = (syrisch eher AL EN = = m!), X € ist wohl aus dem syrischen Ssäde N 4 5 = entstanden, die Verwendung des syrischen x N I7/ für h { el aD Belege. AEATER Iron an Harasan wianar Khürasa r Tr. vr a Z en Wie schon aus den angeführten wu Khnrkhsid Beispielen hervorgeht, haben wir es hier mit den beiden Sprachen Türkisch ne Gabrasl und Mittelpersisch zu tun. Zum weite- sit zaeraı . „ . DR ED N, ren Beweise mögen hier noch einige _h ua F77 7 R ei entscheidende Stellen aus den Hand- EEE x ep, » I Airislag schriften folgen. Zivandagan nenn Anar ee dar sakhıun Auen MikhaL inden num Zürksanlar wine Tengr££ ER ev ! Was vor allem dadurch verursacht wur- 7 : de, daß das am besten erhaltene Fragment auf an SE eilga weißem Leder, welches vorzüglich deutlich ge- IE za schrieben ist, sich für Entzifferungsversuche Rx: 3 am allerwenigsten eignete. BEN RAT, 2 Die Reihenfolge der Buchstaben @— v ist durch einen alphabetisch angeordneten Hymnus A a 9 Hag gesichert. Sitzungsberichte 1904. 27 No EN >50 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. „: Türkiseh: 1. Vgl. Faksimile Zeile 9 fled.: Ai tengriila khüt bülmis alp bilgd Küigür khangdän. Es ist dies der ne Lamb nn Name des bekannten Chäns: Ai tängridä kut bulmis Alp Sta an mama auı mega tuemıe KSEHREET your am un “nr ax when Ss. Tre Diem s An Sonde a vuchge Nr IL —n mean de one rm ! Regierte S25— 832. Der chinesische Name ebenda Ze HZ Dr bilgä tängri Ujgur kagan — der das Glück im Himmel gefunden hat, der tapfere, weise, himmlische, uigu- rische Chän', zflg. THousen, zitiert von ScHLeeEr, Die chinesische Inschrift auf dem uigurischen Denkmal von Kara Balgassun p. 6. 2. Vgl. Faksimile eines kleinen Blattes: gut ürndän- mis alp gütlüg gqüil [Rül] bilgd & tengri khänimiz = unser himmlischer Chän @. usw. Guss Br Ausensas, «id, .> ha vuuinitog Persisch: Fragment in roter und schwarzer Schrift. . pis dei dfürind pad [6:7 eihär gandrag dvad [cd] dfürihäd wa "stäihdd in pid 'i vazragli wa —= vor ihm preisend nach den 4 Seiten und preise und lobe .. den Vater der Größe und... Ir er] yF- K. Mürter: Handschriften - Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan. 351 2. Fragment in roter Schrift (vgl. Faksimile). ärdävan päkdn. %. —n LE FERE rdinidärü wa pisübdi = FÄRRES Kann i khüddimdn däfridag mSau)en Aura rrertentee ndm. M. mari ch'|'n klnirkhsid hamicd g, edan mrennaa nirdsan päigl [s] us Arbeusenues U ndmdg Nyearüst RR har Sean — dies Remeny zer die Führung und Leitung unseres Herrn, dessen Name gepriesen ist. M. der Herr.. die Sonne und alle //// Provinz Choräsän .... 3. Aus Handschrift Älaf (vel. Faksimile Z. 2). . päsban dz dndarın wa- Asndasranımına 48) birün. hiydr dead [od] paädär. Staunoininsmanamse Dilihim 6 fristagdin tahmdn 3 Iiminameyenanemı Zörmandin. Rıtfäil Milkhail rm Rn Ta an una Gabräil Sardil..... wupuönseöinuemn _ lem Wächter des Inneren und Äußeren. num Senn sk Freund (?) und Schützer. a ern due. die Engel, die Starken, die ne Raphael, Michael, Gabriel, Sarael . Diese wenigen Sprachproben mögen vorläufig genügen. Es sei noch erwähnt, daß in den Texten sehr altertümliche Formen vorkom- men wie pädkhsäh, rökhsand und das schon oben erwähnte Ahirkhsid für pädisäh, rösand, khörsed. Recht auffällig ist schließlich die Ähnlichkeit gewisser türkischer »Runen« mit den entsprechenden Zeichen des oben gegebenen syri- schen Alphabets, so besonders m, /, /!, t, f, n. Darüber wie über das vom Verfasser des Fihrist überlieferte »manichäische« Alphabet wird aber später sich Gelegenheit finden zu sprechen. III. Welcher Literatur gehören diese Reste an? Die Frage: Welcher Literatur gehören die genannten Handschriften an? kann meines Erachtens auf Grund der äußeren und inneren Zeug- 352 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 11. Februar 1904. nisse wie folgt beantwortet werden: Wir haben hier Reste der ver- loren geglaubten manichäischen Literatur vor uns. Heute mögen nur kurz die folgenden Beweise angeführt werden: 1. Der in einigen Hymnen vorkommende Refrain: yazdmäri Mäni. [räri wohl = syr. Titel mär(i) mein Herr.] 2. Der oben zitierte Ausdruck pid "i vazargiüi, »Vater der Groß- herrlichkeit«, der als spezifisch manichäisch durch den Verfasser des Fihrist! belegt ist: A| z|, A|, al Ay. 3. Die häufige Nennung der in der Mani-Religion eine bedeutende Rolle spielenden Lokalitäten Xhurdsdn” und Babylon” (Baäbil zamig). 4. Die Beschaffenheit der Handschriften, die minutiöse Ausfüh- rung und liebevolle Ausstattung derselben. Vgl. die yon KesstEr, Mani 1899 p. 366 mitgeteilte Stelle des al-Gähiz (gest. 859): »Ibrähim as Sindi sagte einmal zu mir: »Ich wünschte die Zandiken [d. i. Ma- nichäer] wären nicht so verpicht darauf, teures Geld auszugeben für sauberes weißes Papier und für die Anwendung von glänzend schwar- zer Tinte, und daß sie nicht so hohen Wert legten auf die Schön- schrift usw.« Ibid. p. 371, über die »nach Mani-Art« geschriebenen und verzierten Werke. Vgl. auch die Bemerkungen des hl. Augustin über die manichäischen Bücher: Adv. Faustum Lib. XII e.6 u. ıS (zitiert bei Früser a.a. 0. S. 385): Tam multi et tam grandes et tam pretiosi codices vestri — incendite omnes illas membranas elegantesque tec- turas decoris pellibus exquisitas ete. 5. Die zu dem Fundbericht gut passenden Aussagen der chine- sischen Historiker. Der Kürze halber will ich hier nur eine Be- merkung Drverıas‘ zitieren: »Somme toute, aucun texte chinois ne nous dit que, d’une ma- niere generale, les Ouigours fussent manicheens; les auteurs chi- nois nous rapportent simplement quilyavait des Ouigours manicheens, que des Mäni qui etaient sans doute d’origine chald&enne ou persane, avaient facilement acces aupres de leur khakan, et qu’ils avaient la confiance de celui-ci au point de lui servir habituellement de conseillers. « Auf diese wichtige Frage der manichäischen Literatur hoffe ich in der Folgezeit zurückkommen zu können. ! Vgl. Frücer, Mani 1862 S. 274. ® Vgl. Frücer a. a. O.s.v.: »Zufluchtsort der Manichäer«. Ib. »alleiniger Sitz des Oberhauptes der Manichäer«. — Berünis Chronologie, übersetzt von E. Sacuau p. 121. 4 3 Deverra, Musulmans et manicheens chinois, im Journal asiatique 1897 p. 475- Ausgegeben am 18. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 18. 25. Fegruar 1904. MIT TAFEL II uxo IV. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der » Sitzungsberichte «, $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern, s2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 56. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schere seh, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: F die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, NE } 7. » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, Y° » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach F‘ ertigselung des Bayieiere öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Olasse. . $8, 5. Auswärts werden Correcturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 811. 1, Der Verfasser einer unter den »Wissenschaßtlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich” fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der li Titel der Mittheilung und. der Name des Verfassers stehen. N 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei | Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. ‘ 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche N Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und H auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- 3 hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig 3) dem redigivenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf | seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger 4 Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere AlEra: plare auf ihre Kosten abziehen lassen. N j 8 28. ie { 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte ber stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 4 vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle | Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines sihrem | Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. N Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder eorre- spondirender Mitglieder direct bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der 1 Akademie nicht ehren! hat er einem zunächst, LESER scheinenden Mitgliede zu überweisen. [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Küfıakrmn DeHset es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder £ einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag. kann, sobald das Manuseript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden 1% Wi > S 29. 1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhale.dea A R geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der, gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind E nach jeder Richtung nur ‚die ee verant- wortlich. % 3 SITZUNGSBERICHTE 1904. X. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 18. Februar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Exerer las über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. Erst jetzt ist es, auf Grund der in den letzten zwanzig Jahren nach dem Somali- land unternommenen Forschungsreisen, möglich, die pflanzengeographischen Verhältnisse dieser Halbinsel klar zu legen. Das einen Theil der Halbinsel einnehmende Gallahoch- land schliesst sich in seiner Vegetation vollkommen Abyssinien an. Dagegen ist das übrige Somaliland durch einen grossen Reichthum an niedrigen Buschgehölzen ausge- zeichnet, ähnlich wie das Damaraland. Unter den Baumformen herrschen Akazien. Eine Eigenthümlichkeit ist neben der Übereinstimmung des nördlichen Küstenlandes mit demjenigen Arabiens das reichliche Auftreten ostmediterraner Typen im nördlichen Hochland, von besonderm Interesse das Vorkommen der Populus euphratica am Tana nahe unter dem Aequator. 2. Hr. Pranck legte eine Mittheilung der HH. Proff. C. Rusner und J. Preeut in Hannover vor: Die magnetische Zerlegung der Ra- diumlinien. Durch die magnetische Zerlegung der stärksten Radiumlinien wird gezeigt, dass sie den stärksten Linien im Speetrum von Mg, Ca, Sr, Ba homolog sind. Das Ra- dium wird dadurch auch spectroskopisch als zur Gruppe der alkalischen Erden gehörig erkannt. Zwischen den Linienabständen und dem Atomgewicht zeigt sich eine ein- fache Beziehung, die einen Schluss auf das Atomgewicht von Radium erlaubt. 3. Hr. Erman machte Mittheilungen aus einem Bericht des Hrn. Dr. Borcnarpr über die Tempelbauten auf Philae nach ihrer Über- fluthung. Eine Schlammdecke hat sich auf der Insel nicht abgesetzt. Dagegen zeigen die Reliefs schon jetzt eine Abstumpfung der Kanten, und über der Wasserlinie tritt eine breite Salzausschwitzung an allen Wänden hervor. 4. Hr. Eserımans hat in der Sitzung am 3. December 1903 eine Abhandlung des Hrn. Geh. Med. Raths Prof. Dr. G. Frırscn hierselhst Sitzungsberichte 1904. 28 354 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. vorgelegt: Die Retinaelemente und die Dreifarbentheorie. Die- selbe soll in den Anhang zu den Abhandlungen des Jahrganges 1904 aufgenommen werden. 5. Hr. Hesrı BecQuzrer in Paris, Professor am Museum d’Histoire Naturelle und an der Ecole Polytechnique, Mitglied des Institut de France, wurde zum correspondirenden Mitgliede der Akademie in der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. Von A. EnGLer. Hierzu Taf. III. Botanisch wiehtige Reisen im Somaliland. |B4E vor 36 Jahren war von der Vegetation des tropischen Afrika nur die der Nilländer einigermaassen gründlich erforscht, so dass Schweın- FurTH im Jahre 1868, nachdem er ein Jahr vorher mit Unterstützung von P. Ascuerson das wichtige Werk »Beitrag zur Flora Aethiopiens« veröffentlieht hatte, eine vortreffliche pflanzengeographische Karte nebst Charakteristik des Nilgebietes und der Uferländer des Rothen Meeres (PETERMANN’s geogr. Mittheil. 1868, Taf. 9) herausgeben konnte, für welche insbesondere die Sammlungen von 0. G. EHRENBERG, ÜIENKOWSKI und W. Scnimper, sowie die Schilderungen Tu. Korscny’s und Sreup- ner’s neben seinen eigenen Beobachtungen die Grundlage abgegeben hatten. Für das übrige tropische Afrika sollten zum grossen Theil erst die grundlegenden Sammlungen und Beobachtungen gemacht oder die vorhandenen Sammlungen, wie diejenigen von WErwırsch aus Angola und Benguella, noch bearbeitet werden. Die meist dürftigen, ohne spe- eielle Pflanzenkenntniss gemachten Angaben der zahlreichen Forschungs- reisenden, welche in den folgenden Jahrzehnten so viel Aufklärung über die oro- und hydrographischen Verhältnisse Afrikas gebracht haben, reichten nur gerade hin, um eine mangelhafte Vorstellung von der Physiognomik der Vegetation zu geben; andererseits waren mit wenigen Ausnahmen die auf Sammlungen sich beziehenden systema- tisch floristischen Publicationen — zwar die unerlässliche Grundlage für weitere Forschungen — nicht ausreichend, um eine befriedigende Vorstellung von der Vegetation und pflanzengeographischen Gliede- rung der einzelnen Gebiete zu geben. Es ist dies nicht Schuld der Bearbeiter, sondern der Sammler, welche früher es meist unterliessen, den von ihnen gesammelten Pflanzen genaue Bemerkungen über Entwicklung und Beziehung zu ihrer Umgebung beizufügen. Als rühmenswerthe Ausnahmen sind von älteren Sammlern zu nennen I8* 356 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. W.Scninrer und Werwırscn; in neuerer Zeit jedoch sind viele Sammler, zum Theil auch mit Unterstützung der Photographie, den wissenschaft- lichen Bedürfnissen mehr entgegengekommen, und so sind die Bota- niker, welche sich eingehender mit der Flora Afrikas beschäftigt haben, allmählich zu einer klareren Vorstellung von der Vegetation Ost- und Westafrikas gelangt, die aber noch nicht in weitere Kreise, auch nicht in die pflanzengeographischen Handbücher, eingedrungen ist. Noch völlig unzureichend ist unsere pflanzengeographische Kenntniss meh- rerer Theile des inneren Afrikas, so auch der deutsch - ostafrikanischen Gelände vom Kiwu-See bis zum Banguelo-See, und ebenso war es bis vor Kurzem bestellt mit dem grossen Horn Afrikas, der Somalihalb- insel. Günstige Umstände haben es gefügt, dass gerade die umfang- reichsten Pflanzensammlungen von der Somalihalbinsel. welche ins- gesammt fast 4000 Nummern umfassen, im Berliner botanischen Mu- seum von mir und meinen Mitarbeitern bearbeitet werden konnten. Da nun bereits ein sehr reiches Material von Abyssinien und Öst- afrika an unserem Museum zur Verfügung stand und ich hierüber pflanzengeographische Studien gemacht hatte, so schien mir die Zeit gekommen, auch für die Somalihalbinsel die Grundzüge der Pflanzen- verbreitung zu entwerfen, indem ich die allerdings oft recht kümmer- lichen botanischen Angaben der Reisenden mit den viel reicheren Er- gebnissen der Herbarstudien zu einem Ganzen verarbeitete. Dabei will ich nicht verkennen, dass wir über viele Theile der Somalihalb- insel noch sehr wenig wissen und dass sicher mehrere der in neuerer Zeit aufgestellten Pflanzenarten aus Somaliland wieder fallen werden; aber nichtsdestoweniger kann man jetzt die Grundzüge der in diesem Gebiet bestehenden Pflanzenverbreitung herausfinden. Zwar hatte schon im Jahre 1856 Speke die im Norden der Somali- halbinsel sich hindurchziehende Gebirgskette im Gebiete der Warsangueli durchquert und hierbei Einiges gesammelt; aber die ersten nennens- werthen' botanischen Ergebnisse aus dem Somaliland verdanken wir J. M. HıLpegranpt, welcher im März 1873 nach einem Besuch von Berbera und Bulhar in Lasgori am Fuss des Ahlgebirges landete und in letzterem bis zur Höhe des Jafir-Passes vordrang. Diese Expedition ergab etwa 150 Arten, von denen viele erst in neuerer Zeit bestimmt wurden. Im Juli 1873 machte er von Sansibar aus einen Ausflug nach Brava an der Ostküste der Halbinsel, der ı8 Küstenpflanzen ergab. Auf seiner zweiten afrikanischen Reise 1875 begab er sich im März von Aden wieder an die Nordküste der Somalihalbinsel, drang von !_ voN DER Decken, dessen Expedition nach dem Kilimandscharo auch botanisch nicht ohne Ergebnisse war, fand leider 1865 bei seinem Versuch, auf dem Dschuba in's Somaliland vorzudringen,. den Tod. 2 & WAHHHYHU ——4900-05 € 4900-09 € | | m191 BR ds uf) - urspoki 2 { z = 4594-95 Donakdson Smth R om 4495-96 Tu... ‚IhiRa-Cmomesti 190-0 @.Fe6.n. Eclomger 7 we +, N yr 2 S Ss Ä > mn TERN Sara“ TTIURERS ur ’ f ‘ ‘ ı ' ’ s ° ’ ’ ‘ ’ E__ ‘ ‘ ’ ’ 4 EnsLer: Über die Vegetationsverhältniss de _ Es6rEr: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 357 Meith in das Serrutgebirge bis zu 2000" vor und sammelte etwa 200 Arten. deren Bestimmungen zum Theil noch nicht veröffentlicht sind, während ein Theil der bei der Ausgabe der Pflanzen mitgetheilten Bestimmungen der Berichtigung bedurfte. Nach längerem in botani- scher Beziehung sehr erfolgreichen Aufenthalt auf Sansibar verblieb er einige Zeit in Lamu, von wo er nur etwa 12 Arten mitbrachte. Die nächsten botanischen werthvollen Expeditionen waren die von R£- voıt, welcher drei Reisen, December 1877 bis Mai 1878, August 1878 bis Januar 1879, und Juli 1880 bis 1881, in das nordöstliche Somaliland unternahm. Er bereiste zunächst die Küsten von Benadir und Me- dsehurtin, überschritt die Gebirgskette im Nordosten der Halbinsel zwischen Gandala und Berguel, er drang ferner von Bender Gasem, einem kleinen Hafen der Nordküste vor bis in das Thal des Darror und endlich durchquerte er bei seiner dritten Reise die Gebirgskette von Lasgori aus, im Lande der Warsangueli, überschritt den Darror und seine Zuflüsse in ihrem oberen Lauf und machte Halt am Fuss der Karkarberge. Als botanisches Ergebniss dieser Expeditionen wurden 144 Arten von Francuer in dem 1882 erschienenen Werk, »Faune et Flore des pays Somalis« aufgezählt. Diese verhältnissmässig kleine Sammlung ist insofern wichtig, weil sie zum Theil aus Gebieten stammt, deren Flora uns völlig unbekannt war, und anderseits die Sammlungen Hınpesranpr’s' ergänzt. Ferner sind von pflanzengeographischem Interesse die Berichte von Joser Mrxers über seine zu Jagdzwecken unternommenen Expe- ditionen in den westlichen Theil des nördlichen Somalihochlandes, namentlich sein Aufsatz » Ausflug in das Somaliland«, in Prrermann’s Mittheilungen 1884, S. 401—412 und der Bericht über seine »Zweite Reise in das Somaliland und Besteigung des Gan Libach« in Prrer- masn’s Mittheilungen 1885, S. 449ff. Es sind dies treffliche Schilde- rungen, in denen auch der Vegetation so gedacht wird, dass man ! FranchHer befand sich aber sehr im Irrthum, als er in der Vorrede zu seiner Bearbeitung (S. 3, 4) über Hırpesrannr sagte: »mais il ne parüt pas avoir penetre bien avant dans l’interieur du pays; ses explorations ont dü se borner au littoral et e’est A peine sl a pu toucher les chaines de basses montagnes qui en sont le plus rapprochees«. Der erste Satz ist richtig, der zweite durchaus falsch, da Hırperrannr bis zu 2000" Höhe vorgedrungen ist; es ist dies um so sonderbarer, als Fraxcner den Aufsatz Hırperranvr’s eitirt, in welchem dieser über die Besteigung des Ahl- gebirges berichtet. Auch hat Hırpesranvır auf jeder seiner kurzen Expeditionen in das nördliche Somalihochland mehr Arten gesammelt, als Revoır auf allen seinen Ex- peditionen zusammengenommen. Dazu kommt, dass Revo. nur krautige und klein- strauchige Arten mitbrachte. Ferner fehlen bei mehr als einem Drittel seiner Pflanzen ge- nauere Fundortsangaben und viele der neuen Arten Francner's sind nicht ohne Ver- gleich mit den verwandten Formen anzunehmen; ich habe daher seine Angaben bei meiner pflanzengeographischen Studie nur dann benutzt, wenn ich keine Bedenken hatte. 358 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. wenigstens einige aus HırLpEgranpr's Sammlungen bekannte Pflanzen wieder erkennt. Die geographisch erfolgreiche Reise der Gebrüder James, welche im Jahre 1885 unternommen wurde und über das nördliche Hochland hinweg durch das trockene Hinterland Haud nach Ogaden und bis an die Gestade des Wabbi-Schebeli führte, ergab etwas über 100 gut bestimmbare Pflanzen, die in dem Reisewerke von James »The unknown horn of Africa« (1838), p.318— 323, von D. OLıver aufgezählt wurden. Ende 1884 hatten auch K. vow HArvesser und PaAvummscHk£E ihre Forschungsreise nach Harar angetreten, welche von Zeila dureh das Goban- und das Issaland über Bir-Kaboba nach Dschildessa und von da über Gurgura, Bellaua, Ego nach Harar führte, also durch das nord- westliche Gebirgsland der Halbinsel, welches zum Gallahochland auf- steigt. Von dieser durchaus wissenschaftlichen Expedition wurden nur 60 Pflanzen mitgebracht, welehe Prof. Güntuer Beck von MANAGETTA bestimmte und in dem Reisewerk Paurrrscnke's »Harar« (1888), S. 450 bis 462 beschrieb. Erheblich reicher als die Sammlungen der letztgenannten Reisenden waren die der Italiener Rogeechtr-Brıccnerti und Rusrorı. 188g unter- nahm der erstere auf demselben Wege, den HAarDEssEr und Paurırsenke eingeschlagen hatten, eine Reise nach Harar, von der eine kleine Pflanzensammlung an das Istituto botanico der Universität Rom ge- langte; die Angaben über die Pflanzenphysiognomik des Landes in seinem 1896 erschienenen Reisewerk »Nell’ Harrar« sind nur dürftig. Auch die 1890 unternommene Reise an der Ostküste der Halbinsel von Obbia bis Allula ergab keine bedeutende botanische Ausbeute. Dagegen sind sehr wichtig die Sammlungen, welche er von seiner kühnen Dureh- querung im Juli und August 1891 mitbrachte. Von Mogadoxo marschirte er zunächst an der Benadirküste entlang bis Adalle, von hier in grösserer Entfernung von der Küste nach Elhur, von da in einem landeinwärts gerichteten Bogen über Harardare nach Obbia; dann nord- westlich nach Mudug, hierauf in einem schwachen Bogen südwestlich durch Merehan nach Gurrati am Wabbi, dann an diesem aufwärts bis Barri, von hier nach Faf und am Tug Faf aufwärts nach Warandab, wo er der Karawane der Expedition RusrorLi-KeLLer begegnete. Als- dann eilte er am Tug Faf weiter aufwärts bis Een und wendete sich von hier wieder ostwärts nach dem ein wenig südlicher gelegenen Milmil in Ogaden, dann ging er nordwärts nach Rer-es Saghir im Lande der Haberaul am Fuss der nördlichen Gebirgskette und nun nordöstlich nach Berbera. Die erste Expedition des Fürsten Rusrorı, an welcher Prof. ©. KeLzer aus Zürich theilnahm, ging Anfang Juli 1891 von Berbera ab über Lafarug are Fe TE Enster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 359 zum Pass Dscherato im Gan Libach, dann Ende Juli durch das trockene Haud nach Ogaden. Mitte August traf die Expedition in Warandab ein und gelangte am Faf entlang nach dem Wabbi. Anfang September wendete man sich nach Überschreitung desselben westwärts und kam durch immense Steppen des südwestlichen Ogaden nach Elmeger; dann wurde nach Norden umbiegend der obere Lauf‘ des Wabbi in der Gegend von Bessare erreicht, Ende September der Wabbi über- schritten, bis Mitte October bei fast täglich strömendem Regen im Wabbithal geblieben, dann Ende October in das Hügelland der Ab- dallah bis zum Fuss der Goraberge und über diese hinweg wieder nach Warandab vorgedrungen. Von da erfolgte die Rückkehr. Prof. Dr. ©. Kerrer, welcher diese Expedition als Zoologe begleitete, hat auch eine interessante Pflanzensammlung von derselben mitgebracht und in seiner Schilderung der Expedition »Reisestudien in den Somali- ländern« im Globus 1896, S. 131— 187, 203—208, 361—367, eine lehrreiche Charakteristik der von ihm bereisten Gebiete gegeben; eine geringe Anzahl Bestimmungen der von ihm gesammelten Pflanzen findet sich im Bulletin de l’Herbier Boısster III (1895) und 2. ser. III (1903) sowie in den letzten Bänden der Flora of tropieal Africa. Durch ein viel grösseres Gebiet führte die zweite Expedition Rusrorı in den Jahren 1892—1894, welche Dr. Domenico Rıva als Botaniker begleitete. Nach einigem Aufenthalt in Berbera brach die Expedition im December auf und erreichte ziemlich auf demselben Wege, wie die erste Expedition Rusrorı Milmil am Rande des Haud- gebietes Ende December 1892. Im Januar und Februar 1893 wurde Ogaden in der Richtung nach SW. durchreist und am Web Ruspoli entlang zum Ganale oder Dschuba vorgedrungen. Derselbe wurde oberhalb der Mündung des Daua im März 1893 erreicht. Nach Über- schreitung desselben bei Dolo und längerem Aufenthalt im Mündungs- gebiet des Daua bewegte sich die Karawane Rusrorr's vom April bis Juli den Daua aufwärts durch das untere Boran nach dem oberen Boran. Im September 1893 ward Dscharibule erreicht, man drang nach Dseham-Dscham vor und befand sich im Gallahochland. Von Dscharibule aus wandte sich Rusrouı weiter westwärts und erreichte noch Coromma im Lande der Amara und Quellgebiet des zum Stephanie- See fliessenden Sagan. In diesem schönen Bergland wurde bis Anfang December 1893 eifrig gesanımelt; aber leider wurde am 4. December RusrozLı von einem angeschossenen Elephanten getödtet und damit die sehr wichtige Expedition an weiteren Fortschritten gehindert. Zum Glück hat Dr. Rıva die bedeutende wissenschaftliche Ausbeute nach Rom zurückgebracht: aber leider fand er, von Mitteln entblösst, in seiner Heimat ein trauriges Ende. Von Rogeccnrs und Rusrorrs sehr 360 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. umfangreichen Sammlungen (etwa 2000 Nummern) wurden die Pterido- phyten von Prof. Prrorra, die Gramineen von Dr. Cmiovenna in Rom, die Amarantaceen von Prof. Dr. Lorrıore, die Euphorbiaceen von Prof. Dr. Pax, die Convolvulaceen von Dr. Harzer f., alles Übrige von mir und meinen Herren Mitarbeitern am botanischen Museum bearbeitet. Die Veröffentlichung‘ der Bestimmungen und Beschreibungen neuer Arten erfolgte im Annuario del R. Istituto botanico di Roma seit 1395 und ist auch noch nicht ganz abgeschlossen. Die vom October 1895 bis Februar 1596 dauernde Expedition der Fürsten Demeter und NicoLas GHIKA-ÜOMANESTI war zwar nicht lang, schlug aber mehrfach vorher nieht begangene Wege ein, zunächst durch das Goban südwestlich gegen Harar bis Dschidschiga, von hier im November am Ererfluss entlang am Rande des Haud südöstlich nach Dagabür, wenig westlich von Milmil, hierauf etwas westlich über den oberen Lauf des Tug Faf zum Dabalaberg am Dakato im nörd- lichen Ogaden, im December am Dakato und Tug Burka entlang an den Fuss des 1371” hohen Dschigo im südlichen Ogaden, hierauf weiter südwärts bis Senmoreto am Wabbi. Nach Überschreiten des letzteren und südwärts gerichteten Marsch bis 5°4 erfolgte die Rück- reise vom Wabbi am 8. Januar durch Ogaden bis Milmil und durcli das Haud über Haruf nach Berbera. Die nur 54 Arten umfassende, von den HH. Prof. Schweirurtu und Vorkens bearbeitete Pflanzen- sammlung enthält ausser der neuen Scerophulariceengattung Ghikaea auch eine Anzahl neuer Arten; aber das vom Fürsten Nicoras D. GmmkA herausgegebene Reisewerk »Cing mois au pays des Somalis«, 1897, bringt die besten Vegetationsansichten, welche über das Somaliland erschienen sind. Inzwischen hatten Anfang 1895 auch Miss Enırm Core und Mıs. Lorr Pinruıps einen Ausflug von Berbera auf den Golis Range gemacht: sie waren bis zu 1600” vorgedrungen und hatten 300 Pflanzen ge- sammelt, von denen die Botaniker Kews im Kew Bulletin 1895. S. 211— 230, 68 als neu beschrieben. Auch wurden einige Arten von SpencER Le M. Moore im Journal of botany 1899 beschrieben, einige ! Leider sind in diesen Veröffentlichungen die geographischen Angaben mangel- haft; es liegt dies 1. an der sehr grossen Ungenauigkeit und Unvollständigkeit der Atlanten und grösseren Karten bezüglich des Somalilandes, von der ich mich selbst auch erst nach genauerem Studium der Speeialkarte über die verschiedenen Marsch- routen der neueren Forscher überzeugt habe; 2. an der sehr schlechten Schrift Dr. Rıva’s auf den Pflanzenetiquetten; 3. daran, dass er selbst auch die geographischen Bezeichnungen einzelner ‘Theile des Somalilandes verfehlt hat. Ich halte mich in dieser Abhandlung an die Schreibweise der von Ü. Jurıscn gezeichneten und dem in der deutschen Kolonialgesellschaft, Section Berlin von Frhr. von ErtAnGer über seine Reise gehaltenen Vortrage beigegebenen Karte, Dietrich Reimer (Vohsen), Berlin 1902. Exsrer: Über die Vegetationsverbältnisse des Somalilandes. 361 andere auch in den letzten Bänden der Flora of tropical Africa. Es ist dieser Beitrag für die Feststellung der pflanzengeographischen Ver- hältnisse sehr wichtig. 1894 und 1895 hatte auch Doxarnson Surru seine geographisch wiehtige Expedition nach dem Somali- und Gallaland unternommen. Er bereiste zunächst, wiederholt zwischen den Richtungen Ost—-West und West-Ost wechselnd, von Milmil ausgehend, das nördliche Ogaden und Arussi-Galla bis zum Quellgebiet des Daroli, vom 4. Januar ab am Tug Ainli (zwischen 7° und 6° n.Br.) entlang zum Wabbi-Schebeli, dort bis Bari, dann durch Ogaden südwestlich nach dem Ganale- Dschuba, hierauf zunächst am Daua entlang, bei Dschellago im Fe- bruar 1895 von Rusrorr’s Weg abgehend, ungefähr am 4° n. Br. weiter westwärts und vom 39° ö. L. nordnordwestlich in’s Gallahochland zum Abbaja-See, dann südlieh zum Stephanie-See, von Mai bis Juni an diesem herum, im Juli zum Rudolf-See und an dem in diesen mün- denden Niänam nordwärts bis 6° n. Br., hierauf am Ostufer des Rudolf-Sees entlang, theilweise dem Wege Graf Trrexts und vox Hönnxer's folgend, zum Guaso Nyiro im N. des Kenia und dann nach Borati am mittleren Tana: am 25. October 1895 endete die Expediton in Lamu. Wäre auf derselben regelrecht gesammelt worden, so hätte sie ungemein viel zur Aufklärung botanisch unerforschter Gebiete bei- tragen können, doch nach den bisher veröffentlichten Beschreibungen zu urtheilen, scheint die Ausbeute nicht bedeutend gewesen zu sein, wohl aber enthalten die berichte von Smiru mancherlei Beiträge zur Kenntniss der allgemeinen Physiognomik der Vegetation der Somali- halbinsel. Sehr erfreulich sind dagegen die botanischen Ergebnisse der Ex- peditionen, welche die HH. Carr Frhr. von ERLANGER und O. NEUMANN, begleitet von dem Arzt Hrn. Dr. Erzesseex durchführten. Anfang Ja- nuar 1900 ging die Karawane von Zeila ab auf dem üblichen, aber noch nie so gründlich botanisch erforschten Wege über Dadab, Ensa, So-omadu, Bir-Kaboba, Dabaas, Artu, Dschildessa, Belaua nach Harar, wo die Erlaubniss Menelik’s zum Bereisen der Gallaländer erwartet werden musste. Dieser unfreiwillige Aufenthalt wurde im März zu einer erfolgreichen Expedition nach dem Haramaya-See und auf den 3500” hohen Gara Mulata benutzt. Sodann wurde die Umgebung Harars gründlich erforscht. In der zweiten Hälfte des Mai bewegte sich die Expedition über die Abhänge des Dschebel Hakim hinweg nach dem Lande der Ennia Galla, welchem mehrere Zuflüsse des Wabbi entspringen. Nach Überschreitung des oberen Wabbi zwischen Atschabo und Gurgura folgte die Expedition dem Wabbi aufwärts, aber südlich von demselben bis Sheik Hussein im Lande der Arussi- 362 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Galla, wo ein von Mitte Juni bis 7. Juli dauernder Aufenthalt Ge- legenheit zum Sammeln gab. Nach Besteigung des 3200” hohen Abu- el-kassim und des Abunass kam man über die Hochebene Diddar, zur Regenzeit über den Hauasch und seine Zuflüsse am 14. August nach Adis Abeba. Hier wartete man drei Monate auf das Ende der Regenzeit und dann trennte sich die Expedition O. Nrumann’s von der Frhr. von ERLANGER s, welche auch weiterhin von Dr. ELLENBEcK be- eleitet wurde. Am 14. November erreichte diese, nunmehr direct nach S. gehend, den 3000” hohen Berg Sekuala, dann durch das mit 5 erossen Seen versehene Hochland Sidamo, endlich Aberasch oder Aberra, den Hauptort von Dscham Dscham. Anfang Januar 1901 wurde von Aberra ein dreiwöchentlicher Austlug nach den Ufern des Abbaja- Sees und des Gangjule-Sees unternommen, auch der Oberlauf des Sagan bei Burdschi überschritten und Rusrorr's Grab besucht. Vom 23. Januar bis 23. Februar dauerte die Reise durch das Quellgebiet des Wabbi und des Ganale, ein bis 3000” aufsteigendes Hochland ostwärts nach Ginir im Lande der Arussi Galla. Von hier wurde am ı5. März der Marsch südwärts angetreten nach dem Lande der Gurra, an der Grenze von Boran, zwischen Wabbi und oberem Ganale, hierauf der Ganale überschritten und am rechten Ufer desselben die Reise bis Dolo, oberhalb Lugh fortgesetzt, wo man am 28. April eintraf. Nach Überschreitung des Daua vor seiner Mündung wurde zunächst südwestliche Richtung gegen El Uak im östlichen Boran eingeschlagen, nachher südöstliche, um Bardera am Dschuba zu erreichen. Dies ge- schah am 2. Juli, und am 10. Juli traf man bei Gobwen Kismaju un- weit der Mündung des Dschuba ein. Auf dieser Expedition wurden etwa 2500 Pflanzen von Hrn. Dr. ErLengEck in instructiver Weise ge- sammelt und mit genauen Bemerkungen über Standortsbeschaffenheit und Pflanzengemeinschaft versehen, so dass man nach Durcharbeitung (les Materials eine gute Vorstellung von der Vegetation bekommt. Durch die Überweisung dieser Sammlung an das Königliche botanische Museum ist demselben eine sehr werthvolle Bereicherung zu Theil geworden. Hrn. Oscar Neumans’s Reisewege nach der Trennung von der Expedition des Frhrn. vos ERLANGER erstreckten sich zunächst in Schoa weiter nordwärts bis an den blauen Nil, dann wurde süd- wärts bis zum Abhaja-See derselbe Weg eingeschlagen wie von der Erraneer'schen Expedition: vom Südufer des Abbaja-Sees aber wandte sich Ir. Oscar Neumann nordöstlich über Uba, Gofa, Doko, nach Über- schreitung des in den Rudolf-See fliessenden Omo nach Kaffa und von diesem Hochland westwärts am Gelo entlang nach dem Nil. Auch auf dieser Expedition wurden im Gallahochland und Kaffa eine Pflanzen- sammlung zu Stande gebracht, welche Hr. Oscar Neumann dem bo- EnGLER: Über die Vesetationsverhältnisse des Somalilandes. 36: tanischen Museum überwies. Aus diesen Angaben ergiebt sich, dass an letzterem nunmehr die Pflanzenwelt des ganzen nordöstlichen Afrika recht gut vertreten ist. Nachdem ein Theil der grossen Sammlungen von Rusront, Rogeceni und ELLEsgeck durchgearbeitet war, ergab sich sehr bald das Resultat, dass die Flora des Gallahochlandes und auch noch die der Hochgebirge von Harar sich eng an die Flora des abyssinischen Hochlandes an- schliesst, und dass, wie ich schon in meiner vor 12 Jahren erschienenen Hochgebirgstlora des tropischen Afrika (Abhandl. d. Preuss. Akad. (. Wiss. Berlin 1891, S. 45— 47) auf Grund des damals bekannten Ma- terials nachweisen konnte, auch die Flora des nördlichen Somalihoch- landes mit derjenigen Abyssiniens etwas verwandt ist. Immerhin steht die Flora des nördlichen Somalihochlandes und die des ganzen übrigen Somalilandes im Süden des Gallahochlandes im Gegensatz zu der Flora des letzteren und Abyssiniens. Es soll nun meine Aufgabe sein, die allgemeinen Grundzüge der Pflanzenverbreitung in diesem Theil der Somalihalbinsel auf Grund des vorliegenden Materials zu entwickeln, indem ich mir vorbehalte, auf die Flora des Gallahochlandes später einzugehen. Die Vegetation des Küstenlandes. Die Besprechung der Flora beginnt am besten mit derjenigen der Küstenregion. Die Nordküste, welche nur vorübergehend, im December bis März, durch einzelne Regenschauer befeuchtet wird, ist von Sand und Geröll bedeekt und von seichten Regenrinnen durchzogen. Von Meeressiphonogamen wurden am Strand von Obbia die beiden an den Küsten des indischen Oceans verbreiteten Arten Cymodocea isoetifolia Ascners. und Halophila stipulacea (Forsk.) ASCHErs. constatirt: sie sind aber sicher auch anderweit an der östlichen Somaliküste anzutreffen, nachgewiesen auch bei Lamu. Mangroveformation ist nur an wenigen Stellen der Somaliküste bis jetzt aufgefunden worden, obgleich sie auch im Rothen Meer im Dalak- archipel auftritt. An einer nicht näher angegebenen Stelle der Nord- küste wurde Siderxylon diospyroides Bax. gesammelt, das mit dem süd- afrikanischen S. inerme L. sehr nahe verwandt ist. Bemerkenswerth ist ferner, dass in der Bucht von Allula Roszcen Aricennia offieinalis L. gesammelt hat; es dürfte dort auch Rhizophora mucronata zu er- warten sein. In grösserer Vollkommenheit ist die Mangroveformation um Lamu entwickelt, wo sie auch auf Gerbrinden ausgebeutet wird. Dort kommen vor: Rhizophora mucronata Lan., Ceriops Candolleana Law., Bruguiera gymnorrhiza (L.) Lan., Avicennia officinalis L., Suaeda monoica FORSK. . 364 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Die Strandvegetation des Somalilandes ist zwar überall eine sehr spärliche; aber im Westen von Bulhar und Gerri entschieden etwas reichlieher als östlich davon, namentlich östlich von Berbera wird sie immer dürftiger. Specielleres wissen wir nur über einzelne Theile. An dem sandigen Strande bei Zeila wächst der kleine, nur 10° hohe und durch rosenfarbene Blüthenstände auffallende Cyperus effusus Rorrg. und nicht fern von der Küste tritt oft auf grosse Strecken alleinherrschend die Chenopodiacee Suaeda monoica FoRsK. in I-1.5 m hohen Büschen auf. In einiger Entfernung von der Küste finden sich auf sandig-lehmigem Boden Oasen, in deren einer, Tokoscha, eine ziemlich reichliche Ve- getation beobachtet wurde. Zunächst fallen auf die beiden einige Meter hohen Leguminosen-Bäume Prosopis juliflora DC. (lebi) mit Fiederblättern, welche an die des Schinus molle erinnern, und mit orangefarbenen Blüthen- ähren, und die angepflanzte oder verwilderte Parkinsonia aculeata. Von Sträuchern wurde hier nur beobachtet Chrozophora obligua (V au) Juss. mit lanzettlichen, graugrünen Blättern. Als Schlingstrauch tritt auf der succeulente Cissus quadrangularis L. Niedriges, kaum 1" hohes Gesträuch bilden Heliotropium zeylanicum Lan. mit gelblichen Blüthen und Abutilon graveolens (DC.) W. et Arn. mit röthlich gelben Blüthen. Die Krautflora setzen folgende, stellenweise in grosser Menge auftre- tende Arten zusammen: das im nordöstlichen tropischen Afrika so ver- breitete Panicum turgidum Forsk. mit niederliegenden, wurzelnden Sprossen und aufrechten, armblüthigen Stengeln von 30— 40cm Länge, Cleome papillosa Steup., die der Indigofera semitrijuga Forsk. ähnliche 1. somalensis Varkr, Heliotropium longiflorum Hocnst. und das niedri- gere H. undulatum Van, sowie Pavetta crassipes K. Scu. und Gossypium Stockü Mast. Neben diesen aufrechten Kräutern finden sich folgende mit ausstrahlenden, niederliegenden Aesten: Euphorbia scordifolia JacQ., Tribulus terrester L. var. cistoides (L.) Ouıw., Cucumis pustulatus Hocust. f. und Citrullus colocynthis Scnrap. Auch einzelne Acanthaceen finden sich in dem Küstenland, allerdings mehr gegen das Gebirge hin, so: Ruellia patula Jaco. und R. discifolia OrLıw. In der Nähe von Berbera wachsen am sandigen Strand /pomoea pes caprae L. fil. und der strau- chige Convolvulus hystriv V ann; in einiger Entfernung vom Strand sind nur dürftige zerstreute Grasbüschel von Andropogon contortus L. und niedrige, kaum mannshohe Acacia zu sehen; auch werden vereinzelte Tribulus terrester L. und Hibisceus mieranthus Cav. angetroffen. Am Fuss der völlig kahlen 100” hohen, zerstreuten Hügel finden sich hier und da einige Acacien, hier und da auch einige andere Dornsträucher, so Berchemia discolor (Krorzscn) Hrusı., Barleria triacantha Ners. Unweit Berbera wachsen auch die ruthenförmige Resedacee Ochradenus bacca- tus Deuite, die schlingende Aselepiadacee Leptadenia heterophylia (DeuızE) ExGrLer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 365 Decexe., das dickstämmige Adenüum somalense Baur. f., die Suceulenten Caralluma retrospiciens N. E. Brown und ©. Edithae N. E. Brows. Um 160” oberhalb Berbera wurde Cyperus nubicus C. B. CLarke gesammelt. Bei Lasgori am Fuss des ziemlich nahe an das Meer herantreten- den Ahlgebirges sammelte HıLpegrannr auf dem Kalksand des Strandes Cleome brachycarpa V anuı, Zygophyllum simplex L., Fagonia acerosa Boıss., Indigofera somalensis Varke, 1. semitrijuga Forsk., Euphorbia granulata Forsk., Anticharis glandulosa (Expr.), Ascners., Heliotropium pterocarpum Hocust. et STEUDNER, Schweinfurthia aptera Varke, Convolvulus littoralis Varke, welcher von Eprru Corr am Fuss des Golis noch bis 400" Höhe beobachtet wurde. An anderen Stellen des Strandes weiter östlich wurde auch die weitverbreitete Ipomoea pes caprae (L.) Sw. gefunden und bei Lasgori kommen noch vor der mehrjährige Convol- vulus Hildebrandti Varke mit ruthenförmigen Stengeln, C. sericophyllus T. Anpers. und die halbstrauchige Merremia somalensis (V ATKE) HALLIER f. Wir sehen also hier schon die Convolvulaceen, wie auch in den übrigen unteren Regionen des Somalilandes reichlich vertreten. Von Gräsern finden sich hier Pennisetum cenchroides A. Rıcn. und P. dicho- tomum Deumwe. Am Fuss des Ahlgebirges wurde am Strande auch Sta- tice axillaris Forsk. nachgewiesen und weiter östlich bis Allula unweit des Cap Guardafui die merkwürdige Statice cylindrifolia Forsk. Zwischen dem Ahlgebirge und Cap Guardafui wurden ferner von Revom am Strande gefunden: Diceratella sinuata (Frascn.), Reseda amblyocarpa Fres., Fagonia arabica L. und F. glutinosa Der., Tribulus alatus Deuie, Euphorbia longetubereulosa Hocusr. Bei Lasgori findet sich auch nahe am Strand in trockenem Wasserlauf Gestrüpp von Tamarix orientalis Forsk., um welches sich Flugsand anhäuft, dazwischen Salvadora persica GaRcıN und Calotropis procera R. Br., ausserdem die sparrigen Sträucher Indigo- ‚fera argentea L. var. brachycarpa V aun, Tephrosia decorticans 'TAuBerr und auch Tephrosia apollinea (Der.) DC, die Halbsträucher Aerua lanata Juss., die aus Nubien bekannten Leguminosen Taverniera aegyptiaca Boıss. und Crotalaria thebaica (Der.) DU, Chrozophora obligua (Vaur) Juss. und die eigenartige schmalblättrige Aristolochia rigida Ducnartre mit langen niederliegenden Ruthenästen, Forskalia viridis Enurens., die saftreiche Euphorbia systyla Evew. und Pulicaria Hildebrandti Varke. Mehrere dieser Pflanzen finden sich auch in den Vorhügeln. Vereinzelte Gruppen von Schirmakazien und Zizyphus bilden hier die einzigen Baumformen. Die Vegetation des höher gelegenen Küstenlandes im Norden der Halbinsel bespreche ich weiter unten im Zusammenhang mit der Vegetation des Vorgebirges. Die Strandilora der Ostküste ist nach allen Schilderungen jeden- falls sehr dürftig, was sich auch leicht daraus erklärt, dass hier ein 366 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. höheres gebirgiges Hinterland fehlt. Von der Küste der Nordost- spitze, von Medschurtin liegt uns Einiges aus den Sammlungen Ro- Becenrs vor, so Boswellia Freercana Bırpw. von dem weit vorspringen- den felsigen Ras Hafun, während Boswellia neglecta S. Moore auf der Hochebene vorkommt, ferner Kleusine Robecchü Csiovenva und Helio- tropium arenarium VArkE vom Ras Mabber, von einzelnen Stellen Salvadora persica Garcın, von dem Mündungsgebiet des Wadi Nogal Iphione macrophylla Varke und die interessante strauchige Kelleronia splendens Scnisz,. auch Zygophyllum simplex L. und Ipomoea adenioides Scamz var. ovato-lanceolata Haıuier f. Am Strande von Obbia wurde auch der dornige Convolvulus hystriv Van nachgewiesen. Die Benadirküste schildert uns Rogeecnt als durchweg sandig, nur hinter den 30—100 m hohen Dünen und in den Zwischenräumen zwischen denselben kommt etwas dürftiges Weideland vor. Von Mogadoxo oder Mogadiseio sind einzelne interessante Arten durch Sir Jonn Kırk bekannt geworden, der von allen Küstenländern Ostafrikas Pflanzen nach Kew sendete, so besonders die Stapeliee Caralluma somalica N.E. Br. und C. speciosa N. E. Br. Bei Brava im Süden der östlichen Somaliküste wurden auf den sandigen Strandhügeln folgende wenig bemerkenswerthe Arten beobh- achtet: Cenchrus spec.. Aristolochia rigida Ducn., Cassytha filiformis L., Blaeodendron somalense Varke, Allophylus spec., Melhania spec., Rhynchosia memmonia (Der.) DC., Heliotropium zeylanicum Lam., und H. arenarium Varkxe, Convolvulus subspathulatus Varke und Ipomoea asarifolia (Desr.) Ron. et Scuurr., Blepharis edulis (Vaur) Pers., Justicia baravensis C.B. CLarkE und .J. flava Vaur, Senecio discifolius Orıyv. und Lac- tuca Schimperi Jau». et SpacnH. Im Mündungsgebiet des Dschuba bei Kismaju wurde am Strande Strauchwerk von Scaevola lobelia L. beobachtet, dahinter Rhus villosa L. Fır. und Psychotria punctata Varke; von krautigen Pflanzen kommen hier Palanisia strigosa Boser, Alysicarpus rugosus DU. und Gloriosa vires- cens DC. vor. Ein bemerkenswerther Fund von Kiunga zwischen Kis- maju und Lamu ist die neue Rubiacee Mitratheca richardsonioides K.Scn., welche sich von der nahestehenden Oldenlandia durch das Öffnen der Kapsel vermittelst eines sich ablösenden Deckels unterscheidet. Recht gutes Material besitzt das Berliner botanische Museum aus den Küsten- formationen bei Lamu, theils aus den Sammlungen HıLpDEBrRAnDT's, theils, und zwar noch besseres, aus den Sammlungen von Tnonas. In den an die Mangrove sich anschliessenden Sümpfen des Küsten- landes finden sich hier: Limnophyton obtusifolium (L.) Mıqu., Hibiscus cannabinus L. und H. tiliaceus L., auf angrenzendem Wiesenland: Aspilia wedelüformis Varke, Blepharis pratensis S. MoorE, Striga pubiflora Krorzsch var. sansibarensis VATKE. Ester: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 367 Am $lachen sandigen Strand wachsen: Cassia mimosoides L., Waltheria americana L., Borreria filituba K. Scnum., Momor- dica trifoliata Hoox. f., Nidorella mierocephala Srerız vr. (auf feuchtem Sand). Ziemlich pflanzenreich sind die Dünen: hier finden wir mehrere Sträucher: Uvaria Denhardtiana Essı. et Dies, COrotalaria laburnifolia L., Jatropha curcas L. (verwildert), Phyllanthus floribundus Mürr. Arg., Heeria mucronata Bernn. und var. obovata (Eexr.) Ensr., Ochna Thomasiana Est. et Girs, Calotropis procera R. Br., Lawsonia inermis L., Strychnos Volkensii GıLG, Ehretia petiolaris Lam., Clerodendron ineisum Kıorzscon, Van- guwiera spec., die Schlingpflanzen:: (aesalpinia bonducella Rox»., Jasminum tettense Kuorzscn, Momordica trifoliata Hook. f. Zwischen dem Gesträuch wachsen einzelne Stauden, wie: Polygala linifolium Boser, Commelina benghalensis L., Asystasia gangetica (L.) T. Anp, Stathmostelma pedunculatum (A. Rıcn.) K. Scn., Lightfootia madagascariensis N. DH die meisten aber auch auf offenem Dünensand zerstreut; darunter sind mehrere mit niederliegenden Zweigen, so namentlich: Ipomoea pes caprae L. und Canavalia ensiformis DC. mit weithin kriechenden Zweigen, @iesekia pharnaceoides L., Tribulus terrester L.. Euphorbia pilulifera 1., Olden- landia Schimperi (Syeup. et MHocusr.) T. Ann. Dagegen sind aufrechte, im Dünensand wachsende Arten: Aerua javanica (Buru.) Juss., Orotalaria sansibarica Bextn., Cassia mimosotides L., Tephrosia spec., Iatropha Hildebrandti Pax, Sida cordifolia L., Pedalium murex L., Diodia aulacosperma K. Scan. Bei dem etwas südlicher gelegenen Kipini wurden auf den Dünen gefunden: Harrisonia abyssinica Ouıv., Sophora tomentosa L., Hibiscus tiliaceus L., Ampe- locissus Chantini Prancn., Pretrea zanquebarica (Lour.) Gay und parasitisch Loranthus Dregei Eckı. et Zevn. var. obtusifolia En6t. Im Allgemeinen kann man als sicher festgestellt ansehen, dass die Strandflora und überhaupt die des Küstenlandes im Norden der Halbinsel sehr stark mit der arabischen übereinstimmt und an ihrer Ostseite allmählich sielhı der ostafrikanischen nähert, dass dies aber mit grösserer Entschiedenheit erst bei Lamu zum Ausdruck kommt. Die Vegetation an den unteren Flussläufen. Von Flussläufen in der Ebene des Somalilandes sind nur die nach Süden gerichteten des Tana, Ganale-Dsehuba und Wabbi-Sche- beli in Betracht zu ziehen. Folgen wir dem Dschuba aufwärts, so haben wir aus den Buschgehölzen von Kismaju bis Feleschid, 50” ü. M., Belege von folgenden Arten: A. Sträucher: (Cadaba farinosa Forsk. (2— 3”). Cephalocroton cordofanus Hocustr.. ‚Jatropha spec., Polygala obtusissimum Hocusr. (r” hoch), Seddera mierophylla Exsı. (05), Adenium somalense Baur. f.. Solanum albicaule Korschy. B. Schlingpflanzen: Ipomoea pulchella Rorn und 1. biflora Pers. 368 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. C. Stauden und einjährige Kräuter: Dapeyrousia cyanescens Bax., Giesekia pharnaceoides L., Farsetia grandiflora Yres. var. angustipetala Ensr., Tephrosia senticosa Pers., Hermannia Erlangeriana K. Scn., Pseudosopubia Erlangeriana EnsuL., Oyenium ‚paueidentatum Ener... Pedalium murex 1... Asystasia gangetica (L.) T. Anvers, Diodia aula- cosperma K. Sc. Auf der Strecke von Feleschid aufwärts, von 50" ü.M. zu 150” aufsteigend, sind die Uferwälder des Dsehuba sehr dieht und von Seeen und Sümpfen durchsetzt. Dumpalmen sind schon reichlich vor- handen, und die Acacienwaldungen sind so dicht, dass stellenweise der Weg für die Expedition mit der Axt gebahnt werden musste. Betreffs der Dumpalmen ist zu bemerken, dass nach den Abbildungen von Uferlandschaften des Somalilandes dieselben verzweigte Stämme besitzen und meist als /7. thebaica Marr. bezeichnet werden. Bis jetzt habe ich aber noch nicht Früchte der Dumpalmen des Somalilandes gesehen, und so ist es noch zweifelhaft, zu welcher Art sie gehören. In diesem dichten Uferwald wurde auch der bisher nicht bekannte 10" hohe Mimosoidenbaum Piptadenia Erlangeri Harns constatirt. Ausser- dem fanden sich hier folgende Arten: A. Sträucher: Allophylusrubifolius (Hocasır.) Ensr. und Lantana Petitiana A. Rıca., welche durch ganz Ostafrika verbreitet sind. ausserdem Strophanthus mirabilis GıLs, ein r”5 hoher Strauch. B. Schlingpflanzen: Dalechampia scandens L, die Passitloracee Adenta Ellen- beckii Harss und die häufige Coceinta moghadd (Forsk.) ÄSCHERS. C. Stauden: die Gräser Panicum Petiveri Trın. und P. maximum Jacg., die Gentianacee Enicostemma vertieillatum (L.) Ensr., Vernonia cinerea Less., Priva leptostachya Juss., bis 1"5 hoch und 4 Acanthaceen, Asystasia gangetica (L.) T. Anp., Neuracanthus scaber S. Moore, Barleria salicifolia S. Moore und B. umbrosa Lısvau, von denen die beiden letzteren bis jetzt weiter südwärts nicht aufgefunden sind. In den Waldsümpfen wurden gesammelt: Panicum quadrifarium Hocnsır., bis 2” hoch; Mimosa asperata L., ein bis 3” hoher Strauch, Combretum constrietum (Bexen.) Laws., auch bis 3" hoher Strauch, Triumfetta trilocularis L., bis 2"5 hoch. Moschosma polystachyum (L.) Bexın., Asystasıa gangetica (L.) T. Anv., Eebolium barlerioides (Moore) Lısvau, Pentodon pentander (ScnH.) VATKE, eine kleine Rubiacee mit bläulichen Blüthen. Die Busehgehölze zwischen Feleschid und Bardera charakterisiren die sehr häufig vorkommende Salvadoracee Dobera glabra DC., die 15 hohe Maerua Erlangeriana Gıue und die 1.5 hoch werdende Apoeynacee Adenium somalense Baur. f. als Steppenbusch,, ebenso die zwischen diesen Büschen klimmende blattlose Aselepiadacee Sarcostemma viminale R. Br., auch eine nicht bestimmbare, bis 3” hohe Euphorbia mit eylindrischen, dünnen, blattlosen Stengeln. Ausserdem finden sich hier noch fol- gende Sträucher und Hochstauden: Acalypha fruticosa Forsk., 1"5 hoch; Hibiscus erassinereis Hocasır., mit blutrothen Blüthen, H. panduriformis Burn., mit gelben Blüthen, wie vorige etwa 15 hoch; (lero- ddendron acerbiana \Vıs., bis 25 hoch, mit länglichen Blättern und weissen Blüthen; Solanum duplosinuatum Krorzscn, 1”5 hoch; Neuracanthus-scaber S. Moore, 1.5 hohe Acanthacee, mit ziemlich grossen (6%X4 em) verkehrt- eiförmigen Blättern, Himantochilus Ensrer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 369 sessiliflorus T. Ano., 1.5 hoher Strauch, mit verkehrt-eiförmigen Blättern und langen rothen Blüthen; Satanocrater paradoxus Lisvau; S. somalensis Lınvau, rm hoch, mit kleinen verkehrt-eiförmigen Blättern und ansehnlichen violetten Blüthen; „Justicia Fischeri Lınpau, 15 hoch, mit 2“ langen Blättern und gelben Blüthen; Bebolum ım barlerioides (Moore) Liınpav, bis 2" hoch, mit eiförmigen Blättern und weissen Blüthen; Barleria salicifolia S. MoorE, 075 hoher Strauch. mit unten grauhaarigen, länglichen Blättern; LDeucas royleoides (Bex'rn.) VArke, massenhaft im Schatten grösserer Bäume, nur etwa 60°" hoch; Rhynchosia caribaea DC. Auffallend ist hier der grosse Reiehthum an strauchigen Acan- thaceen (7 Arten), der uns auch sonst noch im Somaliland mehrfach entgegentritt. Häufig sind die Sträucher mit den Flechten Theloschistus flavicans Norm. und Ramalina complanata var. denticulata M. Arc. besetzt. Zwi- schen den Sträuchern finden sich auch die windenden Convolvulaceen: Ipomoea dichroa Hocusr., I. turpetnum Maxso, Hewittia bicolor W aux. et Arn., Jacguemontia ovalifolia (Vant) Haruier f. und die niedrige Seddera Erlangeriana Exeı. Der südlichste Theil des Somalilandes wird von dem Tana dureh- flossen, über dessen Vegetation ich einigen Aufschluss auf Grund einer Sammlung geben kann, welche die Gebrüder DEnHARDT mit ihrem Be- gleiter, Hrn. Truomas im Jahre 1896 zusammengebracht und dem Bot. Mu- seum überwiesen haben. Wir folgen von Korokoro, nahe am Aequator, dem Fluss bis zu seinem Mündungsgebiet. Das merkwürdigste Er- gebniss dieser Expedition war, dass in den Uferwäldern von Korokoro, nahe am Aequator, Populus euphratica OLıvier aufgefunden wurde, in einer Subspecies, welche ich wegen der kurzen Blüthenstände und der auffallend grossen Früchte unterschieden und Denhardtiorum (Enever, in Notizblatt des Berl. Bot. Gart. u. Mus. 1898, S. 218) genannt habe. Bisher kannte man von dieser interessanten Pappel das weite Areal von der Songarei bis Palästina und bis zum westlichen Tibet, ein kleineres in Algier und Marokko und endlich ein drittes von ASCHERSON 1877 entdecktes in der kleinen Oase der libyschen Wüste. Das Auf- finden eines vierten, so weit südlich gelegenen Areals ist ebenso in- teressant für die Lehre von der Pilanzenverbreitung, wie auch für die Lehre von der Artbildung: denn meine Subspeeies ist sicher von P. eu- phratica weit mehr verschieden, als viele neuerdings unterschiedene Arten von ihren Verwandten. In grösserem Abstand vom Ufer wachsen bei Korokoro: A. Bäume und Sträucher: Acacia senegal Wırın., Grewia populifolia V aut, Oephalocroton cordofanus Hocusır., Combretum aculeatum Venxv., Himantochilus sessiliflorus T. Aso., Dirichletia glaucescens Hırrn; parasitisch Loranthus ugogensis Ext. B. Halbsträucher und Stauden: Pavonia Kotschyi Hocası., P. zeylanica Cav., P. glechomifolia (A. Rıcn.) GasckE, Pseudosopubia Hildebrandti (VarkeE) Ener. var. breei- folia Ensr., Stachytarpheta indica (L.) VAnr. Sitzungsberichte 1904. 29 am 3 sm ; 370 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Weiter südlich, bis Massa in Malakoti und daselbst (etwa bis ı° s. Br.) wurden am Ufer des Tana gefunden: A. Bäume und Sträucher: Poinciana elata L., Terminalia Thomasii Enct. et Dıers, Grewia Denhardtii K. ScH., Maerua calantha GıLG, Cassia goratensis Fres., (om- bretum constrictum (Bext#.) Laws. B. Lianen und Schlingpflanzen: Paullinia pomata L., Cissus Thomasi Gıus, Landolphia florida Bexıu. nebst var. /eiantha Orıw., Momordica trifoliata Hoox. f.. occinia moghaddd (Forsk.) AscHERS. C. Stauden und Halbsträucher: Triumfetta tomentosa Bos., Hibiscus caly- phyllus Cav., Abutilon indicum (L.) Don, Pseudosopubia Hildebrandtü (Vauke) Excı., Heliotropium Steudneri Varse, Leucas glabrata (Vanı) R.Br., Barleria prionitis L., Justi- cia odora V auL. In grösserem Abstand vom Ufer, in der Buschsteppe, fallen auf: Terminalia praecox Eneı. et DieLs, Maerua Denhardtiorum Ging, Combretum Den- hardtiorum Ense. et Diers, Hibiscus crassinervis Hocastı., Jonidium enneaspermum Vest. var. angustissimum lEssrt., Rhinacanthus rotundifolius C. B. Crarke und Aloe wituensis Baker. Bei Kosi unter 2° s. Br. finden sich: Kigelia aethiopica DEcKEN, Rinorea elliptica (Orıv.), Strophanthus Courmontü Sacı., Melanthera Brownei (DC.) Sca. Bır. Hier sowohl wie bei Ngau unter 2°5' treten in den Buschge- hölzen schon einige Arten auf, welche auf die Flora der Sansibar- küste hinweisen: es wurden bei Ngau gesammelt: Tylachium Thomasü Girs, Acridocarpus sansibaricus A. Juss., Ochna mossambicensis Krorzscn, Bauhinia wituensis Harms, Cissus rotundifolia (Forsk.) VauL, Rhaphanistro- carpus Boivini Cocn., Hibiscus micranthus, Talinum cuneifolium Wırıv., Polanisia strigosa Bor., Ruellia patula Jacg., sodann auch die beiden durch dicke fleischige Stämme aus- gezeichneten Steppenbewohner Pyrenacantha vitifolia ExsL. und Adenium coaetaneum Svarr. Am Flussufer und am Rande von Sümpfen wurden von Koro- koro bis Ngau gefunden: Celosia argentea L., Nasturtium indicum (L.) DC., Mimosa asperata L., Crotalaria Thomasii Hanns, Olitoria ternatea L., Rhynchosia flavissima Hocusr., Corchorus trilocu- laris L., Ammannia auriculata WırLo., Jussieua linifolia Varı und J. erecta L., Conyza argyptiaca (L.) Arı.. Sphaeranthus eyathuloides O.Horrn.; in Seen wächst Nymphaea lotus L. Auf den Sandbänken des Tana kommen unter dem Aequator vor: Heliotropium ovalifolium Forsk. und H. Steudneri Varse, Turnera ulmifolia L. var. Thomasü Uran und Loewia tanaensis Ursan, an anderen Stellen @linus lotoides L. Endlich wurden an Sümpfen im Mündungsgebiet des Tana ge- sammelt: Thespesia populnea Gurt. et Perr., Abutilon asiaticum (L.) Don, Cassia occiden- talis L., auf Sträuchern Loranthus Sadebeckü Ener. und L. Kirkü Or. Die Vegetation des unteren Somalilandes von etwa 150” bis etwa 500" ü. M. Das Somaliland östlich vom Wabbi Schebeli mit Merehan. Hauija, Medschurtin ist, abgesehen von dem schmalen Küsten- streifen im Norden, der niedrigste Theil der Halbinsel, welcher sehr allmählich aufsteigt. Die Vegetation ist eine ärmliche und uns nur a Tr . r . ei . 1 . Yard Enster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. a aus den Sammlungen Rosecenr's bekannt. Von Mogadoxo über Itala bis Mereg hatte sich Rogecent’s Karawane nahe an der Küste gehalten und erst unter 4° n. B. wandte sie sich etwas mehr landeinwärts gegen das 20“ von der Küste entfernte Harardere. Zwischen den niedrigen, der Küste parallel verlaufenden Hügeln wurden im Mai Spuren dürftigster zerstreuter Gras- und Krautvegetation neben ein- zelnen kümmerlichen Dornsträuchern und an den sanften Abhängen der Hügel einzelne Acazien, selbst einzelne Bestände getroffen. Nördlich von Harardere zwischen und an den Wuirwuir-Hügeln führt der Weg sogar 4" durch einen sogenannten Acazienwald und durch Gebüsch;: sowie man sich aber gegen Elhur (5° n. B.) der Küste nähert, trifft man wieder sehr steriles Land. Fruchtbarer wird es westwärts gegen Hamara: schon das nahe bei Elhur gelegene Wadi Oglow ist von Feldern mit Durrah, Sesam, Bohnen, Baumwolle und Melonen oder mit diehtem Gebüsch bedeckt, und in der Nähe von Hamara werden ausgedehnte Bestände hoher Acazienbäume angetroffen; auf dem darauf ostwärts gegen Obbia eingeschlagenen Wege über die 300" hohen Dablaror-Hügel durchschritt man durchweg Gebüsch und traf auf der Höhe aromatische Kräuter beherbergendes Weideland. Leider finden sich keine Pflanzen aus diesem Gebiet in Roszcenr's Sammlungen. In der letzten Woche des Juni wurde der Marsch von Obbia nach Warandi zurückgelegt und hierbei Baum- und Buschsteppen, kurz vor Warandi auch Salzsteppen mit Suaeda monoica durehschritten. Grösstentheils wird zwischen den sandigen Hügeln und auf den Plateaus derselben leidliches Weideland angetroffen, in welchem Aristida Sie- beriana Trıs. var. nubica Trın. et Rupr. besonders häufig ist. Auch giebt Rogecent an, dass hier und da Rasen von Cynodon dactylon Prrs., das immer das Anzeichen eines etwas nährstoffreicheren Bodens ist, wahrgenommen wurden. Von anderen, auf dem sandigen Boden zer- streuten Kräutern sind zu nennen Heliotropium arenarium \ aızz, Boer- havia plumbaginea Cav., Aerua javanica (Br.) Juss. oft massenhaft, die Asclepiadacee Brachystelma subaphyllum K. Sen. und Cucumis dipsaceus. Während auf dem Sandboden nur zwergige Acazien wachsen, treten auf rothem thonigen Boden grosse Acazien in Beständen auf, stellen- weise auch diehte Gehölze mit verschiedenen Arten, welche häufig mit Loranthus curviflorus Bextu. besetzt sind. Nicht selten sind kleine Bäumchen von Cassia longiracemosa Varke, welche auch aus der Gegend von Teita in Englisch-Ostafrika bekannt ist, sowie die Capparidaceen Maerua crassifolia Van und Cadaba heterotricha Stocks (= C. soma- lensis Fraxcen.). Ein häufiger Strauch ist die graublättrige Indigofera argentea V au und ebenso ist durch weissfilzige Blätter eine bisher nicht bekannte strauchige Composite aus der Gruppe der Mutisieae Dicoma 29* 372 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. somalensis ©. Horrn., ausgezeichnet. Die Vorliebe der Naturvölker, filzblättrige Pflanzen als Schmuck zu tragen, zeigt sich auch hier, indem die Eingeborenen von diesem ghedhad oder uwadad genannten Strauch Zweige in’s Haar stecken. Als Schling- und Kletterpflanzen treten hier auf Coceinia moghadd (Forsk.) Ascners. und Corallocarpus Ehrenbergü Hoox f. Von grösseren Halbsträuchern sind noch die Malvaceen Pa- vonia Kotschyi Hocnst. und Senra incana Cav. zu nennen, von kleineren Sträuchern eine Reseda mit fiedertheiligen Blättern und eine Crotalaria, sodann eine polsterbildende halbstrauchige Dlepharis. Ein sehr bemer- kenswerther Fund aus diesem Gebiet ist der kleine Strauch rumassan, die Turneracee Loewia glutinosa URBAN, ausgezeichnet durch Höckerchen, welche einen klebrigen Saft ausscheiden. Weniger wichtige Arten dieser Gegend sind noch folgende: Hibiscus aristaevalvis GARcKE, Üorchorus hirsutus L. var. stenophyllus KR. Sc#., Portulaca quadrifida L. und Oucumis fieifolius A. Rıcn. var. echinophorus Naup., die sehr sparrige Pulicaria Grantü. Von Warandi durch Merehan steigt das Land zwischen 47°40 und 46° ö.L. von etwa 150" zu 250” ü. M. und weiter westwärts gegen 45°15 schliesslich bis zu 500” ü. M. Aber doch bedingt dieses sanfte Aufsteigen des Geländes schon eine Änderung der Vege- tation. Die Gehölze werden reichlicher und dichter; sie zeigen eine grössere Mannigfaltigkeit von Arten; Obstgartensteppe und gemischte Busch- und Dornbuschsteppe herrschen auf dem rothen thonigen, oft streekenweise nackten Boden. Von Rosgecent werden diese und andere Gehölze sogar als »foresta« bezeichnet. Leider reiste Rogeccht durch Merehan im Juli, während dessen sehr viele der Dornbusch- —4 m), Rhynchosia malacotricha Harns (1") und Rh. Ellenbecküi Harns (05), Chiytia abyssinica Jau». et Sracn (2"”), Rhus villosa L.f. (3"), Heeria insignis (Der.) ©. Kıze. var. latifolia Encr. (1"5), Allophylus Erlangeri Gıus (4"), A. Ellenbeckianus Ging (3”), Sida Schimperiana Hocusr. (1"), Terminalia Browniü Fres. var. gallaensis Enor. (4”), Heteromorpha arborescens Cnan. et Scuueenr., Buclea kellau Hocusr. (4"). Clerodendron myricoides R. Br. var. grosseserratum Gürxe (15), Otostegia Erlangeri GÜRKE (2”), Cyelocheilon ovatum Ensr. (4"5), Oyenium fruticans Ess. (2"), Lepidagathis scariosa Nees (0"'s), Blepharis molluginifolia Pers. (05), Duvernoia somalensis Lindau (3"). Schling- und Klimmpflanzen sind hier: Cardiospermum corindum 1. forına elematideum Rıvır., Daemia cordifolia (Rez.) K. Sc#., das blattlose Cynanchum sarcostemmoides K. Sch. mit langen windenden Inter- nodien. und Cineraria Schimperi Sch. Bır. Auch die Gräser und Stauden sind grossentheils verschieden von denen der unteren Regionen: Pennisetum orientale (W.) A. Rıcn., Andropogon hirtus L., Themeda Forskali Hack. var. punctata (Hocasr.) Hack., Panicum lachnanthum Hocasr., alle etwa 1" hoch, Le- ‚pidopironia cenchriformis X. Rıcn., Pennisetum ciliare (L.) Link, Eragrostis rigidifolia Hocust., diese nur 40— 50 cm hoch, Habenaria Eminii Kräxzr., mit grünlichweissen Blüthen, mit 4— 5 em langem Fruchtknoten und 10—ı2 cm langem Sporn, Kalanchoe grandiflora A. Rıcn. mit rdm langer Blumenkrone, Rhynchosia minima L., Monsonia biflora DC., Pelargonium glechomoides A. Rıcn., die Gentianacee Belmontia grandis E. Mexy, Leucas Neuflizeana Cour»., Oyenium minimum Exssr., nur 5—1o cm hoch, mit kleinen verkehrteiförmigen Blättern und weissen Blüthen, Melasma orobanchoides (BEN'TH.) 30* 388 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. In einem Flussthal zwischen Laku und Scheik Hussein bei 1400” ü. M. ist schon dichter Wald vorhanden, in welehem Buzus Hildebrandtii Baızı. sehr häufig ist; hier kommen ferner vor: (apparis tomentosa Lam., Rhoieissus Revoilü PrLancnh., Justicia Fischeri Linpauv var. laetevirens (RENDLE) CLARKE. In diehter bewachsenen Flussthälern findet sich auch sehr häufig Selaginella yemensis (Sw.) Sprine. Auf die Flora von Scheik Hussein werde ich in einer späteren Abhandlung über das Gallaland eingehen. Die Vegetation im unteren Ennia-Galla-Land bespreche ich, so- weit wir sie durch die Erranger’sche Expedition kennen, in der Rich- tung vom oberen Wabbi nach Harar, also umgekehrt zum Reiseweg. Auf dem Plateau Atschabo zwischen Modsho und Wabbi mit trockenem steinigem Boden tritt Buschsteppe auf, in welcher Salvadora persica häufig ist. Hier findet sich aber auch die eigenartige Bauhinia Ellen- becküi Harıs mit einpaarigen, 15 langen Blättern und bis 3°"5 grossen hellgelben Blüthen, der prächtige Acanthaceen - Strauch Satanocrater Ruspolü Lispau mit trichterförmigen, 4°" langen Blüthen und die klim- mende strauchige Rubiacee Siphomeris petrophila K.Scn. Auch eine eigenthümliche baumartige Leguminose, Dicraeopetalum stipulare Harns aus der Verwandtschaft der Gattung Cadia kommt hier vor: sie ist ausgezeichnet durch dichtgedrängte, nach dem Abfallen der Blätter zurückbleibende und verkorkende Stipularbasen. Auf dem 1200” hohen Bergplateau Kumbi macht sich die Nähe des Gallahochlandes schon in einzelnen Arten bemerkbar. Hier wurden gesammelt: Panicum controversum Steup., Albuca spee.. Habenaria ce- ratopetala A. Rıcn., Achyranthes aspera L.. Tephrosia senticosa Pers., Tragia involucrata L. var. cannabina (L.f.) Mürr. Arc., Triumfettia flavescens Hocast., Melasma asperrimum (Hocusr.) Ener., Clitoria ternatea L., Do- lichos formosoides Harms mit dreilappigen Blättern und Pentatropis spiralis (Forsk.) K. Scnuun. Auf dem Plateau von Rufa zwischen dem Modscho und Gobele herr- schen Baumsteppe oder lichter Akazienwald, in welchem ausser den Acacien Poinciana elata L.. Terminalia polycarpa Exner. et Diers, T. Ruspolü Esser. et Dırıs, Commiphora Boiviniana Exer., also richtige Steppenbäume vorkommen. Sträucher dieses Plateaus sind: Indigofera Schimperi Jaug. et Spacu, Diaspis albida Nırpexnzu, Commiphora Ellen- beckü Exer., Euphorbia glochidiata Pax und E. jatrophoides Pax, Grewia ‚Fferruginea Hocsst. Zwischen ihnen treten massenhaft die halbstrauchi- gen Acanthaceen Barleria diacantha Ners, B. Hildebrandtü S. Moorr: und Justicia Urbaniana Lıxpau, 5—7 m erreichend, auf. Andere Halbsträucher sind: Hermannia Erlangeriana K.Scu. und Cyelocheilon Kelleri Excu. Von Stauden wurden gesammelt: Panicum pinnatum Hocust., Digera Exster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 389 alternifolia (L.) Ascnuers., Portulaca quadrifida L., Crotalaria pyenostachya Bextn., Abutilon graveolens (DC.) W.et Arx., Hibiscus hirtus L., Acalypha indica L. Von ähnlichem Charakter ist auch die Vegetation der Hochebene zwischen dem Gobele und Argobba: sie besitzt sogar typische Arten der Dornsteppe. Den Hauptbestand bildet Acacia senegal Wirun. Da- zwischen finden sich die 1-2” hohen Sträucher der Amarantacee Chio- nothrie latifolia Respue, der Malpighiaceen Diaspis albida Nozu. und Triaspis Erlangeri Exeı., der Triumfettia flavescens Hocusr., des Solanum longestamineum DAanmer, des so weit verbreiteten Compositen -Strauches Psiadia incana Ou. et Hrn, des meist blattlosen Senecio longiflorus (DÜ.) Or. et Hıerv und die durch fleischigen Stamm ausgezeichnete Apocy- nacee Adenium somalense Bar. f. Die hier vorkommenden Arten der Stauden und Halbsträucher sind folgende: A. Kleinere Sträucher oder Halbsträucher: Indigofera Schimperi Jau». et Sprach, Oluytiandra somalensis Pax, Hibiscus crassinervis Hocası., Capitanya otostegioides Gürke, (Oyelocheilon Kelleri Exsr., Barleria parviflora R.Br., B. eranthemoides R. Br. und Lepidagathis scariosa NEES. B. Höhere Stauden: G@loriosa virescens Lınpr., Kalanchoe brachycalyx A. Rıcn. var. Erlangeriana Exsr.,. Hibiscus dongolensis Deriue, Pavonia arabica Hocusr., Leucas Petitiana A. Rıcn. C. Kleinere, bis 5®" hohe Stauden: (ommelina nudiflora L., Digera alterni- flora (L.) Ascuers., Rhynchosia minima DC., Tribulus terrester L. var. cistoides L., Aca- Iypha indica L., Pavonia Ellenbeckii Gürxe, Heliotropium zeylanicum Lam., Leucas urtici- ‚folia (Vaur) R. Br. und die Acanthaceen Crossandra nilotica Orıv., Ruellia leucoderma Linvau, ‚Justicia palustris (Hocnsr.) T. Anp., J. parviflora R. Br., J. debilis Vanr. Von dieser Vegetation des Plateaus ist die der dazwischen lie- genden Thäler ein wenig verschieden. An den steinigen Abhängen des Modscho-Thales wächst Acacia Erlangeri Harms, bis 5” hoch. Sodann ist, wie auch in anderen Thälern, häufig die Amarantacee Sericoco- mopsis pallida (S. Moore) Scnisz als 15 hoher Strauch. Dann kommen hier vor: Indigofera trita L. fil., Triumfettia flavescens Hocusr., die Labiate Erythrochlamys spectabilis GüRKE, Premna resinosa (Hocnsr.) Scuauv., Schwabea anisacanthus (SCHWFTH.) Linvau, Oleome brachycarpa Vanı, Sida spinosa L., Abutilon hirtum L., Hibiscus aristae- valvis GAaRcKE, Ocimum basilicum L. Am Ufer des Gobele im Ennia-Galla-Land wurden gesammelt: Poinciana elata L., und die Sträucher Acalypha fruticosa Forsk., Hibiscus hirtus L., Premna resinosa (Hocası.) Scnau., Diwernoia somalensis Lınpau, Ruspolia pseuderanthemoides Linvau, Asystasia axillaris Lınnau und A. excellens Lınvau, Thunbergia gigantea Linvar, bis 5" hoch, mit weissen, ıdm langen Blüthen. Siphomeris campanulata K. Scuum., alle 2—3" hoch und mit ansehnlichen Blüthen. Mit ihnen wachsen zusammen die Klimm- und Schlingpflanzen Paederia Pospichilii K. Scn., Kedrostis foetidissima Cosn. und Cucumis dipsaceus Eurzc., sowie die hohen Stauden Fleurya lanceolata Ensr., Aerua leucura Moguv., Celosia populifolia (Hocasrr.) Moguv., ‚Justicia palustris (Hocasr.) T. Ann. Ausserdem finden sich am Flussufer Talinum cuneifolium W. und Orthosiphon tenuiflorus Bern. 390 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Vegetation von Ogaden. An die oben besprochenen Gebiete schliesst sich östlich und süd- lich das Vorgebirgsland Ogaden an, aus welchem Jaues, KeLrer, Rogeecnt, Fürst GukA-Comanestı und Rıva als Begleiter von Rusrorı Pflanzen mitgebracht haben. Dadurch bin ich in der Lage, ziemlich zahlreiche Arten anzuführen, welche die Vegetation zusammensetzen. Der grösste Theil des Ogaden ist Hochplateau zwischen dem Wabbi- Schebeli und Tug Faf. Während der Trockenzeit von Juli bis September sind die ausgetrockneten Grasfluren gelb und sowohl das niedere Busch- werk wie die sich über demselben erhebenden Schirmacacien sind ent- blättert, nur in Senkungen und Einschnitten gedeihen einzelne immer- grüne Gehölze und die gesammte Vegetation erscheint nur da immer- grün, wo an steinigen Hängen suceulente Kandelaber-Euphorbien sich mit Alo& und succulenten Ascelepiadaceen vereinigen. Nach den starken Octoberregen prangt das Ogaden im reichen Blüthenschmuck. Obwohl der westliche, vom Wabbi durchflossene Theil des Ogaden im Vegetationscharakter von dem östlichen, zum Tug Faf abfallenden und darüber hinaus sich erstreckenden Theil nicht erheblich verschieden zu sein scheint, so will ich doch aus Rücksicht auf spätere Forschun- gen die im Westen und Osten festgestellten Arten gesondert aufführen. Zum westlichen Theil gehört das Gebiet der Abdallah, in welchem Krrrer auf der ersten Rusrorr'schen Expedition sammelte und das von Karanle, in welchem Rıva auf der zweiten Expedition thätig war. Von den reichlich auftretenden Acacien waren nur Acacia senegal Wirrp. und A. socotrana Baur. f. sicher zu bestimmen. Sodann sind häufig drei nahe verwandte Terminalia mit spatelförmigen Blättern, T. polycarpa Exeı. et Dıeıs, T. Kelleri Ener. et Dıeıs, T. bispinosa Scnwrru. et Vorx. Das Gesträuch ist namentlich reich an Capparidaceen, strauchige Acanthaceen scheinen hier weniger häufig zu sein als halbstrauchige und ebensolche Labiaten. An Böschungen tritt besonders häufig auf die Amarantacee Sericocomopsis pallida (S. Moore) Scnmz, an anderen Stellen der schöne derselben Familie angehörige Strauch Chionothrix latifolia Renpıe; zerstreut findet sich Farsetia Robecchiana Ener. Von Capparidaceen wurden bestimmt: Boscia somalensis Gıwe., Cadaba glandu- losa Forsk., C. longifolia DO., C. Ruspolü Girs, Maerua oblongifolia A. Rıcn., M. macrantha Give; mit ihnen kommen vor: die eigenartige Convolvulacee Oladostigma hildebrandtioides Hauer f., Cordia gharaf (Forsk.) Enrens. Der für das Somaliland charakteristische Zygophyllaceenstrauch Aelle- ronia splendens Scusz wurde hier zuerst entdeckt. Sodann können wir noch nennen: Boswellia Rivae Ener. , Euphorbia Kelleri Pax, Thespesia danis Orıv., Combretum aculeatum VextT., Ipomoea eitrina Hauuer f., I. spathulata Enster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 391 HaLuıer f., Erythrochlamys spectabilis Gürke und die Pedaliacee Sesamo- thammus Rivae Eneu. Schlingpflanzen dieser Gegend sind Teramnus labialis Spr., Cissus cymosa Schun. et Tuonn., Dregea rubicunda K. Sch., Hewittia bicolor W. Arn., Coceinia moghadd (Forsk.) AscHers., Ü. ecirrhosa Cosn., Mo- mordica trifoliata Hoox. f., M. sessilifolia Cocs., Oreosyce Halleri Cocn. Stauden, welche in den Gebüscehen und Liehtungen, insbesondere am Rande der Bachbetten vorkommen, sind: Chloris myriostachya Hocusr., Sporobohıs pellueidus Hocusr., Matthiola Rivae Excı., Indigofera Baukeana Varke, Abutilon graveolens (DC.) Wiısur et Arn., Hibiseus rostellatus Gum. et Prrr., H. cannabinus L., Hypoöstes Forskalü, (Vaur) R. Br., H. Hildebrandtii Lispau, Ruellia patula Jacg. und R. leucoderma Lisvav. In den Lichtungen und auf den Grasfluren finden sich auch Orinum scabrum Hers., Kyllingia nervosa Steup., K. ewvimia 6. B. ULarkE var. Kelleri ©. B. Cuarke, Athanasia ramosa Kıarı. An offenen sandigen Plätzen und in den nur zeitweise Wasser führenden Bachbetten wachsen hin und wieder auch einzelne dieser Arten, ausserdem aber Asparagus africanus Lam., Doerhavia linearifolia Pers., Reseda Carmen Sylvae Scuwrrn. et Vork. (auch an feuchten Stellen), Vahlia viscosa Rox»., Glinus lotoides L., KBuphorbia napoides Pax, kleines einjähriges Kraut mit rübenförmiger Wurzel, Sida ovata Forsk., Jo- nidium enneaspermum Vent., Ipomoea obscura (L.) Lispr. var. abyssinica HALLIER f., J. cairica (L.) SwEET, Jacquemontia ovalifolia (V ann) HALLER f., Heliotropium ovalifolium Forsk. und H. cinerascens Sveuv., Lippia nodi- flora (L.) A. Rıcn., Pterodiscus Kellerianus Scumz, Cucumis pustulatus Hoor. f., Eclipta alba (L.) Hassk., Achyrocline pumila Krarr (ist wohl nur A. glumacea Or. et Hıers.). Auf den Plateaurücken und an trockenen felsigen Stellen werden zahlreiche Halbsträucher angetroffen, von denen viele Arten bis jetzt anderswo nicht gefunden wurden und sich wohl auch noch später als endemisch erweisen werden: Kan- donia somalensis Scnisz, Reseda Rivae Gius, R. Ruspolü Girs, Statice Maurocordatae Scuwrın. et Vork. (sehr nahestehend der 8. cylindri- folia Forsx.), die Labiaten Hyperaspis Kelleri Brıqu., Erythrochlamys Kelleri Brıqu., Ocimum somaliense Brıqu., ©. Kelleri Brıqu., die Scro- phulariaceen: Lindenbergia sinaica (Deexe.) Br#. et Hoox. f., Pseudo- sopubia obtusifolia Eneu., Cyelocheilon Kelleri Exeu. und C. minutibracteo- latum Exer., die Acanthaceen Barleria pseudoprionitis Lisvau, B. Pi- rottaei Lısvau und Leucobarleria nivea Lınvau, L. polyacantha Linvav, Blepharispermum fruticosum Kıarr. Von Pflanzen der auf ganz trockenen Plätzen entwickelten Suceulentensteppe haben sich in den Samm- lungen vorgefunden: Zuphorbia spec. vom Habitus der E. Nyikae Pax, E. glochidiata Pax, Dornstrauch vom Habitus der E£. splendens, aber 392 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. hlattlos, mit vierkantigen dünnen Zweigen und herunterlaufenden, grossen Dornenpolstern, die Asclepiadacee Echidnopsis tessellata (DEcneE.) K. Sch. und Adenium somalense Baur. f., auch die Liliacee Eriospermum somalense SCHINZ. In dem östlichen Teil des Ogaden, dem auch das östlich vom Tug Faf gelegene Gebiet von Hahi, Harradigit und Gerloguby zuzurechnen ist, welches James und Tururr durchreisten, wurden fol- gende Arten sicher festgestellt. A. Bäume und grössere Sträucher: Acacia seyal Deuite, A. albida DeLıLE, A. arabica Wırrv., Albizzia anthelmintica A. Brocn., Dichrostachys nutans Bexrn.. Ficus sycomorus L.,. Ficus, verwandt mit F. asperifolia Mıq., Sericocomopsis pallida (S. Moork) ScHinz, Capparis tomentosa Lam., Boscia coriacea Pax, Cadaba glandulosa Forsk., Maerua angolensis DC.. M. *cerassifolia Vanr, Zizyphus jujuba Lau., Bricchettia somalensis Pax, Euphorbia Schimperi Prest, Grewia bicolor Juss.. @. populifolia Vanı, Salwadora persica Garcın, Cordia gharaf (Forsk.) Eurene., Ipomoea Donaldsonü RexptLe, I. cicatricosa Bax., Hildebrandtia africana Vaıke, Withania frutescens (L.) Paug. nebst var. Robecchii Dauner, W. somnifera (L.) Dun. var. intermedia Dammer, Satanocrater Ruspoli Lınpau, Psiadia incana Or. et Hırrn. B. Schlingpflanzen: Dregea rubicunda K. Sca., Pentatropis hoyoides K. Scu., Daemia cordifolia (Revz.) K. Sen. C. Stauden und grössere Halbsträucher, welche in Gebüschen und Buschlichtungen wachsen: Kyllingia eximia C. B. CLarkE, Asparagus abyssinicus llocusr., Commelina albescens Hassx., Aneilema somaliense C. B. CLarkE, Asparagus africanus Lan., Anthericum Jamesiü Bax., Polygala aus der Verwandtschaft des P. tinc- torium V auu, Cassia obovata Coruan., Triumfettia flavescens Hocusı., Abutilon fruticosum Gustr. et Perr., A. graveolens (DC.) Wıcur et Arn., Pavonia glechomifolia GARcKE, P. cristata (Scuwmv.) GürkE, P. Kotschyi Hocusı., Senra incana Cav., Malva verticillata L.. Hibiscus crassinervis Hocusr., H. micranthus L.. H. calyphyllus Cav., Lantana salvi- ‚Folia Jacg., Leucas inflata Benru.. Solanum coagulans Forsx., S. carense Dunar, S. gra- cilipes Dun., S. albicans Korschy, Cistanche lutea (Desr.) Lx. et Horrn., Hypoöstes Forskalii (Vaut) R. Br., Vernonia abyssinica Scu. Bır., V. cinerascens Scu. Bır., Cen- taurea Hochstetteri OL. et Hırrn. D. Knollen- und Zwiebelgewächse: Albuca Donaldsonii Respue, Crinum Thruppü Bax., Pancratium trianthum Bax., Urginea spec., die Aracee Stylochiton grandis N. E. Brown. E. Meist kleinere Stauden sandiger Flussufer und trockener Bach- rinnen: Güsekia pharnaceoides L.. Talinum cuneifolium Wırro., Polanisia foliosa Hoox. f., P. hirta Ouıv., Vahlia viscosa Roxsg., Monsonia senegalensis Gvirr. et PerrR.. Tribulus terrester L. nebst. var. cistoides, Chrozophora plicata (Vanı) Juss., Senra Zoös Scuwr'n. et Vork., Corchorus hirsutus L. var. angustifolius K. Scn., Gomphocarpus fruticosus It. Br., Ipomoea cairica (L.) Sweer, Heliotropium supinum L., Pulicaria undulata DC., Achyrocline glumacea Or. et Hırrn. F. Niedrige Halbsträucher: Seddera arabica (Forsk.) CHoısy, Orthosiphon lonufflorus Benun., Ocimum Knyanım Varke, O. piliferum Brıqu., 0. tomentosum Orıv., O. tereticaule Poır., Erythrochlamys leucosphaera Brıqu., Lasiocorys hyssopifolia Fraxch., Leucas argyrophylla (V avxe) Brıqv., Crossandra nilotica Ouıv., Barleria argentea Baur. f., ‚Justicia heterocarpa |‘. Ann. G. Suceulenten dieses Gebietes sind die einem Cereus ähnliche Zuphorbia Robecchii Pax und der durch seine dicken Internodien ausgezeichnete Cissus cach- ‚Formis GıiLe. ei Tr . * . .. . . +) s Exster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 393 Für das Grenzgebiet zwischen Ogaden und dem der Ennia Galla, welches wie das an Arussi Galla grenzende, von Frhrn. von ErLAN- GER durchreiste Gurra bei Burkare (s. S.383) im Wesentlichen denselben Vegetationscharakter zeigt, wie die oben besprochenen Theile Ogadens, Jedoch im Norden etwas üppiger erscheint, ist die kleine von Fürst GumAa zusammengebrachte, von SCHWEINFURTH und Vorkens bearbeitete Sammlung die einzige pflanzengeographische Quelle. Am meisten wurde um Burka und am Dakato, sonst etwas weiter nördlich am Salul Ende November gesammelt. Dort kommen von Bäumen Acacia senegal Wınnn. mit Loranthus curviflorus Bextn., und Terminalia bispinosa Scuwrrn. et Vork. vor, weiter nördlich bei Dagabur noch der typische Steppen- baum Poinciana elata L., welcher die anderen überragt. Die Sträucher bilden zwar oft dichte Gebüsche, sind aber nicht sehr hoch. Es sind zu nennen: Sericocomopsis pallida (S. Moore) Scrixz, welche auch hier massenhaft auftritt und ein beliebtes Futter der Rhinocerosse sein soll. Capparis decidua (Forsk.) Pax, Crotalaria Comanestiana VoLK. et SCHWrTH., ©. dumosa Frascn. und ©. albicaulis Francn., Kelleronia splendens Scnuxz, Diaspis albida Nievenzu, Ipomoea Donaldsoniü RexpıE und I]. cicatricosa Bax., Erythrochlamys spectabilis Gürke. Von Gräsern und Stauden, welche in Gebüschen vorkommen, wurden hier nur Sporobolus Ghikae ScuwrTH. et Vork., Crinum scabrum Bax., Abutilon hirtum Lam., Pavonia Kraussiana Hocnusr., Hibiscus mieranthus Gav., Triumfeltia flavescens Hocusr., Solanum coagulans Forsk. gesammelt. In Bachbetten und auf sandigem Boden finden sich: Tribulus terrester L., Cueumis dipsaceus Eure., Pulicaria arabica Cav., Achyrocline glumacea (DC.) Or. et Hırrys und die Halb- sträucher Statice Maurocordatae VoLK. et Schuwrrn., Ocimum Stirbeyi VoLK. et Scuwrrn.. Leucus inflata Bestu., die Acanthaceen Lindauea speciosa Resoıe, Barleria proxima Lisvau, B. Marghilomanae VoLx. et Schwrru., Orossandra parviflora Lisvau, Justicia Romaniae Scuwrrn. et Vork., Ec- bolium Linnaeanum Kurz, die Composite Psiadia gnaphaliopsis Scuwrrun. et Vork. Noch weiter nördlich wurden zwischen dem Erer und dem Faf nur die Acanthaceensträucher Satanocrater Ruspolü Liısvau und 8. soma- lensis Linpau, die strauchige Scrophulariacee Ghikaea superba (Rexvrr), die mehrjährige Ipomoea Paulitschkei Scuwrrn. et Vork. und Wedelia abyssinica Varkz gesammelt. Geschildert wird das Land dort als ein steiniges Plateau mit zahlreichen kleinen Dornbüschen, während am Erer Bach eine ziemlich üppige Vegetation auftreten soll. Wenig anders als in den besprochenen Theilen des Ogaden ist der Vegetationscharakter der Gegend zwischen Warandab und Milmil, deren Boden als sandig oder steinig und trocken geschildert wird. Dies geht ohne Weiteres aus folgender Aufzählung der daselbst gesammelten Ptlanzen hervor. 394 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. A. Bäume: Acacia arabica Wırnv., A. senegal WirLv., A. nubica Bennm., Entada aff. abyssinicae, Sesbania aculeaia Pers. am Bach. B. Sträucher: Chionothriv latifolia RenvLe, Cadaba glandulosa Forsk., (. fari- nosa Forsk., Capparis decidua (Forsk.) Pax, Courbonia brevipilosa GıuG, Maerua oblongifolia A. Rıcn., M. sessiliflora Give, Boscia somalensis GıLG, Ormocarpum bracteatum Bax., Bric- chettia somalensis Pax, Euphorbia somalensis Pax, Grewia bicolor Juss.. @. ferruginea Hocnst., Salvadora persica Garcın, Ipomoea cicatricosa Bax., Ghikaea superba (Renxor.e) var. denticulata Ensı., Satanocrater Ruspolü Lısvau, Vernonia cinerascens Sen. Bır. C. Schlingpflanzen: Cynanchum dentatum K. Scu., Daemia cordifolia (Rervz.) RK. Sc#. D. Hohe Staudenundgrosse Halbsträucher: Triumfettia flavescens Hocasır., Pavonia Hildebrandtii Gürke, Abutilon hirtum lLam., Hibiscus mieranthus Cav. und H. crassinervis Mocnst., Plumbago zeylanica L., Heliotropium einerascens SyeunD., ‚Justicia debilis Vaur, Geigeria elata (DC.) Bru. et Hook. f.. Achyroline glumacea (DC.) Or. et Hıern, COentaurea Hochstetteri OLıv. et Hıern. E. Gräser: Pappophorum glumosum Hocusr., Panicum lachnanthum Hocastr., Tricholaena leucantha Hocasr., (ynodon Ruspolianus Caıov. F. Kleinere Kräuter: Chenopodium murale L., Ch. opulifolium Scuran.,. Mat- thiola Rivae Ensr., Polanisia strigosa Boser, Oleome brachycarpa Vaur var. angustifolia GırG, Euphorbia granulata Forsx., Ipomoea obscura L. var. abyssinica Harnıer f., Leucas urtieifolia (Vaur) R. Br., Vernonia pauciflora Less., V. abyssinica Scu. Bır., Bothrioeline grindelüfolia ©. Horrn., Pulicaria orientalis Jaus. et Seacn. Alle diese Arten wachsen im Flussbett bei Milmil auf sandigem Boden; ebenso G. Halbsträucher: Diceratella Ruspoliana Exsr., Kalanchoö grandiflora A.Rıcn., Hermannia panniculata Francn., Heliotropium Steudneri Varke, Leucas argyrophylla (V auKE) Brıqu., Barleria quadrispina Lınvau, B. linearifolia Pers., B. acanthoides Vaur, Leuco- barleria nivea Lınnau, Hypoöstes Hildebrandtii Lıspau, Lepidagathis scariosa (W An.) NEes. Auf steinigem Boden bei Milmil finden wir auch ausgeprägte Succu- lentensteppe, welcher folgende Arten angehören: Aloö Ruspoliana Bax., ein dracaenenartiger Baum, Euphorbia Robecchii Pax von der Tracht eines Cereus, Adenia aculeata (Ouıv.) Exer., Caralluma retrospieiens (EuRENB.) N. E. Br., ©. subulata (Forsk.) Deexe. Diesen schliesst sich der blatt- lose Klimmstrauch Seneeio longiflorus Orıv. et Hırry an. Solche Suceu- lentensteppe tritt auch zwischen Milmil und dem nördlichen Hoch- gebirge in dem zumeist aus ärmlichen Grasfluren bestehenden Haud auf. Der Vollständigkeit halber will ich hier auch die Arten nennen, welche A. Terraccıano (Bull. della Soc. bot. ital. 1892 p. 421—-426) nach der kleinen Sammlung der HH. Ganvıo und Baupı DE VESME aus Rer Amaden im Westen von Warandab aufgeführt hat, kann aber bezüglich einiger Bestimmungen Zweifel nicht unterdrücken. Es werden genannt: Commiphora opobalsamum (Kuxın) Ener., Boswellia Carteri Bırvw. (scheint mir zweifelhaft), Zizyphus spina Christi (L.) Wırn., Ocimum depauperatum V ayxE, Orthosiphon grandiflorum A. TERR.,. Sopubia Candü A. Terr. (scheint mir zweifelhaft), Hebenstreitia rariflora A. Terr. (ich habe Hebenstreitia nur aus dem Gallahochland gesehen), Aerua lanata (Burn.) Juss., Tragus racemosus Harr., Pappophorum brachystachyum Jau». et Spacu, var. plosum A. TerR., Oyperus bulbosus Van, Commelina Forskalei Hocnsı., Barbacenia Schnizleiniana (Hocnsrw.) Pax, Littonia Baudii A. Terr., Dianthera semite- trandra Kr. (wird eine (leome sein), Tribulus terrester L., Sida rhombifolia L., Pavonia arabica Hocustr., P. Kotschyi Hocnsr., Luederitsia Pirottae A. Terr. (Luederitzia gehört - 23 re : IE n : 90x Esser: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 395 zu Pavonia), Hibiscus cernuus A. Terr., Heliotropium glomeratum A. Terr. (scheint mir fraglich), Craterostigma auriculatum Donmer. (wohl Or. plantagineum Hocusr.), Ruellia grandiflora Pers., Oldenlandia retrorsa Boıss. (ist Synonym von 0. Schimperi T. Ano.), Cucumis Figarei DeLire (ist Synonym von Cucumis fteifolius A. Rıcn.). Das Haud ist eine zwischen dem nördlichen Gebirgszug und Ögaden liegende Ebene, in welcher die Reisenden (die Expeditionen von James und Rusrorrı nahmen diesen Weg) meistens 4—5 Tage brauchen, um einen der kleinen zerstreuten Steppenseen zu erreichen und dort etwas Wasser zu finden. Solche Seen sind die von Laku, nordöstlich von Milmil, in deren Umgebung neben grossen Schirm- akazien auch Kandelabereuphorbien vorkommen. Hier fand Kerrer unter Anderem auch: Cyperus bulbosus Vaur, Seirpus maritimus L., Po- lanisia Kelleriana Scninz, Pavonia arabica Hocnsr. var. glanduligera GürxE, Panicum maceroblepharum Hacker, Ipomoea citrina Hauer f., Oynanchum trifurcatum Scurse. (= Schizostephanus somalensis N. E. Brown). Eine grössere fruchtbare Mulde ist weiter nördlich die von Hahi, in wel- cher dichtes Akaziengebüsch die sanften Abhänge bekleidet, während im Grunde der Mulde grosse Ficus und ausgedehntes Culturland der Landschaft einen üppigeren Charakter verleihen. Kerrer spricht auch von ausgedehnten »Wiesen«, welche stattliche Rinderherden ernähren und von üppigem »Galleriewald« am Rande des ausgetrock- neten Flussbettes, in welchem die Brunnen von Oduin liegen. Ausser- halb dieser Oasen ist das Haud eben, vorzugsweise mit Buschsteppen oder weiten Grassteppen bedeckt, wie namentlich in dem westlichen Theil, dem Tuju. Hier und da treten aber auch Baumgrassteppen und wüstenähnliche Striche mit Eisenerzknollen auf. Aus der sterilen Tujusteppe und dem Haud kennen wir nur folgende Sträucher: Acacia senegal Wırrp. (auf sandigem Boden oft ausgedehnte Gebüsche bil- dend), Boscia elegans Gine, Grewia populifolia Vaun, Convolvulus Ruspolü Danner (Dornstrauch), Ipomoea eitrina HALLıER f. und das fleischstämmige Adenium somalense Barr. f£. Dagegen kommen hier zahlreiche Gräser vor: Andropogon Aucheri Boıss. var. quingueglumis (Hocusr.) Hacker, A. commulalus Stzun., A. Kelleri Hacker, Tetrapogon villosus Desr., stellenweise den Boden bedeckend, T. spathaceus Hacken, Enteropogon Ruspolianus Cmiov., Panicum Rivae Cmov., Coelachyrum praeflorum Cmov., Dacty- loctenium aristatum Lx., Aristida Kelleri Hacker. Ferner finden sich hier auch die Pedaliacee Pterodiscus Kellerianus Scunz und einige Halb- sträucher, wie Kteseda oligomeroides Scuinz, Pavonia glechomifolia A. Rıcır, Seddera latifolia Hocnsr. et Sreun., Heliotropium Steudneri Varke, Bar- leria prowima Lispau, BD. argentea Bar. f., Ruellia discifolia Ouıv., Justicia Urbaniana Lispav. Hier vorkommende Kräuter sind: Commelina im- berbis Hassk., Boerhavia verticillata Porr., B. squarrosa Inner, B. plum- 396 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. bayinea Cav., Tribulus terrester L., Ipomoca obscura Kerr, Achyrocline glumacea (DC.) Or. et Hırrn. Das Gebiet der Haberaul im Westen des Haud ist der Theil des nördlichen Gebirgslandes, welcher von so vielen Reisenden auf dem Wege von Berbera nach Ogaden durchwandert wurde. Wir folgen bei der Besprechung der Vegetation am besten den Spuren dieser Reisenden. Nachdem man den vegetationsarmen Korallensand (s. oben S. 364) überschritten hat, trifft man bei Deragodle auf horizontal ge- schiehtetes (Quarzitgestein mit tief eingegrabenen Wasserläufen und vereinzelten Wassertümpeln in der langsam aufsteigenden Ebene. Bis dahin finden sich nur die wenigen Küstenpflanzen und vereinzelte Dornsträucher von Commiphora opobalsamum (L.) Ense. var. güleadense (L.) Ener., Turraea Iycioides Bar., Ipomoea_ cicatricosa Bax., Combretum hobol Exsr. et Dıers. Dann wird die Vegetation etwas reicher, na- mentlich in den Wasserläufen. Auch hier sehen wir dichte Bestände von Tamarix orientalis Forsk. (= T. articulata V auı), hochstämmige Acacıa spirocarpa Hocusr. mit schirmförmiger Krone, auch Acacia glau- cophylla Sreud., ferner Tamarindus indica L. mit mächtiger Krone und und einzelne schlanke Phoenix reclinata Jaca. Auch Balanites aegyp- tiaca Druwe und Zizyphus jujuba L. finden sich hier und weiterhin. Von Stauden und Halbsträuchern sieht man Heliotropium Vatkei GÜüRrkE, Barleria argentea Baur. f., Schwabea anisacanthus (SCHWEINF.) LinDAu. Ungefähr an der Grenze des Küstenlandes Guban und Haberaul liegt der schöne, von ansehnlichen Granithügeln umgebene Wasser- platz Lafarug an einem breiten Flussbett. Hier herrscht schon park- artiges Buschgehölz, welches hier und da von diehteren Baumgruppen unterbrochen wird. Von kleineren Gehölzen dieser Gegend sind zu nennen: Maerua rigida R. Br. und Capparis galeata Fres., Commiphora Rivae Exer. und €. Robecchüi Ensr., Berchemia discolor (Krorzscn) Heustey, Combretum insculptum EnGt. et Dıers und C, hobol Encr. et Dıeıs, Gnidia somalensis (FrAnca.) GitG (an sandigen Stellen zwischen Deragodle und Lafarug), @n. pentamera H. W. Prars., Premna resinosa (Hocasr.) Schau., Withania somnifera (1.) Dun. und W. frutescens Paug. nebst var. Robecchii Danner, Solanum carense Dun., Capitanya otostegioides GÜRKE, Leucas cumeifoha Bax. und L. Jamesü Bax., der blattlose Ruthenstrauch aus der Familie der Asele- piadaceen, Leptadenia pyrotechnica (Forsk.) DEcne. und die grosse Oalotropis procera R. Br., auch die kleinstrauchige Rubiacee Oldenlandia rhynchotheca K.Scn. Von Schlingpflanzen wurden hier beobachtet: Smilaw Kraussiana Meıssn., Cissus rotundifolia (Forsk.) Vaur., Daemia cordifolia (Rerz) K. Sch., Ipomoea pes tigridis L. var. africana HALLıEr f., Melochia corchorifolia L., Coccinia moghadd (Forsk.) AscuERrs. Die Gräser wachsen theils zerstreut, theils bilden sie schon bei Lafarug zusammenhängende Grastluren. w Exgter: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 397 Zunächst werden wahrgenommen die grossen Büschel von Brianthus Ravennae P. Beauv. subspec. purpurascens Hacken, Andropogon Aucheri Boıss. var. quingueglumis (A. Rıcn.) Hacker, Eragrostis ciliaris (L.) Link, das oft massenhaft auftretende Panicum turgidum Forsx. und am Fuss der Hügel ebenfalls gesellig wachsend Panicum maximum Jacg Ausserdem kommen noch weiter oben vor: Panicum scalarum ScHwEinr., Setaria vertieillata subspee. aparine, Pennisetum orientale A.Rıc#. und var. altissimum Hocası., P. polycladum Cniov., P.ciliare Lx. var. anachoreticum Cnıov., Sporobolus capensis Kunıu var. altissimus Cmiov., Dactylon offieinale Vıun., Entero- pogon macrostachyus (Hocusr.) Munro und E. somalensis Cniov., Choris multiradiata Hocasr., Dactyloctenium glaucophyllum (Muxro) Courson, Eragrostis Barrelieri Davzav. Von grösseren Stauden und höheren Halbsträuchern wurden hier constatirt: Diceratella Ruspoliana Encr., Reseda Carmen Sylvae Schwrın. et Vork., Kalancho& glandulosa Hocasr., Cassia occidentalis L., Acalypha Bailloniana M. Arc., Sida acuta Burn. S. cordifolia L., Pavonia glechomifolia A. Rıca., Trichodesma spec., Justicia debilis Van, Gomphocarpus fruticosus R. Br. var. tomentosus (Burcn.) R.Scn., Emilia sagittata (V auı) DC. Kleinere im Sand wachsende Stauden sind: Tribulus terrester L. var. eistoides L., Fagonia arabica L.. Glossonema Thruppü Ouıw., Ipomoea calycina (Roxe.) Crarke, Leucas Neufliseana Coure., Cucumis prophetarum L., Geigeria alata (DC.) Brn. et Hook. f. Zwischen Steinen und Felsen wachsen folgende Halbsträucher: Indigofera spinosa Forsk., Orotalaria retusa L., Corchorus depressus (L.) (= Ü. anti- chorus RiuscnH., Waltheria americana L., Seddera arabica (Forsk.) Cuoısy, die Borraginacee Sericostoma albidum Francn., Heliotropium undulatum Vauı und zeylanicum Lau., Linden- bergia sinaica (DEcNE.) Bentn., Ruellia discifolia OLıv., Hypoästes Forskalii (Van) R. Br., Peristrophe bicalyculata (V aun) NEes. Von Suceulenten sind zu nennen die niedrige Kuphorbia zylacantha Pıx mit ı Ferner kommen hier, wie überall an steinigen Plätzen Aloö-Arten vor, cm dieken Gliedern und Caralhıma subulata (Forsk.) Deene. und Sansevieria Ehrenbergü Scuweinrtw. bildet dichte Bestände. Eine Tagereise hinter Lafarug steigt das Gebirge steil an nach dem Pass von Dscherato, dann folgt ein breiter Rücken, welcher nach Süden sich sanft in die Grassteppen von Tuju verliert. Wasserplätze des Südabhanges, an denen auch gesammelt wurde, sind Sik in halber Höhe und Adadle näher am Fuss. Von dem oberen Haberaul kann ich anführen: die Sträucher Indigofera amorphoides Jaug. et Spacu, BDricchettia somalensis Pax, Aca- Iypha frutiosa Forsx., Grewia populifolia Vanu, Combretum insculptum Eser. et Dies, Gnidia somalensis (Frascn.) GıLe, Daemia cordifolia (Rerz.) K. Scen., die baumförmige Aloö Ruspoliana Baker, die ebenfalls baum- förmige, blattlose Zuphorbia Schimperi Prest, die grösseren Stauden Kalanchoö Kelleriana Scuinz, Hibiscus calyphyllus Cav., Leucas martini- censis (Sw.) R. Br., die Halbsträucher Leucas abyssinica (Bextu.) Brıov., Ruellia patula Jaca., Hypoöstes Forskaliüi (Van) R. Br., Justicia odora (Forsk.) Vant, Peristrophe bicalyculata (Vanuı) Nees, Schwabea anisacan- Ihus (SchwrrH.) Linpau und die Suceulente Euphorbia zylacantha Pax. 398 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Recht gut kennen wir das Vorgebirgsland im Norden der Somalihalbinsel von der Küstenregion bis Zeila aufwärts gegen Harar. Zwischen Warabot und Dadab, am Fuss des ausgedehnten vul- kanischen, von zahlreichen Wadis oder Chors durchschnittenen Vor- gebirgslandes herrscht in Höhe von etwa 140” ü. M. Dornbusch- steppe mit vereinzelten höheren Bäumen von Acacia spirocarpa Hocnsr., A. senegal Wırwv. (A. verek Guir. et Perr.) und Balanites aegyptiaca Der. (Kidi genannt); stellenweise geht die Dornbuschsteppe in Suc- eulentensteppe über. An den Ufern der Flussbetten aber findet sich noch Tamarix orientalis Forsk. oft in grösseren Beständen und Bäume von 10" Höhe bildend. Auch Grewia populifolia Vaun wird daselbst mehrere Meter hoch. An den Bäumen schlingen empor Coccuhıs leaeba DC., Cissus ternata Gmer., massenhaft, oft dichte Überhänge auf den Bäumen bildend, Combretum aculeatum Vxsw., Momordica bal- saminea L., Coceinia moghadd (Forsk.) Ascners., Pentatropis spiralis Deexe., während Ceropegia subaphylla K. Sen. und C. botrys K. Sen. niedrig bleiben. Zwischen den Bäumen wachsende Stauden und grössere Halbsträucher sind Jatropha lobata L., Digera alternifolia (L.) Ascners. und Priva leptostachya Juss. An freieren Stellen finden sich Corchorus triangularis L., Ruellia patula Jaca., schaarenweise Mollugo cerviaria L. und Boerhavia vertieillata Poır., mit auf dem Boden liegen- den weit verzweigten Ästen. Sodann finden sich auf dem trockenen Flussbett auch noch die Sträucher: Aerua leucura Mog., die Convol- vulacee Hildebrandtia somalensis Exer., Lantana Petitiana A. Rıcn., Sola- num albicaule Korscny und Withania frutescens Paug. nebst var. Ro- becchii Dann. In den Dornbuschsteppen wachsen Cadaba rotundifolia Forsk., Maerua oblongifolia A. Rıcn., als mehrere Meter hoher Strauch, die eigenthümliche strauchige Bignoniacee Rhigozum somalense Haruer f. mit gelben Blüthen, die dornige Euphorbia wylacantha Pax, Cynan- chum defoliascens K. Scu. und Leptadenia pyrotechnica R. Br. mit ruthen- förmigen Zweigen ohne Laubblätter. Von Kräutern wurden hier an trockenen sandigen Stellen nur beobachtet: Panicum turgidum Forsk., die Zwiebelgewächse Pancratium tortuosum Her. und Littonia Hardeggeri G. von Beck und die niedrige halbstrauchige Indigofera spinosa Forsk. An etwaigen Bergabhängen treten auf: die Asclepiadaceen Caralhıma subulata Deoxe. mit 1°" dicken Stengeln, welehe an den Spitzen kleine Blätter und Blüthen tragen, und ©. retrospiciens (Eure.) N. E. Br., welche bis ı" hoch, einem Caectus ähnlich sich entwickelt und durch kugelige Blüthenstände mit zahlreichen schmutzig violetten Blüthen ausgezeichnet ist. Ensrer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 399 In grösserer Höhe über dem Meere, um 350”, bei Ensa, ober- halb des Chor Ensa, treten im Acaciengebüsch folgende Sträucher auf‘: Croton somalensis Pax et VarkE mit eiförmigen silbergrauen Blättern, Grewia somalensis K. Scu. mit weissen Blüthen, Siatice awillaris Forsk. var. Ellenbeckiü Exsı., eine stattliche, bis 1" hohe, häufig vorkommende Art. Kleinere Sträucher oder Halbsträucher sind: Diceratella Rus- poliana Excn., bis 50°" hohe Crucifere mit lilafarbenen Blüthen, Üro- talaria Deflersii Scuwrrn.. 70° hoch, mit ı drigeren Crotalaria Ellenbeckii Hanns, Indigofera spinosa Forsk., welche dın langen Trauben. die nie- oft massenhaft vorkommt und Heliotropium strigosum Wir. Von Kräu- tern wachsen hier: Boerhavia elegans var. Ellenbeckiü Hemer, Crotalaria lupinoides llocusr., Cleome papillosa Streu». und brachycarpa Vanı mit kleinen trifoliaten Blättern. Justieia uncinulata Ouıv. mit schmalen, läng- lichen Blättern und weissen, fein roth gestreiften Blüthen, Aristolochia bracteata Rerz. mit niederliegenden Zweigen, herzförmigen Blättern und kaffeebraunen Blüthen, Pavonia arabica Hocust.. hier und da auch eingeschleppt Argemone mewicana L. In dem Wadi Fullah bilden zwischen 300” und 450” an den Ufern das Gesträuch: Grewia villosa W. var. glabrior K. Scu. und Saladora m persica (L.) Garcım, beide bis 4” hoch. Dazwischen schlingen und klimmen: die Amarantacee Pupalia lappacea (L.) Moqu., Ipomoea ob- scura Linor. var. abyssinica Haruıer f. mit herzförmigen Blättern und gelben Blüthen, Dalechampia scandens L., Daemia cordifolia (Rerz.) K.Sen. Sodann treten höhere Stauden auf. als in den tieferen Lagen: Polanisia hirta (Krozzsen) Pax, 1" hohe Capparidee mit violetten Blüthen, Uro- talaria Comanestiana Scuwrru. et Vork., bis 1.5 hoch, Abutilon graveolens (DC.) W. et Arn. (2"” hoch), Hibiscus vitifolius L. (1"”— 1.5 hoch), Senra incana Cav., bis 1" hoch. Von niedrigeren Kräutern sind zu nennen: Dactyloctenium aegyptiacum (L.) W., mit seinen Ausläufern weithin kriechend, Pennisetum ciliare (L.) Lx.. Cyperus rotundus L., Commelina Forskaliü V auu, Cleome brachycarpa V an, Heliotropium Steudneri V ATkE, Priva leptostachya Juss., Boerhavia diffusa 1. forma glutinosa hirsuta. Im Geröll der Abhänge wachsen noch folgende mehr halbstrauchige Arten: Diceratella sinuata Fraxen., Triumfettia flavescens Hocnst., Orthosiphon pallidus Roxg., Ruellia patula Jaco., Schwabea anisacanthus (Scuwrin.) Lisoav, die Asclepiadacee Glossonema Erlangeri K.Scn. und die krautige. durch himmelblaue Blüthen auffallende Borraginacee Trichodesma cala- thiforme Hocusr. Um 500—650 m ü. M. enthält die Dornbuschsteppe auf sandig- lehmigem Boden: Euphorbia Schimperi Presw, bis 5" hoch, mit stiel- runden Zweigen und kleinen linealischen Blättern, in grossen Massen auftretend, Calotropis procera B. Br., über 2” hoch, Cadaba glandulosa 400 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Forsk., bis 2" hoch, mit «eelblichen Blüthen. Croton somalensis Pax et Vırke, die strauchige und kletternde Passifloracee Adenia venenata Forsk., ferner Justiecia Urbaniana LispAau, einen niedrigen Acanthaceen- strauch mit rosafarbenen Blüthen. Dazwischen wachsen von Stauden: Sansevieria quineensis (L.) Wırrn., Priva leptostachya Juss.. Corchorus depressus (L.) = (C. antichorus Räusen.), Anticharis arabieca (Sreup. et Hocnst.) Exor., Clitoria ternatea L., 1” hoch, die grosse Orobanchacee Cistanche lutea (Desr.) Horrusee. et Lisk, die einem Sonchus ähn- liche Cichoriee Launaea goraeensis (Lan.) OÖ. Horrm., welche 05 —ı" hoch ist. Auf mehr sandigem, aber nur wenige Uentimeter mächtigen Boden finden sich: Giesekia pharnaceoides L., Aizoon canariense L., Zygophyllum simplex L., Fagonia acerosa Boıss.(?), alle mit niederliegenden, schwach entwickelten Zweigen. Direct zwischen Steinen wachsen folgende Stau- den und Halbsträucher: (leome brachycarpa V aur, Indigofera trigonelloides Jaup. et Sracn, Pavonia Kotschyi Hocnsr., Orthosiphon pallidus Roxue, Cucumis fieifolius Naun., Seddera spinescens PETER, ein sparriger, nur 20°” hoher Convolvulaceen-Halbstrauch, eine Zuphorbia aus der Verwandt- schaft der E. longituberculata Hocast.,. die nur 8°" hohe succulente Asclepiadacee Echidnopsis nana K. Sem. und einzelne 05 hohe Sträucher von Jatropha villosa (Forsx.) Miırr. Um 8oo” Höhe ü.M. wurden bei Arruena auf den sandigen Ufern eines ausgetrockneten Baches Cordia erenata Der. als 3" hoher Strauch und Justicia Romaniae Scuwrru. et Vork. beobachtet, ausserdem die Stauden Pupalia orbiculata Wıeur, Portulaca oleracea L., Orygia decumbens Forsk., Pedalium murex L. Von steilen Felsen hängt herab die präch- tige Capparis galeata Fres., mit dicken rundlichen Blättern von 5" Durchmesser und schönen weiss und roth gefärbten Blüthen. Zwischen Felsblöcken und Geröll wachsen einige Bäume: Sterculia triphaca R. Br. und Zizyphus spina Christi (L.) Wırrn., welche bis 10" Höhe erreichen, ferner Commiphora Neumannii ExeL., 1--5 m hoher Baum. Ausserdem finden sich hier die Sträucher Melhania Philippiae Ev. Bax., niedrig, mit röthliehgrünen Blüthen, die Acanthacee Ecbolium barlerioides (S. Moorr) Lisvau, die Halbsträucher Diceratella sinuata Francn., Hibiscus crassinervis Hocust. und Lantana Petitiana A. Rıcn., sowie die Stauden Cassia obovata Corzan., Tephrosia heterophylla V are, Sisymbrüum erysimoides Desr., Striga gesnerioides (WırLD.) VATKE. Von Bir-Kaboba (auch Bia-Kaboba) über Daba-as und Artu bis Dschildessa ist auf kiesig-sandigem Boden in einer Höhe von 300 bis 1000 m ü. M. vorzugsweise Acaciensteppe anzutreffen. Das Gehölz in der Nähe der Flussläufe ist allgemein gebildet aus Acacia senegal Wırzn., A. arabica Wırno. und A. latronum Wırın.,. welche letzteren bis 15” Höhe Exsrer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 401 erreichen. Ebenso hoch wird der knorrige Capparidaceen-Baum Cadaba heterotricha Stocks mit verkehrt-eiförmigen, graugrünen Blättern und weissen Blüthen. Dazwischen kommen folgende niedrige Sträucher vor: Cadaba farinosa Forsk., nur 40—50cm hoch, von krüppeligem Wuchs, Crotalaria albicaulis Franen. (1” hoch), Barleria proxima Lisvau, bis 30°" hoch, mit ockergelben Blüthen, Schwabea anisacanthus (Scuwrru.) LinpAau und die Asclepiadacee Gl/ossonema Revoilü Franen. Auch wurden hier eonstatirt Actinopteris radiata (Koxnıe) Link, Pedicellaria pentaphylla (L.) Schr. und Launaea goraeensis (Lam.) O. Horrn., ferner suceulente Caral- huma und Stapelia. Auf dem steinigen Plateau zwischen den Fluss- läufen finden sich von hohen Bäumen hauptsächlich Poineiana elata L., von kleineren, nur etwa 2" hohen Grewia villosa W. var. glabrior K. Sen. und Cassia goratensis Fres. Als Sträucher treten hier auf: Courbonia spec., in grossen Massen, Grewia salvüfolia Heyse, bis 2" hoch, Cro- talaria albicaulis Frasen., als llalbsträucher: Sida ovata Forsx., Abutilon fruticosum Gun. et Perr., Diceratella sinuata Fraxen. und die suceu- lente 1” hohe Caralluma retrospieiens (Eurge.) N. E. Brown. Unter den hier vorkommenden Kräutern sind noch hervorzuheben: das bis 2” hohe Verbascum ternacha Hocusr. als Vorbote der abyssinischen Hochlands- flora, Anticharis linearis Bextu. und Heliotropium longiflorum Hocusr. et Steup. Alle von Rogzcen auf dieser Strecke gesammelten Arten liegen auch in der Ausbeute ELtengeer’s vor, mit Ausnahme von Hyd- nora abyssinica R. Br. und Tristachya Bricchettiana GmovenpaA, für welehe aber speciellere Standortsangaben fehlen. Vegetation des nördlichen Somalihochlandes. Die Vegetation des nördlichen Somalihochlandes, welches im Cap Guardafui und der Insel Socotra seinen Abschluss findet, kennen wir nur noch sehr fragmentarisch; aber das, was wir jetzt wissen, ist doch sehon ausreichend, um die wesentlichsten Grundzüge der dort herrschenden Vegetation zu erkennen. Wir haben oben gesehen, wie in der Küstenregion die Vegetation gegen das Gebirge hin allmählich reichlicher wird. Hinter den fast ganz vegetationslosen Bergen von Dobar und Bio Gore liegen bei 280” die schon ziemlich fruchtbaren Grasfluren von Isa Musa; dann findet man in den Wasserläufen Be- stände von Tamarisken, grossblätterigen Ficus und hohen Graswuchs, auf der nun folgenden Hochebene von 500—600 m ü. M. mit Gras- fluren abwechselnde Dornbuschsteppe, in welcher nur kleine Acacien und andere Dornsträucher vorkommen, grosse Bäume gänzlich fehlen. Weiterhin tritt auf der Ebene Worworr gutes Weideland auf, und nun- mel'r sieht man die steilen Hänge des Gebirges von 600— 1500 m Höhe 6} Sitzungsberichte 1904. 31 402 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. mit hohen Kandelaber-Euphorbien besetzt, welche wohl als Z. abyssi- nica Räuscn. bezeichnet werden, deren Zugehörigkeit zu dieser Species aber noch von keiner Seite nachgewiesen ist. Daneben treten Aloö- Arten und suceulente Asclepiadaceen auf. Noch um 1000” wurden hier die schöne grossblüthige Asclepiadacee Kdithcolea grandis N. E. Br. gesam- melt und der kleine sueeulente Senecio (Notonia) Gunnisiü Bar. An solchen Stellen wachsen auch Sansevieria quineensis (L.) Wırın. und Barbacenia acuminata (Bax.) Ener. Auch in dieser Höhe sind die Bachbetten von Tamarix, Fieus, Tamarindus und Zizyphus lotus eingefasst; stellenweise verschönert auch eine hochstämmige Phoenix reclinata das Landschafts- bild. Von solchen Stellen dürfte auch Cureuligo gallabatensis SCHWFTH. stammen, welche von Mrs. Lorr PnıtLırs gesammelt wurde. Auch (on- volwuhıs sphaerophorus Bax. wird vom Fuss des Golis Range angegeben. In den Schluchten des über die 1500. — 1790 m hohe Hochebene auf- steigenden Golis-Gebirges finden sich nur noch vereinzelt Euphorbien, dafür aber dichtes Buschgehölz, in welchem der immergrüne Buwus Hildebrandtii Baıwv. besonders massenhaft auftritt. Schon auf der Hoclı- ebene Es Schech herrscht im Januar eine sehr angenehme Temperatur: des Tages etwa 24°C., in der Nacht 12°C.; in der Nacht vom 15. Januar sank bei 1550" Höhe das Thermometer auf 3°C. Es ist daher erklär- lich, dass oberhalb dieser Hochebene im Golis-Gebirge an den Bach- läufen Juniperus procera Hocast. vorkommt und dass derselbe auf dem Hochplateau, dessen steile Felsen bis zu 2000” und 2150" Höhe ü.M. reichen, grosse Wälder bilde. An Bachufern findet sich auch Epi- pactis somaliensis RoLre. Zwischen den Wäldern befinden sich auch Blössen mit kurzem, groben Gras und zahlreichen blüthenreichen Stau- den und Halbsträuchern. Das im Osten aufsteigende Wokker- oder Waggar-Gebirge ist trockener als die Golis-Berge, aber Kandelaber- euphorbien sind dort weniger zahlreich, dagegen wachsen daselbst einige Commiphora und nach Angabe von Mexees eine Pflanze mit 0° 5 diekem, kugeligem Stamm, welche entweder eine Pyrenacantha oder Tre- matosperma sein muss, wahrscheinlich die letztere. Am Nordfuss dieser Berge jedoch kommt dichter Euphorbien-Dornbusch mit ganzen Be- ständen von Sansevieria (if) vor, die wahrscheinlich zu 8. Ehrenbergü SCHWEINFTH. oder 8. Schimperi Bax. gehört. Von den Damen Miss Evırn Core und Mrs. Lorr Pıuruies sind in den Golis-Bergen und dem Wokker- Gebirge fast nur Stauden und kleine Sträucher gesammelt worden und ich muss mich in Ermangelung weiterer Angaben auf folgendes Ver- zeichniss' beschränken. ! Ich bin fest überzeugt, dass allmählich, wenn die in Berlin, Paris, London und Rom aus diesem Gebiet aufgestellten Arten verglichen werden, eine grössere Anzahl fallen wird, doch hat dies auf die allgemeinen pflanzengeographischen Ergebnisse keinen Eintluss. %i . r . .. - a « / ) Enster: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 403 A. Sträucher: Crotalaria Phillippsiae Bax., C. aurantiaca Bar., C. leucoclada Bax. (1000”), Turraea Iycioides Bax., Jatropha Phillipsiae RenoLe, ‚J. palmatifida Bax., Abu- tilon molle Bax.. Asclepias flavida N.E. Br., A. Phillipsiae N. E. Br., A. integra N. E. Br. (bis 15 hoch), Arduina edulis (Vaur) SprenG., Ipomoea cicatricosa Bax., Cordia soma- lensis Bax., Cyelocheilon somaliense Orıv.. Lantana concinna Bax., L. Petitiana A. Rıcn., und L. salvüfolia Jacq., Olerodendron Neumayeri Vaıke, Ocimum menthifolium Hocnsr., O. vertieillifolium Bax., Thunbergia affinis S. Moore var. pulvinata S. MooreE, Dyscharista somalensis RENDLE (= Satanocrater fruticulosus (RoLrE) Lınpau), Barleria Hildebrandtü S. Moore, Ecbolium parvibracteatum RenpLe, Pavetta Phillipsiae S. Moore, Pentas gla- brescens Bar. und P. pauciflora Bax., Vernonia amplevicaulis Bax., V. yomphophylla Bax., V. eryptocephala Baw. Etwas grössere Sträucher sind: Rhus somalensis Ener. (= Rh. myriantha Bax.), Acocanthera Schimperi (A. DC.) Scuwrın. var. Deflersii Swarr. B. Schlingpflanzen und Klimmsträucher (1900"): Asparagus falcatus L.. Cardiospermum corindum L., Jasminum somaliense Bax., J. floribundum R. Br. (1600"), Daemia extensa R. Br. (= D. cordifolia K. Scu.), Astrochlaena Phillipsiae (Bax.), Ipomoea heterosepala Bax.. I. obscura (L.) Liınor. var. abyssinica HALLıEr. f., Momordica dissecta Bax., Senecio basipinnatus Bar. C. Stauden. Knollen- und Zwiebelgewächse der Grasfluren: Okloris somaliensis RENDLE, Oyperus somaliensis C. B. Crarkg, (. flabelliformis Rovr»., Schoenus nigricans L., Iphigenia somalensis Bax., Drimia Coleae Bax., Albuca Melleri Bax., Orni- thogalum sordidum Bax., Chlorophytum tenuifolium Bax.. Paneratium trianthum Here., Hy- poxis angustifolia Lan., Haemanthus somalensis Bax. (1900"), Acidanthera bicolor Hocusı. (1300”), A. Gunnisü Renpre (2100"”), Eulophie Phillippiae RotLre und E. Coleae RoLre, Indigofera tritoides Bax., Polygala somaliense Bax., Plantago albicans L., Centaurea Ayl- meri Bax. (1600"), Carduncellus eryptocephalus Bax. D. Mehr in Gebüschen und Lichtungen wachsende Stauden: Aspa- ragus asiaticus L. und A. africanus Lam., Ipomoea cairira (L.) Swerr var. indica Har- tier f., Verbascum somaliense Bax., Coleus gomphophyllus Bax., C. cuneatus Bax., C. so- malensis S. Moore (am Gan Libach), Blepharis boerhaviifolia Pers., Asystasia parvula C. B. Crarke, Barleria eranthemoides R. Br., B. setigera RennLe, Justicia flava V AuL. J. Phillipsiae Reapıe, J. Smithii S. MoorE, Stephanolepis centauroides S. Moorr, ver- wandt mit Bothriocline, Vernonia Phillipsiae S. Moore. E. Halbsträucher und mehrjährige Stauden, welche theils auf steini- gen und sandigen Plätzen, theils in Felsritzen wachsen: Pellaea lomarioides Bax., Uya- notis somaliensis C. B. CLarke, Matthiola dimolchensis Bax. f. und M. Smithü Bax. f.; Kalanchod flammea Syapr, K. somalensis Bax., Crassula Coleae Bax. (einjährig), Lupinus somaliensis Bax. (1600"), Kelleronia Gillettü Bax. f., die Euphorbiacee Lortia erubescens Renote mit fleischigen Blättern, Melhania Philippiae Bax. f. und M. muricata Barr. f., Hibiscus argutus Bax., Heliotropium albo-hispidum Bax., Trichodesma stenosepalum Bax., und T. grandifolium Bax., Ocimum staminosum Bax. (T000" — 1300"), Orthosiphon mollis Bax. und O. calaminthoides Bax., Coleus vestitus Bax. (T000"), C. speciosus Bax., Miero- meria biflora (Ham.) Bentvi., Salvia nudicaulis Vaut, Ballota fruticosa Bax., Leucas thymoides Bax., L. pauchjuga Bax., L. Coleae Bax., Otostegia modesta S. Moore, Teuerium ‚polium L., Linaria patula Bax., Pterodiseus saccatus S. Moore, Pt. undulatus Baur. i* Parasystasia somalensis (Francn.) Lınpau (= Asystasia Coleae Roure), Barleria waggana Renpte, B. homoiotricha C. B. CLarke, B. rotundisepala Renpıe, B. aridicola RENDLE, B. Lorteana Rexore, B. ventricosa Nees, Hypoöstes Hildebrandti Lınvau, H. Forskalii R. Br.. Pentanopsis fragrans Renpte, mit niederliegenden Zweigen, Oldenlandia rotata Bax., O. fasciculata Hıers, O. Schimperi T. Anvers. var. somalensis Bax. f. (einjährig), Otomeria rupestris Hırrv (1950"), Helichrysum somalense Bax. f., ein kleiner Strauch, Dicoma somalense S. Moor£, Pulicaria Phillipsiae S. Moore, P. Aylmeri Bax. (I 300"). Dorstenia Phillipsiae Hoox. f., mit fleischigem eylindrischem Stämmchen, nur wenig verschieden von D. crispa Exsr. F. Kleine Felsenpflanzen, welche Polster bilden: Arenaria vestita Bar. und Paronychia somaliensis Bar. 3l* 404 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Etwas anders als im Golis- und Wokkergebirge ist (lie Flora weiter östlich in dem von HıLvesranpr bereisten, aus Kalk bestehenden Ahl- gebirge. An einem Wasserlauf aufwärts wandernd traf HıLDEsranpr dichtes Gebüsch von Tamarix orientalis Forsk., Salvadora persica und bis 6” hoher Moringa arabica Pers. (= M. aptera Gaerrın.), auf den Felsen bis 2” hohe Sträucher der kleinblättrigen Jatropha asplenüfolia Pax, in schattigen Felsspalten Lavandula pubescens DEexe., Megalochlamys linifolia Linpau (600”— 1000”), während über die Böschungen des stellenweise eingerissenen Tugs der dornige Convolvulus hystrix Van herabhängt. Zwischen den Steinen des Tugbettes finden sich einige einjährige Pflanzen: Oleome brachycarpa V aun, Reseda amblyocarpa Fres. (bis 1000"), Phyllanthus maderaspatensis L., Euphorbia granulata Forsx. (bis 1500"), ferner die saftreiche Zuphorbia systyla Epew. (bis 1300”), einige Halb- sträucher, wie Tephrosia heterophylla\V are, Heterachaena massaviensis Fres. (bis 1000”), Pulicaria Kurtziana V arke (bis 1000"), Pluchea heterophylla VarkE (bis 2000”), Justicia Urbaniana Linvav (bis 2000”) und ein- zelne Gräser, wie Eragrostis ciliaris (L.) Link, E. somaliensis Terra- cIANO (bis 1000”), Aristida adscensionis L. var. abyssinica Trın. et Rupr., A. abmormis Cmov., A. brachypoda Tauscn (bis 1000”), Pennisetum cenchroides A. Rıcn. (bis 2000"). Von den in den halbxerophytischen Formationen Afrikas so ver- breiteten Malvaceen finden sich auch hier mehrere Arten: Hibiscus micranthus L. (bis 1800"), Abutilon hirtum Dox., A. fruticosum Guru. et Perr. (bis 1800"), Pavonia somalensis Fraxen., P. arabica Hocnsr., Senra incana Cav. Diese beginnen alle schon am Fuss der Vorberge und steigen in der angegebenen Weise hinauf. Dagegen sind auf die Vorberge beschränkt die Burseraceen (ommiphora truncata ExcL. und ©. cinerea Exer., der klimmende Malpighiaceen-Strauch Caucanthus squarrosus (Ranıek.) Nozuv., (die etwa 2” hohe Vernonia spathulata C. H. ScuuLzz Bir. und Combretum somalense ExerL. et Diers (obbel). Der einzige grössere Baum der Gegend ist hier die Combretacee Conocarpus lancifolius Exer. (dammas) mit länglich-lanzettlichen Blät- tern, bis 10” hoch. An den senkrechten Felsmauern sieht man die am Grunde verbreiterten Stämme der Boswellia Freereana Biırpw., des » Meithi-Weihrauchs« oder »gekar«, im "Thal dagegen werden auch noch weiter aufwärts, bis 1000", schöne Dammasbäume angetroffen, an feuchten Stellen Zragrostis tenella P. Brauv., Cyperus sphaerospermus Schran., viel Antirrhinum apterum Varke. In schattigen Felsspalten treten nur Matthiola elliptica R. Br., Farsetia longisiligua Deenz. auf, diehte Büsche der Verbenacee Cyclocheilon eriantherum (N aykE) Ex6L. mit überhängenden Ruthenästen und reichen weissen Blüthenständen, Senra incana Cav., Hyoscyamus muticus L. (vereinzelt), der niedrige Dass Enter: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 405 m ) und die halbstrau- ehigen Heliotropium somalense Varxe und H. hirsutissimum Varke. In Halbstrauch Polygala caleicolum Cuov. (bis 1500 einer höhlenartigen Einsenkung der steilen Felswand wächst die stark drüsig bekleidete Scrophulariacee Chaenostoma Iyperiaeflorum (V Arkn) Werrstem (= Urbania Iyperiaeflora (Varke), ganz ähnlich, wie ihre nahe Verwandte Chaenostoma canariense (WEB et Berrn.) Wertst. in der von mir besuchten Caldera di Bandama auf Gran Canaria. Weiter aufwärts ist das Kalksteingeröll von Acacien bestanden, von denen einzelne auch schon tiefer als Gestrüpp auftreten, von der 3” hohen Acacia glaucophylla Streu. (hadad) und A. socotrana Baur. f. (djerim), welehe beide reichlich Gunmi liefern. Häufig sind auch eine pyra- midenförmige Acaecia (girma) und A. Petersiana Borır var. gulla Exeı. mit Schirmkrone. In das Dorngewirr der Acacien mischen sich einige im März noch blattlose Commiphora myrrha (N. ab Es.) Ener. (didin) von krüppelhaftem, knorrigem Wuchs, die halbstrauchige Triumfetta actinopetala S. Moore, Trichodesma Hildebrandti Gürke mit starren Zwei- gen und an schattigen Stellen bis 1000” Cleome pruinosa T. Anpers. Auch der Acanthaceenstrauch Zebolium barlerioides (S. MoorE) Linpau mit zinnoberrothen Blüthen nimmt an der Bildung des Unterholzes Theil, während die baumartig entwickelte Zhretia Brauniü VATKE mit ihrer Krone die der Acacien erreicht. In Felsritzen wächst Selaginella imbricata SPRinG mit eingerollten Sprossen. Mächtig entwickelt ist hier Adenium somalense Baur. f.. dessen Stamm aus oft 1" haltender Basis bis zu 3" Höhe aufsteigt. In einer Thalsenkung wurde ein Cissus mit fleischigen fünftheiligen Blättern und Asparagus africamus Lam. beobachtet, sodann auch die in Aegypten, am Sinai und in Syrien verbreitete Ephedra alte C. A. Mey. Ferner wächst in steinigen Thälern die halbstrauchige 1" hohe Gypso- phyla montana Baur. f. (= @. somalensis Fraxcn.). Während in der un- teren Region des Gebirges die Commiphora und Acacia herrschen, nehmen in grösserer Höhe suceulente Gewächse zu; eine Aloö mit breiten, graugrünen Blättern tritt häufig auf, sodann die eigenthüm- liche Icacinacee Trematosperma cordatum Urs. Nunmehr beginnt die Wolkenregion. Bis 05 hohe, meist graufilzige Sträucher und Stau- den bilden hier dichtes niedriges Buschwerk, besonders fällt die massen- haft auftretende, blaublühende Acanthacee Satanocrater somalensis Linpau auf, neben ihr sieht man eine grauseidig behaarte Orotalaria, die mono- typische Euphorbiacee Gülgia candida Pıx, Orthosiphon pallidus Rovtr, die weissfilzige Leucas somalensis VATrkE, die Amarantacee Chionothrixw somalensis (Moore) Hook. f.. Aerua lanata Juss. und A. javanica (Burn.) Juss. Auch Sansevieria guianensis (L.) Wırın. kommt hier vor. Nur wenige höhere und tiefgrüne Sträucher durchbrechen den grauen Be- 406 Gesammtsitzung von 18. Februar 1904. stand der Halbsträucher, Pupalia lappacea (L.) Moov. und die Legu- minose Ormocarpum coeruleum Baur. f. mit violetten Blüthen. Nur ver- einzelt treten die stattlichen Schirmbäume der Acacia Petersiana var. gulla auf. In den Thalschluchten dagegen herrscht reichere Baumvegetation: da finden sich kräftige Fieus, Conocarpus lancifolius Exeı., Terminalia somalensis Ener. et Diers, Commiphora somalensis Exer. und Buxus Hilde- brandtii Baırı., welcher in grösserer Höhe bestandbildend erscheint, wie im Golis-Gebirge. Im dunklen Schatten dieser Bäume finden sich auch hier Acanthaceen. Als Spreizklimmer tritt besonders die strauchige Acanthacee Ruttya fruticosa Lispau auf, leuchtend mit feurigrothen Blüthen. Andere strauchige und halbstrauchige Acanthaceen (Region von 1500 bis 2000 m) sind noch Anisotes velutinus LıspAu, dicht grauhaarig, Barleria pseudoprionitis Lispvau, Lepidagalhis scariosa Ners, Crossandra nilotica Ouıv. Es kommen ferner hier vor die Halbsträucher: Melhania Engleriana K. Scu. und Abutilon fruticosum Gum. et Perr. Den Steinen angedrückt aber wachsen die kaum fingerlangen und nur 1°” dicken, von pfriemenförmigen Dornblättern besetzten, cereusähnlichen Stengel des Senecio Gunnisü Bax., an denen die dünnen Stiele der zinnober- rothen Blüthenköpfe stehen. Oberhalb der Wolkenregion nimmt der Baumbestand zu. Nume- risch herrscht Acacia Petersiana Bote var. gulla; aber Buxus Hilde- brandtii Baron und die Terminalia somaliensis ExeL. et Diers bilden mit ihr einen dichteren waldartigen Bestand. Hier finden sich auch am Boden und auf den Bäumen zahlreiche Moose und Flechten: von letzteren wurden gesammelt: Theloschistes chrysophthalmus Tu. Fr., Pla- codium fulgens DC., Parmelia urceolata Escuw. var. nuda MürL. Ars. und P. somalensis Mürn. Are. In Felsspalten wächst auch bei 1500" Höhe die Anacardiacee Lannea obcordata Eser.. ferner finden sich zwischen 1500” und 2000" Barleria Hildebrandtii S. Moore, die Rubiacee Pavetta gardeniifolia Hocusr. var. breviflora VATKE, die strauchige Huphorbia noxia Pıx und Crossandra nilotica Ouıv. m Dann war das etwa 2100” hohe Plateau Yafır erreicht, über dem sich noch 120” hohe steile Felswände erheben. Hier wachsen Withania somnifera (L.) Dusar, die Amarantacee Pupalia lappacea (1..) Mogv. und Lasiocorys argyrophylla Varke mit silbergrau behaarten Blättern und Kelehen. Auch Ballota Hildebrandtii Varxe et Kurtz kommt hier vor. Sehr häufig ist wie in allen ostafrikanischen Hoch- ländern der 1.5 bis 2” hohe Strauch Tarchonantius camphoratus 1., ein sehr eigenthümlicher endemischer Strauch dieser Höhe aber die Euphorbiacee Tragia parvifolia Pax. Er weicht durch sein Wachsthum von den anderen Arten der Gattung ab, die wie die hier auch vor- Ei: ExGrer: Über die Veeetationsverhältnisse des Somalilandes. 407 kommende T. mitis Hocnsr. var. einerea Pax Schlingptlanzen sind. Die auffallendste Pflanze dieses Plateaus ist die stattliche Dracacea schizantha Baker, deren mannsdieker Stamm aus Felsritzen emporsteigend sieh sehon ı" über der Erde in armdicke Äste verzweigt. Wie in allen Gebirgen von Abyssinien bis zum Capland treffen wir auch hier in der oberen Region eine baumförmige Cussonia an, nämlich ©. micro- stachys Harus, welche der ©. Holsti von Usambara ähnlieh ist. Auch eine baumartige Aloö (ob A. Ruspoliana Bax., der daär modod) findet sich hier an Stellen, welche vor Winden geschützt sind, ausserdem wachsen hier 2 AloE mit kurzem Stamm, die eine mit purpurfleckigen Blättern. In Waldlichtungen treten sehr häufig, aber in ziemlichen Abständen die 2" hohen, zierlich fiederblättrigen Sträucher der Legu- minose Cadia varia HER. auf, welche auch durch ihre purpurfarbenen Blüthen auffällt. Die zwischen ihnen wachsende Staudenvegetation war verdorrt; aber in Felsspalten konnten noch einige Halbsträucher festgestellt werden: Matthiola elliptica R. Br., Lavandula pubescens Deene.., Heliotropium pallens Der., die häufig vorkommende Convolvulacee Sed- dera spinescens Baker, die Verbenacee Douchea sessilifolia VATKE, die Acanthaceen Barleria glandulifera Lısvau und B. argentea Bax. f. (= S0- malia diffusa Ouıv.), Hypoestes Hildebrandtii Lıspoau und das schöne rotlı- früchtige Solanum Hildebrandtii Au. Br. et Boucne. Ferner wächst hier an felsigen Standorten der gelblich filzige Strauch Solanum Reichenbachii Varke. An ganz wenigen Stellen finden sich nur kleine Halbsträucher, ein diehtästiges Polygala, Ruellia diseifolia Ouıw., ein suceulenter Coleus, der sehon vorher erwähnte und bis hierher aufsteigende Senecio Gun- nisii Bax. und Heliotropium Vatkei GürkE (von Hırvesraspr fälschlich als HT. tiymoides Jaus. et Seacn angegeben). Der obersten Region dürfte auch Inula somalensis VATKE angehören. Leider hat J. M. HıLpesranpr über seinen zweiten im Februar 1875 von Meith aus unternommenen Besuch des an das Ahlgebirge sich an- schliessenden Serrutgebirges keinen eingehenderen Bericht erstattet: es ist aber die dort gemachte Sammlung eine wesentliche Ergänzung der ersten, und ich führe alle Arten an, welche jetzt sicher bestimmt sind. Der allgemeine Charakter der Vegetation ist durchaus derselbe, wie im Ahlgebirge. Bis zu 500" Verbreitung der 7” Höhe erreichenden und in Ostafrika sehr verbrei- Höhe ü. M. erstreckt sich in den Vorbergen die teten A. mellifera Bextu., der nur 3” hohen A. misera Varke und A. somalensis Vaıze, der 8" Höhe erreichenden A. spirocarpa Hocnsr. Ferner sind in dieser unteren Region verbreitet Doswellia neglecta S. Moor£e, die Anacardiacee Lannea cuneifoliolata Esser. und die Ver- benacee Premna somalensis Bax. 408 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. An einer schattigen Stelle bei 600" Höhe wurden einige Moose gesammelt, Hymenostylium secundum C.Mürr., Hyophila Somaliae GC. Mürr.. Fissidens somalensis C. Mürr., Weisia tophicola C. Mürz. Auch Cyperus laevigatus L. und Pteris longifolia L. finden sich in den Vorbergen. Eine Anzahl Pilanzen der Vorberge erstreckt sich von da bis in höhere Regionen, so: Dorstenia foetida (Forsx.) Schwrrn. (bis 1500"), Achyran- thes aspera L. var. sicula Bexın. (bis 1800”), Matthiola elliptica R. Br. (bis 1000”), Abutilon asiaticum G. Don (bis 1000"), Senra incana Cav. (bis 1000"), Pavonia arabica Hocnsr. (bis 1800”), A. fruticosum Gut. et Prrr. (bis 1800"), Acalypha segetalis C. Mürr. (bis So0”), A. soma- lensis Pax (bis 1000”), Indigofera umbraticola VATKE (bis 1000"), Medi- cago lupulina L. (bis 1000”), Cassia Corneliana VATKE (bis 1000”), Krol- vulus alsinoides L. var. erectus ScuwEinrtn., Penlas parviflora Hirn (bis 1300"), Cheilanthes farinosa Kaurr. (bis 1300”), Selaginella yemensis Sprine (= 8. somalensis Bar.) (bis 1800”) und die krüppeligen Sträucher von Commiphora myrrha (N. ab Es.) Esser. nebst var. molmol Exeı., sowie Premna resinosa ScuavEr. Bis etwa 1000” Höhe ü. M. finden sich ferner einige Baumformen, in den Wasserläufen die grossen Ficus populifolia V au var. somalensis Wargurs, F. salieifolia Varu, auch an anderen Stellen Terminalia somalensis EneL. et Dies, Ehretia Braunü Varke, Cadaba longifolia R. Br., Grewia populifolia V au. Bei Soo” beginnt hier auch schon Dracaena schizantha Bax. Um 1000" —-1200” werden mehrere recht bemerkenswerthe Sträu- cher angetroffen, von denen einige auch bis in grössere Höhen ver- breitet sind, alles ausgeprägte Steppensträucher, die grauen Amaran- taceen Ohionothriw somalensis (S. Moore) Hook. f. und Sericocomopsis pallida (S. Moore) Scumnz, die Capparidaceen Cleomodendron somalense Pax, ein Mittelglied zwischen Capparidaceen und Cruciferen, Maerua somalensis Pıx in dichten Büschen, Courbonia subcordata Gırs, Pistacia lentiscus L. var. emarginata Exsscı., Pittosporum abyssinicum Dee, mehr ein Hochgebirgsstrauch, Fntada sudanica Schweisrtn. (auch als kleiner Baum), Zygophyllum Hildebrandtü Exer., ein bis 2” hoher Strauch mit fleischigen verkehrteiförmigen Blättern, zahlreiche Balsamsträucher, wie Boswellia Carteri Bırvwoon (bis 1800”), Commiphora Hildebrandtiü S. MoorE (bis 1500”), (©. serrulata Exeu. (verwandt mit (©. Schimperi, his 1500"), ©. opobalsamum (Kunrtu) Ener. var. Kunthü Exer. (bis 1500”), Croton somalensis VATKE et Pax, Grewia bicolor Juss., Dodonaca viscosa L., Olea somalensis Ba. f. (kleiner Baum. bis 1350"), Acocanthera Schim- peri (DC. £.) Scnwrrn. (bis 1300"), Hildebrandtia africana Varke und H. somalensis Exer., Clerodendron Neumayeri S. Moore (auch bis 5” hoher Baum, bis 1800"), Cyclocheilon eriantherum (NV arke) Exer., Solanum albi- caule Korseuy, Psiadia incana Or. et Hırrn. In Schluchten beginnt hier Ester: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 409 auch schon der bis 1600" hinauf reichende Buxus Hidebrandtiü Baınn.. und bei 1200" Uns Hildebrandtii Pax zu, bei 1300 Von Schlingpflanzen dieser Region sind mir nur bekannt ge- gesellen sich ihm Maesa lanceolata NV aus und Phyllan- Ficus somalensis VATKE. worden: Tragia mitis Hocust., Teramnus labialis L. var. somalensis V aTKE, Momordica charantia L. Um 1000”-—-1200” wachsen ferner folgende Halbsträucher: Polygala caleicohum Cuovar (niedrig, bis 1500"), Lantana Petitiana A.Rıcn. (bis 1500"), Pleetranthus rupestris (Hocusr.) Bax., Ortho- siphon tenuiflorus Bextu. (bis 1300") Ocimum tereticaule Poır., Lasiocorys arabica Jaup. et Spacu, Lindenbergia sinaica (Deene.) Bentu. (bis 1SO0"”). Justicia Urbaniana Lisvau, Ruellia patula Jaca. Stauden und einjährige Kräuter wurden hier nur wenig «esammelt: Seilla somalensis Bax.. Chlorophytum somalense Bax., Andrachne somalensis Pax, Jonidium ennea- spermum Vest. var. angustissimum Exseu. (bis 1500”), Convolvulus serico- phyllus T. Asp. Auch der schon mehrfach erwähnte kleine catusähn- m m liche Senecio Gunnisü Bax. findet sich von 1000" bis 1300". Von Farnen findet sich von 1100" an bis 1500" Actinopteris radiata (Korsıe) Link. und bei 1200" wurden an einem Wasserplatz angetroffen: Adiantum ca- pillus Veneris L., die Moose Trichostomum fontanum C. Mürr. und Splachno- bryum aquaticum GC. Mürr. sowie Chara foetida var. catophloea A. Br. Bei 1300” tritt Sporobolhus festivus Hocnsr. auf und Leucas brachy- phylla Jaug. et Spacn., auch das Farnkraut Cheilanthes coriacea Drexe. (bis 1800”). Bei 1400” erscheinen die strauchige Flacourtiacee Aberia verrucosa Hocnst., welche auch in Abyssinien vorkommt, die halb- m m strauchige monotypische und endemische Labiate Renschia heterotypica (S. Moore) Varke, Solanum Schimperi Hocnsr. und Cynoglossum micran- tHnım Desr. Um 1500 dissima Ener. und O. abyssinica Hocusr., Salvia somalensis VarkE (bis 2'"" hoch, bis 1800”), der prächtige Acanthus arboreus Forsk. (bis 1800"), Tarchonanthus camphoratus L., Psiadia arabica Jaus. et Spacn (bis 1800"): m werden wahrgenommen die Sträucher: Osyris rigi- die Halbsträucher: Hibiscus miceranthus L.. Orthosiphon somalensis Varke, Micromeria abyssinica (Hocusr.) Bern. (bis 1800”), Crossandra nilotica Ouv. (= Cr. brachystachys (Frascn.) Lispav, bis 1800"), Or. spinosa Bzcx (bis 1800"); die Stauden und Annuellen: Arenaria ser- pyllifolia L. (an sandigen Stellen), Oxalis corneulata L. (bis 1800"). Geranium simense Hocnst., Scrophularia arguta Sor., Linaria somalensis VarkE, Salvia nudicaulis Van var. congesta A. Rıcu. (bis 1800"), Cuscuta hyalina Roru und Asplenium praemorsum Sw. (bis 1800"). Bei 1600” beginnt auch hier Juniperus procera Hocust., dessen Bestände Hınprsranpr bis 1800” beobachtete, zugleich tritt die strauchige 2" hohe Ballota Hildebrandtii Varkz et Kurrtz auf, ferner die dormige 410 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. halbstrauchige Seddera somaliensis (V ATKE) HALLER f., Panicum maximum Jaco., Cyperus obtusiflorus Vanı, Antheriewm corymbosum Bax., Ornitho- galum caudatum Aır., auch Barbacenia Hildebrandtiüi Pax (bis 1900”) und Crassula somalensis Pax. Um 1800" Ausserdem kommen noch folgende Sträucher und Halbsträucher vor: ist wiederum die strauchige Cadia varia vWHEr. häufig. Melhania ovata (Cav.) Borss. var. montana K. Scıu., Ipomoea argyrophylla Varke, Heliotropium Vatkei GÜRkE, Stachys Hildebrandtü VATKE, Lasiocorys abyssinica BExtn., Mieromeria biflora (Ham.) Bentn., M. punctata (R. Br.) Bru. var. angustifolia Varke, Solanum Hildebrandtii A. Br. et VATkE, Ruttya fruticosa Lisvau, Felicia abyssinica Sen. Bır., Osteospermum murt- catum E. Mev., Euryops pinifolius A. Rıcn. Sodann die Stauden: Viola somalensis Ener., Trichodesma heleo- charis S. Moore, Nepeta azurea R. Br., Teuerium polium L., Craterostigma pumilum Hocusr., Orobanche minor Surros, Centaurea Hochstetteri (Bucuus- GER) Or. et Hrerx.,. Holothrixv Vatkeana Rene. f. Unter den aufgeführten Sträuchern. Halbsträuchern und Stauden befinden sich mehrere, welche auch in Abyssinien und Arabien vor- kommen, auch einzelne mediterrane Arten. Auf Triften und in der Nähe menschlicher Wohnungen wachsen noch folgende: Pennisetum villosum R. Br., Chenopodium album L.. Brassica juncea (L.) DC., Sisym- brium irio L., Anagallis arvensis L., Verbascum ternacha Hocnsr., Galium aparine 1., Heterachaena massaviensis Fres. Endlich wurden noch um 1900" —-2000" constatirt: Anthericum inconspicuum Bax., Lantana somalensis VAarkE, Pulicaria Renschiana nı VArKE, P. chrysopsidoides C. H. Scuvurz Brp., Iphione microphylla V ATke, mit Ausnahme der ersten Art, alle halbstrauchig und fast alle ende- misch. Aus dem Gebiete der Warsangueli werden von FRAncHET folgende von Revo gesammelte Arten erwähnt, welche sich nicht unter den bisher aufgeführten finden: Morettia Revoilii Francn., Farsetia Boivini Fourn., (leome arabica L. var. steno- , carpa Francn., Ol. droserifolia Deine, Hibiscus sanguineus FrancH., H. somalensis FrancH., Pavonia somalensis Francnh., P. serrata FRANcH., Haplophyllum arbuscula Francn., Crotalaria argyraca Francn., Kissenia spathulata R. Br., Pulicaria petiolaris Jaur. et Spacn, P. adenophora Francn., Hyoscyamus grandiflorus Francn., Justicia soma- lensis Francn., Gnidia somalensis (Francn.) GırG, Craterostigma plantagineum Hocusr. Unter diesen Arten verdienen die beiden durch fetten Druck kenntlich gemachten besondere Beachtung, weil sie auch in Arabien vorkommen und pflanzengeographisch wichtig sind. Weiter östlich im Gebirge bei Meraya wurden von Re£voız folgende Arten gesammelt: Cleome brachycarpa V au, (Ol. albescens Franch., (adaba somalensis FRANcH.. Senra incana Cav., Corchorus depressus (L.), Cassia holoserica Fraxch., Heliotropium stilosum Franen., Pulicaria monocephala Fraxcn., Pluchea pinnatifida Hoox. f. Exsrer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 411 Revom rühmt zwar den grossen Reichthum an aromatischen Sträuchern, hat aber keinen einzigen mitgebracht. Mehr im Innern, im Lande der Medschurtin, wurden von ihm gesammelt: Capparis galeata Fres., Tribulus Revoili Franc. (strauchig, und wahrscheinlich zu Kelleronia gehörig), Polygala tinctorium Vaur, Barleria acanthoides Vanu, Nelsonia campestris R. Br., Vernonia somalensis Francn., Senecio pendulus (DC.), Tragia canna- bina L., Selaginella imbricata Srring, Cheilanthes fragrans Hoox., Actinopteris radiata (Kornıs) Lx., Tristachya somalensis Franen., Littonia Revoilü Francn., Urinum abyssini- cum Hocastr., Pleuropteranthe Revoilii Francn., eine eigenthümliche Amarantaceen- gattung, Forskalea viridis Eurene., Vigna tenws Francn. (?), Ammannia attenuata Hocasr., Solanum piperiferum A. Rıcn., Pterodiscus speciosus Hocast. f. (?), G@lossonema Revoilii Francn., Oucumis ficifolius A. Rıcn. Allgemeine Ergebnisse. So lückenhaft auch unsere Kenntnisse der Flora des Somali- landes im Vergleich zu der eines Landes der gemässigten Zone sein mögen, so sind sie doch jetzt schon ausreichend, um die wesent- lichsten Übereinstimmungen und Unterschiede im Vergleich mit an- deren Gebieten des tropischen Afrika hervortreten zu lassen. Wie ich schon oben angedeutet habe und in einer zweiten Abhandlung des Näheren ausführen werde, schliesst das von SW. nach NO. streichende Gallahochland vom Rudolf- und Stefanie-See bis Harar sich in seiner Vegetation durchaus an diejenige Abyssiniens an; ferner habe ich schon in meiner Hochgebirgstlora des tropischen Afrika und später in den Abhandlungen über die Gebirgstloren Usambaras und des Nyassalandes zeigen können, wie im ganzen ostafrikanischen Ge- birgsland zahlreiche gemeinsame und vicariirende Arten auftreten. Durch diese im Norden gar nieht, im Süden nur hier und da unterbrochenen Hochländer wird die Somalihalbinsel vom centralen und westlichen Afrika stark isolirt und dieser Umstand bedingt es, dass die Flora des Somalilandes (ich schliesse das obere Gallaland und Harar davon aus) von der des eentralen und westlichen Afrika erheblich verschieden ist, obwohl die klimatischen und Bodenverhältnisse ganz dieselben Vegetations- formationen bedingen, wie sie in den Steppengebieten der oberen Nilländer (Djur, Kordofan, Darfur, Nubien) in denen Englisch- und Deutsch-Ostafrikas auch auftreten. Von Natal bis Mombassa herr- schen zwischen dem Meer und den landeinwärts gelegenen HHoch- gebirgen parkartige Buschgehölze, welche sich durch einen grossen Reichthum von Bäumen und Sträuchern aus zahlreichen Familien auszeichnen. Von diesen reichen nun auch noch manche Arten in die benachbarten sterileren Steppengebiete hinein, namentlich in die 412 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. gemischten Dorn- und Buschsteppen am Fuss der Gebirge: sodann ist demzufolge auch die Vegetation der Ufergehölze in diesen Steppen- gebieten eine etwas mannigfaltigere. Das ist in der oberen Nilebene und im Somaliland nicht der Fall. Trotz der Üppigkeit des Wabbi- thales. des Dschubathales. von der die Reisenden schwärmen, trotz der diehten Wälder, von denen sie oft berichten. fehlen in der oberen Nilebene und im Somaliland zahlreiche Familien und Gattungen. welche im übrigen Ostafrika angetroffen werden. An den Küsten und unteren Flussläufen des Somalilandes, sowie im oberen Nilthal fehlen die Pandanus, welehe im Küstenland Deutsch- Ostafrikas angetroffen werden, desgleichen die Flagellaria, es fehlen in den Nil- und Somali-Steppen die in den immergrünen Dornbuschsteppen Östafrikas vorkommende Vanilla Roscheri. die in den ostafrikanischen Steppen vertretenen Orchidaceengattungen Aöranthus (Guyonianus Rene. f.), Angrecum (aphyllum Tuov.), Ansellia (africana Lispr.), die Zingi- beraceengattung Aaempfera (jedoch in Sennar), die Balanophoraceen- gattung Sarcophyte, die Anonaceengattung Artabotrys (in Uferwäldern der ostafrikanischen Steppe), die Rosaceen Parinarium, die Leguminosen Baphia, Afzelia und Brachystegia, die Erythroxylon, die Simarubacee Harrisonia, die Dichapetalum, die Sapindacee Pappia, die in Ostafrika an Wasserläufen wachsenden Sorindeia, die Sapotaceengattung Mimusops, die Apocynacee Landolphra (erst am unteren Tana), die Bignoniaceen Markhamia und Stereospermum, ausserdem aber noch sehr viele Gattun- gen, welche in der Quolla des abyssinischen Hochlandes, im Lande der Niam-Niam und am Fusse der ostafrikanischen Gebirge vertreten sind, wie z. B. Anona senegalensis Pers. Noch wichtiger ist aber, dass im Somaliland einzelne typische Steppenpflanzen fehlen, welche im Westen Abyssiniens häufig sind, nämlich: Borassus aethiopum Marr., die noch im Djurgebiet hainbildend auftritt, Butyrospermum Parkii (G. Dos) Korscay var. niloticum (KorscHy) PiERRE, welches daselbst ebenfalls sehr verbreitet ist, Adansonia digitata L., welche als charakteristischster Steppenbaum vom Limpopo nordwärts bis Darfur und Keren und west- wärts bis Senegambien verbreitet ist und noch im nordöstliehsten Winkel ihres Areals, im Thal von Sacca und Kufil am Abhang des Algeden- Plateaus ganz besonders häufig ist.‘ Auch Cyperus papyrus L., in Sümpfen der central- und ostafrikanischen Steppe häufig, scheint im Somaliland zu fehlen und Raphia, von welcher eine Art in Deutsch- Ostafrika nicht selten, R. Mombuttorum Drupe im Djurland vorkommt. ! Wegen Adansonia habe ich speciell bei Prof. C. Kerzer in Zürich und bei Hrn. Dr. ErLLenBeck angefragt. Ersterer schrieb mir: »Auf der ganzen Reise kam mir auclı nicht ein einziges Stück zu Gesicht«; letzterer theilte mir ınit, dass er sie im Lande der Arussi-Galla häufig gesehen habe. Exsrer: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 413 fehlt auch im Somaliland. Weiter auf das Nichtvorkommen anderer weit verbreiteter afrikanischer Steppenpflanzen im Somaliland einzugehen, empfiehlt sich vorläufig nicht, da noch manche Pilanze bisher über- sehen worden sein kann. Auch das nördliche Hochgebirge des Somalilandes weist mehrere negative Merkmale gegenüber dem übrigen ostafrikanischen Gebirgs- land auf. Wir haben gesehen, dass daselbst Juniperus procera Hocnsr. Bestände bildet, auch sollen Lobelien aus der Section Rhynchopetahım daselbst vorkommen; es finden sich dort auch das abyssinische Gr- ranium simense Frzs. und manche andere abyssinische Art: aber es fehlen doch auch viele Gattungen und Arten, von denen man nicht gut annehmen kann, dass sie bis jetzt übersehen wurden. Ich nenne, ganz absehend von den in Abyssinien und anderen Hochgebirgen nur über 1900" vorkommenden Gattungen wie Erica und Blaeria nur fol- gende: Tacca pinnatifida Forsk., Dioscorea, Gladiolus, Peperomia, Myrica, m Trema quineensis, Protea, Hagenia, Brucea, Clausena, Bersama, Im- patiens, Sparmannia, Hypericum lanceolatum Lam., H. intermedium Srevn., H. Schimperi Hocust., Delphinium, Viola abyssinica Srrun., die Um- belliferen, Olinia, Myrsine africana L., Buddleia, Swertia, Sebaca, Bartschia, Veronica abyssinica Fres., Halleria, Scabiosa, Monopsis u.s.w. Es wird wohl noch die eine oder andere Gattung nachgewiesen werden; aber jedenfalls wird es sich nur um einzelne handeln, da wir von dem Abyssinien zunächst gelegenen Theil des Gebirges am meisten wissen und gegen das Cap Guardafui hin dasselbe immer trockener wird. Auch an der Küste des Somalilandes scheinen viele in Ost- afrika bis Mombassa und Sansibar verbreitete Arten zu fehlen, wie z. B. Colubrina, Pemphis, Randia dumetorum Lam., Afzelia, Tetracera, Rourea, Heinsia u. a. Den negativen Merkmalen der Somaliflora stehen aber auch einige positive gegenüber. Der Reichthum an Succulenten ist nicht grösser als in der Massaisteppe am Nordabfall des Usambara- und Ugueno- gebirges; ebenso kann quantitativ der Reichthum an Burseraceen nicht grösser sein, als zwischen den Burubergen und Voi und weiter nord- wärts, wo man meilenweit durch Obstgartensteppe wandert, die von verschiedenen C(ommiphora-Arten gebildet ist, ausserdem aber auch Boswellia, Sesamothamnus, Hildebrandtia, Cyclocheilon enthält, doch ist im nordöstlichen Somaliland auf kleinem Raum eine grössere Mannig- faltigkeit der Arten von Commiphora und Boswellia, als irgendwo anders. Jedenfalls aber wird das pflanzengeographische Gebiet des Somalilandes südwestlich über den Kenia hinaus bis in die Gegend von Ndi und Ndara auszudehnen sein. Besonders charakteristisch ist für das Somali- land hinsichtlich der Formationen die Entwickelung niedrigen Steppen- AA Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. busches, aus dem nur einzelne grössere Bäume hervorragen, ferner bei sehr vielen dieser Steppenbüsche reichliche Dornbildung oder aber Ausbildung von Lang- und Kurztrieben,. in den trockensten Theilen des Somalilandes auch die Ausbildung polsterförmiger oder fast kugeliger kurzer Stämme. denen dünne Zweige entspringen, ferner Reichthum an Arten mit angeschwollener rübenförmiger Wurzel. Durch diese Pflanzen- typen zeigt das Somaliland eine grosse Übereinstimmung mit dem Herero- land. Hier wie dort sind Acacien, Combretaceen und Tamarix die herr- schenden Bäume, hier wie dort Commiphora-Arten und Capparidaceen die herrschenden Strauchformen, hier wie dort kommen strauchige Con- volvulaceen, strauchige Pedaliaceen (Sesamothamnus), Apocynaceen mit tleischigem Stamm (Adenium und Pachypodium) und ebensolche Passi- floraceen (Adenia und Echinothamnus), grossstrauchige fettblättrige Zygo- phyllum, dornstrauchige Bignoniaceen aus der Gattung Rhigozum, zahl- reiche halbstrauchige Acanthaceen und Labiaten aus der Unterfamilie der Ocimoideae, strauchige und halbstrauchige Amarantaceen, halbstrauchige Resedaceen und Polygala vor: hier wie dort finden wir suceulente Zuphor- bia, Aloe und Stapelieae, auch dieselben Gattungen von Zwiebelgewächsen. Erwähnenswerth ist ferner das Vorkommen derselben Rutaceengattung Thamnosma in Hereroland und auf Socotra, welches, trotz seines bedeu- tenden insularen Endemismus, sich doch pflanzengeographisch eng an Somaliland anschliesst. Ferner ist hier auch darauf hinzuweisen, dass die einzige altweltliche Loasacee Küissenia spathulata Expu. in Arabien, im Lande der Warsangueli des Somalilandes und zugleich in Damara- und Namaland vorkommt. Sonst aber sind es fast durchweg andere Arten, die in dem nordöstlichen und südwestlichen Steppengebiete Afrikas ähnlichen Charakter zeigen; wir können daraus nur entnehmen, dass die Vertreter dieser Familien oder Gattungen besonders geeignet sind, sich einem regenarmen Klima anzupassen. Trotz einer gewissen physiognomischen Übereinstimmung der Ve- getation des Somalilandes mit der des Damaralandes ist es leicht, auf- fallende Eigenthümlichkeiten in der Flora des ersteren herauszufinden; ich erinnere nur an die eigenthümlichen Moringaceen, die eigenthüm- lichen Icaeinaceen Trematosperma und Pyrenacantha, an Boswellia, die Simarubacee Kirkia, die Sapindacee Pistaciopsis, die Convolvulaceen- Gattungen Hyalocystis, Hildebrandtia und Cladostigma, die endemischen Capparidaceen-Gattungen (l/eomodendron und Calyptrotheca, an die mit Cadia entfernt verwandte Gattung Dicraeopetahum, die endemische strau- chige Zygophyllacee Aelleronia, an die Verbenaceen-Gattung Cyelocheilon, die strauchige Serophulariacee Ghikaea, an Stemodiopsis und die Gat- tung Pseudosopubia, welche wie Pistaciopsis auch noch in das Sansibar- Küstengebiet hinüberreicht, an die Stereuliaceen-Gattung Harmsia, die # 4 Ester: Über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. 415 Euphorbiaceen Lortia und Briechettia, die Turneraceen-Gattung Loewia, die endemische Asclepiadacee Kdithcolea, die endemische Amarantacee Pleuropteranthe, die Malvacee Symphyochlamys, die Labiaten-Gattung Hyperaspis, die Borraginaceen-Gattungen und Poskea, die Rubiacee Mitratheca. Sodann ist auch der Reichthum an strauchigen und halb- strauchigen Acanthaceen im Somaliland noch erheblich grösser als im Damaraland, auffallend auch die Entwicklung sehr langer Blüthen bei einigen Thumnbergia, sowie das Auftreten der endemischen Gattun- gen Leucobarleria und Ruspolia. Es herrscht also ein grosser Gattungs- endemismus im Somaliland. Endlich haben wir als einen ganz besonders auszeichnenden Cha- rakterzug in der Flora des Somalilandes hervorzuheben das Auftreten des ostmediterranen Florenelementes; einmal finden wir, wie nicht zu verwundern, an der nördlichen Somaliküste mehrere an der arabischen Küste auftretende Arten oder nahe Verwandte derselben, die ich hier nicht aufzählen will, ausserdem aber auch andere mediterrane Typen. Die auffallendsten Erscheinungen dieser Art sind die oben S. 369 erwähnte Populus euphratica OLivier var. Denhardtiorum Exer., und die baum- artige Pistacia lentiscus L. var. emarginata Exer., dann verweise ich auf Duxus Hildebrandtii Baır., der ausser seinen mediterranen Ver- wandten auch noch solche im Ilimalaya und auf Madagaskar besitzt. auf die strauchigen Farsetia, die halbstrauchigen Arten der Gruciferen- Gattungen Diceratella und Malcolımia, auf das Vorkommen der Gattungen Gypsophila, Mieromeria, Lavandula, Carduncellus, Cistanche. Dass einzelne im Capland reich entwickelte Typen auch im Somali- land Vertreter besitzen, wie Rhus, Pelargonium, Lyperia, Lobostemon (in der nahestehenden Gattung Leurocline), will ich hier nicht weiter ausführen; nur das will ich bemerken, dass in den Gebirgen Deutsch- ostafrikas mehr capenser Typen auftreten. Das Vorkommen mehrerer mediterraner Typen im Somalilande er- kläre ich nieht etwa so, dass ich eine ehemalige stärkere Entwicke- lung des mediterranen Elementes im Somaliland annehme, sondern dadurch, dass Wind und Thiere Samen ostmediterraner Pflanzen naclı dem Somaliland gebracht haben und dieselben dort auf dem reichlich dargebotenen offenen Terrain zur Entwickelung gekommen sind. Dass in einzelnen Fällen hierbei Veränderungen vor sich gehen, beweist uns Populus euphratica subspee. Denhardtiorum Exer. Wir haben Gründe anzunehmen, dass die Steppen Afrikas seit der Tertiärperiode sich allmählich immer mehr ausgedehnt haben und dass die hygrophile Gebirgsflora auch stellenweise tiefer hinabgereicht hat, jedenfalls reicher als jetzt entwickelt gewesen ist: das sich ausdehnende Steppen- terrain bot Raum zur Ansiedelung fremder Arten und zur Erhaltung 416 Gesammitsitzung vom 18. Februar 1904. neu entstehender. Ganz anders aber als das Auftreten der ostmedi- terranen Typen im Somalilande ist das von Aissenia zu erklären. Diese ist schwerlich aus Arabien nach dem Somalilande gelangt, sondern von hier nach Arabien und nach dem Somalilande aus dem Nama- land. Wir wissen gegenwärtig noch nichts über die Keimdauer der Samen von KÄüssenia, welche, in eine holzige Frucht eingeschlossen, wohl geschützt sind und durch die zu einem Flugapparat vergrösser- ten fünf Kelchblätter über Land nach und nach Kilometer weit ge- trieben werden können: aber es ist nicht anzunehmen, dass die Früchte von Kissenia sowie die Samen von Populus euphratica auf einmal über grosse Strecken transportirt werden können: vielmehr muss die Ver- breitung von Aüssenia allmählich vor sich gegangen sein. Wenn ich die Verbreitung dieser Pflanze von Namaland her annehme, so habe ich dafür gute Gründe. Aüssenia ist der einzige Vertreter einer in Amerika reich entwickelten Familie, der Loasaceen: der Blüthenbau dieser Familie ist so eigenartig, dass eine Parallelentwickelung der- selben in zwei entfernten Erdtheilen aus einer weitverbreiteten Urform ausgeschlossen ist. Es giebt nur folgende beiden Möglichkeiten: ent- weder ist ein Vorfahr von Aüssenia über den Atlantischen Ocean aus Amerika nach Afrika gelangt und hat sich dort verändert, oder es haben auf einem zwischen Amerika und Afrika gelegenen Lande Stammformen der Loasaceen existirt, von denen Aüssenia herzuleiten ist. Da nahe Verwandte von Aössenia in Amerika nicht existiren und der Fruchtbau derselben einen weiten Transport durch die Luft aus- schliesst, so bleibt, soweit ich jetzt sehen kann, nur die zweite Mög- lichkeit. Hierzu sei noch bemerkt, dass in den letzten Jahren die fortschreitende Erforschung der Flora Afrikas immer mehr Pflanzen ergeben hat, welche in der afrikanischen Pflanzenwelt, ebenso wie in der asiatischen, isolirt dastehen, dagegen mit amerikanischen Typen mehr oder weniger. oft sogar auffallend nahe verwandt sind. 417 Über die magnetische Zerlegung der Radiumlinien. Von C. Runge und J. PrecHr in Hannover. Toro 7 D) sur (Vorgelegt von Hrn. Praxck.) Wir haben die stärksten Linien, die das Funkenspeetrum des Radiums liefert, im magnetischen Felde untersucht und, wie zu erwarten war, gefunden, dass sie genau dieselbe Zerlegung zeigen, wie die stärksten Linien des Funkenspeetrums von Mg, Ca, Sr, Ba. Die Zerlegung ist nicht bloss qualitativ dieselbe, was die Zahl der Componenten und ihre relativen Intensitäten betrifft, sondern auch quantitativ, wenn man nur die Abstände in der Scala der Schwingungszahlen misst. Die stärksten Linien des Funkenspectrums von Mg, Ca, Sr, Ba bilden, wie Runge und Pascnen gezeigt haben', drei Linienpaare, die sie als Hauptserie und als erste und zweite Nebenserie bezeichnen. Obwohl nämlich in keinem dieser Fälle mehrere Glieder derselben Serie beob- achtet worden sind, so besteht doch wegen der Analogie dieser Linienpaare mit den Linienpaaren der Alkalien und der Gruppen Cu, Ag, Au und Al, In, Tl kein Zweifel, dass sie die entsprechende Rolle spielen, und daher sind ihnen auch die entsprechenden Bezeichnungen gegeben worden. Das Linienpaar, das als erste Nebenserie bezeichnet worden ist, hat das charakteristische Merkmal, dass die Linie grösserer Wellenlänge an der weniger brechbaren Seite noch von einer schwäche- ren Linie, einem Satelliten, begleitet ist. Beim Magnesium ist der Satellit allerdings nicht beobachtet worden, doch muss man dieses nach der Analogie der Linienvertheilung wohl so erklären, dass der Satellit beim Magnesium der Hauptlinie zu nahe rückt, um von ihr getrennt zu werden. Der Satellit steht in der Scala der Schwingungszahlen von der Linie kleinerer Wellenlänge eben so weit ab, wie die Componenten des Paares der Hauptserie und der zweiten Nebenserie von einander. Wir können nun zeigen, dass die stärksten Linien im Funken- speetrum des Radiums sich genau ebenso verhalten. Wir haben hier auch drei Linienpaare, die wir ebenso als Hauptserie und als erste und zweite Nebenserie bezeichnen. Bei dem Linienpaar der ersten Nebenserie haben wir auf der Seite der grösseren Wellenlängen den Satelliten, der von der Linie kleinerer Wellenlänge in der Scala der ! Runge und Pascken, Sitzungsber. 1902, S.720. Sitzungsberichte 1904. 32 418 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Schwingungeszahlen eben so weit absteht, wie die beiden Linien der als Hauptserie und zweiten Nebenserie bezeichneten Paare. Die Haupt- serie und die zweite Nebenserie unterscheiden sich ebenso wie bei Mg, Ca, Sr, Ba dadurch von einander, dass die kleinere Wellenlänge bei dem Linienpaar der Hauptserie die stärkere, bei der zweiten Nebenserie dagegen die schwächere der beiden Linien ist. In der folgenden Tabelle sind die Wellenlängen und die Schwingungs- zahlen der drei Linienpaare zusammengestellt. Unter Schwingungszahl verstehen wir die Zahl der Liehtschwingungen, die auf ein Centimeter Weglänge kommen. | Wellenlänge | Schwingungszahl Abstand A 108/A Hauptserie S 230289 35678.6 N 91.5 { 2795-63 357701 ) i o = 2798.07 5738.9 ) Mg . Nebenserie } En he 2. Is 1: JM eben exichen a es N 92.1 2. Nebenserie ) 293451 a 91.5 ! 2928.74 | 341444 |) & | Hauptserie | 3968.63 231908 222.9 \ 3933.83 25420.5 ) 3181.40 31432.7 N) Ca \ 1. Nebenserie | 3179.45 | 31452.0 \ 223.1 3158.98 31655.8 | | | 2. Nebenserie 3737.08 201569 h 223.1 3706.18 26982.0 | a | Hauptserie ana le > 8or.4 | 4077.88 24522.5 ) 3475-01 | 28776.9 Sr 1. Nebenserie 3464.58 28863.5 | 801.1 | 3380.89 | 29578.0 | | | t | | 2. Nebenserie | 430560 Rena ! 801.6 (| 4161.95 24027.2 S — 1 ai Ber -_ er Hauptserie N BIER re N 1691.1 | ! 4554.21 219577 |) | | 4166.24 24002.5 ) Ba \ 1. Nebenserie | 4130.88 24207-9 \ 1691.4 3891.97 0 | 256939 | 2. Nebenserie S | AIINE | 1690.9 u 4525.19 | 22098.5 l 7 Te DRITTE ae Are TIBNE | £ 4682.36 21356.8 Hauptserie N Es | ee 4858.4 | 4436.49 22540.3 Ra 1. Nebenserie } 4340.83 | 23037-1 \ 4858.38 | 3649.75 | 27399.1 | 2. Nebenserie 5813.85 ee 4858.6 | | 4533-33 | 220589 |) €. Russe und J. Preenr: Die magnetische Zerlegung der Radiumlinien. 419 Für jedes der fünf Elemente stimmen die Abstände der Com- ponenten in den drei Linienpaaren, soweit die Genauigkeit der Messung reicht, mit einander überein. Schon diese Zusammenstellung zeigt die Gleichartigkeit der fünf Speetren. Sie tritt indessen noch viel deutlicher hervor, wenn wir die Zerlegungen der Linien im magnetischen Felde betrachten. Die folgende Tabelle gibt die Zerlegung der Radiumlinien in der Scala der Schwingungszahlen zusammen mit den Mitteln der Zerle- gungen für die entsprechenden Linien der anderen Elemente nach den Messungen von Russe und Pascnen. Alle Zerlegungen sind auf die gleiche Feldstärke von 31000 ÜGS bezogen. Die Zahlen jeder Hori- zontalreihe bezeichnen die Abstände der Componenten der betreffenden Linie von ihrem gemeinsamen Schwerpunkt, gemessen in der Scala der Schwingungszahlen. Abstände der Componenten von ihrem Sehwerpunkt | O1 N der Scala der Schwingungs- Wellenlänge in der Scala der Schwingungszahlen 108/A zahlen euere: in der Scala der | ellenlängen: I. Hauptserie und zweite Nebenserie. Stärkere Componente. Ra 3815 —2.36 —1.44 -—05I +051 +1,48 +2.33 0.015 A. Ra En ) | De —1.36 —0.46 +0.48 +1.36 =. | 5 en A. Mg, Ca, Sr, Bi Br N —0.44 Rn +1.37 +2.28 Schwächere Componente. Ra 4682 —1.36 -—0.92 -+0.92 -+1.86 0.022 A. Ra en nr ar = en —0.97 a +1.80 I | 0.021 A. Mg, Ca, BR Er —0.94 -+0.94 -+1.82 II. Erste Nebenserie. Ra 4436 | —2.05 —1.13 +1.09 +2.09 | 0.020 A. Ba Be BER: IR —1.1I —0.78 FE +1.44 Ber | Ra 4341 —1.53 0.00 +1.53 | 0,019 A. Me, Ca. Saal ei 0.00 Be a Ra 3650 | —1.28 0.00 -+1.27 0.013 A. Mg, Ca, St Ba | 2 — IanT ++0.01 R +1.10 E Bei der ersten Nebenserie ist die Zerlegung des Satelliten nicht vollständig gelungen. Die beiden parallel zu den Kraftlinien schwin- genden Componenten fliessen mit den benachbarten vier Componenten, die senkrecht zu den Kraftlinien schwingen, zusammen. Jene sind 32* 420 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. Fig. 1. FE 3815 In —/otorz ehe ee Ra 5814 E Ta 10:0BAHN® 2 S.1Mg, Ca, Sr, Ba ® 2) zZ + Z | Ra 4682 Inn 10.022 AR ® IRa 4533 0.0270 A Mg, Ca, Sr, Ba Basen BE 4436 = = un: t + Inn — 0.020A, ae; a8 Ba 4166 Er + E Fe iganasan “ Z|Ra 4341 : mm — 0,019 A. a) Et w {7} + | ®& |Mg, Ca, Sr, Ba © = # = EFEFE - + | - N Ra 3650 Baaanen, R mm. '0,013A. b | Mg. Ca, Sr, Ba = j aber kräftiger, und so gelingt es noch ihre Lage zu bestimmen. Es würde möglich sein auch die senkrecht zu den Kraftlinien schwin- genden Componenten vollständig zu erhalten, wenn man durch einen Kalkspath die parallel schwingenden Componenten unterdrückte. Da- durch wird indessen das Licht beträchtlich geschwächt, so dass eine längere Exposition und damit eine grössere Menge Radium erforder- C. Runge und J. Preenr: Die magnetische Zerlegung der Radiumlinien. 421 > > > lich wird. Auch bei Caleium und Strontium haben RunsE und PAscHEn die vollständige Zerlegung des Satelliten nicht erreichen können. Es ist indessen kaum zu bezweifeln, dass die Zerlegung mit der bei der Bariumlinie beobachteten identisch ist. Wir glauben, dass in allen Fällen die Abweichungen der Zer- legungen der Radiumlinien von den Zerlegungen der entsprechenden Mg,Ca, Sr, Ba Linien den Beobachtungsfehlern zuzuschreiben sind. Man erkennt aus der letzten Spalte der Tabelle, wie viel die Abweichung beträgt, wenn man sie auf die Scala der Wellenlängen umrecehnet. Die grösste Abweichung geht, wenn man sie ganz auf die Wellenlänge der Radiumlinie wirft, nicht über 0.022 einer Angström’schen Einheit hinaus, und bei der Unschärfe und Schwäche mancher der Componenten halten wir Messungsfehler von dieser Grösse für erklärlich. Die Figur ı stellt die Resultate der Tabelle anschaulich dar. Die parallel den Kraftlinien schwingenden Componenten sind mit p be- zeichnet. Man muss sich die einzelnen Componenten natürlich erheb- lich breiter als die Linien der Zeichnung vorstellen. Die theoretische Breite einer Linie, die physikalisch unendlich fein wäre, ist in der ersten Ordnung unseres Gitters (und diese kam fast allein in Betracht) gleich dem hunderttausendsten Theil der Wellenlänge. Nun kommt aber hinzu, dass viele der Componenten eine sehr merkliche physi- kalische Breite haben. Besonders breit sind z. B. die Componenten von 3650, bei denen auch die grössten Abweichungen .beobachtet worden sind. Ausser den drei Linienpaaren sind noch einige Radiumlinien im magnetischen Felde beobachtet worden. Vorallem schien es uns inter- essant, festzustellen, ob die Hauptlinie der Bunsenflamme Ra 4826.12 dieselbe Zerlegung hat wie die Hauptbunsenflammenlinien von Ba, Sr, Ca: Ba 5535.69, Sr4607.52, Ca4226.91. Diese Vermuthung fand sich in der That bestätigt, wie die fol- gende Tabelle zeigt: Zerlegung in der Scala der Schwingungszahlen Ra 4826 —1.39 0.00 +1.39 0.1 entspricht 0.023 A.E. Ca, Sr, Ba —1.37 —0.01 +1.39 Endlich konnten noch die folgenden beiden Zerlegungen beob- achtet werden: Zerlegung in der Scala der Schwingungszahlen o.1 entspricht Ra 5661 —1.55 +0.02 +1.53 0.032 A.E. Ra 4699 —1.36 —0.02 +1.37 0.022 A.E. Die Feldstärke betrug bei unseren Aufnahmen ungefähr 30000 ÜGS. Die in der Tabelle angegebenen Zerlegungen sind aber auf die Feld- 422 Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. stärke von 31000 umgerechnet, um mit den auf diese Feldstärke be- zogenen Zerlegungen der Mg, Ca, Sr, Ba Linien vergleichbar zu sein. Gemessen wurde die Feldstärke bei unseren Aufnahmen durch die Zer- legung der Bariumlinie 4554 und der beiden gelben Natriumlinien, die gleichzeitig mit den Radiumlinien bei der Aufnahme erschienen. Im übrigen waren die Apparate und die Anordnung des Versuchs die gleichen, wie sie in der Arbeit über das Quecksilberspectrum von Runge und Pascuen beschrieben sind.' Schon die Anordnung der Hauptradiumlinien in drei Linienpaaren gleichen Abstandes macht es wahrscheinlich, dass sie den Hauptlinien von Mg, Ca, Sr, Ba homolog sind. Damit wollen wir sagen, dass jene für Radium dieselbe Rolle spielen wie diese für Mg, Ca, Sr, Ba. Durch den Beweis, dass die Hauptradiumlinien auch im magnetischen Felde in derselben Weise aufgespalten werden wie die Hauptlinien dieser Elemente, scheint uns die Homologie mit Sicherheit festgestellt zu sein. Denn man muss bedenken, dass die beobachteten Typen der Zerle- gungen charakteristische Typen sind, die in den Spectren dieser Elemente nur bei den fraglichen Linien beobachtet worden sind. Es liegt nahe, die homologen Linien daraufhin anzusehen, ob die Schwingungszahlen in einfacher Weise als Function des Atomgewichts betrachtet werden können. Wenn man die betreffenden Schwingungs- zahlen für jedes der fünf Elemente durch Punkte einer Horizontalreihe darstellt und die Horizontalreihen dabei dem Atomgewicht entsprechend in verschiedenen Abständen zeichnet, so zwar, dass die Abseisse jedes Punktes der Schwingungszahl, die Ordinate dem Atomgewicht pro- portional ist, so sollte sich eine einfache Abhängigkeit vom Atomge- wicht dadurch zeigen, dass die Punkte, welche homologen Linien ent- sprechen, auf einer glatten Curve liegen. Das ist auch für die zweite Nebenserie der Fall, während für die Hauptserie und erste Nebenserie eine in die Augen fallende Regelmässigkeit nicht behauptet werden kann. Wenn man dagegen nicht die Schwingungszahlen selbst, son- dern die Differenzen je zweier Schwingungszahlen, die einem Linien- paar entsprechen, als Function des Atomgewichts betrachtet, so tritt sehr deutlich eine Regelmässigkeit hervor. Man kann sie durch eine einfache empirische Formel zusammenfassen Yy — (BOgE wo y das Atomgewicht, x die Differenz der Schwingungszahlen und ce und n Constanten sind. Wenn man statt w und y selbst die Loga- rithmen dieser Grössen einführt, so kann man auch sagen, dass der ! Runge und Pascnen. Anhang zu den Abhandl. der Berl. Akad. 1902. . . r . . . *)* C. Runge und J. Preemwre: Die magnetische Zerlegung der Radiumlinien. 423 Logarithmus des Atomgewichts eine lineare Funetion des Logarithmus des Abstandes der Linienpaare ist. Fig. 2 stellt den Zusammenhang der Logarithmen graphisch dar. Die Punkte für Mg, Ca, Sr, Ba liegen danach so genau in einer Geraden, dass wir geneigt‘ sind, den Werth, welehen Madame Cvrıe für das Atomgewicht von Radium gefunden hat, für zu klein zu halten. Wir finden für eine Gerade, die sich so gut wie möglich an die ersten vier Punkte anschliesst, die Formel log y = 0.2005 + 0.5997 log «, deren Werthe in der folgenden Tabelle mit den beobachteten Atom- gewichten zusammengestellt sind: ‚ Abstand der Linien bei den Linienpaaren Atomgewicht | Atomgewicht berechnet beobachtet Mg 91.7 23.84 24.36 Ca | 223.0 40.6 40.1 Sr 801.4 87.5 87.6 Ba 1691.1 136.9 137-4 Ra 4858.6 257.8 225 Der Werth 257.8, den die Formel für das Atomgewicht von Radium liefert, ist ja allerdings extrapolirt; aber es erscheint uns der Anschluss in den ersten vier Punkten zu gut, als dass eine so grosse Abweichung, wie Madame Curıe's Werth sie verlangt, wahrscheinlich wäre. Dazu kommt, dass bei der experimentellen Bestimmung des Atomgewichts eine Verunreinigung des Präparates durch Elemente von geringerm Atomgewicht nicht ausgeschlossen ist. Drmargay, der das Präparat von Madame CvrıE speetroskopisch untersucht hat, führt in seiner Liste zwei Linien als Radiumlinien auf, von denen wir sicher wissen, dass sie schwache Bariumlinien sind." Er schreibt diesen beiden Linien die beträchtlichen Intensitäten 5 und 7 zu. Diese beiden Linien haben wir in einem uns von Hrn. Gieser gefälligst überlassenen Präparat nicht gefunden. Daraus geht hervor, dass das von DrEmargaY unter- suchte Präparat keineswegs rein war, wahrscheinlich nicht so rein wie Gıeser’s letztes Präparat, das nach unserer Untersuchung auch noch Barium enthielt. Wie sich aber auch die Frage über das Atomgewicht entscheiden mag, jedenfalls ist auch durch die speetroskopische Untersuchung mit ! Vergl. den demnächst in den Annalen der Physik erscheinenden Aufsatz der Verlasser. Gesammtsitzung vom 18. Februar 1904. 424 / (soo A SPp Jus90ag Er = m!) SPpurIsgeuatug sop Snugumoor] se 0's ST HH S 54 Logarithmus des Atomgewichts o% €. Runse und J. Precwr: Die magnetische Zerlegung der Radiumlinien. 425 Fig. 3. aller Schärfe dargethan, dass das Radium der Gruppe der alkalischen Erden zuzurechnen ist. Wir fügen in Fig. 3 eine vergrösserte Abbildung der magnetischen Zerlegung der Linie 5814 bei. Ausgegeben am 3. März. 427 SITZUNGSBERICHTE iz XI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 25. Februar. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. Hr. Erman las über die Sphinxstele. Er besprach die Inschrift, die sich zwischen den Tatzen der grossen Sphinx befindet und die uns berichtet, dass König Thutmosis IV. in Folge eines Traumes die Sphinx habe vom Sande reinigen lassen. Der ungewöhnliche Ton der Erzählung und ihre Orthographie machen es wahrscheinlich, dass sie erst in einer späteren Zeit entstanden ist; vielleicht sollte sie eine zerstörte Inschrift des Königs ersetzen. 428 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 25. Februar 1904. Die Sphinxstele. Von ApoLr Erman. Die ägyptische Geschichte ist ein so dürres Feld, daß jeder kleine Zug, der etwas Leben und Farbe in sie bringt, uns doppelt willkommen ist. So hat man denn auch die sogenannte Sphinxstele, als sie vor nunmehr 28 Jahren von Brusscn übersetzt wurde, mit besonderer Freude empfangen; sie ist eines der Paradestücke der Ägyptologie ge- worden, das in jeder Darstellung der ägyptischen Geschichte vorge- führt wird. Eine wiederholte Beschäftigung mit diesem Denkmal hat mich aber zu einer abweichenden Ansicht geführt, die ich hier darlegen möchte. Ich gebe zunächst eine Übersetzung und kurze Erläuterung der Inschrift: mein Text beruht auf der Kopie von Lersıs' und auf der alten Kopie von Sarr, die in den Werken von Youns” und Perkins und Vvse’ veröffentlicht ist und die noch Teile des Textes erhalten hat, die schon zu Lersıus’ Zeit fehlten. Auch ein Abklatsch und eine Photographie stand mir zur Verfügung. Trotzdem bleibt eine Revision (besonders der Lücke in Zeile 6) erwünscht. Datum. (1I— 2.) EB BE ENG NZ N EEN en meer ma »Im Jahre ı, im dritten Monat der UÜberschwemmungszeit, am 16. Tage unter der Majestät des Horus, der starke Stier, der an Glanz ! LD. III, 68. ® Hieroglyphies pl. 80. ® Pyramids of Gizeh III, 114 ft. Erman: Die Sphinxstele. 429 SE ‚ des Herrn der Kronen mit dauerndem Königtum wie Atum, des Besiegers des Gegners, stark an Schwert, der die neun Völker besiegt, des Königs von Ober- und Unterägypten Men-chepru-re, des Sohnes des Re Thutmosis, der an Diademen(?) glänzende, der von ....... geliebt wird, dem Leben, Dauer und Wohlsein gegeben ist gleichwie dem Re ewiglich.« Einleitung. (2.) Meere ZineTesi-g ars Saiten »Der gute Gott, der Sohn des Atum, der Schützer des Horus der im Horizonte wohnt, das lebende Bild des Herrn des Alls, der Groß- könig, der von Re erzeugt ist, der treffliche Erbe des Chepre, mit schönem Antlitz wie sein Vater, der... . hervorkam, versehen mit der Gestalt des Horus in seinem Haupte (sie).« Le} Das f in If nistein | zu verbessern. Au Die Lesung || & wird durch die Kopie von SALt SE A daß sie richtig ist, zeigt Totb. 78, 9 Na, 0 SINE a, IN: Dann wird aber vor cz ® etwas fehlen, denn der Sinn | wa wird doch sein: »der geboren ward in der Gestalt des Horus [und mit seinen Kronen] auf dem Haupte«. — Auch das Zwt ist mir .. ” ” ” a .- unverständlich, man ist versucht, es in N j zu ändern. EN (23.) a lei Elze n Seel 2 SR »Der König von Ober- und Unterägypten, den die Götter [lieben?, ein Herr?] der Beliebtheit bei den neun Göttern, der Heliopolis reinigt und den Re befriedigt, der das Haus des Ptah herstellt, der die Wahrheit dem Atum darbringt und sie dem Gott, der südlich von 4530 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. seiner Mauer wohnt, hinaufreicht, der (sich) ein Denkmal errichtet durch tägliche Opfer für den Gott, der alles tut (sie) und Treffliches sucht für die Götter von Ober- und Unterägypten, der ihre Tempel baut aus Kalkstein und alle ihre Opfer verbessert. « Daß Heliopolis und Memphis hier ausschließlich genannt sind, hat seinen Grund natürlich darin, daß die Sphinx in der Nähe dieser beiden Städte liegt. Das —— 7 muß, wenn anders der Text in Ordnung ist, hier bedeuten sollen: »(der alles (für die Götter) tut«, doch kann ich diese Anwendung sonst nicht belegen. Br) ar. - Near ceigjit »Der leibliche Sohn des Atum Thutmosis, der an Diademen(?) glän- zende, gleichwie Re (sie), der Erbe des Horus und Inhaber seines Thrones Men-chepru-re, der mit Leben beschenkt ist (sie).« Daß der fünfte Name des Königs hier dem vierten vorangeht, ist schon auffällig; noch seltsamer aber ist, daß der Verfertiger der In- schrift den Zusatz, der am Schluß der Königstitulatur stehen muß, das N zerrissen und verkehrt auf beide Namen verteilt hat. Diese Verwirrung erklärt sich natürlich, wenn man annimmt, daß er für diese Namen eine Vorlage hatte, auf dem sie so angeordnet waren, wie dies in den Beischriften der Königsbilder üblich ist: Das hat er dann gedankenlos kopiert, ohne zu merken, daß die Namen von links zu lesen waren. en NAT ARAR MEI LU VE TEL ser Ersan: Die Sphinxstele. 43 »Seine Majestät aber war ein Kind wie Horus der Knabe in Chem- mis: seine Schönheit war wie die des Gottes, der seinen Vater schützte, und er wurde gesehen (sie) wie der Gott selbst; die Soldaten jauchzten aus Liebe zu ihm, die Königskinder und alle Großen (sie). Da über- flutete ihn seine Kraft, und er wiederholte den Kreislauf seiner Stärke (sie) wie der Sohn der Nut.« N ‚Q. . r & En ANA Der N rn wird Ar nhn oder Hr hrd zu lesen sein; vgl. N S) ud "PS anna — EN Br AZ P.578; N._9 9 AP.428(=M6ı3 = N an))g Ale sXojıe vgl. auch Mar., Karn. 16, 47." p u . q 5 | MI R 7 ist mir bedenklich und ebenso das } A | j | Dies z | Kzurzı VE e | ce n Kar letztere könnte man zwar zur Not so erklären, daß man en als — Verb dazu ereänzte, doch würde dann dem zweiten Verse immer noch h = das Gegenstück zu wm 3 mangeln: Se »die Soldaten jauchzten aus Liebe zu ihm und die Königskinder und alle Großen [wegen seiner ..... |« Wahrscheinlicher ist mir daher, daß der Text fehlerhaft ist. Mit der ungewöhnlichen Verbalform wnArf hr... wird hier an- gegeben, daß das königliche Kind schließlich heranwuchs und damit reif wurde zu den im folgenden geschilderten Freuden des Jünglings- alters. Aber die Worte, mit «denen der Verfasser der Inschrift dies ausdrückt, sind ungewöhnlich: aus dem alten Worte (As el »über- schwemmen«, das er gebraucht, möchte man schließen, daß er sie irgendeinem alten religiösen Texte entnimmt. Und ein solches äußer- liches Herübernehmen könnte auch das »er wiederholte den Kreis” seiner Stärke« wie Osiris erklären, denn von Osiris, der wieder auf- lebte, kann man wohl sagen, daß er aufs neue stark wurde, aber auf einen heranwachsenden Knaben paßt es doch nicht. ZZper NER) (mittleres Reich, Kairo 20539) ist natürlich auch Hr hrd nhn (oder nhn hrd) zu lesen; die Ausdrücke zer) und N N x — Bi kann ich nur \ I D aus späten Texten belegen. Ganz jung ist natürlich Fi “APTIOKPÄTHC. ® Der Ausdruck wAm sn ist von dem Lauf der Sonne hergenommen (zZ. B. Edfou ed. Rocuzmonteix 1 417; Perrıe, Koptos 2ob 3); er wird aber auch über- tragen für »erneuern« gebraucht, z.B. »ich stellte her, was in Koptos zerstört war X Nm 88a I l os —#tlo] und wiederholte ihm den Kreislauf aller seiner Buzz | Sachen in richtiger Weise« (a.a. O. 20a 16). 432 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. (5—-6.) ZU AN Feel ENTE in! Verzi Znil? | Be u El »Er tat aber etwas, das ihn vergnügte, in der Wüste von Memphis auf ihrer südlichen und nördlichen Seite, indem er mit Speeren(?) nach der Scheibe(?) warf und Löwen und das Wild der Wüste jagte und sich auf seinem Wagen erging, indem seine Pferde schneller waren als der Wind, zusammen mit dem einen und dem anderen (?) von seinen Dienern, und kein Mensch wußte es.« nl IN ist ein seltenes altes Wort, das etwa »Tat« bedeutet; vgl. WASIZ jede gute Tat (Rec. XI. 159, nach «dem Original), IC \ »diese große Tat« (Grab des Sabni in Elephan- tine); ich rechte die Stelle etwa als m [r] sd>-Ar »eine Tat des Sichvergnügens« fassen. In wit! ist wu als ” aufzufassen. a | Das Wort Ab(?), das »Scheibe« oder »Ziel« bezeichnen muß, kenne ich sonst nicht. (SE) MBIT EM. Ra— g a AR [A Ha ee > Ve cX oz | EN Be SUN EN f=\ N ® = AN FERPI FT Teien avatgL Zen N—ot- ® »Es trat aber seine Stunde ein, wo er seinen Dienern Ruhe gab an der erlesenen (Stätte?) des Harmachis, neben dem Sokaris von Ro- seta=und Renutet nee ee a ER und Sechmet ................, an dieser herrlichen Stätte der Urzeit, in der Gegend der Herren von Babylon und des heiligen Weges der Götter zur westlichen Nekropole von Heliopolis.« Erman: Die Sphinxstele. 433 Die Stelle führt, ebenso wie die vorhergehenden und wie die folgende, einleitend einen der Umstände an, unter denen die eigent- liche Erzählung sich abspielte und ist wie üblich mit IN eingeleitet (Gramm. ? $ 347); der Sinn ist also: er pflegte die Diener immer neben der Sphinx schlafen zu lassen. Was soll dann aber das m: das doch, so wie sonst, »geschah, trat ein« bedeuten wird?' Man muß wohl an- nehmen, daß »seine Stunde der Ruhe trat ein« an der Stätte des Har- machis bedeuten soll: sie »trat jedesmal dort ein«, was freilich unklar genug ausgedrückt wäre. In dem Ausdruck »die auserlesene des Harmachis« vermißt man ein Substantiv. Die Aufzählung der Götter, (deren Lesung nicht überall feststeht, mag im einzelnen auf sich beruhen; es sind natürlich alle die großen und kleinen Gottheiten, die in der Nähe der Sphinx irgendeine heilige Stätte hatten. Den Reigen eröffnet, wie billig, der Sokaris, dessen berühmtes Heiligtum Roseta ja unmittelbar neben der Sphinx lag”; daß von all den Göttern, die im Tempel der »Py- ramidenherrscherin« Isis neben der großen Pyramide verehrt wurden, keiner hier genannt ist, ist auffallend. Des weiteren ist die Stätte noch dadurch geheiligt, daß auch jenseits des Niles (freilich in 9 km Entfernung) Gottheiten — die von Babylon — wohnen und endlich führt der »Gottesweg der Götter zum westlichen Horizonte von Heliopolis« an der Sphinx vorbei. Diese letztere Bemerkung, die auf einem der Fragmente der letzten Zeilen wiederkehrt, ist übrigens sehr merkwürdig; man kann sie nicht wohl anders verstehen, als daß Giseh als eine der Metropolen von Heliopolis angesehen wurde trotz der 22km, die beide Orte von einander abliegen.” (7—8.) ne x sie a — a LI um <> Il ' Man möchte fast vermuten, daß ein Nachsatz ausgefallen ist: »Trat aber seine Stunde ein, wo er seinen Dienern Ruhe gab. [so begab er sich] zu der Stätte des Harmachis.« ® Daß der sogenannte Sphinx- oder Granittempel zu dieser heiligsten Stätte ge- hört, hat schon MarırrrE gesehen (MArıerrE, Le serapeum de Memphis, publie par G. Maspero, I p. 99 und 100). ® Von Memphis, zu dem man Giseh gewöhnlich rechnet, liegt es freilich kaum weniger weit ab. Sitzungsberichte 1904. 33 434 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. Ei RA elle Ne een 2, —_ seliz Amann u »Das sehr große Bild des Chepre ruht aber an dieser Stelle, groß an Macht und herrlich an Kraft, über dem der Schatten des Re schwebt; die Häuser von Memphis kommen zu ihm und alle Ort- schaften auf seinen beiden Seiten, indem ihre Hände es preisen, (be- laden) mit großen Spenden für es.« Der »Schatten« des Re, der über der Sphinx schwebt, ist wohl nur ein Ausdruck dafür, daß das Bild von dem Gotte beseelt ist. Die Stelle charakterisiert die Sphinx als ein heiliges Wesen von lokaler Bedeutung; Memphis und die Dörfer, die nördlich und süd- lich von Giseh liegen, verehren sie. Was ist aber mit den Ir von Memphis gemeint? Erzählung. (89.) EHER F EMI RAT en FRrRZ> ES 0 _NI a we = Sr An { () mem Aug IN N ANAANA ANANAN > 2 AANMN — I RO IRTIIISER O a Imm Sf gen @ = Bu: & mzı: a VAR ER DO an? XIDI— un \ Ann —h N r | re IN ; | FEN | =: = 0 l a 8 ? | f=\ vg Wet S eg 111m | =. 20 F Bla —> — »Einen von diesen Tagen geschah es: der Prinz Thutmosis kam und erging sich zur Mittagszeit. Er setzte sich in den Schatten dieses großen Gottes, und der Schlaf und der Schlummer ergriffen ihn zu der Stunde, wo die Sonne im Scheitel steht, und er bemerkte, wie die Majestät dieses herrlichen Gottes mit seinem eigenen Munde redete, so wie ein Vater vor seinem Sohne redet:« Die hier beginnende eigentliche Erzählung wird mit einer Phrase eingeführt, wie sie sonst in den Märchen am Anfang neuer Abschnitte üblich ist. Nach dem Wortlaut müßte man die Stelle dahin verstehen, daß der Prinz erst am Mittag seine Spazierfahrt begann, nach dem aber, was vorher über die Gewohnheiten des Prinzen gesagt ist, wird wohl ı u ‚ Erxan: Die Sphinxzstele. 435 gemeint sein, daß der Prinz, der den Morgen gejagt hatte, um Mittag Rast machte. Der Verfasser der Inschrift zeigt sich ja auch sonst als ein mangelhafter Stilist. u = a ü ee E = Bei on o ist natürlich das in N zu verbessern: auch die Er Pluralstriche in |, = sind unrichtig. ' (9—10.) a Ze SS IE) RE en Bio =——}- ee MAIER Ra Te jf> 2 (up BE \\) Ös 0 A BE — um OU SZ \ IF Nını 4 »Sieh mich an, blicke mich an. mein Sohn Thutmosis. Ich bin »dein Vater Harmachis-Chepre-Re-Atum, (ich) gebe dir mein König- »tum auf Erden an der Spitze der Lebenden. Du wirst die ober- »ägyptische und die unterägyptische Krone tragen auf dem Throne »des Keb, des Erbfürsten. Dir gehört die Erde in ihrer Länge und »ihrer Breite, was (immer) das Auge des Herrn des Alls erleuchtet. »Zu dir (kommen) die Nahrung Agyptens und die großen Gaben aller »Länder.« Statt __o wird N für N zu lesen sein. Auch daß Geb nur DO heißt, ist auffallend: sein richtiger Titel ist am Der Aus- ne = Ba, druck DB ist mir so nicht bekannt: daß er Agypten bezeichnen soll, ist aber klar. (10— 12.) IR MER STTENNIF-IIN year re SEHE ÜMZSFT-ENE 33° 436 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. »Mein Leben währt (schon) eine lange Zeit an Jahren. Mein Antlitz ist dir zugewendet, und mein Wunsch steht nach dir: du sollst mir ein Schützer meines Wesens sein, denn(?) ich bin in einem Leiden aller meiner erlesenen(?) Glieder. Mir naht der Sand dieser Wüste, auf welcher ich mich befinde. Eile zu mir, damit du tuest, was ich wünschte, indem ich wußte, daß du mein Sohn und mein Schützer sein würdest. Tritt(?) heran; siehe, ich bin mit dir; ich bin dein Führer. « Haben die beiden ersten Sätze einen inneren Zusammenhang? Für Zwk nj mk wird twk ny|r|mk ‘zu lesen sein, vgl. wfr »er wird etwas sein«, Gramm. ? $ 269. Ob ich das vieldeutige $Ar richtig wiedergebe, stehe dahin. a, = N liegt die eigentümliche Konstruktion EN ==> vor, der wir auch noch im Koptischen begegnen: man knüpft den Relativsatz nieht an ein Substantiv, dem das Demonstrativ vorher- geht, sondern läßt das Demonstrativ dem Substantiv wie eine Apposi- tion folgen und hängt den Relativsatz an das Demonstrativ: »die Wüste, diese, in welcher ich bin«. mm Für die perfektische Relativform = J ist die imperfektische NW nm a N) zu I Wenn statt a hier = I steht, so mag dies SIE WVVvw\ wn vielleicht die V nen ausdrücken: »was schon (seit lange) in meinem Herzen war«. Statt des verschriebenen RR A wird : \ N zu lesen sein, was freilich auch eine ungewöhnliche Schreibung von $% wäre. (172 —T3.) A Ö | GVGD == — &=1GGD77 = SE II ee Sl DRGGG S a) Baar SS on EI e Desk I RREEN I ni ee Si NE et 1 I RUN G 39000 | lei SIR 3 9 DT, GG > = DT CAT —Z 1199::: 79 » > num Lea rr%#% 7EBE ya Erman: Die Sphinxstele. 437 »Nachdem er dieses Wort vollendet hatte, da erwachte (?) dieser Prinz, weil (??) er dieses hörte..... und er wußte die Worte dieses Gottes und er legte Schweigen in sein Herz. Er sagte: »Kommt, laßt uns zu unserm Haus in der Stadt eilen, damit wir (?) diesem Gotte ein Opfer darbringen, damit wir(?) ihm Ochsen, Früchte (?) und alle Blumen bringen, damit wir den Wennofre (?) preisen............. Chephren, ein Bild (?) gemacht für (?) Atum Harmachis..... « An der hier gegebenen Auffassung der beiden ersten Sätze kann man wohl nicht zweifeln, doch erwartet man nach gewöhnlichem Sprachgebrauch (Gramm.? $ 212), daß der Satz mit der »-Form hinter dem anderen stehen solle.! Die Lesung dieses Schlusses beruht meist nur auf der alten Kopie und ist unsicher: das gu gibt PERRING und Vyse. »Unser Haus der Stadt« soll wohl heißen, daß der Prinz in Memphis oder in einer andern Stadt der Gegend lebte. Statt © mm lies O I oder vielmehr, da Aw keinen Sinn gibt, K—a 1 K-ı ı ı N NWVM MM I wm und ebenso I für In; & g! [| all (a Die Ergänzung ly empfiehlt sich scheinbar, was soll aber der Osiris hier statt des Harmachis? Gern wüßte man, in welchem Zusammenhange König Chephren hier erwähnt war. Vielleicht war er nur genannt, weil seine Pyramide gerade hinter der Sphinx und in ihrer Richtung liegt, als gehöre die Sphinx zu ihr. Einzelne kleine Bruchstücke sind uns noch von dem fehlenden Ende der Inschrift erhalten. Dabei wieder wie schon oben ZB N ».... des Chepre in der westlichen Nekropole von Heliopolis, in... .« Drei andere zoo Ing "ZM\Mı ı ıO IZ NS NG » IS 1} 17 nal könnte man unter anderm auf Stiftung von Opfern beziehen wollen. EA Ä 5 ! Diese Stellung kommt auch sonst vereinzelt vor, vgl. wm Awvm Iamm SZ> [=\ BSD | : TE num SI = I | »„nachdem dieser Gott alles, was er wollte, mit ihr getan RZ —— Uamen vum hatte, so sagte Amon usw.« (Navırze, Derelbahri, pl.47 = GAveEr, Louxor, pl. 79). 438 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. Ägyptische Königsinschriften haben bekanntlich nichts von der Sachlichkeit, die anderswo für Texte offizieller Herkunft gebräuchlich ist. Sie sind fast immer poetisch gehalten in Form und Inhalt, und wir wandeln in ihnen nicht auf dem Boden der Wirklichkeit. Sie spielen in einer höheren Welt, in der der König und die Götter mit- einander verkehren und einander das Beste antun; die profane Welt der Menschen verschwindet von dem hohen Standpunkt dieser Dich- tung aus fast ganz oder tritt doch nur als Folie der Handlung auf, die zwischen Gott und Herrscher sich abspielt. Man lese z. B. die Turiner Inschrift des Haremheb, die ja auch ebenso wie die Sphinx- stele uns die Vorgeschichte eines Königs erzählt. Sie hatte dabei allerlei Menschliches von ihrem Helden zu berichten, seine Tätigkeit als Beamter, sein Wirken am Hof eines früheren Herrschers, einen Zug nach Oberägypten, der ihm die Krone verschaffte, die Heirat mit einer Prinzessin des alten Hauses, und doch ist das alles so ver- göttlicht, wenn ich so sagen darf, daß nirgends die rohen Tatsachen hervortreten; sie bewegt sich nur in Andeutungen und allgemeinen Wendungen, die alles verdecken und verklären. Somit wird ein König, der auf einen Traum hin ein altes Heilig- tum wiederherstellt, dies etwa so der Nachwelt verkünden: »Du mein Vater der Gott hast mich erzogen usw.:; ich will es dir ver- gelten usw.; du bist mir einst im Traume erschienen, als ich neben deinem großen Bilde ruhte, und du hast mir gesagt: reinige mich von dem Sande usw.; ich aber bin ein Sohn, der nicht vergißt, was ihm sein Vater gesagt hat usw.« Oder er kann auch (es ist dies ein anderes Schema solcher Texte) so berichten: »seine Majestät saß auf dem Throne usw.; er berief seine Beamten und sagte ihnen: mein Vater Harmachis hat mir gesagt usw.; nun geht und vollendet das Werk, das ich für meinen Vater machen will usw.« Immer würde in diesen Inschriften das Gewicht auf die Reden des Gottes und des Königs gelegt sein und das irdische Nebenwerk würde nur im Hinter- grunde auftreten. Daß der Gott geredet hat, ist das Wesentliche, das wie und wann und wo ist eine Nebensache, deren breitere Erörterung den heiligen Vorgang nur herabziehen kann. Und nun sehe man, wie unsere Sphinxstele ihrerseits erzählt. Während sonst der gefeierte Gott, wie es sich gehört, als eine gegebene Größe eingeführt wird, erzählt uns der Verfasser dieser Inschrift erst breit, daß ein solches heiliges Wesen bei Memphis liegt, und zählt uns dazu auf, wieviel andere Götter in der Nähe dieser Stätte hausen. Des längeren wird uns erzählt, wie der König als Prinz sich auf der Jagd vergnügt hat, und sogar die Diener, die ihn dabei begleiten, werden uns nicht erlassen. Auch das erfahren wir, daß er diesem Sport nur im geheimen huldigte, Erman: Die Sphinxstele. 439 und gut bürgerlich klingt es, wenn der künftige Pharao sagt: wir wollen »zu unserm Hause in der Stadt« zurückkehren." Wäre die Sphinxstele die Dedikation eines beliebigen Mannes, so könnte man dies sich vielleicht als private Geschmacklosigkeit er- klären. Aber die Inschrift kann ja doch nur als ein offizielles Denk- mal angesehen werden, das auf den besonderen Befehl des Herrschers errichtet ist, um ein persönliches Gelübde desselben zu erfüllen und da ist dieser Ton wirklich sehr auffallend. Der Erzählung fehlt die Erhabenheit und Würde, die solehe Texte sonst haben, und dafür hat sie einen novellistischen, etwas kindlichen Charakter. Auch an einigen Punkten des Inhalts könnte man Anstoß nehmen. Der Prinz soll bei Memphis Löwen gejagt haben — hat es die wirk- lieh noch im fünfzehnten Jahrhundert bei Memphis gegeben? Und war die Stätte der großen Sphinx, unmittelbar an dem heiligen Roseta, wo es doch gewiß nicht an Priestern gefehlt haben wird, wirklich eine Stelle, die sich ein jagender Prinz zum täglichen Ruheplatz wählen konnte? Und weiter: erzählen offizielle ägyptische Inschriften wirklich so ungeschickt, wie wir das oben wiederholt in unserer Inschrift bemerkt haben? Was für eine Unbeholfenheit auch im Bau des ganzen Textes, mit seiner endlosen Exposition in vier gleichgebauten Sätzen: Der König ı. er war aber ein Kind usw. Da wurde er stark. DL er jagte aber immer da und da usw. 3. er ruhte aber immer bei der heiligen Stätte aus USW. 4. da befindet sich aber die Sphinx. Einen von diesen Tagen geschah es: der Prinz kam und schlief ein usw. Ich kann nicht umhin, dies alles bedenklich genug zu finden und habe mich daher seit langem gefragt, ob diese Inschrift, die so aus dem Rahmen der andern offiziellen Texte herausfällt, nicht etwa ein späteres Fabrikat ist, ähnlich der bekannten, einst viel berühmten Ben- treschstele, deren späte Entstehung heute von niemand mehr bezweifelt ! Es wird wohl niemand dem entgegenhalten wollen, daß auf dem Fraserschen Skarabäus ja doch auch eine Jagd Amenophis’ II. erzählt werde. Dort bildet die merkwürdige Jagd eben den Gegenstand, den das kleine Denkmal verewigen soll, während sie auf der Sphinxstele ein Nebenwerk ist. 440 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. wird. Auch die HH. BreAstep und Serne haben schon solche Zweifel gehegt, wie ich freundlichen Mitteilungen derselben entnehme. Jeden- falls wird man diese Inschrift nur dann für alt halten wollen, wenn dieses Alter sich mit anderen Gründen belegen läßt und wenn sie sich in anderer Beziehung als tadellos erweist. Dem ist aber nicht so, vielmehr spricht auch ein anderes wesentliches Kriterium gegen sie, ihre Orthographie. Die Rechtschreibung des neuen Reiches ist freilich schon buntscheckig genug, und wer sich die Mühe nicht verdrießen läßt, in den Inschriften des neuen Reiches nach ungewöhnlichen Schrei- bungen zu suchen, wird so manches darin finden, was sonst nur in älterer oder in späterer Zeit vorkommt. Auf vereinzelte Sonderbar- keiten, die in einem Texte vorkommen, wird man daher noch nicht viel geben. Aber in unserer Inschrift treten die wunderlichen Schrei- bungen denn doch zu zahlreich auf, als daß sie nicht einen beson- deren Grund haben müßten. Man vergleiche': N (253.712) für |, eine uralte Schreibung, die im neuen Reich, soviel ich weiß. nur in den Texten von Derelbahri vorkommt, die überhaupt archaisch schreiben. Desto häufiger ist diese Schreibung in saitischer Zeit. N INES (Z. 5) statt KAN altertümlich. | Di on (Z. 2) Nor (Z. 3) statt o% 15% Derartige Schreibungen kommen im neuen Reich nur vereinzelt vor (Rec. de trav. XII, 106, 4.17; Derelbahri 19; 37), während sie in saitischen Texten gewöhn- lich sind. ) alten >, des »horizontischen Horus«, so zu lesen, so ist das ein Irrtum, den wir endlich aufgeben sollten. 444 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 25. Februar 1904. Unsere Sphinxstele wäre demnach als eine restituierte Inschrift anzusehen, freilich aber als eine willkürliche und freie Restitution. Die Zeit, in der sie verfertigt ist, kann man nicht genauer bestimmen; sie wird jedenfalls nicht jünger sein als die saitische Zeit, sie könnte eber auch wohl in die 21. oder 22. Dynastie gehören. 445 Das Berliner Fragment des Müsä Ibn "Ukba. Ein Beitrag zur Kenntniss der ältesten arabischen Geschichtslitteratur. Von EpuArD SAcHArv. (Vorgetragen am 10. December 1903 [s. Jahrg. 1903 S. 1099].) Hierzu Taf. IV. D:. Handschrift der Königlichen Bibliothek in Berlin, Prrermasn II. 30 birgt neben minderwerthigen Schreibereien einen litterarischen Schatz, den man vielleicht längst gehoben hätte, wenn nicht seine äussere Hülle angethan wäre, bei erster Bekanntschaft den Zweifel zu erregen, ob die aufzuwendende Zeit und Arbeit dem zu erhoffenden Gewinn entsprechen werde. Wir meinen die gebräunten, am oberen Rande abgegriffenen letzten vier Blätter dieses Saramelbandes, eine Art nach- lässig hingeworfenes Collegheft eines in Damascus lebenden Gelehrten des 14. christlichen Jahrhunderts, das uns die ältesten bisher bekann- ten Reste der arabischen Geschichtsschreibung erhalten hat, neunzehn Excerpte aus dem Maghäzi-Buche des Müsä Ibn "Ukba. Sein ungefähr hundert Jahre nach Muhammed’s Tod in Medina, dem Stammsitze der islamischen Geschichtswissenschaft, gesammeltes, gross angelegtes Werk über den Ursprung des Islams und seine Entwickelung bis über den Tod seines Gründers hinaus war den Gelehrten der ältesten Abbasiden- zeit in Küfa und Bagdad wohl bekannt, wurde von ihnen als das beste und zuverlässigste seiner Art gepriesen, ist aber seitdem der Vernichtung der Zeiten anheimgefallen, wenigstens bis auf den heu- tigen Tag nicht aufgefunden worden.' ! Verzeichniss der arabischen Handschriften von W. Aurtwarpr II, S. 248, Nr. 1554. A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammed, III, S. LXVII, CXIII; derselbe in Journal of the Asiatic Society of Bengal, XXV (1856), S. 218. SPRENGER hat besondere Nachforschungen nach dem Werke Müsä’s, auch in Mekka und Medina, anstellen lassen. Ferner WüsrenreLp, Die Geschichtsschreiber der Araber, Nr. 21 und C. BrockeLmann, Geschichte der arabischen Litteratur I, S. 134. A446 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. Muüsä ist älter als Ibn Ishäk, dessen durch Ibn Hisam redigir- tes und verschlechtertes Werk zur Zeit für uns das älteste erhaltene Denkmal der islamischen Geschichtsschreibung ist. Müsä ist 141 der Flucht, Ibn Ishäk ı50 gestorben. Der Kerntheil von Müsä’s Leben fällt in die Periode der unbestreitbaren Suprematie des Omajjadischen Chalifats von Damascus, wo die frommen Männer in Medina nicht mehr daran denken konnten, wie in den Tagen der Harra-Schlacht mit den Waffen den verhassten Usurpatoren aus dem Geschlechte Abü Sufjän’s entgegenzutreten, vielmehr sich darauf beschränken mussten, in frommer Andacht, Studium und Unterricht das heilige Feuer des Islams zu pflegen und zu erhalten. Nur die letzten sechs Jahre von Müsä’s Leben ragen noch in die Abbasidische Periode hinein; er darf aber als völlig frei von Einflüssen der Abbasiden angesehen werden, während Ibn Ishäk auf Veranlassung des zweiten Chalifen aus dieser Dynastie sein Werk abgefasst hat. Die biographische Notiz von Dhahabi s. bei A. Fischer, Neue Auszüge u. s. w. ZDMG. 44, 436—438. Der Artikel bei Nawawi. Biographical dietionary, S. 582 ist ein Auszug aus der Notiz von Mukaddasi, die wir hier aus Lannsere 35, Bl. 134 b (Handschrift der Königl. Bibliothek) folgen lassen: ler at IT de ar al alle rer u Je el u 0 Ss AM u ls fu al ar Islam sl Jr Sa U N so Auslese ls ul au on Ale ls NK Arial ar Folder Ws le ol A el I) el) Seil al den al de or 22 la le & al ae joe Au A oe eb ee sus ab As > ul N ze 69 0183 Suyl ol os Ak an o> & ers) ale zes Abs Ge Sl ZN A83 E e l aael Zl Aass ar, le Ale pl dl fs u 5 al as gun ae Ar Je os Ai de 8 ala or as ll za a de ul do a, al a I u al ac Der Rest ist entbehrlich, weil er nur bekanntes enthält. Der Neffe Müsä’s, Ismäfil Ibn Ibrähim Ibn “Ukba, soll den Beinamen aa geführt haben (Täg-al’arüs VI, 423), der in anderen Quellen wie der Tuhfa (Prrermann II, 328), vermuthlich irrthümlich, auch auf Müsä und seine Brüder übertragen ist (statt des Stammesnamens Sa). Sıcnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 447 Müsä und Ibn Ishäk gehörten beide nicht zu den vornehmen Geschlechtern der Gründer und Patriarchen des Islams; beide waren Freigelassene, verdankten aber vornehmen Geschlechtern den Ursprung ihrer Freiheit. Ich nehme an, dass es sein Grossvater Abü-Ajjäs war, der zuerst die Freiheit erlangte und zwar von der Gemahlin Alzubair’s, Umm Chälid Bint Chälid; es ist wahrscheinlich, dass seine Nachkommen Beziehungen der Pietät gegen das historische Geschlecht Alzubair’s bewahrt haben, wie es Thatsache ist, dass sein Enkel Müsä in persönlichem Verkehr mit Urwa, dem Sohne Alzubair’s, gestanden hat und ihm den Kerntheil seines historischen Wissens verdankt. Alzubair war ein Vetter Muhammed’s, einer der ersten Muslime, und sein Sohn Abdallah beherrschte als in Mekka residirender Chalife die eine Hälfte des islamischen Reiches in Opposition gegen den Omajja- dischen Chalifen in Damascus. Müsä hatte keinen Antheil an der Politik seiner Zeit, lebte viel- mehr zusammen mit seinen Brüdern Muhammed und Ibrähim das ruhige Leben eines Forschers und Lehrers in Medina, ertheilte Rechts- gutachten und konnte täglich zwischen den kanonischen Gebeten in der Moschee gesehen werden, wie er einen Kreis von Jüngern um sich versammelte und ihnen über alle Fragen des Rechts, der Theo- logie und der Geschichte des Islams Vorträge hielt. Er ist auch in Medina gestorben und hat nicht durch Reisen sein Wissen und Werk in anderen Ländern verbreitet wie nach ihm Ibn Ishäk. Die arabi- schen Kritiker schätzen sein Werk ausserordentlich hoch, erklären es für das correcteste von allen und beurtheilen demgegenüber die be- kannten Werke von Ibn Ishäk und Alwäkidi, denen die heutige Wissen- schaft ihre Kenntniss von der Urgeschichte des Islams entnimmt, recht abfällig. Wir sind zur Zeit noch nicht in der Lage, diese Urtheile im Einzelnen nachprüfen zu können, dürfen aber mit Sicherheit annehmen, dass Müsä in den ältesten Gelehrtenkreisen von Küfa und Bagdad, wohin sein Werk frühzeitig verbreitet worden sein muss, das grösste Ansehen genass. Alwäkidi, Ibn Sad, Albelädhori und Tabari eitiren ihn, Ibn Ishäk dagegen verschweigt ihn. Müsä steht dem Anfange der arabischen Geschichtsschreibung und aller arabischen Litteratur sehr nahe. Soweit ich zur Zeit sehe, hat er noch drei Vorgänger gehabt, welche ebenfalls als Verfasser von Maghäzi -Büchern genannt werden, den Freigelassenen Sad Ibn Surahbil, der 123, 18 Jahre vor Müsä, gestorben ist; ferner "Urwa Ibn Alzubair und Abän, den Sohn des Chalifen Othman. Jener starb 94, dieser später, wahrscheinlich 105, muss aber dennoch der ältere von beiden gewesen sein, da bei der Anmusterung zur Kameelschlacht im Novem- ber 656 ‘Urwa als noch zu jung abgewiesen, während Abän als Com- A448 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. battant angenommen wurde. Danach ist dieser Sohn des dritten Cha- lifen der Vater der arabischen Geschichtsschreibung. In der Geschichte seiner Zeit tritt er dadurch hervor, dass er sieben Jahre lang für den omajjadischen Chalifen Abdelmelik das Statthalteramt von Medina ver- waltete.' Das Berliner Bruchstück von Müsä’s Geschichtswerk enthält zwanzig Auszüge, und jeder einzelne besteht aus der Angabe der Gewährsmänner, dem Isndd, und der Erzählung selbst, dem Main. Ein Theil dieser Erzählungen handelt in wenigen Worten oder Sätzen von einzelnen Äusserungen Muhammed’s, während andere in etwas grösserer Aus- führlichkeit über Ereignisse aus seinem Leben und ihre Begleitumstände Auskunft geben. Sie sind von dem Epitomator ausdrücklich als den zehn Theilen des Originalwerkes entlehnt bezeichnet. Theil ı ist durch die Tradition I vertreten, Theil 2 durch die Traditionen I, III, IV, Theil 3 durch Nr.V, Theil 4 durch Nr. VI, Theil 5 durch die Nr. VII—XI, Theil 6 ist nicht vertreten, dagegen ist Theil 7 vertreten durch Nr. XI, Theil 8 durch Nr. XII, XIV, Theil 9 durch Nr. XV, XVI und Theil 10 durch XVI—XIX. Mag nun diese Eintheilung von Müsä selbst oder von einem späteren Diaskeuasten herrühren, auf alle Fälle beweist sie, dass das Werk das ganze Leben Muhammed’s bis zu den Ereignissen unmittel- bar nach seinem Tode umfasste, dass es eine ausführliche Biographie war. Und diese wird zu Anfang wie zu Ende der Excerpte aus- drücklich als maghäzi bezeichnet, ebenso wie die Werke seiner oben genannten drei Vorgänger, woraus sich mit Sicherheit ergiebt, dass dies Wort nicht allein die kriegerischen Expeditionen Muham- meds bezeichnen kann, sondern eine viel allgemeinere Bedeutung hatte, dass es das ganze Leben und Wirken Muhammed’s be- zeichnete. Wenn daher Alwäkidi und Ibn Sad ihre Darstellung der Kriege Muhammeds speciell als das Buch der Maghäzi” bezeichnen, so ist dies nicht mehr der Sprachgebrauch des Müsä Ibn "Ukba und seiner medinischen Zeitgenossen, sondern derjenige einer späteren Zeit und eines anderen Landes. ! Ibn Sa’d V. ed. ZETTERSTEEN, S. II2. I13. 2 Ich vermuthe, dass das Wort maghäzi in den Kreisen der Christen, welche den Islam annahmen, aufgekommen ist. Die Christenheit jener Zeit bezeichnete ihre grossen Männer, die wunderthätigen Heiligen wie Simeon Stylites, die grossen Mär- tyrer als die Athleten, die Athleten Gottes enieı Ale, und ihre Thaten als Kämpfe rähadh Aenoı. In gleichem Sinne nannten sie das wunder- bare Leben und die Thaten Muhammed’s seine maghäzi, seine Kriege, Kämpfe. Lisän al’arab erklärt maghäzi als die Verdienste (die Grossthaten) der in den Kampf ziehenden, den Kampf führenden, d. i. des Muhammed und seiner Genossen. Sacnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 449 Die Frage nach der Authentie, nach der Überlieferung, ob die zwanzig Traditionen der Handschrift mit Recht dem Müsä Ibn "Ukba beigelegt werden, glaube ich dahin beantworten zu sollen, dass in den Traditionen I—XIX nichts zu einem Zweifel an Müsä’s Autor- schaft berechtigt, dass aber ebenso sicher die letzte Tradition, Nr. XX, unecht ist, d. h. nicht von Müsä herrühren kann. Die äussere Beglaubigung ist völlig einwandfrei. Die Epitome beginnt mit der Igäza, d. h. dem Verzeichniss der Männer, welche einer dem anderen die Schrift von dem Verfasser bis zu dem Epito- mator überliefert haben. Diese Namenreihe ist folgende: 1. Müsä Ibn “Ukba (+ 141). 2. Sein Neffe, Ismäil Ibn Ibrähim Ibn “Ukba, der nach einer Überlieferung im Jahre 160, nach anderer unter dem Chalifat von Almahdi 158— 168 gestorben sein soll. 3. Ismäil Ibn Abi-"Uwais Abdallah, der nach Dhahabi (Codex Sprenger 271 Bl. 48b) im Jahre 226 gestorben sein soll. 4. Abü-Muhammed Alkäsim Ibn Abdallah Ibn Almughira. Unbe- kannt. 5. Abü-Bekr Muhammed Ibn Abdallah Ibn Ahmed Ibn Attäb Al’abdi. Derselbe Name begegnet im Isnäd der Tradition XX. Ich nehme an, dass dies derselbe Gelehrte ist, der bei Dhahabi, SPRENGER 27 3 Bl.70b unter dem Namen Abü-Bekr Muhammed Ibn Abi-Attäb Albaghdädi Al’ajan genannt wird und A. H. 240 gestorben sein soll. Wenn diese Combination richtig ist, muss die letztere Zahl verschrieben sein für 340. 6. Abü-Alhusain Muhammed Ibn Alhusain Ibn-Muhammed Ibn Alfadl Alkattän, der nach Rıruv, Supplement to the catalogue of the Arabie manuseripts of the British Museum S. 312, Col.2 (Nr. 511) 415 in Bagdad gestorben ist. 7. Abü-Bekr Ahmed Ibn Ali Ibn Thäbit Alchatib Albaghdädi, der 463 gestorbene Verfasser einer Chronik von Bagdad (vergl. Cata- logue des manuscrits Arabes de la bibliotheque nationale Nr. 2128 und Riıeu a. a. ©. Nr. 655). 8. Abü-Muhammed Hibat-Alläh Ibn Ahmed Ibn Muhammed Ibn Hibat-Allah Al’ansäri Ibn Alfakfäni, der in Damascus lebte und A.H. 524 gestorben ist. Vergl. Rıeu a.a. O. Nr. 657.629. Er hatte dies Werk A.H. 457 von seinem unter Nr. 7 genannten Lehrer erhalten. 9. Abü-Tähir Barakät Ibn Ibrähim Ibn Tähir Alfurusi Alchusüi, ein damascenischer Gelehrter, der von 510— 598 lebte. Vergl. Ibn Challikän ed. WüstesreLp Nr. 110. Er hatte das Werk A.H. 519 von seinem unter Nr. 8 genannten Lehrer erhalten. 10. Abü-Alhasan Ali Ibn Abd-alwähid Ibn Abi-Alfadl Ibn Häzim Al’ansäri, genannt Ibn Al’auhad, und Abü-Muhammed Ibn Ismäil Ibn Sitzungsberichte 1904. 34 450 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. Ibrähim Ibn Abi-al Säkir Ibn Abdallah Ibn Sulaimän Altanüchi. Diese beiden haben das Werk A.H. 594 von ihrem unter Nr. 9 genannten Lehrer erhalten. ı1. Saraf-aldin Abü-Abdallah Alhusain Ibn Ali Ihn Muhammed Ibn Alimäd Alkätibi Alkurasi. ı2. Abü-Almahäsin Gamäl-aldin Jüsuf Ibn Sams-aldin Muham- med Ibn Omar Ibn Muhammed Ibn Abd-alwahhäb Ibn Kädi Suhba, ein damascenischer Gelehrter, der A.H. 789 = 1387 n. Chr. Geb. ge- storben ist. Er hatte seine unter Leitung des unter Nr. ıı genannten Lehrers gemachte Abschrift dieser Blätter am 2. Dhulhigga 733 in einem Orte in der Ghüta von Damascus vollendet. Vergl. WÜSTENFELD, Die Geschichtsschreiber der Araber Nr. 444a. Diesem Gelehrten ver- danken wir die Erhaltung der Auszüge aus Müsä’s Geschichtswerk. Diese Überliefererkette giebt zu zwei Bemerkungen Anlass. Das Original ist bis 457 = 1065 in Bagdad überliefert worden, taucht aber dann mit 519 = 1125 in Damascus auf. Seitdem ist es verschollen. Vielleicht würde es sich daher am meisten empfehlen, in den Biblio- theken von Damascus nach Müsä’s Werk zu suchen. Der Verfasser des Tarieh-Alehamis, Aldijärbakri, der im 16. christlichen Jahrhundert in Mekka lebte, tlıut so, als hätte er das Werk des Müsa vor sich gehabt (ed. Cairo II, 61). Ferner erscheint diese Überliefererkette von zwölf Generationen zur Überbrückung eines Zeitraumes der 592 Jahre vom Tode des Verfassers ı41 bis zur Überlieferung seines Werkes an den Damascener Gelehrten Abü-Almahäsin 733, was 494 Jahre für je eine Generation ergiebt, reichlich kurz und man muss daher vielleicht mit der Möglichkeit rechnen, dass in derselben, besonders in der älteren Hälfte, einige Glieder verloren gegangen sind. Mit der jüngsten Person der Überliefererkette ist diejenige Person zu verbinden, welche diese Blätter geschrieben hat, das ist Abü-Huraira Ibn Muhammed Ibn Alnakkä$. Er hat sie datirt vom 26. Sabän 782. An diesem Tage wurde die Vorlesung des Abü-Almahäsin, an der ausser Abü-Huraira noch andere Personen Theil genommen hatten, vollendet. Vergl. die beiden Nachschriften auf Bl. 77b, von denen die erstere von Abü-Huraira, die zweite und sehr schlecht geschrie- bene von einem anderen Zuhörer der Vorlesung herrührt. Wir lassen hier die Übersetzung der 19 Überlieferungen mit einigen Anmerkungen folgen und geben den arabischen Text am Ende mit besonderer Pagination. Der Text, zu dessen Controlle die Photo- graphie von Bl. 76b und 77a dienen mag, ist genau nach der Handschrift gegeben, während die Punkte, Vocale und wenige Lese- zeichen von mir hinzugefügt worden sind, um ihn etwas lesbarer zu machen. ) ’ SE Sacnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn "Ukba. 451 Übersetzung. IE Aus dem ersten Theil. »Ibn Sihäb von Sälim Ibn Abdallah von Abdallah Ibn Omar: Ich habe gehört, wie der Bote Gottes sprach: Während ich schlief, träumte ich, dass ich den Umgang um die Ka’ba machte. Siehe da, es erschien ein Mann mit glattem Haar zwischen den (!) zwei Männern', dessen Haupt von Wasser tropfte. (Andere Lesart: Dessen Haupt von Wasser floss.) Da sprach ich: Wer ist das? Man sagte: »Der Sohn der Maria«. Da ging ich fort mich abwendend. Siehe da, es erschien ein rother Mann, eine mächtige Erscheinung, mit krausem Haar, einäugig, als wäre sein Auge eine (auf dem Wasser) schwimmende Weinbeere. Da sprach ich: Wer ist das? Man sagte: Das ist der Antichrist. Am ähnlichsten von allen Menschen ist ihm Ibn Katan vom Stamme Chuzäa.« Diese Überlieferung findet sich mit demselben Isnäd bei Buchäri ed. Krenr I, 368, 19— 369, 4; Kastaläni V, 414— 416. Den eigen- thümlichen Vergleich schwimmende Weinbeere s. in demselben Zusammenhang auch bei Buchäri III, 173, 17. II. Aus dem zweiten Theil. »Ibn Sihäb: Der erste, welcher in Medina vor dem Boten Gottes die Freitagsgottesdienste für die Muslims abhielt, war er, nämlich Mus’ab Ibn “Umair. Ibn Sihäb erzählt auch noch einen anderen Bericht auf Autori- tät des Suräka?’, der von dem hier gegebenen abweicht. « Dass Musab, Muhammeds erster Apostel in Medina, dort die Freitagsfeier eingerichtet habe, wird von Ibn Sad II. I. 83, 25 be- richtet. Die andere Nachricht, auf die hier angespielt wird, ist ver- muthlich die von Ibn Ishäk 290, 5ff. und Ibn Sad II. I. 84, ı ge- gebene, nach welcher Asad Ibn Zurära der Begründer des Freitags- gottesdienstes in Medina war. Über das Verhältniss zwischen Musab und Asad, einen der ı2 Nakibs (Apostel), vergl. Ihn Sad II. II. ed. Horovızz S.139, 35 ff. ! Buchäri: »zwischen zwei Männern«. ® Siehe den Isnäd der folgenden Tradition. 452 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. IN. »Abderrahman Ibn Mälik Ibn Gusum Almudligi von seinem Vater Mälik von seinem Bruder Suräka Ibn Gu’sum: Als der Bote Gottes Mekka verlassen hatte, um nach Medina auszu- wandern, setzten die Kurais für den, der ihn ihnen zurückbrächte, einen Preis von 100 Kamelen aus. So erzählte er: Als ich nun (eines Tages) in der Versammlung meiner Leute sass, kam einer von den Unsrigen und sprach: »Bei Gott, ich habe soeben drei an mir vorbeigehen sehen; ich vermuthe, es ist Muhammed.« Darauf winkte ich ihm mit den Augen zu, er solle schweigen, und sprach dann: »Das sind nur die N.N., die ihre Thiere, die sich verlaufen haben, suchen.« Worauf Jener antwortete: »Vielleicht«, und schwieg. Nachdem ich noch eine Weile sitzen geblieben, erhob ich mich, ging nach Hause, liess mein Pferd kommen und es nach dem tiefsten Theil des Thales führen. Dann nahm ich meine Waffen hinter meinem Gemache her- aus, nahm meine Loospfeile, mit denen ich mir zu wahrsagen pflegte, und zog meinen Panzer an. Dann nahm ich die Loospfeile heraus und zog einen davon. Siehe da, es war der, den ich nicht leiden kann, auf dem geschrieben stand: »Nicht schädigt er ihn« (d.i. den Feind).‘ Hoffte ich doch Muhammed zurückzuholen und die 100 Kamele zu gewinnen. Nun ritt ich seiner Spur nach. Während aber mein Pferd mit mir dahin jagte, stolperte es und ich fiel herunter. Darauf nahm ich wieder meine Loospfeile heraus und zog einen davon. Siehe, wieder kam derselbe Pfeil heraus. Nun aber versteifte ich mich erst recht darauf ihm zu folgen, und so ritt ich weiter. Als Muhammed und die Seinigen mir in Sicht kamen und ich in der Richtung nach ihnen hinschaute, stolperte wieder mein Pferd, die beiden Vorder- füsse waren in den Boden eingesunken und ich fiel herunter. Ich riss mein Pferd heraus. Ihn aber (den Muhammed) begleitete eine Rauchwolke wie von Staub, und nun erkannte ich, dass er vor mir gefeit sei und dass er die Oberhand gewinne. Da rief ich sie (Mu- hammed und die Seinigen) an und sprach: »Schaut mich an. Bei Gott, ich will euch keinen Verdacht einflössen, und von mir geschieht euch nichts zu Leide.«e Da sprach der Bote Gottes (zu Abü Bekr): »Frag ihn nach seinem Begehr.« Der sprach es, ich aber antwortete: »Schreib mir einen Zettel als ein Zeichen (des Einvernehmens) zwischen mir und dir.«< Da sprach er: »Schreib ihm den Zettel, o Abü Bekr.« Das that er auch und übergab den Zettel mir. Ich habe dann ge- schwiegen und von dem Vorgefallenen nichts erzählt. ! Der Glossator Alsuhaili (Codex SPRENGER 101 Bl. 7a 6) giebt folgende Erklärung: a N. Sacuau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn "Ukba. 453 Als aber dann (8 Jahre später) Muhammed Mekka erobert hatte und auch mit den Leuten von Hunain fertig war, zog ich aus, um ihn zu treffen, ausgerüstet mit dem Zettel, den er mir hatte schreiben lassen. Auf dem Wege zu ihm gerieth ich mitten unter eine Kriegs- schaar der Medinenser, und die fingen an mit ihren Lanzen nach mir zu stossen und zu rufen: »Wehr dich«. Ich drang aber hindurch bis in die Nähe des Boten Gottes, der auf einem Kamele sass, in- dem ich den Eindruck hatte, als ob sein im Steigbügel ruhender Unterschenkel so weiss war wie das Mark in der Spitze der Dattel- palme.' Ich hielt nun den Zettel mit der Hand in die Höhe und sprach: »O Bote Gottes, das ist der Zettel von dir.« Da sprach er: »(Du kommst) an einem Tage, wo Treue und pietätvolles Gedenken herrschen soll.” Tritt nahe heran.« Darauf nahm ich den Islam an und erwähnte dann etwas, um ihn danach zu fragen.« Ibn Sihäb erzählt: Er fragte ihn nur nach verirrten 'Thieren und nach etwas, was er für dieselben gethan hatte.« Ich sagte weiter nichts als dies: »O Bote Gottes, verirrtes Vieh kommt zu meinen Cisternen, nachdem ich sie für meine Kamele mit Wasser gefüllt habe. Ist es ein ver- dienstliches Werk für mich, wenn ich sie tränke?« Da sprach der Bote Gottes: »Ja wohl, an jeder gluthheissen Leber ist ein Gottes- lohn« (zu verdienen). So erzählte er (Suräka Ibn Gusum). Dann ging ich von dannen und trieb darauf dem Boten Gottes (etliches Vieh) als meinen Beitrag zur Gemeindesteuer zu.« Diese Überlieferung findet sich fast ganz ebenso bei Ibn Ishäk 331. 332; Wäkidi (Werrnausen, Muhammed in Medina, S. 374) und Buchäri ed. Kreaz Ill, 39.41; in zwei verschiedenen Fassungen bei Ibn Al’athir, Usd-alghäba I, 265. Zur Erklärung des Wortes ER >) \> a auch überliefert in der Form >| Sb as PEN vergl. Ibn AY’athir’s Nihäja I, 215. IV. »Ibn Sihäb behauptet, “Urwa Ibn Alzubair habe erzählt, dass Al- zubair dem Boten Gottes begegnet sei, wie er (Alzubair) mit einer Karawane von Muslims, welche in Syrien Handel trieben und nach Mekka zurückkehrten, auf der Reise war. Diese machten nun ein Tauschgeschäft mit ihm, und bei der Gelegenheit bekleidete Alzu- bair den Boten Gottes und Abüı Bekr mit weissen Gewändern.« ! Vergl. Werrsausen, Muhammed in Medina, S. 374, Anm. ı. ® Derselbe Ausdruck von Muhammed bei anderer Gelegenheit gebraucht, s. Ibn Ishäk S. 821, 21. 454 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dee. 1903. Dieselbe Tradition bei Buchäri ed. Kreuz III, 40. Nach Ibn Sad IN.I, 153,19 war es nicht Alzubair, sondern 'Talha Ibn “Ubaidalläh, der aus Syrien kommend Muhammed unterwegs auf der Flucht von Mekka nach Medina traf und ihn wie Abü Bekr mit syrischen Ge- wändern bekleidete. Talha zog weiter nach Mekka, kehrte aber auch seinerseits bald seiner Heimat den Rücken und nahm die Familie Abü Bekr’s, welche nach dessen und Muhammed’s Flucht noch in Mekka zurückgeblieben war, mit sich nach Medina (s. Ibn Sada.a.O., Zeile 23, 24). V. Aus dem dritten Theil. »Näfi von Abdallah Ibn Omar: Einige von den Genossen des Boten Gottes sprachen zu ihm: »Rufest du Todte an?« worauf er erwiderte: »Jawohl, denn ihr hört meine Worte nicht besser als sie« (die Todten hören ebenso gut wie ihr).« Diese Unterredung soll nach der Schlacht bei Bedr stattgefunden haben. Die Überlieferung findet sich ebenso bei Buchäri ed. Kreuz III, 70, 17.18; vergl. auch daselbst S. 58, 12 — 16. v1. Aus dem vierten Theil. »Ibn Sihab von Anas Ibn Mälik: Einige Ansär baten den Boten Gottes um eine Erlaubniss, indem sie sprachen: »Gieb uns die Er- laubniss, o Bote Gottes, und wir wollen unserem Schwestersohn Abbäs sein Lösegeld erlassen.« Er aber sprach: »Nein, bei Gott nicht. Lasst keinen Dirhem fahren.« Dieselbe Tradition bei Buchäri III, 69, 1.2. Mit Abbäs ist der bekannte Onkel Muhammed’s gemeint. Über seine Gefangennahme bei Bedr s. Sprenser, Leben und Lehre des Muhammed II, 131, Anm. ı; Tabari I, 1341; Ibn Kutaiba, Maärif S.77. Über den Aus- druck Ü>| ir\ s. eine andere Tradition bei Buchäri I, 388, ı8ff. Von einer eigentlichen oder Blutsverwandtschaft zwischen Abbäs und den Medinensern ist mir nichts bekannt, denn seine Mutter war Nu- tailla vom Stamme Namir Ibn Käsit, also keine Medinenserin (s. Ibn Kutaiba, Maärif S. 57, 6). VL. Aus dem fünften Theil. »Ibn Sihäb pflegte diese Geschichte so zu erzählen: Abderrahman Ibn Abdallah Ibn Ka’b Ihn Mälik Alsulami und verschiedene Gelehrte ve Su Sıcnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 455 auch die Führerschaft seines Vaters angefochten, und doch war er, bei Gott, geeignet für das Commando, war mir einer der liebsten von allen Menschen, und dieser (sein Sohn) ist mir einer der liebsten won allen Menschen nach ihm. Darum sorgt für ihn, wenn ich nicht mehr bin. denn er zählt zu den Edelsten von euch.« Dieselbe Überlieferung findet sich wenigstens dreimal bei Buchäri II, 440; IL, 133. 192. Vergl. ausserdem Ibn Ishäk, S. 999, 14: 1006, 20ff. Der Wunsch des sterbenden Propheten wurde pietätvoll vom Chalifen Omar ausgeführt. Als er die Vertheilung der Staatseinkünfte festsetzte, bevorzugte er den Usäma vor seinem eigenen Sohne Abdallah, obgleich dieser erheblich älter war und in mehr Schlachten für den Islam ge- kämpft hatte als Usäma. Als Abdallah sieh darüber beschwerte, er- widerte ihm sein Vater: »Ich habe ihn bevorzugt, weil er dem Boten Gottes lieber war als du und weil sein Vater (Zaid) dem Boten Gottes lieber war als dein Vater (d. i. ich, Omar).« Siehe Ibn Sad II. 1. 243, 8.10. IX. »Müsä (Ibn ‘Ukba) von Sälim Ibn Abdallah von Abdallah Ibn Omar: »Der Bote Gottes pflegte nicht (seine Tochter) Fätima auszunehmen « (von irgendwelchen Bestimmungen oder harten Maassregeln, die er erliess). Hiermit ist wohl der Ausspruch Muhammed’s: »Und wenn es die Fätima selbst wäre, die gestohlen hätte, so würde ich ihr die Hand abhauen,« zusammenzustellen. Vergl. Buchäri II, 441 und II, 145. Wie lieb er andererseits sie hatte, drückt er nach einer anderen Tradition in folgenden Worten aus: »Fätima ist ein Stück von mir; wer sie erzürnt, erzürnt mich.« Siehe Buchäri I, 447. X. »Müsä Ibn “Ukba von Abdallah Ibn Alfadl, dass dieser den Anas Ibn Mälik habe sagen hören: »Ich trauerte über diejenigen von den Meinigen, die in der Harra (in der Schlacht in der Harra A.H. 63) gefallen waren. Da schrieb mir Zaid Ibn Arkam', als er von meinem grossen Schmerze erfahren hatte, dass er gehört habe, wie der Bote ! Ein medinischer Waisenknabe vom Stamme Chazrag, der im Hause des Ab- dallah Ibn Rawäha aufwuchs und mit diesem an der Schlacht von Müta Theil nahm. Er war zur Zeit der Schlacht am Berge Uhud noch Knabe, hat an allen folgenden Schlachten Theil genommen, sich später in Küfa niedergelassen und ist dort A. H. 68 gestorben. Er soll zu den intimen Freunden Ali’s gehört und für ihn bei Siffin gekämpft haben. Usd-alghäba II, 219. 456 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. haben mir berichtet, dass ‘Ämir Ibn Mälik Ibn Gafar, genannt der Lanzenspieler, als Heide zum Boten Gottes kam. Dieser trug ihm den Islam an, ‘Ämir aber weigerte sich, wollte indessen dem Boten Gottes ein Geschenk bringen. Darauf sprach der Prophet: »Ich nehme das Geschenk eines Heiden nicht an.« Nun sprach “Ämir Ibn Mälik: »Schieke mit mir von deinen Boten, wen du willst. Ich bin ihr Beschützer.« Darauf schickte der Bote Gottes eine Schaar der Sei- nigen, unter ihnen Almundhir Ibn Amr Alsäidi, der genannt wird »Eile-zum-Tode«, als Spione unter die Bewohner des Nagd. Nun hörte Ämir Ibn Altufail von ihnen. Er bot die Bantı Ämir auf zum Kampfe, diese aber verweigerten ihm die Heeresfolge und wollten nieht den Ämir Ibn Mälik entehren (unter dessen Schutz die Medinenser standen). Darauf bot Ämir Ibn Altufail die Bantı Sulaim gegen sie auf. Diese leisteten ihm Heeresfolge, und nun tödteten sie die Medinenser am Brunnen Ma'üna, ausgenommen den Amr Ibn Umajja Aldamri. Er gerieth in die Macht des Ämir Ibn Altufail, der aber liess ihn los. Als Amr Ibn Umajja zum Propheten kam, sprach dieser zu ihm: »Von ihnen?« (d. h. von ihnen, deinen Genossen, kommst du allein zurück ?). Ausführlicher geben diesen Bericht Ibn Ishäk, S. 648ff. und Wäkidi ed. Kremer, S. 337ff. (Werrnausen, Muhammed in Medina, S. 153ff.); in späterer Fassung Usd-alghäba IV, a1ı. Die Lesung oJ so in der Handschrift. Nach der Nihäja von Ibn Alathir s.v. 3 soll Mu- hammed die Worte oJ Es gesprochen haben, als er die Nachricht von dem Tode des Haräm Ibn Milhän erhielt. Die Punctation er Es empfehle ich auf Grund des Ausspruchs, den Muhammed nach einer Überlieferung an Sad Ibn Abi Wakkäs, als er von Maüna zurückkehrte, gerichtet haben soll: eıte] u se ae (bei Wäkidi ed. Kremer, S. 342 1. Z2.). vM. »Ismäil Ibn Ibrähim Ibn "Ukba von Sälim Ibn Abdallah von Ab- dallah Ibn Omar: »Daher fochten einige Leute die Führerschaft des Usäma an (d.h. sie waren unzufrieden, dass Muhammed dem erst neunzehnjährigen Usäma, dem Sohn seines Adoptivsohnes Zaid, das Obercommando über die Expedition gegen die Griechen übertragen hatte). Darauf erhob sich der Bote Gottes und sprach: Wenn ihr jetzt die Führerschaft Usäma’s anfechtet, nun wohl, ihr habt vorher Sacuau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 457 Gottes sprach: »O Gott, vergieb den Ansär und den Kindern der Ansär, und wir bitten dich um deine Gnade für die Kindeskinder der Ansär.« Ibn Ishäk S. 886, ı2 berichtet einen ähnlichen Segensspruch über die Ansär und ihre Descendenz, den Muhammed nach der Vertheilung der Beute von Hunain gesprochen haben soll. Ebenso Wäkidi bei WELLHAUSEN, Muhammed in Medina S. 380. XI. »Derselbe Abdallah Ibn Alfadl: Einige Leute, die bei ihm (Anas Ibn Mälik) waren, fragten ihn nach Zaid Ibn Arkam. Darauf sprach er: Das ist derjenige, zu dem der Bote Gottes spricht: »Dieser ist es, dem Gott ein ganzes Maass verliehen hat dureh sein Ohr.« Das heisst: Gott hat ihm dadurch ein volles Maass des Verdienstes um den Islam zu "Theil werden lassen, dass er Muhammed die Dienste eines Spions geleistet hatte. Vergl. Ibn Ishäk S. 727, 17, wo Muham- med’s Ausspruch in etwas abweichender Form überliefert ist; auch Wäkidi bei Werumausen, Muhammed in Medina S. 181. X. Aus dem siebenten Theil. »Müsä Ibn 'Ukba von Ibn Sihäb von Said Ibn Almusajjib von Ab- dallah Ibn Kab Ibn Mälik, dass der Bote Gottes damals (wann?) zu Biläl (seinem Ausrufer) gesagt habe: »Erheb dieh und dann kündige ihnen an, dass nur der Gläubige in das Paradies kommt und dass Gott seine Religion nicht fördert durch die Hülfe eines Frevlers.« Dies geschah, als der Mann erwähnt wurde, von dem der Bote Gottes gesagt hatte, dass er zu den Bewohnern der Hölle gehöre. « Es ist mir nicht bekannt, bei welcher Gelegenheit Muhammed diesen Ausspruch gethan und welche Person er gemeint hat. X. Aus dem achten Theil. »Müsä Ibn "Ukba von Näfi‘ von Abdallah Ibn Omar: Nach der Eroberung von Chaibar baten die Juden den Boten Gottes, dass er sie in Chaibar belasse unter der Bedingung, dass sie arbeiteten (den Boden bearbeiteten) und die Hälfte der Frucht bekämen. Darauf sprach der Bote Gottes: »Wir wollen euch unter dieser Bedingung darin be- lassen, so lange es uns genehm ist.« So blieben die Juden in Chaibar, bis Omar (Lücke im Text) sie von dort wegführte, indem er sprach: »Der Bote Gottes hat in seinem Testament drei Dinge verfügt: dass 458 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. die Rahawijjün, Därijjun, die Leute von Saba’ und die As’arijjün die Ernte von je 100 Wask von Chaibar bekommen sollen; dass die Sendung des Usäma Ibn Zaid ausgeführt werde, und dass nicht zwei verschiedene Religionen (in Arabien) geduldet werden.« Dieselbe Tradition findet sich bei Ibn Ishäk S. 776 und Wäkidi (Werrnausen, Muhammed in Medina, S. 285. 287), wo aber die Sabäer ausgelassen sind. XIV: »Müsä Ibn "Ukba von Näfi von Abdallah Ibn Omar: Omar liess Juden, Christen und Parsen gemäss den Geschäften, die sie hatten, in Medina nicht länger als drei Tage verweilen und pflegte zu sagen: »Zwei Religionen können (in Arabien) nicht beisammen sein.« Er verbannte die Juden und Christen vom arabischen Continent.« Mit dieser Bestimmung ÖOmar’s ist vielleicht diejenige Muham- med’s zusammenzustellen, dass seine Fluchtgenossen nicht länger als drei Tage nach Abschluss der Pilgerfahrt-Riten in Mekka verweilen sollten (vergl. Ibn Sad II. I. 297, 22). XV. Aus dem neunten Theil. »Müsä Ibn ‘Ukba von Ibn Sihäb von “Urwa Ibn Alzubair von Mar- wän Ibn Alhakam und Almiswar Ibn Machrama: Der Bote Gottes sprach, als er (nach der Schlacht bei Hunain) den Menschen gestattete die gefangenen Hawäzin freizulassen: »Ich weiss nicht, wer (von meinen Leuten) euch den Loskauf gestattet oder nicht gestattet. Darum kommt wieder her, damit eure Führer eure Sache bei uns zur Sprache bringen.«e Nun gingen sie zurück zu ihren Leuten, worauf ihre Führer sie instruirten. Danach kehrten sie zurück zu Muhammed, und dann benachrichtigten sie ihn, dass die Leute (d. h. diejenigen von Muhammed’s Genossen, denen die Beute von Hunain zugefallen war) ihnen in liebenswürdiger Weise die Erlaubniss (zum Loskauf der Ihrigen) gegeben hatten. « Dieser Bericht deckt sich inhaltlich mit Ibn Ishäk S. 877 und Wäkidi (Werrnausen, Muhammed in Medina, S. 378). Der Wortlaut findet sich ebenso bei Buchäri II, 148, ı2ff. XVr »Ibn Sihäb von Said Ibn Almusajjib und “Urwa Ibn Alzubair: Die Gefangenen vom Stamme Hawäzin, welche der Bote Gottes zu- rückgab, waren 6000, Männer, Weiber und Kinder. Er stellte einigen Sacnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 459 Frauen, welche (als Kriegsbeute) einigen Kuraisiten gehörten, so dem Abderrahman Ibn Auf und Safwän Ibn "Umajja, welche die beiden ihnen zugefallenen Frauen bereits zu ihren Kebsweibern gemacht hatten, die Wahl (ob sie bleiben oder zu ihrem Stamme zurückkehren wollten), beide aber zogen es vor, zu ihrem Stamme zurückzukehren. « Vergl. Wäkidi bei Wertnausen, Muhammed in Medina S. 375. XML Aus dem zehnten Theil. »Ismäil Ibn Ibrahim Ibn “Ukba von seinem Onkel Müsä Ibn "Ukba von Ibn Sihäb: Der Bote Gottes machte die Wallfahrt der Vollendung im Jahre ı0. Bei der Gelegenheit zeigte er den Menschen die Riten (der Wallfahrt), die sie auszuführen haben, und redete zu ihnen in Arafa, indem er auf seiner Kameelin Algad’& sass.« Vergl. Ibn Ishäk S. 968ff., wo aber der Name der Kameelin nicht genannt ist. Bei Wäkidi a.a. O. S. 430 heisst sie Alkaswa. XV. »Müsä Ibn “Ukba von Ibn Sihäb von ‘Urwa Ibn Alzubair von Almis- war Ibn Machrama von Amr Ibn Auf, einem Schutzgenossen der Banüı “Amir Ibn Auf, der mit Muhammed an der Bedr-Schlacht Theil ge- nommen hatte: Der Bote Gottes hatte den Abü “Ubaida Ibn Algarräh (nach Bahrain) geschickt, um die Kopfsteuer des Landes zu holen. Er hatte mit den Bewohnern von Bahrain einen Vertrag geschlossen und den Al’alä Ibn Alhadrami als Befehlshaber über sie gesetzt. Als nun Abi “Ubaida mit der Habe nach Medina kam, hörten die Ansär von seiner Ankunft. Es war gerade um die Zeit, wo sie mit dem Boten Gottes das Morgengebet beten sollten. Als sie nun seiner an- siehtig wurden, stellten sie sich ihm in den Weg, aber der Bote Gottes lächelte, als er sie sah, und sprach: »Mir scheint, ihr habt von der Ankunft des Abü “Ubaida gehört und dass er was mitgebracht hat.« Darauf sprachen sie: »Ja wohl, o Bote Gottes.« Darauf sprach er: »Nun wohl, so freut euch und hoffet auf etwas, das euch Freude bereitet. Bei Gott, ich fürchte nicht die Armuth für euch; was ich aber für euch fürchte, ist, dass (Hab und Gut) über euch ausgeschüttet wird, wie es über Menschen vor euch ausgeschüttet worden ist, ihr es dann euch unter einander streitig macht, und dass dadurch eure Gedanken abgelenkt werden, wie die Gedanken der Früheren abge- lenkt worden sind.« 460 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. Die Entsendung des Abü “"Ubaida nach Bahrain ist ein Nachtrag zu dem Capitel bei Ibn Ishak 8.965: Wael Je Julia «| >Yl => Diese ganze Überlieferung findet sich ebenso bei Buchäri III, 68, ı8 ff. XIX. »Müsä Ibn "Ukba von Sa’d Ibn Ibrähim von Ibrähim Ibn Abder- rahmän Ibn Auf: Abderrahmän Ibn Auf war an jenem Tage bei Omar Ibn Alchattäb, und er (Abderrahmän) war es, der das Schwert! Alzu- bair’s zerbrach. Gott aber weiss es am besten, wer es zerbrochen hat! — Dann erhob sich Abü Bekr, haranguirte die Leute und ent- schuldigte sich bei ihnen, indem er sprach: »Bei Gott, ich habe nie- mals eine Gier nach der Herrschaft gehabt, ich habe nie einen An- spruch darauf erhoben und habe niemals Gott darum gebeten, weder geheim noch öffentlich. Ich habe aber Unruhen befürchtet. Ich habe keinen Genuss an der Herrschaft. Ich habe ein gewaltiges Geschäft übernommen, zu dem ich nicht die Kraft habe und das ich nur dann bewältigen kann, wenn Gott mir die Kraft dazu giebt. Bei Gott, ich möchte, dass derjenige von Allen, der am meisten der Sache ge- wachsen ist, an meiner Stelle wäre.« Die Fluchtgenossen waren mit seiner Rede und seiner Entschuldigung einverstanden. Ali aber und Alzubair Ibn Allawwäm sprachen: »Wir sind nur deshalb zornig ge- wesen, weil man uns nicht zur Berathung beigezogen hat. Wir sind der Meinung, dass Abü Bekr von Allen, nachdem der Bote Gottes nicht mehr da ist, am meisten Anrecht auf die Herrschaft hat. Er war mit dem Boten Gottes allein in der Höhle (auf der Flucht). Wir erkennen seine hohe Stellung und sein Alter an. Auch hat der Bote Gottes noch zu seinen Lebzeiten ihn mit dem Gebet vor der Gemeinde beauftragt. « Dass Alzubair bei jener Gelegenheit das Schwert gezogen hat, wird von Tabari I,ı820, 1818 berichtet; dass aber Abderrahman Ibn Auf sein Schwert zerbrochen hat, ist mir aus anderen Quellen nicht bekannt. XX, »Überliefert von Abü Bekr Muhammed Ibn Abdallah Ibn Attäb (2) von Muhammed Ibn Sälih, benannt Ka’b Alzäri’, von Said Ibn Ibrähim von Saif Ibn Omar von Abü Rauk Atijja Ibn Alhärith Alhamdäni von Abu Ajjüb von Ali: Gott selbst hat seinem Propheten sein Ende ange- ' Eine Tradition bei Buchäri III, 57 weiss zu berichten, dass es mit Silber verziert war. Sacuau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 461 kündigt, indem er ihm offenbarte: »Wenn Gottes Hülfe kommt und der Sieg« (die Eroberung) Sure 110,1. Die Eroberung (von Mekka) trat ein im Jahre 8 nach der Flucht des Boten Gottes. Als er dann in das Jahr 9 der Flucht eintrat, da erschienen die Gesandtschaften der Stämme bei ihm in rascher Reihenfolge. Da er nicht wusste, wann sein Ende sein würde, handelte er demgemäss. Daher erweiterte er die Gesetze, gab gemessene Befehle und veröffentlichte Privilegien, und liess Vieles von den Geschichten aufschreiben. So hat denn das (ge- schriebene) Privileg den Zweifel aufgehoben, während doch über einige Privilegien ein Zweifel bestand. Er unternahm den Feldzug nach Tabük und handelte wie Jemand, der Abschied nimmt. Ende der aus den Maghäzi (des Müsä Ibn "Ukba) excerpirten Ge- schichten. « Die letzte Tradition (XX) ist unecht, d.h. stammt nicht aus dem Maghäzi-Buche des Müsä Ibn "Ukba, sondern ist eine von einem Schrift- steller des II. Jahrhunderts d. Fl. berichtete, auf Ali zurückgeführte Nachricht. Vielleicht war sie in dem Werke Müsä’s von einem Leser auf dem Rande beigefügt, und wurde von dem Epitomator, da sie ihm als Schlussaceord für seine Epitome gefiel, an diese Stelle übertragen. Die Gewährsmänner dieser Tradition sind: Ali (+ 40). Abü-Ajjüb, vermuthlich Chälid Ibn Zaid Al’ansäri (+ 52). Abü-Rauk Atijja, ein Schüler des gı gestorbenen Anas Ibn Mälik und des 105 gestorbenen Alsa’bi. Saif Ibn Omar, gestorben nach 170. Vergl. Dhahabi, Spr.271, Bl. 23ıb und ausführlicher Mizzi, Ldbg.40, Bl.57b. Von ihm sagten schon seine Landsleute, dass er fälsche 2 og“ at, Vergl. WernuAusen, Skizzen und Vorarbeiten VI, ı ff. Su’aib Ibn Ibrähim. Mir nur als Schüler des vorhergehen- den aus Mizzi a.a.O. Bl. 58a bekannt, wo er Er ll genannt wird. Muhammed Ibn Sälih. Mir unbekannt. Abu-Bekr Muhammed Ibn Abdallah Ibn Attäb, vermuth- lich identisch mit Abü-Bekr Muhammed Ibn Abi-Attäb Albaghdädi Alajan (-+ 240). Vergl. Ibn Hagar, Takrib S.33 1 und über das Todesdatum hier oben S. 449 Nr. 5. Wenn man auf Grund dieser Traditionen die Frage stellt, welche Quellen unserem Müsä zur Verfügung standen, so findet man bestätigt, was schon aus den biographischen Artikeln über ihn bekannt war, dass er in erster Linie von Ibn Sihäb d. i. Muhammed Ibn Muslim Alzuhri (+ 124) abhängt (s. die Traditionen U, VI, XVID), dass er 462 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. aus dessen Vorträgen, mehr vielleicht noch aus seinen Collectaneen zwei wichtige Gattungen von Nachrichten entnommen hat, von denen die eine auf den ältesten Sohn des Chalifen Omar, Abdallah Ibn Omar, die andere auf ‘Urwa, den zweitältesten Sohn von Muhammed’s Vetter Alzubair zurückgeht. Die beiden Isnäds sind folgende: Ibn Sihäb (+ 124) von Sälim Ibn Abdallah oder Näfi‘ von Abdallah Ibn Omar (+73). Näfi” (+ 117) war der Freigelassene Omar’s, Sälim (+ 106) sein Enkel, der Sohn des Abdallah Ibn Omar. Vergl. die Traditionen I, V, VII,‘ IX, XIH, XIV. Der andere Isnäd ist: Ibn Sihäb (+ 124) “Urwa Ibn Alzubair (+ 94), dem der Verfasser die Traditionen IV, XV, XVI, XVII verdankt. Auf eine nicht minder hochstehende Persönlichkeit geht die Tradition XIX zurück, durch Vermittelung des Sad Ibn Ibrähim (+ 127), der von väterlicher Seite ein Enkel des Abderrahman Ibn Auf, von mütterlicher Seite ein Enkel des Sad Ibn Abi Wakkäs war, auf seinen Vater Ibrähim (+ 76), den zweitältesten Sohn des Abderrahman Ibn "Auf. Dass auch die beiden grossen Überlieferer, Muhammed’s Diener Anas Ibn Mälik (+91) und Said Ibn Almusajjib (+ 94) d. i. die von ihnen ausgehen- den Überlieferungen von Müsä zu Rathe gezogen worden sind, wie die Traditionen VI, X, XII und XVI beweisen, war von vornherein zu er- warten. Die anderen in diesen Isnäds vorkommenden Personen sind: I. Abderrahman Ibn Mälik Ibn Gusum Almudligi, sein Vater Mälik und dessen Bruder Suräka in Tradition II. Vergl. Dhahabi, SPRENGER 272, Bl. ı51b (Handschrift der Königl. Bibliothek). 2. Abderrahman Ibn Abdallah Ibn Kzxb Ibn Mälik Alsulami in den Traditionen VII und XI, gestorben unter dem Chalifat des Hisäm (105—125). 3. Abdallah Ibn Alfadl in den Traditionen X und XI. Vergl. Dhahabi a. a. O. Bl. 83b. 4. Der damascenische Chalife Marwän Ibn Alhakam (+65) in der Tradition XV. 5. Almiswar Ibn Machrama (+ 64) in den Traditionen XV und XV. 6. Amr Ibn Auf in der Tradition XVII, gestorben unter der Re- gierung Omar’s (13—23). ! Ich nehme an, dass hier zwischen Müsä’s Neffen Ismä’il und Sälim der Name Müsä’s ausgefallen ist. Sıcnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn "Ukba. 463 Die anderweitigen Nachrichten, welche auf Autorität des Müsä Ibn ‘Ukba bei den ältesten Historikern, Alwäkidi, Ibn Sa’d, Albelädhori, Tabari, überliefert werden, lassen erkennen, dass er wohl mit einer gewissen Vorliebe solche Nachrichten in sein Werk aufgenommen hat, die in letzter Instanz auf seinen Grossvater Abü Habiba, einen Frei- gelassenen des Gemahls der Patronin seines Geschlechts, des Alzubair zurückgingen. Müsä’s Mutter war eine Tochter des Abü Habiba (Ibn Sad V ed. ZETTERSTEEN S. 221). Solche Nachrichten finden sich bei Alwäkidi, s. Werrnausen, Muhammed in Medina S. 344, 7, und 'Tabari 190772081.2998, 3073; I. u. 1231; IIl..ıv. 2300.232422378. Aus denselben Historikern lernen wir, dass Müsä seine historischen Studien nicht auf das Leben Muhammed’s beschränkt, vielmehr auf die folgenden Ereignisse bis gegen das Ende des ersten Jahrhunderts der Flucht ausgedehnt hat. Das jüngste mir zur Zeit bekannte Er- eigniss, welches von Müsä berichtet wird, findet sich bei Tabari X. ı. 1231, eine Unterredung zwischen Abü Habiba und dem omajjadischen Statthalter in Mekka während der Regierung des Chalifen Alwalid Ibn Abdelmelik (85 — 96). Aus Ibn Sad ersieht man, dass in dem Werke von Müsä Tabellen vorhanden gewesen sein müssen, Verzeichnisse von allen denjenigen Personen, welche z. B. an der Auswanderung nach Abessinien und später an den Schlachten bei Bedr und "Uhud Theil genommen hatten. Ibn Sad eitirt mehrfach Einzelangaben aus diesen Verzeichnissen zum Vergleich mit den Angaben von Ibn Ishäk, Abü Masar und Alwäkidi. 464 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. (sie) öl ce All sy zT SH al ae al al ae Jade) Sl Hl LYI el Je ea ee ea ku messe AN Eu genen For N N en a Ile aldi öl oy N N en ana Se be A oe () na a on Sl NY SM al Jels Z abl Al de AN u ar or ae la all) I, a als ln AL ll ul Jr si) Bl Kar se ee Are YI ode Tan Fee ara alas ee Eli Yin Bel ee ie Sn Ds Ar eo Ley, Day ale ey 5 öl ala de Abir a e u Sal 5 N eLyI well KA obs Zul oda > Aal Zei 3 ZEN 0. eo, a all ee ll AN or As a pl, ey a2 ala ee nes ei dal Al ua er K pl oal > VI BI Al as ol Klug onliy Has ge ie al Vien ab es üb Al de All Is a als us, L U Adels nel Gr N „Ln (sie) Je al ! Die obere Hälfte der Zeichen ist abgerissen, die Lesung conjectural. ® Von hier an sehr schlecht geschrieben, sodass Vieles nicht mit Sicherheit ge- lesen werden kann. Sacnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba. 465 eu AR net eo die sr Yeah le a ae at ol oye ER lo ae li im „io al ds öl sel n— AN) Ir se pl zahl, Sul de li ee Kb al al de, © a Do öl u LSV Las ae ee en Js el ur> Re ee ie a den Isa AypO - L Il Wo Kal der della 2 sb x“ sus Der Se Ei oe ehe a BA NERFRSERSERNE oe rl ee ie ap Be xe au ee A ee EB zu GE EEE SEEN FE en Ze EEE) EUnWEISY UV T La 5Lyl ge a > SSL Als JE „ui sel Pa Le ei ae De UL y; Dasds Jos Se al au Viola Y aba JUL kb Il 3.5 as >|) de Ira siel ls IE a sl IE IE de U Bes lee Bl sell ge DEI EN N ee ee le SAU cl Wal u Sad > 3 zul A Aal yo a ‚Lu 4r > 6 „IE ou alas ar a gl I >Yis sung) full el dgl gel bes als IE AN se ee oz al ae dl le al GA el ale IyI oo N le al N all rs 5A Je JB Isle WIEN Er u WE Js all Re es DsbY| a In us ı el u le Br Je Ss dr 155 N ı Ms. dl. ® Ursprünglich >), dann verbessert zu Bl . Sitzungsberichte 1904. 35 466 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dee. 1903. Ey ie el el (Lücke von sechs bis sieben Wörtern) „JUH| & 4 rs &> Ali Gr SL IE 5 ld EN Ann dr gs SU EEE ll AL SE ol solle sus GE Vol a5 5 All aa Aal ars ae ä soo Fl Fu A IE 06 ou 1 58 IA 38 Sal IE el Ya la sog irze or Golells au Jel als obs ae N aa < ze Sr ala > öl ad (& BOspe= > ler 0A Jb Ib ae cr Sr > Jb 3 ER Al Sal at Js „ie | Je, öl ol 2 Ä BEE) N ol Sie 6A] fer, a ER Ss 5sl a ES oe Ol esse le al Je) gl | > 2 ee e> m. elsalb \yab BY u Ca EroB)E ps ol ed iues a Am gel ol ol Je a al, oluel|s eLJle Je, Yan ya Al Aa, Ss Re & Olszes ss oh Sr A er a a ale ish ers IE cl Sul eolllieoyoer Found U UN Les sl „U Wh ze in (I > A Ad En eat al ss Sm m: ı Nisbe von =. ®2 Nihäja I, 148. Sacuau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn "Ukba. 467 Da ed u le le eu Di Zlı aps e eb all EL ve ode sl Al ir ae er el ge Al Urn a JE lo Al dyn .e zo al ar Jh ale A IL 6 Mac rl dal L ul I oJ „= al Igel SL] 3 ln lokale" sLy u ol a ei a SELL SS or SR & Be on ARE | Me | > BIEWE| N | DE eb ca ad ol Fu alas deal ar I I an Je le Al 2 Abb a lo al Al ge El Ar eier Jede Az ab eo Ser ZA al oe Je > Je u US Jay Ay: WE sell Ib le Al dy ee »ylayl eb) „ul 3 dl U El a ee en Ey su JA Aal All I „le a dr A de Me > 2 EREN ge ieu ar J ya Js Y rd) St 7 I I „ie a Se öl EL u Syn db ill dei 5 ae Als ul Jet ol > ya a a E27 gr | (SE ar Us Lee AN! RB) Bu & | er) ei Liz (&2 Er Bir Js Lois ld ol el > ol = else ! Besser 3,L.W. ? Ms. (y \ anstatt o. 468 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dec. 1903. ade, Es YES, Li yo dd N al a ET FT de ay Wi ge a Ha SE Je) Opec 2 e Je a Ag al NE RN ne el ed Is WAR I bb A LEE ST la VE SU le al u EN Elan n ee I, „LEN ale el a I LE IL le Al In JE Ze ui ls ee Ye, Si ll ı oil Does Als y IL las „I DE Sy Ab Al da, SET Ye „u »l&o2 108 Y3 ll es an orale ee a 3 Je „le ol 06 EN Ed ee pe Je el Js a SL ort ab PLAY a Ja,ık za 2 a Je Je ea Lyı ee Zus 3! ya ei Ja, Jiö va „ie al Jar) sale = ol or End I ed EEE Et en ealälder AL ik Je ale 2, zei Je ar gell 2 51 Npls eb ol Iph ve Zub bl De m a Jel ı Ins? 2 Ms. gl. Sıcnau: Das Berliner Fragment des Müsä Ibn ‘Ukba. 469 Ze er a Eee be Id Nie ge Zs Se Ye ae el NIE a alt BR Se En © RA WB Ne rs a ds IS Ned alte Ale Sl a u is le ul Fu am lo ee oe AL FA eu Al u or) Ar ed lo Sal Ile oe le al en a5 Bil el ae u Öl les se il le LS IE SEAL de ro IT 51 a dab db ar EV UT EI Ar al A Jw 2 Er ER Se Ui ea! NE a wa) IT el ee IS ls Be VEN el “nit a last eng Bra... EIS; Zi a Sol] Se SI nn Selle nsesrest a er NE el Sad Eee a Yo Vals af La Ei Ze iS u} SI 8 5 LA al dns ie BET EN ESS ES I era ei, — Bere 2.0. wo > ea a we ii a I Tl EN N A ä J Je UN A uy 25 ZU Sea Ib I JLEYI SS u u Es are by ey gle al dy, IE ALS ie Al Jr, La „ea ou Ze LE al JE A A dy as JE Er 355 2 Eu I KT 470 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheil. v. 10. Dee. 1903. en & is u gr JW al ar, ERS ee EEE a aa ae ern u Bere El A N el dee ala ie aN Ne as RIO ar ET ur re a 2 were SE wel We) ls ale 213 Alu les lt & ol eo JU Sl Seuell U sd er le oo las sl 2 ae ee N ol li dl ar zi lude sl sy ol all layer lee de Seal ah ee lu, U VE a L Al or al aa ar „| ou a Kurs as &.\ a a Bo LIST Ib Ser age as EV Gola alias ar Slam la 23 = a gab) a so LH alone we Sry) ae al ol ru ar yil u sl al Aarc Re ar We UE & Arl u al ame eis wertete erli dell al Im = Je al army se SEN 2 re al so Fo al ar öl al ar du el oe ol Je Jb Lo 1 Te dl Al I al Jg zu Ib ! Die Worte | bl ale s\ # sind am Rande nachgetragen. 2 Vel. denselben Namen im Isnäd der Tradition XX. z i \ % A > j =. | ’ LS D ur, ( no R + — 7 Sg u Zr ac BE r vg h ze ® \ 2 ö [2 P E [2 [| Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1904. Taf. IV. Handschrift der Königl. Bibliothek in Berlin, ° Pet. II, 30, Bl. 75b. 76a. N AL re ALBERT 0 NEU uU UeZhs Ay IS) 6 8/5 ropLlsuilseiul) Lo Fl au sap las par INTAFAITER ES RTNETERNE s lu BERIENTE er Ula)V AIRES RURTE EEE RAR TTENTEN N ERNNIET A le a le sr ot 0) Po MIN SL Anahle ,o ge erleslort BP TAU IEMDPT, A rel LILIQpas! RN DD ey 36 NE „PET BIAFIEN la hand ArSauise Irablıy Aa, Lab Ars WG 2g,JE RENAULT ne Aula zul a ul en VOTE STETTIN > llels Vol RAIL ERS I IT AAN DE? BENLezrt Lama l 1 Ja A dh BL ei lau, Io Na WNTDPIR SBIAERBEIN, NACAICT I Ahle LEN Yielab 3 ls Gola eu ul + lalhAls Uta) TEN) A) SB LU ee ze Tell Al u) re Are Ya, > Ic WE LE a RT] „2 Usa alaVdos = we Ansgieidlehlengen LE ERS PESTANERBENIAER 5 Eu) 6 SE a har ee DE Aa ya PT LERNT AL EMI a usılyn ' Urs al plan} 28 ee r yrelG, ul ost & Sıcnau: Das Berliner Fragınent des Müsä Ibn 'Ukba. 471 Eine attische Stoikerinschrift. Von Dr. WILHELM ÜRÖNERT in Göttingen. (Vorgelegt von Hrn. von W ıLamowrrz-MoErtennorrr am 11. Februar [s. oben S. 315].) = Wen man die Abbildungen des Zenon, Chrysippos und Poseidonios' nicht rechnet, so hat man bisher noch keinen der Stoiker der vor- ehristlichen Zeit auf einer Inschrift wiedergefunden.” Es sind aber auch noch niemals alle Steine planmäßig auf Philosophennamen unter- sucht worden, so daß uns eine Arbeit fehlt, die ohne Zweifel einiger wichtiger Entdeckungen nicht entbehren würde. Da ich nun eine Aus- gabe von Philodems Schrift über die Geschichte der Stoiker vorbereite, so hat mich das Sammeln der Belegstellen auch zu den Inschriften geführt. Dabei stieß ich auf eine Urkunde, die mehrere stoische Philosophen vereinigt. Doch ehe ich sie vorlege, will ich einen anderen Stein be- sprechen, da er wenigstens zu einer Namenvergleichung den Anlaß bietet. Auf der Akropolis von Ilion ist folgender Ehrenbeschluß gefunden worden’: EIEIAN AlavEenHc Tlönnewce TH- MNITHC AIATPIBWN TIAPÄ TWI BACI- NEl @INOC WN KAl EYNOYC AIATENEI T®I AHMWI, XPEIAC TIAPEXÖMENOC 5 TPOeYMWC EIC OÖ AN TIC AYTON TTAPAKAAHI, AECAOXBAI THI BOYAHI Kal ToI Ahmwı usw." ı Vel. J. J. Bernovirnı, Gr. Ikonographie 11 135. 154. 188, dazu noch die Büsten unterschrift Tön XP[Ycınmon | AXPicioc | miepH Athen. Mittel. XXVII 297 (erste Kaiserzeit, aus Athen). H. von Prorr betonte Mieprt und nahm an, daß die Büste dem Gotte Mithras geweiht worden sei. Mit voller Sicherheit läßt sich dies indessen nicht be- haupten, da es immerhin möglich ist, daß wir den Namen des Vaters (MiepA) vor uns haben. Mit dem Ausgange der hellenistischen Zeit beginnen die Genitivendungen durch- einander zu geraten, vgl. über ToY EYMmenH, ToY MoycH usw. meine Memoria Hercul. 163, ToY TTACIKPATH MEISTERHANS 3 120. Der Name Mierfc ist in Kleinasien zu Hause, und über AxPicioc läßt sich wenigstens so viel sagen, daß er wohl kein Athener war. ® [Aristokreon, der Neffe des Chrysippos, hat das athenische Ehrendekret 1G. II 5. 407° (DrrrenßErGer, Syll. 481) erhalten. U. v. W.-M.] ® H. SchLiEmanN, Ilos S.710; H. Scauipt, Schliemanns Samml. troj. Alt. Nv. 9656, S.315; W. Dörrreıv, Troja und Ilion 11 465 (A. Brückner). * Es folgen die üblichen Worte. 472 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Febr. Brückner setzt die Inschrift nach den Buchstabenformen in die Zeit um 200 v.Chr. Dann liegt es am nächsten, in »dem« Könige den Landesherrscher, Attalos I. (241—-197) zu sehen. Die Ilier sind ihm auch in seinen Kämpfen gegen Antiochos II. und Achaios treu geblieben (Polyb. V 78,), während die Temniter im Jahre 218 wieder in seine Gewalt kamen (ebenda 77,, WıLcken, Realenz. 112, 2162). Nun findet sich im Stoikerindex, wo die Schüler des Chrysippos aufgezählt werden, folgende Stelle (Kol. xıvn): [i- KANÖC WN" “Yanoc Coneyc, ÖN Kal CoAlpwi TIPOECKO- NAKENAI ®HCIN APICTO- KPEWN EN TAIC XPYcin- TToY TA®AlC" AIAPÄNHC {071 THmNitHe 6 TWT ..... SORTE ee MENGE ONE ComPrArRETTI (S.72) hat nach Z.5 nur noch wenige Trümmer ge- lesen und auch diese nicht alle richtig (die Ergänzung I#nu]|noc einloc 2.9 ist hinfällig). Wollten wir die beiden Männer einander gleich- setzen, so würde die verschiedene Form nicht stören, da das äolische Aı-asenHnc (vgl. Fick-BecHteL, Personenn. 138, W. Schutze, @.G@. A. 1897, 893) leicht in das übliche Aıa-eAnuc umgesetzt werden konnte. Daß Diaphenes auf seiner Ehreninschrift nicht als Philosoph bezeichnet wäre, entspräche dem Gebrauche der Zeit. Es sei hier nur an Philo- nides aus Laodikeia, der auf den Steinen öfter genannt wird, erinnert. Daß er ein bedeutender Epikureer war, hat erst seine herkulanensische Vita gelehrt.” Aber auch der Papyrus gibt uns keine genaue Aus- kunft. Es kann eine Bemerkung über eine Eigentümlichkeit seines philo- sophischen Wirkens vorliegen, etwa wie bei Ariston Diog. VII 37: 8 THn ÄAIAGOPIAN EICHTHcAmenoc, aber auch eine Angabe über das Leben oder die politische Tätigkeit (monırevcAlmenoc) ist möglich. Immerhin schien es mir nicht unzweckmäßig, die beiden Zeugnisse gegeneinander zu halten. Vielleicht wird einmal ein zweiter Stein mehr Licht verbreiten. ! Auch TO ist, wenn auch nicht in demselben Grade, möglich. ®2 Auf T folgt noch ein Punkt am unteren Zeilenende, so daß nur A, H, |, A, P und Y, nicht aber €, O und W in Betracht kommen. 3 Vel. die Sitz.- Ber. 1900, 942 fl. 997. W, Crönerr: Eine attische Stoikerinschrift. 473 Um vieles sicherer aber ist das Urteil bei einer um zwei oder drei Menschenalter jüngeren attischen Namenliste (IG. II 953). Emil AycıAaoY ÄPXONTOC OIAE TEPOTIOIHCAN "PwmAla: Xpycınmoc € Oioy Cnmikvelon AnArYPAcIoc TTronemala: s Alexanmıoaotoc TTeirailevc) Anrtimartpoc Tleıpaievc N Jıkorennc ®inAlanc OHrYnoc TTıeevc AnleectHrioc Er MvpPin(oyttHc) Criörioc "Pwmaloc Mlnacaröpac Anezanalreyc) "Epmünaz "Epmeioc TTlavciaymmoc TTeipaievc ArxıknÄc AAKIAAHC 0 Oleösınoc TTeipaerc Nykickoc € Oloy AlmennAc Covnievc TTysıroc APAsHnIoc APrigaroc TTeipaerc Pınkmwon EipeciaHc Anapeac TTannHnevc Menenaoc Tleıpaieyc “Arectoc Maraewnıoc KrAtermoc "PamnoYcioc ıs Nıkömaxoc TTerıieoian(c) Neöntixoc AxAPneYc Ackanmiöawpoc Coynilevc Anezanapoc OTPYNEYc &lınımmianc ®nvevc Birxıoc Asmoneyc "Elrlm|öawroc ®reArrioc BacıneiaHc Tleipaierc &leiaımmoc ®avelvc) Arıaaac TAPrHTTIoc 20 TlimHcieeoc "Erxievc Cenerkoc Aekeneeyc "Ifefp|on Arhnıevc Aezanarpoc Anasnvcriolc Pnlavkiac OetTanöc Förroc CeHTTioc Alelılerönaoc! CymanHrtTlioc) MurPpöawroc TTeipaierc Alıonvcioc Kriwerc Muaeıoc TTeıpaıevc 2: TTlanaitıoc Pöaioc Menanaroc Tleıpaıevc Anmösınoc TTeipaievc TToceıawnıoc Aanmrttpeylc © pAcımmoc “lKarıevc TToceıawnıoc TTeıpaıerc “Ion AmeıtpormAsen "Ectialoc OHmakeYc “Alnezıc Mapaewnıoc APrictarxoc PamnoYcioc 30 Blion” ÄLHNIEYc Amonnöawroc Tleıpalevc K]parınmoc Kheicıev(c) Ackanmalaluc TTeipaılevc Alpxenaoc Cyrankttiloc) A| O]jeöawroc "Pamnovcioc AlPicrapxoc AeyYkonoeYc ss Mlemnun CaPaıanöc Klannictpatoc Arrennlsen Alevkıoc ı .„T.OTOAAOC der Stein; TIpw]tTönAoc KöHLer, was aber bisher in Attika noch nicht belegt ist. Es ist wohl der Archon Arıcrönac 161/o v. Chr. (Kırcaner, Prosop. I 484). 2 Oder Alion. 474 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Febr. I 8 Zuvörderst ist über die Zeit des Archonten Lysiades zu reden. Könter setzte ihn in die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr., Tu. Honmorze in das Jahr 145/4, von SCHörrer in das Jahr 146/5, FERrGUson in das Jahr 166/5, Kırcnner um 160. Nachdem nämlich IG. II 2 er- schienen war, ist ein zweites urkundliches Zeugnis des Archonten Lysiades gefunden worden. In einer Inschrift aus Delos, welche 'En- KPATOY ÄPxonToc Emmi TÄc ATTANnIAoc ENAeKATHc TIPYTanelac abgefaßt ist und einen Beschluß der auf Delos wohnenden Athener enthält, »oTI Aokel TEI BOYAEI ETTAINE CAl ToYc]| ATOPANOMHCANTAC EIC TON ETTI APXONTOC ÄPXONTOC ENIAYTON«, steht geschrieben: AnArPAYAI AC TÖAE TO YHOICMA TON TPAMMA- TEA TOY ErimernHToY MNHeIsInoN EIC CTHAHN NIBINHN Kal CTÄCAI AKonoYawc Toic Apzacın Tön em Avlclıaaov Arxontoc enıaytön (Bull. Hell. XVI 371). Hieraus ergab sich zunächst, daß Archon dem Epikrates unmittelbar voraufging. Aber C. DousLEr (a. a. Ö. 370), Homoıze (XVII 162) und VON SCHÖFFER (Realenz. II 591) schlossen weiter, daß das Amtsjahr des Archon auf das des Lysiades folgte. Dieser Ansicht ist von FERGUSON The Athenian archons S. 62 widersprochen worden. Da er nämlich unter Anwendung des von ihm glücklich aufgefundenen Gesetzes von der nach den Phylen geordneten Reihenfolge der Ratsschreiber für Archon und Epikrates die Jahre 141/39 und 139/7 erhalten und den letzteren Ansatz gewählt hatte, mußte er den Lysiades aus dem Jahre 140/39, ddas schon von Antitheos sicher besetzt war, entfernen." Er behauptet nun, daß der Zusatz auf der delischen Inschrift erkennen lasse, daß das Jahr des Lysiades für die Ordnung der Dinge auf Delos von Wich- tigkeit gewesen sei. Das deute doch auf die Wiederherstellung der athenischen Herrschaft auf Delos, also auf 166/5. Kırcnner (At. Pro- sop. 11 484) rückt Archon und Epikrates, da inzwischen die Jahre 138/6 von A. Wiırnerm mit Sicherheit den Archonten Timarchos und Hera- kleitos gegeben worden waren, um zwölf Jahre hinauf (141/39)’, be- hält aber die Absonderung des Lysiades bei, so jedoch, daß er diesen Archonten um etwa 160 ansetzt. Aber Frreusons Behauptung, daß Lysiades von Archon zu trennen sei, läßt sich nicht verteidigen. Während sonst nach der Anweisung ÄNATPAYAI AE usw. regelmäßig die Stelle oder die Stellen bezeichnet werden, an denen die Inschrift ihren Platz finden soll, fehlt in dem ! [Vielmehr Hagnotheos, MExtER, Acad. ind. S.ı19. U. v. W.-M.] ® Die Umstellung hatte schon F. Jacogyv, Apollodor S.350 Anm. 4 vorgenommen, da ein Akademiker, den er für einen Schüler des Lakydes hielt, nach Acad. ind. S. So er APICTOSÖNTOC TOY META BeAITHTON gestorben ist, Theaitetos aber auf Epikrates folgte. Indessen ist jener Philosoph, ein gewisser Eubulos, soviel sich bis jetzt er- gründen läßt, ein Enkelschüler des Lakydes gewesen. Den Beweis für diese Behaup- tung gedenke ich demnächst in einem besonderen Aufsatze über Telekles zu erbringen. W, Crönerr: Eine attische Stoikerinschrift. 475 Delischen Beschlusse diese Angabe. Damit aber doch der Schreiber nicht im Unklaren sei, wird ihm bedeutet, den Stein demjenigen bei- zugesellen, der das Dekret für die Agoranomen des Lysiadesjahres enthalte. Dann ist aber offenbar die Inschrift, auf die in dem Be- schlusse hingewiesen wird, die letzte ihrer Art, an die sich nun die neue anschließen soll. Ist aber Lysiades der unmittelbare Vorgänger des Archon, dann bleiben uns für ihn, da Epikrates durch den Ratsschreiber, einen Sy- palettier, auf 162/1, 150/49 oder 138/7 festgelegt ist, nur die Jahre 164/3. 152/1 und 140/39. Der Ansatz 162/1 ist dadurch ausgeschlossen, da die Jahre 165/60 durch die Archontenreihe Pelops — Euerg[ — Erastos — Poseidonios — Aristolas sicher bestimmt sind (Kırcnner II 642). Auch ist zu sagen, daß die Beziehungen zwischen den Namen der Lysiades-, Archon- und Epikratessteine und denen anderer In- schriften (vgl. Fereuson S. 62f., 70f. und Kırcuner GGA.1900, 460) mehr zu den beiden andern Ansätzen stimmen. Die Hieropoieninschrift enthält Männer, deren Väter um 186-—ı83 gelebt haben, deren Söhne aber um 118-100 nachzuweisen sind. Dies ergibt als mittlere Zeit 154— 141. Aber auch der dritte Ansatz läßt sich nicht halten, da, wie schon eben erwähnt wurde (S. 474), das Jahr 140/39 durch Hagno- theos besetzt ist. Da nun auch 138/6 für Timarchos und Herakleitos gefordert sind (S.474), bleibt für Epikrates kein Platz mehr übrig. Damit ist denn Lysiades auf das Amtsjahr 152/1 bestimmt. Gegen das Jahr 140/39 sprieht auch noch eine andere Beobach- tung. Daß eine so große Anzahl von Hieropoien an einem Feste mit- wirken, läßt uns vermuten, daß dazu eine besondere Veranlassung vorlag. Und da das Fest die Ptolemaien sind, so muß erwartet werden, daß damals der ägyptische Königshof in Athen sehr angesehen war. Dies kann aber schwerlich im Jahre 140/39 der Fall gewesen sein, als eben Euergetes II. durch seine Grausamkeit und seine Willkür- herrschaft das Einschreiten der Römer notwendig gemacht hatte. Phi- lometor hingegen (181/0o—145) unterhielt mit Athen gute Beziehungen; IG. II 968, siegt er an den Panathenaien keaHtı monıKoı (etwa 168/7 bis 164/3). Was freilich den großen Festaufwand veranlaßt hat, können wir nicht erkennen. Die für Lysiades angenommene Amtszeit erhält, wenigstens zu einem gewissen Grade, eine Bestätigung durch einen Philosophen- namen. TTanaitıoc “Pöaioc I25. U. Könter hatte sich zwar bei diesem Namen des Stoikers erinnert, doch verwarf er alsbald den Gedanken, da dieser Mann in die von ihm angenommene Zeit des Lysiades nicht zu passen schien. Aber dieses Bedenken ist nun, nachdem die Zeit- 476 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Febr. bestimmung sicherer geworden ist, hinfällig. Hinzu kommt, daß der Name Panaitios auf Rhodos nicht häufig ist, vgl. IG. XILı, 46,, TTA|- cıoc' TTanaıriov (Stratege aus der Stadt Rhodos, ı. Jahrhundert v. Chr.), und — TTjanaıtiov 767; (Lindos). Endlich ist uns ausdrücklich be- zeugt, daß der Philosoph in Attika seinen Heimatnamen nicht auf- gegeben hat (s. unten S. 481). Für ihn sind folgende Zeitbestimmungen bekannt: 1. Er hörte noch Diogenes den Babylonier. Seine Geburt fällt also wenigstens 25 Jahre vor den Tod des Lehrers (nach 156/5; Zeı- LER läßt ihn um 150 sterben, Susemmur noch vor 151/0). SCHMEKEL (Mittelstoa 2) zieht noch in Betracht, daß der jüngere Seipio, der enge Freund des Panaitios, im Jahre 184 geboren wurde, und setzt darum die Geburt des Rhodiers in die Zeit von 185— 180 (190— 185 Suse- “ıHL 11 64). 2. Im Jahre 141 begleitet er den jüngeren Sceipio auf seiner Ge- sandtenreise. Wie lange sie gedauert hat, ist nicht genau bekannt. Da sie aber einen sehr großen Umfang angenommen hat (eine Ein- schränkung macht B. Nızse Ill 279), so sagt F. Marx, nachdem er alle Einzelheiten geprüft hat: »/egatio facta est intra annos 1411 et 139« (Rhein. Mus. XXXIX 71). Daß sie vor die Zeit der Schulleitung fällt, ist ohne weiteres klar. 3. Panaitios starb um 110 oder 109, wie SCHMEKEL S.2 ausge- rechnet hat (» Ende 110 und spätestens Anfang 108« Susemmu Il 65). Es ist nun in der Ordnung, daß ich zwei Kolumnen des Index Stoicorum vorlege, welche unsere geringe Kenntnis von dem Leben des Panaitios nicht wenig erweitern. Über die Gesandtschaftsreise handelt Kol. ıvı. Die vorhergehende Kolumne erzählt die Herkunft des Panaitios, so daß in dem verlorenen Rest von ıv (etwa 26 Zei- len) die Jugendgeschichte, die philosophische Ausbildung, die Ent- stehung des Verhältnisses zu Seipio und der Antritt der Reise erzählt worden sein muß. Ö AE TWN . AOOYCH.. N CTPATEYCÄMENOC €. | AYTON EN NAYCIN ETITÄ TIPOC ®IAOMABHC! . AN- s aa AYo ToYc larpolY|c Eae- ! So ergänze ich nach 735; Nikarörac TTAcıoc (Epistates des Apollontempels, etwa ıoo v. Chr.). Denn die Namen TTAcioc und TTAcıc sind einander gleich. Der Stoiker war der Sohn eines Nikagoras (Suidas und Ind. Stoic. LI3) und entstammt einer der vornehmsten Familien der Insel (TÖn eYre]necTAtun An [mATPöeen LV ı— 2). Auch der Name Ainesidamos gehört der Familie an, vgl. Nikaröra CT(P)Arinmov, [k]Jae’ Yiosecian a& [AilnHcIalA)MmoY 347: und TON A’ Ainhlcfiaamon LV 5. W, (röxerr: Eine attische Stoikerinschrift. A477 HeH CYNXWPHCAI THC eic AsHnAac ATIOAHMIAC ern ayt@ mlerlacixein TONTOCE... WP(.)MHC... 10 CYNATIOAHMOYNTWN At [ AYT|oNn eYeela cmleYcac jeic Aeunac KATHxen| Wenn ich noch nicht alle Schwierigkeiten lösen konnte, so ent- scehuldigt dies die arge Zerrissenheit der Kolumne. Ein Mittelstück (2. 4— 10), dazu mehrere kleinere Teile mußten unter Kol. ıvıi, wo sie als soffoposti verdeckt lagen, herausgeholt werden. Für Z. 1-4 vermag ich noch keine befriedigende Ergänzung vorzulegen; »ınomAsHAn 4 ist nieht möglich, gegen eine bisher noch unbelegte Bildung »ınomA- eHcın streiten die zwischen ı und Aa erhaltenen Reste, die auf ein », wo oder a hinweisen; auch den syntaktischen Zusammenhang erkenne ich nicht. Aber ctpartercamenoc und die geringe Zahl der Schiffe deu- ten darauf hin, daß wir es mit der Gesandtenreise Scipios zu tun haben, der sehr große Vollmachten hatte. Das Folgende aber ist klar. Panaitios will den Römer verlassen und nach Griechenland zurückkehren; er bittet, daß ihn noch die zwei Ärzte (AYo rovc latpoyc statt roYc aYo larpoyc wegen des Hiatus ?) begleiten dürfen, und eilt dann geraden Weges nach Athen. In Z. 8 ist meracxein sehr unsicher, in 9 hat vielleicht zwischen p und m kein Zwischenraum bestanden. Es ist sehr ärgerlich, daß Philodem einer unbedeutenden Einzelheit der Reise soviele Worte gibt: immerhin aber ist die Erkenntnis wich- tig, daß Panaitios nicht die ganze Reise mitgemacht hat. Es folgen vier Kolumnen, in denen von dem Vermögen und der Freigebigkeit des Panaitios gehandelt wird: ıvır (nur wenig erhalten: merıcAmeno|[c| — TAnANT|a), Lv” (heute bis auf zwei Buchstabenteilchen verloren), ıvım (sehr zerrissen) und ıuıx (Beschreibung einer reichen Erbschaft; Scnmegers Vermutungen S. 4' bestätigen sich nicht). Auf Kol. ıx wird das Verhältnis zu Antipatros geschildert. Kal aıA [mjeränunn Ezın 1AIOTIPATEIN AYNAME- NOC OYK EKPINEN, ANNÄ TPOEZATEIN ÄNTITIA- 5 TPWI" KAl TOFTO TIOI@N mExPpı TEROYC (OYK)' ÄMEnE- ! Dies Wörtchen, dessen man nicht entraten kann, ist vermutlich durch Haplo- graphie ausgefallen. 478 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Febr. T|H|TOC ErENETO' XPÖNW! AE 0 MEN AIA TO THÄPAC ec|xönazeln| KAT’ OIkon ı0 KABH|MENOC, 8 A& Hrlei-' ceaı Aılteitlo| YIno| Ton [CYCxonACTÖN| Hier erfahren wir nun, «daß Panaitios zuerst als Assistent des Antipatros” die philosophische Vorschule leitete und später, als jener infolge seiner Altersschwäche nicht mehr in den Hörsaal gehen konnte und seine Vorlesungen zu Hause abhielt, zur Übernahme des Scholar- chats aufgefordert wurde. Es ist also, was erst durch die neue Le- sung deutlich wird, die Schulleitung an den regelmäßigen Besuch des Schullokals geknüpft. Wann Antipatros gestorben ist, wissen wir nicht’, aber wir erkennen, daß Panaitios’ Lehrtätigkeit schon früh begonnen hat. Und daß er seinen Freund nicht auf der ganzen Reise begleitete, deutet darauf hin, daß ihn wichtige Geschäfte nach Athen riefen; ohne Zweifel konnte ihn Antipatros nicht länger entbehren. Nun stellen wir wiederum die Jahre 164/3, 152/ı und 140/39 zur Wahl. Der erste Ansatz würde uns nötigen, die Geburt des Panaitios noch in die neunziger Jahre zu legen, was sonst durch nichts empfohlen wird. Zwischen den beiden anderen Ansätzen aber bleibt uns die Wahl. Denn da Panaitios nicht die ganze Reise mitgemacht hat, so konnte er sehr wohl im Sommer 140 wieder in Athen sein. Aber schon als junger Mann wurde er in Athen öffentlich geehrt (unten S. 482), was wieder auf Verdienste hindeutet: das stützt den mittleren Ansatz.' Doch Panaitios ist nicht der einzige Stoiker unter den Hieropoien des Amtsjahres 152/1 gewesen. Mnacarörac Anezanareyc 18. Der Mann erscheint als Schüler des Diogenes in der Epitome des Diogenes Laertios Usener, Epicurea ! r nach H ist so gut wie sicher; auf keinen Fall folgte T. ®2 Das Wort rroezArein, das noch Kol. ıxxvır 2 wiederkehrt: mAPEnITTeN Ae TO TöI TTANAITIOI TTAPAMONON TIPOEZÄTEIN Kal TO AIKAION AYTOY TAPCEA TEFONENAI MACHTHN, sonst sich aber nirgends in diesem Gebrauche findet, ist erst von Usexer (bei Münzer, Realenz. 1 2856,) richtig erklärt worden, vgl. €zAreın in der Bedeutung »bestimmmen« »erklären« Thesaur. L. Gr. 111 1210°. ® Worauf sich Scuwerers Behauptung gründet, daß Panaitios im Jahre 129 der Nachfolger des Antipatros wurde (S. 129), habe ich nicht ausfindig machen können. * Im Ind. Stoie. folgt auf Kol.rx die Darstellung der Philosophie des Panaitios (rxı-rxı), dann kommen Bemerkungen iiber die Lebensführung (rxırn), über den Ge- schmack (rxıv), über die Untersuchungsweise (?) und die Rede (rxv—ıxvi), über den Gemeinsinn (rxvır), über die verliehenen Ehren (rxvın), über die Freunde (rxıx), über den Tod (rxx), über das Begräbnis und die Grabrede (rxxı-ıxxır), endlich über die Schüler (LxxIt—LxXV, LXXV®, LXXVI-LXXIX). I DEE \W. Crönerr: Eine attische Stoikerinschrift. 479 S. XI: Asoren#nc‘ Amonnöawroc‘ BoHesc‘ MunHcarxianc” MIN Aacarörac.' Nectwp‘ Bacıneianc‘ AApaanoc' Antinatpoc‘' "Hpakneianc‘ CuwcirenHc' TIa- nAITIoc" CE)KATWN' Tloceıawnıoc usw. Daß nämlich alle Männer, die zwischen Aıoren#c und Antinatroc liegen, zur Schule des Babyloniers gehören, ist schon längst bemerkt worden. Noch näher wird Mnasa- goras durch den Index Stoicorum bestimmt. Auf Kol. x, zı und rır werden die Schüler des Diogenes aufgezählt. Kol. ı bietet heute nur noch geringe Trümmer, ıı aber beginnt also: xov TÄc TPwiAaoc A- NEZANAPEIAC' TTAnAi- tıoc Nıkaröpov "Pörioc' MNnHcAPXocC USW. Die attische Inschrift legt es nahe, Mnacarörac MnacAp(?)|xoy zu er- gänzen. Die Namenform Mnacarörac werden wir in der Troas eher erwarten denn in dem ägyptischen Alexandreia. Bacıneianc TTeiraieyc Il 20. Auch dieses ist, wie die Namen- verzeichnisse IG. Iund I lehren, ein unattischer Name. Nun wissen wir von zwei Philosophen, die ihn führten. Der eine, ein Tyrier, war das vierte Schulhaupt im Kepos; seine Blüte ist von mir (in diesen Sitzungsber. 1900, S. 958) in die Jahre 180— 150 gesetzt wor- den. Es kann aber nicht bezweifelt werden, daß wir hier den an- dern vor uns haben. In der eben ausgeschriebenen Epitome erscheint er neben Mnasagoras als Schüler des Diogenes. Daß er die stoischen nextA aufhob und den Satz aufstellte »mHaen einAaı AcWMATON«, berichtet Sext. Emp. 344, B. (vox Arnm, Sfoic. vet. fragm. III S. 268); sonst wissen wir nichts von ihm. Antinatpoc Tleiraseyc Il5. Es ist vielleicht der Nachfolger des Diogenes, Antipatros von Tarsos, dessen Fragmente nun von Arnın zusammengestellt hat (Sfoie. vet. fragm. III 244— 258)” Doch ist hin- zuzufügen, daß auch ein Schüler des Karneades möglich ist (s. unten S. 481). ! Mnacaröpac Bonners und Diers’ Abschrift des Cod. Par. 1759 (P); ebenso der daraus abgeschriebene Laur. rxıx 35 (H) nach Rose, Hermes I 370. Also verdient E. Marrını, der Leipz. Stud. xıx 64 aus P MnHcarörac ausschreibt, keinen Glauben. ® Das wichtige Bruchstück Nr. 67 (aus Philodem TTeri T&n CTwıkön) werde ich bald in besserer Gestalt vorlegen. Übersehen ist Philodem TTepi örrAc xxxıı 36. Diese Stelle hat Gomrerz, Beitr. zur Kritik III (Wiener Sitzungsber. phil. -hist. Kl. Bd. 53) S. 583 ohne Grund auf den Tyrier bezogen. Denn unter den Werken des andern wird auch eine Abhandlung über den Zorn erwähnt (Nr. 65, aus Athen. XIV 643°). Auch die Erklärung der Stelle ist nicht richtig, denn gerade das Wort eHPla, um das sich alles dreht, widerstreitet der Überlieferung. Ich hoffe, auch dieses Bruchstück, das übrigens noch auf Kol. xxxıv hinüberreicht, bald in vollständigerer Lesung vorführen zu können. 480 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Febr. Arornnöawroc Tleıaıevc Il 30. Dies kann der Landsmann und Schüler des Diogenes sein, der ebenfalls in der Epitome steht, vgl. auch Ind. Stoie. LI 7 Aronnöau/Polc] Cenelv|xelvjc Amo Tlirpioc. Er führt den Spitznamen "Esınnoc (= Eminnoc, » der Blinzler«): seine Bruchstücke hat von Arsım a.a.0. S. 259— 261 zusammengetragen." AckaHnmıöaoroc TTeıpaıeyc I5. Während in Kleinasien Dutzende von Asklepiodoten sich finden, ist in Athen sonst nur noch einer bezeugt (IG. II 455,.).- Also stammt auch wohl dieser Mann aus dem Auslande. Ein Asklepiodotos aber ist als Schüler des Panaitios be- kannt, vgl. Ind. Stoie. LXAXIU: - [aıetpi- ven En PwmHi KAkel IÖnToc Erı TTanaıTi- OY KATECTPEYEN" ÄckKAH- mI6A0oTOC ÄCcKAHTIOoAo- un Toy NikaleYc, Öc Kal AY- tölc eile "Plomnn Alalelen' die Ergänzung ConPArETTIs öc Kal aY|töc TTlolceıawniov aıhkovcen hat vor der Nachprüfung nicht standgehalten. Mit Kol. ıxxıı beginnt die Liste der Schüler des Panaitios. Der Mann, der noch zu Lebzeiten seines Lehrers stirbt, ist ohne Zweifel einer der ältesten Schüler gewesen, so daß wir dasselbe auch von Asklepiodotos annehmen können. Wäh- rend Comparertrı an den Taktiker, den Schüler des Poseidonios, dachte (vgl. besonders Dies, Doxogr. 19), hat ZeLLEr (II ı° 569 und 585) zwischen einem älteren und einem jüngeren Asklepiodotos unterschie- den, wohl in Berücksichtigung der zeitlichen Unterschiede. Förroc Ce#trioc Il 22. In Attika sind zwar die Namen Forriac und Förrinmoc sehr häufig, aber Törroc kommt nur selten vor (IG. I: drei Leute), so daß wir auch diesen Mann im Ausland suchen dürfen. Die Schülerliste des Panaitios schließt mit diesen Worten (Kol. ıxxvi): Aurmoknhc Mec- s chnioc' [öproc AAkeanı- mlölnıoc. "Erw ae Kal Öi- BP[wNnA OlAA ! Bei Diog. VI ı25 (fr. 15): Artonndawpoc A& En TÄI PycikÄl KATÄ THN APXAIAN durfte nicht KATÄ THN APXÄN geschrieben werden, da Ekaocın hinzuzudenken ist. So Fowrer, Panaetü et Hecatonis fragmenta S.49, vgl. noch Usener, G.G.N. 1892, 188, der die Arxala und die AHm®AHc des Demosthenes bespricht, und En TIoANAIc TÖN APXAI@N (nämlich "OmkPoY Ekaöcewn) Schol. A zu | 657. Daß das Werk des Apollodoros viel ge- lesen war, ergibt sich auch daraus, daß es zu Augustus’ Zeit einen Erklärer gefunden hat: BEWN Anezanaperc ... Erpaye TÄAc AronnoawpoY ®rcionorikAc eicarwrAc YTIOMNHMA Suidas. 2 Aber IG. II sechzehn Leute des Namens ‘AckAHmIöAwPoc. W. Crönerr: Eine attische Stoikerinschrift. 481 Das Schülerverzeichnis scheint aus mehreren Quellen zusammengestellt zu sein (LXXII—LXXV, LXXVI I-6, ıxxvu 6ff.), so daß also der Gorgos zu den nachträglich Hinzugefügten gehören würde. Damit wären wir in der Bestimmung der Lebenszeit ohne enge Beschränkung, und auch Gorgos könnte zu dem älteren Schülerkreise gehören. Indessen möchte ich diese Gleichung nur als möglich, nicht als wahrscheinlich be- zeichnen. Von den aufgefundenen Philosophen haben die einen ihren Heimat- namen bewahrt, während die anderen sich in einen Demos einschreiben ließen. Dies erinnert an Plut. de Stoie. rep.4 S. 1034": Kai MAN ÄNTITTATPocC en T®I Tlepi KneAneovc Kal XPYcintmoY AIABOPAC ICTÖPHKEN, OTI LHNWN Kal KneäneHnc oYK HoenHcan ÄAsHnaloı TENEceAl, MH AÖZWCI TÄC AYT@N TIATPIAAC AAIKEIN. OTI MEN, El KAAWC OYTOI, XPYCcInToc OYK ÖPBWC ETIOIHCEN ErFFPABEIC eic THN TIONITEIAN, TTAPEICew usw. Dem Beispiele des Chrysippos sind die meisten Stoiker unserer Inschrift gefolgt. Fremde aber blieben Panaitios und Mnasagoras. Das bezeugt für den einen auch Proklos (= Plutarch) zu Hes. Opp. 707 (VII 84 Bernard.): «Ai örewc TTanaitioc, TIOAITHN AYTON AÄBSHNAIWN TIOIÄCAI CTIEYAONTWN, EITTE TWI CW&PONI MIAN TIÖNIN APKEIN. Wenn ich bei der Durchsicht der Namen unserer Hieropoienliste den Aronnöawroc Tleıpaievc II 30 mit dem Stoiker aus Seleukeia in Ver- bindung zu bringen gewagt habe, so geschah dies darum, weil man die Beobachtung macht, daß sich die ausländischen Philosophen in den Demos Peiraieus mit Vorliebe haben aufnehmen lassen." Deutliche Beispiele geben Ackanmiöaoroc Tleıpaieyc 15 und Bacıneianc TTeipasevrc II 18, welche Männer sich schon durch ihre Namen als Fremdlinge zu erkennen geben. Ich glaube imstande zu sein, dafür noch ein Beispiel anzuführen. Unter den Schülern des Karneades” erscheint Ind. Acad. XXIII 38 = XXXI 36 ein BartAkhc Nikaselvc|. Das ist ein unattischer Name (BAaT-Akhc: die Namen Bation, BArıc, BArıoc usw. gehören zu den Inseln und nach Kleinasien). Die Weihinschrift IG. III 778 (»aetatis Augusti« DITTENBERGER) Apraion Apraioy IIn..a() Batäcuc BatAkKov Tleıpalievc) gepartevaeic ANEEHKEN ist von HırscHrEeLp wegen des Künstlernamens AHmATPıoc ®inwnoc TTre- reAcıoc ins 2. Jahrhundert v. Chr. gesetzt worden (vgl. nun KırcHner, Prosop. 1226 Nr. 3442, II 445 Nr. 1578a). In dem Weihenden ver- mute ich den Akademiker. ! Der Peiraieus ist der Demos der Händler und Unternehmer (Ü. Schering, Leipz. Stud. 1897, 76 —78), also auch vorzüglich der Ausländer. ® Es ist noch zu erwähnen, daß die Hieropoienliste vielleicht auch einige Schüler des Karneades enthält, vgl. AckaHmıAlalHc TTeipaifeyc II 31 mit AckAH- MAAHC ’ArrameyYc Ek CyPlac Ind. Ac. XXIV 4 und MHTPöAwPoc Tleiraievc Il 23 mit MIHTP[ö]awro[c “Arralmeyc. Auch kann in “Anrinatpoc TTeipaieyc II 5 an Stelle des Stoikers ein Schüler des Karneades angenommen werden: ’An]TimAaTploc] AnezanareYc XXIII ı2. Karneades selbst war ArHnieYc (Kırcnner 1 548, Nr. 8257, Ditt. Syll.® 298). Sitzungsberichte 1904. 36 482 Sitzung der phil.- hist. Classe v. 25. Febr. 1904. — Mittheilung v. 11. Fehr. Das Hieropoienamt haben nach unserer Inschrift auch einige Ausländer bekleidet. Auch an den Panathenaien sehen wir ziemlich um dieselbe Zeit nichtathenische Hieropoien mitwirken: IG. II 954, Ej/nomoc Kfyzik|unöc und „, Arıclromen[(nc) Anıkalenacceyc. In dem vor- aufgehenden Jahrhundert hatte schon Lykon, der ebenfalls ein Aus- länder geblieben ist (Aykan einöco(soc) IG. II 334,..), dasselbe Amt be- kleidet, vgl. Antig. v. Kar. bei Athen. XII 547” (S.85 Wiır.): jeromoıAcal TE Kal TON MoYc@n EITIMEAHTHN TENECBAI" A AH TIÄNTA EWAINETO AOTOY MEN ÄNAÖTPIA KAl #INOCOBIAC EINAI, TPY#ÄC TE Kal TIEPICTÄCEWC oikelötera.‘ Daß die Schüler des Diogenes öffentliche Ämter nieht verschmähten, lehrt auch die Liste des Ind. Stoie., die Kol. zır also beginnt: ev|rarröc Yiöc' ereneto | ac Kal Apeorraritnc oYroc. Über Panaitios insbesondere ist noch Kol. rxvur zu vergleichen, wo ich also lese: AnnA Kal sInoTIMWc ETHPHCEN TA TE iepA Kal TA rY- MNACIA KAl THN CYNEI- SICMENHN ATIAP|XHN(?) Kal TO THÄC AIANOIAC TTEPI THN BEWPIAN ACXOAON. r s eamlA r|AP AYTOı cıro- METPON EYE|YNH KAl ER 9% n enlexei- Aber vielleicht ist der Kreis der auf unserem Steine vereinigten Stoiker noch größer gewesen. Schon jetzt ist die Inschrift eine gute Er- klärung zu Athen. V 186°: rIonn@n rOPN eicı GINOCÖSWN EN ÄCTEI CYNOAOI, TÜN MEN AIOTENICTÖN, TON AC ÄNTITTATPICTÖN AETOMENWN, TON A& TTANAITIACTÜN. Nun finden wir noch manche Namen, bei denen wir erwägen dürfen, ob sie nicht auch in die Stoa gehören: zunächst zwei Römer, Aevkıoc I 37 und Crrörioc "Pumaioc II 7°, dann zwei Fremde, TnavYkiac BertTanöc 122 und Memnon Carasanöc I 35, endlich ein attischer Bürger mit un- attischem Namen, Menenaoc TTeıpaievc 13. Diese Erwägungen haben zunächst keinen Wert. Aber wenn einst die noch geschlossenen Reste des Index Stoicorum. die die unteren Enden etwa von Kol.xxx bis ! Für die ältere Zeit vgl. Böckn, Staatshaushaltung ?1 274, 11 62*. [|Lykon be- kleidete das Amt in dem privaten slacoc Movcön der Peripatetiker, wo natürlich das Bürgerrecht nicht erfordert war. So kann es auch hier stehn. U. v. W.-M.] 2 Das hat ihm denn schon frühe manche Ehren eingetragen, vgl. Lxvmm 3—6: NE@I Mer TÄP | ÖNTI BAnNOY CTESANON | KAl [TTPOEENIAN EKYP@|[CAN AYIT[OI. 3 Der älteste italische Stoiker ist bis jetzt C. Blossius ‘aus Cumä, ein Schüler des Antipatros (Realenz. III ı, 571), auf den in Philodems Schrift TTeri Tn CTwIkön Pap. 155, Pezzo ı2, Kol. 2 angespielt wird: eic] KammanoyYc HmAc Kai | TYPPHNIAN THN tranalı]ÄN | CAapaöna Kai TTepcac m[eToiKiz[eijn Kal TO TIePAc elijrein | TAN TAYPIKÄN. W. Crönerr: Eine attische Stoikerinschrift. 483 zum Schlusse enthalten', aufgerollt werden können, dann ist es nicht unmöglich, daß sich auf unserer Inschrift ein neuer Stoiker werde er- kennen lassen. ! In dem kleinen, kaum 205" wiegenden Papyrusstücke sind also noch Er- gänzungen zu den Schülerlisten des Chrysippos (xLv—xtvin), des Zenon (xLVi—XLIx), des Diogenes (x—rır), des Antipatros (rıı—rıv) und des Panaitios (LXxIm—LxxIx) verborgen. Ausgegeben am 3. März. 485 SITZUNGSBERICHTE ae Xu. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 25. Februar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. *]. Hr. Schwarz las über diejenigen Minimalflächen von alge- braischem Typus, welche längs keiner auf ihnen liegenden Linie singuläre Flächenelemente besitzen (Minimalflächen von algebraischem Typus ohne Rückkehrkante); ferner über eine algebraische Iden- tität, welche mit der conformen Abbildung der Fläche einer Halb- ebene auf die Fläche eines Kreisbogendreiecks zusammenhängt, dessen “2 TOT 57, Winkel Te Die Identität ist folgende: 42 —1)[3°. 2° — 2-3%.2° — 7.3°.5.2— 22] +2[3%.0—2°]° — [2.312.205 — 3.11.01 424.3%.71.2° — 27.35. 197.2 —201.39.23.0- 207. sind. 2. Hr. Scuortky machte eine weitere Mittheilung über die Aser- schen Funetionen von drei Veränderlichen. Die Bestimmung der Nullpunkte von « in Rırmann’s partieulärer Lösung wird auf eine kubische Gleichung zurückgeführt. 3. Hr. Krem legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. H. Baun- HAUER in Freiburg (Schweiz) vor: Über die Aufeinanderfolge und gegenseitigen Beziehungen der Krystallformen in flächen- reichen Zonen. (Ersch. später.) Es wird dargethan, dass die Flächenanlage nicht willkürlich erfolgt, sondern in derselben die Regelmässigkeit sich zeigt, dass die Indices abgeleiteter Flächen von denen der Hauptflächen abhängig sind. 4. Hr. Exerer überreichte folgende Druckschriften: Ascuerson und GRAEB, Synopsis der mitteleuropäischen Flora, Lief. 29-30. Leipzig 1904. und: Handbuch der Blüthenbiologie, begründet von P. Kunrn, fortge- setzt von LoEw und Arrer, 3 Thle., Leipzig 1898 — 1904. 486 Über die Aper’schen Funetionen von drei Veränderlichen. Von F. ScHoTTkY. (Fortsetzung der Mittheilung vom 19. November 1903.) I. meiner letzten Mittheilung war für die ungerade Aser’sche Function 00,8 0.05 ein Ausdruck gegeben, aus dem sich die geometrische Bedeutung der Gleichung c = 0 erkennen lässt. c verschwindet für diejenigen der Curve L= 0 angehörigen Punktepaare (x, y, 2). (w’, y', 2’), wofür die alternirende Form @ gleich © wird, mit Ausschluss derer, wofür gleich- zeitig P oder P’ verschwinden. Nun tritt aber der eigenthümliche Umstand ein, dass die Glei- chung Q=0, wenn (x, y',2’) ein beliebiger Punkt der Ebene ist, zwar im Allgemeinen einen nicht zerfallenden Kegelschnitt darstellt; ist aber (x’, y’,2’) ein Punkt der Curve L=o0, so zerfällt Q in zwei Linearfactoren, von denen der eine P’ ist. Denn auf dem Kegelschnitt Q=0 müssen sechs Punkte der Geraden P’= 0 liegen. Es folgt daraus, dass die drei von (x, y', 2’) und den Doppelpunkten verschie- denen Schnittpunkte, die die Curve dritten Grades P=o mit der Curve L=o hat, auf einer zweiten Geraden, R’=o liegen, falls (©, y', 2’) selbst ein Punkt der Curve L= 0 ist. Die drei Nullpunkte von o liegen ebenfalls auf einer Geraden, und zwar sind es die drei übrigen Schnittpunkte der Linien =o,L=o. Diese geometrischen Beziehungen lassen sich leicht direet er- kennen. Die Gleichung L=0 sagt aus, dass die Functionaldeter- minante von X,Y,Z nach x, y, 2 verschwindet. Aus dieser Gleichung lassen sich Z sowie die Differentialquotienten von X und Y nach 2 eliminiren, wenn man die Identität X\@a+Yy+Zz= o berücksichtigt, und ausserdem die Differentialgleiehungen, denen X und Y als homo- gene Functionen genügen. Die Gleichung L=o nimmt dann die Form an: Scnorekv: Über die Aser’schen Functionen von drei Veränderlichen. 487 I Ze = = 277 + a ) dw oy oYy dm Andrerseits ist ar ar — APR) a ap + mg + u.8S.W., wie aus den Definitions-Gleichungen: a Tee C 2 P=xX+yY+:zZ hervorgeht. Liegt nun der Punkt (@’,y’,z’) auf der Curve L=o, so kann man, gemäss der Form, in der diese Gleichung zuletzt dar- gestellt war, in der quadratischen Form @ die Coeffieienten von ay, &2 und yz durch die von x’, y’, 2° ausdrücken. So ergiebt sich direet: QrER Re wo R' die lineare Function bedeutet: w—leX | „BoaY’, Porz a EP u dw J oy 02 Nimmt man auch &,y,2 auf der Curve L=o an, so ist ebenso —Q=PR, ‚0logX a —— ar: USE Na dx daher: AR le Betrachten wir nun die drei von (#’, y', 2’) und den sieben Doppel- punkten verschiedenen Punkte, welche die Curven P=o0, L=o ge- meinsam haben. In diesen kann P’ nicht gleich © sein. Denn die beiden Curven der Punkte (w,y,2) und (X, Y,Z) entsprechen sich gegenseitig eindeutig; aus den Gleichungen P=o, P'=o, in Ver- bindung mit den Identitäten XAa+Yy+Zz=o, Xa+Yy+Zzr= o würde aber folgen, dass die drei Determinanten YZ—ZY,, ZX—XZ, XY—YX gleich © wären. — Aus der Gleichung PR=—P'R folgt daher, dass die drei Punkte auf der Geraden R’= 0 liegen. Die Nullpunkte von o sind die drei übrigen Schnittpunkte dieser Ge- raden mit L=o0. 488 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 25. Februar 1904. In meiner Arbeit: Abriss einer Theorie der Ager’schen Functionen von drei Variabeln, Leipzig, Teubner, 1880, waren die Nullpunkte von c in andrer Weise definirt. Legt man durch (x’, y’, 2’) und einen der Doppelpunkte, x, eine Gerade, so schneidet diese die Curve L=o0in drei weiteren Punkten. Legt man durch diese drei weiteren Punkte und die sechs von x verschiedenen Doppelpunkte eine Curve dritten Grades, 2, = 0, so enthält diese die Nullpunkte von o. Die Func- tion 2, ist in der angeführten Schrift, S. 79, explieite dargestellt; so- mit kann man die Nullpunkte von © jetzt auch definiren als Durch- schnittspunkte einer gegebenen Curve dritter Ordnung mit einer ge- gebenen Geraden. Ausgegeben am 3. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Pr | SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XI. 3. März 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. IR 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch historischen Classe ungerade Nummern. $ 2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nieht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden Beaptz deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern , welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Olasse, $8. & 5. AOReRrR werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. $ 11. 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung der Name des Verfassers stelıen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über ne Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Airdenie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung SHahen zu lassen, sofeın er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. s28. 1. Jede zur Autrahhe in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der. Akademie nicht angehören; hat er einem zunächst, geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. s [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf” es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie ‚oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur ri werden.] $ 29. x 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. f 3 Die Akademie versendet ihre -Sitzungsberichte= an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr oh wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, N » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung 2 5 Registers. 489 SITZUNGSBERICHTE 1904. XI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WIS SENSCHAFTEN. n 3. März. Gesammtsitzung: 74 Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. *]. Hr. Koser las über die Neuordnung des Bey ischen Archivwesens durch den Staatskanzler Fürsten von Har- DENBERG. Die noch heute bestehende Gesammtorganisation der preussischen Staatsarchive geht in ihren Grundzügen auf HArDENBERG zurück, der an den Fragen des Archiv- wesens nicht bloss einen bestimmenden, sondern einen bis in die kleinen Einzelheiten gehenden persönlichen Antheil genommen hat. Von Harpexzerg’s Entwürfen ist auch auf diesem Gebiete nach seinem T'ode vieles zurückgelegt worden; vor allem unter- blieb, nachdem die Minister des Königlichen Hauses und des Auswärtigen, Fürst Wrrrr- GENSTEIN und Graf BErNsTorFF, die oberste Leitung der Archivverwaltung übernommen hatten, die von HARDENBERG zugesagte weitherzige Erschliessung der Staatsarchive für die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und die nach dem Muster der Ecole des chartes geplante Errichtung einer Archivschule. Hr. vav’r Horr legte eine Mittheilung der HH. Prof. F. Rıcnarz und Dr. Run. Scnuenck in Marburg vor: Weitere Versuche über die dureh Ozon und durch Radium hervorgerufenen Licht- erscheinungen. Die Mittheilung bildet eine Ergänzung der früheren über dasselbe Thema, worin die Analogie des Verhaltens von Ozon und Radium betont wurde. Es stellt sich nun- mehr heraus, dass das Leuchten der Sidot'schen Blende unter Einfluss von Ozon von einer Oxydation herrührt, während dasselbe unter Einfluss von Radium sich auch in Abwesenheit von Sauerstoff zeigt und also anderer Natur ist. 3. Die Akademie hat Hrn. Prof. Dr. ALgert Leitzumann in Jena und Hrn. Dr. Cart Scuünppekopr in Weimar zur Vollendung ihrer Aus- gabe der Briefe von GEORG ÜHRISTOPH LICHTENBERG 500 Mark bewilligt. Sitzungsberichte 1904. 37 490 Gesammtsitzung vom 3. März 1904. Weitere Versuche über die durch Ozon und durch Radium hervorgerufenen Lichterscheinungen. Von F. Rıcuarz und RupoLr SCHENK in Marburg. (Vorgelegt von Hrn. van’r Horr.) In einer früheren Mittheilung' haben wir u. a. die Beobachtung an- gegeben, dass Sidotblende (Zinksulfid) in einem Ozonstrome leuchtet. In Bezug auf die Beobachtung dieses Leuchtens selbst tragen wir noch nach, dass der Sauerstoffistrom vor dem Özonisiren durch Vor- lagen getrocknet wurde; wir erwähnen diess, weil erhöhte Luftfeuch- tigkeit das schwache Restleuchten der Sidotblende vermehrt; dieser Einfluss war bei unseren Versuchen ausgeschlossen. Ferner handelte es sich bei einigen Versuchen nicht um Verstärkung von Restleuchten, sondern die Sidotblende war nach längerm Abschluss jeglicher Strah- lenart vor der Berührung mit Ozon fast völlig dunkel und leuchtete dann erst in Berührung mit Ozon. Wir haben nun weiterhin untersucht, ob eine Beziehung besteht zwischen dem Leuchten der Sidotblende einerseits durch Ozon und andererseits durch Radiumbestrahlung in Sauerstoff bez. in Luft, wie wir damals schon vermutheten (a. a. OÖ. S. 1105). An kräftigen Präparaten von Radiumbromid beobachtete bereits F. Giesen” die Ozonisirung der umgebenden Luft, die durch den Geruch wahrnehmbar ist. Auch an den kleinen Mengen von Radiumbromid, welche uns zur Verfügung standen (3”®), liess sich die Ozonbildung nachweisen. Das Radiumpräparat wurde mit einem Stück Jodkalium- stärkepapiers in ein Rohr mit Sauerstofffüllung eingeschlossen; nach einiger Zeit zeigte sich kräftige Bläuung durch ausgeschiedenes Jod. Da Ozon die Sidotblende zum Leuchten bringt, so muss ein Theil der Luminescenz, welche sie in Gegenwart von Luft unter dem Ein- ! Diese Sitzungsber. 10. Dec. 1903, S. 1102. 2 F. GisseL, Ber. d. D. Chem. Ges. 35, 3610; 1902. F. Rıcnarz und R. Scuencx: Weitere Versuche über Ozon. 491 tluss von Radium zeigt, durch Ozon direet oder indireet (durch Sauer- stoff-Ionen) verursacht sein. In der That ist, wie wir erkannt haben. die Fluorescenz der Sidotblende in Gegenwart von Radium in einer Kohlensäure- Atmosphäre etwas schwächer als in Luft. Wir haben die Versuche sehr häufig wiederholt und eine Versuchsanordnung ge- funden, welche eine Täuschung durch subjeetive Einflüsse, die bei der Schätzung von Helligkeitsdifferenzen leicht vorkommen können, un- möglich macht. Ein kurzes weites Glasrohrstück wurde auf der einen Seite mit einem einfach durchbohrten Gummistopfen verschlossen, durch dessen Bohrung ein zur Spitze ausgezogenes Glasrohr gieng: es konnte von seinem andern zu einem engern Rohr ausgezogenen Ende her durch einen Dreiweghahn beliebig mit einer Atmosphäre von getrock- neter Luft oder trockener Kohlensäure gefüllt werden. In den wei- tern Vorstoss wurde ein Stück mit Sidotblende präparirtes Papier eingeklemmt. Am einen Ende, der Eintrittsstelle der Gase, wurde die Büchse mit Radiumbromid, die Glimmerseite nach unten, aufge- legt. In einer Entfernung von 2°" wurde durch eine Spur Radium ein leuchtendes Pünktchen auf dem Papier markirt. In trockener Luft zeigte sich Folgendes. Die nächste Umgebung des Radiums leuchtete sehr hell. Der leuchtende Fleck hatte die Form eines Halbmondes und war umgeben von einem schwach leuchtenden Bezirk. dessen äussere Grenze über den leuchtenden Punkt hinausgieng. Ersetzten wir die Luft durch Kohlensäure, so war an dem hellen Fleck eine wesent- liche Änderung nicht wahrzunehmen, wohl aber an dem schwächer leuchtenden Hofe, dessen Ausdehnung sehr viel kleiner wurde. Seine Äusserste Grenze war in einer Kohlensäure- Atmosphäre um mindestens 1°" nach dem Präparat zu verschoben. Die Intensität des Leuchtens der Sidotblende unter dem Einfluss von Radium ist also in Kohlen- säure schwächer als in Luft. Die Versuche sind oft wiederholt und die Beobachtungen von mehreren gänzlich unbeeintlussten Beobachtern bestätigt worden. Es liegt nahe anzunehmen, dass die Verstärkung des Leuchtens der Sidotblende durch Radium in Luft gegenüber demjenigen in Koh- lensäure hervorgerufen wird durch Ozon (bez. Sauerstoff-Ionen); das sehwache Leuchten der in Luft hinzutretenden Höfe möchten wir auch seiner Erscheinungsweise nach als ein »wolkiges« bezeichnen, ebenso wie das Leuchten in einem Ozonstrom. Der weitaus grössere Theil des Leuchtens der Sidotblende durch Radium hängt dagegen mit der ÖOzonbildung nicht zusammen, sondern ist durch freie Elektronen, Röntgenstrahlen (welche Sidotblende lebhaft tluoreseiren machen), kurz durch die ganze übrige Gesammtstrahlung des Radiums hervorgerufen. Baryum-Platin-Cyanür, welches nicht in Ozon leuchtet, zeigt auch 492 Gesammtsitzung vom 3. März 1904. (lurech Radium leuchtend keinen Unterschied in Luft oder Kohlen- säure. Zweitens haben wir nachgewiesen, dass Zinkblende — unserer Vermuthung gemäss — durch Ozon zu Zinksulfat oxydirt wird. Fein gepulverte und mehrmals ausgekochte Zinkblende wurde in Wasser suspendirt: nach dem Durchleiten eines schwachen Ozonstromes (Dauer ungefähr 10 Minuten) zeigte die abfiltrirte Flüssigkeit auf Zusatz von Chlorbaryumlösung einen deutlichen Gehalt von Sulfat an. Es ist als selbstverständlich zu schliessen, dass durch einen Dauerversuch Sidot- blende in einer Sauerstoffatmosphäre auch vermittelst Radiums oxydirt werden könnte. Das Leuchten der Sidotblende unter dem Einfluss von Ozon ist also als Oxydationsleuchten aufzufassen: die Luminescenz des Zinksul- fids in Gegenwart von Radium jedoch nur zum kleinsten Theile als Oxydationsluminescenz zu betrachten. Da der weitaus kräftigste Theil der dureh Radium verursachten Leuchterscheinung auf andere Ursachen zurückzuführen ist, so erscheint in dieser Hinsicht die Analogie zwi- schen dem Ozon und dem Radium als eine beschränkte. Wir betonen ausdrücklich, dass es uns bisher weder gelungen ist, negative Elek- tronen, noch auch eine den Röntgenstrahlen ähnliche Strahlungsart am Ozon nachzuweisen. Und auch in den gemeinsamen Erscheinungen, wie Erzeugung von Leitfähigkeit, der Wärmeentwickelung beim Zer- fall u. s. w., übertrifft Radium das Ozon an Intensität gewaltig, ent- sprechend der unvergleichbar viel weiter gehenden Spaltung des Ra- diums in Zerfallsproduete, unter denen ja sogar Helium von Ranusay zuerst gefunden und dessen Auftreten ganz kürzlich von den Üvrıes bestätigt worden ist. Immerhin glauben wir, dass die Analogie zwi- schen Radioactivität und dem Verhalten des Özons erstere unserm Verständniss etwas näher rückt. Wir haben nun weiterhin noch andere Fälle von Leuchten dureh Ozon gefunden. Während weisser Phosphor bekanntlich schon in Luft leuchtet, thut rother diess nicht; er leuchtet aber in Ozon; gewöhnlicher rother Phosphor schwach, der aus Lösung in Phosphor- tribromid abgeschiedene' sehr kräftig. Entsprechend der desozonisi- renden Wirkung von Sidotblende und rothem Phosphor konnte auch nachgewiesen werden, dass ein Strom von abgestandenem Ozon, das allein nicht mehr auf den Dampfstrahl wirkte, nach der Berührung mit einer jener Substanzen kräftige Wirkung auf ihn erhielt. Bei die- ser Gelegenheit sei dieselbe Beobachtung für einen über Platin strei- chenden Ozonstrom erwähnt, wodurch die Vermuthung, dass die mit ! RupoLr Scuenck, Ber. d. D. Chem. Ges. 36, 979; 1903. F. Rıc#arz und R. Scuexnck: Weitere Versuche über Ozon. 493 Platinelektroden beobachtete Leitfähigkeit des Ozons mit der kataly- tischen Wirkung jener zusammenhängt (vergl. unsere frühere Mitthei- lung 1903 S. 1103), an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Es leuchten ferner in Ozon sehr schwach: glasige arsenige Säure (in Stücken), kräftig: ein Tropfen Terpentinöl.‘ Bei diesen Versuchen wurde zufällig gefunden, dass der Finger leuchtet, wenn er in den in die Luft austretenden Strom stark ozonisirten Sauerstoffs hinein- gehalten wurde: ebenso Wolle, Papier, Leinwand, Watte, und zwar für ein gut ausgeruhtes Auge recht stark und kurze Zeit nach- leuchtend, vermuthlich durch das Haften des Ozons an jenen Kör- pern, die noch nach einem halben bis ganzen Tage nach Ozon riechen. An einem Wattebausch, der in eine Flasche mit ozonisirtem Sauer- stoff hineingebracht wurde, konnten wir kein Leuchten wahrnehmen; es wurde aber wieder schwach sichtbar beim Zublasen von Luft. Ob die durch Ozon sich oxydirenden Substanzen selbst oder die beim Zersprengen des Ozons :ilurch sie freiwerdenden O-Ionen leuch- ten, soll speetralanalytisch zu entscheiden versucht werden. Vielleicht leuchtet in einigen Fällen das eine, in anderen das andere. Für Ionen scheint uns das von Hrn. E. WArsure” gefundene Leuchten elektri- schen Windes zu sprechen, und andrerseits beim Selbstleuchten des Radiums der von Sir Wırzıam Husemws und Lady Husems” spectral- analytisch gelieferte Nachweis, dass es vom Stickstoff der umgebenden Luft herrührt. In diesem Falle würde das schwächer auftretende Sauerstoffspeetrum neben dem kräftigern des Stickstoffs, wie in an- deren Fällen, nicht zur Geltung kommen. ! Einige andere organische Substanzen, die in Ozon leuchten, hat Orro ange- geben: Compt. r. 123, 1005; Ann. chim. phys. [7] 13, 47. ® E. Warsurs, Verhandl. der Deutsch. Physik. Ges. 4, 294 — 295; 1902. ® Proc. Roy. Soc. London 72, 196. 409; 1903. Ausgegeben am 10. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 38 SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN x i Y we ey F gr, 5 AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XIV. XV. 10. März 1904. Re; BERLIN 1904. a 15 2. ‚VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Re a N r - ' IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. $8. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. $1l. 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich jr der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- _ berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und A auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder 2 Peipei ET EN Ze 4 fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem nee Ri 3 x » 3 erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger _ Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- < plare auf ihre Kosten abziehen lassen. >} 8.28. = 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. = Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihre Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- vs spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei je | Br 4 ” einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. eb 1 [Aus Stat. 841, 2. — Für die Aufnahme bedarf ee einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder RN . f einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, ‚gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.} a Inhalt des E geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht. 2 8 29. 1. Der redigirende Secretar ist für den für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers. ERER Abwesende Mitglieder, sowie alle 4 ann en 495 SETZUNGSBERIOMTEIL. 1° XV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 10. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Voczn las: Untersuchungen über das spectrosko- pische Doppelsternsystem ßAurigae. Der Stern ß Aurigae, schon seit 1890 als spectroskopischer Doppelstern bekannt, ist hauptsächlich auf dem Observatorium in Cambridge (America) beobachtet worden. Vor kurzem hat nun Hr. Tıxnorr in Pulkowa Messungen an dort aufgenommenen Speetrogrammen ausgeführt, und ist zu Resultaten gekommen, die den früher über ßAurigae gewonnenen Ansichten widersprechen. Verf. hat daraufhin Beobachtungen auf dem Potsdamer Observatorium anstellen lassen, deren Bearbeitung ihn dazu führte, dass sowohl die aus den Cambridger Beobachtungen von Picrering abgeleitete Um- laufszeit der den Doppelstern bildenden Körper als auch die von Tıxnorr ermittelte falsch ist. Die Umlaufszeit beträgt 3 23" 2" ı6°, und unter Zugrundelegung dieser Periode verschwinden die von Tırnorr gefundenen Anomalien. Die Bahn beider Sterne um den gemeinsamen Schwerpunkt ist nahezu kreisförmig, die Massen beider Körper sind sehr nahe gleich, und ihre Summe übertrifft die Masse der Sonne mindestens um das Vier- bis Fünffache. 2. Hr. van’r Horr machte eine weitere Mittheilung über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten Lösungen bei 33°. Gemeinschaftlich mit Hrn. Grassı und Denıson wurden die bei der natürlichen Salzlagerbildung bei 83° eine Rolle spielenden Lösungen verfolgt. Es handelt sich dabei, ausschliesslich der Kalksalze und Borate, um zehn Salzmineralien. Die Verhält- nisse werden beherrscht durch die Kenntniss von zwanzig constanten Lösungen, wo- von zunächst die Maximaltension bestimmt wurde. 3. Hr. Scnortxy machte eine Mittheilung über redueirte In- tegrale erster Gattung. Es wird ein System von o Integralen aufgestellt, das zur Definition Aser'scher Functionen von « Variabeln dienen kann, obgleich das Geschlecht der einzelnen In- tegrale höher als o ist; und es wird das Aser’sche Theorem für diesen Fall formulirt. 4. Hr. Strasgurger, corr. Mitglied, übersendet eine Abhandlung: Über Reductionstheilung. (Ersch. später.) Bei Galtonia candicans, welche ein besonders günstiges Untersuchungsobjeet dar- stellt, sowie bei Tradescantia virginica konnte an den primären Oocyten bez. Sper- Sitzungsberichte 1904. 39 496 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 10. März 1904. matocyten eine heterotypische Reduetionstheilung beim ersten Theilungsschritte nach- gewiesen werden, der eine homöotypische Theilung folgte. Es werden im Anschluss hieran besprochen insbesondere die Bedeutung der Chromosomen für die Vererbung, ihre Individualität, die Synapsis und die Bastardirungsfragen. 5. Hr. Voser legte eine Abhandlung des Hrn. Prof. J. Hartmann in Potsdam vor: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von Ö Orionis. Der Verfasser hat das von Destanpres in Meudon im Jahre 1900 entdeckte spec- troskopische Doppelsternsystem ö Orionis auf Grund seiner Spectralaufnahmen auf dem Potsdamer Observatorium genauer untersucht. Die von dem Entdecker angegebene Periode ı? 22" hat er unrichtig befunden; er hat eine Periode von 54 17" 34” 48° ab- geleitet und alle Elemente der elliptischen Bahn festgestellt. Bei seinen Untersuchun- gen über das Spectrum des Sterns hat er die Wahrnehmung gemacht, dass eine dem Caleium zugehörige Spectrallinie an der periodischen Verschiebung der anderen Linien des Sternspectrums durch die veränderliche Bewegung des Sterns nicht theilnimmt, was zu der Folgerung Anlass gibt, dass sich eine aus Caleiumdämpfen bestehende Nebelmasse zwischen uns und dem Stern befindet. 6. Die folgenden Druckschriften wurden vorgelegt, als Ergeb- nisse von Untersuchungen, zu denen die Akademie Unterstützungen gewährt hat: Dr. M. Gräfin von Linpen, Morphologische und physio- logisch-chemische Untersuchungen über die Pigmente der Lepido- pteren. I. Die gelben und rothen Farbstoffe der Vanessen. Bonn 1903 (S.-A. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 98); Rıcuarp Hesse, Über den feinern Bau der Stäbchen und Zapfen einiger Wirbelthiere. Jena 1904 (S.-A. Zool. Jahrb., Suppl. VI). 497 Untersuchungen über das specetroskopische Doppel- sternsystem B Aurigae. Von H. C. Voceı. Specktoskopische Doppelsterne lassen sich im allgemeinen nur unter Anwendung starker Zerstreuung mit Hülfe von Spaltspeetrographen durch genaue Messung der Verschiebungen von Linien im Sternspec- trum gegen die Linien im Spectrum ruhender Lichtquellen auffinden. Aus den periodischen Veränderungen der im Visionsradius gelegenen Geschwindigkeitscomponente können dann Untersuchungen über die Bahnen der Sterne angestellt werden, selbst wenn nur eine Componente des Sternpaares sichtbar ist. Für den speciellen, wie es scheint, nicht häufig vorkommenden Fall, dass beide Componenten nahezu gleich hell sind, tritt bei der Bewegung der Körper um einander, wenn dieselbe in einer Ebene erfolgt, die nicht zu nahe senkrecht auf dem Visions- radius steht, eine periodische Verschiebung der über einander gelagerten Spectra beider Körper und damit eine periodische Verdoppelung der- jenigen Spectrallinien ein, welche von Elementen herrühren, die in den leuchtenden Atmosphären beider Himmelskörper vorhanden sind. In diesem Falle lassen sich Untersuchungen über die Umlaufszeit, so- wie Ermittelungen über weitere Elemente der Bahn des Doppelstern- paars allein schon auf Grund der Distanzmessung der verdoppelten Spectrallinien ausführen, und wenn noch auf die Bestimmung der Be- wegung des Systems im Visionsradius verzichtet wird, ist für die speetroskopische Beobachtung eines derartigen Doppelsterns ein Spalt- speetrograph nicht erforderlich; es genügen Spectralaufnahmen mit Objeetivprismen. Einer der Hauptrepräsentanten dieser Classe spectroskopischer Dop- pelsterne ist nun der Stern 2.Grösse 8 Aurigae. Hier sind, nach der In- tensität der Speetrallinien zu schliessen, beide Componenten gleich hell, und die Speetra beider Körper gehören der weniger linienreichen Classela2 an. ß Aurigae wurde als speetroskopischer Doppelstern bei Ge- legenheit der auf dem Observatorium des Harvard College von PıckErınG 39* 498 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. vor etwa 15 Jahren unternommenen speetrographischen Durchmuste- rung im Jahre 1890 erkannt', und durch fortgesetzte, zahlreiche photo- graphische Aufnahmen des Speetrums dieses interessanten Sterns sind weitere Grundlagen für eingehendere Untersuchungen gewonnen worden. Auf dem Potsdamer Observatorium ist je ein Spectrum des Sterns bei den von mir in den Jahren 1888 bis 1891 angestellten Unter- suchungen über die Bewegung der Sterne im Visionsradius” am 14. No- vember 1888 und am 3. Januar 1889 aufgenommen worden. Auf beiden Platten befinden sich an der Stelle, wo die Magnesiumlinie A 4481 liegt, zwei Linien von beinahe derselben Stärke. Die damaligen Aufnalımen erstreckten sich nur über einen kleinen Theil des Speetrums in der Nähe von Hy, und ausser dieser Wasserstofflinie und der er- wähnten Doppellinie waren nur einige äusserst zarte Linien im Spec- trum des Sterns zu erkennen. Das Auftreten einer Doppellinie bot bei der damals noch geringen Kenntniss dieser Gegend in Sternspectren nichts Auffallendes; bei wiederholten Aufnahmen hätte jedoch die Ver- änderlichkeit des Abstandes beider Linien nicht übersehen werden können. Gleich nach dem Bekanntwerden der Entdeckung der binären Natur von 8 Aurigae hat auf meine Veranlassung Prof. Scheiner, der mir bei meinen damaligen Untersuchungen assistirte, noch weitere fünf Aufnahmen des Sternspecetrums gemacht, durch deren Ausmessung ich die in Cambridge gewonnenen Resultate auf das unzweifelhafteste bestätigen konnte. Ich habe meine Messungen und die daraus abge- leiteten Folgerungen im December 1890 zusammengestellt. Sie sind in Nr. 3017 der Astronomischen Nachrichten und später (1892) mit noch einigen Zusätzen im I. Theile des VII. Bandes der Publicationen des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam (S. 139 u. f.) ver- öffentlicht worden. Ich mache hier noch besonders darauf aufmerksam, dass ich da- mals gefunden hatte, dass die relativen Intensitäten der Componenten der Mg-Linie A 4481 einem Wechsel unterworfen sind, indem auf einigen Platten die nach Roth gelegene Componente, auf anderen die nach Violett zu gelegene eine etwas grössere Intensität besass. Fer- ner hatte ich mich bemüht zu ermitteln, ob man die Massen beider Körper als nahezu gleich ansehen könne, mit anderen Worten, ob der Schwerpunkt des Systems nahe in der Mitte zwischen beiden Körpern oder näher dem einen Körper gelegen sei. Diese Beobachtungen waren insofern nicht leicht, als bei den damaligen Spectralaufnahmen nur das Wasserstoffspeetrum zum Vergleich benutzt wurde. Die Versuche ! Henry Drarer Memorial. Fourth annual report, 1890. ® Publicationen des Astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam Bd. VII, I. Theil, 1892. VoseL: Das speetroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae. 499 führten zu dem Ausspruch: »Die Übereinstimmung (der angeführten Messungen) lässt keinen Zweifel übrig, dass die Geschwindigkeit beider Körper in der Bahn zur Zeit der grössten Elongation wenig von einander verschieden ist« (a. a. O. S. 143). Ich füge hier noch einige Sätze aus dieser Publication (S. 143 u. 144) an. » Weitere Beobachtungen über die periodische Verdoppelung der Linien im Spectrum von ßAurigae hier anzureihen, hätte meines Er- achtens keinen Zweck gehabt, da aus dem grossen, in Cambridge ge- sammelten Beobachtungsmaterial die Periode des Umlaufs beider Sterne sich mit grosser Sicherheit hat ermitteln lassen. Pickerine hat im Januarheft (1891) des »Sidereal Messenger« nur eine vorläufige kurze Angabe über die aus den Cambridger Beobachtungen sich ergebende Periode für ß Aurigae gemacht: Umlaufszeit 3°23" 36"7 (3%9838), Linien in dem Spectrum einfach ungefähr 1891 Januar ı mittl. Mittag Green- wich.« »Mit dieser Periode habe ich unter der Annahme, dass die grösste Distanz der Linien 28 geogr. Meilen entspricht, die Potsdamer Beob- achtungen zurückberechnet und die beste Übereinstimmung unter der Annahme für die Epoche (Linien einfach) 1891 Januar 1, 3" m. Zt. Greenwich erhalten« (folgt Tabelle). »Zur weiteren Charakteristik des Doppelsternsystems und zur Vervollständigung der obigen Angaben führe ich noch an, dass 1891 Januar 2, u m.Zt. Greenwich, die brech- barere der getrennten Linien die stärkere gewesen ist.« »Unter der Voraussetzung, dass die Bahn beider Körper kreis- förmig und ihre Neigung gegen die Gesichtslinie gering ist, ergibt sich unter Zugrundelegung einer Periode von rund 4 Tagen und einer Bahngeschwindigkeit von 15 geogr. Meilen die Entfernung beider Körper zu 1650000 geogr. Meilen, die Masse des Systems würde = 4.7 © sein.« Mr. Rausaur hat in dem Märzheft 1891 der Monthly Notices’ bei der Mittheilung einer Methode zur Bahnbestimmung spectrosko- pischer Doppelsterne aus einigen Cambridger Beobachtungen die Pe- riode für 8 Aurigae zu 31968 (3%23”14”) abgeleitet. Er findet weiter, dass die Bahn des Doppelsternsystems eine Ellipse ist mit einer Excentrieität e = 0.156. Die mittlere Entfernung der Körper be- rechnet er zu 7500000 miles (rund ı2 Millionen Kilometer). Das Octoberheft 1898 des Astrophysical Journal vol. VIII (p. 173 u.f.) enthält eine Veröffentlichung von Miss A. Maury über die K-Linien in dem Spectrum von ßAurigae (The K-Lines of ß Aurigae), in welcher mitgetheilt wird, dass 200 Photogramme von ß Aurigae auf dem Har- ı A. Ramsaur, On the Determination of Double Star Orbits from Speetroscopie Observations. Monthly Notices vol. LI, Nr. 5. 500 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. vard-Observatorium in dem Zeitraume von gJahren — 188g bis 1898 — erhalten worden sind. Mit Ausnahme des Winters 1896/97 sind jedes Jahr Beobachtungen angestellt worden und zwar mit Objectivprismen in Verbindung mit dem »Drarrr-Teleskop« von ıı Zoll. Bei 120 Auf- nahmen wurden zwei Prismen, bei den übrigen So drei und vier Pris- men in Anwendung gebracht. Über das System wird mitgetheilt: Periode = 3" 23" 37"; relative Geschwindigkeit — 240”; Entfernung beider Körper unter der Voraus- setzung, dass die Gesichtslinie in der Bahnebene liegt, ungefähr = 8 Millionen engl. Meilen; (lie Masse der einzelnen Componenten = 1.250. Die Periode ist also dieselbe, die oben als die von PıckErine 1891 in dem Sidereal Messenger mitgetheilte angeführt worden ist. Den Kern der Abhandlung bildet eine Untersuchung über die relative In- tensität der Componenten der Linie K. Wie ich schon im December 1890 mitgetheilt habe, sind die Componenten der Magnesiumlinie A4481 einem Wechsel in Bezug auf ihre relative Intensität unterworfen, und Miss Maury hat bei der Durch- sicht der grossen Anzahl in Cambridge gesammelter Aufnahmen, die sich weiter ins Violett erstrecken, dasselbe auch für die Linie K (A 3934), die in dem Speetrum von ß Aurigae noch kräftiger ausgeprägt ist als die Mg-Linie, gefunden. Leider sind die Untersuchungen und Folgerungen daraus verfehlt, wie ich weiter unten zeigen werde. Gelegentliche Beobachtungen von ßAurigae auf dem Pots- damer Observatorium. Seit 1891 sind nur vereinzelte Aufnahmen des Speetrums von ßAu- rigae erhalten worden. So hat Prof. Harrmann im Jahre 1897 einige Aufnahmen der Spectra hellerer Sterne am Schröper'schen Refractor mit dem Spectrographen von 1888 ausgeführt, unter denen sich auch eine Aufnahme von ßAurigae befindet, auf welcher die Mg-Linien getrennt erscheinen. Die nach Violett zu gelegene Componente ist breiter und verwaschener als die andere, wodurch die Messung er- schwert wird, die bei der wohl unter sehr ungünstigen Verhältnissen ausgeführten Aufnahme überhaupt nur von geringer Sicherheit ist. Ich führe die Beobachtung hier an, da sie immerhin zur Bestätigung der Richtigkeit der weiter unten abgeleiteten Periode benutzt werden kann: 1897 November 10.378 M.E.Z. Relative Bewegung der Com- ponenten 205°" in der Secunde. Aus demselben Grunde erwähne ich hier noch einige Aufnahmen, die mit dem Spectrographen D in Verbindung mit dem photographi- schen 33°”-Refractor ausgeführt worden sind. Trotz der geringen Dis- Voger: Das spectroskopische Doppelsternsystem ßAurigae. 501 persion, welche der Spectrograph besitzt, lässt sich doch noch mit einiger Sicherheit erkennen, in welcher Phase die Componenten des Doppelsterns sich befunden haben. Ein günstiger Umstand ist es, dass die Spectra sich weit ins Ultraviolett erstrecken, und dass die Linie K, die im Spectrum von ßAurigae, wie schon erwähnt, scharf erscheint, wegen der grösseren linearen Ausdehnung der (im prismatischen Spec- trum) nach der brechbareren Seite des Spectrums gelegenen Speectral- theile noch mit einiger Sicherheit gemessen werden kann. Die erste Aufnahme rührt von Prof. Wırsıns her; sie wurde bei der von mir gemeinsam mit Prof. Wırsıne ausgeführten speetrographi- schen Untersuchung' hergestellt. 1896 Mai 7.456 M.E.Z., K weit getrennt, A=0175, entsprechend einer relativen Geschwindigkeit von 227”. Die weiteren Aufnahmen mit dem Speetrographen D sind von Dr. EBERHARD und Dr. Lupenporrr ausgeführt worden, die sich einige Zeit mit der Untersuchung der brechbarsten Theile von Sternspectren beschäftigten, zu welcher der sehr lichtstarke Apparat D besonders geeignet war. Sie sind bei diesen Untersuchungen bis zu A 3550 gekommen. Die Theile in der Nähe von Hy sind bei sämmtlichen zu dem Zwecke angestellten Aufnahmen vollkommen überlichtet, und selbst die Spectralgegend bei K ist meist schon etwas zu lange ex- ponirt. Die Aufnahmen sind bei möglichst engem Spalt (o""oı) an- gefertigt worden, und die Componenten der Linie K sind daher sehr scharf und gut messbar. Die Messungen habe ich unter Anwendung verschiedener Vergrösserungen ausgeführt. 1899 Rel. Geschw. Bemerkungen März 5.50 M.E.Z. etwa ıookm K erscheint als breite Linie, vielleicht doppelt. » 11.50 » — K einfach, breit. » 12.43 » — K weit getrennte Doppellinie, Platte überexponirt. » 12.49 > 212 » K weit getrennt, recht sichere Messung. » 14.46 » 217 » Recht sichere Messung. » 15.43 » etwa 100 » K vielleicht doppelt. » 17-44 » _ K ziemlich schmal und scharf. Aus den Messungen geht hervor, dass die Componenten der Linie K am ı2. und 14. März sich sehr nahe im Maximum der Trennung befunden haben. Infolge der geringen Dispersion ist bei kräftigen Linien eine Trennung, die einer relativen Bewegung von 100 entspricht, nicht mehr zu erwarten; es stellen daher die anderen Spectrogramme, auf denen die Linie K einfach erscheint, durchaus nicht ohne weiteres Zeiten der absoluten Deckung der Linien dar. Nachdem es mir durch Ausmessung der zahlreichen Speectralauf- nahmen, die Dr. Eseruarp und Dr. Lupennorrr mit dem Spectro- ! Publicat. des Astrophys. Obs. Bd. XII, Nr.39, S. 39. 502 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 10. März 1904. graphen IV am 33°”-Refractor im Frühjahr 1901 von Z Ursae majoris erhalten hatten, gelungen war, endlich die Verhältnisse dieses gleich- zeitixg mit 9 Aurigae 1890 entdeckten und in Bezug auf die Linien- verdoppelung diesem ähnlichen speetroskopischen Doppelsternsystems klarzulegen', regte sich in mir der Wunsch, mich nochmals eingehender mit dem System ß Aurigae zu beschäftigen, und ich ersuchte daher Prof. Harrmass, für die von mir geplanten Untersuchungen Aufnahmen vom Spectrum dieses Sterns zu machen, und zwar mit dem Spec- trographen I am 80°"-Refraetor. Die mit diesem Apparate (einem Prisma) von Prof. Harrmann von anderen Sternen erhaltenen Speectro- gramme erstrecken sich weit über K hinaus und sind dadurch aus- gezeichnet, dass sie auf der ganzen Strecke von Hß bis HZ eine nahezu gleiche, ausserordentliche Schärfe besitzen. Leider ist es für ßAurigae bei nur vier Aufnahmen an vier auf einander folgenden Tagen, an zwei Tagen sehr nahe zur Zeit des Maximums der Linientrennung, an den zwei anderen zur Zeit des Minimums, geblieben. Ich theile hier meine Messungen und Beobachtungen an den vor- trefflich gelungenen Spectrogrammen mit. 1901 September 23, ı2"20" M.E.Z. K doppelt, beide Linien sind nahezu gleich breit, die weniger brechbare etwas breiter und etwas weniger scharf begrenzt. Der Abstand beider Linien betrug nach zahlreichen Messungen, die unter Anwendung verschiedener Vergrösse- rungen und mit einfachen oder Doppelfäden, sowie auch bei verschie- denen Lagen der Platte unter dem Mikroskop, ausgeführt wurden, oR662 = 0""1655. Alle Wasserstofflinien von Hß bis HZ sind trotz ihrer Breite und Verwaschenheit deutlich getrennt. Das gut ausge- sprochene Intensitätsminimum lässt eine recht sichere Messung zu. Weder die Linie He noch die dabei liegende Ca-Linie sind jedoch zur Messung geeignet, da die Ca-Linie noch in den Schatten der breiten Linie He fällt. Für Hö geben meine Messungen für den Abstand der Linien o®612, für Hy 0"480. Zahlreiche feine Linien im Spectrum erscheinen doppelt. Einer Verschiebung von ı" entspricht bei K, Hö und Hy bez. eine Bewegung von 3341, 3867 und 4644, und damit ergeben sich für die relative Geschwindigkeit beider Körper die Werthe: 221" (5), 237” (2), 223°” (1). Die eingeklammerten Zahlen geben die Gewichte an, mit denen ich in der unten befindlichen Zusammenstellung die Werthe zu einem Mittel vereinigt habe. In Anbetracht der grösseren Schärfe der Linien K, der zahlreicheren Messungen, die an denselben ! Diese Berichte ıgor, XXIV, S. 534 u.f. »Der spectroskopische Doppelstern Mizar.« r » . w) Voger: Das spectroskopische Doppelsternsystem ßAurigae. 503 angestellt worden sind, und ihres grösseren linearen Abstandes haben die Messungen ein so erheblich grösseres Gewicht erhalten. September 24, 13"17" M.E.Z. Die Linie K erscheint einfach, aber sehr breit. Aus der gemessenen Breite und den Messungen der Breite der getrennten Componenten der Linie am vorhergehenden Tage habe ich — allerdings mit nur geringerer Sicherheit — die relative Verschiebung zu o®ı14 ermittelt. (Die vier Aufnahmen von ß Aurigae sind mit derselben Spaltweite und unter günstigen Bedingungen aus- geführt worden, und die Speetra sind paarweise zum Verwechseln ähnlich.) Auf dem Speetrogramm sind zwischen Hß und H{ 55 bis 60 feine Linien zu erkennen, von denen mehrere mit den Linien des Eisenspec- trums übereinstimmen. September 25, 13"24” M.E.Z. K doppelt. Die weniger brech- bare Linie ist etwas schmaler als die andere; der Unterschied ist kaum merklich. Der Abstand der beiden Linien K, aus vielen Messungen abgeleitet, ist—=0"629, der der Linien Hö= 0'557 und der der Linien Hy=0%498, entsprechend: 210“ (5), 215“ (2) und 231“" (1). September 26, ı2"52" M.E.Z. K einfach, scharf begrenzt, die Breite fast vollkommen gleich der auf dem Spectrogramm vom 24. Sep- tember. Das Spectrum ist sehr reich an feinen Linien, die noch deut- licher als auf der Aufnahme vom 24. September hervortreten. Zwischen H{ und K konnte ich 8 Linien erkennen, zwischen K und He 5, zwi- schen He und Hö 14, zwischen Hö und Hy 34 und 16 in der etwas überexponirten Partie des Spectrums Hy bis A4550. Aus der Messung einer doppelt erscheinenden Eisenlinie und aus Breitenmessungen an der Linie K konnte ich die relative Bewegung der Körper zu 46"” ableiten. Die Resultate der Messungen über die relative Geschwindigkeit der Componenten des Doppelsternsystems an den 4 Platten sind demnach: 1901 Sept. 23.514 M.E.Z. 225 kın » 24.553 38: » » 25.558 214 » » 26.536 46: » Da die Sternspectra von einem Vergleichsspectrum (Eisen) einge- schlossen sind, konnte noch aus der Verschiebung der Linie K auch die Radialbewegung des Systems abgeleitet werden, unter der Vor- aussetzung, dass die Massen beider Componenten gleich sind. Die einzelnen Platten ergaben für die Geschwindigkeit der Bewegung des Systems relativ zur Sonne folgende Werthe: Sept. 23 = —20.6 km » 24 = —14.0:» » 25=—20.7 » „ 26=—14.I:» 504 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. Da zur Ableitung der Verschiebung für Sept. 23 und Sept. 25, wo die Linie K verdoppelt war, einfach das Mittel aus den Messungen an den einzelnen Linien genommen wurde und die Componenten des Systems sich in zwei um 180° verschiedenen Phasen befanden, lässt sich noch aus der Übereinstimmung beider Messungsreihen folgern, dass der Schwerpunkt des Systems thatsächlich sehr nahe in der Mitte zwi- schen beiden Körpern gelegen sein muss. Meine früheren, oben ange- führten, allerdings auf weniger sicherer Basis ruhenden Messungen wer- den damit bestätigt. Es dürfte auffallen, dass die Werthe paarweise übereinstimmen. Ihre Mittelwerthe weichen um 66 von einander ab (66 entspricht einer linearen Verschiebung von 0””005 auf der Platte). Am 24. Sept. und am 26. Sept. sind die Linien K jedoch nicht mehr getrennt; sie bilden vielmehr eine breite Linie, deren Mitte nicht mit der Mitte zwischen beiden Linien, aus denen sie zusammengesetzt ist, zusammenfällt, wenn die Componenten der Linie an Intensität und Breite verschieden sind (ich gebe deshalb den Beobachtungen von beiden Tagen das Gewicht 2). Bei der sehr nahe 4 Tage betragenden Periode war, da die vor- stehenden Beobachtungen nahe dem Maximum und Minimum der Linien- trennung angestellt worden waren, erst nach längerer Zeit eine wesent- lich andere Phase in der Stellung der Körper zu erwarten. Eine Wie- derholung der Beobachtungen unterblieb aber schliesslich ganz, da sich zeigte, dass mit der Pıcxerme’schen Periode die Harrmann’schen Auf- nahmen, von dem von mir für 1891 Januar 1, 38 M.Z. Greenwich an- gegebenen Nullpunkte aus gerechnet (wie sich später ergab, rein zu- fällig), dargestellt werden konnten. Ich hielt damit die Periode, die ja nach Abschluss der 9-jährigen Beobachtungen von Miss Maurv unverändert wieder angeführt wor- den war, für keiner wesentlichen Verbesserung bedürftig. Mein Er- staunen war daher nicht gering, als in den Astronomischen Nachrichten No. 3916 ein Artikel von Hrn. G. A. TırHnorr erschien', der durch Aus- messung der von Hrn. BeLororsky auf der Pulkowaer Sternwarte in den Jahren 1902 und 1903 angefertigten Speetrogramme von ß Aurigae zu höchst eigenthümlichen Resultaten gelangt war, die den früheren An- nahmen gänzlich widersprachen. Über die Bearbeitung der in Pulkowa ausgeführten Spectro- gramme von 6. A. Tırnorr. Hr. Tıxnorr findet zunächst, dass die Umlaufszeit der beiden Körper 6 Minuten geringer ist, als sie Pıckerıne angegeben hat (er findet P= 3"23”30"4), und vermuthet, dass dieselbe sich im Laufe der 12 Jahre ! Recherches sur les vitesses radiales de l’etoile ß Aurigae. Voser: Das speetroskopische Doppelsternsystem 8 Aurigae. 505 verändert habe. Es würde das nicht unwahrscheinlich sein, da Hr. Tıxorr in 8 Aurigae ein ganz complieirtes System erblieken zu müssen glaubt, welches nicht nur aus zwei, sondern aus vier Körpern bestehe. Die Curve, welche die relativen Geschwindigkeiten innerhalb einer Periode darstellt, hat nach ihm die beistehende Gestalt. Er erklärt sie 240 kır 760 160 240 kın d od 05 14 15 2d 2.5 3d 3.5 4 als entstanden durch Übereinanderlagerung zweier Sinuscurven, von denen die eine die soeben angeführte Periode von nahezu 4 Tagen be- sitzt, während die Periode der anderen genau ein Fünftel (19'ı) davon beträgt. Zur Zeit sei es noch nicht möglich, die Trennung beider Curven vorzunehmen, weil die Gesammt-Curve noch nicht in allen Theilen genau genug bekannt sei. Aus der zeitweisen Verdoppelung der Com- ponenten der einzelnen Linien, die er an einigen Aufnahmen wahr- genommen hat, so dass z.B. am 21. Januar 1904 Hy in vier Compo- nenten zerfällt, von denen die Abstände ı-2 46°", 1-3 224°“, 3-4 43“ und 2-4 221" relative Geschwindigkeit ergeben, kommt Hr. Tıxnorr zu der Ansicht, dass 8 Aurigae aus zwei Gruppen von Körpern zusammen- gesetzt sei, von denen jede aus einem Stern mit starken, und einem zweiten mit schwachen Spectrallinien bestehe. Die Umlaufszeit der Sterne innerhalb einer jeden Gruppe sei Lore während jede Gruppe eine Umdrehung um den Schwerpunkt des Systems in 3"23"5 vollende. Das Verhältniss der Massen der zwei Gruppen sei nahe =ı: der Schwer- punkt des Systems bewege sich mit einer Geschwindigkeit von — 16°“ im Visionsradius. Schliesslich wird noch in der Abhandlung die Angabe gemacht, dass am. 3. Februar 1903 ı0" M.Z. Pulkowa eine Conjunetion stattge- funden habe, und dass am 4. Februar die nach Roth zu gelegene Com- ponente der Magnesiumlinie A4481 die stärkere gewesen sei. — 506 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. Derartige Verdoppelungen der Componenten der einzelnen Linien habe ich schon früher im Speetrum von ( Ursae majoris beobachtet; wie durch dieselben aber ganz symmetrisch gelegene Einbuchtungen in der Geschwindigkeitseurve an den beiden Maximalstellen, entsprechend einer Geschwindigkeitsänderung von etwa 90°”, entstehen sollen, ist mir vollkommen unverständlich. Wenn ich nun auch die Folgerungen des Hrn. Tıxnorr aus den von ihm angestellten Beobachtungen wohl für etwas verfrüht, jeden- falls aber als auf sehr schwacher Basis stehend ansehen musste, hielt ich doch eine sofortige weitere Prüfung der Verhältnisse dieses Doppel- sternsystems für dringend erforderlich, und es wurde sogleich damit begonnen, Speetralaufnahmen von ß Aurigae herzustellen. Neuere Beobachtungen auf dem Observatorium zu Potsdam. Die unglaublich schlechten atmosphärischen Verhältnisse im De- cember v. J. vereitelten die eifrigen Bemühungen von Dr. EBERHARD und Dr. Lupenporrr, in Kürze das erforderliche Beobachtungsmaterial zur Stelle zu schaffen. Die vereinzelten Beobachtungen liessen keine Sicher- heit erlangen, in welcher Phase der Doppelstern sich befand, und nur so viel war zu Anfang des Jahres mit Bestimmtheit zu erkennen, dass die bisher erlangten Beobachtungen sich in keiner Weise mit der Pıcrerise’schen Periode in Einklang bringen liessen. Dieser etwas be- unruhigende Zustand wurde erst behoben, als es gelang, in der ersten und seit Mitte December bis jetzt einzigen durchaus klaren Nacht am 27. Januar 1904 17 auf einander folgende Beobachtungen und am Abend des nächsten Tages noch zwei Beobachtungen auszuführen, dadurch die Zeit der Deckung der Spectra mit einer ausserordentlichen Sicher- heit festzulegen und nunmehr die Beobachtungen mit einer allerdings ganz anderen Periode als der bisher angenommenen darzustellen. Später angestellte Beobachtungen gaben noch weitere Bestätigung, dass die aus den Cambridger Beobachtungen abgeleitete Periode gänzlich falsch gewesen ist. Mit der Periode von 3°960 gelang zunächst ein befriedigen- der Anschluss an den von Hrn. Tırmorr angegebenen und oben mitge- theilten Zeitpunkt der Conjunction, sodann an die vier Harrmann’schen Aufnahmen vom September 1901 und endlich nach einer kleinen Ver- änderung der Periode auch an den von mir für 1891 Januar I gegebenen Zeitpunkt der Deckung der Spectra. Mit der Periode P= 3.0590 — 3.23, 2016: gelang es weiter, nicht nur die sämmtlichen früheren Potsdamer Be- obachtungen darzustellen, sondern auch die Tıxnorr’schen Messungen als ganz vorzüglich zu erkennen, die sich einer schlichten Sinuscurve Vocer: Das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae. 507 anschlossen, und somit alle Anomalien, die Hr. Tıxnorr gefunden hatte, zum Verschwinden zu bringen. — Die Rechnungen sind sämmtlich von Dr. Scuwrypar nach der Formel: t—1 220 sn Dr 360°) ausgeführt worden, in welcher P die eben angeführte Periodendauer bedeutet, 222*” der Maximaltrennung der Linien in Kilometern ent- spricht und für {, 1904 Januar 27.750 M. E.Z. angenommen worden ist. Der Anschluss der Tixuorr’schen Beobachtungen an diese Formel ist so vollkommen, wie er in Anbetracht der Unsicherheit der Mes- sung der nicht ganz leicht aufzufassenden Spectrallinien in derartigen Spectren möglich ist, und das schöne von ihm gelieferte Beobach- tungsmaterial machte es möglich, die Untersuchungen über 8 Aurigae, soweit sie sieh auf die Bahnbestimmung, die Massenbestimmung und die Radialgeschwindigkeit des Systems beziehen, zur Zeit vollkommen ab- zuschliessen. Wünschenswerth würden noch Untersuchungen sein, die jedoch nur unter ganz günstigen Verhältnissen und mit Anwendung sehr starker Zerstreuung ausgeführt werden müssten, durch welche Klarheit über den steten Wechsel im Aussehen der Spectrallinien in den Speetren derartiger speetroskopischer Doppelsterne gebracht wird. Ich werde weiter unten noch specieller auf diesen Punkt eingehen, lasse aber zunächst hier die Resultate der von mir ausgeführten Messungen an den von Dr. EBErmarn und Dr. Lupexvorrr entweder gemeinsam oder in Abwechselung am 33°"-Refraetor mit Speetrograph IV hergestellten Speetrogrammen folgen. Nr Datum Mg Ti Mittel | der |, net B| Bemerkungen M.E.Z Beob. IE u | km | km km km km I 1903 Dee. 22.315 | 217 213 215 To 2r2 — 3 2 24.230 210 | 226 | 218 | 1-2 217 — 1 3 25.304 | 71 RL 0 4 27275 | s:| ss) sel Hı| m | Hi] 5 28.291 200 | 190(4) | TOT eye 207 || #16 , Comp. Me, Ti dopp. 6 29.364 107 | 109 (3) | 108 | #1 106 —_ 2 7 31.208 | 59 | 9 | +ı 62 | +3 8 1904 Jan. 4.211 74 | 62 (4) Te 76 +5\ 9 5.330 el ee | re 189 + 6 | Comp. Hy, Mg, Ti dopp. 10 6.226 96: 15:(2)) 82: | 1 Sl | | 10.274 | 131 a ler ı15s | — 2 | Comp. Mg, Ti dopp. 12 | .472 183 \ 183 Io Ar 168 | —I5 13 17-323 171 183 | 17 | 2 en Comp. Hy, Mg?, Ti dopp. 14 .398 ı 147 145 1461 2 146 | o 15 RN er Tzs lang (2. Er | —ı8 16 19.457 | 134 | 137($) | 135 1 124 | -—ıı 273 | 27.224 169° 171 Nom 2 165 —5 508 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. Datum | ' | | ze | Be- | | Nr. Mg | Ti | Mittel Bir rechnet R-—-B Bemerkungen M.E.Z. b. | km km km | km km 18 1904 Jan. 27.248 153 | 153 3-1 | 159 + 6 | Comp. Mg sehr ungleich, Hy, 19) .275 162 | 162 1 | 52 | ie | Mg dopp. 20 | .298 160 | IEreowaer 144 | —16 | 21 3230| ATS 153 152 I-2 | 139 | —ı3 | 22 345 .| 137 137 I 133 | —4| 23 .368 141 140 141 3-1 126 —I5 24 .390 124 124 | +-ı a 2 Comp. Mg sehr verwaschen. 25 .412 127 130 128 | ı-2 | 114 | 26 .435 L15 115 | 31 | 106 — 9 | Comp. Mg sehr ungleich. 27 | .457 | zn | Ha oo I, un 28 | .482 109 | 9a aliETo28] 04: | 92 | —&) 29 | 5350 WEloıT 68 68 | | | +6 30 .557 60 60 607.7 67 +7 31 .578 43 56 5o I 60 +10 32 .603 67 59 63 I 51 —ı2 33 “633 | 27 | 40 34 I 4 | +7| 34 28.234 158 | | 158 I 154 —_4ı| 35 .335 | 187 | 187 a 175 = | 36 | 30.240 160 156 | 158 I-2 | 161 E23 | 37 | 262 | 165 | 164 165 || een) 38 .282 164 TOA Al 2.43 1 Se 39 Febr. 9.350 199 ROH ET 202 +3\ Anmerkung. In der 3. Columne sind die relativen Geschwindigkeiten angegeben, wie sie aus den BEN Pech ungen an der Magnesium-Linie A 4481 sich Brschan Zur Beurtheilung der Zerstreuung des Apparats sei erwähnt, iss einer Verschiebung um ı® der Messschraube (0.25 mm Steigung) eine Geschwindigkeit von 341.7 km entspricht. In len 4. Columne sind die Resultate aus den Messungen an einer auf mehreren Platten sehr gut ausgeprägten Linie, deren Wellen- länge ich zu 4549.69 Ä.E. bestimmt habe, enthalten. Da Sans KEDSENENEN mit einer Titan- at zu identifieiren ist, hat die Columne die Überschrift »Ti« erhalten. ı® entspricht in dieser Gegend des Speetrums 365.3 km. Die Messungen an der Ti-Linie sind öfter etwas minderwerthiger als die an der Mg-Linie; die einigen Werthen in Klammern beigefügten Zahlen sind Gewichte, die bei der Mittelbildung in Columne 5 berücksichtigt wurden. Der mit einem Stern versehene Mittelwerth bei Beobachtung ır ist dadurch entstanden, dass auf der Platte auch an der Fe- Linie X 4326 eine recht sichere Messung der Entfernung der verdoppelten Linie ausgeführt werden konnte, welche 102 km (2) Geschwindigkeit ergab. Die Columne 6 enthält Angaben über die Güte der Beobachtungen. Mit 2 sind die besten Aufnahmen bezeichnet. Die Abweichungen der Beobachtungen von der Sinuscurve be- tragen im Durchschnitt 7" bis 8"”, die negativen im Sinne R—B über- wiegen (im Mittel —3“”), und da die grösseren Werthe meist auf dem absteigenden Curvenstück gelegen sind, deuten sie an, dass der Abfall einer direct durch die Beobachtungspunkte gelegten Curve etwas schroffer erfolgt als der Aufstieg. Wollte man diese geringen Abweichungen für reell halten, so würde man auf eine geringe Elliptieität der Bahn beider Körper zu schliessen berechtigt sein. Als w.F. der Messungen an einer Platte ergibt sich #6“. Die Tixmorr’schen Messungen schliessen sich noch näher an die Sinuscurve an; ich lasse dieselben hier folgen. Vocer: Das speetroskopische Doppelsternsystem A Aurigae. 509 Nr. | Datum Beob. | Rechn. | R-B M.E. Z. | | | km | km km I 1902 Febr. 14.421 161 146 —15 2 15.388 | 160 172 +12 3 19.406 | 145 | 159 +14 4 | 26.381 173 166 —7 5 26.410 180 173 — 7 6| 27.379 | 142 145 +3 7 März 4.401 172 184 +12 8 5.415 102 118 +16 9 11.448 | 34 | 89 5 10 | 12.396 200 | 197 — 3 11 13.396 96 | 99 223 12 24.407 | 228 | 214 nl 13 April 7.399 218 222 +4 14 7-427 218 2222 +4 15 Nov. 15.517 | 191 | 193 +2 16 | 16.442 100 89 —II IE 17.438 198 E52025 27 2-74: 18 | 25.472 176 183 +7 19 26.454 | 131 er | 20 Dee. 9.502 133 142 +9 27 \ 11.445 | 154 E52 62 22 14-417 | 155 162 +7 23 19.443 128 et || ar 24 1903 Jan. 18.371 | 65 | -6 25 19.406 | 216 218, | +12 26 20.383 49 47 _ 2 27 | 21.403 | 217 | 219 | +2 28 | 23.408 | 219 20| +ı 29 24.373 einfach, breit 37 — 30 25.429 | 221 222 | 1 31 31.398 | 218 222, | +4 32 Febr. 3.403 | einfach, breit 80 HE — 33 | 10.375 | 217 221 I +4 34 | März 11.296 102 95 —7 35 21.379 147 \..148 re 36 27.276 140 737 —3 Die Abweichungen der durch Messung erhaltenen Geschwindig- keiten von der durch die Sinuseurve dargestellten betragen im Durch- schnitt 6°”, die negativen und positiven Werthe heben sich nahezu auf (im Mittel +1”). Als w. F. ergibt sich #5""; die Bestimmungen sind also den meinigen an Genauigkeit überlegen, was sich daraus erklärt, dass ich mich auf die Messungen der Mg- und Ti-Linie beschränkt habe, während Hr. Tixsorr mehrere Linien in jedem Spec- trum gemessen hat, und ausserdem etwa die Hälfte der von ihm be- nutzten Spectrogramme mit einem Sternspeetrographen von grösseren Dimensionen ausgeführt worden sind. 510 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. Der von Hrn. Tıxnorr angegebene Zeitpunkt der Deckung der Spectra oder der Conjunetion der Componenten des Doppelsterns: 1903 Februar 3, $”59" M.E.Z. berechnet sich nach der oben aufgestellten Formel zu: Februar 3, 9" 6” M.E.Z. Ich kehre nun zu den Potsdamer Beobachtungen aus früheren Jahren zurück. Für die Beobachtungszeiten 1901 Sept. 23.514, Sept. 24.553, Sept. 25.558 und Sept. 26.536 ergibt die Rechnung nach der oben aufgestellten Formel die relativen Radialgeschwindigkeiten zu 220”, 49, 215°" und 50°, und durch Vergleichung derselben mit den im vorstehenden mitgetheilten Messungen erhält man als Ab- weichungen im Sinne R—B: —5“, +11”, +1® und +4. Rechnet man ebenso die Werthe für die Zeiten, zu denen die m mit dem schwach zerstreuenden Speetrographen D erhaltenen Spectro- gramme im Jahre 1899 hergestellt worden sind, so ergibt sich die Ge- schwindigkeit für März 5.5 119“, März ı1.5 101, März 12.43 187, März 12.49 198“, März 14.46 196“, März 15.43 11“ und März 17.44 101“”. Eine Vergleichung mit den Beobachtungen zeigt, dass dieselben nicht in Widerspruch mit der Rechnung stehen. Dasselbe gilt auch für die vereinzelte Beobachtung, die mit demselben Apparate 1896 Mai 7.456 angestellt wurde. Nach der Rechnung soll die Trennung der Linien einer relativen Bewegung von 216°” entsprechen. Endlich schlossen sich auch die ersten Beobachtungen, die hier zur Ermittelung der Radialgeschwindigkeiten von Sternen mit dem 1888 von mir construirten Speetrographen ausgeführt worden sind, so gut an die Rechnung nach der Formel an, als es zu erwarten stand, wenn man beachtet, dass diese Aufnahmen im allgemeinen an sich weniger scharf sind, und dass ferner die Mg-Linie A4481 ausserhalb des Be- reiches völlig scharfer Abbildung durch das Camera-Objectiv gelegen ist. Ich habe die Platten nochmals nachgemessen, konnte aber keine wesentlich andere Auffassung gewinnen. Bei der Aufnahme vom 6. Dec. 1890 gelang es mir bei günstiger Beleuchtung, die einzelnen Compo- nenten der breit erscheinenden Mg-Linie zu erkennen und ihren Ab- stand zu messen. Ich lasse die Beobachtungen, denen ich auch noch die vereinzelte, mit demselben Apparate ausgeführte Beobachtung aus dem Jahre 1897 zufüge, hier folgen: Voser: Das speetroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae. 511 | Messungen Datum | Berechnet R—B | frühere | neue Mittel km km km km km 1888 Nov. 14.424 188 181 185 146 —39 1889 Jan. 3.276 194 204 199 213 +14 1890 Nov. 22.401 30: 35 33 32 — 1 25.410 212 218 215 221 +6 26.428 (einfach) 0: 0: 8 +8: Dec. 14.338 (einfach) 37 37 24 —13 21.281 | 205 207 206 220 +14 1897 Nov. 10.378 | — 205 205 190 —15 Anmerkung. Der Anschluss der Beobachtungen an die Curve kann durch eine Ver- grösserung der Periode um drei Einheiten der fünften Deeimale oder um 3° noch etwas ver- bessert werden. Es ergeben sich alsdann für die einzelnen Beobachtungen folgende Abweichungen im Sinne R-B: —30 km, +17 km, —ı3 km, +7 km, +4 km, —ı km, +12 km und —ı2 km. Durch weitere Vergrösserung der Periode werden die Beobachtungen wieder weniger gut dargestellt. Die Zeit, zu welcher die Spectrallinien 1891 Jan. ı einfach er- schienen, berechnet sich nach der neuen Formel auf 2"ıı"M.E.Z., während ich aus den sieben ersten Beobachtungen früher abgeleitet hatte 1891 Jan. ı 3" M.Z. Greenwich oder 4" M.E.Z. Ich glaube nach allen diesen Proben die Richtigkeit der ange- gebenen Formel für erwiesen ansehen zu können und halte die Periode für sicher bis auf wenige Einheiten der fünften Decimale oder #5‘, da die Beobachtungen etwa 1400 Perioden umfassen. Aus der beigegebenen graphischen Darstellung (Fig. 2) geht weiter hervor, dass sich die 85 Beobachtungen über alle Theile der Curve er- strecken, und dass die Abweichungen von der Sinuscurve und damit von einer Kreisbahn nur sehr gering sind. Die Excentrieität der Bahn, wenn überhaupt eine solche sich durch spätere Beobachtungen noch mit Sicherheit herausstellen sollte, wird wohl kaum den Werth 0.05 überschreiten, so dass der früher von Rausaur ermittelte Werth 0.156 nicht bestätigt wird. Unter der Annahme einer kreisförmigen Bahn, einer relativen Ge- schwindigkeit beider Körper von 222“" und der oben abgeleiteten Periode 3°9599, resultirt für die Masse des Systems 4.5 © sind ’ m+ m, = und für die Entfernung beider Körper ergibt sich a sini= ı2 Mil- lionen Kilometer." (Die abweichende Angabe für die Masse jeder der Da eine Veränderung der Helliekeit bei ß Aurigae bisher nicht beobachtet g gs 8 worden ist, eine theilweise Deckung der Körper also nicht stattfindet, kann der Maximal- werth für den Winkel ’, welchen die Gesichtslinie mit der Senkrechten auf die Bahn- ebene einschliesst, berechnet werden, wenn man noch Annahmen über die Durchmesser Sitzungsberichte 1904. 40 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. 512 Der specetroskopisehe Doppelstern ® Aurigae. Voser: Das speetroskopische Doppelsternsystem 8 Aurigae. 513 Componenten, die Miss Maury in der Eingangs erwähnten Abhandlung macht: 1.25 ©, beruht wohl auf einem Schreib- oder Druckfehler.) Wie oben gezeigt, und wie weiter durch die nachstehenden Be- obachtungen über die Radialgeschwindigkeit des Systems bestätigt wird, sind die Massen der beiden Componenten des Doppelsternsystems nicht viel von einander verschieden. Radialgeschwindigkeit des Systems. Durch Anschluss der Messungen der Mg-Linien an das Vergleichs- spectrum (Fe) habe ich noch aus den Potsdamer Beobachtungen von 1903 und 1904 die Bewegung des Systems in der Gesichtslinie aus 35 Platten abgeleitet und im Mittel aus allen Beobachtungen für die Geschwindigkeit des Systems gefunden: onen Dieser Werth ist in guter Übereinstimmung mit einem von Hrn. DesLanoees 1892 gefundenen Werthe —ı9“”, mit dem aus den 4 Pots- damer Aufnahmen aus dem Jahre 1901 sich ergebenden, der im Mittel —ı8"” beträgt, und mit der Tixnorr’schen Bestimmung — 16". Bei der Ableitung der Bewegung des Systems ist die Verschiebung der Mitte der getrennt erscheinenden Mg-Linien durch Anschluss an Fe-Linien ermittelt worden, und es hätten sich Schwankungen in den so erhal- tenen Werthen für die Grösse der Verschiebung in Folge der Bewegung des Systems zeigen müssen, wenn der Schwerpunkt nicht sehr nahe mit der Mitte zwischen beiden Körpern zusammenfiele. Die Schwan- kungen zwischen den einzelnen Werthen sind aber nicht grösser, als sie bei den immerhin schwer aufzufassenden M&-Linien zu erwarten waren. Die Beobachtungen in der einen Hälfte der Bahn, von Deckung zu Deckung der Linien gelegen, geben im Mittel für die Geschwin- digkeit des Systems —ı9“"4, die Beobachtungen aus der anderen Hälfte der Bahn —22""7. Eine weitere Bestätigung dafür, dass beide Componenten des Sy- stems sehr nahe gleiche Masse haben, konnte durch die direete Be- rechnung der Geschwindigkeit der einzelnen Körper relativ zur Sonne der Körper des Doppelsterns macht. Bei der frühen Entwicklungsstufe, auf der sich die Himmelskörper von der Spectralelasse Ia2 befinden, kann wohl vorausgesetzt werden, dass ihre Dichtigkeit geringer ist als die der Sonne. Nimmt man für die Durchmesser der Componenten von ß Aurigae den doppelten Sonnendurehmesser, so wird = 77°, und es ist dann a = 12400000Km, m + mı = 4.9©. Für © = 60° wachsen diese Werthe erheblich, für @ resultirt rund 14 Millionen Kilometer, für die Massen ergibt sich 6.9 ©. 40* 514 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. aus den Verschiebungen der Mg-Linien gegen die Linien des Vergleichs- speetrums abgeleitet werden. Die Rechnung und graphische Darstellung hat Dr. Scnwrypar ausgeführt. Mit der Annahme einer Maximalgeschwin- digkeit von 111" stellt ein und dieselbe Sinuseurve die für jeden der Körper gefundenen Geschwindigkeiten sehr gut dar. Über die zeitweisen Veränderungen im Aussehen der Linien im Spectrum von P Aurigae. Wie ich oben angegeben habe, hatte ich schon bei den ersten Beobachtungen die Wahrnehmung gemacht, dass die eine Componente der Mg-Linie breiter und etwas verwaschener, wohl auch etwas kräf- tiger als die andere erschiene und ein Wechsel insofern stattfände, dass einmal die stärkere, ein andermal die schwächere Componente mehr nach Roth zu gelegen war. Diese Beobachtung liess den Ge- danken aufkommen, dass das Speetrum des einen Körpers etwas kräf- tiger sei als das des andern, und dass der Wechsel dann mit der Stellung der Körper in der Bahn zusammenhinge. Die wenigen Beobachtungen konnten keine Sicherheit darüber bringen. Da ich aber andrerseits keinen Grund hatte, an der Rich- tigkeit dieser Annahme zu zweifeln, gab ich als Charakteristik für das Aussehen des Spectrums an: 1891 Jan. 2 ist die brechbarere Compo- nente der Mg-Linien die stärkere (s. oben). Von einem ganz ähnlichen Gesichtspunkte muss auch Hr. 'TıkHorr ausgegangen sein, da er analog der von mir vor 12 Jahren gemachten Angabe sagt: »1903 Febr. 4 ist die stärkste Componente der Mg-Linie die weniger brechbare«. Leider sind seinen Beobachtungen keine Be- merkungen über die relative Intensität der Componenten beigefügt, sonst wäre es mir mit Zugrundelegung der richtigen Periode möglich gewesen zu entscheiden, ob thatsächlich ein Wechsel der Intensitäten nach jeder Conjunction stattfindet oder nicht. Das erstere muss der Fall sein, wenn die Linien in dem Spectrum des einen Körpers un- verändert stärker sind als in dem andern, das letztere, wenn der Wechsel ein rein zufälliger ist. Ich habe keinen regelmässigen Wechsel, der von der Lage der Körper in der Bahn abhängig ist, nachweisen können; im Gegentheil bin ich durch die neuesten Beobachtungen, besonders durch die in der Nacht vom 27. zum 28. Januar dieses Jahres ohne Unterbrechung ausgeführten Aufnahmen, überzeugt worden, dass der Wechsel ganz unregelmässig erfolgt. Auch bei ( Ursae majoris findet ein Wechsel in der relativen In- tensität der Componenten der Mg-Linien statt; es ist mir aber ebenso Vosrn: Das spectroskopische Doppelsternsystem 8 Aurigae. 515 wenig wie bei 3 Aurigae möglich gewesen, einen Zusammenhang mit der Phase, in welcher sich die den Doppelstern bildenden Körper befinden, zu entdecken. Miss Maurv hat nun in der Eingangs erwähnten Abhandlung eine Zusammenstellung in der Art gemacht, dass sie in einem Jahre die Platten gezählt hat, auf denen die nach Roth zu gelegene Compo- nente der Linie K die stärkere war, ferner die Anzahl derjenigen er- mittelt hat, auf welcher das Gegentheil stattfand, und die Anzahl der- jenigen, auf welchen beide Componenten gleich hell erschienen. Sie findet einen Wechsel in der relativen Intensität innerhalb der über 9 Jahre sich erstreekenden Aufnahmen in der Weise, dass eine Umkehr mit jedem Jahre stattfindet. dass also die relativen Intensitäten der Com- ponenten von K sich in jedem Jahre umgekehrt verhalten, wie im vorhergehenden Jahre. — Es ist nun leicht einzusehen. dass eine der- artige Zusammenstellung, wenn sie nicht an der Hand einer die Be- obachtungen darstellenden Curve geschieht, zu keinem brauchbaren Re- sultate führen kann; denn angenommen, es fände thatsächlich ein Wechsel nach jeder Conjunetion statt, so könnte es der Zufall wollen, dass in einem Jahre der grösste Theil der Platten zu einer Zeit auf- genommen wurde, als sich die Sterne in der ersten Hälfte der Balın zwischen zwei Conjunetionen befanden, in dem nächsten Jahre in der zweiten Hälfte. Das einzige Interessante, was man aus der Tabelle entnehmen kann, ist das, dass die Fälle, in denen die Componenten gleich intensiv erschienen, im Durchschnitt nur 17 Procent aller Be- obachtungen ausmachen. Was nun die Grösse der relativen Intensitätsänderungen «der Me- Linie, auf die sich vorwiegend meine Beobachtungen erstreckt haben, anbelangt, so ist dieselbe oft recht bedeutend. Auf einigen Platten ist die eine Componente scharf, sehr deutlich und gut begrenzt, die andere dagegen sehr breit, verwaschen und so schwach, dass eine Messung ihrer Lage nur schwer auszuführen ist. Einmal erscheint die eine Linie doppelt, zuweilen auch beide; sie bestehen dann ent- weder aus einer breiteren und einer ganz schmalen Linie, oder aus zwei gleich breiten Linien, deren Abstand einer relativen Bewegung von 40" bis so" die Ti-Linien im Aussehen ganz überein, häufiger sind sie gänzlich verschieden. Die Wasserstofflinie Hy erscheint auf einigen Platten deutlich vierfach. Es treten zuweilen im Spectrum neue einfache, oft ganz scharfe Linien auf, zu denen sich keine Componenten finden lassen, während die Mg-Linien getrennt sind. Das sind alles Erscheinungen, die ich auch schon im Spectrum von ( Ursae majoris beobachtet habe. Ich setze einen darauf be- entspricht. Manchmal stimmen die Mg-Linien und 516 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. züglichen Passus meiner zweiten Abhandlung über { Ursae majoris! hierher. »Über die Verschiedenheit des Aussehens der Componenten der Mg-Linien auf verschiedenen Aufnahmen habe ich auch schon in dem ersten Berichte über die Beobachtungen von Mizar gesprochen. Die weiteren Beobachtungen haben keine Entscheidung darüber bringen können, dass die Veränderungen mit der Periode in Zusammenhang ständen. « ; »Selten sind die Componenten der Mg-Linie in Bezug auf Inten- sität und Breite gleich, gewöhnlich ist die brechbarere der Compo- nenten die breitere; nach einer Deckung der Speetra hat mit Bestimmt- heit kein Wechsel im Aussehen nachgewiesen werden können. Unter den neueren Beobachtungen sind einige, bei denen beide Componenten wieder doppelt sind. Die Linien der zwei Linienpaare sind dann sehr scharf und schmal. Die Ungleichheiten als zufällige Veränderungen im Korn der photographischen Schicht anzusehen, scheint wohl aus- geschlossen, da die Ungleichheiten im Aussehen der Mg-Linien sich auch zuweilen in demselben Sinne bei einigen Eisenlinien zeigen, frei- lich, wegen der Schwäche derselben, nur mit geringer Sicherheit. Es scheint mir aber die Annahme nicht ausgeschlossen, dass bei den stark variirenden Abständen der beiden Körper bei ihrer Bewegung um einander (16 bis 51 Millionen Kilometer) gegenseitige Störungen in den Atmosphären der Weltkörper entstehen, die zeitweilig Um- kehrungserscheinungen oder Verbreiterungen zur Folge haben.« Wenn es nun bei (Ursae majoris berechtigt erschien, Störungen in den Atmosphären bei der starken Elliptieität der Bahn (e = 0.502) anzunehmen, so liegt hier bei einer fast kreisförmigen Bahn kein Grund zu einer solehen Annahme vor. Die von Tiıxuorr ausgesprochene Ansicht, dass jede der Compo- nenten wieder ein Doppelstern sei, ist ja nicht direet abzuweisen; sie erhält aber durch das ähnliche Verhalten der Linien bei ( Ursae majoris meiner Ansicht nach keine Stütze. Ich möchte daher die Auf- merksamkeit auf folgende Überlegung lenken. Die Spectra der Classe Ia2 zeigen ausser den breiten Wasserstoff- linien, den Linien des Caleiums, Magnesiums, Eisens und Titans nur eine mehr oder minder grosse Anzahl ganz schwacher Linien. Im Spectrum von 8Aurigae erscheint zu der Zeit der vollkommenen oder nahezu vollkommenen Deckung beider Spectra das continuirliche Spectrum ! 1. Abhandlung: Diese Berichte 1901, XXIV, S. 534 u.f. 2. Abhandlung: Wei- tere Untersuchungen über das Spectroskopische Doppelsternsystem Mizar, Archives Neerlandaises, Harlem 1901, S.661 u.f. Voser: Das speetroskopische Doppelsternsystem 8 Aurigae. 517 durchzogen von einer sehr grossen Anzahl feiner Linien, so dass dem eontinuirlichen Spectrum das Aussehen einer feinen, stellenweise nicht aufzulösenden Schraffirung verliehen wird. Bei der Verschiebung zweier solcher über einander gelagerter Spectra gegen einander projieiren sich die Linien des einen Speetrums auf den durchaus nicht gleichmässigen Speetralgrund des andern Speetrums, und es können und müssen da- durch Linien, die man in dem einzelnen Spectrum kaum erkennen konnte, plötzlich stärker hervortreten; andere aber werden, wenn sie gerade mit einer helleren Stelle des superponirten Spectrums zusammen- fallen, stark geschwächt werden'. Ich bin der Ansicht, dass sich mög- licherweise damit auch die zeitweisen Verdoppelungen, der Wechsel der relativen Intensität oder der Schärfe der breiten, getrennt erscheinenden Mg-Linien oder Ti-Linien oder der Linie K erklären lassen. Es kommt ferner noch hinzu, dass die Absorption in den Atmosphären der Körper von der Spectralelasse Ia2, vielleicht mit Ausnahme der Caleiumabsorp- tion, keine sehr kräftige ist, so dass die Linien im allgemeinen bei der Übereinanderlagerung zweier Speetra noch zum Theil aufgehellt werden, wenn die Speetra sich nicht vollkommen decken. Darauf be- ruht es auch, dass das Gelingen speetrographischer Aufnahmen der- artiger Spectra so sehr von der richtigen Expositionszeit abhängt. Ohne Zweifel spielt ferner die Structur der photographischen Schicht hier eine viel grössere Rolle, als bei der Aufnahme nicht über ein- ander liegender Spectra. Zuar Ergründung der besprochenen Erscheinungen sind nur Spectro- gramme, die mit Hülfe eines sehr stark zerstreuenden Spectrographen auf möglichst feinkörnigen Platten hergestellt sind, verwendbar. Es wird erforderlich sein, häufige Aufnahmen in kurzen Zwischenräumen vorzunehmen und die Veränderungen an der Mg-Linie A 4481 mit denen an anderen Linien zu vergleichen. ! Ich wurde zu dieser Ansicht geführt durch die Resultate, die sich bei Anwen- dung einer von Hrn. Berororsky in Pulkowa angegebenen Methode, ganz schwache Linien in Speetreu besser sichtbar zu machen, erzielen lassen. Diese Methode besteht darin, dass man zwei Spectralaufnahmen desselben Objeets so über einander legt, dass sich die Hauptlinien decken. Es treten dann schwache Linien recht deutlich hervor, und wenn man eine Photographie von den über einander liegenden Speetrogrammen anfertigt, kann man die Linien des neuen Speetrogramms durch Überlegen einer der ersten Platten noch weiter verstärken. 518 Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der konstanten Lösungen bei 83°. Von J. H. van’r Horr, U. Grassı und R. B. Denison. BD. obere Temperaturgrenze, welche zum Abschluß der Untersuchung über die Salzlagerbildung gewählt wurde, war die Temperatur von 83°, bei der das Auftreten von Kainit aufhört. Nach einer früheren Mit- teilung! sind dann. neben Steinsalz, folgende Vorkommnisse zu berück- sichtigen: Sylvin KCl, Carnallit MgC1,K.6H,0, Bischofit MgCl,. 6H,O, Kieserit MgSO,.H,O, Loeweit Mg,Na, (SO,),.5H,O, Vanthoffit MgNa, (SO,),;, Thenardit Na,SO,, Glaserit (K,Na),SO, und Langbeinit Mg,K, (SO,),. Das Nebeneinandervorkommen, die Paragenese, dieser Mine- ralien wird nach vorhergehenden orientierenden Versuchen durch das in Fig. ı enthaltene Schema zum Ausdruck gebracht. Die eingehendere Untersuchung der quantitativen Verhältnisse wurde dureh Bestimmung der Tension der in obigem Schema ange- deuteten konstanten Lösungen A bis Z eingeleitet. Diese Messungen sind verhältnismäßig leicht ausführbar, bieten eine Kontrolle der ver- muteten Sachlage und Andeutungen über die Zusammensetzung der Lösungen, während schließlich übersehene Körper sich in dieser Weise am leichtesten anzeigen, wie es bei den entsprechenden Messungen bei 25° der Fall war.” I. Die Umrandung des Sättigungsfeldes und der Krystalli- sationsendpunkt. (Gemeinschaftlich mit Grasst.) Die Tensionen der Lösungen wurden gegen Phosphorpentoxyd ge- messen mit dem Bremer -Froweinschen Tensimeter, Quecksilber als Meß- ! Diese Sitzungsberichte 1903, 678. ®? Ebenda 1900, 1018. van'r Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXIV. 519 flüssigkeit und die Messung zunächst beschränkt auf die Umrandung des Sättigungsfeldes (A bis L der Fig.ı), Chlornatrium und den Kıy- stallisationsendpunkt Z. Die Salzmischung betrug 5° und die Mengen- verhältnisse wurden auf Grund der bei 25° durchgeführten Löslich- keitsbestimmungen abgeschätzt, nur wurde von keinem Salze weniger als 0®5 genommen und von Magnesiumchlorid, falls Sättigung daran verlangt wurde, nicht weniger als 2°. Angefeuchtet wurde dann diese Mischung mit 0°5 einer bei 25° gesättigten Lösung, welche vorher mit den Körpern, an denen Sättigung verlangt wurde, bei 83° gerührt Carnallit Kieserit ———————— [} Q R E = Langbeinit Loeweit Ww P I V Vanthoffit Glaserit KCl H S Na,SO, . , 5 B war. In dieser Weise ging die Einstellung der Tension innerhalb 4 bis 6 Stunden also glatt vor sich, was schon andeutete, daß obiges Schema in Fig. ı den Tatsachen entspricht. Die Luftkorrektur wurde anfangs mit Äther und Kohlensäure durchgeführt, bis sie sich über- tlüssig zeigte, und jede Bestimmung doppelt gemacht. Die Verhält- nisse bei H, I und K wurden besonders sorgfältig verfolgt, weil es sich da um Körper handelt, die bei 25° noch nicht auftreten, und dem- entsprechend die betreffenden Tensimeter während 40 bis 60 Stunden beobachtet. Für die Reduktion der Quecksilberablesung an Glasskalen auf 0° wurde durch 1.015 dividiert und die Temperatur 83° mit Normal- thermometer kontrolliert. 520 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 10. März 1904. Die Resultate waren folgende: Druck in Millimetern Hg bei o° Sättisnng an Chlornatrium und App. I App. II Mittel O. 298.5 298 298.3 A. MgCl,.6H, OÖ 106 106.4 106.2 B. RCI 272.8 273 272-9 C. Na3,SO0, 297.5 296.5 297 D. MgCl,.6H,0, Carnallit 102.2 102.5 102.4 E. KCl, Carnallit 185 186.6 185.8 F. KCl, Glaserit 270.8 271.5 271.2 G. Na,SO,, Glaserit 283 283.5 283.3 H. Na,SO,, Vanthoffit 292.5 290.8 291.7 I. Loeweit, Vanthoffit 284.2 283.6 283.9 RK. Loeweit, Kieserit 265.3 266.3 265.8 L. MgeCl,.6H,0, Kieserit 104.7 104.6 104.7 Z. MgCl,.6H,0, Kieserit, Carnallit 101.8 102 101.9 I. Die übrigen konstanten Lösungen. (Gemeinschaftlich mit Denıson.) Die Messungen wurden in derselben Weise wie oben angegeben ausgeführt, ohne Luftkorrektur, und ergaben auch dasselbe Resultat, wie die wiederholte Bestimmung am Krystallisationsendpunkt Z zeigte. Das Gleichgewicht stellte sich wiederum in einigen Stunden ein, nur bei Anwesenheit von Langbeinit waren einige Tage zu dessen Ein- treten notwendig. Die Resultate waren folgende: Druck in Millimetern Hg bei o° Sättigung an Chlornatrium und App. I App. Il Mittel Z. MgCl,.6H,0, Kieserit, Carnallit 101.7 101.7 101.7 Q. KÜl, Kieserit, Carnallit 183.6 183.6 183.6 t. RCl, Kieserit, Langbeinit 215.2 216.2 215.7 Y. Kieserit, Langbeinit, Loeweit BAT 254-7 255.2 W. Glaserit, Langbeinit, Loeweit 269.5 269.5 269.5 P. KCl, Glaserit, Langbeinit 264.5 265.5 265 V, Glaserit, Loeweit, Vanthoffit 275-5 275.5 275-5 S. Na,SO,, Glaserit, Vanthoffit 279.5 278.5 279 Werden schließlich sämtliche Beobachtungen, auf Millimeter Queck- silber abgerundet, in Fig. 2 eingetragen, so zeigen sich die zu erwar- tenden Beziehungen übersichtlich durch Pfeile, welche die Richtung der Tensionsabnahme anweisen. Die Eekpunkte (A, B, C) der Figur entsprechen Tensionsmaxima (106, 273. 297), deren Wert nur durch denjenigen für Chlornatrium allein (298) übertroffen wird. Zwischen diesen Eekpunkten zeigen sich drei den Anfang der Krystallisations- bahnen anweisende Minima in D, L und F. Von dort aus nimmt die Tension bis zum Krystallisationsendpunkt Z ab, wo sie überhaupt den kleinsten Wert hat. Dazu wird durchwegs der Satz bestätigt, daß eine neue Sättigung die Tension vermindert, was sich darin zeigt, daß die vom Rand nach innen gehenden Linien immer mit nach innen 7 a vanr Horr: ÖOceanische Salzablagerungen. XXXIV. 521 _ weisenden Pfeilen versehen sind. Die Tensionsbestimmungen haben _ also ohne Ausnahme die in Fig.ı enthaltenen Vermutungen über die Sättigungsverhältnisse bei 33° bestätigt. Fig. 2. 106 (A) 101.8 (Z) \ ee 105 102 A 84 I ———E arg A > V 284 276 A A > Ss 292 279 A > | > < B 283 (G) 271(F) 273 Über redueirte Integrale erster Gattung. Von F. ScuortKY. enn ein algebraisches Gebilde definirt ist durch zwei Gleichungen zwischen drei Veränderlichen: Hp,)=0:Kle:p,)=O°, von denen die erste vom Range oder Geschlechte r sein möge, so wird der Rang > dieses Gebildes (2, 9.9) im allgemeinen grösser als r sein: — 0 Die z Integrale erster Gattung, die zu diesem Gebilde gehören, lassen sich dann so wählen, dass sie in zwei Reihen zerfallen: U URS UNO von denen die Reihe der « nur 27, die der v nur 20 primitive Pe- rioden besitzt. Die Reihe der « dient zur Definition einer Classe AsEr- scher Funetionen von r Variabeln, die der Riemann schen Theorie an- gehören. Die Reihe der v aber führt zu Aper'schen Funetionen von c Variabeln, die allgemeinerer Natur sind. Von den Grössen « ist klar, dass sie sich in der Forın darstellen: Ur — IR, dp, wo jedes R, eine rationale Funetion bedeutet. Die Frage ist aber: Wie sind die v, algebraisch zu definiren? In dem Falle, wo die Glei- chung X= 0 in Bezug auf 2 vom zweiten Grade ist, ist diese Frage beantwortet durch meine Arbeit: Über die charakteristischen Gleichun- gen symmetrischer ebenen Flächen (CrerLer, Bd. 106, 1890). Bringt man die Gleichung A = o auf die Form: 2, — S(pRg)e so sind die » diejenigen Integrale erster Gattung, die in der Gestalt > adp < u dargestellt werden. Scnorrky: Über redueirte Integrale erster Gattung. 523 Um die Frage allgemein zu beantworten, stelle ich sie so: Wie sind die » zu definiren, damit für diese Integrale ein Additionstheorem besteht, gleich als wenn sie zu einer Gleichung vom Geschlechte gehörten ? Es sei gegeben eine Gleichung G(x,y) =0o vom Geschlechte z. Wählt man zwei rationale Functionen p,g von @,y, so sind diese wiederum durch eine irreduetible Gleichung H(p,g) = 0 verbunden. Das Geschlecht dieser zweiten Gleichung kann nicht grösser als p sein, da jedes Integral erster Gattung, das zur Gleichung H = o gehört, zugleich ein Integral erster Gattung für das Gebilde (x,y) ist. Im allgemeinen wird das Geschlecht der zweiten Gleichung nur gleich © oder > sein können. Ich nehme aber an, G(x,y) = 0 sei von der spe- ciellen Beschaffenheit, dass bei besonderer Wahl von p,g das Ge- schlecht r der Gleichung H(p,g) =0 zwischen > und oO liegt: rs Te) Ich setze dann p=r-+o. Es ist unmöglich, dass sich &,y rational durch p,g ausdrücken lassen. Die Anzahl der verschiedenen Punkte (x, y), die zu einem Werthepaare p, qg gehören. nenne ich n und bezeichne n solche Punkte als eine Gruppe. Wenn es sich darum handelt, ein vollständiges System von Inte- gralen erster Gattung aufzustellen, die zum Gebilde (x, y) gehören, so können in diese Reihe zunächst die r Integrale erster Gattung auf- genommen werden, die zur Gleichung H(p,g) = 0 gehören: u. = [R.(p. Ddp @=1,2..2) Die © übrigen seien in der Form: 0: = |Ss(8, Y)dp (P=1,2..e) gegeben, wo 8, eine rationale Function von (x, y) bedeutet. Die Inte- grale dieser zweiten Reihe denke ich mir nun durch Hinzufügung von linearen Aggregaten der ersten Reihe so redueirt, dass identisch: NS, y) = 0 v=I ist, wenn die Summation über eine beliebige Punktgruppe erstreckt wird. Eine solche Reduction ist jedenfalls möglich. Denn wenn die Summe >, Y,) nicht 0 ist, so ist sie jedenfalls eine rationale Function F;(p,g) des zur Gruppe gehörigen Werthepaares (p,g), und es ist 524 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. [F(p, dp ein Integral erster Gattung, also linear durch w,, w,..u, ausdrückbar. F Ersetzt man nun $;(x,y) durch I = Sa(®, Help: ) — Sa(®, y), so ist offenbar: n > Sp(a, D Y,) =o. v—ı Hiernach nehme ich jetzt an, dass die Integrale vo; in der an- gegebenen redueirten Form dargestellt sind. Denke ich mir nun zwei Reihen von je r Punkten ("> o): (8,59); (> 9%) O.0rO (8, 47); (4 %;) I00 (my) (der Kürze wegen will ich sie durch SEI BEL E70 bezeichnen), so gewählt, dass die « Gleichungen stattfinden, so lässt sich diese transcendente Forderung durch eine algebraische ersetzen. Die r zugehörigen Integralsummen: sh z s , »Er > du. = 6, (a—urEizez) 2 werden im allgemeinen von © verschiedene Werthe haben. Es ist aber nach dem für die Integrale «, bestehenden Ager'schen Theorem zulässig, zu setzen: wobei ! nn Punkte des Gebildes (p,g) bedeuten, von denen die 7’ ganz willkür- lich angenommen werden können, während »,.7,.., von den Punkten n, E und &’ algebraisch abhängen. Zu jedem Punkte „, oder „, gehört nun eine Punktgruppe &,, Ne 7 . 3 E 1 oder &,W= I,2..n) und zu jedem der Integrationswege von 7, nach ScHorrkY: Über reducirte Integrale erster Gattung. 7. eine Gruppe von n Integrationswegen im Gebilde n Integrale sind alle gleich somit kann man die letzte Gleichung folgendermaassen schreiben: BE, 3 un Er > lau. +3 5 du on A=ZIy KR Te) & r vi Genau dieselbe Gleichung gilt aber auch für die Integrale v.. Denn nach der Voraussetzung ist zunächst: Ferner ist: r & ı1=ıI 5 Denn diese Summe ist: Auf allen Integrationswegen durchläuft p dieselben Werthe. D n Syyk > S(@, y)dp. v=ıI & Sy kann deshalb die Summe als ein Integral auffassen, und dies ist N, [sx«. Y)+ Sol, yo). + Sn: Y))dp = 0. N, Wir sehen also: es besteht die Gleichung: =ıLı RZ=Iv=ı a E U &, Ein 0 Eu dw-+ > > dw = 0 E Man für sämmtliche p = o-+r Integrale erster Gattung, die zur Gleichung G(&,y) = 0 gehören. Daraus folgt, dass eine rationale Function von (©, y) existirt, die unendlich wird in den Punkten = ‚ oin den Punkten 526 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. £,, die ausserdem nur unendlich wird in 7 willkürlich gewählten Punkt- gruppen, und oO in r Punktgruppen, die algebraisch durch die Punkte Z,,& bestimmt sind. Man kann daher die aufgestellte transcendente Forderung ersetzen durch die algebraische: Es muss eine rationale Function von (2, y) existiren, die in den Punkten der einen Reihe verschwindet, in denen der andern unendlich wird, und die ausserdem nur in Punktgruppen 0 und unendlich wird. Wenn z.B. die Gleichung H(p,g) = 0 vom Range ı ist, sodass p und g elliptische Functionen des Integrals « werden, so ist für das Bestehen der o Gleichungen: B do. 0 (255) u ser a nieht nothwendig, dass eine rationale Function R(x,y) existirt, die nur in den Punkten &, und & null und unendlich wird. Aber es ist nothwendig, dass eine Function von der Form existirt, welche diese Eigenschaft hat: wobei a eine Constante be- deutet, deren Werth von den Punkten Z&, und £ abhängen darf. 527 Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von Ö0rionis. Von Prof. Dr. J. HArrmann in Potsdam. Vorgeleet von Hrn. Voceı. Do o E48 der ersten Resultate, welche Hr. DesLanpres mit dem neuen, am photographischen 62°"-Refractor der Sternwarte zu Meudon ange- brachten Spectrographen fand, war die Entdeckung der Osecillation von ö Orionis. Die Bezeichnung »Oseillation« gebrauche ich an Stelle des schwerfälligen Ausdruckes » Veränderlichkeit der Geschwindigkeit in der Gesichtslinie«; jedoch ist der Begriff der Oseillation ein noch etwas weiterer, da er jede Art periodischer Änderungen im Spectrum um- fasst, ohne über deren Erklärung etwas auszusagen. Nach dem Bekanntwerden' der erwähnten Entdeckung, welche Hr. Destanoees am 12. Februar 1900 der Pariser Akademie vorlegte, veranlasste Hr. Geh. Oberregierungsrath Voser die auf dem Gebiete der Sternspectroskopie in Potsdam thätigen Beobachter, eine Nachprüfung der interessanten Erscheinung vorzunehmen, und es wurde durch die mit vier verschiedenen Spectrographen damals in Potsdam ausgeführten Beobachtungen als zweifellos erwiesen, dass ÖöOrionis zur Gruppe der oscillirenden Sterne gehört. Auch Hr. Wrienr erbrachte durch drei Beobachtungen mit dem Mills-Spectrographen der Lick-Sternwarte eine Bestätigung der Entdeckung.” Aus seinen elf Beobachtungen leitete Hr. DesLanpees eine Umlaufs- zeit von 1.92 Tagen ab, und er schloss auf eine sehr grosse Excen- trieität der Bahn. Meine damaligen Beobachtungen, die ich mit dem grossen Speetrographen III (mit drei Prismen) am 80°"-Refraetor aus- geführt hatte, liessen sich jedoch mit dieser Dauer der Periode nicht in Einklang bringen, und da es sich bei den Messungen gezeigt hatte, dass man die Beobachtung des Sterns wegen der ausserordentlichen Verwaschenheit seiner Spectrallinien vortheilhafter mit geringerer Dis- ! H. Destanoees, Variations rapides de la vitesse radiale de l’etoile ö Orion. Comptes Rendus 130, 379. 1900. ® Liek Observatory Bulletin Nr. 4, 1900. Sitzungsberichte 1904. 41 528 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. persion ausführen würde, so nahm ich denselben in das Beobachtungs- programm des Speetrographen I (mit nur einem Prisma) auf. In den Wintermonaten 1901/2 und 1902/3 habe ich dann mit diesem Apparat eine grössere Beobachtungsreihe ausgeführt, über deren Bearbeitung ich im Folgenden berichten werde. Es sei hier schon bemerkt, dass meine Messungen die von Hrn. DestLAannres berechnete Periodendauer nicht bestätigt haben; die wahre Dauer beträgt vielmehr das dreifache der von ihm angegebenen Zahl, auch ist die Excentrieität nur gering. Wie ich mich überzeugt habe, lassen sich allerdings die Beobachtungen von DEsLANDREs zufällig auch durch eine Periode von 1!92 ziemlich gut darstellen, mit alleiniger Aus- nahme seiner ersten und letzten Messung. Diese beiden Beobachtungen lauten 1899 Dee. 84 V=+95km 1900 Jan. 25.3 V=-50 » Addirt man zur ersten Beobachtungszeit das fünfundzwanzigfache der Periode: 25x 192 = 48°o, so erhält man 1900 Jan. 25.4 V=+95 km und dieses steht im Widerspruch mit der letzten Beobachtung. Durch die von mir abgeleitete Umlaufszeit werden dagegen alle Beobachtungen von DESLANDRES gut dargestellt. In Tabelle I gebe ich zunächst das Verzeichniss meiner sämmt- lichen Beobachtungen. In der ersten Spalte dient die römische Ziffer zur Bezeichnung des angewandten Spectrographen. Die zwei Platten IV 43ı und IV 435 wurden mit dem am photographischen 33°”-Re- fractor angebrachten Spectrographen IV von Hrn. Dr. Lupennporrr auf- genommen, der mich auch bei den Aufnahmen mit Speetrograph I am So®”-Refractor unterstützt hat. In der Columne »Julian. Zt.« wurden, wie auch später im Texte, stets die drei ersten Ziffern, die 241 lauten, fortgelassen; diese Zeitangaben sind stets in Greenwicher Zeit ausge- drückt. V ist die beobachtete Geschwindigkeit in der Gesichtslinie relativ zur Sonne und e der mittlere Fehler dieser Zahl, berechnet aus der inneren Übereinstimmung der aus den einzelnen Linien ab- geleiteten Resultate; unter Z ist die Anzahl der zur Berechnung der Geschwindigkeit benutzten Linien angegeben. Die zwei letzten Columnen werden später erklärt. TabellezT. Platten- | Mittl. Zt. Greenw. | Julian. Zt. | V | || R V-R nummer | || TA —_ | | km km | | km | km UI 41 | 1900 Febr.25 6"48 | sor6d28 | +840 +6 | ı Sr es || == (or! 143 März ı 625 | 5080.27 — 2 — 66.4 +21.0 II 49 | TOES 5086.26 | — 494 | 5 | 2 Is: 58.5 + 9.1 Platten- |° Mitt. Zt. Greenw. Julian. Z.| V | e |ı R V-R nummer | | km km | km km IV 431 | 1901 an Se 5390.34 | — 24.5 — I — 44:7 |, +20.2 IV 435 | 982 5394.33 | — 30.9 °— I | 286 | —2 Taas53 1901 Nov. 23. 10: 6 | 5712.42 | + 635 | 29| 6 + 63.3 + 0.2 I 189 1902 Jan. 13 719 | 5763.30 | — N | +14.1 I ıgı 19729035 5763.40 IN er 6.9| 9 | — 7.8 +13.9 I 196 | 14 832 | 5764.36 | + 92.2 8.4 10 | -+103.2 —IT.O I 200 | 14 1035 | 5764.44 | +I1o.5 4-8 8 || +110.0 + 0.5 I 204 | X6.02 8035 01025766:36 + 27.0 3.1 6 + 235 | +35 mars | Febr. 4 ıo ıı 5785.42 |° — 65.0 9.1 6 — 65.1 + 0.1 W227 10 850 5791.37 | — as. 66| 6 | — 580 | +12.9 I 224 | ELSE) | 5792.26 IlZE 17.8 6.1) 6 | + 13.6 + 4.2 I 226 | 12 546 | 5793.24 | +#1249 | 95| 2 +120.5 + 4.4 Tw227| 13 522 | 5794.22 +107.1 | 6.3 | 6 +104.5 + 2.6 Igasına TA, 275026 5795.23 + 3:9 | 65 [76 + 3.0 + 0.9 I 232 | NE A42 | 5796.20 | — 63.0 3.0 6 — 61.1 — 19 T 234 | Om ET 5797.210 23 3.0007 — 52.9 + 0.6 Il 245 März 5 6 20 5814.26 | — 596 | 6.1 8 — 59.8 | + 0.2 1 247 | Gm 25,260 1725, 815:.230 0.-7427-3 3.3 7 | +180 | +86 I 253 | E20 5820.31 | — 43.5 a ai |) 0 I 254 | zw 5 3800 WE5Bar.2au 7454 6.2| 6 | + 50.6 — 5.2 I 256 | 13, 5:35 5822.23 +123.4 | 7.0 72 |\17-2.133:4 5:0 2625| A543 5823.24 | + 68.7 le +68 | — I I 266 | Apuls2r 2073 5842.26 I 79-5 6.6 | 7 — 66.2 —13.3 I 268 | 2) 22 5842.31 | — 60.0 | A — 671 | Fa 1284 | OR T6 5849.30 | — 30.0 47 | 3 ans Ar I 288 | 10646 5850.28 | + 81.2 3:8 7 + 96.4 | —ı5.2 I 475 Dee. ıı 914 6095.38 | — 49.3 4.1 7 — 48.4 | — 09 I 481 T2U 8053 6096.37 | + 47.2 08 | 6 + 43.0 | — 0.8 I 485 | 13 849 6097.37 | +128.7 896 +133.2 | — 45 I 491 N 6098.46 | + 56.1 4.9 6 + 63.5 — 7.4 I 494 1903 Jan. 9 8 7 6124.34 | — 32.7 Ta 265 | — 6.2 I 495 T2We0E23 6127.39 + 38.2 AR 8 + 35.8 + 2. I zoı Kg 8Er2 6128.34 | — 46.4 2a — 45.2 — 1.2 I 505 1410171549. 6929.32 — 69.3 3-5 5 — 66.4 — 2.9 I 509 17, 285327 | ‚6132.36 | +127.1 | © +I1Lo | +16.1 I 523 | Febr. 7 8351 | 6153.37 | 0.0 | ga 00 TMinarz'zı Marz 28 | 6181.23 — 54-9 6.0| 9 — 55.8 | + 0.9 NG | ı2 551 | 6186.24 | — 61.2 731 9 — er) | Se 5 Tsar | 15025659 6189.26 | +135.4 5:22.16 +132.7 | + 2.7 ö Orionis gehört zum Typus der Orionsterne (Ib), deren Speetrum neben den Linien des Wasserstoffs hauptsächlich die des Heliums zeigt. Im vorliegenden Falle sind alle diese Linien äusserst verwaschen und matt, so dass ihre Messung sehr schwierig und unsicher ist. Wegen der geringen Intensität der Linien sind alle Plattenfehler sehr störend, und in Folge ungleichmässiger Kornablagerung erscheinen die Linien häufig krumm und unsymmetrisch, bisweilen sogar verdoppelt. Durch eine besondere Untersuchung habe ich mich davon überzeugt, dass die Andeutungen von Verdoppelungen und unsymmetrischen Verbreiterungen 41* 530 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 10. März 1904. nicht durch Linien veranlasst sein können, welche der zweiten Com- ponente des Systems angehören: jedoch halte ich es nicht für aus- geschlossen, dass die Form der Linien, vielleicht in Folge heftiger Bewegungen in der Gashülle des Sterns, kleinen reellen Änderungen unterworfen ist. Muss man hiernach öOrionis für ein Doppelsternsystem halten, dessen eine Componente, wie man sich auszudrücken pflegt, »dunkel« ist, so möchte ich doch darauf aufmerksam machen, dass man hier unter »Dunkelheit« nur einen relativ geringen Helligkeitsunterschied zu verstehen hat. Schon ein Unterschied von etwa einer Grössenclasse würde ausreichen, um das Speetrum der schwächeren Componente fast zum völligen Verschwinden zu bringen, und bei einem Unterschied von zwei Grössenclassen ist es unmöglich, dass auch nur eine Spur des schwächern Speetrums erscheint. In dieser geringen Grössendifferenz, die zur Auslöschung des schwächern Spectrums genügt, liegt auch die Erklärung der Thatsache, dass sich unter den zahlreichen bisher entdeckten spectroskopischen Doppelsystemen nur eine sehr kleine An- zahl solcher befindet, bei denen sich auch die zweite Componente im Speetrum nachweisen lässt. Wegen der grossen Unschärfe der Linien ist bei der Ausmessung dieses Speetrums der persönlichen Auffassung des Beobachters ein sehr weiter Spielraum gelassen, und man hat daher, um zu einwandfreien Resultaten zu gelangen, streng darauf zu achten, dass alles Subjeetive nach Möglichkeit aus den Beobachtungen eliminirt wird. Zu diesem Zwecke habe ich bei den Messungen, die ich sämmtlich selbst aus- geführt habe, folgende Regeln befolgt. Erstens wurde jede Platte in den beiden Lagen (Violett rechts und links) völlig unabhängig aus- gemessen. Ist diese Messung in zwei Lagen selbst bei Spectren mit scharfen Linien, wie ich an anderer St&lle' gezeigt habe, sehr zu em- pfehlen, so ist sie bei verwaschenen Linien ganz und gar unerlässlich, da in diesem Falle die psychophysischen Fehler in der Schätzung der Mitte der Linien ausserordentlich hohe Beträge annehmen. Zweitens wurde während der Messungen auf das strengste jede Voreingenommen- heit des Beobachters vermieden, indem die Reduction der Beobach- tungen und die Zeichnung der Geschwindigkeitscurve erst nach völliger Beendigung aller Messungen vorgenommen wurde. Endlich habe ich, um möglichst sichere Geschwindigkeitswerthe zu erhalten und um das benutzte Plattenmaterial durch diese Bearbeitung völlig zu erledigen, mir zur Regel gemacht, alle in jeder Aufnahme erkennbaren Linien zu messen. Während sich die Messungen aller früheren Beobachter, ! Astr. Nachr. 155, 97, 1901. J. Harınann: Spectroskopische Untersuchungen über ö Orionis. 531 die mit stärker dispergirenden Apparaten arbeiteten, auf die Hy-Linie beschränkten, habe ich im ganzen 20 verschiedene Linien messen können. Für die Geschwindigkeitsbestimmung selbst konnten hiervon jedoch nur diejenigen Linien benutzt werden, die sich auf der Mehrzahl der Platten mit einiger Sicherheit messen liessen, und deren Wellenlängen hinreichend genau bekannt waren. Es sind diess die elf in Tabelle II aufgeführten Linien Tabelle I. Fr} r | ; I} Bezeichnung | Element | A HE I 4H 3889.20 He | .H |. 3970.23 He | 4026.34 Si | 4089.00 I1ö H | 4101.89 Hy H 4340.64 He | 4388.10 He | 4471.65 Mg | 4481.38 Hß H | 4861.50 He | 4922.10 Die Wellenlängen der übrigen 9 Linien, die in Tabelle II zu- sammengestellt sind, habe ich aus den Messungen im Sternspeetrum selbst berechnet. Dieselben sind, wie der in der dritten Columne an- gegebene mittlere Fehler zeigt, wegen der äusserst schwierigen Messung zwar ziemlich unsicher, doch genügen sie, um später in Verbindung mit anderen Sternen desselben Typus eine sichere Identifieirung zu ermöglichen. Tabelle II. Zahl der | | | “ A mittl. F. Bemerkungen | Platten | > 3933.68 7 (+0.34) , Ca; stets äusserst matt und schmal 4069.49 3 | +0,16 4097.49 | 32 POT NS ANTo- 20 N T 0.07 | Si 4144.94 2 0.28 4200.42 | 0.20 | Hö' nach Pıckerına 4541.78 2 | Hy' nach Pıckerıne 4649.68 16 0.14 | wohl Gruppe, 4 ÄE breit 4686.20 | 0.12 Von den in Tabelle III aufgeführten Linien zeigt die Caleiumlinie A 3934 ein ganz eigenthümliches Verhalten. Zunächst unterscheidet sie sich von allen übrigen Linien dieses Sternspeetrums dadurch, dass sie stets ausserordentlich matt, aber fast völlig scharf erscheint, und es fiel ınir daher auf, dass bei der Berechnung der in Tabelle III zu- 532 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. sammengestellten Wellenlängen gerade bei dieser Linie die Überein- stimmung zwischen den Resultaten der verschiedenen Platten erheblich geringer war, als bei den anderen, viel unschärferen Linien. Eine nähere Untersuchung hierüber hat mich nun zu dem ganz überraschenden Resultat geführt, dass die Caleiumlinie A 3934 an der durch die Bahnbewegung des Sterns verursachten periodischen Linienverschiebung nicht theilnimmt. Wie aus Tabelle II ersichtlich, hatte ich bei der ersten Durch- messung der Aufnahmen diese Linie auf sieben Platten, auf denen sie besonders gut zu erkennen war, gemessen. Um das gefundene eigen- artige Resultat völlig zu sichern, habe ich dann mein ganzes Platten- material einer nochmaligen Durchsicht unterworfen, wobei sich im ganzen zwölf Platten fanden, auf denen sich die Messung der Linie mit Sicher- heit ausführen liess. Das Resultat dieser zweiten Ausmessung, die selbstverständlich wieder unter strengster Vermeidung jeder Vorein- genommenheit ausgeführt wurde, ist in der mit II überschriebenen Columne der Tabelle IV enthalten, während unter I das Ergebniss der ursprünglichen Ausmessung gegeben ist. In dieser Tabelle habe ich die Platten nach dem in der zweiten Columne gegebenen Werthe von V, der wahren, aus der Bahnbestimmung folgenden Geschwindigkeit des Sterns relativ zur Sonne, geordnet. Die aus der Caleiumlinie allein berechneten Geschwindigkeiten sind mit (’ (rel. zur Erde) und € (rel. zur Sonne) bezeichnet. Tabelle IV. Platten- v |) CausX 3934 |Reduc.) | De nummer | 1° | It | Mittel || auf © | km || km km km || km | km km 1247 + 18.0 | +44 | +39 | +42 | —27 | +15 —ı 1254 + 50.6 | +44 | +44 | —27 +17 +1 1153 + 63.3 | #15 | #0ı | #ır | +9 +20 +4 1485 +133.2 | #24 | +19 | +22 | o #22 6 1491 leere | ei —ı2 1495 + 35.8 | | +38 | #38 | —14 | +24 | +8 I 204 + 23.5 | +35 | +25 | +30 | -ı16 +14 —_ 2 I 231 + 73.02 +40 | 440 | —25 +15 —ı 1232 — 61.1 | #25 | +32 | +28 | 25 +3 —13 I 266 — 66.2 +46 | +49 | +48 | 26 | +22 +6 Izı5 | +43 | +43 | —23 +20 4 I 22ı — 58.0 | +42 | +42 | —24 +18 +2 Mittel +16 km Die Werthe von € sind, wie die in der letzten Columne aufge- führten Abweichungen vom Mittel zeigen, gänzlich unabhängig von V, also vom Orte des Sterns in seiner Bahn, und sie stimmen so gut J. Harımann: Speetroskopische Untersuchungen über ö Orionis. 538 unter einander, wie man es bei der Schwierigkeit der Messungen nur erwarten kann. Nachdem hierdurch die Thatsache, dass eine einzelne Linie des Spectrums an der oseillirenden Bewegung der übrigen nicht theil- nimmt, völlig sichergestellt ist, fragt es sich, wie sie erklärt werden kann. Dass die der beobachteten Linie entsprechende Absorption erst auf der Erde stattgefunden habe, ist schon wegen der Art dieser Ab- sorption ganz unwahrscheinlich. Auch würde dann die betreffende Linie überhaupt in jedem Sternspectrum auftreten, und die aus ihrer Lage berechneten Geschwindigkeiten ©’ müssten durch Anbringung der Reduction auf die Sonne in schlechtere Übereinstimmung kommen. Allein gerade das Gegentheil ist der Fall; erst durch Reduction auf die Sonne wird der Werth von € völlig constant, und hierdurch ist der kos- mische Ursprung der Linie bewiesen. Die zunächst liegende Annahme, dass die beobachtete Linie der zweiten Componente des Doppelsternsystems angehöre, führt auf zwei Schwierigkeiten. Da die Werthe € in Tabelle IV keinerlei Abhängig- keit von V erkennen lassen, so müsste man für die zweite, licht- schwächere Componente eine mindestens zehnmal so grosse Masse annehmen, als für den hellen Stern. Ist diess schon sehr unwahr- scheinlich, so ist es noch auffälliger, dass sich von dem Spectrum des zweiten Körpers keine einzige weitere Linie verrathen sollte. Das Auftreten einer solchen einzelnen Linie würde sich durch keinen der bisher bekannten Spectraltypen erklären lassen, und es weist vielmehr mit ziemlicher Sicherheit auf das Vorhandensein einer mit dem Sterne nicht unmittelbar zusammenhängenden absorbirenden Gasschicht hin. Man wird hierdurch zu der Annahme geführt, dass sich auf der Visirlinie zwischen der Sonne und Ö Orionis an irgend einer Stelle des Raumes eine Wolke befindet, welche jene Absorption hervorbringt, und sich mit 16°” Geschwindigkeit von uns entfernt, falls man noch die nach der Natur der beobachteten Linie sehr wahrscheinliche Annahme zulässt, dass die Wolke aus Caleciumdampf besteht. Diese Folgerung findet eine wesentliche Stütze in einer ganz ähnlichen Erscheinung, die das Speetrum der Nova Persei im Jahre 1901 zeigte. Während in diesem Spectrum die Linien des Wasserstoffs und anderer Elemente durch ihre enorme Verbreiterung und Verschiebung und den fort- währenden Wechsel ihrer Form auf stürmische Vorgänge in der Gas- hülle des Sterns schliessen liessen, wurden während der ganzen Dauer der Erscheinung die beiden Caleiumlinien A 3934 und A 3969 sowie die D-Linien als völlig scharfe Absorptionslinien beobachtet, welche die constante Geschwindigkeit +7'" ergaben. Schon damals äusserte ich den Gedanken, dass die genannten scharfen Linien wahrscheinlich 534 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. ihre Entstehung nicht auf der Nova selbst, sondern in einer in der Gesichtslinie liegenden Nebelmasse hätten, eine Ansicht, die durch die spätere Entdeckung der Nebel in der Umgebung der Nova nur an Wahr- scheinlichkeit gewonnen hat. Auch bei ÖOrionis ist es nieht unwahr- scheinlich, dass die Wolke in Zusammenhang mit den ausgedehnten Nebelmassen steht, welche von Barnarn! in der Umgebung nachge- wiesen wurden. Die zweite Caleiumlinie A 3969 wird im Spectrum von ÖOrionis durch die breite Wasserstofflinie He überdeckt und kann daher nicht beobachtet werden. Auf eine weitere eigenthümliche Erscheinung möchte ich an die- ser Stelle noch aufmerksam machen. Berechnet man die Componente der Sonnenbewegung V. nach Canrgerv's vorläufigen Elementen der Apexbewegung”, so erhält man: für ÖOrionis VJ = -+18.1 km » Nova Persei + 3.7 » Beide Zahlen stimmen innerhalb der Beobachtungsfehler mit der beobachteten Geschwindigkeit der Caleiumwolken überein, so dass sich also diese Wolken in beiden Fällen fast in vollkommener Ruhe (relativ zu den 280 von ÜAmpgern benutzten Fixsternen) befinden. An welcher Stelle der Visirlinie die Nebelmasse liegt, lässt sich nicht ermitteln: um ihre seitliche Ausdehnung zu bestimmen, wird man die Spectra der benachbarten Sterne, namentlich solcher mit ver- änderlicher oder stark abweichender Geschwindigkeit, auf das Vorkom- men der Caleiumlinie zu prüfen haben. In den Spectren von e und ZOrionis ist diese Linie vorhanden, doch kann man, da die Geschwin- digkeit dieser Sterne nur wenig von der oben angegebenen Bewegung der Wolke abweicht, ihre Zugehörigkeit zum Spectrum des Sterns oder der Wolke nicht entscheiden. Auch die übrigen Linien der Tabelle III habe ich in gleicher Weise auf ihr Verhalten geprüft, jedoch bei keiner etwas Ähnliches nach- weisen können. Nach diesen Bemerkungen über das Speetrum von ÖOrionis wende ich mich nunmehr zur Bahnbestimmung. Durch die Beobachtungen, welche im Februar 1902 an sieben auf einander folgenden Tagen gelangen (s. Tabelle I), wurde zunächst zweifellos erwiesen, dass die Periode nicht 192, sondern 5 bis 6 Tage beträgt. Dass nicht etwa, wie Drstanpees vermuthete, eine noch ı E. E. Barnaro, Diffused Nebulosities in the Heavens. Astrophys. Journ. 17, 77, 1903. > W. W. Camegert, A Preliminary Determination of the Motion of the Solar System. Astrophys. Journ. 13, 80, 1901. J. Harınann: Spectroskopische Untersuchungen über ö Orionis. 535 kürzere Periodendauer vorliegt, wurde durch wiederholte Aufnahmen an einem Abend (1902 Jan. 13, Jan. 14, April 2) nachgewiesen. Durch Anschliessen immer weiter entfernter Beobachtungen ergab sich dann in bekannter Weise als vorläufiger Werth die Umlaufszeit U 2733 3% Diese Zahl ist auf o!ooı sicher, und sie genügte daher, um alle Be- obachtungen jedes einzelnen Winters auf einen Umlauf zu redueiren und so die Zeichnung der Geschwindigkeitscurve zu ermöglichen. Ich habe die Zeichnung dieser Curve zuerst getrennt für die ver- schiedenen Jahre ausgeführt, da es den Anschein hatte, als ob die Bahn mit der Zeit stark veränderlich sei. Vier Beobachtungen von VosEL und Schreiner hatten in den Jahren 1888 bis 1591 keinerlei Geschwindigkeitsänderungen des Sterns erkennen lassen. Dieselben sind in den Publicationen des Astrophys. Observatoriums zu Potsdam Bd. VII, Theil I, S. 100 veröffentlicht und lauten: 1888 Dec. 10.37 V= -.2.7 km 1889 Jan. 5.34 —o.l » 1891 Feb. 26.26 +24 » 27.26 +3.7 » Dann folgten in den Jahren 1899 und 1900 die Beobachtungen von DEsLANDRES, von Wrieut und vom Verfasser, welche Geschwindigkeiten von — 69“ bis + 95"" ergaben, und meine Messungen von 1902 und 1903 führten endlich auf eine Schwankung von — 795 bis + 135""4. Hiernach schien die Amplitude der Schwankung stark zu wachsen, was sich leicht durch die Annahme einer Änderung der Neigung der Bahnebene gegen die Visirlinie erklärt hätte. Von entscheidender Bedeutung waren hier nun die Potsdamer Aufnahmen aus den Jahren 1888 bis 1891. Rechnete man mit der angegebenen Periodendauer und der jetzigen Grösse der Geschwin- digkeitsänderung zurück, so zeigte es sich, dass die beiden ersten damaligen Beobachtungen zufälliger Weise an zwei Zeitpunkten aus- geführt worden waren, an denen die Geschwindigkeit des Sterns that- sächlich sehr klein war, so dass den Beobachtern die Veränderlichkeit leicht entgehen konnte. Dagegen musste bei der dritten Beobachtung die Geschwindigkeit etwa — 50”, bei der vierten etwa + 50" betragen haben und daher auch auf den damaligen Aufnahmen mit Sicherheit nach- weisbar sein, falls sich wirklich die Amplitude der Schwankung in- zwischen nicht geändert hatte. Hr. Geheimrath Voscer hatte daher die Güte, die vier Platten einer nochmaligen Ausmessung zu unterwerfen, welche in der That für die erste und zweite Platte eine Bestätigung des frühern Resultates, für die dritte und vierte aber eine erhebliche Änderung der Auffassung ergab. Da bei den damaligen Speetralauf- 536 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. nahmen die künstliche Wasserstofflinie auf dem Sternspectrum selbst lag, so war gerade bei den Sternen vom I. Typus, bei denen nur die verwaschene Hy-Linie gemessen wurde, die Beobachtung ausser- ordentlich erschwert, und die Beobachter haben, wohl durch die gute Übereinstimmung der beiden ersten Platten veranlasst, die dritte und vierte Platte unter unrichtiger Auffassung der Linie gemessen. Die neue Ausmessung führte zu den Geschwindigkeiten — 88km nn Sell > 55.0 13230 die in so gutem Einklang mit der jetzigen Bewegung stehen, dass man die Annahme einer Änderung der Bahn fallen lassen kann. Auch die Beobachtungen von 1899 und 1900 zwingen für sich allein nieht zu dieser Annahme. Die Beobachtungszeiten liegen so, dass zufälliger- weise die positive Maximalgeschwindigkeit niemals beobachtet worden ist, wodurch die Amplitude scheinbar kleiner wurde. Wie ich weiter unten zeigen werde, lassen sich auch diese Beobachtungen mit der jetzigen Bahn genau darstellen. Was endlich die beiden nach meinen Beobachtungen aus den Wintern 1901/2 und 1902/3 gezeichneten Geschwindigkeitscurven an- belangt, so waren dieselben vollständig gleich und konnten genau zur Deckung gebracht werden. Aus diesen Gründen habe ich den anfänglichen Plan, für jede der beobachteten Erscheinungen eine selbständige Bahn zu berechnen, fallen lassen, und meine Bahnbestimmung beruht auf der gleichzeitigen Verwendung meiner sämmtlichen mit dem Spectrographen I in den Wintern 1901/2 und 1902/3 ausgeführten Beobachtungen. Von der Verwendung der älteren Messungen zur Bahnbestimmung habe ich Ab- stand genommen, einmal weil alle diese mit stärkerer Dispersion aus- geführten Bestimmungen erheblich ungenauer sind, und zweitens weil eine geringe Änderung der angenommenen Umlaufszeit diese entlegenen Beobachtungen zu stark beeinflusst hätte. Ich habe die frühere Pots- damer Reihe daher nur zur Ableitung der definitiven Umlaufszeit her- angezogen. Um die Beobachtungen des Winters 1902/3 mit völliger Sicher- heit auf das vorhergehende Jahr zu übertragen, habe ich folgenden Weg eingeschlagen. Nachdem, wie erwähnt, die getrennten Geschwin- digkeitseurven für beide Jahre gezeichnet waren, wurden auf beiden Gurven die Zeitpunkte abgelesen, in welchen die Geschwindigkeit —50, —40..... +100, +110 km erreicht wurde, und zwar auf dem aufsteigenden und dem absteigenden Bogen der Curve. Auf diese Art N ® ”- . . 3m J. Harrmann: Speetroskopische Untersuchungen über d Orionis. 537 ergaben sich 34 Bestimmungen der Zeitdifferenz, um welehe man die zweite Curve, d.h. die Beobachtungen von 1902/3, verschieben musste, um sie mit denen von 1901/2 zur Deckung zu bringen. Als Mittel der 34 Differenzen ergab sich 332°53; da diese Zahl 58 Umläufen gleich ist, so ergibt sich daraus U= 5'7333, zufällig genau mit dem oben angegebenen Werthe übereinstimmend. Nachdem auf diese Art sämmtliche 37 mit Speetrograph I aus- geführten Beobachtungen auf den einen Umlauf 1902 Februar 10 bis 16 übertragen waren, wurde die Bestimmung der Bahnelemente nach der Methode von Lenmann-Fırnes' ausgeführt. Diese ergab folgende Ele- mente: Geschwindigkeit des Schwerpunktes Vo =+23.1 kın Epoche des Periastrunis T = 5793.35 = 1902 Febr. 12.35 Epoche für V=o to = 5792.13 = 1902 Febr. 11.13 Länge des Perihels (vom 2 an) © = 339° 18:9 Länge des entferntesten Punktes der Bahn ur = 95 32.9 nächsten D » » U2=264 27.1 Excentrieität e = 0.10334 Projection der grossen Halbaxe auf die Gesichtslinie a sin? = 7906600 km m sindi 0.601 © Massenverhältniss nn (mı + mz)? Da die Neigung ö der Bahn gegen die Tangentialebene, die dureh den Schwerpunkt der Bahn senkrecht auf den Visionsradius gelegt wird, unbekannt bleibt, so lässt sich der Werth der’Halbaxe a selbst nicht berechnen. Dagegen kann man die Distanzen angeben, bis zu welehen sich der sichtbare Stern hinter und vor diese Ebene bewegt, denen also die oben mit «, und «, bezeichneten Längen entsprechen. Es ergibt sich, dass sich der Stern bis 8069400*” hinter diese Ebene und bis 7498500*" vor die Ebene bewegt. Macht man die drei An- nahmen i= 45°, 60°, 75° und 90°, so erhält man: für i=45° a= 11182000 km 60 9129800 » 75 8185600 » 90 7906600 » Man erkennt aus dieser Zusammenstellung, dass die Bahn, falls man i nicht sehr klein annimmt, etwa den sechsten Theil des Durch- messers der Merkurbahn hat. Sind die Massen der beiden Componenten des Doppelsystems, worauf ich sogleich noch näher eingehen werde, nahezu gleich, so würde hiernach der Abstand der Sterne von ein- ander ungefähr ein Drittel des Abstandes des Merkur von der Sonne sein. ! Astron. Nachr. 136, 17, 1894. 538 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 10. März 1904. Für die Masse des Systems kann man, da über die Bewegung der zweiten Componente nichts bekannt ist, nur die oben gegebene Relation »2 sin?t ———— = 0.601 © (m, + m,) berechnen, in der »n, die Masse des sichtbaren, m, die des unsicht- baren Sterns ist. Auch hier kann man jedoch durch plausibele An- nahmen wenigstens zu einer näherungsweisen Schätzung der wahren Verhältnisse gelangen. Alle speetroskopischen Doppelsysteme, bei denen bisher die Be- obachtung der zweiten Componente gelungen ist, bestehen aus zwei Sternen von nahe gleicher Masse, und es lässt sich zeigen, dass auch im vorliegenden Falle der dunkle Stern nicht wesentlich kleiner als der sichtbare sein kann. Rechnet man zunächst den sehr unwahr- scheinlichen Fall m, = 5m, durch, in welchem also der dunkle Stern fünfmal so gross wäre als der helle, so erhält man m, sin’! = 0.865 © Di sn 2 = 0.1723. (m, + m,) sin’i= 1.035 © In diesem Falle würde also die Gesammtmasse des Systems schon sicher grösser sein, als die Sonnenmasse. Rechnet man in gleicher Weise die Annalimen m, = m,, m, = 5m, und m, = Iom, durch, so erhält man die in Tabelle V zusammengestellten Werthe für die Massen. Tabelle V. | m: sind i m, sindi | (m,-+m,) sin3 i | m, = 0.2m, 0.1730 | 0.865 © 1.038 © m, =m, 2.404 » 2.404 » 4.808 » m, = 5m, 108.2 » 21.6 » 129.8 m, = 10m, 127.27 13 799.9 >» Nimmt man m, merklich grösser als m, an, so kommt man, wie die Tabelle zeigt, ganz abgesehen von dem Factor sin’‘, schon auf ganz enorme Massen, und es dürfte daher wohl das Wahrschein- lichste sein, dass auch bei ÖOrionis die beiden Massen nahe gleich sind. Rechnet man daher unter der Voraussetzung m, = m, nun wieder die früheren Annahmen über den Betrag von i durch, so erhält man für i= 45° m, + m, = 13.60 60 7-4 » 75 5-30 90 4.8 » 4 - ” ” ‘ J. Hırımann: Speetroskopische Untersuchungen über ö Orionis. 539 Man erkennt aus diesen Betrachtungen, dass die Gesammtmasse des Systems sicher grösser als die Sonnenmasse, wahrscheinlich von der Ordnung der fünf- bis zehnfachen Sonnenmasse ist. Um die Vergleichung sowohl der jetzt vorliegenden, als auch etwaiger späterer Beobachtungen mit der gerechneten Bahn zu erleich- tern, habe ich nach obigen Elementen eine in Intervallen von o'oı fortschreitende Ephemeride, die an anderer Stelle veröffentlicht werden wird, berechnet. Das Argument 7 derselben ist von demjenigen Zeit- punkte an gerechnet, in welchem V zunehmend durch Null geht, und den man aus 4+nÜU erhält, wo n eine ganze Zahl ist. Ich habe diese Ephemeride nun zunächst in der folgenden Weise benutzt, um die älteren Potsdamer Beobachtungen zur Ableitung der definitiven Periodendauer heranzuziehen. Hat die ältere Beobachtung zur Zeit £ die Geschwindigkeit V ergeben, so wird zu V in der Tabelle der Werth von T aufgesucht, und der Zeitpunkt +7 entspricht dann demselben Punkte der Bahn wie /, so dass stets 44T —T eine ganze Anzahl von Perioden ist. Ob r auf dem aufsteigenden oder auf dem absteigenden Theile der Curve liegt, ist schon vorher mittels der ge- näherten Umlaufszeit festzustellen. Die Berechnung von U aus den älteren Potsdamer Beobachtungen nach diesem Verfahren, welches die Benutzung jeder vereinzelten älteren Beobachtung ermöglicht und bei der Mittelbildung zugleich jeder Beob- achtung das ihr zukommende Gewicht ertheilt, ist in Tabelle VI ent- halten. Tabelle VI. Beobachter t | v IF "er o+T—t|n U 3 | km ı | VOoGEL-SCHEINER 982437 |— 8.8| 5965 | 48ı5dar| 840 | 597326 1008.34 + 3.7 | 3-09 4786.88| 835 5.7328 1790.26 | —55.0 | 5.04 | 4006.91 | 699 | 5.7323 1791.26 |+13.0| 0.13 4001.00 | 698 5.7321 Man erhält durch Summirung der Zahlen H-T—t und n 3072.U,= 2171670420 IC 57325: Die Beobachtungen von DesLanores können, da die Beobachtungs- zeiten von ihm nicht näher angegeben sind, nicht zur Periodenbestim- mung verwendet werden und eben so wenig die einzelnen mit starker Dispersion erhaltenen Beobachtungen aus den Jahren 1900 und 1901. Für die Reihe aus dem Winter 1902/3 ergibt sich die in Tabelle VII enthaltene Berechnung. Die Beobachtungen, welche wegen ihrer Lage in der Nähe der Wendepunkte der Geschwindigkeitscurve T nur un- sicher ergeben würden, sind hierbei fortgelassen. 540 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 10. März 1904. Tabelle VI. Beobachter | t V | 7 bett nn U | | km HARTMANN 6095138 | 49.3 5814 298811 | 2 547329 | | 6096.37 |+47.2| 0.41 | 303.83 53 5.7326 6098.46 |-+56.1 | 2.58 | 303.75 53 5.7311 6124.34 |—32.7| 5.39 | 326.82 | 57 | 5.7337 6127.39 |+33.2| 2.75 | 332.51 | 58 5.7329 6128.34 |—46.4 | 3.74 | 332.47] | 58 | 5.7322 6153-37 0.0| 0.00 | 361.24 | 63 5.7340 6181.23 |—54.9 | 5.04 384.06 ı 67 5.7322 Es folgt daraus: 461 U= 2642'79 Dr Sa Durch Vereinigung mit dem vorhergehenden Resultate erhält man endlich 3533.U1—20252:09, woraus als definitiver Werth der Periodendauer folgt U= 5'7325 # 010002 oder 5?17"34"48° # 17°. Mit Hülfe dieser Periodendauer habe ich nun unter Benutzung der Ephemeride die Vergleichung aller Beobachtungen mit der gerechneten Bahn ausgeführt. Für meine eigenen Beobachtungen ist diese Ver- gleichung in den beiden letzten Spalten der Tabelle I enthalten. Den früher gemachten Bemerkungen über die Unsicherheit der Messungen entsprechend sind die Darstellungsfehler V—R zum Theil recht erheb- lich; aus der Summe der Fehlerquadrate ergibt sich der mittlere Fehler einer Aufnahme mit Speetrograph I zu #8*”o. Erheblich grösser ist noch die Unsicherheit der mit grösserer Dispersion aufgenommenen Platten, wie diess aus der in Tabelle VIII gegebenen Vergleichung der Messungen der anderen Beobachter mit der Rechnung zu ersehen ist. Für die Beobachtungszeiten von DESLANDRES und WRrıscHT, die von den Beobachtern nicht näher angegeben sind, habe ich plausibele Annahmen eingesetzt. Tabelle VII. Beobachter Datum Julian. Zt. | V R IT VzR | | km kın kın VOGEL - SCHEINER ı888 Dee. 10 0982437 — 8.8 — 19.3 +10.5 1889 Jan. 5 1008.34 + 3.7 + 27.5 —23.8 | ı89ı Febr. J. Harınann: Spectroskopische Untersuchungen über Ö Orionis. 541 Beobachter Datum Julian. Zt. 1% R BR | | km kın kn DeEsL.ANDRES ı899 Dec. 8 | 4997.42 +95 +102.8 — 7.8 9 4998.42 —I5 + 21 —17.1 12 5001.42 +70 + 43.1 +26.9 15 5004.42 —38 — 21.8 —16.2 18 5007.42 +31 + 75-3 Ze 1900 Jan. 9 | 5029.38 —37 | — 31.6 — 5.4 10 | 5030.38 | -+64 | + 78.8 —14.8 12 5032.38 | +80 + 46.6 | +33.4 13 | 5033.38 1, 249 — 42.2 — 6.8 | 18 | 5038.34 | +14 + 22.5 — 8.5 | 25 | 5045.34 |) —so — 63.9 | +13.9 | WRrısHT 1900 Aug. 12 5244.98 +3 — 3.6 + 6.6 | 21 5253.96 +51 + 80.0 —29.0 Sept. 17 | 5280.92 —69 — 66.0 — 3.0 Man erkennt aus den Werthen der letzten Columne auch sofort, dass die Messungsschärfe bei allen Beobachtern von genau derselben Ordnung gewesen ist. Nachdem die Bahnbestimmung beendigt war, habe ich noch eine Untersuchung über das Verhalten aller einzelnen zu den Geschwindig- keitsmessungen benutzten Linien angestellt. Zu diesem Zwecke wurden die aus jeder einzelnen Linie berechneten Geschwindigkeiten sowie auch alle Bemerkungen, die während der Ausmessung der Platten über das Aussehen der Linien niedergeschrieben waren, nach dem Orte des Sterns in seiner Bahn geordnet. Es zeigte sich hierbei, dass sowohl die übrig- bleibenden Fehler der einzelnen Linien als auch unsymmetrische Ver- waschenheit, scheinbare Verdoppelung und ähnliche Erscheinungen ganz regellos an allen Punkten der Balhın auftraten, so dass hieraus zunächst keine weiteren Schlüsse gezogen werden können. Mit einigen Worten muss ich noch auf den Einfluss der Licht- geschwindigkeit auf diese Bahnbestimmung eingehen. Derselbe würde im allgemeinen drei Correetionen bedingen, die erste, unter dem Namen Lichtgleichung bekannte, wegen des im Laufe eines Jahres periodisch wechselnden Abstandes der Erde vom beobachteten Stern, die zweite, ganz analoge, wegen des in der Zeit U periodisch wechselnden Ab- standes, und die dritte wegen der mit der Geschwindigkeit V, er- folgenden linearen Zunahme des Lichtweges. Hiervon sind die beiden ersten Correetionen im vorliegenden Falle ganz zu vernachlässigen. Der grösste Einfluss der Lichtgleichung auf die Differenz zweier Be- obachtungszeiten beträgt 4” 24°= 0'0030 und ist daher, da alle Be- obachtungszeiten, der Genauigkeit der Messungen entsprechend, nur auf o!oı angegeben wurden, verschwindend. Dasselbe gilt für die Licht- gleichung in der Bahn des Sterns, die im Maximum 20!2 = 00002 542 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 10. März 1904. beträgt. Dagegen ist die dritte Correetion durchaus merklich. In Folge des mit der Geschwindigkeit V, = 23“"1 zunehmenden Abstandes erscheint uns die Periodendauer U um 38:02 länger als die wahre Umlaufszeit U,, welche demnach nur 5" 17" 34” 9:98 = 5'73206 be- trägt. Mit diesem Werthe T, sind auch die oben gegebenen Bahn- elemente, speciell @ sin ö, gerechnet. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass ÖOrionis der Veränderlichkeit verdächtig ist. Schon J. Hrrscnen glaubte eine Veränderung der Hellig- keit zu bemerken, und der Stern ist seitdem öfters, jedoch mit wider- sprechendem Resultat, beobachtet worden. Auwenrs! constatirte im Jahre 1854 einen regelmässigen Lichtwechsel, den er bis 1858 mit einer Periodendauer von 1608 verfolgte, die nahe dem Dreifachen der oben gefundenen Umlaufszeit gleich ist. Spätere Beobachter hielten die Schwankung des wegen seines tiefen Standes schwer zu beobachten- den Sterns nur für scheinbar. Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, einmal eine möglichst scharfe photometrische Messungsreihe zur defini- tiven Entscheidung der Frage auszuführen. Falls eine theilweise Be- deekung des Sterns durch seinen Begleiter stattfinden, derselbe also dem Algoltypus angehören sollte, würden sich die genäherten Zeiten der Minima aus der Formel: 1902 Febr. 14.02+nÜU berechnen. ! Astron. Nachr. 50, 103, 1859. 543 Über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beziehungen der Krystallformen in flächenreichen Zonen. Von Prof. Dr. H. BaumHAuER in Freiburg (Schweiz). (Vorgelegt von Hrn. Kreın am 25. Februar |s. oben S. 485].) In einer vor kurzem in der Zeitschrift für Krystallographie (38, 625) erschienenen Abhandlung und in einer daran sich anschliessenden Mittheilung im Centralblatt für Mineralogie u. s. w. (1903, 665) habe ich für einige Mineralien mit flächenreichen Zonen (Jordanit, Dufrenoysit, Baumhauerit, rhombischer Schwefel, Anatas) gezeigt, dass innerhalb jener Zonen eine Reihe von Formen mit arithmetisch wachsenden Indices und von zunächst fast gleicher, dann bei eomplieirterm Sym- bol abnehmender Häufigkeit auftritt, welche Reihe ich als primäre Reihe bezeichnet habe. Ist die Zone eine normal entwickelte, so leiten sich die übrigen (secundären, tertiären u.s.w.) Formen derselben aus den Gliedern der primären Reihe, zwischen welche sie einge- schaltet sind, durch einfache oder wiederholte Complication, d. i. Addition der entsprechenden Indices, ab, wobei mit zunehmender Complication die Häufigkeit der betreffenden Flächen kleiner wird. Ebenso wie die Häufigkeit der auf einander folgenden Glieder einer primären Reihe nur innerhalb gewisser Grenzen nahezu gleich bleibt, bei complieirterm Symbol aber merklich abnimmt, so ist auch der Grad der Complieation (d. i. das Auftreten secundärer, tertiärer u. s.w. Formen) zwischen je zwei auf einander folgenden Gliedern derselben ein ungleicher; auf einer gewissen Strecke, da wo die primären Formen grösster Häufigkeit oder von grösstem Winkelabstande liegen, wird er im allgemeinen seinen Höhepunkt erreichen und in gewisser Entfernung von jener Strecke auf o herabsinken. Ich habe mich nun bemüht, weitere Beispiele einer solchen oder ähnlichen Zonen- entwicklung aufzufinden, was mir auch gelungen ist: solche Beispiele sollen im Folgenden besprochen werden. Indessen wurde ich dabei auf die weitere Frage geführt, inwieweit überhaupt für irgend eine Sitzungsberichte 1904. 42 544 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr. flächenreiche Zone (bez. für ein Zonenstück) eines einzelnen Kry- stalls das Gesetz der Complieation gilt, d.h. ob und wie sich das Symbol einer beobachteten Fläche der Zone aus den Symbolen der benachbarten Flächen durch Addition der gleichstelligen Indices ab- leiten lasse. Die Beantwortung dieser Frage ist für unsere ganze Auffassung der Zonenentwicklung (und damit der Entwicklung des gesammten Flächencomplexes) eines Krystalls von grundlegender Be- deutung. Es ist dabei nothwendig, von einzelnen flächenreichen Krystallen auszugehen und sämmtliche auf einander folgenden Flächen der betreffenden Zone, eventuell unter Anwendung eines verkleinernden Goniometer-Fernrohrs, zu ermitteln. Ich möchte nun im Folgenden erstens die Resultate eigener und mit besonderer Rücksicht auf obige Frage an einigen Krystallen ange- stellter Messungen mittheilen und die daraus sich ergebenden Gesetz- mässigkeiten erörtern, dann zweitens die gesammte Formenreihe flächen- reicher Zonen verschiedener Mineralien betrachten, also die Reihe von Flächen der betreffenden Zonen, welche man bisher überhaupt an den Krystallen jener Mineralien beobachtet hat. ı. Realgar. Es wurden sieben Krystalle dieses Minerals in der Prismenzone geprüft, vier (I—IV) stammen von einem Handstück von Allchar (Macedonien), drei (V—-VII) aus dem weissen, körnigen Do- lomit des Binnenthals. Nachstehend ist die Reihenfolge der in der genannten Zone der einzelnen Krystalle constatirten Flächen aufgeführt': l (010) (120) (230) (110) (430) (320) (210) — (210) (320) (1To) (010) (120) (230) (T1o) (430) (210) — (Tıo) (230) (T20) (010). II. (010) (120) (230) (450) (110) (430) (210) — (210) (320) (430) (1To) (230) (120) (010) (120) * (230) (450) (110) (430) (320) (210) — (210) (320) (430) (710) (230) (720) (010). II. (oto) (120) (230) (110) (430) (320) (210) — (210) (320) (430) (110) (450) (230) (120) (010) (230) (110) (430) (210) — (210) (320) (430) (Tıo) (o1o0). IV. (010) (120) (230) (110) (430) (320) (210) (310) (410) — (2To) (320) (430) (650) (170) (450) (230) (oT0) (230) (10) (650) (430) (320) (20) — (210) (430) (650) (T10) (230) (120) (o1o) We (010) (110) (210) (100) (210) (1To) (0To) (110) NAL (010) (110) (210) (100) (210) (110) (450) (230) (120) (oTo) (120) [(230)]? (Tro) (430) (210) (470) (100) (210) ! Einzelne erst bei wiederholter Beobachtung und mit verkleinerndem Fernrohr gefundene Flächen sind mit * bezeichnet; sie sind linienähnlich schmal oder äusserst klein. ® Die Fläche (230) konnte ich zwar nicht an dem Krystall selbst, wohl aber an einem an der betreffenden Stelle mit ihm fast parallel verwachsenen, kleinen Krystall nachweisen. H. BaumsAaver: Krystallfornen in flächenreichen Zonen. 545 v1. (010) (110) (430) (210) (100) (210) (320) (430) (1T0) (450) (230) (120) (250) (0To) (210) (410) (Too) (410) (210) (430) (Tıo) (010) An den Krystallen von Allchar tritt merkwürdigerweise (100) nicht auf. Zwischen (210) und (210), bez. (210) und (210) liegt des- halb der grösste Winkelabstand von etwa 67°, wodurch hier die Zone in zwei Stücke getheilt ist, welche Spaltung bei I-IV durch einen Strich angedeutet wurde. An den Binnenthaler Krystallen wurde hin- gegen (100) stets gefunden. Es ist nun von grossem Interesse, die in obigen Reihen auf ein- ander folgenden Symbole zu betrachten. Bei I findet man, dass in jedem Theile der Zone ein Symbol durch Complication aus den beiden benachbarten Symbolen erhalten wird, z. B. (120) = (010)+ (230), (230) = (120)+ (110) u.s.w. Eine Ausnahme findet sich nur bei (430). Allein die Prüfung der folgen- den Krystalle zeigt, dass solche Ausnahmen dort häufig erscheinen; man zählt deren im ganzen 30, eine Zahl, welche beweist, dass hier von einer durchgreifenden oder auch nur annähernd geltenden Regel nicht gesprochen werden kann. Ermitteln wir nun die Häufigkeit der einzelnen Flächen bei den sieben Krystallen, so finden wir, dass erscheint: (100)... 5 mal (320) ... 12 mal, (230) ... 17 mal, (bez. ro mal), (430) ... 18 mal, (120) ... 14 mal, (410)... 5 mal, (650) ... 3 mal, (250) ... I mal, (310) ... ımal, (110) ... 25 mal, (010) ... 14 mal (210) ... 24 mal, (450) ... 6 mal, (bez. 28 mal). Die Zahl der Formen (100) und (010), welche nur mit zwei Flächen an einem Krystall erscheinen können, ist deshalb im Verhält- niss zu den übrigen Formen zu verdoppeln. Dabei erscheinen meist breit bez. ziemlich breit die Flächen von (210), (110), (230), (010), nicht selten auch die von (430), (120) und (320). Es liegt nun nahe, folgende Formen (mit untergesetzter Häufig- keitszahl) als Glieder einer primären Reihe aufzufassen: (100) (210) (110) (230) (120) (250) ıo 24 25 17 24 Die Häufigkeitszahl steigt bis (Io) an und fällt dann zuletzt rasch ab. Um aber die anderen Formen von dieser primären Reihe abzuleiten, muss man alle Glieder der letzteren auf den Index A = 2 bringen: (200) (210) (220) (230) (240) (250). Wir wollen jedoch, um die neuen Symbole besser mit den alten vergleichen zu können, nun nicht A= ı setzen, sondern direet aus obigen Symbolen die- Jenigen der secundären und tertiären Formen zwischen (200) und (230) ableiten: 42* 546 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr. I III I III I III II III I II I II I I I (200) 2) (410) (620) (210) (640) ( (430) (650) (220) (670) (450) (680)]| ol . (240)... (250) ıo 5 I 24 12 3 25 14 I Wie man sieht, stimmen die Häufigkeitszahlen im allgemeinen recht gut mit der Annahme dieser primären Reihe und der daraus folgenden Complication überein, doch wurden (610) und (670), beides tertiäre Formen, an den von mir gemessenen Krystallen nicht gefun- den. Im Folgenden sind nun die an den sieben Krystallen beobachteten Flächen der Reihe nach in obigen Symbolen geschrieben: I: (010) (240) (230) (220) (430) (640) (210) — (2To) (640) (220) (0To) (240) (230) (220) (430) (2To) — (220) (230) (240) (010) II. (010) (240) (230) (450) (220) (430) (210) — (2To) (640) (430) (220) (230) (240) (0To) (240) (230) (450) (220) (430) (640) (2To) — (210) (640) (430) (220) (230) (240) (010) II. 0) a (640) (210) — (2To) (640) (430) (220) (450) (230) (240) (oTo) (220) (430) (To) — (210) (640) (430) (220) (o1o) IV. ) (220) (430) (640) (210) (620) (410) — (210) (640) (430) (650) (220) (450) ) (220) (650) (430) (630) (210) — (210) (430) (650) (220) (230) (240) (010) Vr (010) (220) (210) (200) (210) (220) (010) (220) VI. (010) (220) (210) (200) (210) (220) (450) (230) (240) (010) (240) [(230)] (220) (430) (210) (470) (200) (410) VI. (oro) (220) (430) (210) (200) (210) (640) (430) (220) (450) (230) (240) (250) (010) (210) (410) (200) (#10) (@10) (430) (220) (010) (010) (240) (230) ( ( (oro) (240) (230) (230) (010) (230) Es ist interessant, zu sehen, dass nunmehr mit nur zwei Ausnahmen bei I (gegen 30 Ausnahmen oben) jedes Symbol durch Addition der benachbarten gleichstelligen Indices erhalten werden kann.” Eine Reihe von Symbolen, welche in dem hier herrschenden Verhältniss der Complication zu einander stehen, sei im Folgenden als eine eontinuirliche Reihe bezeichnet. Eine solche Reihe er- gibt sich nun beim Realgar auch, wenn man die Symbole aller” ! (680) = (340) wurde am Realgar überhaupt noch nicht gefunden und hier nur der Vollständigkeit halber eingefügt. ®2 Es würde diess ausnahmslos der Fall sein, wenn zwischen (640) und (220) bei Krystall I noch (430) aufträte. ® Nur eine Form wurde in diese Reihe nicht aufgenommen. Es ist diess g= (520), welehe von Haıınger (Hınıze, Handbuch der Mineralogie II, 354) von Nagyag an- gegeben wird; sonst wird sie meines Wissens nirgend erwähnt. Ob diese Form wohl sicher ist? — In obige Entwicklung aus einer primären Reihe würde sie nicht gut passen, da sie erst in Folge höherer (vierter) Complication erscheinen würde [(520) = (830) + (210)]- H. BaunuAaver: Krystallformen in flächenreichen Zonen. 547 bisher an demselben beobachteter Formen der Prismenzone [also auch die hier nicht gefundenen (610), (670) und (130)] nach abnehmendem Verhältniss A: Ak und in der zuletzt gewählten Form neben einander schreibt; man erhält dann die Reihe: (200) (610) (410) (620) (210) (640) (430) (650) (220) (670) (450) (230) (240) (250) (260) ... (010). Setzt man jetzt A/= ı, d.h. halbirt man die Achse a, so er- gibt sich: I II II III I IL Il II I III 1 I I 1 I (100) (310) (210) (320) (110) (340) (230) (350) (120) (370) (250) (130) (140) (150) (160)... (010) Während zwischen den primären Formen (100) und (110), so- wie (110) und (120) die Flächen erster und zweiter Complication (II und II) vollzählig erscheinen, nimmt von (120) an die Complica- tion ab, indem (380) zwischen (250) und (130) noch nicht beobachtet wurde; von (130) an folgen dann nur noch Glieder der primären Reihe. So bildet die Prismenzone des Realgar ein sehr schönes Bei- spiel der Zonenentwicklung, wie ich sie früher insbesondere am Jor- danit und rhombischen Schwefel beobachtet habe. 2.Skleroklas. Die durch Flächenreichthum ausgezeichnete Brachy- domenzone dieses Minerals scheint ein weiteres Beispiel für die am Realgar gefundene Zonenentwicklung zu liefern. Es wurde von mir an vier Krystallen folgende Reihenfolge von Flächen, zum Theil mit Hülfe des verkleinernden Fernrohrs beobachtet: T: (001) (045) (089) (oı1) (043) (021) (041) (010) (04T) (02T) (0-12.7) (043) (01T) (045) ... (00T) DIET (001) (0.4.11) (025) (049) (012) (047) (023) (045) (o1ı) (o-12-11) (087) (043)? III. (oor) (045) (or) (043) (021) (041) (010) (04T) (02T) (085) (032) (043) (087) (023) (012) (00T) IVE> Diese Reihen sind durchaus nicht eontinuirlich. Prüft man aber die einzelnen Formen auf ihre Häufigkeit, so gelangt man dahin, in dieser Zone eine primäre Reihe: (040) = (010), (041), (042) = (021), ! Die hier angeführten Formen wurden bei erneuter Messung in zusammen- hängendem Zonenstück an Kr. IV meiner Abhandlung über den Skleroklas (s. diese Sitzungsberichte 1895, S. 243) beobachtet. Dabei ist jedoch (049) statt des früher angenommenen Symbols (0-9-20) gesetzt [(049)::(oo1) ber. 15°23', beob. 15°293'; (0-9. 20) erfordert 15°34', doch ist (049) einfacher und passt gut in die Reihe]. (043) konnte hier nicht mit Sicherheit constatirt werden. 2 Vor (023) wurden hier noch (047) und (049) beobachtet, doch gehören diese beiden Flächen einem mit dem grössern (IV) parallel verwachsenen kleineren Krystall an. Bei (0-12-7) ist der Krystall abgebrochen. 548 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr, (043)... anzunehmen. Durch erste und zweite Complication würden sich davon die Symbole der secundären Formen: (081), (083), (085), (087)... sowie der tertiären: (©-12.1), (©-.12.-2) = (061).7(0-72.4) = No -1)aKo Dar ze ableiten. Schreibt man nun die obigen Symbole für I-IV in dieser Weise um, so erhält man folgende Reihen: I. (001)... (045) (089) (044) (043) (042) (041) (040) (041) (042) (0-ı2.7) (043) (044) (045) . .. (00T) 1. (001)... (0-4: 11) (0-4: 10) (049) (048) (047) (046) (045) (044) (0: 12- 11) (087) (043) III. E L e (001)... (045) (044) (043) (042) (041) (040) (04T) (042) (085) (0 - 12 - 8) (043) (087) (046) (048) ... (00T) IV. (046) (045) (044) (043) (085) (0- 12-7), sowie (045) (044) (043) (042) (041) (081) (040) Wie man sieht, lässt sich nun, mit wenigen Ausnahmen, stets ein Symbol aus den beiden benachbarten abgesehen von der Grenz- form (001) — durch einfache Complication ableiten. Es würde diess ausnahmslos der Fall sein, wenn bei I noch (085), sowie bei III noch (044), (045) und (047) vorhanden wären. Allerdings ist auch die Zahl der hier zusammengestellten Krystalle nur eine sehr kleine. Ördnet man sämmtliche an denselben beobachteten Brachydomen nach steigendem Index / und setzt dabei den Index % der primären Reihe =I, so erhält man: 1 I I I III II III I I I I u I I I (010) (021) (ort) (012) (037) (025) (038) (013) (027) (0-3-11) (014) (029) (015) (016) (o17) I I I I (018) (019) (0-1.10) (0-L-IT) Das ist eine vollkommen continuirliche Reihe. Auffallend ist da- bei der Umstand, dass zwischen den sehr häufigen Formen (011) und (012) keine andern durch Complication sich einschieben. 3. Dolomit. Dieses Mineral bietet in seinen Rhomboödern ein schönes Beispiel einer continuirlichen Formenreihe, und zwar lassen sich die positiven und negativen Rhombo&der zu einer einzigen der- artigen Reihe zusammenfassen. Man beobachtete überhaupt folgende Rhomboeder: ‚;R, 3ZR, #R, BR, iR, BR, aR, AR, or. — SR, m a SR Anden Krystallen des Binnenthals, ! &R wurde von mir zuerst an einem Krystall des Binnenthals gefunden (oR: SR gemessen ı1°133', 152", 323', im Mittel 11°20*', berechnet 119264"; 2R würde erfordern 10°53'). — Auch £R fand ich zuerst an dem von Hıyrze (Zeitschrift f. Krystallographie 7, 438) beschriebenen Krystall des gleichen Fundortes. Hın'rze hatte dafür das Symbol }R angegeben; er maass die Neigung zur Basis zu 35° 0' und (annähernd) 34° 54', während }R verlangt 35°47'. Ich beobachtete sieben Flächen der IH. BaunuAaver: Krystallformen in flächenreichen Zonen. 549 welche sich bekanntlich durch gute Ausbildung auszeichnen, fand ich HR, sR, BR, IR, AR, Ri 4, —5R, —2R, —8R. Bezieht man die verschiedenen Rhomboäder auf die Hauptachse und zwei Neben- achsen, so erhält man die folgenden Symbole mit Mirrer’schen Indices: (4-4:19) (225) (447) (8-8-ı1) (445) (111) (331) (441) (1-1:10) (112) (445) (332) (221) (831). Hiervon sind im Folgenden (331), (332) und (1-1-10) unberücksichtigt geblieben. Die beiden ersteren wurden zu- erst und (331) nur von Serra (Mem. Ac. Torino 1856, XVIM) für den Dolomit von Traversella angegeben; sie sind vielleicht beide zu strei- chen. Bzcxe! bemerkt hierüber: »Eine Bestätigung von 3R durch genaue Messung wäre wohl erwünscht. Die Bestimmung beruht auf Messung mit dem Anlegegoniometer; das Messungsresultat ist nicht mitgetheilt. Die betreffende Combination sieht gerade so aus, wie die am Dolomit nicht seltene R-4R. — —2R wird von Srıra als Abstumpfung der Polkanten von 3R ohne Messung angegeben; diese Form gibt übrigens auch Hessengere an. Immerhin wäre eine Bestätigung erwünscht. — ‚oR, von Hessengere für Binnenthal angegeben, ist wohl als Vicinal- fläche anzusehen, wäre also eigentlich zu streichen.« Auch Gorvscunmr (Index der Krystallformen) bezweifelt die Realität von —;;R. Nach alle- dem bleiben noch folgende ır Formen: (4:4:19) (225) (447) (8-8-ı1ı) (445) (tı1) (441) (112) (445) (221) (881). Indem man vom stumpfsten positiven Rhomboäder über das (nicht beobachtete) Protoprisma hinaus zum stumpfsten negativen Rhombo&der geht, erhält man die Reihe: (4:4:19) ... (225) (447) (8-8-11) (445) (r11) (441) (88T) (221) (445) (112) Am häufigsten sind (111), (441)”, (225), sowie (445) und (221). Man kann dieselben deshalb als Glieder einer primären Reihe be- trachten, wobei hy =k=4 wird. So erhält man zunächst: (4-4:19) ... (4-4 :10) (447) (444) (441) (442) (445) (448) = (225) = (von) — (227) = (17) Die dritten Indices der direct auf einander folgenden Glieder der primären Reihe unterscheiden sich durch die Differenz =3, und man betreffenden Form an dem (mir durch Hrn. Prof. von Grorn gefälligst zur Ver- fügung gestellten) Hıyıze’schen Krystall und fand die Neigung zur Basis zu 34° 544 bis 35°43'; darunter befinden sich reelıt gute und gute Werthe: 34°54', 34955’, im Mittel aller ergibt sich 34°58'. Diess stimmt sehr gut mit dem für &R berechneten Winkel 34°57'. Die von Hınıze an demselben Krystall ermittelte Form 4R gibt indess hier wie auch sonst recht schwankende Werthe: 37°92' bis 37°43!', ja es wurde noch 37°57', 38° 52' und 38°ı6' beobachtet, während sich für oR:#R berechnet 37° 33%”. »R gehört jedenfalls zu den wenig charakteristischen Formen des Dolomits. ! "Tscuermar’s Mineralog. u. Petrogr. Mitth. 1890, S. 224. ®? »+4R ist nächst +R wohl die häufigste aller Dolomitformen« (Becker). 550 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr. gelangt durch Subtraction dieser Zahl aus der positiven in die nega- tive Rhomboöderreihe [(442)=(4:4:1—3)]. So bilden die positiven und die negativen Rhomboäder eine zusammenhängende Reihe (eine ganz Ähnliche Erscheinung werden wir beim Klinohumit antreffen). Durch Complication gelangt man von den Symbolen der primären Reihe zu denen der übrigen drei oben angeführten Formen: I I I u 11 I 1 1I I I 1% (4°4:19) ... (44:10) (447) (8-8-ı1) (12.12.15) (444) (441) (88T) (442) (445) (448) =(445) Die Entwicklung ist allerdings eine ungleichmässige, vielleicht gestört durch das Einschneiden anderer Zonen. Doch ist die obige Reihe — abgesehen von der Lücke zwischen (4:4:19) und (4-4:10) — eine vollkommen continuirliche. Andererseits wäre es wohl möglich, dass weitere Untersuchungen zur Auffindung noch anderer Formen, wie z. B. der secundären (885) = (444) + (441) führen würden. Jedenfalls kann wohl nicht bezweifelt werden, dass hiermit das Ge- setz der Entwicklung der Flächen in der Rhomboäderzone des Do- lomits richtig erkannt ist. 4. Klinohumit. Die Krystalle dieses Minerals (Humittypus Ill nach G. vom Rarn) bieten bekanntlich interessante Eigenthümlichkeiten dar. G. von Raru' bezog dieselben »als auf ihre Grundform auf ein rhom- bisches Oktaöder mit a:b:c= 1.08028 : ı: 5.65883«. Wie beim zweiten Humittypus (Chondrodit), mit dem wir uns hier nicht beschäf- tigen wollen, so herrscht auch beim Klinohumit nach dem genannten Forscher »die Hemiödrie«, welche in Wirklichkeit die Krystalle mit ß = 90° in’s monokline System verweist. Doch kann man in ge- wissem Sinne von einer theils hemiödrischen, theils holo&drischen Entwicklung reden, indem bei der vom Rarn'schen Aufstellung ge- wisse Formen bez. Symbole nur in der positiven oder negativen, andere hingegen in beiden, zu scheinbar rhombischen Combinationen führenden Stellungen erscheinen. So findet man: (arı)(rıt); (r13) (013); (r15)(r15); (117)(117); (tor) (10T); (103) (103); (105) (105); (107) 107); (109) (109); sowie andererseits: (121) (125) (129) (1.2.13) neben (123) (127) (1-2-11) (1-2-15) vom Rarıu bemerkt: »Die Reihe (121) (123) u. s.w. ist besonders zahlreich vertreten mit 8 Formen. Mit erstaunlicher Regelmässigkeit alterniren dieselben auf der vorderen und hinteren Seite, indem wir vorn die Ableitungszahlen I, >, 5, 1, hinten 3, 4, 1; erhalten. « ! Possenp. Annalen, Ergänzungsband V, 1871, S. 373. H. Baunnaver: Krystallformen in flächenreichen Zonen. 551 Behalten wir die vom Rarm’sche Aufstellung bei, so finden wir mehrere Zonen bez. Reihen, welche wohl mit Recht als primäre auf- zufassen sind. Bei dieser Auffassung klären sich (ähnlich wie beim Dolomit in der Rhomboäderreihe) die eigenthümlichen Krystallisations- verhältnisse auf. Man beobachtet folgende Reihen: ı. Zone [o1o]: (109) (107) (105) (103) (101) (101) (103) (105) (107) (109) 2. » [100]: (016) (014) (012) (010) 3 [170]: (119) (117) (115) (113) (01) (111) (113) (115) (117) (der dritte Index fällt stets um 2) [210]: (1-2-13) (129) (125) (121) (123) (127) (t-2-11) (1-2-15) 5: » [230]: (323) (32T) |(325)] (329) (der dritre Index fällt stets um 4) PS Damit sind schon 34 von den 40 bekannten Formen des Klino- humits eingeordnet." Es fehlen noch (100), (oor), (110), (O11), (120) und (236). Als secundäre Form schiebt sich ein (100) bez. (200) zwischen (101) und (101), (110) bez. (220) zwischen (111) und (ILL), (oıı) bez. (022) zwischen (012) und (010), als quartäre Form (120) bez. (480) zwischen (121) und die noch nicht beobachtete tertiäre Form (361). (236) tritt ganz vereinzelt auf. Wie man sieht, wird die Krystallisation des Klinohumits fast ausschliesslich von den Gliedern der primären Reihen beherrscht; eine Complication findet nur in wenigen Fällen bei grossen Winkelabständen statt, wodurch sich das Gesammt- bild der Entwicklung kaum verändert. Die Reihen ı, 2 und 3 sind auch nach Einschaltung von (200), (022) und (220) eontinuirlich; (120) ist vielleicht unsicher. Reihe 5 ist unvollständig, da (325) bis- her noch nicht beobachtet wurde. Während in den Zonen [oı0]| und [110] die auf einander folgenden primären Formen mit der Differenz 2 beim dritten Index so über die Grenze zwischen + und — hinweggehen, dass beiderseits gleiche Indices erscheinen (symmetrische Ver- theilung), bedingt die Differenz 4 bei den Zonen [210] und [230] die unsymmetrische, d.i. dem monoklinen System (nach vom Rarn der »Hemiödrie«) entsprechende Entwicklung bez. Vertheilung der Symbole. Die von vom Rarn an 25 Krystallen ausgeführten Messungen haben gezeigt, dass diese Krystalle stets von einer so normalen Ausbildung waren, wie sie kaum vollkommener bei einem andern Mineral beob- achtet sein dürfte. vom Rarı theilt seine Beobachtungen speciell an 9 Kırystallen mit, indessen ist das hier gebotene Material nicht hin- reichend, um daraus sichere Schlüsse in Bezug auf die Häufigkeit der einzelnen Formen abzuleiten. Hierzu müsste eine grössere Zahl, wenn ! Von einigen vieinalen Formen wurde hier abgesehen. Sitzungsberiehte 1904. 43 552 Sitzung der phys.-matlı. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr. möglich ringsum ausgebildeter Krystalle durchgemessen werden. Leider ist es mir selbst wegen Mangels an Material nicht möglich, diese Arbeit auszuführen. 5. Antimonit weist mehrere flächenreiche Zonen auf, von denen wir folgende kurz betrachten: ı. [100]: (001) (013) (012) (023) (034) (oı1) (043) |(032)] (053) (021) (031) (041) (092) 2. [001]: (100) (310) (210) (320) (430) (110) (560) (340) (230) (350) (120) (250) (130) (140) (150) (160) (170) 3- [30T]: (103) (113) (123) (133) (143) (153) 4. |302]: (203) (629) (213) (223) (233) (243) (253) (263) (273) (283) (2-12 - 3) 5. [10T]: (101) (313) (323) (434) (656) (878) (111) (676) (343) (353) (121) (131) Zone [100] bildet, ergänzt durch die noch nieht beobachtete Form (032), eine continuirliche Reihe; als primäre Formen sind wahrschein- lich zu betrachten (oo1) (o11) (021) (031) (041), als secundäre dem- nach (012) [(032)] (092), als tertiäre (013) (023) (043) (053), als quartär (034). Man erhält also: I 1 1I I Ve I II II 111 I I I 1 (001) (013) (012) (023) (034) (o11) (043) |(032)] (053) (021) (031) (041) (092) eine im allgemeinen sehr regelmässige Entwicklung.' Ganz ähnlich ist der Bau der zweiten Zone, in welcher wir als primäre Reihe annehmen: (100) (110) (120) (130) (140) (150) (160) (170). Wir erhalten dann, abgesehen von der vielleicht nicht siche- ren (560): I ul 11 II Ve 1 II u II I 1 1 I I I I (100) (310) (210) (320) (430) (110) (340) (230) (350) (120) (250) (130) (140) (150) (160) (170) eine vollkommen eontinuirliche und selır regelmässig entwickelte Reihe. Zone [301] wird anscheinend nur aus Gliedern einer primären Reihe gebildet; dasselbe gilt im wesentlichen von Zone [302], in welcher jedoch zwischen (203) und (213) die vereinzelte tertiäre Py- ramide (629) beobachtet wurde und zwischen den beiden letzten Formen mit hohem, zweiten Index eine Lücke vorhanden ist. In der fünften Zone endlich, welche weniger regelmässig entwickelt ist, sind wohl als primäre Formen anzunehmen (101) = (303), 313, 323, (III) = (333); (343). (353); (121) = (363), (131) = (393). Seeundare Koren wären dann (656) und (676), eine Lücke wäre vorhanden zwischen (363) und (393). Die beiden Symbole (434) und (878) passen nicht gut in die Reihe bez. würden sich erst in Folge höherer Compliecation einstellen. Vielleicht sind sie durch andere Symbole zu ersetzen, welche, obgleich anscheinend complieirter, auf einfachere Weise abgeleitet wür- ! Die quartären Formen bezeichne ich mit IVa oder IVß, je nachdem sie zwischen I und III oder zwischen II und 11] liegen (vergl. hierüber auch die Bemer- kungen in meiner Abhandlung im Centralblatt für Mineralogie u. s. w. 1903, S. 667). HU. Baussaver: Krystallformen in flächenreichen Zonen. 555 den. Bekanntlich entsprechen nicht immer die einfacheren Symbole am besten den beobachteten Winkeln (vergl. beim Dolomit $ R). Über die Berechtigung solcher Vermuthungen können natürlich nur erneute Messungen, sowie über die Realität der oben angenommenen primären Reihen Beobachtungen über die Häufigkeit der einzelnen Formen end- gültig entscheiden. Diess gilt auch hinsichtlich anderer Beispiele einer ähnlichen Zonen- entwicklung, wie ich sie bei verschiedenen Mineralien (z. B. Arsenkies, Baryt, Datolith, Zoisit) getunden zu haben glaube. Erst eingehende weitere Beobachtungen und statistische Behandlung des Gefundenen können dort zu einer wohl begründeten Auffassung führen. Dennoch dürften sich jetzt schon aus obiger Untersuchung wie aus meinen früheren Beobachtungen einige Regeln ergeben, welche wahrscheinlich eine allgemeinere Gültigkeit besitzen. 1. Die natürliche Reihenfolge der Flächen innerhalb einer frei entwickelten, formenreichen Zone (bez. eines Zonenstücks) eines ein- zelnen Krystalls steht unter dem Gesetze der Complication oder strebt doch diesem Gesetze zu; jedes Symbol ist also im all- gemeinen durch Addition der gleichstelligen Indices der beiden be- nachbarten Symbole ableitbar. Zuweilen (wie bei Realgar, Skleroklas, Dolomit) ist es jedoch notwendig, zunächst eine Umformung der jetzt gebräuchlichen Symbole vorzunehmen, wobei die häufigsten Formen als Glieder einer primären Reihe erscheinen. Manchmal findet man scheinbar fehlende Flächen, wenn auch nur sehr schwach entwickelt, bei sorgfältigster Untersuchung auf (s. Realgar). Die Formenreihe ist eine econtinuirliche oder nähert sich wenigstens einer solchen. Im erstern Falle kann man die betreffende Zone (bez. das Zonenstück) als vollkommen bezeichnen. 2. Ordnet man in arithmetischer Reihe die an den Krystallen eines Körpers überhaupt beobachteten Formen (bez. Symbole) einer flächenreichen Zone, so zeigt auch eine solche Reihe (direct oder nach der oben angegebenen Umformung der Symbole) vollkommene oder fast vollkommene Complication, ist also ganz oder fast ganz con- tinuirlich. Neue Flächen können natürlich immer noch aufgefunden werden, ordnen sich dann aber nach dem Gesetze der Complication ein. Andererseits deutet eine Lücke in der Reihe darauf hin, dass noch nicht alle in Wirklichkeit in der Zone auftretende Formen an den bis jetzt untersuchten Krystallen des betreffenden Körpers beob- achtet wurden. 3. Stellen die Symbole einer Zone direct oder nach der ange- gebenen Umformung eine continuirliche Folge dar, so befinden sich darunter gewisse Formen von grösserer Häufigkeit, welche einer, in 554 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. März 1904. — Mittheilung v. 25. Febr. dieser Abhandlung Eingangs näher charakterisirten primären Reihe angehören. Dazu kommen dann, insbesondere auf der Strecke der Formen grösster Häufigkeit bez. einfachster Indices, secundäre, ter- tiäre, eventuell quartäre Flächen, während in grösserer Entfernung von jener Strecke und gegen das Ende der Zone bez. des Zonenstücks in der Regel nur noch Glieder der primären Reihe auftreten. In ein- zelnen Fällen wird jedoch eine Zone bez. ein Zonenstück nur von primären Formen gebildet. Ausgegeben am 17. März, 555 SITZUNGSBERICHTE Ele: XV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 10. März. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. *Hr. Lenz las über Bısmarcr’s Bemühungen um eine Re- form der Patrimonialgerichtsbarkeit. Ein erstes Licht auf den Plan Bısmarer’s, eine Reform der Patrimonialgerichts- barkeit, und zwar für die beiden Jerichower Kreise. ins Leben zu rufen, haben zwei Briefe von ihm an Lupwıs von GERLACH, beide aus dem Jahre 1847, geworfen (Bıs- marck-Jahrbuch III). Dazu kamen dann Andeutungen in den Briefen Bısuarer’s an seine Braut und neuerdings in den Aufzeichnungen aus dem Leben GerLacH’s. Aus den Akten des Justizministeriums, die der Vortragende benutzen durfte, ergab sich, dass Bismarck einen analogen Versuch im Verein mit Hrn. von BüLow- CummERow schon vorher für den Regenswalder und einen Theil des Naugarder Kreises zu reali- siren versucht hatte, und ferner, dass Beides in engem Zusammenhang stand mit den Reformabsichten, welche die Regierung Frıeprıch Wiırnerm’s IV. hinsichtlich der Pa- trinonialgerichtsbarkeit verfolgte. Die Entwiekelung dieser Pläne von 1840 bis zur Revolution, die ihnen mit der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit selbst ein Ende machte, wurde dargelegt. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 44 DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN DD — AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XVI. 17. März 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserlem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. $2. 1. Jeden esbenieht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissensehaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte, Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. S 6. l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oectav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. NMittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören. ‚ sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87; 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitz ungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen ‚sie im Sehriferkehr rs wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: ; die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats A ae N P- Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Pertgung Register, ” .. ” _ nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der } öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- h den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- E willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. Ban $8. Be. 5. Auswärts werden Correcturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. Sale Ei. 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen a, Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich R fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- Titel der Mittheilung an? der Name des Verfassers stehen. : 2. Bei Mittheilongen, die mit dem Kopf der Sitzungs- E berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag | fort. £ N 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Ceanuk > Akademie oder der betreffenden Oase: — Nichtmitglieder iR erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen, uled CM N 28. f EE 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte bei stimmte Mittheilung muss in einer akademischen. Sitzung, vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung t einesi Fache angehörenden ordentlichen Nitgliedes zu benutzen. « Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst ‚geeignet A scheinenden Mitgliede zu überweisen. f [Aus Stat. Sal, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht ezuelE .$29. A 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt: des. geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, ‚jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Rtichtung nur die Verfasser Varantng wortlich. f R | a SI SITZUNGSBERICHTE 1904. XVI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. März. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. - l. Hr. Frogentvs las: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. Eine 2rfach transitive Gruppe von Substitutionen hat mit der symmetrischen Gruppe desselben Grades alle Charaktere gemeinsam, deren Dimension höchstens gleich r ist. 2. Hr. Kreiın legte ein neues Meteoreisen von Persimmon Creek, bei Hot House, Cherokee Co., Nord Carolina vor und sprach über dessen merkwürdige Eigenschaften. 3. Von den eingegangenen Druckschriften kamen besonders zur Vorlage: Morrke's Militärische Werke. III. Kriegsgeschichtliche Arbei- ten. Dritter Theil. Her. vom Grossen Generalstabe. Berlin 1904: und: THEODOR ScHIEMANN, Geschichte Russlands unter Kaiser Nıkoraus 1. Band I. Kaiser ALzxanper II. und die Ergebnisse seiner Lebensarbeit. Berlin 1904. 4. Die Akademie hat durch ihre physikalisch-mathematische Classe bewilligt: Hrn. Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Gustav Frırscn in Berlin zur Herausgabe eines Atlas mit Darstellungen der hauptsächlichsten Typen der gegenwärtig in Aegypten lebenden Bevölkerung 2000 Mark: Hrn. Dr. Epwiın S. Faust in Strassburg i. E. zu Untersuchungen über das Schlangengift 1000 Mark. Das eorrespondirende Mitglied der physikalisch -mathematischen Classe GroreE Sarnmon zu Dublin ist am 22. Januar verstorben. Sitzungsberichte 1904. 45 558 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. Von G. FRoBENIUS. Bass zweifach transitive Gruppe von Permutationen hat den Charakter %(R) = «a-1, wenn « die Anzahl der Symbole ist, welche die Sub- stitution R ungeändert läßt. Dieser bekannte Satz bildet das erste Glied einer Reihe von Sätzen, die ich im folgenden entwickle: Eine vierfach transitive Gruppe besitzt außerdem die beiden Charaktere »4(2-3)+ß und }(&-1)(&-2)-®&, wo 8 die Anzahl der binären Zyklen in der Substitution AR ist. Bei noch höherer Transitivität hat die Gruppe noch andere Charaktere mit der symmetrischen Gruppe desselben Grades gemeinsam ($ 3). Diese Ergebnisse leite ich aus einem von Hrn. Nerro gefundenen Satze über Substitutionengruppen ($ ı) ab. Bei diesem Anlaß teile ich ($ 4) eine neue Darstellung der Cha- raktere der symmetrischen Gruppe mit, die für ihre Berechnung ganz besonders geeignet scheint. Mit Hilfe der gewonnenen Resultate be- rechne ich zum Schluß die Charaktere der beiden von Marnızu ent- deckten fünffach transitiven Gruppen der Grade 12 und 24. SEITE Durch eine Verallgemeinerung von Sätzen, die von Caucuv und von mir aufgestellt waren, ist Hr. Netto in $ ı und $ 2 seiner Arbeit Untersuchungen aus der Theorie der Substitutionen- Gruppen, ÜRELLE’s Journal, Bd. 103 zu folgenden Resultaten gelangt: I. Multipliziert man die Anzahl der Zyklen des Grades s, die in allen Substitutionen einer Gruppe der Ordnung h vorkommen, mit der Zahl s, so erhält man ein Vielfaches von h, und wenn die Gruppe s-fach transitiv ist, die Zahl h_ selbst. II. Multipliziert man die Anzahl der Kombinationen von x Zyklen des Grades 1, A Zyklen des Grades 2, u Zyklen des Grades 3 usw., die in allen Substitutionen einer Gruppe der Ordnung h vorkommen, mit der Zahl Frogentus: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 559 s = 1x! 2’a! 3"u!...., so erhält man ein Vielfaches von h, und wenn die Gruppe r = (#x»+2%+3u + .-.-)-fach transitiv ist, die Zahl h selbst. Da dieser Satz die Grundlage der folgenden Untersuchung bildet, will ich hier auch seinen Beweis entwickeln. Man schreibe <+A+u+:.. leere Klammern auf, von denen % einen Platz, A zwei Plätze, « drei Plätze usw. enthalten. Man nehme x+2A+3u+--.— r verschiedene Symbole und setze sie in allen mög- lichen Anordnungen an die leeren Plätze. Dann erhält man alle Sub- stitutionen dieser Symbole, die aus x Zyklen des Grades I, A Zyklen des Grades 2, # Zyklen des Grades 3 usw. bestehen, und jede dieser Substitutionen s = 1*’x! 2A! 3*u! ... mal. Nun sei gegeben eine Gruppe $ des Grades n und der Ordnung A. Aus den n Symbolen wähle man r (= n) verschiedene «#, Bay, 2-2 aus. Durch die } Substitutionen der Gruppe 9 mögen sie in «',B’,y',---$', in «”, &’, y”,...$” usw. übergeführt werden. Die p verschiedenen Sy- steme von Symbolen, die man so erhält, nenne ich konjugierte Systeme (in bezug auf 9). Enthält die Gruppe g Substitutionen, die jedes der r Symbole x, 8,y,.-- $ ungeändert lassen, so ist pq = h (Cam. Jorban, Traite des substitutions, Nr. 44). Sei R eine Substitution von $, welche x Zyklen des Grades 1, A Zyklen des Grades 2, u Zyklen des Grades 3 usw. enthält. Man ordne die Zyklen von R etwa so, daß erst die x Zyklen des Grades I, dann die A Zyklen des Grades 2 usw. stehen, und dann erst die übrigen Zyklen in beliebiger Anordnung folgen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß R mehr als x,A, u... Zyklen der Grade 1,2,3.... enthält. Dann kann man R auf verschiedene Arten in der angegebenen Art schreiben. Die Anzahl solcher Substitutionen R, jede so oft aufgezählt wie eben angegeben, sei v. Dann ist » die Anzahl der Kombinationen von x Zyklen des Grades 1, A Zyklen des Grades 2 usw., die in allen Sub- stitutionen von 9 vorkommen. In jeder dieser » Substitutionen kann man noch die ersten x Zyklen untereinander vertauschen, die A folgenden untereinander vertauschen und jeden dieser A Zyklen auf 2 Arten schreiben (&,8) oder (ß,«&) usw., also kann man jede dieser v Substitutionen auf s = 1*x! Pr! "u! --- Arten schreiben. Dann erhält man vs Substitutionen, die alle wenig- stens der Form nach verschieden sind. In einer dieser vos Substitutionen A mögen an den ersten r Plätzen innerhalb der Klammern die r Symbole #, ®,y, :-- Sin dieser Reihen- folge stehen. Seien #,B,,B,,--- B,_, die g Substitutionen von 9, die jedes der r Symbole «, 8,y, :-- $ ungeändert lassen. Dann stehen in den g verschiedenen Substitutionen A, AB,, AB, --- AB, ,, aber in keiner anderen, die r Symbole 4, ®,y, :-- $ an derselben Stelle, wenig- 45* 560 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. stens jedesmal in einer der verschiedenen Formen, in denen sich eine dieser Substitutionen unter den aufgestellten vs findet. Ist «,ß’,y’, --- $’ eines der p mit &,8,y,:-- konjugierten Systeme, so finden sich auch genau g Substitutionen darunter, in denen «, 8’, y’, :-: S’ in dieser Reihenfolge die ersten r Plätze einnehmen. Unter den vs betrachteten Substitutionen gibt es also pg = Ah, worin die ersten r Plätze in den Klammern mit den Symbolen &,®,y, :-- 3, oder «,®’,y’, --- 3’, oder a, B",y”,---9”,--- in dieser Reihenfolge besetzt sind. Diese A Sub- stitutionen sind durch irgend eine von ihnen alle vollständig bestimmt. Enthält das aufgestellte System von vs Substitutionen noch eine weitere Substitution A,, so entspringen daraus wieder h, die unter sich und von den A ersten, wenigstens der Form nach, verschieden sind. Mithin ist os = mh ein Vielfaches von h. Ist die Gruppe 9 r-fach transitiv, so ist &,8,y,:::$ mit jedem System von r verschiedenen Symbolen kon- Jugiert. Daher ist m = 1. 8 2. Sei R eine Substitution von $, die genau «,®,y, :-- Zyklen der Grade 1,2,3, --- enthält. Dann kommt R unter den oben aufgestellten v Substitutionen (:) () () --. mal vor. Dies bleibt auch richtig, wenn nicht &>x2,8 >, y>wu,-- ist, weil dann jene Zahl gleich Null ist. Folglich ist el 2. B\/y ER Em sn FEN IE), re wo die Summe über die 4 Substitutionen R von 9 zu erstrecken ist. Ist 9 r-fach transitiv, so ist m —=1. Nun seien s,, &,s,, ::: Variable, denen wir die Dimensionen (Gewichte) 1,2,3,:-- beilegen, so daß dem Produkte s“ ss‘ --- die Dimension <+2?+3u+ --: zu erteilen ist. Ist dann 5 r-fach transitiv, so verschwinden in der Differenz Akykır- \R A A M : die Koeffizienten der Glieder, deren Dimension r ist. Nun seien &,,%,,°""&%,_1>Yı> Yas ''"Yn_, Variable, die alle die Di- mension l haben. Setzt man dann a ME Fe EEE ee); Frosentus: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 561 so beginnt die Entwicklung von s, mit Gliedern der Dimension x. Da- her fängt die Entwicklung der Differenz l u @ » @ „2 rate ta) (em) SEN (ya seyn) > —esitaet3sern mit Gliedern an, deren Dimension >r ist. In meiner Arbeit Uber die Charaktere der symmetrischen Gruppe, Sitzungsberichte 1900, im folgenden mit S. zitiert, habe ich in $3 gezeigt, daß (2) (atntHaatnt tm) A,a, 2) = € [x; ’ %yn en; 1x” (R)a,' 2° I o ”) ist. Hier ist x®(R) = x%;,,... ein Charakter der symmetrischen Gruppe, genauer ausgedrückt, der Wert eines solehen Charakters für eine Substitution R, die aus &,8,y--- Zyklen der Grade 1,2,3.-- besteht. Ist x, die größte der n Zahlen x,,x,::-x, des Systems (x), so will ich (S. $4, (2.)) (3.) ut" +%1-3(n-1)(n-2)= 2n-1-m,—n die Dimension des Charakters %, nennen. Demnach gibt es nur einen Charakter der Dimension 0, den Hauptcharakter % = I, nur einen N i 5 0 : ; Charakter der Dimension 1, «il — &-1, zwei Charaktere der Di- mension 2, (4-) x[ı|= ee-9+8 ; x|ol = e-D@-»-8, drei Charaktere der Dimension 5, x|.|=42@-D@-3) +(a-1)B+y, (5) x|o|= :e-De-2e-3)-(«-ne+r, | ala 2)(a—4) Ben fünf Charaktere der Dimension 4, x|2l= seem Den 440-1) Der iBlE-D Han rt, x|o| = aaa 9-3 Da-DB+3E@-1)4+@-17-3, x|3] = }et@-ne-81e-0) +:(a-1)(a-2)B-B (B- 1) -8, x|i|= iee-9e-996-5) -tata-se 486-0) +3, x|oi| — ala 1){a4)(a-5) + Be 2)-(a1jy. 562 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. sieben Charaktere der Dimension 5, und allgemein so viele Charaktere der Dimension n’, wie sich n’ als Summe von positiven (>0) Sum- manden darstellen läßt, oder wie sich }n’(n’+1) als Summe von n’ verschiedenen nicht negativen (>0) Summanden darstellen lässt. Jede der hier aufgestellten Funktionen der Variabeln &,®, y,d,:-: ist ein Charakter % für alle Werte von n, die eine gewisse Grenze übersteigen. Für kleinere Werte aber kann er gleich -% oder auch stets gleich 0 sein (vgl. S.$S 4). Dies erkennt man daran, ob das erste Glied für = n positiv, negativ oder Null ist. Endlich kann für ein gegebenes n einer dieser Ausdrücke, der formal von höherer Dimension ist, mit einem von kleinerer Dimension dieselben Werte haben. Z. B. ist x[o:| = |. für n = 3. Bei gegebenem n ist da- her für jeden Charakter die Darstellung als Funktion von #,B,y,:- zu wählen, bei der seine Dimension möglichst klein ist. Dann ist die Anzahl der Charaktere des Grades n und der Dimension n’ gleich der Anzahl der Zerlegungen von 3n’(n’+1) in n’ verschiedene Sum- manden, deren jeder n’ sind. Dann ist dieser Charakter oben mit | ER | bezeichnet. Bı vr p, S 3: Die Entwicklung der Funktion A (x, 2%, ,_,, ,) beginnt, wenn x, =] ist, mit Gliedern der Dimension Z(n-1) (n-2). Sei va A (a, Sn 1) Alyı, Sr L) esıtaSsatssste 1 irn ee U h 0) = [A Ag x] [Aı An, An] x (R) x (R) N Ne un u U, ee Yı Js en 2 Frosentus: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 563 wo R die A Substitutionen von 9 durchläuft, und ur tmatm ht tat =anent+l) ist. Dann beginnt die Entwicklung der Differenz U-V mit Gliedern, deren Dimension >r+(n-1)(n—2) ist. Dasselbe gilt für jede andere r-fach transitive Gruppe 5 des Grades n. Für diese bleibt der Aus- druck V derselbe, während U in eine Summe [/’ übergeht, worin R die Ah’ Substitutionen von 5° durchläuft. Folglich beginnt auch die Entwicklung von (U-V)-(U-V)= U-U mit Gliedern, deren Dimension >r+(n-1) (n—2) ist. Die Summe 1 (1.) 73 x (E)XO(RT) hr hat daher für 5 und 9 denselben Wert, falls Aut + trtı tr For +en-1) (Rn -2) ist. Der Umfang dieser Bedingung wird am weitesten, wenn man unter %, (A,) die größte der Zahlen <,,---%, (A,,-:-A,) versteht. Dann besagt sie, daß die Summe der Dimensionen der beiden Charaktere x9 und «9 4r, und demnach die von x” <4r, so ist 4) ein Charakter von 9, %” aber eine lineare Verbindung von Charakteren von 9, unter denen der Charakter %” nicht vorkommt. S4 Definiert man den Charakter 4”, wie S. $ 3, durch m ver- schiedene Zahlen A,, ... A,, deren größte A, ist, so ist seine Dimension (1.) ur ma) mon em Dann ist (2) (mt: +2)° (a? +. +a2)B (ad + --- +83)9--- Alam, m) —5> Day Bus ?%as An] a. am. 2 m (%) Damit ein bestimmter Charakter A, °C \ (3-) A Wer 5) in dieser Entwicklung vorkomme, genügt es m>a,+1 zu wählen. Nun ist nach S. 84 (7.) +. ++b.. +b,=n-r, also a,+b,a,. Daher kann man m=n'+1 setzen, dann ist A,—= n, und der Charakter x,” der Dimension »7 ist durch die n’+1 verschiedenen Zahlen (4.) (x®) DER Ras ann charakterisiert, die der Bedingung (7.), $ 2, genügen. Ich will nun zeigen, wie man %” durch den entsprechenden Charakter (5.) PO) OA): Ars Aaycc Au der symmetrischen Gruppe des Grades n’ ausdrücken kann. Dabei benutze ich die folgende bekannte Formel: Ist (2-2) (8-2). -(@-,) =" hm 4 46 ’ De ee Re n so ist 1 Bryt se PB sY... (6.) SET Re ; r — 1eal2Bß!gry!... a,b,ıy° Yo 5% Cl wo sich die Summe über alle nicht negativen Zahlen 2,®,y,--- er- streckt, die der Bedingung DI 2 BE Se genügen. 5 Frogenius: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 565 In Formel (2.) sim =n'+l, u=z, (2-21). (2-0) = a" 4a" 4. +Hbo, at Hals. Nach Absonderung des Faktors A(&,,:--x,) ist dann die linke Seite gleich (+ s1) (@® + s Pla +s)% (a Hari. + tv), ‚+8, auszudrücken ist. worin £, mittels der Formel (6.) durch s, , & s% ... multipliziert, worin Dann ist x” mit Gliedern der Form ss?’ (72) a’+2ß’+3y' +. —=n ist. Um den Koeffizienten eines solchen Gliedes zu berechnen, hat man den Zahlenkoeffizienten BIHlWE von ssis#... in (2+Ss)* (+5s)® (2’+s,)” --- mit dem Zahlenkoeffi- zienten von s“ * SP" Ss?" ... ina” +42" "+... +, zu multiplizieren. Dieser ist nach (6.) (CHE 1° =*(a’—a)! 2? R(B—A)! BY #ly’—u)!--- Man setze zur Abkürzung (8) Em =&ırta(,)(?), wo sich x von 0 bis zur kleineren der beiden Zahlen E,n bewegt. Ist eine dieser beiden Null, so ist S, — | zu setzen. Dann ist der Koeffizient von 2", s,° 3° --- gleich (- 1)e +8 Hy "+ y . . i 1e’a’! 38’g’1 gu’y’! —Sıla,a 2 (BEE) Sa Nun ist aber, wenn man den Faktor A (x, x,.) wieder hinzugefügt, ED Ser N SE) ER IE ABER An’ Sa Say Aa, 3 2.) SIr2 A VrBnyne [%ı ’ Ay; 1], 52 Bar. Durch Vergleichung der Koeffizienten von x --- x" in der Formel (2.) erhält man daher (9.) Xu ae >3 Sıla,a )22(6,B )>s(9,Y ) 2 ( DE 1e"a | a9" BI ay'y’l..- ar, Byrne k \ y worin W = LP irgend ein Charakter des Grades n’, und % = %” der ihm entsprechende Charakter des Grades rn und der Dimension 7 ist. Die Summe ist über alle Lösungen der Gleichung (7.) zu erstrecken. Aus dieser allgemeinen Relation ergeben sich die Formeln (4.), (5.), (6.), $ 2 in der einfachsten Weise. 566 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. Bedient man sich der S. $ 4 eingeführten Charakteristik, so ent- spricht dem Charakter ; a ae nach der Bezeichnung von $ 2 der Charakter aa, ER x und nach (4.) ist (A # I nee! (10.) (3 — Ce, Bere ne worin aber, falls 8, = 0 ist, oben 0 und unten —1 zu streichen ist. Durch Auflösung der Gleichungen (7.) erhält man die über alle Paare entsprechender Charaktere bezogene Summe KZX (GREIFT Ed, Nee (0,2) ElR Ber Va ee Nach 'S. $ 3, (6.) ist fursar n=9r Dry 0 Adız +: m) la=dı) ade) I Wyr.osa Xa&,0,0,.- — — \,) ZE® IE _ = ar N) + (a—\,.). Setzt man diese Werte in der Formel (11.) ein, so erhält man eine Eigenschaft der Charaktere des Grades n’. Spricht man sie für die Gruppe des Grades n aus, so lautet sie (12.) 32x92... EN) Er) = CN DZ wo (A) alle Zahlensysteme A,.---A, durchläuft, die den Bedingungen (13.) At: +, =zn(n+1) (ISA, , = ( 3 )- Die Funktion 3,(Z,n) ergibt sich aus der Reihenentwicklung / o z" = be 0 re = e?(1-2)° oder aus der Formel 15 B Ar Im Frosenius: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 567 e'2#,(&,n) = Di(e: oder aus Mit Benutzung der entwickelten Sätze habe ich die Charaktere aller mehrfach transitiven Gruppen berechnet, deren Grad = 24 ist. Außer den symmetrischen und alternierenden Gruppen der verschie- denen Grade ist keine Gruppe bekannt, die mehr als fünffach transitiv ist, und man kennt nur zwei fünffach transitive Gruppen, die beide von Marnızu entdeckt sind, und deren Charaktere ich hier angeben will. Die Substitutionen der fünffach transitiven Gruppe M,, des Grades n = 12 und der Ordnung A = 12. 11. 10. 9. S zerfallen in 15 Klassen. Zwei Substitutionen von M,, sind konjugiert, wenn sie in der alter- nierenden Gruppe des Grades 12 konjugiert sind. Daher bilden alle Substitutionen, die in gleich viele Zyklen desselben Grades zerfallen, eine Klasse, nur die Substitutionen der Ordnung 11 zerfallen in zwei inverse Klassen (11), und (11)_. In der ersten Spalte der Tabelle bezeichnet das Symbol (6) (3) (2) die Klasse der Substitutionen, die in 4 Zyklen der Grade 6, 3, 2, 1 zerfallen, das Symbol (3)' die Klasse der Substitutionen, die in 4 Zyklen des Grades 3 zerfallen. Die Zyklen ersten Grades sind weggelassen, außer bei der Hauptklasse (1)". In früheren Tabellen pflegte ich die Anzahl A, der Elemente der Ih h, setzen, die Anzahl der Elemente der Gruppe, die mit einer Substi- tution R der 7" Klasse vertauschbar sind, also die Ordnung einer gewissen Untergruppe. Die Summe der Normen der in einer Zeile p“" Klasse anzugeben. Es scheint zweckmäßiger, sie durch zu er- : ei - stehenden Werte aller Charaktere ist gleich n In der ersten Zeile - : findet sich der Grad f, = «®(E) jedes Charakters 4”. Ich benutze diese Zahl zur Kennzeichnung von %”. Die drei Charaktere, wofür f. = 55 ist, unterscheide ich durch 55, 55%, 55%. In der letzten Spalte soll das Zeichen 16 daran erinnern, daß von den beiden in- versen Charakteren 16% und 16% nur der eine angegeben ist. Nach den entwiekelten Sätzen hat M,, die Charaktere &-1: 11”, («-1)(@-2)-8:55® und 32(2-3)+%:54. Die drei in Formel (5), 2 aufgezählten Charaktere dritter Dimensionen der symmetrischen ruppe ©, zerfallen jeder in zwei Charaktere von M,,, nämlich 9 +55®%, 120 +45, 144+176. Die beiden ersten Charaktere der Formel (6), $ 2 zerfallen in 119 +54+66+144 und 66 +120 + 144. [ep) UR vl (de) 568 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. hr 121102988 I Eee reelle 192 1,3. 785 ar tr 77 22s0e66 32 ee il 1 2-2 — 0 d 00 54 ae or 1 1 EA —2 10 1 1 1 0.9202 05 2.001 1-1 0 —1 1 8 1 1-1 -1 ee 2) 6 1 0 %° —1 -1 1 OO 0 1 Or) 11 182120. 2107ER 0 -1 1 Ai 11 1% +069,.707 4 Kor] 0-1 6) 240 1-1-1-5-5 5 5 6 —1 0 4 -4 10 ee 1-1 0-1 —1 32 1 -1 3 —1 —1 area ir 36 1 -1 -1 1 1 1 3, Ro oe 12 1-1 -1 1 1 Tee 1.0 8 1 —1 1 1. —1 ZI 0 ee DER OO Die Substitutionen von M,,, die ein Symbol ungeändert lassen, bilden eine vierfach transitive Gruppe M,, des Grades Il und der Ord- nung 11.10.9.3. Ferner enthält M,, eine mit M,, isomorphe dreifach transitive Gruppe des Grades 12 und der Ordnung 12. 11. 10.6. Daher kann man M,, auch mittels dieser Gruppe als transitive Gruppe von Permutationen von 12 Symbolen darstellen, und erhält so einen äußeren Automorphismus von M,,, wodurch sich die Klassen (8) (2) und (8) (4) und ihre Quadrate (4)’ und (4)’(2)’ vertauschen. Durch diesen Auto- morphismus geht der Charakter 11® in 11®, der Charakter 55° in 55® über. Die übrigen Charaktere sind mittels der Untergruppe M,, be- rechnet. Mit Vorteil kann auch die folgende besonders bemerkenswerte Untergruppe von M,, benutzt werden: Sei (1,2,3,4,5,6) (7,8,9) (10, 11) (12) eine Substitution der Klasse (6) (3) (2). Dann bilden alle Sub- stitutionen R von M,,, die nur die 6 ersten (und nur die 6 letzten) Symbole unter sich vertauschen, eine Gruppe der Ordnung 6! Jede solehe Substitution R zerfällt in zwei Substitutionen, R,, die nur die 6 ersten, und A,, die nur die 6 letzten Symbole unter sich vertauscht. Sowohl R, wie R, durchlaufen die 6! Substitutionen der symmetrischen Gruppe ©, des Grades 6, und es entsprechen sich R, und R, in dem bekannten äußeren Automorphismus dieser Gruppe. In der Tat ent- sprechen so den Klassen (6), (3)’ und (2)’ von ©, die Klassen (3) (2), (3) und (2), und ihre Vereinigung ergibt die Klassen (6) (3) (2), (3)° Frorentus: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 569 und (2) von WM... Aus dem Hauptcharakter von ©, ergibt sich der zu- “ sammengesetzte Charakter 1+11®9+11®+54+55® von M,, aus dem anderen linearen Charakter von ©, der Charakter 119 +559+ 66, und so erhält man die beiden einfachen Charaktere 55® und 66. Dann liefern die obigen Formeln alle Charaktere bis auf 16% und 16°, die sich aus den bilinearen Relationen leicht bestimmen lassen. Ist 4(R) ein Charakter von 9, so sind 2 (1.) (XRP-xX(R®)) , xl)? + xlR®)) lineare Verbindungen der Charaktere mit ganzen positiven Koeffizienten. Wählt man für %(R) den Charakter 16%, so erhält man so 120 und 16) +54 + 66. $ 6. Die Substitutionen der fünffach transitiven Gruppe M,, des Grades n = 24 und der Ordnung r—19422322221.20748 zerfallen in 26 Klassen. Die Klasse (7), enthält die Quadrate der Sub- stitutionen der Klasse (14) (7) (2); und die Kuben der Substitutionen der Klasse (21) (3),. Die Gruppe M,, hat den Charakter &-1: 23, die beiden Charaktere (4), $2 : 7.36 und 23.11. Die drei Charaktere (5), $2 sind: 23. 21+ 23.55, 23.77, 55. 64, die fünf Charaktere (6), $ 2: 7.36 + 55. 64 + 23. 21 + 23. 144 + 23. 45®, 23. 77 +77.72 47700 +770®%, 23.55 +55. 64+ 23.99 + 23. 144 + 23. 11. 21+ 11. 35. 27, 77.72 +11. 35. 27 +11. 35. 27, 23.45 + 23. 88 + 23. 144 + 23. 21. 11+ 23.7. 36. Die Substitutionen, die ein, zwei, drei Symbole ungeändert lassen, bilden die Gruppen M,,, M., M,. Außer M,, habe ich noch die beiden folgenden besonders bemerkenswerten Untergruppen zur Be- rechnung der Üharaktere von M,, benutzt: Teilt man eine Substitution R der Klasse (15) (1) (5) 8) in die beiden Teile R, = (15) (1) und R, = (5) (3) (oder eine Substitution R = (14) 2) (N) (l) in R, = (14) (2) und R, = (7) (l)), so erhält man eine Einteilung der 24 Symbole in zwei Systeme von 16 und 8 Sym- bolen. Die Substitutionen von M,,, die nur die Symbole jedes dieser beiden Systeme unter sich vertauschen, bilden eine intransitive Gruppe Miss. Jede ihrer Substitutionen R entsteht durch die Vereinigung von zwei entsprechenden Substitutionen R, und R, zweier homomor- 570 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. phen transitiven Gruppen M,, und 2, der Grade 16 und 8. M,, ist die dreifach transitive lineare Gruppe der Ordnung (1.) 21(2-1) (2-2) (!-2°) (2). Sie enthält die elementare Gruppe N der Ordnung 16 als in- a . 1 . = f variante Untergruppe, und —T, ist der alternierenden Gruppe N des Grades 8 isomorph. Die Gruppe M,,;, kann auch in folgender Art erhalten werden: Die Substitutionen von M,,, die 5 Symbole ungeändert lassen, bilden eine intransitive Gruppe der Ordnung 48 und des Grades 16 +3. Sie enthält 32 Substitutionen der Klasse (3)° und 15 der Klasse (2)'. Die letzteren bilden mit der identischen Substitution eine elementare Gruppe N der Ordnung 16. Die Gruppe M,,,, besteht aus allen mit R vertauschbaren Substitutionen von M,.. Die Gruppe M,, enthält demnach die beiden nicht isomorphen einfachen Gruppen der Ordnung ,8! als Untergruppen. Die eine ist M,,. Die andere, 7,, erhält man, indem man mittels einer Substitution der Klasse (15) (5) (3) die 23 Symbole in zwei Systeme von 15 und 5+3 = 8 Symbolen teilt. Die Substitutionen von M,,, die nur die Symbole jedes dieser beiden Systeme unter sich vertauschen, bilden die Gruppe %.. Die Charaktere von W,, findet man meist schon aus den Charakteren von M,,, die zu der Gruppe - — 2, gehören. Die Charaktere von X, habe ich in meiner Arbeit Über die Charaktere der alternierenden Gruppe, Sitzungsberichte 1901, S. 309 mitgeteilt. Aus den Charak- teren 1, 14, 21, 21 von 2, entspringen die folgenden zusammengesetzten Charaktere von M,,: 1+23+7.36 + 23.2 : 7.36 +55. 64 + 23.21+ 23. 45®+ 23.88 + 23. 55. 64 +23. 11+ 23. 77 +11 23. 11. 21+11. 35. 27 wo 23.33 das Verhältnis der Ordnungen von M,, und M,, ist. Eine andere wichtige Untergruppe von M,, erhält man, indem man die 24 Symbole in passender Art in zwei Systeme von je 12 teilt. Die Substitutionen von M,,, die nur die Symbole jedes dieser beiden Systeme unter sich vertauschen, bilden eine mit M,, isomorphe Gruppe. It R= RR, eine solche Substitution, so ist der Isomorphismus der beiden von A, und R, durchlaufenen Gruppen M,, der in $ 5 erwähnte a Au > a ra SEO oO, Sgr O0, SESES 7 SZ Er SL Sen STB oEnE> a | N = Se - - au NN ES SE ee en RE Ze A Be] [55 Deo} oo eaNososoar rn rr soo cs oo o© vs no lo HT Bea] I] m ee! | Or) a - a e- - or) a Bu + - or) a [oz] [er] De) a [2,0] [eo] 25 a te} Le} hl 1 (5)' (4) (2)? (n,(4' = B') Dear = B*) (8)’(4)(2) OREIRP)E (11) (15)(5) (3), (15)65) 8)- (14)(7)(2),(B) (14)(7)(2)_(B”) (23); (23)_ (12)’ (6)' (4)‘ (3) (Bj 110)’ (2)’ (21)(3),(A) 21@)_(AT) (4)'(2)' (12)(6)(4)(2) 24 96 7.72 15. 2° 20 21 2] Bug 12 AH non 7.36 23.11 28 13 2 10 2 3 4 1 ) 1 0 1 0 —ı 1 —2 —ı| —l —ı 0 —l 0 —] —1 0 —] 0) 0 1 0 l 0 1 0 1 12 11 2 ii! 0 1 0 l 4 =3 1 0 24923292. 21420.48 22. 45 23.45 8 —21 0 ) 0) 0) 2 3 +(-14V-7) -14V-7 1(-1-V-7) —ııV7 0 —1 ) 0 0 1 0 0 0 0 +(-14+V-7) 0 (14-7) 1 0) 1 0 1 1 I 1 —2 = 3 —g 10 5 0 0 23. 456) 27 21.21 770 7 —14 3 5 1 0 —] —2 0) 0 0 0 —| 0 1 1 0 0 +(-1+V-15) 0 1 (-1-V-15) 0 0 0 0 0 1 1(-1+V-23) 1 +(-1-V-23) 0 ) 0 ) 3 = 0 -7 =o 10 1 (0 0 0 0 0 1 2 1 —1 23. 21 35 23.05 49 23. 88 23. 99 21 23. 144 48 23.11.21 49 11. 35. 27 —21 0 Frosgenws: Über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen. 571 äußere Automorphismus dieser Gruppe. Z.B. entspringt aus dem Haupt- charakter von M,, der zusammengesetzte Charakter 123 477.304 23.55 + 23.45 — 23.7.16 von M,,, dessen Grad gleich dem Verhältnis der Ordnungen der beiden Gruppen ist. Setzt man in den Formeln (1) $ 5 für (R) den Charakter 45", so erhält man die beiden Charaktere 45. 22% und 45. 23. 572 Gesammtsitzung vom 17. März 1904. Über das Meteoreisen von Persimmon Creek, bei Hot House, Cherokee Co., Nord-Carolina. Von C. Krem. Aur der 3°4 langen und ebenso breiten Platte treten nach dem Ätzen zahlreiche kleinere, durch eine schwarze Substanz getrennte Partien hervor, die feinste Lamellen eines okta@drischen Eisens zeigen. Das Merkwürdige ist, dass diese Lamellen auf dem einen Feld Rechtecke, auf dem anderen Rhomben oder Dreiecke oder un- regelmässig vierseitige Figuren bilden. Das oktaädrisch gebaute, überdies nickelhaltige Eisen ist daher nach dem Würfel, Dodekaäder, Oktaöder oder einer anderen Gestalt in den einzelnen Partien und Feldern getroffen. Entweder liegt nun eine Breccie mit beliebiger Orientirung der einzelnen Theile oder, wie bei Mukerop, ein complieirter Zwilling nach dem Oktaöder vor. Dies müssen nähere Untersuchungen, namentlich an grösseren Platten, entscheiden. Das Eisen hat magnetisches Schwefeleisen, also wohl Magnetkies, neben Partien von Rhabdit, eingelagert und führt ausserdem dunkele, anscheinend silicatische Einlagerungen. Dieselben bestehen aus rhom- bischem und monoklinem Augit, vielleicht auch Olivin, die ihrer- seits in einer Grundmasse von Kies oder Eisen liegen. — Insofern ver- hält sich das Eisen bezüglich seiner mesosideritischen Einlagerungen ähnlich dem von Netscha&vo (1846), OmN. Am nächsten kommt es dem breccienartigen, Silicate führenden Eisen Of.b.K von Kodaikanal (1898), unterscheidet sich aber doch von demselben und müsste als die neue Art Persimmon Üreek aufgeführt werden, und zwar wegen des oktaädrischen Eisens mit feinsten Lamellen als Off, wegen der breceien- artigen Bildung (ev. Zwillingsbildung) als b und wegen der Silicatfüh- rung und ganzen Eigenart als P, zusammen Öff. b. P. Ausgegeben am 24. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XV. XV. 24. März 1904. DA 2 Porn AT BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Be B ne WI ENTRT ER 1 ET r % N I rn $ m Syn Er de EEE En A He A raleyzleyeleyeleralerelerelorel SE n - ! 1 An 1m eebnıe estate = 200 Kc$ \ i a die Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade Nummern. Er 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilupgen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, | | öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. $8. 5. Auswärts werden Correcturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. $s 11. ; 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. e ; $ 28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. ER [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, ‚gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] $ 29. l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich, s “ mit denen sie im Schriftverkehr. steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, j 5 . » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers.. 575 SEEZUNGSBERICHETE 9% xXVvn. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 24. März. Sitzung der philosophisch-historischen lasse. . & Vorsitzender Secretar: Hr. Dıers. l. Hr. Kekure von Stravonırz las über den Apoll des Kana- ehos. (Ersch. später.) Ein bei den von den Königlichen Museen unternommenen Ausgrabungen in Milet 1903 gefundenes spätrömisches Relief zeigt die Figur eines Apoll, die auf rohe Weise den Apoll des Kanachos wiedergiebt. Dies gab dem Vortragenden den Anlass, die Kunststufe und die Eigenart des Kanachos zu erörtern. 2. Der Vorsitzende legte vor: Corpus Inseriptionum Latinarum. Vols. VIII suppl. Pars III. Inseriptionum Mauretaniae latinarum, milia- riorum et instrumenti domestiei in provineiis Africanis repertorum supple- mentum ed. I. Scumor (7), R. Cacnat, H. Dessau. Berolini, G. Reimer, 1904. Ausgegeben am 7. April. Sitzungsberichte 1904, 46 575 SETZUNGSBERICHTE 19° xXVvin. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 24. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. Fischer legte eine gemeinschaftlich mit Hrn. Franz WREDE ausgeführte Untersuchung über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen vor. (Ersch. später.) Um eine grössere Genauigkeit in der Aichung der calorimetrischen Bombe Ber- THELOT'S zu erzielen, haben die Verfasser durch Vermittelung des Hrn. KostrAusch die HH. Prof. JAEGER und Dr. vox StreınwEHr veranlasst, in der Physikalisch- Tech- nischen Reichsanstalt ein neues elektrisches Verfahren für diesen Zweck auszuarbeiten, Mit einem derartig geaichten Instrument sind die Verbrennungswärmen von 35 orga- nischen Verbindungen bestimmt worden. An der Hand der Resultate wird u.a. der thermische Effect der Polypeptid-Bildung und der conjugirten Doppelbindung be- sprochen. 2. Hr. van'r Horr machte eine weitere Mittheilung über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen: XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83°. Gemeinschaftlich mit HH. Sacas und Brac#k wurden die zwanzig Lösungen con- stanter Zusammensetzung, die bei 83° den Krystallisationsgang beherrschen, quantitativ untersucht. 3. Hr. KoEni@sBERGER übersendet: Hydrodynamische Unter- suchungen, aus dem Nachlass von H. vov HELMHOLTZ zusammenge- stellt durch Prof. W. Wırn in Würzburg. (Ersch. später.) Prof. Wırv hat unter den Herunorrz’schen Papieren eine fast druckfertige Ab- handlung »über Wasserwogen« gefunden, ferner zwei unabgeschlossene, aber ohne Schwierigkeit zum Abschluss zu bringende Aufsätze über die Bewegung compressibeler Flüssigkeiten, bei denen Symmetrie um eine Axe herrscht, und eine nur angefangene Untersuchung über das Verhalten spiralig sich aufrollender Wirbel, 46* 576 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 24. März 1904. Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der konstanten Lösungen bei 83°. Von J. H. van’r Horr, H. Sıacas und ©. Bıacn. Die. bei 83° möglichen Lösungen von konstanter Zusammensetzung, welche den Krystallisationsgang beherrschen, und deren Tension früher bestimmt wurde', sind nunmehr der Zusammensetzung nach unter- sucht. Die Arbeitsweise entsprach der schon früher beschriebenen: eine Lösung also, die auf Grund vorliegender Daten von der ge- wünschten Sättigung nicht weit entfernt ist, wurde mit den gepulver- ten Bodenkörpern bei 83° bis zur Chlorkonstanz gerührt, dann fand ein neuer Zusatz dieser Bodenkörper statt, bis der Chlorgehalt der Lösung, nach Rühren, ungeändert blieb, und nun überzeugte man sich, daß die filtrierte Lösung wohlausgebildete Proben der Bodenkörper ungeändert läßt. Neu hinzugezogen wurde noch die mikroskopische Untersuchung des nach Rühren ungelöst gebliebenen Bodensatzes und, nach Analyse, die Berechnung, welche (bei Bekanntheit der genom- menen Mengen sowie der Zusammensetzung von Anfang- und End- lösung) zeigt, ob irgend ein Bodenkörper ausgegangen ist. I. Die an Magnesiumchlorid gesättigten Lösungen. Vier von den zu untersuchenden Lösungen sind an Magnesium- chlorid gesättigt; daneben, in den respektiven Fällen, an Chlornatrium allein (A), an Chlornatrium und Carnallit (D) oder Kieserit (L), schließlich an allen vier Bestandtteilen (Z). Praktisch sind diese Lösungen nicht viel anderes als gesättigte Lösungen von Magnesiumchlorid, da Chlornatrium, Chlorkalium und Magnesiumsulfat darin fast unlöslich sind. Bei Fest- stellung der Zusammensetzung dieser Lösungen sind deshalb nicht ! Diese Sitzungsberichte 1904, 518. van'r Horr: Öceanische Salzablagerungen. XXXV. 577 einfach die vier Analysenresultate ohne weiteres als Grundlage ge- nommen, da winzige unvermeidliche Abweichungen dann leicht das Gesamtbild entstellen. Vielmehr ist das Hauptgewicht gelegt auf die einzige für die Krystallisationsverhältnisse in Betracht kommende Lösung im Endpunkt Z (bei gleichzeitiger Sättigung an Magnesium- chlorid, Kieserit, Chlornatrium und Carnallit) um daran, an Hand einer nachher zu erwähnenden Regel, die anderen Lösungen anzu- knüpfen. Die Z-Lösung wurde erhalten durch mehrtägiges Rühren bei 33° einer gesättigten Magnesiumchloridlösung mit den vier erwähnten Bodenkörpern bis zur Chlorkonstanz. Zu beachten ist hier wie bei den folgenden Bestimmungen, bei denen Kieserit eine Rolle spielt, daß ein durch Entwässern von Bittersalz erhaltenes Monohydrat lös- licher ist als Kieserit und sich die Lösung unter Abgabe von Mag- nesiumsulfat erst sehr allmählich auf Kieseritsättigung einstellt; viel schneller führt dementsprechend ein natürlicher Kieserit zum Ziel. Die Analyse ergab: 28.51 Prozent Cl 0.36 ProzentSO, 0.54 ProzentK 9.65 Prozent Mg entsprechend: 1000H,0 119.101, 1.180, 2K, 117.3Mg0.9Na, abgerundet: 1000H,0 ıNa,Cl, 2K,CL, 116 MgCl, ıMgSO, (Z) (Bıacn). Die indirekte Natriumbestimmung ist, bei so kleinen Mengen, unsicher und würde durch eine direkte ersetzt sein, falls nicht ander- weitig der erhaltene Wert sich als richtig gezeigt hätte. Einerseits ergeben die bei 25° gemachten direkten Bestimmungen bei Sättigung an Magnesiumchlorid auf 1000H,0 neben ı0o0oMgCl, im Mittel eben- falls ıNa,Cl,: andererseits führte eine früher aus besonderen Gründen bei 61°5 ausgeführte direkte Natriumbestimmung zum selben Natrium- wert (1000H,0 ı.2 Na,C1, 0.5K,CL, 110.8MgCl, ıMgSO,). Die Zusammensetzung der drei anderen Lösungen, welche an Mag- nesium- und Natriumehlorid, dabei bzw. an Carnallit oder an Kieserit gesättigt sind, schließlich die an Magnesiumchlorid allein gesättigte läßt sich aus derjenigen von Z ableiten unter Annahme einer äqui- molekularen Verdrängung, einer in derartigen Fällen vielfach bestätig- ten Regel. Daraus ergibt sich: L. Sättigung an Chlornatrium, Magnesiumchlorid und Kieserit: 1000H,0 ıNa,Cl, 120MgQ], ıMgSO,. 578 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 24. März 1904. D. Sättigung an Chlornatrium, Magnesiumchlorid und Carnallit: 1000H,0 ıNa,Cl, 2K,Cl, 117MgC1.. A. Sättigung an Chlornatrium und Magnesiumchlorid: 1000H,0 ıNa,Cl, 121MgCl.. Sättigung an Magnesiumchlorid: 1000H,0 123MgCl.. Diese Zahlen deeken sich übrigens mit den direkten Bestimmun- gen, auch für Magnesiumchlorid allein, nur daß kleine Schwankungen sich zeigen, was kaum anders zu erwarten ist. Gefunden wurde: L. 1000H,0 0.6Na,Cl, 121MgCl,0.9MgSO, (Sachs). D. 1000H,0 1.8Na,Cl, 112.6 MgQl, 1.7K,Cl, (Sacns). A. 1000H,0 oNa,Cl, 117.1MgCl, (Sacas). 1000H,0 124MgCL; (80°). II. Die Umrandung des Sättigungsfeldes. (Gemeinschaftlich mit Sacas). Bei Untersuchung der übrigen 8 Lösungen B, C und Ebis X am Rande des Sättigungsfelds sind die leichteren Fälle zuerst genommen. Es sind das die sogenannten kongruenten Lösungen’, deren Zusammen- setzung der Summe von Wasser und Bodenkörpern entspricht, also die an Chlornatrium und bzw. Chlormagnesium, Chlorkalium und Natrium- sulfat gesättigten mit zwei Bodenkörpern und die in den zwischen- liegenden Endpunkten D, F und Z mit drei. Von ersteren ist schon die verhältnismäßig schwierigste (A) bei Sättigung an Magnesium- chlorid erwähnt; die leichteste ist diejenige (©) bei Sättigung an Natriumsulfat, weil deren Zusammensetzung sich mit der Temperatur wenig ändert und übrigens eine bezügliche Bestimmung vorliegt. ı. Sättigung an Natriumchlorid und Natriumsulfat (C). Ausgegangen wurde von 143° (entsprechend 100° H,O?) der bei 25° gesättigten Lösung: 1000H,0 51Na,Cl, 12.5 Na,SO, und im ganzen wurden 17° NaCl und 15° Na,SO, zugesetzt. ! Diese Sitzungsberichte 1897. 74. ? MEyERHOFFER, Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. der Wiss. in Wien, 1895, 849. ® Diese Menge ist von Hrn. Sacns durchweg benutzt zur Vereinfachung der Sättigungsbrechung. van'r Horr: Oceanische Salzablagerungen. XNXXV. 579 Die Analyse ergab: 15.58 Prozent Cl 3.04 Prozent SO,, entsprechend: 1000H,0 56.7 C1, 8.2SO, 64.9 Na,, abgerundet: 1000H,0 56.5 Na,Cl, 8Na,SO,. Dieses Resultat entspricht den Bestimmungen von KurnAkorr', nach denen der Wert für 83° folgender ist: 1000H,0 55.6Na,Cl, 8.6 Na,SO,. Für diesen ersten Fall sei beispielsweise die Berechnung der übrig- gebliebenen Bodenkörper durchgeführt, an der Hand der Gleichung: 5.55 H,0+0.86 NaCl + 0.18Na,SO, = xv(1000H,0 56.7 01,8.2SO, 64.9 Na,) + yNaCl + zNa,SO,. Die Bedingung ist offenbar, daß y und z positiv und nicht all- zuweit von Null entfernt sind. Im gegebenen Fall sind y und z bzw. 0.23 und 0.13, was aussagt, daß so viele Grammoleküle, d.h. 13° Chlornatrium und 18° Natriumsulfat ungelöst blieben. 2. Sättigung an Natrium- und Kaliumchlorid (DB). Ausgegangen wurde von der bei 25° gesättigten Lösung: 1000H,0 44.5Na,Cl, 19.5K,Cl, und im ganzen wurden 11° NaCl und 19° KÜl zugesetzt. Die Analyse ergab: 19.21 Prozent Cl 10.35 Prozent K, entsprechend: 1000H,0 76.20], 37.2K, 39 Na, abgerundet: 1000H,0 39Na,0Cl, 37K,Cl, 3. Sättigung an Chlornatrium, Chlorkalium und Glaserit (F). Ausgegangen wurde von der bei 25° gesättigten Lösung: 1000H,044Na,0l, 20oK,0], 4.5 Na,SO, und im ganzen wurden 11° NaCl, 13° KCl und 20° Glaserit zugesetzt. Die Analyse ergab: 19.1 ProzentÜl 1.45 Prozent SO, 10.45 Prozent K ! Chem. Centralblatt 1902, I, 1127. ® Precmr fand 1000H;0 40.5 Na,Cl, 37.3 K.Cl,;, (Comev, Dictionary of Solu- bilities, 337)- 580 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 24. März 1904. entsprechend: 1000H,0 78.201,4.4S0, 38.8K, 43.8Na,. 1000H,0 39.5 Na,Ul, 39K,C], 4.5 Na,SO,. 4. Sättigung an Chlornatrium, Glaserit und Natriumsulfat (G). Ausgegangen wurde von der bei 25° gesättigten Lösung: 1000H,0 44Na,0], 10.5K,Cl, 14.5 Na,SO, und im ganzen wurden 21° NaCl, 38° Na,SO, und 50° Glaserit zugefügt. Die Analyse ergab: 16.47 Prozent Cl 3.9 Prozent SO, 5.96 ProzentK, entsprechend: 1000H,0 64.801, 11.3SO, 21.2K, 54.9Na,, abgerundet: 1000H,0 43.5 Na,Cl, 2ıK,Cl, 11.5 Na,SO, (nach 46 Stunden). 5. Sättigung an Natriumchlorid, Vanthoffit und Natrium- sulfat (H). Ausgegangen wurde von einer Lösung: 1000H,0 46Na,Cl, 16.5MgSO, 3Na,SO, (H bei 25°). Die schließliche Zusammensetzung: 51.2 Na,0l, 4.6MgCl, 11.4MgSO, legte die Vermutung nahe, daß ungenügend Bodenkörper vorhanden waren. Deshalb wurde nunmehr diese Lösung zum Ausgang gewählt und je 25° der drei Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 15.33 Prozent Cl 3.89 Prozent SO, 1.4 ProzentMg, entsprechend: 1000H,0 55.5 Cl, 10.4SO, 14.8Mg 51.1Na,, abgerundet: 1000H,0 51Na,Cl, 4.5 MgCl, 10.5MgSO, (nach 36 Stunden). 6. Sättigung an Natriumchlorid, Vanthoffit und Loeweit (I). Ausgegangen wurde von einer Lösung: 1000H,0 26Na,Cl, 7MgCl, 34MgSO, (I bei 25°). van'r Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXV. 581 Die schließliche Zusammensetzung: 1000H,0 32.7Na,0l, 23.6MgQl, 15MgSO, legte die Vermutung nahe, dal ungenügend Bodenkörper vorhanden waren. Deshalb ist nunmehr diese Lösung zum Ausgang gewählt und wurden je 25°” der drei Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 15.77 ProzentCl 4.72 ProzentSO, 3.27 ProzentMg, entsprechend: 1000H,0 57.2Cl, 12.6SO, 34.6Mg 35.2Na,, abgerundet: 1000H,0 35 Na,Cl, 22MgÜl, 12,5MgSO, (nach 50 Stunden). 7. Sättigung an Chlornatrium, Kieserit und Loeweit (K).' Ausgegangen wurde von einer Lösung: 1000H,0 2.5 Na,0l, 79MgC], 9.5MgSO, (K bei 25°) und insgesamt wurden 35° NaCl, 30° Kieserit und 30° Loeweit zugesetzt. Die Analyse ergab: 20.13 Prozent Ül 2.07 ProzentSO, 6.28 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 73.80], 5.680, 67Mg 12.4 Na,, abgerundet: 1000H,0 12.5 Na,Cl, 61.5 MgQl, 5.5MgSO, (nach 40 Stunden). 8. Sättigung an Chlornatrium, Chlorkalium und Garnallit (E). Ausgegangen wurde von der entsprechenden Lösung bei 25°: 1000H,0 2Na,0l, 5.5K,Cl, 70.5 MgCl, und insgesamt wurden 30° NaCl, 40° KCl und 50° Carnallit zugesetzt. Die Analyse ergab: 25.72 ProzentÜl 7.87 ProzentMg 2.76 ProzentK, ! Durch Versuche (mit Hrn. Denıson) wurde festgestellt, daß zwischen Kieserit und Loeweit bei 83° kein magnesiumreicheres Sulfat, etwa Natriumlangbeinit Mg, Na, (SO,)-;, existiert. ? Die Sättigungsberechnung zeigt, daß der Loeweit ausgegangen ist. 582 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 24. März 1904. entsprechend: 1000H,0 103.201, 91.9Mg ı0K, ı.3Na,, abgerundet: 1000H,0 1.5Na,0l, 10K,Cl, 92MgCl], (nach 35 Stunden). III. Die übrigen konstanten Lösungen. (Gemeinschaftlich mit Bıacn.) Bevor die Untersuchung der sieben Lösungen, um die es sich handelt, in Angriff genommen wurde, ist, um den Anschluß an den vorhergehenden zu sichern, eine Wiederholung der Sättigungsbe- stimmung für Chlornatrium und Natriumsulfat vorgenommen, mit dem Ergebnis: 1000H,0 55.9Na,CL, 8.4Na, SO, , was mit dem früheren Befund übereinstimmt. ı. Sättigung an Öhlornatrium, Carnallit, Kieserit und Chlorkalium (Q). Ausgegangen wurde von 100° einer Lösung: 1000H,0 ıNa,Cl, 1 3K,Cl, 86.5MgCl, und insgesamt wurden 15° Chlornatrium, 60° Chlorkalium, 55° Car- nallit und 30° Kieserit zugegeben. Wohl weil letzteres ein teilweise entwässertes Magnesiumsulfat war, nahm die Einstellung längere Zeit in Anspruch. Die Analyse ergab: 24.84 ProzentCl 1.58 ProzentSO, 3.22 ProzentK 7.7Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 100.601, 4.3SO, 11.9K, 91.4Mg 2.ıNa,, abgerundet: 1000H,0 2Na,0l, 12K,Cl, 86.5MgCl, 5MgSO, (nach 500 St.). 2. Sättigung an Chlornatrium, Chlorkalium, Kieserit und Langbeinit (R). Eine erste Bestimmung, bei der die Rechnung Zweifel über die genügende Anwesenheit der Bodenkörper veranlaßte, ergab: 1000H,0 7.5 Na,0l, 13 K,01, 73.5 MgCl, 4.5 MgSO.. 83 oa van'r Horr: ÖOceanische Salzablagerungen. XNXXV. Von dieser Lösung wurden dann 100° genommen und insge- samt 25° Chlornatrium, 25° Chlorkalium, 40° Kieserit und 25° Lang- beinit zugesetzt. Die Analyse ergab: 24.64 ProzentCl 1.65 ProzentSO, 4 ProzentK 6.7 1 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 102.201,5S0O, ı5K,SıMg ıı1.2Na, abgerundet: 1000H,0 ı ıNa,Cl, 15K,CL, 76MgCl, 5MgSO, (nach 300 St). 3. Sättigung an Chlornatrium, Kieserit, Loeweit und Langbeinit (Y). Ausgegangen wurde von 100° einer Lösung: 1000H,0 10.5 Na,Cl, 6.5 K,Cl, 24.5 MgC1,4.5MgSO, und insgesamt wurden 35° Chlornatrium, 35° Kieserit, 30° Lang- beinit und 35° Loeweit zugesetzt. Die Analyse ergab: 17.9 ProzentCl 4.98 Prozent SO, 2.97 ProzentK 5.02 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 68.2Cl, 14SO, 55.9Mg 10.3K, ı6Na,. abgerundet: 1000 H,0 16Na,Cl, 10.5K,C1,42MgÜl, 14MgSO, (nach 400 St.). 4. Sättigung an Chlornatrium, Chlorkalium, Glaserit und Langbeinit (P). Ausgegangen wurde von 100° einer Lösung: 1000H,0 3 1Na,Cl, 3ıK,Cl, 15 MgCl, 5MgSO, und insgesamt wurden je 30° der vier Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 18.72 ProzentÜl 3.28 ProzentSO, 9.11 ProzentK 1.92 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 76.2C1, 9.980, 33.6K, 22.8Mg 29.7 Na,, abgerundet: 1000H,0 29.5 Na,Cl, 33.5K,CL, 13MgCl, 10MgSO, (nach 240 St.). 584 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 24. März 1904. 5. Sättigung an Chlornatrium, Glaserit, Thenardit und Vanthoffit (S). Es wurde ausgegangen von 100° einer Lösung: 1000H,0 43 Na,Cl, 2ıK,Cl, ıMgC], 14MgSO, und insgesamt wurden je 25° der vier Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 16.5 ProzentCl 4.41 ProzentSO, 6.23 Prozent K 0.66 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 65.201, 12.980, 22.3K, 7.6Mg 48.2Na,, abgerundet: 1000H,0 43 Na,Cl, 22.5K,Cl,7.5MgSO, 5.5Na,SO, (nach 140 St.). 6. Sättigung an Chlornatrium, Loeweit, Glaserit und Langbeinit (W). Die beiden noch zu untersuchenden Lösungen W und V (Vant- hoffit statt Langbeinit) boten eine besondere Schwierigkeit, da de- ren Zusammensetzung wenig auseinandergeht, was auch schon die Tensionsbestimmung (bzw. 270"”" und 276”" bei W und V) vermuten ließ. Dementsprechend wäre fraglich, ob, wie angenommen, Loeweit und Glaserit nebeneinander vorhanden sein können, während Vant- hoffit und Langbeinit sich gegenseitig ausschließen, oder umgekehrt. Nach Einstellung der Lösung W ist deshalb der ungelöst gebliebene Teil mikroskopisch auf Loeweit und Glaserit untersucht, welche beiden sich vorhanden zeigten, auch Langbeinit war als regulär leicht durch die Polarisationsvorrichtung erkennbar. Ausgegangen wurde von IOOo® einer Lösung: 1000H,0 3 1 Na,Cl, 20.5 K,Cl, 13.5 MgCl, 15.5MgSO,, welche als Ergebnis eines vorangehenden Versuchs erhalten wurde, bei dem die Sättigungsberechnung Zweifel über genügende Anwesen- heit der Bodenkörper veranlaßte. Insgesamt wurden dann je 15° der vier Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 16.63 Prozent Cl 5.58 ProzentSO, 6.73 ProzentK 2.45 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 66.31, 16.4SO, 24.3K, 27.5 Mg 29.9Na,, abgerundet: 1000H,0 30Na,0l, 24.5K,Cl, 12MgCl, 16.5MgSO, (nach 100 S$t.). van'r Horr: Öceanische Salzablagerungen. XXXV. 585 7. Sättigung an Ohlornatrium, Loeweit, Glaserit und Vanthoffit (V). Ausgegangen wurde von 100° einer Lösung: 1000H,0 3 ı Na,(], 20.5 K,Cl, 13.5 MgÜl, 15.5 MgSO, und insgesamt wurden je 25° der vier Bodenkörper zugesetzt. Die Analyse ergab: 17.09 ProzentÜl 5.79 ProzentSO, 7.13 Prozent K 2.2 Prozent Mg, entsprechend: 1000H,0 69.80], 17.450, 26.4K, 26.1 Mg 34.7 Na,, abgerundet: 1000H,0 34.5 Na,Cl, 26.5K,01,8.5MgCl, 17.5MgSO, (nach 48 St.) Mikroskopisch ließ sich Loeweit erkennen, während Vanthoffit als lang- sam sich lösender Körper durch Wasser abtrennbar war. IV. Zusammenstellung und graphische Darstellung der Resultate. Die obigen Bestimmungen seien zunächst tabellarisch angeordnet: auf 1000 Mol. H,O, in Molekülen Sättigung an Chlornatrium und Na,0l, R,Cl, MgCl, MgSO, Na,S0, 0. 59 A. MgCl, .6H,O I 121 B. KCl 39 37 C. Na,SO, 56.5 8 D. MgCl,.6H,0, Carnallit I 2 117 E. KCl, Carnallit 1.5 10 2 F. KCl, Glaserit 39-5 39 4-5 G. Na,SO,, Glaserit 43-5 21 11.5 H. Na,SO,, Vanthoffit 5I AS 10.5 I. Vantlhoffit, Loeweit 35 22 12.5 K. Loeweit, Kieserit 12.5 61.5 5.5 L. Kieserit, MgO]l, .6H,O I 120 I P. KCl, Glaserit, Langbeinit 29.5 33:5 13 10 Q. KCl, Carnallit, Kieserit 2 12 86.5 5 R. KCl, Langbeinit, Kieserit I 15 76 5 S. Glaserit, Na,SO,, Vanthoffit 43 22.5 as 5.5 V. Loeweit, Glaserit, Vanthoffit 34-5 26.5 8.5 17-5 W. Loeweit, Glaserit, Langbeinit 30 24-5 12 16.5 Y. Loeweit, Kieserit, Langbeinit 16 10.5 42 14 2. Carnallit, MgCl, .6H,O, Kieserit I 2 116 I Sämtliche Daten sind in der früher angegebenen Weise in um- stehende Figur eingetragen', in der OA, OB und OC den Achsen für bzw. Magnesiumchlorid, Kaliumehlorid und Natriumsulfat darstellen. Die Felder entsprechen der Sättigung an Chlornatrium und folgenden Körpern: " Entsprechend der Bemerkung auf S. 581 liegt K wahrscheinlich etwas näher an I. 586 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 24. März 1904. L$ A(Myeı,) D (Na; S0,) C Feld Formel Mineralogische Bezeichnung ı. ALZD MeOCl, .6H,O Bischofit 2. BFPRQE KCl Sylvin 3. CGSH Na,SO, Thenardit 4. DZQE MeCl,K..6H,O Carnallit 5. FPWVSG (K, Na), SO, Glaserit 6. HSVI MeNa,(SO,), Vanthoffit 7. IYWYK Ms, Na,(SO,),. 5H,0 Loeweit 8. KYRQZL MeSO,. H,O Rieserit 9. WPRY Ms RK;(SO,); Langbeinit Dann ist in der Figur auch der Krystallisationsgang in großen Zügen ersichtlich: der Krystallisationsendpunkt liegt in Z, in welehem Punkt die Krystallisationsbahnen DZ, LZ und FZ zusammentreffen. 587 Über Reduktionsteilung. Von EDUARD STRASBURGER. (Vorgetragen am 10. März [s. oben S. 495].) De: Beantwortung der Frage, ob der Beginn einer neuen Generation im Tier- wie im Pflanzenreiche durch eine »Reduktionsteilung« ein- geleitet werde, ist noch fortdauernden Schwankungen unterworfen. Bald steigt die Welle zugunsten einer zweimaligen Längsspaltung auf, bald sinkt sie wieder, um einer Reduktionswelle Platz zu machen. Im ganzen wird dieser Wechsel bestimmt durch die theoretischen Anschauungen, welche in dem gegebenen Augenblick vorherrschen. Denn im Tier- wie im Pfilanzenreiche ist die Sicherstellung und Deu- tung der Tatsachen auf diesem Gebiete auf besondere Schwierigkeiten gestoßen. So kommt es, daß gerade jene, welche sich am eingehend- sten mit der Lösung dieses Problems befaßt haben, nicht selten in ihrer Ansicht schwankten. Der Wechsel ihrer Auffassung wurde be- stimmt durch den fortschreitenden Gang der Erkenntnis, der, mit zu- nehmender Zahl der erforschten Objekte und mit den veränderten Methoden der Untersuchung, auch die theoretischen Anschauungen klärte. So hat denn auch Boverı, dem wir so viel Förderung auf diesem Gebiete verdanken, in seiner letzten Publikation, welche die »Ergeb- nisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkerns« zusammenstellt und kritisch beleuchtet, seinen frühern Standpunkt! insofern geändert, als er statt für zwei Längsspaltungen der Chromo- somen in den primären Oozyten und Spermatozyten der Metazoen, für eine parallele Kopulation zweier einfach gespaltener Chromosomen eintritt.” Danach gestaltet sich auch für ihn jetzt der Vorgang dort so, daß durch den einen der beiden Teilungsschritte eine Trennung ganzer Chromosomen, also eine Reduktionsteilung, durch den andern eine Trennung der Längshälften von Chromosomen, also eine gewöhnliche ı Zellenstudien Heft 3, 1890, S. gff. ? Ergebnisse 1904, S.77. 588 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. Mitose sich vollzieht. Bei bestimmten Tieren soll die Reduktion schon im ersten, bei anderen erst im zweiten Teilungsschritt erfolgen. Diese Annahme einer Reduktionsteilung läßt sich besser mit der Indivi- dualitätstheorie der Chromosomen, deren Anhänger Boverı ist, in Einklang bringen. Denn aus ihr ergibt sich ohne weiteres die halbe Zahl der Chromosomen in den Geschlechtsprodukten und deren volle Zahl nach der Befruchtung in den Kernen des Abkömmlings. Die in den Spermatozyten und ÖOozyten gewisser Krebstiere, Anneliden und Insekten neuerdings bekannt gewordenen Vorgänge lassen kaum eine andere Deutung als die einer Reduktionsteilung zu. Gleich- zeitig regen sie die Annahme einer Verschiedenheit der im Kern ver- einten Chromosomen an, eine Vorstellung, die Boverı durch sinnreiche Versuche noch anderweitig zu stützen sucht. In der »Synapsis« der primären Oozyten- und Spermatozytenkerne vermutet er im Anschluß an Monrtsonmery und Surrox einen Vorgang, der durch »Zusammen- ballung« den homologen Chromosomen erleichtert, sich gegenseitig aufzufinden. Da sollen die Paare sich bilden, deren Komponenten auf die Tochterzellen verteilt werden. Als solche homologe, in Paaren vereinte Chromosomen, hätten auch jene zu gelten, die sich bei Mono- hybriden nach dem Mrsper’schen Gesetz spalten und getrennt in die Geschlechtsprodukte gelangen.' Boverı weiß es wohl’, daß der Deutung, die er den in tierischen primären Oocyten und Spermatocyten sich abspielenden Vorgängen gibt, die Angaben der Botaniker entgegenstehen. Bei diesen war in der Tat die Annahme einer doppelten Längsspaltung der Chromosomen in den Sporenmutterzellen annähernd zur Herrschaft gelangt. Neuer- dings beginnt sich aber wieder eine entgegengesetzte Bewegung in verstärktem Maße geltend zu machen, zu deren Auslösung die Arbeiten auf tierischem Gebiete und das Verhalten der pflanzlichen Bastarde vornehmlich beigetragen haben. Beobachtungen, aus welchen bestimmt hervorgehen soll, daß bei dem ersten Teilungsschritt in Pollenmutterzellen eine Reduktionsteilung vorliege,. haben J. B. Farmer und J. E. S. Moore ganz vor kurzem in den Proceedings of the Royal Society veröffentlicht”; theoretische Erwägungen, die zu einem ähnlichen Ergebnis führen, stellt J. P. Lortsy im letzten Heft der Flora vom 6. Februar d.J. an." Boverı, Ergebnisse 1904, S. 114. ar 0 IS: > Bd.72, 1903, S. 104. Soeben (24. Februar 1904) folgt die gleiche Angabe für die Sporenmutterzellen der Farne, ebenfalls in den Proceedings Bd.73, 1904, S. 86 durch R. P. GrEcorr. * 1904, Bd. 93, S. 65. SrRASBURGER: Über Reductionstheilung. 589 Besonders ausgedehnt ist die zoologische Literatur, die für uns in Betracht kommt. Da sie soeben in Boverıs »Ergebnissen« eine sach- gemäße Zusammenstellung gefunden hat, so will ich im wesentlichen hier auf Boverı verweisen. Damit sollen die Verdienste jener Forscher, wie BuErscHLi, FLEnmInG, WEISMmAnN und seiner Schüler, E. van BENEDEN, Gebrüder Herrwıs, WALDEyER, E. B. Wırson, auf deren Arbeiten ich nicht verweise, in keiner Beziehung geschmälert werden. Auf pflanz- lichem Gebiete will ich andererseits meine Zitate auf die allerletzten Veröffentlichungen beschränken. Aus letzteren greife ich vorerst eine von Lorsy gewählte Bezeich- nung heraus, die mir zweckentsprechend scheint und die manche Wieder- holung überflüssig macht. Lorsv schlägt vor, primäre Spermatozyten und Oozyten, sowie Sporenmutterzellen gemeinsam Nachkommenbild- ner, »Gonotokonten«, ihre Teilungsprodukte somit »Gonen« zu nennen, was im folgenden geschehen soll. In ihrer eben angeführten vorläufigen Mitteilung bestätigen Farmer und MoorE zunächst die übereinstimmend behauptete Tatsache, daß in den Prophasen der heterotypischen Teilung der Gonotokonten der Kernfaden eine Längsspaltung erfährt. Während der darauf folgenden Zusammenziehung des Spirems sollen die Spaltungsprodukte sich pa- rallel stellen und mehr oder weniger vollständig verschmelzen. Das, was man bisher für die Längshälften der Chromosomen hielt, seien in Wirklichkeit die aneinandergelagerten Schenkel jener Schlingen, die der Kernfaden in der Prophase beschrieb. An der Umbiegungsstelle werde eine wahre Schlinge weiterhin durchbrochen und so in zwei Chromosomen zerlegt, aus denen sie der Anlage nach bestand. Denn die Schlingen seien als bivalente Chromosomen aufzufassen. Diese bi- valenten Chromosomen würden alsdann in die Kernspindel so einge- fügt, daß je eine Hälfte der Schlinge in einen Tochterkern übergehen müsse. So stelle dieser Teilungsvorgang nicht die Durchführung einer vorausgehenden Längsspaltung dar, vielmehr die quere Trennung der beiden Chromosomen, die mit ihren Enden zu einem bivalenten Chro- mosom von schleifen-, ring- oder stäbchenförmiger Gestalt vereinigt waren. Die ursprüngliche Längsspaltung, welche der Kernfaden in den Prophasen zeigte, trete dann meist wieder hervor und liefere jene Bilder, die als zweite Längsspaltung der Chromosomen gedeutet worden seien. Bisher hatte man an pflanzlichen Gonotokonten die Reduktions- teilung, d. h. eine quere Halbierung der Chromosomen, soweit man überhaupt für eine solche eintrat, fast allgemein in den zweiten Tei- ! Genau dieselben Angaben wiederholt R. P. Grecorry a. a. 0. Sitzungsberichte 1904. 47 590 Sitzung der phys.-mathı. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. lungsschritt verlegt. So geschah es durch Davım M. Morrier und mich', durch Beraserr”, durch C. Ismıkawa.”' Davı M. Morrıer und ich’ sahen bald darauf unser Versehen ein und, so wie die Dinge jetzt stehen, lassen sich kaum stichhaltige Gründe für eine Reduktionsteilung im zweiten Teilungsschritt pflanzlicher Gonotokonten noch anführen. Daher der Satz bei Lorsy: »Es scheint aber bei Pflanzen auch wohl sicherlich der Fall vorzukommen, daß die erste Teilung nach der numerischen Re- duktion eine Äquationsteilung, die zweite eine Trennungsteilung ist, dafür sprechen namentlich BrrAserrs Figuren von Iris« nicht berechtigt erscheint. Soweit meine Erfahrungen über Sporen-, Pollen- und Em- bryosackmutterzellen sich erstrecken, folgt in diesen Gebilden stets auf die numerische Reduktion der Chromosomen eine heterotypische, auf diese eine homöotypische Teilung. Also, falls wirklich eine Reduk- tionsteilung in pflanzlichen Gonotokonten stattfindet, muß sie sich ent- weder in dem ersten oder in dem zweiten, doch für alle Fälle in dem- selben Teilungsschritt vollziehen. Für den zweiten Teilungsschritt erscheint mir nunmehr nach dem jetzigen Stand unseres Wissens die Möglichkeit einer Reduktionsteilung bei den Metaphyten ausgeschlossen. Auch für den ersten Teilungs- schritt war ich, übereinstimmend mit Gvienarnp® und GREGOIRE', um nur diese Forscher zu nennen, zu der Annahme einer Längsspaltung der Chromosomen gelangt. Die seitdem auf zoologischem Gebiete er- schienenen Arbeiten, besonders jene von WALTER S. Surron‘, konnten aber nicht umhin, mich immer wieder zu kritischen Überlegungen an- zuregen. Schien es doch in der Tat, als wenn auf zoologischem Ge- biete die Annahme einer Reduktionsteilung immer unabweisbarer werde. Dann mußte sie aber schlechterdings auch für pflanzliche Gonotokonten Geltung haben. Zudem waren in den letzten Jahren auf experimen- tellem Gebiete Tatsachen festgestellt, welche sich vom Standpunkte der Reduktionsteilung besser begreifen ließen. t Jahrbücher f. wiss. Bot., Bd. XXX, 1897, S. 200 u. 397. ® Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1898, S. 33. ® Journal of the College of Science. Imp. Univ. Tokyo, Bd. X, Tt. II, 1897, S. 2IQ. 4 Auch GeorGeE Francıs Arkınson hatte eine Reduktionsteilung für den zweiten Teilungsschritt bei Trillium grandiflorum angegeben, zugleich aber für Arisaema triphyllum diese Reduktionsteilung in den ersten Teilungsschritt verlegt. Bot. Gazette Bd. XXVIII, 1899, 8. 1. 5 Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1897, S. 327. Archives d’anatomie microscopique publies par Bausıanı et Ranvier Bd. Il, 1399, P- 455: ” In der Revue »La cellule« Bd. XVI, 1899. p. 235. $ Bull. ofthe Univ. of Kansas Bd. I, 1900, p.135; Biol. Bull. Bd. IV, 1902, p. 24; Bd. VI, 1903, p. 231. STRASBURGER: Über Reductionstheilung. 591 Als ich seinerzeit zu der Überzeugung gelangt war, daß die Be- fruchtung nicht artenbildend, vielmehr artenerhaltend wirke, konnte ich mich mit der zweimaligen Längsspaltung der Chromosomen in den Gonotokonten sehr wohl abfinden; anders, nachdem die Merkmalspal- tungen in den Gonen der Monohybriden samt allen Folgeerscheinungen es verlangten, in Einklang mit den Ergebnissen der mikroskopischen Forschung gebracht zu werden. Zwar suchte ich mich zunächst auch mit dieser neuen Sachlage abzufinden, indem ich mir vorstellte, dal die Spaltung vor der numerischen Reduktion der Chromosomen in den Pollen- und Embryosackmutterzellen sich vollziehe, doch fühlte ich mit der Zeit immer mehr, daß meine Annahme nur ein Notbehelf sei', denn sie verlangte, daß alle demselben Mutterkern abstammenden Kerne mit den gleichen Tendenzen ausgestattet seien, während eine Halbie- rung der Tendenzen in Wirklichkeit alle Deutungen vereinfachte. Dazu kam, daß tatsächlich während der numerischen Reduktion der Chro- mosomen in den Pollen- und Embryosackmutterzellen eine Beseitigung irgendwelcher Bestandteile des Mutterkerns nicht wahrzunehmen ist. Der zunehmende Grad von Wahrscheinlichkeit, der für eine Re- duktionsteilung in den Gonotokonten sich geltend macht, veranlaßte Lorsv, dieses Problem konstruktiv in dem gleichen Sinne zu behandeln. Als willkommenen »Beweis« seiner Annahmen begrüßte er die vor- läufige Mitteilung von J. B. Farmer und J. E. S. Moore, die ihm zu rechter Zeit eine Bestätigung der Reduktionsteilung auch für das Pflanzen- reich zu bringen schien. Ob die Farmer-Moorr’sche vorläufige Mit- teilung auf alle diejenigen, die mit Teilungsvorgängen in pflanzlichen Gonotokonten sich eingehend befaßt haben, denselben überzeugenden Eindruck machte, mag dahingestellt bleiben. Das hing davon ab, ob sie die Behauptung wollten gelten lassen, daß die Doppelfäden beim ersten Teilungsschritt in den Gonotokonten von Lilium und von an- deren sich entsprechend verhaltenden Pflanzen das Ergebnis nicht einer Längsspaltung, sondern einer Faltung seien. Die der vorläufigen Mitteilung beigefügten Figuren erbringen an sich noch nicht einen solehen Beweis, ungeachtet sie doch in dieser Absicht ausgewählt sein mußten. Verglich man mit ihnen die ganze Serie der V. GREGOIRE- schen Abbildungen für Zilium”, so konnte man leicht zu dem Ergebnis kommen, dort sei auf Grund ganz entsprechender Figuren ein ent- gegengesetzter Schluß gezogen worden. Der einzige Unterschied, der beim Vergleich der FArmer-Moore'schen Figur mit älteren Bildern des- selben Zustandes auffällt, ist, daß FArmer-Moore alle Fadenpaare als Biol. Zentralblatt Bd. XX, 1900. S.7069. Era ON Rare 592 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. geschlossene Schleifen darstellt, während GuUIGNArD, GREGOIRE, ich und andere sie oft mit beiderseits freien Enden zeichneten. Letzteres trifft auch in Wirklichkeit zu, und mit diesem Umstand war entsprechend zu rechnen. Daß die Doppelfäden im ersten Teilungsschritt in den Gonotokonten der Lilien und ihnen ähnlich sich verhaltenden Ge- wächse einem Faltungsvorgang ihre Entstehung verdanken könnten, ist auch schon früher in Erwägung gezogen worden. (GUuIGNARD im "besonderen gibt die Gründe an, die ihn bei Naias major gegen eine solehe Annahme gestimmt hätten. Man könne, führt er an, ziemlich häufig feststellen, daß die Enden der Doppelfäden frei seien, außerdem wäre, falls es sich um einen einzigen, in seiner Mitte umgebogenen Faden handeln sollte, schwer, die so völlig gleiche Länge der beiden Schenkel einzusehen.‘ Dementsprechend hatten auch M. A. FArmER und J. E. S. Moore früher” diese an beiden Enden freien oder zu Schlei- fen oder Ringen vereinigten Doppelfäden für Produkte der Längs- spaltung erklärt. Das hindert nicht, daß FArmer-Moore aller Wahr- scheinlichkeit nach jetzt im Rechte sind, wie denn meine Bemerkungen nicht den Zweck hatten, den Wert der Ergebnisse, zu denen sie nun- mehr gelangten, herabzusetzen, vielmehr nur die Schwierigkeiten noch- mals zu betonen, welche die Forschung auf diesem Gebiete zu über- winden hatte. Die Zweifel, welche die Veröffentliehungen der Zoologen immer wieder in mir weckten, veranlaßten mich fortdauernd nach einem pflanz- lichen Objekte zu suchen, das zur Lösung der Aufgaben geeigneter als die früheren sei. Ein solches Objekt habe ich in den Pollenmutterzellen von Gal- tonia candicans gefunden.” Von ihm aus ließ sich denn auch das zwar entsprechende, doch wesentlich verwickeltere Verhalten von Trades- cantia virginica klarlegen und schließlich auch eine Grundlage für die Beurteilung des Verhaltens der Lilien und anderweitiger Gewächse gewinnen. Um den Erörterungen vorzugreifen, welche die FARMER- Moorr'sche vorläufige Mitteilung alsbald veranlassen dürfte, halte ich es für geboten, diese kurze Veröffentlichung nicht aufzuschieben. Eine ausführliche Arbeit, an der die HH. Dr. K. Mıyake und Dr. JAmEs BERTRAM Overron im hiesigen Institut beteiligt sind, soll ihr folgen. UENSa202 S. A0T- ?2 Anat. Anzeiger Bd. XI, 1895, S.72. ® Die Gonotokonten dieser Pflanze wurden seinerzeit schon von SCHNIEWIND- Taıes untersucht (Die Reduktion der Chromosomenzahl und die ihr folgenden Kern- teilungen in den Embryosackmutterzellen der Angiospermen, 1901, S.ro und Taf.] und II), doch ergeben sich nicht aus dem Vergleich der Schilderung und den Figuren die für uns erwünschten Aufschlüsse. SrRrAsSBURGER: Über Reductionstheilung. 595 Die Gonotokonten von Galtonia candicans weisen nur sechs Kern- plattenelemente in ihren Spindeln auf. Damit stellen sie sich der Naias major‘, den Trillien’ und der Zostera marina” zur Seite, die bis jetzt unter den Phanerogamen den Vorzug genießen, die geringste Zahl von Chromosomen in ihren Gonotokonten zu führen, da tatsäch- lich Canna indica nieht drei Chromosomen, wie Wırcann will‘, son- dern deren acht besitzt. Im lockern Knäuelstadium der als » Mutter- kerne« allgemein bezeichneten Großmutterkerne der Pollenmutterzellen (Fig. 1)’, noch während die Windungen des Kernfadens in einem Knoten- punkte zusammenlaufen, vollzieht sich deren Längsspaltung. Diese Längsspaltung wird hier nur angedeutet, sie führt nicht zu einer Son- derung der Schwesterfäden. So wird in den Pollenmutterzellen von Galtonia von vornherein die weitere Untersuchung erleichtert. Man stellt fest, daß der Kernfaden dicker und kürzer wird, Zahl und Weite seiner Windungen vermindert (Fig. 2). Dann teilt er sich in sechs aufeinander folgende Chromosomen, die ihre Bivalenz dadurch zu er- kennen geben, daß sie sich sofort nochmals, der Quere nach, in je zwei gleich lange Stücke durchschnüren (Fig. 3). So entstehen zwölf ! GUIGNARD a.a.0. pP. 477- 2 GroRGE Francıs Arkınson, Bot. Gazette Bd. XXVII, 1899, p.ı und Joun MerLE CouLrer and CHARLES JAMES ÜHAMBERLAIN, Morph. of Angiosperms, 1903, p.S1. ® Rosengerg, Medd. f. Stockh. Högsk. Bot. Inst. 1901, Sond.-Abdr. S. 1o. % Bot. Gazette Bd. XXX, S. 25. 5 Alle Figuren ı5oomal vergrößert. ° Ein Teil der Chromosomen lag im nächst tiefern Schnitt. 594 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. Chromosomen, deren paarweise Zusammengehörigkeit auch weiterhin kenntlich bleibt (Fig. 4). Sie folgen mehr oder weniger stark ge- krümmt der Kernwandung. Einzelne Paare neigen alsbald zusammen und vermögen es sogar, durch Zusammenfügung ihrer Enden, völlig geschlossene Ellipsen zu bilden (Fig. 4). Der Nachweis von zwölf, zu sechs Paaren verbundenen Chromosomen in jeder Kernhöhle ist hier eine leichte Aufgabe. Die Glieder in den Paaren werden allmäh- lich kürzer und dieker. Die Zahl jener Paare wächst, deren Glieder sich der Länge nach aneinandergefügt haben. Nunmehr beginnen Spindelfasern sich im Umkreis des Kernes zu differenzieren. Alsbald Fig. 4. schwindet die Kernwandung, und es werden die Paare von den Spin- delfasern erfaßt und in die werdende Kernspindel eingereiht (Fig. 5). Wie der ganze Verlauf der Entwicklung hier mit voller Klarheit lehrt, besteht somit jedes der sechs Elemente der Kernplatte aus zwei ein- wertigen, durch quere Teilung eines zweiwertigen Chromosoms her- vorgegangenen Gliedern. Auch steht es fest, daß die Glieder, die wir in Paaren vereinigt sehen, in dem Kernfaden aufeinander folgten. So kann man eine Kernspindel von Gal/tonia mit ungetrübter Freude betrachten; sie läßt weder in ihrer Entstehung, noch in ihrem fertigen Aufbau an Klarheit etwas zu wünschen übrig (Fig. 6). Auch ihre Fasern sind auffallend scharf gezeichnet und nehmen leicht distinkte Färbung an. Sie setzen zu mehreren an der Polseite eines jeden Paarlings an, und vereinigen sich in der Nähe der Pole zu je einem stärkern Strang. SrrAsBURGER: Über Reduetionstheilung. 595 Mit ihren Enden ist die Kernspindel beiderseits an der Hautschicht der Mutterzelle befestigt. Die beiden Glieder eines jeden Paares werden dann auseinandergezogen. Sie wandern zunächst als einfache, ent- weder ganz gerade, oder an ihren Polenden etwas umgebogene Stäb- chen nach den Polen (Fig. 6). Erst mit Annäherung an diese Pole wird ein Spalt in den Chromosomen kenntlich, der eine mehr oder weniger deutliche V-förmige Figur aus ihnen erzeugt und ihre Zu- sammensetzung aus zwei Längshälften, den Produkten der in den Pro- phasen angedeuteten, doch nieht durchgeführten Längsspaltung verrät. Haften die beiden Glieder eines Paares so fest aneinander, daß ihre Trennung auf Hindernisse stößt und verzögert wird, so kann sich ihre Zusammensetzung aus zwei Längshälften, durch Auseinanderweichen dieser, schon in der Nähe des Äquators kenntlich machen (Fig. 7).' Die geringe Zahl der Chromosomen, die in die Bildung der Tochter- kerne bei Galtonia eintreten, gestattet es, ihr Schicksal weiter zu ver- folgen. Zunächst berühren sich die Chromosomen mit ihren Polenden, trennen sich aber vollständig, sobald die Kernwandung angelegt ist und sieh die Kernhöhle zu bilden beginnt. Jedes Chromosom fängt an sich zu strecken und seine freien Äquatorialenden einzuziehen, dabei erfährt es stellenweise eine Verengung, an anderen Orten eine Aus- weitung und gewinnt zugleich einen zackigen Umriß. Die angeschwol- lenen Stellen lassen innere Hohlräume, eine Art Vakuolisierung, er- kennen. Die freien Enden der Chromosomen legen sich aneinander, oder ! Teile der vordersten Chromosomen durch das Messer entfernt. 596 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. sie werden nur durch Linienfäden verbunden; letztere bilden alsbald auch seitliche Brücken zwischen den Chromosomen. Eine annähernde Unterscheidung der von den einzelnen Chromosomen eingenommenen Bezirke bleibt während des ganzen, nur kurzen Ruhezustandes möglich. Dann stellen sich Veränderungen in den Tochterkernen ein, die den umgekehrten Verlauf wie in den Anaphasen nehmen, und es son- dern sich die zuvorigen Chromosomen wieder heraus. — Das weitere Verhalten der Chromosomen in den Prophasen der Tochterkerne wird jetzt annähernd übereinstimmend beurteilt, und die Deutung der Vor- gänge, zu der man sich verständigte, daß nämlich in dem zweiten Tei- lungsschritt jene Längshälften der Chromosomen von einander getrennt werden, die der erste Teilungsschritt schon vorbereitet hatte, leuchtet immer mehr ein. Im Anschluß an die Annahme einer doppelten Längs- spaltung der Chromosomen bei der heterotypischen Teilung hieß es aber, daß es die Produkte der zweiten Lägns- spaltung sind, die sich in der homöotypi- schen Teilung von einander trennen; jetzt können es nur die Produkte der ersten Längsspaltung sein, da diese allein erfolgt. So dürfte denn die ersehnte Überein- stimmung der Ergebnisse auf tierischem und pflanzlichem Gebiete für einen der wichtig- sten Vorgänge ontogenetischer Entwicklung angebahnt sein. Es läßt sich annehmen, daß bei Metazoen und Metaphyten von den beiden Teilungen der Kerne iu den Gono- tokonten die eine eine Reduktionsteilung, die andere eine Äquationsteilung ist. Bei den Metaphyten vollzieht sich im ersten Teilungsschritt die Reduktion, im zweiten die Äquation, während bei Metazoen auch eine umgekehrte Reihenfolge angegeben wird, ohne, wie mir scheint, endgültig erwiesen zu sein.’ Damit wäre die vielumstrittene Frage, ob die »Reifungsteilungen« eine Reduktions- teilung in sich schließen, zugunsten Weısmanns entschieden, der zu- erst, und zwar 1887, aus theoretischen Gründen für einen solehen Vor- gang eintrat, wenn er ihn auch, den Kenntnissen der damaligen Zeit entsprechend, nur unvollkommen auffassen konnte.” ' Vergl. dazu S. 198 der Abhandlung von Var. Hecker, »Bastardierung und Geschlechtszellenbildung« in den Zool. Jahrb., Suppl. VII, 1904. Diese Abhandlung gelangt soeben in meine Hände. 2 Über die Zahl der Richtungskörper und über ihre Bedeutung für die Ver- erbung, S. 42. Srrasgurser: Über Reductionstheilung. 597 Dementsprechend muß ich ändern, was ich früher als Merkmal der heterotypischen Teilung angab. Sie beruht nicht auf einer dop- pelten Längsspaltung der auf ihre halbe Zahl reduzierten Chromosomen, vielmehr auf der einzigen Längsspaltung dieser zweiwertigen Chromo- somen, durch welche gleichwertige Schwesterchromosomen für den näch- sten Teilungsschritt vorbereitet werden, und in einer Querteilung, welche einwertige Chromosomen schafft. Letztere werden auf die Tochter- kerne verteilt, in welehen ihre homöotypische Teilung durch Trennung ihrer beiden Längshälften sich vollzieht. Soweit als eine geschlechtliche Sonderung in den unteren Abtei- lungen des Tier- und Pflanzenreiches bereits vollzogen ist, dürften Re- duktionsteilungen berufen sein, die durch die Befruchtung bedingte Verdoppelung der chromatischen Elemente auszugleichen. Eine größere Zahl von Beobachtungen weist bereits auf das Vorhandensein eines sol- chen Vorgangs auch bei Protozoen und Protophyten hin. Gewisse für Algen und Diatomeen schon früher erörterte Fälle hat Lorsv in seinem Reduktionsaufsatz von neuem hervorgehoben.' In einer jetzt veröffent- lichten, die Tetrasporenbildung bei Diktyotazeen behandelnden Arbeit, tritt J. Lnovp Wiruıams”, im Anschluß an FArnmer-Moorr, ebenfalls für eine Reduktionsteilung ein. Versuchen wir es, den Vorgang, wie er sich für die Pollenmutter- zellen von Galtonia nunmehr ergab, durch eine jener schematischen Darstellungen zu veranschaulichen, wie sie auch Lorsv entwirft, so könnte das in folgender Weise geschehen. An einem etwas abgeflachten Stabe machen wir die beiden aus seiner Längsspaltung hervorgegan- genen Hälften durch besondere Schraffierung kenntlich (A); dann unter- brechen wir den Stab in der Mitte, um seine Querteilung anzudeuten (b). Das Sichzusammenlegen der beiden kürzer und dieker gewordenen Querhälften vergegenwärtigen wir uns durch eine dritte Figur (C). An der Kernspindel werden dann die beiden Querhälften wie folgt (D) auseinander gezogen. In den Tochterkernen sondern sich nach Voll- ziehung der von Lorsy verlangten Wendung an der Kernspindel (#) die Längshälften jeder Querhälfte voneinander (F). Zu demselben Ergebnis wie bei Galtonia hätte ich eigentlich schon früher, bei der Untersuchung der Pollenmutterzellen von Tradescantia virginica, gelangen können, denn jenes Objekt weist im wesentlichen die nämlichen Verhältnisse wie Galtonia auf. Doch bei Tradescantia treten der Untersuchung größere Schwierigkeiten entgegen; die be- deutendere Zahl der Chromosomen erschwert den Einblick in die Bilder, ! Flora Bd.93, 1904, S. 84. ® Annals of Bot. Bd. XVIII, 1904, S. 145. 598 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. zumal das Objekt sich nicht eben leicht nach Wunsch fixieren läßt. Unsere Versuche, bessere Präparate von dieser Pflanze zu erlangen, dauerten aber fort und wurden schließlich auch von Erfolg gekrönt, so daß wir demnächst bessere Bilder, als es bisher geschehen ist, werden veröffentlichen können. Bei Tradescantia virginica vollzieht sich, wie bei Galtonia, die Längs- spaltung des Kernfadens zu einer Zeit, wo er noch sehr dünn ist und zahlreiche Windungen zeigt. Während der Kernfaden an Dicke zu- nimmt, und die Zahl seiner Windungen sich verringert, wird die Spal- tung unkenntlich. Dann folgt bei Tradescantia der Augenblick, wo der Faden in zwölf Segmente zerfällt, welche in halber Länge sich Fig. A. einschnüren. Die Glieder dieser Paare werden kürzer und dicker, an- nähernd zylindrisch. Zugleich stellt sich ein für Tradescantia charak- teristischer Zustand ein, der diese Gliederpaare durch Lininfäden zu einer einzigen Kette verbunden zeigt, die sich in regelmäßige Win- dungen legt. Diese Windungen laufen annähernd parallel zueinander und sind senkrecht zur späteren Teilungsebene orientiert. Sie fallen selbst an frischen Pollenmutterzellen auf, die man in Wasser unter- sucht. Es sah sie daher schon im Jahre 1880 BArANETZKY, in dessen Beschreibung es heißt!, »daß die Windungen des Kernfadens sich nach einer Richtung orientieren, so daß sie alle mehr oder weniger parallel nebeneinander zu liegen kommen«. Dieses »Konvolut« er- scheine von oben gesehen »als eine rundliche Platte, die dem Beob- ! Bot. Zeitg. 1880, S. 265, Taf. V, Fig. ır ff. SYRASBURGER: Über Reduetionstheilung. 599 achter die Umbiegungsstellen des Kernfadens zuwendet«. Der Zu- sammenhang der Glieder in diesem Konvolut hört erst nach Anlage der Kernspindel auf. Die Glieder der Kette werden von den Spindel- fasern erfaßt und so gerichtet, daß von jedem der zweiwertigen Glieder- paare je ein einwertiges Glied nach einem andern Spindelpol zu liegen kommt. Die beiden Glieder jeden Paares stehen einander gegenüber und bleiben dabei entweder annähernd gerade, oder krümmen sich mehr oder weniger in Bogen gegeneinander, ja in den meisten Fällen so weit, daß sie mit den zuvor freien Enden zusammenstoßen. So entstehen Ellipsen, die in halber Länge, entsprechend der Ansatzstelle ihrer Spindelfasern, in einen kurzen Fortsatz ausgezogen erscheinen. Wo die Chromosomen gerade bleiben. oder nur eine schwache haken- förmige Einkrümmung zeigen, liegt die Insertion der Spindelfasern an ihrem freien Polende, oder in dessen Nähe an der Umkrümmungs- stelle, was eben ihre Gestalt bestimmt. Zu jeder Seite der Äquatorial- ebene kommen in solcher Weise zwölf einwertige Chromosomen zu liegen, die weiterhin nach den Spindelpolen befördert werden. Die in der Prophase angedeutete Längsspaltung wird an den einzelnen Gliedern, meist noch vor Fertigstellung der Kernspindel, wieder kennt- lich, und sie tritt deutlich während ihrer Wanderung nach den Spindel- polen hervor. Somit sind es auch bei Tradescantia, durch Querteilung bivalenter erzeugte univalente Chromosomen, welche bei der heterotypischen Tei- lung eine Trennung erfahren, um auf die Tochterkerne verteilt zu werden. Es liegt eine unzweifelhafte Reduktionsteilung vor. Was die Art der Befestigung ihrer Chromosomenpaare an der Kernspindel anbetrifft, zeigen Galtonia und Tradescantia entgegengesetztes Verhalten. Bei Galtonia werden die Paare ganz vorwiegend an ihren Polenden von den Spindelfasern erfaßt, bei Tradescantia meistens in mittlerer Länge an ihren entgegengesetzten Längsseiten. Daher ist die Vorder- ansicht auseinanderweichender Chromosomen, während ihre Längs- spaltung sich vollzieht, in beiden Fällen eine andere. Denn bei Galtonia ist die Spaltungsebene alsdann radial, bei Tradescantia tangential zur Spindel orientiert. Selbst nachdem der Gang der heterotypischen Teilung für Galtonia und Tradescantia klargelegt war, schwankten wir längere Zeit noch hin und her in Beurteilung der Bilder, die uns Lilium bot. Immer wieder sahen wir uns veranlaßt mit der Möglichkeit zu rechnen, daß bei diesem Objekt die Längsspaltung des Kernfadens doch zur Aus- bildung jener Doppelfäden führe, welehe den späteren Prophasen zu- kommen. Der Umstand, daß bei ZLilum die Längsspaltung des Kern- fadens ganz durchgeführt wird, die Zusammenziehung und Verdiekung 600 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. soleher Spaltungsprodukte aber ganz ähnliche Bilder, wie sie die späteren Doppelfäden zeigen, liefern könnte, erschwert ganz ungemein die Entscheidung. Oft glaubt man schon seines Urteils ganz sicher zu sein und gelangt doch wieder bei dem nächsten Präparat ins Schwanken. Daher kam es auch, daß seinerzeit die Angaben von H. H. Dıxox' für Lilium longifolium und von Jonn H. SchArrner’ für Lilium Philadelphicum keinen Eindruck machten. Dixon hatte bereits behauptet, daß die Doppelfäden in den Pollenmutterzellen von Lilium longifolium aus den Schlingen des lockern Knäuels hervorgehen. Jonn H. ScuArrner ließ die Produkte der Längsspaltung im »Macrospore nucleus« der Embryosackanlage von Lilium Philadelphicum wieder zu einem einzigen Band sich vereinigen und dieses Schleifen bilden. Die Schenkel der Schleifen sollten an der Spindel sich voneinander trennen, eine Querteilung, und damit eine Reduktionsteilung vollziehen. — Es läßt sich wohl behaupten, daß durch den Umstand, daß bei Pflanzen die Untersuchung sich besonders an Lilium hielt, ein Objekt, das zu so viel widersprechenden Deutungen Anlaß gab, die Klärung der Verhältnisse wesentlich aufgehalten wurde. Auch bei Wiederaufnahme der Untersuchung von Lilium sahen wir uns längere Zeit noch ver- anlaßt mit der Möglichkeit umzugehen, daß die Doppelfäden in den Pollenmutterzellen Spaltungsprodukte des Kernfadens seien, und wir such- ten daher nach einem Vorgang, welcher Übereinstimmung mit Galtonia und Tradescantia bringen sollte. Eine solche Übereinstimmung konnte durch Zusammenfaltung der Doppelfäden vor ihrer Einreihung in die Kernspindel erzielt werden. Solche Faltungen sind früher beschrieben worden, freilich mit dem Zusatz, daß die beiden Schenkel des ge- falteten Gebildes in der Äquatorialebene der Spindel zu liegen kämen, was zur Trennung ihrer beiden Längshälften hätte führen müssen. Jetzt wäre es auf ihre polare Orientierung angekommen. Eine er- neute Prüfung dieses Zustandes fiel nicht zugunsten einer etwaigen solehen späten Faltung aus, und so wurden wir denn immer wieder auf das Studium der jüngeren Zustände zurückgewiesen. Schließlich gewannen wir denn auch die Überzeugung, daß die Längsspaltung des Kernfadens, trotzdem sie stellenweise zu seiner Verdoppelung führt, wieder rückgängig wird, daß somit FArmer-MoorE im Recht sind, wenn sie eine solche Wiedervereinigung der Spaltungsprodukte be- haupten. Andererseits konnten wir nicht bestätigen, daß bei Lilium die im Zustande des lockern Knäuels vorhandenen Windungen zur Bildung der Doppelfäden direkt führen. Die Umbiegung, der die ! Annals of Bot. Bd. IX, 1895, S. 663. 2 Bot. Gazette Bd. XXIII, 1897, S. 430. SrrassurGer: Über Rednctionstheilung. 601 Doppelfäden ihre Entstehung verdanken, vollzieht sich später, erst nach vollzogener Wiedervereinigung der Spaltungsprodukte, einer wesentlichen Verkürzung und Verdiekung des Kernfadens und seinem Zerfall in zwölf Chromosomen. Damit ist trotz noch bleibender Unter- schiede doch eine wesentliche Annäherung an Galtonia gewonnen. Als Unterschied verbleibt im wesentlichen nur die stärkere, zeitweise Durchführung der Längsspaltung und die zeitigere Aneinanderfügung der in jedem zweiwertigen Fadenabschnitt vertretenen beiden ein- wertigen Glieder. Auch ist die Vereinigung dieser Glieder schließlich noch intimer, so daß die Doppelelemente fast wie einfache Stäbe bei ihrer Einfügung in die Kernspindel erscheinen. Daß die Trennung der Längshälften in jedem Gliede gleich zu Beginn des Auseinander- weichens so stark sichtbar wird, könnte wohl als eine Folge der zu- vor weit stärker durchgeführten Längsspaltung gelten. Nach Klärung dieser Verhältnisse, die eine einheitliche Behandlung der Kernteilungsvorgänge in den Gonotokonten der Tiere und Pflanzen zulassen, gewinnen auch andere Fragen, die man an den Reduktions- vorgang anzuknüpfen suchte, eine allgemeine Bedeutung. In manchen tierischen Gonotokonten, die verschieden große oder sonst unter- scheidbare Chromosomen führen, konnte festgestellt werden, daß bei der numerischen Reduktion die einander entsprechenden Chromosomen paarweise zur Vereinigung kommen.‘ Es lag nahe, je eines von diesen Chromosomen von dem Vater, je eines von der Mutter abzu- leiten. Die Reduktionsteilung sollte diese Chromosomen dann trennen und den beiden Tochterkernen zuführen. Eine weitere Frage war die, ob bei solcher Scheidung alle mutmaßlichen väterlichen oder mütterlichen Chromosomen demselben Tochterkerne zufallen. Surron und Boverr neigen nicht zu dieser Annahme’, sie halten es vielmehr für wahrscheinlicher, daß die verschiedensten Kombinationen dieser elterlichen Elemente in den einzelnen Gonen, die aus der Gono- tokonte hervorgehen, verwirklicht werden. Was an den bisherigen Objekten nur auf Grund von Überlegungen über die Verteilung der beiden Chromosomen jeden Paares anzunehmen wahrscheinlicher er- schien, dafür lassen sich bei Tradescantia einige direkte Anknüpfungs- punkte gewinnen. Denn bei Tradescantia bleiben, wie wir sehen, die univalenten Chromosomen durch Lininfäden miteinander verbunden und lassen im Augenblick der Spindelbildung die Feststellung ihrer ursprünglichen Anordnung im Kernfaden meist noch zu. Die in par- ! MontGonerv, Surron, in Bovert a.a. 0. S. 72. er aL02 Sasse 75: 602 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. allelen Windungen aufeinander folgenden Chromosomen werden von den Spindelfasern erfaßt und endgültig an der Spindel verteilt. Würde das nun in der Weise geschehen, daß regelmäßig je zwei zu ver- schiedenen Paaren gehörende Chromosomen auf derselben Seite der Äquatorialebene verbleiben, so gäbe das, wie das beifolgende Schema zeigt, gleich viel der mutmaßlichen väterlichen und mütterlichen Chromosomen für jeden der zu bildenden Tochterkerne. Die direkte Beobachtung lehrt, daß das nicht der Fall ist. Meist zwar verharren je zwei aufeinander folgende Glieder der Kette, so wie in unserm Schema angedeutet ist, auf derselben Seite der Äquatorialebene, doch häufig sieht man auch ein Tochterehromosom sich umbiegen und allein auf‘ der einen Seite des Äquators verbleiben, während das folgende auf die andere Seite hinübergeführt wird. Hieraus folgt, daß es nicht darauf ankam, durch gegenseitige Verbindung der ÖÜhromosomen- paare in einer Kette die gleiche Zahl der als väterlich oder mütterlich gedeuteten Chromosomen jedem der beiden Tochterkerne zu sichern. Doch da andererseits die geschilderte Umbiegung einzelner Chromo- somen leicht dazu führen könnte, daß zwei demselben Paare ent- stammende Paarlinge auf derselben Seite der Äquatorialebene ver- harren, so stellen sich auch immer zu gleicher Zeit Unterbrechungen in der Kette ein, durch welehe die notwendige Freiheit der Vertei- lung gewahrt wird. — Es sind mir andere Pflanzen bisher nicht begegnet, die eine so lang anhaltende Verbindung der Chromosomen in ihren Gonotokonten aufzuweisen gehabt hätten. Es pilegen viel- mehr sonst nur die zu demselben Paare gehörenden Glieder aneinander zu haften. was von vornherein ihre wechselnde Orientierung zu den Polen der Kernspindel ermöglicht. In den pflanzlichen Gonotokonten folgen die auf die Tochter- kerne zu verteilenden einwertigen Chromosomen in dem unsegmen- tierten Kernfaden nachweisbar aufeinander. Sollten sie wirklich die von dem Vater und von der Mutter abstammenden Chromosomen vorstellen, so würde hieraus sich des weitern ergeben, daß diese im Mutterkern mit einander abwechselnd in den Aufbau des Kern- fadens eingehen. Daß der Kernfaden diesen Aufbau schon im Be- fruchtungsakt bei der Vereinigung von Spermakern und Eikern erlangt haben sollte, erscheint ausgeschlossen. Die Teilungsbilder des Keim- kerns sprechen dagegen. Sie tun dies besonders deutlich bei gewissen tierischen Objekten. Den Arbeiten Rückerts, HAEcKERs, ÜoNnKLıns' ist zu entnehmen, daß bei bestimmten Krebstieren und Schnecken ı Vgl. bei Boverı a.a.0. S.58. Für die Furchungskerne von Ascaris hatte das zuerst EpvArD van BENEDEN 1883 in den »Recherches sur la maturation de l’&uf ete.« p- 314 angegeben. S’PRASBURGER: Über Reductionstheilung. 603 die durch den Befruchtungsvorgang zusammengeführten beiden elter- lichen Kerne ihre Selbständigkeit in den Kernen des Abkömmlings dauernd bewahren. Erst in den Gonotokonten des Abkömmlinges vollzieht sich die innigere Vereinigung der väterlichen und mütter- lichen Chromosomen. T. H. Moxrteomery' sprach zuerst 1901 den (edanken aus, dal in den Keimzellen (Germ-Üells) der Metazoen diese Vereinigung der väterlichen und mütterlichen Chromosomen auf jenem Stadium der Zusammenballung des Inhalts ihres Mutterkerns erfolge, den J. E. S. Moore als »Synapsis« bezeichnet hatte.” Zu einer ähnlichen Auffassung gelangte WiıruLıam Austin Oannon’, weil es ihm schien, daß sie am besten die Mexoer'sche Spaltungsregel erkläre. Im besondern ging dann Warrer S. Surrox' auf die Einzelheiten des Vorgangs in den Keimzellen ein und behandelte sie in seinem Auf- satz »The Uhromosomes in Heredity«. Noch weiter versucht es Boverr in seinen »Ergebnissen«° in die Aufgabe einzudringen und zu zeigen. wie wahrscheinlich es sei, dal im Zustande der Synapsis die homologen Chromosomen sich gegenseitig anziehen und aufsuchen, um miteinander zu kopulieren. »Sollte das Sy- napsisstadium irgendwo fehlen«, fügt Bovekı hinzu, »und einfach aus seinem typischen Ge- rüst oder kontinuierlichen Spiremfaden sich die Copulae differenzieren, so dürfte daraus zu schließen sein, daß alle Chromosomen dieses Organismus essentiell gleichwertig sind und sich ganz beliebig paaren können. « Nun ist freilich im Pflanzenreiche, bis in die letzte Zeit hinein, jener Zustand der Synapsis, der mir in Pollenmutterzellen schon vor fünfundzwanzig Jahren auffiel®, immer wieder von einzelnen Forschern als Kunstprodukt gedeutet oder ganz in Abrede gestellt worden, wobei sie nicht selten auch verschiedene Zustände mit diesem Namen belegten. So wendet sich beispielsweise Jonw H. Scuärrner' gegen die E. Sarcant- schen Angaben, welche der Synapsis des Mutterkerns im Embryosack von Lilium Martagon eingehender gedenken‘, mit dem Bemerken, daß es sich dabei um ein Produkt der Präparation handle. So bemerkt Guisnarn”" für die Pollenmutterzellen von Naias major, daß es ihm in ! Trans. Amer. Phil. Soc. Bd. XX, 1901. ” Ann. of Bot. Bd. IX, 1895, p. 435. ° Bull. of the Torrey Bot. Club Bd. 29, 1902, p. 660. * Biol. Bulletin Bd. IV, 1903. p. 231. Aa. 078358: ® Archiv f. mikr. Anatomie Bd. XXI, 1882, Sonderabdr. S.6 und Taf. I Fig. 3. ” Bot. Gazette Bd. XXIII, 1897, S. 442. ° Ann. of Bot. Bd. X, 1896, p. 457. Arch. d’anat. mieroscopique Bd. II, 1899, p. 460. 604 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. diesen, soweit sie in normalem Zustande fixiert waren, nicht gelang, eine als Synapsis zu bezeichnende Kontraktion zu beobachten. Und doch hatte J. E.S. Moorr Recht', als er die Behauptung aufstellte, daß die Synapsis allgemein den Kernen zukommt, die in heterotypische Teilung eintreten. Ich kann jetzt hinzufügen, daß es der wichtigste Zustand im Entwicklungsgang dieser Teilung ist, von dem sich voraus- sagen läßt, daß er die Forscher ganz besonders in der nächsten Zukunft beschäftigen wird. Aus den Angaben der Zoologen sollte man schließen, daß in diesem Zustande die individualisierten Chromosomen zusammengedrängt werden und sich gegenseitig aufsuchen. Das ist nun nicht der Fall. Wie unsere gemeinsame Arbeit im einzelnen zeigen wird, handelt es sich vielmehr um wesentlich andere Vorgänge, die geeignet sind, die ganze Erscheinung in ein neues Licht zu stellen. Zwei Bilder, (Fig. S und 9) die ich nach Präparaten von James BERTRAM OVERTON entworfen habe, sollen zur vorläufigen Orentierung dienen. Die Pflanze, um die es sich handelt, ist Thalietrum purpurascens. Sie zeigt den Vorgang besonders deutlich, weil die Zusammendrängung der Elemente weniger groß als sonst ist. Das Gerüst des Mutterkerns ballt sich einseitig an seiner Wandung zusammen. Das Chromatin zieht sich aus den Lininfäden zurück und läßt sie als wenig tingierbare, zarte, perlschnurartig gegliederte Fäden zurück. Es bildet Körnchen, die sich um einzelne Zentren sammeln (Fig.8). Alsbald läßt sich fest- stellen, daß die Zahl dieser Zentren zwölf beträgt (Fig. 9), entsprechend der Zahl der späteren Chromosomenpaare. Ich will diese Zentren als Gamozentren bezeichnen. Dort bilden die Körnchen zunächst lockere Gruppen. Doch im nächsten Stadium sieht man sie schon zu kleinen Körpern vereinigt, in welchen es schwer wird, sie einzeln zu unter- scheiden. Diese Körper strecken sich etwas und schnüren sich deut- ! Ann. of Bot. Bd. IX, 1895, p. 435: SIRASBURGER: Über Reductionstheilung. 605 lich in der Mitte ein. Dann beginnen sich die Körnchen der beiden Hälften zu sondern und mit Hilfe des Linins in Fäden anzuordnen. So spinnt sich ein feiner ununterbrochener Faden aus, um den dünn- fadigen Knäuel zu bilden, der die Synapsis ablöst. Dann folgt die Längsspaltung des Kernfadens. Das die weiterhin sich trennenden zwölf bivalenten Segmente des Kernfadens den zwölf Körpern ent- sprechen, welche die Synapsis aufweist, und daß die Querteilung jedes bivalenten Chromosoms Hälften jener Körper wieder trennt, ist wohl nieht zu bezweifeln. — Bei Galtonia sammelt sich in der Synapsis entsprechend der späteren Zahl der Chromosomenpaare das Chromatin nur um sechs Zentren. Die Zusammenballung des Inhaltes ist während dieses Vorgangs bei Galtonia so bedeutend, daß die Zählung der Chromatinkörper nicht immer gelingt. — Tradescantia bildet in der Synapsis einen Körnerballen, in welchem die einzelnen Bezirke sich nicht unterscheiden lassen. An ihrem Vorhandensein ist aber schwer- lich zu zweifeln. Aus diesem Körnerballen differenziert sich das äußerst lange Spirem, dessen zunächst hin und her gewundener Faden sich alsbald in so regelmäßige Spiralen legt, daß der ganze Kern, bei Änderung der Einstellung, um seine Achse zu rotieren scheint. — Das Kernkörperchen wird in der Synapsis stets aus dem Kerngerüst hinausgedrängt, als wenn es die Vorgänge, die sich in ihm abspielen, nicht stören sollte. Wo die Ohromatinmengen so bedeutend wie bei Tradescantia sind, also beispielsweise auch bei Frittillaria und Lilium, wird das Kernkörperchen gegen die Kernwandung gedrückt und ab- getlacht, jenes charakteristische Aussehen gewinnend, das von jeher in der Synapsis solcher Pflanzen auffallen mußte. Aus allen diesen Angaben geht hervor, daß die Vorstellung, es legten sich in der Synapsis geformte und wohl abgegrenzte Chromo- somen aneinander, nicht zutreffend ist. Der cehromatische Inhalt der Ohromosomen ist es vielmehr, der in Gestalt kleiner Körner sich um bestimmte Mittelpunkte sammelt. Da die Zahl dieser Mittelpunkte der reduzierten Zahl der Chromosomen, somit der Zahl der Chromosomen- paare entspricht, so läßt sich annehmen, daß das Chromatin je eines väterlichen und eines mütterliehen Chromosoms einem Gamozentren zustrebe. Die Chromatinkörner vermögen hierbei in eine so innige Beziehung zu treten, wie sie für abgegrenzte Chromosomen gar nicht möglich wäre. Man sieht sie tatsächlich je einen Körper bilden und dann erst sich wieder in zwei Hälften zerlegen. Ich glaube nicht einen Fehlschluß zu machen, wenn ich annehme, dal3 die Chromatin- körner eben deshalb die Lininbande verlassen, damit eine so freie Wechselwirkung unter ihnen möglich werde. Ich will diese Chromatin- körner, entsprechend der Bedeutung, die ich ihnen beilege. Gamosomen Sitzungsberichte 1904. x 48 606 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. nennen, den Körper, den sie bilden, ein Zygosom.' Aus diesen Zygo- somen gehen dann wieder zwei Chromosomen hervor, an deren Formung das Linin sich beteiligt. 3evor wir es versuchen, weitere theoretische Erörterungen an diese Beobachtungen zu knüpfen, wollen wir uns die Ergebnisse ver- gegenwärtigen, zu denen die Zuchtversuche mit Hybriden, sowie die mikroskopische Untersuchung ihrer Gonotokonten bisher geführt haben. Eine ihrer größten Förderungen hat die Vererbungslehre durch lie von GrEGoR MenpeL entdeckte Regel erfahren, nach der gewisse Hybriden bei Bildung der Geschlechtsprodukte ihre Merkmale spalten. Denn diese Entdeckung schuf eine sichere Grundlage für eine plan- mäßige experimentelle Bastardforschung, die dank den Arbeiten von Hvuco vr Vrıes, C. CoRRENS, E. Tscuermax, W. Bareson und E. R. Sıunvers sich großer Erfolge schon rühmen kann. Bei Mono- bzw. Polyhybriden, die mit einem Paare oder mit mehreren Paaren gegen- sätzlicher Merkmale ausgestattet sind, erfolgt bei der Bildung der Go- nen eine Spaltung dieser Paare, so zwar, daß die Gonen zur Hälfte das eine, zur Hälfte das andere Merkmal erhalten. Dabei vollzieht sich die Trennung in den einzelnen Paaren unabhängig voneinander, so daß zwei gegebene, von verschiedenen Paaren stammende Merk- male, sowohl derselben Gone, wie auch zwei verschiedenen Gonen zufallen können. — Außer diesen spaltenden Hybriden gibt es auch »konstante«’, welche diesen Vorgang nicht zeigen. Die Abkömmlinge solcher Bastarde »pflegen ihren Eltern und einander gleich zu sein, und diese Konstanz erhält sich im Laufe der Generationen. Dem- zufolge entstehen Bastardrassen, welche abgesehen von der etwa ver- minderten Fertilität, von echten Arten kaum zu unterscheiden sind. «” — Endlich existieren auch sterile Bastarde, deren Erzeugung auf ge- schlechtlichem Wege möglich war, die aber selber unfruchtbar bleiben. Das Bestehen solcher Bastarde beweist, daß ein Zusammenwirken elterlicher Kerne im Abkömmling möglich ist, ohne daß deren Gamo- somen so viel Wahlverwandtschaft besitzen, als zu ihrer Vereinigung innerhalb der Gonotokonten nötig wäre. So ist denn schon oft auf ! Im Anschluß an Gameten und Zygoten, mit denen sie zu vergleichen sind. Die Bezeichnung Gameten hatte ich 1877 (Bot. Zeitg. S.756) für solche Geschlechts- produkte vorgeschlagen, welche noch nicht die gestaltliche Sonderung in Spermatozoiden und Eier zeigen, ihr Produkt war die Zygote. — W. Bareson schlägt jetzt in den Proceedings of the Cambridge Phil. Society Bd. XII, 1903, p. 53 vor, diese Bezeich- nungen auf alle Geschlechtsprodukte und das Erzeugnis ihrer Vereinigung auszudehnen, was mir sehr zutreffend scheint. ?® Huco DE Vrıes, Die Mutationstheorie Bd. ll, 1902, S.66. ® Huco pe Vrıes, Befruchtung und Bastardierung 1903, S.57: Sırassurser: Über Reductionstheilung. 607 den Augenblick der Bildung der Sexualzellen als auf eine besonders kritische Periode im Leben der Bastarde hingewiesen worden. »Da- her«, sagt Huco pE Vrıes in seinem Vortrage über Befruchtung und Bastardierung', »die ganz gewöhnliche Erscheinung, daß die Produk- tion von Ei- und Samenzelle mehr oder weniger vollständig mißlingt, daß die Bastarde entweder keine befruchtungsfähigen Samenknospen, oder keinen tauglichen Blütenstaub, oder keines von beiden hervor- bringen. « Über mikroskopische Befunde in den Gonotokonten von Hybriden liegen im besondern einige botanische Berichte vor. Vor allem sind es die Angaben von H.O. Jurr” über Syringa Rothomagensis, die als Bastard von S. vulgaris und 8. persica gilt.” Jurn fand, daß sich Stö- rungen der Entwicklung im Kern der Pollenmutterzellen zum Teil schon zur Zeit der ersten Sonderung des Kernfadens einstellen. Dann kommen Durchsehnürungen der Mutterkerne in zwei gleich große oder verschieden große Stücke im Zustand des noch dünnen Fadenknäuels vor. Jurn beobachtete auch 'Teilungsvorgänge des Mutterkerns, welche die Mitte zwischen Mitose und Durchschnürung hielten, wobei ganze Chromosomen auf die Teilungsprodukte übergingen. Die Zahl der Chromosomen bei 8. Rothomagensis hält Jurn für größer als bei S. vul- garis, doch wagt er es nicht bestimmt zu behaupten. Auch bei der mitotischen Teilung sind typische Bilder im ersten Teilungsschritt selten. Es scheint, als wenn eine Anzahl Chromosomen nieht gespalten und unverändert in die Tochterkerne überginge. Unter Umständen ist es auch die Ausbildung der Spindelfasern, die abnorm verläuft. Endlich sieht man Chromosomen außerhalb der Teilungsfiguren im Cytoplasma liegen und dort kleine Kerne bilden. Jurr' erwägt bei diesem Anblick, ob es sich nicht um eine Entmischung der hybriden Kernsubstanzen handle. Der zweite Teilungsschritt der Pollenmutter- zellen von 8. Rothomagensis scheint nach Jurr weit regelmäßiger als der erste zu verlaufen, was uns ganz begreiflich erscheint, da die Schwierigkeit in dem heterotypischen Teilungsschritt wurzelt. — Außer den Jurr’schen Angaben liegen auch Beobachtungen von O. RosenBEre’ über das Verhalten der Öhromosomen in den Geweben und den Pol- lenmutterzellen des Bastards Drosera longifolia x rotundifolia vor. Zu- nächst wurde festgestellt, daß Drosera longifolia doppelt so viel Chro- mosomen in den Geweben und in den Pollenmutterzellen als D. ro- ! 1903, 8.53, 56. ® Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XXNXV, 1900, S. 639. ° Focke. Die Pflanzenmischlinge 1881, S.255- ZN. a. 0. 648: ° Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1903, S.11o. 48* 608 Sitzung der plıys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. tundifolia führt. Es weist Drosera rotundifolia in den Kernen der Ge- webe 20, in den Pollenmutterzellen 10 Chromosomen auf, Drosera longifolia 40 und 20. Die Kerne im Gewebe des Bastards besitzen, wie zu erwarten war, 30 Chromosomen, in den Pollen- und Embryo- saekmutterzellen findet man hingegen, wie eine heute mir zu Händen kommende neueste Arbeit von RoseEngere lehrt, nicht 15, sondern >20 Chromosomen.' RosExgEre stellt nun fest, daß von diesen 20 Chro- mosomen Io eine deutliche doppelte Zusammensetzung zur Zeit der Spindelbildung aus dem Pollen- und Embryosaekmutterkern zeigen, ı0 hingegen einfach sind. ROosENBERG nimmt an, daß in den Doppel- ehromosomen Paarlinge von Drosera longifolia und D. rotundifolia, in den ungepaarten die überschüssigen Chromosomen von D. longifolia vorliegen. Die doppelwertigen Chromosomen werden regelrecht in die Kernspindel eingereiht. Die anderen kommen dem einen oder andern Pol näher zu liegen. Nur die zweiwertigen Chromosomen er- fahren die regelrechte Spaltung, die einwertigen gelangen entweder mit in die Tochterkernanlage, oder sie bleiben zum Teil im Cyto- plasma liegen, wo sie kleine wertlose Zwergkerne erzeugen. Die Zahl dieser ausgeschalteten Chromosomen wächst noch beim zweiten Tei- lungsschritt, so daß man in den Enkelkernen fast immer nur noch ı0 Chromosomen zählt. In Pollenkörnern wie in Embryosackkernen stellen sich weiterhin meist Entwicklungsstörungen ein, so daß die meisten Gonen zugrunde gehen. Doch lehrte die Untersuchung, daß die Möglichkeit der Bildung einzelner Keime nicht ganz ausgeschlossen ist. — Anfügen ließen sich noch weniger vollständige Angaben von Wırrıam Austın Cannon” über das Verhalten der Gonotokonten eines Baumwollhybriden, Gossypium Barbadense x herbaceum. Cannon fand ab- norme Pollenkörner in allen Antheren vor. Die Mutterzellen führten zum Teil normale, zum Teil abnorme Teilungen aus. Im letztern Falle wurden amitotische Durcehschnürungen der Kerne beobachtet und im Extrem Mutterzellen mit zahlreichen, ungleich großen Kernen. — Mercarr” will in den Pollenmutterzellen hybrider Gladiolen je zwei Kernspindeln beobachtet haben und meint, ihre getrennte Bildung sei dureh das Ausbleiben einer Vereinigung väterlicher und mütterlicher Chromosomen veranlaßt worden. Er findet sich darin in Überein- stimmung mit Guver', von dem ähnliche Angaben über die Sperma- togenesis hybrider Tauben vorliegen. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1904, S.47- Bull. of the Torrey Bot. Club Bd. 30, 1903, p.I33- 3 Proceedings Neb. Acad. Se. Bd. VII, 1901, p.1og. Spermatogenesis of normal and hybrid pigeons 1900. Sırassurser: Über Reductionstheilung. 609 Das ist der Anfang der Bemühungen auf einem Gebiete, das plan- mäßig weiter durehforscht werden muß, und verspricht, noch wichtige Ergebnisse zu liefern. Ältere und neuere Angaben über die Obliteration der Embryo- säcke in Hybriden zeigen, wie schwer es im besondern dem Bastard wird, solehe auszubilden. G. Tısenter' ist aber nicht der Meinung, daß überall bei sterilen Bastarden die Ovula mißgestaltet sind. Versuchen wir das Vorausgeschickte nun weiter zu verwerten und an unsere über Synapsis gemachten Beobachtungen anzuknüpfen. Zunächst erklärt sich die Existenzmöglichkeit unfruchtbarer Bastarde aus der zuvor schon begründeten Angabe, daß die väterlichen und mütterlichen Chromosomen in den Kernen des Abkömmlings als solche fortbestehen. Welche Schwierigkeiten sich in den Prophasen der hete- rotypischen Kernteilung während der Synapsis einstellen, davon können wir uns jetzt eine bestimmte Vorstellung machen. Da treten Wechsel- wirkungen zwischen den Elementen der chromatischen Substanz auf, durch welche diese veranlaßt werden, sich aus dem Lininverband zu befreien und um bestimmte Zentren zu sammeln. Aus der Zahl dieser Zentren ergibt sich, daß sie die Vereinigungsstellen von Gamosomen je zweier Chromosomen sein müssen. Es zwingt sich die Vorstellung auf, sie für die Gamosomen homologer, vom Vater und von der Mutter stammender Chromosomen zu halten. Was sie zusammenführt könnten Einflüsse sein, ähnlich jenen, welche Gameten veranlassen, sich gegen- einander zu bewegen. Man denkt unwillkürlich an Chemotaxis, kann sich aber die Schwierigkeiten nicht verschweigen, die aus der An- nahme erwachsen, daß die von den verschiedenen Zentren ausgehenden Wirkungen qualitativ verschieden sein müßten. Andererseits ließe sich manche Erscheinung vom Standpunkt der Chemotaxis leichter begreif- lich machen, so daf3 die Anziehung der Paarlinge in der Nähe sich in Abstoßung verwandelt. Denn die Träger sowohl der zusammen- gehörenden gleichwertigen, wie der zusammengehörenden gegensätz- lichen Merkmale müßten zunächst, soweit sie zu einem homologen Chromosomenpaar gehören, auf dasselbe Attraktionszentrum hineilen, bei Steigerung des Reizes sich dort aber bei den einen wie den anderen eine Repulsion der Paarlinge einstellen. Ob der eine oder der andere Paarling eines Paares in diese oder jene Hälfte des Zygosoms gelangt, könnte dann vom Zufall abhängen, vorausgesetzt, daß nicht korrela- tive Einflüsse das Zusammenbleiben bestimmter Gamosomen begünstigen. Bei »konstanten« Hybriden bleibt, wie mir scheint, nichts anderes ! Beihefte z. bot. Zentralbl. Bd. XV, 1903, S. 408. 610 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. übrig, als die Annahme, daß auch für solehe Gamosomen des einen Elters, zu welchen der Paarling im andern fehlt, bei gewisser Wahl- verwandtschaft die Anziehung bestimmter Zentren sich geltend machen kann. Damit aber, so wie es tatsächlich geschieht, das durch ein solches unpaariges Gamosom vertretene Merkmal gleichmäßig auf die Abkömmlinge vererbt werde, müßte sein Träger bei der Teilung des Zygosoms eine Spaltung erfahren. Das wäre an sich nichts auffallendes, wenn man bedenkt, daß die Spaltung von Chromatinscheiben zu dem Vorgang jeder normalen Kernteilung gehört und daß die Gegensätze, welche zur Teilung des Zygosoms führen, auch die Teilung unpaariger Gamosomen auslösen könnten. Hingegen müßten solche Gamosomen in Hybriden, die kein wirksames Attraktionszentrum im Gonotokont finden, von der Zygosomenbildung ausgeschlossen bleiben. Sie würden voraussichtlich einen störenden Einfluß auf die Wechselwirkung der anderen Gamosomen ausüben, vielleicht besondere Chromosomen, die der Teilung aber unfähig wären, oder besondere kleine Kerne, ja selbst eigene Kernspindeln bilden, auch wohl alle weiteren Entwiecklungs- vorgänge im Gonotokont verhindern. Wie es im einzelnen dabei zu- gehen mag, darüber wird uns das Studium der Synapsis der Hybriden vielleicht noch weitere Aufklärung bringen. Die Individualität der Chromosomen, für welche im besondern Boverr' bei tierischen Objekten so entschieden eintritt, hat neuerdings auch auf botanischem Gebiet eine neue Stütze durch die Arbeit von V. Gresome und A. Wvsarrts” gefunden. Diese Forscher führen aus, daß die Chromosomen getrennt in die Prophasen jeder Kernteilung eintreten und daß es auf keinem Stadium einen fortlaufenden Kern- faden in den Kernen gebe. In den Mutterkernen der pflanzlichen Gonotokonten geht hingegen, wie wir sicher behaupten können, ein ununterbrochener Kernfaden aus der Synapsis hervor. Daß in ihm die Chromosomen trotzdem ihre Individualität nicht einbülßten, das besagt die Zahl, in der sie alsbald sich voneinander sondern. Auch ließe sich nicht recht, von dem jetzigen Standpunkte unseres Wissens, die Notwendigkeit einer Reduktion der Chromosomenzahl in den Gonen einsehen, wenn nicht die Individualität eines jeden Chromosoms dauernd festgehalten würde. Ob aber nicht unter Umständen die Zahl der Chromosomen in den Kernen doch geändert zu werden vermag, ist eine andere Frage. Das könnte, unter Wahrung ihrer Individualität, durch Längsspaltung für Vermehrung, durch longitudinale Aneinander- ! Ergebnisse S. 4. ? Beihefte z. bot. Zentralbl. Bd. XIV, 1903, S. 18. SYRASBURGER: Über Reductionstheilung. 611 fügung und Verschmelzung homologer väterlicher und mütterlicher Chro- mosomen für Verminderung geschehen. J. B. Farmer, J. E. S. Moorr und L. Diesy geben ein anderes Verhalten für apogamische Sprossung aus Prothallien der Farne an, eine Angabe, die freilich der weiteren Begründung noch bedarf. Da sollen Zellkerne aus einer Zelle durel die Wand, die sie durchbohren, in die Nachbarzelle gelangen, mit dem Kern dieser verschmelzen und so die für den Sporophyt not- wendige Verdoppelung der Chromosomenzahl bewirken. Wie die Erscheinungen der Synapsis in den Gonotokonten un- zweifelhaft lehren, liegt der Schwerpunkt aller Vorgänge, die zur Ver- teilung der erblichen Merkmale auf die Gonen führen, in der ehroma- tischen Substanz. Diese wird durch Linin zu bestimmten Chromosomen verbunden. So mag in der Tat das Linin über Zahl und Abgrenzung, also über die Individualität der einzelnen Chromosomen bestimmen. Nur in diesem Sinne könnte ich Varentın HaccKER beipflichten, der in seiner letzten Veröffentlichung schreibt': »Die Kontinuität der Kern- teile liegt demnach in der Grundsubstanz, welche dem Achromatin oder Linin, zum Teil wohl auch dem Plastin der Autoren entspricht«. Hingegen muß ich jetzt erst recht, auf Grund der Erscheinungen, welche die Synapsis bietet, den ganzen Schwerpunkt in den chroma- tischen Inhalt der Chromosomen verlegen. Die chromatischen Gamo- somen müssen wir als die Träger der erblichen Eigenschaften ansehen: das Linin hingegen bestimmt nur über Größe und Zahl der Verbände, die für dieselbe Pilanze festgelegt sind, aber selbst bei nahe verwandten Pilanzen verschieden sein können, denen somit nur eine sekundäre Be- deutung zukommen kann. Die Chromatinkörner, die wir in den Go- notokonten von Fhalietrum sich um einzelne Mittelpunkte sammeln sehen, habe ich als Gamosomen bezeichnet. Ich habe dieselbe Bezeichnung auch für die mutmaßlichen Träger einzelner Merkmale, die in Wechsel- wirkung treten, gebraucht, um nicht die Zahl der Bezeichnungen vor- zeitig zu vermehren. Doch ist mir aus theoretischen Gründen und dem Vergleich mit anderen Objekten bereits völlig klar, daß jedes der mikroskopisch unterscheidbaren Gamosomen von Thalietrum aus einer Vielheit jener Einheiten bestehen muß, die im Zygosom in Wechsel- wirkung treten. Eine Vielheit solcher Einheiten muß auch in jeder Uhromatinscheibe eines Kernfadens, bei allen karyokinetischen Vor- gängen vertreten sein und eine jede dieser Einheiten bei der Längs- spaltung des Kernfadens eine Halbierung erfahren. Sollten aber, wie ich es annehmen möchte, die in der Synapsis als Körner, in der Karyo- kinese als Chromatinscheiben auftretenden Gamosomenkomplexe in ! Bastardierung und Geschlechtszellenbildung, S. 230. 612 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. ruhenden Kernen in ihre Einheiten zerlegt werden, so könnte das aus- reichen, um ihren Nachweis durch Färbungsmittel zu erschweren. Die scheinbare Abnahme des Chromatins im ruhenden Kern darf somit, meiner Ansicht nach, nicht als Beweisgrund gegen die sonst so wohl- begründete Ansicht gelten, daß das Chromatin der Träger der erb- lichen Eigenschaften sei. Weitere Untersuchungen der Synapsis im Tier- und Pflanzenreiche sind notwendig, um dem im vorhergehenden entwickelten Gedanken- gang eine noch festere Grundlage zu verschaffen. Aus diesem Grunde unterlasse ich es auch, jetzt schon Stellung zu den bisherigen Hypo- thesen über die stofflichen Träger der erblichen Eigenschaften zu nehmen, bestehende Übereinstimmungen und vorhandene Gegensätze hervorzuheben. Wie uns die Vorgänge bei der Synapsis lehren, wird in diesem Augenblick die Individualität der väterlichen und mütterlichen Chromo- somen aufgegeben. Sie vereinigen sich zu einem einzigen Zygosom, aus dem erst wieder zwei neue Chromosomen hervorgehen. Diese Chromosomen enthalten nicht ausschließlich nur vom Vater oder von der Mutter stammende Gamosomen, vielmehr fand eine teilweise Aus- wechselung dieser statt. Daraus erklären sich hinreichend die Ver- schiedenheiten der Kinder eines Elternpaares sowie die Spaltungser- scheinungen bei Monohybriden. Weiter ist die Frage angeregt und erörtert worden, ob jedes Chro- mosom als Träger der sämtlichen Eigenschaften des Organismus an- zusehen sei oder nicht, ob in einem Worte die einzelnen Ohromosomen nur mehr oder weniger übereinstimmende Wiederholungen derselben Gamosomen darstellen oder ob dies nicht der Fall sei. Boverı' tritt für die Verschiedenheit unter den Chromosomen ein und sucht sie experimentell an doppeltbefruchteten Seeigeleiern zu stützen. Solche disperme Eier zerfallen simultan in vier Zellen. Da aber jedes ein- zelne Chromosom nur auf zwei Zellen verteilt werden kann, so müssen die vier Blastomeren verschiedene Chromosomen erhalten. Es gelingt nun, die vier Blastomeren künstlich voneinander zu trennen und fest- zustellen, daß jede sich in der Regel verschieden und vor allem ver- schieden weit entwiekelt. Auch zeigen aus dispermen Eiern hervor- gegangene Keime, deren Blastomeren man nicht getrennt hat, eine entsprechend verschiedene Potenz der Entwicklung in den aus diesen Blastomeren entstandenen Bezirken. — Ein anderer, wie mir scheint, entscheidender Beweis für die Verschiedenheit der Chromosomen läßt sich aus dem Verhalten der gegensätzlichen Merkmalpaare von Mono- ı Ergebnisse S. 42. STRASBURGER: Über Reductionstheilung. 613 hybriden entnehmen. Solche Hybriden liefern bekanntlich, wenn sie untereinander bestäubt werden, Nachkommen, bei welchen das domi- nierende Merkmal in 75 Fällen auf 100 zur Geltung kommt. Das ist eine glatte Spaltung nach der Formel': 1ıIDD+2DR+ıRR. Eine solche glatte Spaltung würde nicht erfolgen, wenn bei der hetero- typischen Teilung mehr als ein Chromosomenpaar, und es läßt sich hinzufügen, auch mehr als ein Gamosomenpaar in diesem als Träger der gegensätzlichen Merkmale gelten könnte. Denken wir an die Hy- briden der gelb- und grünkeimigen Erbse, die so regelrecht spalten. Auf Grund sonstiger Erfahrungen über Chromosomenzahl bei Diko- tylen wollen wir zwölf Chromosomenpaare in den Gonotokonten der Erbse annehmen. Würde jedes dieser zwölf Paare Träger der gegen- sätzlichen Merkmale sein, da müßte es sich nach der Wahrscheinlich- keitsrechnung jedes siebente Mal treffen, daß die bei der heterotypi- schen Teilung erzeugten Tochterkerne sechs gelbe und sechs grüne Anlagen enthalten. Dann würden aber die gelben Anlagen als domi- nierende die grünen rezessiven unterdrücken, die Tendenz aller vier Gonen des betreffenden Gonotokonten somit gelb sein. Das gäbe bei den Nachkommen eine Verschiebung zuungunsten des Grün um über 14 Prozent. In Wirklichkeit entsprechen aber die Ergebnisse der Züch- tung streng der aufgestellten Formel.” Für die Ungleichwertigkeit der einzelnen Chromosomen im Kern ist auch ihre konstant verschiedene Größe und ihr verschiedenes Aus- sehen in den Gonotokonten der Insekten angeführt worden"; weiter der Umstand, daß zwei einander äußerlich sich gleichende Chromosomen sich zu Paaren für die heterotypische Teilung dort vereinigen. Die verschiedene Größe und das verschiedene Aussehen der Chromosomen kann in der Tat für deren Ungleichwertigkeit ins Gewicht fallen, we- niger die Vereinigung einander gleichender Chromosomen zu Paaren. Denn diese Gleichheit ist eine Folge der Vorgänge in der Synapsis, und sie erschien den Zoologen nur deshalb so auffällig, weil sie nur die Paarung der fertig ausgebildeten Chromosomen zu sehen bekamen. Auch im Pflanzenreiche fällt oft die ungleiche Größe der Chromosomen in den Gonotokonten auf. Den extremsten Fall, der mir begegnete, ı D= dominieren, R=rezessiv. Die Formel nach dem Vorschlag von W. Bareson und E. R. Saunpers. Reports to the Evolution Commitee I, 1902, p. 8. ® Bis jetzt sind die Chromosomenzahlen bei Dikotylen wenig bekannt. Sollten diese Zahlen bei der Erbse größer als zwölf sein, so würde die Zahlengleichheit gegen- sätzlicher Anlagen sich in den Tochterkernen entsprechend seltener einstellen. Der Ausfall zugunsten des Gelb könnte leichter verdeckt bleiben. Doch bezweifle ich sehr, daß eine geringe Mehrheit schon dem schwächern Merkmal die Herrschaft ver- schaffen sollte. ® Vgl. bei Boverı a.a.0. S. 52. Sitzungsberichte 1904 49 614 Sitzung der phys.-math. Classe v. 24. März 1904. — Mittheilung v. 10. März. bieten die Pollenmutterzellen von Funkia Sieboldiana dar.‘ Manche Chro- mosomenpaare, sowohl bei der heterotypischen, wie in der homöoty- pischen Teilung, sind um das vielfache länger als die anderen. Sollten die Paarlinge als solche vom Vater und von der Mutter übernommen worden sein, so könnte man, bei der sonstigen Variabilität auf diesem Gebiete, über die völlig gleiche Länge der Paarlinge staunen. Anders, wenn diese gleiche Länge das Ergebnis ist einer genauen Halbierung der Zygosomen in der Synapsis. Das Verhalten spaltender Monohybriden, das uns zur Annahme nur je eines Gamosomenpaares für je ein Merkmalpaar stimmt, scheint mir auch geeignet, eine Entscheidung in der Frage über die »qualita- tive Verschiedenheit im einzelnen Chromosom« herbeizuführen. BovErı sprach sich für eine solche Verschiedenheit aus”, weil es Fälle gibt, in welchen während der Furchung die dem Soma zufallenden Zellen, im Gegensatz zu den Urgeschlechtszellen, einzelne Stücke ihre Chro- mosomen abstoßen. Ist das gespaltene Merkmal nur in einem einzi- Chromosom des Gonotokonten der Erbse vorhanden und nur durch ein einziges Gamosom dort vertreten, so kann ein solches Chromosom auch nicht seiner ganzen Länge nach qualitativ gleiche Eigenschaften beanspruchen. Die im vorausgehenden entwickelten Ansichten weichen in mancher Beziehung von meinen früheren ab. Ich wage nicht anzunehmen, daß sie in allen Punkten nunmehr das Richtige treffen, doch geben sie Ausdruck dem, was in diesem Augenblicke meine wissenschaftliche Überzeugung ist. »Wo ich etwas antreffe, das mich belehrt, da eigne ich es mir zu. Das Urteil desjenigen, der meine Gründe widerlegt, ist mein Urteil, nachdem ich es vorerst gegen die Schale der Selbstliebe und nachher in derselben gegen meine vermeintlichen Gründe abge- wogen und in ihm einen größeren Gehalt gefunden habe.«® ! E. SrrAsguURGEr, Histol. Beitr. Heft III, 1900, S. 45. BER 2.08.20. ® Immanver Kayr, Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik 1766, S. 74. Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 24. März 1904. 615 Zusatz zu der Mittheilung von Ilrn. Prof. F. Braux in Strassburg im Sitzungs- bericht der phys.-math. Classe vom 21. Januar: Der Herrz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung. Verf. hat nachträglich mitgetheilt, dass in seiner Abhandlung eine in Wıerpemann’s Annalen 60, 1897 erschienene Arbeit von H. Rusexs und E.F. Nicnors in Folge Übersehens unerwähnt geblieben sei. »Mit Hülfe der Ruzenxs- schen »Reststrahlen« haben HH. Rusens und Nıcnors schon im Jahre 1897 nachgewiesen, dass diese, deren Wellenlänge etwa 40 mal diejenigen des sicht- baren Lichtes übertrifft, sich gegen Metallgitter verhalten wie elektrische Wellen. Der Nachweis, dass in der Strahlung leuchtender Körper Schwin- gungen dieses Charakters enthalten sind, ist damit natürlich gegeben. « Ausgegeben am 7. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. NE \ Be: vr a je} BERNIE 7,00 0.5 EisR : - neh A a mr; 0 Po Cie hai = 73 - ; er, BE Den nk ) Ber), a EINE ES; Fi x ” 1 5 a a Ri ni 2 „ re zu i = ME RT ca ha : rl) WER Be; SE Wu 5 3A ’r Ar u "on ETF RORR I. y : Ed Er = 5 B 5 NN Mt RET Bl EEE er a A - a Pe ae A Ka 4 m i re f u | i z, ee Eee Ey A SEE Ra le a FO It Wer ae . % NE PR ii u N te, BE 4 -: " a iu a: 8 ur Ai t- Fi ö | sine A 2 Aueh.) en x Zn , Me EIN, Pay: Er v2 5 SUR a; AR Ur ur SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XIX. XX. XXI 7. 14. April 1904. MIT TAFELV. —— K BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. SIT- 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nieht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Berieht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte, Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglement die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2, Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 57. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, i 5 » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, ” » October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Bertgeling des Rain \ I t | | öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. 88. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. sıl. 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaflichen il Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem 3 der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und. der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 res plare auf ihre Kosten abziehen lassen. $ 28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sttzungeberieh& te stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung. vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem: Fache angehörenden ordentlichen ‚Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger ‚oder corre- spondirender Mitglieder ee bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht Augchördnl hat er einem zunächst; geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. ri [Aus Stat, $ 41, 2. — Für die Ratakbmei bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung. Be u $ 29. l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt u geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der. gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte ‚sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. . a Die Verfasser verzichten damit 5 | rer: REIN uw 4 EEE TWENIERETEREN) nn cn 617 SITZUNGSBERICHTE 1904. XIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 7. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. von Wıramowrrz - MOELLENDORFF las: Satzungen einer mi- lesischen Sängergilde. Auf einem Steine, der aus den milesischen Ausgrabungen eben in die König- lichen Museen gelangt ist, steht eine umfängliche Inschrift, die zwar erst um 100 v. Chr. geschrieben ist, aber Copie einer Urkunde spätestens um 500 v. Chr., die selbst wieder auf beträchtlich ältere Aufzeichnungen zurückgeht. Wir haben also einen zusammen- hängenden Text aus der Zeit, wo die griechische Prosa eben in Milet litterarisch zu werden begann. 2. Die folgenden Druckschriften wurden vorgelegt: H. Diers und W. Scnugert, Didymos’ Kommentar zu Demosthenes (Papyrus 9780) nebst Wörterbuch zu Demosthenes’ Aristokratea (Papyrus 5008). Berlin 1904 (Berliner Klassikertexte her. von der Generalverwaltung der Kgl. Museen. Heft I.); Anorr Erwman, Aegyptische Chrestomathie zum Gebrauch auf Universitäten und zum Selbstunterricht. Berlin 1904: C. Scamipt, Acta Pauli. Aus der Heidelberger koptischen Papyrushand- schrift Nr. ı herausgegeben. Leipzig 1904: Hermann Braus, Tatsäch- liches aus der Entwickelung des Extremitätenskelettes bei den nie- dersten Formen. Jena 1904 (S. A.); Hexrı Moıssan, Traite de chimie minerale. Tome I, Metalloides, fase. 1. Tome III, Metaux, fase. 1. Paris 1904. 3. Aus Anlass der Feier des achtzigsten Geburtstages von TnEopor Monnsen am 30. November 1897 und in dem Wunsch, seinem Namen ein neues dauerndes Denkmal verehrungsvollen Dankes zu setzen, haben einige persönliche Freunde ein Capital von 80000 M. mit der Be- stimmung zur Verfügung gestellt, diess Capital einer Stiftung zur Förderung derjenigen Studien zu widmen, deren Pflege T#Eopor MomMsEN sich vorzugsweise zur Lebensaufgabe gemacht hatte. Bei seinen Lebzeiten aufkommende Zinsen sollten dem ursprüng- lichen Stiftungscapital zugeschlagen. nach seinem Tode das Ganze Sitzungsberichte 1904. 50 618 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. von den vorläufig eingesetzten Verwaltern der Akademie zur stiftungs- mässigen Verwendung übereignet werden. Nachdem die landesherrliche Genehmigung zur Annahme der Zu- wendung durch Allerhöchsten Erlass vom 26. Januar d.J. erfolgt ist, hat die Akademie gegenwärtig das Stiftungsvermögen in Besitz ge- nommen. Die für die Verwaltung und Verwendung vorgeschriebenen Bestimmungen werden hier weiter unten im Wortlaut der Stiftungs- urkunde mitgetheilt. Die Namen der Stifter sind ihrem Wunsche entsprechend bis jetzt der Akademie nicht kundgegeben worden. Die Akademie kann daher nur diesen öffentlichen Weg einschlagen, um der Dankbarkeit Ausdruck zu geben, zu welcher die Stifter durch die eben so hoch- herzige wie verständnissvolle Förderung wissenschaftlicher Arbeit sie verpflichtet haben. Die Akademie hat das auswärtige Mitglied der philosophisch -histo- rischen Classe Hrn. Orro von BönHrtLisek in Leipzig am ı. April. und das correspondirende Mitglied derselben Classe Hın. ALEXANDER STUART Murray in London am 5. März durch den Tod verloren. 619 Satzungen einer milesischen Sängergilde. Von ULrıcH von WILAMOWITZ- MOELLENDORFF. Hierzu Taf.V. Der Stein, dessen Photographie ich vorlege, ist mir von dem Direktor der Sammlung der antiken Skulpturen unseres Museums, Hrn. KEkuLE VON STRADONITZ, zur Herausgabe anvertraut worden; bei seiner unge- wöhnlichen Bedeutung habe ich nicht warten mögen, bis ich die Er- läuterung erschöpfen könnte, sondern schleunigst allen die Gelegenheit geboten, zu ergänzen, was ich versäume. Der Stein ist in diesem Winter unweit der Löwenbucht entdeckt, in einem Heiligtume, das nach den Angaben des Hrn. Tu. Wırsann mit Sicherheit als das des Apollon Delphinios anzusprechen ist; seit einigen Wochen ist es im Pergamon-Museum. Es ist eine Steinplatte mit seitlichen Anschlussflächen, hoch 2.51, breit oben 1.17, unten 1.29, diek oben 0.14, unten 0.26; unter der Schrift ist noch ein Raum in der Höhe von 0.93 frei. Weiterer Beschreibung überhebt mich die Photographie. Er ist so gut wie intakt erhalten; nur an zwei Zeilenenden (20. 21) fehlt ein Buchstabe; in Z. 34 hat der Schreiber zwei Buchstaben getilgt, irgend eine Verschreibung zu beseitigen. Keine Spur von Interpunktion. Man sieht der Schrift leicht an, daß sie jünger ist als die datierbare Kalenderinschrift des Theaters (Sitz.-Ber. 1904 S.92ff.), die von verschiedenen Händen herrührt. Etwa 100 v.Chr. ist das höchste mögliche Alter. Allein Orthographie und Sprache zeigen auf den ersten Blick, daß wir die Erneuerung einer alten Urkunde vor uns haben, obwohl darüber jeder Vermerk fehlt. Dabei sind von derselben Hand als Nachträge zwei Sätze durch Leerlassen einer Zeile abgeteilt: auf dem Originale werden sie von anderer Hand gewesen sein. Es ist nach anderen Analogien sehr wohl denkbar, daß auch innerhalb des Textes dort Tilgungen und Zusätze vorgenommen waren; die Erläuterung wird lehren, daß der Text nicht einheitlich ist. Allein das läßt sich in der Kopie nicht unterscheiden, und jeder Schluß wird dadurch unsicher, daß schon das Original eine Ältere, durch Zusätze 50* 620 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. erweiterte Aufzeichnung voraussetzte. Da sich an einigen Stellen un- zusammenhängende Worte, Z. 6 sogar sinnlose Buchstaben vorfinden, muß man auch mit der Verstümmelung der Vorlage rechnen. Der Abschreiber, dem sehr vieles unverständlich sein mußte, hat im ganzen sorgfältig gearbeitet und je weiter er kam, um so mehr sich auf die Wiederholung der Buchstaben beschränkt. Seine Vorlage schrieb durch- weg den hybriden Diphthong oy nur mit o; das hat er erhalten. Das entsprechende e hat er zu Anfang mehrfach in das ihm geläufige cı umgesetzt, eeınaı 4, creicocı 6, eyeın IO, 24; dann hat er es gelassen. Das Iota der Diphthonge mit langem ersten Vokale, das zu seiner Zeit nicht nur verstummt war, sondern vielfach fortgelassen ward, hat er sehr oft fortgelassen, meist hinter 4, aber auch hinter w, 26. Hinter # war es freilich schon zur Zeit des Originales im Ionischen nieht mehr fest: aber es läßt sich nieht entscheiden, was davon auf das Original zurückgehen kann. Höchst verwirrend war dem Kopisten das ionische #ı, das von Haus aus zweisilbig gewesen war, zur Zeit des Originales wohl schon einsilbig, und nun als eı oder # lebte, ge- sprochen i oder als sehr spitzes e.e Da ist das ı bald fortgelassen (z.B. ıepno 38), bald gesetzt, und sogar doppelt geschrieben, 1erHıla 14, 19; xPHlizwcı 4I; TeAHa I5 neben TeneiA 20, 21, TIAHON 23 für Traelon. Fälschlich zugesetzt ist ein ı in oyrwı 5: das entspricht der Weise derselben Zeit. Sehr bemerkenswert ist e für aı zweimal, in KATA CTIENAETE 26, ıcea IO, wo der normale Akzent freilich icala ist; aber der Kopist kannte das Wort überhaupt schwerlich, und wenn wir z. B. sehen, daß der Pergäer Artemidoros, der Wohltäter Theras, seine Heimatsbezeichnung rmerraloc konstant als Daktylus gebraucht, so beweist das nieht nur, daß auch der eirkumflektierte Diphthong vereinfacht ward, sondern, sollte ich meinen, daß die Betonung des Lebens nicht auf dieser Silbe ruhte. Unsere Akzentuation ist ja Sklavin, wenn nicht bloß byzantinischer, so doch herodianischer Paradosis, und die lebendige Rede wird sich von der des Papieres in der Betonung nicht weniger unterschieden haben als sonst. Daß wir hierin noch die Fesseln des Trägheitsgesetzes tragen, liegt ja nur daran, daß die Zeugnisse der echten Sprache keine prosodischen Zeichen tragen. Die einzelnen Verschreibungen werden praktischer je an ihrem Orte be- sprochen. Ich setze nun die Inschrift mit Worttrennung, gemeinen proso- dischen Zeichen und Interpunktion, aber ohne jede Änderung her, der Übersichtlichkeit halber in Abschnitten, die gleich besprochen werden. Hinzu füge ich nach dem Vorgange der französischen Epi- graphiker eine Übersetzung; das ist wirklich nützlich, nicht nur als Kontrolle des Herausgebers. Sitzungsber. d. OPTFAOFURS USYOSISOTFW dOuTo uoFunzyeg » JINOANATTAON] - ZUIMONVTIM NOA er. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1904. VPIL3195 AN 3 PIls19zueg U9TISISOTLUL daUT9 uU9Funzyes + A4NOANTTTAOR - ZIIM NY’ Na 1 ZULMUONV 3 2a I MAOKANG I, wN Kn 4 X , > . WOW ’ z Kr UN FR A, N NDNDTLT.LS ER? ae a TS 140 IN VER, RA y JO VER IT IOEIVOWZ eg EAU EOIOG HRG 1; DEE SUN Mr / My N a Bogen 9 EN © ILSPLLOZ NAH. BR VAROF dal Sala. Wa N LE ONE YA ISO EIERN Re a VIRZIULSLRNIOIOB HERR a7 SAP AV IN ARD LNWVPNAHNASZTRN | WWAOSNEERSÄN BR Le ara AUW ALT IE LEN ALT] Ku NOVOTEL RT ILNGJ VBA SISRENVE HN IT TDFRRT, A EAN VIRETLINTUH HER 4 2 vox Wıraxowrrz-MOoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 621 "Em PınTew TÖ A1oNnYcio MOATIÖN AICYMNÖNTOC, TIPOCETAIPOI ÄCAN OINnW- man AramHaHc APrıctokpAteoc, OrnHewn Avkoc KnEANToc Biwn Aronnoawro, Bwpswn KpHeeYc "EpmwnAKktoc OPpAcun An- TINEONTOC, EAOEZE MOATIOICIN’ TÄ OPFIA ANATPAYANTAC BEINAI EC TO IEPON KAl XPÄCBAI TOYTOICIN. KAl OYTWI TÄAE TPABBENTA ETE en. Unter Philtes, Dionysios S., als Obmann der Sänger, Beigenossen waren aus der Phyle der Oinoper Agamedes, Aristokrates S., aus der der Hoplethen Lykos Kleas S., Bion Apollodoros S., aus der der Boreer Kre- theus Hermonax S., Thrason Antileons S., beschlossen die Sänger, eine Niederschrift der Kulthandlungen in dem Heiligtume niederzulegen und diese anzuwenden. Und so ward diese Schrift niedergelegt. 2.1. Der Mann heißt ®ıntAc, kontrahiert aus ®ıinteac, das zeigt 2. 30 Xarew, denn das ist der XarpAc Kaecıoc, Teixiöche Apxöc, dessen Porträtstatue wir besitzen (Rönt, Inser. ant. 488). Wir hatten XArkc betont, als ob der Genetiv XArHtoc wäre wie in Athen. So ist auch die echte Form OaAnfc Oanew, kontrahiert aus Baneac, gut griechisch; begreiflich, daß man oft OAnHtoc deklinierte. — AlcymnAtHc heißt der Vorstand der Sänger; als Name eines Beamten unbekannter Kompetenz kennen wir ihın aus den dirae Teiorum; zwei Aisymneten sind einmal in Naxos eponym. (DITTENBERGER, Syll. 517). Als höchster Beamter er- scheint der aicımnnarac in Megara; bekannt ist die Verwendung des Titels für außerordentliche Beamte, wie Solon in Athen (mit dem Titel aıan- aaKTHc), Pittakos in Mytilene, wie Aristoteles aus Kyme jemanden kannte (Fgm. 594: Schol. Eur. Med. 9 scheint minder glaubhaft), und der Name, der die Billigkeit hervorkehrt, ist wohl überall gesucht worden, als man das alte Recht der Könige oder des Adels brach oder beugte. Aber schwerlich ist der aicvmn#ATtHc der monrioi einem staatlichen Beamten nachgebildet. Ein besonders junges Stück des Epos liefert eine viel bessere Analogie; übrigens erscheint schon da die falsche Vokalisierung mit v, die nur in Megara nicht eingedrungen ist. © 269 treffen wir unter den Phäaken neun aAicymnAtaı bei einer Vorstellung von Gesang und Tanz. Sie sind atmıoı ol KAT’ Arünac Ey TPÄCCEcKoN ArTANTA. Sie glätten den Tanzplatz, machen Raum für die Vorstellung: Herold und Sänger stehen ihnen bei, wie sie uns hier im Nachtrage begegnen werden. Den sHTApmonec der Phäaken entsprechen die monnoi Milets. Sie sind ein selbständiges Kollegium; aber als mpoceraipoı (durch die Präposition wird scharf betont, daß sie keine morroi sind)‘ treten fünf Vertreter des Volkes hinzu, a4mioı, wie die Odyssee sagt, gewählt aus Phylen 1 TIPOCETAIPILTEIN, TIPOCETAIPICTHC findet sich bei Herodot und Thukydides; echt attisch ist es nicht; da würde man TIAPeAPoI sagen. 622 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. des Volkes. Ob die drei hier genannten damals die einzigen waren, oder die Phylen nur in einem Turnus berücksichtigt wurden, muß dahingestellt bleiben. Alle drei kennen wir aus den milesischen Kolonien, z. B. Kyzikos, allerdings mit mehreren anderen." Jedenfalls hat Milet nicht die vier vorkleisthenischen Athens gehabt. Die Form “Oraneec ist mir neu und sehr befremdlich. Die Bwreic® hat der Kopist verlesen (E zu B); die alten Phylen bestanden zu seiner Zeit nicht mehr. — Z. 5 öprıa bezeichnet noch einfach iepA Aarwmena ohne den Nebensinn des geheimen oder des orgiastischen; so wenden Aischy- los (Sieben 180) und Sophokles (Ant. 1013, Trach. 765) das Wort noch an, nicht mehr Euripides und Aristophanes. — Wer die Auf- zeichnung besorgt hat, bleibt ungesagt; das Kollegium hat offenbar noch keinen Protokollführer. Die Aufstellung geschieht in dem Heilig- tum, offenbar dem des Apollon, in dem die Abschrift gefunden ist. Das ist aber nicht das eigene Lokal der Sänger, die keineswegs bloß für den Apollonkult da sind. Ihr eigenes Lokal wird oft daneben er- wähnt, immer so, als hieße es monroc oder monmon, denn es steht Ec MmonTIoN 20, &mMmontiwi I2, 17, 43. Ein solehes Wort ist sprachlich kaum zulässig, und so vermute ich, daß überall der Genetiv monmön gestanden hat, den der Kopist nicht verstand. Das ist um so glaub- licher, als er 2.45 Amö mornnoön, obwohl er das öfter richtig geschrieben hatte, zu armomonnmwı verdorben hat. Aufgezeichnet sind keineswegs alle Handlungen der Sänger, sondern nur wenige, die sich nämlich auf den Dienst des Apollon beziehen, also mit diesem Heiligtume zu- sammenhängen. Aber allerdings geht die Konstitution der Genossen- schaft im Apollonheiligtum vor sich. Das ergeben die nächsten Ab- schnitte. 6 "EBAomAloicı" THI OFAWIATITONEIKAI TA IEPA H CTIAATXNA CTTEICOCI MOATIWN AICYMNHTHC' Ö A& AICYMNHTHC KAl O TIPOCETAIPOC TIPOCAIPETAI, OTAN Ol KPHTHPEC TTÄNTEC CTIECBEEWCI KAl TIAIWNICWCIN. Am Feste des Siebenten, am achten .........2cee2.: > der Obmann der Sänger; der Obmann wählt sich auch Beigenossen, wenn alle Misch- krüge gespendet sind und sie den Päan gesungen haben. Die "Esaomata werden den Apollon angehen, als sein Geburtsfest; ich kenne sie sonst nicht. Bezeichnend für das Statut ist, daß es an ! Szanro, Die griechischen Phylen 55 ff. ® Ihr Eponyın Boros erscheint in einer Nelidengenealogie bei Pherekydes (Schol. Plat. Symp. 2084, Pausan. II 18), und, was sehr wichtig ist, als Führer einer der fünf cTixec, in die das ınyrmidonische Heer zerfällt, in der ordre de bataille, die in die alte Patroklie eingelegt ist (TT 177). Die Phyle ist später noch ein militärischer Begriff, und das Heer pflegt eher eine Ordnung und Gliederung zu erfahren als die Gemeinde. von Wıranowirz-MOELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 623 dem ,Haupttage selbst die Sänger nicht beschäftigt zeigt: sie werden da bei sich, nicht für diesen Tempel zu tun gehabt haben. Die fol- genden Buchstaben entziehen sich dem Verständnis; der Kopist hat seine Vorlage nicht mehr lesen können, und ich vermag nichts zu er- raten. Man erwartet die Bestellung des Aisymneten. In dem nächsten Satze gewinnt man den angemessenen Sinn, wenn man den Artikel vor mpoceraipoc tilgt; dann ist das Akkusativ des Plurals, und der Fehler erklärt sich daraus, daß der Kopist diesen verkannte. Daß der Beanıte sich seine Beigeordneten selbst wählt, entspricht der attischen Ordnung. Hier geschieht das nach Vollendung der Kulthandlung; die Vertreter der Gemeinde sind eben keine Mitglieder der Gilde. Was man sich genauer dabei zu denken hat, daß der Mischkrug libiert wird, ist frag- lich; der Ausdruck kehrt 13 wieder. Vermutlich ist es kurz dafür gesagt, daß der Mischkrug dadurch geweiht wird, daß aus ihm ge- spendet wird, so daß die Beigenossen erst zutreten, nachdem die Weihung geschehen ist, aber am Trinken teilnehmen. TH AE& ENATH KAl ATIO TÄC Oc#Yoc Kai THC TIEMTTAAOC HN ICXOCIN CTEBANHBÖPOI, 0 TOYTWN TIPONATXANEI TÄ ICEA Ö NEOC' ÄPXONTAI BYEIN TÄ IEPHA APXO ATIO TOYTWN ArtönnwnI Aensıniwi' KAl KPHTÄPEC KIPNEATAI KATÖ- TTEP EMMOATIWI KAI TTAIWN TINETAI, Ö A& EEIWN AICYMNHTHC ATIO TON HMice- wN eYeı ICTIHI" KAl KPHTÄPAC CTIENAETW AYTÖC KAI TIAIWNIIETW. Am neunten. Sowohl von der Hüfte wie von dem Fünftel, das die Kranzträger erhalten, von diesen bekommt vorab das Entsprechende der Neue. Sie fangen an, die Opfertiere zu schlachten ..... dem Apollon Delphinios. Und Mischkrüge werden gemischt wie im Sängerhause, und es gibt einen Päan. Der abtretende Obmann opfert von der Hälfte der Hestia, und Mischkrüge soll er von sich aus spenden und einen Päan soll er singen. Der Neue ist, wie der Gegensatz des abtretenden zeigt, der Aisym- netes, der nun zum ersten Male fungiert, also den Tag zuvor gewälhlt sein muß. Er erhält diesmal Anteil an den Opferstücken, die sonst ihre bestimmten Abnehmer haben. Das Fünftel der Kranzträger kommt noch öfter vor; die Hüften gehören nach 38 den Onitaden. Wieviel der neue bekommt, ist mit TA icala bezeichnet. Darin liegt, daß es nicht dasselbe zu sein braucht, TA ica, sondern gleichwertig. Hesych ica a’ MEPIC, Ol A&, ÄraeH KAl ICH Molpa. So wendet denn auch Kallimachos ı, 63 er icaiHı" in dem Sinne an, in dem das fünfte Jahrhundert &m ichı Kal ! Solche Stellen verführten zu dem Wahne, icala wäre ein Substantiv; das empfahl ein Purist wie Phrynichos (@Prala Berk. An. 73), und dann bildete sich ein Geck wie der jüngere Philostrat (Imag. 3) ein, es wäre griechisch, wenn er schrieb TÄC ICAIHC ErImenoYMmenoc EN T@I ArtoTemnein. Griechisch wäre ToY icoY gewesen. 624 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. dmoiaı mit schärferer Präzisierung sagt (nicht nur Athen, sondern auch Herodot 9, 7). — Texeın, das reduplizierte Präsens, hat intensive Kraft, obtinere. Gegenüber narxAneın liegt darin der dauernde rechtliche An- spruch auf das Präzipuum. rera icxein Thuk. 3, 58 genau so; Herodot 5, 41 talaa Tcxeı, bekommt ein Kind; Pherekydes im schol. Apoll. Rhod. 3, 1186 "Icaih, An icxeı Airvrıtoc, erhält zur Frau. Die attische Tra- eödie und Pindar kennen solchen Gebrauch nicht mehr; abgesehen von der Bedeutung cohibere, inhibere,, KATEXEIN Emexein, ist Icxein synonym mit &xeın und überwuchert in der späten Zeit, weil es klangvoller ist. — Der Satz ÄpxonTAı eYein TA IEPHA APxXO ATIÖ TOYTwn Arıönnonı Acnsınioı wird durch Ausfall, Unleserlichkeit oder teilweise Tilgung der Vorlage unverständ- lich geworden sein. Man vergleicht 23 Apxonraı ol CTEsANHeOPOI TAyPpe@noc ovein Artöanonı Aecrsıniwı ATTO TÜN APICTEPON ATTAPzAMmenol. Aber weder APxo, das sowieso verstümmelt ist, noch Arö roYTaon fügt sich einer analogen Gestaltung. — Dem Beginne des Opfers entspricht, daß gleich danach die Mischkrüge nur gemischt werden, also das Spenden noch nicht eintritt. Daß wir über die Zeremonie im Unklaren bleiben, ist be- greiflich, da mit Katörer Em monmon auf die den Sängern in ihrem Hause geläufige Praxis verwiesen wird. Der abtretende Obmann hat die Hälfte zur Verfügung; daß dies vorausgesetzt wird, muß der archai- schen Rede zugute gehalten werden. Er leistet das Abschiedsopfer an Hestia, d.h. die Göttin des Herdes, der nicht hier, sondern in dem Hause der Sänger ist. Es geziemt sich, daß er der Göttin des Hauses huldigt, dem er ein Jahr lang vorgestanden hat. Aus dem Besitze der Hestia nehmen die Sänger (Z.41) Gerät und sonstiges Zubehör zum Opfer. — Mit Übergang aus dem Präsens, das die öprıa nicht sowohl vorschreibt als beschreibt, in den Imperativ heißt es dann eyeı... kai crrena&tw. In einem Atem redet so kein Mensch. Das ist ein Zusatz; aber da der Obmann die Mischkrüge ayrtöc spenden soll, d.h. ohne Ingerenz anderer, also sua sponte et pecunia, so konnte dieser Zusatz wohl gemacht werden, als man unter Philtes die örrıa aufschrieb. Was nicht bare Pflicht war oder aus der Überantwortung der Opferstücke von selbst folgte, das stand in der Hand des Beamten: das Kollegium konnte ihm nur ans Herz legen, es so zu machen wie schicklich und von dem seinen etwas zuzufügen. TÄI AcKA- THI ÄMIAAHTHPIA, KAl AIAOTAI ATTO MOATIÖN AYO TEPHIIA TOICI CTEBANHPO- 15 POICIN TEAHA, KAl Epaeraı Arriönnwnı Aensiniwi, KAl AMIANONTAI Ol CTE- ®ANH®ÖPOI Oi TE NEOI KA| OIEPEW, KAl OINON TIINOCI TOM MOATIÖN, KAl KPHTÄPEC CTTENAONTAI KATÖTIEP EMMOATIWI" Ö AL EEIWN AICYMNHTHC TIAPEXEI ATIEP Ö ÖNITAAHC Kal NATXÄNEI ATIEP Ö ÖNITÄAHC r ’ ” - . ur . Auyın von Wıramowrrz-MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 625 Am zehnten Wettkämpfe, und gegeben werden aus dem Besitze der Sänger zwei Opfertiere den Kranzträgern, vollkommene (ausgewachsene), und werden dem Apollon Delphinios geschlachtet. Und es konkurrieren die Kranzträger, sowohl die neuen wie.........-. Und sie trinken den Wein der Sänger, und Mischkrüge werden gespendet wie im Hause der Sänger. Der abtretende Obmann leistet was der Eseling leistet und erhält was der Eseling erhält. ÄMIAAHTHPIA, mit einem neuen Worte, heißt was in Attika Arönec heißt, wo nur die Regatta den ionischen Namen Amınna behalten hat. Da wir mit Sängern zu tun haben, wird sich die Konkurrenz auf dem Gebiete der monrı# bewegen; man denkt sich das gut nach dem o der Odyssee, das uns den Aisymneten zeigte. Dazu braucht man den Fest- braten, den die Sänger aus eignem Besitze bringen und diesmal dem Gotte dieses Heiligtums opfern, und man braucht Wein, den sie auch aus eignem liefern. &raeın in sacraler Bedeutung bei Homer verbunden mit iepa oder exarömsHn, Ähnlich Herodot; aber als Synonym zu eveın den Antiquaren (Porphyr de abst. 2, 59) und Grammatikern (Hesych) bekannt. An der Konkurrenz beteiligen sich die Kranzträger, von denen wir schon hörten, daß ihnen ein Fünftel des Opfers zufiel, sowohl die neuen (denn te mul zwei Unterabteilungen unter cresanHsöroı bringen: daß es anreihe, ist wider die einfache Rede) Kal oıerew. Soll man lesen Kal 6 Terpewc, also nur den Ausfall des Schluß-c von ierewe (so be- kanntlich milesisch für fepevc) annehmen? Schwerlich. Denn daß der Priester allein den neoı angereiht wäre, ist unglaublich: das würde sein oil TE Annol CTESANHEÖPOI Kal Ö Tepewc. Aber ein einzelner Priester paßt als Konkurrent überhaupt nicht. Also wird abzuteilen sein kai oi erew, und in diesem entweder der Gegensatz zu den neugewählten stecken. wie oben neoc und &zıon:; aber enoı ist zu kühn, und von einer Wahl der Kranzträger sonst keine Spur; oder aber es ist eine höhere Klasse von cresanHeöroı den Jungen entgegengesetzt. Am leichtesten wird oi iepew: sein, dessen schließendes Iota der Kopist auslassen durfte. Das wären also Priester, die sich freilich mit dem einen von Z. 45 schlecht vertragen: wenn nicht gar ierewc —= lerHoc, in seiner Ableitung überhaupt das ierön einaı, nicht das iereyein, wie Tererc, trägt, nicht den Sehlächter bedeutet, sondern den einem Gotte gehörigen‘, also den bewährten Genossen gut zukommen kann. Die "OnıtAaaı sind nach den Pflichten, die ihnen unten auferlegt werden, die Genossen, die eigentlich alle Dienste zu leisten, auch alles ' Die Bildung ist keineswegs erst asiatisch, AmeIAPHoc — AmelArewc, daneben AMBSIAPHC, wie IEPHc in Arkadien (oder iepäc, wieder ist der Akzent eine Täuschung), in Oropos gibt eine genaue Analogie, und der Name hat auch dort überwiegend die dorische Vokalisation, mit der er in das Epos kam. 626 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. Geschirr und Handwerkszeug zu stellen haben, und nur ein Stück vom Opferfleisch bekommen. Der Name ist gentilizisch, und den Eponymos würden wir näher kennen, wenn die Hesychglosse nicht verstümmelt wäre, von der wir nur noch lesen önitHc' Hpwc‘ ÖNnoMmA’ Kal Icwc EIH AN." Aber in der Genossenschaft der monnoi stehen die önıTAaaı nicht als ein Geschlecht, neben dem ein anderes mit besserem Rechte stünde, denn es erscheinen nur Funktionäre, CTE®ANHBÖPOI, AICYMNHTHC, TEPEWC, und der abtretende Aisymnet rangiert als önıtaaukc. So kommt man zu der Annahme, daß das Gros der grade nicht amtierenden Sänger den Namen önıtAarı führt. Dann muß entweder die Gilde ursprünglich aus dem Geschlechte der Onitaden bestanden haben, etwa wie das Geschlecht der Euneiden in Athen Musik und Tanz bei gewissen Kult- handlungen leistete, und später der Name auf die beschränkt sein, die zu den eigentlichen Funktionen der mono! nicht herangezogen wurden, was kaum wahrscheinlich ist; oder die Ableitung ist so wenig genti- lizisch wie xpewkortiaaı oder crrovaarxiarı, und dafür der Esel bezeichnend für die Pflichten derer, die genug zu schleppen hatten, zumal auf der langen Prozession, die gleich beschrieben wird. In dem Namen önitkc ist der Stamm gewiß ebenso fühlbar gewesen wie in dem Stein öniTkHe und der Pflanze önitıc, und die öneAraı, die Kleisthenes von Sikyon als Phylennamen erfunden haben soll (Herod. 5, 68) sind eine Parallele. OTAN CTE®ANHEÖPOI IWCIN EC ÄIAYMmA H TIÖNIC AIAOl EKATÖNBHN TPIA IEPHIIA TENEIA’ TOYTWN EN BANY, EN 20 A& ENOPxEC’ Ec MoArIön H TIÖnIc AlA0l TAPFHAIOICIN TEPÖN TENEION KAl METATE|! TNIOICIN IEPON TEREION "EBAOMAIOICIN AC AYO TEAEIA Kal XÖN TOM TIANAION Ö|P THC EKACTHC" TOYTOICI TOIC TEPOICIN Ö BACINEYC TIAPICTATAI, AATXANEI AE OYAEN TIAHON TON AAAWN MOATION. Wenn die Kranzträger nach Didyma gehen, gibt die Stadt als Heka- tombe drei vollkommene Opfertiere, von diesen eins weiblich, eins unkastriert; ins Heiligtum der Sänger gibt die Stadt an den Targelien ein vollkommenes Opfertier, und an den Metageitnien ein vollständiges Opfertier, und an dem Feste des Siebenten zwei vollkommene, und einen Chus von dem alten Maße an jedem Feste. Bei diesen Kulthandlungen assistiert der König, bekommt aber nicht mehr als die Sänger. Der Kopist hat nicht nur wie immer &c mornön für €c Mmonm@N geschrieben, sondern zweimal ieron für jepkıon. Bemerkenswert ist, daß er mertareı-tnioicın abteilt: ganz richtig, denn es kann zwar kein Wort mit ın beginnen, aber wohl eine Silbe, macht es doch nicht ! Unsere Namenlexika führen einen angeblichen Heraklessohn Onites; das ist falsche Lesart für "Oaitkc. Ich habe die Sache für ein neues Bruchstück des hesio- dischen Ratalogs untersucht, in dem er ergänzt werden muß. Hoffentlich kann es bald herausgegeben werden. Bin Y - - ” u. * 7 Yard von Wırauowrrz- MoELLENDoORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 627 Position. In demselben Worte ist die einzige Stelle, wo der Stein keine unzweifelhafte Lesung ergibt: ob hinter merare noch ein Iota stand oder nicht, bleibt wegen des verstoßenen Randes unsicher; aber die Sprache verlangt es. Von dem Rho in örtäc am Ende der nächsten Zeile ist keine sichere Spur; die Photographie täuscht. Inhaltlich be- ginnt nun die Beschreibung der Hauptaktion der Sänger, die Prozession nach Didyma; aber als die Leistung der Stadt angegeben ist, wird gewissermaßen parenthetisch zugefügt, was sie für die hier nicht be- schriebenen Kulthandlungen im eigenen Lokale der Sänger zu liefern hat: ihr Anrecht war den Sängern begreiflicherweise sehr wichtig. Die Hekatombe hat offenbar die Bedeutung eines Vollopfers bekommen, und dies wird durch je ein Stück der drei Geschlechter bezeichnet, denn wenn ein Männchen und ein Weibchen unter den dreien ge- fordert sind, wird das dritte ein Hammel sein. Die Qualität Teneioc wird durch die Kastration nicht alteriert, ist also »ausgewachsen«. Grammatisch wertvoll ist enorpxec. Man flektiert im Maskulinum enörxkc nach der ersten (enörxan steht auch bei Theokrit 3, 2), im Neutrum sagt man e€norxa seit Homer Y, 147. Ein Femininum enopxic (nieoc) bei Plinius 37, 10 könnte direkt auf örxıc bezogen werden, während sonst Enopxıc nur als Schreibfehler für enörxuc begegnet; aber nun werden wir es zu enopxAc ziehen und danach betonen. Unsere Stelle entscheidet über Herodot 8, 105; enorxiwn die Florentiner Klasse, Enor- xıewn der Romanus, enorpxewn der Parisinus: dies das richtige: R hat beide Formen kontaminiert. 6, 32 enörxıac die Florentiner Klasse, das attisch-vulgäre enörxac die römische; zu schreiben Enorxeac. Ein Lukian (Dial. deor. 4, ı) beweist mit seinem &norxın nicht mehr als das Alter der Varianten. — Tarrhnioıcın mit der Tenuis statt der Aspirata wie bei Anakreon. — xo?Yn sagte man also schon altionisch, während die Athener xoevc xoA festhielten; die Gemeinsprache ist wieder einmal ionisch. Das Maß war reduziert, seit die Stadt die Lieferung auf sich genommen hatte, aber die Sänger hielten darauf, daß sie nicht weniger bekamen. — Der König, der geistliche Repräsentant der Stadt’, ist beteiligt, so oft die Stadt die Opfertiere stellt, genießt aber keine Bevorzugung. In welche Kategorie der monrıoi er gerechnet ward, ist nicht bezeichnet; wir erfahren nirgends, was die monroi erhielten, sondern nur von ihren Unterabteilungen. KAl ÄPXONTAI Ol CTESANH®OPOI T AYPEW- noc eyein Amönnonı Aenrsıniwi ATIO TON ÄPICTEPÖN ÄTITAPEAMENOI, KAl KPHTH- 25 PICAC TECCEPAC. KAI TYANO| ®EPONTAI AYO, KAl TIBETAI TIAP EKATHN THN TIPÖCBEN iX TIYAEWN ECTEMMENOC KAl AKPHTW KATACTIENAETE, Ö A ETeroc €c Alayma Em] ! Bekannt aus einer Opferordnung des 5. Jahrhunderts. DiirEnzerser Syll. 627. 628 Gesammitsitzung vom 7. April 1904. BYPAC TIBETAI" TAYTA A& TIOIHCANTEC EPXONTAI THN ÖOAON THN TIAATEIAN MEXPI ÄKPO, ÄTT ÄKPO A& AlÄ APYMÖ, KA TTAIWNITETAITIP@TON TIAP EKATH TÄTIPÖCBEN TIY- NEWN TIAPÄ A YNAMEI, EITEN EITI NEIM@NI ETT ÄKPO TIAPÄ NYMeAlIC, EITEN map EpmA "En- 30 KEnAAO TTAPA ®yaniwi, KATA KEPAIITHN TIAPA XAPEW ANAPIÄCIN, EPAETAI AE TOI TIAN- eywı &reı mTapA KepaliTHIı AAPTÖN, TIAPA Dyniwı A& OYA BYETAI TTÄNT ETEA Und es beginnen die Kranzträger im Taureon zu opfern dem Apollon Delphinios, nachdem sie von den linken Seiten Erstlingsopfer gebracht haben, und vier Mischkrüge geweiht hat. Und Steinwürfel werden getragen zwei, und er wird aufgestellt neben der Hekate vor dem Tore, bekränzt (wohl eher mit einer Binde umwunden), und er wird mit Ungemischtem besprengt. Der andere wird nach Didyma an die Türe gestellt. Nachdem sie das getan haben, gehen sie den breiten Weg bis auf die Höhe, von der Höhe durch den Wald. Und Päan wird gesungen zuerst bei der Hekate vor dem Tore bei Dynamis, dann auf der Wiese auf der Höhe bei den Nymphen, dann beim Hermes des Enkelados bei Phylios, in der Gegend des Gehörnten bei den Manns- bildern des Chares. Geopfert wird in dem Jahre des Allopfers bei dem Ge- hörnten ein Abgezogenes, beim Phylios wird Räucherwerk verbrannt alle Jahre. Das Opfer für den Delphinios, das in seinem Heiligtum gebracht wird, gehört zu der Prozession nach Didyma, deren Datum nur in dem Satze über das Opfer steht. Den Taureon kannten wir für Milet außer durch seine Kolonien aus der Inschrift bei HaussouLLier Eiudes sur V’histoire de Milet 176, und durch Herodas: der Kökkınoc BAYB@n wird von alters her den Milesierinnen zugeschrieben. — Wie es genau zu ver- stehn ist, daß die Ararx# von der linken Seite (des Opfertieres doch wohl) dem Opfer vorhergeht, kann ich nicht sicher sagen; es würde gut passen, wenn eyeın das Verbrennen des craArxna wäre, die Erzeu- gung der duftigen «nich. Daran schließen sich die Worte Kal KPHTHPICAC Teccerac, unverständlich. da Prädikat und Subjekt im Singular fehlen; man erwartet die Nennung des Aisymneten. Es ist also irgend etwas verwirrt, wohl wieder durch Ausfall. An sich ist «pHtHPicac gut: De- mosthenes gebraucht den Ausdruck in der Beschreibung der Weihen, in denen Aischines seiner Mutter ministrierte (18, 259), und dazu steht bei Photius die Glosse KPATHPIIWN’ OINON EN KPATÄPI KIPN@N H ATIO KPA- THPON EN TOIC MYCTHPIOIC CTIENAWN: es entspricht also dem KPHTÄPA CTIEN- aeın oben. Und dal TEccerac zugefügt wird, zu dem das Nomen aus dem Verbum zu entnehmen ist wie ekaıkAcac mian bei Aristophanes und viel der Art, empfiehlt die Worte nur. — Der Hauptzweck der Pro- zession nach Didyma ist die Aufrichtung der beiden ryanoi: aber da an mehreren Punkten ein Päan gesungen wird, begreift man die Heran- ziehung der monmoi. Nach der Fassung der Vorschrift kann es scheinen, als würden die ryanoi beide aufgestellt, ehe die Wanderung beginnt, =, S & A , ee 2 ° von WirLamowrrz- MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 629 die also den Rückweg von Didyma anginge. Allein das ist wohl nur Ungeschiek. Hekate, die den ersten ryanöc und auch den ersten Päan erhält, steht vor den Toren von Milet, es kann gar nicht anders sein. Der Rückweg wird übergangen, weil er nicht mehr in feierlicher Form gesehieht. Das Wort ryanoi erscheint hier zum ersten Male in einem Texte, aber bei Hesych stand immer ryanöc' KYBoc H TETPÄTWNOC Aleoc: nur zog man diesem die Schreibung derselben Glosse im Etymol. Magn. vor, ryanöc, da es ja die Wendung ryanöc nieoc wirklich gibt (Schol. € 99 belegt sie mit einem vermutlich kallimacheischen Verse) und Analogien nicht fehlen. Nur bleibt unverständlich, wie ryanöc, das immer etwas mit einer Höhlung zu tun hat, grade einen Würfel bezeichnen sollte. Nun werden wir der Schreibung des Hesych den Glauben nicht ver- sagen. Die Errichtung eines solchen Steinwürfels für Apollon ist recht merkwürdig; aber man versteht sie als Symbol des Agyieus, der ja keineswegs bloß dorisch ist. Der, den in Korkyra M#c icaro (Athen. Mitteil. XIX, 241), hat Kegelform: zylindrische geben Grammatiker an (Hesych Arvıevc): der Würfel wird nieht minder brauchbar sein. Zu- gehörig ist wenigstens rYanına“ Ereicmata reıcoi, das durch 'Theognostus Can. 108 geschützt wird.‘ — Daß nach der Nennung der zwei mit dem Prädikate im Plural ohne weiteres folgt, «al rieetaı .... und dann erst aus 6 a’ Ereroc sich ergibt, daß der eine von beiden gemeint war, ist sehr gutes Griechisch, mag auch oft genug ein ö men und ähnliches interpoliert worden sein; der Sprachgebrauch gilt seit dem homerischen TTAPAAPAMETHN, sEYTUN Ö A’ Örlicee alwkwn. — Der breite Weg ist die heilige Straße über den Berg, das Äkron, von Milet nach Didyma. Von den Stationen ist die erste dicht vor dem Tore; ob Dynamis ein Men- schenname oder der eines Lokalheros ist, muß dahinstehen. Das gleiche gilt von Phylios (der aber wohl Heros ist) und Enkelados: der Keraitnc ist zufällig bekannt, weil Kallimachos ihn erwähnt hatte, Et. gen. KEPAIITHC (Keraictuc, Codd. von OÖ. SchnEipEr verbessert, nur werden wir nun nicht mehr mit ilhm «eraituc schreiben) römoc MınHToY ATIO TOoY TON ATıIönnwNA KEPATA TOY ÄPPENOC TPATOY ÄMEATOMENOY YIT AYTOY TIHEAI EXel. ovtw Kannimaxoc Een lAamsoıc (Fgm. 98°). Kallimachos wird die Bock- melkerei mit seinem spöttischen Behagen erwähnt haben. —— Die Weilı- geschenke des Chares sind die bekannten Sitzbilder, die Newron an der heiligen Straße aufgefunden hat, jetzt im Britislı Museum (Inser. of the Br. M. 933; Rönu, Inscr. ant. 488). Ihr Platz war also am Keraiites, ! Natürlich kenne ich den Akzent von ryanöc nicht; Hesych, oder wer es war, der den Diogenian durchakzentuiert hat, kannte ihn auch nicht: aber es ist ja Sitte, in diesen Dingen unehrlich zu sein. Von der Etymologie schweige ich: Tyanic TY- Aimmoc TyYnlaac u. a. ist vielleicht zugehörig. aber auch ungedeutet. rorrYAaoc FOrFYAneIN gehört zu rYanöc. 630 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. unweit von Didyma. — Das mAneyon €roc ist im Ausdruck und auch im Begriffe neu, aber verständlich. — Das aartön ist hier wohl sicher ein Schaf, obwohl Galen (Anatom. 7,15, II 644 K.) sagt, en TI TON AAPTÖN ÖNOMAIOMENWN OION Ä TIPÖBATON H BoYn A Aira. In der bekannten Opferinschrift von Mykonos (DITTENBERGER Syll. 615, 21) steht AeprA MEAANA ETHcıA, und da ist kein Zweifel daran, daß Schafe gemeint sind. Hesych ararA bezieht sich auf Homer Y 169, wo die Scholien die Me- tathesis monieren, die ihrer Zeit also ungebräuchlich war; sie konsta- tieren auch, daß die meisten Handschriften denV okalismus APreTA zeigten, zu Mykonos stimmend. Milet zeugt für die von der Paradosis bevor- zugte Form. — oYA sind AP@MATA, eYMIAMATA, wie die Grammatiker er- klären (Scnxeiver zu Kallimachos Fgm. 354, der auch bei Pindar Fgm. 130, 7 diese Bedeutung nicht bezweifeln durfte); denn die Spe- zies mußte hier genau bezeichnet werden: eyeın im Gegensätze zu Er- aeın hat also seine ursprüngliche Bedeutung, während es oben Z. 10 gradezu schlachten war oder zu sein schien; 24 läßt die Grundbedeu- tung zu. ÖNITA- AHICI TIAPEZIC KEPAMO CIAHPO XAAKO EYAWN YAATOC KYKAWN AAIAOC PIMT@N KPEA EITIAIAIPEN $ANATKTHPIWN AECM@N TOIC TEPHIOICIN’ TTAPÄ CTEGANHBÖPOC AYXNON KAl ÄAnEIoA' OTITHCIC CTNATXNWN, KPE@N EYHCIC, TÄC ÖC»YoC Kal 35 TÄC TIEMTTÄAOC HN CTEBANHSÖPOI ICXOCIN EYHCIC KAl AIAIPECIC, KAl MOIPHC AA- ZIC. EITITIECCEN TÄ EnATPA € HMEAIMNO TWTTÖAAWNI TIAAKÖNTINA, TAI EKA- THI AE XWPIC. Den Eselingen (kommt zu) die Leistung von Ton-, Eisen-, Erzgeschirr, von Holz, von Wasser, von Tischen (?), von Kien, von Matten, das Fleisch darauf zu zerteilen, von Walzen (?), von Fesseln für die Opfertiere; neben den Kranzträgern Lampen und Öl; das Braten der Eingeweide, das Kochen der Fleischstücke, von der Hüfte und dem Fünftel, das die Kranzträger erhalten, das Kochen und Zerlegen, und der Empfang eines Anteiles. Die Fladen zu backen aus einem halben Scheffel, für den Apollon in Kuchen- art, für die Hekate aber gesondert. Wie der verbale Ausdruck önıTAaaı TIAPexoYcI Kepamon in nominale Form umgesetzt ist, das ist bemerkenswert, aber durchaus der Sprache gemäß, denn da das Nomen, das dem Verbum entspricht, sein Objekt im Genetiv erhalten muß, konnte das frühere Subjekt passend nur in den Dativ treten, um den allerdings auch denkbaren doppelten Genetiv zu vermeiden. Freilich ließe sich derselbe Ausdruck an sich auch auflösen tarexeraı önıTAanıc Keramoc. Es folgt korrekt eine Reihe von Genetiven, aber mit aYxnon kal Aneıoa treten Akkusative ein, die sich nicht könstruieren lassen; dann folgen Nominative; aber diese bezeichnen Aktionen, lassen sich also an mArezıc angliedern, obwohl Infinitive r or . . . er . Gi) von Wırasowirz- MoELLENDoRFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 631 passender gewesen wären. In emimeccein kommt ein Infinitiv, aber nicht mehr von rArezıc abhängig, sondern imperativisch, wie es sonst in dem Statut nirgends geschieht. Offenbar sind diese Bestimmungen all- mählich zusammengestellt; der Grundstock des Statutes reicht eben weit über das Jahr des Philteas hinauf. So mag man sich erst mit Kienspänen zur Erleuchtung begnügt haben, so daß die Öllampe eine neue Auflage war, die dann bei der Einfügung nicht grammatisch an- gepaßt ward. Und ebenso mag sich die Notwendigkeit, über die enarra etwas zu sagen, erst später herausgestellt haben. Unter den einzelnen Dingen, die zum Opferschmause erforderlich sind, ist unklar, was die krenoı sind. Pollux führt zwar 6, 82 als Name für runde Servierplatten, oYc alckovc Kanofcı, die Bezeichnung kYkaoyc Ärrypovc an, und das kehrt 10,62 wieder. Aber es fehlt ein Beleg, und da Athenäus und die zahlreichen Komikerfragmente, die er für diese Dinge anführt, nichts davon wissen, auch die Parallelüberlieferung bei Hesych nichts hat, so ist der Schluß gestattet, daß wenigstens in Athen der Ausdruck nicht galt. Eine Ergänzung Boreus, die ihn in eine attische Inschrift gebracht hat', ist nicht nur deshalb falsch. In dem schönen Statut für den Herakles des Diomedon aus Kos (Paron-Hıcks 36, DitTEnBERGER Syll. 734, 128) wird zwar ein KYknoc xankorc geweiht, sicher dasselbe wie hier, aber er steht hinter dem Bett und der zugehörigen Bank, weit getrennt von dem anderen Hausrat, Kandelabern, Lampen usw., so daß man kaum an einen Teller, eher an den runden Tisch, aAickoc, denkt, der auf den Heroenmahlen vor dem Bette zu stehn pflegt. Hier wundert man sich über jedes Bronzegerät, da ja der xanköc schon ge- nannt war; immerhin mag auch hier solch ein Tischehen gemeint sein, aber ein hölzernes, das in homerischer Art vor jeden Schmauser ge- stellt ward. — Auch Piv, Geflecht, Matte, ist kein attisches Wort (Yiasoc würde man sagen), aber bei Heredot belegt.” Wundervoll ist die alte ı 1G. 112,689 = (IG. ı61. Der Stein ist nur von Fouruont in einer Kirche von Ampelokipi abgeschrieben, Köster hat sich bei Böckns Ergänzung beruhigt. Aber seit die Zugehörigkeit des Steines zu den Inventaren der Chalkothek erkannt ist, wird man 5 KYakoc nicht mehr in KYkaol, sondern in KYaeo| verbessern, die in der verwandten Rechnung 678 mehrfach vorkommen; das tun KAaol auch, und bei kAnol, 6, durfte man sich überhaupt nicht beruhigen. 2 Bei Herodot ist 4,71 Piyi rezipiert, obwohl die Florentiner Klasse Piyei hat. Dagegen folgt die Vulgata dieser 2, 96. in @eYPH KATEPPAMMENH PITTEI KANAM@N, und man schämt sich nicht. ein neues Wort Tö Pimoc auf den Itazismus zu gründen, obwohl das richtige Pımi die römische Klasse und Pollux 10,43 bezeugen. Da das Wort Atlıen gänzlich fehlt, ist das Sprichwort eeoY eenontoc KAn Emmi Pimöc mmneoic da nicht ge- wachsen, das Aristophanes Fried. 699 parodiert. Wenn es bei Orion 5,6 scheinbar aus dem Thyestes des Euripides angeführt wird (Fgm .397). und der Bischof Theophilos aus BOYecroy wirklich den Autor ®ectioc gemacht haben wird, so kann der Vers dem Euripides doch nicht zugetraut werden; möglich, daß ein Grammatiker auf eine ent- fernte Anspielung hin den Fehlschluß machte oder nahelegte. Bei Plutarch Pyth. or. 22, 632 Gesammitsitzung vom 7. April 1904. Kraft der Sprache in dem zur Zweckbestimmung schlicht angereihten Infinitiv Kkpea Emiaıapein. emı ist rein lokales Adverb, mit dem Verbum keineswegs verwachsen: Worttrennung ist in solchen Fällen Willkür; um den Akzent wird nur streiten wer nicht weiß, was die sarcia be- deutet. s»anarktArıa, das ein Verbum sAanAccw voraussetzt, ist ganz neu. Von den Ableitungen dieses Stammes ist höchstens der Name einer Spinne oAnarz attisch, eAnarz, der Keil, nicht einmal in der übertragenen Bedeutung für die keilförmig geordnete Infanterieabteilung, obwohl das homerisch ist: in der militärischen Sprache der Makedonen ist es eben- sogut ein Homerismus wie die Eigennamen Alexandros, Ptolemaios, Kassandros usw.' Dagegen ist die Bedeutung truncus ionisch (sAnarrec esenov Herodot 3, 98) und samt Ableitungen, #AanAarro?n, einen Knüppel- damm machen (Philon. Mech. 5, 98 ScHöne) usw. in der Gemeinsprache und namentlich der Technik gebräuchlich geblieben und als phalanga oder vielmehr palanga (anklingend an palus) ins Lateinische gelangt, palanca italienisch und spanisch, daher unser Planke und das Palanguin. Hesych hat eanärrwma mommA TIc En Toic alonvcioic, ungeschiekt gekürzt, denn bezeichnet wird natürlich die Maschine, auf der das Schiff gezogen ward, das in den ionischen Prozessionen den Gott trug. Und so werden hier die sanarktäpıa die Walzen oder auch nur Böcke sein, auf denen die apollinischen Steine an ihren Bestimmungsort geschleift werden. — TTAPÄ CTESANH®ÖPOYC AYXNON Kal Aneiea. Die Präposition mit dem Akkusativ ist archaisch, wie oben rieetaı tar "ERATHn.” Die Lampe ward wohl neben den zum Schmause gelagerten Kranzträgern aufgestellt. Aneısa in dieser Form, die doch nichts als ein verstümmeltes Aneıoar ist, war bisher bei Aischylos Ag. 313 zuerst belegt, und überhaupt nur in Poesie. Neu scheint die Katachrese des Wortes, in dem wir unmittelbar das Salben hören, für Brennöl: für Speiseöl steht es bei Aischylos und wird es von dem Arroc Aneısatitac des Epicharm (52) vorausgesetzt. — In emimecceın »darauf backen«, em Tolc eyomenoıc muß die Präpo- sition eine bestimmte konkrete Bedeutung haben; »außerdem backen« würde rPpocreccein sein. — EnATPA TIEMMATA TIPOC BYcian TINACCÖMEnA Hesych. p- 405” ist der homerische Pandaros in einer längeren Ausführung behandelt, darauf folgt oY rAP EIxen "OMHPoC THN AYTHN TTANAAPWI AIANOIAN, El FE TIANAAPOC HN O TIOIHCAC, BE0OY BENONTOC KAN Ermi Pimöc rmeoic. Welche Torheit, da TTinaAroc zu schreiben! Me- nanaroc wird das Wahre sein: dem traute man noch lieber als dem Euripides ein iambisches Sprichwort zu, und so stelıt der Vers in den MenAnaroyY MoNöcTIXA 67 1 Mein. ! Herakles ı? 11. Grundverkehrt ist aus diesen Namen jüngst wieder die hellenische Rasse der Makedonen abgeleitet worden. die ich im übrigen gar nicht bezweifle. ®2 Die Spinne »AanArrion ist woll eigentlich das Spinngewebe, das ja aus Keilen besteht; APAxnHc bezeichnet ja auch das Tier und sein Produkt. > In der attischen Dichtersprache wird unterschiedslos TAPA TIHrÄC und TIAPÄA TIHrAIC gesagt, nur ist das erstere, weil altertümlich, vornelhmer. 4 ” * B u. . 35 von Wıramowırz- MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 635 Die Athener sagen exathp: beim Opfer gebraucht, z. B. Aristophanes Ach. 246. Die Grammatiker (z.B. Suidas; bei Photius ausgefallen) sagen, der Name käme daher, daß der Teig breit gestrichen würde, Enaynetaı; das wäre hübsch, ist aber kaum denkbar, da beide Ab- leitungen aktivisch verstanden werden müssen; es muß etwas sein, das ERAYNEI. — TAI AC ErAtHı xweic kann nicht wohl anders aufgefaßt werden als in der Ilias © 467 nAec a’ &k AHmnoIo TIAPECTACAN OINON ÄTOYCAI TIOANAI, TÄC TIPOEHKEeN "IHconiaHnc "EYnHoc, xwPpic a Arpeianıc "Aramemnon!ı Kal Me- NEAAWI ADKEN IHconiaHc Aremen meey. Wenn ein Gegensatz zwischen den beiden Göttern beabsichtigt wäre, so würde im ersten Gliede men nicht fehlen. — Das Hekateopfer beweist, daß die ganzen Pflichten und Rechte der Onitaden für die Prozession nach Didyma gelten; sie konn- ten hier ja auch nur für einen speziellen Fall Platz finden; aber wir können daraus das Generelle entnehmen. FINETAI ÖNITÄAHICIN ATTO MOATI@N ÖCHYEC TIACAI EKTOC ÜN Oi CTEBANHEÖPOI ICXOCIN, AEPMATA TIÄANTA, BYAAHMATA TPIA ATI TEPHO EKÄCTO, 8Y- WN TÄ TIEPITINÖMENA, OINON TON EN T@I KPHTÄPI TIEPITINÖMENON, TIEMTTÄC TÄC H- 4° MEPHC. Es wird den Eselingen von den Sängern, alle Hüften mit Ausnahme von dem, was die Kranzträger erhalten, alle Häute, drei Fladen von jedem Opfertier, von dem Räucherwerk was übrig bleibt, den Wein, der im Mischkruge übrig bleibt, ein Fünftel auf den Tag. Wieder ist in den Satz, der die Gegenleistungen der Gilde für die Dienste der Onitaden enthält, ein Nachtrag eingefügt, der sich durch die Störung der Konstruktion verrät, oinon TON... TIEPITINOMENON. Vermutlich gehört zu den Weinresten der Rest des Räucherwerkes; man kann es den Worten nur nicht ansehen, ob sie Akkusative oder Nominative sind. Solche Reste zu nehmen erscheint uns nur für das Gesinde schicklich, und wir würden es kaum unter seinen Ansprüchen aufzählen; hier steht es neben den Häuten, die oft unter den Sporteln der Priester stehen und wirklich eine beträchtliche Einnahme bilden. Vom Opferfleisch kommt auf die Onitaden genau so viel wie auf die Kranzträger; da diese bevorzugt werden mußten, waren ihrer olıne Zweifel viel weniger. Die Verteilung der andern drei Fünftel läßt sich nieht erschließen; wir haben eben nur ein Exzerpt des Statuts. eywn kann an sich sowohl von eya 31 wie von eyal 44 kommen; aber nur das erste gibt Sinn. — &xrtöc mit dem Genetiv im Sinne von AAN ist dem guten litterarischen Griechisch ganz fremd, zumal dem Attischen; auch hier antizipiert das Ionische die koın#, vgl. Dirresgereers Index S. 294. — Eine Überraschung bietet das neue Wort eyanAmata;: aber ich hoffe, eine Aufklärung. Zuerst dachte ich an einen Schreibfehler, denn gemeint sind eyaAmatra, wie niemand Sitzungsberichte 1904. Sl 634 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. bezweifeln wird, der im Phaon des Platon (Athen. X 442) einem Dämon A&pmA Kai eyahmata geopfert findet. Dies Wort, das früh verschollen ist, wird bei Theophrast Char. 10 eyHuanmata geschrieben: das seltene zugehörige Verbum lautet eyhaHcaceAaı in der besseren Überlieferung bei Pollux 1, 27. Bei Timäus steht ey#mara, und diese Glosse kehrt bei Hesych ganz wieder: bei Platon kommt weder eyhma, das sprach- widrig ist, noch eyaHma vor; aber es kann auch diese Singularität wie andere in unserm Text ausgemerzt sein. Andererseits ist gleich möglich, daß eine Timäusglosse bei Hesych, wie daß eine Diogenian- glosse bei Timäus interpoliert ist. Jedenfalls ist dies Zeugnis in Wahrheit eins für eyakma, denn dieselbe Erklärung steht bei Hesychı auch zu diesem Lemma, und dieselbe bieten die Scholien zu Aristo- phanes Fried. 1040 und Phrynichus Bekk. An. 42, 25, immer zu eyaHma. Die richtige Deutung Äneıra oinwı Kal Enalwı Ermppaınömena oder ähnlich hat eine falsche eymıAmara neben sich, die im Scholion BT zu | 270 wiederkehrt, wo die Orthographie eunymara (die in B eine perverse Etymologie erzeugt hat) nur ein Schreibfehler, wenn auch ein früh- byzantinischer, ist. Für die Bedeutung entscheidend ist namentlich ein Zitat aus den Avrömonoı des Pherekrates (Clemens Alex. VII, 846), »ihr Menschen legt den Göttern von der Hüfte nur den nackten Knochen als Opfer hin, wie den Hunden, eit! AnnAnovc AIcXxYNöMeEnOıI EYAHMAacı KPYTITete TIonnolc.« Und dann eine Stelle aus 'Theophrast bei Porphyrius de abst. 2,6. »Als die Menschen die Getreidenahrung an- genommen hatten, ATIHPzZANTö TI TÄC YAIcBEIcHe TPO@ÄC TIP@TON Eic TIYP Toic eeolc, Ösen ETI Kal NYN TIPÖC TI TEREI TÜÖN OYHAON“ TOoIc Yalceelcı eyahmacı xpwmesa. Erst später sind die menanoı aufgekommen, in denen verschiedene würzende und duftende Zusätze sind; dann tritt Honig, Öl und Wein hinzu.« In den vielen erbaulichen Geschichten, die bei Porphyrios folgen, um das unblutige Opfer zu empfehlen, wird die- selbe Handlung einmal so erzählt, eYcanta TON YAICTÜN EKk TOY TIHPI- Aloy ToIc TPIC| AAKTYnoIıc (2,15), das andere Mal Ex TAc TMHPAC TON AnoITWN Önirac APAKAC Eevahcato (2, 17). Es ist also klar, daß die eyatmara eigentlich nur Schrot sind, aber (das lehren die Grammatiker) später mit Öl und Wein befeuchtet wurden. Sie bildeten auch nicht bloß ein Opfer für sich, sondern es ward damit das Opferfleisch be- deckt. Sachlich dasselbe sind die ey#nai, die schon im | 220 ins Feuer geworfen werden, in gleicher Weise ein paarmal auch in Athen erwähnt. Also formal werden wir eYauma nicht umhin können für eine anomale Zusammenziehung von evAnuma zu halten, und da das ! Dies Wort ist anstößig und wirklich nicht zu ertragen, wenn Theophrast genau geredet hat; Reıske hat eyciön gesetzt, sachlich durchaus zutreffend; man ver- treibt nur ungern eine Glosse durch ein KYPION ONOMA. 3 . ” B . ... B ı)=m von Wıirasowirz-MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 635 inhaltlich identisch mit ey#a# ist, so wird man auch hier formalen Zusammenhang suchen. eY-AnHMA, BYAHMA, BYHAH OYHNEIceAl, BYAElceAl, das muß alles zusammengehn. evAnHuma ist Opfermehl, wir kennen ja Anuma außer in übertragener Bedeutung (Soph. Aias 381) bei Hesych mit der Erklärung &seön Änevrpon. Und evHar' führt auf ein altes Nomen #aH gleicher Herkunft, mit Vokalsteigerung wie aHeH zu nae, HBH Zu ÄB-Pöc, HKH ZU ÄK-Poc, AHMH zu TaAmwon. Mit den Opferstücken hat man zuerst Schrot, vaıcrA verbrannt. Dann ward es vornehmer; yaıcrA sind in Athen Kuchen oder Fladen geworden; dasselbe gilt für die eyan#matra in Milet. Und wenn das Opfer erst gut schmeckt, essen die Menschen mit. Das Verbrennen wird zum Rösten im Opfer- feuer. So erhalten die Onitaden von jedem Opfertier drei der zuge- hörigen evanftmara. Man ist sehr versucht sie mit den Enatpra zu identifizieren, deren Bereitung oben angegeben ist. Der Hermes des aristophanischen Plutos redet erst 1115 von einem YAICTön, 1126 von einem TInAKoFc. TÄ Enatpa Ermmetterai: zu dem Emmi paßt trefflich was bei Timäus steht (wieder ohne im Text des Platon seine Referenz zu haben) vaıctA. OYTWCc AETONTAI TÜN CIINÄTXNWN KEKOMMENWN EIC NETTTÄ META ÄPTON ArtapxAai TInec. Da ist das Brot an die Stelle des Breies, der ÄnsıTa Enalwı BEBPETMENA, getreten; denkt man sich diese auf kleine Fleisehstücke gegossen, die dann damit in die Breite verstrichen werden, wie die Bücklingbrocken im Eierkuchen, so kann der Brei wohl »der Treiber« heißen, in dem Sinne wie der Schmied Actıiaa #nacen, M 295”. 10 OTI AN TOYTWN MH TIOIÖCIN ÖNITAAAI, EAOFE MOATIOICIN ETTI KAPOTTINO, CTE- ®ANHEÖPOC ATIO TON ICTIHIWN TIAPEXEN. OÖTI A AN ÖNITÄAAI XPHIITWCIN, EAAE MOATIOI- Cl CTESANHPÖPOICIN ETTITETPAYBAI. Was hiervon die Eselinge nicht tun, beliebte den Sängern unter Cha- ropinos, sollten die Kranzträger aus dem, was der Hestia gehört, leisten. Was aber die Eselinge verlangen, beliebte den Sängern, sollte den Kranz- trägern anheimgestellt bleiben. Damit die heilige Handlung richtig vor sich geht, sollen, falls die Onitaden versagen, die bevorzugten Mitglieder eintreten; daß sie das können, z. B. fehlendes Geschirr schaffen, liegt daran, daß sie aus dem Dienste der Hestia, den sie auch versehen, das Notwendige heranholen können. Der Hestia opferte oben Z.13 der abtretende Aisymnet. Der Kult des Herdes in einer Gilde ist der ihres Herdes, der in dem Lokale stehend zu denken ist, en monnan. Also rekurriert 2 Der Akzent ist Autoschediasma der Grammatiker, Herodian zu | 220, Theo- gnost Can. 673. ®2 In dem Opfer der Acharner ist der EnatHP bereits ein Kuchen; aber Brei, Ernoc, wird daraufgegossen. 636 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. die Gilde im Notfall auf ihren eigenen Besitz, auch bei den örrıa für Apollon Delphinios. Die Gegenleistung an die Onitaden ist einfach auf die Stephanephoren abgewälzt: das Plenum hat keine Lust sich weiter darauf einzulassen. Diese zwei korrelaten Bestimmungen, der Schluß des Statutes, waren erst notwendig geworden, als in der Praxis Mißstände hervortraten. Es ist durch die Einfügung der Beschluß- formel und des Datums klar gemacht, daß die Sätze anderen Ursprunges sind. Man könnte sie für Nachträge halten; daß dem aber nicht so ist, zeigt die Form &aae, die unter Philteas schon von dem später in ganz Hellas gültigen &aoze verdrängt ist. Wir kennen &raae aus Gortyn (GDJ. 4982, 5011), TÄ Feraanköta aus dem lokrischen Statut für Naupaktos, aus Ionien das Nomen Aaoc', das den Schluß erlaubte, es wäre einmal in Ionien auch &aae gesagt. Aber es in einem Do- kumente Milets anzutreffen, ist doch eine schöne Überraschung. So früh also hat dort die schriftliche Aufzeichnung begonnen, daß eine Form, in der das Vau noch wirkte, fest genug werden konnte, um sich formelhaft zu erhalten.” Gewiß können wir nicht einmal schätzen, wie lange Charopinos und Philteas im Amte gewesen ist, aber daß dies Statut in seiner Vorlage in eine Sprachperiode hinaufreicht, die uns sonst nur das Epos zeigt, entspricht zwar dem, was man über Milets Schriftwesen vermuten konnte, aber es ist schön, daß man es nun weiß. Nun kommen zwei durch Abstand auf der Kopie, sicher im An- schluß an das Original, kenntlich gemachte Nachträge. KHPYKI ÄATENEIH EMMOATIÖI TIÄNTWN KAl AAZIC CIIATXNWN ATIO EY@N EKAC TEWN KAl OINO POPH Ec TÄ YYKTHPIA TERECI TOIC EWYTO, 6 A OINOC ATIO MOATIWI FINETAI. und wieder nach einer Zeile Abstand TOI WIAWI AEITINON TIAPEXEI Ö IEPWC, ÄPICTON AE WICYMNHTHC. ! Foucarr hat eben das Maskulinum AAoc glänzend sowohl in einer thasischen Inschrift wie in der halikarnassischen Lygdamisinschrift hergestellt (Revue de Philo- logie 1903, 216). Es ist allerdings beschämend, daß wir so lange an das Neutrum geglaubt haben, ohne jeden Grund und wider die Überlieferung. Denn bei Hesych AAHMA AAoc ist zwar das Geschlecht ungewiß. und bei Arcadius 52 Schmidt kann Aaoc auch auf A 88 (köPoc, zu AAHN gehörig) gehn. Aber im Etymologikum steht ja AAON' APECKEIAN CHMAINEI H TNOMHN® H KöPon A Kömon. Obwohl das bei Hesych fehlt, wird es eine Diogenianglosse sein, und der Akkusativ zeigt, daß eine bestimmte Stelle gemeint war: das Wort hatte also in die Litteratur Eingang gefunden, vermutlich bei einem alten Ionier, etwa Archilochos oder Hipponax. ® Gesprochen mögen sie unter Philteas Aae haben, wie Anakreon wenigstens ein KIPNEATAI, Z.1T, dreisilbig sprach. Aber in beiden Fällen war eben die Ortho- graphie zu der Zeit fixiert, die was sie schrieb auch sprach. Die wunderbare Übereinstimmung zwischen Sprache und Schrift im Attischen ist doch auch ein Zeichen dafür, daß man dort eigentlich erst mit der Demokratie zu schreiben begonnen hat. - 2 z ie a 2 97 von Wiraxowrrz-MorLLEnDoRFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 631 Für den Herold Befreiung von allen Leistungen im Sängerhause, und An- teil an den Eingeweiden von allen Opfern, und Transport des Weines zu allen kühlen Stätten auf seine Kosten, aber der Wein wird aus dem Sängerhause geliefert. Dem Musiker liefert Abendbrot der Priester, Mittag der Obmann. Der Kopist hat emmontwn, Arto monton und ıepewc verschrieben, ich möchte wenigstens nicht an eine Kontraktion ierwc glauben. Einen Herold werden sie niemals entbehrt haben; es ist nur das Bedürfnis später hervorgetreten, seine Kompetenzen festzustellen. Dem Kolle- gium gehört er offenbar nicht an, schmaust auch nicht mit, sondern hat nur an dem Sakrament teil, zu dem zu laden seine Aufgabe war. — eyön wird als Genetiv von eYH durch EkAactewn erwiesen; dies Wort war bisher nicht anerkannt, sondern wurde mit Tö eYoc vermischt, das neben dem oben belegten TO eYon eigentlich ArwmartA bedeutet und so | 270 steht, aber im weiteren Sinne, eycia, z.B. von Aischylos verwandt wird. Nun wird man nicht zaudern O 261 in aiccom Yrıep ey&un das Femininum eYH anzuerkennen, wo nur evcıön paßt, da das Opfer nur in einer crronaH besteht." — Über vykrärıa sind wir nur durch Athenäus XI, 503° unterrichtet; seine Belege sind je ein Vers aus Aischylos und Euripides, die einen Ort des Anaryvxeceai, der Kühle, meinen, und einer aus dem Aigimios, der neben Hesiod einen Milesier Kerkops zum Verfasser zu erhalten pflegt, Ensea TIOT’ EcTal EMÖN YYk- THPION Öpxame naön; das wird wohl auch Ort der Kühlung, Erfrischung sein. Die Belege ergeben also nicht, was der Gewährsmann des Athe- näus, Nikandros von Thyateira, als Bedeutung angibt, Ancwaeıc kai eYcKıoı TOTOI ToIc veoic Aneımenoı. Aber dann hat er eben noch andere gehabt, die bei Athenäus nicht mehr stehn, denn nur diese engere Bedeutung paßt hier; ein Athener würde Arch gesagt haben. Die Sänger hatten also sehr viel mehr Plätze zu besuchen als das Heilig- tum der Hestia (vermutlich ihr eigenes Haus) und des Delphinios, und diese waren kühl und schattig. Wir sind in einer Zeit, wo die Götter selbst noch längst nicht alle einen naöc haben, und wenn sie es tun, doch die heiligen oikoı und croAi fehlen, in denen später die Opferer ihre Schmäuse abhielten. Da legen sie sich in den Schatten der Bäume, die um den Altar gepflanzt sind, und wenn die Onitaden den Wein für die Genossen mitgebracht haben, so hat sich der Herold seinen Schlauch im Vereinshause füllen lassen, und irgend ein Bengel hat ihn ihm nachgetragen. HH eYH ist nun gesichert; da wird es sich wohl noch öfter antreffen lassen. In der lakonischen Inschrift über die Freiheit von Delos (DirrengEerser 60) ergänzt Homore Kai e|lön] KAl NAFÖN KAI TÖN XPEMATON TON TÖ el. Die Götter passen nicht, man verlangt die Opfer; daher Rönr und Dirrengerser eYeon, zu lang, wie WILHEL2 moniert. Also wohl eYän. 638 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. Daß die monroi eines wıaöc bedürfen, befremdet zunächst. Es ist ein Mensch, dessen Dienste mit zwei guten Mahlzeiten am Tage ab- gelohnt sind; auf Teilnahme an den Opfern macht er keinen Anspruch. Man kann aus dem uns bekannten, Opferzeremoniell Athens nur den AYaHtAc heranziehen, der zu jedem Opfer nötig ist. Den sHTAPmonec der Phäaken, die uns den Aisymneten lieferten, spielt Demodokos auf, dem der Herold sein Instrument reicht. Sie sind freilich keine Sänger, aber bei den Milesiern beschränkt sich ihre morr# auch auf den Päan, den die Gebildeten alle zu singen verstehn. Schon daher mochte die Zuziehung eines gelernten Sängers erwünscht sein. Wenn man aber sieht, daß der Aoıaöc des Epos in der Odyssee die gleiche soziale Stellung hat wie hier, daß das ionische Epos der Paywıaoı keine musika- lische Begleitung mehr hat, dagegen die daraus entwickelte Elegie die Flöte, so daß ein Mimnermos von Beruf Flötenspieler ist, so kann man sich denken, daß wıaöc sich in der Richtung entwickelt hat, daß er mehr Musikant als Sänger ward. Doch da sind Zeugnisse abzuwarten. In diesem zweiten Nachtrag zeigt sich sprachlich jüngere Zeit: die Beamten erhalten alle den Artikel, der in der Hauptinschrift noch meist fehlte, es sei denn, er diene als Stütze für a€ und in 6 Bacınevc. Die Krasis ist recht ionisch, wie namentlich die Choliambiker zeigen; sie steht auch in dem Zusatze 36 romörnwnı. Altionisch ist aber die ganze Urkunde; genauere Zeitbestimmung könnte mit unserm Sprach- materiale niemand wagen, um so erwünschter, daß sie sich sonst geben läßt. Die Prozession nach Didyma führt zu den Statuen des Chares: die haben wir, und man muß sie um des Stiles willen vor die Skulp- turen rücken, die Kroisos am Tempel von Ephesos hat aufrichten lassen. Sagen wir also, sie stammten aus dem Anfange des sechsten Jahrhunderts, ohne zu vergessen, daß das der unterste Ansatz ist; die Schrift des Chares würde ich lieber noch höher hinaufrücken. Daß die Stiftung des Chares in dem Ritual der Sänger Milets sehr lange Berücksichtigung fand, ist kaum zu glauben. Aber wir brauchen keine Probabilitäten: nach den Ausführungen HaussouLuiers unterliegt es keinem Zweifel, daß Didyma seit der Zerstörung durch Dareios 494 bis auf Alexanders Auftreten nicht existiert, wie das Kallisthenes (Strab. 814) ausdrücklich bezeugt.‘ Wir besitzen also eine Urkunde, die spätestens zur Zeit des Hekataios redigiert ist, aber auf beträcht- ! Er redet vom Erlöschen des Orakels; ohne das konnte der Kult dauern; er redet aber auch von dem Wiederaufbrechen der verschütteten heiligen Quellen: ohne sie konnte der Ort nicht heilig sein, also kein Kult bestehn. Milet hatte An- laß, sich zu rehabilitieren; daher die Epiphanie der Gottheit, deren Zeichen das Erwachen des begeisternden Quells ist; es war die erste Aktion der Art, die im fol- genden Jahrhundert so viel Nachfolge fand. N ” - . @rL ” € von Wırasowitz-MoELLENDorFr: Satzungen einer milesischen Sängergilde. 639 lich älteren Aufzeichnungen beruht. Das ist ungleich wichtiger als die einzelnen interessanten Tatsachen, die wir dem Texte entnehmen, oder auch der Einblick in das Kollegium der mornnol. Gewiß fällt auch dadurch auf mancherlei Licht, und der erste Herausgeber wird wohl nur einen kleinen Teil davon bemerken. Der Vater des Tyrannen Aristagores heißt Molpagores, ist also davon benannt, daß ein Vor- fahr von ihm im Kreise der monrroi das Wort zu führen wußte: Namen gleicher Herkunft kommen auch sonst in Ionien vor und bezeugen die Verbreitung solcher Kollegeien, die bereits nicht mehr gentilizische Ver- bände sind wie die Euneiden in Athen. Das Ritual des Kultus, die Dedikation der ryanoi, die Verbindung des Apollon Delphinios in Milet, der am Hafen wohnt, mit dem Didymeus, der die vorhellenische Orakel- stätte auf dem Berge innehat, das ist wichtig und wird hoffentlich durch weitere Urkunden aus dem Delpbinion ergänzt werden. Aber das sprachliche Resultat ist doch das Wichtigste. Denn ist dies auch nur eine Kopie, sie ist doch ungleich verläßlicher als alle litterarische Überlieferung der altionischen Prosa. Sie stimmt nun durchaus zu dem, was im Gegensatze zu der Herodotüberlieferung aus den In- schriften und der Überlieferung und Metrik der ionischen Dichter, namentlich des Anakreon, erschlossen war. Die Schrift ist ganz kon- sequent und zeugt für litterarische Durchbildung. Natürlich wird das Hiat hindernde Ny vor Vokalen und oft auch Konsonanten gesetzt. Die Kontraktion geht sehr weit und wird in der Schrift berücksich- tigt. e und e verschmelzen immer, und wenn ein Vokal vorhergeht, auch e und o. Es heißt zwar myaeun, aber eyün, moıacı. Selbst in dem alten einfachen Worte schreibt man wie in Athen vıaöc. Der echte Diphthong oy ist streng von dem unechten o gesondert. Die Psilosis regiert, KATörer, Ar iepHio; wem es Spaß macht, mit den pro- sodischen Zeichen zu spielen, mag den Asper verbannen. Die langen Dative der beiden ersten Deklinationen sind fest, aber vor Vokal wird das schließende i elidiert und nicht geschrieben, und da tritt für das sonst geltende -Hıcı in dem zweisilbigen Worte nymeaıc (eiten) die Endung ein, die wir entsprechend im späten Epos finden. Von dem i-Stamm ist der Dativ schon aynameı, wie in den dirae Teiorum. Laut- und Formen- lehre machen gar keine Schwierigkeit; die Syntax ist wohl altertüm- lich, aber doch gelenkig genug, und in der Verständlichkeit verrät sich eine lange Übung, deutlicher noch in der Bewahrung des Petrefakts &aae. Der Kontrast zu dem Stammeln in den Urkunden des Mutter- landes, auch wenn sie viel jünger sind, ist frappant. Erst die attische Demokratie, die Erbin Ioniens, geht weiter. Wir sind eben in der Heimat der griechischen Prosa. Da wir von der milesischen Litteratur so wenig übrig haben und die ausgleichende Macht des attischen Reiches 640 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. alles Spätere nivelliert hat, machen uns hier einzelne Wörter Mühe und tritt manches Neue auf. Aber es ist alles, was nicht verstümmelt ist, verständlich: wie anders würde sich das in Korinth und Argos stellen, von bildungslosen Orten zu schweigen. Geschichtlich ist die Bestätigung unseres grammatischen und sprachlichen Wissens und unserer Schlüsse auf die Bedeutung der milesischen Sprache viel wichtiger, als wenn wir etliche rare Formen und unverständliche Vokabeln erhalten hätten. Um so greller ist der Kontrast zu dem Texte Herodots, den wir und die Gelehrten des 2. Jahrhunderts n. Chr. überliefert erhalten haben, der also nach aller Analogie der Textgeschichte um 200 v. Chr. ziemlich ebenso aussah. Daß über seiner nicht rein ionischen, aber doch im wesentlichen ionischen Rede ein häßlicher archaistischer Firnis liegt, ist unbestreitbar, aber ob dieser Archaismus schon von ihm selbst herrührt oder aus der Reaktion gegen die attische Kultur, die gleich nach Alexander besonders stark in Asien bemerkbar wird, das wage ich noch nicht zu entscheiden, glaube aber das letztere. 641 T#EoDor MoMmMsEN - Stiftung. Auszug aus der Stiftungsurkunde vom 30. November 1897. Artikel 1. Nach dem Tode TueEovor Monmnsen’s haben die Verwalter des Stiftungs- kapitals dasselbe an die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin als die damit bedachte Eigenthümerin herauszugeben mit dem Ersuchen, der damit errichteten » THEopDor Monnsen - Stiftung« ein Statut auf der Grundlage der folgenden Bestimmungen zu geben: SET: Die Erträge des Stiftungskapitals dienen von dem Zeitpunkt ab, mit welchem das im $ 2 festgesetzte Zinsgenussrecht seine Erledigung gefunden haben wird, dazu, wissenschaftliche Unternehmungen auf dem Gebiete der römischen Geschichte und der verwandten Disciplinen, namentlich der elassischen Philologie, der römischen Rechtswissenschaft, der Epigraphik und der Numismatik, durch Hergabe der dazu erforder- lichen Mittel an die dazu geeigneten Personen zu ermöglichen oder zu erleichtern. un 2 Einer ausdrücklichen Anordnung der Stifter zufolge sind vom Tode TuEopor Monnsen’s ab alle aufkommenden Zinsen des Stiftungskapitals an diejenigen noch lebenden Töchter Tnueropor Monusen’s zu zahlen, welche am 30. November 1897 unverheirathet waren. Die jeweilig noch lebenden vorbezeichneten Töchter empfangen die Zinsen nach Massgabe der Fälligkeitstermine zu gleichen Antheilen. Eine Eheschließung nach dem 30. November 1897 hebt das Recht auf den Bezug einer Quote des Zinsertrages oder des ganzen Zinsertrages nicht auf. Die durch Tod oder Verzicht frei werdenden Antheile fallen den übrigen Berechtigten zu gleichen Quoten zu. Die Verwendung der Revenuen des Stiftungskapitals für die wissen- schaftlichen Stiftungszwecke beginnt demgemäss mit dem Zeitpunkt, in welchem die Längstlebende der am 30. November 1897 unverheirathet gewesenen Töchter Turopor Monnsen’s verstorben sein wird. 642 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. = 3 3- Das Kapitalvermögen der Stiftung besteht aus: I. D 95} dem ihr ursprünglich zugeführten Kapitalbestande, denjenigen Kapitalzuwendungen, welche sie etwa künftig — ohne ausdrückliche abweichende Bestimmung über die Ver- wendung von Seiten des Gebers — empfangen wird, den nieht verbrauchten und unter dieser Voraussetzung dem Vermögensstock zuzuschlagenden Zinsen. Diess Kapitalvermögen ist unangreifbar. Nur die reinen Zins- erträge des Kapitalstockes, abzüglich aller Verwaltungskosten, dürfen zu den Stiftungszwecken aufgewendet werden (vergl. $ 4 Ziffer 4). 84. Die Wahl der Unternehmungen und der für ihre Ausführung ge- eigneten Personen ist der philosophisch-historischen Classe der Aka- demie überlassen. Dabei sollen folgende Gesichtspunkte massgebend sein: Ir DL J alle Bewilligungen sind so zu bemessen, dass ihre Ausführbar- keit selbst unter der Voraussetzung eines der wirthschaftlichen Entwickelung entsprechenden Zinsrückganges gesichert ist, und nur so zu gewähren, dass ihre Einschränkung vorbehalten bleibt, falls ein Herabgehen des Zinsertrages sie erfordert; die Bewilligung darf in der Form der Verleihung eines Sti- pendiums für wissenschaftliche Reisen oder für wissenschaft- liche heimische Arbeiten, aber auch als Beitrag zu den Druck- und sonstigen Herstellungskosten wissenschaftlicher Werke er- folgen ; die Bewilligung kann in der Gestalt einer einmaligen Hergabe oder einer periodischen Leistung, äussersten Falls jedoch auf die Dauer von fünf Jahren stattfinden und kann unter der Vor- aussetzung sich wiederholender Gewährungen an den Vorbehalt des Widerrufs für den Fall geknüpft werden, dass die Thätig- keit des Honorirten den Erwartungen der Classe nicht ent- sprieht; es ist zulässig, die verwendbaren Mittel für einen längern Zeitraum — höchstens jedoch auf die Dauer von fünf Jahren — aufzusammeln, um sie demnächst der Ausführung einer grösseren Unternehmung zu widmen. Eine Zuschlagung nicht ver- brauchter Zinsen zum Kapital ($ 3 Ziffer 3) findet deshalb nur in so weit statt, als die philosophisch-historische Classe der Akademie durch Beschluss ausspricht, dass zur Zeit für die Tueopor Monnsen - Stiftung. 643 Verausgabung oder Aufsammlung der verfügbaren Mittel für einen bestimmten Zweck kein Anlass vorliege: die Staatsangehörigkeit des zu Unterstützenden ist nicht ent- en scheidend. Auch an Nichtdeutsche dürfen Bewilligungen erfol- gen. Jedoch haben bei gleicher Wichtigkeit des Zwecks deutsche Unternehmungen und deutsche Gelehrte vor fremdländischen den Vorzug; 6. auf den durch die Mittel oder die Beihülfe der Stiftung ermög- lichten oder erleichterten Publicationen ist ersichtlich zu machen, dass die Veröffentlichung mit Beihülfe der » Tneopor Monnsex- Stiftung der Königlichen Akademie derWissenschaften in Berlin « geschehen ist: auch sind der Akademie mindestens zwei Exem- plare einer jeden solchen Publication einzureichen. S5- Die philosophisch-historische Classe der Akademie entscheidet innerhalb der statutenmässigen Grenzen und unter Einhaltung der hier gegebenen Grundsätze über die Verwendung der verfügbaren Stiftungs- Erträgnisse. Die Beschlussfassung (der Classe soll so stattfinden, dass das Er- gebniss in der Leibniz-Sitzung bekannt gegeben werden kann. 6. Die Königliche Akademie der Wissenschaften übernimmt die Ver- waltung der Stiftung und vertritt diese nach aussen. Das Stiftungsvermögen bildet, wenngleich rechnungsmässig abge- sondert verwaltet, einen Bestandtheil des Vermögens der Akademie. Die in den Statuten der Akademie enthaltenen Vorschriften für ihre Vermögensverwaltung sind deshalb auch für das Stiftungsvermögen massgebend. Wird das Stiftungsvermögen auf den Namen der Akademie in das Staatsschuldbuch oder das Reichsschuldbuch eingetragen, so ist bei der Eintragung seine Kennzeichnung als Stiftungsvermögen durch einen ent- sprechenden Vermerk sicherzustellen. Abgesehen von den laufenden Zinseingängen vereinnahmt die ver- waltende Kasse Gelder für die Stiftung auf Anweisung des jeweilig vorsitzenden Seeretars der Königlichen Akademie der Wissenschaften. UN Sie leistet Zahlungen auf dessen Anweisung. Die verwaltende Kasse legt alljährlich über das Stiftungsvermögen, als ein für sich bestehendes, und dessen Einnahmen und Ausgaben, unter Speeialisirung des Kapitalbestandes in seiner jeweiligen Belegung, Rechnung. 644 Gesammtsitzung vom 7. April 1904. Diese Rechnung ist der Jahresrechnung der Akademie, als ein Anhang der Jahresrechnung, anzufügen und gelangt mit der letzteren zur Prüfung und Entlastung. S7- Änderungen des festgestellten Stiftungsstatuts bedürfen, um in Gel- tung zu treten, eines übereinstimmenden Beschlusses der philosophisch- historischen Classe und der Gesammt-Akademie sowie der Bestätigung dureh das vorgeordnete Königliche Ministerium. Artikel I. Der philosophisch-historischen Classe der Akademie bleibt es vor- behalten. dem in Artikel II unter den $$ ı—7 in seinen Grundzügen vorgesehenen Statut diejenigen Änderungen und Ergänzungen zu geben, welche sich als nothwendig oder nützlich erweisen werden, um die aus den Grundzügen ersichtlichen Zwecke der Stiftung zur Ausführung zu bringen oder um den die Annahme der Stiftung ausdrückenden Be- schluss des Plenums der Akademie und demnächst den diese Annahme sanetionirenden Allerhöchsten Erlass Sr. Majestät des Kaisers und Königs zu erlangen. Indessen darf die eigentliche Zweckbestimmung der Stiftung (Ar- tikel U $ı) und der Grundsatz der Unangreifbarkeit ihres Kapitalver- mögens (Artikel II$ 3) nicht aufgegeben, auch das Zinsgenussrecht der Töchter Turopor Monnsen’s (Artikel II $ 2) nicht eingeschränkt werden. Das Stiftungsvermögen ist der Akademie mit Abrechnung vom 22. März 1904 übergeben worden in Gestalt von nom. 94300 Mark 3%procentigen Communal- und Kreis-Obligationen und nom. 4500 Mark 4procentigen Provinzial- und Communal- Obligationen nebst einem zum Kapital gehörigen Baarbestande von 202 Mark. Als das nach dem Eingang von Art. II der Stiftungsurkunde auf Grund der Bestimmungen dieses Artikels von der Akademie aufzustellende Statut sollen die in $$ 1—7 des Art. II getroffenen Anordnungen selbst bis auf weiteres unverändert gelten. Ausgegeben am 21. April. 645 SITZUNGSBERICHTE SS DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 14. April. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. Herrwiıe las über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sieh entwickelnden Embryo. Als Beweis gegen das Prineip der organbildenden Keimbezirke werden Experi- mente mitgetheilt, in denen das unbefruchtete Froschei der Einwirkung der Centri- fugalkraft ausgesetzt und dadurch im Innern eine Verlagerung leichterer und schwererer Eibestandtheile (Kern, Protoplasma und Dotter) herbeigeführt wurde. Die Folge des Eingriffs war, dass nach Ausführung der Befruchtung die Entwicklungsprocesse an- statt am animalen am vegetativen, pigmnentfreien Pol ihren Ausgang nahmen, dass also gewissermassen beide Pole ihre Rollen umgetauscht haben. In einer zweiten Reihe von Experimenten wird gezeigt, wie durch einen einfachen Eingriff befruchtete Frosch- eier sich im Raume derartig orientiren lassen, dass ihre ersten Theilebenen parallel zu einander eingestellt werden. 2. Hr. Kreıv sprach über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Constitution beim Vesuvian. Es wird der Nachweis erbracht. dass die Chromocyklite dieses Minerals, die Vorkommen vom Ala- und vom Brucittypus beim Erhitzen in optisch normalen negativen Vesuvian übergehen, der von allen genannten Varietäten den geringsten Gehalt an Wasser und Fluor besitzt. Dieselben optischen Verhältnisse hatte der Vor- tragende bei den entsprechenden Varietäten des Apophyllits 1892 erforscht und gezeigt, dass durch Erwärmung alle obengenannten Varietäten dieses Minerals in normalen positiven Apophyllit vom Brucittypus umgewandelt werden. 3. Hr. van'r Horr machte eine weitere Mittheilung über die Bil- dungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineraleombinationen von 25° bis 83°. Gemeinschaftlich mit Hrn. MEvERHoFFER wurde festgestellt. an welche Tempe- raturgrenzen die möglichen (aus Chloriden und Sulfaten von Natrium, Kalium und Magnesium bestehenden) Mineraleombinationen gebunden sind. Es ergaben sich in dieser Weise etwa 40 Temperaturanweisungen, die auch in bestimmten Fällen ange- wendet wurden, und auf Temperaturen oberlalb 60° bei der Bildung einiger Natur- vorkommnisse deuteten. 4. Hr. Warvever legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Dr. E. Barıo- 646 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. April 1904. wırz in Greifswald vor: Über den Bau des Geruchsorgans der Cyclostomata. Die Riechzellen von Petromyzon Jluviatilis tragen wie die Stützzellen am freien Ende einen Besatz von zahlreichen, feinen, oft hin- und hergebogenen, sehr hin- fälligen Wimpern, deren Länge nicht ganz die der Wimperhaare der Stützzellen er- reicht. Es ist wahrscheinlich, dass diese Riechhaare beim lebenden Thiere flimmern. 5. Hr. Scuwarz legte eine Abhandlung von Hrn. C. F. GEisEr, Pro- fessor am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich vor: Zur Erzeu- gung von Minimalflächen durch Schaaren von Curven vor- geschriebener Art. Diese Abhandlung enthält die Entwiekelung eines Verfahrens, durch welches alle reellen und imaginären Minimalflächen bestimmt werden können, welche eine Schaar von geraden Linien, oder eine Schaar von Kreisen enthalten. Dasselbe Ver- fahren wird auch zur Lösung der Aufgabe benutzt. alle Flächen zu bestimmen, für welche die eine Schaar der Krümmungslinien von einer Schaar von geraden Linien, oder von einer Schaar von Kreisen gebildet wird. 647 Über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden Embryo. Von Oscar Herrwiıc. D. befruchtete Ei bezeichnet man als die Anlage des aus ihm ent- stehenden Thieres; dabei drückt man durch das Wort Anlage aus, dass zwischen dem Keim und dem ausgebildeten Thiere bestimmte Beziehungen bestehen, die, wenn alle übrigen Entwicklungsbedingun- gen erfüllt sind, es mit Nothwendigkeit bewirken, dass aus einem bestimmten Ei immer ein bestimmtes Thier hervorgeht. In diese Be- ziehungen einzudringen und dadurch dem allgemeinen und an sich sehr wenig aussagenden Begriff » Anlage« einen festeren Inhalt zu geben, haben die Embryologen seit zwei Jahrzehnten theils durch vergleichende Beobachtungen, theils mit Hülfe mannigfach variirter Experimente ver- sucht. Auch ich habe solche in letzter Zeit wieder angestellt, auf deren Ergebnisse ich hier indessen nur kurz eingehen will, indem es mehr meine Absicht ist, über den augenblicklichen Stand der Frage einen kurzen Überblick zu geben. Lange Zeit herrschten unter den Embryologen zwei diametral ent- gegengesetzte Auffassungen, von denen die eine besonders von Hiıs, die andere von PrrLüser vertreten wurde. Wirnerm Hıs, das Hühnerei als Beispiel nehmend, denkt sich. dass einestheils jeder Punkt im Embryonalbezirk der Keimscheibe einem späteren Organ oder Organtheil entsprechen müsse und anderntheils jedes aus der Keimscheibe hervorgehende Organ in irgend einem räum- lich bestimmbaren Bezirk der flachen Scheibe seine vorgebildete An- lage haben müsse. Auf dem Wege rückläufiger Verfolgung werde man dahin kommen, auch in der Periode unvollkommener oder mangelnder morphologischer Gliederung den Ort jeder Anlage räumlich zu bestim- men; ja wenn man consequent sein wolle, habe man diese Bestim- mung auch auf das eben befruchtete, und selbst auf das unbefruchtete Ei auszudehner. Das Prineip, wonach die Keimscheibe die Organ- anlagen in flacher Ausbreitung vorgebildet enthält und umgekehrt, ein jeder Keimscheibenpunkt in einem späteren Organ sich wiederfindet, nennt Hıs das Prineip der organbildenden Keimbezirke. 648 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. Dagegen ist Prrüser auf Grund von Experimenten, die er an Ampbhibieneiern ausgeführt hat, zu der Vorstellung geführt worden, dass das befruchtete Ei gar keine wesentliche Beziehung zu der späteren Organisation des Thieres besitzt, so wenig als die Schnee- flocke in einer wesentlichen Beziehung zu der Grösse und Gestalt der Lawine steht, die unter Umständen aus ihr sich entwickelt. Dass aus dem Keime immer dasselbe entsteht, kommt daher, dass er immer unter dieselben äusseren Bedingungen gebracht ist. Wie ein Krystall- stäubehen in einer Mutterlauge sich zu einem grossen regelmässigen Körper durch Anfügung neuer Moleküle heranbildet, so soll im Ei eine vielleicht selbst mit dem Mikroskop nicht sichtbare, organisirte Molekülgruppe zum normalen Organismus auswachsen. Dem Hıs’schen Prineip der organbildenden Keimbezirke hat Prrüser die Lehre von der Isotropie des Eies gegenübergestellt. Seitdem haben sich unsere Anschauungen in der angeregten Frage wesentlich geklärt und vertieft auf Grund zahlreicher, zum Theil sehr interessanter Experimente, welche von vielen Forschern ausgeführt worden sind, von Roux, von Driescn, von mir selbst. von Wiırson, MorGAn, Cunn, Fischen und manchen Anderen. Weder das Prineip der organbildenden Keimbezirke, noch die Lelıre von der Isotropie des Eies entspricht den neugewonnenen Vorstellungen. Mit dem Hıs’schen Prineip sind unvereinbar besonders die Ex- perimente, durch welche man die befruchtete Eizelle auf dem Stadium der Zwei-, Vier- oder Achttheilung in 2, 4 oder 8 entwicklungsfähige Stücke hat zerlegen können. Bei gewissen Thierarten, wie bei Echino- dermen, beim Amphioxus u. s. w. lässt sich das Resultat sowohl durch mechanische als durch chemische Eingriffe leicht erreichen. Durch vorsichtiges Schütteln in Meerwasser haben Driesch uud Wırson Eier vom Seeigel und vom Amphioxus in so viele einzelne Embryonalzellen zerlegt, als gerade durch den Furchungsprocess entstanden waren. Die Folge des Eingriffes aber war, dass jetzt jedes Theilstück sich auch nach der Abtrennung weiter entwickelte, nun aber nicht etwa ein Stück eines Embryos, sondern wieder ein vollständiger Embryo wurde, wie er sich aus dem ganzen Ei entwickelt haben würde. Es entsteht also aus jedem Theilstück wieder eine normale Keimblase, aus dieser eine Gastrula, und aus dieser gehen wieder die folgenden Embryonalformen hervor, die, abgesehen von ihrer geringeren Grösse, vollkommen den einzelnen Entwieklungsstadien des ganzen Eies gleichen. Auf diese Weise kann man z. B. aus einem achtgetheilten Ei anstatt einer grösseren acht kleinere Amphioxuslarven züchten. Die chemische Methode, durch welche ein gleiches Resultat er- zielt wird, besteht darin, dass man Eehinodermeneier in kalkfreies . » Ar N ” Hervewıs: Beziehungen zwischen Ei und Embryo. 649 Meerwasser während des Furchungsprocesses bringt. In Folge des Mangels an Kalk haben die bei der Theilung entstehenden Embryonal- zellen das Bestreben, sich zu einer Kugel abzurunden, sie platten sich daher nicht mehr an den Berührungsflächen ab, haften nicht mehr fest zu- sammen, ja trennen sich schliesslich vollständig. Wenn solche Zellen in normales Meerwasser zurückgebracht werden, theilen sie sich weiter, ihre Theilproduete haften aber jetzt normalerweise zusammen und liefern, wie die durch Schütteln getrennten Stücke, vollständige normale Em- bryonen, nur von einer entsprechend geringeren Grösse. Aus solehen Erfahrungen muss man nothwendigerweise den Schluss ziehen, dass in der ungetheilten Eizelle nicht besondere Bezirke ver- schiedener Anlagen für bestimmte Organe des späteren Embryo vor- handen sein können. Denn wäre dies der Fall, dann könnte ja aus einem Bruchtheil des Eies, z.B. aus einem Viertelstück, sich kein nor- maler, nur etwas kleinerer Embryo mit allen Organen entwickeln, da nach dem Prineip der organbildenden Keimbezirke ihm drei Viertel der Anlagen fehlen würden. Einen anderen Beweis habe ich im letzten Jahre auf einem anderen experimentellen Wege geführt, indem ich Froscheier auf einem zu dem Zweck besonders construirten Apparat vor der Befruchtung der Ein- wirkung der Centrifugalkraft unterwarf.' Bekanntlich besteht das Froschei aus zwei verschiedenen Hälften, einer sogenannten animalen und einer vegetativen Halbkugel. Die erstere ist schwarz pigmentirt, enthält mehr Protoplasma, und der Kern ist leichter; die letztere ist ziemlich frei von Pigment, enthält mehr Nahrungsdotter und ist in Folge dessen schwerer. Mit ihrer Gallerthülle wurden die Eier auf einem Objectträger festgeklebt und so centrifugirt, dass ihre leichtere pigmentirte Hälfte nach aussen gekehrt war. Da sich die Kugel vor der Befruchtung in der dicht anliegenden Dotterhaut und in der Gallerte nicht drehen kann, bleibt der leichtere Pol trotz Einwirkung der Centrifugalkraft nach aussen gekehrt. Im Innern werden aber, wie das weitere Ver- halten zeigt, Substanzumlagerungen hervorgerufen. Das leichtere Proto- plasma und mit ihm der Eikern wandern allmählich nach dem ein- wärts gewandten, vegetativen Pol zu, am animalen Pol aber sammeln sich die grösseren und schwereren Dotterplättchen an. In Folge dessen schlägt nach der Befruchtung das Ei eine von der Norm abweichende Entwicklung ein. Alle Verhältnisse sind jetzt gewissermaassen umgekehrt. Während normalerweise die erste Theilungsfurche am animalen Pol beginnt und ! Oscar Herrwıs, Weitere Versuche über den Einfluss der Centrifugalkraft auf die Entwicklung thierischer Eier. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 63, 1904. Sitzungsberichte 1904. 52 650 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. von hier langsam nach dem entgegengesetzten Pol durchschneidet, ist jetzt das Gegentheil der Fall; während später bei der normalen Acht- theilung vier kleine pigmentirte Zellen an den animalen Pol zu liegen kommen, werden jetzt vier kleine helle Zellen am vegetativen Pol ge- bildet. In Folge dessen setzt sich später die vegetative Eihälfte, die auch immer nach oben gekehrt bleibt, aus viel kleineren, hellen Zellen zusammen als die ursprünglich animale, an welcher sich grosse pig- mentirte Zellen finden. Ebenso entsteht jetzt die Keimblasenhöhle in der entgegengesetzten Eihälfte. Mit einem Wort, es haben in Folge der Eingriffe die beiden Eihälften ihre Rollen bei der Entwicklung um- getauscht. “Auch aus diesen Experimenten geht hervor, dass das Ei keine so starre und im Detail ausgearbeitete Organisation haben kann, wie sie das Prineip der organbildenden Keimbezirke erfordern würde. Aber auch die entgegengesetzte Prrüser’sche Auffassung von der Isotropie des Eies entspricht nicht den Verhältnissen. Es ist schon von vielen Forschern beobachtet worden, dass namentlich bei dotterreichen Eiern die ersten Furchungsebenen eine ganz bestimmte Lage zu ein- ander einnehmen und dass eine von ihnen mehr oder minder der spä- teren Medianebene des Embryos bei normaler Entwicklung in ihrer Richtung entspricht, wie besonders Roux sich nachzuweisen bemüht hat. Derartige Beziehungen von Anfangsstadien des sich entwickeln- den Eies zu späteren Stadien und zu Bauverhältnissen des Embryos hat Driescn ihre prospective Bedeutung genannt. Auch nach dieser Richtung habe ich am Froschei ein beweisendes Experiment angestellt.‘ Beim gewöhnlichen Entwicklungsverlauf theilt sich das befruchtete Ei zuerst durch eine vertieale Ebene in zwei Stücke, darauf durch eine zweite verticale Ebene, welche die erste rechtwinklig schneidet, in vier Quadranten, die dritte Theilebene wird eine horizon- tale. Wenn man viele, gleichzeitig befruchtete Eier vor sich hat, so kommt die erste verticale Theilebene in verschiedene Richtungen regel- los zu liegen. Es ist nun aber ein leichtes, durch einen einfachen Eingriff alle Eier zu zwingen, sich annähernd in derselben Richtung zu theilen. Man bringt eine Anzahl eine Stunde nach ihrer Befruch- tung auf einen Objeetträger, auf welchem sie sich der Schwere nach bald so orientiren, dass ihre leichtere pigmentirte Hälfte nach oben gerichtet ist, dann werden sie durch Auflegen einer zweiten Glasplatte nach der bekannten Platteneompressionsmethode nur ein wenig zu einer ! Oscar Herrwiıs. Über eine Methode, Froscheier am Beginn ihrer Entwick- lung im Raume so zu orientiren, dass sich die Richtung ihrer T'heilebenen und ihr Kopf- und Schwanzende bestimmen lässt. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ernsr HaAEcKEL. Jena 1904. Herrwıs: Beziehungen zwischen Ei und Embryo. 651 dicken Scheibe platt gedrückt und in einer feuchten Kammer so auf- gestellt, dass das Plattenpaar einen Winkel von 45° mit der Horizon- talen bildet. Bei dieser Zwangslage findet eine Anordnung der leich- teren und schwereren Bestandtheile des Inhaltes unter einer langsam vor sich gehenden Drehung in der Weise statt, dass die leichtere, an ihrer Oberfläche pigmentirte Substanz nach dem oberen Rande des zu einer dicken Scheibe etwas abgeplatteten Eies zu liegen kommt, dagegen die schwerere, hellgelbe Hälfte sich nach dem unteren Rande nach abwärts senkt. Dabei ordnen sich die Dotterkörnchen in drei Zonen an. Im Protoplasma unter der Pigmentrinde liegen die aller- kleinsten, in einer mittleren Zone werden sie grösser und in der Um- gebung des vegetativen Poles sind sehr grosse Plättchen angehäuft. Die Form der am animalen Pole angesammelten Substanz, in welche auch der Kern des Keimes hineinrückt, hat Born einem sogenannten Shed-Dach verglichen. Es lässt sich jetzt die Eischeibe, wenn sie in der beschriebenen Weise sich auf der Glasplatte im Raum orientirt hat, nur durch eine verticale Ebene, welche durch die Mitte des oberen pigmentirten und des unteren hellen Randes hindurchgelegt ist, in zwei vollkommen symmetrische Hälften zerlegen. Diese Symmetrieebene wird im weiteren Verlauf mit wenigen Aus- nahmen auch zur ersten Theilungsebene der auf einem Objeetträger befindlichen Eier. Der Experimentator kann also durch einen be- stimmten Eingriff die Eier im Raum gleichsinnig der Art orientiren, dass ihre Symmetrieebenen annähernd parallel zu einander liegen und ebenso die ersten Theilebenen in der gleichen Richtung gebildet werden und mit der Symmetrieebene zusammenfallen. Ich betone den Ausdruck annähernd. Denn eine absolute, vollkommene Übereinstimmung der Theilriehtungen darf man nicht erwarten. Abweichungen von wenigen Graden werden häufig beobachtet. Beim weiteren Studium der Entwicklung lässt sich in dem Auf- treten der sich entwickelnden Organe eine gewisse Beziehung zur Sym- metrieebene des Eies nicht verkennen. Namentlich gilt dies für die Lage des Urmundes. Dieser entsteht stets an der unteren Fläche als eine hufeisenförmige Rinne, deren Concavität nach dem unteren Rand der Eischeibe gerichtet ist. Eine Ebene, welche die Mitte des Urmundes unter rechtem Winkel schneidet, fällt in der Mehrzahl der Fälle mit der oben beschriebenen Symmetrieebene des Eies und in Folge dessen auch mit der ersten T'heilungsebene annähernd zusammen. Solche Wahrnehmungen hat man zu Gunsten des Prineips der organbildenden Keimbezirke zu verwerthen gesucht. Es bietet sich aber für sie eine viel einfachere Erklärung dar. Die im Vergleich zu anderen Zellen des Körpers beträchtliche Grösse des Eies beruht darauf, 59* Dr 652 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. dass in das Protoplasma Nährstoffe, sogenannte Dotterplättchen, welche während der Embryonalentwicklung nach und nach aufgebraucht wer- den, abgelagert sind. Die Ablagerung erfolgt in den meisten thierischen Eiern nicht gleichmässig; häufig bildet sich dabei, wie bei den Am- phibien, z. B. beim Frosch, eine polare Differenzirung aus, in Folge deren der Eiinhalt in eine protoplasmareichere, animale und in eine dotterreichere, vegetative Hälfte gesondert ist. Eine weitere Folge dieser Differenzirung ist die excentrische Lage des Zellenkerns, welcher stets den Ort der grössten Protoplasmaansammlung aufsucht. Die in der Form des Eies und in der Differenzirung seines In- halts gegebenen Verhältnisse üben nun, wie ich den Sachverhalt in meinem Lehrbuch kurz zusammengefasst habe, auf eine ganze Reihe von Entwicklungsprocessen, am meisten aber auf die ersten Stadien, einen sehr eingreifenden, gewissermaassen richtenden Einfluss aus. So bestimmen sie, wenn der Kern in Karyokinese tritt, die Richtung der Spindelfigur. Letztere wird bei einer kugeligen, aber bilateral- symmetrisch 'organisirten Eizelle gewöhnlich so eingestellt, dass die erste Theilebene mit der Symmetrieebene zusammenfällt. Hieraus er- klärt es sich auch, warum in unserem Experiment des comprimirten und unter einer Neigung von 45° aufgestellten Froscheies ihre ersten Theilebenen vertical und gleich gerichtet sind. Die Kernspindel muss sich in Folge der Form der protoplasmatischen Hälfte des Eies, die einem Shed-Dach verglichen wurde, horizontal und parallel zu den comprimirenden Platten einstellen. Hiermit ist natürlich auch die Richtung der ersten Theilebene bestimmt, da sie stets die Mitte der Kernspindel unter rechtem Winkel schneiden muss. Die ersten Pro- cesse der Entwicklung haben dann wieder eine prospective Bedeu- tung für die sich weiter anschliessenden. 653 Über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung beim Vesuvian. Von C. Kein. Nenn ich im Jahre 1892 (diese Sitzungsber. S. 217—265) die optischen Verhältnisse des Apophyllits studirt hatte, machte ich im Jahre 1894 (diese Sitzungsber. S. 751— 762) eine gleiche Untersuchung am Vesuvian. Als Resultat dieser Untersuchungen ergab sich, dass der Apophyllit sich in seinen optischen Erscheinungen vom positiven Leukocyklit bis zum negativen Chromocyklit ändert und durch Erwärmung dieses letztere Endglied, in der Axenbilderscheinung: schwarzes Kreuz, umgeben von Blau mit grünem Ring (a. a. 0. 1892, S. 260), bis unter das Ausgangs- und Anfangsglied, nämlich bis zu den bisweilen auch so vorkommenden Brueitringen (a. a. O. 1892, S. 245 und 263), ge- trieben wird. Nach längerem Liegenlassen an feuchter Luft (1+—2 Jahre) gehen die Erscheinungen zurück und es findet dann, offenbar durch Wasser- aufnahme, eine Wiederherstellung des ehemaligen Zustandes statt (a.a.O. 1894, S. 759). Der Vesuvian zeigt in seinen optischen Verhältnissen Bewegung zwischen weit grösseren Extremen, indem er von einem normalen optisch negativen Krystall durch das Brueitstadium, zu dem von Ala (Andreasberg beim Apophyllit) und dann zu den Chromocykliten von Fleims, Fassa und Monzoni und endlich zu dem optisch positiven Vesuvian von Wilui, der wieder normale Ringe hat, verläuft (a.a.O. 1894. Eine Übersicht über diese Verhältnisse gibt nachstehende Tabelle, in der die Wirkungen der Srere’schen Combination (a. a. O. 1392, S. 245/46) mit den Erscheinungen beim Apophyllit und beim Vesuvian verglichen sind. — Man wolle auch die unterdessen erschienene inter- essante Arbeit von C. Hrawarscn, Bestimmung der Doppelbrechung für verschiedene Farben an einigen Mineralien, Tscuermax, Min.-petr. Mitth., N.F. 1902, Bd. XXI, S. 107—155 nachsehen. 654 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. April 1904. SteEEs’sche Combination. E | Apophyllit. IV ian. Phenakitplatte mit Kalkspathkeil, der | DE a | a { | i B : = Im allgemeinen positiv. | Im allgemeinen negativ. successiv weiter eingeschoben wird. | E MN der Ri Viele Fundorte. | Srweiterung der Ringe. "Künstlieh durch E urch Er- I. | Erhaltung des Charakters der — > | Da | hitzen von 2—5 zu De erhalten. An natürlichen Krystallen | Brueitstadium. ‚ sehr selten. Künstlich | Kedabek. 2.| J.conv. L. Erster Ring innen |durch Erhitzen von 2—5 Charakter der | braunroth, aussen blaugrün. |zu erhalten. Charakter Doppelbr. = — der Doppelbr. = + Viele Fundorte. Leukoeyklitstadium. . ] 1. Eat per Tirol, Island u. s. w. Vesuv. Ur 0 Ye Pr ur‘ >E eo I} 3: ah a 5 wi Charakter der (Hrawarscı 1902) violett, aussen grün. | E Doppelbr. = + | Andreasberger- oder Ala-Ringe. Andreasberg. | Ala. 4. J.conv. L. Erster Ring innen Charakter der | Charakter der £ | blau, aussen roth. Doppelbr. = + Doppelbr. = — Chromocgklite. Änderung der Fleims, Fassa, | Doppelbr. nach der Farbe. Viele Fundorte. Monzoni. 5- | J. conv. L. Verschwommene Charakter der Charakter der | schwarze Kreuze, leuchtende Doppelbr. von + bis — Doppelbr. = von — | Farben um sie auftretend. | bis + | Verengung der Ringe. | Wilui. 6. | Normales Ansehen derselben; roth = Charakter der | innen, blau aussen. ' Doppelbr. = + | Im Anschluss an meine frühere Arbeit (a. a. OÖ. 1894) habe ich nunmehr so viel Vesuvianvorkommen, als ich bekommen konnte, im convergenten polarisirten Lichte auf Doppelbrechung und Färbung der Ringe untersucht und dabei folgendes gefunden. Es zeigten sich die Krystalle als: I. Optisch negativ und normal, d. h. hatten im Interferenz- bild beim ersten Ring Roth innen, Blau aussen, in den Vor- kommen von!': "Auerbach, "Göpfersgrün, *"Hohenfriedberg, Pfitschthal, Zillertal, Eger, Zermatt, Egg, "Ecker, Corbassera (Alathal), ' Die gegen 1394 neu untersuchten Vorkommen sind mit * bezeichnet. r y s mr Kreın: Vesuvian. 655 Valle.di Lanzo, Valle di Sturra, Vesuv, "Achmatowsk (hell- grün), "Kimito (Finnland), "Sandford, Maine. Den Brucittypus repräsentirte: "Kedabek. 3. Dem Alatypus gehörten an: Mussa-Alp (grün), "Achmatowsk (dunkelgrün). 4. Chromocyklite waren die Krystalle von Fleims, Predazzo, Monzoni, Banat, der *Kolophonit von Arendal (dunkelbraun) und ein hellgelbes Vorkommen von "Tortola (Westindien). 5. Als einziger Repräsentant des optisch positiven Vesuvians er- D scheint der Vesuvian von Wilui, der wieder normal gefärbte engere Ringe darbietet und bei dem in Folge dessen die Doppel- brechung gestiegen ist. In meiner früheren Arbeit (diese Sitzungsber. 1894, S. 759) theilte ich mit, dass es mir nicht gelungen war, die Vesuviane mit abnormer Farbenfolge in solche mit normaler, ähnlich wie beim Apophyllit, über- zuführen. Nunmehr habe ich typische Beispiele aller Vorkommen in Platten senkrecht zur Hauptaxe in einem Leczere -Forqussnon schen Schmelz- ofen nach einander F— + Stunde lang heftig geglüht und konnte so es erreichen, dass: ı. der Vesuvian (Brucittypus) von Kedabek, die Vesuviane (Alatypus) von der Mussa-Alp (Alathal) und Achmatowsk, D 3. die Vesuviane (Chromoeyklite) von Fleims, Predazzo, Monzoni Banat, Kolophonit Arendal, Tortola (Westindien) in den gewöhnlichen normalen Typus mit negativer Doppel- breehung für alle Farben und der Färbung Roth innen, Blau aussen im ersten Ring des Axenbildes übergingen. Das Vorkommen von Wilui widerstand bis jetzt den Bemühungen, trotzdem das Präparat bis zum oberflächlichen Schmelzen erhitzt worden war. Zur Untersuchung wurden die geschmolzenen Partien wegge- schliffen. Abgesehen hiervon tritt durch die Untersuchungen, wie sie oben- stehend mitgetheilt sind, die interessante Thatsache zu Tage, dass das Bedingende für die abnormen Ringerscheinungen beim Apophyllit und Vesuvian wohl aus ein und derselben Ursache herzuleiten sein möge. Beim Apophyllit sind es die flüchtigen Bestandtheile: Fluor und vornehmlich Wasser, die beim Erhitzen entweichen und dadurch die Änderungen bewirken; diess beweisen die Untersuchungen von HerschH, von mir und von Anpers Hennıe (Geol. Fören Förhandlinges Nr. 194, B. 21, 1899, p. 391— 415). Sollte diess beim Vesuvian nicht auch der Fall sein? 656 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. Diess tritt zunächst in der Litteratur nicht zu Tage und es werden dort anderen Verhältnissen, z. B. dem Eisengehalt bez. dem Verhält- niss von Fe’O?: FeO, aber auch dem Borgehalt grössere Einflüsse zu- geschrieben. In Bezug auf letzteren ist namentlich Mars Weurr (Studien über Vesuvian, Zeitschr. f. Kryst. 1895, Bd. XXV, S. 1— 37) heranzuziehen. Derselbe schildert zwar die Verhältnisse des Chromoeyklits von Cziklowa S. 26 richtig, schreibt aber S. 37: »alle bis jetzt erkannten borfreien Vesuviane sind dagegen optisch negativ«. Diess möchte nicht ganz aufrecht zu erhalten sein, da es nach Jannascn und WEINGARTEN' borfreie Vesuviane gibt, die nach ihren Fundpunkten: Canzoecoli und Cziklowa, Chromocyklite sind und wohl immer neben ihrer negativen Doppelbrechung für gewisse Farben, einen positiven Charakter derselben für andere Farben zeigen. Von dem in einzelnen Fällen nachgewiesenen, nur geringen (0.10 Procent) Borgelalt kann es sicherlich allein nicht abhängen, wie sich die optischen Ver- hältnisse nach Farben und Ringen gestalten, ebensowenig vom Über- gang von FeO in Fe?O?. Der Vergleich mit dem Apophyllit vielmehr und der ähnliche optische Bau beider Mineralien lassen die Ursachen der optisch ab- normen Verhältnisse in etwas Anderem suchen. Hierzu ist es nöthig, einen Blick auf die chemische Constitution zu werfen, zumal schon die älteren Zusammenstellungen von C. Ramners- BERG (Zeitschr. d. deutsch. geologischen Gesellschaft 1886, Bd. 38, S. 508) Beziehungen wahrscheinlich machten, worauf ich (1894, a. a. 0. S. 761 Fussnote) gebührend hinwies. Dieser Blick wird nieht nur durch die unvollkommenen älteren Ana- lysen, sondern auch durch die besseren neuen, denen leider die optische Untersuchung des Materials fehlt, sehr erschwert, und ich möchte das ganz unterschreiben, was Hrawarsen a.a. 0. 1902, S. 140—145 über diese Dinge sagt. Um indessen aus dem vorhandenen Analysenmaterial doch einigen Nutzen ziehen zu können, habe ich den Assistenten am Mineralogischen Institut, Herrn Dr. von Worrr, gebeten, eine Zusammenstellung der Vesuviananalysen, so viel als man deren habhaft werden konnte, zu machen. Es kommen 25 Analysen von normalen negativen Vorkommen, ı5 vom Alatypus, 12 von Chromoeykliten, 10 von normalen positiven und 21 von Vorkommen zusammen, bei denen die optische Charakteristik fehlt, im ganzen 83 Analysen. ! Uber die chemische Zusammensetzung und Konstitution des Vesuvians. Zeitschr. 3 . er : ANSE, f. anorg. Chemie 1895. VIII, S. 358. Kreım: Vesuvian. 657 Aus allen Analysen des Vesuvians (mit Ausnahme des von Wilui) kann man ein Mittel ziehen mit: 1. CaO, ziemlich constant 35.50 Procent DIES) Pre N a. 2775 » 32 31:0 und’Ee”0:. 20.— » 28 >MEOMEO). 1: na 3. Be Nlkallentee.se. 0. 1.— » 6. Wasser und Fluor... 2.75 » 100.— Procent Berücksichtigt man den Bestand an flüchtigen Bestandtheilen. so kommen: 1. Auf die normalen und negativen Vesuviane ungefähr 2.6 Pro- cent Wasser und Fluor. 2. Auf die Vesuviane vom Alatypus 2.75— 2.80 Procent Wasser und Fluor. 3. Auf die Chromoeyklite im allgemeinen weniger an Wasser und Fluor als Nr. 2; selten dagegen 2.93 Procent Wasser und Fluor. 4. Auf den Vesuvian von Wilui nur dann über 3 Procent an flüch- tigen Bestandtheilen, wenn man, wie Hr. von Wourr bemerkte, Wasser, Fluor und Borsäure addirt. Die Reihe scheint also auf den ersten Anblick durchaus nicht von dem Anfangsglied zu den complieirten so voranzuschreiten, wie es naclı den optischen Eigenschaften anzunehmen wäre. Diess tritt erst bei einer gewissen Deutung und den obigen An- nahmen ein. Es ist aber zum Verständniss derselben zu bemerken, dass im Gegensatz zum Apophyllit, bei welchem die Chromoeyklite sehr ein- heitlich und gleichmässig den Schliff beherrschend gebildet sind, beim Vesuvian die chromoeyklitischen Partien niemals gleichmässig den gan- zen Schliff erfüllen, vielmehr nur in einzelnen Partien desselben neben trüben Partien vorkommen. Sie werden in Folge dessen, da die Reihe vom normalen Mineral über den Alatypus an Wasser und Fluor zu- nimmt, die Gesammtprocente, die sie erhöhen müssten, aus obigen Gründen geringerer Verbreitung eventuell nicht erhöhen. Dass diess Verhältniss des gelegentlich nur localen Auftretens chromoeyklitischer Substanz wirklich vorhanden ist, bestätigte früher und jetzt die Unter- suchung (vergl. a.a. 0. 1894 8.759). Aus der Betrachtung der einzelnen Vorkommen des Apophyllits und Vesuvians zeigt sich weiter, dass ein und derselbe Fundort Ver- schiedenes bei sonst gleichem Ansehen liefert. Wie schon a.a. O0. 1892, S. 252 ausgeführt, sind die Vorkommen von Utö, Bergenhill, Quana juato, Poonah u.s.w. beim Apophyllit, 658 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. ohne dass ein äusserer Unterschied zu erkennen wäre, theils Leuko- eyklit, theils Chromoeyklit; beim Vesuvian haben wir den Vesuvian vom Vesuv in normaler Anlage und in leukoeyklitischer, den Vesuvian von Achmatowsk im normalen Typus und in dem von Ala. Alles diess deutet darauf hin, dass austreibbare und wohl auch wieder aufnehmbare Substanzen es sind, deren Vorhandensein die optisch abnormen Erscheinungen in den Ringen bedingen. Sie bewirken als OH’ = OH-+-H und die eventuelle Ersetzung durch FI+Fl die Änderungen in den Ringen des Apophyllits und Vesuvians ohne weiteres und ohne (oder eventuell nur geringe) Anwesenheit von Bor. Tritt diess hinzu, so ändert sich, und zwar nicht im Apo- phyllit, der Bor nicht enthält, wohl aber im Vesuvian, der Cha- rakter der schon vorher durch andere Momente positiv gewordenen Doppelbrechung nochmals so, dass diese energischer wird und in den Farben der Ringe normale (erster Ring innen roth, aussen blau) Er- scheinungen unter Beibehaltung des positiven Charakters der Doppel- brechung auftreten. Festzuhalten ist aber immer, dass die Erscheinungen vom normalen Zustand bis zu dem Chromocyklitbild: Schwarzes Kreuz, von Blau mit grünem Ring umgeben und einheitli- cher Doppelbrechung (— beim Apophyllit, + beim Vesuvian) ohne Borgehalt des jeweiligen Minerals zu Stande kommen und durch Erhitzung auf die unteren Stufen des betreffenden Minerals zurückgeführt werden können. Mit dem Eintreten des Bors im Vesuvian nimmt der vorher schon zum Theil vorhandene positive Charakter dieses Minerals an Intensität zu. Welche Rolle aber dann das Bor in der Constitution spielt, ist nicht bekannt. Nach der alten Auffassung geht es mit Al’O? zusammen und vertritt dasselbe. Hier scheint es sich den flüchtigen Bestand- theilen H’O und Fl zuzugesellen, aber doch sich nicht ganz so zu ver- halten wie diese, und eine etwas andere Rolle zu spielen. 659 Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXVI Die Mineralkombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83°. Von J. H. van’r Horr und W. MEYERHOFFER. Neastdem die Salzmineralien (soweit dieselben aus den Chloriden und Sulfaten von Natrium, Kalium und Magnesium bestehen), um die es sich bei den extremen Temperaturen von 25° und 83° handelt, er- mittelt sind und auch die Temperaturen, bei denen dieselben neu auf- treten oder verschwinden, verbleibt als letzte Aufgabe die Feststellung der Temperaturen, welche die Mineralkombinationen (Paragenesen) be- grenzen. Daraus geht dann von selbst hervor, welche Kombinationen bei isothermer Einengung, falls die Zeit zur Einstellung der Gleich- gewichtslage vorhanden ist, ausgeschlossen sind. Da die Untersuchung ermitteln soll, wie die paragenetische Tafel für 25°' sich allmählich in diejenige für 83°” verwandelt, sind die so- genannten Umwandlungstemperaturen zu bestimmen, bei denen neue Paragenesen auftreten und alte verschwinden; im Sinne der Phasenregel sind das die Temperaturen, bei denen in den konstanten Lösungen ein neuer Bodenkörper hinzutritt. Was die Bestimmungsmethode betrifft, so bieten sämtliche Tem- peraturen, um die es sich handelt, als Umwandlungstemperaturen, bei denen sich eine Wasserabspaltung vollzieht, die bekannten Merk- male und können mit den üblichen Methoden bestimmt werden. Fast durchweg hat sich dabei das BREMER-Froweissche Differentialtensimeter als überlegen gezeigt. Bei den betreffenden Temperaturen werden näm- lich mehrere Tensionen einander gleich, einerseits die Kristallwasser- tension der Bodenkörper, anderseits die Tension einiger konstanter Diese Sitzungsberichte 1902, 1107. ® Ebendaselbst 1904, 519. 660 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. April 1904. Lösungen. Je nach dem Fall lassen sich also die Vergleichsobjekte, zur Beschleunigung der Einstellung, geeignet wählen. Dazu ist bei (len etwas höheren Temperaturen, um die es sich handelt, die Tension und damit die Tensionsdifferenz im allgemeinen größer und so die jestimmung leichter. Eine wesentliche Verbesserung in der Hand- habung der Tensimeter wurde dann noch dadurch erzielt, daß die gesättigte Lösung nicht durch Anfeuchten der Salzmischung dargestellt wurde, sondern durch‘ Einbringen einiger Tropfen derselben in die Tensimeterkugel und Übersehütteln der Salzmischung. Die Evakuierung wurde hierdurch erleichtert, wohl weil der Wasserdampf die Luft aus der Salzmischung fortspült. Nur vereinzelt kam neben dem 'Tensimeter das Dilatometer in Anwendung; dasselbe arbeitet im allgemeinen lang- samer und zeigt, bei den ziemlich komplizierten Verhältnissen, meistens andere Umwandlungen neben der gesuchten an. Schließlich wurde die Aufgabe dadurch sehr vereinfacht, daß schon mehrere Beobach- tungen vorlagen, während einige Temperaturen sich mit genügender Genauigkeit abschätzen ließen, da so wie so auf halbe Celsiusgrade ab- gerundet ist. Der Einblick in die gefundenen Verhältnisse wird erleichtert durch eine ungezwungene Gruppierung der Erscheinungen: von 25° an ver- einfacht sich nämlich das Bild anfangs (bis 37°) durch sukzessives Fortfallen von drei Verbindungen, Schönit, Magnesiumsulfathepta- und -hexahydrat; dann, in einer zweiten Periode (37°—-55°) treten drei Körper neu hinzu, Langbeinit, Loeweit und Vanthoffit; in der dritten Periode schließlich (55°—83°) verschwindet wieder eine Gruppe von drei, Astrakanit, Leonit und Kainit. I. Erste Periode (25° bis 37°). Fortfallen von Schönit, Reichardtit und Hexahydrat. A. Fortfallen von Schönit. Der Schönit, welcher sich beim Erhitzen unter Wasserabspaltung in Leonit verwandelt: (SO,),MgK,.6H,O = (SO,),MgK,.4H,0+2H,0, kommt in dieser Weise bei 26° ganz zum Verschwinden', bei Anwesen- heit von Chlornatrium, Astrakanit und Glaserit. Zwischen dieser Tem- peratur und 25° liegt dann noch diejenige, bei der «ie Paragenese des Schönits mit Chlorkalium aufhört, welche Temperatur also als unweit ' Diese Sitzungsberichte 1903, 681. van’ Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXVI. 661 25°5 zu betrachten ist. Folgende Schemata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck !': 25°%5 26° Mg0l, Kies, Oarn, Carn. Mg. 6 IM Me. 6 I RER ner Me. — Mg. Leon. N Leon. er Astr. Sch. Astr. |[Sn. OK Astr. ‘Then. Glas. Then. Glas. Then. B. Fortfallen von Reichardtit M&SO,.7H,O. Das Magnesium- sulfatheptahydrat verwandelt sieh in Hexahydrat unter Wasserabspal- tung und kommt in dieser Weise bei 31° ganz zum Verschwinden‘, bei Anwesenheit von Chlornatrium und Astrakanit. Zwischenliegende Temperaturen werden bedingt dureh das Aufhören der Paragenese mit Kainit bei 27°° und mit Leonit. Die letztere Temperatur, welche, nach dem Sättigungsdiagramm', die erstere nur um ein ganz geringes übersteigen kann, ist deshalb als 27°5 angenommen. Folgende Sche- mata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck: Filz Ne i Oarn. Kain, Leon, Leon. Mg. C. Fortfallen vonMagnesiumsulfathexahydrat MgSO,.6H,O. Das Hexahydrat verwandelt sich unter Wasserabspaltung in Kieserit (MgSO,.H,O) und kommt in dieser Weise bei 35°5 ganz zum Ver- schwinden’, bei Anwesenheit von Chlornatrium und Astrakanit. Zwischen- Glas. Then. Glas. ! Die Stellen, an denen in diesen Diagrammen Körper verschwinden oder neu- auftreten, sind mit © bezeichnet. 2 Diese Sitzungsberichte 1903, 680. ® Diese Sitzungsberichte 1902, 281. Daß bei dieser Temperatur Schönit sieh bereits in Leonit verwandelt, und diese Verwandlung im betreffenden Versuch vielleicht ausgeblieben ist, kann die gefundene Temperatur nur unwesentlich geändert haben. * Diese Sitzungsberichte 1903, 370. % Ebendaselbst 1903, 680. Then. 662 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. liegende Temperaturen werden bedingt durch das bzw. Aufhören der Paragenese mit Kainit und Leonit. Da dieser Vorgang der obigen Verwandlung des Heptahydrats vollkommen entspricht, ist für die drei Stadien in beiden Fällen dieselbe Temperaturdifferenz angenommen. Sie beträgt beim gänzlichen Fortfallen 4°5, und so sind die hier in o- Frage kommenden Temperaturen 31°5 und 32°. Folgende Schemata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck: 3195 35°5 MeCl, MgQl, Carnall. Carnall. Ries. Kain. me Kain. Leon. CR Glas. HI. Zweite Periode (37° bis 55°). Auftreten von Langbeinit, Loeweit und Vanthoffit. A. Auftreten von Langbeinit. Der Langbeinit bildet sich aus Leonit und Kieserit unter Wasserabspaltung: (SO,),MgK,. 4H,0 + MgSO,. H,O = (SO,),Mg,K,+ 5H,O bei 37° und Anwesenheit von Chlornatrium und Kainit." Schon bei einer Temperatur, die nach der Überlegung auf S. 661 nur wenig höher liegt, tritt die Paragenese mit Astrakanit ein, für welche dement- sprechend 37°5 angenommen ist. Folgende Schemata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck: 31 Mgt(l, Carnall. Rain. CR Then, ! Diese Sitzungsberichte 1902, 280. Das bei dem betreffenden Versuch Hexa- hydrat statt Kieserit genommen ist, kann die beobachtete Temperatur nicht wesentlich geändert haben. van'r Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXVI. 663 B. Auftreten von Loeweit. Der Loeweit bildet sich aus Astra- kanit unter Wasserabspaltung von Wasser: 2(SO,),MgNa,.4H,0 = (SO,), Mg.Na,. 5H,0 + 31,0 bei 43° und Anwesenheit von Ohlornatrium, Kieserit und Langbeinit.' Dem Diagramm ist nunmehr folgende Form gegeben: Carnall. Leon. (las. Then. 0. Auftreten von Vanthoffit. Der Vanthoffit bildet sich aus Natriumsulfat und Astrakanit unter Wasserabspaltung: Na,SO, + (SO,),MgNa,. 4H,0 = (SO,),MgNa;+ 4H,0 bei 46° und Anwesenheit von Chlornatrium und Glaserit.” Die Para- genese kommt dann in folgender Weise zum Ausdruck: 46° Carnall. D. Weiterentwickelung der neugebildeten Mineralien. Das Neuauftreten der oben erwähnten Mineralien hat, durch die Ent- wickelung derer Gebiete, einige Änderungen der Paragenese zur Folge. Zunächst dehnt sich das Gebiet des Loeweits aus: 1. Bei 47° kommen Loeweit und Leonit zusammen oder, was auf dasselbe hinauskommt, verwandelt sich Astrakanit in Loeweit bei An- ! Diese Sitzungsberichte 1902, 374- Daß im betreffenden Versuch Hexahydrat und Leonit genommen wurden, kann die gefundene Temperatur nieht merklich ge- ändert haben. ?2 Ebendaselbst 1903, 502. Ci 664 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. wesenheit von Chlornatrium, Langbeinit und Leonit, wie ein Tensi- meterversuch zeigte, bei dem die Kristallwassertension der Astrakanit- Loeweitmischung die Tension der an Astrakanit, Chlornatrium, Leonit und Langbeinit gesättigten Lösung bei 47° überstieg. 2. Zweitens hat sich bei 48°5 das Gebiet des Vanthoffits derart ausgedehnt, daß Astrakanit von Natriumsulfat getrennt wird, mit an- deren Worten Astrakanit und Thenardit bilden Vanthoffit, bei Anwesen- heit von Chlornatrium.' 3. Dann, bei 49°, hat sich das Gebiet des Loeweits so weit ent- wickelt, daß die Paragenese von Astrakanit und Kieserit zum Ver- schwinden kommt, mit anderen Worten Astrakanit bildet Loeweit bei Anwesenheit von Chlornatrium und Kieserit, wie ein Tensimeterver- such zeigte, bei dem obige Kristallwassertension die Tension der an Astrakanit, Chlornatrium und Kieserit gesättigten Lösung bei 49° über- stieg. 4. Bei 55° schließlich hat sich das Gebiet von Langbeinit bis zum Chlorkalium ausgedehnt und trennt Kainit von Leonit, mit anderen Worten Leonit bildet bei dieser Temperatur mit Kainit Langbeinit und Chlorkalium (bei Anwesenheit von Chlornatrium) nach folgender Glei- chung: (SO), MgK,. 4H,0+SO,Mg.KCl.3H,0 = (SO,), Mg,K,+KC1-+ 7H,0. Diese eigentümliche Reaktion zeigte wiederum das Tensimeter an, in dem die Maximaltension «der Mischung von Leonit, Kainit, Langbeinit und Chlorkalium bei 55° die Tension der an Chlornatrium, Chlor- kalium, Leonit und Kainit gesättigte Lösung überstieg. Folgende Schemata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck: 47° 48°5 Carnall. Carnall. ! Diese Sitzungsberichte 1903, 665 MstÜl, Carnall. Kies. Kain. Lb. Loew. BE: i Astr. —— CR Vnth. Glas. Then. II. Dritte Periode (55° bis 83°). Fortfallen von Astrakanit, Leonit und Kainit. A. Fortfallen von Astrakanit. wie erwähnt, unter Wasserabspaltung in Loeweit verwandelt, kommt Der Astrakanit, welcher sich, in dieser Weise bei 60° ganz zum Verschwinden bei Anwesenheit von Chlornatrium und Vanthoffit.' Bei 56°5 hört die Paragenese mit Leonit auf”; bei 59°5 diejenige mit Glaserit, ınit anderen Worten Astrakanit bildet bei dieser Temperatur Loeweit bei Anwesenheit von Glaserit, Chlornatrium und Vanthoffit, wie ein Tensimeterversuch zeigte, in dem die Tension der Mischung von Astrakanit und Loeweit diejenige der gesättigten Lösung von Astrakanit, Vantlıoffit, Glaserit und Chlor- natrium bei 59°5 zu übersteigen anfing. diese Verhältnisse zum Ausdruck: Folgende Schemata bringen 56°5 59%5 60° MsCl, Mg(l, Carnall. Carnall. Carnall. : = Kies. = Kain. Kain. Kain. B. Fortfallen von Leonit. Loew. Leon. Glas. Loew. Then. BB Vnth. CIR Der Leonit, welcher bei Erhitzen und Anwesenheit von Chlornatrium unter Wasserabspaltung in Lang- beinit und ein natriumhaltiges Kaliumsulfat (Glaserit) zerfällt: 2(SO,).MgK,.4H,0 = (SO,),Mg.K, + SO,K, + SH,O ! Diese Sitzungsberichte 1903. 503. Auf Grund der dort erwähnten Dilatometer- versuche ist 60° statt der früher angegebenen 59° genommen. 2 Sitzungsberichte 1904. ® Ebendaselbst 1903, 682. 666 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. April 1904. kommt in dieser Weise bei 61°5 ganz zum Verschwinden bei gleich- zeitiger Anwesenheit von Loeweit', nachdem bei 60°5 die Paragenese mit Kaliumehlorid aufgehört hat, wie ein Tensimeterversuch auswies, bei dem die Maximaltension der Mischung von Leonit. Langbeinit, Glaserit und Chlornatrium bei 60°5 diejenige der an Chlornatrium, Chlorkalium, Glaserit und Langbeinit gesättigten Lösung zu übersteigen anfing. Folgende Schemata bringen diese Verhältnisse zum Ausdruck: 60°5 61°5 MgCl, Carnall. Carnall. Loew. C. Fortfallen von Kainit. Der Kainit, welcher beim Fr- hitzen unter Wasserabspaltung in Chlorkalium und Kieserit zerfällt: SO,Mg.KCl. 3H,0 = KC1+S0,Mg.H,O+ 2H,O kommt in dieser Weise bei 83° ganz zum Verschwinden” bei Anwesen- heit von Chlornatrium und Langbeinit, nachdem bei 72° die Paragenese mit Carnallit aufgehört hat.” Folgende Schemata bringen diese Ver- hältnisse zum Ausdruck: 72° MgCl, Kieserit Then. Then. ! Diese Sitzungsberichte 1903, 681. 2 Dilatometrische Bestimmung. MEYERHOFFER, Zeitschr. für anorganische Chemie 1903, 163. ® Diese Sitzungsberichte 1902, 1108. van'ır Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXV]. 667 IV. Zusammenfassung und Anwendung der Resultate. Während im vorhergehenden die Umwandlungen nach der Tem- peratur angeordnet waren, bei der dieselben stattfinden, damit die allmähliche Änderung der Paragenese zum Ausdruck kommt, seien jetzt die erwähnten 23 Umwandlungen ihrer chemischen Natur nach betrachtet. Dieselben kommen im Grunde auf 9 Vorgänge hinaus, die zu 23 werden durch Änderung der Körper, in deren Anwesenheit sie sich abspielen. Diese 9 Vorgänge lassen sich dann wiederum in 3 Gruppen einteilen, je nachdem es sich um einfache Wasserabspaltung, Doppelsalzbildung oder einen noch komplizierteren Vorgang handelt: I. Einfache Wasserabspaltung (bei Anwesenheit von Chlornatrium). A. Umwandlung von Schönit in Leonit. 1. Bei Anwesenheit von Glaserit und Chlorkalium (25°5). 2. Bei Anwesenheit von Glaserit und Astrakanit (26°). B. Umwandlung von Reichardtit in Hexahydrat. 1. Bei Anwesenheit von Leonit und Kainit (27°). 2. Bei Anwesenheit von Leonit und Astrakanit (27°5). 3. Bei Anwesenheit von Astrakanit (31°). GC. Umwandlung von Hexahydrat in Kieserit. 1. Bei Anwesenheit von Leonit und Kainit (31°5). 2. Bei Anwesenheit von Leonit und Astrakanit (32°). 3. Bei Anwesenheit von Astrakanit (3595). D. Umwandlung von Astrakanit in Loeweit. 1. Bei Anwesenheit von Langbeinit und Kieserit (43°). 2. Bei Anwesenheit von Langbeinit und Leonit (47°). Bei Anwesenheit von Kieserit (49°). Bei Anwesenheit von Glaserit und Leonit (56°5). Bei Anwesenheit von Glaserit und Vanthoffit (5995). Bei Anwesenheit von Vanthoffit (60°). [o ud 58) I. Doppelsalzbildung (bei Anwesenheit von Chlornatrium). A. Umwandlung von Leonit und Kieserit in Langbeinit. I. Bei Anwesenheit von Kainit (37°). 2. Bei Anwesenheit von Astrakanit (37°5). B. Umwandlung von Astrakanit und Thenardit in Vanthoffit. 1. Bei Anwesenheit von Glaserit (46°). 2. Ohne weiteres (48°5). 53* 668 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. April 1904. ©. Umwandlung von Leonit in Glaserit und Langbeinit. ı. Bei Anwesenheit von Chlorkalium (6095). 2. Bei Anwesenheit von Loeweit (61°5). D. Umwandlung von Kainit in Kieserit und Chlorkalium. 1. Bei Anwesenheit von Carnallit (72°). 2. Bei Anwesenheit von Langbeinit (83°). II. Umwandlung von Leonit und Kainit in Langbeinit und Chlorkalium bei Anwesenheit von Chlornatrium (55°). Diese Reaktion gehört zu den verhältnismäßig seltenen Typen, zu denen auch die doppelte Zersetzung zählt, weil sie sich zwischen vier Bodenkörpern abspielt, welche nur bei der Umwandlungstem- peratur nebeneinander vorhanden sein können (in Berührung mit der gesättigten Lösung). Diese Zusammenstellung zeigt gleichzeitig, welche Mischungen bei der tensimetrischen Bestimmung zu nehmen sind: einerseits die trockne Mischung der Körper, zwischen denen die Umwandlung sich abspielt, andererseits das bei niederer Temperatur stabile System und die hinzugehörigen Bodenkörper, angefeuchtet mit deren gesättigter Lö- sung. Allgemeiner kann als Lösung eine solche genommen werden, die gesättigt ist an sämtlichen Körpern, die bei der Umwandlungstemperatur nebeneinander sein können, bis auf einen, denn alle diese Lösungen werden bei der Umwandlungstemperatur gleich. Auch durch Ver- gleichung der Tension dieser Lösungen unter sich läßt sich also die Umwandlungstemperatur ermitteln, nur daß dann die Differenzen in der Nähe der Umwandlungstemperatur kleiner sind. Zur etwaigen Anwendung können die erhaltenen Resultate in einer anderen Weise angeordnet werden, indem angegeben wird, durch welche Temperaturen die möglichen Paragenesen begrenzt sind. Die folgende Tabelle enthält eine solche Zusammenstellung, in der Weise vereinfacht, daß die ausgeschlossenen Kombinationen zum Teil fort- gelassen, zum Teil durch Minuszeichen angegeben sind. Mit Plus- zeichen sind dann diejenigen Kombinationen versehen, welche von unterhalb 25° bis oberhalb 83° möglich sind. Das Chlormagnesium, dessen Paragenese mit Kieserit und Carnallit unverändert bleibt, ist nicht aufgenommen, und die Temperatur ist auf ganze Grade nach oben abgerundet. van'r Horr: Oceanische Salzablagerungen. XXXVI. 669 |Langl. Vanth.) Mg. 6 | Carn. | Leon. | Glas. | CIK | Kain. | Kies. | Astr. | | | | Then. | ob. 46 | u _ + _ | —_ | —_ | bis 49 | Then. Mg. 7 — | — [biszr) — |bisas| — | — |bis27| — |biszı| Mer Schön. 4 | ne — .'pis26:|bis'26|bisa6| — — |bis 26| Schön. Eoew. |0ob.43 | ob.60 | — — [47—62| ob. 57 We — ,0b.43 |43—60| Loew. Astr. _ |38—47|46—60 28—36 bis 57 |bis 66 °— — 32—49| Astr. | Kies. job.37| — |bis36| + [32-38 — |ob.72|bis 83 | Kies. | | Kain. 3783| — |bis 32 |bis 72 | bis 55 — ‚bis 83 | Kain. | CIK EN + |bis6r| + | CIK | Glas. ob.61 06.46 | — — 126—62| Glas. Leon. |37—62| — 127—32) — |Leon. | | Langb.| Vanth., Mg. 6 | Carn. | | | Die Anwendung der etwa 40 Temperaturanweisungen, welche diese Tabelle enthält, sei auf ein paar Fälle beschränkt. In erster Linie bietet die vor kurzem von Kusıerscnky gefundene Mineralkombination ein besonderes Interesse. Dieselbe enthält (neben Chlornatrium) Loeweit, ein neues Doppelsulfat (SO,), Na,Mg und Glase- rit." Darin ist eine mehrfache Temperaturandeutung enthalten: einer- seits weist das Auftreten von Loeweit, nach der obigen Tabelle, auf Temperaturen oberhalb 43° hin; anderseits weist dasjenige des neuen Doppelsulfats hin auf Temperaturen oberhalb 46°; dann aber macht die Paragenese von Loeweit und Glaserit schon eine oberhalb 57° ge- legene Temperatur wahrscheinlich, während die Kombination des neuen Doppelsulfats mit Loeweit "Temperaturen von 60° und höher wahr- scheinlich macht. Die von Kusıerscuky gefundene Kombination ist zuerst in dem Diagramm für 59°5 enthalten; die hohe Temperatur erklärt wohl deren Seltenheit, geht jedoch nicht über die von Karr- scınsky direkt beobachtete hinaus.” In zweiter Linie hat die paragenetische Tabelle noch zu einer kleinen, mit Hrn. Drxısox ausgeführten Untersuchung veranlaßt. In einer Sammlung Staßfurter Mineralien fand sich nämlich eine Stufe vor, angeblich eine Kombination von Astrakanit, Kainit und Chlor- natrium, welche die obige Tabelle ausschließt. Nun liegen aber im Diagramm für 25° Astrakanit und Kainit einander so nahe (W bis V), daß ein kleiner Bestimmungsfehler die Abwesenheit der Paragenese veranlaßt haben kann.” Wiederholung der Bestimmung würde die Entscheidung kaum bringen, und so ist ein anderer Weg verfolgt, der unzweideutig zum Ziele führte. Treffen nämlich Astrakanit und Kainit bei 25° entgegen der Angabe des Diagramms zusammen, so 1 2 Diese Sitzungsberichte 1902, 404. Sitzungsberichte der Ung. Akademie der Wissenschaften, 21. Okt. 1gor. ® Diese Sitzungsberichte 1903, 370. 670 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. schließen sich bei dieser Temperatur Reichardtit und Leonit aus, und dann muß folgende Reaktion stattfinden können: >MeSO,.7H,0 + MgK,(SO,).4H,0+ 2NaCl — SH,O+MgNa,(SO,),4H,0+ 2MgS0,.KCl.3H,0. Mit der Lösung, welche halbwegs zwischen V und W liegt, sind deshalb einerseits Mischungen von dem einen, anderseits von dem anderen System in Mengeverhältnissen zusammengebracht, welche der Zusammensetzung der Lösung Rechnung tragen. Dabei zeigte sich unzweideutig die Kombination Magnesiumsulfat-Leonit als die stabile: sie blieb bei 25° ungeändert:;: die andere dagegen verwandelte sich allmählich, wie die Abhärtung, die Kontraktion im Dilatometer und die mikroskopische Verfolgung eines Rührversuchs zeigte. Ist hiermit die Paragenese von Astrakanit und Kainit bei 25° ausgeschlossen, so hat schon ein früherer Versuch! gezeigt, daß bei ansteigender Tempe- 'atur die beiden (V und W) noch weiter auseinandergehen und dann noch von 37° an durch Langbeinit getrennt werden. Unterhalb 25° ist aber das Eintreten der Paragenese ebenfalls ausgeschlossen, da dann eine Verwandlung im Sinne der obigen Gleichung unter Wasser- abspaltung stattfinden müßte, während bekanntlich derartige Verwand- lungen immer unter Wasseraufnahme erfolgen, falls sie durch Abküh- lung veranlaßt werden. Bei näherer Untersuchung stellte sich dann auch heraus, daß die betreffende Mineralstufe nicht der angeblichen Kombination von Astrakanit und Kainit entsprach, und, nach Privat- mitteilung des Hrn. Precnt, scheint dieselbe auch nicht aufzutreten. ! Diese Sitzungsberichte 1902. 281. er} nn | — Über den Bau des Geruchsorgans der ('yc/o- stomala. Von Prof. Dr. E. BALLowırz in Greifswald. (Vorgelegt von Hrn. WaLpever.) Ik Jahre 1900 begann ich damit, Untersuchungen über den feinern Bau des Geruchsorgans der Wirbelthiere anzustellen. Durch eine von der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin mir bewilligte Subvention von 800 Mark wurde es mir ermöglicht, besonders während eines Aufenthaltes am Mittelmeer, ein grösseres Material für diese Unter- suchungen zu sammeln. Im Folgenden gebe ich zunächst einen kurzen Bericht über die Resultate, welche ich am Geruchsorgan der Rundmäuler (Cyelostomata) erhielt. Weitere Berichte werden folgen. Berücksichtigt wurde Petromyzon fluviatilis. Die frisch gefangenen Fische erhielt ich während eines Aufenthaltes in Carlshagen auf der Insel Usedom im August und September 1901. Während dieser Monate streichen die Neunaugen an der Küste Pommerns und der vorgelagerten Inseln entlang, bevor sie in die Flüsse im October aufsteigen, und fressen mit Vorliebe die Häringe aus den Häringsnetzen aus. Um sie zu erbeuten, muss bei der Aufnahme der Häringsnetze vorsichtig ver- fahren werden, da die Neunaugen sich von den Häringen, an welchen sie sich festgesogen haben und welche sie bis auf die Wirbelsäule an- fressen, leicht ablösen und ins Wasser zurückfallen. Dieses aus der Ostsee stammende Material wurde durch zahlreiche Exemplare ergänzt, welche ich mir während der Monate October bis December aus der Oder lebend kommen liess. Das unpaare Geruchsorgan von Petromyzon besteht aus drei Abschnitten, dem Zuleitungsrohr, dem Riechsacke und dem Nasen- gaumengang. Das Zuleitungsrohr ist ein kurzes, fast senkrecht zur Kopfober- | fläche gestelltes, leicht gebogenes Rohr, welches sich in der Median- linie an der Oberfläche des Kopfes in einer kreisrunden, von einem 672 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. niedrigen Hautsaum umstellten Öffnung öffnet. Bei seiner etwas er- weiterten Einmündung in die Riechhöhle erhebt sich von seinen unteren und den seitlichen Wänden eine halbmondförmige Falte. Das an Nerven reiche Epithel, welches sich schon in der Nähe der äusseren Öffnung verdünnt, besteht im Gange aus geschichteten, mehr abgeplatteten, an der freien Oberfläche mit Cuticularsaum versehenen Zellen, welche denen der äusseren Epidermis ähnlich sind; nur hören die eigenthüm- lichen kolbenartigen und granulirten Zellen der Epidermis schon in der Nähe der äusseren Öffnung des Zuleitungsrohres auf, worauf schon LANGERHANsS hingewiesen hat. Die Höhle des von einer Knorpelkapsel umgebenen Riechsackes bildet einen in dorsoventraler Richtung etwas abgeplatteten, quer-ovalen Hohlraum, von dessen oberer, unterer und den seitlichen Wänden sich bis 13 schmale und hohe Schleimhautfalten erheben und das Lumen einengen; auf Querschnitten erscheinen sie radiär zum Mittelpunkte der Riechhöhle gestellt. Die Höhe dieser Schleimhautfalten differirt etwas; die mediane obere und besonders die mediane untere erreichen die grösste Höhe und deuten dadurch noch eine paarige Zusammensetzung der Riechhöhle an. Nach vorn hin nimmt die Höhe der Falten ab, bis sie sich in der Nähe der Einmündung des Zuführungsrohres verlieren; hier vorn ist mithin der von den Falten freigelassene Binnenraum der Riechhöhle am grössten. Nach hinten hin verengert sich der centrale, kleine, von den Falten freigelassene Binnenraum und verschwindet schliesslich ganz. Dieses Verschwinden wird dadurch veranlasst, dass sich hinten die Schleimhautfalten auf der Oberfläche eines von hinten nach vorn vor- ragenden, auf dem Querschnitt des Riechsackes central gelegenen Ge- webszapfens vereinigen: der Querschnitt des Gewebszapfens hat die gleiche Form wie der Querschnitt der ganzen Riechhöhle, ist aber wesentlich kleiner. Zuerst kommen hier die beiden medianen Schleim- hautfalten zur Vereinigung, alsdann je nach ihrer Höhe alsbald auch die anderen. Durch dieses centrale Zusammenfliessen der Falten werden die tiefen Spalten zwischen ihnen, welche vorher gemeinsam in den cen- tralen Binnenraum der Riechhöhle ausmündeten, zu auf dem Querschnitt allseitig geschlossenen, recessusartigen Krypten, welche sich noch eine Strecke weit als schmale radiäre Hohlräume nach hinten hin fortsetzen. Ihre Höhe nimmt, je weiter nach hinten, um so mehr ab, da sich auch der centrale Gewebszapfen nach hinten hin vergrössert und dadurch die Krypten einengt. Schliesslich endigen die Krypten als niedrige Spalten blind. a - E. Barrowrrz: Geruchsorgan der Cyclostomata. 673 An jede Krypte schliesst sich nun nach hinten hin je ein Drüsen- packet an, welches sich im hintern Theil der Krypten auch etwas seitlich und nach oben und unten hin erstreckt. Diese Drüsen erweisen sich auf den Durchschnitten als bläschenartig erweiterte Räume von verschiedener Grösse. Ihre Innenwand ist mit einem einschichtigen, meist niedrigen, kubischen bis eylindrischen Epithel bedeckt; ein grosser Theil der Zellen besitzt an der freien, dem Lumen zugewandten Ober- tläche einen dichten Cilienbesatz. Jedes Drüsenpacket mündet mit wohl nur einer feinen Öffnung in das Lumen seiner zugehörigen Krypte zwischen den Epithelzellen der letzteren aus. Die Drüsen werden von grösseren Bluträumen umgeben. Die histologische Zusammensetzung ist, in Kürze charakterisirt, die folgende. Der frei gegen das Innere der Riechhöhle vorspringende Rand der Falten wird von einem dicken, geschichteten, nicht flimmernden Epithel bedeckt von ähnlicher Zusammensetzung wie das des Zuleitungsrohres. Die Oberfläche der äussersten, mehr napfförmigen Zellen zeigt eine dieke, gestrichelte Cuticula. Dieses Epithel geht vorn in das des Zu- leitungsrohres unmittelbar über, hinten fliessen die Epithelstreifen an der Oberfläche des erwähnten Gewebszapfens zusammen. In die Krypten erstreckt es sich nicht hinein. Die laterale Wand des Riechsackes ganz im Grunde der schmalen Spalten zwischen den Schleimhautfalten wird von einem niedrigen Flimmerepithel eingenommen. Zwischen den Basen der kurzeylindri- schen oder auch konischen Flimmerzellen finden sich kleine Ersatzzellen. Dieses flimmernde Cylinderepithel reicht bis gegen das hintere Ende der Krypten. Das hohe Riechepithel ist nur auf die einander zugewandten Seitenflächen der Falten und auf die spaltförmigen Krypten beschränkt, in den letzteren mit Ausnahme ihrer, wie oben geschildert, mit Flimmer- epithel überzogenen peripherischen Wand. In der Nähe des freien Randes der Falten kommen des öftern isolirte, von dem Riechepithel deutlich abgesetzte, versprengte Inseln des mit Cuticularsaum versehenen Epithels zur Beobachtung, welches den freien Faltenrand bedeckt. Diese verschieden grossen Epithelinseln springen an der Oberfläche des Riechepithels meist eigenthümlich pilz- artig Vor. Das Riechepithel setzt sich, wie G. Rerzıus 1880 zuerst in über- zeugender Weise dargelegt hat, aus den flimmernden Stütz- oder Isolir- zellen und den eigentlichen Riechzellen zusammen. Auch mir ist es nicht gelungen, Übergänge zwischen diesen beiden differenten Zellen- formen aufzufinden. 674 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. Hinsichtlich der Stützzellen vermag ich der Beschreibung von G. Rerzıus Wesentliches nicht hinzuzufügen. Die Fussstücke ihrer Flimmerhaare sind als längliche Stäbchen gut zu erkennen, lassen sich aber mit Eisenhämatoxylin nicht speeifisch färben, ebenso wenig wie diejenigen des Flimmerepithels im Grunde der Spalten. An den häufig getheilten Ansatzfüsschen, mit welchen sich die Stützzellen peripher an eine punktirte Membran anheften, wurde oft eine feine Faserung beobachtet. Die Riechzellen sind leicht zu isoliren und lassen sich auch nach der Gorerschen Methode imprägniren, welche auch oft die Stütz- zellen färbt. Über ihre Anzahl und Vertheilung gibt am besten die Tinetion aufgeklebter Serienschnitte vermittelst Eisenhämatoxylin Auf- schluss. Dieses Färbeverfahren tingirt die Riechzellen bei richtiger Anwendung ganz specifisch intensiv blauschwarz und lässt sie da- durch auf das übersichtlichste in den Schnitten ganz prächtig hervor- treten. Die Riechzellen sind in ihrem Zellenleib wesentlich kürzer als die Stützzellen und bestehen aus zwei differenten Theilen, einem die freie Schleimhautoberfläche erreichenden, kernhaltigen Protoplasma- körper und einem gegen die Propria der Schleimhaut verlaufenden, sehr feinen, varikösen, oft in ganzer Ausdehnung isolirbaren Nerven- fortsatz. Der letztere geht in den Gorer-Präparaten eontinuirlich und nicht selten unter knieförmiger Umbiegung direct in eine feine Ol- factoriusfaser über. In den mit Eisenhämatoxylin gefärbten Schnitten lässt er sich nur eine kurze Strecke in der Nähe des Protoplasma- körpers verfolgen und lässt bisweilen eine leichte Schlängelung er- kennen. Der langgestreckte Protoplasmakörper besitzt meist zwei bauchige Anschwellungen, von denen die untere, der Propria zugewandte, constant ist und den grossen Kern führt. Das obere, frei an die Schleimhautfläche vorragende, in den Präparaten meist ein wenig kopf- artig verdickte Ende trägt einen Besatz von zahlreichen, oft hin und her gebogenen, sehr hinfälligen Wimpern, welche ganz das Aussehen gewöhnlicher Flimmerhaare besitzen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie im Leben flimmern. Ihre Länge erreicht nicht ganz die der Flimmerhaare der Stützzellen. Das dem Protoplasma eingefügte Ende der Haare erscheint fussstückartig als dunkler Punkt, sowohl an den isolirten Zellen, wie oft auch an stärker entfärbten Eisenhämatoxylin- präparaten. Die freien Enden der Elemente des Richepithels stecken in einem sehr ausgeprägten Netz von Schlussleisten, von deren Substanz sich Theile auch noch an den isolirten Zellen auffinden lassen. In den = E. Barrowrrz: Geruchsorgan der Cyclostomata. 675 mit Eisenhbämatoxylin tingirten Präparaten treten diese Schlussleisten ausserordentlich deutlich hervor. Sie werden in den mit Sublimat fixirten Präparaten von den wie leicht gequollen aussehenden Enden der Riechzellen an der freien Oberfläche der Riechschleimhaut überragt. In mit Eisenhämatoxylin tingirten Flächenschnitten zeigen die Protoplasmakörper der Riechzellen einen unregelmässig eckigen Quer- sehnitt, berühren sich niemals breit mit den Flächen, werden viel- mehr durch eine der zwei Stützzellen von einander isolirt. Das Bindegewebe der Propria des Riechsackes ist durch den Reichthum an Blutgefässen und durch die schwarze, starke Pigmen- tirung ausgezeichnet. Das Pigment gehört sehr zahlreichen, ver- zweigten Pigmentzellen an, welche sich auch in die Falten in grosser Zahl hineinerstrecken. Die beiden, durch völlig getrennte Öffnungen der knorpligen Riechkapsel eintretenden Riechnerven zerfasern sich sogleich in zahl- reiche Äste, welche bündelweise an die Krypten und die Falten her- antreten. Im vordern Theil des Bodens des Riechsackes, unmittelbar unter- halb und etwas nach hinten von der Einmündung des Zuleitungsrohres, liegt die weite Communicationsöffnung der Riechhöhle mit dem Nasen- gaumengang. An der Grenze zwischen den beiden Öffnungen erhebt sich die oben erwähnte Falte und verhindert, dass das Wasser direct aus dem Zuleitungsrohr in den Nasengaumengang, und umgekehrt, übertritt. Sie zwingt vielmehr das bald in der einen, bald in der anderen Richtung strömende Wasser stets in die Riechhöhle hinein- zuwirbeln und die Oberfläche der Riechschleimhaut zu bestreichen. Von dieser Communicationsöffnung geht der an seiner inneren Oberfläche mit einem dünnen, nur aus wenigen Zelllagen bestehenden, mit Cuticularsaum versehenen Epithel bedeckte Gang unterhalb des Riechsacks, des Gehirns und des vordern Endes der Chorda eine grosse Strecke weit nach hinten hin. In seinem vordern Theil, unterhalb des Geruchsorgans, wird seine Wand noch durch Knorpel verstärkt und dadurch stets klaffend erhalten. Hinten dagegen ist seine Unter- wand weich und stösst unmittelbar an die Dorsalwand des Schlunds und des Darms. In seinen vorderen zwei Dritteln ist der Gang noch eng, klaffend, mit auf dem Querschnitt quer-ovalen Lumen, welches nach hinten an Höhe zunimmt. Sein hinteres Drittel erweitert sich in transversaler und verticaler Richtung sackartig und besitzt hier eine weiche, nach- giebige Wand. Die Erweiterung reicht bis ganz in die Nähe der Ein- mündung der zweiten Kiemenöffnung in den Kiemengang jederseits, um hier dieht vor und oberhalb dieser Einmündung blind zu endigen. 676 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 14. April 1904. Dieser ganze hintere, erweiterte, weichwandige Theil des Nasen- gaumenganges muss daher unter der Einwirkung der sich contra- hirenden Kiemenkorbmuseulatur stehen und muss im Rythmus der Respiration abwechselnd ausgedehnt und comprimirt werden. Dieser Theil wirkt daher als Aspirationsblase zur steten Erneuerung des Riech- wassers dieses Ektoparasiten, ähnlich dem Gummiballon eines Sprays, eine Function, welche von Jonannes MÜLLER schon erkannt und ge- würdigt worden ist. Während seines Verlaufes unter dem Gehirn besitzt der Nasen- gaumengang in seiner dorsalen Wand schmale, schlauchförmige Aus- sackungen des Epithels. # or) S | Zur Erzeugung von Minimalflächen durch Schaaren von Ourven vorgeschriebener Art. Von C. FE. GEIseEr, Professor am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich. (Vorgelegt von Hrn. Scmwarz.) Nileugre: hat in seinem »Memoire sur la courbure des surfaces« die Aufgabe behandelt: alle Minimalflächen zu bestimmen, welche durch Be- wegung einer Geraden parallel zu einer Ebene entstehen, und als Lö- sung eine geradlinige Schraubenfläche gefunden, welche zur Unter- scheidung von anderen geradlinigen Schraubenflächen als Meusnıer’sche Schraubenfläche bezeichnet werden kann. Durch Cararan ist dann be- wiesen worden, dass diese Fläche die einzige reelle geradlinige Minimal- fläche ist. Seither hat man erkannt, dass zu den geradlinigen Minimal- flächen auch die Developpabeln gehören, welehe dem unendlich fernen imaginären Kreise umschrieben sind. Endlich hat Sornus Lin noch eine imaginäre geradlinige Fläche dritten Grades entdeckt, welche ebenfalls eine Minimalfläche ist. Im nachfolgenden ist eine Methode entwickelt, welche die ge- nannten Fälle gleichzeitig aufzufinden gestattet und mit deren Hülfe sich beweisen lässt, dass dieselben alle möglichen (reellen und ima- ginären) geradlinigen Minimalflächen erschöpfen. Sie gibt auf die Bestimmung aller eine Schaar von Kreisen enthaltenden Minimal- tlächen angewandt neben der bekannten, durch Umdrehung der Ketten- linie um ihre Direetrix entstehenden reellen Fläche zunächst noch eine imaginäre Minimalfläche vierten Grades; für die allgemeinen, aus einer Schaar von reellen Kreisen gebildeten Minimaltlächen gewinnt man mit ihrer Hülfe einen grundsätzlich einfachen Beweis des Ensnerer’schen Satzes, dass die Rırmann sche Fläche die allgemeinste dieser Art ist. Zum Schlusse wird gezeigt, wie dieselbe Methode auch in der Lehre von den Krümmungslinien von Nutzen sein kann. IE Wenn &,y,2 cartesische Coordinaten im Raume bedeuten und A ein veränderlicher Parameter ist. so stellen die Gleichungen (1.) o(2,9,2:%) = 0, Ulz,y,2;%) = 0 (2 678 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. wo g und & gegebene Functionen dieser Grössen sind, zwei Schaaren von Flächen dar. Als entsprechende Individuen sind solche Flächen gp und % zu bezeichnen, welche demselben Werthe von A zugehören. Durch Elimination von A aus den beiden Gleichungen erhalte man F(x,y,2) = 0, so ist das geometrische Bild dieser neuen Gleichung eine Fläche F, die durch die Schnitteurven entsprechender g und X er- zeugt wird. Die Fläche F hat in jedem ihrer Punkte P(x,y,2) zwei Hauptkrümmungsradien ?, und z,, die folgendermassen gefunden werden können: Man setze dp ab dp ab op ab dp AaW 9 ad dpa )BaAa Ra m wa y N ne ana Be 2 2 en tet —P) so sind >, und 7, die Wurzeln der in Bezug auf x quadratischen Glei- chung DO ax IXı IXı op dY dz An 9X. DXa ul 0x IX. Dr ya ez Bun. OX, oX, 9X, IX, 3.) 98 oY 92 .n Sy n a ap 2 ee AZ ay dz OR a VZ av az h ER 9Y dz OA oder in abgekürzter Form n° (4) L-M:—+N. Der Coeffieient M lässt sich in zwei Theile zerlegen, von denen der eine die Ausdrücke %, , %s; %, selbst im zweiten Grade, der andere im ersten Grade enthält. Für BEOXKT IN I a eh Er Br 9 Y 02 am 272 We IX Ggs — or 9% IX 0% ae ad f) ax, \ 20, de Xr + % A DH, a, X, Xı R 2 — — KR 92 9Y 00 02 £ 9% dm = AıXı = Ay5X 3 = Q,,X3 + 2Q,,X3X3 + 24,1 X3Xı + 2412 XıXa > dp IX op 0%, dp dx, WW ax, Ib dx, aVb dx, any tz.’ An ya de ar dp Ip dp ab a Aw . Ay Kt Xıt 72 "X Hay nt at | * . * .- a C. F. Geiser: Erzeugung von Minimaltlächen dureh Curvenschaaren. 679 ergibt sich (5-) M = Gae ne M ist eine Function von &,y,2; A, sodass die Gleichung NM = für jeden Werth des Parameters A eine Fläche liefert. Ent- hält diese für jeden Werth von A die Schnitteurve der dem- selben Werthe von A entsprechenden Flächen y und U ihrer ganzen Ausdehnung nach, so ist F eine Minimalfläche. Ill, Bedeuten a,b,c,d gegebene Funetionen von A, so sind (1.) p=y+ta+b=0, v=zta+rd=0 die Gleichungen einer geradlinigen Fläche F. Bezeichnet man die ersten und zweiten Ableitungen nach A mit Accenten, so wird M=—= (1+@+0&)(pP’W-W’p)+ 2(b’e’—-ad)(ap’ +cW) 2) — Ar? +Br +6, wo A,®,C€ Funetionen von A sind. Soll F eine Minimalfläche sein, so muss M für jeden Werth von x verschwinden, es müssen also a,b,c,d gemäss den Gleichungen 230% B—I0R On) bestimmt werden. Man erkennt unmittelbar die Lösung: (3-) 1+H®+@®=0, be’ —-ad —=0 welche zeigt, dass die dem unendlich fernen imaginären Kreise ®, umschriebenen Developpabeln als Minimalflächen be- trachtet werden können. Die beiden Gleichungen 1 + —=0, a +! = 0 liefern dieselbe Lösung. Ist I+a@’+e = 0, so hat man für eine Minimalfläche F zunächst (4.) ac ed — 0; es existirt also zwischen a und c eine lineare Relation, d.h. die Er- zeugenden von F stützen sich auf eine unendlich ferne gerade Leit- linie &,. Soll F reell sein, so kann ®, zur unendlich fernen Geraden der XY-Ebene gemacht werden; es ist dann ce = 0, während a,b,d die Doppelgleichung da’-ad' 2a db’ bd” (5.) Feuer Een 7 680 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. April 1904. befriedigen; die Integration führt zur Merusnıer’schen Schrau- benfläche. Die angewendete Methode behält im wesentlichen ihre Gültigkeit noch, wenn ®&, eine imaginäre Gerade ist. Nur der Grenzfall, in welchem &, zur Tangente von 8, wird, muss besonders behandelt werden. Man wähle den reellen Punkt von $&, zum unendlich fernen Punkte der Z-Achse, dann wird 1+2 —=0, OR 0R Da 08 Die Gleichung ® = 0 führt auf = +5+B=0, [4 wo 4 und & die Integrationsconstanten sind. Unter Benutzung des hieraus sich ergebenden Werthes von b folgt aus 6 = 0 weiter: = +ye+d+ö—I, oc wo y und d wieder Integrationsconstanten bedeuten. Durch Elimination von b,c,d aus diesen beiden Integralgleichungen und den Gleichungen p=0 und Y = 0 folgt (unter der Voraussetzung a’ = —1) (6.) 30:(2—y)+3a(2-d)(y+ar—-B)-aly+ax-E” —= 0 als Gleichung einer imaginären geradlinigen Minimalfläche dritten Grades. Doppelgerade und Leitlinie derselben haben sich in einer Tangente von &, vereinigt. (Lır, Math. Annalen Band XIV, S. 353). 11. Eine Rotationsfläche kann aufgefasst werden als das Erzeugniss der Schnitte correspondirender Individuen eines Systems paralleler Ebe- nen und eines Systems concentrischer Kugeln. Diess führt zu deı Darstellung: es po=w+by+ez+r=E+HN—=0 ; v=,(®+yP+2#)+u=ıK+Uu—=0, wo a,b,c constante Werthe haben und « eine Funetion des Para- meters A ist. Setzt man a+b2 + ce —rc und bezeichnet die Ableitungen nach A mit Aeccenten, so ergibt sich M=-2(so:-W’—-2E.W+K)-w’(oK-E*) Für eine Minimalfläche muss jedesmal, wenn die Gleichungen (1.) er- füllt sind, auch die Gleichung C. F. Geiser: Erzeugung von Minimalflächen durch Curvenschaaren. 681 (2.) Au—0 befriedigt sein. Durch Elimination von #& und Ä ergibt sich aus (1.) und (2.) (3.) 20 (uu”— uw”) + 4u—4uA+Uu N” — 0. Der Fall = 0, in welchem die Axe des Büschels paralleler Ebenen eine Tangente von , ist, führt auf u=at+PR\, wo & und % Integrationsceonstanten sind. Ersetzt man hier « und A dureh ihre aus (r.) sich ergebenden Werthe, so erhält man in (4.) -5 = aE'-ßBE (+b?+=0) die Gleichung einer Minimalfläche Es ist eine Fläche vierten Grades mit einem Doppelkegelschnitt; dieser besteht aus zwei Geraden, die sich in einer Tangente von SR, ver- einigt haben. Ist « # 0, so kann man ohne Beeinträchtigung der Allgemeinheit ce —=1 setzen. Durch die Substitution =-£, u=-3z(£+w) ver- wandelt sich dann (3.) in 12 er L..;; WE d’n (5.) I (=. 7-5) und diess führt durch Integration auf die Rotationsfläche der Kettenlinie. Versteht man jetzt unter a,b,c Funetionen von A und setzt g=a+by+e+1=E+1l=0 (a +b?+c?—e) (6.) | 1 N v=,-(® +7? +2) + =; KHrı=(, so ist durch diese Gleichungen ein System eoncentrischer Kugeln auf ein System von Ebenen bezogen, welche im allgemeinen nicht mehr parallel sein werden. Nun erhält man M = oE_AsE' + (6E”- EE’)-E+(sE"-o'E')K-2E”.K Eine Minimalfläche tritt auf, wenn neben den Gleichungen (6.) noch die Gleichung erfüllt ist: -0’+2(R0’-20)E’-(1+2c)E’-6E"+ME" — 0. Sie stellt für jeden Werth von A einen Cylinder dritten Grades dar, welcher den durch (6.) gegebenen zugehörenden Kreis enthalten muss. Diess ist unter Voraussetzung der Realität von a,b,c nur möglich, Sitzungsberichte 1904. 54 682 _ Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. . . n ” wenn die unendlich fernen Geraden der Ebenen Z=(0 und 2 =0 zusammenfallen. Es ist dann d.h.: a,b.c sind in constantem Verhältniss und die Ebenen des Sy- stems alle unter sich parallel. Durch die Voraussetzung der Realität wird man also wieder auf die Rotationsfläche der Kettenlinie geführt. IV. Die allgemeinste Fläche F, welche durch die Bewegung eines Kreises entsteht, kann durch die Gleichungen dargestellt werden: (1.) g=a+by+e+l1=E+1=0 i v=t@e+yP+Z2)+zaatyte = ;KreE—=0, 7 wo a,b,c;a,b,c beliebige Functionen des Parameters A sind. Unter diesen Voraussetzungen wird M eine ganze Function 5°" Grades in Bezug auf x, y.2, welche sich mit Hülfe der Gleichungen (1.) auf den 4'en Grad redueiren lässt. Die Glieder, welche den 4" Grad wirklich erreichen, erscheinen unter der Form M'= -2€-.E”. Beschränkt man sich auf die unendlich fernen Elemente, so er- kennt man, dass F nur dann eine Minimalfläche sein kann, wenn für jeden Werth von A die Schnittpunkte der unendlich fernen Geraden E, von E= 0 mit dem unendlich fernen Kreise von X=0 (d.h. mit 8,) auf dem unendlich fernen Schnitte des Gebildes M’—= 0 ge- legen sind. Soll die Minimalfläche reell sein, so sind es auch die Coeffieienten von x,y,2z in den Polynomen E,E',&. Es muss des- halb EZ, entweder mit €, (der unendlich fernen Geraden von € = 0) oder mit E/ (der unendlich fernen Geraden von E’= 0) zusammen- fallen. Liegen Z, und €, vereinigt, so ist die Ebene g — 0 parallel der Tangentialebene im Anfangspunkte O0 der Coordinaten an die Kugel = 0 und es ist möglich, eine Kugel mit dem Mittelpunkte O an- zugeben, welche den Sehnittkreis von g = 0 und Y/ = 0 enthält. Da- mit ist man auf den am Schlusse von III. behandelten Fall zurück- geführt, der die Rotationsfläche der Kettenlinie ergab. Fallen E, und E/, zusammen, so ist ’ a|s ©. F. GEiser: Erzeugung von Minimalfllächen dureh Curvenschaaren. 683 es bleibt also die Ebene 7= 0 und damit auch die Ebene y —= 0 bei Variation von A sich stets parallel. Daraus folgt der Satz von Ennerer: Ist eine reelle Minimalfläche durch Bewegung eines veränderlichen Kreises entstanden, so bilden die Ebenen der erzeugenden Kreise ein Büschel von parallelen Ebenen. Eine solche Fläche wird analytisch am einfachsten durch das Gleichungssystem dargestellt: oO GN 0 v—= ally-R)’+ ler) Pl=0, wo 2,v,p Functionen des Parameters A sind. Nun wird M von der Form — 6) Be < M= Ay + BzrC (A, B,C Funetionen von X) und für eine Minimalfläche müssen die Gleichungen erfüllt sein: A) B=(, C=0. Die Entwicklung gibt zunächst A909. up: — 0, Bi 2a v—peyee 0 und unter Ausschluss des Falles 7 = 0: = ep Vin mit u, und v, als Integrationsconstanten. Man hat ferner y (3.) #_° — eonst. ut. 40 und damit den Satz: Die Mittelpunkte der Kreise, aus denen die Minimal- fläche gebildet ist, liegen in einer Ebene senkrecht zum Büschel der parallelen Kreisebenen. Die übrig bleibende Gleichung € = 0 kann in die Form gebracht werden (4-) (mot vo)er ten pp"=0. Ihre Integration führt in etwas veränderter Gestalt der Glei- chung zu derjenigen Minimalfläche, welche Rırmans in $19 seiner Abhandlung: »Über die Fläche vom kleinsten Inhalte bei gegebener Begrenzung« gefunden hat. 2 Für die Fläche F, welche durch die Gleichungen I. (1.) bestimmt ist, sollen die Krümmungslinien bestimmt werden. In der Umgebung eines Punktes P, für dessen Werthsystem (x. y,2,?%) diese Gleichungen erfüllt sind, gelten auf F die Bedingungen 54* 684 Sitzung der Be Classe vom 14. April 1904. P) ap IX ee - dy+ de = da —0 ee 3, a “ zu welchen für die Richtungen der Krümmungslinien noch kommt: dx, X da (2.) de u yı=0. dig % de (Die Ausdrücke %, sind als Functionen der x,y,2,A durch I, (2.) be- stimmt.) Aus den Gleichungen (1.) und (2.) ergeben sich zwei Lö- sungen für die Verhältnisse dx: dy:dz:dr entsprechend den beiden durch P gehenden Krümmungslinien von F. Sollen die zu einem gegebenen Parameterwerth A gehörenden Flächen g=0 und Y=0 sich in einer Krümmungslinie von F schneiden, so ist längs derselben dA = 0, also für een a Wp op re LIE, 2, ey a y u’ ee 9a 92 90° 0 y dm (3.) da: dy:de=U:B:E. Damit verwandelt sich (2.) in = E A +8 se * ee. | (4.) I er Gr, x 8l=0, “ S s IX anne OLD die Krümmungslinie von F muss demnach auch auf der durch (4.) bestimmten Fläche liegen. Wenn für jeden Werth vonA dieFlächeR® = 0 die Schnitt- eurve der Flächen = 0 und Y =0 enthält, so erhält man durch Variation von‘ das eine System der Krümmungslinien von F. VE Zur Erläuterung des allgemeinen Resultates sollen die beiden ein- fachsten Fälle betrachtet werden. A. Es seien wie in II. (1.) e=yta+b=0,v=zt+a+d=0 die Gleichungen einer geradlinigen Fläche; die aus V,(4.) sich ergebende Bedingung dafür, dass die Erzeugenden das eine System der Krüm- mungslinien bilden, lautet: - il C. F. GEiser: Erzeugung von Minimalflächen durch Curvenschaaren. 685 (2.) (d’-d’ei)(ı+a®+c) —= 0. Setzt man hier den ersten Factor gleich Null, so erhält man die abwickelbaren Flächen. Aus dem zweiten Factor er- geben sich die geradlinigen Flächen, deren Erzeugende sich auf 8, stützen. B. Um die Flächen zu finden, für welche die eine Schaar der Krümmunsgslinien aus Kreisen besteht, geht man von der Darstellung in IV. aus: (1) g=sua+by+a+41=0, V=;(e+ty+2)+a+byre—0. Es ist also für diesen Fall .) A=bdb(z+c0)-c(y+b),, B=elz+a)-az+t),, C=aly+b)-b(z+a) und die Gleichung V,(4.) geht über in G) (ax +by+ d’z ange) I: (da +dby+ cz) A+HHB +] (WHBH+Ü) 0. Der erste Factor links wird zu Null für Geben ahaeid: Zur geometrischen Deutung dieser Bedingung beachte man, dass die Enveloppe der Kugelschaar (4.) + Yy?+22+ Zus + 20y + 2wz +t—= 0 (wo u,v,w,t Functionen des Parameters A sind) durch die Gleichun- gen (1.) dargestellt ist, wenn man setzt: u v w ee DE are Yu-wt tv—vit t!w— w't (= un: = Een = a: Da nun ER I Rn EST BERGE 2 wird, so hat man eine Bestätigung des bekannten Satzes: Besteht bei einer als reell vorausgesetzten Fläche die eine Schaar der Krümmungslinien aus Kreisen, so ist die Fläche die Enveloppe einer Kugelschaar. Es bleibt noch der Fall, in welehem man die Gleichung (3.) durch die Annahme erfüllt: W+B+C—=0, wo die Werthe aus (2.) einzusetzen sind. Durch Reduction mit Hülfe der Gleichungen (1.) ergibt sich: 686 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. April 1904. (5) (a? + 6?+ 0?) (a?+ b?+ &)— (aa + bb + cc—1)? — 0. Diess ist die Bedingung dafür, dass g = 0 eine Tangentialebene der KugelY =0 sei. Die Fläche #=0 wird also von Nullkreisen gebildet, sie ist eine geradlinige Fläche, deren Erzeugende sich auf 8, stützen: man ist demnach auf einen bereits unter A. behandelten Fall zurückgeführt. 687 Über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen. Von Emır Fıscher und FrAnZ WReEDeE. (Vorgetragen am 24. März [s. oben S. 575].) De Kenntnis der Verbrennungswärme organischer Verbindungen ist nicht allein für manche rein chemische Betrachtungen, sondern nament- lich auch für die Behandlung wichtiger biologischer Fragen wertvoll, besonders seit man in der Benutzung der kalorimetrischen Bombe von BERTHELOT eine ausgezeichnete Methode zur Bestimmung solcher Größen besitzt. Trotz des stattlichen Zahlenmaterials, welches in den letzten Dezennien mit Hilfe dieser Methode durch BErTHELOT und seine Schüler, durch Sronmann, Lousinıne u. a., festgestellt und in dem großen Werk von BerrueLor »Thermochimie« gesammelt ist, umfaßt die thermische Untersuchung doch nur einen relativ kleinen Teil der bekannten Kohlenstoffverbindungen, und die Zeit scheint noch ferne zu sein, wo man in der organischen Chemie die Bestimmung der Verbrennungswärme, ähnlich wie die des Schmelzpunktes, der Lös- lichkeit, des optischen Drehungsvermögens und anderer physikalischer Konstanten, als allgemein übliche Operation betrachtet. Zumal in Deutschland, wo die Produktion neuer organischer Ver- bindungen besonders eifrig betrieben wird, ist seit dem Tode Sron- manns die Thermochemie dieser Stoffe so gut wie gänzlich vernach- lässigt worden, und nur in technischen und physiologischen Instituten ist BertueLors Bombe in Gebrauch. Wir haben es deshalb für zeit- gemäß gehalten, solche Untersuchungen aufzunehmen, und teilen die ersten Resultate mit in der Hoffnung, daß unser Beispiel Nachahmung finde, oder daß uns Material für derartige Bestimmungen aus anderen Laboratorien überlassen werde. Die Einriehtung des Arbeitsraumes und die Ausführung der Be- stimmungen geschah unter den von Berrueror', Lousınıne® und Stonu- ! Thermochimie. 2 Beschreibung der Hauptmethoden, welche bei der Bestimmung der Ver- brennungswärme üblich sind. 688 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. mann! angegebenen Vorsichtsmaßregeln. Als Bombe benutzten wir das neue Modell von Dr. KrOEkEr, das von dem Mechaniker J. PrreErs (Berlin) geliefert wird und welches einige kleine Vorzüge vor der BertueLor-MAnterschen Bombe hat. Besondere Aufmerksamkeit haben wir auch der Eichung des Kalorimeters zugewandt, weil diese die Grundlage für die Berechnungen bildet und weil darin ein Haupt- grund für die Abweichungen in den Resultaten verschiedener Beob- achter liegt. Zum Beweis dafür mögen die Werte dienen, die von Bertn£eLor und seinen Schülern einerseits und von STOHmAnN anderer- seits als Verbrennungswärme für Benzoesäure, Naphthalin und Rohr- zucker angegeben werden und die in Tabelle I auf Seite 3 zusammen- gestellt sind. Da die Abweichungen viel größer sind als die Fehlerquellen der Methode, so sind sie sehr wahrscheinlich durch die verschiedene Art der Eichung des Kalorimeters verursacht. Unter diesen Umständen drängte sich der Gedanke auf, die Eichung des Kalorimeters nach einem ganz neuen Verfahren, durch Einführung einer genau gemesse- nen Elektrizitätsmenge, zu vollziehen. Da uns aber in der Hand- habung elektrischer Methoden nicht die nötige Erfahrung zur Ver- fügung stand, so haben wir uns an den Präsidenten der Physikalisch- Technischen Reichsanstalt, Hrn. F. Kontrausch, mit der Bitte um Hilfe gewandt. Auf seine Veranlassung haben dann die HH. Prof. Dr. JaeGEer und Dr. vox STEINwEHR ein Verfahren für diesen Zweck ausgearbeitet und danach eine Reihe genauer Messungen ausgeführt, die wir als Grundlage für unsere Rechnungen benutzen werden. Be- züglich der Einzelheiten des Meßverfahrens verweisen wir auf die Mitteilung jener beiden Herren in den Verhandlungsberichten der Deutschen Physikalischen Gesellschaft vom 23. Januar 1903. An dieser Stelle soll nur folgendes daraus erwähnt werden: Die Tempe- raturmessung geschah mittels mikrometrischer Fernrohrablesung und mit einem Einschlußthermometer, das etwa 5° Quecksilber enthält, das Temperaturintervall von o bis 36° umfaßt und in Zehntelgrade geteilt ist. Der Abstand der Teilstriche für je 1° beträgt 0“6. Die Kapillare ist so weit, daß ein Klopfen des 'Thermometers vor der Ablesung zur Vermeidung des Hängenbleibens überflüssig war. Die auf die Bombe aufgewickelte Spule bestand aus einem sehr dünnen und nur wenige Millimeter breiten Konstantanstreifen, der sorgfältig isoliert war. Die Dauer des Stromdurchganges wurde automatisch durch einen Chronographen festgestellt. Ferner wurden Stromstärke und Spannung während des Versuches sowie der Widerstand vor und ! J. pr. Chem. 39. 503. Fıscuer u. F.Wrepe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 689 nach demselben kontrolliert. Das Resultat der zahlreichen Versuche ist in Kilowattsekunden angegeben und bietet eine absolute Genauigkeit von fast 1:1000. Das Mittel beträgt: 11.606 Wattsek. = ı° für unser Üalorimeter und unsere Bombe bei der üblichen Füllung mit Sauerstoff von 25 Atmosphären. Das elektrische Maß ist für die unten mitgeteilten Versuche beibehalten, da es sich bei diesen Bestim- mungen lediglich um Messungen chemischer Energie handelt. Letz- tere im CGS-system auszudrücken, wird wohl immer üblicher werden, wie denn auch W. Ostwap' bereits den Vorschlag gemacht hat, alle thermochemischen Daten auf Kilo-Joule umzurechnen. Andererseits aber ist in den technischen und biologischen Wissenschaften die Calorie so eingebürgert, daß es zwecklos wäre, sie hier verdrängen zu wollen. Glücklicherweise ist das Verhältnis von elektrischer Maßeinheit und Calorie bei 15° heutzutage mit einem hohen Grad von Genauigkeit bestimmt: es entspricht dem Faktor 0.2394 Cal. = ı Kilowattsek. Wir werden die so berechneten Calorien später neben den elektrischen Maßen angeben. Um den Zusammenhang mit dem älteren Zahlenmaterial zu wahren, haben wir mit der neuen Eichung die Verbrennungswärme von Benzoe- säure, Naphthalin und Rohrzucker bestimmt. Aus dem Vergleich mit den Angaben von Berrneror und Sronmann ergibt dann die Differenz den Unterschied in der Eichung des Kalorimeters. Tabelle Il. 2 Merbrennungswarme £ | Benzoesäure | Naphthalin Rohrzucker pro Gramm in cal. bei koust. Vol. | | | | IN achwunSes | 63549 | 9667-8 3937-8 SEISTORMANNGEN Ste een] 6322.3 | 9628.3 3955-2 » Berrnetor-RecourA®.... | 6345 | 9688 — » Berreezor-Lousimine*..... | 6322.1 9696.1 — » Berraetor-VieLLE®. .... _ | 9718.1 3961.7 Bezüglich der benutzten Apparate erwähnen wir, daß zum Mischen des Kalorimeterwassers ein dreiteiliger, senkrecht auf und ab gehender, durch Motor betriebener Rührer Verwendung fand. Benutzt wurde ein Einschlußthermometer, das etwa 30° Quecksilber enthielt. Wegen Grundriß der allgemeinen Chemie. A. 3. 88 u. 253. J. pr. Chem. 40, 128; J. pr. Chem. 40, 90; J. pr. Chem. 45, 313. Ann. chim. (6) 13. 317 u. 303. Ann. chim. (6) 13. 331 u. 326. ° Ann. chim. (6) 10. 442 u. 458. » oo» 690 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. der engen Kapillare mußte das Instrument während der Ablesungen regelmäßig geklopft werden. Die etwa 30°" lange Skala reichte von 1ı4°6 bis 20°2 und war in Hundertstelgrade geteilt, während die Tausendstel mittels Lupe noch genau geschätzt werden konnten. Das Instrument war auf das Luftthermometer bezogen. Seine Anschließung an das Thermometer, das für die elektrische Eichung der Bombe ge- dient hatte, wurde in der Weise ausgeführt, daß zunächst beide 'Thermo- meter sehr genau kalibriert und unter Berücksichtigung der Korrektur- tabellen verglichen sowie auf ihre Trägheit geprüft wurden. Die Wägung der einzelnen Teile ergab eine Differenz von 0.0051 Wattsek. für die eingetauchten Stücke; dieser Betrag war also dem oben an- geführten Wert 11.606 Wattsek. hinzuzufügen für Bestimmungen mit dem großen Thermometer. Schließlich wurde noch eine größere An- zahl Verbrennungen von Naphthalin und Benzoesäure ausgeführt unter abwechselnder Benutzung beider Thermometer. Alle drei Methoden ergaben recht gute Resultate, so daß die Anschließung als hinreichend genau zu betrachten ist. Für die Bereehnung des Wärmeverlustes durch Strahlung wurde die Reenaurt-Praunvtersche Formel in Anwendung gebracht Die von den HH. Jarger und von StEeınwEur benutzte Methode, die Korrektion aus der durch den Gang des Thermometers umschriebenen Fläche zu berechnen, führte bei einer Reihe von Versuchen, für welche sie nebenher durchgeführt wurde, zu dem gleichen Resultat wie die erstere. Bei manchen der später erwähnten Verbindungen mißlang die übliche Zündung durch den glühenden Eisendraht. Mit viel besserem Erfolge haben wir hier die bereits von Berrneror empfohlene Kollodium- wolle verwendet. Sorgt man dafür, daß sie über die ganze Substanz- menge sich ausbreitet, so findet eine momentane Entzündung an der ganzen Oberfläche statt, und die Verbrennung verläuft dann ruhig und glatt. Die Entzündung der Kollodiumwolle geschah durch einen Platin- draht, der elektrisch erwärmt wurde. Wie für den Eisendraht war auch für die Kollodiumwolle eine Bestimmung der Verbrennungswärme erforderlich. Dieselbe ergab als Mittel von 5 Versuchen: 9.905 Wattsek. pro Gramm (= 2371.5 Cal.), während 50”" des verwendeten Eisen- drahtes den Wert 0.046 Wattsek: = 11.0 Cal. haben. Die elektrische Energie, welche die Erwärmung des Platindrahtes verlangte, war nach wiederholten Versuchen so gering, daß sie vernachlässigt werden konnte. Fiscner u. F.Werepe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 691 Da selbstverständlich für die Gewinnung richtiger thermischer Werte die Reinheit der Substanzen erste Bedingung ist, so wollen wir für die von uns untersuchten Produkte zunächst die Art der Dar- stellung und Reinigung angeben. Von jeder Substanz wurde vor der thermischen Bestimmung eine Elementaranalyse ausgeführt. Außerdem wurde in der Regel zwischen den verschiedenen thermischen Ver- suchen die Substanz nochmals umkristallisiert, so daß die thermischen Werte selbst ein neues Kriterium für die Reinheit gaben. 1. Benzoesäure. Käufliches Präparat von E. Mrrcex-Darmstadt aus Harn darge- stellt und sublimiert. Zur Reinigung wurde es zweimal im Vakuum destilliert und mehrfach aus Wasser umkristallisiert. 2. Naphthalin. Käufliches reinstes Material, aus Alkohol zweimal umkristallisiert und bei gewöhnlichem Druck fraktioniert. 23.. Rohrzucker. Aus farblosem Kandiszucker durch Umkeistallisieren aus ver- dünntem Alkohol gewonnen. 4. Phenylessigsäure. Präparat von Kaurzsaum. Die letzten von Srommann hierfür ver- öffentlichten Zahlen waren mit der Einschränkung angegeben, daß es ihm anscheinend nicht gelungen sei, die Verbindung völlig zu reinigen: der von ihm gefundene Wert lag noch um den verhältnismäßig großen Betrag von 3 Cal. für die molekulare Verbrennungswärme höher als der von der Benzoesäure aus berechnete Wert. Tatsächlich enthält das käufliche Material eine Verunreinigung, die in einer alkalischen Lösung eine schwache Trübung hervorruft. Sie läßt sich aber da- durch entfernen, daß man die alkalische Lösung mit Tierkohle auf- kocht und kalt filtriert. Die mit Salzsäure freigemachte Säure wurde dann unter stark vermindertem Druck fraktioniert und aus Wasser umkristallisiert. 5. Glyeocoll. Präparat von Kautsaum. Von uns noch gereinigt über das Kupfer- salz, und auf dem Wasserbade im Vakuum getrocknet. 692 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. 6. Alanin. Präparat von Kantsaum. Gereinigt über das Kupfersalz und auf dem Wasserbade im Vakuum getrocknet. 0°1818 Subst. 0°%'2696 CO, 0%1303 H,O C,H,0,N Berechnet: C 40.45 H 7.86 Gefunden: 40.45 7.97 Da das Präparat synthetisch bereitet war, so handelt es sich natürlich um die racemische Form. 7. Leuein (optisch aktiv). Dargestellt durch Verseifung des Esters' und aus Wasser um- kristallisiert. Originalpräparat. 8. Glyeylglyein NH,.CH,.CO.NH.CH,.COOH. Aus dem Hydrochlorat mit Silberoxyd gewonnen.” 0o®1824 Subst. 0%2434 CO, 0%1007 H,O G,H,0,N, Berechnet: 036.36 H76.06 Gefunden: 36.39 6.13 9. Glyeylglyceinäthylester NH,.CH,.CO.NH.CH,.C0,.C.H.. Aus dem Hydrochlorat mit Natronlauge gewonnen.” Das Präparat löste sich noch nach 14 Tagen fast klar in Chloroform. 0®1790 Subst. 082934 CO, o%ı222 H,O C;H,.0,N, Berechnet: C 45.00 H 7.5 Gefunden: 44.71 7.6 10. Glyceylglyeincarbonsäure COOH.NH.CH,CO.NH.CH,COOH. Aus &-Carbäthoxylglyceylglyeinester durch Kochen mit Natron- lauge und Ausfällen mit Norm-Salzsäure erhalten.” Umkristallisiert aus Wasser und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. ' E. Fıscher, Ester der Aminosäuren, Ber. d. D. chem. Ges. 34, 445 u. 446. ® E. Fıscher und E. Fourneau, Über einige Derivate des Glyeocolls, Ber. d. D. chem. Ges. 34, 2870 u. 2872. ® E. Fischer, Über einige Derivate des Glyeocolls, Alanins und Leueins, Ber. d. D. chem. Ges. 35. 1097. Fischer u. F. Wreoe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 693 11. a&-Oarbäthoxylglyeylglyeinester. Aus dem Hydrochlorat des Glyeylglyeinesters mit Chlorkohlen- säureester gewonnen." Getrocknet im Vakuum über Schwefelsäure. 0%1700 Subst. 0?2899 00, o®1o5ı H,O 0,H,0,N, Berechnet: C 46.55 H 6.89 Gefunden: 46.51 6.85 ı2. ®-Carbäthoxylglyeylglyeinester. Durch Veresterung der Glyeylglyeincarbonsäure gewonnen.” Ge- trocknet auf dem Wasserbade im Vakuum. 0°1759 Subst. 0°%'2988 CO, 01082 H,O C,H,s0,N, Berechnet: C 46.55 H 6.89 Gefunden: 46.33 6.83 13. Glyeinanhydrid (Diacipiperazin). C0.CH; NH - go Dargestellt nach Currıvs aus freiem Ester durch Stehenlassen mit Wasser” Vom Glycocoll gereinigt durch rasches Umkristallisieren aus IO Teilen siedenden Wassers und Auswaschen mit Alkohol und Äther. 0%2007 Subst. 0%3105 CO, 0%0970 H,O C,H,0,N, Berechnet: 0 42.11 H 5.27 Gefunden: 42.20 5.38 14. Alaninanhydrid (3.6-dimethyl-2.5-diacipiperazin, Aus Alaninaethylester dargestellt durch Erhitzen auf 180°." Ge- reinigt durch Umkristallisieren aus nicht zu wenig Alkohol mit Tier- kohle. 0®18336 Subst. 0®3414 CO, 0%1177 H,O C;H,.0,N, Berechnet: C 50.70 H 7.04 Gefunden: 50.71 7.14 ! E. Fischer und E. FourneAu, Über einige Derivate des Glycocolls. Ber. d. D. chem. Ges. 34. 2875. * E. Fıscner, Synthese von Derivaten der Polypeptide. Sitzungsber. 1903. 387 und Ber. d. D. chem. Ges. 36. 2097. ® Vgl. E. Fıscher u. Fourneauv. Ber. d. D. chem. Gesell. 34. 2870. * E. Fıscher, Ester der Aminosäuren, Ber. d. D. chem. Ges. 34. 442. 694 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. 15. Leucinimid (3.6-diisobutyl-2.5-diacipiperazin). Dargestellt aus dem Ester! und aus Alkohol umkristallisiert. 0%1924 Subst. 0%4484 CO, 0%ı1709 H,O G,.H..0,N, Berechnet: © 5 3.72 Ho m Gefunden: 63.55 9.84 16. Leueylglyeylglyein CH, A >CH. CH; . CH(NH;) . CO. NHCHz . CO . NHCHz . COOH CH3‘ Aus &-Bromisocapronylelyeylglyein mit wäßrigem Ammoniak dar- gestellt.” Umkristallisiert aus Wasser mit Alkohol und über Schwefel- säure getrocknet. Originalpräparat. 17. Isoserin NH,.CH,.CH(OH).COOH. Durch Erhitzen von 8-Chlormilchsäure mit NH, im Autoklaven bei 130° gewonnen. Gereinigt durch Umkristallisieren aus Wasser mit Tierkohle.® 02006 Subst. 0®2509 CO, 01216 H,O C,H,0,N Berechnet: 'C 34.28 - H'6.67 Gefunden: 34.11 ans 18. 1-Asparaginsäure. Präparat von Kahlbaum. Gereinigt durch Umkristallisieren aus Wasser mit Tierkohle. 0°1985 Subst. 0°2619 CO, 0%0og27 H,O C,H,0,N Berechnet: C 36.09 H 5.26 Gefunden: 35.98 5.36 j 19. Glutaminsäure (aktiv). Gewonnen durch Säurespaltung® des Caseins. Isoliert als Hydro- chlorat. Umkristallisiert aus Wasser mit Tierkohle. 0°1930 Subst. 0%2884 C0, 0®1085 H,O j 6,H,0,N . ‚Berechnet; C' 40.91 ° H76.72 Gefunden: 40.75 6.26 E. Fıscner, Ester der Aminosäuren, Ber. d. D. chem. Ges. 34. 448. E. Fıscuer, Synthese von Polypeptiden. Ber. d. D. chem. Ges. 36. 2990. ® E. Fıscner und H. Leucns, Ber. d. D. chem. Ges. 35. 3794 (1902). * E. Fıscner, Über die Hydrolyse des Caseins durch Salzsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. 33. 153. Fischer u. F. Wreos: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 695 20. Phenylglyeocoll C,H,CH(NH,). COOH. Die Vorschrift von Tırmann (Ber. d. D. chem. Ges. 13. 333) zur Dar- stellung der Verbindung läßt sich insofern vereinfachen, als die Ver- einigung des Benzaldehyd-Cyanhydrins mit Ammoniak in alkoholischer Lösung auch ohne Erwärmung im Laufe von etwa 12 Stunden glatt vonstatten geht. Für die thermische Untersuchung diente ein farb- loses Präparat, dessen Zusammensetzung hier ausnahmsweise nicht durch die gewöhnliche Elementaranalyse, sondern durch Auffangen der in der Bombe enthaltenen Kohlensäure in einem Kaliapparate fest- gestellt war. 0%49938 Subst. 0°%05028 Naphthalin: 13354 CO, (— Naphthalin: 0%1723 CO,) 0,H,0,N Berechnet: C 63.57 Gefunden: 63.61 21. Anilinoessigsäure C,H,.NH.CH,.COOH. Präparat von Kahlbaum. Durch schnelles Umkristallisieren aus Wasser mit Tierkohle gereinigt. Farblose Kristalle. 021914 Subst. 0F4458C0; . 081047 H,O C,H,0,N Berechnet: 6 63.56 H 5.96 Gefunden: 63.52 6.08 22. Anhydrid (Azlaeton) der Benzalhippursäure. Die Darstellung dieser und der folgenden drei Verbindungen ge- schah nach ERLENMEYER jun. (Liesıss Ann. 275, I— 20). Schwach gelb- liche Nadeln. Schmelzpunkt 165-166°. Umkristallisiert aus Benzol. ° 02003 Subst. 0%°5655 CO, 0%0831ı H,O 6.HLON: "Berechnet: G77.vr H4.42 Gefunden: 76.99 4.59 23. Benzalhippursäure (Benzoylaminozimmtsäure). CsH;—CH = C--CO0H NH 60.CsH; Darstellung s. Nr. 22. Gereinigt durch Umkristallisieren aus Alkohol. 0%2020 Subst. 0%5306 CO, 0%°0883 H,O C.H,,0,N Berechnet: E 71.91 H 4.94 Gefunden: 71.61 4-85 696 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. 24. Benzoylphenylalanin. CsHz . CHzCH.. COOH NH. COCsH, Darstellung s. Nr. 22. Umkristallisirt aus Alkohol. 0°1925 Subst. 0®'5052 CO, 0®1000 H,O C,H,,0,N Berechnet: 0 71.38 H 5.53 Gefunden: 71.47 Se] 25. Phenylalanin (inaktiv) C,H,.CH,CH (NH,) COOH. Darstellung s. Nr. 22 und Ber. d. chem. Ges. 33. 2385." Ge- reinigt durch Umkristallisieren aus Wasser mit Tierkohle. 0®1920 Subst. 0%'4600 CO, o0%1161ı H,O C,H,.0,N. Berechnet:/C'65.45 H/6.67 Gefunden: 65.37 672 26. Barbitursäure. CO—NH CH co Nco—NH’ Dargestellt aus Harnstoff und Natriummalonsäurediäthylester nach Mic#Aer. Journ. f. prakt. Chemie 35. 456. Umkristallisiert aus Wasser mit Tierkohle. 6 Tage im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. 0°1716 Subst. 02358 CO, 0%0504 H,O 6,H,0,N. ' Berechnet:70737 5or Hfzs13 Gefunden: 37.48 3.26 27. CC-Diäthylbarbitursäure (Veronal). CO—NH 9 N C2H;)2C co EN nn Aus Harnstoff und Diäthylmalonester durch Kondensation mit Natriumäthylat gewonnen. Umkristallisiert aus Wasser. C;H,,O,N, Berechnet: C 52.18 H 6.52 Gefunden: 52.05 6.72 28. Seidenfibroin. Sogenannte technisch degommierte Seide wurde mehrfach bei 117° Je 6-8 Stunden im Porzellangefäß mit 25 Teilen Wasser bei 14-2 At- ‘ E. Fıscner und A. Movneyrar, Spaltung einiger racem. Aminosäuren in die optisch aktiven Komponenten. Fischer u. F. Wrede: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 69% mosphären Druck ausgelaugt', bis jedesmal konstante Gewichtsab- nahme (etwa ı Prozent) eintrat. Das Fibroin wurde bei 120° ge- trocknet. o®1772 Subst. 0®3181 CO, 0%1026 H,O o&1I9g7I » 30% >81 N. (89.5,4709-5) Gefunden: C 48.96 H 6.43 N 18.16 Zum Vergleich geben wir hier auch die Analysen des Stoffes, die von BERTHELOT und STOoHmAnn ausgeführt sind: BERTHELOT? STOHMANN u. LANGBEIN® C 48.09 Prozent 48.63 Prozent ER637 » 6.08 » INS77:96 » 18.97 » STLIOSE7 » — 29. 4-Methyluraeil. NH—60 co SCH NH-C.CH; Dargestellt aus Harnstoff und Acetessigester nach BEurenn. Vgl. Liesıcs Annalen 251. 238. Umkristallisiert aus Alkohol. 0o®1982 Subst. 0%3470 CO, 0%0890 H,O GEH-OIN., Berechnet 647.62 14.76 Gefunden: 47.75 4.99 30. 5-Methyluraeil (natürliches Thymin). NH—CO co 20.08; NH—CH Gewonnen aus der Thymusdrüse des Kalbes (s. Ber. d. D. chem. Ges. 26. 2753). Für die Untersuchung stand uns ein Teil des Ori- ginalpräparates zur Verfügung, für dessen Überlassung wir auch an dieser Stelle Hrn. Dr. Nrumann unseren besten Dank sagen. Ge- reinigt wurde das Präparat durch Umkristallisieren aus Wasser mit Tierkohle. ! E. Fıscner und A. Serra, Über das Fibroin der Seide. Zeitschr. f. physiol. Chem. 33. 179. ® Berrnerors Präparat enthielt S; s. Ann. chim. (6) 22. 44. ® Journ. f. prakt. Chem. 44. 378. Sitzungsberichte 1904. 55 698 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. 31. 4-Methylhydrouraeil. NH—CO coX 1 m NH--CH.CH; Dargestellt aus Crotonsäure mit Harnstoff." Originalpräparat. Um- kristallisiert aus Alkohol. 32. 4-Phenyluraeil. NH--C0 co ICH NH-C-CsH, Durch Zusammenschmelzen von Harnstoff und Benzoylessigester erhalten (s. E. Warnımeton, Journ. f. prakt. Chem. 47, 201). Aus Eis- essig umkristallisiert. 33. n-Capronsäure (synth.) CH,.CH,.CH,.CH,.CH,. COOH. Präparat von Kanutsaum. Mehrfach unter vermindertem Druck fraktioniert. 0°1517 Subst. 023447 0027 027426. H.0 (G,H,.0,. Berechnet: C’62.06 . H 10.34 Gefunden: 61.97 10.44 34. Hydrosorbinsäure CH,.CH,.CH = CH.CH,. COOH. Aus Sorbinsäure mit Natriumamalgam dargestellt. Im Vakuum fraktioniert. 0.2239; Subst. 025173 C0°027783 EMO 0,H,0, Berechnet: 63.16 7877 Gefunden: 63.01 8.85 35. Sorbinsäure CH,.CH = CH—CH = CH—-COOH. Aus Ürotonaldehyd durch Kondensation mit Malonsäure.” Ge- reinigt durch Umkristallisieren aus 5oprozentigem Alkohol. 0°1834 Subst. .0®4311 CO, oF1210K,O 0,H;0, Berechnet: C 64.28 H 7.14 Gefunden: 64.11 1238 ' E. Fıscner und G. Röper, Synthese des Uracils, Thymins und Phenyluraeils. Ber. d. D. chem. Ges. 34, 3754- ® OÖ. Dorner, Synthese der Sorbinsäure. Ber. d. D. chem. Ges. 33. 2141. Fischer u. F.WreDE: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 699 Zu der in der folgenden Tabelle II gegebenen Zusammenstellung des gefundenen Zahlenmaterials ist zu bemerken: 1% [057 Die Angabe der gesamten Zahlen geschieht aus dem Grunde, weil sie für eine spätere Kontrolle oder Umrechnung er- forderlich sein kann. Bei der Berechnung der Strahlung nach der oben angeführten Formel wurde 6, und 6, für T und T’ eingesetzt; eine merk- liche Änderung des Resultates ist dadurch nicht zu befürchten. Für n ist durchweg die Zahl 7 einzusetzen, wobei die Ab- lesungen des Thermometers nach je ı Minute erfolgten. Der Wasserwert des Systems betrug bei einer Füllung von 25 Atm. Sauerstoff 11.6188 Wattsek.. der sich zusammen- setzt aus dem Originalwert der elektrischen Eichung 11.606, ferner der Korrektion für unser Thermometer 0.0051 und der Korrektion 0.0077 für die in der Bombe vorhandene Feuchtigkeit (18). Die Bestimmungen von Benzoesäure und die 3. Bestimmung von Alaninanhydrid sind mit einer Füllung von 50 Atm. Sauerstoff ausgeführt. Hier erhöht sich der Wasserwert des Systems auf 11.6272. Die zur Berechnung der »molekularen Verbrennungswärme« benutzten, abgekürzten Molekulargewichtszahlen sind in Klam- mern jedesmal neben dem Namen der Verbindung angegeben. Die molekulare Verbrennungswärme bei konstantem Druck wurde erhalten nach der Formel Ww=W-+ oe «1.21 Wattsek.: wo H, O und N die Anzahl der in der Verbindung ent- haltenen Atome Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff be- zeichnen. Die Formel entspricht der von Stoumans, KLEBER und Lansgein gebrauchten (Journ. prakt. Chemie 39. 523) mit dem Unterschied, daß an Stelle von Calorien die Watt- sekunden getreten sind und daß statt ı8° die Temperatur 16° gewählt ist, weil der größte Teil unserer Versuche in der Nähe von 16° ausgeführt ist. | Substanz r. | Nun DM De er ne 700 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. op ın gı I. 0.99435 0.97620 0.993709 0.96040 0.978330 1.01025 0.979093 1.00823 1.01134 1.01260 2. 0.52730 0.52763 | 0.59243 | 0.49308 | 0.50642 | 0.51457 3. Rohrzucker (34 1.01747 | 1.09030 | 1.01843 | Eisen Kollodw. Wattsek. Wattsek. lin Wattsek. Benzoesäure (I22) Naphthalin (123) 460 | 460 | 460 | | 460 | 460 | 460 I Naphtha- | Salpeter- säure Wattsek. 4. Phenylessigsäure (136) fest 0.73483 | 0.77782 0.381665 1.04900 5: 0.70220 1.00715 | 1.01407 | 0.97637 | 6. 0.71979 0.68665 0.99983 0.0782 896 | 461 460 Glyeocoll (75) fest 460 460 | 460 460 Alanin (89) fest 460 8.6530 1.4284 0.49343 1.7801 279 397 397 431 —0.00215 250, 150 04 06 -++0.00205 160 2 9n+ 0, = —NT .. - . Lord Fischer u. F. Wrede: Verbrennungswärme organischer Verbinduneen. 701 o- be} De} Verbr.-Wärme in Calorien | Verbrennungswärme in Wattsekunden | EArIe Ton | SINE me mus — un pro gr | pro Molekül 9 korrig. | 91 korig. | At | pro gr bei | pro Molekül bei bei konst. Vol. | | | konst. Vol. | konst. Vol. | konst. Druck eal. Cal. 17.8340 | 20.1015 0.0122 | 26.559, | | | | 17.6620 19.8920 | 090 | 26.556 | | | 17.4035 19.6640 179 | 26.548 | | 17.2020 19.3950 078 26.531 17-3615 19.5910 120 | 26.531 17.2575 19.5615 | 114 | 26.537 17.6915 19.9220 | 140 | 26.543 17.4520 | 19.7435 | 208 26.559 16.8910 19.2010 095 | 26.552 | 17.1135 19.4220 | 121 26.539 | | | | 26.5455 | 3238.6 3239.8 6354.9 175-3 17.3640 19.1835 189 40.366 17.6350 | 19.4495 247 40.367 | 17.2565 | 19.3000 | 231 | 40.382 | 17.6660 | 19.3700 | 179 40.421 | 17.6980 | 19.4525 121 | 40.378 15.2270 | 17-0070 148 40.388 | 40.384 5169.1 5173-9 9667-8 1237-5 17.5670 19.0160 164 | 16.664 | 18.1550 19.7040 189 16.642 | 17.2860 | 18.7490 | 045 16.668 | | | 16.658 5697.0 5697.0 | 3987-8 | 1363.9 15.0310 16.8370 147 | 28.651 16.2840 | 18.1950 200 28.666 15.4980 17.5015 | 179 | 28.672 17.1705 19.7515 | 161 28.686 | e | | | 28.669 | 38990 | 3901.4 6863.4 933.4 18,1590 19.6920 062 | 13.023 | | 17.8450 19.1070 |— 017, 13.043 | | 17.7165 18.9000 048 13.057 | | 17.0785 | 18.3235 091 | 13.025 | | | u j | | | 13.037 977-8 977-2 3121.0 234.1 17.6735 19.1405 | 038 | 18.310 | 17.5220 19.0830 |— 008 18.323 | 16.0370 17.7100 111 | 18.320 | 18.318 1630.3 1630.9 | 4385.3 390.3 702 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Nı. w N D&D DD —- Po u - m 8 voe Substanz in er | 7: 0.74258 | 0.79101 0.73071 | 0.715293 | 8. 0.70153 0.70012 | 0.69729 | 9. 0.84 106 0.96420 0.86913 Io. 0.84230 0.380415 0.78745 II. 0.49998 0.62085 0.62624 | E2. 0.70715 0.71255 0.77181 | | 13. 0.92308 | 1.01410 | 1.07468 e | Naphtha- | Salpeter- Eisen ' Kollodw. una I 5 A | lin säure Wattsek. Wattsek. | Wattsek. | Wattsek. | Leuein (131) fest 0.0460 | 0.16638 | 0.0450 —0.0020 | +0.0014 460 | 0.18173 | 502 | 16 460 | 0.17608 | 438 08 | 25 460 | | 0.16154 | 450 17 17 Glyeinanhydrid (114) fest 0.1282 | 418 08 | 16 0.1370 | 418 Io | to 0.1004 | 418 07 11 Alaninanhydrid (142) fest 460 0.1870 564 06 27 460 0.1414 | 585 03 | 31 460 | 795 20 13 Leucinimid (226) fest 460 | | 523 12 2 460 | 23 23 20 460 502 21 19 Glyeylglyein (132) fest 460 8.4686 301 09 | 16 460 8.2840 | 376 | 08 | 20 460 | 10.7165 | 397 06 21 Glyeylglyeinester (160) fest 460 | 71-9726 423 09 28 460 ni 9.1510 473 23 15 460 | | 9.6073 | 543 3 26 | | | | | | | Glyeylglyeincarbonsäure (176) fest 460 | 116 06 12 460 | 180 11 | 460 | | 201 IT | 05 | «-Carbäthoxylglyeylglycinester (232) fest 460 | | | 439 | 17 09 460 | | 439 28 oI 460 | 460 | 27 02 | | (3 Nn—ı _ On I 0. + do 2 11.292 11.888 11.037 11.440 6.853 6.046 6.810 10.785 12.194 11.267 14.822 14.103 12.831 8.551 9.449 10.751 12.456 13.297 14.177 5.641 6.028 6.543 9.056 9.556 9.072 Zr) ) % Fiscner u. F. Wreoe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 703 | | Verbrennungswärme in Wattsekunden Verbr.-Wärme in Calorien BR | Be x > — ——— - ro er »ro Molekül Boskomig. | On korrig. | =At |) no gribei pro Molekül bei ee nn | konst. Vol. konst. Vol. | konst. Druck eal. Cal. 17.6900 | 19.4530 | 0.0077 | 27.359 | | | 17.4110 | 19.2885 087 | 27.354 | | | 18.0260 | 19.7560 155 27.391 | | 17.7710 | 19.5580 099 ___27.394 | | | 27.3145 | 3586. 35902 | 6553.3 858.5 15.0890 16.1485 100 17.471 | | | 14.7950 15.8575 | 044 17.450 | | | 15.4085 16.4630 | 067 17-479 | | E | 17-467 1991.2 | 19900 | q4ı8ı.5 476.7 15.2430 16.9285 | 169 23.173 15.4460 17.3715 195 23.183 16.3725 18.1115 074 23.219 | | 23.192 3293-3 3294-5 5552.2 788.4 15.5960 17.9050 166 31.963 | 15.3490 17.5525 114 31.880 | 15.3205 | 17.4800 | 091 31.875 | 31.906 7210.7 | 7219.2 | 7638.2 1726.2 15.0835 16.4525 093 14.939 15.4235 16.9295 Se) 14.929 15.5275 17.2520 127 14.982 14.950 1973-4 1972.2 3579-1 472-4 15.5945 17.5495 172 | 21.006 15.2130 | 17.2890 083 | 21.014 | 15.7590 | 17.9770 158 | 21.050 | | | | 21.023 | _3363.7 3364-9 5032.9 805.3 17.3000 | 18.1905 | 072 11.237 17-0170 | 18.0030 027 11.265 17.4270 | 18.4690 024 11.230 | | | 11.244 1978.9 | 1975-3 2691.7 | 473.7 17.0995 18.5130 | 048 | 20.217 16.7950 18.2880 |—0.0010 | 20.217 | 16.8640 | 18.2758 |—0.0002 | 20.233 | | | m | | | 20.222 4691.6 4692.8 4841.1 | 1123.2 Nr. [PP Su > DB - a vb —- > DB - u. Br 704 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Substanz in gr 15. 0.83030 0.930409 0.92076 16. 0.54152 | 0.52015 0.549238 1.00497 1.01134 1.00960 19. 0.69460 0.68270 0.920553 20. 0.62061 | 0.66513 0.71093 2I. 0.71868 0.729497 | 0.68585 22. 0.70535 | 0.70800 | 0.68823 — 2 z | ei R Naphtha- | Salpeter- | n—ı 0,+ 9 isen | Kollodw. lin as 3 | a | >94 _— .- ") | I Wattsck. Wattsek. Wattsek. Waittsek. | 8-Carbäthoxylglyeylglyeinester (232) fest 0.0460 | 0.0439 | —0.0013 | -+0.0012 | 9.093 460 | 514 19 | 08 | 10.113 460 | 502 16 | 10 | 10.002 | | | | Leueylglyeylglyein (245) fest 460 | | 0.8428 | 326 a 06 | 7-331 460 0.831858 368 165 025 7.069 460 0.9781 389 Da) 08 | 7.541 | | | | Isoserin (105) fest 0.1357 | 586 10 | 04 | 5.443 0.1441 209 03 10 | 5.374 0.1992 188 10 05 5.350 ol Asparaginsäure (133) fest 460 0.1381 209 10 | 08 | 6.579 460 0.2383 | 230 09 | 06 | 6.816 460 0.3433 209 10 | 12 | 6.797 | Glutaminsäure (147) fest 0.1090 8.1044 293 10 | 20 10.199 0.0771 7.2975 | 251 | 08 | 20 9.803 460 0.2952 | 264 | 05 | 20 7.680 Phenylglyeocoll (15r) fest 0.0911 293 05 25 9.076 0.1128 | 309 04 | 26 9.619 0.0981 I" a) 04 | 26 10.280 | | | | Anilinoessigsäure (151) fest 0.0938 376 06 22 10.608 0.1046 376 10 18 10,868 0.1073 | 356 15 | | 10.155 Anhydrid der Benzalhippursäure (249) fest 460 | | 418 | 14 | 23 | 12.056 460 468 | 09 29° 11.937 460 | 397 20 20, 11.437 Fiscner u. F.Wreove: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 705 | Verbr.-Wärme in Calorien | | | Verbrennungswärme in Wattsekunden | NE | Br — —— | ro gr ro Molekül 0, korrig. 91 korrig. zAı pro gr bei pro Molekül bei bei kön Vol. konst. Vol. konst. Vol. | konst. Druck | eal. Cal. 16.7840 | 18.1920 | 00070 | 19.693 16.5580 | 18.1438 | 039 | 19.747 16.7695 18.3330 055 | 19.694 | None | 4eao | 457.2 | 4718.8 1094.8 15.6350 | 16.7720 | 032 22.7162 | 15.6015 16.6965 007 22.7420 | 16.1240 17.2905 042 22.828 | | | 2.7 | 55805 | 55835 54528 | 1335.9 15.6965 16.5435 020 13.713 16.4650 17.3085 062 13.718 15.7900 16.6200 027 13.685 13.705 14391 | 1438:5 3281.0 344-5 15.6770 | 16.7385 041 12.116 16.1130 | 17.1980 031 | 12.197 | 16.3515 | 17.4370 | 068 | 12.165 | | | | 12.159 1617.2 1615.4 2910.9 387-1 16.2560 17.8790 | 118 15.480 | | 16.6060 18.1380 | 123 15.444 | 16.4015 17.6470 119 15.472 15.465 2273-4 2272.8 3702.3 544-2 17.2870 18.6965 | 158 | 26.490 17.1505 18.6630 | 163 26.490 17.2630 18.8800 162 26.507 26.496 | 40009 | 40027 6343.17 | 957-8 17.3065 18.9620 137 26.803 17.6110 19.2930 111 26.772 | | 17.1455 18.7265 | 101 26.746 | | | 26.774 4042.9 4044-7 6409.7 967-9 14.9920 16.8760 | 139 31.139 | 15.2745 17.1665 077 31.209 | | 14.9550 16.7980 108 | 31.172 | Meg ee I} | 31.173 02.2 | 17165.2 | 1462.9 | 1858,3 Nr. mb - ou - on. mv EL 0 Zu SE | | I 706 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Substanz in gr | | 23. 0.70257 | 0.787904 0.77771 24. 0.76953 0.71335 0.72680 25. 0.70690 0.64600 0.70545 | 26. 0.609967 0.68352 | 0.065927 | 27- 0.727I0 | 0.69195 0.70910 28. 0.87028 0.78285 0.790595 29. 0.77635 0.74505 0.833510 0.73327 30. 0.52815 | 0.714300 | 0.067853 | aphtha- | Salpeteı- | Eisen Kollodw. ran 2 SB 2 | lin \ säure Wattsek. Wattsek. Wattsek. | Wattsek. Benzalhippursäure (267) fest 0.0460 | | 0.0376 460 397 460 418 Benzoylphenylalanin (269) fest 460 | | | | 460 | Phenylalanin (165) fest 0.1377 | 0.1119 0.1221 ! Barbitursäure (128) fest 0.1148 | 10.4178 0.1158 | 7.0379 0.0936 | 5.6274 | | CC-Diäthylbarbitursäure (184) 0.0956 0.1317 0.1193 Seidenfibroin fest 0.1420 0.1282 0.1549 4-Methyluracil (126) fest | 0.1153 | 0.0963 | 0.0924 3-.S0rar | | 0.1241 | 4.5464 5-Methyluracil (126) fest F2o:o781. 1 21.1518 | 0.0624 1.4599 0.0733 1.3690 | 397 376 376 | | ® | —0.0007 26 24 08 fest 13 08 16 10 +0.0030 13 15 | n—I > >2 L du + 0n+0o —- .) 2 11.277 12.302 12.177 12.300 11.454 11.690 10.857 10.015 10.891 10.000 8.210 7.268 9.017 8.628 8.807 10.331 9.369 8.487 8.110 7.756 10.384 9.978 5.994 8.494 7:787 >) r .. . r . MN Fischer u. F.Wreoe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 707 | : NEimantHiaEEergerenenS | | Verbrennungswärme in Wattsekunden Verbr.-Wärme in Calorien Pr en =: — ee ro gr »ro Molekül 00 ‚korrig. 91 korrig. | =At | pro gr bei | pro Molekül bei I bei Ko Vol. | | konst. Vol. | konst. Vol. | konst. Druck cal. Cal. 15.3310 17.0750 | 0.0190 29.036 | 15.3650 | 17-3295 | o61 28.982 | | | 15.7770 | 17.7195 076 | 29.021 | | 29.013 7746.6 7749.06 6945.8 1854.5 15.2335 | 17.1785 | 115 | 29.429 | | 15.2475 | 17-0470 166 29.464 | 15.5420 | 17.3785 | 115 | 29.428 | | | | 29.440 | 7919.4 7923.6 | 7947-9 1895.9 16.2835 18.0075 071 28.203 16.1945 17.7635 123 28.210 | 16.8615 18.5690 188 | 23.204 28.206 4653.9 | 4656.9 6752-4 T114.1 14.9500 16.5585 T15 | 11.804 | | | 15.3450 16.6470 089 | 11.777 15.6600 | 16.8134 070 KrTa2 | | | || 1506.7 | 1503.1 2818.0. | 360.7 16.7332 18.1395 057 | 22.380 16.7485 18.0900 053 22.373 16.6210 | 17.9960 050 | 22.391 | 22.381 | 418.1 4119.3 53580 | 985.9 Torars | X17.7705 || 052 21.598 | | 16.5143 | 17.9720 089 21.545 | | 16.4140 | 17.7345 | 098 | 21.618 | 21.587 | 5167.9 16.1625 | 17.4250 097 | 18.838 | | 16.5475, | 17-7575 086 18.824 | | | | 16.3540 18.0115 078 | 18.804 | | 15.9690 17.5575 048 | 18.820 | | | | 18.821 | 2371-5 2370-3 4505.8 | 567.7 15.1760 16.1350 | 032 | 18.783 | 15.1975 16.5255 067 RT os | 16.1020 | 17.3165 | og0 | 18.773 | | | TS. 7800| 2366.0 23648 | 4495-3 | 566.4 Nr. | nen - | 708 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Substanz | in gr Bir 0.71038 | 0.71665 0.716065 | 32% 0.50040 0.52313 | 0.52475 | 33- 0.82040 1.02360 | 0.387755 | 34. 0.438330 0.67202 0.68211 0.48350 | 0.57760 | 39 0.60039 | 0.55733 0.67700 | Wattsck. Waittsek. | | Naphta- Is a - lin | säure "Wattsek. Wattsek. Eisen Kollodw. 4-Methylhydrouraeil (128) fest | o.ogı2 | 5.6029 | 0.0397 | 915575 | 6.83825 | 384 | 0.0653 | 4.8737 | 438 | | Phenyluraeil (188) fest 0.0927 | 301 0.0718 1.3307 272 0.0624 | 0.9397 272 | | Capronsäure (116) flüssig 460 376 460 460 460 355 Hydrosorbinsäure (114) flüssig 460 | 167 460 104 460 125 460 217 460 | | 222 Sorbinsäure (112, fest 460 | 272 460 | 251 460 218 | —0.0006 08 | II 21 16 dn+ 80 ——————— yet 10.770 11.517 10.553 7:.050 8.038 7-850 9.472 16.783 14.465 7.182 10.868 9.900 7.844 9.436 9.279 8.619 10.484 a x r Pr} . . 7 Fischer u. F.Wrepde: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 109 | | | Verbrennungswärme in Wattsekunden Verbr.-Wärme in Calorien ae, | De I- — | — pro gr | pro Molekül 0, korrig. | 9n korrig. = | pro gr bei | pro Molekül bei bei konst. Vol. | konst. Vol. | konst. Vol. | konst. Druck cal. Gal. 16.4010 18.1190 | 0.0102 | 20.195 | | 16.4080 18.2520 | 100 20.245 | | | 16.3455 | 18.0135 o8ı | 20.221 | | | | 20.220 2588.2 25882 | 4807 | 619.6 15.0190 16.1115 | 053 25.244 | 15.1220 16.3665 127 25.190 | | 15.4855 | 16.6980 149 | 25.215. -| | | S | | 25.216 4740.7 | 4740.7 | 6036.8 | 1134.9 15.4270 17.5555 158 30.267 | 15.1580 17.8040 235 | 30.212 | | | 15.1425 | 17.4070 2550 I oa | | | 30.235 3507.2 3512.00 | 1238.2 | 839.6 14.8350 | 15.9250 | 165 | 29.190 16.8170 | 18.5015 098 | 29.209 16.8000 13.5110 | 093 | 29.217 14.9740 | 16.1875 | 072 | 29.193 15.0245 | 16.4760 065 | 29.212 | 29.204 | 3329.2 33328 | 6991.4 797.0 15.1780 16.6195 | 014 27.802 | 15.5710 16.9087 049 27.862 | 15.0630 16.6830 052 | 27.792 | 27.819 3115.75 3217.20 0 6059:80 | 27459 710 Sitzung der phys.-matlı. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Aus der Zusammenstellung ist ersichtlich, daß bei einigen Sub- stanzen ein Zusatz von Naphthalin nötig war, um eine rasche und voll- ständige Verbrennung herbeizuführen. Außer den drei zuerst erwähnten Substanzen, die schon früher besprochen wurden, sind noch Phenylessigsäure, Glyeocoll, Alanin, Leuein, Asparaginsäure, Barbitursäure, Seidenfibroin, Capronsäure und Sorbinsäure früher Gegenstand thermischer Untersuchungen gewesen. Wir haben die betreffenden Daten zum Vergleich in der folgenden Tabelle III zusammengestellt: Tabelle IH. Molekulare Verbrennungs- wärmen in Calorien bei eonstauten Volumen | | Unsere Be- \ Unser stimmungen | ‘ Altere neuer \berechnetnach Z Wert |St.s Wert für Werte Benzoesäure | Phenylessigsäure | 933-4 928.6 | 930.1 | StroHumAnn, J. pr. Chem. 53. 367. Elyeocoll 222.17 23441 232.9 | 234-7 |Swoanmann u. LANGBEIN, J. pr. Chem. 44. | 381. | | \ 235.0 Berturor et Anoee, Ann. de chim. (6) | | | 22.8. Mann... .... | 390.3 388.4 | 387.6 | Sronuann, J. pr. Chem. 44. 382. | | | 389.0 | Berrneror et Anpre, Ann. de chim. (6) | | | 22.8. Beucınerser: | 858.5 854.1 854-8 | Sronmann, J. pr. Chem. 44. 383. | \ 856.1 | BerrHeLor et Anpre, Ann. de chim. (6) | | 22.9. Asparaginsäure . | 387.1 385.2 385-6 Sroumann, J. pr. Chem. 44. 386. 387.2 | BerrHELor et Anpre, Ann. de chim. (6) | 22.72. Barbitursäure ... | 360.7 _ 354-2 Marıcnon, Ann. de chim. (6) 28. 292. Seidenfibroin . . |5167.9 ZZ 4979-6 Sronmann, J. pr. Chem. 44. 378. pro gr 5095.7 Berrueror et Anpr£e, Ann. de chim. (6) 22.44. Capronsäure ..| 839.6 835-4 837-6 | Sronmann, J. pr. Chem. 49. rrı. | 830.2 | Louscınıne, Ann. de chim. (5) 25. 140. Sorbinsäure . . . | 745-9) 742.2 742.8 Sronmann, 2. f. physik. Chem. ro. 410. | — | 728.95 Ossırorr, Z. f. physik. Chem. 2. 649. Für die molekulare Verbrennungswärme in Calorien sind 3 Werte angegeben: 1. Der von uns gefundene neue Wert, berechnet mit der elek- trischen Eiechung des Kalorimeters. Fiscner u. F.Wrepe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 711 2. Der von uns gefundene neue Wert, berechnet mit dem Wasser- wert unseres Kalorimeters, der mit Srtoumanss Verbrennungs- wärme für Benzoesäure = 6322.3 cal. ermittelt war. 3. Ältere Angaben. Der Vergleich von 2 und 3 ergibt direkt die Abweichungen unserer thermischen Bestimmungen von denen STOHMANNS. Im einzelnen haben wir noch folgendes zu bemerken: Phenylessigsäure wurde von Sronmann bestimmt: er legte aber selbst dem Resultat keinen besonderen Wert bei, weil er das Präparat für nicht ganz rein hielt. Der von Sronmann für Glycocoll ermittelte Wert ist etwas größer als der unsere: wir vermuten, daß diese Differenz durch die verschie- -dene Reinheit der Präparate bedingt ist. Nach unseren Erfahrungen ist es nötig, das käufliche Produkt über das Kupfersalz zu reinigen. Auch beim Alanin ist diese Reinigungsmethode empfehlenswert, obgleich diese Aminosäure leichter als die vorhergehende durch Um- kristallisieren aus Wasser gereinigt werden kann. Wohl infolge dieses Umstandes sind auch die Differenzen zwischen den älteren thermischen Werten und unseren geringer. Die Werte für Leuein von BERTHELOT und SToHmann liegen sehr nahe zusammen und stimmen auch mit den unseren bei gleicher Be- rechnung recht gut überein. Das gleiche gilt für die Asparaginsäure. Für Barbitursäure hat Marıenon ziemlich stark abweichende Zahlen gefunden. Die Abweichungen bei Seidenfibroin zwischen unseren Zahlen und den von BerrneLotr und Stonmann gefundenen Werten erklären sich durch die verschiedene Reinigung des Materials, und wir ver- weisen in der Beziehung auf die oben zusammengestellten Elementar- analysen. Bei Capronsäure weichen die Angaben von Loveısıne ziemlich stark von denen Sronmanss und den unsrigen ab; das mag zum Teil an dem Präparat gelegen haben, vielleicht ist daran auch die Methode schuld, da jene Bestimmungen, wie es scheint, noch nicht mit BERTHELOTS Bombe ausgeführt sind. Schwerer zu erklären sind die Differenzen bei der Sorbinsäure, wo Össmorr die molekulare Verbrennungswärme 728.95 fand. Da- gegen ist der von Sroumann angegebene Wert mit dem unsrigen nahezu identisch. Vergleicht man die in der Tabelle II zusammengestellten Resul- tate, so ergeben sich für die molekularen Verbrennungswärmen der untersuchten Stoffe folgende Regelmäßigkeiten: 712 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. ı. Zunahme für ıCH;: Wattsek. Wattsek. oder Cal. en ee Bo 1b ee ai 6525 1562 a ne 3% 651.9 156.1 Aeester a en aan a Gina Be 662 sm aa RT Barbitursäure 1506.7 Diäthylbarbitursäure 4118.1 #2 652.9 156.3 Der von BErTHELoT und Stonmann für 1 CH, berechnete Mittel- wert schwankt zwischen 157 und 158 Cal. 2. Zunahme für 2H: Wattsek. Wattsek. oder Cal. Benzalhippursäure 7746.6 n 8 5 Benzoylphenylalanin 7919-4 22 A 4-Methyluraeil 2371-5 R 4- Methylhydrouraeil 2588.2 Zune Sn EISCHESERLINERUDE (flüssig) 3329.2 1780 2 Capronsäure (flüssig) 3507-2 Capronsäure (fest) 3496.9 Sorbinsäure 3115.75 “2 1995 a5 Mithin Sorbinsäure — Hydrosorbinsäure 203.15 48.6 Der Vergleich zwischen Capronsäure und Sorbinsäure ist direkt nicht möglich, weil die erstere flüssig, die letztere fest verbrannt wurde. Leider ist für keine der beiden Säuren die Schmelzwärme direkt be- stimmt. Nimmt man aber an, daß sie für Capronsäure ungefähr so groß ist wie für Ameisensäure, Essigsäure und Buttersäure (2.4—2.5 Cal. = 10.3 Wattsek.), so würde die Differenz zwischen Sorbinsäure und Capronsäure = 381.15 (d.h. 2X 190.6) Wattsek. Man sieht, daß dieser Wert nicht unbeträchtlich größer ist als die Differenz zwischen Hydro- sorbinsäure und Capronsäure. Dieses Resultat scheint von allgemeinerem Interesse zu sein, denn die Sorbinsäure enthält ein sogenanntes »konjugiertes System benach- barter Doppelbindungen«. J. Tuiere, dem man eine neue Theorie dieser ! J. pr. Chem. 49, 110; bzw. Thermochimie. Berraeror. Bd.]. 495, 649. * a r r .. . r . - ‘ Fischer u. F.WREDE: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 713 Doppelbindungen verdankt, hat bereits die Vermutung ausgesprochen ', daß solche konjugierte Doppelbindungen einen Einfluß auf die Ver- brennungswärme ausüben, und dafür verschiedenes Zahlenmaterial an- geführt. Nach unserem Resultat ist das hier in auffallendem Maße der Fall und zwar ganz im Sinne der Tuiereschen Betrachtungen; denn die Zu- nahme der Verbrennungswärme für 2 H ist beim Übergang von Sorbin- säure zu Hydrosorbinsäure erheblich größer als beim Übergang von Hy- drosorbinsäure zu Capronsäure (203.1: 178). Dies Beispiel beweist also von neuem den Nutzen thermischer Untersuchungen für die energetische Betrachtung der Doppelbindung. Es verdient hier vielleicht noch hervorgehoben zu werden, daß Ostwarp” auch das Leitvermögen der Sorbinsäure im Vergleich zu Hydrosorbinsäure anormal gefunden hat. Wahrscheinlich werden sich in dem Brechungsvermögen ähnliche Abweichungen von den sonst gültigen Regeln zeigen. 3. Zunahme für ıNH;: Wattsek. Wattsek. oder Cal. Phenylessigsäure 399.0 Phenylglyeocoll 4000.9 a ae > y ’ ı äur St)? 12 I henylpropions iure (St) 4534-3 Hrel6 28.6 Phenylalanin 4653.9 Glutarsäure (St)* 2151.2 ne N Glutaminsäure 2273-4 x 9,3 Ein Vergleich der Normal-Capronsäure mit Leuein erscheint nicht statthaft, denn man weiß jetzt, daß das Leucin ein Derivat der Iso- butylessigsäure ist. Der Mittelwert für ı NH, beträgt nach Stonmann 26.9 Cal. oder 113 Wattsek.’ 4. Anhydridbildung: A. Bildung von Dipeptid (— ı H,O) Wattsek. Wattsek. oder Cal. 2x Glyeocoll 1955.6 ; 1x Glyeylglyein 1973-4 u 43 B. Bildung von Tripeptid (— 2H,0) 2x Glycocoll 1955.6 + 1x Leuein 3586.0 1.6 Ä > x 19.5 4-7 Leueylelyeylglyein En 80:5 ! Ann. d. Chemie 306. 103. ® 2. f. physik. Chemie 3. 274. Japr. Chem2532365- * J. pr. Chem. 49. 116. ® J. pr. Chem. 44. 395. Sitzungsberichte 1904. 56 714 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. C. Bildung von Diaeipiperazin (— 2 H,O) 2% Glyeoceoll 1955-6 N ® ıx Glyeinanhydrid 1991.2 35.0 8.5 2x Alanin 3260.6 ER 5 ıXx Alaninanhydrid 32933 32.7 TE 2X Leuein 7172.0 ar h ı%X Leueinimid 7210.7 39.7 9.3 Wenn der thermische Wert der Anhydridbildung bei den Amino- säuren auch nicht besonders groß ist, so liegt er doch außerhalb der Beobachtungsfehler und führt zu dem Schluß, daß die Bildung dieser Polypeptide und Diacipiperazine aus den Aminosäuren unter Ab- sorption von Wärme erfolgt, daß also diese Polypeptide, verglichen mit den Aminosäuren, für den festen Zustand, endothermische Kom- binationen sind. Die Verhältnisse liegen hier ähnlich wie bei den Amiden, deren Entstehung aus den Ammoniaksalzen der entsprechenden Säuren eben- falls meist unter Wärmeabsorption vor sich geht. BERTHELoT hat diese Erscheinung bereits ausführlich besprochen! und auch auf die Bedeu- tung der Tatsache für die Physiologie hingewiesen, wenn man die Pro- teinstoffe als Amide betrachten wolle. Wir sind nun allerdings der An- sicht, daß einfache Amidgruppen in den Proteinstoffen zwar vorhanden sind, aber an Masse weit zurücktreten gegen die Verkettungsform der Polypeptide. Sollten aber weitere Untersuchungen an den syntheti- schen Produkten dieser Klasse unser bisheriges Resultat bestätigen, so würde für die Peptidgruppe BerrueLors Bemerkung ebenfalls Gültig- keit bekommen. 5. Unterschiede für Isomere: Wattsek. Wattsek. oder Cal. Eye yeneal 4000.9 1 ER: Anilinoessigsäure 4042.9 a-Carbäthoxylglyeylglyeinester 4691.6 D JUlDn S, 5 P-Carbäthoxylglyeylglyeinester 4573.0 88 2a 4-Methyluraeil 2371.5 2 5-Methyluraeil 2366.0 = 3 Ähnliche Differenzen wie zwischen Phenylglyeocoll und Anilino- essigsäure zeigen sich zwischen den beiden flüssigen Toluidinen und Methylanilin® oder zwischen Alanin und Sarkosin.* Auffallend ist der große Unterschied zwischen a- und ß-Carb- äthoxylglyeylglyeinester, deren Struktur noch nicht sicher festgestellt ist. ! 'Thermochimie I, 680; Mechanique Chim. I, 99; Ann. chim. [5] IX, 348 u. [6] RSMINER To: ?® BerrneLor, Thermochimie II, 834. 3 SroHManN u. LANGBEIN, J. pr. Chem. 44. 392. SQ m [Dr 1 Fiscner u. F.Wrepe: Verbrennungswärme organischer Verbindungen. 6. Phenylgruppe: Wattsek. Wattsek. oder Kal. Phenylglycocoll 4000.9 E Glycoecoll 977-8 Ss 123-7 Phenylalanin 4653.9 Alanin 1630.3 3a23.0 723.8 STOHMANN gibt für die Phenylgruppe, wenn sie an Kohlenstoff gebunden ist, den Mittelwert 714,9 Cal. an.! Was endlich die Genauigkeit der von uns angegebenen Werte betrifft, so bemerken wir, daß der mögliche Fehler der elektrischen Eichung unseres Kalorimeters von den HH. JAEGER und von STEINWEHR auf 1—2Promille des Gesamtwertes geschätzt wird. Dazu kommen dann ‚die üblichen Fehler der einzelnen Bestimmungen und endlich diejenigen, die durch die Unreinheit der Materialien bedingt sind. Die ersteren schätzen wir bei den Durchschnittszahlen in keinem Falle auf höher als 1005 des Gesamtwertes. Auf letztere, die natürlich sehr erheblich sein können, haben wir, wie schon früher hervorgehoben wurde, ganz be- sondere Aufmerksamkeit verwendet und uns bemüht, die Materialien so rein wie möglich darzustellen. Wie weit dies im Einzelfalle ge- lungen ist, läßt sich allerdings nur durch eine Wiederholung der Ver- suche feststellen. ı J. pr. Chem. 32. 67. a 56 16 Hydrodynamische Untersuchungen. Von H. v. HELMHOLTZz. Aus dem Nachlass zusammengestellt von Prof. Dr. W. Wien in Würzburg. (Vorgelegt durch Hrn. Kornıcspereer am 24. März [s. oben S. 575].) Die folgenden Untersuchungen über hydrodynamische Probleme habe ich aus Papieren, die mir Hr. Geheimrath KoenıGsBERGER zur Durchsicht übergeben hatte, aus dem Nachlass von H. v. HerLnuorız zusammengestellt. Die Ausbeute ist eine recht geringe geworden. da der bei weitem grösste Theil der Papiere theils Anfänge der veröffentlichten Abhandlungen, theils abgebrochene Rechnungen enthielt, deren Durch- führung offenbar nicht gelang. Dass in den sehr umfangreichen Rechnungen über Wasserwogen keine neuen durchführbaren Entwicklungen vorhanden sind, glaube ich auf Grund frühern eingehenden Studiums dieser Fragen garantiren zu können. Ich habe von diesen daher nur eine kleine, fast druckfertige und daher ganz ungeändert selassene Abhandlung (Nr. I) für die Veröffentlichung geeignet gefunden, die zwar nichts besonders neues enthält, aber wegen der originellen Behandlungsweise bemerkens- werth ist. Die beiden kleinen Aufsätze Nr. II und Nr. III behandeln die Bewegung com- pressibeler Flüssigkeiten, bei denen Symmetrie um eine Axe herrscht. Da die bisherige mathematische Behandlung der Cyklonen fast nur unter der Voraussetzung einer in- compressibelen Flüssigkeit gelungen ist, so sind diese Entwicklungen von besonderm Werth. Beide Betrachtungen waren nicht abgeschlossen, aber so weit geführt, dass ein Abschluss ohne Schwierigkeit zu erreichen war. Nr. IV behandelt die sehr originelle Frage nach dem Verhalten spiralig sich aufrollender Wirbel. Es finden sich hierüber mehrere Ansätze, die von gleichen Voraus- setzungen ausgehen, aber alle abgebrochen werden, offenbar weil die mathematische Entwicklung nicht genügt, um die Grenzbedingung gleichen Drucks an beiden Seiten der spiraligen Unstetigkeitsfläche zu erfüllen. Trotzdem habe ich diese Betrachtung aufgenommen, weil sich vielleicht eine weitergehende Analyse wird anknüpfen lassen. Meine Zusätze und Fortsetzungen sind von dem Hernnor'rz’schen Text durelı kleinern Druck unterschieden. I. Wasserwogen. Die Richtung der © sei die Höhe positiv gemessen nach der Tiefe zu. Die Ebene der xy die der Fortpflanzungsrichtung der Wellen parallele. Es wird vorausgesetzt, dass bei gleichem x und y und ver- W. Wıex: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hrrnsorrz. alt schiedenem z Druck und Geschwindigkeit constant seien. P sei die Potentialfunetion der äusseren Kräfte, p der Druck, ? die Dichtigkeit in der Flüssigkeit, v die den x, und v die den y parallele Geschwin- digkeit, ? die Zeit, so reduciren sich die hydrodynamischen Gleichun- gen auf: da a de dy D I P— ( p dv 23 dı dı —e u -— dy dt da dh) ER du “ dv da a IN IN Man setze v = _ und 2 — a was nach der letzten Gleichung RS erlaubt ist, so redueirt sich das Ganze auf: p Je ) de) dydb db d’Y dx ac — dydt a dy dydx de dy I. p d| P— ( p ) _ db dy GAR, day dY \ dıy ade a ar dx dadı Man differentiire die erste dieser Gleichungen nach y, die zweite nach & KELLER : e a dl und subtrahire sie von einander, so erhält man, wenn man at Fr n ? mit A bezeichnet dY dAaY dY day dAY L nd zur allgemeinen Bestimmung der Function /, oder dA dAY day u- +0 + —& y di Au bleibt für jedes einzelne Massentheilchen ungeändert. Wenn wir nur solche Bewegungen untersuchen wollen, welche sich unverändert fortsetzen, in der Richtung von den positiven zu den negativen y hin, so müssen wir % zu einer Function von (y-+- at) machen, welches wir mit 'w bezeichnen wollen. Dann wird die Glei- chung 2 dYy dad ( dY ) dal = m m 0 du da 718 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. deren Integral ist, wenn $} eine willkürliche Function bezeichnet Al — Aoas, ee elleleLe mh /sylelntielie e/ Le le niierte N 3- Aus der Gleichung (2) geht hervor, dass der Werth von Al für jedes Wassertheilchen constant ist. Diese Gleichung wird erfüllt, wenn man jedem Wassertheilchen eine gewisse elektrische Dichtigkeit AV er- theilt denkt, ausserdem beliebige elektrische Massen ausserhalb der Wassermasse annimmt und die Geschwindigkeit jedes Theilchens pro- portional der elektrischen Richtkraft, aber senkrecht dagegen macht. Die äusseren elektrischen Massen können beliebig bewegt gedacht werden. Setzt man A innerhalb einer Wassermasse gleich 0, nennt dw ein Element irgend einer geschlossenen Curve in der xy Ebene und dn die nach innen gerichtete Normale desselben, so ist day |E@=o d Dem a entspricht eine Bewegung in Richtung der Curve. Es gibt dn also in diesem Falle keine in sich zurücklaufenden Curven, die der Be- wegungsrichtung der Theilchen folgen. Für jede mit Wasser gefüllte Kreisfläche in der xy Ebene ist das Drehungsmoment um ihren Mittel- punkt gleich o. Hat aber Au innerhalb einer Wassermasse Werthe, die von O ver- schieden sind, so entstehen Rotationsbewegungen. Da das A einesWassertheilchens durch Einwirkung äusserer Kräfte, die eine Potentialfunetion haben, nicht verändert werden kann, so kann durch Einwirkung solcher Kräfte auf eine ruhende Wassermasse auch nur eine solehe Bewegung entstehen, bei welcher Al = o. Wir betrachten zunächst mit Vernachlässigung der Reibung solche Wasserwogen, bei denen AV = 0, und wo die Wogen in unveränderter Form fortschreiten, U also eine Function von (y+af) = w ist. In dem letztern Falle können wir nach Gleichung (3) statt Al =( auch vVra=l Me 14 als Gleichung der Strömungscurven gebrauchen. Wenn AV =o, wird die erstere Gleichung unbrauchbar, die letztere bleibt brauchbar. Wäre %= 0 die Gleichung von Strömungscurven, so wäre dy dd du dd du = = En — dx dy dy dx dt ='0. Setzen wir für % jetzt (“+axr—C), so wird die Gleichung identisch. W. Wıex: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hernsortz. als Die Gleichungen ı werden jetzt dt dl @JL db AL — en 0 dx dw? dv dude dx dw p I P— ; ( 2) e3| db day dL dy dl do de du da 2 de de dy ( oder weil — -—- =0, so ist integrirt dw de »_ dd NV (a) r =a.+:(G Fe \ 5 Ist die Schwere die einzige äussere Kraft, welche auf die Masse der Flüssigkeit wirkt, also P= g«, so ist ee a b. — =(0+9% Gm: ( + (eermens (5 fo dx dı Bei einer Flüssigkeit mit freier Oberfläche haben wir also folgende Bedingungen zu erfüllen: 1. im Innern der Flüssigkeit d’X ON 2. an der freien Oberfläche muss der Druck constant sein, und sie muss eine Strömungsfläche sein, also für sie muss gleichzeitig sein DFB Bunde OU MEN LE dal ‚\fal\, (dv a ! — BO —— ar) Naoo000osoe 5. are wie (= do | \ 8 3. wenn die Flüssigkeit nach unten noch durch einen horizon- talen ebenen Boden begrenzt ist, für welchen 2 = /, so ist VE N BEE NIE Ist die Flüssigkeit unendlich tief, so ist Y,, gleich © zu setzen. Ein particeuläres Integral der Gleichung 6 ist NL Br A ey (eos5+V—r sin d) c+y (sin 8—y—ı cos d) w und ferner jede Summe aus solchen Gliedern, wie das eben gegebene. Setzen wir die Summe so zusammen, dass alles Imaginäre wegfällt, so nehmen die Glieder folgende Gestalt an: Kersten y(z sin d—w cos d)+ € 720 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Sollen die Wogen, welche nach einander folgen, gleiche Grösse haben, so muss die Zeit, also » aus dem Exponenten verschwinden, also sind = Oo sein, und wir erhalten V= > ı A,e” sin [yo-+c] | wo zu jedem beliebigen y, jedes beliebige A und ec gesetzt werden kann. Wir nehmen zuerst ein einzelnes Glied, und untersuchen es in Bezug auf die Bedingungen der freien Oberfläche im Fall unendlicher Tiefe. Der Exponent y muss negativ sein, dann wird in unendlicher Tiefe die Function Y gleich 0, wäre er positiv, würde sie unendlich gross. Es sei also = Ae’* sin (yu), daraus die Gleichung der Strömungslinien Ae7”" sin wtax —=( und wenn an der freien Oberfläche für ?=o und y=o auch 2 =o sein soll, wird die Gleichung dieser Ae7”" sin wtar=o, also q ! SIND Yo E— = OS 8. r A \ Der Druck wird durch folgende Gleichung gegeben: p SE . A —yI a I 2 A2 2 2y: ! = ga+aydAe” sin w— —YAeT"—D........ ( 9. An der freien Oberfläche muss der Druck constant gleich Null sein. Setzen wir den Werth von sin yw aus 8 in Gleichung 9, so erhalten wir 2 n - = ga — ayo— -YAeT—D. Entwickeln wir e””” in einer Reihe, so erhalten wir P=—_D—:yA +2 lg —ay+Yy4A’) — .’ yY A?) + ete. Setzen wir also —D="yA’ und 2 so wird W.Wıen: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Herunor'z. 121 Ist ? die Wellenlänge, so ist und bleiben x und A klein gegen A, so ist der Druck an der Ober- fläche nur noch gleich einer kleinen Grösse von der 4°” Dimension. Bis auf diesen Grad von Genauigkeit genügt also die Annahme eines Gliedes der Sinusreihe. Gang der Werthe von & und y. Um die Form der Wellen zu bestimmen, setzen wir {= 0, also nach Gleichung 8 a sin (yy) = — 7 .e” A Die Function we” ist für +0 gleich +, nimmt dann continuirlich ab, bis sie für 2@=o auch gleich o ist, erreicht dann ein negatives a I LAY: B I Minimum, wenn @=— _. Ihr Minimalwerth ist alsdann ——, dann nv ve J J wird sie wieder grösser, bis sie bei = —& wieder o wird. Die Gleichung me 30 hat also für positive Werthe von C einen reellen Werth von x, für . Tr E A Tr : negative Werthe von C, welche absolut kleiner sind als —, je zwei Ye reelle Werthe von x, für solche, welche grösser sind, nur imaginäre. Jetzt schreiben wir Gleichung 8 ve" = — — sin (yo). a Für die Werthe von yw, wo der Sinus negativ ist, gibt es nur einen Werth von z, für »o= tar it z=ooderx =—, für positive A I Werthe des Sinus gibt es stets zwei Werthe von x, wenn — <—, also hat a ye Fig. 1. i 1 ! i 1 722 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. die Curve hier zwei Arme, die ganz von einander getrennt bleiben. Ist A I — —., so haben beide Curvenarme einen Punkt gemeinsam. Wird — a ye E e noch grösser, so zerreisst die untere Wellenfläche und verbindet sich mit den Armen der oberen. Dann brandet die Welle an ihrer Spitze. r . a Der höchste Werth von A ist also — und der entsprechende von x £e \ I i ae = ist — —- oder Danach wird der höchste Werth des Druckes an y 2% der Oberfläche der Spitze der Welle B & Der höchste Druck in der Linie = 0 ist ayA oder in diesem Falle m Jener negative Druck wäre dann also der e“ Theil dieses posi- z - *), kein unbeträchtlieher Fehler. ıı tiven (etwa Fig. 2. A 1 a "ne 1 ae Er A I Wasserwellen a ye a i “ cos (yy+yat) = — A wer" Stationäre Bewegungen in compressibelen Flüssigkeiten, die um eine Axe symmetrisch sind. Vergl. Wiss. Abh. Ill, S. 289. Wir setzen = pcosS, 2=osind - dy { RER EN „Vz 50cosy— wsınJy dt dz an ERS Q „= w=3zsSınJ + wpcosy dt | IN w W. Wien: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. HeLunortz. Die hydrodynamischen Gleichungen lauten 0oV ı0p _du ee ee oV ,n0p dv dee 0 0 0 en ? er dt Ar + 7, (u) + 7, me (we) = © oV .10p dw ER wo V das Potential der äusseren Kräfte, p den Druck, e die Dichtig- keit, «, v, w die Componenten der Geschwindigkeit nach den Axen der Coordinaten bezeichnen. Führen wir nun anstatt der Grössen y und 2, v und w die neuen eund S, ZEund w ein und nehmen an, dass alle Grössen von $ un- abhängig sind, also Symmetrie um die x-Axe herrscht, so erhalten wir folgende neue Gleichungen oV ı0p du du du ! 02 eco a rer Van. de oE 0E 5 Dose a en dw do om. Dr I ort oder a, d 2 ) n es IV © Rn (pe) = le ee) + — (pe}) Die Gleichungen I und II ergeben, wenn e eine Function von p ist und : dp = dp B a 9E du Berne: gesetzt wird, durch Elimination von & und V ar 0 0 0 (1) = RrErr (EI), (uN+ 2pu und h 2 2 — V-—--wW+?) _ u EN 0 : an . dE 724 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. ? ist die doppelte Drehungsgeschwindigkeit um die Richtung $ als Drehungsaxe. Für stationäre Bewegungen müssen die partiellen Ableitungen nach der Zeit verschwinden. Wir können dann IV erfüllen, indem wir setzen 0%, pu=— Ay 0%, Pa F Er dx I 0% u = — Ze Von I A) op } | I: ei I 0 Fa eo Dann wird III A? 0Y. 0 C [6 % (’w) — - 2 (uw) = oO do 0x" dx op Diese Gleichung ist erfüllt, wenn >’w eine Function von % ist. Andererseits gibt (1) 0 (WA 0 fd A dw - : —- — = 202 — do | dx £&p O2 \0o eo hs oder a Pr u 0 \ dw (2a) Sz - — en — = 2pWw 0x Op\ ep oe O0\e 9x Wenn uw = constant ist (worauf die Reibung hindrängt, die Geschwindigkeitsunterschiede auszugleichen strebt), so ist ——- eine i ne ED Function von %. Wir setzen A dF €o dog, und en A 0X d v wir: % 3a = -- (1 +09 +" + E)+ = z ep dw 0x u = Bir: 0% le s 3 0 (3b) es ne = Ah: (\ Amar = (u =2& )+ E 7 also | = 5 - ; SuSE | (3e) F=V+09+;-W+&)+: - | wodurch der Druck bestimmt wird. | W. Wien: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hernnor'z. 725 Dieser Werth von F wird constant, sobald die Geschwindigkeien u und Z gleich Null sind, und unterscheidet sich von einer Constanten sehr wenig, solange « und £ kleine Werthe haben, so dass ihre Qua- drate keinen merklichen Eintluss auf Druck und Dichtiekeit haben. Beschränken wir uns auf diese Fälle schwacher Bewegungen und (6) A 0% ; : j beachten, dass auch 2 “ von der Ordnung £’ und w’ sind, so wird ep dx : die Gleichung (3e) 0: (4) V+9+7> = Const., d.h. für den Druck ergeben sich dieselben Werthe wie für£=u= 0. Der Einfluss der Bewegung macht sich für den Druck dann nur durch Veränderung der Dichte e geltend. Nun war j de du Oo (ı dw 0/1 0% ee = SS. c 0x ds or \ep 0X op Ep op NE ke et \ Nehmen wir für ] die einfachste Form, nämlich ce, + b, so Aa% haben wir A a h I du eco (4a) — CD — s2)+ 2 € ep 0a \ep da ep Op \ep dp Da zu der Function % eine Constante hinzugefügt werden kann, ohne an der Bewegung etwas zu ändern, so ist 5b ohne wesentliche Bedeutung und kann, wenn ce von Null verschieden ist, gleich Null gesetzt werden. Die Lebendige Kraft ist 32 Ab We) Fr 2 Try; [ac an (5) gt 3 1a ep? \ cp ep \0w [Pr? an r or Q Ay or d or 5 e erg, R - | es | dr DR op ‚ep op dx ep 0% j wo N die äussere Normale und ds das Element der Begrenzungslinie bezeichnet, deren Umdrehung um die w-Axe die Begrenzungsfläche des ganzen betrachteten Raumes ergibt. Verschwindet IN oder % : oN an der Grenzfläche, so ist mit Rücksicht auf (4a) L= —rc [we@a: Da L positiv sein muss, so ist c nothwendig negativ. 726 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Die Differentialgleichung (4a) kann auch durch die Vorschrift er- setzt werden, dass die erste Variation der Grösse 9% 9% ‘ B = || Era (( 3) + ) ) + 0% \eododa verschwinden soll, wenn % an den Grenzen den Werth Null erhält. Wenn in einem einfach zusammenhängenden Raum keine Strömung durch die Oberfläche bei stationären Bewegungen eintritt und keine Rotationsbewegung vorhanden ist, so ist keine Bewegung im ganzen Raum vorhanden. Wenn ce unddb=o, soistt A=O, und für die Bewegung mit den Geschwindigkeiten u und £ existirt keine Rotation. Setzt man in der Gleichung (4a) die Grösse c= o und betrachtet zwei mögliche Lösungen der dann entstehenden Gleichung dor ı od (m 0%, (5) a ee ee a € &% Ep dx ep op ep 0? die wir mit %, und %, bezeichnen; setzt dann %, und %, in die Gleichung (5) ein und zieht beide entstehende von einander ab, so ist 4) aa: | u EA € op Ep op =o Yı%, genügt also der Gleichung (5) für d5=o. Wenn also %,. und %, an der Oberfläche verschwinden sollen, so verschwindet die durch %,—%, dargestellte Bewegung im ganzen Raum, d.h. es existirt nur eine Lösung, welche die Vorschrift erfüllt. Bis hierher ist das HeL.umor.rz’sche Manuscript bis auf unwesentliche Änderungen wiedergegeben. Der folgende »Luftstrom über die Ebene« überschriebene Abschnitt ist mir wohl in dem Ziel der Untersuchung, nicht aber in den einzelnen Schritten der Rechnung verständlich gewesen, die übrigens auch nicht zu Ende geführt ist. Hersmorrz geht von der Differentialgleichung de (19 al /arı ko — (ea. er ee de \e do or \e de aus, deren Zusammenhang mit Gleichung (5) mir nicht klar geworden ist. Er setzt dann Ei Por dp = gedg, was jedoch keinen verständlichen Sinn hat, da die Richtung 9 keine bestimmte ist und also die Schwere nieht parallel g wirken kann. Da mir eine Verwechslung von Bezeichnungen vorzuliegen scheint, so habe ich nach den vorhandenen Andeutungen die Rechnung so durchgeführt wie sie mir dem Hernmorrz’schen Ziel zu entsprechen schien. Ich setze in der Gleichung (5) Bar (6) S, — (era W. Wien: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hernnortz. 127 dann ist die Gleichung (5) erfüllt wenn 2% = 2«&(n +1) Da I 00 2« um — % = — 22 go 09 IS) 5 > 2 I dy, [67 .— - = 2(n+-1)y AaRHı 7 ed 0% DB ist, so haben wir sowohl verticale wie radiale Strömungen. Wir nehmen x als die verticale Richtung und legen = o in die obere Grenzfläche. An dieser verschwindet dann sowohl x wie £. Wir können nun die gewonnene Lösung leicht so verallgemeinern, dass die ver- ticale Strömung noch an einer zweiten horizontalen Ebene, für x = %h, verschwindet, wohin wir dann die Erdoberfläche zu verlegen haben. Zu dem Zweck fügen wir eine Lösung der Gleichung Tag Jo 9 KeD+iN= g dw dx 09 hinzu. Eine solche ist so dass jetzt ZUR: 2y2 = — - V — E 5 ß ß 2«0 (r +1), Zen ln I\ar-+tı ne en & B @rı)an2 B ist. « verschwindet auch hier für = o, ausserdem für = Ah, wenn ah +! Er y=o ist. Die radiale Strömung verschwindet für 9=o. Wir können & schreiben 2 I NER Gay = EEE nr en, h Man sieht hieraus, dass E für «= 2 IR sein Zeichen umkehrt. S n-+ı 2 In den oberen Schichten ist die Strömung entgegengesetzt wie in den unteren. Die durch eine Cylinderfläche vom Radius 9 einströmende Gesammtmenge muss Null sein. In der That ist h [e&u% =o, ° Jetzt ist für = o die radiale Strömung nicht Null, sondern es ist N _ malt Ss B 9 Ist £ hier an einer Stelle gegeben, so ist dadurch die Constante « bestimmt, während die Consarlen ® und n durch den Barometerdruck bestimmt sind, wie wir noch später sehen werden. Die hier behandelte Lösung des Problems würde einer Cyklone entsprechen, bei der an einer Cylinderfläche g = const. eine bestimmte Strömung der Luft erfolgt. Insofern ist diese Lösung hydrodynamisch unvollständig, als kein bestimmter Grund vorliegt, warum gerade eine so specielle Art von Strömung durch die äussere Cvlinderfläche vorhanden sein soll. 128 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Wenn wir aber vorschreiben, dass % auch an einer begrenzenden Cylinderfläche verschwinden soll, so gibt es, wie wir gesehen haben, eine einzige Lösung von (5). Um diese zu erhalten, fügen wir zu unserer Lösung noch eine hinzu, die der Gleichung genügt, die wir auch I, En 3%, ee od, dr? 70% do > schreiben können. Setzen wir nun (Bene Ya Yı(a).b2(e), so ist diese Gleichung erfüllt. wenn da’); nd\, en en ya dc? ehr Y d? ! 2 I d\; 2.| — - ——on =o da? oe da "2 . 5 5 5 sind. Setzen wir n—+ı Y=J(mx)x ? , Y, = 2J(imo), e $ so haben wir die beiden Gleichungen d2J; raddE + (m ch (n Ehe Ye JRR dee Fr & Du: == d?.J,; 1 dJ, De T J de? B de = (" Zi E J,=O0, die beide durch Besser’sche Functionen integrirt werden. > n41ı Für 2= o verschwindet J, von der Ordnung x ° ; es verschwindet dort also u, während £ endlich bleibt. Für g= 0 verschwindet .J, von der Ordnung 9; also verschwindet & für g= 0, während x endlich bleibt. Die beiden Besser’schen Functionen sind nach der gewöhnlichen Bezeichnung J,(mx) und Jr(im 8)» (n +1)? 3 wenn v2 — Na gesetzt wird. Nun muss J,(mx) auch für «= Ah verschwinden und es muss für e=R Knabe Xr X sein, d.h. es soll aR art? —_ «RM ttarti N, =o sein. Um das zu ermöglichen, setzen wir n—+1 \h=x2°?3 arJ, (my), a wo sich die Summation auf sämmtliche »,, die der Gleichung J, (mh) = 0 genügen, erstreckt. Die a sind die ganzen Zahlen, die Stellenzeiger dieser Wurzeln sind. \V. Wıen: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hermnonvz. 729 Die Coefficienten a, müssen so bestimmt werden, dass n4tı «Rx 2 (At ar a" tt) JlimR Ian), (mız) = a ist. Diess ist (vergl. Heıwe, Handbuch der Kugelfunctionen Bd.2 S. 213) der Fall, wenn h 2A 63 v= [AI (m hype [mas dr J,(ma P Rz ie —a == - Jı(im R) ist. Es ist also % m TE (MFH! a TEN) nt ı +ı ? I a), (max) Jı (im g) a zu setzen. Dadurch, dass die einzelnen Glieder der Reihe für = A verschwinden, ver- schwindet % für =o und e—=4. Ausserdem ist durch die Bestimmung der Coeffi- cienten „=o füro=R. Zur Bestimmung der Constanten n und @, von denen die Dichte e abhängt, können wir die oben abgeleitete T’hatsache benutzen, dass für genügend schwache Bewegungen der Druck sich wie für ruhende Luft berechnet. Nur muss der Einfluss der Bewegung insofern berücksichtigt werden, als angenommen werden muss, dass die Bewegungen doch noch schneller erfolgen als der Ausgleich der Temperaturunter- schiede durch Wärmeleitung, so dass für den Zusammenhang zwischen Druck und Dichte ı es Be Te zu setzen ist, wo 4 das Verhältniss der speeifischen Wärmen der Luft bezeichnet. Wir haben dann dp = gedx kpyet—: Te Wo Po, & die Werthe an der Erdoberfläche bezeichnen. Für «= 4 berechnet sich hieraus die Höhe der Atmosphäre (vergl. A. Rrrrer, Anwendungen der mechanischen Wärmetheorie auf kosmologische Probleme S. 3; Hannover 1879). Wir hatten in Gleichung (6) e= Bar gesetzt. Um hiermit in Übereinstimmung zu bleiben, müssen wir n= ß I ee SQ un 6 An) „ —_ m os m E | - setzen. Die Bewegung ist daher vollständig bis auf die Constante « bestimmt. Und diese ist bekannt, wenn die Geschwindigkeit an irgend einer Stelle gegeben ist. Sitzungsberichte 1904. 57 730 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. II. Stabilität stationärer Wirbel. Wir setzen g® u E- 1 = pCosY$ en oz dw / s Br 1 re J—psnS EN 02 p ein Nach den bekannten Gesetzen der Wirbelbewegung ändert sich der Abstand zweier Flüssigkeitstheilchen in demselben Verhältniss wie der Quotient von Drehungsgeschwindigkeit und Dichtigkeit. Haben wir also in einem Cylinder nur axiale und radiale Bewegung, so sind die Wirbellinien Kreise. Zwei auf einem solchen Kreise befindliche Flüssigkeitstheilchen ändern ihren Abstand im Verhältniss .. Daher ist (0 p = Const — € Ferner ist das Produet aus Drehungsgeschwindiekeit und Quer- DES fe sehnitt constant. Folglich muss constant sein Conse (2 coded — If ° dedb 4 Ep A): 2 ep ebenso die Lebendige Kraft. Man verlange, dass diese ein Grenzwerth sei für constant bleibende Wirbelfäden unter gleichzeitiger Erfüllung der Continuitätsgleichung © - Dann muss die Gleichung gelten, da bei der Variation (2) Os € N ’6 \e $2 & a © 0 a d o=—= Jul (E+w)g+ — 3 —. 5% (5,69 + 3.000) [eaas und nach partieller Integration und Integration nach $ von o bis 27 75 ler oe (co X g/o 0%\) BE 227 il een \+an(su+e &p Ze)\a: co ds (x. Np+a — Co Ne)35+ (u cos N? — a’ — cos N) on = &p wo ds das Linienelement der Curve bezeichnet, die bei ihrer Um- drehung um die 2-Axe die den Raunf begrenzende Oberfläche gibt, N die Normale der Oberfläche. [| W. Wırn: Hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Heramorrz. 751 Diess gibt die Bedingungen: für das Innere des Raumes: N) n ER 2 SER —G 02\&p "% (2) 0 2 0%, erw a’; ob co —E —,ß) für die Obertläche: n O\x; 7 r o = 4 (dE cos Np + dw cos N2) + «a 192 cos Nz—dwcos Np| (2a) ep Da die Strömung durch die Oberfläche Zcos Na + w cos Nz ist, so „verschwindet ihre Variation, wenn die Einströmung constant ist, d.h. es ist d£cos No+dweosN2 = 0. Verschwindet ausserdem s an der Obertläche, so ist die Oberflächenbedingung erfüllt. Wenn wir aus den Gleichungen (2) % eliminiren, so erhalten wir Ten) 7 Pr a))* . ke 7 ON ” Wenn wir nun die Gleichung oder N A ar ne DE —O erfüllen, indem wir setzen an av = &p 02 1 ocRz ep 00 wo Y = const. die Strömungslinien sind, so ist Beau o/fı W\| | Ziehen wir diese Gleichung von 3 ab, so .folgt ATOLLON PERLE Q (. E +“ Be yaNepy. en 02\ep\ oz dz eo dp &p cp ar 732 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Hieraus folgt, von dem Speeialfall % = ap +bz abgesehen, ( + a — = Const =o 2 also a ed, eo /ı 4) ” (2 ep op vaz ep 02), als Differentialgleichung für die Function %, vorausgesetzt, dass man e als Function von e und 2 gegeben betrachten kann. SS. Die gesammte Lebendige Kraft ist oLN\? oLb\? nn val Br oe /(ı 0% ) Br a ep son“ r Yl ep do all ı 2 ur = ap en — —_gq | Bi Es muss demnach a imaginär sein, da die Lebendige Kraft posi- tiv sein muss (vergl. S. 10). Im allgemeinen werden die Werthe von @, welche passen, durch die Form des vorgeschriebenen Raums bedingt sein; nur wenn zwei oder mehrere solehe Werthe gleich sind, ist continuirliche Änderung in der Vertheilung der vorhandenen Wirbelfäden möglich, ohne den Betrag der Lebendigen Kraft zu verändern: also müssen solche Bewe- gungen, die einfachen Werthen von a’ entsprechen, stabil sein. Setzen wir jetzt p=rsing — rVYı— u 2.603 00 m so wird Gleichung (4), wenn e nur Function von r ist, aa a. nel ee. 1 a Ep cp de ep\ Op Op \ep de 02 (.) ı [or or en er eo = ee en Es de den er lon r? du? + = ir Ve x a mn z L_ (Ten ep\ or ou r Ep pedn ı (ol (1— u?) do) I de || em on | er r ou pe? dr und weiter 0° u er’(I—u) = a Zn E “= a Zr = or edr dr r dw Bei der Anwendung auf die irdische Atmosphäre können wir setzen r= R—h (R = Radius der Atmosphärengrenze) und Ah gegen R als verschwindend klein ansehen. rn f m 9% W. Wıen: Hydrodynamische Untersuehungen von IH. v. Hewmmortz. 133 Ferner können wir setzen m Een wenn wir die dynamischen Veränderungen des Drucks, die nur von den Quadraten der Geschwindigkeit bestimmt werden und eine Ab- hängigkeit der Dichtigkeit e auch von # herbeiführen würden, ver- nachlässigen. Unsere Differentialgleichung wird jetzt 0 L mob ON), 2 v alt2ma ma 2 2 (5) Wr) a nam) au Wegen der Oberflächenbedingung in dem Variationsproblem muss co, also auch /, an allen Grenzflächen Null sein. Wenn die Wirbel sehr breit gegen ihre Höhe sind, werden die Differentialquotienten nach x zu vernachlässigen sein (da dann die auf- steigende Strömung schwach ist). Es ist also annähernd N, (1— u?) 2 eNUR — \ A a an Soweit geht der geordnete Text, dem noch eine Anzahl von Transformationen folgen, die offenbar den Zweck hatten, die Differentialgleichung (5) zu integriren. Nun lässt sich aber leicht zeigen, dass die Vernachlässigung der Differential- quotienten nach u» unzulässig ist. Das allgemeine Integral der letzten Gleichung ist nämlich sehr einfach; es lautet N” —- Asın (bh #*) +B cos (bh" +) wenn I—u? & TH a (m+1)? ist. 3 B 5 a Jar 5 1 R 7 Ya ua Dan <ı bleibt, ist 5 imaginär; es setzt sich also U aus den Functionen e'’* und ei" +? zusammen. Mit diesen ist es unmöglich, die Grenzbedingungen zu erfüllen, dass U fürk=h, und A=o verschwindet. Aber selbst wenn man darauf verzichten wollte und sich mit dem Verschwinden von Y für A = h, begnügen würde, was nicht ganz ungerechtfertigt wäre, mit Rücksicht auf den Umstand, dass für A=o auch die Dichtigkeit «= 0 ist, so sieht man doch ein, dass die Differentialquotienten nach u keineswegs immer gegen die von A klein sind. Die allgemeine Integration der Differentialgleichung (5) habe ich nicht finden können. Sehr leicht ist es indessen für eonstante Dichte, also m=o die Gleichung zu integriren. Sie lautet dann en SCH GE — ee Hr ar: Setzen wir nun V = py,; und nehınen an, dass p nur von A, % nur von a» ab- hängt. so erhalten wir Rt da ..dey, GE ze Re +(1-u)p re 734 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. Setzen wir ferner = sin bh, : a Te soit=ofürA=o undA=-_, ferner h dı d’o, R? 2? (1— u?) an (#+ = 1-))% = [6) @ eine Gleichung, die Glieder von drei Dimensionen in Bezug auf » enthält und daher nicht mehr durch die hypergeometrische Reihe integrirt wird. Es ist leicht, %, in eine Potenzreihe zu entwickeln, die indessen für u = ı divergirt. Um zu entscheiden, ob x, auch für a=1ı endlich bleiben kann, nehmen wir a sehr nahe gleich 1. Dann haben wir die Gleichung 3% (1— 1?) ZT =o Setzen wir „= x, so ist 27 le 4l1- A ee LS ((— a) — R’b’y,=o dx? dx eine Differentialgleichung, die mit der Normalform der hypergeometrischen Reihe za) R + (+04) übereinstimmt, wenn wir I Re? Nn atk=— setzen. Da y— («+2)>o ist. so ist nach einem bekannten Satz von Gauss die hyper- geometrische Reihe für c=ı endlich. IV. Aufrollende Wirbel. Die Bearbeitung der Aufzeichnungen über aufrollende Wirbel war dadurch sehr erschwert, dass die Papiere fast nur Formeln ohne Text enthielten und die Rechnungen nicht zu Ende geführt sind. Obwohl sich die Ergebnisse der ausgeführten Rechnungen bestätigen liessen. so war doch zu erkennen, dass das erstrebte Resultat, zwei durch gleichmässig bewegte logarithmische Spiralen begrenzte Flüssigkeitsmassen in hydrodynamischem Gleich- gewicht zu erhalten, sich nicht erreichen lässt. weil die Bedingung gleichen Drucks auf beiden Seiten der Grenzfläche nicht erfüllbar ist. Dass Herunorrz diess selbst erkannt hat, geht aus einer Bemerkung hervor, »diess gibt verschiedenen Druck auf beiden Seiten der Wirbelfläche, was nicht zulässig ist ohne Beschleunigungen«. Wahrscheinlich ist diess der Grund gewesen, dass die Rechnung nicht zu Ende geführt wurde. Ich habe es aber doch für zwecekmässig gefunden, den analytischen Ansatz der Herusorrz’schen Rechnungen mitzutheilen, weil sich unter der Annahme, dass die begrenzenden Spiralen fest liegen, d. h. unter Aufgabe des Problems einer sich auf- rollenden Spirale ein eigenthümlicher Fall von discontinuirlicher Flüssigkeitsbewezung ergibt, bei dem Flüssigkeiten verschiedener Dichte an einander vorbeiströmen können. .e W. Wien: Hydrodynamische Untersuchungen von II. v. Hermnorrz. 735 Wir setzen dx Ib ad 2=2c05s% zn =u=:;, =—; dt dx 77 ee dy RI er), Kl er d ) e) I AND, u =E=uesS$-+vsn$ = 2 =— — dt = de RS ds N Z ı db ab ER zı=— ustnyJt-vcosy = = ArSy = As Die hydrodynamischen Gleichungen sind bekanntlich erfüllt, wenn wir + id = F(w+iy) = F(oe'”) annehmen. Wir setzen Pb E in — Aetlog e+i5) —ias (log +15) m Arallog2+ eS) +ia(S— slog;) ; so dass oO = Aone "sin a($ — e log 2). An den Linien, deren Gleichung —elogg +9 =o (D) und — S+eloge=r (11) sind, ist = o. Diese beiden Curven sind logarithmische Spiralen, durch die der Raum in zwei Theile getheilt wird. Für den ersten setzen wir Y, = A,ote®® sin a($ — elog go) für den zweiten ee des a = JV,=4, get” sina(S — 8 log 2). Damit an den beiden Spiralen L verschwinde, muss a sanzzahlig sein. Die beiden Curven bilden dann Grenzlinien der Flüssigkeit. Die tangentiale Strömung in Raum (r) an der Spirale I ist, wenn N die Rich- tung der Normale bezeichnet, N, aN — A,ao® Tter®” VItHecosa($—e logo) us Aaa a Vıre in Raum 2 a, an 7 und an der Spirale II — A,ag ta Yız a N, 2 Ze Sr ler Vır ® an 0 2 a ne er A,aot "tagen yr er a Die Constanten a und e sind willkürlich. Die Werthe von 7 werden je nach c der Bestimmung von @ und e entweder im Unendlichen oder für g = o unendlich werden. Für beide Grenzwerthe können sie nicht endlich bleiben, da dann I I+: sein müsste, was mit der Vorschrift, dass a ganzzahlig sei, unvereinbar ist. a— Ita =0, 0 = 736 Sitzung der phys.-math. Classe v. 14. April 1904. — Mittheilung v. 24. März. In jedem Raum fliesst die Strömung an der einen Spirale aus, an der anderen ein. Beide Strömungen werden durch die Spirale elegg I = = von einander getrennt. Durch diese findet nur eine senkrechte Strömung von der einen Seite zur anderen im Betrage von Ang te Yı+ statt. Ist @ positiv, so ist die Geschwindigkeit im Unendlichen unendlich, für 2 = o Null. Dann strömt die einströmende Flüssigkeit theilweise durch die Spirale 7 elge — IS = 5 nach der anderen Seite zur ausströmenden und wird von dieser mitgenommen. Es gelangt dann keine Flüssigkeit bis ins Centrum, sondern strömt vorher wieder heraus. Ist a negativ, so ist die Geschwindigkeit im Unendlichen Null, für o = o un- endlich. Dann strömt die ausströmende Flüssigkeit durch die erwähnte Spirale zur einströmenden und gelangt wieder nach innen. Auf diese Weise bleibt alle Flüssigkeit im Innern. Die Gesammtströmung durch einen von den Spiralen I und II begrenzten Quer- schnitt ist in allen Fällen Null. Damit diese Strömung dauernd bestehen kann, muss an beiden Spiralen Ab: 2 ab; 2 al ( an) N sein. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn A 5,4, ist. Die Existenz solcher spiraliger Bewegungen von Flüssigkeiten kann man häufig beobachten. Insbesondere scheinen sie an der Grenze sich mischender Luftschichten von verschiedener Dichte zu entstehen, deren Theorie wohl von Hermnorvz im we- sentlichen ins Auge gefasst war. (Wiss. Abh. III S. 237.) Da die Geschwindigkeiten in der Spirale aber unendlich klein gegen die äusseren sind, so wird jede entstehende Spiralbewegung nur wenig Geschwindigkeit aufnehmen, dadurch aber, dass die beiden Luftmassen in den vielen Windungen an einander vor- beigeführt werden, eine schnelle Mischung herbeiführen. Ausgegeben am 21. April. 137 SITZUNGSBERICHTE 1904. xXXı. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 14. April. Sitzung der philosophisch-historischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. 1. Hr. Wiırnem Scnuzze las über die lateinischen Buchstaben- namen. (Erscheint später.) Das heute übliche ABC hat seine endgültige Gestalt nicht vor dem Ende des 4. nachchristlichen Jahrhunderts erhalten. Vorher galt für die semivocales FLMN RSX statt der Buchstabirmethode vielmehr die Lautirmethode, deren Erfinder die Römer sind. Die wichtigsten Differenzen der modernen und der spätrömischen Praxis werden erörtert. 2. Hr. von Wıramowırz -MOELLENDORFF legte vor: THEODOR WIEGAND und Urrıcn von WıILAMOWITZ- MOELLENDORFF: Ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln. (Erscheint später.) Eine von den HH. Tu. Wırsanp und A. Reuu in Samos abgeschriebene um- fängliche Urkunde regelt den Ankauf von Korn, das der Hera gehört, aus den Zinsen einer Stiftung und seine Vertheilung an die Bürger. Ausgegeben am 21. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. [0 +) Sitzungsberichte 1904. 5 | a AR £ 4 u her Se An Pu; ee Er a HERE | Wi Bi aa Se | Pokale Veh DER 1x j = ö a a ar: Bi Bros BIER ’ Ka ie a eh url rk Ar = Er E 72 1 Te ee Erbe) ee a Bi "7 ad vaı th ke Be j Ri mar a rer SEHE hal Arzı 2 = en. N Se | 2 | ke " UI RO (re Lan en RE a an 38 x er 25% art KEN ed. nF7 seht allge E r & a ir Auer s al " Bulk 55 PERTERTEN LA I Kar ur LAN i Er in Ga Be, RE IRRE EN =) \ Br: Rn U I Er TE ET en ui Re RER E a 7 2 Mt T BER NLEIERET NZ RTN,; 104 u, ne ir.;. Erihi zu au wid EdT, ne u) ai i ST ’ Er u 2 5 7 j ae Krk .2 aa ne i tree Fr Mau RN; DE mr I TEISra Hih=sng &; PEN Er sat aka A ä 2 Rh En A a, - Sr 5 1° er Ah, N I; Br nr N hi Eee ae ee 0 va ap “ u . 2 VER Fa ae 2 si a lan E SB i 2 say Eee - Br FE; U us us . Ber Be B- L j ey f '- x = Eu 2 ) s 3 = 4 B E | 4 h 7 SE 5 >. { a i - fi 5 a. ee Pe 1 E A u > ‘ ST Br Em) SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 23 3 k ’ F = 2 | BG ee —i- -. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXH. 21. Arrın 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. a Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch -historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind dureh ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. -8 6. 1. Für die. Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 8.7. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentiichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. 88. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. $1l. 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe.. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- ‘plare auf ihre Kosten abziehen lassen. f $ 28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Seeretar selber oder dureh ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. ; [Aus Stat. Sal, 2. — Für die Aufnahme bedarf 63 einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] $ 29. 1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile ‚der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung ‚nur die Verfasser verant- wortlich. Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, » Mai bis Juli in der ersten Flälfte des Monats August, » October bis December zu Anfung des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers. . 739 SITZUNGSBERICHTE 1904. XXH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 21. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Pranck las über die Extinetion des Lichts in einem optisch homogenen Medium von normaler Dispersion. Anknüpfend an eine frühere Untersuchung wird auf Grundlage der elektro- magnetischen Lichttheorie ein neuer Ausdruck für die Extinetion des Lichts bei nor- maler Dispersion abgeleitet. 2. Hr. Herrwie hat in der Sitzung am 3. März eine weitere Ab- handlung der HH. Prof. R. Krause und Dr. S. Krempser: »Unter- suehungen über den Bau des Öentralnervensystems der Affen. Das Hinter- und Mittelhirn vom Orang Utan.« vorgelegt, deren Aufnahme in den Anhang zu den Abhandlungen des Jahres 1904 heute genehmigt wurde. 3. Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie durch die philosophisch-historische Classe bewilligt: Hrn. Prof. Dr. Leororn Conn in Breslau zu einer Reise nach Rom zum Zwecke der Verglei- chung einer Philo-Handschrift 850 Mark: Hrn. Dr. WırneLm ÜRÖNERT in Göttingen zu einer Untersuchung der philosophengeschichtlichen Papyri in Neapel 400 Mark; Hrn. Prof. Dr. Hriwrıcn Finke in Frei- burg i. B. zur Förderung seiner Arbeiten für die Herausgabe der diplo- matischen Correspondenz des Königs Jayme III. von Aragon (1291 bis 1327) Soo Mark; Hrn. Prof. Dr. Jonannes KromavEr in Özernowitz zum Abschluss der Herausgabe der von ihm aufgenommenen Karten antiker Schlachtfelder 1900 Mark; Hrn. Pfarrer W. Tümrer in Unterreuthen- dorf zur Herausgabe von Band II des Werkes »Das deutsche evange- lische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts« nach den Materialien des ver- storbenen Oberpfarrers D. ALgert Fischer 600 Mark. Sitzungsberichte 1904. 59 740 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. Über die Extinetion des Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dispersion. Von Max Pranck. Einleitung. De Vorgang, den wir als Extinetion des Lichtes bezeichnen. d.h. die allmähliche Abschwächung, welche die Intensität eines Liehtstrahls auf seinem Wege durch ein Medium erfährt, lässt sich, vom Stand- punkt der elektromagnetischen Theorie aus betrachtet, auf zwei von einander gänzlich verschiedene Ursachen zurückführen. Die eine dersel- ben beruht auf der Eigenschaft des durehstrahlten Mediums, stationäre galvanische Ströme zu leiten. Die Erklärung des Einflusses der galva- nischen Leitungsfähigkeit auf die Extinction des Lichtes fällt vollständig zusammen mit der der Wärmeerzeugung durch den galvanischen Strom. Denn jeder Lichtstrahl bedingt eine periodisch wechselnde Erregung, diese erzeugt in dem leitenden Medium einen periodisch wechselnden Strom, und die dureh diesen Strom producirte Joure’sche Wärme kommt von der Energie der fortschreitenden Strahlung in Abzug. Nimmt man also die Leitungsfähigkeit des Mediums als gegeben an, so ergeben sich daraus die Gesetze der durch sie bedingten Extinetion des Lichtes, ohne dass irgend ein näheres Eingehen auf die Frage nach der Natur des Vorgangs der Extinetion erforderlich wäre. Diese Folgerung der MaAxweır'schen Theorie, deren Bedeutung längere Zeit hindurch nicht durch entscheidende Thatsachen belegt werden konnte, ist neuerdings durch die Versuche von E. Hasen und H. Rusens' über Reflexion und Emission langwelliger Strahlen an zahlreichen Metallen und Metall- legirungen mit überraschender Genauigkeit sichergestellt worden. Ist somit die Frage nach dem Einfluss der galvanischen Leitungsfähigkeit auf die Extincetion des Lichtes als erledigt zu betrachten, so knüpft sich daran die weitere Frage nach der Ursache der Wärmeerzeugung durch den galvanischen Strom. Auch hier ist zu einer befriedigenden Lösung schon ein vielversprechender Anfang gemacht worden durch ! Ann. d.Phys. ı1, 5.873, 1903. Verhandl. d. Deutschen phys. Ges. 6, S. 128, 1904. Praner: Extinetion des Lichts. 741 die von E. Rıeck£E'! und namentlich die von P. Drupe” aufgestellte Theorie, wonach der galvanische Strom in Metallen auf Bewegungen freier Elek- tronen zurückzuführen ist, und die Joure'sche Wärme diejenige Energie darstellt, welehe aus geordneter in ungeordnete Bewegung der Elek- tronen verwandelt wird. Eine kräftige Stütze hat diese Anschauung neuerdings erhalten durch eine Untersuchung von H. A. Lorentz’, aus welcher hervorgeht, dass die aus den Bewegungen der Elektronen berechnete Emission von Wärmestrahlen in Verbindung mit dem Kıren- ıorr'schen Satz von der Proportionalität des Emissions- und des Ab- sorptionsvermögens zu den bekannten durch Messungen sichergestellten Gesetzen der Wärmestrahlung schwarzer Körper für lange Wellen führt. Aber die im Bisherigen besprochene Ursache der Extinetion des Lichtes, die sich in der Natur hauptsächlich auf dem Gebiet der langen Wellen geltend macht, ist nicht die einzige und nicht die wichtigste. Weit häufiger in der Optik sind diejenigen Fälle, in denen die Ex- tinetion des Lichtes mit der galvanischen Leitungsfähigkeit des Me- diums gar nichts zu thun hat, die also am reinsten bei vollkommenen Nichtleitern zu beobachten sind. Die Theorie dieser Erscheinungen ist sehr viel complieirter, da sie ein näheres Eingehen auf die mo- lecularen Vorgänge bei der Extinetion zur unumgänglichen Voraus- setzung hat. Nehmen wir also ein galvanisch nichtleitendes Medium, so kommt für die optischen Vorgänge darin in erster Linie in Betracht die Art seiner Homogenität. Im absoluten Sinne homogen ist wohl nur ein einziges Medium: das reine Vacuum: wenigstens würden sonst die Grundthatsachen der Chemie kaum verständlich sein. Ob die Sub- stanz eines einzelnen Atoms oder Elektrons als absolut homogen an- zusehen ist oder nicht, kommt hier nicht weiter in Betracht. Wenn man also die Eigenschaft der Homogenität nicht auf das reine Vacuum allein beschränken will, so wird man jedes Medium als physikalisch homogen bezeichnen müssen, dessen Ungleichartigkeiten sich erst dann zeigen, wenn man zu Dimensionen von der Grössenordnung der Mo- leküle herabsteigt. Da nun speciell die optischen Vorgänge sich in den Dimensionen der Wellenlängen abspielen, welche ihrerseits gross sind gegen die Dimensionen der Moleküle, so wird man als Kriterium der optischen Homogenität eines Mediums die Bedingung aufstellen können, dass alle solehe beliebig herausgegriffenen Theile des Mediums, deren Dimensionen von der Grössenordnung einer optischen Wellen- länge sind, noch als gleichartig zur Wirkung kommen. Danach ist ein Medium, in welches fremde, gegen eine optische Wellenlänge kleine 1 Wien. Ann. 66, S. 353, 1898. ® Ann.d. Phys. ı, S. 566, 1900. ® Ber. d. Akad. d. Wiss. Amsterdam, S. 666, 1903. 59* 742 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. gleichartige Partikel in gehöriger Anzahl eingelagert sind, immer noch als optisch homogen anzusehen, und zwar einerlei ob die Partikel aus einzelnen Molekülen oder aus einer so erossen Anzahl von Molekülen bestehen, dass man jeder einzelnen Partikel die Eigenschaften eines ausgedehnten Mediums (Dielektrieitätsconstante, Leitungsfähigkeit) zu- schreiben kann.' Die fremden Partikel unterscheiden sich von den Eigenmolekülen des Mediums in optischer Hinsicht nicht anders als sich die Theile zweier verschiedenartiger in einander gelöster Stoffe unterscheiden. Erst wenn die Dimensionen der eingelagerten Partikel oder die Abstände benachbarter Partikel in die Grössenordnung der optischen Wellenlängen rücken, geht die optische Homogenität verloren. Aus dieser Betrachtung folgt, dass auch ein trübes Medium, wie es z.B. in der bekannten Diffraetionstheorie von Lord Ravreıcn be- handelt wird, in optischer Hinsicht genau so homogen ist wie jede physikalisch oder chemisch homogene Substanz, sofern nur die ein- gelagerten Partikel und ihre Abstände klein sind gegen die betrach- teten Wellenlängen. Optisch leer im absoluten Sinne ist nur das reine Vacuum. Man kann daher auch umgekehrt jedes physikalisch homo- gene Medium als ein durch eingelagerte Moleküle getrübtes Vacuum bezeichnen. Wenn nun eine Lichtwelle primär in ein solches Medium ein- dringt, so wird daselbst ein periodisch wechselndes elektrisches Feld erzeugt, und es werden dadurch die in dem Medium befindlichen Elek- tronen und Ionen in Bewegung gesetzt. Da nun aber, der oben ein- geführten Annahme gemäss, die Elektronen und Ionen hier nicht, wie in Leitern, frei beweglich, sondern an bestimmte Moleküle oder Par- tikel gebunden sind, wo sie Schwingungen innerhalb gewisser Grenzen ausführen können, so beschränkt sich die Wirkung der primären Welle auf eine Erregung von alternirenden Schwingungen der elektrischen Theilchen, und dadurch wird jede Partikel das Centrum einer neuen, secundären Lichtwelle von derselben Periode. Auf dieser Voraus- setzung beruht eine jede elektromagnetische Theorie der Dispersion und Absorption nichtleitender Medien. Ich habe in zwei vorhergehenden Arbeiten den Fall moleku- larer Partikel näher behandelt unter der Annahme, dass der mitt- lere Abstand zweier benachbarter Partikel zwar klein ist gegen die Wellenlänge, wie es die Bedingung der optischen Homogenität erfor- dert, dass aber doch der Zwischenraum zwischen den Partikeln gross genug ist, um stets die Eigenschaften des reinen Vacuums zu besitzen. ! Der prineipielle Unterschied dieser beiden Fälle macht sich nur in der Frage nach den optischen Eigenschaften einer einzelnen Partikel geltend. Pranck: Extinetion des Lichts. 743 Dann tritt die grosse Vereinfachung ein, dass benachbarte Partikel auf einander nur mit elektrodynamischen Kräften wirken, die sich im Mittel gegenseitig aufheben, und man kann die optischen Schwingun- gen jeder einzelnen Partikel gesondert von denen der übrigen behan- deln wie die Schwingungen eines durch eine äussere Welle erregten elementaren Vibrators mit einer oder mehreren Eigenperioden. Die durch die Anwesenheit der Partikel bedingte Extinetion des Lichtes wird dann nicht durch eigentliche Absorption bedingt, d. h. durch Verwandlung in Energie ungeordneter Bewegung der Elektronen und Moleküle, sondern durch Zerstreuung, oder, wenn man es so nennen will, dureh Beugung oder Reflexion des Lichtes an den Partikeln. Dochı ist die letztere Bezeichnungsweise zu eng für den Fall, dass die Pe- riode der primären Welle einer Eigenperiode der Partikelschwingungen nahekommt; denn dann tritt starkes Mitschwingen, anomale Disper- sion und selective Absorption ein. Liegt aber die Periode der pri- mären Welle sehr entfernt von allen Eigenperioden der Partikel, so ist das Mitschwingen einer einzelnen derselben nur unmerklich, und der im Ganzen resultirende Effeet kommt nur wegen der grossen An- zahl der Partikel zu Stande. Dies ist der Fall der normalen Disper- sion, in welchem die Extinetion immerhin nur sehr schwach ist. Ab- solut genommen verschwindet die Extinetion aber nie, ausser im reinen Vacuum. Daher kann man sagen, dass es für keine einzige Strahlen- art von endlicher Wellenlänge einen absolut durchsichtigen Körper giebt. Eine untere Grenze der Extinetion lässt sich für jede Substanz und jede Wellenlänge ohne Weiteres aus dem Brechungsexponenten und der Molekülzahl berechnen.' In der folgenden Untersuchung bin ich auf die Berechnung der Extinetion im Falle der normalen Dispersion noch etwas näher ein- gegangen als in meinen vorigen Arbeiten, da ich inzwischen gefunden habe, dass in diesem Falle durch Benutzung einer von mir schon vor längerer Zeit abgeleiteten, in weiteren Grenzen gültigen Gleichung für das Mitschwingen eines durch eine primäre Welle erregten Resonators die Formel für die Extinetion sich noch verbessern lässt. Die Formel für die Dispersion wird von dieser Correetur nicht betroffen. Zum Schlusse werden die erhaltenen Resultate mit denen der schon im Jahre 1881 von Lord Ravrzısn entwickelten Theorie des Liehtdurchgangs durch trübe Medien verglichen. Dass ein solcher Vergleich zulässig ist und naheliegt, hat mir schon im vorigen Jahre Hr. G. Mıe brieflich in einer freundlichen Mittheilung bemerkt. Die Voraussetzungen der beiden Theorien weichen zwar insofern erheblich ! Siehe unten Gl. (15) oder Gl. (16). 744 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. von einander ab, als Lord Ravyrzıen der Substanz einer einzelnen Par- tikel einen eigenen Brechungsexponenten (bez. in der Sprache der elastischen Lichttheorie eine »optische Dichte«) zuschreibt — durch diesen und durch das Volumen ist die optische Natur einer Partikel bestimmt — während in meiner Theorie die Natur einer Partikel durch Eigenperiode und Dämpfungsdeerement festgelegt wird. Aber das Entscheidende, was den Vergleich der Theorien möglich macht, ist, dass in beiden die eingelagerten Partikel klein gegen die Wellenlänge angenommen sind und dass in beiden die Extinction auf Zerstreuung des primären Lichtes von den Partikeln zurückgeführt wird. In der That zeigt sich eine für die Verschiedenheit der Ausgangs- punkte, wie mir scheint, sehr bemerkenswerthe Übereinstimmung beider Theorien in Bezug auf die Formel für die Extinetion, während die Dispersion in der Ravrzısn'schen Theorie naturgemäss ganz fehlt. $ı. Formulirung der Aufgabe. Die Grundgleichungen der elektromagnetischen Vorgänge in dem betrachteten Medium werden durch folgende vectorielle Beziehungen dargestellt': D—=c cunlf$, dv® = 1 S=-ec cwlf, an (1) Ss») — C+ ArNf J Hierbei bedeuten & und 9 die elektrische und die magnetische Feld- intensität, D die elektrische Induetion, ce die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit im reinen Vacuum, f das elektrische Moment eines Moleküls, das als elektrischer Dipol mit einer einzigen Eigenperiode voraus- oesetzt wird, und N die Zahl der in der Volumeneinheit enthaltenen Moleküle. Zu diesen Gleichungen kommt noch diejenige Beziehung, durch welche die Abhängigkeit der Schwingungen eines Moleküls von der erregenden Kraft ausgedrückt wird. Dieselbe lautet in der angeführten Abhandlung Gl. (15): no EXT en; Moe, a + ante ©, wobei n, die Frequenz (Zahl der Schwingungen in der Zeit 2”) der Eigenperiode des Moleküls, © das als klein vorausgesetzte logarith- mische Deerement der Schwingungsamplitude und €’ die erregende Kraft bedeutet. & und €’ hängen zusammen durch die Beziehung: ! Diese Berichte, Sitz. v. 1. Mai 1902, Gl. (14), S. 484. Praner: Extinetion des Lichts. 745 € ae ie (2) 3 Hierdureh ist das Problem vollständig formulirt. Die oben angeführte Schwingungsgleichung habe ich schon vor längerer Zeit abgeleitet' und seitdem vielfach benutzt. Sie stellt aber nur eine Annäherung dar: denn sie wurde gewonnen aus der Differential- gleichung dritter Ordnung’: wobei die Constanten: ir Dam A DEN 3ctz cds so dass man auch schreiben kann: ) TENg Ing (3 Da nun sc nach der Voraussetzung eine kleine Zahl darstellt, so werden im Allgemeinen die beiden Glieder mit s, welche die Dämpfung und die Erregung der Schwingungen bedingen, nur einen kleinen Einfluss besitzen, und die Schwingungen werden nahezu nach der Gleichung i+mf= 0, d.h. mit der Frequenz n, erfolgen. Dann ist in erster Annäherung f= -f, und die Gleichung (3) redueirt sich auf die zuerst angeführte einfachere Form. Anders wird es jedoch, wenn die Frequenz der Schwingungen sich merklich von rn, entfernt. Dann wird sowohl das Glied mit f als auch dasjenige mit f von der Grössen- ordnung der Glieder mit c, eine Resonanz im engeren Sinne findet nicht mehr statt, und die von den Molekülen ausgehenden Wirkungen werden nur dadurch merklich, dass sie in grosser Anzahl im Raume vorhanden sind. Dies ist der bei der normalen Dispersion verwirk- lichte Fall, den wir hier weiter verfolgen wollen. Durch Substitution des Werthes von © aus (2) in (3) ergiebt sich als Schwingungsgleichung: on: BEOINGEN Seo af [m- zu in a 4) welche sich von der entsprechenden Gleichung (19) meiner früheren Arbeit nur durch die Form des Dämpfungsgliedes unterscheidet. ! Diese Berichte, Sitz. v. zo. Febr. 1896, Gl. (31), S. 165, oder Wien. Ann. 60, S. 593, 1897. ’ 27 Ara. O. GI./(25). 746 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. $2. Erhaltung und Zerstreuung der Energie. Die Zunahme der gesammten in einem beliebigen Raumtheil des Mediums enthaltenen Energie E ist gleich dem Povnrine’schen Energie- tfluss durch die Oberfläche dieses Raumes in das Innere: — = ..|Ie. SL-ds = E far [E, 5]-dr — fe eurl S—S- curl E) dr, wobei [E, 5] = -[S:; ne das Vectorproduct, E59 = 9:€ das scalare Produet zweier Vectoren & und 9 bezeichnet. Daraus ergiebt sich mit Benutzung von (1): dE 1 - Zu Ha GE (565) ee — Bd oL Ne rn zE alt D+S-H)dr + a ne Ne) dr Setzen wir nun zur Abkürzung: a (5) No no Zedc so lässt sich mit a von (4) schreiben: dE en 5 = = NU —— ; IE + Ode) tz: fdr Da Er Die gesammte Energie X des betrachteten Raumes setzt sich also aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen zusammen. Der erste Theil, dessen zeitliche Anderung durch ein vollständiges Differential darge- [I stellt wird, bildet die Energie des geordneten Vorganges, der zweite Theil stellt die dem geordneten Vorgang entzogene, durch Strahlung zerstreute Energie dar. Hierzu leistet ein einzelnes Molekül in der Zeit dt den Beitrag: De —1-dt, 6 (6) Das Molekül strahlt also innerhalb eines Elementarkegels, dessen Rich- tung und Offnung durch die Polarwinkel $S und $ und ihre Differen- tiale dS und d® bestimmt ist, die Energie aus!: dee = Psin’sdsdp, (7) welcher Ausdruck, über $ von 0 bis r und über & von 0 bis 27 integrirt, zu dem oben Werth führt. ! Vergl. z. B. Ann. d. Phys. 9, S. 625, 1902. Al . . . / 7 Praner: Extinetion des Lichts. 747 $ 3. Ebene periodische Wellen. Wir beschränken von jetzt an die Betrachtung auf den Fall, dass in dem bezüglich der Coordinaten y und 2 unbegrenzten Medium ebene Wellen, die in der XZ-Ebene polarisirt sind, in der Richtung der positiven &-Axe fortschreiten. Dann redueiren sich die Vectoren €, D und f auf ihre Componenten €,, D,, f,, und der Vector 9 auf seine Componente 9,. Die Gleichungen (1) gehen dann über in: 22€, 92 22€ Se Sale la tan apa + Anl ar ec Im (8) Wir setzen nun: Se u &, = er) f, ar oe ze) (9) und betrachten », die Schwingungsfrequenz der einfach periodischen Welle, als reell, dagegen die Constanten A,a und p=xı+tD als complex. Dann giebt der imaginäre Theil von p den Brechungs- exponenten v, der reelle Theil den Extinetionscoeffieienten x der Wellen- amplitude. Aus (8) und (4) folgt dann, mit Elimination von A und a: 6oc®N No 2 — el S P N ze na — N? — — N) No NG 20c3 N = Benutzt man nun statt N den echten Bruch g = Zen und führt 0 ferner zur Abkürzung die beiden Constanten ein: n?— (1-9)m an? n? 39m > sg (10) Ei so ergiebt sich durch Berechnung von p, und durch Trennung des reellen und des imaginären Theiles, für den Brechungsexponenten v: „VER HR + Wr) en 2(a® + £) und für den Extinetionscoeffieienten x: Ve+B Ze HB (a + Bt-) ER 2(a* +?) Dies Resultat unterscheidet sich von dem in meiner früheren Arbeit $9 erhaltenen lediglich durch die Bedeutung der Constanten ß, welche 2 X & ; n : : : dort der ersten, hier der dritten Potenz von — proportional ist. Die No Abweichungen verschwinden daher, wenn nahezu n = n,, also im Gebiet der anomalen Dispersion und metallischen Absorption, sie wer- Sitzungsberichte 1904. 60 748 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. den um so beträchtlicher, je weiter n, die Frequenz der primären Welle, von n,, der Eigenfrequenz der Moleküle, abweicht. Wir wollen uns hier deshalb hauptsächlich mit dem letzteren Fall, dem Fall der normalen Dispersion, beschäftigen. 4. Normale Dispersion. Extinetionscoeffieient. Relaxationsstrecke. ur Normale Dispersion findet statt, wenn die Frequenz n der fort- schreitenden Wellen so weit von der Eigenfrequenz n, der Moleküle abweicht, dass die Constante z entweder merklich grösser als 1 oder merklich kleiner als 0 ist. Dann ergiebt sich, da 8 nach seiner Be- deutung in der zweiten Gleichung (10) eine kleine Zahl ist, wenn man die Ausdrücke für v* und x’ in Reihen nach aufsteigenden Potenzen von ®° entwickelt und bei den niedrigsten Potenzen stehen bleibt: Va 1 a en I (13) a 4a°(a—1 Diese Ausdrücke sind dieselben wie die früher von mir erhaltenen; der Unterschied liegt nur in der Bedeutung von ®. Daher bleibt die von ® ganz unabhängige Dispersionsformel und die aus ihr abzuleiten- den Werthe von %,, g und c auch bei dem hier erzielten höheren Genauigkeitsgrade die nämlichen. Dagegen ändert sich die Grösse des Extinctionscoeffieienten x erheblich. Eliminirt man aus den beiden Gleichungen (13) die Grösse #, so ergiebt sich für den Extinetionscoeffieienten: PR)? — on und mit Substitution des Werthes von ® aus (10): er) Al an} Erg, DE on BINDENEE (14) wenn statt der Frequenzen n und n, die entsprechenden auf das Va- cuum redueirten Wellenlängen A und A, eingeführt werden. Die frühere Formel für x lautete dagegen ($ 12 a.a.0.): Der verbesserte Werth des Extinetionseoeffieienten % unterscheidet sich , oe R \ also durch den Factor ( .) vom alten. Für Wasserstoff von 0° C. unter Atmosphärendruck ergiebt sich daraus nach den Messungen von KETTELER, wenn / die Relaxationsstrecke bezeichnet, d. h. die Schicht- Praner: Extinetion des Lichts. 749 dieke, in welcher die Amplitude einer ebenen Welle auf den e Theil verkleinert wird, statt der früher ($ ı2) aufgestellten Tabelle: Linie Brechungsexponent v Relaxationsstrecke 2 Extinetionscoeffieient x B 1.00014217 1.S- 10° cm 6:0 10-24 D 1.00014294 1.0: 10° cm 9.6.1074 @G 1.00014554 2.7:10° cm 2.5 - 10718 $5. Vergleich mit der Theorie von Lord Ravreıen. In seiner Theorie des Lichtdurchgangs durch ein homogenes nichtleitendes Medium, welches viele kleine gleichartige nichtleitende Partikel suspendirt enthält, berechnet Lord Rayreıcn' für den Extinetions- coeffieienten A einer ebenen Welle: E= He“ folgenden Ausdruck: Ms 327° (n— 1) InAt Hierbei bedeutet # die Energie der Welle, u den Brechungs- exponenten des durch die Partikel modifieirten Mediums, bezogen auf den des reinen Mediums als Einheit, und » die Anzahl der in der Volumeneinheit enthaltenen Partikel. Dies ergiebt in der hier gebrauch- ten Bezeichnung: _ 32°(v—1)? = ann =, (1 on — Um diesen Werth von A mit dem oben für den Extinctionscoeffi- cienten x gefundenen zu vergleichen, hat man zu bedenken, dass die Energie der Welle proportional dem Quadrat ihrer Amplitude ist, also nach (9) proportional: & > ARentit- 2) Hieraus folgt: In Arı h=_—=- n C A also aus (14): Sr Eh e aa) (16) Wenn v nahe = ı, und dies ist der Fall, in welchem beide Theorien die beste Annäherung geben, so kann v„”’-1=2(v-1) gesetzt werden, und dann werden die Ausdrücke (15) und (16) für A vollkommen identisch. ! Phil, Mag. 47, p. 379, 1899. Gl. (14). 750 Gesammtsitzung vom 21. April 1904. Diese Übereinstimmung der ‚beiden Theorien in Bezug auf den Extinetionseoeffieienten ist um so bemerkenswerther, als ihre Resul- tate in Bezug auf die Dispersion ganz aus einander gehen. Denn die Ravreiısu sche Theorie trägt der Dispersion überhaupt keine Rechnung, sie ergiebt nämlich für den Brechungsexponenten v des durch die Partikel modifieirten Mediums, wieder unter der Voraussetzung, dass (v—1) klein ist!: vl N 72001), (17) wo T das Volumen einer Partikel, v’ den Brechungsexponenten der Partikelsubstanz vorstellt. Die Wellenlänge A kommt hier gar nicht vor. Dagegen liefern die obigen Ausdrücke (13) für v und (10) für z, wenn v nahe = 1, also g hinreichend klein ist: Val 2 2° -%) Nur für sehr lange Wellen wird v unabhängig von der Wellenlänge, nämlich: 39 __30Ne® 30N% ne Mit der Formel (17) von Lord Rayrzısn verglichen liefert dies: d.h. in den Gebieten der langen Wellen, wo die Dispersion nicht mehr merklich ist, lässt sich Übereinstimmung der beiden Theorien dann er- zielen, wenn das Volumen 7 einer homogen und nichtleitend vorge- stellten Partikel und der Brechungsexponent v’ ihrer Substanz mit der Wellenlänge 7, ihrer Eigenschwingung und ihrem Dämpfungsdeerement o durch die letzte Relation verbunden werden. IA2220..Gl. (in). Ausgegeben am 28. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. KA ar m en u una an ad une un Leu rea nn en u u OU a > SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXI. XXIV. 28. Arrır 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Ststels] Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8 2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören ‚ sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung. der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugeben-Jen Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. l. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mitrheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer afehrones in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. 88. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. s1l. 1. Der Verfasser einer unter den » Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. $ 28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direct bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Nlitgliede zu überweisen. [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuscript druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] $ 29. 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr sicht, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlü die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats ro P - - » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, 4 eo » October bis December zu Anfang des nächsten Der nach F, ertigstellung des Royickh, 751 SERZUNGSBERICHTE , 12% XXI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 28. April. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diıers. l. Hr. Dresser las über die Goldmedaillons aus dem Funde von Abukir. (Abh.) Eingehend besprochen werden fünf aus diesem Funde für das Königliche Münz- cabinet erworbene Stücke mit den Bildnissen Alexander’s des Grossen, der Olympias und des Kaisers Caracalla. Die Analyse der in drei verschiedenen Auffassungen dar- gestellten Alexanderbildnisse ergiebt, dass sie auf Vorlagen aus hellenistischer Zeit zurückgehen, eins davon aller Wahrscheinlichkeit nach die Copie eines Cameo ist. 2. Der Vorsitzende legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. A. Renm in München vor: Weiteres zu den milesischen Parapegmen. Es hat sich zu den früher veröffentlichten Bruchstücken zweier »Steckkalender« in Milet neuerdings ein fünftes gefunden, das ergänzt und erläutert wird. Ferner wird ein Gutachten des Hrn. Prof. Dr. von Hırzer über die paläographische Zusammenge- hörigkeit der verschiedenen Fragmente und einzelne Lesungen mitgeteilt und besprochen. 3. Es kam zur Vorlage: A. Harnack, Geschichte der altchristlichen Litteratur bis Eusebius. Th. 2. Die Chronologie. Bd. 2. Die Chrono- logie der Litteratur von Irenaeus bis Eusebius. Leipzig 1904. Sitzungsberichte 1904. 61 752 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. April 1904. Weiteres zu den milesischen Parapesmen. Von A. Reunm. (Vorgelegt von Hrn. Diers.) Di. Originale der oben S. 92 ff. veröffentlichten Fragmente sind nach ihrem Eintreffen in Berlin auf Ersuchen von Hrn. Diers durch Hrn. Hırver von GAERTRINGEN vom Standpunkt des Epigraphikers aus untersucht worden. Sein Bericht legt nahe, die Zusammengehörig- keit der theoretischen Texte mit den zweierlei Kalenderfragmenten anders, als oben geschehen, zu beurteilen; ferner veranlassen Bemer- kungen über Reste einzelner Buchstaben an etlichen Stellen neue Er- gänzungen oder Änderungen meiner früheren Vorschläge. Weiter ist im Laufe des Winters in einer Mandra im Gebiete des alten Milet ein weiteres verschlepptes Bruchstück zum Vorschein gekommen, von dem mir Hr. von Krxrure Abklatsch und Photographie gütigst zur Unter- suchung übersandt hat. Ich gebe nun das Hırrersche Gesamtgutachten mit den Worten des Verfassers als I, die Einzelbeobachtungen mit meinen Bemerkungen dazu als II, das neue Fragment als IH. I. Hr. HırLLer von GAERTRINGEN schreibt: »Ich habe die fünf bis dahin gefundenen Parapegmenfragmente (A,B,C,D und Nr. 84) im März lediglich auf ihr Äußeres geprüft und jetzt das neugefundene Stück (= N) verglichen. Die ersteren habe ich im Original im Pergamonmuseum gesehen; von N lagen mir eine gute Photographie und ein ausreichender Abklatsch vor. Die augenfälligsten Tatsachen sind folgende: 1. D, A und N haben dieselbe Schrift. Charakteristisch A mit gebrochenem Mittelstrich (in kleinen Varianten); # mit Oval, das ver- schieden gut gelungen ist. Höhe von drei Zeilen mit den beiden Zwischenräumen 0.035—0.037. Steindieke D 0.172, A 0.18, N un- bekannt. 2. B allein hat a mit geradem Querstrich. B hat # mit Kreis- segment, wie sonst nur 84. Dicke von B 0.21; drei Zeilen (wie oben) 0.035 hoch. mn A. Reum: Weiteres zu den milesischen Parapegmen. (98 3. C hat eine dünnere, zierlichere Schrift als alle anderen; affektierte Eleganz; charakteristisch © mit Dreispitz, wie es in den rhodischen Künstlerinschriften um 100 v. Chr. und später beliebt war. Die Form des ® nähert sich A, D, N, im Gegensatz zu B und 84. A mit gebrochenem Mittelstrich und A mit geschwungenem wechseln. Dicke 0.19, drei Zeilen etwa 0.04 hoch. 4. 84 hat kräftigere Schrift als alle anderen. & mit Kreis- segment, wie B; A mit mäßig geschwungenem Mittelstrich, wie mit- unter C; anders als B, welches a, und anders als A, D, N, welche A haben. Drei Zeilen ungefähr 0.045 hoch. Dicke 0.22. Somit sind die Schriften von B, © und 84 jede sui generis, wenn auch schwerlich in der Zeit wesentlich untereinander verschieden. Berücksichtigt man den Inhalt, so sieht man, daß D, A, N ganz ohne Frage zu einem und demselben Parapegma gehören (»Zweites Parapegma«). B ist anders beschaffen (»Erstes Parapegma«). Ö und 84, die beiden erklärenden Texte, sind untereinander in der Form am meisten verschieden. Wollte man etwa C auf A,D,N, und 84 auf B beziehen (bisher waren Ü und B zusammengestellt), so müßte man doch in beiden Fällen einen Wechsel der Hände zwischen Erklärung und Kalender annehmen. Solcher Wechsel kann in dieser Zeit als Schönheitsmittel empfunden sein; vgl. die verschiedenen Zeilen- höhen der schon angeführten gleichzeitigen Künstlerinschriften von Rhodos. C zeigt ja auch eine besonders hohe Überschriftzeile. « Nach diesen Ausführungen des Hrn. voxw Hırzer werde ich im folgenden die Bemerkungen zu 84 und B zusammen behandeln. © muß man jetzt wohl als Einleitung zu ADN betrachten; denn da am rechten Rande von © Löcher erhalten sind, das Stück also sicherlich mit einem Parapegma unmittelbar zusammengehört, bleibt nur die Wahl, es mit AD N zu verbinden oder, was äußerst unwahrscheinlich ist, in C den einzigen erhaltenen Rest eines dritten Parapegmas zu er- kennen. Für die erste Eventualität spricht noch, daß die Abstände der Löcher zu denen in ADN stimmen, wie Hr. von Hıruer auf An- frage feststellt. Wenn denn ÖADN eine Einheit bilden, muß frei- lich gesagt werden, daß die Ergänzung der linken Spalte, die ich oben S. 103 versucht habe, Schwierigkeiten macht; denn bei ADN ent- spricht, wenn nicht alles trügt, keineswegs je eine Spalte (cenic) einem zwıaıron (v@l. Al. Sp.). Doch wird das letzte Wort hierüber nicht zu sprechen sein, solange wir nicht wissen, welches »Zodiakalschema« dem Kalender A DN zugrunde lag, eine Frage, die nach meinen bisherigen Untersuchungen aus dem erhaltenen Material nicht zu be- antworten ist. Man muß sogar mit der Möglichkeit rechnen, daß 61* 754 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. April 1904. in A DN die Zodiakalzeichen überhaupt nicht geschieden waren, vielmehr, was bei einer Kompilation aus Euktemon und Eudoxos durchaus verständig wäre, die 365 Taglöcher ungeschieden anein- andergereiht waren. Hoffen wir, daß weitere Funde Licht in diese Frage bringen! II. Zu 84 bemerkt Hr. HıLıer von GAERTRINGEN: Z.5 Kaıcy; Z. II Kaım; Z.13 Aıct oder aıcm. Bl. Sp. Z.2 am Anfang nach Hrn. vo Hırrer »statt wrion lieber ein Wort auf c«. Zu erwägen sind Hnioxoc, TAYPoc, narwöc. Beim Hnioxoc könnte nur an den Beginn des Untergangs (Stern ı) gedacht werden: dann wäre aber nach dem Sprachgebrauch unseres Parapeg- matisten zu erwarten &&1oc Ärpxeraı ayneın; denn nur bei kleinen Stern- bildern oder solchen, die dureh einen hellen Stern bezeichnet werden, fehlt die Unterscheidung von Anfang und Ende der Phase. Eben- diese Beobachtung (die auch gegen meinen früheren Vorschlag wrion spricht) ist gegen raYpoc ins Feld zu führen: denn es müßte heißen TaYPoc Önoc aYnei. Das wäre die Phase, die bei G unter Skorpion 28 aus Kallippos verzeichnet steht. Aber auch diese Parallele kann die Ergän- zung TAYpoc nicht empfehlen, weil gerade beim Schützen in unserm Para- pegma die Daten aus Kallippos (und Euktemon) nie verspätet, sondern vielmehr stets um 3 bis 4 Tage verfrüht erscheinen. Man vergleiche: Parapegma 456B G Quelle Zeichen des Schützen Tag Frühuntergang des Sirius 3 7 Euktemon Beginn des Frühaufgangs des Schützen 4 7 Kallippos Frühaufgang des Skorpionstachels 7 10 Euktemon Frühaufgang des Adlers 12 15 Euktemon Frühuntergang der Zwillinge bis zur Mitte 13 ı6 Kallippos. So bleibt nur das kleine Sternbild aarwöc, dessen Untergang dann, auch wenn man an den Stern $ am Ende des Schwanzes (Hipp. in Arat. p. 240,16) denkt, freilich recht spät angesetzt ist (25. November); doch mag daran erinnert werden, daß die Phase bei Clodius (p. 153, 16 W.) am 2ı. November, bei Columella (p. 312, 26 W.) am 22. No- vember verzeichnet ist, also nur unwesentlich früher. An die astro- nomische Genauigkeit von B hohe Anforderungen zu stellen, sind wir Ja zudem durch die Erwähnung des Prokyon in dieser Reihe gewarnt. ! Auch wenn man statt des Prokyon den Stern rPöroYc (n Geminorum, vgl. Eratosth. Catast. X p. 88 s. Ror., Hipp. in Arat. p. 240, 4; 268, 28) setzen wollte, bliebe hier ein grober Fehler bestehen. . . . lei A. Reum: Weiteres zu den milesischen Parapegmen. 155 Bl. Sp. 2.15 nach Hrn. von Hırrer »ging der Text anscheinend weiter; unter dem o von avömenoı vielleicht ein Rest von einem rm; un- sicher«. Eine sichere Ergänzung wird kaum möglich sein: nach dem Globus kann man denken an Alaymloı mecofcı Avöme- Z.15 nol Kal AKPönYxXoı Elm|ıtea- novcin önoı| oder Z.15 noı Kal Örnıc Önoc Ejmlırea- neı Ewloc]. Br. Sp. 2.15 nach Hrn. von Hırzer »eher e, nicht m«. Mit e beginnen nur die Sternbilder errönacın und &rıeoı. Ersteres Sternbild (bei dem man an mecoi enıternnon denken müßte, vgl. vorher Z. 10) ist durch das Fehlen des Artikels ausgeschlossen. So bleibt nur e|pısoı Ewioı EmTennovcin; dabei ist in Kauf zu nehmen, daß die Phase bedeutend zu früh an- gesetzt ist. Am 25. April hat sie Plin. p. 325, 20 W. für Ägypten, am 29. Clodius p. 132, 3W. Hier bei B kommen wir auf den 7. April, wenn man nicht, was freilich durchaus zulässig ist, annehmen will, daß mit dem rechten Rande der Platte noch manche, vielleicht sehr viele Taglöcher verloren gegangen sind. Cr. Sp. Z.ı nach Hrn. vox Hırrer »maralm|ur|n|v, der letzte Buchstabe sehr deutlich«; also maralm|ur|n|Y naı. Z. 4 »HmepwnI.TAT.CHMAC. ... .«, 2.5 Anfang »..umelr«, Z.6 »munolc«. Z.4 läßt wohl nur die Ergänzung mlelrA T|ö] cAma zu, obschon es wundernimmt, das Wort in einem Prosatext in der Bedeutung »Zeichen, Marke« zu finden. Aber das muß man wohl hinnehmen. Dann aber nötigt dieser Textzuwachs zu einer etwas andern Auffassung der Stelle, als ich sie oben S. 103 vorgetragen habe." Das cAma, das neben den Hmeraı figuriert, kann nur dazu gedient haben, den Tag des Neumondes hervorzuheben. Wenn nun die Tagmarken im Laufe des Jahres hinter die jeweilige Neumondmarke zu versetzen sind, so muß man annehmen, es seien die letzteren, ihrer 12 oder 13, immer ı Während ich diese Stelle formuliere, kommt mir durch die Freundlichkeit des Verfassers ein Aufsatz »Die öffentlichen Kalender im alten Griechenland« von Hrn. Bırınger (in der Beilage des Württembergischen Staatsanzeigers vom 22. April 1904 S. 65 ff.) zu; ohne Kenntnis der neuen Lesung stellt darin Hr. B. die Vermutung auf (S. 69), daß für jedes Jahr des Zyklus die Numenien durchlaufend bezeichnet waren; die Numenienstifte denkt er sich mit den Anfangsbuchstaben der betreffenden Monate versehen. Nur insofern kann ich seine Ansicht von der technischen Handhabung des Steckkalenders nicht teilen, als er, wie mir scheint gegen den Wortlaut von C, nur einen, täglich zu versetzenden Tagstift annimmt. 756 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. April 1904. für das ganze Jahr beigesteckt gewesen, so daß man auf der Tafel die Einteilung des bürgerlichen Jahres stets überschauen konnte. Eine solehe Neumondmarke steht dann einfach statt der Tagnummer 1. Danach wird es mir fraglich, ob ich Z. ı mit Recht zu emiöntA ergänzt habe mAna: ich möchte jetzt lieber enıayrön hinzudenken, also: nach Ablauf jedes Jahres soll man das lunare Schema des folgenden bei- stecken; die Tagmarken aber, die nur für einen Monat vorhanden sind, werden immer nach dessen Ablauf hinter die anschließende Neu- mondmarke versetzt. IN. Das neue Fragment des zweiten Parapegmas. Breit etwa 0°275; hoch 0”135; ringsum Bruch. Ich gebe das Bruchstück, über dessen Zugehörigkeit zum zweiten Parapegma man kein Wort zu ver- lieren braucht, wie die früheren gleich mit meinen Ergänzungen. ı 0 YAc Ewıa Emitennei Klal ETTIcH- MAINEI NÖTW|I KAT’ EYKTHMONA, TÄI A AY- © TAI KATÄ @JIAITTION APKTOFPOC AYE- TAI Ewseln KAl ETTICHMAINEI 5 2 0 YAaec] Emitennoycın Eweeln Kal En- CHMAIlneı AYTAIc KATA einımmlon, TAI A’ AYTAı K]AT’ EYAozon Tinelälaec Eiiaı ermt&lanovcın 3 0 YAaec Eilıaı Emitenlaovcın 10 KAT INA@|N Kanna[nea Zwillinge, 25. Mai bis 25. Juni; erhalten die ersten Tage, viel- leicht auch das Ende des Stieres (s. u... Das Loch rechts neben 7.2 gehört zum Ende der Zwillinge, d.h. zur nächsten (und wohl letzten) Spalte. Die Ergänzung geht aus von der Arkturphase; auch wenn das n am Anfang von Z.4, das nur die Ergänzung &ween gestattet, nicht, wie ich urteile, mit Sicherheit zu lesen wäre, dürfte man nicht zweifeln, daß der Frühuntergang und nicht der in das Zeichen des Skorpions (26. Oktober bis 24. November) fallende Spätuntergang ge- meint ist. Denn die für den zweiten Tag angesetzte eudoxische Ple- Jadenphase könnte dann nur gleichfalls die Spätphase sein; diese fällt aber einen ganzen Monat vor den Spätuntergang des Arktur (3. Okt., bezw. 2. Nov. Eudoxos bei G); ferner ist an dem zweiten Tag für Philippos ein Frühaufgang angegeben, und ayrAlc Z.6 gestattet nur an Iyaden oder Plejaden zu denken. Ist so die Ergänzung von Z. 3. 4 gesichert, so ergibt sich die- jenige der folgenden Zeilen schon aus den Raumverhältnissen. _Auf- * * ” Li A. Renn: Weiteres zu den milesischen Parapegmen. 757 Z.5 ist für maeıAaec bestimmt kein Platz, Z.9 noch weniger.‘ Minder selbstverständlich, aber, wie mir scheint, im wesentlichen doch sicher, ist die Ergänzung von Z. 1.2.” Nach der bisherigen Herstellung han- delt es sich um Tage, die unmittelbar oder doch fast unmittelbar an 456A rechte Spalte (oben S. 110) anschließen, wo Z.9 der Frühunter- gang des Arktur nach Euktemon verzeichnet steht; ebenda folgt näm- lieh Z. 3 eine Phase der Capella nach Philippos der entsprechenden euktemonischen in zweitägigem, Z. 10 eine Phase des Adlers nach Philippos der euktemonischen in eintägigem Abstand; Zufall ist das nicht: es sei daran erinnert, daß bei P die philippischen Episemasien fast durchgängig (in 25 von 27 Fällen) mit den euktemonischen identisch sind; der Unterschied von unserm Parapegma besteht nur darin, daß .P die Episemasien beider auf die nämlichen Tage setzt. Sehr ähnlich müssen aber beide Parapegmen gewesen sein. Nehmen wir aber demnach für unser Bruchstück unmittelbaren zeitlichen Anschluß an das vorherge- hende oder höchstens zweitägigen Abstand an, so bleibt uns, wie G lehrt, gar nichts anderes übrig, als für Euktemon gleichfalls den Frühauf- gang der Hyaden zu ergänzen; dann trifft es sich sehr hübsch, daß auch für die Hyadenphase Philippos in eintägigem Abstand dem Euktemon folgt, der vierte derartige Fall in wenigen Zeilen. Aber eine kleine Abweichung unseres Parapegmas von @ erhalten wir dabei allerdings; denn bei @ fallen Euktemons Arktur- und Hyadenphase auf den näm- lichen Tag (Stier 32), hier wäre die letztere wenigstens um einen Tag später gesetzt.” Indes war mir der Wortlaut jener Stelle bei & längst verdächtig, da eine fremde Phase zwischen die beiden aus Euktemon eingeschoben ist: En a& rAı a8 Eykrimonı ApktoFroc [Ewıoc] ayneı" Er- cHmaineı. Kanninmwı [6] TArpoc anreı Anatennwon. Eykrfmonı YAaec [En] ermtennovcın' Errichmainei. Da sind also, wohl schon vom Kompilator dieses Parapegmas, zwei Phasen fälschlich auf einen Tag vereinigt. Hierfür spricht auch, daß bei P der Vermerk Eyktumonı Emichmaineı in dieser Zeit an drei aufeinander folgenden Tagen wiederkehrt (24. 25. 26. Mai). Ob man nun Euktemons Hyadenphase als Stier 32 oder als Zwil- linge ı (kallippisch) zu betrachten hat, ist nicht zu entscheiden. Im ersten Falle wären bei G die Arkturphase und die beiden vorangehenden (Adler und ? ist nur der Formähnlichkeit zu Liebe willkürlich gewählt; Fulgentius hat nicht einmal gewusst, dass sein cuf mit dem lateinischen Q geschichtlich identisch ist. Übrigens wäre es wünschenswerth, wenn die Grammatiker, die das Zahlzeichen für 900 anstandslos cAmrı oder gar CAN zu nennen fortfahren, endlich einmal mit einem brauchbaren Zeugnisse sei es auch nur aus der byzantinischen Zeit herausrückten. SoruocLes Greek Lexicon 974 erklärt ausdrücklich, dass für cAmmı überhaupt kein Beleg existiere, und die Zeugnisse für den dorischen Buchstabennamen cAn haben mit dem Zahlzeichen nichts zu thun. ® Vergleiche den späten Vers RhM 31. 469 ante mei topo |[?] geminas ss scribere docta. Beim Lesen hat man also den Namen ES einzusetzen. SI 0 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 28. April 1904. — Mittheilung v. 14. April. «e hane enim si protrahamus, A sonabit, X et V ‚s ] et O duae supersunt quinque de vocalibus > refert nihilum, X prior an Q siet an C' ss C modo aut P copulare subditam 7 sie solent so namque B vel C sonare, porro DG et ceteras ::3 H littera sive est nota, quae spiret anhelum. Die Namen der mutae haben gegenüber vorausgehenden Wörtern mit consonantischem Schlusse die Kraft der Positionsbildung, schliessen sich unbedenklich auch dem schwächsten vocalischen Auslaute an und können ihrerseits vor vocalischem Anlaute ihren Silbenwerth verlieren, dh. inchoant a naturali sono et desinunt in vocalem sonum, ganz in Übereinstimmung mit der späteren Praxis, wie sie etwa Pompeius V ıoı, ı2 formuliert. Diese Verbindung zweier Bestandtheile schildern vı86ss B littera vel P quasi syllabae videntur iunguntque sonos de gemina sede profectos: nam muta iubet portio comprimi labella, vocalis at intus locus® exitum ministrat a sonus? cf. v 196. comes? cf. v 807. 810. 8138. Dass der Hilfsvocal im Allgemeinen e gewesen ist, verrathen v IOIss B eum volo vel C tibi vel dicere D 6, E quae sonitum commodat hisce si negetur, et labra prementur simul et revineta lingua: haec vim tacitam sponte sua nimisque mutam coniuneta potentem sonitus faeit latentis. Bei den semivocales aber, die Ausonius von seinen Versen ausgeschlossen hat, ändert sich auch das Verfahren des Terentianus. > septem religuas hine tibi voce semiplenas vix lege solutus pote nominare sermo. has versibus apte quoniam loqui negatur, instar tituli fulgidula notabo milto: ut quamque loquemur, datus indicabit ordo FLMNRSX. 8» semivocales oportet segregare attentius; quas quidem quia nominatim versus indi non sinit, ordinis signabo numero, quae sit haec quam disseram, titulus Tabelle ı. Versuch Nr.ı. Lösungsmittel: Phenetol, Siedepunkt = 168°. Zeit in Minuten 2 o 140 240 425 1225 1650" (D),.! 16.8 9.5 6.1 3-3 0.2 (6) K-10*#? Get 8.0 712 6.8 _ Versuch Nr. 20. Lösungsmittel: Phenetol. Zeit in Minuten ? o 233 323 443 1280' (D),.! 10.5 5.4 4.09 2.64 0.5 K.10#2 5.4 5-5 5.9 4:5 Versuch Nr. 17. Lösungsmittel: Anisol, Siedepunkt = 152°. Zeit in Minuten t o 865 1225 2345 3845 5310" (D),-! 16.38 9.35 7.03 3.26 1.18 0.55 K.10% 1.2 es) 1-3 1.3 1.2 Die Reaktion verläuft im Dunkeln praktisch vollständig im Sinne der Gleichung C,H, = 2C,H... ' (D) = Milligramm-Molekül pro Liter. ® Auf den Wert der Geschwindigkeitskonstante scheint Feuchtigkeit katalytisch zu wirken. Der Einfluß wurde als dem Zwecke der Hauptuntersuchung fernerliegend noch nicht näher studiert. 834 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. Versuche im Licht. A. Geschwindigkeiten. Im Lichte verändern sich die Konzentrationen von Anthrazen und Dianthrazen. Es wurden die Anfangsgeschwindigkeiten der Abnahme der Anthrazenkonzentration bei verschiedenem Gehalt unter sonst glei- chen Bedingungen bestimmt. In der folgenden Tabelle 2 bedeuten ‚C, und ‚ÜC, die Konzentration des Anthrazens in Milligr.-Molekülen zu Beginn des Versuchs und nach ? Minuten. C, bedeutet die mitt- @ 4 die Abnahme in der Zeiteinheit. Unter lere Konzentration und den Bemerkungen ist die gemeinsame Anordnung der zu vergleichenden Versuche erwähnt: das Lösungsmittel, die Lampe (Nebenschlußlampe: N.L. oder Differentiallampe: D.L.), die Entfernung der vorderen Ge- fäßwand vom Lichtbogen = d (s. Fig.) und die Art der Bestrahlung (ganz frei oder eine freigelassene Flüssigkeitssäule von der Höhe A). Tabelle 2. ._ = z | — = - —- - t 0CA | Can C4 Ar Bemerkungen ee er 646 | 66.5 | 0.0295 N}Phenetol (168%); N.L.; d= 16%; freie 175 37.6 32.7 35.20 100.0:028 \ Oberfläche. 595' 94.6 80.1 87.4 0.02 JAnisol (152°); N.L.; d=ı18°N24; freie 580 48.4 37-5 43 0.019 \ Oberfläche. 210' 71.3 62.1 66.7 | 0.044 J’Anisol 1 (n522)2, DIE a ren freie 270 47-9 38.1 43 0.036 \ Oberfläche. 840' 94 86 90 0.0095 lAnisol (152°); D.L.; d= 320 R = em 835 46.6 40:60 7 03.6 3| 0.0072 \ 2sgr Lösungsmittel. ös ergibt sich, daß die Geschwindigkeiten in einem viel kleineren Verhältnis stehen als die Anthrazenkonzentrationen; bei genügender Entfernung vom Gleichgewichtszustand fast von den letzteren unab- hängig sind. Ähnlich durchgeführte Versuche über die Abnahme der Dianthra- zenkonzentration (von reinem D ausgehend) erlaubten nach der var'r Horrschen Beziehung die Ordnung der Reaktion D->A zu bestimmen und ergaben nach Tabelle 2a, wie zu erwarten war, daß dieselbe monomolekular, wie im Dunkeln, verläuft. R. Lurser u. F. Weicerr: Über umkehrbare photochemische Reaktionen. 835 Tabelle 2a. a rc ‚Ca C4 E n Bemerkungen | At = 83' | 14.33 10.2 | 12.27 0.0504 e Phenetol (168°); D.L.; d= 16°%; 89 | 906 | 6.51 | 8.06 | 0.0347 = h=2, g= 258. Die aus diesen Bestimmungen nach der Formel auf S. 833 be- rechneten Werte für X sind 7-7-10* und 8-2-10*. Vergleichbare Parallelversuche im Dunkeln ergaben für die Geschwindigkeitskonstante nahezu dieselben Werte 8-8.10”* und 8-0. 10”. B. Gleichgewichte. Bei genügend langer Fortsetzung der Versuche werden Gleich- gewichtszustände erreicht, welche von verschiedenen Faktoren abhän- eig sind. Die Konzentrationen erreichen den Gleichgewichtszustand unter sonst gleichen Bedingungen von beiden Seiten (es sei hier auf die Versuche Nr. 7 und 8; und Nr. 38 und 39 der Tabelle 3 hin- gewiesen). Der Gleichgewichtszustand wird, wie Geschwindigkeitsmessungen lehrten, in siedendem Phenetol schon nach 6—7 Stunden erreicht. Wenn dureh Vorversuche die Gleichgewichtskonzentrationen bekannt sind, so wird von Anfang an ein ähnliches Gemisch von Anthrazen und Dianthrazen gelöst, so daß die Änderung der Konzentration (in den Tabellen: AC,) bis zum Gleichgewicht nur gering ist. In den folgenden Tabellen 3 und 4 sind zunächst die sämtlichen Versuchs- ergebnisse zusammengestellt, deren Diskussion später erfolgt. Es be- deuten: Kol. ı die Nummer des Versuches, Kol. 2 die Dauer der Bestrahlung, Kol. 3 die Bezeichnung der Lichtquelle (Nebenschlußlampe: N.L., Differentiallampe: D.L.) und die Entfernung der vorderen Wand des Bestrahlungsgefäßes vom Lichtbogen: dem, Kol. 4 das Gewicht der Lösung: G, Kol. 5 die Höhe des bestrahlten Flüssigkeitszylinders: A, Kol. 6 die Anthrazenkonzentration, C,, beim Gleichgewicht, Kol. 7 die entsprechende Dianthrazenkonzentration: C'y. Kol. S die Vermehrung oder Verminderung, AC,, der letzteren vom Anfangswert aus, Kol. 9 den Radius des Flüssigkeitszylinders: r, Kol. 10 den Wert einer Konstanten: X, deren Bedeutung später erörtert wird, Kol. ıı Bemerkungen zu den Versuchsbedingungen. 836 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. Tabelle: Lösungsmittel: Phenetol, Siedepunkt = 168°. Nr. hs? | dem gr | em | CA Cp | ACo || de Bemerkungen 2 9 |N.L.ı6 | 41.4 | frei 61.3 | 3.62 | + 3.62 | 1.24 Kı=1.8 | AmSchlußRückverwand- 3 SE Se Al en © ar lung des gebildeten D. 4 93 .. 41.5 nz 4.84 | — 3.40 | » 2.4 6 IO | » 32.5| 40:5 „ 29.5 1.09 |+1.09| » ae) 7 15, || »20) | 40:4 | m. .28.6 321017843: 210 1 er 25 8 163 non 40.4 n„ | 283 3.37 | —ı14.15 Merle » 2.6 | Von reinem Diantlırazen 12 9 15 25.2 » | 36.0 5.02 | + 5.02 | » 22 ausgehend. Br ae er | > 2 ee: | j RS [Die Versuche wurden 14b 9, j En | ES gleichzeitig ausgeführt. I4e 103 05 716% » | 497 IT-2 || ent 0 722 » 2.3 = re 19a z » 13 | 254| ach | 39:8: | 3.16 |=t 3:16 | 01.24 een ) 19b 9% | » ı184| 25.4 frei 38.9 3:32 U |-#53:320| 7 5» ”9:2.2|) 2 Io n 13 40.6 |? =4.9| 44.6 2.76 | + 2.76 See) 2 | »ı3|24| 49) 458 | 207 | + 407 » » 1,8 | 30] 14 DIE2162 7254 5 37-8 | 4.93 | + 4.93 » BR=3.2 39 |». [20.9 4.1| 38.5 4:58 | — 0.35 | » |» 2.9 | Fortsetzung von 30, 31] 14 » » | 25.6 5 | 78.8 | 5.87 IE an a 31j] 73 nn 21.0 4.1 84 3 BLZ — 0.76 ” ” 3-3 Fortsetzung von 31] nach Ab- 34 8 2m 2555| 5 60.7 | 4:97 | Das. R, re Annoz und Stehen über 36 1930 0 r21372 25.4 5 | 4.8 | 7.27 | + 1.37 rer zu) 37 13% Du 25-3 | 2727 De 1.81 | ” » 3.0 |\ 38 14 » 16 | 25.2 | 5 729-5 | 4.24 | + 0.85 ” nn 2 AR Ar 39 14 in 25:3 | 5 | 298 | 417 | — 2.56 » 2 ee [tinblech. 42 T3d le», &= 25-3 5, | A547 4.89 | + 0.12 » "3.1 43 1SEa|ı 27,15: 5 43.9 | 6.37 | + 0.8 8.5 03:5 | 44 aa er 15-4 5 46.1 | 467 | +038| 72 |» 31 48 13% ”130 20.255 BelE240:2 7.10 | — 0.25 1.2401, »23:02||\ 9| 133 |» » | 3834| 5 | 405 | 502.|+004 | -» n 3:2 50 135 | »ı6 | 253 | 5 | 38.83 | 4.98 | + 1.02 » BS3&T \ 5ı 135 | » 16 25.3 | 2 | 38.9 | 1.99 | + 0.57 » » 3.2] Tabelle 4. | ıı bs Bemerkungen R. Lurner u. F.Weiserr: Über umkehrbare photochemische Reaktionen. 837 Bei der Bestrahlung eines ruhenden Flüssigkeitsvolumens wird die Wirkung des Lichtes an der Vorderfläche eine stärkere sein als im Innern des Volumens. Die Konzentrationen werden daher beim Gleich- gewichtszustand von Punkt zu Punkt variieren. In den von uns be- trachteten durch Sieden stark gerührten Lösungen wird sich beim Gleichgewicht ein mittlerer Wert einstellen, auf den sich die ganzen folgenden Betrachtungen beziehen. Die Diskussion der Versuchsergebnisse wird am übersichtlichsten bei folgender Betrachtung: Wir wählen die Gleichgewichtskonzentration des Dianthrazens C, in Milligr.-Molekülen als abhängige Variable, dagegen als unabhängige Variable' A. diejenigen Faktoren, die sich auf die Betrachtung beziehen, [1. Die Art der Lampe L; 2. die Entfernung der Vorderfläche des Bestrahlungsgefäßes vom Lichtbogen = d; 3. die bestrahlte Ober- fläche; 3a. der Radius der zylindrischen Flüssigkeitssäule; 4. die Länge der durchstrahlten Schicht = !.| B. diejenigen Faktoren, die sich auf den Inhalt der Gefäße be- ziehen. |ı1. Das Gewicht @ oder Volumen ® der Lösung; 2. die Konzen- tration ©, des Anthrazens in Milligr.-Molekülen; 3. das Lösungsmittel, welches gleichzeitig mit der Temperatur geändert wird.] Indem man nur einen Faktor variiert und alle anderen möglichst konstant hält, kann man die Abhängigkeit von C, von den einzelnen Faktoren ermitteln. A. Betrachten wir zunächst die Einflüsse, die mit der Bestrah- lung zusammenhängen. 1. ©, ist von der Art der Lichtquelle abhängig. 2. ©, ist umgekehrt proportional dem Quadrat der Entfernung von der Lampe und direkt proportional der relativen Lichtstärke. InsVersuchh Nr. 743,102, 101brist d.— 13.5. 15; 118.4,em a EN Aer82 72050330. m=57.18035 0233.32. — 1.21 31.000,66; 1.2,7071.00,20:06 In Versuch Nr 48 und 50-ist 4137 und 16” Et, TEN 0 Sr GIER OS— TA: T ! Die bis jetzt vorliegenden Versuchsergebnisse erlauben die Bestimmung der unter A und B aufgezählten Faktoren, während die Zylinderform der Bestrahlungsgefäße, der Druck einer Atmosphäre und eine Reihe vorher nicht übersehbarer Einflüsse wie Gefäßmaterial, Wandstärke usw. konstant gehalten wurden. Sitzungsberichte 1904. 68 338 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. 3. ©) ist der bestrahlten Oberfläche proportional. In Versuch Nr. 50 und 5ı ist A=5" und 2” aD ASERT GG —=4098%.7009 =es a 3a. Die Veränderung des Radius der Flüssigkeitszylinder hat auf C', die Wirkung wie eine entsprechende Veränderung der Oberfläche'. 4. Schon von einer 1"” dicken Schicht an ist ©’, unabhängig von der durehstrahlten Schichtdicke. In Versuch Nr. 38° ist die Schicht- dicke = ı"", im Versuch Nr. 39 = dem Durchmesser des Flüssigkeits- zylinders 24””8. Die entsprechenden C, sind 4.24 und 4.17; alles wirksame Licht wird also schon in der vordersten Schicht absorbiert. B. Es wurde der Einfluß des Gefäßinhalts auf ©, bestimmt. 1. C, ist umgekehrt proportional dem Volumen oder Gewicht der Lösung. In Versuch Nr. 23 und 24 ist g = 40.6 und 25.4 gr. I I I ae m = 2.702.407 = 0.0321, OO SEHE I In Versuch Nr.48 und 49 ist g= 38.4 und 25.5 gr. je) == ——: — EHX) ET, CH = 5:02:70, 0101ER, 2. C, ist nahezu unabhängig von der beim Gleichgewicht vor- handenen Anthrazenkonzentration. In Versuch Nr.3 und 4 ist GC, = 57.7 und Ra Osten und 4.84, im Mittel 4.5; in Versuch Nr. 39, 301, 42, 34, 31 ist Y R - . IR - CH 29.8, 38.5, 45.75 60,7 und 84.35. Cn 1514.17, 4:58. 4.807 4507 und 5.11, im Mittel = 4.74; in Versuch Nr. 4157, 45 und 35 ist C, = 32.5, 52.6 und 58.9; Ch» 3.61, 3.95 und 7.9, im Mittel = 8.30. t Die Versuche Nr. 14a, b und c, sowie 42, 43 und 44 sind nicht direkt ver- gleichbar, weil das Volumen nicht konstant gehalten wurde. Die konstanten A sind unter Berücksichtigung dieser Tatsache berechnet und stimmen auch für die engeren Gefäße mit denjenigen für die weiteren überein. ® Der Versuch Nr. 38 wurde derartig ausgeführt, daß im Innern des Bestrah- lungsgefäßes ein dünnes Platinblech von 6°” Höhe derartig befestigt war, daß ein Zwischenraum von 1"" zwischen demselben und der vorderen inneren Gefäßwand blieb. Unter und über dem Platinschirm kommunizierte die vordere dünne Schicht mit der Gesamtflüssigkeit. Durch starkes Sieden wurde eine vollständige Durchmischung er- reicht. Das Innere des Volumens war völlig verdunkelt. ® Aus A; und B, ergibt sich, daß bei proportionaler Veränderung von Ober- fläche und Volumen (€, konstant bleibt. Es lassen sich also aus den ohne Blenden bestrahlten zylindrischen Gefäßen Proben olıne Einfluß auf C, entnehmen. R. Lurner u. F. Weieerr: Über umkehrbare photochemische Reaktionen. 539 3. C, ist bei Verwendung verschiedener Lösungsmittel bei deren verschiedenen Siedetemperaturen verschieden. In Versuch Nr. 5ı (Phenetol bei 168°) ist C, = 1.99; in Versuch Nr. 46 (Anisol bei 152°) ist C(y = 11.65. Wenn man diejenigen Faktoren, für welche noch keine zahlen- mäßigen Beziehungen zu ©, ermittelt wurden (Lichtquelle, Lösungs- mittel und Temperatur), konstant setzt, so läßt sich die Dianthrazen- konzentration beim Gleichgewicht berechnen nach: Lichtstärke - Oberfläche G=K Tr \ Volumen . d’g drr (für abgeblendete Gefäße) (für freie Gefäße) een arhs 2 Der Zahlenwert für Ä ist in der Kol. ıo der Tabellen 3 und 4 berechnet und ist für die Versuchsbedingungen ı, 2 und 3 verschieden; dieselben sind für K,: Nebenschlußlampe; Phenetol (£ = 168°), » K,: Differenziallampe; » (2=708>): 3 ARE: » eRmisol ad 1522): Wie ersichtlich, sind die X-Werte bei Berücksichtigung der aller- dings ziemlich großen Fehlerquellen der Methode genügend übereinstim- mend, so daß die Richtigkeit der obigen Formel wahrscheinlich erscheint. Unerwartet ist die scheinbare Unabhängigkeit der Gleichgewichts- konzentration des Dianthrazens vom Gehalt bei Anthrazen. Wenn die Gesamtkonzentration der Lösung unterhalb der berechneten Dianthrazen- konzentration liegt, so kann natürlich auch bei vollkommener Umwand- lung des Anthrazens der Gleiehgewichtszustand nicht erreicht werden. Nur in den Fällen, in denen die Anthrazenkonzentration verhältnis- mäßig groß ist, hat dieselbe auf die Konzentration des Dianthrazens beim Gleichgewicht nur geringen Einfluß. Auf die theoretische Erörterung des im obigen mitgeteilten rein experimentellen Befundes soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. ! Die Oberfläche wurde der Projektion des Flüssigkeitszylinders gleichgesetzt unter Vernachlässigung des gewölbten Gefäßbodens = 2rh. 2 s bedeutet das spezifische Gewicht des Lösungsmittels beim Siedepunkt. Die Bedeutung der anderen Abkürzungen ist dieselbe wie früher. 68* Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. Von Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Ö. HoLper-Eecer. (Vorgelegt von Hrn. Brunser.) & den Tagen vom 14. bis 16. April dieses Jahres wurde die dreissigste Plenarversammlung der Centraldireetion der Monumenta Germaniae histo- rica abgehalten. Sie hatte im abgelaufenen Rechnungsjahre wieder einen schweren, unersetzlichen Verlust durch den Tod des Hrn. Prof. Münr- BACHER, der am 17. Juli 1903 verstarb, erlitten und entbehrte nun- mehr zweier ihrer ersten Arbeitskräfte, ihres Vorsitzenden und des Leiters der Diplomata Karolina. Mit Ausnahme des Hrn. Prof. vos RırzLer aus München, der sich auf einer Reise in Italien befand und sich entschuldigt hatte, nahmen sämmtliche andere Mitglieder an der Versammlung Theil, nämlich die HH. Prof. Bressrau aus Strassburg, (Geh. Justizrath Prof. Brunner, Archivrath Dr. Kruscn aus Breslau, Prof. Ritter Luschiv von EBENGREUTH aus Graz, Prof. Repzicn aus Wien, der an Stelle von Prof. Müntsacner von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien zum Mitgliede der Centraldireetion gewählt war, Geheimrath Prof. SchÄrer, der von der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in die Centraldireetion delegirt war, nach- dem Hr. Geheimer Oberregierungsrath Prof. Koser sein Mandat nieder- gelegt hatte, ferner Prof. STEMMEYER aus Erlangen, Prof. Taner, der die Führung des Protokolles übernahm, Prof. Trauer aus München, Prof. Zruner und der Verfasser dieses Berichtes. Unter dessen Vor- sitz musste die Versammlung wiederum tagen, denn auf die Präsentation von Kandidaten für die Besetzung der Stelle des Vorsitzenden, die in den vorjährigen Sitzungen vorgenommen und der Hohen Reichs- regierung mitgetheilt war, war von dieser eine Antwort nicht einge- gangen. Zu Mitgliedern der Oentraldirecetion wurden gewählt Hr. Gehei- mer Oberregierungsrath Prof. Koser, welcher vor Kurzem ausgeschie- den war, und Hr. Prof. von Örtentnar zu Wien. Hr. Prof. TrAUBE O. Horvner-Esser: Monumenta Germaniae historiea. ‚Jahresbericht. S41 legte die Leitung der Auciores antiquissimi und der Antiquitates nieder und erklärte seinen Austritt aus der Centraldireetion. Diese hatte auch den am ı. November 1903 erfolgten Tod von Prof. 'Tmzopor Monnusen zu beklagen, der von 1875 bis 1902 ihr angehört und zum Zustandekommen ihrer so glücklichen Neuorganisation wesentlich mit- gewirkt hatte. Die schweren Verluste, welche die Monumenta Germaniae historica erlitten hatten. und die nicht ersetzt werden konnten, mussten sich nothwendig arg störend und schädigend bei der Fortsetzung der Ar- beiten fühlbar machen. Das zeigt sich darin schon, dass weniger Bände vollendet wurden, als erwartet werden konnte und angekündigt war. Es wurden nämlich ausgegeben: In der Abtheilung Seriptores: Tomi XXXI pars II. Widukindi Rerum gestarum Saxonicarum libri tres. Editio quarta. Post Georsıun Waıtz recoenovit K. A. Krur. Accedit libellus de ori- eine Swevorum. (In den Seriptores rerum Germanicarum.) In der Abtheilung Leges: Legum Seetio IV. Constitutiones et Acta publiea imperatorum et regum. Tomi III pars prior. In der Abtheilung Antiquitates: Neerologia Germaniae. Tomi I pars posterior. Edidit Sıcıs- MUNDUS HERZBERG-FRÄNKEL. Vom Neuen Archiv Bd. XXVII, Heft 3. Bd. XXIX, Heft ı. 2. Im Druck befinden sich 4 Quartbände und 2 Octavbände. In der Abtheilung Auctores antiquissimi, welche Hr. Prof. Traugr leitete, ist für deren XIV. Band der Text der Dichtungen des Mero- baudes, Dracontius und Eugenius von Toledo und ein Theil der In- dices, Alles bearbeitet von Hrn. Prof. VorLnEr, gesetzt. Es fehlt nur noch die Einleitung. Das Erscheinen des Bandes darf im Laufe die- ses Geschäftsjahres erwartet werden. Da Hr. Prof. Trauge seinen Rück- tritt erklärt hat, muss die von ihm übernommene Ausgabe der Van- dalischen Gedichtsammlung des Codex Salmasianus von der Aufnahme in die Monumenta ausgeschlossen werden. Bei der Vorbereitung der Ausgabe der Diehtungen Aldhelm’s hat Hr. Prof. R. Enwarn zu Gotha gute Fortschritte gemacht. Er muss noch eine Reise nach Eng- land unternehmen, um dort befindliches handschriftliches Material zu sammeln. In der Serie der Scriptores rerum Merovingicarum hat Hr. Archiv- rath Dr. Kruscn für die Vita Columbani, die er für die im Druck be- 842 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. findlichen Vitae sanctorum auctore Ilona neu bearbeitete, ein sehr viel reicheres handschriftliches Material herangezogen als für dieselbe Aus- gabe im IV. Bande dieser Serie. Zu den dort aufgeführten 40 Hand- schriften kommen jetzt noch etwa 75 andere, während die früher sehon benutzten wichtigen Handschriften zum Theil noch einmal ver- glichen wurden. Einen grossen Theil dieser Menge von Codices, die natürlich nicht alle für die Textgestaltung selbst herangezogen, son- dern nur elassifieirt wurden, hat Hr. Privatdocent Dr. Levıson auf einer Reise nach England, auf welcher er auch für andere Abtheilun- gen viel arbeitete, untersucht, eine bedeutende Anzahl anderer, die von ausländischen Anstalten übersandt wurden, in Breslau und Bonn eollationirt; über eine Anzahl weiterer Handschriften berichtete Hr. Henrı LegesuE zu Paris, der auch anderen unserer Arbeiten seine stets bereite Hülfe lieh: einige erledigte Hr. Archivrath Kruscn selbst. Er wandte auch der von dem Bollandisten Hrn. ALserr PoNcELET so glücklich aufgefundenen Vita Richarü, die als Nachtrag zum IV. Bande zu geben ist, seine Thätigkeit zu und handelte über sie im Neuen Archiv XXIX, ı. Hr. Dr. Levısox verglich noch eine grosse Anzahl von Handschriften für Heiligenleben, welche im V. und VI. Bande dieser Serie herausgegeben werden sollen, arbeitete an einer Be- schreibung sämmtlicher für die Scriptores rerum Merovingicarum be- nutzter Handschriften, die dem Schlussbande angefügt werden soll, und förderte die Bearbeitung der für einen Band der Seriptores rerum Germanicarum bestimmten Vitae Bonifatü archiepiscopi Moguntini so, dass diese nach Beschaffung noch einiger ausstehender Collationen im Laufe dieses Jahres zum Druck kommen werden. Eine grosse Anzahl von anderen Gelehrten unterstützte gütigst diese Arbeiten durch Mit- theilung von Abschriften, Collationen und Berichten, nämlich die HH. Armanp D Artoıs, Öonservator der Bibliothek Mazarine zu Paris, P. Franz ASENSTORFER vom Stift St. Florian, ©. Bureau, Bibliothekar in St.-Omer, A. Cerranı, Vorsteher der Ambrosiana zu Mailand, van DEN Guzyn. Conservator der Brüsseler Bibliothek, Professor Pietro Guipt, Vicebibliothekar der Dombibliothek zu Lucca, P. GrEGOR JACOBER vom Stifte Engelberg. Privatdocent Dr. G. Karo (Bonn), Gymnasialdireetor Dr. Könter (Wolfenbüttel), Aprıen Oger, Bibliothekar in Namur, En». Poxceer, Archivar in Mons, On. Porer, Bibliothekar in Auxerre, P. Hexrı QuEnTIın zu Wroxall, Professor Pro Rasna (Florenz), RıvıEre, Bibliothekar in Douai, P. Ursan vom Stifte Heiligenkreuz. Von der Hauptserie der Abtheilung Seriptores konnte die zweite Hälfte des XXXI. Bandes ausgegeben werden. Der XXXN. Band soll die Chronik des Minoriten Salimbene de Adam aus Parma bringen, welehe mit den im XXXI. Bande vornehmlich enthaltenen Chroniken = . . . . / 6 O. Horvper-Esger: Monumenta Germaniae historiea. Jahresbericht. 843 Sieards von Cremona und Alberts Milioli von Reggio-Emilia in engster Quellenverwandtschaft steht und stets neben diesen benutzt werden muss. Auch der XXXI. ist wie der XXXI. Band ganz von dem Verfasser dieses Berichtes bearbeitet. Der Druck soll im Monat Mai dieses Jahres beginnen. Sonst waltete über dieser Abtheilung im ab- gelaufenen Jahre ein Unstern. Ihr Mitarbeiter Hr. Dr. Carteruerı war für das ganze Jahr beurlaubt, bis er mit dem 31. März 1904 ganz austrat. Der Mitarbeiter Hr. Dr. Kenr schied am 2. November 1903 aus dem Leben. So war die Abtheilung vom November 1903 bis Ende März 1904 ganz ohne Mitarbeiter und musste für einige notlı- wendige Arbeiten die Hülfe von Mitarbeitern der Abtheilung Leges in Anspruch nehmen, von denen Hr. Dr. Krannmer die Correeturen zum Register von SS. XXXI mitlas. Hr. Dr. Kenr war für die Zeit vom April bis October, während der er aber eine achtwöchentliche mili- tärische Übung zu machen hatte, mit der Arbeit an der vierten Auf- lage von Widukinds Res gestae Saxonicae beschäftigt, welche mit einem Anhange der Schrift de origine Swevorum vor Kurzem erschie- nen ist. Die Ausgabe war bei dem Tode des Herausgebers bis auf den Index rerum et verborum, welchen Hr. Dr. Sreneer hinzufügte, vollendet. Die Arbeit, welche Dr. Krur auf die ihm übertragenen Italienischen Chroniken des 13. Jahrhunderts verwendet hatte, ist gänz- lich verloren. Besseres ist von den für die Scriptores rerum Germani- carım in Aussicht genommenen Arbeiten zu berichten. Hr. Hofrath Prof. von Sımsox zu Freiburg im Breisgau hat die Ausgabe der Annales Mettenses, in welcher der Text der Handschrift von Durham zum ersten Mal mit Paralleldruck des bekannten Textes erscheint, so weit gefördert, dass sie im Sommer oder Herbst dieses Jahres wird ausgegeben werden können. Auch die Arbeiten an der Chronik des Cosmas und seiner Fort- setzer sind rüstig vorgeschritten. Hr. Landesarchivar Dr. Brernorz zu Brünn, der diese Ausgabe übernommen hat, verglich in Stockholm die dort aufbewahrte wichtige Handschrift, eine Reihe anderer konnte er in Brünn benutzen. Hr. Dr. Scuxeivper collationirte auf einer unten zu erwähnenden Reise die Handschrift der Prager Capitelsbibliothek. Somit ist das handschriftliche Material vollständig gesammelt und die Texteonstitution eingeleitet. Ob der Druck noch vor Ende dieses Ge- schäftsjahres beginnen kann, ist zweifelhaft. Für die Annales Austriae hat Hr. Prof. Unzırz zu Graz, durch Amtsgeschäfte behindert, noch wenig thun können. Hr. Prof. Brocu in Strassburg hat an der von ihm übernommenen Ausgabe der Annales Marbacenses und der kleineren Elsässischen Anna” len, welche mit jenen verbunden werden sollen, eifrig gearbeitet, 844 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. die quellenkritische Untersuchung abgeschlossen. Nachdem das Stift St. Paul in Kärnthen die grosse Güte gehabt hat, den werthvollen Ellenhard-Codex durch den Stiftsarchivar hochwürdigsten Hrn. P. Anser.m Acuarz nach Strassburg zu senden, dürfen wir hoffen, dass diese Aus- gabe in diesem Jahre zum Druck befördert werden wird. Von dem Liber certarum historiarum des Abtes Johannes von Vic- tring hat der Bearbeiter Hr. Dr. Schneider einen Theil des Manuseriptes bereits eingereicht, nachdem er auf einer Reise nach Wien die Klosterneu- burger Handschrift des sogenannten Anonymus Leobiensis und ein dem Stifte Stams gehöriges Fragment, welches gütigst nach Berlin gesandt wurde, ausgenutzt hatte. Aber eben jetzt ist eine neue Textquelle im Münchener Reichsarchiv aufgetaucht, welche bei dem Stande der Überlieferung dieses Werkes nothwendig untersucht werden muss, ehe die Ausgabe abgeschlossen werden kann. Für die nothwendig gewordene gründliche Neubearbeitung der Chronik Otto’s von Freising, deren frühere Schulausgabe nahezu ver- eriffen ist, hat sich ein geeigneter Bearbeiter noch nicht finden lassen. Da das immer noch nicht genügend bekannt ist, möchte ich hier doch betonen, dass die in den Seriptores rerum Germanicarum erschienenen Ausgaben schon seit Jahrzehnten keine blossen Schulausgaben mit ver- kürztem Apparat sind wie früher, wenn auch noch »in usum scholarum « auf dem Titel steht, sondern dass sie die entsprechenden Ausgaben der grossen Sammlung Scriplores geradezu ersetzen sollen. Hr. Prof. SEEmÜLLER zu Innsbruck hat den Druck der Hagen -Chronik für die Deutschen Chroniken noch nicht, wie er gehofft hatte, beginnen können, da er noch eine Gruppe von umgearbeiteten Handschriften des Werkes untersuchen musste, welche Arbeit unerwartet viel Zeit in An- spruch nahm. Er hält es für wahrscheinlich, dass er im Herbst dieses Jahres die Arbeit abgeschlossen haben wird, um dann das Manuseript in den Druck zu geben. Hr. Privatdocent Dr. Gesuarpr in Erlangen hat die Thüringischen Geschichtsquellen in Deutscher Sprache für die Deutschen Chroniken übernommen und wird zunächst das Gedicht über die Kreuzfahrt des Landgrafen Ludwig III. und das Leben des Land- grafen Ludwig IV., dessen in Reinhardsbrunn verfasste Lateinische Quelle verloren ist, bearbeiten. In den Serien der Abtheilung Leges, welche der Leitung des Hrn. Geheimrath Brunxer unterstehen, hat Hr. Prof. Freiherr von Scuwinp die Textherstellung der Lex Baiuwariorum weitergeführt. Hr. Prof. SEcKEL setzte die Untersuchung des Benedictus levita fort und veröffent- lichte vier Studien über dessen Verhältniss zu den Capitula episcoporum im Neuen Archiv XXIX, 2. Hr. Prof. Taner konnte, weil er in den grossen Universitätsferien in Wien für die Indices des ersten Bandes O. Howver-Esser: Monumenta Germaniae historiea. Jahresbericht. s45 der Karolinger-Diplomata arbeiten musste, die beabsichtigte Reise nach Frankreich zur Vervollständigung des Materials für die Placita nicht aus- führen, hat aber die Bearbeitung (des gesammelten Materials, soweit es ihm unter den gegenwärtigen Umständen möglich war, fortgeführt. In den Serien der Leges, welche Hr. Prof. Zeuner leitet, hat Hr. Dr. ScHhwaLm auf einer längeren Reise nach Frankreich, der Schweiz und Oberitalien, über deren Ergebnisse er im Neuen Archiv XXIX, 3 aus- führlich berichten wird, weiteres Material für die Constitutiones et Acta publica imperatorum et regum gesammelt, welches zum Theil benutzt wurde, um den vor Kurzem erschienenen Halbband II, ı (enthaltend die Gesetze und Acten Rudolf’s von Habsburg) abzuschliessen. Hr. Dr. Schwarm ist leider am ı. October 1903 an das Königlich Preussische Historische Institut zu Rom übergegangen und wird daher den zweiten Halbband, der die Aeten König Adolf’s, Appendices und Register ent- halten soll, nur mit sehr verminderter Kraft bearbeiten können, hofft aber dennoch den Druck desselben noch vor Schluss des laufenden Ge- schäftsjahres zu beginnen. Für die Stücke in Deutscher Sprache des Halbbandes III, ı hat Hr. Prof. EpwArp ScHrorper in Göttingen seinen sachkundigen Rath, wie für viele andere unserer Arbeiten, freundlichst hergeliehen. Für die Constitutionen Karl’s IV. hat Hr. Dr. Srexser, der am ı1.Oetober 1903 als Mitarbeiter eintrat, zunächst das vorhandene Material nach den Regesten und Druckwerken bis 1356/7, welches die Grundlage für die Auswahl des Stoffes bilden soll, verzeichnet, dann für die Goldene Bulle einige Exemplare, die nach Berlin gesandt wurden, verglichen. Hr. Privatdocent Dr. Werninenorr in Greifswald hat das Manu- script für den I. Band der Coneilia bis auf geringe Nachträge druck- fertig gestellt. Der Druck ist stetig fortgesetzt, so dass der erste Halb- band, der bis Sı6 reicht, im Sommer dieses Jahres erscheinen wird. Der Druck des zweiten Halbbandes wird unmittelbar darnach begin- nen. Einzelne Collationen lieferten dafür gütigst die HH. Dr. Bırreraur zu Erlangen, Geheimer Hofrath Prof. von Hrmemans und Bibliothekar Dr. Mitcusack zu Wolfenbüttel, Hrsrı Omontr in Paris und die Biblio- theksverwaltung zu Montpellier. Für die Lex Salica verglich Hr. Dr. Krammer sechs Handschriften (in zweien derselben auch die Lex Ribuaria), so dass die Mehrzahl der wichtigsten jetzt erledigt ist, und untersuchte die Affiliation der Handschriften, wobei neue Resultate sich ergaben. Mit seiner Hülfe konnte Hr. Prof. Zrumer schon einen ersten Versuch der Textherstel- lung machen. Die Königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin überwies die im Auftrage der Savıcny-Stiftung gemachten Vorarbeiten der HH. Sitzungsberichte 1904. 69 846 Gesammtsitzung vom 5. Mai 1904. Prof. Lenvann und. Prof. Zeumer für die Libri feudorum der Gentral- direction, wofür diese hier nochmals ihren Dank ausspricht. In der Abtheilung Diplomata verlor die Serie der Karolinger ihren Leiter, Hrn. Prof. Müntsacner; die Arbeiten erlitten dadurch eine schwere Störung. Daher konnte der erste Band der Serie, dessen Text schon vor Jahresfrist fertig gesetzt war, noch nicht ausgegeben werden. Von dem permanenten Berliner Ausschuss wurde Hr. Prof. Taser provisorisch mit der Leitung der Serie betraut, die ihm in den diesjährigen Sitzungen der Centraldireetion definitiv übertragen wurde. Er arbeitete sieben Wochen in Wien, um den dort befindlichen Ap- parat für das Register und die Nachträge zu benutzen. Am 1. October 1903 trat Hr. Dr. Hırscn als Mitarbeiter ein, der die zahlreichen vor- kommenden Ortsnamen in mühevoller Thätigkeit für das Register be- stimmte. Dabei hatte er sich auf der Kartenabtheilung der Berliner Königlichen Bibliothek der zuvorkommendsten Unterstützung des Hrn. Oberbibliothekars Dr. MEısner zu erfreuen. Jetzt ist auch das Register des ersten Bandes, der in wenigen Monaten erscheinen wird, im Druck. Der Mitarbeiter, Hr. Privatdocent Dr. Lecuser, arbeitete zu Anfang dieses Geschäftsjahres an den Urkunden Ludwig’s des From- men, leistete zugleich Hülfe bei den Correcturen der zweiten Auflage des ersten Bandes von MüntsıcHer’s Karolinger-Regesten. Da auch dieser Band bei des Verfassers Tode unvollendet war, wiewohl der grösste Theil des Textes schon gedruckt, der Rest des Textes druck- fertig war, da die Regesten im innigsten Zusammenhange mit der Ausgabe der Diplomata stehen, und da die Vollendung des Regesten- bandes für diese von grösstem Interesse war, beauftragte der perma- nente Ausschuss im Einverständniss mit der Leitung der Bönnmer- Stiftung Hrn. Dr. Lecnner, die weiteren Correceturen des Bandes zu lesen, das noch fehlende Verzeichniss der Acta depertita und die Re- gister herzustellen. So kann der Druck der Schlusslieferung dieses Bandes sehr bald begonnen werden. Auch die Arbeiten an den Salier-Urkunden, welche Hr. Prof. Bresstau leitet, erfuhren insofern eine Störung, als die beiden Mit- arbeiter der Serie, die HH. Dr. Hesser und Dr. Wise, durch Fami- lienverhältnisse gezwungen waren, längeren Urlaub zu nehmen, da der erstgenannte von Beginn des Winterhalbjahres an nur noch einen Theil seiner Thätigkeit den Monumenta Germaniae historica zuwandte. Immerhin wurde die Bearbeitung der Urkunden Konrad’s I., welche der IV. Band der Diplomata bringen soll, so weit gefördert, dass der Herr Leiter hofft, den Druck vor Ende dieses Rechnungsjahres begin- nen zu können, obwohl er in diesem Jahre den Rectorat der Strass- burger Universität zu verwalten hat und daher diesen Arbeiten we- O. Horver-Eseer: Monumenta Germaniae historiea. Jahresbericht. S47 niger Zeit widmen kann. Hr. Geheimer Regierungsratli Prof. Kar hatte die Güte, Photographien der von ihm im Barberini-Archiv auf der Vaticana gefundenen Urkunden Heinrich'’s I. und Heinrich’s II. für Tolla Hrn. Prof. Bresstau zu besorgen. Und dieser erhielt die Photographie des angeblichen Originals einer Urkunde Konrad's I. für Bobbio, von dessen Existenz ihm durch freundliche Mittheilung des Hın. Grafen CrorLza Kunde zukam, durch die gütige Vermittelung des hochwürdigsten Hrn. Bischofs von Bobbio, welcher die Urkunde selbst nach Mailand brachte, und des Hrn. Dr. Rarrı von der Bibl. Ambrosiana. Hr. Dr. Wise arbeitete im Winter 1903/04 vornehmlich an einer Untersuchung der nur durch Abschriften von G. F. Scuort überlieferten Diplome. Seine Ergebnisse wird er im Neuen Archiv XXIX, 3 mittheilen. Um die Ausgabe der Diplomata schneller zu fördern, wurde be- schlossen, eine neue Serie von Lothar III. an in Angriff zu nehmen, deren Leitung Hr. Prof. von Orrestnar übernahm. Die Arbeiten für die Abtheilung Zpistolae konnten im abgelaufenen Jahre nur wenig vorschreiten, da der provisorische Leiter, Hr. Prof. Taner, der auch für dieses Jahr die Leitung der Abtheilung provisorisch beibehalten wird, nach dem ersten Vierteljahr auch die Leitung der Diplomata Karolina übernehmen und diesen mehr seine Thätigkeit zu- wenden musste, da auch der Mitarbeiter der Epistolae, Hr. Dr. ScnnEiper, zum Theil durch die oben erwähnte Arbeit für die Scriptores in An- spruch genommen war. Doch ist von diesem das Material für die Briefe der Päpste Nicolaus I. und Hadrian II. bis auf geringe Reste gesammelt, mit der Textgestaltung und kritischen Bearbeitung der Anfang gemacht. In der Abtheilung Antiquitates, welche Hr. Prof. Travsr leitete, hat Hr. Prof. von WıntEerreLp zur Beschaffung weiteres Materials für versifieirte Heiligenleben und die Sequenzen für die Poetae Latini eine längere Reise nach Breslau, mehreren Ländern Österreichs, der Schweiz und Bayern gemacht, auf der er auch mehrere Arbeiten für die Serip- tores erledigte, während wiederum Hr. Dr. Schmwarn ihm Collationen für die Sequenzen in Oberitalien besorgte. Danach untersuchte Hr. Prof. von WinTErFeLD die Frage, welche Sequenzen von Norker selbst herrühren, und beantwortete sie in einem Aufsatz, der demnächst im Druck erscheint. Von den Necrologia ist die lange ausgebliebene zweite Hälfte des zweiten Bandes, bearbeitet von Hrn. Prof. Hrrzger6G-FrÄnker, in diesen Tagen erschienen, und damit sind die Nekrologien der Salzburger Diö- cese abgeschlossen. Hr. Reichsarchivdireetor Dr. Baumann bearbeitete die von ihm übernommenen Nekrologien der Diöcesen Brixen, Frei- 848 Gesammtsiıtzung vom 5. Mai 1904. sing und Regensburg für den dritten Band unerhofft schnell, so dass die Brixener bereits gedruckt sind, der Druck der Freisinger begonnen ist, die Regensburger druckfertig vorliegen. Hr. Dr. FAstuıseer wurde in der Bearbeitung der Nekrologien der Diöcese Passau durch Krank- heit behindert, doch hat er das von Fürstenzell ganz, das von Asbach fast ganz im Manuscript fertiggestellt. Nachdem das dritte Heft des XXVII. Bandes des Neuen Archivs, von Hrn. Prof. BressLau redigirt, vollendet war, lag die Redaction in dlen Händen des Hrn. Prof. Sreısurver. Es gelang noch nicht, den Zeitverlust, welcher im vorigen Jahre durch verspätetes Erscheinen des einen Heftes entstanden war, einzuholen, sondern es erschienen nur zwei Hefte des XXIX. Bandes. Die Litteraturnachrichten wurden zum grössten Theil von den Berliner Mitarbeitern geliefert, und diese fanden bei der Benutzung von Zeitschriften zu diesem Zweck bei den Beamten der Journalabtheilung der Königlichen Bibliothek, den HH. Bibliothe- karen Prof. Wunperuicn und Dr. LAvE und Dr. Orro, freundlichstes Ent- gegenkommen und bereitwilligste Hülfe. Der vorstehende Bericht ergiebt in mancher Hinsicht ein uner- freuliches Bild. Auf mehreren Gebieten ist durch Unglücksfälle und andere Umstände Mangel an Arbeitskräften eingetreten, dem nur zum Theil abgeholfen werden konnte. Die neu eingetretenen Kräfte werden auch geraume Zeit brauchen, ehe sie zu voller Wirksamkeit gelangen, und noch länger wird es währen, ehe sich ihre Thätigkeit in den Publieationen documentirt. Es ist ja überhaupt ein Übelstand, dass viele unserer jüngeren Mitarbeiter zu kurze Zeit für uns thätig sind, dass sie zu anderen Stellungen gerade dann übergehen, wenn sie recht eingearbeitet und zu recht fruchtbringender Thätigkeit für die Monu- menta genügend vorbereitet sind. Sehr viele Bibliotheken und Archive des In- und Auslandes, von denen einige schon oben genannt sind, haben uns auch in diesem Jahre ihre handschriftlichen Schätze zugesandt. Unter ihnen stehen wie immer voran die grossen Bibliotheken zu München und Paris, aber auch die Bibliotheken Französischer Provinzialstädte, wie Arras, Avranches, Rouen, haben unserer durch den Herrn Staatssecretär des Äusseren hochge- neigtest vermittelten Bitte um Übersendung von Handschriften ent- sprochen. Um so bedauerlicher ist es, dass dieses schöne Beispiel noch immer nicht von allen Deutschen Anstalten befolgt wird. Ausgegeben am 19. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXVIL XXVo. 19. Mar 1904. MIT TAFEL IR. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Re Redaction der Stuhr. 1 sı. | 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 8.2. 1. Jeden S tzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen Jie den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann Jdie, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nielit in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. $5. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86. l. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Unaog der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören , sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmmmp; der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mitcheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn Jer Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit - dene Fe Schr wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, ämli / die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Mona ts Mai, 3 » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, £ = October bis December zu Anfang des nächsten a nach F Fein _ Anzeige bei dem redi igirenden Secrets weiter Sal 0 Exe berichte und einem angemessenen Titel si Kr nz et der Gesammt- - Akademi Classe. \ 5. a werden. ‚Cor t Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzieh auf Erscheinen ihrer ae Ta ige) 1 er $ Er ä Be 2.77 $ 1. Der Verfasser einer unter den ‚hen Mittheilunge abgedruckten Arbe une An h fünfzig Sonderabdrücke mit einem Imsı a | der Kopf der Sitzungsberichte mis hi, si ü nummer, Tag und Kategorie. der. Sitzung, u d & Titel der Mittheilung und. der Name de: Verfas fassers hen. 2. Bei Mittheilungen, die mit demK Kopf d FR Sit un; ver ame Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag 3. Einem Verfasser, welcher Mitglie d de Kae ist, steht es s frei, auf Kosten der ng liche Sonderabdrücke bis zur Zahl ve dert, auf seine osten Recall weitere bi zZ theilung Pe zu Inssen, sofern. er FT Hi dem redigirenden. Secretar. angezeigt hat; , wün: uf seine Kosten iD a Be? ‚erhalten 50 Freiexemplare und dü: ee plare auf ihre, Kos en es lassı en. en 24 Eee zur ur Auf me in y stimmte Mittheilung ei vorgelegt we den. En Nichtmitglieder, haben hi Be Fache angehörer den or Enchen A ‚Wenn en Bee : durch ei Vortrage zu bringe a == ei Akademie nicht angehören, hat et scheinenden Be? zu er . \ [Aus Stat. $ 41, 2 . — Für die ie Be einer ausdrücklichen“ Genehmigun ıg der . mie + einer der Classen. Ein € i Geige arte er sobald das Maı nuse gestellt und og ar mung se für die darin Se k gelesenen Abhandlun en ver für alle übrigen T ıeile d 2 nach jeder Richtung nur wortlich. f « 849 SUFZUNGSBERICHTE 1904 XXV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 19. Mai. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. 1. Hr. Warsure las Über die Ursache des Voltaeffekts: nach Versuchen von H. GREINACHER. Zwei durch ein Gas getrennte Metallplatten, von denen die eine mit Mackwarp- schem Radiotellur belegt ist, verhalten sich wie die Pole eines galvanischen Elements. Durch Erhitzen auf 180° in geschlossenem Raum in Gegenwart von Phosphorpentoxyd wurde die elektromotorische Kraft bei Zink und Magnesium gegen Kupfer-Radiotellur beinahe zum Verschwinden gebracht und nahm in feuchter Luft wieder beinahe den ursprünglichen Werth an. Daraus folgt in Übereinstimmung mit den Versuchen von J. Brown, dass der Voltaeffekt von condensirten Wasserschichten herrührt. 2. Derselbe las ferner Über die chemische Wirkung kurz- welliger Strahlung auf gasförmige Körper; nach Versuchen von E. REGENER. (Ersch. später.) Folgende von der stillen Entladung bewirkte Reactionen werden auch durch ultraviolette Bestrahlung hervorgebracht: Desozonisirung bei hohem Özongehalt des Sauerstofis, Zerlegung des Ammoniaks und Stickoxyduls unter Volumvermehrung, Zer- lesung des Stickoxyds unter Volumverminderung. Sitzungsberichte 1904. 70 850 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 19. Mai 1904. Über die Ursache des Voltaeffekts. Nach Versuchen des Hrn. GREINACHER mitgeteilt von E. WARBURGE. I. BD: ist neuerdings vielfach gezeigt worden, daß zwei Platten aus verschiedenen Metallen, wenn man das Gas zwischen ihnen leitend macht, sich wie die Pole eines galvanischen Elements verhalten, also eine Potentialdifferenz aufweisen, welche elektrometrisch, unter gün- stigen Umständen auch galvanometrisch gemessen werden kann. Lei- tungsvermögen kann dabei dem Gase in sehr verschiedener Weise, z.B. durch Becoverer-Strahlen erteilt werden." Hr. GrEINACHER hat bei solehen Versuchen mit Vorteil eine von Hrn. Marckwarn freundlichst zur Verfügung gestellte Kupfer- oder Silberplatte benutzt, welche nach dessen Verfahren mit der von ihm als Radiotellur bezeichneten Abart des Polonium belegt war. Steht einer solchen Platte M’ eine Platte eines anderen Metalls M gegenüber, so wird der Luftzwischenraum durch die von M’ ausgehenden #-Strahlen leitend, und die mit M bzw. M’ verbundenen Quadranten eines Quadrantelektrometers laden sich zu einer Potentialdifferenz gleich der elektromotorischen Kraft der Zelle M, M’, wenn deren innerer Widerstand w, gegen den Isolations- widerstand der äußeren Leitung verschwindet. w,, beurteilt nach der Schnelligkeit, mit welcher das mit einer passenden Kapazität verbun- dene Elektrometer sich auflud, ergab sich am kleinsten bei einem ge- wissen Plattenabstand, welcher je nach der Aktivität von M’ 1.5—5"”” betrug. Dieser Plattenabstand, bei welchem w,/w gleich einigen Pro- zenten war, wurde bei den Messungen gewählt, und dabei statt der direkten Bestimmung am Elektrometer eine Kompensationsmethode mit dem Elektrometer als Nullinstrument benutzt. So ergaben sich, indem nacheinander verschiedene Metalle M mit M’ verglichen wurden, Werte der elektromotorischen Kräfte, welche mit denen früherer Be- obachter hinreichend übereinstimmten. 2. Es fragt sich nun, worauf die Wirkung einer solchen Zelle beruht. Die nächstliegende Annahme scheint die zu sein, daß das ! Nach Sımpson (Phys. Ztschr. 4, 480) genügt sogar das natürliche Leitungsver- mögen der Luft, wenn auch die Ladung des Elektrometers dabei äußerst langsam erfolst. WarzurG: Über die Ursache des Voltaeffekts. 851 durch Bestrahlung leitend gewordene Gas @ zwischen den Platten die Rolle des Elektrolyten im galvanischen Element spielt. Die am Elektro- meter gemessene elektromotorische Kraft e wäre dann e=(M, M')+(M',G)+(G,M). (1) Doch ist zu beachten, daß jedenfalls die an der Luft oxydabeln Metalle mit einer Oxydschicht bedeckt sind, und daß diese nach den Beobachtungen Inmorıs' aus feuchter Luft Wasser aufnimmt, welches im trocknen Raum nur zum Teil abgegeben wird. Man gelangt so zu der Vorstellung. daß jedenfalls die oxydabeln Metalle von einer Wasserhaut oder wäßrigen Lösung W bedeckt sind, so daß die elek- tromotorische Kraft der Zelle wäre e= (M, M')+(M,W')+(W,G)+(G6,W)+(W,M) 6) In diesem Falle würden, wenn das Glied (W’, @)+(G@,W) ver- nachlässigt werden kann, die wirksamen elektromotorischen Kräfte dieselben sein wie in einem galvanischen Element aus den Metallen M und M’ und Wasser oder wäßrigen Lösungen als Elektrolyten, und die Rolle des Gases käme lediglich darauf hinaus, leitende Verbin- dung zwischen den Wasserhäuten W und W’ herzustellen, bzw., wenn sie von gleicher Beschaffenheit sind, ihre Potentiale auszugleichen. 3. Mit dieser Auffassung ist im Einklang die vielfach gemachte Beobachtung, daß die elektromotorische Kraft der Zelle sich im all- gemeinen nicht erheblich ändert, wenn ein Wassertropfen zwischen die Platten gebracht wird so, daß er beide berührt. Der Versuch ist deshalb schwer exakt zu machen, weil durch den Wassertropfen die oberflächliche Beschaffenheit des Metalls, welche von großem Einfluß ist, mitgeändert werden kann. Bei den folgenden Versuchen wurde der Wassertropfen abwechselnd zwischen die Platten gebracht und mit Fließpapier wieder aufgetrocknet, und es ist hierunter als Wasserwert für verschiedene Metalle M der angegeben, welcher sich beim zweiten Zwischenbringen des Wassertropfens einstellte, als Luft- wert das Mittel aus den beiden vor und nach Zwischenbringen dieses Wassertropfens erhaltenen Werten. Ms Zn Pb Ni Fe Cu Ag Pi Luft.... —1.063 —0.900 -—0.566 -—0.304 -—0.207 +0.1022 +0.106 +0.142 Wasser. —1.028 —0.20 —0583 —0.318 -—o.281 -+0.07I -+0.208 -+0.370 Differenz +0.035 —0.020 —0017 —0.0I4 -—0.074 -—0.03I +0.102 -+0.228 Die Differenzen sind bei den leicht oxydablen Metallen Mg und Zn auch prozentisch ziemlich klein, erheblich größer bei den edlen Me- tallen Ag und Pt. ! Wien. Ann. 31, 1008. 1887. 70* 852 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 19. Mai 1904. Mit der dargelegten Auffassung auch im Einklang ist die Tat- sache, daß, wie festgestellt wurde, die elektromotorischen Kräfte der Zellen sich im allgemeinen ebenso groß in Stickstoff wie in Wasser- stoff ergaben. Platin hingegen wurde im Wasserstoff um ungefähr 0.5 Volt anodischer, was den an dem Grovzschen Gaselement ge- machten Erfahrungen völlig entspricht. 4. Eine Entscheidung über die Wirkung der Wasserhaut scheint am besten dadurch herbeigeführt zu werden, daß man sie entfernt. Man kann nicht hoffen, dies dadurch zu erreichen, daß man das die Platten enthaltende Gefäß evakuiert und dann mit trockenem Gase füllt, da nach Inmorr a.a.O. die Wasserhaut im getrockneten Vakuum nicht ganz abdampft. Auch weiß man durch die Versuche von R. Bussen’, daß die Wasser- haut an Glastlächen sehr hartnäckig festgehalten und erst durch Erhitzung auf etwa 500° gänzlich vertrie- ben wird. Die Platten muß- ten daher im getrockneten Raum erhitzt werden. An- dererseits liegt auch, wenn dieser Raum möglichst sauer- stofffrei gemacht wird, die Gefahr vor, daß in der Hitze die Platten durch Oxydation dauernd verändert werden. Sollte derVersuch beweisend sein, so war festzustellen, daß die etwaige, durch die Behandlung herbeigeführte Veränderung der elektromotorischen Kraft nach Ein- führen feuchter Zimmerluft wieder rückgängig wird. 5. Unzweideutige Ergebnisse wurden schließlich durch Erhitzen der Metallplatten in geschlossenem Gefäß in Gegenwart von Phosphor- pentoxyd erhalten. Der mit der radioaktiven Substanz belegte Metall- streifen M’ sowie der Streifen M aus dem anderen Metall M waren an Platindrähte p angelötet und diese in ein Glasgefäß eingeschmolzen (s. Fig... Während man trocknes Gas durch den Apparat strömen ließ, wurde Phosphorpentoxyd eingeführt und alsdann bei R und R’ zugeschmolzen. ! Der Eintluß des Wasserstoffs auf den Voltaeffekt am Platin wurde bereits von Eon. BEcguErer bemerkt (C. R. 22, 677. 1846). ®2 Wien. Ann. 24, 327. 1885. WarsurG: Über die Ursache des Voltaeffekts. 353 Nach Bestimmung der elektromotorischen Kraft erhitzte man den Apparat F— 1 Stunde lang auf ungefähr 180° und maß nach dem Abkühlen die elektromotorische Kraft wieder; zuweilen wiederholte man diesen Prozeß mehrmals. Endlich öffnete man bei R und KR’, saugte Zimmerluft durch das Gefäß und maß die elektromotorische Kraft aufs neue. Von den erhaltenen Ergebnissen seien folgende angeführt: Stickstoff. NER Nach Erwärmen Nach Einführung = und Abkühlen von Zimmerluft Mg — 1.974 + 0.003 — 1.22 Zn — 0.967 — 0.006 — 0.7 Cd — 0.540 — 0.015 — 0.719 Kohlendioxyd. Zu — 0.926 — 0.069 — 0.926 Zu diesen Ergebnissen ist folgendes zu bemerken: ı. Der Widerstand der Zelle wurde vor und nach dem Erhitzen nahezu gleich gefunden. 2. Die Wasserhaut des Glases konnte, da sie beiderseits mit Platin in Berührung war, die elektromotorische Kraft nur durch Ungleichheit der beiden Platindrähte beeinflussen. Im Wasserstoff sank bei der angewandten Trockenmethode die elektromotorische Kraft nicht so weit herab wie im Stickstoff, z. B. bei Zink nur auf o.2 Volt. Die Ursache davon kann nicht angegeben werden. 4. Bei den edlen Metallen, bei welchen nach $ 3 durch Ersetzung der leitenden Luft durch Wasser die elektromotorische Kraft on erheblich verändert zu werden scheint, waren die Ergebnisse nicht entscheidend. Indessen geht aus den mitgeteilten Versuchen hervor, daß durch die angewandte Trockenmethode, deren Erfolg wohl auf der Gegen- wart von Phosphorpentoxyddampf beruht, die elektromotorische Kraft von Zellen aus oxydablen Metallen bis auf einige hundertstel bzw. tausendstel Volt zum Verschwinden zu bringen ist, so, daß in feuchter Atmosphäre wieder elektromotorische Kräfte von der ursprünglichen Größenordnung eines Volt auftreten. Daraus folgt, daß diese großen elektromotorischen Kräfte von den Wasserschichten herrühren, und nach den Erwägungen des $ 3 wahrscheinlich an der Berührungsstelle zwischen Metall und Wasser wirken. 6. Nimmt man an, daß durch die angewandte Troekenmethode die Wasserhaut wenigstens im Stickstoff beseitigt ist, so beträgt die 854 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 19. Mai 1904. elektromotorische Kraft der Zelle aus Zink und dem Metallstreifen 7’ im Stickstoff einige hundertstel bzw. tausendstel Volt. Wenn also zwischen diesen Metallen und Stickstoff elektromotorische Kräfte von der Größenordnung eines Volt wirken, so folgen sie nach Gleichung (1) dem Gesetz der Spannungsreihe. Einfacher ist indessen die Annahme, daß solche elektromotorische Kräfte überhaupt nicht vorhanden sind. 7. Solange man Zellen kennt, bei welchen das zwei verschiedene Metalle trennende Gas elektrisch leitend gemacht ist, hat man an- genommen, daß es sich hier um dieselben elektromotorischen Kräfte handelt, welche in den sogenannten Voltaschen Fundamentalversuchen die Wirkung herbeiführen. Vom experimentellen Standpunkt wird diese Annahme dadurch gestützt, daß die elektromotorische Kraft solcher Zellen ungefähr ebenso groß gefunden wird als der nach einer der üblichen Methoden bestimmte Voltaeffekt. Vom theoretischen Standpunkt ist die Erklärung eine verschiedene je nach der Theorie des Voltaeffekts, welche man zugrunde legt. Nach Voltas eigener Theorie wirkt beim Voltaeffekt die elektromotorische Kraft zwischen den Metallen, nach einer Form der sogenannten chemischen Theorie der Hauptsache nach zwischen den Metallen und den sie bedeckenden wässerigen Schichten. Man kann jene Theorie die Metallkontakt- theorie, diese die Elektrolytkontakttheorie nennen; nach letzterer muß die Elektrizitätsentwieklung auch beim Voltaeffekt den Faranpavyschen elektrolytischen Gesetzen folgen. Verbindet man nun eine Zink- und eine Kupferplatte bzw. mit den Quadrantenpaaren aus dem Metall @ eines Quadrantelektrometers und macht die Luft zwischen den Platten leitend, so werden dadurch nach der Metallkontakttheorie, wenn man die elektromotorischen Kräfte zwischen Metallen und Gasen vernachlässigt, die Potentiale der Zink- und Kupferplatte ausgeglichen, und die beobachtete Potentialdifferenz ist (Z, Q)+(Q, CW=(Zn, Cu). Nach der Elektrolytkontakttheorie werden hingegen, wenn man wieder die elektromotorischen Kräfte der Gase sowie die wahre, sehr kleine Kontaktpotentialdifferenz zwischen den Metallen vernachlässigt und die beide Metalle bedeckenden Wasser- schichten als gleich annimmt, die Potentiale dieser ausgeglichen, und das Elektrometer gibt die Potentialdifferenz (W, Zn) + (Cu, W) an. Andererseits ist wohl die einfachste Methode zur Messung des Voltaeffekts die von Lord Kervın, bei welcher über einem einseitig verlöteten Doppelhalbring aus zwei Metallen eine einen Radius vom Ringmittelpunkt bis gegen die Lötstelle hin deekende Nadel schwebt. Die Ablenkung der Nadel erfolgt in dem einen oder anderen Sinne je nachdem sie positiv oder negativ geladen wird und gibt die zwi- schen den beiden Ringhälften bestehende Potentialdifferenz an, welche WarsurG: Über die Ursache des Voltaeffekts. 855 nach der Metallkontakttheorie zwischen den beiden Metallen, nach der Elektrolytkontakttheorie zwischen den beiden jene bedeckenden Wasser- häuten besteht. Wenn also die elektromotorischen Kräfte der Gase vernachlässigt werden, mißt man hier dieselbe Größe wie bei den Zellen, welche aus zwei durch ein leitendes Gas getrennten Metallen bestehen. Die in $5 beschriebenen Versuche sprechen für die Elektrolyt- kontakttheorie, welche besonders erfolgreich von Hrn. J. Brown ver- treten wird. Auch hat derselbe kürzlich! gezeigt, daß der Volta- effekt zwischen Zink und Kupfer zum Verschwinden gebracht wird, wenn man die Wasserhäute durch Auskochen in Öl entfernt und wieder erscheint, wenn feuchte Luft zugelassen wird. Insofern können die Versuche des $ 5 als eine Bestätigung und Erweiterung dieses Brown- schen Versuches angesehen werden. Das Verhalten der edlen Metalle Silber und Platin bedarf nach $5 noch der näheren Untersuchung. D ! Phil. Mag. (6) 5, 591. 1903. Ausgegeben am 2. Juni. BT TN ke san pe ah “ 2 Verse 5 dr a A i AI ET an Fagaid RN 2b ana ws R ri j RE ut, ,: waere BR IETIE 7 |, r bu) Ei Or DER? ) NEE i IR SI SIERT vo NE re AED 1 in DR a Ve AIR FIR ee NET RRTITITEETAT Be ni Fi Par DE x rt EEE INN Ar a EN a N nes) 3 ae sa 37 na En Dar ar ach An ra) ETTUR SE RZ EN LWIPDAEUEF BIIFIER 27 a Euer, \ a H Bu 3 Fr de ar a“ 7@ ER re «si I Se A ne nei dad n bes Er A re Fu ee er Eu al ET I ‘ SPIZUNGSBERICHDE 19% XXVI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 19. Mai. Sitzung der philosophisch -historischen Ülasse. 7; 5 - n T Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEN. l. Hr. Burvach las über die älteste Gestalt von GoETHE'S West-östlichem Divan. Die älteste urkundliche Form, aus dem Jahre 1814, enthält, im Wesentlichen chronologisch geordnet, eine Sammlung von 50 Gedichten, der zu Ende des Jahres ein Prolog und zwei epilogartige Gedichte hinzugefügt wurden, um das Ganze zu einem Cyklus abzurunden. Ein Theil der Gedichte bildete ein poetisches Reisetagebuch mit fortlaufender Beziehung auf den Divan des Hafis. und daran anknüpfend erhielt die Sammlung die Einkleidung in die Form einer fingirten Reise in den Orient. Im Ein- zelnen wird nachgewiesen, dass auch schon vor dem Abschluss Ansätze zu einer ey- klischen Anordnung gemacht sind unter Preisgabe des streng chronologischen Prineips. 2. Hr. Harnack las über ein neues Fragment aus den Hy- potyposen des Ölemens Alex. sowie über den Brief des bri- tischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus. Er zeigte, dass das neue, von Mercarı entdeckte Clemens - Fragment wahrschein- lich dem Werke des Papias entnommen ist und des alten Bibeltexts wegen eine be- sondere Aufmerksamkeit verdient. — Von der vielbehandelten Nachricht des Papstbuchs, ein britischer König Lucius habe an den Papst Eleutherus geschrieben, wurde nachgewiesen, dass hier höchstwahrscheinlich eine Verwechslung mit Lucius Abgar von Edessa vorliegt. 3. Hr. vov Wıramowırz- MoELLENDoRFF überreichte das Manuseript der in der Sitzung der philosophisch-historischen Olasse vom 14. April vorgelegten Abhandlung »Ein Gesetz von Samos über die Be- schaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln«. 4. Hr. Coxze legte vor ein zum Auflagedrucke fertiges Exemplar der im Auftrage der Akademie von Hrn. Hauptmann Orrto Berrer auf- genommenen, gezeichneten und herausgegebenen Karte von Perga- mon und Umgebung. Das Blatt wird einzeln und im ersten Bande der »Altertümer von Pergamon« erscheinen. 5. Vorgelegt wurde: Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Eusebius. Bd. III. Leipzig 1904; und Monumenta Germaniae historica. Seriptorum Tom. XXXI. Pars II und Legum Sectio IV. Tom. III. Pars I. 858 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. Von K. Burvacn. De unmittelbaren Anlaß zu nachstehenden Untersuchungen gab meine Bearbeitung des West-östlichen Divans für die kommentierte Jubiläums- Ausgabe der Werke Goethes im Cottaischen Verlag. Ich wurde da- durch bewogen, dieser Dichtung mich aufs neue entschiedener zuzu- wenden und eine Arbeit vorläufigem Abschluß entgegenzuführen, die von mir niemals ganz fallen gelassen worden war, seitdem ich im Jahre 1833 für die große Weimarische Goethe-Ausgabe in deren 6. Bande eine kritische Edition des Divans hatte herstellen dürfen. Meine beiden Ausgaben — ceitiert als Jub. und W. — werden im folgenden ein für allemal vorausgesetzt, ebenso meine an die Edition des ursprünglichen Ghasels vom Eilfer sich knüpfende Abhandlung (Goethe-Jahrbuch 1890, Bd. ıı, S.ıff.) wie mein Festvortrag über den West-östlichen Divan (Goethe-Jahrbuch 1596, Bd. 17, S. ı"ff.). Was ich hier biete, ist ein Bruchstück des lange von mir geplanten Buches "Goethe im Orient’ Hoffentlich wird die Einsicht bald ein Gemeingut, daß die gang- baren Namen Lyrik, Drama, Epos nur Zufälligkeitsworte von höchst relativer Bedeutung sind und bloß andeutungsweise Grenzwerte aus- drücken für sehr mannigfaltige Abstufungen, Übergänge und Mischungen geschichtlich erscheinender poetischer Formen. Aufgeben freilich können wir die Namen nicht: es sind brauchbare Hilfsgrößen. Herderischen Winken folgend, hat als einer der frühesten Kenner der Gesetzmäßig- keit und der unendlichen Fülle des Lebens der Poesie Goethe be- sonders tief und klar den wahren Sachverhalt ausgesprochen in den “Noten und Abhandlungen’ zu seinem West-östlichen Divan. Er nennt da die drei poetischen Gattungen “Naturformen der Diehtung’. "Diese drei Dichtweisen können zusammen oder abgesondert wirken. In dem kleinsten Gedicht findet man sie oft beisammen, und sie bringen eben durch diese Vereinigung im engsten Raume das herrlichste Gebild hervor, wie wir an den schätzenswertesten Balladen aller Völker gewahr werden. Goethes Divan selbst bewährt die Richtigkeit dieser Auffassung: er ist eine Sammlung lyrischer Gedichte, in denen die drei Naturformen der Poesie sich mischen und vielfältig in einander über- Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 859 gehen. Man kann über die Entstehung und die künstlerische Be- deutung dieses Werkes, über die allmähliche Ausbildung des ihm eigenen neuen lyrischen Stils nicht reden, ohne jene fruchtbare Erkenntnis, welehe die Noten und Abhandlungen’ theoretisch formu- lieren, darauf praktisch anzuwenden und sich so den Weg der Forschung zu erlellen. Die literarischen Überlieferungsformen monodischer Lyrik. (Gedieht, Sammlung, Cyklus.) Ein Grundproblem der Überliefrung lyrischer Gedichte, das in den Literaturen aller Zeiten und Völker sich erneut, ist die Frage: auf welchem Wege wurde aus den einzelnen augenblicklichen Eingebungen des Dichters ein vielteiliges Ganzes, aus den ursprünglichen, natür- lichen Perlen eine zusammenhängende Schnur? Von geringen Aus- nahmen abgesehen, seien es etwa gelegentliche oder auch systema- tischen Lehrzwecken der Poetik und Rhetorik dienende Citate, seien es sonstwie zufällig abgesprengte Bruchstücke, ist die literarische, selbständige Lyrik der gesamten Welt schriftlich nur in größeren Sammlungen, als ein Corpus aus vielen Gliedern, verbreitet worden. Diese Sammlungen mögen unmittelbar oder mittelbar auf den Dichter selbst zurückgehn, sie mögen der Überlegung oder der Willkür eines verständnisvollen oder geschmacklosen Ordners entstammen: immer schaffen sie ein fremdes Element, das des einzelnen Liedes angeborne Art, Sinn und Absicht seines ersten Bekenntnisses ver- dunkelt. Es tritt nun in einen größeren Zusammenhang: neue Be- ziehungen entstehen, Schatten und Licht stuft sich ganz anders ab als bei dem ersten Aufblitzen der poetischen Inspiration. In einem nach Formen und Farben abgetönten Kranz wirkt die einzelne Blume kaum noch durch sich selbst, sondern in und mit ihrer Umgebung. Das einzelne Iyrische Gedicht ist ein Naturprodukt im Vergleich zu der Künstlichkeit jeder Sammlung und eines jeden Cyklus: die Zu- sammenfassung vermehrt die poetischen Eindrücke, und sie beein- flussen und summieren sich, steigern sich wohl auch. Aber bei der Entwurzelung und der Umsetzung aus dem ersten Erdreich in die große Nachbarschaft erlischt jedem einzelnen Gedicht ein Stückchen von seiner elementaren Kraft, von der Seelenwärme des momentge- bornen individuellen Lebens. Und doch ist dieses Schicksal lyrischer Dichtung unabwendlich nach der Natur der Sache. Hervortreten an die Öffentlichkeit kann ein lyrisches Gedicht wohl als ein Individuum für sich. Dauern und auf die Nachwelt kommen, literarisch werden kann es nur in einem S60 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. oeschlossenen Verband mit einander in Reih und Glied marschierender, sei es auch noch so verschiedenartiger Gefährten: der einzelne Iyrische Klang verhallt mit der Stimme des Dichters oder des Sängers. Allerdings kann die Musik ihm weittragende Schwingen leihen. Die Sprüche Walthers von der Vogelweide waren lange vergessen, auch die großen Liedersammlungen, die sie verewigen, in den Händen oder auch nur in den Bibliotheken vereinzelter Liebhaber versteckt, als die musikalischen Weisen einzelnen von ihnen in den Meistersinger- schulen noch das Leben fristeten und anderen wenigstens, mit Unter- legung eines neuen, als schöner empfundenen meistersingerischen Textes, den strophischen und metrischen Leib retteten. Die konser- vierende Kraft der Musik ist aber eine begrenzte. Wo sie am längsten wirkt, mumifiziert sie, und am Ende verbleiben nur die unheimlichen braunen gewickelten Bänder und Tücher, während Leib und Seele dahin sind. Auch Goethe kannte, wie Herder, Bürger, Schubart und andere, die naturgegebene Einheit von Gesang und lyrischem Gedicht, und unser unübersetzbares ‘Lied’ bezeichnet sie ja ungetrennt. Aber hat die große musikalische Bewegung, die sich an die Namen Hiller, Johann Abraham Peter Schulz, Reichardt, Zumsteeg und Zelter knüpft, durch Singspiellied, Lied im Volkston, geselliges Lied, kom- ponierte Ballade dem literarischen Fortleben der Gedichttexte mehr als vorübergehend genützt? Haben nicht schon während dieses kurzen musikalischen Fortlebens die komponierten Gedichte sich Änderungen und Verkürzungen, Sinnesverdunkelungen gefallen lassen müssen? Er- leiden sie nicht, wo sie etwa in die volkstümlichen Liederbücher, also namentlich in die studentischen Kommersbücher, Eingang ge- funden haben, unaufhörlich neue Entstellungen und Verstümmelungen ? Auch die Schöpfung des modernen deutschen Kunstliedes auf volks- tümlicher Grundlage durch den göttlichen und unaussprechlich herr- lichen Franz Schubert hat daran nicht viel geändert: er so wenig wie seine Nachfolger — Löwe, Schumann, Franz, Brahms, Hugo Wolf — haben es vermocht, in ihren Tönen auch dem Worte der Dichter gleiches Recht und gleiche Integrität, gleiche Beachtung bei den Sängern und Hörern zu erringen. Es ist noch nicht lange, daß unsere Konzertprogramme wenigstens die Namen der Dichter für die ge- sungenen Lieder zu nennen sich entschlossen. Und in der Tat, diese Kompositionen wollen mehr als ein lyrisches Gedicht erläutern, ver- tiefen oder konservieren. Sie schaffen ein neues Kunstwerk, mit einer anderen, im besten Fall mit einer erhöhten Individualität. Goethe wußte wohl, warum er unter den musikalischen Kompositionen seiner Gedichte den dünnen und leeren Weisen Zelters vor Beethoven, Schubert, Mendelssohn den Vorzug gab. Jene trugen in die Wortmusik seiner Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. Ss61 Iyrischen Blumen am wenigsten fremde Individualität und neu stim- mendes Kolorit hinein. Von der musikalischen Überlieferung hat das lyrische Gedicht auf die Dauer noch weniger Schutz seines eigentümlichen persön- lichen Lebens zu erwarten als von der literarischen Sammlung und dem Cyklus. Nur in einem Fall kann die Literatur das Iyrische Gedicht als Einzelwesen mit seiner vollen unangetasteten Persönlichkeit fixieren: in der uralten, weit verbreiteten und lange nachlebenden Mischung erzählender Prosa und daraus hervorwachsender lyrischer oder Iyrisch- dramatischer Strophen. Diese primitive poetische Gattung liegt am deutlichsten vor und ist amı besten gewürdigt in altarabischer und altnordischer Literatur, aber auch in der indischen und in der alten irischen Poesie, desgleichen in der altfranzösischen erscheint sie, und vor allem dürfte sie, wie ich vermute, auch in der antiken, grie- ehischen wie römischen Literatur reich entfaltet gewesen sein, von wo sie dann unter Nachwirkung von des Martianus Capella “Hoch- zeit der Philologie mit Merkur’ und des Boethius "Trost der Philo- sophie’ in Dantes "Vita nuova’ und in den allegorischen, moralisch- politisch-satirischen Schäferromanen der Renaissancepoeten, in Boc- :accios 'Ninfale d’ Ameto’, Sannazaros Arcadia’, Montemayors “Diana', Sidneys "Arcadia’, Barelays 'Euphormio’ und 'Argenis’, d’Urfes “Astree', Opitzens Hereynia’ und anderen ihre Auferstehung feierte, während die naturwüchsige, ungeschriebene Tradition im deutschen Märchen wie eine direkte Fortsetzung des alten Pantschatantra- Typus anmutet. Als Goethe seine große stilistische Wendung vom Werther zum Wilhelm Meister machte, knüpfte er gleichfalls an den französischen Renaissanceroman an und legte seinem Harfner, seiner Mignon und Philine Liedstrophen in den Mund. Und die Romane, Novellen, Mär- chen der Romantiker von Tieck und Novalis bis zu Brentano und Eichendorff vermehrten und verbreiterten die lyrischen Einlagen, in- dem nun das Beispiel Goethes durch umfassende literarische Kennt- nis der südromanischen Roman- und Novellenliteratur (Cervantes), durch die Beobachtung der volkstümlichen Märchenerzähltechnik und durch die natürlich unvermeidliche spekulierende und diktatorische Kunsttheorie überboten und das Ergebnis dieser Übertrumpfung als Kanon proklamiert wurde." Nebenbei bemerkt: auch die bei Goethe und den Romantikern als typisch auftretende Technik, den Roman zum Rahmen für eingelegte Novellen zu machen, stammt aus den romanischen Renaissanceromanen und indirekt aus dem durch des ! Vgl. dazu den Exkurs am Ende dieser Abhandlung. 862 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Apuleius Metamorphosen belegten Alexandrinischen Romantypus, der aber seinerseits — ganz ähnlich wie die gemischte Form des "Ken- taurs’ seine Analogie in der orientalischen Rahmentechnik findet, wie sie allbekannt ist aus den großen Weltmagazinen für Märchen und Novellen “Pantschatantra’, “den 7 weisen Meistern’, “Tausend und eine Nacht‘. In beiden Fällen, bei der gemischten Form wie bei der No- velleneinlage, möchte ich je einen gemeinsamen ersten Ausgangspunkt der Entwicklung für sehr wahrscheinlich halten. Der Zusammenhang der epischen Umrahmung mit den darin ein- geschlossenen lyrischen Elementen kann ein sehr verschiedener, ein innerlicher oder ein mehr oder weniger äußerlicher sein. Rahmen und Iyrische Bildreihe können gleichzeitig, eins für das andere ge- schaffen, der Rahmen kann aber auch nachträglich hinzukomponiert, er kann endlich die Hauptsache und die Lyrik Beigabe sein. Für alle diese möglichen Verhältnisse gibt es literarische Beispiele genug. Mag die epische Einrahmung nun geschichtliche, Roman- oder Mär- chenerzählung, lehrende Betrachtung, Kommentar oder lediglich durch schmückendes Beispiel belebende', endlich einfach eitierende Abhand- lung sein, es kann das einzelne Iyrische Gedicht in ihr seine ur- sprüngliche strahlartige Natur ungedrückt und unbeschattet wahren: die lebensvolle Einheit des Moments, das Gegenwärtige, Singuläre, Leibhaftige des persönlichen Gefühls. Indessen in solcher epischen Umrahmung ist die monodische” Lyrik noch keine selbständige Gattung. Wo sie das wird, wo sie als solche in der Literatur auftritt, da muß sie für die errungene Selb- ständigkeit ihr Herzblut hingeben. Mit tiefstem Sinn stellte Goethe 1815 an die Spitze der Ausgabe seiner lyrischen Gedichte die Vor- klage’ über die Seltsamkeit, ein leidenschaftlich Stammeln aufzu- schreiben, lose lyrische Blätter von Haus zu Haus, wohin sie ausge- flattert waren, wieder einzusammeln und unter einer Decke dem Leser in die Hand zu geben, was im Leben weit von einander abstand. Der mittelalterliche Ulrich von Lichtenstein hat die Lücken dieser Lebens- ! Herder liebte es, seine literarischen Untersuchungen zu durchflechten mit solchen paradigmatisch und erläuternd wirkenden, auffrischenden Blumen: so in den Zerstreuten Blättern‘. Mit Recht tadelt Hayın Herder 2, 335 die an ihnen verübten unbegreiflichen Sünden der neueren Herder- Ausgaben: “Man zerpflückt einen mit Über- legung und Geschmack zusanımengebundenen Strauß, wenn man die Prosaaufsätze der Sammlungen von den poetischen Stücken trennt. Und höchst treffend im allgemeinen mit Bezug auf die “Adrastea’: “Aus der Prosa in Poesie überzugehen, Gedanken zu reimen oder zu skandieren, um sie herzlicher, eindringlicher zu machen, oder bei eigen Gedachtem an verwandt anklingende Verse anderer zu erinnern, Dichtungen zu kom- mentieren und wieder die Prosarede durch Gedichte zu illustrieren, ist eine alte Ge- wohnheit Herders. ® Von der chorischen Lyrik und ihren Schicksalen sehe ich hier überall ab. Burvaca: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 863 abstände seiner Minnelieder ausgefüllt, indem er sie in chronologischer Reihenfolge seiner Autobiographie, der durchaus realistischen Erzäh- lung seines “Frauendienstes in den Reimpaaren des höfischen Liebes- romans, einschaltete. Die große Heidelberger Minnesingerhandschrift hob dann die ganze Liedersammlung unverändert aus und erhielt so einen rein lyrischen Liebesroman in chronologisch geordneten Lie- dern, der uns ohne den Frauendienst genau ebenso unfaßbar bliebe in seinen realen Elementen und seinem geschichtlichen Verlauf wie die Liederbüchlein der übrigen Minnesinger. Dante hat, indem er die Arbeit der Troubadourbiographien für sich selbst in eigener Person leistete, seine Sonette an Beatrice kommentierend umrankt mit der auf den spiritualistischen Höhen des “dolce stil nuovo’ wandelnden "Vita nuova. Goethe selbst dagegen, der persönlichste Lyriker, hat im schärfsten Widerspruch mit jener ergreifenden "Vorklage’ seine Ge- dichte auf die Nachwelt gebracht durch Zusammenstellungen, die frei von jedem Kommentar absichtsvoll alle Erinnerung an ihren persön- lichen Anlaß verwischten und ihren geschichtlichen Zusammenhang wie ihre genetische Reihenfolge ersetzten durch eine gekünstelte neue Ordnung ideeller Art. Unter dem Einfluß der "Zerstreuten Blätter’ Herders gibt er der ältesten Sammlung nach dem Prinzip der Ver- kettung durch ähnliches oder gegensätzliches Motiv eine Art epischen Zusammenhang typischen und symbolischen Charakters." Mit grau- samem Wüten gegen sich selbst schnitt er seinen Gedichten den Lebens- nerv ihrer unsterblichen Schönheit, die Wurzeln des Momentanen und Individuellen durch. In dem Wahn, dieses zweifelhafte Dogma der neuen poetischen Wahrheit müsse auch seiner Lyrik einen höheren Adel ver- schaften. Was dann in der Folge, als die lyrische Produktion an- wuchs, auf diesem Wege herauskam, zeigt die Ordnung der Gedicht- bände nach Gesichtspunkten teils der poetischen Gattung, teils der metrischen Form, teils des Inhalts mit den höchst wunderlich sich durchkreuzenden und wiederholenden Abteilungstiteln und die Grup- pierung des Inhalts der einzelnen Abteilungen halb nach sachlicher Verwandtschaft, halb nach dem Bestreben, einen typischen Verlauf menschlicher Anlagen, Bestrebungen und Erlebnisse abzuspiegeln. Freilich hat Goethe selbst eine Ergänzung der Lücken seiner lyri- schen Konfessionen geschaffen in seiner Selbstbiographie und sogar an einzelnen Stellen in diese gleich Ulrich von Lichtenstein, gleich Dante längst bekannte Lieder eingeflochten. Aber wenn er in seiner gegen- ständlichen, diesseitigen Auffassung der Welt und der Menschen weit " Vgl. darüber die höchst fördernde und bahnweisende Untersuchung ScHrrERS, Goethe-Jahrbuch 1883, Band 4, S. 51 ff., die ZArncke sehr ungerecht und grundlos ver- ächtlich zu machen gesucht hat. 864 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. entfernt ist von Dantes aufwärtsblickender Begriffismythologie, darin steht er dem Magier des ‘Neuen Lebens’ nahe, daß seine biographi- sche Selbsterklärung zwar "das Leben darstellen will, wie es an und für sich und um sein selbst willen da ist‘, lebend mit dem Leben- digen’, daß aber auch sie keineswegs die reale Entwickelung seines Lebens mit dem Wirklichkeitssinn des Geschichtschreibers vorführt. Angesehen vielmehr mit den Augen des diehtenden Naturphilosophen, also auch sub specie aeterni, das heißt: nach dem Gesetz der tief- sinnigen Goethischen Lehre von der notwendigen Metamorphose aller Natur- und Menschenwelt. “Dichtung und Wahrheit‘ will dichterisch geschautes Leben erzählen, die Dichtung als Wahrheit begreifen lehren, aber sie tut es, indem sie die Wahrheit als Diehtung darstellt.' Goethe, der größte Lyriker, den die Welt sah, war gegen die Kinder seiner lyrischen Muse ein Erzstiefvater. Er nahm ihnen, als er sie in die Welt entließ, einen Teil ihrer wirksamsten Kräfte: die unan- getastete Natürlichkeit und Frische ihrer individuellen Erscheinung. Philologie, die Freundin und Deuterin des sinnvollen Wortes, des poetischen Abglanzes menschlichen Lebens, sie darf sich, wenn sie ihres schwersten, aber auch schönsten Amtes waltet, der Erklärung lyrischer Konfessionen, nicht auf denjenigen Standpunkt der Geschichte stellen, den Goethe brandmarkte, als er ihr nachsagte: “sie habe immer etwas Leichenhaftes, den Geruch der Totengruft‘'. Allein noch weniger darf sie das reale Substrat lyrischer Gedichte zu ergründen und aus der künstlerischen Gestaltung herauszuschälen, das Konglomerat oder die Komposition eines Iyrischen Gedichteorpus in seine ursprünglichen Bestandteile aufzulösen und diese in ihrem vollen Eigenleben wieder- herzustellen trachten, indem sie, nach Leben grabend, Leben dichtet. Von ihrer Forschung wird mehr verlangt: Höheres, aber auch Schwe- reres. Es sind überall dieselben Fragen, die sich dieser Forschung ent- gegendrängen. Rührt die Sammlung und Ordnung der Iyrischen Ge- dichte von ihrem Dichter her? Ist sie das Werk eines Fremden? Oder ist sie teilweise das eine, teilweise das andere? Ist sie nach chro- nologischem oder nach sachlichem Gesichtspunkt angelegt, und wenn nach sachlichem, nach dem stofflichen Inhalt, wobei die Beziehungen auf Personen eine wichtige Sonderstellung einnehmen, oder nach der Form, etwa nach der poetischen Gattung, nach Metrum und Strophe, nach den Reimen, nach den Gedichtanfängen, nach den Melodien oder ganz äußerlich bloß nach einzelnen Stichworten des Schlusses, des ! Vgl. das erst durch die Weimarische Goethe- Ausgabe (Bd. 28, S. 356 ff.) be- kannt gewordene Vorwort zum dritten Teil von Dichtung und Wahrheit nebst Rich. M. Meyer, Jubiläums- Ausgabe Bd. 22 (1903), S.IX ff. Bd. 24, S. 268 ff. 270. ven Burvach: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 865 Anfangs, des Refrains oder refrainartiger Responsionen? Das Prinzip, inhaltlich oder formell Verwandtes neben einander zu stellen, schließt natürlich als logische Umkehrung im gegebenen Fall auch die Kon- trastwirkung durch Verbindung entgegengesetzter Stücke in sich ein, wie z. B. bei Herder und Goethe. Denkbar ist auch das Prinzip, niemals zwei formell oder inhaltlich gleiche oder sehr ähnliche Stücke auf einander folgen zu lassen. Dagegen die Annahme eines bloßen "Va- riatio delectat' als leitenden Gesichtspunktes stempelt die Unordnung zur Ursache der Ordnung. Wir fragen weiter: sind. die einzelnen Iy- rischen Gedichte selbständig für sich oder, seien es einige, seien es alle, mit Beziehung auf einander als Cyklus oder zur Abrundung und Ausfüllung eines Cyklus, als Prolog oder Epilog des Ganzen oder ein- zelner Teile, als einleitendes Zueignungsgedicht an eine bestimmte Person geschaffen, dann also zweites Spiegelbild, Reflex eines Reflexes? Sind sie gruppenweise etwa in Büchern zu verschiedenen Zeiten, als Einzelausgabe vom Dichter oder einem Editor zusammengestellt, ehe sie in das größere Corpus kamen? Enthielt das Corpus oder enthalten einzelne seiner Bücher Nachträge oder Einschübe, die erst nach der ersten Publikation hinzugedichtet worden sind? Bietet die Sammlung Gedichte in einer vom Dichter selbst überarbeiteten Gestalt, also in zweiter oder dritter Auflage? Sind die Gedichte, wie sie in der Samm- lung erscheinen, auf einen Wurf entstanden und aus einem Guß oder vermag die höhere Kritik spätere An- oder Einfügungen des Dichters noch abzusondern? Und wenn wir, wie unsere Pflicht ist, noch tiefer zurück von dem Buchstaben zufälliger, erkalteter Überlieferung dringen, bis an den warmen Lebensquell der schaffenden, umgestaltenden Phan- tasie des Dichters: welchen Anteil haben an dem Gedicht Erlebnis und Erfindung, literarische Tradition und — bewußte, halb bewußte, unbewußte — Nachbildung eines bestimmten literarischen Vorbildes? und wie mischen sie sich? Mag es sich um die altarabischen Muallagät oder die Hamäsa, um das prakritische Saptacatakam oder die Sammlungen der provenzali- schen Troubadour- und deutschen Minnelieder, um das Spruchbuch Reimars von Zweter, um die lateinische oder die griechische Antho- logie, um das Liederbuch des Catull oder des Properz, die Epigrammen- ausgaben des Martial, die Gedichte des Ausonius, um den Canzoniere Petrarcas oder um die Handschriften und Drucke der Gedichte Goethes handeln. die Probleme bleiben immer die nämlichen: lockende und aufregende, an Verheißungen reiche Probleme. Aber ach! wie selten, wie unvollkommen finden wir aus ihren Labyrinthen den Weg ins Freie, den ein täuschender Schimmer unserem kritischen Eifer, unserer drängenden Kombination vorgaukelt. Sitzungsberichte 1904. 71 8366 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. Alle Philologie, alte und moderne, hat nur eine Metliode, ihrer Aufgaben Herr zu werden. Freilich wandelt sich diese eine Methode nach den verschiedenen Stoffen, die mancherlei Abarten der Probleme erzeugen. Aber im Kern bleibt sie dieselbe. Sich das immer aufs neue einzuprägen und nachdrücklich auszusprechen, halte ich für sehr dienlich. Es schärft das wissenschaftliche Selbstbewußtsein der Philo- logie und ihre wissenschaftliche Autorität, steigert wohl auch den Glauben an die Sicherheit und Fruchtbarkeit ihrer kritischen und auf- bauenden Arbeit im Kreise der angrenzenden Disziplinen, namentlich derjenigen, die im engeren Sinn die historischen heißen und die — so geht die Sage — zuzeiten der Philologie nicht übermäßig gewogen sind. Aber die einzelnen Philologien sollen sich auch bei der An- wendung der gemeinsamen Methode auf die verschiedenartigen Ob- jekte gegenseitig beobachten, um von einander zu lernen. Durch ge- sichertere Erträge des fremden benachbarten Feldes läßt sich die Probe auf die Richtigkeit des eigenen schwierigen Exempels machen, und Er- folge auf günstigerem Terrain ermutigen zur erhöhten Energie unter erschwerten Bedingungen. Die Arbeitsteilung, der die größten Fort- schritte der philologisch -historischen Wissenschaften verdankt werden, würde zum Fluch, wollten wir nicht unser Bestes einander absehen und mit einander austauschen. Und nicht bloß durch Mitteilung fertiger Ergebnisse. Das reicht nicht aus. Vielmehr nach Möglichkeit durch wechselseitige Aneignung der verschiedenen Gebrauchsweisen und Abarten der philologischen Methode. Viel ist und wird gespottet über die sogenannte "Goethe-Philo- logie’. Nicht bloß über den etwas dilettantisch isolierenden Namen. Auch über die Sache, die der anfechtbare Name doch verständlich be- zeichnet. Und es höhnen darüber nicht allein die Unmündigen, die über modernen Alexandrinismus' und Waschzettelforschung zetern und die ernsthafte Bemühung um das lebendige Verständnis unserer großen Dichter am liebsten mit Knütteln totschlügen — es sind übrigens meist dieselben, die sonst die Freiheit und den Fortschritt der Forschung, namentlich der naturwissenschaftlichen, so gern im Munde führen und sich ins Zeug legen für die Bibelkritik, von der sie allerdings wohl, wie jeder Philologe, auch ohne Fachmann zu sein, sieht, noch weniger verstehen (falls das möglich sein sollte). Auch bedeutende Gelehrte, Historiker, Juristen, selbst Philologen sehen scheel auf die philologische ' Das Wort Alexandrinismus sollte übrigens doch endlich seinen verächtlichen Sinn verlieren. Wenn man weiß, welch unermeßliche literarische, künstlerische, geistige Kultur durch diesen Alexandrinisınus gesammelt und so fortgepflanzt worden ist, daß er im Orient und Oceident durch alle Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag be- fruchtend und vorbildlich gewirkt hat, dann vergeht das Spotten. Burvach: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. S67 Erforschung der Werke und der Persönlichkeit unseres größten Dichters herab. Kein Geringerer als Tnueopor Monnsen, dem niemand Enge des Horizontes oder zünftlerischen Hochmut nachsagen kann, hielt es, als er Hrn. Erıcn Scnumivrs Antrittsrede in unserer Akademie erwiderte, für geboten, durch ein fragwürdiges “Ne quid nimis’ eine Grenze zu ziehn, bis zu der auch auf die neuere deutsche Literatur die alterprobte philologische Methode übertragen werden dürfe. In Wahrheit gibt es hier keine andre Grenze als die, welche für alle Philologien, auch die römische und griechische besteht: die Grenze, welche durch die Natur der Sache, durch das Maß des Erkennbaren und durch den wissenschaftlichen Takt des Forschenden gegeben ist. Am wunder- lichsten ist im Grunde der Protest so vieler Freunde der gegenwärtigen Diehtung und der heutigen Dichter selbst. Sie sind doch einig darin, daß es die Probe für alle echte Poesie sei, ob sie aus der Tiefe einer starken Persönlichkeit hervorquelle, daß nicht der Stoff und nicht die Form das Kunstwerk machen, sondern ihr Durchgang durch ein davon ergriffenes Temperament, nicht das Erlebnis an sich, sondern wie es in einem einzigen Augenblick und in einer Beleuchtung, die so niemals wiederkehren, sich spiegelt in der Stimmung des Schaffenden. Sie wissen, die Iyrische Impression ist eine Lichtwelle inneren Lebens. Schon auf dem Wege zum Wort und Vers verliert sie an Glanz und Wärme, stirbt etwas in ihr. Und das geschriebene, das gedruckte Gedicht gibt nur noch einen Auszug, einen Rest, der im Verhältnis zur unendlich gefühlten, unendlich momentanen, unendlich persön- lichen Iyrischen Inspiration als kalte blasse Formel erscheint. Ein ganzer Band Iyrischer Gedichte vollends ist wie eine Schmetterlings- sammlung: was zuvor umherflatterte und hundertfarbig im Sommer- sonnenglanz funkelte, nun starr und grau, in Reih und Glied aufge- spießte Leiber. Die Philologie gibt diesen lyrischen Schmetterlingen ihre Seele und ihre Flügel wieder und setzt sie in Sonne und Luft. Sie geht den Weg zurück vom fertigen Gediehtbuch zur Ausgabe und Niederschrift des einzelnen Gedichts und noch weiter rückwärts bis zum Moment seiner Vollendung, ja, wenn möglich, zurück bis zur Konzeption. Aus den kalten Schriftzügen auf dem stummen Papier möchte sie ihn wieder herstellen, den ersten leuchtenden Abdruck in der Seele des Dichters. Die sogenannte Goethe-Philologie will das mit allen Mitteln der alten erprobten philologischen Methode leisten für den persön- lichsten unter den großen Lyrikern. Nicht als Totschlägerin und Toten- gräberin der Poesie, wozu Deutebolde und Stoffhuber und der nun ruhende, unermüdliche wissensreiche Goethiomastix sie machten, son- dern als wahre Lebendigmacherin. Sollte sie es nieht verdienen, daß dl 868 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. man auf sie achtet und von ihr zu lernen sucht auch außerhalb ihres Kreises? Denn diese Goethe-Philologie verfügt über eine Fülle und Mannigfaltigkeit urkundlicher Quellen, äußerer und innerer Zeugnisse, sachlicher und formaler Kriterien und Ansatzpunkte, wie sie keiner Philologie für irgend einen anderen Dichter zu Gebote stehn. Unter aller Goethischen Lyrik gilt dies nun im höchsten Sinne vom West-östlichen Divan. Für ihn haben wir ein unvergleichlich sicheres und reiches Beobachtungsmaterial, um in die Tiefen seines Ur- sprungs, seiner persönlichen und literarischen Wirkung einzudringen. Wir besitzen eine unter Goethes Augen gedruckte erste Ausgabe (1819, bei Cotta)! und eine auf dem Fuße folgende Wiederholung (Wien, Arm- bruster 1820), für die Goethe selbst Korrekturen beisteuerte. Wir besitzen eine zweite, erweiterte und redigierte abschließende Ausgabe (im 5. Band der Ausgabe letzter Hand 1827), gleichfalls noch bei Lebzeiten des Dichters unter seiner Teilnahme erschienen. Wir be- sitzen die über redaktionelle Fragen mit dem beauftragten Heraus- geber, dem Jenaischen Philologen Göttling geführte Korrespondenz. Wir besitzen für diese letzte Ausgabe das von Göttling und Goethe durchkorrigierte Druckmanuskript. Wir besitzen mehrere der ersten Edition des ganzen Divans vorhergehende Separatausgaben einzelner Gedichte, die Goethe selbst für bestimmte Zwecke ausgehoben und zusammengestellt hatte, wobei er mehrfach den Text diesen Zwecken gemäß retuschierte, namentlich dem Verständnis erleichterte: im Cotta- ischen ‘Morgenblatt' und "Taschenbuch für Damen’, in den "Gaben der Milde’ von Gubitz, in Zelters 'Liedertafel’. Wir besitzen in den "Noten und Abhandlungen zum besseren Verständnis des West-östlichen Divans einen vom Dichter selbst verfaßten Kommentar seines Werkes, und kommentierende Charakteristiken der einzelnen Bücher auch in der Ankündigung, die er 1816 im Morgenblatt veröffentlichte. Wir be- sitzen in seinen "Tages- und Jahresheften’, in den gleichzeitigen Tage- büchern und Briefen mehr oder minder eingehende Nachrichten über den Divan und einzelne seiner Stücke. Wir kennen die literarischen Quellen, die ihn poetisch anregten und aus denen er Belehrung schöpfte, aufs genaueste: die Ausleihverzeichnisse der Weimarischen Bibliothek lassen es verfolgen, welche Werke und wann er sie entlieh; auch der Bestand seiner eigenen Bibliothek an orientalischen Büchern ist noch unberührt vorhanden, darunter sein Handexemplar der Hammerschen Übersetzung des Hafis, in dem vielfach Bleistiftstriche am Rande die Stellen zeigen, die in ihm beim Lesen gezündet hatten. ! In dem von mir besorgten 6. Band der Weimarischen Goethe- Ausgabe, der den Divan enthält, als E bezeichnet. Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 369 Aber wertvoller und lehrreicher als dies alles ist der erhaltene Reichtum eigenhändiger Manuskripte zum Divan. Außer einer Fülle von Konzepten aus allen Stadien der Diehtung in allen Formaten, außer einem Register über den Stand der poeti- sehen Arbeit mitten aus der Zeit, da sie noch im Flusse war, be- sitzen wir für den größeren Teil des Werkes die eigenhändige Rein- sehrift.' So ist es wohl nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte: ein Studium der äußeren und inneren Geschichte der Divanlyrik liefert dureh ihre sicheren und reichen Ergebnisse auf allen Gebieten der Exegese und der niederen wie der höheren Kritik geradezu ein Para- digma für die auf Lyrik überhaupt anwendbare philologische Methode. Hier kann an einem ausnahmsweise glücklichen Falle gezeigt werden, was sich erreichen läßt für die schwierigen Probleme, die gerade die literarische, exegetische und kritische Würdigung Iyrischer Texte dar- bietet. Hier öffnet sich ein Blick in verborgne Regionen des lang- samen poetischen Reifens eines lyrischen Kunstwerks wie sonst nir- gends. Und Mitfühlenden sichtbar wird der geheimnisvolle Prozeß, durch den der innere Eindruck des Erlebnisses im Dichter keimt und wächst, von literarischer Anregung befruchtet, sich zum reicheren Phantasiegebilde entfaltet und dann zum Ausdruck drängend allmäh- lich alle Stufen des lyrischen Bekenntnisses durchläuft bis zur vollen Ausprägung der gemäßen Form. Die zahllosen Imponderabilien, die mit einander die Stimmung des Diehtenden hervorrufen und färben, die wichtige Grundlage aller Iyrischen Produktion, sonst kaum unserer Ahnung zugänglich, liegen für viele, ja für die meisten größeren Divangedichte klar vor Augen. Wir sehen, was Tag und Stunde, der wechselnde Schauplatz der äußeren Umgebung — hier Berka, Wei- mar, Jena, dort Wiesbaden, Frankfurt, Heidelberg und die Zwischen- stationen der Reise —., was Landschaft und Jahreszeit dem Dichter bringt. Wir fühlen mit ihm, wie auf seiner dichtenden Wanderung in das frohe, nun befreite Land des Mains, Rheins und Neckars alte Jugend- und Heimatserinnerungen schlummernde Töne aufwecken. Wir wissen, wie ihn neue Freundschaften und neue künstlerische literarische Vorsätze anspornen. Wir erkennen, wie seine Lyrik in der geselligen Atmosphäre teilnehmender, liebenswürdiger, anregender Menschen auf- sprießt, wie sie von Frauenliebe durchsonnt wird. Wir spüren den starken politischen, volkspädagogischen Zug dieser Lyrik und messen ihn an den Glück und Unglück zusammenballenden, sich langsam ! In meiner Ausgabe (Weim. Edition Bd. 6) als R bezeichnet. Fast alles davon im Goethe- Archiv zu Weimar. 870 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. und schwer entwolkenden Zeitverhältnissen. Aber alles dieses ist nur das erste, das Einzelleben der Lyrik, das sich uns hier enthüllt. Im Zusammentreten mit anderen gleichartigen beginnt das zweite, das lite- rarische Leben. Und auch dessen allmähliche Entwicklung, die Zu- sammenfügung und Verschmelzung im lyrischen Cyklus, wo jedes Ein- zellied auf die Nachbarn und das Ganze wirkt und von beiden wieder Rückwirkungen erleidet, läßt sich am Divan so klar und gründlich wie sonst nirgend beobachten. Gibt es für das lyrische Schaffen eine künstlerische Gesetzmäßigkeit — und sie ist vorhanden — so läßt sie sich an diesem Spätling Goethischer Lyrik studieren und begreifen, in Ehrfurcht vor dem undurchdringlichen Mysterium künstlerischen Werdens. Und selbst dieses Mysterium können wir, wenn auch nicht in sei- nem letzten Grunde, so doch in dem allmählichen Aufleuchten seiner Strahlen am Divan unserem Verständnis nahebringen. Die große, kaum abzuschätzende Bedeutung dieses Werks ruht darin, daß es an einem Wendepunkt der künstlerischen Entwicklung Goethes steht! und einen neuen lyrischen Stil inaugurierte. Dieser neue lyrische Stil kam Goethe nicht über Nacht. Er war das allmähliche Ergebnis komplizierter Mischungen verschiedenartiger älterer Stilelemente. Dieser Mischungs- prozeß von den tastenden Anfängen bis zum vollen Gelingen und Fertigwerden liegt, dank dem reichen handschriftlichen und sonstigen geschichtlichen Divanmaterial, ausgebreitet vor uns wie ein entfaltetes Tuch. Schwerlich fließt an anderer Stelle eine gleich tiefe Quelle der Erkenntnis künstlerischen Werdens. Das darum doch ein Wunder bleibt, vor dem wir in Andacht uns beugen. Und in wachsender Liebe. Denn je tiefer wir hineinschauen in die äußere und innere Lebensgeschichte eines Kunstwerks, desto inniger und vertraulicher wird unser Umgang mit ihm. Fest und fester wachsen uns seine immer klarer und ausdrucksvoller hervortretenden persönlichen Züge ins Herz. Immer mächtiger bewegt uns die Ehrfurcht vor der un- erschöpflichen Fülle des Menschlichen. 2. Der deutsche Divan von 1814. Für den Divan, der über zweieinhalbhundert Gedichte umfaßt, sind uns auf mehr als anderthalbhundert Folioblättern etwa drei Fünftel der fast ganz eigenhändigen Reinschrift erhalten. In zahl- reichen Korrekturen, in dem gelegentlich wechselnden Charakter der ! Vgl. darüber meine Ausführungen Goethe-Jahrbuch 1890, Bd.ıı, S.13 ff.; Goethe-Jahrbuch 1896, Bd. 17, S.8—ı8 und Nırsaur, Euphorion 1895, Bd.2, S.6rrff. BurvacH: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 871 Schriftzüge und der Tinte, namentlich in den mehrmals als Nachtrag kenntliehen Überschriften zeigen sich aufs deutlichste die verschiede- nen Absätze der poetischen Arbeit. Der größere Teil ist eigenhändig datiert, am häufigsten mit voller Angabe von Ort und Tag, manch- mal sogar der Stunde der Niederschrift. Nicht ganz wenige tragen ein doppeltes Datum: das der Vollendung und ein zweites der Um- arbeitung. Ein Dutzend Blätter, das jetzt verschollen ist, konnten noch EckERMAnN und RıEner für die sogenannte Quartausgabe von 1836 benutzen: sie entnahmen daraus für das Verzeichnis der Titel oder An- fänge der Gedichte die Datierungen und haben uns so für den späte- ren durch Sorglosigkeit verschuldeten Verlust in etwas entschädigt. Goethes Reinschrift gewährt aber auch Einblick in die Entstehungs- geschichte des Ganzen: in die wechselnde Gestalt, welche der bewußt gruppierende und typisierende Kunstverstand des Dichters ihm gab. Wir lernen das Corpus kennen in einem Zustand, dem die Einteilung in Bücher noch fremd war. 36 Blätter der Reinschrift tragen oben rechts in der Ecke von Goethes eigner Hand eine schwarze Zahl: diese Numerierung folgt den Daten der Entstehung. Goethe hat also zunächst, als er über die Erzeugnisse seiner neuen Lyrik eine vorläufige Übersicht gewinnen wollte, chronologisch geordnet. Diese Numerierung schließt ab mit der Zahl 53. Sie wurde zu Ende des Jahres 1814 eingetragen. Da- mals umfaßte die Sammlung mithin 53 Gedichte. Erhalten blieben uns von ihr unmittelbar aber bloß 36. Dies ist der älteste sichere Kern des West-östlichen Divans. In der Hauptmasse Gedichte, die zum persischen Sänger MonAanen Schens- eppın Harıs eine mehr oder minder nahe persönliche und literarische Beziehung haben. Von dieser festen Grundlage soll meine Unter- suchung ausgehn. Später wird festzustellen sein, inwieweit sich etwa auch die nieht unmittelbar und urkundlich als Teile der handschrift- lichen Sammlung von 1814 vorliegenden 17 Gedichte noch ermitteln lassen. Dabei ist hinsichtlich der erhaltenen Reinschrift (R) ein für alle- mal folgendes zu beachten. Die im Goethe-Archiv davon aufbewahr- ten Folioblätter bieten durchaus nicht ausnahmslos das Original der Reinschrift. Die Gedichte Elemente’ (W. S.14) und "Selige Sehnsucht’ (W.S.28) sind uns in zwei Exemplaren der Reinschrift erhalten: das erste, das Original (R'), war von Goethe an Zelter zur Komposition und zum Abdruck in der Liedertafel’ frühzeitig ausgeliefert und wurde in der Sammlung selbst durch die demnach von eigener oder fremder Hand gefertigte Abschrift (R?) ersetzt. Und dieser Ersatz trägt noch die schwarzen Nummern des ersten Divans. Diese schwarzen Nummern 872 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. sind also nirgend ein sicheres Zeugnis, daß nicht hinter dem sie auf- weisenden Folioblatt der Reinschrift noch ein älteres, das Original, stehen könne. Und auch für die noch vorhandenen Konzepte ist eine allgemein gültige Bemerkung notwendig. Was uns von Kon- zepten bewahrt ist, erschöpft nicht im entferntesten den ursprüng- lichen Vorrat. Sehr viele der ersten unvollständigen oder unfertigen Gedichtniederschriften wurden offenbar von Goethe später, nachdem die endgültige Reinschrift vorlag, vernichtet. Namentlich die auf der Reise gemachten. Erhalten blieben hauptsächlich solche Entwürfe, die mit anderen, nicht ausgeführten oder nicht erledigten Entwürfen auf einem Blatt standen. Wohl zeigen die Blätter der Reinschrift zahl- reiche Korrekturen und Nachträge. Aber dieser feilenden, klärenden, steigernden Arbeit, die sich hieraus enthüllt, voraus liegt eine ganze Stufenreihe der Konzeption, deren urkundliche Zeugnisse, eben die allerersten flüchtigsten Notizen, uns verloren sind und die allein die höhere Kritik wieder lebendig und sichtbar machen kann. Womit natürlich nicht bestritten ist, daß Goethe manche der Divangedichte ohne jede vorhergehende Aufzeichnung von vornherein aus dem Kopf in Reinschrift zu Papier gebracht hat. Das erste Gedicht der schwarz numerierten Sammlung ist, wenn man zunächst Nr. ı, den Prolog “Hegire® vom 24. Dezember 1814, beiseite läßt, “Nr.2 Fetwa’', datiert: "Berka Juli 1814. Eine Charak- teristik der Poesie des Hafıs durch den Mufti Ebusuud und zwar seine Antwort auf die Frage, ob man den Divan des Hafis als ortho- doxer Muslim ohne Gefahr für Seelenheil und Sittlichkeit lesen dürfe. Goethe hat das aus der Vorrede Hammers zu seiner Übersetzung des persischen Sängers übernommen, fast wörtlich, und rhythmisierte Hammers Prosa mit ganz leisen Änderungen in reimlosen fünffüßigen Trochäen. Gleich das erste Gedicht dieser neuen Lyrik erscheint also in dramatischer Einkleidung: ohne epische Einführung tritt der Mufti in Person redend auf, allerdings schließt er selbst seinen Bescheid mit einem epischen zurechtweisenden Begleitwort: “Dieses schrieb der arme Ebusuud. Gott verzeih ihm seine Sünden alle’, das in dem Zusammenhang des poetischen Cyklus, worin das Fetwa nun steht, aufgefaßt werden kann als ein episches erklärendes Nach- wort des deutschen Dichters und dann das Gedicht doch zu einem epischen (Erzählung einer direkt angeführten Rede) stempeln würde. ! Die Titel gebe ich immer nach den erhaltnen Blättern von R. Sie können aber in manchen Fällen erst bei Anlegung der zweiten, rot numerierten Sammlung (Ende Mai 1815) nachgetragen sein. Das läßt sich mit Sicherheit niemals entscheiden. Es ist also im folgenden überall ein entsprechender Vorbehalt stillschweigend zu er- gänzen. BurvacnH: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 873 Aber weder die dramatische Einkleidung noch der doppeldeutige epische Schluß hat mit der poetischen Substanz des Gedichts etwas zu tun. Diese ist rein lyrisch. Allerdings verhüllte Lyrik, die der verständnis- volle Leser sich herauswickeln muß. Alle diese dreizehn Verse geben eine hörbare und faßliche Melodie, die aber nach dem Willen ihres Gestalters gar nicht durch sich selbst wirken soll, sondern durch eine in ihr mitklingende Tonfolge oder auch nur durch einen langen Orgel- punkt, auf dem sie sich aufbaut. Dieser geheime Iyrische Kern ist dieser: ‘Ich bin in der Lage des Hafıs; auch meine Poesie wird von strenggläubigen Rigoristen verfolgt; auch für sie hoffe ich auf die milde Weisheit eines Ebusuud. Mag nun auch ein nachdenkender Leser diesen lyrischen Kern erfassen ohne weitere Hilfe, selbst ohne von Hafıs und seiner Dichtung das Geringste zu wissen, sicher ist: Goethe hat diese Hammersche Prosa nicht sieh angeeignet, damit seine Ver- sifikation für sich allein bleibe und allein wirke. Er hatte damals entweder schon Gedichte in Nachbildung des Hafıs oder in Beziehung auf ihn gedichtet oder war wenigstens entschlossen, es zu tun. Dieses Divangedicht aus Berka vom Juli 1814, aus der Epimenideszeit, ist gedichtet in der Voraussetzung begleitender lyrischer Supplemente. Es kündigt etwas an, was folgen soll oder voraufgeht: eine Reihe von anderen Gedichten, die jene schweigend ausgesprochene Verwandt- schaft des deutschen und des persischen Dichters beweisen, den Nach- folger im Wetteifer mit seinem Vorbilde zeigen sollen, mit anderen Worten einen Cyklus lyrischer Gedichte, dessen einigender Mittel- punkt Person und Dichten des Hafıs sein muß. In der Tat ist denn auch dieses erste Gedicht des Divans von 1814 nicht das älteste. Das folgende Gedicht: “Nr. 3.' Beynahme’ (später im Buch Hafıs, W.S. 33) ist älter, vom "26. Juni 1814’, gleich- falls also aus Berka und aus den Epimenidestagen. Es gibt wieder eine rein dramatische Form ohne jede epische Einführung: ein "Zwiegespräch zwischen Hafıs und dem ‘Dichter’. Dieser fragt nach der Bedeutung des Beinamens Hafıs und als er zum Bescheid erhält, er bezeichne ihn als sicheren Kenner des Koran, leitet der östliche Nacheiferer sein Recht, sich jenem verwandt zu fühlen, daraus her: Hafıs, drum, so will mir scheinen, Möcht’ ich dir nicht gerne weichen: Denn wenn wir wie andre meinen, Werden wir den andern gleichen. ' Die Zahl 3 ist schwarz durchstrichen und durch eine rechts daneben gestellte schwarze 4 ersetzt, dann ist auch diese schwarz durchstrichen und dafür links von der ersten Nummer eine schwarze 5 geschrieben, später sind alle drei rot durch- strichen (bei der neuen Wiesbader Numerierung). 874 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 19. Mai 1904. Und so gleich’ ielı dir vollkommen, Der ich unsrer heil’gen Bücher Herrlich Bild an mich genommen, Wie auf jenes Tuch der Tücher Sich des Herren Bildnis drückte, Mich in stiller Brust erquickte, Trotz Verneinung, Hindrung, Raubens, Mit dem heitern Bild des Glaubens. Auch für dieses Gedicht lieferte den Keim eine Notiz in Hammers Vorrede über den Namen des Hafis, und es darf wohl als das wirk- lich älteste Gedicht des West-östlichen Divans gelten. An das aller- äußerlichste, den Beinamen, anknüpfend, hat Goethe, innerlich tief ergriffen durch die Dichtung des Persers, herrlichste Poesie daraus entfaltet. Und wir müssen staunend konstatieren: gleich dieses älteste Gedicht des Divan ist Reflexpoesie, Poesie wiederholter Spiegelung. Hafıs ist ihm aus seinen Gedichten hervorgetreten wie ein Lebender. Indem er seine Gedichte liest, glaubt er mit ihm persönlich zu ver- kehren, ihn reden zu hören und ihm zu antworten. Der natürlichste Ausdruck für diese lyrische Impression ist der Dialog, die dramatische Form. Aber diese dramatische Form gibt lyrischen Gehalt: die per- sönliche, momentane Empfindung des lebenden Dichters, wofür die Figur und die Worte des Hafis nur Folie sind. Dieses älteste Gedicht gibt nun aber auch das im 'Fetwa’ fehlende lyrische Supplement: hier haben wir ja deutlich ausgesprochen das lyrische Bekenntnis des Wetteifers und der Verwandtschaft. Die Ent- stehung, die reale Existenz des 'Fetwa’ begreift sich allerdings sehr gut, wenn ihm "Beynahme vorhergegangen war. Allein vom rein lite- rarischen Standpunkt des künstlerischen Nebeneinanderwirkens ist die Umkehrung der chronologischen Reihenfolge, welche die älteste Samm- lung des Divan vornimmt, weit vorzuziehn. Nun schließt sich “Bey- nahme’ unmittelbar an als lyrische Auflösung des rätselhaft andeuten- den 'Fetwa’. Und es ist nicht unmöglich, daß dieses “Fetwa’ von Goethe bereits gedichtet wurde, um als Präludium des "Zwiegesprächs zu dienen. Jedenfalls durchbricht die älteste Sammlung des Divan von 1814 gleich hier, am Anfang, das Prinzip rein chronologischer Anordnung zu Gunsten des Oyklus. Nun haben wir allerdings noch ein ausdrücklich als Bestätigung des Fetwa sich gebendes lyrisches Supplement auf demselben Blatte der Reinschrift, darunter stehend, ohne Überschrift (später im Buch Hafis "Der Deutsche dankt’, W.S.37): “Heiliger Ebusuud, hasts ge- troffen’ Auf dieses weist das zweite Datum am Fuß des Blattes: “Jena December 1814° und es wird dies noch näher bestimmt als der 18. Dezember durch die Tagebuchnotiz zu diesem Tage: “Fetwa und Burpvach: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 75 3 Antwort. haben. Das uns erhaltene Blatt der Reinschrift zeigt freilich nur An dem 'Fetwa’ selbst kann Goethe damals nur redigiert eine Korrektur: V. 2 wunauslöschlich aus “unumstoßlich” (Hammers Wortlaut). Aber möglicherweise ist es bereits eine Umschrift des ersten Berkaer Originals aus dem Juli, die erst damals auch alle übrigen Abweichungen von Hammers Fassung eingeführt und dann natürlich gleich von vornherein in den Text gesetzt haben könnte. Ob nun das Antwortgedicht erst am 18. Dezember oder schon früher, etwa gar gleichzeitig mit “Fetwa’ geschaffen wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Notwendig war es zur lyrischen Ergänzung jedenfalls solange nicht, als der Dialog “Beynahme’ unmittelbar dem 'Fetwa folgte und eine solche Ergänzung herstellte. Gewiß ist nur eins, was, wie sich später zeigen wird, aller- höchste Bedeutung besitzt: die letzten vier Verse des Bestätigungs- gedichtes Heiliger Ebusuud, hasts getroffen mit dem äußerlich von Hafis zur eigenen Person überleitenden ‘Und so kann der alte Dichter’, die den Charakter des Angeflickten deutlich zur Schau tragen, müssen am 18. Dezember hinzugefügt worden sein wegen der Einführung des Paradieses und der ‘Houris’ (s. unten). Allerdings darf dabei nicht verschwiegen werden, um auch den peinlichen Erdenrest des Zweifels pflichtgemäß zu tragen: dieses lässig anfügende “Und so’ führt ja auch die acht Schlußverse im Gedicht "Beynahme’ ein (s. oben). Wer diese aber für eine spätere Zudichtung erklären wollte, schnitte da- mit dem Gedicht das Herz aus und erregte den ernstlichsten Zweifel, ob das Gedicht als ein solcher blutloser Schemen jemals bestanden haben kann. Einen Schein von Berechtigung erhält die Auffassung, die in den letzten acht Versen eine Zudichtung etwa aus dem No- vember oder Dezember 1814 erblickt, durch die Anspielung auf das Tuch der Veronika: Meister Wilhelms Bild hat Goethe wahrscheinlich im September-Oktober zu Heidelberg in der Gemäldesammlung der Brüder Boisseree gesehen. Aber er konnte doch darüber schon früher von Sulpiz bei dessen Weimarischem Besuch gesprächsweise, auch durch Nachzeichnungen Kenntnis haben und er kann schließlich auch ohne solehe künstlerische Anregung des äußeren Auges auf das schöne Gleichnis verfallen sein. So möchte ich denn zwar in ‘Beynahme” das Und so als ursprünglich schützen, immerhin aber diese äußerliche Nachtragsformel, wo andere Indizien bestätigend dazutreten, als ein Kriterium der späteren Zudichtung verwenden. ‘Nr. 7. Buchstabe Sin. Gasele XIII’! (später “Elemente’ im Buch des Sängers, W. S. 14). Die Überschrift ist fehlerhaft, statt ‘Sin’ soll 2 VeL-W- zu 15,23 'S..366f., Jub. zu S;09. 876 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. es 'Schin heißen. Sie bezeichnet das zugrunde liegende Ghasel, zu dem Goethe ein Gegenstück dichtet. Datum: "Weimar den 22. Juli 1814. Aus wie vielen Elementen Soll ein ächtes Lied sich nähren ? Ganz allgemein gehaltnes Programm für die Gegenstände eines singbaren Liedes: Liebe, Wein, Lob der männlichen Tapferkeit, Schelte des Unleidlichen und Häßlichen. Also Anakreontik, Vater- ländisch-Heroisches, Satire. Die Keime des Buchs der Liebe und Suleika, des Schenkenbuchs, des Buchs des Paradieses, des Buchs des Unmuts. Weiß der Sänger dieser Viere Urgewalt’gen Stoff zu mischen, Wird er wie Hafıs die Völcker Ewig freuen und erfrischen. Die Beziehung auf Hafıs ganz äußerlich an das fertige "gesellige Lied’ angeknüpft. Derselbe Gedanke des Wetteifers wie in “Beynahme!'. Das Gedicht erschien 1818 in Zelters Liedertafell. In dem diesem übersandten Blatt der Reinschrift ist in V.23 die alte Betonung noch nicht verbessert, es muß ihm also vor dem 2.—5. November 1814 zugegangen sein. Nun folgt ein poetisches Reisetagebuch, Früchte dreier lieder- reicher Tage, des 25., 26., 27. Juli, auf der Fahrt von Weimar bis Hanau. Die chronologische Anordnung ist hier nicht streng bewahrt, sie ist etwas verschoben zu Gunsten einer sachlichen Gruppierung. Man sieht: der erste Schritt vom poetischen Tagebuch, dem reinen lyrischen Wirklichkeitsbekenntnis zu einem künstlerischen Cyklus ideellen Inhalts wird getan. Vom 25. Juli 1314, dem ersten Reisetage, der ihn von Weimar bis Eisenach brachte, datiert ist “ı 1. Seltnes Meteor’ (später "Phänomen’ W.S.17 im ‘Buch des Sängers’): der Nebelregenbogen als verheißungs- volles Vorzeichen für eine glückliche Reise des Gealterten, dem der Regenbogen nicht mehr in Farben leuchtet. Sind gleich die Haare weiß, Doch wirst du lieben. Kein Wort von Hafıs. Vom gleichen Tage ist ‘Nr. ı2. Bunte Felder’ (später "Liebliches’ im “Buch des Sängers’, W.S. 18): aus dem Morgennebel tauchen nun doch undeutlich bunte Farben hervor: Ja es sind die bunten Mohne, Die um Erfurt sich erstrecken. ich ze Burvaca: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 877 Beziehung auf Hafis stellen zwei ersichtlich nach der ersten Konzep- tion, aber noch vor der “trochäischen Betonung’ von Hafıs (d. h. vor Anfang November) eingeschaltete Strophen her: Sind es Zelte des Vesires? usw. Sind es Teppiche des Festes? usw. ... Doch wie kommt, Hafıs, Dein Schiras Auf des Nordens trübe Gauen? Wenige Stunden danach entstand “Nr. 13. Sollt einmal durch Er- furt fahren’ (im Divan erst nach Goethes Tod, W. ‘Aus dem Nachlaß’ S. 278): das flüchtige Wiedersehen der vertrauten Stadt weckt Jugend- bilder, Erinnerungen an frühe Liebeständeleien auf. Die Einkleidung des lyrischen Kerns ist episch, im flotten Erzählton, die Wendung zu Hafis wieder sehr äußerlich angeflickt in der. Schlußstrophe: Und so wollen wir beständig Wettzueifern mit Hafisen, Uns der Gegenwart erfreuen, Das Vergangne mitgenießen. Schwerlich völlig gleichzeitig mit den ersten drei Strophen, die höchst handfeste Gegenwart auf eine shakespearische Metapher, Ophelias Wort von der Bäckerstochter Eule, anspielend, humoristisch gestalten. Die Schlußstrophe enthält aber den Keim zu dem am nächsten Morgen in Eisenach gewachsenen Gedicht "Im Gegenwärtigen Vergangnes’ (W.S. 20), das, wenn uns auch die Reinschrift und somit der urkund- liche Beweis für die Zugehörigkeit zum ältesten, schwarz numerierten Divan fehlt, doch ohne allen Zweifel schon darin gestanden haben muß. Man beachte hier: sei nun die Schlußstrophe dem Erfurter Gedicht erst nach dem Eisenacher Morgengedicht angehängt worden oder schon vorher, also noch am Tage der Konzeption, jedenfalls leitet von einem zum andern Gedicht ein eyklischer Faden, sie sind mit einander vom Dichter ganz kurze Zeit nach ihrer Entstehung in eine geistige, künstlerische Verbindung gebracht worden. Vor diese drei Gedichte (Nr. ıı. 12. 13) nun hat Goethe gegen die Chronologie bereits Ende des Jahres 1814, als er seine Sammlung numerierte, zwei Lieder vom folgenden Tage gestellt. Sie finden sich in der Reinschrift auf der Vorder- und Rückseite eines Blattes. Das eine: “Nr. 9. Vision’, das später noch vor dem Druck aus der Sammlung ausgeschieden und im 3. Bande der Gedichte (Abteilung "Lyrisches’) mit dem Titel Der neue Copernicus’ veröffentlicht wurde (W. 3, 55), beginnt: Art’ges Häuschen hab’ ich klein, Und darin verstecket Bin ich vor der Sonne Schein Gar bequem bedecket. 878 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. Es ist der große Reisewagen, dessen hausartige Behaglichkeit Goethe auch in seinen Briefen öfter rühmt.' Der darin Sitzende glaubt zu träumen: ihm ist, als tanzten an ihm Wälder und Felder und Berge vorbei, und er erwartet das Geschrei herbeieilender Zwerge. Doch Wenn ich’s recht betrachten will Und es ernst gewahre, Steht vielleicht das alles still, Und ich selber fahre. Kein Zweifel kann bestehen, warum dieses Lied den drei anderen von Goethe vorangesetzt wurde: es liefert einen kommentierenden Pro- log zu den folgenden poetisch gefaßten Reiseerlebnissen; es erzählt uns, daß der Dichter im Wagen gemächlich dahinfährt, einer schönen frohen Zeit entgegen, mit geschwellten Erwartungen. Es erzählt uns. Es ist ein Stück epischer Einrahmung, die der Dichter selbst um seine rein Iyrischen Konfessionen gelegt hat. Die alte Weltform für die Fixierung lyrischer Gedichte, ‘der Kentaur’, ersteht wieder. Und wenn hier die epische Umkleidung nicht als Prosa, sondern selbst Iyrisch erscheint, in strophischer Form, so erinnert uns das daran, daß auch die ‘gemischte Form’ die Neigung hat, die Strophe oder die Versform auch auf den epischen Prosarahmen auszudehnen und daß die Epik in fortlaufenden gleichen Versen wahrscheinlich aus dieser Über- tragung hervorgegangen ist. Und es lehrt uns diese Beobachtung noch etwas weit Wichtigeres: Lyrik und Epik sind relative Begriffe. Ein Gedicht in epischer Form kann seinem künstlerischen Sinn nach reine Lyrik, reines persönliches Bekenntnis des Augenblicks sein. Ein Beispiel das Kürenberglied: “Ich zöch mir einen valken'. Umgekehrt kann ein Gedicht von Iyrischer Form im Zusammenhang mit andern eine epische Rolle übernehmen, sich künstlerisch in Tatsachenbericht, in einen scenarischen Wink umsetzen oder einen solchen vertreten. Das andere, gegen die Chronologie vorangestellte Gedicht vom 26. Juli 1814: ‘Nr. ı0. Liebe und Krieg’ (später "Zwiespalt” im Buch des Sängers, W. S. 19) hat gleichfalls einführenden Charakter. Es malt das Entsetzen über den gleichzeitigen Klang der Flöte Cupidos und der Trommel des Mavors und ist durchaus eine Allegorie. Die Zeit, in der wir leben — das will es sagen — zerreißt mich durch ihr ewiges Kriegsgetöse. Wie soll man den Musen leben, wo die Durehzüge von Truppen, die blutigen Schlachten, Siege und Nieder- lagen nie aufhören? Das soll die folgenden Gedichte in ihrer geteilten, ı 2. B. an Christiane gleichzeitig, Reisebericht vom 28. Juli 1814, Weimar. Aus- gabe Briefe 25, S.ı: "Zuförderst also muß ich die charmante Person Loben, welche mich das Fahrhäuschen zu betreten bewogen, bey der großen Hitze, dem Staub und dergleichen wäre ich sonst vergangen.’ Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 879 wechselnden Stimmung begreiflich machen: auch sie sind zerrissen, voller Unruhe und Unzufriedenheit. Hafis’ Name wird nicht genannt. Aber das zu ‘Elemente’ angeführte ı3. Ghasel des Buches Schin hat Goethe durch das Zeitgemäße und Analogische eines Gedankens die Anregung gegeben: ... Wer könnte sicher Bleiben vor des Himmels Raubsucht, Wenn dort Sohre [Venus] Laute schlaget Und Merih [Mars] die Waffen traget. Hammer paraphrasiert in der Anmerkung: "Wie ists möglich, hienieden ruhig zu seyn, wenn Venus beständig mit ihrer Laute lärmet und Mars mit seinen Waffen klirret, Liebe und Krieg das Leben der Sterb- lichen unter sich theilen.” Möglich, aber keineswegs notwendig, daß ein bestimmter einzelner Reiseeindruck noch dabei im Spiel war. ‘Nr. 18. Locken und Zöpfe’ (später im Buch der Liebe "Gewarnt‘, W.S. 53), ohne Datum: Vergleich mit Hafıs in Liebesdingen, beiden sind die braunen Locken gefährlich; Schelte über die kettenartigen schweren neumodischen hoch aufgesteckten geflochtenen Zöpfe, die den Liebenden abschrecken. Schwere Ketten fürchtet. Rennt in leichte Schlingen. Es folgen ‘Nr. ı9. Rath’ (‘Höre den Rath, den die Leier tönt‘, später ohne Titel im Buch der Betrachtungen, W. S.67) ‘Nr. 20. Weltlauf” (dann umgestellt und als 22 beziffert, später Buch des Un- muts ohne Titel, W. S. 100), ‘Nr. 23. Geschärftes Urteil’ (‘So lang man nüchtern ist‘, später ohne Titel im Schenkenbuch, W. S. 205), ‘Nr. 24. Dichten’ (später ’Derb und Tüchtig’ im Buch des Sängers, W.S. 24): sie sind alle am selben Tage (26. Juli 1814) entstanden und tragen des- halb deutlich die Einheit der Stimmung zur Schau. Der Dichter denkt heiter und duldsam über den Weltlauf: man soll einander in seiner Eigenart leben lassen. Die Rigoristen und Sittlichkeitspfaffen werden abgewiesen. Im Hintergrund steht Hafıs als Gesinnungsgenosse, als ana- kreontischer Freund des Weins, des heitern und weisen Lebensgenusses. Und der Wein, der treue Mann, Der entzweit am Ende. Hat doch über solches Zeug Hafis auch gesprochen ... ... Wie man getrunken hat Weiß man das Rechte .. Wenn man nicht trinken kann Soll man nicht lieben ... Wenn man nicht lieben kann Soll man nicht trinken. 850 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Dichten ist ein Übermuth Niemand schelte mich. .. Mönchlein ohne Kapp’ und Kutt’ Schwatz’ nicht auf mich ein! .. Wenn des Dichters Mühle geht, Halte sie nicht ein! Deun wer einmal uns versteht, Wird uns auch verzeihn. Aber noch am selben Tage wird die übermütige Stimmung un freundlicher. ‘Nr. 26. Selbstgefühl’ (später im Buch des Unmuts ohne Titel. W. S. 97) zürnt über Selbstsucht und UÜberhebung der Gleich- stehenden, der verschiedenen Generationen, der Völker gegeneinander. Der Anfang klingt sehr harmlos: Keinen Reimer wird man finden, Der sich nicht den besten hielte. Aber bald greift die Betrachtung in Tiefstes: Und wo sich die Völker trennen Gegenseitig im Verachten, Keins von beiden wird bekennen. Daß sie nach demselben trachten. Eine politische Grundüberzeugung Goethes, die ihn fernhielt von allem Teutonismus der Zeitgenossen. Am nächsten Tag (27. Juli) Aufbruch in der Frühe von Fulda. Das Tagebuch meldet hinter Schlüchtern: ‘Des alten Phasanentraums gedacht’. Aber das Freudige dieser Erinnrung an die italienische Reise hielt für den Tag nicht vor oder sie war vielleicht keine un- getrübt freudige, sie verband sich mit dem vordrängenden Bewußt- sein der vielfachen Behindrung und Lähmung durch übelwollende oder kurzsichtige Kritik. Jedenfalls, ein schlimmer Ausbruch erfolgt: “Nr. 27. Landsleute (später im Buch des Unmuts ohne Titel "Als wenn das auf Namen ruhte, W.S. 102). ... soll ich hassen, Auch dazu bin ich erbötig, Hasse gleich in ganzen Massen. Man erinnre sich des Programms in Nr.7 (Elemente‘): Dann zuletzt ist unerläßlich Daß der Dichter manches hasse. Die Philisterkritik, die Phrasenhaftigkeit und oberflächliche Hast der Tagespresse bringt ihn in Harnisch. Und das Morgenblatt es kann sich Mit Freymüthigem vereinen, Und die Elegante dann sich Allenfalls die beste scheinen. Und den Schluß macht ein resigniertes “Also war es und wird bleiben. Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. tofoy Die nächsten Tage leiten den Dichter auf den alten geliebten Boden der Heimat. Er gelangt nach Hanau und von da Abends nach Frankfurt. Das Tagebuch berichtet: “Herrliche Abendbeleuchtung der Dörfer und Villen des linken Ufers’ [des Mains]. Die lang entbehrte rheinische Sommerglut umfängt ihn. Das Tagebuch erzählt: “Ein Ge- witter thürmt sich auf. Um sechse [nachmittags] von Frankfurt, wenig Regen. Um eilf in Wiesbaden. An diesem ‘29. Juli 1814 unterwegs in der Nacht’ dichtete er ‘Nr. 28. Staub (später “Allleben’ im "Buch des Sängers’, W.S. 26). Eine wunderbare symbolische, naturphilo- sophische Improvisation über den vom Gewitter gelöschten Staub. Lehrreich für das Zusammenwachsen momentaner, rein zufälliger Sinnes- eindrücke mit dem poetischen Bilde des literarischen Musters. Das Gedicht gibt die zufälligen Assoziationen der durcheinander spielenden Gedanken des nächtlich Reisenden getreulich wieder. Es ist heiß und staubig und der als Vorbote des kommenden Gewitters sich erhebende Wind macht das sehr bemerklich. Dies der erste, höchst triviale Anstoß. Da schießt dem von Staubwolken Umhüllten wie ein scherz- hafter Trost durch den Kopf: ‘welche wichtige Rolle spielt doch der Staub in des Hafis Liebespoesie! Da ist er ja ein unentbehrliches Requisit des erotischen Panegyrikus: der Staub auf ihrer Schwelle ist dem Teppich vorzuziehen des Sultans, Staubwolken von der Lieb- sten Pforte vorübergeweht sind Hafis lieber als Moschus und Rosenöl'. Dieser literarischen Vorstellungsassoziation gesellt sich eine andere, wieder persönliche: eine Erinnrung an ähnliche oder noch stärkere früher erlebte Staubwolken, an Italien, das Land des fußhohen Staubes. Und die Pforte der Liebsten des Hafis, von deren Schwelle die Staub- wolken vorüberwehen, ruft ein zweites Bild wehmütiger persönlicher Erinnerung hervor: Doch schon längst, daß liebe Pforten Mir auf ihren Angeln schwiegen. Aber dann setzt mächtig die Wirkung des Augenblicks wieder ein, alle Erinnerungen und literarischen Vergleiche mit dem Donner des Gewitters zertrümmernd, allen Staub drückender Vergangenheit ab- spülend. Und das Gedicht atmet tief auf, gekühlt und erquickt, und wird ein mystischer Hymnus, ein sehnsuchtsvolles Gleichnis der zeu- genden Naturkraft, die in Staub und Feuchtung, also in der Ver- einigung polarer Elemente, in der auf die Diastole folgenden Systole grünendes Leben hervorbringt. Ein poetisches Fragment aus Goethes naturphilosophischer Meteorologie. Diese natursymbolische Mystik hält Goethe fest. ! Vgl. meine Anmerkung zu diesem Gedicht in Jub. Sitzungsberichte 1904. 72 8832 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Wenige Tage danach, am 31. Juli 1814, entsteht in Wiesbaden “Nr. 29. Selbstopfer” (später 'Selige Sehnsucht‘, Buch des Sängers W. S. 28). Schon die Nebenschrift "Buch Sad Gasele ı° weist auf Hafis als Vorbild (Hammer 2, 90f.). Vgl. W. S. 372. Jub. zu S. 16. Es ist ein Gleichnis herakliteisch-platonisch -sufischen Ursprungs in Goethes naturphilosophischem Sinn: alles echte, gesunde Leben ein ewiges ‘Stirb und Werde‘, eine fortgesetzte Metamorphose. Etwa einen Monat später fällt das erste Wort über einen Cyklus. Am 29. August an Riemer: »Die Gedichte an Hafis sind auf 30 angewachsen und machen ein kleines Ganze, das sich wohl aus- dehnen kann, wenn der Humor wieder rege wird.« Also: "Gedichte an Hafis’ heißt der Cyklus und er ist nicht fertig, sondern im Kristalli- sationsprozeß begriffen, der von der guten Stimmung abhängt. Der feste Mittelpunkt, an den aller Zuwachs anschießen kann, ist die Beziehung auf Hafıs. Die Ausdehnung des "kleinen Ganzen’ geht zunächst vom Orphi- schen ablenkend wieder in der Bahn des geselligen Liedes weiter. Man glaubt die Nähe Zelters zu spüren, mit dem Goethe in Wies- baden zusammen lebte. “Nr. 31. Unverwehrtes’ (später "Unvermeidlich’ Buch der Liebe, W. S. 61) und ‘Nr. 32 Liebehen’ (später "Geheimes’ Buch der Liebe, W. S. 62), beide aus Wiesbaden vom gleichen Tage (31. August 1814) datiert. Die ersten erotischen Klänge des Divans. Wer kann gebieten den Vögeln, Still zu sein auf der Flur? Wer will mir wehren zu singen Nach Lust zum Himmel hinan, Den Wolken zu vertrauen, Wie lieb sie mirs angethan? Die beiden Anfangszeilen, wörtlich aus Hafıs, geben das Motiv des Ganzen. Das andere Gedicht spinnt aus zwei Versen des Hafıs (“Über meines Liebehens Aeugeln Staunen alle Unerfahrne‘) ein zierlich inniges Liebesliedehen heraus, dem Schuberts schöne Komposition allgemeine Verbreitung gegeben hat. “Nr. 34. Herrenrecht und Dienstpilicht (später ohne Titel im Buch der Betrachtungen, W.S. 86), ohne Datum. Beziehung auf Hafıs fehlt. Es ist ein ganz persönliches Gelegenheitsgedicht. Thut und leidet wie sichs findet, Bleibt nur immer guter Dinge. Das wird den Dienern hoher Herren und den Hohen Gott gegenüber eingeschärft: es ist echter Islam, d.h. Gottergebenheit. Die einfache Form, vier vierfüßige Trochäen überschlagend gereimt, erstrebt in- sofern bereits orientalischen Reimgleichklang, als die zweite und dritte Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 883 Strophe denselben Reimausgang “Geringe: guter Dinge an korrespon- dierender Stelle wiederholen. Dies der erste bescheidene Ansatz zur Nachahmung orientalischer Verstechnik. Aber Anlaß und Bedeutung des Gediehts haben mit Hafis und dem Orient nicht das mindeste zu tun. Zum 23. August hatte der zurückkehrende Herzog Karl August Goethe nach Mainz kommen lassen und beide waren dann während der nächsten Tage in Wiesbaden zusammen gewesen, bis der Herzog am 26. August endlich nach Hause reiste. Es war das erste Wieder- sehen nach dem glorreichen Krieg. Karl August kam von den Sieges- festen in England und er kam erfüllt von der wie eine Offenbarung wirkenden Sehönheit der Londoner Elgin Marbles, als ein Bote des neuerhöhten Rulıms antiker Kunstherrlichkeit. Wie viel hatten die beiden sich damals zu sagen. Die Gefahr für das Herzogtum war beseitigt, der Wiener Kongreß stand bevor, eine Erhebung des Her- zogs zum Lohn für seine Mitwirkung im Kriege der Befreiung in Aus- sicht. Das Wiedersehen an einem solchen Wendepunkt mußte Goethe zu einer poetischen Rückschau auf sein einzigartiges Verhältnis drängen. So entstand als sein Begrüßungs- und Festgedicht diese Huldigung, die aus dem persönlichen Erleben langer Jahre ein Bild allgemeiner Pilicht mit bewegter und bewegender Symbolik gestaltet. Ich ver- mute, schon am 26. August, gleich nach der Abreise, wurde das Ge- dicht einem im Tagebuch notierten Schreiben an Serenissimus beigelegt. Als Nr. 35. 36. 37. 38 präsentieren sich vier Schenkengedichte. Alle datiert "October 1814: Erträgnisse des Heidelberger Aufent- halts (24. September bis 9. Oktober 1814). Die Gestalt des jungen Schenken stammt aus Hafıs, der in seinem Divan ein eigenes Schenken- buch hat (Sakiname). Das erste zeigt den Schenken eifersüchtig auf die braunlockige Geliebte des Herrn (Du mit deinen braunen Locken , W.S. 209); das zweite, ein Dialog, den Schenken besorgt um des Dichters Katzenjammer (“Welch ein Zustand! Herr so späte‘, W.S.213), das dritte nach einem Kuß des Herrn begierig (‘Nennen dich den großen Dichter‘, W.S. 216); das vierte den Schenken von der Mahıl- zeit ein Schwänchen (Geschenk von Näschereien) für den Schwan auf- hebend (Heute hast du gut gegessen, W.S. 215). Durch Boisserce (1, 264) wissen wir, daß hier der kleine Sohn des Heidelberger Pro- fessors Paulus mit seinem Schwänchen von Pfirsichen, Kirschwasser und Mandeln Modell gestanden hat. An diesen schreibt Goethe im nächsten Jahr (17. März) einen anmutig belehrenden Brief, der sein Verhältnis zu dem Knaben gut beleuchtet, Ich habe dir, mein lieber kleiner Freund, vor einiger Zeit bemahlte und bereimte Blätter! geschickt, ! Das waren doch wohl einige dieser Schenkenlieder mit goldener und farbiger Ornamentik. eingerahmt nach persischer Art, wie Goethe das damals übte. 725 384 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. um dir dadurch vorläufig anzudeuten, daß ich oft und gern deiner gedenke. Mit dem Gegenwärtigen aber erhältst du eine Sendung [eine Sammlung von Mineralien], welche dir angenehmer und nützlicher seyn sol’ Also auch hier wieder ein Schwänchen. Die nächsten erhaltenen Nummern bringen einen Umschwung. Nr. 41 (Wer wird von der Welt verlangen’, später im Buch des Un- muts, W.S.107) und "42. Wandrers Gemüthsruhe’ (später im Buch des Unmuts, W.S.106): das erste ohne Datum, das zweite datiert: “Wei- mar, den 19. November 1814. Wir sehen den Dichter wieder zu Hause und wieder verbittert. Es ist Fauststimmung. Wer wird von der Welt verlangen, Was sie selbst vermißt und träumet? ... Und was du vor Jahren brauchtest, Möchte sie dir heute geben. Übers Niederträchtige Niemand sich beklage; Denn es ist das Mächtige, Was man dir auch sage. Die letzte Strophe des zweiten Gedichts weicht in der Reimart ab. In den ersten beiden Strophen V.ı.3 “Niederträchtige’: "Mächtige’, “waltet es’: "schaltet es’. Hier dagegen: ‘solche Noth’: “troeknen Koth'. Da nun diese dritte Strophe aus der Übersetzung des “Buch des Kabus’ von Diez und einer dagegen gerichteten Kritik Hammers stammt, wor- auf Goethe nach dem Zeugnis seines Tagebuchs erst am ı1. Januar aufmerksam wurde', so kann diese dritte Strophe nicht vor dieser Zeit entstanden sein, also noch nicht dem ältesten Divan angehört haben. Sie wurde hinzugedichtet, um den eyklischen Faden straffer zu knüpfen. Die Selbstanrede "Wandrer’ wirkt wieder gleichsam als epische Direk- tive, indem sie die poetische Einkleidung in die Reise betont. Da- mals wird wohl auch erst die Überschrift hinzugefügt sein. Nach längerer Pause setzt die Produktion erst wieder ein während eines Aufenthalts in Jena. Es ist als ob die Entfernung von Hause dieser Lyrik des Reisenden neue Schwingen gäbe. “Nr.43. Mystische Zunge’ (später "Offenbar Geheimniß’ im Buch Hafis, W.S.4ı), datiert: Jena den 10. December 1814, will Hafis nicht als “mystische Zunge’ gelten lassen und grollt gegen die Obskuranten, die ihm diesen Namen aufgehängt hätten, die “Wortgelehrten’, die “ihren unlautern Wein’ in seinem Namen verschenken wollen. Du aber bist mystisch rein, Weil sie dich nicht verstehn, Der du, ohne fromm zu sein, selig bist! Das wollen sie dir nicht zugestehn. ' Siehe meine Anmerkung zu diesem Gedicht in der Jubiläums - Ausgabe. | Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. Ss5 Olıne fromm zu sein, selig! Das wollte auch Goethe sein. Und für sein Dichten plädiert er hier gegen zelotische Kritiker. Als folgende Nummer schließt sich unmittelbar an: "44. Wider- ruf” (später “Wink” im Buch Hafis, W. S.42). Der Dichter straft sein letztes Gedicht selbst Lügen: Daß ein Wort nicht einfach gelte, Das müßte sich wohl von selbst verstelhn. Das Wort ist ein Fächer. Hinter diesem Fächer blitze wie ein schönes Augenpaar der zweite, der symbolische Sinn hervor. Eine auffallende Meinungsänderung! Wann fand sie statt? Die nächste Nummer (45) ist vom folgenden Tage (Jena d.ı1.December 1814) datiert. Also, wie es scheint, sofort? Die Sache liegt doch anders. Das sich anschließende Gedicht ‘Der Winter und Timur' (später im Buch des Timur, W. S. 137) ist ein aus der arabischen Chronik des Ibn Arabschah nach der lateinischen Version von Jones übersetztes Fragment. Die grausige Drohrede des winterlichen Dämons, (ie dem Welteroberer den Untergang auf seinem Zug gegen China ankündigt. Jener “Widerruf , der rückwärts auf die Frage nach der symbolischen Auslegung der Gedichte des Hafis deutet und die im vorhergehenden Gedicht gegebene Antwort berichtigt, deutet also zugleich auf das folgende. Das Gedicht ‘Der Winter und Timur’ tritt unverkennbar als Beleg auf für die neugewonnene Ansicht, daß zwischen den Fächer-Stäben des Wortsinns eines Gedichts ein zweiter tieferer Sinn hindurchbliekt: in diesem Fall natürlich der russische Winterfeldzug Napoleons und seine verhängnisvolle Wirkung. Es hat neuerdings ein scharfsinniger schweizerischer Schriftsteller in einer von der Tagespresse wie üblich weit über Gebühr belobten Schrift das Problem "Goethe und Napoleon’ behandelt, unter allerlei versteckten hämischen Peitschenhieben gegen Goethes politischen Charakter und darin die wunderliche Behauptung aufgestellt, Goethe habe seine Nach- diehtung jener arabischen Chronikstelle gar nicht gegen Napoleon ge- richtet. Für jeden Kenner bedarf das keiner Widerlegung: Goethes Aussagen im Gespräch mit Boisseree, die Worte der Ankündigung im Morgenblatt 1816', die Anfangsstrophe des Gedichts ‘Hegire’ sprechen deutlich genug. Immerhin ist's sehr willkommen, daß nun auch die nachträgliche Einschaltung des undatierten “Widerrufs’ die symbolische Absicht, die von Goethe gewollte Beziehung auf Napoleon bestätigt. Nachträgliche Einschaltung: denn unmöglich kann dies Zufall sein, daß Goethe am 10. Dezember mit Leidenschaft die mystische Inter- ' “Timurname, Buch des Timur fasst ungeheure Weltbegebenheiten wie in einem Spiegel auf, worin wir, zu Trost und Untrost, den Wiederschein eigener Schicksale erblicken.' 856 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. pretation des Hafis bekämpft, dann noch am selben oder nächsten Tage widerruft und nun gerade auch auf der Stelle ein so schlagendes Beispiel findet für seine neue gegenteilige Ansicht vom Doppelsinn des Worts. Vielmehr hat ihn der zufällige Fund jener prachtvollen Apo- strophe des Winters in dem Buch von Jones gepackt durch den er- staunlichen Parallelismus mit der Napoleonischen Katastrophe in Ruß- land und ihn zur dichterischen Nachbildung angeregt. Dann erst sah er sich gleichsam selbst durch die vollzogene Tatsache eines Besseren belehrt über die Frage nach dem symbolischen Sinn der Dichtung und verfaßte nun — ob gleich nachher oder erst bei Numerierung des ältesten Divan (Ende 1314) bleibt dahin gestellt und ist auch ohne Belang — jene Palinodie. Sie ist also nicht durch eine selbständige innere Regung, auch nicht durch fremdes literarisches Vorbild her- vorgerufen worden, sondern sie entsprang dem Zusammenstoßen der beiden mit einander unvereinbaren Gedichte vom Io. und 11. Dezember im Cyklus. Zwischen ihnen mußte eine Brücke geschaffen werden. Wiederum also haben wir hier ein Stück einrahmender, wenn man will kommentierender oder epischer Lyrik, die dem Leser hinweghilft über einen Gegensatz und ihm berichtet, wie in den Gedanken des Dichters dieser Gegensatz sich ausgleicht. Das Gedicht "Winter und Timur’ bedeutet für die Geschichte des Divans einen bedeutungsvollen Schritt vorwärts. Neben Hafıs tritt hier zum erstenmal ein ganz anders geartetes Stück orientalischer Dichtung: volkstümlich realistische historische Epik. Und Goethes glänzende Nachdichtung führt ihn auf den Weg zum neuen Iyrischen Stil seines Divans. Es ist, als ob die Kraft der Jugendpoesie in ihm aufs neue hervorbricht. Der Geniestil lebt wieder auf, gemeistert aber durch einen gereiften universal geschulten Kunstverstand. Wegge- blasen die flüssige Anakreontik des Hafisierenden geselligen Liedes aus den ersten Anfängen des Divans mit ihren lässigen Reimen, ihrer glatten Singbarkeit. Der Stil des Morlakischen Volksliedes "von der edlen Frauen des Asan Aga’ scheint sich zu erneuen. Und doch ist es ein anderer Stil. Wuchtiger, gedrängter, wortsparender, schärfer in der Versinnlichung. Auf dem Asyndeton und steigernder Wieder- holung baut er sich auf. Es ist eine treue, wörtliche Übersetzung der lateinischen Prosaversion in viersilbigen reimlosen (spanischen) Trochäen, dem romantischen, dem Vers der Cidromanzen, und doch ist durch die geringfügigen Veränderungen und Verschiebungen der sprachlichen Ausdrucksmittel stilistisch ein völlig Neues geworden: der neue episierte Iyrische Stil des Divans, der Stil, in dem symbo- lische drastische Epik den lyrischen Kern einkapselt, der Stil der Verjüngung, verjüngter Reife. Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 887 Das Gedicht ist aber ferner eine ungeheure Erweiterung des in- haltlichen Gesichtsfeldes. Es ist ein Seitenstück zum Epimenides: politische, nationale Dichtung großen Stils, die Einlösung der Forde- rungen der Kaiserin Maria Ludovika von Österreich und des anonymen Rezensenten der neuen Ausgabe von Hermann und Dorothea." Und es wird sich zeigen: diese politischen Gedanken arbeiteten in Goethe weiter, nach künstlerischer Gestaltung drängend. Der Divan sollte auch ein “Weltenspiegel' werden. Goethe suchte und fand den dafür gemäßen Stil: den Stil geschichtlicher volksmäßiger Epik, den er här- tete im Feuer seiner eigenen persönlichen Lyrik. Und er fand auch wenige Tage nachher den Meister, dem er dabei nachstreben, dem er den großen Ton nationaler, kunstmäßig veredelter Epik und einer mächtigen selbstbewußten Individualität ablauschen wollte. Immer noch in Jena wachsen am 15. Dezember zwei neue be- trachtende Gedichte hinzu: “Nr. 47 Fünf Dinge unfruchtbar' (später ‘Fünf Dinge’ im Buch der Betrachtungen, W. S.63), aus dem Pend- nämeh des Ferideddin Attar, und ‘Nr. 48. Gänsespiel’ (später ohne Titel im Buch der Betrachtungen, W. S. 82). Es sind harte und schwere Welterkenntnisse, ohne jede Spur’ des Goethe so gern nach- gesagten Optimismus. Aber schon der Abend dieses Tags und der folgende Tag (16. De- zember 1814) beweisen, daß diesem Kenner der Abgründe des mensch- lichen Lebens zum Trost und zur Rettung niemals lange der Auf- schwung zum Göttlichen versagt blieb: er schuf ein Gegenstück zu den pessimistischen “Fünf Dingen’: ‘Fünf andere’ (Buch der Betrach- tungen W. S. 69), darunter neben den unfruchtbaren "Müßiggang', Harren und Dulden’ die kräftig und mutig positiven "Thätigkeit', ‘Nicht lange besinnen', ‘Sich wehren‘, und er schuf‘ das später ‘Sommernacht' betitelte herrliche Gedicht” (Nr. 49, im Schenkenbuch, W.S. 220). Es ist völlig ‘commandirte Poesie‘. Goethe hat sie nicht ge- staltet in einer rheinischen Juninacht unter blühenden Rosen und Naclhı- tigallensang, wie man zunächst gern annähme.” Tief im Winter viel- mehr, im Thüringerland, aber Sommer und Sonne im Herzen. Durch- aus also Reflexpoesie, aber als solche höchster Bewunderung würdig. Und hier erscheint bereits der neue Divanstil in voller Ausprägung: ! Vgl. meine Anmerkung zu “Der Winter und Timur’ in der Jubiläums - Ausgabe. ® In der Reinschrift datiert “Jena den 16. December 1814', aber nach der Tage- buchnotiz zum 15. Dezember “Sommernacht” schon am Abend vorher konzipiert. ® Höchstens die erste Strophe könnte, da sie auch einzeln in H ro überliefert ist, selbständig schon vor dem 26. Juli 1814 konzipiert sein: s. W. zu 220 S. 435 und S.475 Paralipomena Nr. ı3b, vgl. auch S. 342, die im Einklang mit von Loeper ge- äußerte Vermutung, das ganze Gedicht sei schon Juni 1814 entstanden, muß ich fallen lassen. 888 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Reimstrophen, jedoch ohne Spur mehr des gemächlich fließenden ge- selligen Liedes. Zusammengedrängte Fülle des Gefühls, gepreßte Kraft, kühne starke Worte, nie gehörte zum Teil, fremdartige Reime, Er- habenes, Naives, Süßigkeit und Scherzen durcheinandergemischt. Das prachtvolle Zwiegespräch zwischen Dichter und Schenken zeigt die Pädagogik des Dichters in lebendiger Ausübung, in ihrer Wirkung auf den zutraulichen, liebend lernenden Schüler, den Schenken, in einer dramatischen Scene, die in herrlicher Bewegung Dämmerung, Nacht und Morgenrot der nordischen Sommernacht vorüberführt. Die lustige Hereinziehung geistreicher antiker mythologischer Paralle- len, die Verbindung so heterogener Namen wie Bulbul und Hesperus zeigt, daß der Schauplatz im Norden’ gedacht ist. Der mit dem Orient vertraute nordische Dichter kennt von seinen Reisen das Griechen- volk, kennt natürlich die nördlicheren Länder und ihre kurzen Nächte. Und doch überrascht ihn das Anhalten des abendlichen goldnen Schim- mers im Westen. Der Knabe, als Perser unkundig der langen nor- dischen Dämmerung, harrt vergeblich auf den Einbruch der vollen Nacht, um früherer Unterweisung des geliebten Lehrers eingedenk, ihm das Aufleuchten der Sterne anzukünden, daß er nach seiner Ge- wohnheit das Droben schaue und das Loblied der Lichter des Firma- ments vernehme: Und das hellste will nur sagen: Jetzo glänz’ ich meiner Stelle: Wollte Gott euch mehr betagen, Glänztet ihr wie ich so helle. Denn vor Gott ist alles herrlich, Eben weil er ist der Beste. Wohl haben schon ältere Verse Goethes die stille Sprache der Sternennacht zu singen gewußt, voll vernehmbar allein fühlenden, er- fahrenen Seelen, in denen die Sternenliebe glüht: Mahomets Hymne, das heilende, sühnende Elfenlied im Faust. Das sind Laute, die nie vergehn: ewig und niemals ausgehört, wie die Sphärenmusik des alten Glaubens. Aber die Klänge dieses Divangedichts sind noch farbiger, noch jubilierender, berauschender: Garten-Sommerduft und Nach- tigallensang tönt darin mit.’ Hat nur der wolkenlosere reine Himmel des sonnenreicheren Jena die im gewohnten Geleise des vielgeschäftigen Weimarischen ! Nicht etwa in Griechenland, denn die astronomische Differenz der Sommer- nacht ist zwischen diesem, das sich ungefähr vom 40. bis zum 36. nördlichen Breiten- grad ausdehnt und Persien zwischen dem 25. und 40. Grad eine zu wenig beträchtliche. ®2 Auch das prosaische “Oder etwas auch dergleichen’ hat sein volles Recht im Stil des Gedichts: der Knabe spricht zwar nicht im realistischen Tagesausdruck, aber doch lässig. Burvaca: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. ssU Lebens so rasch wieder verdüsterte Stimmung Goethes aufgeklärt ? Es war noch eine andere Macht dabei im Spiele. Das Tagebuch meldet in seiner lakonischen Kürze zum 15. De- zember ı815: 'Ferdousi Schahname. Abends für mich. "Sommer- nacht.” Bis Verona Reise vorgelesen’ und zum 16. Dezember: "Per- sisches Paradies. Bey Knebel: Persisches vorgezeigt. Ich glaube mich nicht zu täuschen: wir treffen hier auf einen prägnanten Punkt in Goethes Seelenzustand, auf eine folgenreiche Wendung zugleich seiner poetischen Produktion. Es sind die Tage, da in ihm der Plan eines geschlossenen Divancyklus eine reichere Gestalt gewinnt. Am 14. Dezember hatte das Tagebuch berichtet: Deutscher Divan’, war zum erstenmal das entscheidende Wort für die künstlerische Abrundung und Zusammenfassung seiner neuen, durch Hafis angeregten Lyrik gesprochen und der enggefaßte erste Titel “Gedichte an Hafis’° aufgegeben. Nun, am 15. und 16. Dezember wachsen ihm aus zwei starken Eindrücken neue Schwingen für die Fortführung dieser poetischen Arbeit. Er hat das Manuskript seiner italienischen Reise bis Verona abgeschlossen und kann es vorlesen. Indem das Bild seiner damaligen Rettung aus unerträglichen äußeren und inneren Verhältnissen wieder voll und lebendig wie eine außer ihm stehende objektive Wirklichkeit auf ihn eindringt, schöpft er Mut, Vertrauen, Hoffnung, auch den Schrecken der gegenwärtigen Zeit, die alle geistigen und bürgerlichen Güter zu zertrümmern droht, entrinnen zu können. Er hat das Gefühl: es gibt eine mögliche Be- freiung wie damals durch Flucht, durch Flucht in die poetische Welt des Orients, die das Alte, Ursprüngliche, Ewige der Menschheit dar- stellt und bewahrt. Es ist als hörten wir ihn schon in jenen Tagen leise summen ein tröstendes: “Flüchte du in reinen Osten’, als leuchtete in ihm schon damals der verheißungsvolle Titel des künftigen Pro- logs: “Hegire'. Und diesem kräftigenden Eindruck der eigenen litera- rischen Darstellung seiner ersten Flucht gesellt sich ein anderer, der von außen herantritt. Der große nationale Dichter Persiens, der Schöpfer des iranischen Heldenepos, der mitten in der arabischen, islamitischen Kultur die reichen alten Überlieferungen angestammter, das heißt arischer mythischer und geschichtlicher Sage den Persern zusammenfassend er- neuert und sie mit seiner tiefen und gewaltigen Persönlichkeit durch- dringt, er trat damals zuerst wirkend in Goethes Gesichtskreis. Hier war mehr als Hafıs, mehr als heiße Anakreontik und glühende Mystik und berauschende Fülle und Pracht empfindungstrunkener, künstlich verschlungener Worte. Hier traf ihn der Atem uralter Vorzeit, wirk- lich ein Hauch aus den ursprünglichsten einfachsten Zuständen der s90 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. lhieroischen Zeit des Orients. Hier erhob sich vor seinen staunenden Augen die überragende Genialität eines Weltdichters, der in der Ge- walt und Größe seines Schaffens etwas Gigantisches hat. Goetlie war geblendet, hingerissen. Der Eindruck ließ ihn für Monate nicht los. Und nach seiner Art rang er mit der übermächtigen künstle- rischen Erscheinung. Er wetteiferte mit ihr wie mit Hafıs. Hier fand er das Vorbild für jenen Teil seines Programms des begonnenen Divaneyklus, den die Verse des oben besprochenen Gedichts "Elemente’ so ankündigten: Waffenklang wird auch gefodert, Daß auch die Drommete schmettre; Daß, wenn Glück zu Flammen lodert, Sich im Sieg der Held vergöttre. Hier stand ein doppelter Held vor ihm, ein Held als Mensch und als Dichter und ein unvergleichlicher Künder tausendfacher Helden- taten und gab ihm, gab ihm alles was er brauchte. Bei Hafis ergriff ihn die Ähnlichkeit des Zeitalters mit dem seinigen, wo bei Zerstörung aller Sicherheit des bürgerlichen Daseins der Mensch sich auf flüchtigen, gleichsam im Vorübergehen ge- haschten Genuß des Lebens beschränkt‘. Firdusi sollte ihm nun den Stoff und den Stil liefern, diese Zerstörung selbst als geschichtlich- politisches Ereignis im Divan west-östlich abzuspiegeln. Wie bei Hafıs, hat auch bei Firdusi der Sinn des Namens und das Verhältnis der Dichtung zu den Geboten des religiösen Gesetzes, ihre Anfechtung durch strenggläubige kirchliche Zeloten Goethe durch die Kraft der Analogie mit eigenster Lebenserfahrung zunächst am tiefsten erregt und poetisch befruchtet. “Der Gärtnerssohn’ Abul Kasim Mansur ist uns gleich Hafis be- kannt nur unter seinem ehrenden Beinamen: Firdusi, das heißt “der Paradiesische’. Wie man das verstand, erläutert folgende Überlieferung. Als er in seiner Vaterstadt Tus gestorben und man ihn dort in einem Garten begrub, verweigerte ihm der höchste Scheich von Tus aus religiösen Bedenken die üblichen Zeremonien und Gebete, weil er die Anhänger der alten persischen Religion, die Feueranbeter, die Parsen, " Noten und Abhandlungen Abschnitt “Warnung” W.7, S.109, Zeile 20—23. Aus dieser Vorstellung dichtete er auch das erst von mir aus dem Nachlaß (W. 6, S. 275) publizierte, echt west-östliche Gedicht, das vielleicht einmal als Prolog oder Motto gedacht war: So der Westen wie der Osten Geben Reines dir zu kosten. Laß die Grillen, laß die Schale, Setze dich zum großen Mahle: Mögst auch im Vorübergehn Diese Schüssel nicht verschmähn. Bl BirvacH: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. sy] verherrlicht habe. Aber in der nächsten Nacht träumte ihm, er schaue den Verketzerten im Paradiese, umhüllt von einem grünen Gewande, eine Krone von Smaragden auf dem Haupte. Der Paradieseswächter aber gibt als Grund, warum er den als Irrgläubigen erst Zurück- gewiesenen doch eingelassen habe, an: “Zur Belohnung für die Verse, die er zum Lobe Gottes gedichtet: Das Höchste in der Welt sowie das Tiefste bist du: Ich weiß nicht, was du bist, doch was ist, das bist du.'! Erwacht begab sich der Scheich eilends an das Grab des Firdusi und erwies ihm die tags zuvor versagten kirchlichen Ehren. Wie tief Goethe hiervon erschüttert wurde, wie das in ihm lange nachwirkte, tritt uns höchst überraschend, obzwar begreiflich, ent- gegen. Er selbst fühlte sich mit Firdusi in gleicher Lage: gleich ihm dureh Fürstengunst erhoben und gelegentlich auch durch Fürsten- ungunst bedrängt, gleich ihm ein Künder der echten Gottesherrlich- keit, aber verkannt und verketzert von geistlichen und nichtgeist- lichen Pfaffen. Auch er glaubte das Anrecht zu haben auf das Paradies. Und er wollte es in seinem Divan poetisch sich erkämpfen. Ohne Frage dachte Goethe damals daran, dem ersten politisch- geschichtlichen Gedicht über Timur in Zukunft verwandte andere folgen zu lassen. Er studierte Firdusi, in allen ihm erreichbaren damals vorliegenden Übersetzungen (von Jones, Champion, Hagemann, Hammer, Ludolf, Wahl), die freilich fragmentarisch und poesielos, nur einen kongenialen Dichter die geniale Größe des Schahname fühlen ließen; er las Spezialschriften und Rezensionen in gelehrten Zeitschriften (von Wallenbourg und Wahl); er stellte Stücke des Schahname sich aus den Übersetzungen zusammen, stilisierte sie mit feinstem Nachempfinden um” und trug daraus, Erläuterungen hinzu- fügend, bei Hofe der Herzogin vor. Erhalten hat sich davon ein von !‘So bei Hammer, Geschichte der schönen Redekünste Persiens. Wien 1818, S. 53. Schack, Heldensagen des Firdusi, Band ı, Einleitung (Cottas Bibliothek der Weltliteratur S. 44) übersetzt “doch was du bist, das bist du. Goethe schöpfte im Dezember 1814 seine erste tiefergehende Kenntnis des Firdusi aus einer der älteren literarischen Quellen, die Hammer a. a. O. S. 56 Anmerkung verzeichnet. Die sonst für den Beinamen Firdusi überlieferten Herleitungen sind völlig albern und haben auf Goethe, wenn er davon gewußt haben sollte, sicher nicht gewirkt. ?2 Die zuerst von mir mitgeteilte Umarbeitung der Übersetzung Ludolfs (W. S. 463.) ist für die Entwieklung des neuen Iyrischen Stils Goethes von größter Be- deutung. Über die Firdusi-Studien s. ebenda (die Tagebuchnotizen vom ı5. und 20. Dezember 1814, vorher S. 391 f. verzeichnet, sind dort versehentlich ausgelassen). Wie die Erzählung von der Vernichtung Sohaks aus dem Schahname war auch das persische Volkslied über den Untergang der Zend- Dynastie, das Goethe damals (Tagebuch 23. Dezember) nach Waring stilisierte (ebenda S. 468f.), für den politischen Teil des Divan bestimmt. r 892 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. mir zuerst bekannt gemachtes Stück, das bisher die verdiente Be- achtung nicht gefunden hat. Und doch ist's nichts Geringeres als ein Seitenstück zum “Winter und Timur’: der Sturz des Weltbeherrschers und Tyrannen Sohak durch den vereinten Kampf der "Jünglinge und Greise’, der ‘Bürger und Krieger’ unter Führung des neuen nationalen Königs Feridun, der Kampf der Freiheitskriege in persischem Spiegel- bild. Unter den dankbaren Zuhörerinnen war damals Charlotte von Schiller. Das geschah Ende Dezember und im Januar und Februar des nächsten Jahres. Jetzt, am 15. Dezember und während der nächsten Tage, beschäftigt ihn der Paradiesesgedanke. Es bildet sich ein neues poetisches Motiv des Divans, das längere Zeit lebt und fort- wächst, auch auf den Schluß des Faust mit einwirkt, seine Voll- endung aber erst nach Jahren (1520) in den vier herrlichen dialogi- schen Nachschößlingen zum Buch des Paradieses gewinnt. Jeder ge- denkt der unsterblichen Worte im Gedicht “Einlaß” an die Paradieses- wächterin: Nieht so vieles Federlesen ! Laß mich immer nur herein: Denn ich bin ein Mensch gewesen Und das heißt ein Kämpfer sein. Mit diesem Motiv des durch Dichtung verdienten Paradieses verknüpfte sich aber in jenen Dezembertagen auch schon der Vorsatz, das, was ein Eiferer Firdusi mit Recht oder Unrecht vorgeworfen hatte, gleich diesem selbst zu tun: den Glauben der alten Perser, den Lichtdienst zu verherrlichen. Schon am 12. Dezember verzeichnete das Tagebuch Studium des grundlegenden Werks über die persische Religion von Thomas Hyde. Die Ausführung, das prachtvolle “Vermächtniß alt- persischen Glaubens’, gedieh erst im März 1815, fällt also über die Grenzen der Darstellung des ältesten Divans hinaus. Zurückbliekend auf das Gedicht “‘Sommernacht' hören wir nun in den tiefen Worten Denn vor Gott ist alles herrlich, Eben weil er ist der Beste einen geheimen Ton aus Firdusi und der Legende von seiner Bestat- tung leise mitklingen. Das Paradiesmotiv wirkte dann sogleich auf die Divanarbeit der nächsten Wochen höchst fruchtbar ein. Am Vortage des Weihnachtsabends beschwichtigt der Dichter, nach Weimar in gehobener Stimmung zurückgekehrt, seine Furcht vor dem Leben mit tapferen Worten (Nr. 50. Worauf kommt es überall an’, später "Dreistigkeit' Buch des Sängers, W. S. 23): der Schall soll zum Ton sieh runden! Die Bahn von allem Störenden befreit werden. BurvacH: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 893 Eh er singt und eh er aufhört, Muß der Dichter leben. Und so mag des Lebens Erzklang Durch die Seele dröhnen! Fühlt der Dichter sich das Herz bang, Wird sich selbst versöhnen. Das war ein befriedigender Abschluß: ein froher, gefaßter Ausblick in die Zukunft, ein mutiger Entschluß, nach schwerer peinvoller Zeit aufs neue zu leben und im Dichten die Versöhnung zu suchen. Das Jahresende stand vor der Tür. So mochte denn der von der Reise heimgebrachte poetische Schatz mit den in Jena und zu Hause dazu gewachsenen Stücken, nachdem die für den zu Zahlenschematismus Neigenden bedeutungsvolle Zahl 50 erreicht war, bei der ersten ruhi- geren Überschau sich von selbst bereits zu einem künstlerischen ein- heitliehen Bild zusammenziehen. Es hörte bereits auf, eine zeitliche Reihenfolge loser poetischer Urkunden über einzelne persönliche Le- bensmomente zu sein. Die einzelnen Gedichte fangen an, als Indivi- duen abzusterben. Aber in der Phantasie des Dichters taucht aus der versinkenden Vielheit ihres wirklichen Daseins immer bestimmter schon die Totalität einer neuen, höheren Existenz empor: alles drängt hin auf die Abrundung zum künstlerischen Cyklus. Am Weihnachtsabend 1814 wird deshalb zunächst ein Prolog hinzugedichtet: Nord und West und Süd zersplittern, Throne bersten, Reiche zittern, Flüchte du, im reinen Osten Paradieses Luft zu kosten, Unter Lieben, Trinken, Singen Soll dich Chisers Quell verjüngen. (Nr.ı. Hegire’, später Buch des Sängers, W.S.5.) Diese ersten Verse entrollen schon ein förmliches Programm des Inhalts der nach- folgenden 50 Gedichte, und die weiteren Strophen führen es näher aus. Auch der Titel dieses Prologs mutet an wie eine Eingebung des Tags, da Goethe in sein Tagebuch mit gehobener Stimmung den Abschluß und die erste Vorlesung seiner einstigen Flucht nach Verona eintragen durfte. Und das eine Wort dieses Titels, Hegire, das ist “epochemachende Flucht’ wirkt wie ein Selbstkommentar des Dichters: hier, seht, ich flüchte mich, wie einst auf der Höhe des Lebens nach Italien, nun als Greis in die alte ewige, ursprüngliche Welt des Ostens, in die Heimat und die Jugendzeit des menschlichen Geschlechts, um selbst wieder jung zu werden, um einen neuen fruchtbaren Lebens- abschnitt, eine innere Wiedergeburt einzuleiten, und ich lade Euch ein, mir zu folgen, Euch an der Ernte meiner zweiten Hedschra zu 894 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. laben wie vorzeiten an den Früchten der ersten. Mit dem Datum ‘Sylvester 1814 setzte er dann als 51. Gedicht ein Schluß- und Be- gleitwort hinzu, das die ungewohnten Lieder und ihren tiefen Sinn, den weltabgewandten Aufbau einer neuen Welt, einer geliebten Per- son mit einer moralischen Nutzanwendung ans Herz legt. Mußt nicht vor dem Tage fliehn: Denn der Tag, den du ereilest, Ist nicht besser als der heut'’ge; Aber wenn du froh verweilest, Wo ich mir die Welt beseit’ge, Um die Welt an mich zu ziehen, Bist du gleich mit mir geborgen: Heut ist heute, morgen morgen, Und was folgt und was vergangen, Reißt nicht hin und bleibt nicht hangen. Bleibe du, mein Allerliebstes; Denn du bringst es und du gibst es. Im vollendeten gedruckten Divan eröffnet dieses Gedicht das achte Buch, das Buch Suleika, als Proömium. Marianne von Willemer konnte aber am Sylvester 1814 schwerlich schon "mein Allerliebstes’ genannt werden. Auch auf den Herzog Karl August, an den das Gedicht als Neujahrshuldigung und Dedikation gerichtet zu sein scheint', passen die Worte nieht gerade zum besten. Ich vermutete daher früher, daß die beiden letzten Verse 1814 noch der Schlußwidmung fehlten und erst hinzutraten, als das Gedicht seine Rolle tauschte und aus einer Schlußwidmung des Ganzen an Karl August in eine Introduktion des von mystischer und persönlicher Erotik «durcehglühten “Buchs Suleika’ sich wandelte. Das geschah, da wir das Datum der ersten Einteilung in Bücher aus seinem Tagebuch kennen, nicht vor dem 6. Oktober 1815. Zu diesem Tage heißt es nämlich: “Entschluß zur Abreise. Divan in Bücher eingetheilt. Und nun erst glauben wir auch jenes “Bleibe du mein Allerliebstes, denn du bist es und du gibst es’ voll zu verstelın. So konnte Goethe damals aus der Ferne zu Marianne sprechen, die ihn eben verlassen, die durch ihren blühenden Liebreiz, ihre demütig innige Neigung, ihr Mitempfinden und Mitdiehten das Suleikabuch geweckt und mit gleichgestimmten Tönen erwidert hatte, die nun auch die wehmütig-süßen Nachklänge dieser Liebespoesie anregt, in teilnehmenden Briefen ihm nahe und seiner Phantasie ge- genwärtig bleibend. Ihr rief jenes ‘Bleibe’: sie war damals in der Tat sein Allerliebstes, und sie gab es. Ich glaube jetzt trotzdem, ! Das erkannte bereits Düntzer und bezog darauf des Herzogs Brief vom Januar 1815: ‘Für das Persieum danke ich bestens, es ist geistreich und galant.’ Burpach: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. s95 daß jene beiden Schlußverse auch schon im Gedicht standen, als es noch für Karl August bestimmt war: sein Dankbrief nennt es 'galant,, und nur auf den letzten Zuruf paßt das; auch entspricht der zwei- wortige geteilte Reim Allerliebstes’: ‘gibst es’ einer orientalisierenden Technik, die Goethe gerade in den Dezembertagen des Jahres 1814 aufnimmt. Das 52. Gedicht des chronologisch geordneten Deutschen Divans ist uns in der alten Nummerierung nicht erhalten. Aber das 53. (‘Gute Nacht’) ist der allgemeine Epilog, das Begleitwort des Cyklus an das Publikum und zugleich mit dem Abschied des Dichters ein Plaudite: Nun so legt euch liebe Lieder, An den Busen meinem Volke! ... Daß die Unzahl sich erfreue! Und da dieses Schlußwort sich auf das treue Hündlein der Sieben- schläferlegende bezieht, wird es unmittelbar nach dieser, die das Da- tum des 29. Dezember 1814 trägt, also gleichfalls zu Ende des Jahres, entstanden sein. Die Legende selbst aber, ein großes stilisiertes Stück, ist aus der Beschäftigung mit dem persischen Paradies hervorge- wachsen. Wodurch sie Goethe anzog und was seine Poetisierung der alten Weltsage ihm bedeutete, das verraten die Schlußworte über den Siebenschläfer, der durch die eingesunkene Mauer die Höhle verlälst, ke) um, wie er fürchten muß, sein Leben wagend, Brot für die Genossen zu holen, und dann von Urenkeln, Volk und König als wunderbar geretteter Ahnherr eines mächtigen Geschlechts erkannt und geehrt wird. Nicht zum König, nicht zum Volke Kehrt der Auserwählte wieder: Denn die Sieben, die von lang her Sich von aller Welt gesondert, Gabriels geheim Vermögen Hat gemäß dem Willen Gottes Sie dem Paradies geeignet Und die Höhle schien vermanert. Wer anders ist der Auserwählte als der Dichter selbst, als Epimenides- Goethe, der im langen Schlaf Erhöhung seiner Sehergabe gewonnen und davon dem Volke gekündet hatte? Der nun als “Verjüngter', “Neugeborner’ seinem Volke die entdeckte Urweisheit des Orients heim- bringt? Der als Lohn wie Firdusi das Paradies begehrt? Daran knüpft dann das “Gute Nacht’ des Abschieds von den Lesern an: ! “Hegire’ V.17. 18 “dort war’: “Wort war’ 24. Dezember, “Dreistigkeit’ V.1.3 überall an’: “Schall an’, “Lauf stört’: “aufhört’, “Erzklang’: “Herz bang” 23. Dezem- ber, “Sommernacht’ V.33. 35 “Mitternacht sein’: “Pracht sein’ 16. Dezember 1814. 596 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. Hüte Gabriel die Glieder Des Ermüdeten gefällig; Daß er frisch und wohlbehalten Froh wie immer, gern gesellig Möge Felsenklüfte spalten, Um des Paradieses Weiten, Mit Heroen aller Zeiten Im Genusse zu durchschreiten, Wo das Schöne, stets das Neue Immer wächst von allen Seiten. Der Schlaf in der Höhle bezeichnet nach der mystischen Erklärung der Siebenschläferlegende die gottschauende Begeisterung der Weisen und Frommen. Auch Epimenides erlangt seine Prophetenkraft durch den Schlaf in der Höhle. ‘Die Schläfer in der Grotte’ heißen sprich- wörtlich in persischer und arabischer Auffassung die wahrhaft Be- seligten, von Gott Begnadigten. So nimmt dieses "Gute Nacht’ den Anfang und Ausklang des Prologs vom Weihnachtsabend wieder auf: Flüchte du, im reinen Osten Paradieses Luft zu kosten ... . Wisset nur, daß Dichterworte Um des Paradieses Pforte Immer leise klopfend schweben, Sich erbittend ew’ges Leben. Diese drei Gedichte des Deutschen Divan von 1814, alle eine Frucht des in der Mitte des Dezembers aus Firdusi empfangenen neuen Phantasiekeims, hängen also aufs engste miteinander zusammen. Sie sind nicht wie die Mehrzahl der übrigen chronologisch geordneten einfache Spiegelungen der Eindrücke von Erlebnissen oder von litera- rischer Lektüre. Sie sind durchaus Reflexe zweiten Grades, die den Eindruck zurückgeben, welchen die Reihe der eigenen Lieder nun im Zusammenhang als Ganzes auf die Phantasie des Dichters machte, und diesen Eindruck dem Leser erklären wollen. Diese drei Gedichte des chronologischen Deutschen Divans von 1814 sind aber genau besehen doch nichts weiter als ein.epischer Rahmen, wenn auch in lyrischer strophischer Form. Die Vielheit der einzelnen lyrischen Konfessionen binden sie zum Strauß, indem sie ihnen einen epischen Faden durchziehen. Dieser Faden ist das im Prolog eingeführte, im Epilog symbolisch ausgedeutete Motiv der Reise, gleichfalls die Frucht jenes Eindrucks aus der Mitte des De- zembers, da er von seiner Italienischen Reise den ersten Abschnitt, die Flucht von Karlsbad nach Verona, abschloß und vorlas. Will mich unter Hirten mengen, Mich durch Blütenbüsche drängen, Will mit Caravanen wandlen, Shawl, Caffee und Moschus handlen. Jeden Pfad will ich betreten. Von der Wüste zu den Städten. Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 397 Diese ‘Will’ und die in V. 8. 15. 31 berichten mehr ein bevorstehendes Geschehen, als daß sie wie echte Lyrik ein gegenwärtiges Gefühl aus- sprächen. Sie kündigen an, daß der Dichter die Rolle eines die Welt durehstreifenden Handelsherrn übernehmen werde, verzeichnen die Schauplätze (Wüsten, Oasen, Städte mit Bädern und Schenken, Straßen und Felspfade) und das Personal (Hirten, Maultiertreiber, Räuber, Ambra- locken schüttelnde Hetären) der zu erwartenden poetischen Reiseerleb- nisse. Man sieht: der Prolog gibt sceenarische Bemerkungen zu dem folgenden lyrisch-dramatischen Cyklus. Und dadurch nähert er sich aller- dings in seiner künstlerischen Substanz, in seiner künstlerischen Aufgabe epischer Dichtung, deren Grundwesen die Mitteilung, die Aufklärung, die erläuternde entfaltende Belehrung in Bezug auf bestimmte Tatsachen und Geschehnisse ist. Dieser Prolog spricht nieht bloß Iyrisches Ge- fühl aus: er bereitet vor, daß in den nachfolgenden Gedichten euro- päische Gegenden, Personen und Kulturbegriffe genannt werden kön- nen, daß der Reisende kein Orientale ist, aber sich in Tracht, Le- bensweise, Anschauungen der islamischen Welt akklimatisiert, wie seine geschichtlichen Vorgänger Marco Polo und Pietro della Valle. Er motiviert, er belehrt, daß der Reisende doch ein Dichter bleibt und die irdische Geschäftsreise aufwärts strebende Gedanken, die Sehnsucht nach dem Paradies, das Firdusi beschieden war, umspielen, nach jenem Paradies, um das die werbenden Worte des Dichters schweben, sich Unsterblichkeit erbittend. So entdeckt der Prolog das Ganze von vornherein als Allegorie: dieses kaufmännische Umher- ziehn und Suchen nach Gewinn, diese Fahrt in den Orient, dieser Aufblick zum muslimischen Himmel, den die Huris bevölkern, diese Geschichte von den Siebenschläfern und ihrer Entrückung ins Para- «dies alles ist symbolisch zu verstehen. Der Dichter reist nur im Geist in die Heimat des Menschengeschlechts, in Wahrheit in seine eigene. Und er findet hier nicht die Jugend der europäischen Völker, sondern die eigene wieder. Er sucht nicht nach materiellen Schätzen und nicht nach Handelsbeute, sondern nach künstlerischer, wissen- schaftlicher, menschlicher Bereicherung. Das Paradies aber, in das der Engel Gabriel, ‘der Bote Gottes an die Propheten’, ihn empor- trägt und das er mit den Heroen aller Zeiten im Genusse durch- schreiten soll, aus dem das Schöne in ewiger Neuheit nach allen Seiten hervorwächst, das Traumland der Diehtung und Kunst, das Elysium der großen Geister der Menschheit, in das der unsterbliche Dichter eintritt mit seinen Werken, das ihn aufnimmt gleich Fir- dusi, gleich Faust, den ewig Strebenden, und das ihm im Fortschritt seiner irdischen und nachirdischen Entwickelung immer höhere Sphä- ren eröffnet. Sitzungsberichte 1904. 73 898 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Prolog und Epilog dieses ältesten, chronologischen Divans ver- treten, mögen sie auch der Form nach noch Iyrisch sein, vom Stand- punkt der vergleichenden Poetik aus betrachtet, die Stelle der weit verbreiteten Urform der epischen Schnur für die einzelnen lyrischen Perlen. Jene "gemischte Form’, jener Kentaur, wie ihn Lukian nannte, ist in Wahrheit ein tief notwendiges, im Wesen der Lyrik als (der Bekenntnisdichtung wurzelndes Grundphänomen. Und wenn die epi- sche Schnur oder der epische Rahmen hier im Divan selbst nicht in Prosa, sondern auch in strophischer, also lyrischer Form auftritt, so erinnere ich noch einmal daran, daß auch in der modernen arabischen oder der südsibirischen Mischform fortwährend Übergänge der Prosa in die Versforn stattfinden, und daß aus der konventionellen Fixie- rung dieses Übergangs wahrscheinlich die Epik in fortlaufenden, un- strophischen Versen sich entwickeln kann oder hier und da, wo nicht gar überall, sich entwickelt hat. Exkurs. Die Mischform aus Prosa und Lyrik. (Zu S. 861.) Örientalische Literatur: von Hammer, Geschichte der osmanischen Dichtkunst. Pest 1836. 1, S. 23; von Schack, Poesie und Kunst der Araber in Spanien und Sizilien. Berlin 1865. 2, S. 60f.; J. Wellhausen, Letzter Teil der Lieder der Hudhailiten (Skizzen und Vorarbeiten r). Berlin 1387; Prym und A.Socin, Kurdische Sammlungen (Erzäh- lungen und Lieder). 2. Abteil. St. Petersburg 1890, S. XIX £. (vgl. z.B. Nr. XXXII: Prosatext mit Strophen Iyrischen Inhalts, deren genetische Beurteilung dureh Soein den Lehren einer universalen, empirischen Poetik widerspricht); A. Soein, Diwan aus Zentralarabien. 1. Teil. Übersetzung (Abh. d. phil.-hist. Kl. d. Sächs. Ges. d. Wissensclr. XIX, Nr. 2). Leipzig 1900; Radloff, Proben der Volksliteratur der türkischen Stämme Südsibiriens. St. Petersburg 1866— 1872. I, ı, S. 220 ff. III, S. 108 ff. IV, S. 12 ff. zoı ff. ; Lassen, Indische Altertumskunde. Leipzig 1861. 4, S. 8310; H. OLvengerg, Zeitschr. der Deutschen morgenländ. Gesellschaft 1883. Bd. 37, S. 54 ff., 1885. 39, S. 52 ff.; Geldner und Pischel, Ved. Studien II. Stuttgart 1889, S.243— 295, dazu H. Oldenberg, Göttinger gelehrte Anzeigen 1890, S. 417 ff. — Irisch: W. Windisch, Verhandlungen der 33. Ver- sammlung deutsch. Philologen. Leipzig 1879, S.26 f. 28 und Irische Texte. Leipzig; 1880, S. 63.114. 203. — Altnordisch: Müllenhoff, Zeitschrift für deutsches Altertum. 1879 Band 23, S. 151 (als gemeingermanisch und als Übergangsstufe von der vorauszu- setzenden ältesten Form, der reinen Prosa, zur späteren epischen Erzählung in fortlau- fenden Versen erschlossen). — Altfranzösisch (Roman von Aucassin und Nicolette): W. Hertz, Spielmannsbuch. Stuttgart 1886, S. 361 (hier zuerst allgemeinere Würdigung der Form und Ableitung aus “orientalischem Vorbild’). — Prinzipiell als Vorstufe des reinen Epos in gebundener Form zuerst gefaßt von W. Scherer, Poetik. Berlin 1883, S.14 f. (ohne Berücksichtigung von Hertz). Ebenso dann bei Hertz, Spielmanns- buch. 2. Auflage. Stuttgart 1900, S.48f. 435 f.: “altertümliche typische Form, welche bei den verschiedensten Völkern der reinen Verserzählung voranging’ (mit Berufung auf Bedier, Ulrich Jahn, Jacobs, aber unter Ignorierung Müllenhoffs und Scherers und aller altgermanischen Analogien!). — Wunderbar, daß man sich der antiken Parallelen in der sogenannten Menippeischen Satire nicht entsann: Varro, Senecas Apokolokyntosis, Burvacn: Die älteste Gestalt des West-östlichen Divans. 89 Petronius, Martianus Capella, Boethius, woran dann die Renaissancedichter aller Länder anknüpften. In diesem Fall wenigstens wird wohl von vornherein niemand zu behaupten wagen, daß die antike Kunstforın das Mittelalter hindurch andauernd in der Renaissance- zeit einfach natürlich fortgelebt habe. Vielmehr haben wir hier ı. anscheinend selbstän- dige primitive Entwicklung bei den verschiedensten Völkern, olıne erkennbaren geschicht- lichen Zusammenhang, 2. bewußte literarisch -gelehrte Nachahmung spätrömischer Muster durch die humanistisch gebildeten Dielhter. Aber so ganz glatt fügt die Entwicklung sich dieser Auffassung doch nicht. Bei Aucassin (= arab. Al-Käsiım) wäre Nach- ahmung arabischer Kunst nicht undenkbar. Anderseits diehtete schon im 12. Jahrhun dert Hildebert von Tours seinen “Conflietus carnis et spiritus’ in der Mischform des Boethius: soll das nun Zufall sein, daß hier auch die literarische Einkleidung des In- halts jenen griechischen Typus der Menippeischen Satire darstellt, wie er erscheint in dem “Wettstreit des Linsenpurees und der dicken Linsen’ von Meleager, dem Lands- mann und Nachfolger des Menippos (vgl. dazu M. Haupt über die Eristik, zum Apol- lonius. Opuseula III, S. 20 f.; von Wilamowitz, Antigonos von Karystos, Berlin 1881, S. 295 und S. 299 Anm. 5), in der römischen Literatur nachgebildet wurde und aus den mittelalterlicehen Conflietus und Certamina bekannt ist? Gegen die völlige Selbständig- keit des antiken und des orientalischen Stroms der Mischform macht mich manches bedenklich. Überzeugend erschließt Heinze (Hermes 1899 Bd. 34, S.494 fl.) aus Pe- trons parodistischem erotischen Roman einen pathetisch-erotischen Roman der Griechen als jüngeren Bruder der hellenistischen Geschichtschreibung. Aber unglaublich ist mir sein Satz: “Petron war der erste, der den Roman zur Satura machte’ (S. 518 Anm. 3) und die Ansicht, Petron habe in seiner Dichtung zwei streng geschiedene Gattungen, den parodistischen Roman und die Satura Menippea, verschmolzen und “mit seinem ge- läuterten Stilgefühl in der hervorstechendsten Eigentümlichkeit der Menippeischen Satire, Mischung von Prosa und Vers, gerade ein erwünschtes Mittel’ gefunden zu besonders eigenartiger und kunstverständiger Wirkung (S. 519). Was Heinze mit Recht Erwin Rohde vorwirft, daß er zu konstruierend den griechischen Roman auflöse in drei ge- trennte Komponenten, begeht er hier selbst. Freilich steht seine Auffassung im Ein- klang mit dem, was Hr. von Wilamowitz über Menippos einst ausführte: “Wo Prosa und Vers vermischt ward, wo der Sokratische Dialog in seiner eigenen Manier per- sitliert ward, da war für eine Seite des Barockstils allerdings der vollkommenste Ausdruck gefunden. Nach der Überwindung jeder formellen Schwierigkeit und der Erschöpfung allertiefster Themen spielt man mit Inhalt und Form, und in kunst- mäßiger Stilverletzung sieht man den vollkommensten Sieg des stilistischen Könnens.. Dem gegenüber möchte ich in der Mischforın keine stilistische Finesse oder spielerische Erfindung künstlerischer Dekadenz, keinerlei raffinierte Pikanterie erblicken. Die populäre, primitive Erzählform trat einfach von der Straße in die Literatur, eine Darstellungsform, die der althellenische und altrömische ‘Improvi- sator auf öffentlichem Markte’, wie ihn Goethe in den “Noten und Abhandlungen’ zum Divan (Abschnitt “Naturformen der Dichtung’, W. S.ı19) für das moderne Italien charakterisiert, anwendete, und die natürlich kynischer Literatur besonders adaequat und willkommen sein mußte. Darin waren epische und mimisch- dramatische und Iyrische Elemente durcheinander gemischt, Roman, Märchen, Novelle, Ge- schichtserzählung. Rollendarstellung keimartig enthalten. In dieser Sphäre suche ich die älteste Form des griechischen Mimus, den neuerdings Hermann Reichs scharfsin- nige und gelehrte Forschungen zu beleuchten suchen. Hier gediehen wohl seit un- denklicher Zeit die improvisierten Wechselreden und Rätselstreite, die literarisch ver- edelt in den Sokratischen Dialogen nachklingen, dramatisch ausgestaltet auf der Bühne und in burlesker, parodischer Absicht in der Menippeischen Satire fortleben. Auf der großen Brücke westöstlicher Kulturgemeinschaft, in Syrien, wo sowohl Menippos als Meleagros zu Hause waren, entstand — so möchte ich vermuten — dann ein festerer Typus erhöhter Erzählung geschichtlicher, roman- oder märchenhafter Art aus Prosa und lyrischen Einlagen, der durch Vermittelung der verlorenen griechischen Literatur in die arabische kam. Ins Abendland trugen ihn dann vielleicht im Zeitalter der 1% 900 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. Völkerwanderung die wandernden joeulatores und mimi, eine internationale Gesell- schaft, die lange in der Sphäre der ungeschriebenen Produktion bleibt, deren lehr- reichster literarischer Repräsentant im zwölften Jahrhundert das Lied des 72 Sprachen wissenden Meister Trougemund (= arab. dragoman) ist, worin wunderbar uralte in Indien nachweisbare kultische Eristik oder, wenn ıman will, ein kultischer Mimus fort- zuleben scheint. Auch bei dem fahrenden Anonymus, den man früher Spervogel nannte, und dem manche den Namen Herger geben, finden sich frappierend drama- tische Ansätze. Bei näherem Zusehen steht jedesfalls die von Müllenhoff erschlossene altgermanische Mischform auf unsicheren Füßen: die nordische Ausprägung könnte samt ihrem lateinischen Ableger in der Chronik des Saxo Grammaticus auf münd- lichem Austausch mit südeuropäischer Kunstübung beruhen, vermittelt durch wan- dernde Märchen- und Geschichtenerzähler, eben die Mimen des mittelalterlichen Sprachgebrauchs, zum Teil aber wohl auch schon auf literarischer Übertragung, d.h. auf dem Unterricht in der lateinischen Schulpoetik (über diese siehe meine Aus- führungen in den Verhandlungen der Kölner Philologenversaminlung von 1895, Leipzig 1896, S.136 f. und Zeitschrift für deutsche Philologie, Band 28, S. 533). Dasselbe gilt vom Jrischen. — Die neuen Darstellungen der persischen Literatur von Eth& (Geiger- Kuhn, Grundriß der iranischen Philologie, 2. Band, Straßburg 1896 —ı904, S. 212{f.), Horn (Geschichte der persischen Literatur, Leipzig 1901) und Browne (A Literary Hi- story of Persia, London 1902) sowie der arabischen Literatur von Brockelmann (Ge- schichte der arabischen Literatur, ı. Band, Weimar 1898, und Geschichte der arabi- schen Literatur, Leipzig 1901) bleiben dem nichtorientalistischen Literarhistoriker auf solche Fragen leider die Antwort schuldig. — Man wird sich gewöhnen müssen, die Kultur und das literarische Leben des abendländischen Mittelalters in viel höherem Maße als bisher in seinem internationalen Charakter, als Erben hellenistischer (alexan- drinischer) Bildung und ihrer persisch-arabischen Umformung anzusehen. Dann erst werden die nationalen Elemente der mittelalterlichen Kultur, deren Geschichte Jakob Grimm und Müllenhoff schon vor Jahrzehnten zu schreiben sich getrauten, wirklich sicher hervortreten und von der historischen Forschung dargestellt und charakterisiert werden können. Nicht einmal das ist bisher ermittelt worden, woher der mittelalter- liche romantische Begriff des Minnedienstes und sein konventioneller literarischer Aus- druck bei den südfranzösischen, deutschen, italienischen Minnesängern, woher die Motive und der romantische Idealismus der mittelalterlichen Ritterromane stammen. Ich finde hoffentlich bald Gelegenheit, meine Überzeugung zu begründen, daß auch hier mittelbar die alexandrinische Hofdichtung und ihre Fortsetzung und eigentümliche romantisch -märchenhafte Umbildung durch die Perser im Zeitalter der Sassaniden und im Zeitalter Firdusis und der persischen Restauration unter Machmud von Ghazna, unmittelbar die arabische Sitte der Hofdichter und der konventionellen Pane- gyrik zur Ehrung regierender und hochgestellter Frauen sowie das ins Arabische übernommene Schema des persischen Liebesromans sehr wesentlich mitgewirkt haben. 901 Ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Glemens. Von ADpour HARrnNAcK. Mercarı, J., Un frammento delle Ipotiposi di Clemente Alessandrino (Rom 1904), P-T5. 272280. Der Evangelien-Codex S (= vox Sopen e 89), der in der Vaticana aufbewahrt wird (Nr. 354) und zu den ältesten datirten Handschriften des Neuen Testaments gehört (geschrieben vom Mönch Michael »um 6 Uhr am Donnerstag den ı. März 6457 in der 7. Indietion« = p. Chr. 949), ist in neuerer und neuester Zeit öfters verglichen bez. einge- sehen worden. Merkwürdigerweise hat man dabei ein Scholion über- sehen, welches zu Matth. 8, 2 am Rande steht (fol. 30 recto); jetzt hat es Mrrcarı an’s Licht gezogen. Es lautet!': KaHmenToc &K TÄC L TÖN YrIoTYriwcewn. KAl TON AETIPÖN EBEPÄTIEYCEN KAl EITTEN AEClzoN CEAYTÖN TOoIc TEPEFCIN EIC MAPTYPION, AlÄA TOIAYTHN TIAPAAOcIN. "Eeoc EIXoN oi ieprelc AynAmeı 8E0% netPoYc IAceAal HMEPAIC TAKTAIC. TOYTON OYN TON AETIPON TIOANW XPONW L MH AYNHEENTEC 1ACACBAl Eneron' TOYToNn OoYAeic IAcETAIı H MÖNOC Ö XPICTOC EAN ENeH. TIOANNÄ TOINYN AEHBENTOC TOY AETIPOY Ö CWTHP ETITICTTAATXNI- ceeic iacAmenoc AYTön [sic], AA ToFTo eitmen' Atense Kali Acizon CEAYTON TOTC lEPEFCIN EIC MAPTYPION, ÖTI, El TEBEPÄTIEYTAI OYTOC, &o 0Y EIPHKATE" OYaeic Ann H 6 xPIcTöc MöNoc AYTon (Üod. AYTöc) IAcETAI, HÄnsen Ö XPICTÖC, KAl TIICTEYCATE AYTÜ. r Obgleich der Name »Katmentoc« nur in zwei Buchstaben gegeben ist (ka), so ist doch mit Mercarı an der Deutung auf Clemens Alexan- drinus nieht zu zweifeln; denn nicht nur hat er bekanntlich »Hypo- typosen« verfasst, sondern dieses Werk behandelte auch gerade im ! Die Sperrungen sind von mir. 902 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. 6. Buch (s. Zann, Forschungen III S. 72 ff. 150) die Evangelien. Wo unser Codex geschrieben ist, scheint bisher nicht ermittelt zu sein, wenigstens habe ich darüber nichts finden können." Ein Schreiber und Mönch Michael aus der Zeit um 949 ist sonst nieht nachgewiesen (vergl. Garprnuausen’s Griech. Paläographie S. 331 unter »Michael«). Unser Michael aber ist nicht selbst der Schreiber, der das Scholion und die elf anderen eingetragen hat, die sich in der Handschrift sonst noch finden: denn Mercartı bemerkt ausdrücklich, dass sie von einer »manus alia antiqua« herrühren. Ein gelehrter Bruder bekam den Codex in die Hand und trug die Scholien ein. Mercarı hat sie jetzt sämmtlich (S. 13—15) — ein Theil war schon früher bekannt — ab- gedruckt. Auch sie sind nicht unwichtig, aber sie tragen weder zur Erklärung unseres Scholions noch zur Ermittelung des Compilators dieser Anmerkungen etwas bei. Nur so viel erkennt man, dass der- selbe frühestens im 7. Jahrhundert gelebt hat; denn er benutzt den Commentar des Petrus Laodicenus, der wahrscheinlich im 7. Jahrhun- dert abgefasst worden ist. 2. Dass Clemens in seinen Werken »rtrmaraaöceıc« verwerthet hat, be- zeugt er selbst, und wir finden auch noch solche »rraraaöceıc« in seinen uns erhaltenen Schriften (s. die Zusammenstellung in meiner Litte- raturgesch. Th. ı S. 291 ff... Am wichtigsten ist die Mittheilung des Eusebius (h. e. VI, 13) in Bezug auf die verlorene Schrift des Clemens TTepi To? TIAcxa: Ersiacennaı Ömonorel (6 KAHMHc) TIPÖC TÜN ETAIPWN, AC ETYXxE TAPÄ TON AÄPXAIWN TIPECBYTEPWN ÄKHKOWC TIAPAAÖCEIC TPA®H Tolc METÄ TAYTA TIAPAAOFNAI, sowie die andere (h. e.VI, 14), Clemens habe in den Hypotyposen eine mAPAAocIıc TÖN ANEKABEN TIPECBY- TEPon über die »TAzıc« der Evangelien mitgetheilt.” Ausser den »Trara- söceic« allgemeiner Art nennt Clemens noch eine besondere Schrift »TTaraaöceıc MaATteioy«, über welche meine Litteraturgesch. Th. 2 Bd. ı S. 536f. 595 ff. zu vergleichen ist. Sie ist hier natürlich bei Seite zu lassen. ! Der Bibeltext gehört zu der Gruppe EFGHKMUVFATTER, bez. zu FGHUV, s. von Geesarpr in Havcer’s Realeneyklop. Bd. 2° S.739. Am nächsten liegt es, an den Athos zu denken. ® Siehe auch das »fertur in traditionibus« in den Adumbrationen (= Hypo- typosen) bei Zaun, Forschungen III S. 87. Generell sagt Eusebius (h. e.VI, 13), dass Clemens in den Hypotyposen ÖNoMACTI &c AlAAcKAnoY TOY TTANTAINOY MNHMONEYEI, EK- AOXxÄAC TE AYTOY TPA®ÖN KAl TIAPAAÖcEIC EKTEeeiTal (vergl.V,ır). Photius (Cod. 109) be- merkt, dass die Hypotyposen AIANAMBANOYCI TIEPI PHTÖN TINÖN TÄC TE TIANAIÄC Kal NEAC TPAGAC, ÖN Kal Kevanalwaßc [üc] AABeN EEHFHCIN TE KAI EPMHNEIAN TIOIEITAI. 2 e Harnack: Ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens. 903 Die »raraasceıc«, welche Clemens zur Verfügung standen, sind gewiss von verschiedener Art und verschiedener Herkunft gewesen. Dass ein Theil derselben auf Kleinasien und damit auf die Presbyter- überlieferungen bei Papias zurückgeht, habe ich (a.a.O. Th. 2 Bd. ı S. 671f. 685 ff.) wahrscheinlich gemacht. Ich schloss die Ausführungen mit den Worten: »Es kann nicht wohl bezweifelt werden, dass zu Clemens eine asiatische Tradition gekommen ist (dass Clemens den Melito benutzt hat, sagt Eusebius ausdrücklich), die, von der pa- pianischen nicht unabhängig, das 4. Evangelium um seines theo- logischen Inhalts willen hoch, ja speeifisch über die anderen erhoben hat.«c Auch von der zu Ölemens gekommenen Überlieferung über die Entstehung des Marcus-Evangeliums zeigte ich, dass sie nicht unab- hängig von der des Presbyter Johannes bei Papias ist. Mit Recht erklärt Mrrcarı, dass die »marAaocıc«, welche Clemens in unserem Scholion mittheilt, eine schriftlich fixirte gewesen ist. Dies ist an und für sich das Nächstliegende und wird durch den be- sonderen, von dem elementinischen abweichenden Sprachcharakter der Sätze bestätigt. Dieser Sprachcharakter trifft mit dem lucanischen ein paarmal zusammen: &eoc — bei Lucas (Ev. und Act.) zehnmal, in den übrigen Evan- gelien nur einmal (bei Johannes). fAceaı — bei Lucas siebenmal, fehlt bei Marcus, bei Matthäus steht es einmal im Citat (serareyeın heisst es sonst), bei Johannes einmal und dann noch einmal im Citat. HMmEPAIC TAKTAIC — S. Act. I2, 2I: TAKTA Hmera. In den Evangelien fehlen Parallelen. monAD XPönw — S. Luc. S, 29: monnolc xPpönoıc, Act. 8, II: IKAN® XPÖNW. Sonst fehlen Parallelen in den Evangelien.' Mercarı, ohne sich sicher zu entscheiden, nimmt an, dass unser Stück aus einem apokryphen Evangelium geflossen ist. Allein bereits die ! Zum Sätzchen ö xPIcTöc EAN EneH vergl. Joh. 4, 25. — Sprachlich bietet der Text, wie er überliefert ist, zwei Anstösse: 6 CWTHP ETTICTIAAFXNICBEIC, IACAMENOC AYTÖN, AIA TOYTo einen ist nicht erträglich; entweder ist laAcAmenoc in das Verb. finit. zu ver- wandeln, was freilich auch nicht ganz befriedigt, oder man hat anzunehmen, dass Clemens den Text, den er wiedergab, verkürzen wollte und dabei incorreet geschrie- ben hat. Auf eine Verkürzung deutet vielleicht auch das nachhinkende kai mICTEYcATE AYT® (es gilt den Priestern). Auf Grund desselben muss man annehmen, dass die Worte von ÖöTI ei TeserArteyTAl an bis zum Schluss als Fortsetzung der Rede Jesu gelten sollen. Will man diese Annahme vermeiden, so ist Clemens hier aus der Con- struetion gefallen, indem er die Aufforderung zu glauben in directer Rede giebt. 904 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. Einführungsformel (»marAaocıc«) macht das etwas unwahrscheinlich'; eine genaue Prüfung aber verbietet diese Annahme. Augenscheinlich ist unsere »maPAaocıc« entstanden, um Schwierigkeiten, welche die in den drei synoptischen Evangelien erzählte Geschichte von der Hei- lung des Aussätzigen dem christlichen Verständniss bot, zu heben. Zum Anstoss gereichten die Worte Jesu: Aecizon ceayYTön Toic Tepefcın eic maptypıon. Wie konnte Jesus den Aussätzigen, den er geheilt hatte, zu den Priestern schieken, und was besagen die Worte eic mapTYPıon? Die Haggada — eine solche ist die Anekdote —, die hier gegeben ist, musste fast mit Nothwendigkeit entstehen, sobald jene Fragen einmal aufgeworfen waren. Die Priester haben diesen Aussätzigen bereits früher gekannt; sie hatten ihn vergeblich zu heilen ver- sucht” (dazu musste dann das Märchen erfunden werden, sie hätten an bestimmten Tagen die Kraft von Gott erhalten, Aussätzige zu heilen —, stetig konnten sie natürlich diese Kraft nicht besitzen). »Zum Zeugniss« durfte nichts Anderes heissen als »zum Zeugniss, dass Jesus der Christ sei«c. Nun stellte sich das Mittelglied von selbst ein: die Priester hatten nach vergeblichen Versuchen, diesen Aus- sätzigen zu heilen, erklärt, dass ihn nur der Messias, wenn er kommt, zu heilen im Stande sein werde. Jesus kam, heilte ihn und schickte ihn zu den Priestern zurück mit der Aufforderung: »Glaubet nun an mich; denn ich habe den Kranken geheilt, den nach eurer eigenen Aussage Niemand anders als der Messias heilen konnte.« So ist — für die Gläubigen jener Zeit — Alles in's Reine gebracht und jeder Anstoss beseitigt. Woher stammt das Stück? Ein in unsern Evangelien überliefer- tes Herrnwort ist hier durch eine »Paradosis« erläutert. Wir kennen nur eine Schrift, in die das Stück vortrefflich sich fügt — die 5 Bücher Aoriun KyYPıak@n €EzHur#cewc des Papias. Auch nach dem jüng- sten Ausleger des Prologs zu diesem Werke, den uns Eusebius (h. e. III, 39) erhalten hat’, hat Papias die zu erklärenden Herrnworte den kanonischen Evangelien entnommen und die Auslegungen vornehmlich aus mündlichen Überlieferungen der Presbyter geschöpft. Da Clemens ' Dass Jesus in der Erzählung ö6 cwTHP heisst, spricht auch nicht für ein Evan- gelium (s. indessen das Aegypter-Evangelium, Sıron. Ill, 9, 63); doch könnte Clemens selbst Jesus hier so bezeichnet und den ursprünglichen Ausdruck verwischt haben. An und für sich kann auch das, was aus einem apokryphen Evangelium stammt, als »mAPAAocIc« bezeichnet werden, s. Orig. in Matth. X, 17: EK TIAPAAÖcewC ÖPMWMENOI TOY ETTITETPAMMENOY KATA TTETPON EYATTENloY. ® Man vergleiche dazu Marc. 9, 28 und Matth. 17, 19. 3 Eovarn Scnuwarrz, Über den Tod der Söhne Zebedäi. Ein Beitrag zur Gesch. des Johannes- Evangeliums, 1904 (Abhandl. der Königl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen, Philol.-historische Classe, Bd.7 Nr. 5). llarnack: Ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens. 905 (s. oben) kleinasiatische Überlieferungen und wahrscheinlich auch das Werk des Papias gekannt hat, da ferner unsere Erzählung beglau- bigten Fragmenten aus dem Werk des Papias ähnlich ist', so liegt es sehr nahe, in ihr ein Bruchstück aus diesem Werk zu erkennen. Den Namen des Papias zu nennen, hatte Clemens keine Veranlassung; denn nicht dass Papias das berichtet, war wichtig, sondern dass er eine Überlieferung wiedergiebt. Dennoch will ich natürlich nicht be- haupten, der Ursprung des Stücks aus dem Werk des Papias sei ganz gesichert.” 4. Es erübrigt noch, den der Anekdote zu Grunde liegenden Bibel- text zu betrachten. Zum Bibeltext gehören folgende Sätzchen: TOAMÄA ... AEHBENTOC TOT NETIPOF (6 CWTHP) ETIICTIAATXNICBEIC ... EITTEN” “Arıenee Kal AEIEON CEAYTON TOIC TEPEFCIN EIC MAPTYPION. 1. Dieser Bibeltext ist ein gemischter (s. Matth. S, ı—4: Mare. 1, 40— 44; Luc. 5, 12— 14); denn a) das nur von Marcus (1,41) ge- botene crmarxnıceeic kehrt hier wieder, verstärkt durch emi; ich weiss nicht, ob emicrraarxnizecea noch anderswo vorkommt als bei Symmachus, wo es Deuter. 13, 8[9] Übersetzung von >ar ist: 5) das acheentoc findet sich nur Luc. 5, ı2 (&aeteH), Marc. schreibt rrarakanan, Matth. rPoc- eKYneı nerwn; C) das Arrenee findet sich nur bei Lucas: Arrenewn Acizon; d) mit Matth. und Marc. nennt unsere Anekdote den Mann einfach »einen Aussätzigen«; Lucas vermeidet das und schreibt: An#p rrAAPHc nerrac. Es ist also ein harmonisirter Text, den wir vor uns haben.’ 2. Das Verwandtschaftsverhältniss mit den ältesten Zeugen ist folgendes: a) momnA wird von keinem Zeugen sonst vertreten, ' Die Presbyter des Papias erzählen ausser neuen Herrnworten, die sie zur Erklärung der kanonischen heranziehen, auch Palästinensisches. So wissen sie Nä- heres vom Tode des ‚Judas und berichten von dem Zustand des Grundstücks, auf dem er begraben liegt (s. meine Sammlung der Papiasfragınente, Patr. Apost. Opp. edit. II Pars l, 2 p. 93f.). Das stimmt vortrefflich zu der Fabelei, die jüdischen Priester in Palästina hätten die Kraft besessen, an bestimmten Tagen Aussätzige zu heilen. — Das bei Georgios Hamartolos (wahrscheinlich verstümmelt) vorliegende Papiasfragment ist dem unserigen formell ähnlich; denn es wird dort ein den kanonischen Evangelien entnommenes Herrnwort (Mare. 10, 35 ff.) durch eine marAaocıc über den Tod des Ja- cobus und Johannes erklärt. ° Gestreift hat auch Mercarı (p. 7) in seiner Erklärung des Fragments das Werk des Papias bez. die »Überlieferungen« des Presbyters Johannes bei Papias. ® Der gelehrte Abschreiber hat die »Paradosis« zu Matth. 8, 2 gestellt; der Text- fassung nach hätte er sie besser zu Lue. 5,12f. stellen sollen; denn mit dem Lucastext ist die Fassung am meisten verwandt. 906 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. b) Toic iepeycın — fast alle Zeugen (auch Marecion) T& ierel (auch ro Apxıepei kommt vor in einigen Minuskeln und [im Mare.] in der Vulg. u. s. w.), aber Tatian (Ephraem p. 145; Zauw, Forsch. III S. 160) las Toic ierefcın und ebenso der Syrus Sinait. bei Lucas (bei Matth. las er Tö ierei, bei Marc. ist hier eine Lücke), ferner der Syrus Curet. bei Matth. und die Peschittho in allen dfei Evangelien, endlich ff? im Marcus, g° und gat ebenfalls im Marcus (aber »prineipibus sacer- dotum«). Die syro-lateinische Lesart Toic iepefcın ist in unserer »Para- dosis« zum ersten Mal griechisch belegt. c) Armense Kal — dass das Areneein lucanisch ist, wurde oben bereits bemerkt (Marc. und Matth. bieten Ynare); während aber fast alle Zeugen bei Lucas Arrenewn Acizon bieten, bieten D ae wie unsere »Paradosis« Ärenee ae Kai aeizon, und Tatian, viele Itala-Codd., Vulg. und Syrus Sinait. lesen Ärrenee, acizon. Auch hier also bezeugt unsere Anekdote eine uralte Lesart (Ämenee). d) Am auffallendsten ist, dass sich in unserm Text weder aYToic nach martYPıon findet, noch die Worte mitgetheilt sind, die in allen drei Evangelien nach roic ierefcın (TO ierel) und vor eic marTYPIon ste- hen, nämlich «ai mPocenerke TIePl TOY KAsAPpıcmo? coY KaeWc (A) TIPOCETA- zen Mufchc (bez. Kal TIPOCENnerKon TO AWPON Ö TIPocerazen Muwfchc). Zu eic MAPTYPION AYToIlc ist noch zu bemerken, dass der Syrus Sinaiticus »dass es ihnen ein Zeugniss sei« (Matth.) bez. »dass du ihnen zum Zeugniss werdest« bietet, der Cod. D aber na eic martYpıon A YMin ro?to. Diese Lesart (»vobis«) findet sich auch (mit unbedeutenden Varianten) in den Codd. abe ff?lq'‘, ferner bei Mareion, Tertullian und Ambrosius.” Mercarı sucht zu zeigen, I. dass dem Schreiber unseres Frag- ments die Worte »Kai TIPocenerke KTa.« und »AYToic« noch nicht be- kannt gewesen sein können, 2. dass die Lesart »Ymin« aus unserer Erzählung (micteycarte!) entstanden sei. Die erste These hat etwas Verlockendes: in der That ist die Entstehung unserer exegetischen Anekdote leichter verständlich bei der Annahme, der Verfasser habe die Worte »xkal TIPOCENerKE TIEP| TO? KABAPICMOF coY KaeWc (A) TIPOCETAZEN MwYche« noch gar nicht vor sich gehabt. Allein die christologische Deutung der Worte »eic martYrpıon« konnte ihm doch auch kommen, obgleich er jene Worte las. Die Beziehung des »eic mAarTtYpıon« und des »AaYroic« in dem vollständigen Text ist ja keineswegs ganz klar (zumal nicht nach dem Text des Matthäus und Lucas; deutlicher ist sie nach dem Text des Marcus). Soll man »eic maPTYPIon« ZU »TIPOCETAZEN« ' D.h. im Vercell., Veron., Colbert., Corbei., Rehdig. und Monac. ® Tatian hat AYTolc gelesen; im Vorhergehenden scheint aber sein Text: »sieut praecepit vobis Moyses« gelautet zu haben. Harsack: Ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens. 907 ziehen (wohl das Richtige) oder zu »rpocenerke« oder zu »aeizon TO iepei«? Bezieht sich »AaYTolc« auf »T& ierei« (als Gattungsbegriff gedacht) oder auf das Volk (welches aus den Worten »OPpA MHAEN! MHAEN EITTHC« ZU entnehmen ist)? Ist »eic martYrıon« zu paraphrasiren: »Zum Zeugniss für sie, dass ich (Jesus) das Gesetz nicht auflöse, sondern beobachte«? oder »Zum Zeugniss, dass der Aussätzige nun wieder in den allge- meinen Verkehr aufgenommen werden kann«? oder »Zum Zeugniss, dass ich (Jesus) die Aussätzigen heilen kann, also der Messias bin «? Da die letztere Deutung auch bei dem vollständigen Text (und zwar in allen drei Evangelien) eine mögliche ist und da in unserm Text auch die Worte fehlen: »öra MHAen| MHAEN Eithc«, so hat man keine Sicherheit, dass der Verfasser unseres Stücks die Worte »xKai TPocEnerke kra.« und »aAYroic« nicht gelesen hat. Damit fallen aber auch die Schlüsse dahin, die Mercarı an das Fehlen der Worte geknüpft hat. Es ist nicht gewiss, dass die Worte »Kai TPocenerke KTA.« ein späterer Zusatz sind; es ist vielmehr wohl möglich, dass der Erzähler (vielleicht sogar erst Clemens) sie willkürlich weggelassen hat, weil sie für seine Erklärung bedeutungslos waren. Was aber die Entstehung der uralten Lesart »vmin« betrifft, so scheint es mir sehr kühn, sie mit Mercarı aus unserer Anekdote abzuleiten und somit zu behaupten, schon z. Z. des Marcion müsse diese (also auch die Schrift, aus der sie stammt) vorhanden gewesen sein. Mercarı lehnt die entgegengesetzte Annahme (p. 9f.) mit einer kurzen abschätzigen Bemerkung ab. Aber wenn es gewiss ist, dass der plötzliche Übergang zur 2. Person, der in unserer Anekdote (»micrer- cate«) und in der Lesart »Yymin« enthalten ist, eine Wurzel haben muss — hierin stimme ich Mercarı bei —, so liegt doch die Annahme sehr viel näher, eben das »ymin« habe den Anstoss zur Paraphrase »riicteYcate« gegeben. Keiner der alten Texteszeugen verräth sonst auch nur die leiseste Kenntniss unserer Anekdote; wie seltsam wäre es daher, wenn sie nur das »YMin« für »ayroic« ihr entnommen haben sollten! Umgekehrt aber wird der Übergang in die 2. Person und die Paraphrase »micreycare« in der Anekdote leicht verständlich, wenn die evangelische Perikope dem Verfasser in dem Wortlaut »eic martY- PIon Ymin« vorlag. Clemens mag in seiner Wiedergabe der Anekdote das »ymin« aus dem Texte weggelassen haben, weil er es in seinem Texte nicht las. Will man das nicht annehmen, so müsste man ur- theilen, der Verfasser der Anekdote habe weder »Ymin« noch »aYroic« vorgefunden und sei zufällig in seiner Paraphrase »micreYcate« mit dem »Yrin«, welches schon Mareion las, zusammengetroffen. Das ist, wie schon angedeutet, die unwahrscheinlichere Annahme; also ist es wahrscheinlich, dass er Ymin ebenso mit Mareion und den Oceiden- 908 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. talen gelesen, wie er ja auch mit den Oceidentalen Arrenee und nicht Arrerneon in seinem Lucastext gefunden hat. Man darf also nicht mit Mercarı behaupten, unsere Anekdote müsse älter sein als Mareion, da dieser einen Bibeltext biete, der nur aus der Anekdote erklärt werden könne. Die Anekdote setzt vielmehr höchst wahrscheinlich diesen Bibeltext (»vmin«) bereits vor- aus. Dieses »ymin« hat aber nun allen Anspruch darauf, mindestens im Text des Lucas als die ursprüngliche Lesart zu gelten, da sie das Zeugniss des Mareion, des Papias — oder wer sonst der Aufzeichner unserer Anekdote ist — und der alten Occidentalen für sich hat und gegenüber »AaYToic« die schwierigere ist. Nicht so günstig wird über den Plural »Toic iepefcın« zu urtheilen sein, da Marcion den Singular bezeugt. Auch steht fest, dass die Lesart unrichtig und später ist; man verstand den Singular (»den zuständi- gen Priester«) nicht mehr, und auch das »aYToic« (Ymin) schien den Plural zu fordern. Allein dass die Lesart uralt ist, bezeugt die oben mitgetheilte Zeugenreihe, in der Tatian, der Syrus Sinait., der Syrus Curet. und ein paar alte Lateiner stehen. Das ist eine vornehme Be- zeugung! Dennoch würde ich Bedenken tragen, sie, sei es in den Matthäustext, sei es in den Lucastext, als die ursprüngliche Lesart aufzunehmen, weil sie für kein bestimmtes Evangelium stark be- zeugt ist. Sie gehört wohl einem vortatianischen Mischtext der Syn- optiker an. Immerhin zeigt unsere Anekdote durch das »micteYcate« (= YMin), das »Tolc iepe?cı« und das »Arrenee«, dass sie, ihren Bibeltext anlan- gend, sich neben unsern ältesten Zeugen sehen lassen kann. Von hier aus spricht nichts dagegen, dass sie dem Papias zuzuweisen ist. 909 Der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus. Von Apour Harnack. In dem Liber Pontifiealis (unter »Eleutherus«)' steht eine Mittheilung, die in der Ökonomie des Buches einzigartig ist” und die der Ausgangs- punkt einer grossen Legendenbildung in England von den Tagen Beda’s an geworden ist.‘ Die Worte lauten: »Hie [Eleutherus] accepit epistula(m) a Lucio Brittanio [sie] rege, ut christianus efficeretur per eius mandatum.« Dass die Nachricht gänzlich unglaubwürdig ist, darüber herrscht Einverständniss. Eleutherus war von e. 174 bis ce. 189 römischer Bischof. Damals gab es keine britischen Könige, und hätte es welche gegeben, so würden sie nicht »Lucius« geheissen haben. Auch kann eine so wichtige Nachricht nieht wahr sein, die erst einige Jahr- hunderte nach dem Ereigniss zum ersten Male auftaucht: ihr Anspruch auf Glaubwürdigkeit ist schon durch ihre Jugend gerichtet. Aber wie und wo ist die Legende entstanden? Happan, Stuses und Monmsen meinen, sie sei in Rom aufgebracht worden im 5. oder 6. Jahrhundert; Zmmer schiebt sie nach Britanien; Bönner urtheilt, sie sei erst in einer Zeit entstanden, da man bestrebt war, den römi- schen Ursprung der britischen Kirche und, im Zusammenhang damit, ihr Obedienzverhältniss zum hl. Stuhl zu erweisen, also zwischen e.603 und 680. Zurückhaltender bekennt Hr. Dvcnesxe‘, nachdem er einige Thatsachen dafür angeführt hat, dass man um das Jahr 500 in Rom Britanien nicht vergessen hatte: »Tout cela peut servir ä montrer que les Romains de la fin du V*° sieele et du commencement du sieecle suivant n’avaient perdu de vue ni la Bretagne ni les Bretons; mais ' Duenuesse, Liber Pontif. I p.136. Mounsen, Liber Pontif. I p. 17. * Der Liber pontif. kümmert sich in seinen älteren Partien nicht un ausser- italienische Verhältnisse. ® Nachweise über die Wucherungen der Legende, seit sie Beda in seine Kirchengeschichte aufgenommen hat, findet man bei Hapvan und Sruses, bei Gamuack (im Diet. of Christ. Biogr. III p. 754 fl.), Ducuesse, Zimmer, Monusen, Bönmer (Havcer’s REneyklop. Bd. 5 S. 287 ff.) u. A. R.c>p- CIE. 910 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. je m’empresse de reconnaitre quil ny a pas la une explication suffisante de l’assertion preeise, quoique fausse, de notre auteur sur la lettre du roi Lucius au pape Eleuthere. D’ou l’a-t-il tiree? Ö’est ce que, dans l’etat actuel des documents, je dois me resigner a ignorer.« In der That, nicht dass die Bekehrung Britaniens bis an’s Ende des 2. Jahrhunderts gerückt worden ist, ist hier das Para- doxe — solche schwindelhafte Behauptungen sind ja im frühen Mittel- alter zu Dutzenden in die Welt gesetzt worden —, sondern die be- stimmten Angaben: »Eleutherus episcopus Rom.«, »Lucius Britta- nius[?] rex« und ein Brief, den dieser an jenen geschrieben haben soll. Solange diese Angaben nicht erklärt sind, ist nichts erklärt. Sie aber haben bisher jeder kritischen Bemühung getrotzt.' Durch einen Zufall bin ich, wenn nicht Alles trügt, jetzt auf die richtige Erklärung geführt worden. Als ich das neu entdeckte Fragment der Hypotyposen des Clemens untersuchte, stiess ich bei Zaun, Forsch. II p. 70 auf das (angeblich) diesen entnommene Frag- ment über die Grabstätten der Apostel. Da heisst es:” »Petrus et Paulus Romae sepulti sunt; Andreas Patrae eivitate Acaiae; Jacobus Zebedaei in arce Marmarica; Joannes in Epheso; Philippus cum filiabus suis in Hierapoli Asiae; Bartholomaeus in Albone, eivitate maioris Armeniae; Thomas in Calaminia eivitate Indiae; Matthaeus in montibus Parthorum; Marcus Alexandriae in Bucolis (diese beiden Worte fehlen in M); Jacobus Alphaei iuxta Templum; Thaddaeus et Judas in Britio (Beruto P) Edessenorum u.s.w.« Dieses »Britio (Beruto) Edessenorum« rief mir die Nachricht im Papstbuch in das Gedächt- niss®, und was sich dann ergab, will ich nun mittheilen. (1) Soweit unsere Kenntnisse reichen — und sie sind in diesem Fall schwerlich lückenhaft — hat es am Ende des 2. Jahrhunderts nur einen König und demgemäss nur ein Königreich gegeben, welche christlich wurden — den König Abgar IX. und sein kleines Reich Edessa. Abgar IX. bar Manu regierte von 179—c. 216, war also ein Zeitgenosse des römischen Bischofs Eleutherus. Dass er Christ ge- worden ist, ist eine Thatsache, die nicht mehr bewiesen zu werden braucht. Wann er es geworden ist, ist nicht ganz sicher auszu- ! Hr. Mowuusen hat sich immer wieder mit der seltsamen Angabe beschäftigt und mich nach dem muthmaasslichen Ursprung gefragt. Ich vermochte ihm aber keine Auskunft zu geben. ® Vgl. zum Text (Mss.M und P) Lirsıus, Die apokr. Apostelgeschichten I S. 214; Il, 2 S. 161 und Ergänzungsband S. 17. ® Sie that dies, weil ich schon lange gemuthmaasst hatte, die räthselhafte Notiz hinge irgendwie mit Edessa zusammen; ich fand aber früher keinen Beweis für diese Annahme. Harnack: Der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus. Y11 machen. Gurscnum gab »ungefähr 202/3« an. Gewiss hat er schon geraume Zeit vor der Taufe der christlichen Gemeinde in Edessa nahe gestanden.‘ Begegnet uns also irgendwo und irgend- wann eine Nachricht, am Ende des 2. Jahrhunderts und zur Zeit des römischen Bischofs Eleutherus habe sich ein König dem Christenthum genähert, so haben wir in erster Linie an den König Abgar IX. von Edessa zu denken. (2) Abgar IX. von Edessa hiess aber nicht nur Abgar bar Manu, sondern sein voller Name lautete: Lucius Aelius Septimius Megas Abgarus IX. [bar Ma’nu]; die Namen Lucius Aelius hatte er zu Ehren des Commodus angenommen.” Er ist der einzige Abgar, der den Namen Lucius geführt hat. Damit haben wir den »König Lucius«, den wir brauchen. (3) Beziehungen zwischen diesem Abgar und dem römischen Bischof sind nicht bestimmt zu belegen; indessen ist doch eine verworrene Nachricht in der Legende über den Ursprung des Christenthums in Edessa (Acta Addaei) nicht zu verachten, die Palut, den ersten Bischof Edessas mit dem Bischof Serapion von Antiochien, diesen aber mit dem römischen Bischof Zephyrin, den zweiten Nachfolger des Eleutherus (ce. 200— 217), zusammenbringt (Palut soll indireet von Zephyrin geweiht sein, weil dieser seinen Consecrator, den Serapion, geweiht habe).” Viel wichtiger aber, weil ganz sicher, ist, dass schon im Österstreit (um d. J. 190) »die Gemeinden in Osrhoöne und den dortigen Städten« nach dem Zeugniss des Eusebius ein Schreiben nach Rom gerichtet haben.” Ferner darf darauf hinge- wiesen werden, dass Lucius Abgar unter Septimius persönlich in Rom gewesen ist. Es ist doch sehr wahrscheinlich, dass der dem Christenthum nahestehende oder vielleicht schon getaufte König da- mals auch zu dem römischen Bischof in Beziehung getreten ist. (4) Dass Lucius Abgar, König von Edessa, an Eleutherus in Bezug auf seinen bevorstehenden Übertritt zum Christenthum ge- " Nach der wohl gleichzeitigen Eintragung in der edessenischen Chronik zum J. 515 — 201 p. Chr. (s. HarLıer, Unters. über die edessenische Chronik, in den Texten und Unters. Bd. IX, H.ı, S. 84, 86) hat die grosse Fluth dieses Jahres »das Heilisthum der christlichen Kirche« zerstört. Also bestand das Christenthum dort schon, und zwar als öffentlich anerkannt. ® Zur Zeit des Papstes Eleutherus führte er also diese Namen noch nicht; aber das ist natürlich gleichgültig: in späterer Zeit war er unter diesen Namen bekannt und er wurde mit ihnen auch in Bezug auf solche Ereignisse bezeichnet, die vor die Zeit, da er sie angenommen hatte, fallen. ® Siehe meine Litt.-Gesch., Teil I S. 504, 540, 597 und mein Lehrbuch der Dogmengesch. Bd. 1,3 S. 453f. Dieselbe Angabe steht auch in den Akten des Scharbil und Barsamya. * Siehe meine Missionsgeschichte S. 441. 912 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. schrieben hat und dies also die ursprüngliche Nachricht ist, ist nun wohl schon wahrscheinlich; aber wie hat sich Lucius, der König von Edessa, in einen britischen König zu verwandeln vermocht? Hier verweise ich auf die Fassung der oben mitgetheilten geo- graphischen Notiz »in Britio (Beruto) Edessenorum«. Gewiss — sie lautet zunächst ganz dunkel und seltsam, aber nachdem die Glei- chung Lucius = Abgar gefunden ist, wird schwerlich Jemand zweifeln, dass in jenem »in Britio«, das so stark an »Britanien« anklingt, die Erklärung der Thatsache steckt, dass der König Lucius aus Edessa nach Britanien versetzt worden ist. Mag das »in Britio« was immer bedeuten, mag es ganz verderbt sein: ein »in Britio« sagt uns genug, um — für die barbarische Zeit des frühen abendländischen Mittel- alters — die Übertragung einer Legende von Edessa, das man kaum mehr kannte, auf Britanien, das man gut kannte und für das man nach alten Nachrichten suchte, sehr natürlich zu finden. Aber was bedeutet: »in Britio (Beruto) Edessenorum«? Hier sollen die Apostel Thaddaeus und Judas bestattet sein. Über keinen anderen Apostel giebt es so verworrene Legenden wie über den Apostel Judas Jacobi. Bekanntlich wird er bald mit dem Apostel Thaddäus (Addäus, Lebbäus), bald mit dem Apostel Thomas in der späteren Überlieferung identifieirt, bald von ihnen unterschieden. Lirsıus hat in seinem grossen Werk über die apo- kryphen Apostelgeschichten die Legenden über ihn — speeiell auch über sein Grab — sehr fleissig gesammelt! und zu sichten versucht; aber er ist in der Aufgabe stecken geblieben und hat an dem wichtigsten Punkt Traditionen als selbständige neben einander bestehen lassen, deren secundärer Charakter evident ist. Die älteste Überlieferung — s. auch Lirsws II, 2 8.154 — weiss es nicht anders, als dass der Apostel Judas (Jacobi) = Thomas in Edessa, wo er gewirkt hat, begraben liegt. Dort hat auch die Pilgerin Silvia (s. Peregr. ec. 19) sein Grab gesehen. Eine jüngere Überlieferung lässt ihn von Edessa aus in die weiter östlich gelegenen Gebiete gehen, zuletzt aber merkwürdiger- weise in Berytus in Phönizien sterben. Die armenische Über- lieferung lässt ihn nach Armenien gehen und dort in Ararat (Arat, Ardaz) sterben. Daraus ist in spätester Überlieferung Aradus in Phönizien geworden. Anderes mag hier bei Seite bleiben. Livsivs betrachtet die Tradition, Berytus betreffend, als eine selb- ständige; allein nicht nur die etwa gleichzeitige Umsetzung Ararat (Arat) in Aradus (Phönizien) macht stutzig, sondern auch die Erwägung, dass ! Siehe Bd.I S. 29, zı2ff., 219. Bd.II, 2 S. 154—-163. Ergänzungsband S. 17. Harnack: Der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus. 913 der sonst mit seiner Mission stets in den Osten und Norden (Meso- potamien, Armenien) versetzte Judas schwerlich absichtlich oder in primärer Überlieferung zuletzt nach Phönizien (Berytus) gebracht sein kann. Dazu kommt, dass in den sonst parallelen spät-syrischen und spät-griechischen Berichten über den Ort des Todes des Judas Edessa immer noch mit Berytus wechselt. Endlich auch solche Be- richte, die Berytus nennen, machen es durch den Zusammenhang, in dem sie es nennen, klar, dass ursprünglich das phönizische Berytus gar nicht gemeint war; denn sie lassen den Judas unter Abgar von Edessa in Berytus sterben.' Die Lösung ist einfach. Unter »Berytus« kann das bekannte phönizische ursprünglich nicht verstanden gewesen sein. Also hat man ein lautlich mit Berytus verwandtes Wort erst später irrthümlich auf Berytus gedeutet und nun dem Judas in der Todesstunde noch eine Mission nach Phönizien andichten müssen. Aber wie lautete die Nachricht ursprünglich. Da helfen uns die Lateiner: Im »Latereulus apostolorum« (s. oben), der als auf seine Quelle auf Clemens’ Hypo- typosen verweist’, liest man, Judas sei gestorben in »Britio’ Edesse- norum«. In dem »Breviarium apostolorum«, das mit dem Latereulus verwandt ist‘, heisst es: »sepultus est in Verito Armeniae urbe« (dafür schreibt ein Codex »in monte Armeniae urbis«). Bei Pseudo- Isidor? ist daraus »in Ethnerico [Nerico] Armeniae urbe« geworden. Der Thatbestand ist klar: »In Britio Edessenorum« ist die älteste Form der Nachricht‘, die wir erreichen können. Sie lässt den Judas in Edessa, wie die älteste Überlieferung, begraben sein; aber sie hat eine Lokalität in Edessa angegeben’; diese Lokalität ist ! Siehe Pseudo-Dorotheus A: “loYaAac... *Eaecchnolc Kal TIACH TA MecorioTamia EKHPYEE TO EYATTENION TOY KYPIoY, EI AE& AYTAPOY BACIAEWC TEAICCHNÖN ETENEYTHCEN EN BHPYT® Kal Ekel BAnTeTAı Enaözwc. Wie wunderlich! Judas ist unter dem König Abgar von Edessa in dem phönizischen Berytus gestorben und begraben! Ebenso Pseudo-Epiphanius, Pseudo-Hippolyt (bei Combefis). Dagegen Pseudo-Dorotheus B: "loYAAc ... EN TIÄCH TA MecoTioTaMlIA KHPYEAC TÖN XPICTON TENEIOYTAI EN "EAECCH Kal Ekel SATITETAI und ebenso Pseudo-Hippolyt (bei LAGArne): Keira En EAeccH TA TIöneı. In den Berichten, die Berytus nennen, ist mit Ausnahme eines einzigen (Scholion bei LAGARDE) niemals »Phönizien« zu Berytus hinzugefügt. ® Mit welchem Recht lasse ich hier dahingestellt sein, aber die Verweisung zeigt immerhin eine nicht unverächtliche Kenntniss. ® So der Cod. Mareian., der Paris. liest Beruto; aber die Form »Britio« wird durch die anderen Zeugen bestätigt. * Siehe Liesıus Bd. 1 S. 212; II, 2 S. 161. 5 Siehe Liesivs Bd. I S. 214; II, 2 S. 161. ° Dass dann für Edessa »Armenien« geschrieben worden ist, ist leicht ver- ständlich. ” So schreibt eben dieser Latereulus ja auch (s. o.): »Marcus (sepultus est) Alexandriae in Bucolis, Jacobus Alphaei iuxta templum, Jacobus Zebedaei in arce Marmarica.« Sitzungsberichte 1904. 74 914 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 19. Mai 1904. als »Berytus« verstanden worden, und so ist die Legende ent- standen, Judas sei in Phönizien gestorben. Die Westsyrer haben ihn sich nun erobert, wie sie ja auch in Bezug auf die Parallelsage Arat (Ararat) in Aradus verwandelt haben. Welche Lokalität aber wird unter »in Britio Edessenorum« zu verstehen sein? Nun, dies Britium Edessenorum kann doch wohl — wenn Birtha nicht einfach — Stadt zu setzen ist' — nichts Anderes sein als Birtha (772) die Burg von Edessa (vergl. »arx Marmarica«).” Welche Rolle der Burgberg in Edessa gespielt hat, ist bekannt und öfters dargelegt worden, vergl. z. B. Haruıer, a.a.0.S.84: »Im Süd- westen trägt der Vorsprung des Gebirges von Edessa die Burg, auf der der Winterpalast des Königs Abgar IX. lag, und zu der man auf der hohen Straße, der sog. Beth Sahräy®, aus der Senke zwischen dem Burgberg und der nordwestlichen Stadt gelangt«, s. die Angaben über die Bauten Abgar’s IX. auf dem Burgberge in Folge einer furcht- baren Überschwemmung der unteren Stadt im Jahre 513 = 201 p. Chr. In der 9. Eintragung der edessenischen Chronik (HArzıer S.91) heisst es weiter zum Jahre 517 = p. Chr. 205/6: »Es baute Abgar die Palatien (Birtha, Pl.) in seiner Stadt«.” Der Apostel Judas-Thomas war also — das besagt die Angabe auf der Burg von Edessa oder (Burg = Stadt) in Edessa bestattet. Der Name »Birtha« in Bezug auf Edessa muss so technisch ge- worden sein, dass ihn auch die Griechen brauchten; denn die An- gabe, Judas sei »in Britio Edessenorum« begraben, hat sich sogar in lateinischer Fassung erhalten. Ferner, die Birtha von Edessa ist mit dem Könige Lucius Abgar IX., eben dem Könige, der sich zum Christenthum bekehrte, auf’s engste verbunden; er hat dort grosse Neubauten aufführen lassen. Nun können wir zu unserer Notiz im Papstbuch zurückkehren: »Eleutherus accepit epistolam a Lucio Brit- tanio rege, ut christianus efficeretur par eius mandatum.« In »Lucius« steckt, wie wir gesehen haben, Lucius Abgar, und in dem »Brittanio rege« steckt das »Britium (Edessenorum)« der Judas-Thomas-Legende. ! Man weiss, wie geläufig bei den Syrern dieser Pleonasmus ist. Die Auf- schrift des Abgar-Briefes an Jesus (Euseb., h. e. I, 13) lautet z. B.: "IHcoY cwTÄPI Ana- @ANENTI EN TOTT@ "lepoconYmoan. Ferner sei bemerkt, dass in den von LAGArDE (Constit. Apost. 1862 p. 281ff.) veröffentlichten griechischen Scholien zahlreiche Städte erwähnt werden, aber nur bei Rom und bei Edessa »# möAIc« ausdrücklich zum Namen hinzu- gefügt ist. 2 Dass es in dem Reich von Edessa (Osrho@ne) auch eine Stadt Namens Birtha gegeben hat, sei angemerkt (s. Paury-Wıssowa III Col. 498); aber an sie wird nicht zu denken sein. Judas ist der Apostel der Hauptstadt, d.h. Edessas selbst, und dort ist sein Grab vom 3. Jahrhundert an gezeigt worden. 3 Über das Palatium in Edessa siehe auch die interessanten Angaben der Silvia. Harnack: Der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus. 915 I Wie die ursprüngliche Überlieferung wörtlich gelautet hat, d.h. in welcher Weise sich in ihr das Wort Birtha fand, das lässt sich natürlieh nicht mehr ermitteln‘; aber dass »Britium« aus »Birtha« entstanden ist und dass es Anlass gegeben hat, hier einen König Lucius von Britanien zu vermuthen und flugs zu statuiren, scheint mir nun eine gebotene Annahme zu sein — so wahrscheinlich wie die, dass in dem Berytus der Legende ebenfalls die Birtha von Edessa steckt. Woher aber mag die zum Compilator des Papstbuches oder viel- mehr zu einem seiner Gewährsmänner gelangte Angabe stammen, der König Lucius Abgar habe in der Absicht, zum Christenthum über- zutreten, an den römischen Bischof Eleutherus einen Brief gerichtet? Da man schwerlich an eine Erinnerung der römischen Gemeinde denken darf, die sich ein paar Jahrhunderte hindurch fortgepflanzt habe, so liest die Annahme am nächsten, dass sie aus dem Kecroi des Julius Africanus herrührt, der, wie bekannt, in diesem Werk von Abgar mancherlei berichtet und das Archiv von Edessa für die edesse- nische Königsgeschichte eingesehen hat.” In der Chronik des Julius kann sie kaum gestanden haben; denn Eusebius hätte sie schwer- lich übergangen.’ Die Angabe selbst scheint mir keineswegs unwahrscheinlich, sondern sehr glaubhaft. Trat, wie feststeht, Lucius Abgar zum Christenthum über, so wird er auch Verbindung mit dem römischen Bischof gesucht haben, und Eleutherus regierte zu der Zeit, da er den Übertritt erwog. Dass der römische Bischof Victor, der Nachfolger des Eleutherus, Beziehungen zu Edessa hatte, haben wir oben gesehen: die Gemeinden von Osrhoöne haben um das Jahr 190 an ihn ein Schreiben im Österstreit gerichtet. Da wird man einen Brief des Königs an Eleutherus nicht in’s Reich der Fabel verweisen dürfen.” Selbst die spezielle Inhaltsangabe des Briefes des Lucius Abgar an Eleutherus: »ut christianus efficeretur per eius mandatum« kann wesentlich ! Zu vermuthen ist: »Eleutherus accepit epistulam a Lucio rege Birtio [Edesseno- rum], ut ete.« Diese Fassung würde die Verwechselung trefflich erklären. Mit Recht macht mich Hr. Hırschrerp auch darauf aufmerksam, dass die Stellung der Worte »a Lucio Brittanio rege« und die Unform »Brittanio« auffallend ist. Man erwartet »a Lucio rege Brittaniae«, und so hat auch Beda die Notiz mit ihrem auffallenden »Brittanio« corrigirt. Darf man nicht in den seltsamen Worten »a Lucio Brittanio rege« noch eine letzte Spur des werdenden Quid pro quo’s sehen? ?2 Siehe Haııer, a. a. OÖ. Bd.9 H.ı S. 51, meine Chronologie Bd. 2 S. 161. 3 Aber den Übertritt des Abgar zum Christenthum hat Africanus in seiner Chronik vermerkt. Von dort ist die Notiz in die Chronik Euseb’s übergegangen (s. z. ann. 2235). * Nur mit aller Zurückhaltung werfe ich die Frage auf, ob etwa der wirkliche Brief des Lucius Abgar an Eleutherus von Rom etwas zur Entstehung des gefälschten Briefwechsels zwischen Abgar und Jesus im 3. Jalırhundert beigetragen hat. 74* 916 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 19. Mai 1904. richtig, wenn auch eine etwas tendenziöse Modification des wirk- lichen Briefinhaltes sein,' der von dem Übertritt zum Christenthum gehandelt hat. Wann die Umwandlung des Briefes des Lucius Abgar in einen Brief eines britischen Königs Lucius vorgenommen worden ist, bleibt, wie bisher, dunkel. Die Beantwortung der Frage hängt von der Entscheidung der anderen Frage ab, wann die älteren Viten des Papstbuches ihre jetzige Gestalt erlangt haben. Dieses Problem ist noch immer nicht widerspruchslos gelöst. Nicht lange vor dieser Redaction — um das Jahr 500, vielleicht erst erheblich später — wird das Quid pro quo vollzogen worden sein, welches England einen christlichen König Lucius um das Jahr 180 geschenkt hat. Eine Möglichkeit bleibt bestehen, dass es aus Unkenntniss geschehen ist; das seltsam lautende »Brittanio« könnte dafür sprechen; wahr- scheinlicher ist doch eine bewusste Absicht. Zur völligen Evidenz lässt sich die Vertauschung Birta, Britio, Brittanio, Brittaniae nicht erheben; die Gleichung Lucius = Lucius Abgar scheint mir aber auch ohne sie gewiss. Doch hat jene Umsetzung an dem Birtio Edesseno- rum der Apostel-Legenden eine starke Stütze, und wer Vertauschungen wie Birta, Britio, Beryto, Brittanio für unwahrscheinlich oder gar für unmöglich hält, dem werden noch viele Freuden und viele Enttäu- schungen bevorstehen, wenn er sich zum Studium geographischer Namen und ihres Übergangs aus einer Sprache in die andere in den Manuseripten des frühen Mittelalters entschliesst.” ! Die Worte »per mandatum eius« tragen den Stempel einer späteren Zeit. 2 Eine Parallele sei hier noch mitgetheilt, die um der Ähnlichkeit des Namens willen von Interesse ist. In den Subseriptionen des Nieänischen Coneils (s. GELZER p- LV, meine Missionsgesch. S.447) hat ein Bischof einer (unbekannten) Stadt in Arabien nach den lateinischen Zeugen so unterzeichnet: »episcopus Beretanensis, Beritanensis, Beresatana, Beretarensis, Berthanensis, Bartanensis, Veritanensis, Benta- nensis«. Die syrischen Zeugen schreiben Brtn’ws und Brtnj, letzteres kann ohne Weiteres in »Britaniae« aufgelöst werden. 97 Ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln. Von TnuEopvor WIEGAND und U. von WILAMOWITZ- MOELLENDORFF. (Vorgelegt am 14. April 1904 [s. oben S. 737].) Hierzu Taf. IX. D- Urkunde wurde im Frühjahr 1903 in Tigani innerhalb des alten Stadtbereichs von Samos gefunden, als man nach Bausteinen grub. Dank der Fürsorge des Präsidenten der Samischen Regierung, Hrn. Dr. Tuemıstoxtes SornuLıs, wurde sie alsbald in das Kastell des Lo- gotheten überführt und in einer Kapelle niedergelegt. Hr. SopkuLıs hat sie dort im Juli 1903 an Tu. Wırsann gezeigt und in freund- lichster Weise gestattet, daß dieser Abschrift und Abklatsch nahm, aus Zeitmangel nur von dem Haupttexte A, da die Namenlisten der Seiten B und C versintert waren. Von diesen hat Hr. Dr. A. Rem später Abschrift und Abklatsch genommen, als er im Herbst desselben Jahres von Milet aus Samos besuchte. Die Abschriften hat U. v. Wıra- mowırz nach den Abklatschen revidiert, die Erläuterungen hinzugefügt und das Ganze redigiert. Der Text steht auf dem Unterteil eines rechteckigen Marmor- pfeilers, dessen Ablaufprofil erhalten ist. Oben befindet sich eine roh behauene Fläche, indessen war das antike Werkstück hier sicher be- endet, da sich darin ein Dübelloch mit Gußkanal befindet , falls dieses nicht von späterer Verwendung herrührt. Der Pfeiler ist noch 123 cm hoch, die Vorderseite ist 42.5 em, die Nebenseiten sind jetzt 44 cm breit. Die Rückseite mit dem Spitzhammer bearbeitet. Das ist ge- schehen, als zu einer neuen Verwendung des Steins diese Seite und ein Teil der beiden anschließenden weggehauen ward. Der Haupt- text A steht auf der linken Nebenseite, B auf der Vorder-, C auf der rechten Nebenseite. Falls nicht oben der Stein sehr viel länger war, oder ein gleichfalls beschriebener ansetzte, war auch die vierte Seite einst beschrieben, denn es fehlt wohl mehr als wir haben. Die ıcm hohen Buchstaben sind sorgfältig eingehauen, aber die Schrift 918 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. ist ziemlich ungleich, sowohl in der Bildung mehrerer Zeichen wie in der Buchstabenzahl der Zeilen. Eine Probe gibt die von dem Ab- klatsch genommene Photographie von Zeile 77—90 auf Tafel IX. 15 20 25 30 A “N Ton eym|opwTATwN. THN AE& ATIÖAEIEIN moleicew|can To? MHnöc To? KPponıßnoc EN TÄI AEYTEPAI TON ER |KAHCI- ÖN. CYNATETWCAN A& THN EKKAHCIAN Ol TIPYTÄNEI[C EN TÖI BEÄTPWI KAl KENEYETWCAN TOYC EKKAHCIÄIONTA|C KA- TÄ XIAIACTYN KABGIIEIN, CHMEIA TIOIHCANTEC KAl T[örron AIOPICANTEC EKACTHI TON XINIACTYWN’ Öc A AN ÄTIEI- ehı Kal MH KABIIH EN THI EAYTOY XINIACTYI, IHMIOYTW- CAN CTATÄPI TIATPIWI. EAN AE AAIKWC EIHMIÖCBAI Al, TTAPATPAYACeW, KAI H KPICIC FINECEW EN TÜI TIOAITIKWI Al- KACTHPIWI EN HMEPAIC EIKOCI. TINECEW A& KAl H TIPOBOAHI KAl H XEIPOTONIA YIT’ AYTÖN T@N XIAIACTHPWN. EN TAYTHI A TÄI EKKAHCIAI AOKIMAIETWCAN Al XINIACTYEC Kal TÄ YrıoehMmAaTaA Kal ToYc Errvoyc.' Ä A’ AN AOKIMACWCIN Y- TIOB8EMATA KAl OYC AN AOKIMACWCIN EFFTYOYC KATATPA- BETWCAN Ol TIPYTÄNEIC EIC TÄ AHMÖCIA TPÄMMATA. Ö- MolWC AE& KAl TOYC ÄTIOAEIXBENTAC MENEAWNOYC KATA- XWPITLETWCAN EIC TÄ AHMÖCIA TPAMMATA. DOTAN A IH XEIPOTONIA MEAAH TINECBAI, 6 TÄC TIÖönEWC KÄPYE errely- zZÄCeW, TOIC XEIPOTONHCACIN OYC NOMITOYCIN BEATICTA TIPOCTHCECEAI TÜÖN XPHMATWN ÄMEINON EINAI. Oi A&C ATIO- AEIXBENTEC EICTIPACCETWCAN TON TOKON TIAPÄ TÜN Ac- AANEICMENWN KAl AIATPABETWCAN TOIC EM TO? CITOY KE- XEIPOTONHMENOIC ANAPACIN. EKEINOI AEC ATOPAIETWCAN cITON TON ATIO TÄC EIKOCTÄC ÄTIOMETPOYMENON” TAc €&z AnAlwN, AIAÖNTEC TÄI BEe@l TIMMHN MH ENÄCCONA ac TIPOTEPON Ö AHMOC TETAXEN 2.2... TIENTE KAl AY ÖBO- NnoYCc. TO AE YTIEPAIPON APFYPION, EAM MEN MH AÖEHI TÜI AH- MWI CITWNEIN, THPEITWCAN AYTOI MEXPI OTOY ETEPOI ATIOAEI- xeßcın Ei TOP CITOY' EITEN AIATPAHETWCAN EKEINOIC. EAN AL AÖEHI CITWNEIN, ATIOAIATPABETWCAN TIAPAXPHMA TÜI KE- XEIPOTONHMENWI CITWNH. EKEINOC AE AÄTOPAIETW TON Ci- TON €k TACc AnaleiTIaoc xWPAC ÖN TPÖTION AN NOMIIH AYCITENECTATA KATACTHCEIN TAI TIÖNEI, EAM MH TIOBEN ANNO- BEN AYCITENECTEPON $AINHTAI T@I AHMWI CITWNEIN. EI A& MH, TE- Der Stein errvoy.c. Vor dem letzten non fünf Stellen frei, Rasur. Die sieben Stellen hat der Schreiber freigelassen. Taf. IX. zungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1 904. 24 Sit Tun! INN %* x Da ar Ä Yan N upoyyın uogoryuogo sne u S\ \ \e Ahr ER. N \ 1 J0Y}0 Jg] UoA Zungeyosog SR (ERR AARON, | > v is N Vor € N Wi # h RAN RN ar ap dOqn soureg UOA ZJOSON U ASS : IHUOANATTIOTN BEN ZLIMONVTLM NOA SER AN) A p NN Tu. WIEGAND u. von WiLamowrTZ- MOELLENDORFF: Gesetz von Samos. 919 35 NEceWw ÖN TPÖTION AN AÖZH TÖI AHMWI. mPOTIBeT|w|can A& mep|i TOYTOoY Kae’ EKACTON ENIAYTON ol rieyTänleıc] oli Tö|n MmAnA TON APTEMICIÖNA TIPYTANEYONTEC, TIOIHCAMENOI TIPOFPAGHN. A- TIOAEIKNYTW AEC Ö AHMOC KAa” EKACTON ENIAYTON EN TÄI TIPWTH TON APXAIPECI@N META TO KATACTÄCAI TÄC XEIPOTONHTÄC 40 APXÄC ÄNAPAC AYO, EE EKATEPAC ®YAÄC ENA, TOYC E&co- MENOYC EITI TOY CITOY, MH ENÄCCONA OYCIAN EXONTA EKÄTEPON TANANTWN TPIÖN. OYTOI A& TIAPAAABÖNTEC TÖN TÖKON TIAPÄ TON MENEAWNWN AIAÖTWCAN THN TIMHN TOY CITOY Kal &- AN TI AAAO AATIÄNHMA TINHTAI, TIAPAMETPEICBWCAN Ak 45 KAl TON CITON. ÄTIOAEIKNYTW A& Kal CITONHN Ö AHMOoC EN I TAI AYTÄaI ERKAHCIAI, MM ENÄCCONA OYCIAN EXONTA TA- NÄNTWN AYO. TINECEW AE, EAN AÖEZHI, KAl MicewWcic TOY AP- rypioly| TO? Ek TO? TÖKoY, EAN TINEC BOYAWNTAI YITIOBEMA- TA AÖNTEC AÄZIOXPEA KAl AlETTYHCANTEC TIPONABEIN 50 KAl AYCITERECTEPON KATACTÄCAI TON CITON. TAN A& alı- EFFYHCIN TIOIEICBWCAN Oi ANAPEC Ol XEIPOTONHBENTEC en]! To? citov Kınaynolı TOI EAYT@Nn. TON A& CYNATOPACEEN- TA TIANTA AIAMETPEITWCAN TOIC TIONITAIC KATÄ XINI- ACTYN TOIC ETTIAHMOFCIN, METPOFNTEC EKÄCTWI TOM MÄ- s; NA AWPEÄN METPA AYO. AÄPXECEWCAN AL TÄC AIAMETPHÄC|E- WC MHNÖC TTenvcıißnoc Kal METPEITWCAN EzÄc &o Ocoyc AN ERTIOIRI MÄNAC" ETEPOI A& YTIEp ETEPOY MA METPEITWC|AN, elAm]| MH TIC APPWCTÄI” TIOIEICEWCAN A& TMN METPHCIN ATIO NOYMHNIAC EWC AEKÄTHC, TOIC AEC ATIOAHMOFCIN EAN Erew- 60 CIN EWC TPIAKAAOC. ATIOAIAÖTWCAN A& AOTON KA EKACTON MHNA TOM METPHCAMEN@N EITI TO EZETACTHPION TPÄBONTEC KATÄ XINIACTYN KAl TIPOCTIBENTEC TÄ ÖNÖMATA TÜN METPH- CAMENWN. EEZOYCIA AL ECTW TOIC XIAIACTÄPCIN TON AYTON ME- AEAWNON ÄTIOAEIKNYEIN EBEEÄC €b ETH TIENTE. EAN AE TIC TON RN 65 AANEICAMENWN MH ATIOAIAOI TO APTYPION ÄH TIAN A MEPoc TI,TO Y- TÖBEMA ATIOAÖCEW H XINIACTYC, KAl EAN TIC YTTEPOXH FENHTA|I ATIOAOTW TWI TO YTTÖBEMA AÖNTI. EAN A& TI ENAITIH, THN TIPÄEIN TOIHCACEW EK TOYF EITYOY. TON A TÖKON AIAOTW TON emigAnno|N- TA H XIAIACTYC TOIC ET TOF CITOY XEIPOTONHEEICIN. EAN AL MH 70 AOl, MH AIAMETPEICOWCAN Ol XIAIACTÄPEC TON ETTIBÄNAON- TA CITON MEXPI TIOIHCWCIN TA AIKAIA. EAN A TIC TÜN XEIPOTO- NHBENTWN MEAEAWNÖN AABWN TO APTYPION Ö AEI AYTON AA- NEICAI MH AANEICHI AAN” AYTOC KATACXH EIT AAIKIAI. ÖBEINETW TAI TIÖNEI APAXMÄC MYPIAC’ ÖMOIWC A&C KAl EAN TON TÖKON MH ! Die beiden ersten Stellen frei. 920 1 {er 80 85 jele] Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. ATIOAOT TOIC ETTI TOP CITOY XEIPOTONHBEICIN ÄNAPÄCIN ÖBEINE- TW TO ICON TIPÖCTIMON, KAl ÄNATPAYATWCAN AYTOY THN OYCIAN Ol EZETACTAI TÄI XINIACTYI TIPÖC TO APFTYPION Ö KABÄKON HN AY- TON ATIOAOYNAI’ TIPOC A& TO TIPÖCTIMON ÄNATPAYATWCAN ATIMON, KAl ECTw EWC KATABÄNHI ATIMOC. MH AIAMETPEICOWCAN A MHalE OT XInIACTÄPEC TON ETTIBÄNAONTA CITON Ol ATIOAEIEANTEC TON ME- NEAWNON TOM MH KATABAAONTA TÄ XPHMATA. EAN AE BOYAWNTAI [oi XINIACTÄPEC KATABANEIN TÄ XPHMATA H TIANTEC H TINEC AYTOlN TIPÖC MEPOC, A Ö MERAEAWNÖC OYK ATIEAWKEN TAI TIöneEI H Ö AANEICAM|E- NOC, E&zOYcia AYTOIC ECTw, KAl WC AN KATABÄAWCIN AIAMETPEICE W- CAN TON CITON A® 0Y AN KATABANÜCIN. MH EEOYCIA A& €c- TW MHEEN| EIC MHEEN Anno XPHCACBAI TOIC XPHMACIN TOYTOIC MHAC TÖI TITITONTI AP AYTON Ann EIC TON AWPEÄN AIAMETPOYM[E- N N NON CITON. EAN A& TIC H TIPYTANIC TIPOEÄI H PHTWP EITIHI Ä EmICTÄTH[C N ETTIYHEICHI, WC AEIN TIPOXPHCACBAl EIC AANO TI H METENEFKEIN, ATIO- Tıln|ETw EKacToc APaxmÄc MYPlac. ÖMolwc A& Kal EAN TAMIAC A Me- NEAWNÖC H TON Em TOY CITOY XEIPOTONHBENTWN H CITWNHC Ad- cIN Ä TIPOXPHCWcIN EIC Anno TI KAl MH EIC TON AWPEÄN AIAME- TPOYMENON. Die Schmalseiten sind verstümmelt, als der ganze Pfeiler zu neuer Verwendung zugehauen ward. Die Breite läßt sich nicht schätzen; wie die Ergänzungen zeigen, war sie nicht unbeträchtlich, aber die Anordnung der Namen ließ meistens viel Platz frei. Hinter Jedem Namen meistens freier Raum. B Aıonvcöawploc .... ArpncAc! AcontılAaov Xarianmoc Neo|NTt... Anmntrioc Aptlem.... Kal Yrıep To? Yio? Arltem... [211 ANeiniac Aubpoy ER[ATON Kal YIIEP TON YiOn Aıoawpov kai Aecınlloy ..... AHmooon "Ertikoypo[v Kal Yırep To? Yior "Erıkloypov 10 XAIPITITIOC XAPMITITIOY Eyaıkion Aineoy Alako|ciac EyorAioc Aineoy Alar|ociac "ApHToc "EPzAnopoc Kal |YTTEP ToY YioY ı Lesung sicher; ArHcAc, wenn kontrahiert aus Arhceac, aber überhaupt be- {remdlich. Ti. WıEGAND u. von Wıramowitz-MOoELLENDORFF: Gesetz von Samos. 921 APHToY TIeNTaKoclac Tim.... ıs 'EPEHNOPOC EKATON "ErzHnwp [Kal Iuinoc Aprtemiawpov Alar|ociac XaPmion XAPIAHMOY AIAKOC|lAc CurtÄrıxoc Aıonvcioy Yrıep Ar|To?' Kal Tor vio? MANAPWNOC AIAKOCIAC 20 AıonYcioc CwrtHPixoY EKATÖ[N ®inoeHroc TTonemArxoy EKAT|ön Mönrtnoc ®ınickoY AIAKOCIAC AHMHTPIOC” ÄTTOANOAWPOY EIKATON ®inıcrianc Arronnwniov EKAT|öN 25 PinwniaHc @PinicKoY EKATÖN AcKnHmAAHC® ACcKAHTTIAAOY Meneanmoc Meneatmoy Mykanelyc' "APxanaPpoc Ton&wc EKATÖN TTönnıc AeHnAröPOY EKATON so Arictapxoc Iwsiov Alakoclalc ANTIxAPHc MeneAHMoY EKATÖN Avcaniac Aycıkneovc Alako[ciac Kritwn OYanıAaoY EKATON Oeöawroc Oeoawrov Ekat|ön 35 "ImmwnaKTianc "Epmioy EKATÖN Cımiac "ImmwnaKTiaoy EKATÖ|N Avorennc "YeaHcloy Yrıep AY|TOF Kal TON Yiün "YaHciov Kal Opacyanoy TE|TPAKOCIAC” IAHMHTPIoc MHTPOAWPOY .... so Anazimanaroc AaHritlov .... AHmATPIoc "EikPAToY E|KATON Nı6Awroc A1lockoyPlaoy Timwn Kannırenoy ER|ATON ®inickoc Kıcco? ERatlön 45 APXEANAz XAIPIMENo|YC Anapöeemic Menwnoc |... Zenwn "Ekataloy EIKATON CrrAtun Eratalor |... ! Der letzte Buchstabe nur in der Abschrift. ” TPIoc auf Rasur. ® Hinter dem ersten Ac ein Buchstabe radiert. Also ein Untertan aus dem festländischen Besitze, der unter den Bürgern er- scheint, wie in Athen ein CAnaminioc öder "Eneysereyc. ° Vom letzten Buchstaben zeigt der Abklatsch nur eine Hasta, würde also auch TPIAKOCIAC gestatten. 4 922 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. “Hruciac Aptemia|wpov so Menemaxoc AAmwl[noc Cucisioc CuTiwno|c Kal Yrrep TO? Yior Co]... "Erikahc "Ermikneovc Kal Yrıep TO? Yior 'Eriklaeovc ss Boickoc TIyeonew AılAKOoCIAC TTrpönovc TIpönov Aıalkociac MeneKPAtHc KTHcBBloY ..... Taypeac MıkkAnoy EKa|Tön "Hpöaortoc “"HPpoaöTtoy 60 Aıaröpac AroPAKPITOY Armon Cocov EkAatöln AıonYcıoc MHTPoaw|PoY Aıöawroc |E]Yzeniaov Alıarociac Oeösınoc Aurmwnolc| EralTön 65 A HNOAOTOCH "Yenrcıoc IH[no]aötlolr Alıakociac Anrimatpoc AnTıTmAT[poY TTyppoc Manarokneiov[c Anezanaroc Arıcteo[v 70 Kal Yrıep TOY vio? Oeorenovc Aılarociac Onramennc "HpoadTovY Alakoci[ac ©anfc "EPMioY AIAKOCIAC Atonnwnioc EYTYxoY EKATÖN Neicieeoc 07! EKATON -ı un Aıockoypiaunc MHTPOAWPOY EKAT|ÖN "arporaAc MAIANAPOY EKATÖN Malianaroc "latpokneloyc AalaKoc|iac Oelomanariance "Poawnoc EKATÖN ElYaıoc Cwreov EKATön so TToceiaımmoc TToceıainmoy EKatöln TToceiaımmoc ®intew Exa|Tön, Kal Yrmep ToY Yiof DıinTew EKATÖN Cweisioc CuwTiwnoc Yrrep Cuwcıisioy To? TToceıawnioy EKATÖN 85 'Epmwn ArTtonnwNIOY EKATÖN Mıinniwn MeAANTA” EKATON. ! ®0Yc wohl ein karischer Kurzname üc Tnofc TInofc. ® Der äolische Name (Theophrasts Vater hieß Melantas) hat seine Flexion bewahrt. Tu. WIEGAND u. von Wıramowrrz-MOELLENDORFF: Gesetz von Samos. (& .Inoy Er[aron" ERJATÖN .. o]|Y EKAToN SEE EKATÖN 5 me|nTaKo[ciac EKAT]|ON . plolv ER]ATön .. 0Y EKATÖN .. 0|Y EKATON 10 ...@ EKATÖN .. YTOY AIAKOCIAC ..... TONTOC TIENTAK[OCIAC . IAOY AIAKOCIAC .. AWPOY EKATÖN 15 .. o|Y EKATON .. WNOC EKATON TIYAA|FÖPOY TIENTAKOCIAC TT]yaarörov Trentakolciac . |A0OY AIAKOCIAC mE[NTÄKONTA En ...10Y AIAKOCIAC TIENTH|KONTA ... YAHIOY” TIENTAKOCIAC . AlPpıcreoy EKATÖN KaeocTPAToY EKATON ...TOY EKATÖN 25 .... "Hpoeemiaoc Alakoci[ac . YKnelovc Alakolciac 22.2. VBAHCIOY EKATON ..... Menekneloyc EKat[ön TTAnTarnoToY ER[ATON 30 ....0C TTavcanioy EKATöln ....Yroc "Hremon&wc me|nTaKoclac ... APIcT&wc EKATÖN .. Toc Lwinoy xınlac “2. POKAEIOYC EKATON 35 .... Alicxpiwnoc EKATÖN „2... POC Tım&eoY EKATON” „2.2. ERATAloY AIAKOCIAC .. eelmıc Zenokneioyc EKATON ! ex fehlt auf dem Abklatsch. ? EyYaHioy die Abschrift. ® TIMeoY eka in Rasur; unter KA sieht man oc. 924 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. .. Alwpoc Biwnoc EKATöN +0 AHMmHTPIOolc CwTA EKATON Kal Yrıep TON Yion CuTA Eratön, AHMHTPlioY TPIAKOCIA|C /AHMoBInoY TPIAKOC|IAC. Übersetzung. Die Ernennung (der merneawnoi) sollen sie (die xınıacrArec) im Monat Kronion in der zweiten Volksversammlung vornehmen. Berufen sollen die Volksversammlung die Prytanen im Theater und den Teilnehmern befehlen, sich nach Tausendschaften zu setzen, und dazu für jede Tau- sendschaft Zeichen aufrichten und einen Platz abgrenzen. Wer un- gehorsam ist und nicht in seiner Tausendschaft sitzt, den sollen sie um einen Stater altheimischer Art büßen. Behauptet er zu Unrecht gebüßt zu sein, so soll er Einspruch erheben und das Urteil soll binnen zwanzig Tagen beim Bürgergericht! gefällt werden. Die Be- anstandung und die Abstimmung darüber soll von den Tausendschaft- lern selbst erfolgen.” In dieser Volksversammlung sollen die Tausendschaften sowohl die Pfänder als die Bürgen prüfen. Die Pfänder und Bürgen, die die Prüfung bestehen, sollen die Prytanen in die öffentlichen Bücher eintragen: ebenso sollen sie die erwählten Pfleger (meneawnoi) in die öffentlichen Bücher eintragen. Wenn die Wahl vor sich gehen soll, soll der Herold der Stadt beten, daß es den Wählern gedeihe, wenn sie diejenigen wählen, denen sie zutrauen, die Gelder am besten zu verwalten. Die erwählten (Pfleger, mereawnoi) sollen die Zinsen von den Hypothekenschuldnern eintreiben und diese Zinsen an die Korn- verwalter (Toic Em To? cirov) überschreiben. Die (Kornverwalter) sollen das Korn ankaufen, das vom Zwanzigstel aus Anaia ein- geht, und zwar darf der Göttin kein geringerer Preis bezahlt wer- den, als er früher vom Volk festgesetzt ist, nämlich fünf (Drachmen) und zwei Obolen. Das überschießende Geld sollen sie, wenn das Volk keine weiteren Getreideankäufe beschließt, selbst aufheben, bis andere Kornverwalter ernannt sind: dann sollen sie es an diese über- ! Das TIOAITIKÖN AIKACTHPION steht vermutlich im ‚Gegensatze zum ZeNnIKöN, in dem Richter saßen, die aus einer andern Stadt erbeten waren. ® Der Ausdruck macht nicht klar, ob der appellierende Tö OnomA ToY TIPYTANEwC TIPOBANNETAI, oder der Prytan TO önomA TOY AAIKkoYnToc, d.h. ob die auferlegte Ordnungs- strafe oder die angemeldete Appellation dagegen durch eine Abstimmung der versam- melten Chiliastys bestätigt werden mußte; wahrscheinlich ist das erste. Tu. WıEGAND u. von Wıramowrrz- MOELLENDORFF: (Gesetz von Samos. 925 sehreiben.‘ Wird aber Ankauf beschlossen, so sollen sie es sofort an den erwählten Kornkäufer (cıranHc) definitiv überschreiben.” Der soll das Getreide aus der Landschaft von Anaia einkaufen so wie er es der Stadt am billigsten einzurichten glaubt, es sei denn, daß der Demos es irgendwo andersher billiger bekommen zu können glaubt. In diesem Falle’ soll es nach dem Beschlusse des Volkes ge- schehen. Eine Vorlage hierüber sollen alljährlich die Prytanen des Monats Artemision machen und vorher auf die Tagesordnung setzen. In jedem Jahr am ersten Tage der Beamtenwahlen nach Ein- setzung der Wahlbeamten soll das Volk zwei Männer, aus jeder Phyle einen, als Kornverwalter anstellen, von denen jeder nicht weniger als drei Talente Vermögen besitze. Diese sollen von den Pflegern die Zinsen übernehmen, den Preis des Kornes und was sonst an Ausgaben erwächst, bezahlen, und auch bei der Ausmessung des Kornes mit- wirken. In derselben Volksversammlung soll das Volk auch einen Kornkäufer anstellen, der nicht weniger als zwei Talente Vermögen besitzen muß. Es soll, wenn es gut scheint, auch eine Ausleihung des aus den Zinsen erwachsenen Geldes stattfinden, falls Leute gegen Stellung hin- reichender Hypothek und Bürgschaft das Geld vorwegnehmen und so das Getreide nutzbringender machen wollen. Die Verbürgung sollen die Kornverwalter auf ihre eigene Gefahr treffen. Das gekaufte Korn sollen sie den Bürgern nach Tausendschaften zumessen, soweit sie ortsanwesend sind, einem jeden Bürger monat- lich kostenlos zwei Maß. Beginnen sollen sie mit der Zumessung im Monat Pelysion und so weiter zumessen, so viele Monate es reicht. Einer statt des andern sollen sie nicht zumessen, es sei denn, daß einer krank sei. Vornehmen sollen sie die Messung vom Neumond bis zum zehnten Tag; für die Abwesenden, falls diese zu- rückkommen, bis zum dreißigsten. Über die Empfänger sollen sie in jedem Monat beim Rechnungshof Nachweis führen, geordnet nach Tausendschaften und unter Beifügung der Namen der Empfänger. Die Tausendschaftler sollen das Recht haben, denselben Pfleger fünf Jahre hintereinander anzustellen. Wenn einer der Hypothekenschuldner das Geld nicht entrichtet, ganz oder teilweise, so soll die Tausendschaft das Pfand verkaufen. ! Darin liegt vielleicht nur die Aufsetzung der Übergaberechnung; aber man pflegte eine solche Summe bei einem Bankier zu deponieren, so daß die Übergabe wirklich ein Überschreiben auf einen andern Namen ist. 2 AroAlarPABeın bezeichnet mit der zweiten Präposition, daß die Funktion der Beamten gleichzeitig, also vor Jahresschluß, erlischt. ° Ein vortreffliches Musterbeispiel für die Erstarrung von ei ae mA; der negative Bedingungssatz, der vorhergeht, gibt gerade dieselbe Bedingung an wie dieses. 926 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. Entsteht ein Überschuß, so soll er dem Pfandsteller übergeben werden; fehlt aber etwas, so soll die Tausendschaft das Eintreiben bei dem Bürgen vornehmen. Den fälligen Zins soll die Tausendschaft den Kornverwaltern zahlen; zahlt sie ihn nicht, so sollen diese Tausend- schaftler das fällige Korn sich nicht ausmessen lassen, bis sie ihren Verpflichtungen nachgekommen sind. Wenn einer der erwählten Pfleger das Geld, das er ausleihen soll, nicht ausleiht, sondern selbst in doloser Weise behält, so soll er der Stadt zehntausend Drachmen schuldig sein. Gleichermaßen soll der, welcher den Kornverwaltern die Zinsen nicht zahlt, die gleiche Buße schulden, und sein Vermögen sollen die Rechnungsbeamten der Tausendschaft zuschreiben in der Höhe des Betrages, den er abzuliefern verpflichtet war. Und zu der Buße sollen sie ihn auch als ehrlos aufschreiben, und ehrlos soll er bleiben, bis er bezahlt hat. Die Tausendschaftler, welche den Pfleger erwählt hatten, der das Geld nicht abliefert, sollen ihr Kornanteil nicht ausgemessen erhalten (bis er bezahlt). Wenn aber die Tausendschaftler alle oder einzelne teilweise das Geld zahlen wollen, das der Pileger, den sie gewählt hatten, der Stadt nicht abgeliefert hat oder der Hypo- thekenschuldner nicht bezahlt, so soll ihnen dies freistehen, und ent- sprechend ihrer Zahlung sollen sie Korn zugemessen erhalten, vom Zeitpunkt der Zahlung ab. Niemand ist ermächtigt, diese Gelder oder ihre fälligen Zinsen anders zu verwenden als für das kostenlos auszumessende Korn. Wenn ein Prytan auf die Tagesordnung setzt oder ein Redner bean- tragt oder ein Epistat zur Abstimmung bringt, daß das Geld vorweg für anderes verbraucht oder auf einen anderen Zweck übertragen werden solle, dann soll jeder zehntausend Drachmen zahlen. Ebenso wenn ein Schatzmeister oder Pfleger oder Kornverwalter oder Kornkäufer es weg- gibt oder vorab verbraucht für irgend etwas anderes als das kostenlos auszumessende Korn. Erläuterungen. Die Schrift des Steines wird man auf den allgemeinen Eindruck hin in den Anfang des 2. Jahrhunderts setzen. Das bestätigt sich dadurch, daß als Ordnungsstrafe der mATPıoc cTatAp erscheint (3), woraus folgt, daß neben dieser altheimischen eine andere Münze kursierte. Im 2. Jahrhundert hat Samos neben den gewöhnlichen Didrachmen, die man also noch Statere nannte, Silber mit dem Alexanderkopf, also königliches, geschlagen.' ! Heap hist. num. 519, der die neue Münze mit der Eroberung durch Philippos 205 in Verbindung bringt, und älter kann sie freilich nicht sein. Daß unsere Urkunde demokratische Autonomie zeigt, ergibt kein chronologisches Moment von Belang. PR Fr [2 Yard Tu. WIEGAND u. von Wirauowrrz-MoELLENDoRFF: Gesetz von Samos. 927 Die Orthographie stimmt zum Anfang des 2. Jahrhunderts. Das Iota der Diphthonge mit langem erstem Vokal ist hinter a und « fest, fehlt aber hinter +, namentlich in Verbalformen, 18, 32, 35. 67, 73; einmal hinter einer nominalen, 31, und einmal, in rposoaHi, 10, ist es fälschlich zugefügt. In “Anaıeitiaoc, 32, ist eı für ı ge- schrieben; das geschieht öfters (z. B. in den delphischen Liedern), um die selbständige Aussprache des ı zu sichern: sie sprachen Aneitis. Falsche Aspiration findet sich außer dem gewöhnlichen &# &rH 64 in Ao AYTOn 87: man sprach eben das Heta nur im Inlaute, und daher verwirrte man Am AYTOn und A® aYton. Der Stammvokal in Yrıösema ist meist gekürzt, wie damals gesprochen ward, aber einmal ist die historische Orthographie Yrıöetma bewahrt, 14. Gekürzt ist der Diphthong wı in dem Konjunktiv aoi 65, 75. &uc regiert den Kon- junktiv ohne An 79. Die Sprache ist gut hellenistisch; von älterem bemerkenswert, daß es noch mexrpı ötoy lautet, 28: das indefinite Relativ ist altionisch. Der Schreiber hat seine Sache sehr korrekt gemacht'; Lücken oder Rasuren innerhalb der Worte sind Selbstkorrekturen ohne Belang; dagegen ist verhängnisvoll, daß 26 das Nominal des Preises nicht ausgefüllt ist. Gelassen hat der Schreiber den Raum für die sieben Buchstaben von AraAxmAc, und es kann kaum etwas anderes fehlen; vermutlich stand in dem Konzepte, nach dem er arbeitete, das in der Kursive geläufige Drachmenzeichen, und er war unsicher, wie er es auf Stein wiedergeben sollte. Der Inhalt ergibt sich zwar aus dem erhaltenen Teile ohne Mühe, aber es wird gut sein, ihn kurz zusammenzufassen. Samos besaß aus alten Zeiten Land auf der gegenüberliegenden Küste bei Anaia.” Es gehörte eigentlich der Hera, die daher von den Bebauern den Zwanzigsten in natura erhielt. Dieses Korn sollte nach Volksbeschluß zu dem festen Preise von 54 Drachmen (auf den Scheffel, wie man annehmen wird) abgegeben werden. Es versteht sich, daß sich Leute finden mußten, die das zahlten, und der Zwischenhandel dem Kon- sumenten mehr abnehmen mußte. Daher wünschte man der Göttin, deren Schatz am letzten Ende doch dem Staate gehörte, einen sicheren ! Nur an einer Stelle dürfte er doch geirrt haben: 58 Ereroı a& Yrıep ETEPoY MH METPEITwCAN, wo es korrekt ETeroc Yrıep Er&poy heißen muß. Nur auf‘ Kosten des Konzipienten kann der Steinmetz entlastet werden. ® Ob die Ländereien an der Mykale, um die sich der immerwährende Streit mit Priene dreht, dazu gehören, muß die Lokalforschung feststellen. Falls die In- schrift vom Anaxtempel, Magnesia 94, wirklich magnetisch ist, hat einmal magnetisches Gebiet sich zwischen Anaia und die Mykale geschoben. Aber die Zuteilung ist keines- wegs ausgemacht; daß ein Sohn eines Pausanias Küster des Anax gewesen ist und ein anderer einmal Münzbeamter in Magnesia, beweist nichts. 928 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. Abnehmer und zugleich den Bürgern billiges Brotkorn zu verschaffen. Darum wollte der Staat, das war die Summe der Bürger, das Korn selbst erwerben und unter die Bürger gleichmäßig verteilen; natürlich nur an die Bürger, die sich meldeten, so daß dabei auch eine Unter- stützung der ärmeren Bürger herauskam. Aber das notwendige Geld hatte der Staat nicht, und die erforderlichen direkten Steuern waren gegen das demokratische Credo, oder vielmehr die Form, sie aufzu- erlegen war die Einforderung »freiwilliger Beiträge«. Die sind denn auch diesmal gezahlt und stehen auf den Seiten BC; sie sind nicht übermäßig hoch, 100 Drachmen das Gewölinliche, nur einmal kommen tausend vor; allerdings erhöht sich häufig der Beitrag dadurch, daß Väter für ihre Söhne besonders zahlen. Die Summe der Zeichnungen, soviel wir sie erkennen, darf auf 20000 Drachmen geschätzt werden, ist also nur ein sehr kleiner Teil, denn man rechnete noch auf einen Überschuß aus den Zinsen des gezeichneten Kapitals; der Zinsfuß war ohne Zweifel in dem verlorenen Teile bestimmt. Das Kapital sollte in gewohnter Weise hypothekarisch angelegt werden, kam also als sehr erwünschtes Betriebskapital in die Hände solcher, die ge- zeichnet hatten.‘ Um nun die Begebung der Hypotheken und die pünktliche Zinszahlung sicherzustellen, griff der Staat auf seine Unter- abteilungen, die Tausendschaften, zurück. Jede Tausendschaft sollte die Prästanzfähigkeit derer prüfen, die sich (aus ihrem Gebiete offen- bar) um ein Darlehn meldeten; sie sollte, falls die Zinszahlung unter- bliebe, das Grundstück subhastieren, aber auch mit dem eigenen Vermögen für den Ausfall haften, widrigenfalls die Getreidespende ! In der solonischen Zeit, die das Hypothekenwesen zuerst zeigt, ist die Be- lastung des Grundstücks eine Kalamität; nicht viel anders denkt man in der ganzen attischen Zeit. In der hellenistischen ist das ganz anders; die Leute sehnen sich danach Geld zu billigen Zinsen aufnehmen zu können. Die entwickelte Wirtschaft braucht Betriebskapital. (Sehr belustigend in der delphischen Urkunde Drr'rEngErGEr Syll. 306.) Der Hauptmangel der damaligen Volkswirtschaft ist, daß in den erwerbenden Ständen das mobile Kapital fehlt, und die Schätze an den Zentralstellen, den Königlichen Kassen, brach liegen oder unwirtschaftlich vergeudet werden. Die Börse fehlt. Immerhin war in den griechischen Städten, soweit sie wirtschaftlich autonom waren, in Stif- tungen eine sehr große Masse Kapital vorhanden, das gegen Hypothek ausgeliehen war. All dieses hat der fremde Wucherer, der römische Senator oder Ritter oder auch der Italiker, den der Senat mit blutsaugen ließ, aufgefressen; manches auch der mithradatische Krieg. Seit Sulla gibt es nur verarmte Gemeinden ohne wirtschaftliche Lebensfähigkeit und einzelne reiche Leute, denen auch das Land meist gehört. An ihrer Munifizenz hängt die eYeHnia oder eYetHPlA. Die scheinbare Blüte der Römer- zeit ist die Blüte dieser kleinen Zahl; die römische Verwaltung hat nichts getan für die Gesundung des wirtschaftlichen Lebens. Daher der rasche Rückfall in Hörigkeit und Barbarei. Die Kaiserzeit hat nicht nur keine Börse geschaffen, sie hat auch die hellenistischen Banken verfallen lassen, und eine Landwirtschaft, die sich durch Hypothek Betriebskapital schafft, existiert auch nicht mehr. inf Tu. WiEGAnD n. von Wiıramowerz-MOoELLENDORFF: Gesetz von Samos. 929 für sie aussetzen sollte.‘ Als Organ für die Zinseintreibung, aber auch für die Mitwirkung bei der Kornverteilung, wählt sie besondere Be- amte, die Pfleger, meneawnoi, wie sie hier mit einem Namen heißen, der in Athen unerhört ist (da sagt man £mimenHrai), aber aus dem Ionischen in die Volkssprache gedrungen ist und durchaus nicht so poetisch ist wie er klingt. Die Chiliastys muß als Verwaltungskörper ziemlich außer Aktion gewesen sein, denn man trifft besondere Vor- kehrungen für die Ordnung ihrer Versammlungen und hält sie un- praktischerweise alle zugleich im Theater ab. Der Staat wählt vier Beamte, die schwerfällig genug oi Emi TO? ciToY KexeıPoTONHMENOI ÄNAPEC heißen. Deren Aufgabe ist, von dem Gelde, das ihnen die Pfleger einhändigen, das Korn der Göttin zu dem festen Preise einzukaufen, und sie assistieren der Messung des Kornes bei seiner Übergabe aus der Hand der Tempelverwaltung in die ihre (maramerreicen 44; die Beobachtung des Genus verbi und die Präpositionen sind ganz scharf). Es ist nun vorausgesetzt, daß die aus den Zinsen einkommende Summe größer sein werde als der Bedarf für das Korn der Göttin. In dem Falle hat der Staat zu bestimmen, ob der Überschuß für nächstes Jahr aufbewahrt, oder noch weiteres Korn anderswoher gekauft werden soll, wobei wieder zuerst an die Äcker von Anaia gedacht ist. Der Beschluß hierüber wird im Artemision gefaßt, dem attischen Munichion entsprechend, also sobald der Ausfall der Ernte sich einigermaßen übersehen läßt, von dem einerseits das Zwanzigstel der Hera, andererseits der Preis des sonst zu beschaffenden Kornes ab- hängt. Für den Einkauf des Ergänzungsgetreides wird ein besonderer Kornkäufer bestellt. Da Zinsen gemeiniglich alle Monat gezahlt wer- den, die Ankäufe aber nur einmal im Jahre, nach der Ernte, zu er- folgen hatten, lag das Geld zum Teil monatelang brach: daher wird den Em To? citov anheimgegeben, es zinstragend anzulegen, aber auf ihre eigene Gefahr. Die Lieferung des Kornes an die Bürger beginnt mit dem Jahresanfang und reicht, so lange Korn da ist. Es erhält jeder Bürger zwei »Maß« den Monat; leider ist keine genauere Be- zeichnung gewählt: auf die Kopfzahl der Familie ist keine Rück- sicht genommen. Natürlich wird über die Lieferung genau Buch geführt, ebensowohl wie die Rechnungen an die Prüfungsbehörde (EzeTAcTHPıon, wie es mit verbreitetem Namen heißt, attisch aorıcrAPrıon) gehen. Die Verteilung wird in der ersten Dekade des Monats ge- leistet; nur wer verreist war, kann seinen Anteil bis zum Ende des Monats erhalten. ! Bezeichnend ist, daß auch für diesen Fall damit gerechnet wird, es würden einzelne Mitglieder für die Tausendschaft einspringen. -1 Sr Sitzungsberichte 1904. 930 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 19. Mai 1904. — Mittheilung v. 14. April. Die ganze Institution muß einmal in großen Zusammenhang ge- rückt werden, wozu hier nicht der Ort ist. Die Verteilung des Ge- treides an die Bürger oder doch die bedürftigen Bürger (denn es brauchte ja nicht jeder sich sein Teil zu nehmen, und das wird auch nicht erwartet) erwächst hier daraus, daß der Staat, d.h. die Summe der Bürger, Anspruch auf den Ertrag des Gemeindelandes hat, das hier als heiliges Land erscheint. Von Almosen oder Fütterung des Pöbels ist keine Rede. Die Regierung eines Landes, das Brotkorn nicht mehr hinreichend erzeugt', hat die Verpflichtung, diesen Handel zu regulieren. Das hat Athen früh getan, aber nichts Vergleichbares versucht; Getreideverteilungen sind dort Ausnahmefälle; man übte nur eine starke Einwirkung auf die Großkaufleute, die Getreide einführten, geriet aber doch in Zeiten der Teuerung in Abhängigkeit von ihnen.” Wenn aber in Rom die Demokraten Kornverteilung oder doch staat- liche Kornverkäufe zu billigem Preise durchgesetzt haben, so ist das Erste, daß wir uns klar machen: auch hier haben die Römer Insti- tutionen der hellenistischen Kulturwelt übernommen, das Zweite aber, daß wir dem Gedanken der Gracchen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Rom hatte in Asien die ungeheuren königlichen Güter geerbt, die den Attaliden teils Zinsen, teils Erträge in natura, also Korn, geliefert hatten: war es wirklich verwerfliche Demagogie, wenn jemand meinte, dieser Ertrag gehörte den römischen Bürgern und nicht den Steuer- pächtern oder denen, die den ager publicus okkupierten? Man darf die Getreidegesetze von den Ackergesetzen und denen über die Pro- vinz Asia und über Capua und Karthago nicht losreißen. Nur die Entfernungen und die Größe der Verhältnisse überhaupt machten es unmöglich, für Rom durchzuführen, was auf einer griechischen Insel anging, soweit nicht auch dort der Eigennutz der Besitzenden und der Schlendrian der Verwaltung alle Gesetze bald hat einschlafen lassen. Aber es war ganz unvermeidlich und keineswegs verwerflich, wenn die Gedanken der griechischen Demokratie ebensogut in Rom ein- drangen wie die der griechischen Monarchie. Auch auf diesem Ge- biete wird die römische Geschichte vom Hellenismus her erst wirk- lich verständlich. daß der samische Kalender ergänzt und definitiv festgestellt wird; Bıscnorrs Aufstellungen (Leipz. Stud. VII 90) werden nur gesichert, nicht berichtigt. Das Jahr fängt wie das athenische mit dem Sommersolstiz an (was wohl Nachwirkung der attischen Herrschaft sein wird); denn der Monat Kronion (Skiro- Gewinn, der nebenher abfällt, ist 2 ' Die felsige Insel gewährt selbst heute ihren etwa 50000 Bewohnern nicht Raum zu hinreichendem Körnerbau. Aristot. und Athen. I 219. II 374. Tu. WıEGanD u. von Wıramowrrz-MOoELLENDORFF: Gesetz von Samos. 93] phorion), in dem die Wahlen stattfinden, ist begreiflicherweise der letzte, und der Pelysion, mit dem die Getreideverteilung beginnt, der erste. Ergänzt wird der Artemision, den man erwarten durfte. De- finitiv festgestellt wird auch die Zahl der Phylen auf zwei, wie das durch Themistagoras von Ephesos (Et. M. Actvyrranaia) gegeben war und nicht hätte bezweifelt werden dürfen.‘ Die Phylen heißen nach der karischen Stadt XAcıon’, am Flusse XAcıoc und Vorgebirge XAcıon, die eine, nach Acrtvranala, der Stadt Samos, die andere. Ganz ver- kehrt ist es, das Vorgebirge Chesion und den Chesios nach dieser Hauptstadt und an den Fluß Imbrasos zu rücken; denn es ist aus- drücklich an dem Bergstocke Kerketes lokalisiert, der seinen Namen Kerki behalten hat, also auf dem westlichen Zipfel der Insel’. Offenbar sind diese Phylen erwachsen aus der Vereinigung von zwei Städten und Staaten zu einem oder vielmehr aus der Inkorporierung des kari- schen Chesion, das dann als Stadt verschwindet. Sie haben also mit den gewöhnlichen Phylen als Unterabteilungen zu Verwaltungszwecken nichts zu tun. Denen dienen die xınıacryec, die dem Umfange nach sich sehr viel besser mit den attischen Phylen als mit den Demen ver- gleichen lassen; was sie bei der Verwaltung des Kornes zu tun haben, würden ja auch in Athen die Phylen besorgen. Und so werden sie auch den Phylen z. B. von Ephesos Kyzikos Perinth entsprochen haben. ! Es war gänzlich unmethodisch, aus Herodot 3, 26 eine eyaH AICXPI@NIA zuzu- fügen, weil er Leute dieser eya4 als Besiedler der kleinen Oase nennt. Daß bei ihm eya4 nicht technisch zu nehmen ist, zeigte die eyah Airelaaı in Sparta 4, 149: beide Male ist ein Geschlecht gemeint; es könnte ebensogut TIATPH stehen. ® Erwähnt von Apollodor im ersten Buche, also bei der Besiedelung der Insel durch die Ionier, S. 236 Jacosr. Schon das zwingt, die beiden Phylen in die Grün- dungszeit zu rücken. Schol. Nikander Alex. 151 XHcieic TIPÖTON KATWIKHCAN EN CAMUl, eita Actyrranaleic. Weil Samos aus den XHcieic am XAcioc und den Actyrmnaleic am Imbrasos zusammengewachsen ist, erzählt Apollonios (Athen.7, 283°) von einer Heroine, daß ihre Eltern Imbrasos und die Nymphe Chesias waren. Ebendahin deutet die Ge- lehrsamkeit des Kallimachos 3, 228, wenn er die Artemis anredet XHciAc “ImsrAaciH; das folgende Epitheton rIPwToePöne verstehen wir nicht, aber es geht auf den samischen Artemistempel (Herodot 3, 48), von dem Kallimachos erzählt, daß Agamemnon dort ein Steuerruder geweiht hätte. Die Artemis ist natürlich die karische Göttin, die es auf allen Inseln gibt, Hera die aus Argos zugewanderte Hellenin. 3 Nikander Alex. 148 erzählt, daß ein Bock den nYmeAIı XHciAaec die samische weiße Erde zeigte KepkeTew NIBÖENTOC YTIÖ CXOINWAECIN ÖXeAlc, wozu die älteren Scholien (Wentzet, Abh. der Gött. Ges. XXXVII 4r) lauten, Tö A& öroc En Öl TO XHcion Ker- KETION. Den modernen Namen «ibt Ross, Inselreisen II 140. Dort muß man eine vor- griechische Siedelung suchen: dann hat man Chesion und hat man Karer. Ausgegeben am 2. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruekerei. U NER „ ) r rt 4 Als ta NER LINE RT EIER TEn Ba 7" Me WE ve irn a hs 1a Den Di TR Du ar ER N ER e Bi: ie VE ee | er tn 7 N EEE KR f a ver NR A re De Er Pt NER ORT TEE A TE ee mr a Aus iN 4 DROHT UN 5 te i a BANN LEaT27 re Leer 4 DET? ee » f A | were en 5 ee silile ı 0 N Kr rt red A EL DE NE 00 Kieler Pr N EL Sa zT Eure? N av en ner EA ei AT u a < ji DE De F ‚% IV „ Ball r wm ar NT, Falk ‚ep En ae i Nas PEN AEEN E U fi Der IKT rw i ART AAN DIET Ep LAUT ergeäh i ach Kiuoguulund, a? ' ars Dun L Une A ; j \ Ey BUN " RN A hir 1. HE et “N nr \ u ur: a 1 2 ARE 4 MAAEPUHIN h ’ | ' , 7 ne hab; 4 ur - } uw “un er Aut ” un rt DiN; Be un 2 19 “ A. Ne | Br 5 w ' mn 4 \ PEN, wR: . u SE ah m | n Bu irn 4% as Ar is mes a Ir a. “can ae SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXVII. 2. Juxı 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. 81. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- Jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. $.2. 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei. nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 87. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. tt 88. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit. auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. SITZ 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen £ Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag for. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabilrücke bis zur Zahl von noch hundert, und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig. dem redigirenden Secretar angezeigt hat ; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. . 8.28. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem "Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger oder corre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so hat sie ‚der vorsitzende Secretar selber oder durch ein -anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. j [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, sobald das Manuseript ‚druckfertig vorliegt, gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden.] 29. 1. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte ‚ jedoch nieht. e für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für diese wie für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sind nach jeder Richtung nur die Verfasser verant- wortlich. - ; Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkel ri: te wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinburt wird die Stücke von Januar bis April in der ersten » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, » October bis December zu Anfa ‚Jährlich drei Mal, nämlich: Hälfte des Monats Mai, En ng des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Registers 2: N Fu ner BUN Bert 7 { \ | j i j | 933 SITZUNGSBERICHTE 1904 XXVIH. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 2. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLEn. 1. Hr. van'r Horr las eine weitere Mittheilung aus seinen Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXVL. Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung. Gemeinschaftlich mit Hrn. Geiger wurde ein neues Doppelsulfat von der Zu- sammensetzung K, Ca; (SO,)s HzO, welches zwischen Anhydrit und Syngenit liegt, unter- sucht; gemeinschaftlich mit Hrn. Liearenstein ein Doppelborat Ms; K,B.: O;;. 20H,0, dessen ne mit derjenigen des Kaliborits in Beziehung steht. Die be- treffenden Verbindungen wurden bisher nicht als Naturprodukte aufgefunden, wiewohl besonders das Auftreten der ersteren als solches wahrscheinlich ist. 2. Hr. Burvacn sprach »Über den Ursprung des mittelalter- lichen höfischen Minnesangs, Liebesromans und Frauen- dienstes.« (Erscheint später.) Die Stellung des lyrischen Hofdichters und der conventionelle Liebesbegriff in der höfischen Litteratur des ı2. Jahrhunderts sind ein Novum, das, obwohl in der Form eines festen litterarischen Schemas auftretend, sich weder aus der früheren Poesie Frankreichs und Deutschlands noch aus antiker Tradition ableiten lässt. Es wird die Möglichkeit dargelegt, dass die benachbarte arabische Hofdichtung mit ihrer erotisch gefärbten Panegyrik zu Ehren regierender oder hochgestellter Frauen im Verein mit dem orientalischen romantischen Liebesroman befruchtend eingewirkt hat. 3. Hr. Warpever überreichte das von der Akademie unterstützte Werk von Prof. Dr. OÖ. Leumans: »Flüssige Kristalle sowie Plastizität von Kristallen im Allgemeinen, molekulare Umlagerungen und Aggregat- zustandsänderungen. Leipzig 1904.« 4. Die Akademie hat Hrn. Dr. Huco Brrrzr in Strassburg i. E. zur Beschaffung des handschriftlichen Materials für eine Ausgabe der botanischen Werke des Theophrast 2400 Mark bewilligt. Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten Erlass vom 29. Mai ds. Js. die Wahl des correspondirenden Mitgliedes Sitzungsberiehte 1904. 76 934 Gesammtsitzung vom 2. Juni 1904. der physikalisch-mathematischen Classe Sir Joseru Darron HookER in Sunningdale zum auswärtigen Mitglied derselben Classe zu bestätigen geruht. Die Akademie hat in der Sitzung am 5. Mai den Professor an der Universität Göttingen Geheimen Bergrath Dr. AnoLr von KoENnENn zum correspondirenden Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der physikalisch- mathematischen Classe Hrn. ALEXANDER WırLıam Wiıruıamson in High Pitfold, Haslemere, am 6. Mai durch den Tod verloren. 935 Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXVIl. Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kalıborit verwandte Doppelverbindung. Von J. H. vaw’r Horr. BD. weiteren Verfolgen der durch die Bearbeitung der Salzlager- mineralien gestellten Aufgabe, die sich nunmehr wesentlich auf die Kalksalze und Borate beschränkt, wurden zwei bis jetzt nicht be- schriebene Verbindungen erhalten, welche möglicherweise auch bei der natürlichen Salzbildung eine Rolle gespielt haben, und zwar ein Ral- ziumkaliumsulfat und ein Magnesiumkaliumborat. I. Das Kaliumpentakalziumsulfat K,Ca,(SO,);H,O. (Gemeinschaftlich mit Hrn. GEIGER.) Wird präzipitierter Gips (20°) bei 100° während ı bis 2 Tagen mit einer 5prozentigen Kaliumsulfatlösung (160°) behandelt, so ver- wandelt derselbe sich in wohlausgebildete Kristalle, die bei Zusatz von Gips und Kaliumsulfat im Verhältnis wie sie die Verbindung enthält, anwachsen und zu den bestkristallisierten Doppelsalzen des Kalziumsulfats gehören. Die Form erinnert etwas an diejenige des Gipses, was zu einer Verwechslung führen könnte, jedoch sind die Endwinkel spitzer; entscheidend als Merkmal ist die Verwandlung in Berührung mit Wasser, welche zur Bildung von Gips führt, allerdings erst sehr allmählich bei gewöhnlicher Temperatur. Bei der Reindarstellung zur Analyse ist sehr darauf zu achten, daß der angewendete Gips sich vollständig umgewandelt hat, was die mikroskopische Beobachtung ausweist. Die Entfernung der Mutter- lauge findet dann in üblicher Weise statt durch Absaugen, schnelles Durchsaugen von.Wasser, 5Oprozentigem Alkohol und Alkohol. Nach Trocknen ergab dann die von Hrn. GEIGER ausgeführte Analyse: 9.2 Prozent K 23 Prozent Ca 65.2 Prozent SO, 2.ı Prozent H,O, 936 Gesammtsitzung vom 2. Juni 1904. was zur Formel: K,Ca, (SO,),H,O führt mit: 8.97 Prozent K 22.96 Prozent Ca 66.01 Prozent SO, 2.06 Prozent H,O. Von den bis jetzt beschriebenen Kaliumkalziumsulfaten ist diese Verbindung also ganz verschieden, indem Syngenit der Zusammen- setzung CaK,(SO,),H,O0 entspricht und eine von Dirre' gelegentlich erwähnte Verbindung die Zusammensetzung Ca,K,(SO,),3H,0 aufweist. Von Hrn. GeisER wurden dann weiter die Bildungsverhältnisse für 83° verfolgt, um eventuell auch die Verbindung von Dirte ein- reihen zu können. Letztere zeigte sich jedoch im ganzen Gebiet nicht und ist wohl bei 83° nicht stabil. Folgende Löslichkeitsbestimmungen waren entscheidend, bei denen nur das Kaliumsulfat bestimmt wurde, weil Kalziumsulfat kaum in Lösung geht: Moleküle Kaliumsulfat Sättigung an: auf 1000 Mol. H,O ı. Kaliumsulfat 2338 2. Kaliumsulfat und Syngenit 22.6 3. Syngenit und Pentasalz 9.9 4. Pentasalz und Anhydrit 1 Aus diesen Bestimmungen geht hervor, daß zur Darstellung der neuen Verbindung bei 83° sich eine zwischen 3 und 4 liegende Kaliumsulfatlösung am besten eignet, also mit der Zusammensetzung: 1000H,0 5.6K,SO.. Tatsächlich hat man hierin nur die zur Bildung nötigen Bestandteile in richtigem Verhältnis zu geben, um bei 83°, allerdings erst nach drei bis vier Tagen, ein wohlausgebildetes Produkt zu erhalten. Anderseits verwandelt sich Syngenit in dieser Lösung ganz glatt in das neue Salz, wobei die Gefahr einer Verunreinigung mit Gips ausgeschlossen ist. I. Kaliummagnesiumborat 2K,02MgO ııB,0,20H,0. (Gemeinschaftlich mit Hrn. Lıc#tensreiın.) In der Mitteilung über die künstliche Darstellung von Kaliborit? wurde erwähnt, daß Einwirkung von Chlorkaliumlösung auf Pinnoit (MgB,O,.3H,0) in der Kälte die Bildung eines Kaliummagnesiumborats ! Compt. rend. 84, 86 (1877). ®2 Diese Sitzungsberichte 1902, 1008. vanır Horr: Özeanische Salzablagerungen. XXXVII. 937 veranlaßt, das dem Kaliborit ähnlich aussieht, nur größer kristallinisch ausgebildet ist, auch ungefähr dieselbe Menge Kristallwasser enthält, sich jedoch von Kaliborit unterscheidet durch Löslichkeit in warmem Wasser, aus welcher Lösung sich beim Kochen Magnesiumborat aus- scheidet; auch ist der Kaligehalt (13.3 Prozent K,O) bedeutend größer. Beim Verfolgen dieses Gegenstandes mit Hrn. LicHtEnstein zeigte sich auffallenderweise, daß, wiewohl eine Darstellung aus den beiden Boraten möglich sein sollte, eine rasche Ausbildung nur erzielt wird bei Anwesenheit von Chloriden, wie es ähnlich bei Pinnoit und Kali- borit beobachtet wurde. So zeigte sich dann als geeignete Vorschrift amorpher Pinnoit' mit der zehnfachen Menge einer kalt gesättigten Lösung von Chlorkalium und Borsäure bei 40° zusammenzubringen und mit dem Doppelborat zu impfen; nach eintägigem Rühren wird die Lösung durch eine neue ersetzt, in der sich die Umwandlung innerhalb weiteren zweitägigen Rührens vollzieht. Als Merkmal dient die mikroskopische Verfolgung der Bildung von wohlerkennbaren Rhom- ben und die Löslichkeit in warmem Wasser, die erst vollständig wird, nachdem sämtlicher Pinnoit sich umgewandelt hat. Absaugen, Aus- waschen mit Wasser und Alkohol gibt dann ein analysenreines Präparat (15° aus 20° Pinnoit) von der Zusammensetzung: 13.5 Prozent K,O 5.9 Prozent MgO 25.7 Prozent H,O, also 54.9 Prozent B,O,, Die Formel: 2K,0 2Mg0 ı ıB,0, 20H,0 verlangt: 13.48 Prozent K,O 35.74 Prozent M&O 25.75 Prozent H,O 55.03 Prozent B,O,. Dieselbe steht in entfernter Beziehung zu derjenigen des Kaliborits: K,04Mg0 ı ıB,0, ı8H,0. ' Erhalten durch teilweise Entwässerung bei 100° des Oktolıydrats Mg Bz0,.8H;0, das sich aus konzentrierter Borax- und Magnesiumchloridlösung bildet. Ausgegeben am 9. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 77 SITZUNGSBERICHTE | KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADENIE DER WISSENSCHAFTEN. XXIX. XXX. 9. Junı 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 4 Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. Sul: 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Oectav regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 872: 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, Jann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenlen Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. BZ: 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe. ei 88. 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit _ auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. sı11. BEN 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- 2 nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der Titel der Mittheilung und der Name des Verfassers stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und Fr auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar angezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der betreffenden Classe, — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. Ye Fe 828. 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- . stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutz: n Ber! Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger ‚oder corre- : spondirender Mitglieder direct bei der Akademie oder bei einer der Classen eingehen, so "hat sie der vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, ‘deren Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. K [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf es einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag ‚kann, sobald das Manuscript druckfertig vorlie; ; gestellt und sogleich zur Abstimmung gebracht werden wortlich. Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Schriftverkehr steht, | wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird ‚Jährlich drei Mal, nämlich: i die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, ; I 2 FREE » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, Rt WARE 4 = October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach Fertigstellung des Register. e } 939 SEEZUNGSBERICHTE 1% XXIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 9. Juni. Sitzung der philosophisch -historischen Olasse. Vorsitzender Seeretar: Hr. VAHLeEn. *]. Hr. Rortue berichtet über ein neues Fragment des mittel- niederländischen Renout van Montalbaen. Das in Güns (Ungarn) vom Stadtarchivar Ausvszr gefundene Bruchstück ist da- dureh besonders interessant, dass es auf einen ältern Textzustand mit weit unreineren Reimen zurückführt als die bisher bekannten Fragmente des mittelniederländischen Epos. 2. Derselbe legt Beobachtungen über regelmässigen Sinnes- einschnitt in mittelhochdeutschen lyrischen Strophen vor. (Ersch. später.) Sehr viele mittelhochdeutsche Strophen zeigen auch ausser den durch die Stollen- schlüsse gebotenen Absätzen das Gesetz oder doch die Neigung, gewisse Stellen durch Satzschluss auszuzeichnen. Dieser feste Satzschluss, aus dem sich für Kritik, Inter- pretation und syntaktische Gliederung Gewinn ziehen lässt, wird auf musikalische Gründe zurückgeführt. 3. Hr. Conze legt den Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts im Rech- nungsjahre 1903 vor. 4. Hr. Divruey überreichte von Kanr’s Gesammelten Schriften Bd. III. Erste Abtheilung: Werke. Dritter Band, Berlin 1902. 5. Hr. W. Scnurze legte ein Exemplar seines eben vollendeten Werkes: Zur Geschichte lateinischer Eigennamen. Berlin 1904, vor. * Erscheint nicht in den Schriften der Akademie. Sitzungsberichte 1904. 78 I40 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 9. Juni 1904. Jahresbericht über die Tätigkeit des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Von ALEXANDER ÜONZeE. | Rechnungsjahre 1903 vollzog sich ein Personenwechsel in der Zentraldirektion, indem an die durch Hrn. Kırcnnorr’s Rücktritt frei- gewordene Stelle durch Wahl seitens der Akademie der Wissenschaften deren Mitglied Hr. Erman eintrat. Der Eintritt des Hrn. LorscuckE an Stelle Ferıx Herrser’s konnte schon im vorigen Jahresberichte vor- greifend erwähnt werden. Das Institut verlor durch den Tod ‘sein Ehrenmitglied Hrn. vos Keuperr (7 27. April 1903), dessen freundlichen Verhältnisses zu uns, zumal während der Zeit seiner Botschafterstellung in Rom, wir dankbar gedenken. Durch weitere schwerwiegende Verluste wurden die Reihen unserer ordentlichen und korrespondierenden Mitglieder gelichtet. Tnuropor Monnsen (7 1. November 1903) ging hochbetagt da- hin, den wir als einen Archegeten des Instituts verehren, Urrıcn KöuLER (r 21. Oktober 1903), unter dessen Leitung unsere athenische Zweig- anstalt rasch ihren Platz in der wissenschaftlichen Welt gewann, erlag seinen Leiden, und wenn wir die anderen uns Genommenen nennen, so sagen es schon die Namen, wie wir in ihnen Männer verloren haben, die dem Institute lange und meist in besonders naher Mit- arbeit verbunden waren: Cnristian BELGER (7 30. Oktober 1903), Max FRÄNKEL (7 10. Juni 1903), der als Herausgeber unserer Berliner Zeit- schrift mehrere Jahre mit Hingebung wirkte, GAN6oLF von KıESERITZKY (7 10. Januar 1904), der die Sammlung der südrussischen griechischen Grabreliefs übernommen und weit gefördert hatte, ARTHUR MILCHHÖFER (7 7: Dezember 1903), dessen Name mit der Herausgabe der Karten von Attika verbunden bleibt, A. S. Murray vom Britischen Museum (7 6. März 1903) und Haus vox Prort (} 13. September 1903), dessen erschreckender Hingang das athenische Institut einer so hoffnungs- reichen Kraft beraubte. Neu hinzutraten als Ehrenmitglieder die HH. von Bırpr-Rom, Krüsmann-Berlin, von NeuLimow-Rom; als ordentliche Mitglieder die Coxze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. 941 HH. Aueruns-Rom, GraeBer-Bielefeld, HALsnerr-Rom, Harrwıs-Rom, Keır- Straßburg, Rostowzew -Petersburg, SauEr-Gießen, Sıx-Amster- dam, Srrzycowskı-Graz, Wircken-Halle und Zaun-Berlin; als korre- spondierende Mitglieder die HH. Conrans-Haltern, von Frırze- Berlin, GrannoPouLos- Almyros, KromAYER-Czernowitz, Privik -Petersburg, H. Scuöne-Königsberg und SırBours -Bonn. Die ordentliche Gesamtsitzung der Zentraldirektion fand vom 20. bis 23. April 1903 statt. Die Stipendien für 1903/4 erhielten: das Jahresstipendium für klassische Archäologie die HH. Arırmans, Kırssume und Korse, das Halbjahrstipendium für Gymnasiallehrer die HH. Börre und Wericker, das Stipendium für christliche Archäologie Hr. Micner. Das »Jahrbuch« und der »Anzeiger« erschienen wie bisher unter Mitwirkung der HH. Branpıs und Grarr. Hrn. Reisnorn’s Register zu den ersten zelın Bänden ist im Manuskripte fertig, die Drucklegung im Gange. Für ein Heft der »Antiken Denkmäler« ist durch Ent- gegenkommen der Athenischen archäologischen Gesellschaft ein ge- eignetes Material aus den Funden von Thermos in Ätolien gewonnen. Als fünftes Ergänzungsheft des Jahrbuchs ist von den HH. Gustav und ALrrep KörrtE der ausführliche Bericht über ihre Ausgrabungen in Gordion erschienen. Aus den Zinsen des Iwanorr-Fonds ist Hrn. RuporLr Hrrzoc - Tü- bingen abermals eine Beisteuer zu den Kosten seiner Untersuchungen auf Kos zuteil geworden, wozu auf Ansuchen der Zentraldirektion eine Spende des Hrn. Reichskanzlers, das Unternehmen wesentlich fördernd, hinzutrat. Eine Bewilligung der Königlich Württembergi- schen Regierung, ein Beitrag der Preußischen Akademie der Wissen- schaften und Geschenke der HH. Sıesuım und von Bıssıne schlossen sich an. Über alles, was im Sommer 1903 damit wissenschaftlich gewonnen wurde, hat Hr. Hrrzo«e im »Anzeiger« (1903, S. 186 ff.) einen vorläufigen Bericht erstattet. Der Generalsekretar war zur Teilnahme an den Ausgrabungs- untersuchungen dreimal in Haltern, dann um der Antikenausstellung im Burlingtonclub willen in London, endlich im Januar mit den HH. Hirscnren und LoEscHcke zur ersten Sitzung der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt und im März zur Jahressitzung des Gesamt- vorstandes des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz. Unter den Serienpublikationen ist bei der Sammlung und Heraus- gabe der »Antiken Sarkophag-Reliefs« unter Leitung des Hrn. Roger, dank dessen unausgesetzter Hingabe an dieses in seiner Art älteste Institutsunternehmen, der siehtliche Fortschritt durch Erscheinen des Bandes III, 2 (Einzelmythen. Hippolytos-Meleagros) zu verzeichnen. 78* 942 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 9. Juni 1904. Außer den Herren, welche diesem Abschnitte des Werks ihre Unter- stützung haben zuteil werden lassen und im Vorworte des Bandes dankbar genannt sind, hat ganz zuletzt noch Hr. Quasuıatı in Tarent durch seine Mitwirkung unsern Dank verdient. Auch die Sammlung der »Antiken Terrakotten« hat unter Leitung des Hrn. KrkuLe von Srraposırz einen erheblichen Fortschritt erreicht durch das Erscheinen des sogenannten Typenkatalogs von Hrn. Winter (Band III ı und 2: Die Typen der figürlichen Terrakotten). Die Heraus- gabe der Sammlung der »Campana-Reliefs« von Hrn. von Ronupen soll ebenfalls in zwei Bänden erfolgen, zu dessen erstem die Tafeln größten- teils, der Text etwa zu einem Viertel druckfertig vorliegen. Für die völlige Fertigstellung und für die Förderung des zweiten Bandes ist wie bisher Hr. WınsErELD tätig gewesen. Die Herausgabe der »Karten von Attika« ist abgeschlossen durch das Erscheinen des Gesamtblattes 1:100000 mit den antiken Orts- bezeichnungen nach Angabe des Hrn. MiLcHHörer. Von den mit Unterstützung des Instituts im Auftrage der Kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften zu Wien herausgegebenen » Atti- schen Grabreliefs« ist die zwölfte Lieferung erschienen; für die nächsten Lieferungen ist die Ausarbeitung stark fortgeschritten. Die Heraus- gabe der »Südrussischen griechischen Grabreliefs« hat durch den Tod GANGOLF von Kızserırzky'’s eine empfindliche Störung erlitten, deren Beseitigung hoffentlich dieses Jahr bringen wird. Hr. Prunt hat die Sammlung und Herausgabe der »Griechischen Grabreliefs Klein- asiens und der Inseln« in die Hand genommen, das Material in Athen gesammelt, dann auch Kleinasien und einige Inseln bereist und in Konstantinopel unter außerordentlich geneigter Unterstützung der Di- rektion des Ottomanischen Museums den dortigen Bestand aufgenom- men, endlich auch Italien ausgebeutet. Die von Hrn. Gustav Körrte übernommene Fortführung der Werke der »Etruskischen Urnen« und »Spiegel« hat im vergangenen Jahre gegen die vorerwähnte Herausgabe des Werks über Gordion zurück- stehen müssen, wie auch von anderen im vorigen Jahresberichte aufgeführten Untersuchungen kein erheblicher Fortschritt aufzuweisen ist. Die Bearbeiter sind durch andere Verpflichtungen behindert ge- wesen. Für Hrn. von Domaszewskr's Sammlung der römischen Militär- reliefs ist aber durch Gewinn einer großen Zahl von Photographien aus Ungarn das Material auch für das illyrische Gebiet im wesentlichen vollständig geworden. Es fehlt hauptsächlich noch Italien. Über die »Ephemeris epigraphiea« berichtet Hr. Hrscureın, daß nach dem ersten bereits erschienenen auch das zweite Heft des neunten Bandes in Kürze zur Ausgabe gelangen wird. Coxze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. 943 Das römische Sekretariat hat Band ı83 seiner »Mitteilungen « herausgegeben. Von der Sonderausgabe »Hürsen: Die Ausgrabungen auf dem Forum Romanum 1898—1902« aus Band 17 der »Mitteilungen « wurde ein zweiter verbesserter Abdruck veröffentlicht. Erschienen ist ferner die im Auftrage und unter Mitwirkung des Sekretariats von Hrn. Warruer Anmerune verfaßte Beschreibung der »Skulpturen des Vatikanischen Museums«, Band I (Berlin 1903). Für den abschließenden zweiten Band sind die Photographien hergestellt und der Text weit gefördert. Endlich gab das Sekretariat eine zweite Arbeit des Hrn. Rıcuarp Dergrück heraus: »Das Capitolium von Signia. Der Apollo- tempel auf dem Marsfelde in Rom« (Rom 1903). Hr. Mau setzte die Bearbeitung eines dritten Bandes des Real- katalogs der römischen Institutsbibliothek fort. Die Sitzungen fanden regelmäßig statt, mit fast ausschließlich deutscher Vortragssprache und dabei zahlreichem Besuche und merklich lebhafterer Beteiligung an den Verhandlungen. Vorträge hielt der erste Herr Sekretar über altitalische Kunst, veranstaltete auch einmal einen Besuch von Veji. Der zweite Herr Sekretar trug im Institut und vor den Monumenten über Topographie der Stadt Rom vor und verband damit epigraphische Unterweisungen. Hrn. Mau’s Führung in Pompeji hat in den zwei ersten Wochen des Juli in gewohnter Weise stattgefunden. Der Kursus für Gymnasiallehrer aus Deutschland fand in schon gewohnter Weise statt, vom 30. September bis zum 7. November, unter Führung der Herren Sekretare, in Neapel und Pompeji auch des Hrn. Mau und in Florenz unter gütiger Beteiligung des Hrn. Brocktmaus. Es nahmen teil aus Preußen sechs, aus Bayern zwei, aus Sachsen ebenfalls zwei, aus Württemberg einer, aus Baden zwei, aus Hessen, aus Mecklenburg-Schwerin, aus Oldenburg, aus Braunschweig, aus Elsaß-Lothringen je einer und aus Hamburg zwei Herren. Eine Reise führte den zweiten Herrn Sekretar nach Dalmatien zum Studium der römischen Denkmäler in Spalato und Salona. Auf Reisen, soweit sie nicht durch den Kursus für Gymnasial- lehrer gefordert wurden, verzichtete der erste Herr Sekretar um so mehr, als er im Einvernehmen mit den italienischen Leitern des Unternehmens der Aufdeckung der Reste eines so wichtigen stadtrömischen Monu- ments, wie der Ara Pacis Augustae seine Aufmerksamkeit widmete. Die Institutsbibliothek in Rom vermehrte sich um 420 Nummern. Dank den Regierungen und wissenschaftlichen Gesellschaften, welche seit Jahren mit ihren Spenden für unsere Bibliothek fortfahren, dank auch privaten Gebern ist ein erheblicher Teil dieses Zuwachses uns als Geschenk zugegangen. Als für eine besonders willkommene und 944 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 9. Juni 1904. wertvolle Einzelgabe möge Hrn. F. W. vo Bissıne ausdrücklich ge- dankt sein für ein Exemplar der Jahrgänge I—XIV des Jahrbuchs der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (Wien). Im Aus- tausche erhielt die Bibliothek wiederum 43 deutsche Gymnasialpro- gramme von der Verlagshandlung B. G. Teubner und als Geschenk 32 Dissertationen und andere Schriften von deutschen Universitäten, im Austausche von der Gesellschaft der Bollandisten ein vollständiges Exemplar der » Acta Sanctorum«. Die Stiftung des Hrn. Fr. BAEnEkER in Leipzig, deren wir bereits in den zwei letzten Jahresberichten dank- bar Erwähnung getan haben, ermöglichte auch im Jahre 1903 die An- schaffung einer Anzahl kostspieliger Werke. Die Sammlung von Photographien wurde um 147 Nummern ver- mehrt, darunter Geschenke des Königlich Preußischen Ministeriums für Kultus und Unterricht, der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde in Metz und des Hrn. H. Esser in Wien. Neuord- nung und Katalogisierung wurden unter bereitwilliger Mitwirkung der HH. Arımann und Auerune fortgesetzt. Das Sekretariat Athen erlitt einen schweren Verlust durch den jJähen Tod seines Hilfsarbeiters Hass von Prott. An seine Stelle trat vom November bis zum Schluß des Rechnungsjahres Hr. ErTLinger. Von den »Mitteilungen« wurde das Schlußheft des Jahrgangs 1902 und der ganze Jahrgang 1903 herausgegeben. Das Gesamtregister zu Band I—XXV der »Mitteilungen« ist im Manuskript von Hrn. Barru fertiggestellt; der Druck beginnt. Es wurde im vorigen Jahresbericht erwähnt, daß Hr. WorTters die Leitung der Herausgabe der Akropolisvasen und der Funde im böotischen Kabirenheiligtum weiter behalten hat. Die Scherben der Akropolisvasen sind bis auf einen geringen Rest vollständig in Zeich- nung oder Photographie aufgenommen; der ganze Apparat soll jetzt von Athen nach Berlin überführt werden, um dann die Bearbeitung, in welche die HH. Grarr und Harrwie sich teilen, energisch zu för- dern. Von den Funden im Kabirenheiligtum liegen 35 Tafeln in Auf- lage vor, 8 Tafeln sind noch herzustellen und der Text bedarf, so weit er vorliegt, noch redaktioneller Durcharbeit. Die Sitzungen fanden unter stets reger Beteiligung, auch von Mitgliedern des Griechischen Königshauses, regelmäßig statt. Der Sitzungssaal wurde auch zu zwei außerordentlichen Sitzungen zum Besten eines internationalen Frauen-Heims benutzt, in denen Vor- träge antiquarischen Inhalts vom ersten Herrn Sekretar und vom Direktor der französischen Schule, Hrn. Homorzze, gehalten wurden. Vorträge in den ordentlichen Sitzungen hielten außer den Mitgliedern ———— Conze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. 945 des Instituts auch die Herren Sekretare des österreichischen athenischen Instituts, sowie von griechischen Gelehrten die HH. Kavvapıas, Kera- MOPULOS, LAMBROS, SOTIRIADIS und SVORONOoSs. Vorträge fanden von seiten des ersten Herrn Sekretars in dop- pelter Form statt, für ein größeres Publikum und für deutsche Ge- lehrte. Je nach dem Wetter wurden die einzelnen Baureste selbst erläutert oder im Institutshause allgemeinere Fragen behandelt. Der zweite Herr Sekretar trug erst gegen Ende des Winters in den Mu- seen vor; außerdem kam den Institutsangehörigen die Teilnahme an den epigraphischen Vorträgen des Hrn. WirHerLm zugute. Im Frühling 1903 wurden unter Führung des ersten Herrn Se- kretars die seit mehreren Jahren üblichen drei Studienreisen auf dem griechischen Festland, auf den Inseln und nach Troja ausge- führt. In Korinth übernahm Hr. SchrAper die Erläuterung der durch die amerikanischen Ausgrabungen in neues Licht gesetzten Ruinen. Unter den Ausgrabungsarbeiten des Instituts standen auch dieses Mal die in Pergamon obenan. Sie wurden von dem ersten Herrn Sekretar vom September bis November geleitet, unter Assistenz des Stipendiaten Hrn. Arrmann und des Architekten Hrn. Sursos. Über die Ergebnisse der dies- und vorjährigen Kampagne wird der Bericht im zweiten Heft der diesjährigen »Mitteilungen« erscheinen. Eine kleinere Ausgrabung fand unter Leitung der HH. Weicker und Börre in der Hafenstadt von Megara statt. Hr. DörrreLn benutzte seinen Sommerurlaub um auf Kosten des Hrn. Gorkoor in der Ebene von Nidri auf Leukas Ausgrabungen vorzunehmen. Der erste Herr Sekretar hatte die Ehre im April Seine Kaiserliche Hoheit den Deutschen Kronprinzen und Seine Königliche Hoheit den Prinzen Eitel Friedrich auf der Fahrt nach Eleusis, Korinth, Delphi und Olympia zu begleiten und bereiste im Spätherbst im Anschluß an den Aufenthalt in Pergamon in Begleitung mehrerer Stipendiaten Ephesos, Magnesia am Mäander, Priene, Milet und Didyma. Der Stipendiat Hr. Schröber wurde zu einer Bereisung Lakoniens veranlaßt. Die Anschaffungen für die athenische Institutsbibliothek mußten in Ermangelung außerordentlicher Mittel eingeschränkt werden, doch hielten sich die Schenkungen erfreulicherweise auf früherer Höhe, so daß im ganzen doch ein Zuwachs von 190 Nummern zu ver- zeichnen war. Die Sammlung der Photographien nach eigenen Aufnahmen ist auch im vergangenen Jahre erheblich gewachsen, sowohl die der Negative als auch die der Positive und Diapositive; daß die Samm- lung von Nutzen ist, erhellt aus der Zahl bestellter Bilder, über 4000 im Jahre 1903. 946 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 9. Juni 1904. Die römisch-germanische Kommission des Instituts ist mit der ersten Sitzung in Frankfurt a. M. am 4. Januar 1904 in volles Leben getreten, nachdem ihr Direktor bereits seit Oktober 1902 seine Amtstätigkeit mit Verlegung seines Wohnsitzes nach Frankfurt begonnen hatte. Die Kommission besteht nunmehr gemäß $ 2 ihrer Satzungen durch Ernennung seitens des Herrn Reichskanzlers aus ı. dem Generalsekretar des Instituts und den von der Zentral- direktion aus ihrer Mitte gewählten HH. HırscnreLn und LoEscHckE, 2. dem Direktor der Kommission Hrn. DRAGENDORFE, 3. vom Herrn Reichskanzler berufen, den HH. Apıckes- Frankfurt, Epvarn MevEr-Berlin, Schumacher - Mainz, 4. von ihren sechs Regierungen berufen, den HH. Fasrıcıvs-Frei- burg für Baden, Hryssıne-Straßburg für Elsaß-Lothringen, von HErzoG- Tübingen für Württemberg, Jacogı-Homburg für Preußen, RAnkE- München für Bayern, Sorpan-Darmstadt für Hessen, 5. von der Zentraldirektion vorgeschlagen, den HH. von Doma- szewskı- Heidelberg, OHLENSCHLAGER - München, Rırrterriıns-Wiesbaden, SCHUCHHARDT-Hannover, Worrr-Frankfurt a. M.. Unter den wissenschaftlichen Untersuchungen des Jahres stand an erster Stelle die Erforschung des Römerlagers bei Haltern an der Lippe, bei welcher die römisch-germanische Kommission die Altertumskom- mission für Westfalen in diesem ihrem Unternehmen mit Geldmitteln und auch dadurch unterstützte, daß Hr. DRAGENDoRFF mit dem Vorsitzen- den der Altertumskommission, Hrn. Korpr-Münster, die Leitung der Aus- grabung teilte. Diese richtete sich auf die weitere Klarlegung des soge- nannten Uferkastells auf der »Hovestadt« und stellte verschiedene Pe- rioden dieser Anlage fest; sie wird noch fernerhin fortzusetzen sein. Auch wurden einige kleine Nachuntersuchungen am großen Lager vor- genommen. Ebenfalls mit der Altertumskommission für Westfalen förderte die röm.-germ. Kommission die Untersuchung des sogenannten Römer- lagers bei Rüthen. Dem Altertumsvereine zu Xanten trat die röm.-germ. Kommission zur Seite bei Durchführung der Untersuchung des dortigen Amphitheaters. Ferner widmete sich Hr. DrAGEnnorrr der Beobachtung der bei Gelegenheit der Kanalisationsarbeiten in Trier gemachten Römerfunde, beteiligte sich auch in Trier an der Führung im Gymnasiallehrer- kursus um Pfingsten. Mit dem Hanauer Geschichtsvereine trat er zur Untersuchung vorrömischer Wohnplätze in Verbindung. Es erschien von den von Hrn. OHLEnscHLAGEr im Auftrage des Instituts, jetzt der röm.-germ. Kommission, herausgegebenen »Römi- schen Überresten in Bayern« das zweite Heft. Coxze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. 947 Durch zahlreiche Reisen war der Direktor bestrebt, sein Arbeits- gebiet allseitig kennen zu lernen, die Beziehungen zu Vereinen und Personen zu pflegen und sich an Besprechungen zu beteiligen. So nahm er an der Versammlung des Verbandes west- und süddeutscher Altertumsvereine teil, auch an denen des Gesamtvereins deutscher Ge- schichts- und Altertumsvereine und der deutschen anthropologischen Gesellschaft. Vorträge hielt er auf den erstgenannten beiden Ver- sammlungen, außerdem auch in Haltern, in Gießen, in Bonn und in Basel auf Aufforderung dortiger Vereine. Die im vorigen Jahresberichte bereits ausgesprochene Hoffnung auf ein für die heimische Altertumsforschung, zunächst auf altrömi- schem Boden, ersprießliches Zusammenwirken beginnt sich zu erfüllen. Die Stadt Frankfurt hat uns gastlich willkommen geheißen, indem sie einen Jahresbeitrag für die Kosten der Tätigkeit der röm.-germ. Kom- mission ausgeworfen hat, wofür auch an dieser Stelle zu danken ist. Der Verwaltungsrat der Dampfschiffahrts- Gesellschaft des Öster- reichischen Lloyd und die Direktion der Deutschen Levante-Linie be- günstigten die Reisen unserer Beamten und Stipendiaten auch im vorigen Jahre in dankenswertester Weise durch gewährte Preisermäßi- gungen. Ausgegeben am 16. Juni. 949 SRIIAUNGSBERICHTE 270% XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 9. Juni. - Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Heınerr las: »Zur Ableitung der Formel vonÜ.F.Gauss für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer Genauigkeit«. Diese Ableitung wird einfacher, wenn anstatt der unmittelbar auftretenden Un- bekannten andere eingeführt werden, die sich durch die redueirten Normalgleichungen im Anschluss an die Theorie der äquivalenten Beobachtungen ergeben. 2. Derselbe legte vor eine Übersichtskarte der Breiten- und Azimuthstationen in Europa und Nordafrica, welche für die »Ver- handlungen der Internationalen Erdmessung in Kopenhagen, 1904« im Geodätischen Institut unter Leitung von Hrn. Geheimrath ALgreent durch Hrn. Geometer Förster bearbeitet worden ist. Während die Karte von 1892 (Verh. in Brüssel) nur 380 Stationen aufwies, zeigt die neue Karte 108 Stationen, auf denen die geogr. Breite oder das Azimuth oder auch beides gemessen ist. In einigen Flächenstücken sowie auf einigen meridio- nalen Linien treten die Stationen dicht zusammen: hier sind Specialuntersuchungen über die Figur der Erde ausgeführt (u. A. in der Schweiz, in der Umgebung von Moskau, im centralen Theile des preussischen Staates und auf den Meridianen des Brockens und der Schneekoppe). 3. Hr. F.E. Scuuzze legte vor: Dr. med. Joun SıEesEL, »Beiträge zur Kenntniss des Vaceineerregers«. Verf. verfolgt die von GuArnierı in der Hornhaut mit Pockenlymphe geimpfter Kaninchen gefundenen Körperchen, welche Cytoryctes variolae benannt und fast allge- mein als die wahrscheinlichen Erreger der Vaccine angesehen werden, in den inneren Organen der mit Pockenlymphe geimpften Kaninchen. Unter Benutzung bisher bei diesen Untersuchungen noch nicht zur Anwendung gebrachter Färbungsmethoden findet er in den inneren Organen, besonders in den Nieren Gebilde, die als Sporen von Spo- rozoen in verschiedenen Entwicklungszuständen und als Cysten mit Dauersporen ge- deutet werden. Letztere sind identisch mit den von GuArNIERı in der Cornea ge- sehenen Körperchen. 950 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Zur Ableitung der Formel von 0. F.GaAuss für den mittlerenBeobachtungsfehler und ihrerGenauigkeit. Von F.R. HELMmERT. ie Naeh dem zweiten Teil der Theoria Combinationis, Art. 39, ist das Quadrat des mittleren Fehlers der als gleich genau vorausgesetzten (bzw. auf gleiche Genauigkeit reduzierten) Beobachtungen mn (1) wenn die » voneinander unabhängigen Beobachtungen / die m Un- bekannten wy2... bestimmen und A ihre von der Methode der kleinsten Quadrate geforderten Verbesserungen bezeichnen, so daß = —I+a0Hby+62+.... re 2) Die Koeffizienten abe... werden hier als streng gegeben vorausgesetzt. Der mittlere Fehler der Bestimmung von w° aus (1) ist vr— ut zu? — v* If = =E V Im — (aa +bß+cy+...)]|} (3) pp 2 n—m (n — m)” Hierin bezeichnet v* den Durchschnittswert der 4. Potenzen unendlich vieler wahrer Fehler der betreffenden Beobachtungsart (in gleicher Weise wie u’ den der 2. Potenzen); ferner sind #8y... durch die Ausdrücke be- stimmt: 3 — [el], y =jRr = BA er: (4) Gauss gibt dann noch einen Näherungsausdruck für (3) an. Ich habe die Absicht, diese wichtigen Formeln im Anschluß an meine Theorie der äquivalenten Beobachtungen herzuleiten, wodurch eine Vereinfachung erzielt wird.' Auf dem Wege zu dieser Entwicklung war auch Jorpan; er führt jedoch nicht die charakteristischen Unbekannten in die Fehlergleichun- gen ein, sondern bildet nur verwandte Systeme reduzierter Fehlerglei- chungen. Er leitet auch nur Formel (1) ab und begeht dabei eine ! Die Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate, Leipzig 1872, S.164 u. f. Iermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 951 kleine Unrichtigkeit; ich erkenne aber gern an, daß mich seine Ab- leitung zu der meinigen veranlaßt hat.' Von sonstigen Arbeiten dieser Art ist mir nur die Abhandlung von H. Bruns »Über die Ableitung des mittlern Fehlers«” bekannt ge- worden (durch gefällige Mitteilung des Hrn. Prof. Dr. Krüger vom Geo- dätischen Institut). In dieser sehr allgemein gehaltenen Abhandlung wird die Frage nach der günstigsten Berechnung von u* diskutiert und gezeigt, daß Formel (1) nur für v’ = zu* die günstigste Berech- nung gibt, daß diese Formel aber immer als praktisch bequeme zu benutzen ist, da die günstigste zu verwickelt wird. Der von mir im folgenden behandelte Fall erscheint in dieser Abhandlung nur als Spe- zialfall; infolgedessen tritt aber die für ihn mögliche Vereinfachung der Entwicklung nicht hervor. Auch ist die Endformel nicht auf die einfachste Form gebracht, wovon weiterhin die Rede sein wird. 2. Der Einfachheit halber nehme ich im folgenden an, daß die Fehler- gleichungen durch Multiplikation mit den Quadratwurzeln aus den Ge- wichten auf gleiche Genauigkeit reduziert seien; die (2) seien diese umgewandelten Gleichungen. Dazu gehören die Normalgleichungen: [aa]& + [ab]y + [ac]2+ ... = [el] [ed Je + [bb]y + [de]z+ ... = [bl] (5) [ae ]& + [de]y + [ee]z+ ... = [el] und die reduzierten Normalgleichungen: [aa]e + [ab]y+[acle+... = [el] [66 .1]y+[be-1]2e+... = [dl-ı] (6) [ee-2]2#.... = |d- 2] usw. Die linker Hand stehenden linearen Funktionen benutzen wir zur Ein- führung neuer Unbekannten w,...u,, indem wir setzen: c—+ [aa] + fa ... U, ze = u: ..=u, (7) z+. = U; USW. ‘ Handbuch der Vermessungskunde I, Stuttgart 1877, S. 35 —39; 4- Auflage 1895, S.84— 87. S.87 u. wird unnötigerweise [as] = o gesetzt; es wird übersehen, daß [ad'] = 0 ist. ® Leipziger Universitätsschrift von 1892/93. 52 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Aus den Fehlergleichungen denken wir uns hiermit der Reihe nach xyz... eliminiert. Es folgt dann aus (2): = —I+au,+b/u,+6 u-+..., (8) wobei 3 Barts; [ee] ; =b,—4—, 6 =G6—-4—,... I; ı ı [ea] [ea] 2 (9) be»1] ed" —= ec’ —b/ I —,... Io ı ı ı [06-1] ( ) usw. Zu (8) gehören die Normalgleichungen: [aa]u, + [ab’]u, + [ac”]u, +... = [al] [ad’Ju, + [0b Ju, + [Be u, +... = [b’7] (tı) [ac” u, + [b’e” Ju, + [e”e” Ju, +... = [e”!] Nun ist aber nach (9): 18%), = 1-1]. 19. [dei] [ee] = ea eier ea onen, dene und nach (Io) und (12): GL — dh ‚ also [ec] — [ee'=7] —]|ee-2] We‘ (13) [e’7] = [e’1] — [07] — [c-ı] = [el- 2] 7 usw. Hiermit ist nach (6) und (7): [aa], = [el] [5], = [b'!] (14) le Diese Gleichungen müssen mit den (11) für beliebige Werte der rechten Seiten übereinstimmen. Es ist daher: [eb]; © = [ae] >= [rc dus (15) welche Beziehungen auch direkt aus (9) folgen. Die Aufstellung der Normalgleichungen (14) zeigt, daß die Funk- tionen u der ursprünglichen Unbekannten &yz... aus der Ausgleichung wie voneinander unabhängige Beobachtungen hervorgehen, indem die Beobachtungen , = [al]: [aa] , w, = [b’!]:|6’0’] usw. (mit Rücksicht auf ihre Gewichte) auch die Normalgleichungen (14) liefern würden. Ich habe 1872 diese »äquivalenten« Beobachtungen unter anderem Hermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 955 zur schrittweisen Ausgleichung vermittelnder Beobachtungen mit Be- dingungsgleichungen benutzt. Die äquivalenten Beobachtungen sind ein spezieller Fall der von T. N. TuıeLe nach Orrermann betrachteten, gegenseitig »freien« Funktionen von Beobachtungsgrößen /, auf die er sogar eine ganz neue Entwicklung der Methode der kleinsten (Quadrate gründen konnte. 3. Sind U,U,U,... die wahren Werte der Unbekannten « und be- zeichnet e die wahren Verbesserungen der /, so ist entsprechend (8): 5; = —I;+a0, +6 U, + U,+..., (16) was mit (8) gibt: = 5+ alu, — U.) + bw, —U)+ 6% (u —U,)+.... (17) Hierzu gehören mit Rücksicht auf (15) die Normalgleichungen: [ga] (U, — w,) Tl ) SS) S 0) Da [9 (U, — u,) (18) [ee KU, — u,) = |e”e] Nun ist aber aus (17) mittels (15) und (18): [Ar] = [ee] — [ae] (U, — u,) — [d’ e] (U, — u,) — [e” e] (U, — u,) —..., oder : f De (10) [ea] 7 15:01 [ee] Hieraus folgt leicht Formel (1), wenn rechter Hand der Durchschnitt unendlich vieler Fälle genommen wird. Es wird zunächst [rr] = nu — u — u’ — u’—... (m), (20) womit sich (1) ergibt. Voraussetzung ist, daß der Durchschnittswert des g; einer Beobachtung /; für unendlich viele Fälle gleich null ist, wie bekanntlich Gauss annimmt. Sonst wird über das Fehlergesetz nichts vorausgesetzt. 4. Zur Vereinfachung setzen wir nun a U A —-—=A ———— eb -————=cusw, (21) Vlaa] v0] vl ! Elementaer Jagttagelseslaere. Kobenhavn 1897. — Theory of Observations. London 1903. (Im wesentlichen Übersetzung des vorigen.) S.53 u. f. 954 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. womit [rr] = [ee] — [ae] — [be] — [ce —. .. . (22) Es ist al = = er, (23) sowie nach (15) fab]= 0: au] = [dt] u: (24) Um das mittlere Fehlerquadrat M° in der Bestimmung von w° nach (1) zu erhalten, ist der Durchschnitt von \.el=R— ee ) n — m r \ (25) für unendlich viele Fälle zu bilden, vgl. (22). Ein vorgesetztes D möge die Bildung dieses Durchschnitts bezeichnen. Zunächst ist leicht ersichtlich, daß De Dee een: (n — m)” —uf. (26) Weiterhin ist zu beachten, daß wegen D(e)=o auch D(z,:$8) = 0, D(e,g;&5) = O0 sowie D(e,e) =o ist, da alle diese Werte D(e) als Faktor enthalten. Nun ist D |} [ee] — [ae]? — [be]? Are — ... = Dlee]’+D [ae + [be + [te + ...\? 2 D'\[ee]|([ae’ + [be + [ee +...)|-. (27) Hierzu findet sich zunächst ohne weiteres: Dis] = mw’ +n(n— ı)u*. (28) Bei Bildung von D}[ae]’[be]*| braucht man nur die Glieder, welche lediglich gerade Potenzen der e enthalten, zu beachten und erhält diesen Durchschnitt gleich [a® b°]v* + ([a?] [6°] — [a’b’]) u’ + 2 ([ab]? — [a?b?]) #* d.i. wegen (23) und (24): D \[ae’[be}| = (* — zu')[a®b°] + Rt. (29) Da nun ferner, wie aus vorstehender Entwicklung leicht zu er- sehen ist, Dias] = (v’ — zu‘) [a] + 34°, (30) so folgt mit gehöriger Anwendung von (29) und (30) auf die ver- schiedenen Koeffizienten a, b, c usw.: D}[fas]’ + [be + [e]’ +...) = (u! — zu) [at] + [6] + [e] +. -\ + alt —zp)i[e ]+ [ee] +[Pe]+.. |rmm+a)w. (39 Hermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 955 Endlich ist 2D}[ee]([ae]’ + [be + [ee] +. . .)! = 2(" + (n— 1)u*) [a] + [0] + [e] + - - -| = 2m(v" + (n— ı)u'). Durelı Einführung von (28), (31) und (32) in (27) ergibt sich D} [ee] — [ae]? — [be]? — [ce]? — . . .\” = (n — am) v* + (n(n— 1)— 2m(n— 1) +m(m-+ 2)) [a + (vu! — 32) |fat] + [6] + [e] + - - -! + 2(v — zu) {a 6] + [a] + [be] +... .}. Die beiden letzten Glieder lassen sich zusammenziehen, und es folgt mithin aus (26): 4 4 4 a eih hr n—m “ (n—m) Im—[(®+b’+C-+...]|. (33) Es läßt sich leicht direkt mittels Vergleichung der (2) und (8), wo (4) und (14) zu substituieren sind, zeigen, daß allgemein + HH... = aa; rl +... (34) ist und also mit (3) Übereinstimmung besteht. Dies möge übergangen werden. Denkt man sich übrigens die Gausssche Formel (3) auf die Fehlergleichungen (8) angewandt, so ist die Übereinstimmung un- mittelbar ersichtlich. d. Am einfachsten wird die Ableitung von M?, wenn die Ausglei- chungsaufgabe in der Form bedingter Beobachtungen gestellt wird. Sind © Bedingungsgleichungen zwischen den rn Beobachtungen / ge- geben und bezeichnen die e irgendwelche Verbesserungen, so habe man o= [p;(l-+ s)] o= [g; (l;+ e))] V=I...N (35) o=[r;(l;-+ 8] In diesen Gleichungen sind etwaige konstante Glieder mit den / vereinigt gedacht, gerade so wie dies stillschweigend bei den Fehler- gleichungen (2) angenommen worden ist. Auch denke ich mir die ! auf gleiche Genauigkeit reduziert. Die rechten Seiten verwandeln wir zunächst in gegenseitig freie Funktionen mittels der Koeffizienten der reduzierten Normalgleichungen Sitzungsberichte 1904, 79 956 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. [pl Ipgl Iprl [99-1] [gr- 1]... (36) Inn22]2- und setzen nach Analogie von (9) und (10): 0. —P; Il i A u 7; [pp] > (37) y 2 ‚|gr-ı ua VrT eng 8 Mar: [ag 1] usw Es wird damit aus (35) erhalten: o=[p(4+)] o=[g (k-+ s)] (39) o=[r/ (+ e)] Dafür schreiben wir nach Division mit Y[pp], VYIgg-ıl=Vlg’q]; o=[p,(4+:5)] o=[4(4+8)] (40) o=[vu(4+8)] Es ist nun wegen [pg’] 6 = [pr”] 2 [g’r”] usw. [pa] = 0 = Ip] = [gt] usw.; (41) ferner wird IP] = ı = lg] = Ir] usw. (42) In (40) können wir nun unter den e einmal die wahren Ver- besserungen, dann aber auch die plausibelsten Verbesserungen A ver- stehen. Mit w, = [pl] w, = [al] w,— [tl] (43) folgt dann — 1, = [pa] = [pe] —w, = [9A] = [ge] — 1, = [vr] = [ke] » Die Korrelatengleichungen sind ed rgErih+... Je el) und die Normalgleichungen infolge (41) und (42): Hermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 957 L+wW=o L£+w,=o 6 B+Ww,=o (49) Man hat daher endlich aus (44) und (45): PA] = w+m+W-+... (47) oder [RR] = [pe + [ge + [el +... - (48) Hieraus leitet man unmittelbar ab, daß im Durchschnitt Pr] = rer +...(e) (49) oder _ [Al = (50) ist, was mit (1) übereinstimmt, da oa = (n—m) Bedingungsgleichungen aus n Fehlergleichungen mit m Unbekannten hergeleitet werden können. Analog wie bei (25) und (26) ergibt sich nun _ Dipl +lgf+Iel+.- +) Abel = Be (51) M° Aus (31) kann man unmittelbar entnehmen, lediglich indem man m durch © ersetzt, daß Di[pe +[ge? ++..." = +2) + — ze) P + HUÜ+...)]. Dies in (51) eingesetzt, ergibt ae zu 0% zu — v* oder m! #4 HTTP. (53) Wenn die c Bedingungsgleichungen im vorigen Abschnitt den n Fehlergleichungen mit m Unbekannten im zuerst betrachteten Falle ent- sprechen, müssen die Formeln (53) und (33) für M° dasselbe geben. Es bilden aber die Koeffizienten NE EN EL RRENEN I: Pe A en ab;t,...P397, % ziehe 958 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. die Koeffizienten einer orthogonalen Substitution. Denn es ist nach dem vorhergehenden erstens Kerle»: p]=ı=[r]=l] =. fa] =o= [a] = [fi] = .. (55) pal=o=Mml= im .. zweitens ist auch [ap] = 0 = [in] = [w] =... al=o=ll = Il... lade = oz (56) usw. Denn wenn die Bedingungsgleichungen o=[p(i+A)] o=[4(+N)] o=[r/(4+%)] = usw. den Fehlergleichungen = —I+ au, + bu, + cu, + (58) entsprechen sollen, so muß ep = opel ]=o=[Py]=leg] = oe ee (59) sein, aus welchen Gleichungen die (56) durch einfache Division her- vorgehen. Bekanntlich ist nun auch im System (54): +++... + +++... >1. (60) Hieraus folgt: M+gq+r+...)]=[}-(®+b+0-+...)’] =n— 2m +|\®+b+0-+...)]. Damit gibt (53): I n* zu* —y! A zen ‚|e—n+2m— (+ +0C-+...)]}, n— m (n — m) M’= was mit (33) übereinstimmt, wenn e = n—m gesetzt wird. Bruns gelangt für vermittelnde Beobachtungen unmittelbar zu einer Formel, die die Gestalt von (53) hat, was also eine Transfor- mation mehr voraussetzt, als oben in den Abschnitten 2 —4. Hermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 959 Lerä Ir Da sich die Ausdrücke für M® in keiner Form zur praktischen Auswertung eignen, leitet schon Gauss Grenzwerte ab, innerhalb deren M° eingeschlossen ist. Aus irgendwelchen Gründen nimmt er die Grenzen nicht so eng, als es möglich ist. Sie möglichst eng zu nehmen, ist aber ganz nützlich, weil man dann erkennt, daß die Näherungsformel M— os (62) 2 (n — m) praktisch genügt. In (33) bezeichne ich jetzt + +d-+... mit Z. Nun ist Ka; +56;+05+...)] = [a] + [6] + e[e]+... + 2a,b,[ab] + 2a,c,[ac] + 2b,c, [be] +... . , d.i. nach (23) und (24) gleich +b;+c4-+..., also gleich 4. Es ist daher I —ite 1065 (63) wenn 0; die Summe [(a,4;+ 5,6;+45+....)”] ohne das Glied mit i= ı bezeichnet. (63) gilt offenbar auch für jeden anderen Index statt ı; © immer eine Quadratsumme. Setzen wir statt ı den allgemeinen In- dex i, so folgt nun aus (63): I I E = +)/ — 16; (64) 2 4 Hiernach liegt 4 zwischen null und eins: ok. (65) 2 ist Die 4, sind somit echte Brüche. Da nun [4] = [a] + [6°] + [Ü]+... = m ist, muß [#] —. (67) (66) und (67) geben für M? die Grenzwerte 4 4 4 4 4 4 v— u v—u 3m: —ye m ; en u RL (68) N —m Nn— m n—m N Dieselben Werte ergeben sich aus (53), da [(P’+Q’+U-+...)'| zwischen c und 0°:n liegt. 960 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Beim Gaussschen Gesetz ist bekanntlich v’ = zu‘. In praktischen Fällen ist etwas abweichend davon oftmals v’ zwischen 2u* und zu gelegen. Für v* = zu! fallen beide Grenzwerte zusammen. Auch für andere Fälle ist ihr Unterschied nicht von Bedeutung, wenn nur m wesentlich kleiner als n ist und zugleich annähernd v’ = zu? wird. Ist allerdings ’ = 2u' und mn =+#, so ist die obere Grenze um 50 Prozent größer als die untere. In bezug auf M selbst sind beide Grenzwerte um rund 25 Prozent des unteren verschieden. In der Geodäsie kommen viele Fälle vor, wo m:n annähernd 4 oder noch größer ist. Man schreibt anstatt (68) dann besser als Grenzwerte vr ut zu! —v' vu! au —v!' n—2m 2(n—m) 2(n— m) 2(n—m) 2z(n—m) N Hiervon gibt (62) das arithmetische Mittel annähernd extremer Fälle, indem bei m=n das 2. Glied der zweiten Grenze entgegengesetzt gleich dem 2. Glied der ersten Grenze wird. Schreibt man dagegen die Grenzwerte wie folgt: 2 4 ey 2 4 4 __ .n# n—-m SE (005 n—m n—m n—m n—m n so erkennt man, daß der Ansatz 2 4 we. (70) n—m etwa doppelt so ungenau ist, als (62). Er empfiehlt sich aber dadurch, daß er die Kenntnis von v’ nicht voraussetzt, und außerdem gibt er in der Regel M° nicht zu klein an. 8. Liegen für u?” mehrere Bestimmungen vor, so sind diese, dem Geiste der Entwicklung von (1) entsprechend, nach der Formel zu vereinigen: malen (au) worin 3 die Summierung der den einzelnen Bestimmungen zugehö- renden [AA] und (n— m) anzeigt. Dies ergibt sich aus der Betrachtung, daß man sich alle Einzel- ausgleichungen in eine einzige zusammengeschrieben denken kann. Un- abhängigkeit der Beobachtungen / und Verschiedenheit der Unbekannten- systeme vorausgesetzt, zerfallen nun aber die Fehlergleichungen und Normalgleichungen in Gruppen nach Maßgabe der Einzelsysteme, und es wird die Gesamtsumme der Quadrate der A gleich der Summe der Hernerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 961 einzelnen [??], ebenso die ganze Differenz (n— m) gleich der Summe der Einzelwerte. Die Einzelwerte von w° werden in (71) so miteinander verbun- den, als wären ihre Gewichte gleich den zugehörigen (n— m). Eigent- lich sind sie aber umgekehrt proportional ihren M* zu setzen. Das gibt nur näherungsweise (na— m), wenn nicht v’ = 3u* ist, also ins- besondere das Gausssche Gesetz gilt. Hierin liegt ein Widerspruch, der sich dadurch erklärt, daß nach Bruns bei andern Fehlergesetzen, wo v”,<3zu* ist, Formel (1) nicht den günstigsten Wert im Sinne der Me- thode der kleinsten Quadrate gibt. Im folgenden möge für einige einfachere Fälle gezeigt werden, daß bei der günstigsten Berechnung von u’ Widersprüche nicht ein- treten. Der Einfachheit halber setze ich dabei bedingte Beobachtun- gen voraus. g: Liegt nur eine Bedingungsgleichung vor, so kann u’ nur aus derem Widerspruch w bzw. w bestimmt werden, indem man von der Be- ziehung —w = [pe] ausgeht. Es folgt w en] (72) 2 mit dem mittleren Fehlerquadrat = 2W#—(3u'—v)[p], (73) wobei b; = p,:/[pp] ist. Sind zwei Bedingungsgleichungen gegeben, mit Beobachtungen derselben Art, aber verschiedenen Beobachtungsgruppen, so gibt jeder 2 Widerspruch eine Bestimmung von 4’. Man kann ansetzen 2 2=W= ' mit M= 2#—(zW#—w)[p], [pp] I (74) Bw. — mit ME —ru (322 w) oe]; rg] u wobei = p::V[ppl, 5 = 4: Vlag] ist. Zu einem Mittel vereinigt, folgt KM, Ba: ‚2m N = nn, (75) el erg NE METER Diese Formel für u” macht seine Bestimmung nicht mehr von [Ar] = wi+w} abhängig. Man kann nun nachweisen, daß man die- 962 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. selbe Bestimmung erhält, wenn beide Bedingungsgleichungen in eine Ausgleichung zusammengefaßt gedacht werden. Bekanntlich ersetzt man dann w-+Ww? durch die allgemeinere quadratische Form Aw: + Bw? + Ow,w,, (76) deren Koeffizienten ABC so zu wählen sind, daß sich eine möglichst günstige Bestimmung von u’ ergibt. Es ist nun —w, = [Ye] und —w, = [ge], der Durchschnittswert von w? und mw? somit #’. Der Durchschnittswert von w,w, = [Ve] [de] ist dagegen gleich null wegen [bg] = 0. Der Durchsehnittswert von (76) wird also (A+B)u’. Es ist daher Aw; + Bw; + Cw,w, ei A+B 2 hierzu gehört das mittlere Fehlerquadrat Alpe? + Zigef + Elpellael I’ _ - er — u". 8 MER H (73) ABC sind so zu bestimmen, daß M° möglichst klein wird. Zu- nächst erkennt man leicht, daß C null anzunehmen ist; denn wegen [a Pl) des Umstandes, daß in [pe] und [ge] nur verschiedene e vorkommen, verschwinden von den Gliedern mit € im Durchschnitt alle Glieder mit AC und BC, und es bleibt nur das mit C°, nämlich abgesehen vom Nenner A+B das Glied D}C”[ype]’[ge]’}, so daß M’ mit C=o am kleinsten wird. (78) schreiben wir nun p | Amer — N) + B’lael' — N) + 2 AB (pe leer) es (A+ Bj hg Da aber D/[pe]’[ge]}} = u, Di[pel'—u') = M} und Dilge' —u' = M}, so folgt mit A+ B = Konstante, wofür I genommen werden darf: M?’ = A’M:-+ B’M:. (So) Dieses wird in bezug auf A+B wegen der Nebenbedingung A+B —=ı ein Minimum für AM? = BM:, d.h. für I I I I 1 I A |); B=——:|— + ——.]. Mm: er rap: Be 2 Das entspricht aber nach (77) und (80) genau den Formeln (75). Hier ist also in der Tat kein Widerspruch. Die vorstehende Betrachtung kann leicht auf mehr als 2 Bedin- gungsgleichungen mit voneinander verschiedenen Beobachtungen aus- gedehnt werden. Das Ergebnis ist dasselbe. EV — Hermerr: Mittlerer Beobachtungsfehler. 963 10. Ich nehme jetzt an, daß 4 Bedingungsgleichungen gegeben sind, die in 2 Gruppen zu je 2 zerfallen, so daß in jeder Gruppe die Gleichun- gen durch die Beobachtungen zusammenhängen, während die beiden Gruppen unabhängig voneinander sein sollen. Für die einzelne Gruppe gelten wieder die Formeln (77) und (78), nur wird für die günstigste Bestimmung CO nicht null. Wir brauchen indessen die günstigsten ABC gar nicht aufzusuchen. Es genügt zu wissen, daß M’ nach Maßgabe des Ausdrucks (78) ein Minimum werden muß in bezug auf ABC mit der Nebenbedingung A+D gleich einer Konstanten. Unterscheiden wir die beiden Bestimmungen durch die Indices a und b, so geben die Gruppen einzeln mit Rücksicht darauf, daß sowohl w, und w, als auch w, und w, gegenseitig freie Funktionen sind: Aw + Bw; + C,w,W, an Bin (82) ».. A,w; + Bw; + O,w,w, in und Me — D\ Alpe? + Bulgel’ + €.[pellael wi i A,+B, ” er | == B,lee]' +6 [ve][3e] ( us yR A,+B, Me. Werden alle 4 Gleichungen zusammengefaßt, so tritt an die Stelle von (76) ein Ausdruck von der Form (A,w: + Bw? + C,w,w,) + (A,w3 + B,w; + C,w,w,) + R, (84) wo R die Produkte der w der ı. mit denen der 2. Gruppe enthält. Der Durchschnittswert von (84) ist (A, + B,+ A, + B,)u’. Es zeigt sich aber auch leicht wie im Falle (77), (78), daß wegen der Unab- hängigkeit der beiden Beobachtungsgruppen voneinander die Koeffi- zienten in R fürs Minimum null sein müssen, so wie dort C null wurde. Somit folgt (A.w; + Bw: = Calw, W,) + (4, w; EB: wi O,W, w,) as A,+B,+ 4,+B, (Aufpel + Balgef + Culpellaed + (Avlvel? + Bulse’ + Gleellse) \’ _ I — 2 — S6 ME ABEL EB, ee) ‚ (85) wobei nun aber die ABC andere Werte wie in (S2) und (83) haben könnten. 964 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. In gleicher Weise wie beim Übergang von (78) zu (80) sieht man, daß anstatt (36) geschrieben werden kann, wenn man A, +B,+A,+B, = N setzt: M® = 5; D|(AufpeP + Bulael? + Culpellae)’— (A. + Bor) (87) +: D } (A,[te]’ + B,[8e]’ + ©, [te][se])’ — (A, + Bı)’ ur}, indem die doppelten Produkte der in (87) übereinander stehenden runden Klammern sich gegenseitig aufheben. Vergleicht man mit (83), so erkennt man, daß für die Minimal- werte von M° einerseits und von MM}. M}; andererseits die Verhältnisse A,: B,: C,:(A,+B,) bzw. A,: B,: C,:(A,—+ B,) dieselben Werte haben müssen. Da nun in M7 und M; überhaupt nur diese Verhältnisse vor- kommen, kann man anstatt (37) schreiben: u A,+B,. el A,+B,\’.,. M - (7 )6= (#77) M}.. (88) Für N = Konstante muß im Minimalfalle also sein: en 7 ee VOTE ENDE: A, ( I I ) (89) mM; womit sich aus (85) und (82) ergibt: mit (90) Die Gesamtausgleichung gibt hiernach dieselbe Formel zur günstig- sten Bestimmung von u’, als die Verbindung der beiden Einzelwerte (82) nach Maßgabe ihrer mittleren Fehler. Dasselbe würde sich ganz allgemein ergeben, wenn es sich um voneinander unabhängige Einzelwerte handelt. Ein Widerspruch ist somit bei günstigster Bestimmung nicht vorhanden. 965 Beiträge zur Kenntnis des Vaceineerregers. Von Dr. med. Joun SIEGEL. (Vorgelegt von Hrn. F. E. Scuurze.) Is Jahre 1892 stellte GuArnıerı durch Impfung der Cornea geeigne- ter Tiere, besonders der Kaninchen, mit Vaccinelymphe fest, daß in der Umgebung des Impfstiches neben dem Kerne der Corneaepithel- zellen nach 48 Stunden eigentümliche Körper, welche er Citoryetes variolae' nannte, zu finden waren, die er für lebende Organismen und für identisch mit dem gesuchten Erreger der Vaceine erklärte, weil sie nur bei dieser spezifischen Impfung gefunden wurden, und weil die Größe derselben regelmäßig zunahm konzentrisch zum Impfstich. Ich will hier auf die weitere Entwicklung der Ansichten über die Bedeutung dieser Körper, welche eine sehr ausgedehnte Literatur her- vorriefen, in der Bestätigungen und Ablehnungen der GuARNIERISchen Deutung niedergelegt wurden, nicht weiter eingehen und verweise nur auf die sehr gründliche kritische Zusammenstellung des ganzen hierher gehörigen Materials von WAasıEeLewkr's, welcher 1901 in der »Zeitschrift für Hygiene« zu dem, wie mir scheint, wohlbegründeten Schlusse kommt: »es müsse als sehr wahrscheinlich bezeichnet wer- den, daß die Vaceinekörperchen selbst die Vaccineerreger sind«. Seit von WasıeLewskis Zusammenstellung sind wiederum eine größere Reihe von Arbeiten erschienen, welehe sich mit den Kör- pern der Vaceine befassen. Auf einige der bemerkenswertesten will ich hier kurz eingehen. ÜALmMETTE und Gurrın beschrieben 1901 in den »Annal. de l’Institut Pasteur« stark lichtbreehende, sehr kleine Kör- per in der Lymphe, und Dongrowskı beschäftigt sich 1902 in der » Zeitschrift für klinische Medizin« eingehender mit denselben Körpern. Besonders konstatiert er zwei Arten der Bewegung: eine schnellere Pendelbewegung und eine langsamere progressive. Sie sind ursprüng- lich sehr klein, nehmen aber später an Größe zu und sind dann gelb- lich gefärbt; Farbstoffe werden von ihnen nicht aufgenommen. Bosc ! Die italienische Schreibart lautet zwar Citorycetes, was in Deutschland allge- mein in Cytoryetes umgewandelt wurde. Da aber das Wort von pyyvvw abgeleitet wird, halte ich eine Anderung in Cytorhyctes für geboten. 966 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. beschäftigt sich im »Centralblatt für Baeteriologie« 1903 wiederum sehr eingehend mit den Einschlüssen der Epithelzellen bei Schafpocken und gibt eine größere Reihe farbiger Abbildungen, nach denen die GuAr- nıerischen Körper in Sporen zerfallen sollen. Anna FoA (»Archiv de Parasitologie 1903«) lehnt dagegen auf Grund morphologischer und ex- perimenteller Untersuchungen die Bedeutung der Vaceinekörper als Er- reger der Krankheit ab, indem sie höchstens zugibt, daß durch unsere Forschungsmittel nicht erkennbare Einschlüsse der Guarsıserıschen Kör- per die wahren Parasiten sein könnten. 1903 und 1904 erschienen im »Journal of medical research« Arbeiten von ÜouncıLman, MAGRATH und BrIinckErHorr, welche Einschlüsse außer in dem Plasma der Epi- thelzellen auch in den Kernen beobachteten. Ihnen folgte der Zoo- loge Carcıss 1904 in derselben Zeitschrift mit einer Untersuchung, welche unter Benutzung von Analogien aus dem Gebiete der Sporozoen- klasse und Betonung der rhythmisch sich folgenden Generationen des Cytorhyctes in Plasma und Kern der Epithelzellen einen geschlossenen Entwicklungskreis konstruiert mit allerdings sehr vielen hypothetischen Stufen. Gibt er doch selbst zu: »The first development in the host is unknown.« Alle diese Autoren sind, soweit sie den Cytorhyctes für den Er- reger halten, einig, daß es sich um Protozoen handeln müsse. Die An- nahme, daß Bakterien in Betracht kommen könnten, ist schon gleich im Anfang der Beschäftigung mit diesem Gebiet verlassen worden, nachdem sehr gründliche Versuche zur Anlegung von Kulturen, auf die ich hier nicht weiter eingehe, fehlgeschlagen waren. Das Resultat aller bisherigen Untersuchungen kann man wohl mit den Worten zusammenfassen, daß unter Annahme der Wahrschein- lichkeit der spezifischen organisierten Natur des Cytorhyetes sowie der Voraussetzung, daß manche als Sporulationsvorgänge gedeutete Tei- lungen desselben richtig beobachtet seien, wir seit GUARNIERIS erster Entdeckung in dem Verständnis des Vaccineerregers nicht wesentlich weiter gekommen sind. Als ich meine Untersuchungen im Zoologischen Institut der Ber- liner Universität von Prof. F. E. Schusze begann, benutzte ich wie meine Vorgänger zunächst Vacceinelymphe und Corneaepithel als Ma- terial und konnte konstatieren, daß die besonders von CALNETTE und Gu£rın sowie von Domgrowskı beschriebenen glänzenden Körper in Jeglichem bakteriell absolut sterilen Impfmaterial jedesmal in großer Menge vorhanden sind. Ihre Beschreibung soll später folgen. Außer- dem fand ich bei der Untersuchung einer sehr großen Anzahl geimpfter Kaninchenaugen im Schnitt sowie im Ausstriche des Epithels nur ein einziges Mal einen Ausstrich, welcher mich von dem Vorhandensein einer J. Sıeser: Beiträge zur Kenntnis des Vacceineerregers. 967 Sporulation überzeugt haben würde, wenn ich solche Präparate öfter erhalten hätte. Die nebenstehende Photographie (Fig. ı) zeigt ein sol- ches Bild aus dem Corneaausstrich, in welchem sich ähnliche Gruppen öfter nachweisen ließen. Neben einer schwach gelblich gefärbten, zu- sammengefallenen Hülle sieht man etwa ein Dutzend stark glänzender, ovoider Körper grüngelblich gefärbt, die Eisenhämatoxilin stark auf- nehmen und den Eindruck machen, als ob Sporen aus einer Zyste freiwerden. Die Länge dieser Körperchen beträgt im Durchschnitt 2 u. Dieser einzelne Befund genügte mir jedoch noch nicht, bekommt aber seine Bedeutung im Zusammenhang mit den später angeführten Unter- suchungsresultaten. Nachdem ich mich nach längeren Versuchen, auf diesem Wege weitere Resultate zu erhalten, über- ezeugt hatte, daß das Corneageweb ebenso wie das der Haut zu Aus- strichen — und solche müssen vor- handen sein, wenn kleinste Gebilde in brauchbaren Umrissen und Fär- bungen dargestellt werden sollen, — sich nicht besonders gut eignet, ging ich zu einer anderen Unter- suchungsmethode über, welche sich auf folgende Überlegungen stützte. VonL.Preırrer, VAN DER LorFF, Monti, FREYER, VANnSELOW, Frosch und anderen (siehe besonders: Be- richt zur Prüfung der Impfstoffrage 1896; Berichterstatter P. Frosch) Corneaausstrich. Dauersporen aus der Cystenhülle ausfallend. Färbung Eisenhämatoxilin. Photographie. war nachgewiesen worden, daß » der Vergrößerung 3000. Vaceinekeim innerhalb einer be- stimmten Zeit im Organismus (des Kalbes) kreist und zwar immerhin in soleher Menge, daß beinahe mit jedem Organ Impfpusteln erzeugt werden können«. Ferner war durch von WAsIELEwsKI gezeigt, daß Impfungen von Kälbern und Kindern mit Lymphe, die von vaceinierten Kaninchen gewonnen war, fast regelmäßig gelangen. Hiermit war also die vollkommene Identität der Erkrankung der Kälber und Kaninchen dargelegt und somit mußte auch in jedem Organe des Kaninchens der Krankheitserreger zu finden sein. Bei Benutzung der inneren Organe des geimpften Kaninchens mußte Aussicht vorhanden sein, sowohl feinere Schnitte herzustellen als auch Ausstriche, welche zu den distinktesten Färbungen aus- reichten. 968 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Ehe ich zu den weiteren Resultaten meiner Untersuchungen über- gehe, will ich noch kurz über die angewandten Methoden berichten. Gewählt wurden zunächst Kaninchen verschiedener Größe; später aber, nachdem ich beobachtet zu haben glaubte, daß die Impfungen um so intensiver ausfielen, je jünger die Tiere waren, nahm ich zu meinen Untersuchungen Kaninchen so jung wie möglich, welche sich jedoch schon selbständig ernähren konnten. Es wurden etwa 50 Kaninchen geimpft und eine Reihe von Meerschweinchen, bei denen dieselben Resultate gefunden werden. Letztere eignen sich aber wegen der zu wenig hervortretenden und verhältnismäßig kleinen Augen nicht be- sonders gut zu Impfungen. Die Art der Einführung des Impfvirus — als Lymphe wurde ausschließlich solche aus der König- lichen Lymphanstalt zu Berlin benutzt — geschah auf dem Wege oberflächlicher Impfung der Cornea mittels Stiches oder mehrfacher Strichelungen oder durch sub- kutane und intraperitoneale Injektion. Da ich aber außer einem etwas schnelleren Ver- lauf bei beiden letzteren Methoden keinen besonderen Vorteil sah und außerdem aufdie Erkrankung der Cornea verzichten mußte, die bei diesen Methoden ebensowenig wie die einer anderen Stelle der Hautdecke auf- tritt, wählte ich schließlich nur die corneale Impfung. Die Tiere wurden in verschiedenen a kn von, Zeitintervallen getötet, nach. 6 Stunden, a a ı2 Stunden, 24 Stunden, 48 Stunden usw.; für besonders günstig zur Untersuchung der inneren Infektion erwies sich die Zeit nach 24 Stunden. Organsaft wurde stets vom lebenden Tiere entnommen und so- wohl im hängenden Tropfen als auch in Ausstrichen untersucht. Außerdem wurden Schnitte angefertigt. Als Färbungsmittel diente für Schnitte Vorfärbung mit Grenacnzes Hämotoxilin und Nachfärbung mit Boraxmethylenblau sowie Fisenhämotoxilin nach HeıpenHain, für die Ausstriche schließlich nur Gremsas Eosinazur. Nur letzterer Färbungsmethode schreibe ich die Auffindung manches feineren Details zu, bei dem alle anderen Methoden im Stiche ließen. Zur Be- siehtigung wurde benutzt ein Zeiszsches Mikroskop mit apochromati- schem Ölimmersionssystem und meistens Okular 12. (Vergr. 1500.) Als Kontrolle gegen etwaige Täuschung durch miteingeimpfte bakterielle J. Sıeser: Beiträge zur Kenntnis des Vacceineerregers. 969 Verunreinigungen wurden bei fast sämtlichen Impftieren einige Agar- und Blutserumröhrehen mit Organteilen beschickt. Sie blieben ausnahmslos steril. Erwähnen will ich noch, daß zunächst sämtliche Organe durehsucht wurden und daß einzelne Formen überall, wenn auch in verschiedener Menge sich fanden. Da nun aber in Milz, Knochenmark und Lymph- drüsen bestimmte Formen fehlten und die Lunge vernachlässigt wurde, weil die Luftkanäle einer Infektion von außen nicht verschlossen sind, blieb Leber und Niere übrig; beide zeigten alle Formen, aber zu den Giemsafärbungen eignete sich besser die Niere, weil die Ausstriche der Leber häufig einen sehr feinfleckigen Niederschlag zeigten, in Beginnende Teilung einer »beweg- lichen Spores. Sehr stark ver- Die neugebildeten »beweglichen Sporen« haften noch mit dem hinteren größert. Schematisiert Ende aneinander. Sehr stark vergrößert. Schematisiert. dem die Flecken (vielleicht Glykogen) sich sehr störend blau färbten. Ich beschränkte mich daher auf die Niere, welche in jeder Beziehung genügte. Die folgenden Beschreibungen beziehen sich alle auf Nieren- gewebspräparate. Die sich in allen untersuchten Organen, besonders zahlreich in der Niere findenden kleinsten beweglichen Körperchen (Fig. 2) sind mit den schon oben erwähnten, von zahlreichen Forschern, zuletzt von CALMETTE und GuERrIn sowie von Dongrowskı beschriebenen, in der Lymphe befind- lichen durchaus identisch. Ihre Länge beträgt 1-ı1.5 u, wechselt aber etwas, besonders da der vordere Teil anscheinend veränderlich ist: die Breite mißt nur einige Zehntel u. Sie bestehen aus zwei sowohl am lebenden wie am gefärbten Objekt deutlich sich abhebenden Teilen. 970 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Der hintere, wie ich ihn nach der wahrscheinlichen Bewegungsrich- tung benennen will, beträgt etwa zwei Drittel der Gesamtlänge, ist walzenförmig und häufig nach hinten etwas anschwellend. Bei GıemsA- färbung, die einzige, welche gute Bilder liefert, nimmt das stark licht- brechende Ektoplasma eine schwach bläuliche Färbung an, während die im Innern gelegenen scharf begrenzten dunklen Flecke, welche ich für Kerne halte, (es sind gewöhnlich zwei in der Längsrichtung anein- andergereihte, seltener ein einzelner) bei besonders gut geratenen Prä- paraten eine rötliche Farbe zeigen. Der vordere Teil hebt sich so- wohl am lebenden wie am gefärbten Präparate durch einen scharf hiervortretenden helleren Grenzzone vom hinteren ab. Die Färbung des vorderen Teiles ist dunkler als das Plasma des hinteren Teiles. Fig. 5. Da — DEI Doppelte Längsteilung einer s»beweglichen Spore«. Sehr stark vergrößert. Nierenaustrich. Doppelte Längstei- Schematisiert. lung einer »beweglichen Sporey Fär- bung Giemsa. Photographie. Ver- größerung 3000. Dieser Teil ist in verschiedener Weise beweglich. Zunächst sieht man ihn ziemlich schnelle Knickbewegungen (etwa 4 in ı Sekunde) voll- ziehen, die zu dem starren Rumpfteile deutliche Winkelstellung mar- kieren. Außerdem aber scheint er auch das Vermögen amöboider Ge- staltsveränderung zu besitzen, wenn diese Änderungen nicht vielleicht auf Drehungen zu beziehen sind, was bei der Kleinheit des Objektes schwer zu entscheiden ist. Man sieht diesen Teil abwechselnd spitz oder rund oder auch abgeplattet. Ob der ganze Körper in einer be- stimmten Riehtung vorwärts bewegt wird, ist zunächst schwierig zu bestimmen, denn bei der Kleinheit desselben folgt er jeglicher auch noch so geringen Strömung im Präparate. Er ist so klein, daß er, selbst wenn man das Deckglas ganz fest aufpreßt, noch ausreichend Platz findet, um Bewegungen um seine Querachse bequem ausführen zu können. Trotz dieser Beobachtungsschwierigkeiten glaube ich aber doch nach oft wiederholten langdauernden Prüfungen als die Haupt- J. SıesEL: Beiträge zur Kenntnis des Vaceineerregers. 971 Fig. 7. Fig. 9. Häufehen”,von Sporoblasten. Sehr stark vergrößert 1 () Fig. 10. Cyste von Sporoblasten. Sehr stark vergrößert Schematisiert. Fig. Ö. Sporoblasten im Begriff „bewegliche Spo- ren« zu bilden. Sehr stark vergrößert Schematisiert. Kette von Sporoblasten, einzelne in beginnender Teilung. Sehr stark vergrößert. Schematisiert richtung seiner Bewegung diejenige in der Richtung des beweglichen Teiles aussprechen zu können, welches ich daher das Vorderstück benenne. Gewisse Ähnlichkeit zeigt dieser Organismus hinsichtlich der Körperform mit einer Gregarine, die ein Protomerit besitzt, aber im übrigen wieder erinnert die Art der Kniekbewegungen an die Ookineten Sitzungsberichte 1904. 80 972 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. der Malaria, während die angenommene Amöboidveränderlichkeit des Vorderteils dagegen an die Amöboidkeime der Myxosporidien denken läßt; auch die häufige Zweikernigkeit zeigt nach dieser Richtung. Ich will aber mit solchen Vergleichen absolut nicht etwa Homologien konstruieren, sondern führe sie nur an, um an bereits Beschriebenes anzuknüpfen. Von ı2 Stunden nach der Impfung an findet man dieses kleine Körperchen, welches ich vorläufig »bewegliche Sporen« nennen will, in lebhafter Teilung und zwar, was nebenbei gegen die Auffassung als Bakterien spricht, in Längsteilung. Das Gebilde schwillt etwas an und zerfällt am vorderen Ende anfangend in zwei Längs- teile, die mit dem hinteren Ende ähnlich den sich teilenden Trypa- mosomen und Spirochäten (siehe Scuaupinss letzte Arbeit über Spiro- Nierenzellenausstrich sehr stark infiziert. Sehr stark vergrößert. Schematisiert. chäte Ziemanni) in Zusammenhang bleiben, indem die Winkelstellung der beiden Teilprodukte alle Grade ausmachen kann (Fig. 3). Meist findet man sie in einem sehr gestreckten Winkel. Da die hinteren verklebten Enden sich spitz ausziehen, so tritt häufig die Hantelform auf (Fig. 4). Ihre Bewegung in dieser Phase ist eine sich um die Längsachse langsam rollende. Nicht selten findet, bevor eine Trennung der beiden Teile vor sich geht, eine weitere Längsteilung statt, so daß nunmehr eine Figur entsteht, wie es mir gelang in nebenstehendem Photogramm bei 3000facher Vergrößerung zu fixieren (Fig. 5). Der Deutlichkeit wegen gebe ich eine schematische Zeichnung daneben (Fig. 6). Neben dieser Längsteilung verdankt die »bewegliche Spore« noch einem anderen Vermehrungsmodus ihre Entstehung. Ich will denselben, da er tatsächlich mit den bei den Coceidien und Hämosporidien »Schizo- gonie« genannten Prozessen eine sehr große Ähnlichkeit hat, auch ebenso J. Sieger: Beiträge zur Kenntnis des Vaccineerregers. 973 bezeichnen. In den Ausstrichen nach 24 Stunden findet man zunächst nicht selten Häufchen und Ketten kleiner, 1-2 u großer Kügelchen, deren Hauptmasse entweder gar nicht, oder nur in den Randpartien ringförmig schwach blau gefärbt ist, während regelmäßig im Innern ein verschieden großer stark sich färbender Kern zu erkennen ist. Dieser befindet sich meist etwas randständig und zeigt vielfach be- ginnende Zwei- und Vierteilung (Fig.7 und 8). Seltener gelingt es, dicht aneinandergelagerte abgerundete Haufen solcher Kügelchen, welche ich Sporenzysten nennen will, zu finden, die sich aber auch noch in Nierensehnitten, wenn auch nicht so deut- Big. 12. Dauerspore. Sehr stark vergrößert. Schematisiert. Nierenaustrich. Dauerspore und Erythroeyt. Färbung Giemsa. Photographie. Vergrößerung 3000. lich wie im Ausstrich nachweisen lassen (Fig.9). Charakteristisch für diese Haufen ist ein fast immer ungleichmäßiges Entwicklungsstadium der einzelnen Individuen. Wenn die fortgeschrittensten schon eine Vier- teilung des Kernes aufweisen, die schließlich, wie nebenstehende Ab- bildung zeigt, zur Bildung von vier Sporen führt, sind einzelne noch mit den Anfangseinschnürungen des Kerns beschäftigt (Fig. 10). Die nebenstehende, nach einem Ausstrich angefertigte Zeichnung gibt eine Vorstellung, wie zahlreich stellenweise die Infektion der Nieren- zellen ist (Fig.ı1). Zum Unterschiede von den Corneaepithelzelleninfek- tionen finde ich die im Zellplasma liegenden Keime nicht mit einem un- gefärbten Saum umgeben, wie ihn Schnitte der Cornea zeigen. Wie mir scheint, ein Beweis, daß diejenigen recht haben, welche, wie von WA- SIELEWSKI, die Entstehung dieses hellen Saumes einer Schrumpfung des 974 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni 1904. Corneazellplasmas zuschreiben; denn wenn es sich um einen Teil des infizierenden Organismus handelte, müßte sich dieser Saum auch in den nicht geschrumpften Nierenausstrichzellen wiederfinden. Neben diesen zunächst als »bewegliche Sporen« bezeichneten Ge- bilden fand ich in einzelnen Ausstrichpräparaten Körperchen, die mit Dauersporen die größte Ähnlichkeit haben. Nebenstehendes Photogramm Fig. 12 zeigt seine ovoide Form und seine Größe an dem nebenliegenden Erythrocyten. Sie finden sich im Ausstrich meist einzeln, seltener in kleineren Gruppen. Ihre Größe ist nicht immer ganz gleich, wohl aber die Form und das übrige Verhalten. Sie nehmen den Giemsa-Farbstoff nur in der äußersten Schicht bläulich auf, während das übrige trans- parent bleibt. Ihre Eigenfarbe ist schwach gelblich. Auch in Schnitten fand ich dieselben in Epithelzellen und in den Harnkanälchen liegend, Färbung mit Eisenhämatoxilin lassen sie dort deutlicher hervortreten; am besten ist Kontrastfärbung, schwache Vorfärbung des Nierengewebes mit Hämatoxilin und Nachfärbung mit Boraxmethylenblau, wobei die Zellkerne blau und die Dauersporen rötlich werden. Diese Gebilde zeigen eine außergewöhnliche Ähnlichkeit mit den im Anfang dieser Arbeit beschriebenen, so selten zur Darstellung ge- brachten Sporen im Ausstrich der Cornea. Schon ein Vergleich der Figur ı mit Figur 12 und ı3 ergibt dasselbe, und somit wäre denn ein Zusammenhang zwischen den Cytorhyeteskörpern der Cornea und der Niere gegeben. Weitere Entwiceklungsstadien habe ich bisher nicht finden können. Man sieht, es fehlt noch manches Glied, um einen geschlossenen Ent- wicklungskreis zu konstruieren. Vor allen Dingen fehlt die Entstehungs- geschichte der Dauersporen. Vorläufig erinnert manches an den Ent- wieklungskreis der Coceidien und Hämosporidien, andererseits der Myxosporidien. Ich verzichte daher ausdrücklich auf den Versuch einer systematischen Einreihung. Ausgegeben am 16. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXXIL XXX XXX 16. 23. Junı 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. $1. ?2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Ostay regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch -historischen Classe ungerade Nummern. 2 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckiertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nicht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternchen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. 86. 1. Für die Kunakrs einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung); der Gesammt-Aka- demie oder der betreffenden Classe statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. 874 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- schaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2, Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im er a, wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: ; die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, “ A a Fi » Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, EEE Be = October bis December zu Anfang des nächsten Jahres nach. Fertigstellung öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- t den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie ‚oder der betreffenden . Classe. > - 88. 4 % 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes = Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit ı auf Erscheinen ihrer Mittheilungen ‚nach acht. Tag en. Yu j nr‘ R u Pr $1l. I Ba A h Ch 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen 7 Mittheilungen« abgedruckten Arbeit“ erhält unentgeltli h fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf w welchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- 4 nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darun 2 er $ Titel der Mittheilung EEE der Name des Verfass 18. stehen. 2. Bei Mittheilungen, die mit dem Kopf der: Sitzungs- berichte und einem angemessenen Titel nicht über zwei Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag fort. 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied‘ der Akademie ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere en . Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, und. 3; auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl ‚von zwei- hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlicher Ver- 2 A SRASEEE zu Iamen, sofern er diese vechtz erhalten, so bedarf es der ee der a A; Akademie oder der betreffenden Classe. — Ati erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtz itiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exem- plare auf ihre Kosten abziehen lassen. Pi BER: E "rei rnit 828. Se + r y 1. Jede zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be stimmte Mittheilung muss in einer n g vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittlung eines ihrem P Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes ‚ zu benutzen. Wenn schriftliche Einsendungen | auswärtiger oder corr spondirender Mitglieder direet bei der Akademii ie odk einer der Classen eingehen, so hat sie der Vorsitz ende Pi Seeretar selber oder durch ein anderes Nitglied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Verfasse der Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst ein ei scheinenden Nitgliede zu überweisen. [Aus Stat. $41, 2. — einer ausdrücklichen Genchi m igung. der re “ einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag x sobald das Manuseript druckfertig vor gestellt und sogleich zur Abstimmung a ge. N 1. Der redigirende Seeretar ist für den a geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, ‚ jedoch nicht für die darin aufgenommenen kurzen | tsangaben- d gelesenen Abhandlungen verantwortlich, Für, Keen für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte sin nach jeder Richtung nur. au Ren er wortlich. NE Bi & - er REN AM des Registere. } 975 SITZUNGSBERICHTE 1904. XXXL DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 16. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. VAuLen. 1. Hr. Scnärer las über das Wormser Concordat. (Abh.) Er führte aus, dass allein der kaiserlichen Urkunde dauernde rechtliche Gültig- keit zuzuerkennen ist, dass dagegen die päpstliche mit dem Ableben Heinrich’s V. ihre rechtliche Bedeutung verlor. Nur diese Auffassung ermöglicht ein richtiges Ver- ständniss der Stellung von Staat und Kirche zu den deutschen Bischofs- und Abts- wahlen des 12. Jahrhunderts. 2. Hr. Sacuau legte zwei weitere Bände der Ausgabe des Ibn Saad vor, II. 2: Biographien der Medinischen Kämpfer Muham- meds in der Schlacht bei Bedr, herausgegeben von Joser Horovırz, und VIII: Biographien der Frauen, herausgegeben von Prof. Dr. Carı BROCKELMANN. Leiden 1904. 3. Die Aufnahme der von Hrn. Krems in der Sitzung der physi- kalisch-mathematischen Classe vom 9. Juni vorgelegten Abhandlung des Hrn. Dr. JuLıus Ronmgere »über die chemische Zusammensetzung der Eruptivgesteine in den Gebieten von Predazzo und Mon- zoni« in den Anhang zu den Abhandlungen wurde genehmigt. Verf. berichtet in der Abhandlung über neue Beobachtungen in dem Arbeits- gebiet, bringt Analysen der von ihm untersuchten Gesteine und vergleicht dieselben mit anderen aus dem nämlichen, wie auch aus fremdem Gebiete. Die geologisch nachgewiesenen Abspaltungen aus dem Ursprungsmagma werden durch die chemische Zusammensetzung bestätigt. 4. Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie be- willigt durch die physikalisch-mathematische Classe Hrn. EneLer zur Fortsetzung des Werkes »Das Pflanzenreich« 2300 Mark; Hrn. War- BURG zu einer Untersuchung über die specifische Wärme (der Gase bei hohen Temperaturen 1020 Mark; Hrn. Prof. Dr. Leox Asner in Bern zu einer Arbeit über das Verhalten des Darmepithels bei den verschie- denen Ernährungsvorgängen 300 Mark; Hrn. Prof. Dr. Frıeprıcn Danr in [0 o) Sitzungsberichte 1904. l 976 Gesammtsitzung vom 16. Juni 1904. Berlin zur Fortsetzung seiner Untersuchung der deutschen Spinnenfauna 650 Mark; Hın. Prof. Dr. OÖ. Hecker in Potsdam zu erdmagnetischen Beobachtungen bei Gelegenheit einer wissenschaftlichen Reise im In- dischen und Grossen Ocean 750 Mark; Hrn. Prof. Dr. WALTER KAUFMANN in Bonn zu einer Untersuchung über die elektromagnetische Masse der Elektronen 1000 Mark; der Assistentin am Zoologischen Institut der Universität Bonn Dr. Gräfin MaArıa von Linpen zur Fortsetzung ihrer Untersuchungen über die Schmetterlingsfarbstoffe 500 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. Sıeerrıep PAssarGE in Berlin zur Herausgabe eines Werkes über die Kalahari 2000 Mark; durch die philosophisch-historische Classe Hrn. Dies zur Voll- endung der von Hrn. Mommsen begonnenen Ausgabe des Codex Theo- dosianus 1000 Mark; Demselben zur Fortführung der Arbeiten an einem Catalog der Handschriften der antiken Mediein 3000 Mark; Hrn. Koser zur Fortführung der Herausgabe der Politischen Correspondenz FrıedrıcH's des Grossen 6000 Mark; Hrn. von W ILAMOWITZ - MOELLENDORFE zur Fortführung der Sammlung der griechischen Inschriften 5000 Mark; der Deutschen Commission zur Fortsetzung der von ihr begonnenen Unternehmungen 11500 Mark; weiter für die Bearbeitung des The- saurus linguae latinae über den etatsmässigen Beitrag von 5000 Mark hinaus noch 1000 Mark und zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften der griechisch-römischen Epoche für das Wörterbuch der aegyptischen Sprache 1500 Mark; endlich Hrn. Privatdocenten Dr. Mark Linzsarskı in Kiel zur Herausgabe des mandäischen Johannesbuches 800 Mark. Ausgegeben am 30. Juni. I SITZUNGSBERICHTE 17% XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 23. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. von Rıcntnoren las über eine meridionale Bruchzone, welche in ungefähr 104° östl. von Gr. die tibetische Boden- schwelle als eine höhere Staffel durch zehn Breitengrade von den östlich angrenzenden herabgesenkten Gebieten trennt. &s wurde untersucht, inwieweit westlich von den früher nachgewiesenen Reilıen von Landstaffelabfällen Ostasiens ähnliche Abfälle bestehen. Morphographisch erkennbar war seit längerer Zeit um den Meridian von Lan-tschou-fu, zwischen den Breiten- graden von Liang-tschou-fu und Ti-tau-tschou, ein rascher Abfall der hohen Nan- schan-Ketten gegen ihre nur noch in niederen Zügen nachzuweisenden, z. Th. nach NO umbiegenden Fortsetzungen. Viel weiter südlich lässt sich in der Nähe desselben Meridians zwischen den Breiten von Tschöng-tu-fu und Tung-tschwan-fu ein be- deutender, streckenweise in Staffeln sich vollziehender Abfall des tibetischen Hoch- landes aus der Combination verschiedener Beobachtungen ableiten. Jeglicher Anhalt fehlte bisher für das 400 km messende Zwisehenstück, wo die Gebirge der tibetischen Anschwellung in dem breit angesetzten Tsinling-Gebirge sich weit nach Osten fort- setzen. Es wurde erwiesen, dass dort, östlich von Kiu-ting-schan und Min-schan, dieselbe Bruchzone der Anfügungslinie entlang das ganze Gebirgsland quer durchzieht und mit östlicher Absenkung verbunden ist. Wie die anderen Meridianbrüche Ost- asiens, so ist auch dieser von den Gefügelinien des inneren Gebirgsbaues unabhängig. 2. Hr. Kızıs las: »Mittheilungen über Meteoriten«. oO In der Abhandlung wird nachgewiesen, dass der heutige Stand der Universitäts- Sammlung 470 Vorkommen mit 2549015 Gewicht beträgt. Es werden einzelne, besonders interessante Stücke besprochen, wie die Meteoriten von Victoria West 1862, Lance 1872 und Willamette, Oregon 1902. 3. Hr. van’r Horr gab eine weitere Mittheilung aus seinen Untersu- fe) = chungen überdieBildungsverhältnisse deroceanischen Salzabla- gerungen. XXXVII. Die Identität von Mamanit und Polyhalit. Gemeinschaftlich mit Hrn. Vorrman wurde festgestellt, dass im sogenannten Ma- manit kein selbständiges Mineral sondern ein unreines Polyhalit vorliegt. 4. Vorgelegt wurde das mit Unterstützung der Akademie heraus- gegebene Werk: Gustav Fritsch, Agyptische Volkstypen der Jetztzeit. Wiesbaden 1904. 8l* 978 Mittheilungen über Meteoriten. Von C. KLem. I. Einleitung. Ih: mir zur Vervollständigung und Bearbeitung der Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich -Wilhelms -Universität zur Verfügung gestellten Mittel habe ich in ersterer Hinsicht nunmehr vollständig verwandt. Die Sammlung besitzt heute 470 Fall- und Fundorte mit 254901°5 Ge- wicht. Es ist somit gegenüber dem Katalog vom 21.Januar 1904 — diese Sitzungsberichte 1904 S.114— 153 — eine Vermehrung um 20 neue Vorkommen und eine Bereicherung des Gewichts (dureh neuere und durch ältere Vorkommen) von 8864° eingetreten. Hiermit ist das erworben, was mit den vorhandenen Mitteln und dem vorhandenen Angebot zu erwerben war', und es werden in der Folge die Zugänge langsamer fliessen. Was die für die Bearbeitung der Sammlung bereitgestellten Mittel anlangt, so sind für sie alle Anschaffungen erfolgt, die zu jenem Zwecke nöthig waren. Vieles ist in Hinsicht auf die Bearbeitung auch schon ausgeführt worden. Bezüglich der Aufstellung der Schausammlung theile ich mit, dass sie nach dem erweiterten Rose-Tscuermax-Brezına’schen System mit den Abänderungen erfolgt ist, die ich im letzten Bericht 1904 auf S.133—137 vorgenommen habe. Ich habe mich nach langen Überlegungen für das genannte System entschieden, um meinerseits auch dazu beizutragen, eine gewisse Einheit- lichkeit in die Sache zu bringen, ohne welche ein Verständniss un- möglich ist.” Vorher waren die Meteorsteine und Meteoreisen chronologisch an- geordnet. ! Mehrfach mussten, um die Structur zu erkennen, grosse und theuere Stücke gekauft werden. ® Der einzige Punkt, in dem ich noch gegen früher eine Änderung vorgenommen habe, ist bei den intermediären Chondriten, die nicht Ci, sondern Cwg (weiss -grau) heissen. Krein: Meteoriten. II. Zusammenstellung der Fall- und Fundorte, sowie der Fall- und Fundzeiten der Meteoriten und ihrer Gewichte. Das Gewicht ist in Grammen angegeben. Gewichte unter o%3 sind nicht angeführt. Gewicht ar Gefallen ende N oder Eallort Art Num- Gefund d. Haupt- im mer eLUnden stücks Ganzen I. Meteorsteine.' Chondrite. Etwa 1730 ZOSEFBrovüklzen, Japanese ae Cw 1.5 | 1-5 Mitte VII. 1766 | Albareto,. Modena, Italien ................. (Ce [Zuwachs 2.5 7. VII. 1822 =Aegra, Proy. Doab, Ostindiene. er. nee lg 2 2 3.1.1822 Angers, Maine et Loire, Frankreich ........ Cw [Zuwachs 6 25. 111. 1865 Claywater, Vernon Co., Wisconsin, N. Ameriea| Ck Zuwachs 3 25. VIll. 1865 | Senhadja, Aumale, Constantine, Algier...... Cw [Zuwachs 38.5 22. V. 1868 “Slavetic, zw. Agram und Jaska, Croatien ..| Üg 3-5 | 3-5 10. XMl. 1871 Bandong, Goemoroeh, Preanger, Java ...... Cw [Zuwachs 10.5 2381873 “Khairpur, Bhawalpur, Mooltan, Östindien...| Ck 5-5 5.5 31.1. 1879 La Becasse, Dep. Indre, Frankreich ........ Cw |Zuwachs 21 18. II. 1880 Toke-uchi-mura, Yofugori, Tamba, Japan..| Ck | Analyse | 10. XI. 1836 Mame,NIppoob Japan rt ee erae Cw [Zuwachs 8.5 9. V. 1895 *Nagy-Borove, Liptauer Comitat, Ungarn ..| Üg 13-5 13.5 30. XI. 1901 *Chervettaz, Palezieux, Cant. Waadt, Schweiz| Cck I I 17. VII. 1902 * Mount Browne, Milparinka, Neu-Süd-Wales, INUSTRANEHRSL Se er SAN sr er eferenehe lee tere Ce 9 9 23. VI. 1872 Lanee, Loir, et; Cher, Frankreich............ Ke [Zuwachs 61.5 II. Mesosiderite. Lau- Erwähnt, Gewicht fende Gefunden oder Fundort und Fallort ae Ce Den Num- : d. Haupt- im a stücks Ganzen 1885 II. Meteoreisen mit Silieaten. Pallasite. Olivin-Pallasite. Brenham Township, KiowaCo., Kansas, N. America PO [Zuwachs 6230 ! Die neuen Fundortserwerbungen sind mit X bezeichnet. — Wo zu einem vorhandenen Fundort ein Gewicehtszuwachs zu vermerken ist, findet sich dies angegeben. 980 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 23. Juni 1904. Lau- Erwähnt, Gewicht fende Gefunden oder Num- z rar Beschrieben Fundort und Fallort Art d. Haupt- im stücks Ganzen IV. Meteoreisen. a. Oktaödrische Meteoreisen. 1784 “Sierra de las Adargas b. Huejuquilla.. — Nach Concepeion, Staat Chihuahua, Mexico, gebracht| Om 69 69 1797 “Prambanan, Soeracarta, Jaya ec Of 2.5 2=5 1840 Smithville, De Calb Co., Tennessee, N. America| Og |Zuwachs| 412.5 1847 *Murfreesboro, Rutherford Co., Tennessee, N. KUNDEN mORBRG ODER Bauen Om 15-5 15-5 1850 Pittsburg, Alleghany Co., Pennsylvanien, N. America| Og Umstellung 1853 Union Co., Georgia, N. America.............. Ogg Umstellung 1855 Central »Missouri, N. Ameriea.ceee an Ogg Umstellung 1860 Nelson Co., Kentucky, N. America ...........- Ogg Umstellung Gefallen? 1862| “Victoria West, Kapkolonie, S. Afriea......... OfV 43 | 46 1863 Dakota, Indian Territory, N. America ......... Ogg Umstellung 1873 Chulafinnee, Claiborne Co., Alabama, N. America|l Om [Zuwachs 37-5 1873 *Ssyromolotow, Amtsbezirk Keshma, Angara, Gouv: Jenisei, Sibirien. ee Om 2 2 Um 1875 “Canyon City, Trinity Co., Californien ........ Om-Og| 356-5 | 356-5 18380 Lexington Co., S. Carolina, N. America........ Ogg Umstellung 1885 * Lucky. Hill, St. Elisabeth, Jamaiea........... Om 18.5 64 1890 *Nagy-Vazsony, Veszprimer Comitat, Ungarn... | Om 5.5 5-5 1893 El Capitan, Neu-Mexico, N. America.......... Om [Zuwachs 305 1902 *Persimmon Creek bei Hot House, Cherokee Co., N-Garolna, N? American re Off.b.P. 20.5 22.5 1902 *Willamette, Clackamas Co., Oregon, N. America] Og 981 1009.5 b. Hexaedrische Meteoreisen. 1890 “Summit, Blount Co., Alabama, N. America ...| Hb 16 16 c. Dichte Meteoreisen. 1867 “San Franeisco del Mezquital, Durango, Mexico | Dby 30.5 39-5 1872 Nenntmannsdorf, Pirna, Sachsen.......:...... Dby Umstellung 1898 “Weaver Mountain b. Wickenburg, Arizona, N. AMELICa a... ee nee EEE Dba 97-5 97-5 Analyse Kreın: Meteoriten. 981 III. Bemerkungen. Meteorsteine. Über die neu erworbenen Chondrite von Ogi 1730, Agra 1822, Slavetie 1868, Khairpur 1873, Nagy Borove 1895, Chervettaz 1901, Mount Browne 1902 ist, abgesehen von ihrer oben gegebenen Ein- reihung in’s System, nichts Besonderes zu bemerken. Von den schon vorhandenen, nunmehr meist an Gewicht ver- mehrten Vorkommen von: Albareto 1766, Angers 1822, Olaywater 1865, Senhadja 1865, Bandong 187 1, La Becasse 1879, Toke-uchi-mura 1580, Ma&m& 1886 und Lance 1872 interessiren: Toke-uchi-mura durch eine Analyse des Hrn. Dr. Lispser und Lance, letzteres, weil es von dem bei Würrıne, Meteoriten 1897 S.199 aufgeführten Stück von 3" stammt, was noch im Besitze der Familie BovsseuLH -DE LA Taıııe auf Schloss Blanchamp war. Hr. Bönm in Wien, den ich darauf aufmerksam machte, erwarb das Stück und liess uns 61°5 davon ab. Die Analyse von Toke-uchi-mura ergab: SıO? —#30:39' (08 = Or Me07 7 —=720.91 NiO —0:30 Feo — Erle, Fe 10.58 CaO 2 Ni — 1) MnOr = 10.15 Co —/E. 0:05 K°O — 028 Ss — AH N0 =77.18 P — Be} —7.0.36 Bebr 0270.95 Summa = 99.40 Spec. Gew. — 3.315. Pallasite. Wir verdanken Hrn. Warp ein grosses Prachtstück des Vorkommens von Brenham Township 1885, welches, 6230° schwer, die Structur dieses Olivin-Pallasiten sehr schön zeigt. Meteoreisen. Die neuen oktaödrischen Eisen von Sierra de las Adargas 1784. Prambanan 1797, Murfrees boro 1847, Vietoria West 1862, Ssyromo- lotow 1873, Canyon City 1875, Lucky Hill 1885, Nagy-Vazsony 1590, Persimmon Creek 1902 und Willamette 1902 sind nach ihrer Art be- stimmt und eingetragen. 982 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 23. Juni 1904. Über Persimmon Creek handelt eine besondere Mittheilung — diese Sitzungsberichte 1904 S8. 572 —. Bezüglich Willamette ist zu bemerken, dass von diesem durch seine Grösse sich auszeichnenden Eisen nur grosse Platten die Zu- gehörigkeit zu Og erkennen lassen. Kleine Platten führen in der Deutung irre, da die Lamellenzüge sehr unterbrochen sind. Zuwachs haben erfahren: Smithville 1540, Chulafinnee 1873, El Capitan 1893. Eine Umstellung erfuhren Pittsburg 1850 (nach gefl. Mittheilung von Prof. Comes), Union Co. 1853, Central Missouri 1853, Nelson Co. ıS60, Dakota 1863 (alle vier nach gefl. Mittheilungen von Hrn. Director Brezına) und Lexington Co. 1880 durch Messung der Lamellenbreite, die selten für Og, häufigst für Ogg in Anspruch zu nehmen ist. Zur Erkenntniss der dureh die HH. Conen und Brezına verbesserten Artenbezeichnungen waren unsere Stücke z. Th. zu klein, z. Th. zu un- deutlich, um das Richtige auf Grund der Beobachtung an ihnen zu erkennen. Man braucht eben durchaus grosse Platten, die hier nicht vorhanden sind. Zu den hexaädrischen Meteoreisen ist Summit1Sg90 getreten. Die diehten Meteoreisen haben eine Bereicherung durch San Franeisco de Mesquital 13867 und Weaver Mountain bei Wickenburg, Arizona, N. America 1898 erfahren. Von Letzterem fertigte Hr. Dr. Linpser eine Analyse. Dieselbe ergab: Fe = 80.78 Kein Kohlenstoff, Nez Kupfer, Chrom, Goa Mangan. S = Noms Pe—=#or12 Grauer Rückstand, in Säuren unlöslich = 0.15 99.96 Spec. Gew. 7.108 bei 21°C. Auf Grund der Untersuchungen an grösseren Stücken ist Nennt- mannsdorf 1892 von Prof. Comen den dichten Eisen angereiht worden. Kreın: Meteoriten. 953 IV. Stand der Sammlung, Art der Erwerbung, Geschenkgeber, Tausch. Am 21.Januar 1904 — diese Sitzungsberichte 1904 S. 153 — zählte die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität: ı. 251 Fall- und Fundorte von Meteorsteinen mit 76815”2 Dan Talmınn » » » Mesosideriten » 5965.— ZU N 0 » » » Pallasiten »4..10082, A An » » » Meteoreisen BA 450. Rall- und Eunderte mit 2. .2...2...... 24060375 Im Durchschnitt kamen 546°%7 auf den Fundort. Der heutige Bestand ist: ı. 258 Fall- und Fundorte von Meteorsteinen mit *76958°7 212, » » » Mesosideriten » 5965.— SEE LT2) 408 » » » Pallasiten » 22312.— A LO » » » Meteoreisen » 149665.8 270. Fall- und Rundorte mit Sen. 2.0.0: 254901°5 Im Durchschnitt kommen jetzt 542°34 auf den Fundort. Die Meteoriten wurden in der Hauptsache von Hrn. Warn in Chicago, der in anerkennenswerthester Weise uns viele Doubletten seiner reichen Sammlung von 603 Vorkommen überliess, dann von den HH. Dr. Brerzına und J. Bönm in Wien gekauft. Hr. Prof. Warv schenkte den Meteorstein von Bandong 187 ı mit 10°5. Vertauscht wurden an Hrn. Prof. Warn, Chicago: 2 fo} TAESIERAHDIAR CHI N Pan en ann a de 185 22 Sıerra des ls» Ternera 1891. ... =... - „iv... 1°'5 und dagegen: WillamettesF 9020 2..4. Ze en. 2885 erhalten. Desgleichen wurden an Hrn. Prof. Tearz, Mus. of Pract. Geology, London, abgegeben: FEUNDEOYAIS TE ee en ae ann ne 228 2 OSCHINENSOTE N. er EIER 275° und dagegen erhalten: Mietosiaa West 7862... 2.2.2003... 438° Inely DEE SSE en ae ea seine 64°". Die Zu- und Abgänge sind bei Aufstellung des neuen Bestandes in Rechnung gezogen worden. Sitzungsberichte 1904. 82 984 Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXVII. Die Identität von Mamanit und Polyhalit. Von J. H. van’r Horr und G. L. VoERMAN. RE 1866 .wurde von GorseL' unter dem Namen Mamanit ein Mineral beschrieben, das bei Maman in Persien neben Steinsalz und Karnallit auftritt und sich durch seine Zusammensetzung als Tripelsulfat von Kalzium, Kalium und Magnesium neben dem Polyhalit stellt. Die Analyse führte jedoch zu einer vom letzteren verschiedenen Formel: Ca,K,Mg, (SO,), 3H,0, während Polyhalit: Ca,K,Mg(SO,),2H,0 entspricht. Bei mehreren Versuchen zur Darstellung einer der obigen Formel entsprechenden Verbindung, welche Darstellung bei den anderen Tripel- sulfaten, Polyhalit” und Krugit’ gelang, wurde auch unter den an- scheinend günstigsten Umständen keine Verbindung von der Zusammen- setzung des Mamanits erhalten, was schon einige Zweifel an dessen Existenz aufkommen ließ. Darauf wurde in St. Petersburg 'bei Hrn. MEnDELEEFF um eine etwa noch vorhandene Probe Mamanit angefragt, und durch freund- liche Vermittelung des Hrn. Kurnakorr, denen beiden hiermit unser Dank ausgedrückt wird, bekamen wir das Verlangte unter Etikette »Polyhalitähnliches Mineral Mamanitstücke aus der Kollektion GoEBEL«. Diese Probe enthielt einige Gramme des, wie GoEBEL beschreibt, »weißen, seidenglänzenden Minerals von blättrig faseriger Struktur«, welche, äußerlich zersetzt, in den inneren Teilen eine einheitliche Struktur aufwiesen. Sie zeigte sich als Tripelsulfat von Kalzium, Kalium und Magnesium mit: U Bulletin de l’Acadcmie de St.-Petersbourg, 1866, 1. ® Bascn, Sitzungsber. d. K. Preuß. Akad. der Wissensch., 1900, 1084. ®? GEIGER, ebenda 1904, 1123. van'r Horr: Öceanische Salzablagerungen. XXXVII. 985 Ca Ms SO, H,O! 12.8 Prozent 5.6 Prozent 61.2 Prozent 6.1 Prozent 12.4 Prozent 5.3 Prozent 61.2 Prozent 6.7 Prozent, was von der Gozgerschen Formel nicht weit entfernt ist, welche verlangt: 13.7 Prozent Ca 5.5 Prozent Mg 65.7 Prozent SO, 6.2 Prozent H,O 8.9 Prozent K mit alleiniger Ausnahme des Kaliums, das nach Differenz aus obiger Analyse berechnet sich viel höher, auf 14 Prozent, stellen würde, was wiederum den Polyhalit in Erinnerung, bringt mit: 13.3 Prozent Ca 4 Prozent Mg 63.7 Prozent SO, 6 Prozent H,O 13 Prozent K. Der höhere Magnesiumgehalt blieb immerhin auffällig. Kristallographisch ließ sich die Entscheidung nicht herbeiführen. Die diesbezügliche Beobachtung, für welche wir Hın. Krem zu großem Dank verpflichtet sind, zeigte eine sphärolitische Ausbildung, wie sie auch beim Polyhalit vorkommt, jedoch war in den optischen Ver- hältnissen ein Unterschied vorhanden, der sich ebensowohl durch Aus- bildung der Sphärolithenstrahlen nach verschiedenen Richtungen als durch wesentliche Verschiedenheit erklären ließ. In demselben Sinne fielen auch Versuche über die Geschwindigkeit der Zersetzung durch Wasser aus. Unsere Polyhalitproben wurden dadurch wesentlich schneller angegriffen, was jedoch auch mit der kristallographischen Ausbildung zusammenhängen kann. So blieb nur die Entscheidung durch chemische Hilfsmittel übrig. In erster Linie sind die Darstellungsversuche neu aufgenommen. Die inzwischen gemachten Erfahrungen hatten dargetan, daß die Ver- zögerung, welche derartige Darstellungen erschwert, mit der Anwesen- heit zweiwertiger Metalle als Sulfate steigt und daß Kristallwasser diesbezüglich ungefähr den Sulfaten einwertiger Metalle entspricht. Die beschriebenen Doppelsulfate ordnen sich demnach in bezug auf Schwierigkeit der Darstellung folgenderweise an: Polyhalit (CaSO,),(MgSO,) (K2S0,)2H,07 (5:5) Mamanit (CaSO,),(MgSO,), (K,SO,) 34,0 (5:4) Krugit (CaSO,), (Mg SO,) (KES0)2H.07 (5:73) Pentakalziumkaliumsulfat (CaSO,). (K,SO,)H,O (5:2): Dem entspricht die Tatsache, daß Krugit ungleich schwerer darzu- stellen ist als Polyhalit. Mamanit, als zwischen beiden liegend, muß ! Die Probe wurde zur Entfernung einer geringen Verunreinigung durch Chlor- natrium, mit Wasser, 5oprozentigem Alkohol und Alkohol gewaschen. 986 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 23. Juni 1904. sich also voraussichtlich durch entsprechende Versuche erhalten lassen und in der Bildung viel weniger verzögert werden als das vor kurzem erhaltene Pentakalziumkaliumsulfat. Dazu sind Polyhalit und Magne- siumsulfat in einer an beiden gesättigten Lösung, deren Zusammen- setzung Hr. GEIGER für die Temperatur von 83° ermittelte: 1000H,0 3,5K,SO,92,3Mg SO, nach Einimpfung mit etwas unseren Mamanits längere Zeit auf 83° erhitzt, bei welcher Temperatur letzteres sich unverändert hält. Noch nach vierzehn Tagen war alles ungeändert geblieben, während Krugit sich in entsprechender Weise schon nach ein paar Tagen merkbar bildet. Noch ein zweites indirektes chemisches Merkmal wurde angewendet, indem der eben erwähnten Untersuchung von GEIGER eine Lösung entlehnt wurde, die sich bei 83° zur Bildung von Polyhalit besonders eignet, von der Zusammensetzung: 1000H,0 9,7K,SO,45,3MgSO,. In Berührung mit derselben verwandeln sich Kalksalze, Gips, Anhydrit, Syngenit, das neue Pentakalziumkaliumsulfat alsbald bei 83° in Poly- halit; dies wäre demnach auch für den Mamanit zu erwarten. Die mikroskopische Verfolgung zeigte jedoch, daß Proben von diesem Mineral sich während eines Monats vollkommen ungeändert halten. Nunmehr blieb kaum anderes übrig als Wiederholung der Analyse mit einer möglichst tadellosen Probe, die von dem etwas grau ge- färbten Ganggestein sorgfältig befreit war. Nach Entfernung der Spur Chlornatrium in der früher beschriebenen Weise wurde die Kalium- bestimmung jetzt auch direkt durchgeführt und für Wasser das Mittel der obigen Bestimmungen genommen; so ergab sich: 14,1 Prozent Ca 13,1 Prozent K 4,2 Prozent Mg 61,6 Prozent SO, 6,4 Prozent H,O, was mit dem Polyhalit: 13,3 Prozent Ca »- 13 Prozent K 4 Prozent Mg 63,7 Prozent SO, 6 Prozent H,O fast vollständig übereinstimmt. Der hohe Kaliumgehalt schließt die Formel des Mamanits (mit 8,9 Prozent K) endgültig aus. Auch der höhere Magnesiumgehalt, in letzterem gefunden, ist nicht mehr vor- handen und rührt offenbar vom Ganggestein her. Ausgegeben am 30. Juni. 987 SEITZUNGSBERICHTE - 22: XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 23. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. VAHten. l. Hr. Meyer las über ägyptische Chronologie. (Abh.) Die Resultate der Untersuchung sind folgende: ı. Die Regulirung des ägyp- tischen Kalenders und der Sothisperiode fällt in das Jahr 4245 v. Chr. (1. Thoth = 20. Juli jul. — 16. Juni gregor., d.h. erster Anfang der Überschwemmung). 2. Alle Sothisdaten sind eyklisch zu verstehen, d.h. nach dem Kalender berechnet, nicht astro- noinisch beobachtet. 3. Versuch einer Reconstruction des Turiner Papyrus und Ver- gleich seiner Daten mit den Königslisten und den Denkmälern. Es ergiebt sich für Menes etwa 3320 v. Chr., für die Zeit der Pyramidenerbauer (Dynastie 4., 5. von Snofru bis Onnos etwa 2845 — 2545, für das Ende des Alten Reiches etwa 2365 v. Chr. Die 11. Dynastie beginnt um 2165 v. Chr. 2. Hr. Scnmorzer überreichte den zweiten Theil seines Grundrisses der Allgemeinen Volkswirthschaftslehre. Leipzig 1904. Ausgegeben am 30. Juni. Berlin. gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1904. 83 £ 2 SP ER i m 1 ST EI Br i Be? ee ee ER y ea ir ‘ Be Vo ® Bu. vr la), Ne a Ben) j Ja | on) eure Te 2 en R + Süden va BL. ei Pr & u Yntis f rl nen er 2 4 £ re TEA Be. “ 5 28 4 RE SAFE RE TR Kun Bene h E- Bene a" Kia ES Ms Sylhe ir oe TUAU2ZR 7 nut,.adh 1, 08 Ar hi & EI on Ks vr BER. A eis a TE HIN S ;- 4 » a re SI er N: Be = h . Fr, NH tr SON STR AN A Aal r Per) BT, | Be: a re A Ri. al, i i IE ENGEN? er. Be pr £ AERO, IE Area ee aber as nn na! ö i A Bu nr re nie N -. - te, Mg Ko. We (v0 i “ul Nun are TE DE [7 BUS ya PAAS 0 WA [1 > u >» ’ s P\ . 7 # Er. Be u . j Li Da #7 ba [2 ns Box u ‘ ae a Br Ben! 0 . ey DAR 328 2-j 12 NW Er en 8 E a E% } a u re Po y de SuEr, a, A ; Pos i j r. 0 Per a‘ A’ ia 2 PN; ‚a ns BY, R - se - t gr ar Vo By u juni, N Dh in GG Se a in an wo u u > E S SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. XXXIV. 30. Junı 1904. BERLIN 1904. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Auszug aus dem Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«. s $1. 2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- Ostay regelmässig Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit tortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über Sitzungen der philosophisch-historischen Classe ungerade Nummern. 82 1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten geschäftlichen Angelegenheiten. 2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- wiesenen wissensehaftlichen Arbeiten, und zwar in der Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- rigen Stücken nicht erscheinen konnten. Mittheilungen, welche nieht in den Berichten und Abhandlungen er- scheinen, sind durch ein Sternehen (*) bezeichnet. 85. Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- nenden wissenschaftlichen Arbeiten. $ 6. 1. Für die Aufnahme einer wissenschaftlichen Mit- theilung in die Sitzungsberichte gelten neben $ 41, 2 der Statuten und $ 28 dieses Reglements die folgenden beson- deren Bestimmungen. 2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nach ausdrücklicher Zustimmung Sdder Gesammt -Aka- demie oder der betreffenden Classe "statthaft. 3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche Auflage eingeliefert ist. $ 7. 1. Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissen- sehaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Aus- gabe des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 2. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung diese anderweit früher zu ver- Die Akademie versendet ihre »Sitzungsberichte« an diejenigen Stellen, mit denen sie im Er wofern nicht im besonderen Falle anderes vereinbart wird, jährlich drei Mal, nämlich: Be 2. ®. die Stücke von Januar bis April in der ersten Hälfte des Monats Mai, ee Mai bis Juli in der ersten Hälfte des Monats August, » October bis December zu Anfang des nächsten Tohkrage nach Fertigstellung. ds Risen u A 4 - Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Ba? 4 4 i .\ öffentlichen beabsichtigt, als ihm dies nach den gelten- den Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt- Akademie oder der a Classe. ER x S 5. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes Eee Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten N ' auf Erscheinen ihrer due nach ‚acht De gı1l. ö EI an 1. Der Verfasser einer unter den »Wissenschaftlichen Be Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unentgeltlich } 1 “fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, aufwelchem der Kopf der Sitzungsberichte mit Jahreszahl, Stück- nummer, Tag und Kategorie der Sitzung, darunter der = Titel der Mittheilung und der Name des Ve stehen | 2. Bei Mittheilungen,, die mit dem Kopf der Sitzungs-- i berichte und einem angemessenen Titel nieht über zw. H Seiten füllen, fällt in der Regel der Umschlag. fort. a 3. Einem Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ’ A 4 Ei ist, steht es frei, auf Kosten der Akademie weitere gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch hundert, nd auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von zwei hundert (im ganzen also 350) zu unentgeltlieher Ver- 5 theilung abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig Pr dem redigirenden Seeretar angezeigt hat; wünscht er auf } seine Kosten noch mehr Abdrücke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es der ‚Genehmigung der Gesammt- | Akademie oder der betreffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Freiexemplare und dürfen nach rechtzeitiger e Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 ae; 32. plare auf ihre Kosten abziehen lassen. L ze stimmte kenne muss in einer akademischen SR vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, sowie alle Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu ı benutzen. Ns Wenn schriftliche Einsendungen auswärtiger ‚ode sorre- spondirender Mitglieder direet bei der Akademie, oder ei einer der Classen eingehen, so hat sie der vorsitze nde F Secretar selber oder durch ein anderes Mitglied. zum > Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren Ve Akademie nicht angehören, hat er einem zunächst sag scheinenden Mitgliede zu überweisen. j N [Aus Stat. $ 41, 2. — Für die Aufnahme bedarf « zer einer ausdrücklichen Genehmigung der Akademie oder. einer der Classen. Ein darauf gerichteter Antrag kann, vs. sobald das Manuseript ‚druckfertig vorlie 2 gestellt und sogleieh zur Abstimmung gebracht werden, X, { 8239. RAR, = 1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt de N AR: geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte, jedoch. nieht 5 für die darin aufgenommenen kurzen Inhaltsangaben der u gelesenen Abhandlungen verantwortlich. Für ee > für alle übrigen Theile der Sitzungsberichte : sind ? ‚nach jeder Richtung nur die Vera verant- wortlich. ee steht, n a Be Air 989 KL ZENGSBERICH TE) 1208 XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 30. Juni. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leisnızischen Gedächtnistages. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung, welcher das Ehrenmitglied der Akademie, Seine Excellenz der vorgeordnete Minister Hr. Dr. Stupr beiwohnte, mit folgender Festrede: Es ist das erste Mal, daß die Akademie den dem Andenken von Leiesız gewidmeten Festtag nicht mehr an der Stätte feiert, die durch ihn für alle Zeiten der Wissenschaft geweiht worden ist. Es ist das erste Mal, wo jener astronomische Turm nicht mehr auf uns herab- blickt, der vor zweihundert Jahren auf das unablässige Treiben des Gründers unserer Gesellschaft erbaut worden war. Er ist gefallen, und an seiner Stelle sind nun hundert geschäftige Hände tätig, den Boden zur Erriehtung der neuen Gebäude herzurichten. Nur wenige der Lebenden haben diesen ältesten, abgelegenen Teil unseres akademischen Besitztums betreten. Mit einem Schritt gelangte man aus dem lautesten Lärm der modernen Großstadt in die selten von menschlichem Fuße betretenen Räume des Turmes, dessen düstere, verfallene, winklige Treppen wie in einem verwunschenen Märchenschlosse emporführten zu dem ältesten Sitzungssaale der Akademie, der noch die alten, von dem Staube zweier Jahrhunderte bedeckten Schriften der Akademie ver- wahrte. Einst mochte der Raum einen ganz stattlichen Eindruck machen wenigstens auf unsere Akademiker, die niemals durch den äußeren Glanz ihrer Räume verwöhnt worden sind. Von der gewölbten Decke grüßten Sternbilder und astronomische Embleme, von den Friesen schauten die Medaillons berühmter Astronomen des Altertums herab, und die ganze unberührt gebliebene Ausstattung versetzte den Geist ohne Mühe in die ersten Zeiten der Leissızschen Akademie, wo unsere Sozietät mit unsäglicher Mühe um ihre Anerkennung und ihre Subsi- stenz kämpfen mußte. Sitzungsberichte 1904. 84 990 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1904. Die Wissenschaft beginnt an allen Orten, wo sie irgend Pflege ge- funden hat, in Babylon und in Ägypten wie in Griechenland, in China wie in Mexiko mit der Himmelsbeobachtung. So war es auch bei uns die Astronomie, die in der ersten Epoche unserer Akademie vorzugsweise, ja zuweilen allein gepflegt ward. Bildete doch der akademische Kalen- der lange Zeit ihre einzige dürftige und schwankende Einnahmequelle. Die emsigen Beobachtungen, die zu diesem Zwecke der alte Kırca, seine eelehrte Frau MArıe MARGARETHE und deren Kinder damals auf dem Observatorium anstellten, gereichen der jungen Sozietät zur besonde- ren Ehre. Nicht ohne Absicht also hatte ihr Leıssız die Devise mit auf den Lebensweg gegeben: Cognata ad sidera tendit. Es ist die Umschrift auf dem von ihm entworfenen Siegel, das einen Adler im vollen Flug von der Erde zu den Gestirnen zeigt. Aus einer Beschreibung des Wappens, das Lrienız damals veröffentlichte, ergibt sich, daß damit der Brandenburgische Adler gemeint ist, der zu dem gleichnamigen Sternbild des Himmels emporfliegt. Aber, erklärt der Erfinder, dieses Siegel hat auch einen geheimen Sinn. Der Adler bedeutet auch den menschlichen Geist, der vom Himmel geboren wieder zu seinem Ursprung zurückkehrt, er bedeutet vor allem den Geist der Akademie selbst, der auf den Bahnen der Wissenschaft zum höchsten Lichte, zum göttlichen Wesen aller Dinge empordringt. Indem der Philosoph die Verwandtschaft des Menschen mit den Sternen so stark betonte, deutete er auf den innersten Kern seiner eigenen Lehre, die geheimnisvolle Wechselwirkung, in der jede individuelle Monade zu dem Universum steht. Der Mikrokosmos ist ein Spiegel des All. Wie im Zentrum eines Kreises unendliche Radien zusammenlaufen, so ist die menschliche Seele durch unend- liche Strahlen mit dem Universum verbunden. Zahllose unsichtbare und unbewußte Fäden spinnen sich zwischen den Einzelwesen und dem unendlichen All, das von den Gesetzen der Harmonie durchflutet wird. Es gibt keinen Sprung, keine Lücke in der Natur. Eine kontinuierliche Stufenreihe von Monaden (Energien oder Kraftzentren würden wir heute sagen) erstreckt sich von dem niedersten bis zum höchsten Wesen und sie alle sind miteinander durch das Band der Verwandtschaft verknüpft. Wie Leısnız von SwAumErDanns Entdeckun- gen der anatomischen Verwandtschaft zwischen Pflanzen und Insekten ausgehend Verbindungsformen forderte, welehe die Wissenschaft erst später im Tierreich wirklich aufgefunden hat, so betrachtet er auch den Menschen nicht als den Abschluß und die Krone der Schöpfung. Vielmehr darf er nur eine mittlere Stellung auf der unendlichen Leiter des Universums beanspruchen. Es wäre ein metaphysisches Vakuum, Dieıs: Festrede. 99] wenn man keine höheren Wesen zwischen Mensch und Gott denken wollte. Diese Genien als Mittelwesen der irdischen und himmlischen Welt, die schon in der antiken und christlichen Philosophie eine so bedeutende Rolle gespielt haben, sind eine Lieblingsvorstellung selbst des rationalistischen achtzehnten Jahrhunderts geblieben, bis der Voll- ender des Rationalismus Kayr, dessen diesjährige Totenfeier die ganze gebildete Welt weit über Deutschlands Grenzen hinaus pietätvoll be- gangen hat, mit der Metaphysik auch diese Dämonenlehre aus dem Reiche der Philosophie verbannt hat. Und doch ist diese Verknüpfung des menschlichen Daseins mit dem Himmel und seinen Sternen einer jener Urgedanken der Mensch- heit, der unausrottbar ihr eingeprägt erscheint und überall auftritt, wo sich die Kultur zum Erforschen des Übersinnlichen erhebt und die ersten wissenschaftlichen Versuche anstellt. Wir umspannen jetzt in gesicherter historischer Kontinuität die Geschichte von fünf Jahrtausenden und vermuten davor eine ebenso große, nur schichtenweise abschätzbare Periode menschlicher Kultur. In Ägypten reicht die Einführung des an den Sothisaufgang gebun- denen Sonnenjahres wahrscheinlich tausend Jahre vor den ältesten um 3300 v.Chr. datierbaren ersten König, und diese astronomische Tat ersten Ranges setzt ganz gewiß eine wissenschaftliche Kultur von Jahrtausenden voraus. Ebenso finden wir in den altbabylonischen Ausgrabungen zu Nippur eine unermeßliche bis ins dritte Jahrtausend vor Chr. zurückgehende Priesterbibliothek, deren nur zum kleinsten Teile bekannt gewordenen Texte u. a. detaillierte Sternberechnungen enthalten. Die Sternbeobachtung und Sterndeutung der Babylonier ist mit ihrer Religion auf das innigste verbunden, und da die Grund- lagen dieser altbabylonischen Wissenschaft, wie Sprache und Schrift ausweisen, auf eine viel ältere, dort ansässige sumerische Kultur zurückgeht, deren erste Anfänge weit hinter dieser Epoche liegen müssen, und da auch die altchinesische Astronomie in ihren Beob- achtungen bis zum Jahre 2697 v. Chr. reicht und natürlich ebenfalls eine geraume Periode der Vorbildung dazu voraussetzt, so blicken wir wie durch einen Spalt in eine uralte Schicht orientalischer Wissen- schaft hinein, die uns mindestens bis zum vierten und fünften Jahr- tausend zurückführt. Viel später als die Bewohner Ägyptens und Mesopotamiens sind unsere Urahnen, die Indogermanen, wo sie nun auch ursprünglich gesessen haben mögen, sei es in Zentralasien oder in Deutschland, zur Kultur und zur Wissenschaft gelangt. Und doch beginnt auch hier der Anfang höherer Betrachtung mit dem Zählen und Messen der Gestirn- läufe. Der gemeinsame, uralte Name des Mondes ist der »Messer«. 84* 992 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1904. Der Glaube freilich an einen mystischen Zusammenhang zwischen den Gestirnen und den Menschen, den die religiöse Auffassung des Orients früh ausgebildet und mit der fortschreitenden exakten For- schung immer raffinierter ausgestaltet hatte, stieß bei der Begegnung mit der indogermanischen Wissenschaft des Abendlandes auf Wider- stand. Die ersten Vertreter dieser abendländischen Wissenschaft, die ionischen Physiker des sechsten vorchristlichen Jahrhunderts, wollten von Sterndienst und Sterndeutung nichts wissen. Dies begreift sich nicht etwa bloß aus dem Rationalismus jener ersten Philosophen, die ein rein physikalisches System ohne religiösen Hintergrund aufzustellen wagten, nicht bloß aus dem ebenfalls bereits rationalistischen Denken des ionischen Volkes, wie es uns die homerische Dichtung enthüllte, sondern vielmehr gerade aus dem tiefsten Grunde indogermanischer Religion, die wohl ihre Götter im geheimen Weben der Wälder, im Rauschen der Quellen, im Leuchten, Donnern und Blitzen des Himmels scheu zu erkennen und treu zu verehren weiß, aber nicht wagt, wie die ba- bylonische Religion, den Lauf des Helios und der Selene in ein Rechen- exempel zu fassen und das Fatum der Gestirngötter durch das Horoskop zu erforschen. Daher ist der Mondkult in Griechenland unbekannt und der vereinzelte Sonnenkult wohl nirgends ursprünglich gewesen: die Sterndeuterei hat ihren Einzug in Griechenland erst gehalten, als das echte Griechentum ausgestorben war. Freilich hat sich dort eine andere Zahlenmystik früh und aus denselben Anfängen wie die ionische Wissenschaft selbst entwickelt. Der Ionier Pythagoras spielt seine hieraus entlehnte mathematisch- astronomische Anschauung auf das Metaphysische hinüber. Die Zahlen gelten mystisch als die Prinzipien des Alls, und das ganze Weltall, das sich in Stufen von der irdischen Unvollkommenheit zu immer höherer Vollkommenheit der Sphären erhebt, wird durch eine unsicht- bare Harmonie (das ist der alte Name) zusammengehalten. Die da- mals entdeckte Proportion der schwingenden Töne ist nur das irdische Echo der himmlischen Sphärenharmonie, die in dem rollenden Reigen der Planeten erklingt. Und Hand in Hand mit dieser mystischen Physik entwickelt sich eine nicht minder mystische Psychologie. Unsere Seele (so lehrte man am Anfang des fünften Jahrhunderts im Osten wie im Westen von Hellas) ist wesensverwandt (»homogen« sagt der Hellene) der ätherischen Allseele, die das Universum bildet und die Gestirne zu ewigem Laufe beflügelt. Auf Erden erscheinen diese Gestirnseelen sichtbar als Sonnenstäubchen. Der Körper, der mit der Seele zusammen- gejocht ist, fällt im Tode zu Staub, die Seele aber schwingt sich zu lichten Höhen, wo sie wohl als schöner Stern erscheint. So begrüßt Diers: Festrede. 993 Aristophanes den pythagoreisch angehauchten Dichter Ion aus Chios, den Freund des Sophokles, nach seinem Tode als Morgenstern. Es half nichts, daß die exakte Naturwissenschaft damals aus dem großen Meteorsteinfall bei Aigospotamoi die wirkliche Natur der Gestirne erschlossen hatte, die poetische Vorstellung von den Sternen als den Gefilden der Seligen taucht immer und immer wieder auf, be- sonders auch in der Akademie Platons, der mehr und mehr die Astronomie zu einer theologischen Wissenschaft entwickelte und die volkstümliche Daemonologie als Verbindungsbrücke zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen populärem Glauben und philosophischem Denken ausgestaltete. Diese Theosophie fand bereitwillige Aufnahme in der späteren Stoa, die sie wiederum der Philosophie der Römer, des christlichen Mittel- alters und der Neuzeit überlieferte. Wie sich Augustin dachte, daß die frommen Menschen nach ihrem Tode in die himmlischen Geister- scharen einrückten, um die durch den Abfall Satans entstandene Lücke auszufüllen, so war es für GoETHE, der sich dabei bewußt an Lrısnız anlehnte, ein tröstlicher Gedanke, sich die Menschenseelen oder, wie er gern aristotelisch sagte, die Entelechien, auf andern Weltkörpern fortdauernd und fortentwickelt zu denken gleich den Seligen Knaben am Schluß des Faust. Stärker noch als dieser sanft harmonische Gedanke des Pytha- goreertums hat die furchtbar dämonische Kraft der Astrologie durch die Jahrtausende fortgewirkt. Geboren in den sonnendurchglühten, sternklaren Ebenen des Zweistromlandes hat diese chaldäische Wissen- schaft von Alexander an, gleichsam als Vergeltung für die Eroberung des Orients durch die Griechen, auf das Abendland seinen fanatischen Einfluß ausgeübt. Die Propaganda schlich im stillen, die Literatur verbarg sich. Trotzdem haben die neuesten Forschungen überraschend zahlreiches Material aus den Winkeln der Bibliotheken hervorgezogen, und glänzender Scharfsinn hervorragender Forscher hat die Entwick- lung dieser Pseudowissenschaft auf griechischem Boden zu erhellen begonnen. Man sieht, wie eine mystisch-gelehrte Literatur etwa vom zweiten vorchristlichen Jahrhundert an aus Ägypten sich mit großer Schnelligkeit über den ganzen griechisch-römischen Bildungskreis wie ein unheimliches Flugfeuer verbreitet und die arme sündengeplagte und erlösungsbedürftige Menschheit mit den Banden eines grausamen Fatalismus umstrickt. Zahllose, ebenso geldgierige wie fanatische Adepten der chaldäisch - ägyptischen Lehre durchziehen die Länder und jagen mit ihren Horoskopen der Bevölkerung Schrecken ein. Kaiser wie Bettler verfallen unrettbar seit dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung dem unseligen Gestirnglauben. Ein nicht un- begabter Dichter stellt seine Leier dem Aberglauben zur Verfügung 994 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1904. und widmet sein astrologisches Gedicht dem Kaiser Tiberius, der selbst der Lehre zugeneigt war. In diesem Gedichte des sogenannten Manilius zieht sich die cognatio hominis et mundi als Leitmotiv durch alle Bücher. »Wie könnten die Menschen«, heißt es, »die Welt erkennen, wenn nicht in ihnen selbst die Welt wäre!« So ist also kraft dieser Wesens- verwandtschaft der irdischen und himmlischen Natur das Schicksal des einzelnen an die Gestirne gekettet. Die Konjunktion der Planeten bestimmt die Geburtsstunde, und wer jene kennt, der kennt die Zukunft. In der römischen Reichshälfte hat sich von Christi Geburt an diese Lehre von den Planeten und den sie regierenden Göttern so unmerklich und unheimlich rasch verbreitet, daß sich im Laufe des ersten Jahrhunderts die Zählung der Tage nach den sieben Planeten- göttern durchsetzte und sogar in dem gewöhnlichen Marktverkelire Aufnahme fand. Die Reihenfolge dieser Tagesgötter Saturnus, Sol, Luna, Mereurius, Jupiter und Venus ist nicht die in der wissenschaft- lichen Astronomie übliche Ordnung der Planeten, sondern die jener astrologischen Pseudoliteratur. Daher also muß diese Zählung stammen, die bis auf den heutigen Tag in allen Ländern Euröpas üblich ist. Das Eifern der Kirchenväter und der Päpste konnte gegen diese chal- däische Abgötterei nichts ausrichten. Bei uns heißt selbst der heiligste Tag der Woche, der dem Herrn geweiht sein sollte, streng heidnisch nach dem Sonnengotte. Deutschland hat diese Benennung der Wochen- tage vermutlich um das Jahr 300 vom Oberrhein her aus dem römi- schen Reiche erhalten und zäh daran festgehalten. Ganz anders der Orient. Obgleich dort die Wurzel der Astrologie keimte, obgleich gerade dort stets der Hauptsitz der chaldäischen Weisheit war, gelang es doch dem Christentum und den scharfen Angriffen der Apostel gegen diese emporgekommene Planetenrechnung wirksam aufzutreten und in christlichen Kreisen des Orients und Griechenlands den Greuel der heidnischen Wochentage auszutreiben. Eine klägliche Rolle spielt in jener Zeit die Wissenschaft. Viel- leicht ist es richtiger, diesen hehren Namen für anderthalb tausend Jahre seit Christi Geburt ganz auszustreichen, da während dieser Zeit kein selbständiger, fortwirkender wissenschaftlicher Gedanke auf griechisch- römischem Gebiete gezeugt ward. Aber derjenige, der nach der all- gemeinen Schätzung noch am meisten Anspruch erheben könnte, als Ver- treter der Wissenschaft in römischer Zeit betrachtet zu werden, Claudius Ptolemaeus, dessen Bild in unserm alten Observatorium an bevorzugter Stelle angebracht war, dieser Mann war Astrolog. Mit tiefem Schmerze müssen wir gestehen (die neuere Forschung läßt darüber keinen % Dıers: Festrede. 9 _ Zweifel), daß der berühmte Verfasser des Almagests zugleich auch die Tetrabiblos verfertigt hat, das Grundbuch der astrologischen Afterweisheit, in dem die Geschicke der Völker wie der einzelnen an die Berechnung der Gestirne angeknüpft und die Wahrheit und Nützlichkeit dieser Trugwissenschaft gelehrt und beredt verteidigt wird. So hat der chaldäische Irrwahn die Besten umnebelt und noch anderthalb Jahrtausende die Menschheit genarrt und gequält. Ein schönerer Tag brach mit der Renaissance dem Menschengeschlecht an: allein die Astrologie blühte nur um so mehr. Das christliche Gewissen fand die Kraft, die Tradition der Kirche abzuschütteln: aber die Stern- deutung fand selbst in dem feinen Geiste Meranenrtnuons ihren Ver- fechter. Unser großer KerLer, der die wahren Gesetze der Gestirn- bewegung enthüllte, hat wenigstens äußerlich noch dem Glauben an die Astrologie gehuldigt und Wallenstein Nativitäten berechnet. Selbst in den astronomischen Kalendern, die unsere Akademie unter der Leitung des wissenschaftlich durchaus auf der Höhe seiner Zeit stehenden Kırcn herausgab, finden sich noch stets zu jedem Tage die Planetenaspekten und das daraus mutmaßlich zu entnehmende Wetter. Ja, in den Anhängen zu den ältesten Jahrgängen findet sich stets ein Gespräch zwischen Gotthold dem Geistlichen, Sternfreund dem Astro- nomus oder Sternkündiger, Deutrecht dem Astrologus oder Sterndeuter, Kunstlieb dem Bürger und Erdmann dem Bauern, worin die Himmels- und Wettererscheinungen des künftigen Jahres in biederem Tone er- örtert werden. Astronomie und Astrologie stehen hier durchaus voll- berechtigt nebeneinander, nur daß jene als Gewißheit aussprechen kann, was die Sterndeutung nur als Mutmaßung geben darf, da die Influentz der Sterne von den kalten oder hitzigen, feuchten oder trockenen Auf- dämpfungen, welche die Witterung der Luft verstärcken oder schwächen, verändert wird. So gibt denn unser Deutrecht folgende Prognose für den 12. Januar 1702: »Am 172. Jan. halten zwar Jupiter und Venus eine Zusammenkunft, so auf ein fein gelinde mit Wolcken und Sonnen- schein vermischt Gewitter ziehen, aber die Sonne wird von dem kalten Sa- turno durch einen Gesechstenschein bestrahlet; daher diese nicht wohl durch- dringen möchte. Ja ich fürchte vielmehr alsdann hefftigen Frost.« Natürlich wirken die Gestirne auch auf Gesundheit und Krankheit der Menschen ein, wofür sich unser Deutrecht auf Krpzer beruft. Ein Beispiel seiner Prognostik aus demselben Jahre 1702: »Der 77. Martü ist © (Ju- piter in Konjunktion mit Sonne). Das ist seiner Art nach ein guter Aspect, aber diese beyde gute Planeten werden von dem hitzigen Marte durch einen schädlichen Gevierdtenschein bestrahlet; daß siehet also gefähr- lich aus, dörffte treffliche Bewegungen der Feuchtigkeiten und gifftige Fieber erwecken, da man wohl Ursache hat sich in acht zu nehmen, sonderlich 996 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1904. um diese Jahres-Zeit, da sonst alles rege wird; und am Ende des Winters kommt noch dazu die Kl SE RE FA BDnandiunpenzausı demyJahres1902 22 SE EEE eek cl 3350 Daraus: Physikalische Abhandlungen . ae > ehe, LO . Philosophische und historische Abhandlungen ns £ » 10,— Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. Dünmnter: Gedächtnissrede auf PAuL Scuerrer-BoicHorst . . . ste ah ee Be et MAL Scamipt: Gedächtnissrede auf Karr WeınnorLn . ur Zimmer: Gedächtnissrede auf JoBAnnes SchmiDr wa Scaurze: Caulophacus arcticus (Anmauer HANSER) und Calycosoma gracile 'F.E. Son. n. n. Sp. 5 » 2. Braxco: Das vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen - 5.50 Coxze: Die Kleinfunde aus Pergamon » 3.50 Burpach: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des deutschen Humanismus . . Ba art Br 2 a WeThe. REN ARTE) WALDEvER: Gedächtnissrede auf ODER "Near Vase Se Ar ah Se re. 3 ee 2. €. Rune und F. Pascnsn: Über die Strahlung des ae im ee Felde... AM. 3.— H. Scuärer: Ein Bruchstück altägyptischer Annalen . . Br. n Een N) W.Krause: Ossa Leibniti . . Seh N M. Sauter und R. Heysons: Die Variationen bei Artemia salina Lxaca und ihre Abhängigkeit von äusseren Einflüssen . . - REN ÄD ner ae sl H. Vırcnow: Über Tenon’schen Raunı und Tenon’sche Kapsel ; N er N. GAiuroy:_ Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Oscillarien NN WW. STIEDA: Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter . . » 2,50 H. Grönxroos: Die Musculi biceps brachii und latissimo - eondyloideus bei. der Affengattung Hylobates ' im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - 5.50 H. Kayser: Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . r 1.— W. Friepenssure: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn "ersten ANETTE N) ge U I EEE ET WER GRTZERA Pb erFamoneunter®Byzantinem' unde Osmanens a. u ee Sitzungsberichte der Akademie. Preis der einzelnen Jahrgänge, 1882—1903 . . . .. ee ee Mr Daraus besonders zusammengestellt: Mathematische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8.— Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von Anorr Harnack. Drei Bände. — Berlin 1900. — A. 60.— Die Zweihundertjahrfeier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. 4. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1903. Pısc#er: die Inschrift von Paderiyä . O. Franke und Pıscher: Kaschgar und "die Kharosthi” Branco: Die Gries-Breccien des Vorrieses als von ya unabhängige, früheste Stadien embr, yo- naler Vulcanbildung SEE . . 2 Branco: Zur Spaltenfrage der Vuleane. . Vanrren: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Monusen: eine Inschrift aus Baalbek H. von Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ALTENECK: über die unmittelbare Beeinflussung von Bed nen durch äussere Kräfte . B . : Find Bro A. Dansexgere: der Monte 'Ferru in Sardinien. I von Rıchtuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV vox Rıchtuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V O. Lener: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen ask Taf. III und am) - O. Venske: zur Theorie derjenigen Raumcurven, bei welchen die erste Krümmung eine beschene Function der Bogenlänge ist 6 Mürter-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken (hierzu Taf. v. : Toster: Bruchstücke altfranzösischer Dichane aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften Scuorrky: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen Frogenıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. BaAver: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’ Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, en und Polyhalit bei 25° Warsgure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . - Arraur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische an in dem Sırmens’schen Ozonapparat . . Sonorrkr: über die Azer’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag) . Munk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes 35 Extremität für deren Motilität . J. HırschBerG: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. RıcuArz und R. Scaeser: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Sc#woLzer: Classenkämpfe und Classenherrschaft Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts R. Schenek: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der sogenannten » Gneisse.« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen Be ® a ana > S9OQOr oO = & BAD En u [>] Be, u DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« PN zu St. II. Seite Coxze: Hermes Propylaios (hierzu Ta.J) . . . . a 6T Tu. Wixaanp: Dritter vorläufiger Bericht über die von en Kangliche n AR een Ausgra- h bungen. DENE Tee es NEE SOME 72 Din, und A. Renm: eh rfrasnente 5 aus "Milet lern Tat. m. RR I ae SEO Anlhcl ae er 2 3 Br & Abhandlungen der Akademie. Fe Abanhngn BIO BREIEHTTOR OO S Aue ran. mer 2 ae en N a ER RN Daraus: Physikalische Abhandlungen! 2.0. 0 2 wu. nr IL % a ; - Mathematische Abhandlungen . . 5 EA ne Te 0) BR -» Philosophische und historische Abiehdluneen EN EN a re NR 2 een ETESIGEERU SEHEN FE ne Den EL AR 7 ARCE IGR, ' Daraus: Physikalische Abhandlungen . en ee MI a RE Philosophische und historische Abhandlungen EDEN re ei 0 — EM Be Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. er - Dünmter: Gedächtnissrede auf Paur EL IBOICHORSTER TEE FR a RT RE HART! E Scanipr: Gedächtnissrede auf Karı Wemnoro . l Zusmer: Gedächtnissrede auf Josannes Schmipr 1.— RANCO: Das vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen . Conze: Die Kleinfunde aus Pergamon Ei - Ehen Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des Sonurze: Caulophacus arcticus (Arsaver Hansen) und Calycosoma gracile 'F.E. Son. n. 1. sp. a 2a deutschen Humanismus . . GR eh I ERER Lu Yar, Een Fl EARTH) = Aupever: Gedächtnissrede auf Runorr Vırmow . 2 © oo oo DD nn nn II In I 3 ei, und F. Pascnxx: Über die Strahlung des Quecksilbers im Ber ächen Felde . 2... AM 3.— RB. ‚ScHärer: Ein Bruchstück altägyptischer Annalen “ . » . 2 2 2 2 m 2 nn en 2. = 350 _ W. Krause: Ossa Leibnitü . . . - 1— _M. Sauter und R. Hevsoss: Die Variationen bei Artemia salina Lxacn und ihre Abhängigkeit von äusseren Einflüssen . Et a a BE Fe aa Über Tenon’schen Raum und Tenon’sche Kapsel i Te N. GAmurov:_ Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öscillarien m 1850 MW. Stiepa: Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter » 2.50 I. Grönroos: Die Musculi biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Affengattung Hylobates im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - 5.50 F H.Kavser: Die Bogenspecetren von Yttrium und Ytterbium . . - 1— 'W. Frievenssung: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten 4 HAUTEUSELUESE BESIEHENSETOBE- N OO Be ae 6 K Guuzer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen . . . 2.02 22 nennen u 3 z A Br Ze Sitzungsberichte der Akademie. Be a einzelnen Jahrgänge, 1882-1903 . . ... Pers A. A FE Daraus besonders zusammengestellt: Mathematische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 8.— Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von Aporr Harnack. Drei Bände. — Berlin 1900. — #. 60.— en Zweihundertjahrfeier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. AM. 6— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1903. Pıscrer: die Inschrift von Paderiyä . . O. Franke und Pıscue: Kaschgar und die Kharosthi” » Braxco: Die Gries-Breceien des Vorrieses als von at unabhängige, früheste Stadien embryo- naler Vulcanbildung £ RT ee Branco: Zur Spaltenfrage der Vulcane . ; ED a ee EN ER VaAnzen: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Monnusex: eine Inschrift aus Baalbek H. von Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ÄLTENECK: über die unmittelbare a von Eee en durch äussere Kräfte . DE : E SE: A. DAnNENBERG: der Monte Ferru in Sardinien. I. vox Rıcntuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von Rıc#tuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V } O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) ae: O. Vexske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist 3 Mürter-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner "Brücken (hierzu Tat. pe! Toster: Bruchstücke altfranzösischer Dichte aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften Bi: NR Scnuortky: über die Aer schen Functionen von drei V eränderlichen Frosenius: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie e M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’r Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. NXXIN. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, ARE und Polyhalit bei 25° ; Warsure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . Arruur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische ae in dem Sırmens’schen ÖOzonapparat . 1 SE Scuorrky: über die Aner’ schen Funetionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) ne O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.). . Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes ® Extremität für deren Motilität . J. Hırscupere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcaarz und R. Scuexer: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Scruorter: Classenkämpfe und Olassenherrschaft Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirruey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Sceexer: Theorie der radioaetiven Erscheinungen . G. Kremn: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Ta. Wıesasp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet : Be Dh: E . Diers und A. Rem: Parapegmenfragmente aus Milet . u En 1 or Wei HR | so2wo22 >92 3838| 383 38 VERZEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« zu St. IV und V. r Seite _ Krri: Die Meteoritensammlung der ne. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 SEN: FRE RE TLA £ F. Braux: Der Hertz’sche Eee im Gebiete er sichtbaren. Slanluae a end Hannack: Über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem An- hang über die krsprunplichat.@estalt des; Väter Unserse # :7 Swen re er 170 E-, ae der Akademie. E Abhandlungen aus dem Jahre 1901. . . . N Ele or Ma Bee RE Kr A 3 Daraus Ehysıkahscheräbhandlungen ken Se 2 een it, A IL Bi - Mathematische Abhandlungen . . ee a ee 53) Be; - Philosophische und historische Abhandlungen ne N 5 Abhandlüngen AUTOR ETLWET are] OK) ZU a ee ER EEE 3350 = Daraus: Physikalische Abhandlungen . . EEE REST. Ada Ken & » Philosophische und historische Abhandlungen A ee N R Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. Dümmter: Gedächtnissrede auf Paun ScherreR-BoIcHorst . . » . 2 2 m nenne nnd L— Scauiot: Gedächtnissrede auf Kar Werınuorn . Se Zimmer: Gedächtnissrede auf Jonannes ScHmiDT En En ScautzE: Caulophacus arctieus (ArsAauer Hansen) und Calycosoma gracile 'F.E. Son. n. 1. sp. i » 2.— Branco: Das vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vuleanischen Riese bei Nördlingen » 5.50 Coxze: Die Kleinfunde aus Pergamon » 3.50 - Burpacn: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Se 'hriftsprache und des deutschen Humanismus . . BEE N A Rn TEN NE NE a er 0 Warpever: Gedächtnissrede auf Runorr Viremow. - » oo m nn... a ae C. Runge und F. Pascuxn: Über die Strahlung des Quecksilbers im magnetischen Felde . . . A. 3: H.Sc#ärer: Ein Bruchstück altägyptischer TÄLER LTE a er - _ W.Kerause: Ossa Leibniti . . . » 1 M. Saster und R. Heysoss: Die Variationen bei Artemia "salina Lracu und ihre Abhängigkeit von äusseren Einflüssen . » 2.50 H. Vırcnow: Über Tenon’schen Raum und Tenon’sche NN 2 „3. N. Gaipuxov:_ Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien n» 3.50 W. Stıepa: Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter » 2.50 H.Grönroos: Die Museuli biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Alfengattung Hylobates im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . » 5.50 H. Kayser: Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . -» 1— W. Friepenssurg: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn "ersten & Jahrenk seines. Bestehens 1588-1901 A He ee ee 6 — Geizer: Pergamon unter Byzantinen und Osmanen . » . 22 2 ne 2 nennen ek Sitzungsberichte der Akademie. Preis der einzelnen Jahrgänge, 1852-1903 . . ... DE De er a2 — Daraus besonders zusammengestellt: Mathematische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrgangs. . AM. 8— Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von Anpour Harnack. Drei Bände. — Berlin 1900, — A. 60.— Die Zweihundertjahrfeier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. M. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. Il. Halbjahr 1903. Pısc#eL: die Inschrift von Paderiya . En RR este ER ne Me SE EN EN O. Franke und Pıscaer: Kaschgar und De Kharosthi” e » 050 Branco: Die Gries-Breccien des Vorrieses als von an unabhängige, früheste Stadien embryo- naler Vulcanbildung ER EEE SALE Re Branco: Zur Spaltenfrage der Vulcane. . NEE Ye ne Men VaAnrren: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedras”. Bye Mouusen: eine Inschrift aus Baalbek -» 050 H. vox Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . -» 0.50 Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur » 0,50 von Herner-ALTeEneck: über die unmittelbare Bee ulge von Bode BB durch äussere Kräften ser Ba an Eure 5 ee 0) A. Danssensers: der Monte Ferru in \ Sardinien. I . 1 RE ri en ke REN ale 15 AST Ale MO LER FELEE von Rıcatnoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV DER von Rıc#tuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V a ur 0 JA a re O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV): ene:@ er. O0. Venske: zur Theorie derjenigen Raumcurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist . : -» 0.50 Mürter-Baestau: zur Theorie der Windv ‚erbände eiserner Brücken (hierzu Taf. v) a ko - 0,50 Tosrer: Bruchstücke altfranzösischer TRUE aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften De An » 1.— Scuorrkv: über die Aneı’schen Functionen von drei Veränderlichen -» 0.50 Frosenius: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie -» 0.50 M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . » 0.50 van’ Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, Bar und Polyhalit bei 25° . . » 0,50 Warsurs: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . BEI: » 0,50 Arraur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische en in dem Sırmens’schen Ozonapparat . » 0.50 Scnortkv: über die Apzr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . » 0,50 O. Lenet: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . » 0.50 Musk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes en Extremität für deren Motilität . „ 2.— J. Hırschere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . » 0.50 F. Rıcnarz und R. Schenek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons » 0.50 Scuworzer: Olassenkämpfe und Classenherrschaft » 0,50 Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . M 1— R. Scaexck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . . » 0.50 G. Krema: Bericht über Untersuchungen der ee »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . » 1.— Ta. Wıesann: Dritter vorläufiger Bericht über die von den K Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . a A N u an, Dirrs und A. Rean: Parapegmenfragmente aus Milet. . 5 » 1.— Kreim: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904. 22 NE a RE F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung. PR » 0,50 Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen. nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . . ». 2» 2. 2 2 2. nun 2— ae der römischen Rätsere i sche: Correspoudenz Frıeprıcn’s des Grossen Y chischen Münzwerke h saurus linguae latinae . be den Werke von en es rei le imperii an” ur Ausgabe ‚des Codex 'Theodosianus die Geschichte. ‚des Fixsternhimmels x ei r das ” terveiche Tre er, i = bi a ? - NR: 1s nn Brake Waren vox Screotntie ; 1 u zur Geschichte der neuhochdeutschen. Schriftepr Rand at Tue a NS Wextzen- Stiftung t der Kirchenvät - Commission nr : ich ht der Comniission f für das Wörterbuch ‚der en ER ; ie Akade nische Jubiläums- Stiftung der Stadt Berlin Ahandlungen d der Akademie. & 1901... Ba ER Pa nalen, ; h RE I Ben a BER SE A Täthematische Abhandlungen > I RE hl) KUN PESE und Biaforische Abhandlungen . Be Physil Ei Abhandlungen. } Er ie 19 Philosophische und higtorische Abhandlungen . BAR AFIE ee 0 nzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. 1 UL Scuerrer-BorcHorst“ 2 erde auf R auf Kam VEINHoLD . ee e auf Jowanses Scamipt . hacus s arcticus (Annaven Haxsıx) und Calycosoma gracile 'F.E. Scn. n. iR Sr N eanische Vorri es und seine „Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen ee aus. Pergamon . : Bericht übe ren zum Ursprung der nenhöchdentschen” Schrifisprache und des en umanismus . . . j RE » er er es E auf ® Ruoose Vincnow . Pascuex: Über ‚die Rbahlung des age im Pe nene Felde Scnä, Rz e Bruchstück altägyptischer Annalen x .f; or und Fl M. 35.— M. 33.50 W. Krause: Ossa Leibniti . . - NM. M. Sımter und R. Heymons: Die Vanatınen bei Arlemia Hal Trken Sand ihre Abhängigkeit von äusseren Einflüssen. . u ee TE, H. Vırcnow: Über Tenon’schen Rauın and Tenon Ehe Kapsel n DI DR N. Gaipuxov: Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien Au W. Srıeva: Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter . . - H. Grönroos: Die Museuli biceps brachii und latissimo -condyloideus bei der Aflengattung Hylobates im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - H. Kayser: Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . = W. FRIEDENSBURG: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten Jahren. seines Bestehens. 1888-1901: .. 0. 9. Suse ae en Geızer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen . . ». . 2. nn an een. Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. U. Halbjahr 1903. PıscaeL: die Inschrift von Paderiyä . Re oe da ©. Franke und Pisc#er: Kaschgar und "die Kharosthi” Se - Branco: Die Gries-Breccien des Vorrieses als von Su unabhängige, früheste Stadien embıyo- naler Vulcanbildung : Br \ . a er ik Braxco: Zur Spaltenfrage der Vulcane . VArten: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Monumsen: eine Inschrift aus Baalbek H. von Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HErnEer-ALTEnecK: über die unmittelbare Beeinflussung von Bene ee durch äussere Kräfte . ee Ro ee IR. A. DAannengers: der Monte Ferru in Sardinien. I . ER a ans, "> von RichHtHoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von Rıc#THorEn: geomorphologische Studien aus Ostasien. V UNE REER me O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) . . . - 0. Venske: zur Theorie derjenigen Raumcurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist . . x RER RR 0, Ds RT | Mürter-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken (hierzu Taf. u a » Tosrer: Bruchstücke altfranzösischer Dichiung aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften ee ee EU een Scuorrky: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen Fropenius: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’t Horr und F. Farup: Untersuchungen über die Bildunger rerhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, Ds und Polyhalit bei 25° . . » Wargurs: über die Ozonisirung des. Sanerstoffs durch stille elektrische Entladungen . h » Arraur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische DE in dem SiruExs’ schen ÖOzonapparat . ae Scuorrky: über die Assr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . Musk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes ie Extremität für deren Motilität . J. Hırscnpere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcuarz und R. Screxer: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Scnworer: Olassenkämpfe und Classenherrschaft ; War i Eier aa Ue Sea IL Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirteev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . M. R. Scnenck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . . - G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse. und der metamorphen "Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . » Tu». Wıscanp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . N Een a Diers und A. Rennm: Parapeginenfragmente aus Milet.. . » Kıein: die Meteoritensamnlung der eu Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . RT ec F. Baus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung ER » Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . 2. . » 2 2. 2...» RZEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN.« zu St. VI. Seite doppelbre ung der Gallerte bein Aufquellen und Schrumpfen . 2 2 2 2 2 2 22.258 desechen TER TENURLEENENENENN En ee en a DR EN RE SDGG ee der Akademie. ee em Jahre 1901 . ae BD ET EEE me ea An Area Aue Physikalische Abhandlungen ., . 2». ce vn... MN Mathematische Abhandlungen . PR ENT Re Re a 10) Philosophische und historische Abhandlungen RR 1 UL RE ee BRAENESTEHLER LODD "SE RSHBarE a Baer Sarnen TREER. De en an Physikalische Abhandlungen . . Br ee TE RR Le ‚Philosophische und historische Abhandlungen ER NE OL EA ER Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. Ich Gedichtniserede auf Paur SCHEFRFER- SAD ee ET pr: Ge BONES Ste de AU RPISARTENUEISRORDIR SR OR a ee te er Gedächtnissrede auf Jonanses Scaapr Be ne Caulophacus arcticus (ARMAUER Hansen) und ( gracile 'F.E. Scan. n. 1. sp. i » 2.— as vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen 900 ie Kleinfunde : aus Pergamon : » 3.50 EL über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schrifisprache und des hen Humanismus . . EEE 9. a a wa) E Gedächtnissrede Bu Ruporr Virenow. oo 2... PER Bay a i Über die Strahlung des Queckihers im EL Felde . . . AM. 3— in ck altägyptischer Annalen . . " se 0213:50) NaE, Leibnitüi . . . » 1.— 1 rer und R.. Heywoss: Die Variationen bei Artemia salina Lraon "und ihre Abhängigkeit _ von äusseren Einflüssen. . Re Re Min Über Tenon’schen Raum und Tenon’sche Kapsel : a RR Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien . . . . = 350 ber die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter 2.50 Roos: Die Musculi bieeps brachii und latissimo-condyloideus bei der Affengattung Hylobates 2 en mit den entsprechenden Gebilden der en und des Menschen . . - 5.50 ‚Kursen : Die en von Yttrium und Ytterbium . -» 1— Das Königlich Preussische Historische Institut i in oe in “ den dreizehn "ersten ee BES Eee PR - 6.— a Sitzungsberichte der Akademie. jelnen Jahrgänge, 18821903 RE AO NEL ME TUE Se A 2 s be esonders zu zusammengestellt: e an d Nat wissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8— nen a Auttrage re Akademie bearbeitet von AnoLr Harnack. # we Sa. Drei Bände. — Berlin 1900. — 4. 60.— Dee BE r R\ * ee dhunlorkahrleler der "Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften I am 19. und 20. März 1900. E Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. M. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. IH. Halbjahr 1903. Pıscaer: die Inschrift von Paderiya . . O. Franke und Pısc#eL: Kaschgar und die Kharosthi Branco: Die Gries-Breceien des Vorrieses als von ei unabhängige, früheste Stadien embryo- naler Vulcanbildung Ä MR SER Braxco: Zur Spaltenfrage der Vulcane. . VAHLEen: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Mommsen: eine Inschrift aus Baalbek H. vox Sopex: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfr agmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ÄLTENECK: über die unmittelbare Bee von Ben een durch äussere Kräfte . : Ex Me A. Dansengers: der Monte Ferru in Sardinien. I . von RıcHTHorFEN: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von RICHTHOFEN: geomorphologische Studien aus Ostasien. V : 5 O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. II er m O. Venske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist Mürter-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken (hierzu Taf. m; Toper: Bruchstücke altfranzösischer DichSUe aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften RES AR Scnorrkv: über die Aper’schen Functionen von drei Veränderlichen Frosenıus:; über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’t Horr und F. Farup: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. NXXIN. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, EIUEIE und Polyhalit bei 25° Warsurg: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . - Arraur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische Entladungen in dem Sırmens’ schen ÖOzonapparat . . Scuoriky: über die Azer’schen Functionen von drei Veränderlichen. (E ortsetzung.) . O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität J. Hırscupers: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. RıcaAzz und R. Schexek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Sc#moLer: Olassenkämpfe und Classenherrschaft Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirteevr: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scuexek: Theorie der radioactiven Erscheinungen . . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse« und der metamorphen“ Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen Tu. Wiesaxp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den K Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet Sa Saar TR Diers und A. Renn: Parapegmenfragmente aus Milet . . Krems: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 F. Braus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien Ehen. nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . 27 A. SaR c QuInckE: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . .s ss a = u HNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« En 2 TR RE zu St. VIII und IX. ieh, Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet 1 u. et eg Die flügelförnigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . . . . 282 “ ue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . . .295 \. Tsenerymax: Über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo 301 n der Anthropologie in der Cultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) . 316 Bar in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan ._. 348 ent der Akademie. &: BR aus, dem Jahre 1901. . . x A a Phy Dlıschepäbhandlungeny Dr We de 9. a AI Y Mit hematische Abhandlungen . a a ner N. > Philosophische und historische Abhandlungen BE ER TER NO, 1, En Me un ET START Ro Er 0 TE RER SRHRROLE SH, 935,0 Ste Physikalische Abhandlungen a A E Philosophische und historische, Abhandlungen NN a RE SR a 2 Einzelne A unandiftnaen aus den Jahren 1902 und 1903. BL Ri Gedschtulssrede 2 auf Paur Scukrrer-BölcHonst . oo Eurer A ) a auf KarL Wenmor . . . RE ER REN N a ede auf Jomannes Scnmpr . N = arctieus (Arnaver Hansen) und Calı lyeosoma gracile FE. Scan. n. 1. sp. : -» 2.— ische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen - 5.50 sinfunde aus Pergamon . . . -» 3.50 ıt über ‚Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des "Getichulanede 5 ee ee EL ee = ZOO) ächtnissrede auf Runorr Virenow BEREIT Ve usse und F. oitaie- KUBeR die Strahlung des Quecksilbers. im RE Felde . . . M. 3— F 32 Ein ück. altägyptischer‘ Annalen Be $ en DO Er Ossa Leibniti . . ; » 1.— AR. Heyuoss: : Die "Variationen bei Artenia 'salina Leacn und ihre Abhängigkeit en äusseren Einflüssen . . ER N A 6 30) : Über Tenon’schen Ra ad Menon! Bee Kapsel“ a ov: Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öscillarien » 3.50 D. ‚Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter 2 r 2.50 De : Die Musculi biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Aflengattung Hylobates De Rn mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - 5.50 er: Die B ) re von Yirrium und Ytterbium . . Ru I Se eiennnne: s Königlich al Historische Institut in Rome in "den area ersten _ Jahren seines Bestehens. 1888 —1901 BR N A Beer ion unter Byzautinern und Osmanen BB ae N RE N a un fi eenericte den Akademie. RER N a a ER RE N Da, Fa zusammengestellt: Mathema un Wan Bee 1882 —1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8.— en der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. Vu. 171,6 Taf M. 6.— “ Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. Il. Halbjahr 1903. PıiscreL: die Inschrift von Paderiyä - a Se N SE er O. Franke und PısceeL: Kaschgar und die Kharosthi” Bzanco: Die Gries-Breceien des Vorrieses als von a unabhängige, früheste Stadien emhryo- naler Vulcanbildung k a Rt: Braxco: Zur Spaltenfrage der Vulcane . VaArzex: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Mouusen: eine Inschrift aus Baalbek H. vox Sopzx: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ALTENECK: über die unmittelbare ea von en durch äussere Kräfte . - e - Se = < Page A. Dansesgers: der Monte Ferru in \ Sardinien. I von RicHTRorEn: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von RICHTHOFEN: geomorphologische Studien aus Ostasien. V | ° ° ° O. Lener: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) 2 O0. Vexske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine BD Function der Bogenlänge ist . . Mürrer-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken (hierzu Taf. Y. 3 Toszer: Bruchstücke altfranzösischer ans aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften Scnortky: über die Azer’schen Functionen von drei Veränderlichen Frogenxıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’T Horr und F. FArup: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, Se und Polyhalit bei 25° WaArgurG: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . Arrtaur W.Geav: über Ozonisirung durch stille elektrische ne: in dem Sırmexs’schen Ozonapparat . . Scuortky: über die Apzr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . J. Hırschgers: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıcaarz und R. Scheck: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Sc#moLer: ÜOlassenkämpfe und Classenherrschaft Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirteey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts R. Schexer: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der nn »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Tu. WıesAnp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet - Er: Dıers und A. Rean: Parapegmenfragmente aus Milet. . h Krem: die Meteoritensammlung der ZELENe Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 5 AR F. Braus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung. Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . Hr er Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet ae R. Heyuons: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tu. Argreont: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Berssteix und A. Tsc#ermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirtsey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W. K. Mürrer: Handschriften - Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . og U NL a Be 55 ss2wos2 99 3838| 83383 j j | | { PEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN « N ; zu St. X, XI und X. Pr "Daraus: ty BER RURCHE Anlandlunan ee Nee IL i _ Mathematische Abhandlungen . A en ee PR Et Ks, Pi ‚Philosophische und historische Abliandlungen ren le a ae > Da EN Ey elcnorahhanlengen Re ee erst Mi. 19 Fr Philosophische und historische Abhandlungen Br Rs ß Y -» 10. Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. ei FerRle Eh auf Pavr Bender RN p RE al NT 07; Gedächtnissrede ERS NER r: Gedächtnissrede auf Jonannes Sonmior . a Fan | lophacus arcticus (ARMAUER Hansen) und Calycosoma gracile 'F.E. Sca. n. 1. sp. Jar - yulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen - infunde aus Pergamon . - Berich über ‚Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schrifisprache und des tschen umanismus . . ET WERTE TI T EU Gedächtnissrede anf Ruborr Vikonow. Ber > Gedächtnissrede auf ER ST A ET ER re RE EEE RN on Ru ER Mr fire: die Sehne des Sr im magnetischen Eat 2 RL H A Ein Bruchstück altägyptischer Annalen . . NT A Ossa Leibnitü . . . H und R. Heyvoxs: Die Variationen bei Artemia 'salina ae "und ihre e Abhängigkeit äusseren Einflüssen. . . c 2.7 RC ver Tenon’ schen Ran und Tenon’ Eee re x R a 0 ber den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien . > wa : Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter R önroos: Die Musceuli biceps brachii und latissimo- condyloideus bei der Allengattung Hylobates re E* ‚im ı Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - H.Kayser: Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . » 14 ®% W FriebenssunG: : Das Königlich Preussische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten "A ur ines FBESTARENSLBBBE 1 GEN SEE re ehe. veipen Ar a en: n unter Bee und Osmanen EL Re ET u TEEN, DE Sitzungsberichte der Akademie. 5a ‚onders zusammengestellt: he En er Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. eschichte der Köni glich Preussischen Akademie der Wissenschaften. AFE Im Auftrage der Akademie bearbeitet von AvoLr HarnAck. FRE Drei Bände. — Berlin 1900. — .M. 60.— Re a am 19. und 20. März 1900. SRH, Berlin 1900. V. u. 171 S,6 Tal. M. 6.— Seite Vegetationsverhältnisse des Somalilandes (hierzu Taf. II) 355 RECHT: Über die magnetische Zerlegung der Radiumlinien 417 428 En u Müsä Ih» “Ukba (Karen. Taf. m. 445 E ; Eine | ‚attische Stoikerinschrift $ r 471 Su Über d die Anse schen EN von drei Ver: änderlichen : 486 er 5 Abhandlungen & der Akademie. ungen aus dem Jahre 1901 . De a: Fb DEN Re m aus dem Jahre 1902 . re ER Eee ee er CMB380 ange, 1892-1003 . I a een aa sn Me 8.— ie Zweihundertjahfeion der Königlich Prekichen Akademie der Wissenschaften Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. U. Halbjahr 1903. Pısc#e: die Inschrift von Paderiyä . . O. Franke und Pıscner: Kaschgar und die Kharosthi” E . Branco: Die Gries-Breccien des Vorrieses als von en unabhängige, früheste Stadien embryo- naler Vulcanbildung - Be loBere & Branco: Zur Spaltenfrage der Vulcane. . Vanren: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Monnusen: eine Inschrift aus Baalbek H. vos Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ALTENECK: über die unmittelbare Ben von En durch äussere Kräfte . : Re Alk A. Dansennere: der Monte Ferru in ‚ Sardinien. I . von Rıchruoren: geomorphologische Studien aus Ostasien, v von Rıcırnoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) O. Venske: zur Theorie derjenigen Raumcurven, bei welchen die erste Krümmung eine Fed Function der Bogenlänge ist 2 . Mürter- Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner "Brücken (hierzu Taf. hr Togrer: Bruchstücke altfranzösischer DaREE aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften a N Scnorrky: über die Azer’schen Functionen von drei Veränderlichen Frosesius: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’t Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze A Glauberit, en und Polyhalit bei 25° WaRrgurc: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille diekfrische Entladungen . 5 ARTHUR W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische Paanee in dem Sırmexs’schen Özonapparat . . Sonorrkr: über die Assr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . O. Lexet: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.). . Munk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes de Extremität für Me Motilität . J. Hırscagere: über das älteste arabische Lelrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcsarz und R. Scaexer: über Analogien zwischen Radioaetivität und dem Verhalten des Ozons ScamoLLer: Classenkämpfe und Classenherrschaft 4 Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scuenex: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen Tu. WıesAnp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet 2 Diers und A. Rem: Parapegmenfragmente aus Milet.. . Kueın: die Meteoritensammlung der Ba Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung b Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, Se einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . - ae Quincke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrump fen ri Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch” betrachtet ER R. Heymons: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tr. Ausreonr: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. Bernstein und A. Tscuermax: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirruey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W. K. Mürzer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Enter: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . SE STE er C. Runge und J. Preeur: über die magnetische Zerle Bung der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele SARSE> Sıcnau: das Berliner Fragment des Mäsä Ihn “Ukba W. Cröserr: eine attische Stoikerinschrift en EN 4 (aD 2 nee di a a CHI ISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN.« 2 EL Er zu St. XI. Seite 490 Abhandlungen d der Akademie. Jahre 101. 2... REP DENE DOKU Acc sikalische Abhandlungen EEE De RR TA hematische ‚Abhandlungen . a a ER 5) ophische und historische Äbtiandlungen BE TE BR oe ERS. SSR Mr a 1902 . Er lan „f. 33.50 tnissr Ba Rs Da N nn 1 a FR ES di i srede auf EEE we De ee Be, = U SE EEE AP lächtnis: rede auf JoHAnnes Schmp . . KT Gau ph c 5% cticus (Arsaver Hansen) und Calycosoma gracile F.E. Scn. n. 1. sp. HT 'orries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen - 5.50 ie Klentünde a m Pergamon . R - 3.50 ht übe - Forschungen zum Ursprung de der neuhochdeutschen Schriftsprache und des manis ismus RER .J ET a Ne 7?) ächtnissrede auf Runorr VircHow I ER REN en RE 3 htnissrede. auf Arsrecut WEBER. . : » 0,50 ehn unbekannt gebliebene De Zonen und Catalog v von 1309 darin beobach- nen für das Aeguinoetium 185 ER ET en 2, Pre re a Über die Strahlung = Quecksilber im magnetischen Kalle ü aeyptircier Annalen Pb: er nit a Die "Variationen bei Artemia 'salina. Leacn und Br Abhängigkeit sseren Einflüssen. . . EREIER 2 » 2.50 Über Tenon‘ schen Raum ünd Tenon’: sche Kapsel” ; x . 3 Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öscillarien . -». 3.50 l uellen der Handelsstatistik im Mittelalter -» 2.50 ie 2 li biceps brachii und latissimo-eondyloideus bei der Affengattung Hylobates m Ver gleich ie entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . 3.50 Die Bo genspectren von Yttrium und Ytterbium . . -» 1— F ssnunG: i as Königlich Preussische Historische: Institut i in Rom in den dreizehn ersten "Jahren seines } Bestehäu IREBESTOBI ED a ne EEE a a R gaı en DRANG armen ang Mn ee __ Situngeberichte der Akademie. u er 4 RS TEE EN MIR zusammengestellt: . turwi rwissenschaftliche Mittheilungen. 1882 —1897. Preis des Jahrganges. . M. 8.— ee) = P =——— Geschicht & der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. EN Im u. Akademie bearbeitet von ApvoLr HaArnack. Drei Bände. - — Berlin 1900, — 4. 60.— > der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. "Berlin 1900, Yu 718,6 Taf 4 6— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. U. Halbjahr 1903. Pısc#eL: die Inschrift von Paderiyä . ee Be ER O. Franke und PıscaeL: Kaschgar und die Kharosthi Branco: Die Gries-Breccien des Vorrieses als von un unabhängige, früheste Stadien embryo- naler Vulcanbildung San See ne: RS - Braxco: Zur Spaltenfrage der Vulcane . ee Vınıex: über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus . Monusex: eine Inschrift aus Baalbek H. vox Sopex: Bericht über die in der Kubbet in Danıaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ALTENECK: über die unmittelbare BernıE von Pendelschwi READER durch äussere Kräfte. . . u yE% n A. Danwengens: der Monte Ferru in ‚ Sardinien. I . von Rıcatuoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von RıcHTBHoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V A O.Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) : O0. Vexske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist S Mürrer-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken (hierzu Taf. a Toser: Bruchstücke altfranzösischer Dichimpe aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften ER a Scnorrky: über die Apzı’schen Functionen von drei Veränderlichen Frosknıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Baver: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’t Horr und F. FArup: Untersuchungen über die Bild ungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXIU. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, RE TEN und Polyhalit bei 25° Warsurs: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . y Arrtaur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische EDER in dem Sıruexs’schen Ozonapparat . . Scuorsky: über die Apzr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . Musk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes ge Extremität für deren Motilität . J. Hırscagers: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıcsarz und R. Schenek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Sc#woLer: Olassenkämpfe und Classenherrschaft - Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirteey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Schexck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der an »Gneisse. und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Ta. Wıesaxp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . En FL el“ Diers und A. Reen: Parapegmenfragmente aus Milet . . Kuren: die Meteoritensammlung der us, Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . RO 1 MER F. Braus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung 5 Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, ‚nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . Ve N Quixcke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen a Or ar Mösıvs: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet Sa R. Heyuoxs: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tu. Ausreent: neue Bestimmung ve geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Bernstein und A. Tschermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirreev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W.K. Mürter: Handschriften-Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . ExsLer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. . . Se Re C. Runge und J. Precur: über die magnetische Zerisgung der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele . . Sıcnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba- W. Cröxerr: eine attische Stoikerinschrift : ScHortrkr: über die Aser’schen Functionen von drei Y eränderlichen. (Fortsetzung) MN. Be a Ra 8,0 Wr alıurt dB, eu 85 3888| | 38 5 | e220-= 22 2» so Spex-e op sed] 88 espwppspe 9 8831| 838 SEH-empHrSPPSPn 2w 881 13131 83338] j DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« k zu St. XIV und XV. s Seite über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . . a. u und R. B. Desisox: Untersuchungen über die Bilklungeverhisknisse- RR oceani- XXXIV. Die re enkion der constanten Lösungen bei 83°, „ . 518 ci vte AR erster Gattung . . . en N LERDDD In rs chungen über das Spectrum und die Bahn von Ö 8 Orionis rn 527 ver: Über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beziehungen der Ka or: in e en. 543 Be FH „bhandlungen der Akademie. en fahre 1907. °. ET m N Ad Sieh us: P Physikalische Abhandlungen SE re A hematische Abhandlungen . EI ec hische und historische Abhandlungen ne a N Re el F ET NE NEE a Kae na 2 ne MD Y Ph ysikalische Abhandlungen . . I an. te _Pilesophiche und historische Abhandlungen SR BI an (0) elne Abhandlungen aus den Fahren 1902 und 1903. issrede auf Paur ENG BoıcHorsr - tnissrede auf Karı Weınnorn . res ichtnissrede auf Jomannes Scumior £ ne reticus ‚(Anmauen | HANnsEn) und Calycosoma gracile 'F.E. Sca. n. sp. 5 -» 2— ulcan ‚che Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen » 5.50 einfunde aus Pergamon . . . » 3,50 cht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen” Schriftsprache und des umanismus . EEE re e NE a N ächtnissrede auf Runorr Virenow. . » oo 2... ER AT I ssrede auf Arsreeur Weser. . . » 0.50 hn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog v von 1309 darin beobach- erben für, da das Aequinoetium ESTER SON RR Te Al a. 0 8 Ce d er a Über die Strahlung des Quecksilbers i im Er Felde . .. M 3— Ein En stück Itägyptischer ENTER Ur, er el) B TR | re Die "Variationen bei Artemia "salina Leaca und ihre Äbhängigkeit a üssen . EEE 37 = 2.50 ber Tenon’schen Raum und Tenon’sche Kapsel : ; ge: er den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien » 3.50 ß Über ae Delloi der Handelsstatistik im Mittelalter ; » 2.50 s: Di Museuli biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Alfengattung Hylobates Varger it den ‚entsprechenden Gebilden der era und des Menschen . . » 5.50 )i nspeetren von Yttrium und Ytterbium . Mar ; Königlich Preussische Historische Tnstitnti in "Rom in "den dreizehn "ersten STEISETBORE 10) DR a N MR moi ‚5 üfen Byzantinern ı und Osmanen -» L— Sitzungsberichte der Akademie. ırgänge, 1882-1903 . » .. . N ee en An A onders zusammengestellt: senschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 8.— Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. n Auftrage der Akademie bearbeitet von ApoLr HarnaAck. Mrs Drei Bände. — Berlin 1900. — M. 60.— Bfeier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900, V. u. 171 S., 6 Taf. AM. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1903. Mounsen: eine Inschrift aus Baalbek H. von Sopen: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNER-ALTENECK: über die unmittelbare Beonlu DoE von a durch äussere Kräfte. . RR Me ELF Ele: A. Dansenzene: der Monte 'Ferru in Sardinien. I . SE WE PEN: REIHE von RicHTHorEn: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von RicHTHorEn: geomorphologische Studien aus Ostasien. V ® O. Lener: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) : O. Venske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist Mürrer-Brestau: zur Theorie der Windverbände " eiserner "Brücken. (hierzu Taf. OR Toser: Bruchstücke altfranzösischer De aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften Scnorrky: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen Frosenıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Baver: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’r Horr und F. FArur: Untersuchungen über die Bildungsrerhältuiase der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXIH. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, San und Polyhalit bei 25° WaRBurRG: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . ARTHUR W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische Aalen in dem Sırmexs’schen ÖOzonapparat . . Sconorray: über die Aner’ schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . O. Lener: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Dis nn (Nachtrag.) . . Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . J. Hırscagere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıc#Aarz und R. Scuenek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons SchmoLLer: Classenkämpfe und Classenherrschaft Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirtery: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts R. Scaenek: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der ee »Gneisse« und der metamorphen” Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Te. Wıesann: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . hunde selbe en "ieh yalıl = Mina Wertes EL RE Diers und A. Reem: Parapegmenfragmente” aus Milet.. . Krein: die Meteoritensammlung der Sys Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung A Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . a ae Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen ME Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet EuR: R. Heymons: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Ta. Arepreont: neue Bestimmung Me geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Bernstein und A. Tscuermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirrery: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W.K. Mörrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Ensrer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . er - C. Runge und J. Precar: über die magnetische Ba LE der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele ö 5 Sacnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba W. Crönerr: eine attische Stoikerinschrift Sonorrky: über die Arkr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Vocer: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae k van’T Horr, U. Grassı und R. B. Denıson: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten a bei 83° . ScHortky: über reducirte Integrale erster Gattung . J. Hartmann: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von &Orionis H. BaumsAuer: über die Aufeinanderfolge und die Beseneigignn Bee der Krystlliormen in flächenreichen Zonen . UHR: F Ehen - : NM. PR ORT LE RR Tas Pas van wer az ad wa Se, 1a ” 0 0.50 0.50 | | E: 2 Bar en (CHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITT HEILUNGEN « zu St. XVI. AR. , Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen . . . 558 e eoreisen von Persimmon Creek, bei Hot House, Dieroke Co. ae te 572 a N a a a Mad alische Abhandlungen er ve) U Een Mathematische Abhandlungen . ED N. Philosophische und historische Abhandlungen a a De ae De a a 7 3350 "Physikalische Abhandlungen . . RR N | Plilosophische u und historische Abhandlungen Sie 2 ee 0 'inzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. hnistrade, auf AUL en [BOIOEORSDE A EN ae, AA Gedächtnissrede a TEE RTR TR VIETNHOLTAE ee ee ea ee dächtnissrede auf Jonannes Scnmipt . RE f auloy hacus arcticus (ÄRMAUER Hansen) und Gakreakorms gracile F. E. Sca. n. sp. a: ee as vulcanische Vorvies und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen » 5.50 Kleinfunde aus Pergamon . ._. » 3.50 cm: Bericht i ibe Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen” Schriftsprache und des deut Geda manismus . .» an BB EEE 4 el) ächtnissrede auf Ruvorr Vırcnow ER N Er ER RER RL RE ale e däcl htnissrede auf ALsrecnt WEBER. . » 0.50 erzehn. ı unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobach- Ss Stern en für das Aequinoetium BER RE Se SU u Üher die Strahlung des Shen im ee Felde ... x» M 3— ee Annalen Eee 2 A ES Pr) k Ra ER SCHE Die ariationen Bei Artemia. salina Lracu und ihre Abhängigkeit en". 2 a . Be Een 2200 0) schen Raum and Tenon’sche Re 3 rg Einfluss. farbigen Lichts auf die Färbung Iekender Öseillarien » 3.50 uellen der Handelsstatistik i im Mittelalter 2150, )ie Museuli bieeps brachii und latissimo-condyloideus bei der Alfengattung H; tylobates ergleich. mit den entsprechenden“ Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . » 5.50 : Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . - 1 ENSBU c: Das Königlich Preussische EEeSuEche Institut in "Rom in den dreizehn ersten en seines Bestehens 1888 — 1901. nn ae amon unter nern und Oshehen MR RE RT a A _ Sitzungsberichte der Akademie. Ba & 1882-1903 . . . . . a Re ne, 2.18 AL ICH zusammengestellt: a ran Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrgangs. . M. 8:— AR r K öni glich Preussischen Akademie der Wissenschaften. e der Akademie bearbeitet von Anorr Harnack. RR 3 Drei Bände. — Berlin 1900. — HH. 60.— er ' am 19. und 20. März 1900. I "Berlin 190. V. u. 171 S., 6 Taf. M. 6.— 5% Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1903. A. 0.50 Monnusen: eine Inschrift aus Baalbek . 5 H. vo Sopex: Bericht über die in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente . Harnack: Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur von HEFNEer-ALTENECK: über die unmittelbare BeacnE von En durch äussere Kräften 220. NE So als nn A. Dassengero: der Monte Ferru in \ Sardinien. I vox RıcutnorEn: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von Rıcntnoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. V N er. 0. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. III und IV) S 0. Venske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine Eegehene Function der Bogenlänge ist 5 Mürter-Brestau: zur Theorie der Windr 'erbände eiserner Brücken (hierzu Taf. Y. - Tosrer: Bruchstücke altfranzösischer Beim aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften her Sl, 53, ek Scuorrky: über die Aer’schen Functionen von drei Veränderlichen. Frosenius: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Baver: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’T Horr und F. FArup: Untersuchungen über die Bildunger verhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, SSHSEm und Polyhalit bei 25° 3 TE Wanrsure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . - Arrtaur W. Gray: über ÖOzonisirung durch stille elektrische en in dem Sıeuexs’schen Ozonapparat . . Scaorrkv: über die Aper’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung. O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.) . Munk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes Er Extremität für Belen Motilität . J. HırscugerG: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıcnarz und R. Schexck: über Analogien zwischen Radioactivität ued dem Verhalten des Ozons Scanorzer: Olassenkämpfe und Classenherrschaft - Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrnev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scaenek: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der Br »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen Ta. Wıesann: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet he D Re a Ere: Diers und A. Renu: Parapegmenfragmente” aus Milet.. . Krein: die Meteoritensammlung der Eaelei Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 : F. Braus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung Harsack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . © er ächfen Quisexe: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen 5 Mößıvs: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet” fe R. Heyuoxs: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tu. Arsgrecat: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. Bersstein und A. Tschermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirreev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W.K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Esser: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . : N A C. Ruxge und J. Preonr: über die magnetische Zelesurns der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele . N Sacnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn ‘Ukba- W. Crönert: eine attische Stoikerinschrift LE Scuorrky: über die Apzı’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Vocer: Untersuchungen über das speetroskopische Doppelsternsystem 8 Aurigae = van’T Horr, U. Grassı und R. B, Denisox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten Lösungen bei 83° . ScHoTtky: über reducirte Integrale erster Gattung. J. Hartmann: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von &Orionis H. BaunsAver: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Denen der Kıystalformen in flächenreichen Zonen . . Dr 3 ee Frosesivs: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen Ba ED EB EEE u 0.50 0.50 050°. 0.50 | 2 050 050 0.50 BSOHSSSSS» Sm u 7 9 1818833331 3| II 1 8 0.50 E) R ZEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN NMITTHEILUNGEN« v zu St. XVII und XVII. ee Sacus nd 0. Bıacn: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. NXXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83°? . . . . 576 5} Eur: Über Reductionstheilung 537 Vene der Akademie. et dem Jahre 101... ... re ne et ren Daraus: Physikalische Abhandlungen . ..... . 2.2... ne All .. Mathematische Abhandlungen . ee ea) ; Philosophische und historische Abhandlungen DE iR TEL FR AS re Abhandlungen ENSederm WS TEE DIE ee ee N TE TE u 33 n aus Physikalische Abhandlungen . . BE ee ne, A I Philosophische und historische Abhandlungen et ra 10 Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. ümmrer: Gedächtnissrede auf Paur. Beeren IBOICHORSTEL Ay ee ee Scrmipr: Gedächtnissrede auf KArL WeısHoLn . a mer: Gedächtnissrede auf Jonanses Schmipr ad AR me al # Senurze: Caulophacus arcticus (ArmAuEr HANsEN) und Calycosoma gracile 'F.E. Sca. n. 1. sp. er „2. _ Branco: Das vuleanische Vorries und seine Beziehungen zum vuleanischen Riese bei Nördlingen -» 550 Coxze: Die Kleinfunde aus Pergamon 0.3.00 urpacH: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des _ deutschen Humanismus . EN ee Le el LDEYER: Gedächtnissrede auf NET Ra ae meL: Gedächtnissrede auf ALsrecnt WEBER. . » 0.50 Auwens: Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. und Catalog v von 1309 darin "beobach- u Klaren Sternen für das Aequinoetium N BE RR EEE Er Ver ‚Runor. und E. PaAscren: Über die Strahlung des Quecksilbers im magnetischen Felde . . . M. 3.— . SCHÄFER: Eins BruchstüeksaltagyptischersAnnalen 2 5 Ra ee N ee a in 3.50 E w. Krause: Ossa Leibniti . . . -» 1 _ M. Suter und R. Hersoss: Die Variationen bei Artemia salina Lzacn und ihre > Abhängigkeit E -. ‚von äusseren Einflüssen . s - 2 il _H. Vircnow: Über Tenon’schen Raum und Tenon’sche Kapsel 3. GaAipukov:_ Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien - 3,50 '. Stıepa: Über die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter E » 2,50 Et Gröxroos: Die Musculi biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Alfengattung Hylobates _ im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . - 5.50 H. Kayser: Die Bogenspeetren von Yttrium und Ytterbium . . ur — . Frienenssure: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in “den dreizehn "ersten u gi ‚Jahren seines Bestehens RS a ee ee EA RE NEE ' Geizer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen . . » 2. nenn a a der Akademie. Preis. Br einzelnen Jahrgänge, 1882-1903 . . . . a NE ZI Daraus besonders zusammengestellt: . 2 Mathematische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 3.— Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Dt Be Auftrage ‚der Akademie bearbeitet von ApoLr Harnack. } Drei Bände. — Berlin 1900. — M. 60.— \ reihundertjahrfeier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. A. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1903. A. Dasxnengers: der Monte Ferm in Sardinien. I . a ER ee NE N ER von Rıcnruoren: geomorphologische Studien aus Ostasien. IV von RicHTHoFEN: geomorphologische Studien aus Ostasien. \V N 3 O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen (hierzu Taf. IH und IV) . . O. Vesske: zur Theorie derjenigen Raumeurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist . E Mürzer-Brestau: zur Theorie der Windverbände eiserner "Brücken. (hierzu Taf. N. E Tosrer: Bruchstücke altfranzösischer Diane aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften Ba EN 7 £ . Pügı- Scnortky: über die Äser schen Kanckonen von kdrei Veränderlichen £ Frosentus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie . . : M. Baver: vorläufi er Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessinchen Basaltgebiet . a van’r Horr und F. FArup: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, Sean und Polyhalit bei 25° . . - 0 WarsurG: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . UN ARTHUR W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische Entladungen in dem Sırmexs’schen Ozonapparat . - Ei Ra Scuorrky: über die Ansr' schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . 2 a Rate O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians (Nachtrag.). : De ade Munxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . EHE J. Hırscngere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcnarz und R. Scuexek: über Analogien zwischen Radioaetivität und dem Verhalten des "Ozons Scawotter: ‚Classenkämpfe und Classenherrschaft . . . . ı 2 nn sn. ne er Soomoo0o >0© Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrsev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . A. 1. R. Screxek: Theorie der radioaetiven Erscheinungen . . 0% G. Krems: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse« und der inetamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . RE Hl Ta. Wıesaxp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . RL i EZ. 0 ‚il Dıers und A. Rem: Parapegmenfragmente aus Milet . . . warn: Kueıx: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich -Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . . ee Ne EEE F. Braus: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung Be -» 0. Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Ev. wear stehen, nebst” einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . . TR 9.2 Quixcke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . . ». ». 2. 2.2...» Mößıvus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . . . RU R. Heyxoss: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . App: Te. Ausnecnt: neue“ Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . » J. Bensstein und A. Tscuernax: über das tlermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo » Dirruey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) = F. W. K. Mörter: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . » Exczer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. . . a Rd C. Russe und J. Preenr: über die magnetische DERFERIE, der Radiumlinien 222000» Ernan: die Sphinxstele . . Stein de Aanhfe, Un 5 2 VRR RE a Sıcnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba- EN re Ta Sen RE- Wa a W. Cröxerr: eine attische Stoikerinschrift . . Sa Scrorrky: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzun ge) - RD Voger: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . ” van’r Horr, U. Grassı und R. B. Dexısox: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. NXXXIV. Die Maximaltension der constanten Be bei 88°. » ScHortky: über redueirte Integrale erster Gattung. . a rar RER J. Harıyann: Untersuchungen über das Speetrum und die Baihr von © } Orionis 2 » H. BausuAver: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beichnez der Krystallformen in flächenreichen Zonen . . ak ; ER NL, Frosexivs: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen ar » 0,50 van't Horr, H. Sacıs und O. Brach: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XNXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 88°. . . » 0.50 E. SchAstniarn: über Reductionstheilung . ar N SE ee ERZRICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« zu St. XIX, XX und XXI. Seite a Mösinenborir; Satzungen einer milesischen Sängergilde (hierzu Tat. V) 619 oarusex- Stiftung > Ba rl Über Beziehungen des nalen Eis“ zu ee aus ne "sich eusfickelnden Erben, a Vi Über eine Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammensetzung 653 rn w. ni Oder are über die Bildungs erliklknisee dh TE Br . XXXVL Die Miferalcoibhinhtionent (Paragenese: ı) von 25° bis 33° . 659 Low 2 Über den Bau des Geruchsorgans der Oyelostomata > 222 2m nn nn. Br eisen: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen . . . ee Te HOT, er und F. Wseoe: Über die Verbrennungswärme einiger Panessker Verkipdiisen HB, BON sche Untersuchungen von H. v. re 716 : Abhandlungen d der Akademie. h ee, aus dem Jahre 1901. . . . . Te ey Aa x Physikalische PR DAN II ENGE DER er Re EN EN SL A Be » Mathematische Abhandlungen ER a A Be el Philosophische und historische Abhandlungen NETTE SL ae el er ngen URSUOTIEIRhr LO I ee N et. Me 38:00 E: & Daraus: _ Physikalische Abhandlungen . . en En EN EEE Bean Y, Philosophische und historische Abhandlungen LE Be a _ Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. ; "Geiadhtissrede auf Pavr EL, IBDIGHORET ES en plc a A ge A Hachüsarederauf NEE WEnmorBE N ee ed dächtnissrede auf Jomanses Scamipt . i . Caulophacus arcticus (ARMAUER Hansen) und Calycosoma gracile 'F.E. Son. n. N. sp. ? - Das vuleanische Vorries und seine Beztetauzen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen - 5.50 Die Kleinfunde aus Pergamon r rpach: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des chen. Humanismus . . t ee REEL Dr TER PER a 50) BE icheesredE aut, Robons Virönow En ee he Gedächtnissrede auf Ausnecur Weser. . s » 0,50 5 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen uud Catalog v von 1309 darin beobach- teten ‚Sternen für das Aequinoetium 1825 EEE er RT rt a E Fund F. Pascass: Über die Strahlung des realer im ARIBEResEchen Felde . . . A 3— .ScrArer: Ein Bruchstück altägyptischer Annalen FAR: I : Ossa Leibniti . . . » 1.— und R. Hevxoxs: Die Variationen dei Artemia salina Leac# und ihre Abhängigkeit N er » 2.50 Übe ur schen Raum und Tenon’ sche Kapsel h u Fu den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Oscillarien - 3.50 ver die Quellen. der Handelsstatistik im Mittelalter . » 2.50 jiceps brachii und latissimo - condyloideus bei der Afengattung Hylobates a mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen 9.50 enspectren von Yttrium und Ytterbium -» 1— s Königlich Preussische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten B ne ‚unter Byzantinern und Osmanen - 4 Ber H“ ‚ikennksbenhte der Akademie. elnen Jahrgänge, DO N s besonders zusammengestellt: Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 3.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. II. Halbjahr 1903. Toprer: Bruchstücke altfranzösischer Dicken aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften N N Da N Scuortky: über die Aser schen Functionen von drei Veränderlichen Frosenıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. BaAver: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet . van’ Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXIII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, aan und Polyhalit bei 25° ; Warzure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . ArtHur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische ar in dem Sırmexs’schen Ozonapparat . ie re Scuorrky: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . te O. LeneL: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians (Nachtrag.). . ß : Munk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . J. Hırsc#gere: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıcsarz und R. Scuener: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Scemorer: Classenkämpfe und Classenherrschaft FRE RL 3 Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Sceenecx: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . Ta. WıEsann: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . Se I a > 2 Ste Dieıs und A. Ren: Parapegmenfragmente aus Milet.. . Kein: die Meteoritensammlung der en Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . RES F. Braux: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung 5 Harsack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . Sue re Eu Quixcke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen 2 Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet B R. Heysons: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tu. Arsrecht: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. BERNSTEIN und A. TscheruAar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirtnev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F.W.K. Möürter: Handschriften- Reste in Estrangelo- Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . EnsLer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . . Re C. Runge und J. Preour: über die magnetische ZEiERDEN der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele A Schau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba W. Cröxert: eine attische Stoikerinschrift FÜR Scaortky: über die Arer’schen Funetionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Vv OGEL: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . van’T Horr, U. Grassı und R. B. Denısox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der eonstanten Te bei ScHoTTKy: über reducirte Integrale erster Gattung . 3 5 J. Harrsann: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von & Orionis H. BaumuAver: über die Aufeinanderfolge und die BeSnSnE Beziehungen der Krystallformen in flächenreichen Zonen . . A na N 72 Frogenius: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen van'r Horr, H. Sıcns und O. Bıacn: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oeeanischen Salzablagerungen. XNXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 8°. . . E. Straspurger: über Reductionstheilung . : a RER vox Wıramowırz - MOELLENDORFF: Satzungen einer milesischen "Sängergilde : Hertwis: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden“ Embryo Kıeın: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . vax’r Horr und W. Mevernorrer: Unter suchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineraleombinationen (Feen) von 25° bis 83° E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyclostomata . . C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen Fischer und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wıex: hydrodynamische Unt ersuchungen von H. v. HeLssortz RE ANTTEN EUE . Er Lo neh I | SSSNOS5> 99 Ss 8881 835 88% ERS 22 299 I1l8 33 ‚ zu St. XXH. F “E Seite I Er ber ec des Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dispersion 740 Be: en augen: d der Akademie. BR Jahre 1901 . 2. . I EN mus: Physikalische ES DHandlInp en a a a ne ee ee A A en Abhandlungen . . E50. ” Se hische und historische Abhandlungen RE. EN RR. me n dem Jahre 1902 . LE Da RR EL 07 SR Eu RE u uRrleN) hysikalische Abhandlungen . . Be ar = Fee re LU Be und historische Abhandlungen Es ar 10, Vernettniechede auf se en 3 . "Gedächwissrede auf Jonanses Scuuimt . . ee E : Caulophacus arctieus (Arsıauer Hansen) und Calycosoma gracile 'F.E. Son. n. 1. sp. ; Du 0: Das vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen . Die Kleinfunde aus Pergamon . = : Bericht über ER zum n Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache und des dei tschen Humanismus A ; DR Ver RA Ir EN) Bersghn uabekahnt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog v von 1309 darin beobach- Er für das Acquinoctium BE a Über die Strahlung des Quecksilbers im magnetischen Felde . . . AM. 3— Kae ueleiden altägyptischer Annalen EN NT 2 2 bl a Leibnitii. . . » 1— R. Heynons: Die ar onen‘ bei Arteria "ealina, LrAck "und ihre Abhängigkeit SEmeet, 3 N) er Tenon’schen Raum und Tenon’ sche Kapsel” D ER Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öseillarien - 3.50 ber die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter 3 » 2.50 ' Die Museuli bieeps brachii und latissimo-condyloideus bei der Alfengattung Bilobalee rgleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . » 5.50 Die Bogenspeetren von Yttrium und Ytterbium . . - 1— wurg: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten seines Bestehens 1888 —1901 EHRE ee EN Sitzungsberichte der Akademie. ler einzelnen UT ALP ER a Er A UET araus besonders zusammengestellt: ematischt he und N Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8— IS 2ER ER Geschich te den. Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Han Auftrage der Akademie bearbeitet von Avorr Harnack. S Ber N Drei Bände. — Berlin 1900. — 4. 60.— ae a Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900.” V; u. 176 8,6 Taf 6— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1903. Scuorrky: über die Aser’schen Functionen von drei Veränderlichen Frosznıus: über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie M. Bauer: vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet.. van’r Horr und F. FArur: Untersuchungen über die Baer der ozeanischen Salzab- lagerungen. XXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, Symgenit., und Polyhalit bei 25° Warsure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . E Arraur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische U in dem Sırmexs’schen Ozonapparat . . Be Scuorrky: über die Aper’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . O. Lexer: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.). . Ein Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . . . . n Hırscapers: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . . F. Rıczarz und R. Scuenek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons ScumoLLER: Classenkämpfe und Classenherrschaft . . . ». .. m an nn... Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrsey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . .. . R. Scaexck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Kreum: Bericht über Untersuchungen der rege »Gneisse« und der metamorphen” Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Ts. WıeeAnp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Äus- grabungen in Milet -...-. a a en = Dierrs und A. Reun: Parapegmenfragmente aus Milet. . Kur: die Meteoritensammlung der an Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 .. el eis Br F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung s Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . RE 4 es Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen E Fe Pe nf Mösıvus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet a R. Heyuoxs: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Ta. ArgrecHht: neue Bestimmung 3a geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. Bernstein und A. Tscnermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirrery: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F.W.K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Enger: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. . ferne . C. Runge und J. Prec#t: über die magnetische AENE der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele . EEE NR Sacsau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba- Be ans en“ W. Cröxerr: eine attische Stoikerinschrift . . reale Scnorrky: über die Apxr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Voceı: Untersuchungen über das speetroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . . . van’t Horr, U. Grassı und R. B. Denıson: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten er bei = . Scuottky: über reducirte Integrale erster Gattung. . eier . . J. Harrmann: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von d Orionis H. BaumsAver: über die Aufeinanderfolge und .die ee er nr Krystllformen in flächenreichen Zonen . . BR 2 Fenke ka s Frogenius: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen E van’r Horr, H. Sacus und O. Brıaca: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Ziosammiuenpekzung der constanten Lösungen bei 83° . E. SrtrAsBurGEr: über Reductionstheilung . . 2 We De von WıLAmowITz- MOrFLLENDORFF: Satzungen einer milesischen "Sängergilde - Herrwis: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden” Embryo . Kıein: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . a er van’t Horr und W. MEvERBOFFER: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineralcombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83° . E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyclostomata . 2 NV ae er er C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen . . afkaret Fıscner und F. Wreve: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wien: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Heusmortz Pranek: über die Extincetion des Lichtes in einem Du homogenen Medium von normaler Dis- persion GR em ey BE 0.50 0.50 35 esenoes 92 8823| 833 ZOER RZEICHNISS DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« . F . zu St. XXI und XXIV. Seite an: Weiteres ZuUEnwnnlesischeiiuarapegıhen".y a ua, ea ee ee 75, Sonunze: Die lateinischen TEhStaDEDNATLEI ee TE RR se 160) E von Srranonrz: UBEden® Anal des; Känachos en. u ne ner 786 Pie ne der Akademie. and. gen aus dem Jahre 190%. . . . . ; ha RS > Be IT ea Physikalische Abhandlungen . . ee ee ee MI NER Philosophische und historische Abhandlungen N een EL n ‚gen zie. ORAL Fr ee oe TR 5% lee EEE IA rn Pe: ahysıkalischeg A Uhandlünrente gen Eee re ed = Mathematische Abhandlungen . . RE I, a Philosophische und historische Abhandlungen LEN. ee a 18, Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1902 und 1903. _ Dünmrer: Gedächtnissrede auf Pavr. ne IBOICHORST: ve 0 aa, ’ Os er Ale) In Ss Ad ‚edächtnissrede auf Karr Weinnorn . Eee r: Gedächtnissrede auf JonAnnes Schmiprt sonen ‚IE Caulophacus arcticus (ÄRMAUER HANSER) und Cal, hycosoma gracile FE. Son. n. 1. Sp. n» 2.— co: Das vulcanische Vorries und seine Beziehungen zum vulcanischen Riese bei Nördlingen » 5.50 : Die Kleinfunde aus Pergamon . -» 3.50 _ Bericht über Forschungen zum Urspri ung der Kenliochdenteohen? Schriftsprache und Men - deutschen Humanismus . . oe ee Le hr Warpever: Gedächtnissrede auf Runorr Vırcnow Be Re oe scHhEL: Gedächtnissrede auf Arsrecur WEBER. . N » 050 Au ns: Vierzehn unbekannt ‚gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobach- 2. teten Sternen {Hal UASIERFEGTUNIOCELUNIETB ZU BI ee a A nal F. Pascaen: like die Strahlung des Quecksilbere im a, Felde . .». MA 3— : Ein Bruchstück altägyptischer Annalen . . el) ii Ossa Leibniti . . . ee AuTer und R. Hevuioss: Die Variationen bei Artemia salina Lxaca und ihre Abhängigkeit _ von äusseren Einflüssen . . . EHE BU 2250 Virenow Über Tenon’schen Raum und re sche: Kapsel L rg UK! Über den Einfluss farbigen Lichts auf die Färbung lebender Öscillarien . » 3.50 ‚er die Quellen der Handelsstatistik im Mittelalter ? » 2.50 'önroos: Die Musculi biceps brachii und latissimo-eondyloideus bei der Affengattung Hylobates d im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . » 5.50 \ysER: Die ‚Bo, enspectren von Ytrrium und Ytterbium . . re RIEDENSBURG: as Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten ah eeıhee Bestsnenst 1888. IIOL 5 er Ta zamon. unter Byzantinern tl YORE a a Eee Kot RENNER re Sitzungsberichte der Akademie. Sullnräige, Er ER BE N araus besonders zusammengestellt: 3 m ische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882 —1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8.— chichte rar Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von ApoLr HaArnack. ER _ Drei Bände. — Berlin 1900. — #. 60.— am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V. u. IM S., 6 Taf. A. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. U. Halbjahr 1903. van’r Horr und F. Farur: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzab- lagerungen. NXXII. Das Auftreten der Kalksalze Anhydrit, Glauberit, an und Polyhalit bei 25° > Dt Warsgure: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . & Arrnur W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische Entladungen in dem SıEnexs’ schen Ozonapparat . . NET Scrortky: über die Anzı’ schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . a Beben O. LexeL: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Dis ED (Nachtrag.) . Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für ee Motilität . J. Hırscueerg: über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcnarz und R. Schenck: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons Scauorzer: Classenkämpfe und Classenherrschaft . Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirteey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scuzxck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . . G. Kreum: Bericht über Untersuchungen der RENNEN »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Ta. Wıesasp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet EN NS Diers und A. Ream: Parapegmenfragmente” aus Milet . . Ktrin: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . : : F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt" des'V.ater-Unsers 2... 1 Be SE Quincke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . . . » 2. 2.2... Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . . . ... R. Heynsoss: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung Ta. Arsrecnt: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Bernstein und A. Tscnerma: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirraey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F.W.K. Mürrer: Handschriften - Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Enger: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . . BEI Sc = C. Runge und J. Precut: über die magnetische Zerlegung der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele . . eo cn 3 c Sıcnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ukba ee a ae are R EE are 'W. CrönerT: eine attische Stoikerinschrift - RN Scnorrky: über die Apı’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Vocer: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae van’T Horr, U. Grassı und R. B. Dexisox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten VormBe bei 83° . ScHortky: über redueirte Integrale erster Gattung. . EEE RE 0.27" J. Harızıann: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von d Orionis H. Baum#AuEr: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Bern der Kıystalformen in flächenreichen Zonen . - ae EN Frosesius: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen van’r Horr, H. Sacns und O. Bıac#: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83° . E. SrrassurGer: über Reductionstheilung . . EEE Ar von Wıramowitz- MOELLENDORFF: Satzungen einer milesischen "Sängergilde f a Herrwic: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden” Embryo . Kırın: über einen Zusammenhang zwischen optischen De und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . van’r Horr und W. MEvErnorreEr: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineraleombinationen ee) von: 25° bis 88° . . E. Barrowrız: über den Bau des Geruchsorgans der Cyclostomata . N a C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalfläcken . . ee Fıscner und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wien: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Heısmorrz Praxcr: über die Extinetion des Lichtes in einem Sean homogenen Medium von normaler Dis- persion : an nu 2 5 VE RE, A. Renm: Weiteres zu *den anlesıschen Parapegmen Sr a ie W. ServzeE: die lateinischen Buchstabennamen . . ae EN Kexurr vox Srtraponitz: über den Apoll des Kahadhos.. N! so .R j=) ee Sr Var En er un} 2 22 292 Ho2HHromWPpHr- 9922902» 2m pr PT = Ä SOSSOSNOoodD. : Ss3l Kan S| 1881| |3| 8] 83333] 3% Be VSCHRRpREN) yon oo S a il a a u La an na nn nl da a a a a et zu St. XXV. st Bu Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutsari, Chinesisch-Turkestän (hierzu Seite I art 807 ay nom: Alben late Aholochemische Reaktoren im en Shbeikt, I. An- l en ET BERE Men 328 . hresbericht über die Herausgabe den onarene Gert Historie ER MFSR N TSA) Abhandlungen der Akademie, RS 1902 . N Se A) RR Re NEL s: Physi ische Abhandlungen . Un SE a 3 AD Ma I dr Eitbsopheche und historische Abhandlungen . ee er 0. aus es IE a ee ee ME EEE en 7 == s: Plıysikalische Abhandlungen . . 220 ne Me \ Mathe ische Abhandlungen . r RR Rh A RR A et 20) 7% > °hi ische und historische Abhandlungen RI en ed inze he Abhandlungen aus den RER 1903 und 1904, Ca lop hacus arck chicus (ÄRMAUER Hansen) und Calycosoma gracile F. E. Sca.n.sp. . M. 2.— cht über Forschungen zum ‚ueprane BEamenhaendeniaeben. re und des chen Human En, NIE » 2,50 ‚r: Gedächtnissrede auf Runorr Vircnow a ER N ER OT = itnissrede auf Atsrecnr Weger. . -» 0.50 unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobach- en für. das Acquinoetium 1825 N ee EN NE 3% a et SE brachii und latissimo- aa lordens bei der Affengattung Hylobates ergl it den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . A. 5.50 R: Die " Bogenspectren von Yetrium und Ytterbium . . . A ensnono: Das DE geus site Historische Institut: in Rom in “ den dreizehn ersten Perganon un EEE I ee nl abe ne ja. on unter B nern und Osmanen . h ; „4 p d S. Kreurser: Untersuchung " Sr den Bau des herelersiens der Atem. gr Das Nach irn vom Orang Utan . . . Eee. a RR HE RR Err Ss a etin die, Dreifar Pa BR. N: & De \ ER, er Fe wi Pe _ Sitzungsberichte 2 Akademie, , 1882— et ji a en DT gestellt: oh schaftliche aelung. 18821897. Preis br Jahrganges Re an: Be se Es a bearbeitet von AnorLr Harnack. ur EsENn Drei Kge — Berlin 1900. — 4. 60.— P der Königlich P Een eteohen Akademie der Wissenschaften Re 1 am 19. und 20. März 1900. 2 Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. NM. 6 Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. Il. Halbjahr 1903. NM. Wanrsurs: über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elektrische Entladungen . ARTHUR W. Gray: über Ozonisirung durch stille elektrische nen in dem Sirene" schen ÖOzonapparat . . et Wehe Scuorrky: über die Apzr’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung.) . ES O. Leser: zwei neue Bruchstücke aus Ulpians Disputationen. (Nachtrag.). . a Muxk: über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität . URS J. Hırscagere: über "das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde . F. Rıcaarz und R. Screxek: über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des "Ozons ScauoLzer: Classenkämpfe und Classenherrschaft N Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrury: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scuener: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Krems: Bericht über Untersucliungen der sogenannten »Gneisse« und der inetamorphen. Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . 5 e Te. Wıesann: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet . . . we an eins sense Rn 20 ae Beurer Diers und A. Renn: Parapegmenfragmente aus Milet . . Krein: die Meteoritensammlung der Ben Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . . er Male Faser ee F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung BE & Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, "nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . » » 2 2 2 2 2 20. Quixcke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . . ». ». 2. 2.2.. Mösıvs: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . . . ee R. Heyasons: die fügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . - Ta. Arsreent: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Benssteis und A. Tscnersa: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirraev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F.W.K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Engter: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. . et A 0. Runge und J. Precht: über die magnetische PensEnNE der Radiumlinien A U, Erman: die Sphinxstele . . ee AFEREI Sıcsau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ulkba REN REF Au Süh En W. Cröxerr: eine attische Stoikerinschrift R Selle Scnortkv: über die Aner’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) En Ar a OGEL: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . . van’ Horr, U. Grassı und R. B. Dexısox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der o ocaani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der eonstanten Lösungen bei 83° . ScHortky: über reducirte Integrale erster Gattung. . SR Ren cheic J. Hartmann: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von $Orionis . H. BaumuAver: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beziehungen der Kıystallformen in flächenreichen Zonen . . i EG. 0,8 2 Frogexius: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen van’T Horr, H. Sacns und O. Bıacu: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oeeanischen Salzablagerungen. XNXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83°. . . I. Srraspurser: über Reduetionstheilung . . . BER N AN eh vos WILAMOWITZz- MOELLENDORFF: Satzungen einer milesischen "Sängergilde Re . Herrwiıs: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwiekelnden Embryo . Kreis: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . PEWE van’r Horr und W. Mevenvorren: Unter suchungen über die Bildungsverhältnisse der occanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineralcombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83° . ET rer . E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Oyelostomata . . » » 2 2 2 2 20. ©. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalfläcken . . Rare Fıscuer und F. Wreoe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen . & W. Wien: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Heımworrz Res CB - . Praxck: über die Extinetion des Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dis- persion ln rn naeh Sr ee, 30 A er A. Ren: Weiteres zu den milesischen Parapegmen es WE Be ne W. Scuurze: die lateinischen Buchstabennamen . . . Sonn ung Kexvrr von Stranonitz: über den Apoll des Kanachos. . ® Pıscner: Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutkari, Chinesisch= Turkestan n R. Luruer und F. Werserr: über umkelrbare photochemische Reaktionen im homogenen Een. I. Anthrazen und Dianthrazen . ee ee au a Een u Pen u Der a Kies | WEITE IE ETUI U DER TE U x» ” sw... 0 ws wu u u 0 ß e92 2 SET oo SS erro sıl& on > > aan oo Seite rsache ERROR Ele a N a ei Gestalt des Vest- ostlichennDiyans: Fan suw.ee Au u agment aus den Hypotyposen des Clemens 901 des britischen Königs Lueius an den Papst Elöurherus 909 VON Wiranowırz- Mare Ein Gesetz von Samos über die Br von öffentlichen Mitteln (hierzu Taf. IN) 917 | un der Akademie. en ahre 1902. ED CO ar N FOR Senne N A. 19.— ER "Abhandlungen he: 1058 RN Re LE EEE NM. 9— Philoso oenpbische, m und Aistardche Abhandlungen . a en ae fi zelne Abhandlungen aus den Jahren 1903 und 1904. us arcticus (Ansıaven Nie und Calycosoma gracile F.E. Scn.n.sp. . . NM. 2.— el ber Forschungen : zum Ursprung der nenhochdeutschen era und des chen Humanismus . a a na ee N) dächtnissrede auf OR IR ER 2 8 AT a dächtnissrede auf Ausreent Weser. . » 0.50 en SE a Zonen und Catalog von 1308 darin beobach- en ternen für Snae0S ium TER ER Er se Kan A er — ] ceps E hrachfi und latissimo- - condyloideus bei der Affengattung Hylobates ıtsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . 4. 5.50 von Yırrium und Ytterbium . . ee BURG: Königlich Be Historische Institut in” N in “ den dreizehn "ersten a ae BR TIER EEE on unter Byzantinern und Osmanen TR -» 4— en Be N Radar ER rn. über den Bau des Centralnervensystems der Affen. = im vom ang Ken I ee A ae die 1 r Br nen) der a ar 1852-1903 | ch N Ve Ant in ders zusammengestellt: r m . ud 2 nie Mittheilungen. 1882 —1897. Preis des Jahrganges. . AM. 8— ’c Bi > ’ 2% % ie de } er nn 42 | Ichte der Kiniglich len. Akademie der Wissenschaften. rc der ‚kademie bearbeitet von ApoLr HArnAcK. ; Dre ei B Bände. _ a 1900. — N. 60.— 2 B are hunc tert hrfeier Kl Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften 0 am 19. und 20. März 1900. "Berlin 1900. V. u. 171 S., 6 Taf. . 6— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . R. Scaexer: Theorie der radioaetiven Erscheinungen . ® G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der BOgenaneen »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . Ts. Wıesanp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet A ER Eee N Diers und A. Rernm: Parapegmenfragmente” aus Milet . . Kein: die Meteoritensammlung der Kmielrben Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . NE REG F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung 3 Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . N EEE Quincke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen ee rl ee Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . . . ES R. Heyuoxs: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Te. ArLsrecHt: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. Bernstein und A. Tschermaxk: über das tlıermische Verhalten des elektrischen Organs von T‘ orpedo Dirrsey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W.K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . EnGer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . : = E . C. Russe und J. Precat: über die magnetische ZUR der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele . . ae es N ae % = Kr ER das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ukba- Pe SS Nee ld I ARE . CRÖNERT: eine attische Stoikerinschrift ans es über die Aper’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) ; Vocer: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . - van’T Horr, U. Grassı und R. B. Denısox: Untersuchungen über Er ie Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten Auen bei 83° . ScHortky: über reducirte Integrale erster Gattung . Br -£ J. Hartmann: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von öOrionis . . H. BaumuAver: über die Aufeinanderfolge und die en BRUEHRUENN der Krystallformen in flächenreichen Zonen . . B ER ee Frogenuus: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen van’t Horr, H. Sacus und O. Bıac#: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzahlagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten en bei 83° . E. Srtrassurger: über Reductionstheilung . . . 5 .s von Wıramowırz- MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen "Sängergilde Hertwıs: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden Embryo. Krem: über einen Zusammenhang zwischen optischen a und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . van’t Horr und W. MEvERHOFFER: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV]I. Die Mineralcombinationen a), von 25° bis 88° , . E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyclostomata . TE C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalfläcken . . Ser Fischer und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wıex: hydrodynamische Untersuchungen von H.v. HrıssoLzz . Prasck: über die Extinetion des Lichtes in einem optisch Nomen Medium von normaler Dis- persion 3 SER Et 5 A. Renm: Weiteres zu den milesischen Parapegmen W. Scuurze: die lateinischen Buchstabennamen . . KEkULE von Stranonizz: über den Apoll des Kanachos . 2 Pıscner: Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutäari, Chinesisch-Turkestän . R. Lurser und F. Weigert: über umkehrbare photochemische Reaktionen im ns el I. Anthrazen und Dianthrazen . een Ts B Ber en Wansuns: über die Ursache des Voltaeffekts 3 Burvacn: die älteste Gestalt des West-östlichen Divans Harnack: ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens ; Harnack: der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus . Tu. Wıesaso und vos Wiramowırz-MoELLENDORFF: ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln . Se - Os © 22 292 =S2S-=9SNSHM9995952n Sm nu = 9m wine WELT Te Jar &| S| 1881 181313383323] aan 18 0.50 N u zu St. XXVIH. Seite _VAN’T Horr: Untersuchungen über die Bildungsverhältuisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXVII. Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung . . . .» . . 95 en der Akademie. mer dm Jehre 1902: SER ET: A An ac, RDRR CERAR rede ca MERAN) _ Daraus: Physikalische Abhandlungen . SR Nil LI ja - Philosophische und historische Abhandlungen RE re 10 j handle aan area RER A Daraus: Bhysıkahsche Abhandlungen a Aral Sn nn Me I ; » Mathematische Abhandlungen : - 4,50 iR Philosophische und historische Abhandlungen £ » 13.— Einzelne Abhandlungen aus den Kaleen 1903 en 1904. en Caulophacus arcticus (ARMAUER Hansen) und Calycosoma gracile F.E. Sca.n.sp. . . M. 2.— Burpacn: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhochdeutschen Sehriftsprache und des deutschen Humanismus . N ET N A RN 5 7) _ Warpeyer: Gedächtnissrede auf Runorr Vınosow er N A re AD Be, Gedächtnissrede auf ALsrecHht WEBER. . . -» 0.50 Auwers: Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog v von 1309 darin beobach- Ereten Sternen für’ dass Asgninoctium 1825 0. en a. ne net h er f _ H. Gnöwnoos: Die Musculi biceps brachii und latissimo-condyloideus bei der Affengattung Hylobates En. im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . . 5.50 H.Kuvser: Die Bogenspeetren von Yttrium und Ytterbium . . . » 1— _ W. Friepenssurs: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten rlahrene semes@Besiehensn 1888-130 1 Be Se ee een en ® 0. Gerzer: 'Pergamon unter Byzantinern und Osmanen . » 4. Br {rause und S. Kremener: Untersuchungen über den Bau des Centralnerve ensystems der Affen. 2 Das Nachhirn vom Orang Utan . . ER RT N RE a er, j € Frusscr: Die Retinaelemente und die Dreifarbentheorie . . » 2 222 .22.222020= 150 Siungsberichte 4 der Akademie. Fre der einzelnen Jahrgänge, 1882—1903. . . . . Re N A - Daraus besonders zusammengestellt: Mathematische und Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 8.— Nat PER _ Geschichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Im Auftrage der Akademie bearbeitet von Avorr Harnack. TE Drei Bände. — Berlin 1900. — A. 60.— A“ \ jweihundertjahrfeir der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften ; am 19. und 20. März 1900. A SCAe Berlin 1900. V. u. 171 S.,, 6 Taf. AM. 6.— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrser: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . .. . R. Scuexex: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der ET »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen . . T». Wıeseanp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- rabungen in Milet ? Oh ES Dies und A. Renn: Parapegmenfragmente aus Milet . . Krems: die Meteoritensammlung der Fn Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 . . . A seen) va, F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung - Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . » . . 2. 2 2 2.0. Quixcre: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . . . ». 2 2.2... Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . al R. Heyuoxs: die flügelförmigen Denis (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Tu. Arsrecnt: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. Bersstein und A. TscnermAaX: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirruey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F. W. K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo- Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Enger: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . R N hr. C. Runge und J. Precat: über die magnetische nz der Radiumlinin 2... .. Erman: die Sphinxstele . U BR ATRENE Sıcnau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn “Ukba W. CröxerT: eine attische Stoikerinschrift 9 ET Scaorttky: über die Aser’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . Vocer: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae . . R van’r Horr, U. Grassı und R. B. Denısox: Untersuchungen über die, Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten a bei 83° . Schorttky: über redueirte Integrale erster Gattung. . I Fe J. Hartmann: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von $ Orionis H. BaumuAver: über die Aufeinanderfolge und die SEEN anne der Kıystalformen in flächenreichen Zonen . . Re Fropexius: über die Charaktere der mehrfach transitiven " Gruppen van’t Horr, H. Sacns und O. Bıacm: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der apeansarben Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83° . E. Straszureer: über Reduetionstheilung . 5 2 de Ba A en von Wıramowırz- MoELLENDORFF: Satzungen einer 'milesischen "Sängergilde Ne . Herrwıs: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden Embryo e Krrın: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . van’r Horr und W. MEvERHOFFER: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineralcombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83° . . E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyelostomata . . » » 2 2 2 2 20. C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen . . He Fıscner und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen ee W. Wien: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Heısmorzz Pranck: über die Extinetion des Lichtes in einem PPREN BEGEBEN Medium von normaler Dis- persion - N & 8 A. Rem: Weiteres zu den milesischen Parapegmen W. ScruzzeE: die lateinischen Buchstabennamen . . KEkULE von STRADoNITz: über den Apoll des Kanachos . . Pısc#eL: Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutsari, Chinesisch-Turkestän . R. Lurser und F. Weisert: über umkehrbare photochemische Reaktionen im homogenen een I. Anthrazen und Dianthrazen. . en 5 Wansuro: über die Ursache des Voltaeffekts c . Burpacn: die älteste Gestalt des West-östlichen Divans Harnack: ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens - Harnack: der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus . Tu. Wıesasp und vos Wıramowrrz-MoELLeNDoRFF: ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln . van’r Horr: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen "Salzablagerungen. XXXAVIIL Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung . AM. 1.— ” sun“ Li \ ”% VRTTLRAECHEETE E BEAT 6, u MilszE 0.50 ID ER 3 2 3 IN ss. DER »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN.« ! zu St. XXIX und XXX, Seite esbericht über die Tätigkeit des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts . . . . 940 eit ng der Formel von ©. F. Gauss für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer gl ge NE Dr Tai 950 : Beit Br Kenntuis ne abeenlofers N N a Äh ” “A S Abhandlungen der Akademie. om Vie Te a Br ER re SAOIDE AM. 33.50 hysikalische Abhandlungen. . . IRRE elle re ML sophische und DRORSChE Abhandlungen BR weder ALLE Alt IE) 5 Ne RER EN RE En ysikalische NE TEN UNE a u SITE 9 thematische Abhandlungen . Re N Ba 55 p ische und historische Abhandlungen er - 13.— bhandlungen aus den Tale 1903 und 1904. N acu, arctieus (Ansauen Hasses) und Calycosoma gracile F.E. Sca.n.sp. . . M. 2 icht über ‚Forschungen zum ER der nulpen denlechen LET und des en aber: en EEE Eh) W; Aupeven: Gedächtnis e auf Ruvoır Vircuow RB RE N N a ae a Gedächtissrede u uf ALBRECHT WEBER . » 0.50 inbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobach- as Aequinoctium. 1825 ES BE N Re 1 en ir: brachii und latissimo-condyloideus bei der Affengattung Hylobates leich mit den ‚entsprechenden Gebilden der Due und des Menschen . . .#. 5.50 e genspectren von Yttrium und Ytterbium . ee RG: Das Königlich "Preussische Historische Institut i in Rom in den dreizehn ersten seines Bestehens 1888 —1901 . ee NE ae RE REN ee Were - on unter Byzantinern und Osmanen . » 4 AUSE und S. Krespser: Untersuchungen über den Bau des "Centralnerv. 'ensystems der Affen. Das Nachhirn vom Orang Utan . . . KR ae a Le N Re "RITSCH: Die Retinaelemente und die Dreifarbentheorie Br A EAN en ko) 2 . 7 # > IE 1 = i % Dsiiemnscherichte der Akademie. 82-108... a RER A Naturwissenschaftliche Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges. . M. 8:— baden Königlich Drenesshen Akademie der Wissenschaften. a a Auge der Akademie bearbeitet von AnoLr Harnack. Pr _ Drei Bände. _ Berlin vol — A. 60.— N ndertjahrfier der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften am 19. und 20. März 1900. Berlin 1900. V.u.1718,6 Taf 4.6— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. Dirrezy: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts . . . . AM. R. Scaexck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . RE EEE Een " R G. Krems: Bericht über Untersuchungen der sogenannten »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine ‚der ‚Tessiner ‚Alpen - = . Au. 2 ek Ta. Wıesanp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet ES ee TE Dies und A. Renm: Parapegmenfragmente aus Milet. . . 2.0 un Krem: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 N Der el ones en ehren ee EEE F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtbaren Strahlung u En Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . . » : 2. 2 2 2 2. Quincke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen . . ». ». 2 2.2... Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . Eee Rene R. Heyıons: die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung = Te. Arsrecnt: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam— Greenwich . J. BERSsTEIN und A. Tscuermar: über das thernische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo Dirreey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (F‘ ortsetzung) F.W.K. Mürrer: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Ensrer: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes. . . » . 2 2 2 2. 2... C. Runge und J. Precar: über die magnetische Zerlegung der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele no SAonAu; das ‚Berliner Fragment des Müsa Ibn -Ukba TrEn 2 n W. CrönerT: eine attische Stoikerinschrift De A ee . Scnortky: über die Arer’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . . Voser: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae ER ic van’T Horr, U. Grassı und R. B. Denısox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. NXXIV. Die Maximaltension der constanten Lösungen bei 83° . Scuortky: über redueirte Integrale erster Gattung . a ee A 2 J. Hartmann: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von d Orionis ie Re ee H. Bausmauer: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen Beziehungen der Krystallformen in flächenreichen Zonen . alarm 56 Be REDET Er ee Fropenius: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen ee ae N EEE van’r Horr, H. Sacus und O. Bıacu: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83° . E. Srtrassurger: über Reductionstheilung . RS EEE FAR u ı- von Wıramowırz- MoeLLEnDoRFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde . . . ... . Herrwis: über Beziehungen des thierischen Eies zu den aus ihm sich entwickelnden Embryo Kızıs: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung, beim ‚Vesuvian „Jo sy. ar. WANT N van’r Horr und W. Meveruorrer: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI. Die Mineraleombinationen (Paragenesen) von 25° bis 839° . . E. Barrowrrz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyelostomata . ne, Ka ae C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimallläcen . . 2. 2.222... Fischer und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wien: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hzısuorrz Een Selen ae Ra SR: Praxck: über die Extinetion des Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dis- persion a a A ae ee te EN R ur. A. Renm: Weiteres zu den milesischen Parapegmen W. Scaurze: die lateinischen Buchstabennamen . DES Kexure' von Sreavonitz: über den Apoll des Kanachos. . . 22 oo nn I I In Pıscner: Bruchstücke des.Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutsari, Chinesisch-Turkestän . R. Lutser und F. Weicert: über umkehrbare photochemische Reaktionen im homogenen System. I. Anthrazen und Dianthrazen . A: RE Ne ee Warsurs: über die Ursache des Voltaeffekts ee Burpacn: die älteste Gestalt des West-östlichen Divans RE an Harnack: ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens . 2 2 2m rn. .\ Hannack: der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus . ER Tu. Wıesaso und von Wıramowırz-MoELLExDoRFF: ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln . RE van’n Horr: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen. XXXVIL Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung . Herxerr: zur Ableitung der Formel von ©.F.Gauss für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer Genauigkeit ERS N ehr . Jons SıEGeEr: Beiträge zur Kenntnis des Vaccineerregers I RN N I Sn 1.— 0.50 nis ee »WISSENSCHAFTLICHEN MITTHEILUNGEN« 1 St. NAXI, XXXI und XXXII., Seite EEE 2 Dre 978 Mi der en Ba eranet XXXVI. Die Identität er B BEREIT vlg: 984 IE DR EEE EN MED SRUEH ’hische un | : A AL Pay At Te TE RR Re 4 fe en kalische Abt ge N En te Een Mr I hematisch; el Da 22 A50 se is sche Abhandlungen TR: £ R » 13.— nr ungen aus den Kal 1903 und 1904. ee) und ech caaer graeile F.E. Sce.n.sp.. . .» M 2 ht ü o) a un Ursprung der ten BSNTERTTERNE und des i hen Humanismus Ba re can: ee I en me 2100 N: e lichwissrede auf Ruporr n ge ee Den en BER... .' » 0.50 ınt gebliebene ] sberger Zonen und Guialg von 1309 darin beobach- en für das ja etpinactium; 25 & SENNEE DR “ YiC a Wi e „8 ——— ) Die M Ne bicene a ae latissimo - ke bei der Affengattung Hylobates A Gebilden der Anthropoiden und des Menschen . . .M 5.50 ie B Er nn en von Yitrium und Yıterbium De » 1L— G öniglich Preu she Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten - U DONE Be unter Byzanti nd’ Osmanen...“ -» 4 Per: Untersuchungen über den Bau des (Gentralnervensyotems der Affen. i vo ‚om Orang Utan FERN wog Anse er RN A er ar ZI en die Dreifarbentheor FR, -» 1,50 a Suıar zur Keninis dich Türkvölker und Skythen Zentral- Be . H a nennen ann, : y & Preis des Jahrganges. . M. 8— a * 3 e ame ne Hen Akademie der Wissenschaften. Akademie bearbeitet von ADOLF HArRNAcK. . = Sy u “ ih hunderjehrtier der Königlich Freusstsoifen Akademie der Wissenschaften 2000000000 am 19. und 20. März 1900. Be, "Berlin 1900, V.u. 171 8,6 Taf 4. 6.— » Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I. Halbjahr 1904. R. Scnexex: Theorie der radioaetiven Erscheinungen . . G. Kremm: Bericht über Untersuchungen der , »Gneisse« und der metamorphen Schiefer- gesteine der Tessiner Alpen Ts. WıesAsxp: Dritter vorläufiger Bericht über die von den "Königlichen Museen begonnenen Aus- grabungen in Milet - a kat 0 By, Diers und A. Reus: Parapegmenfragmente” aus Milet . Krem: die Meteoritensammlung der en Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 21. Januar 1904 r : F. Braun: der Hertz’sche Gitterversuch im Gebiete der sichtharen Strahlung : Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . RR: 77, Quincke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen B Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet R. Heynoxs: die fügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung . Ta. Arsreent: neue Bestimmung des geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . J. Bernstein und A. Tscuermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von 7‘ orpedo Dirraev: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) F.W.K. Mürter: Handschriften- Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . Enger: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . E BERARN orar 7 C. Runge und J. Precat: über die magnetische ae der Radiumlinien Erman: die Sphinxstele N rn A SacHau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ukba W. OröxerT: eine attische Stoikerinschrift 5 Scnortky: über die Aner’schen Funetionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . VoseL: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae 5 van’ Horr, U. Grassı und R. B. Denısox: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- schen Salzablagerungen. XXXIV. Die Maximaltension der constanten ee bei 83° . Schorrky: tiber redueirte Integrale erster Gattung . : ee J. Harryıany: Untersuchungen über das Speetrum und die Bahn von d Orionis H. BausuAver: über die Aufeinanderfolge und die gegenseitigen ae der Krystaltformen in flächenreichen Zonen . . Fropextus: über die Charaktere der mehrfach transitiven Gruppen van’t Horr, H. Sacas und O. Bracn: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXV. Die Zusammensetzung der constanten Lösungen bei 83° . E. Srrasgurger: über Reductionstheilung . - s 5 von WILAMOWITZz- MOELLENDORFF: Satzungen einer milesischen 'Sängergilde h B Herrwis: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden” Embryo . Kreis: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian vaw’r Horr und W. Mevennorrer: Unter suchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVI Die Mineraleombinationen (Paragenesen) von 25° bis 83° . . E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyelostomata . te C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen . . BMA Fischer und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen W. Wıen: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. Hrrahorrz Pranck: über die Extinetion des Lichtes in einem EIN BOo nn Medium von normaler Dis- persion : BER ER a A. Renm: Weiteres zu den milesischen Parapegmen ER W. Schurze: die lateinischen Buchstabennamen . . ER KekxuLr von Strapoxizz: über den Apoll des Kanachos . £ PıscHer: Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutsari, Chinesisch-Turkestän . . R. Lurner und F. Weigert: über umkehrbare photochemische Reaktionen im homogenen San I. Anthrazen und Dianthrazen . TE SE a ER a N Warzur: über die Ursache des Voltaeffekts - Burvacn: die älteste Gestalt des West-östlichen Divans HArNAcK: ein neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens R Hannack: der Brief des britischen Königs Lucius an den Papst Eleutherus . Tu. Wıecasn und von Wıramowitz-MOoRLLENDoRFF: ein Gesetz von Samos über die "Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln . van’r Horr: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen 'Salzablagerungen. XXXVII Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung . Hersert: zur Ableitung der Formel von C.F.Gauss für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer Genauigkeit 5 ; 2 te SE Jonn SIEGEL: Beiträge zur Kenntnis des Vaceineerregers Kr: Mittheilungen über Meteoriten h van’t Horr: über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXVIN. Die Iden- tität von Mamanit und Polyhalit. . . . . M. ” E Fa SE MST WE E53 SE Ser ah te N BE EEE zu St. XXXIV. Du h % Eurer’ schen Dosen ‚Onanuorrex- Stiftung 1904 hr g aus ER ‚er, endiun de Eovarn D Genzann St ng b endiı a A ER Dar en hy sikalische ee, Re Me ” hilosophische und historische Abhandlungen . are en 10 andlungen aus. dem ee ONE ee Be SSL; PA Da aus: Physikalische DhAndIINBEnE Ne re he 19 a Mathematische Abhandlungen . . a che ag und Aonche Abhandlungen . N a a us arctieus (ARMAUER Se, und NE gracile F. E. Son. n. sp. iber- SER zum a ker der neuhochdeutschen Schriftsprache und des ee Se: a RE LE PL IR a Anden ebene Kalle sbänker Zonen und Catalog ı von 1309 darin beobach- te 'n Sternen für das Aequinoetium N ER 2 ER FE “4 e’ Bl zn en Die Musculi biceps brachii und latissimo - - eondyloideus bei der Affengattung Hylobates > im Vergleich n ‚mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen N \YSER: ; Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium . . RIEDENSBURG: Das Königlich Preussische Historische Institut in "Rom in den dreizehn ersten Be TihrentzemesuBestehens 21888, 190 NE. zuu a ee ver und %. unter Byzantinern und Osmanen Br und S. Kızurser: Untersuchungen über den Bau des "Centralnervensystems der Affen. irn vom Orang a 5 E N Tg STREET an: fe _Sitzungsberichte q der Akademie. ' n ehe 1882-1903 . AR arau besonders zusammengestellt: 2 ische u und ER Mittheilungen. 1882—1897. Preis des Jahrganges . Seite 4539 1000 1003 1005 1012 1016 1019 1021 1023 1025 1026 1027 1027 1027 M. 2— „2,50 ee » 0.50 fl. 12.— M. 8:— Sonderabdrücke aus den Sitzungsberichten. I Halbjahr 1904 I R. Scazxck: Theorie der radioactiven Erscheinungen . G. Krems: Bericht über Untersuchungen der ee »Gneisse« und der een. Schief : } gesteine der Tessiner Alpen . . ee BZ Ta. Wıesaxp: Dritter vorläufiger Bericht über die \ von- den "Königlichen Museen begonnenen Aus- BE | grabungen in Milet . . . ee ee: NA | Dies und A. Res: Parapegmenfragmente aus Milet . . Be Kıeın: die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-Wilhelms- Universität zu Berlin am SER 21: Januar 1904 . . RS: > Pe F. Braun: der Hertz’sche Gittervarsuch im HGEDeR der Ereliharen Strahlung ee , »70504 Harnack: über einige Worte Jesu, die nicht in den kanonischen Evangelien stehen, nebst. einem Anhang über die ursprüngliche Gestalt des Vater-Unsers . . nee ao Quiscke: Doppelbrechung der Gallerte beim Aufquellen und Schrumpfen ar ne we Mage Ders Mösıus: die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, ästhetisch betrachtet . ne 1 Mala R. Heynoxs:. die flügelförmigen Organe (Lateralorgane) der Solifugen und ihre Bedeutung » Tu. ALBRECHT: neue Bestimmung es geographischen Längenunterschiedes Potsdam—Greenwich . » J. Bernstein und A. Tschermar: über das thermische Verhalten des elektrischen Organs von Torpedo » Dirraey: die Funktion der Anthropologie in der Kultur des 16. und 17. Jahrhunderts. (Fortsetzung) » F. W.K. Mürrer: Handschriften-Reste in Estrangelo-Schrift aus Turfan, Chinesisch-Turkistan . » ET Ze er | “en Enger: über die Vegetationsverhältnisse des Somalilandes . : Ni C. Runge und J. Precar: über die. EB: AOEUDE der Radiumlinien 2.2.2... Erman: die Sphinxstele RA A Sachau: das Berliner Fragment des Müsä Ibn Ukba W. CröNeRT: eine attische Stoikerinschrift 5 er ae Scaorrkr: über die Aser’schen Functionen von drei Veränderlichen. (Fortsetzung) . ». .» . » Voer: Untersuchungen über das spectroskopische Doppelsternsystem ß Aurigae van’T Horr, U. Grassı und R. B. Desıson: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceani- 188] |8] 8] 883381 S890 H9SO0H--9n00oHr 9099950». Te schen Salzablagerungen. NXXIV. Die Maximaltension der constanten a bei 88° . » 0.50 | Scaortky: über redueirte Integrale erster Gattung. . - A: 5 et J. Harrwann: Untersuchungen über das Spectrum und die Bahn von ö Orionis . » 0,50 H. BaussAuer: über die Aufeinanderfolge und die Bres eiBe Beziehungen der ee ö in flächenreichen Zonen . . I SE VE Frogenıus: über die Charaktere der mehrfach transitiven _ Gruppen 4 » 0,50 van’t Horr, H. Sac#s und O. Bıacn: Untersuchungen über die Bildungsv erhältnisse der oceanischn BRFR: Salzablagerungen. XNXV. Die A DE, der constanten Lösungen = 83°... e0500 E. SrtrAsguRGEr: über Reductionstheiluig . . Rn vos Wıramowıtz- MoELLENDORFF: Satzungen einer milesischen Sängergilde - . 1 Herrwıs: über Beziehungen des thierischen Eies zu dem aus ihm sich entwickelnden” Embryo -» 050 Rızın: über einen Zusammenhang zwischen optischen Eigenschaften und chemischer Zusammen- setzung beim Vesuvian . . (e 2050 van’t Horr und W. MEvERHOFFER: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oeeanischen 5 F: Salzablagerungen. XXXV]. Die Mineralecombinationen een von 25° ‚bis: in - E. Barrowırz: über den Bau des Geruchsorgans der Cyelostomata Er ER ER RT C. F. Geiser: Beitrag zur Lehre von den Minimalflächen Re REN, RD Fıscner und F. Wrepe: über die Verbrennungswärme einiger organischer Verbindungen - y W. Wısn: hydrodynamische Untersuchungen von H. v. HELMBOLTZ 5 j ” Pranck: über die Extinetion des Lichtes in einem optisch homogenen Medium von normaler Dis- persion. . . IH EEE ee N), A. Rem: Weiteres zu den milesischen Parapegmen NER TR TR FT BE ee W.Scauzze: die lateinischen Buchstabennamen .. . EL Te AERTA NDe e KeruLE von Stranoxıtz: über den Apoll des Kanachos . »..0.,50 Pıscuer: Bruchstücke. des Sanskritkanons der Buddhisten aus- Taykaos Chinesisch - Tunis a R. Luteer und F. Weieerr: über umkehrbare ei Reaktionen i im homogenen System. I. Anthrazen und Dianthrazen . ER FINE DR ES ET BUNTE ARTEN RE En Warsurs: über die Ursache des Voltaelekts 2.0.0220 0 Bunpacn: die älteste Gestalt des West-östlichen Divans 2 HarnAcK: ein'neues Fragment aus den Hypotyposen des Clemens Ag? Harnack: der Brief des britischen Königs Lucius-an den Papst Elentherus . . j Tu. Wıesann und von Wıramowırz- MOELLENDORFF: ein Gesetz von Samos über die Beschaffung von Brotkorn aus öffentlichen Mitteln . & van’r Horr: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der ozeanischen KLARE, A XXXVIIL Kaliumpentakalziumsulfat und eine dem Kaliborit verwandte Doppelverbindung . Herxert: zur Ableitung der Formel von C.F.Gauss für den mittleren Beobachtungsfehler und ihrer Genauigkeit ... RR i 3 : Jon SıeseL: Beiträge zur Kenntnis des Vaccineerregers” aaa Ra DEREN BEER Kıeis: Mittheilungen über Meteoriten. . .. r { nr van’r Horr: über die Bildungsverhältnisse der oeeanischen Selablgerungen ARNO. Die den“ tität von Mamanit und Polyhalit. . . ß F Bir: . .* MR a ni BUN Bu N N Mi ee 4 \ 5 1} 10 f . 7 i 13 Du nun | ' { hs) % 1 f | Al | NN vu" N v. 4 DH, i { f i au ’ RR: ! rt) u Sr x N ) AR W ale IN aaa Di Ba Eh N AN Br ui u . FA Y Ä 14 N DE Ku Y Hi AN f j DIE LER En Alın 18 FRE FI Dt! 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