a ng: A Nu recheh RAT LATEIN KH SKIN » ... rr BERN LEI & chen AA IRRE ir RRNELRERENEINE Ir AN RAUCH ” CIE NER AR RL AN DR) N H \ A ee ! {) Kuna CE DO BAR HE Irerna IT ERICA WAT RN DH) DCHUHM Kt hs a „ Dreh rer blenne EHE h \ x Y LHUERRDAENE HE ART { Di Y Auch NRne HR DON vr EVER N AN las HL ya \ Weil NEUERE w eh ER HRUTGN N vn) DER (nf, N h * FAT DREIER ION ' f} 1 Krei, N, ) OEM ur h ION) NEAR NIE LICENSE URAN CET 4 A eh, AR, re hen REINE ETH ER AR, Kant \ RN RRTALLIETN Ü) NNEeREn * ne OH HRA ei Nat ‚ r RA CIA. f Eh 4 HunR, Ku i N " EN ı RN Hg N ; EA: RT NAHE " na \ Di EM ER dd Mor mhehnn Ku RICH We DOKN vn { an Nee ‚ H ERRLCRIEN, Kunde DIRNANDEN RICH HORROR Hi DOCH 1e x IL HIN, h Anh H h e \ N i N RR AR RÄSE TIEREN N) INTORENSASIERNER EIS RC Nee erh I. nihheh NEON HERR RENMIEN DARER WC HN RAIN DER } Ya, Huishan EL. 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RE un Kunharen REN U: e' RAN ) h HN Be HHW‘ Y +} " Puh Ph Y1')5 his, ur ya EA 0) na NRpuı hy DICH) ih} {N u, una Ye iehehr me * NR A Wi, kua ht] uyehs } LERRTELER OR URN } \ I el ERIK GERT rat: h HN. MPN) MÄR RR UNSHN j EHLRUN Ih] lan hin) are | Spehehrnnhe Dre Prsehegih Ka! Naudıı NNuBhBy I N Ki r Da EN h ER HHELERN ala dk) > FALETHEH TESTEN If, an t RR FR EUER, AHRSSEHENLGRA URN ; Ä ? 3 PAAR AR IHNEN H n ‚ lıı in X AN ‚N, ARE) LRSN EHI HRSM HIEN KEERTUEHN h { an: Yale CAR N END i as DREHEN a Can, nn er zkh! 1 h Auer) Kalt ! RLHEHHHLINACH Mh | Ka vr.) HR h#) KIURUrIE U RT HNO MERUERSFASLNREN ln {\ n { en } NUR T CINCH IN \ Reh rel LER h RTIEHN RSCK r WuTE) i LRTRICILAFEN Hi “ns Un Kalk tn hin Khnırıyı \ WURST ML Karıy Kuna, h REN] I NH » DOLTRR TE) LOHN) U ohrrrAay r es yrr > han an vrnn f} iNern) vahlıaruren) ı “rr ’ vu. nannıyy, { vhrhayy Wan 2 Dharhrthen " : eine En » ri» % v HN \ di % \ Nr) uny I Ey, ’ ’». ’ LK N KEN OHREN) | A ; RL urn nr) h vr» vie \ h . , DER NER GEHN ARE , U. 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IN WERTE ER DR HR u Naar IH U RT AR ’ . b NER Be D a ii WÄRTELENE Ka rn BD 11 Miet INHALT. Verzeichniss der Mitglieder am 1. Januar 1910... . RR TR Ft air Frogesius: Über die mit einer Matrix vertauschbaren ‘Matrizen Adresse an Hrn. Lupwıs RAapıkorer zum 80. Geburtstage am 19. Denker 1909 Adresse an Hrn. Karı. Justı zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 22. December 1909 Ruszns und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen Speetrum Harnack: Festrede . . . . un Jahresbericht über die unndung ae een Inscheilten Jahresbericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften . . .. . Jahresbericht über die Prosopographie der römischen Kaiserzeit (1.—3. Tahrhundert) Jahresbericht über den Index rei militaris imperi Romani . 2. 2... 0. Jahresbericht über die Aristoteles-Commentare . . Den oe Jahresbericht über die Politische Correspondenz rkomene des Gradach Jahresbericht über die Griechischen Münzwerke Jahresbericht über die Acta Borussica Jahresbericht über die Kanr-Ausgabe Jahresbericht über die Ausgabe des Ibn Saad . . Jahresbericht über das Wörterbuch der aegyptischen Sprache Jahresbericht über das »Thierreich« Jahresbericht über das »Pflanzenreichs Jahresbericht über die Geschichte des Denen R Jahresbericht über die Ausgabe der Werke Wırnzrn vos Humsorpr’s Jahresbericht über die Interakademische Lerentz-Ausgabe . . » 2» 2 2 2.2008 Jahresbericht über das Corpus medicorum Graecorum Jahresbericht der Deutschen Comniission . Jahresbericht über die Forschungen zur be den neahorhaentschen Schrftpräche Jahresbericht der Hunsorpr-Stiftung Jahresbericht der Savıony-Stiftung. . - Jahresbericht der Borr-Stiftung . Jahresbericht der Hermann und Erısz se res Were Shiftung Jahresbericht der Kirchenväter-Commission . ». . 2... , RT Jahresbericht der Commission für das Wörterbuch der Hedlechen Rechtssprache Jahresbericht der Akademischen Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin Übersicht der Personalveränderungen . Harnack: Das ursprüngliche Motiv der Rblässung von Märtyrer- A Heilungsacten in der Kirche. W. Gorsax: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei "Fünf. kirchen (Pecs, Ungarn) Adresse an Hın. Gustav von Tscueruax zum fünfzigjährigen Doctorjubilsun a: am 3, Kebr PO ie ne a ee ln we R. Meister: Kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und I). I 1 <1-1-1-1 N)tFtruve 91 .n JE} 94 94 95 96 97 101 101 106 129 144 148 Inhalt. Mürter-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe q Scuortkxy: Die geometrische Theorie der Arer’schen Functionen vom Geschlechte 3 . Frogenıus: Über den Fermar’schen Satz. II. es: a Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festipkeichlänpruchmien Su Herrwıc, O.: Die Radiumstrahlung in ihrer Wa auf die Entwicklung thierischer Eier Pexex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage. . . . . Nernst, F. Korer und F. A. Linpemasn: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Deniperaturen. IL. 2... $ Er. len Nernst: Untersuchungen über die eneeiheche Wärme bei tiefen Tenerantenn Te arg J. Hzeg: Das Mülichener Uneialfragment des Cassius Felix (eclm. 293186) . » »... Tuoxsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«sehrift aus Turfan (hierzu Taf. I). . . . . F. ©. Anpreas: Zwei soghdische Excurse zu Vırneım Tuonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschnilta ae BE h Ruzser: Über Compensation und San von ale Leiehurigen des Körpers e Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. Liesiscn: Über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem unsre Bustanab beimt.Erhitzen pyrognomischer Nineralten 2, 2 nr Liesiscn: Über Silberantimonide . . RE a von Wıramowitz-MoELLEXDorFr: Über Ha o Ben Ilias Serge 1) EB G. Ezernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiunis auf de Erde, 1L. Koser: Jalresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. . . Lupwıs: MNotomyota, eine neue Orduung der Seestene . . re E. Hasen und Rusess: Über die Auer ung des Eutietonverniea der Metalle mit der Temperatur im kurzwelligen ultrarothen Speetrum . . . re H. Bückıss: Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre ort a Anne Eee Zusammensetzung . . A Re, un J. Wonrsemurn und M. Strick: Untersuchungen aer die Hermes der Milch und über deren Herkunft Adresse an Hrn. Lio Koran zum Firaejahrgen Doctosubiläum am 2. Mai 1910 Adresse an Hrn. Aususr Torrzer zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 25. Mai 1910 . G. Krösıc: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut Taranv) Harnack: »Ostiarius« . . N Adresse an Hrn. JuLius von Waren zum et Docorjabiiaun am 3. Juni 1910 Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs . 0729 H. ScuÄrer und H. Juxker: Bericht über die von der Königlichen Die ante der Wire schaften in den Wintern 1905/09 und 1909/10 nach Nubien entsendete Expedition Schwanz: Beispiel einer stetigen Function reellen Argumentes, für welche der Grenzwerth des Differenzenquotienten in jedem Theile des Intervalles unendlich oft gleich Null ist Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. . . . . .» B-MEveR=NÜüber die, Struerun.den »-Strahlen 2 2 2 re EEE NVAnDERK: Anspracheis nennen area ee een ol Br BE Due Be Br BE Eee Lüpers: Antrittsrede 2 Dirrs: Erwiderung an Hrn. Lüpers Verleihung der Leıexız-Medaille . Aal De Akademische Preisaufgabe für 1914 aus Ben Gebiete der "Mathematik Er 5 Ereisaussehveibenlausidein BirvEr’schen Legat „1. un er Pre der Sreiser’schen Stiftung ’ 2 PreisautsabesderNCHARLODIENSSLULNDE er Stipendium der Epuarn Gernann-Stiftung . A ng am 6. Januar. (S.1) N) Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. (S. 3 esse an Hm. Lupwis ‚Rapıxorer zum 80. Geburtstage am 19. December 1909. (S. 16) ar an Hrn. Kanı, Tue zum Ku enueen Doetorjubiläum am 22. December 1909. (S. 18) ERS ® ron AN ver Ya BERLIN 1910. DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Hay a IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. ie Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen en Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzulietern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Olasse statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf’ seinen muthmasslichen Umtang im Druck abschätzen zu lassen. s4. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu riehten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung dureh das Secretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeekt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen», so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, gezeigt hat; Aus $ 6. Die an die Druckereiabzuliefernden Manuseripte müssen, wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden. Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Onxestar ihrer 1 Mittheilungen besorgen die Verfasser, Fremde haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach. Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. Aus $ 8. Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren ‚Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. 829: Von den Sonderabdiueken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; er ist indess enee zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat: wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er- hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdimeke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der he- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigivenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. Tr Err > $.17, f Eine für die akademischen Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) y SITZUNGSBERICHTE 1910. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. 1. Hr. Frogenivs las: Über die mit einer Matrix vertausch- baren Matrizen. Die Anzahl der linear unabhängigen Matrizen, die mit einer gegebenen Form vertauschbar sind, wird auf rationalem Wege hergeleitet, ebenso die Anzahl der sym- metrischen und der alternirenden Matrizen, die eine Form in die conjugirte trans- formiren. Jede Matrix kann aus zwei symmetrischen zusammengesetzt werden, jede orthogonale Substitution aus zwei symmetrischen orthogonalen. 2. Hr. Rusens legte eine Mittheilung vor über seine gemeinsam 8 ö mit Hrn. H. Horınaser angestellten Messungen im langwelligen Spectrum. (Ersch. später.) Mit Hülfe eines Quarzinterferometers wurde die mittlere Wellenlänge und Energie- vertheilung der Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium unter- sucht. Da die Methode gestattete, mit sehr geringen Energiemengen zu arbeiten, war es möglich, bis zu sehr grossen Wellenlängen vorzudringen. Die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Jodkalium, ?% = 906.7”, konnte noch genau gemessen werden. Ferner wurden die Eigenschaften dieser bisher unbekannten langwelligen Strahlung untersucht. 3. Die Akademie hat dem correspondirenden Mitglied der physi- kalisch-mathematischen Classe Hrn. Lunpwıs RAnrkorer in München, der am 19. December 1909 das 80. Lebensjahr vollendet hat, und dem eorrespondirenden Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn. Karr Justı in Bonn, der am 22. December 1909 das fünfzigjährige Doctorjubiläum beging, Adressen gewidmet, deren Wortlaut unten folgt. 4. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: von Unternehmun- gen der Deutschen Commission der Akademie »Deutsche Texte des Mittelalters.« Bd. ı5. Die Lilie hrsg. von P.Wüsr, Bd. ı7. Die Heidel- berger Handschrift cod. Pal. germ. 341 hrsg. von G@. Rosennasen. Ber- lin 1909, und » Wielands Gesammelte Schriften.« Abt.I: Werke. Bd. 2 hrsg. von F. Houever, Abt. II: Übersetzungen. Bd. 2 hrsg. von E. Stap- LER. Berlin 1909; weiter W. Vorz, Nord-Sumatra. Bd. ı. Berlin 1909, Sitzungsberichte 1910. 1 2 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Bericht über eine im Auftrage der Humboldt-Stiftung der Akademie ausgeführte Forschungsreise; Bd. 3 der im Auftrage der cartellirten deutschen Akademien von F. Hasenönrr herausgegebenen Wissenschaft- lichen Abhandlungen von L. BorLrzmann. Leipzig 1909; endlich von dem von F. Loewe und H. Zınmermann herausgegebenen Teil 5 des Handbuchs der Ingenieurwissenschaften Bd. 6, Lief. 2 und Bd. 7 (2. Aufl.). Leipzig 1908—ı0, und Tu. Monmnsen, Gesammelte Schriften. Bd. 7. Philologische Schriften. Berlin 1909. 5. Die Akademie hat durch die physikalisch-mathematische Olasse ihrem correspondirenden Mitglied Hrn. FrienDrIcH VON RECKLINGHAUSEN in Strassburg zur Herausgabe eines monographischen Werkes über Rachitis und Osteomalacie 3000 Mark bewilligt. Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der physikalisch- mathematischen Classe Hrn. Lupwıe Monp in London am ı1. December 1909 und das correspondirende Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn. Lupwıs FriepLÄnDer in Strassburg am 16. December 1909 durch den Tod verloren. Frogenıvs: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 3 Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. Von G. FrogBEnıus. I: C' eine Matrix des Grades n, so ist die Anzahl r der linear un- abhängigen Matrizen X, die mit € vertauschbar sind, r_-n+2(m +n+n+'':), wo n, der Grad des größten gemeinsamen Divisors aller Determinanten (n—k)ten Grades der Matrix sBE—60=B ist. Diese Formel habe ich am Ende des $ 7 meiner Arbeit Über lineare Substitutionen und bilineare Formen, CRELLES Journal, Bd. 84, ohne Beweis angegeben. Hr. Maurer in seiner Dissertation Zur Theorie der linearen Substitutionen, 1837, Hr. Voss, Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d. - Wiss. 1889, und Hr. Hrsser, Crerres Journal Bd. 127, haben diese Formel aus der Transformation von © in die Normalform von WeEIEr- strass hergeleitet. Einen anderen Beweis, der nur rationale Opera- tionen erfordert, hat Hr. Lanpsgere in seiner Arbeit Über Fundamental- systeme und bilineare Formen, Creızes Journal Bd. 116, entwickelt mit Hilfe der Normalform A, auf die ich B durch zwei Transformationen L und M gebracht habe, deren Koeffizienten ganze Funktionen von & sind, während ihre Determinanten von . unabhängig sind. Dieser Be- weis ist aber durch das Hineinziehen des Begriffs des Fundamental- systems unnötig kompliziert worden. Wenn die Transformation von Bin A bekannt ist, so ist die folgende Methode, alle mit € ver- tauschbaren Matrizen X zu finden und die Anzahl r der unabhängigen darunter zu ermitteln, die natürlichste und einfachste. - SIT Wenn die Elemente einer Matrix ganze Funktionen einer Varia- beln x sind (und nur solche Matrizen werden hier benutzt), so nenne ich sie eine ganze Matrix; wenn die Elemente von x unabhängig sind, eine konstante Matrix. Sind die Determinanten von L und M gleich ı, so sind auch die reziproken Matrizen Z’' und M°' ganz. 1° 4 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Die Form B = xE-(C gehe durch die Substitutionen Z und M'! in A über, so daß (1.) LB=AM, LBM1=A ist. P und Q seien irgend zwei ganze Matrizen, die der Bedingung (2.) PA = AQ genügen; also nicht nur in P, sondern auch in A'PA = Q sollen die Elemente ganze Funktionen von x sein. Dann ist P(LBM-') = (LBM-)\Q, (L-'PL)B= B(M-!ıQM). In der Form B ist die höchste Potenz von x, die erste, mit der Form E multipliziert, deren Determinante nicht verschwindet. Daher kann man durch ein der Division verwandtes Verfahren eine ganze Matrix U und eine konstante Matrix R so bestimmen, daß IP BUTLER wird, und es sind der Quotient U und der Rest R völlig bestimmte Matrizen (Theorie der linearen Formen mit ganzen Koeffizienten, $ 13; Crerres Journal Bd. 86). Ebenso kann man M-"QM=U,B+R, setzen, wo /t, eine konstante Matrix ist. Dann ist (BUER)B = BIEBAR) OP VB(O2U)B DR RB Wäre nun U-U, von Null verschieden, so wäre die linke Seite in © mindestens vom zweiten, die rechte aber nur vom ersten Grade. Daher ist U, = U und ( P3« — Sßx » a; U Ju — saß > ba — az Spa Die Elemente von P-AT und Q-TA sind demnach Ay Pas — Anlap — > (SB —Aplep)s PR Aplpe — Ga AplBe > Ix Gap — Aplap — Sn — Aylen > Ba — Ve aux 5: (sß — 48 taa) 5 Ist e, der Grad von a;, so kann man {,, so wählen, daß der Grad von $,5—Qzl,, kleiner als e; wird, und durch diese Bedingung ist der Quotient Z,, und der Rest s,;—-a;t,, völlig bestimmt. Der Matrix R 2a a entspricht demnach nur ein Matrizenpaar aı a, a Sıı s12 S13 Sı4 Sı 12 $13 Su - As Az a, a, S2ı $22 $23 s21 di [723 dag S21 $22 "593 S24 Az Ay dy [423 (6.) P= ’ Q = $31 $32 $33 S34 s Az Az a Szı $32 S33 — 834 a a, (la A; S41 S42 Sı3 S14 6 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. worin der Grad von s,, kleiner ist als die kleinere der beiden Zahlen e, und &. Dann will ich das Paar P,Q ein reduziertes nennen. Die Anzahl der linear unabhängigen Matrizen KR ist daher gleich der An- zahl solcher Matrizen P (oder Q). Nun enthält s, als willkürliche ganze Funktion von x vom Grade #,—1 genau e, willkürliche Konstanten. Jede der 3 Funktionen s,, , S;, , S,, enthält e, Konstanten, jede der 5 Funk- tionen $;, 5 833 5 Sy 5 Sa, Sı, enthält e, Konstanten, jede der 7 Funktionen Ss Sins Suss Saas Sans Sau Sa, Worin der: größere der beiden Indizes ‚gleich 4 ist, enthält e, Konstanten. Die Anzahl der unabhängigen Matrizen P oder @ oder R ist demnach (7.) r= a+3& + 5e+7e:-- —)2 (2u-1)e, =. prl&u = &urı)- Ist NE — Erz 4°" FI Em der Grad des größten gemeinsamen Divisors PR RB aller Determinanten (n-%)'" Grades von A oder B, so ist (8.) r—_n+2(m tm+-+m). $ 2. Wenn man eine ganze Funktion p(x) durch eine lineare Funktion x—c dividiert, p(x) = («-c) u(x)+r, so kann man den konstanten Rest r auch finden, indem man x = c setzt, r = p(c). In ähnlicher Weise kann man aus der Bedingung L"'PL=(xzE-C)U+R die konstante Matrix R bestimmen. Ist, nach Potenzen von x entwickelt, PIE a en uU Wem so ist En eh OU P, — U,-CU, a U,-CU,, Mithin ist (1.) R=Rh+CRh+ÜPBR+--- (2.) U=P+(C+rE)BR+(C@®+rC+rE)B+--.. - Frosenius: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. / Ist speziell P= Q = g(x)E, wo g(x) eine ganze Funktion von w ist, so wird Z’'PL = g(x)E und (3.) R=g(C). Entspricht einem Matrizenpaar P,,@, vermöge der Beziehung (4.), $ ı die Matrix %, und dem Paar P,,Q, die Matrix R,, so entspricht, wenn g, und g, Konstanten sind, dem Paar ,P,+9P;,, 9, Qı +9: die Matrix yR,+9,R,, und dem Paar P,P,, Q,Q, (das auch der Be- dingung (2.), $ı genügt) die Matrix R,R,. Denn aus G>PLL= BUO,+R, ENPSE BIN CR, folgt L-(PB)L=BU+R, wo BR RsS Di 10, BUSRUNRST Var: ist. Dem Paar (x) P,g(x)Q entspricht daher die Matrix g(C)R = Rg(C). Entspricht dem Paare P,,(, die Matrix R,, so entspricht dem Paare BD gel, 0=D.g@0. die Matrix R > g(C)R.. Die allgemeinste mit € vertauschbare Matrix $ haben wir aus r linear unabhängigen Matrizen /t, zusammengesetzt, R ge mit r willkürlichen Konstanten y,. Läßt man für die Faktoren y ganze Funktionen y(C) von C zu, so kann man AR aus nur m’ Matrizen R,, aber nicht aus weniger, in der Form R=)Y, g(C)R, zusammensetzen. Setzt man nämlich in dem reduzierten Paare (6)$ ı s, = 1, aber alle anderen s.; = 0, so möge man das Paar P,,, Q, erhalten. All- gemein ist s, — 9,(x) eine ganze Funktion, deren Grad gleich der kleineren der beiden Zahlen e,—1l und «e,-1 ist. Dann nimmt jene Formel die Gestalt P= > Ir. (x) Dirt Q — >2 I (2) Qu Di un u 8 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. an, wo sich x und A von | bis m bewegen. Entspricht nun dem Paare P,,Q, die Matrix R,,, so entspricht dem Paare P, Q die Matrix a (4-) R= >= Ia(C) Ra: Auf diesem Wege kann man auch die Struktur der Gruppe ermitteln, die von den Matrizen R gebildet wird. Ist nämlich 8 von y verschieden, so-ist PP, —=0. Ist aber z -0 und aaa, = A; 1as ist, So hat 4; den Koeffizienten 2a,,. Sind die alternierenden Matrizen A,P,C,--- linear unabhängig, so sind es auch die linearen Funktionen (AT),x(BT),x(CT),---. Ähnliche Überlegungen gelten für eine symmetrische Matrix $, S 1 AR 5 . deren Elemente s,; = 8; „ n(n+ 1) unabhängige Variable sind, aD a = falls die konstanten Matrizen A, D,C,:: ebenfalls symmetrisch sind. Ist € eine gegebene Matrix, so betrachte ich jetzt alle Matrizen R, die der Gleichung (1.) CR = RC! genügen. Da diese n* Gleichungen zwischen den n’ Unbekannten r,, linear sind, so haben sie eine Anzahl r von unabhängigen Lösungen AR, R,, '», aus denen sich jede Lösung R= «RR, +0R,+ ::: zusammensetzen läßt. Nun folgt aus (1.) durch den Übergang zu den konjugierten Matrizen (2.) CR'—=R'C’ Sg Jo A = ul li = AN ek Ir SÄLIN So rel her auch (3) 08 18.04 Ga 0 wo 5 eine symmetrische und 7 eine alternierende Matrix ist. Sei s die Anzahl der unabhängigen symmetrischen Matrizen S,;8,, °'*, £ die der alternierenden 7\, T,,:'', die der Bedingung (3.) genügen. Zwischen den s+t Matrizen kann keine Gleichung 4 ++. +5 +6bT+: —0 bestehen, weil daraus durch den Übergang zu den konjugierten Matrizen folgen würde ash ++: -5n-bı;—.- —=0. Da ferner jede Lösung R der Gleichung (1.) aus einer symmetrischen und einer alternierenden zusammengesetzt werden kann, so ist (4.) Benserl 1 Frosenıus: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 13 Ist Z irgendeine Matrix von nicht verschwindender Determinante, so folgt aus (1.) (ZCL-)(LRL') = (LRL)(L-C’L), oder wenn man LOB, DRE/= RI, setzt, Colt — RoQo.. Daher haben die Zahlen s und ? für jede Form LCL"', die der Form © ähnlich ist, dieselbe Bedeutung wie für ©. Nun kann man L so wählen, daß LCL”"" = 0’ wird. Mithin haben s und £ auch für C’ dieselbe Bedeutung wie für ©. Es gibt also s unabhängige symme- trische Formen P,, P,,..., die der Bedingung (5.) C'P= PC genügen. Die = n(n—1) Elemente i,, — -t;, der alternierenden Matrix 7 seien unabhängige Variabeln. Dann ist CT-TÜ=S8 - $,, lineare aD 5 ; n 1 a eine symmetrische Matrix, deren = n(n +1) Elemente s,; - Funktionen der Variabeln {,; sind. Ist nun P eine Lösung der Glei- ‚chung (5.), so ist x(PS) = x(PCT)-x(PTC') = x(PCT)-x(C’PT) = x((PC-C'P)T)=0. Ist umgekehrt P irgendeine solche konstante symmetrische Matrix, daß zwischen den Funktionen s,, der unabhängigen Variabeln /,, die identische Gleichung (PS) —= 0 besteht, so ist „((PC-C’P)T) = 0, und folglich verschwinden alle Elemente der alternierenden Matrix PC-C'’P. E 1 £ Zwischen den 5 n(n +1) Funktionen s,, bestehen demnach genau s unabhängige lineare Relationen %(P,S) = 0,%(P,S) = 0, ---. Folg- lich sind unter ihnen „ n(n-+1)-s unabhängige Funktionen. Die linearen Gleichungen CT—- TC’ — 0 zwischen den : n(n—-1) Unbekann- a ten Z,, haben mithin 2 unabhängige Lösungen. Da wir die Anzahl ihrer Lösungen mit { bezeichnet haben, so ist (6.) See DR Nm 1)- (zntn+ =.) —s-n 14 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Ist? DB C15 = C7ydRORZ FROHESONISt RUOT—ROHL—ICHN: Daher ist RL = U mit (© vertauschbar. Ist umgekehrt U mit C© ver- tauschbar und R = UL"!, so ist CR = RC’. Da die Determinante von L nicht verschwindet, so ist die Anzahl r der linear unabhängigen Matrizen R gleich der Anzahl der linear unabhängigen Matrizen U: (7-) r—=n+t2n +?2m+:-. Demnach ist (S.) sentntmt:-, Da, mare Ist n, — (0) so ist auch nn rn, U, --., und mithmez — sen undez 0: Wenn die Determinanten (n-1)ten Grades der Matrix C-xE keinen Teiler gemeinsam haben, so ist jede Lösung R der Gleichung CR —= RC’ eine symmetrische Matrix. Zu diesen Formeln kann man aber auch auf dem vorher benutzten Wege gelangen: Sei e—= +1 und P so bestimmt, daß PA='zAP! ist. Dann ist, da die Normalform A symmetrisch ist, LB=AM, BU=MA und mithin PMEZIBARL— EDBM ZERE (GEIENZNBTTEB(MRArZE Nun sei Te PM IB UEFIRRE wo R eine konstante Matrix ist. Dann ist MPETLFFWUURERNG und folglich (BU+R)B’=:B(U’b’+R), B(U-:U’)B’=eBR'—-RB'. Daraus ergibt sich wie oben UeEUR ieh, BR— RBi:. Ist umgekehrt R= eR’ und BR= RB’, so sei U eine willkür- liche Matrix, die der Bedingung U—= eU’ genügt. Setzt man dann P= L(BU+R)M, so ist PA —EAR”. s Snd P und’ P-P, zwei dieser Gleichung genügende Matrizen, denen dieselbe konstante Matrix R entspricht, so ist DM ——EBUsg 7, — DBU, MI —ZAMU MAT, Frogenıus: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 15 wo T ebenso wie U, der Bedingung 7’ —= :T genügt. Die Matrix P-AT kann man in derselben Weise wie oben reduzieren. Dann ent- sprieht jeder konstanten Matrix R, die den Bedingungen R=eR', (UN genügt, nur eine reduzierte Matrix P, die der Bedingung PAAR! genügt. Demnach ist Q = eP’ und folglich auch s;. = es,;. Dann ergeben sich aus (6.), $ı die Formeln s=4+2% +38 +44, t=&+268+3e4+°, die mit den Relationen (8.) übereinstimmen. Zum Schluß erwähne ich eine Verallgemeinerung der Relation (7.);, $ I, die auf demselben Wege erhalten wird, und die Bedeutung jener Formel noch klarer hervortreten läßt: Sind A und B zwei kon- stante Matrizen, und ist (9.) ARE RB so ist bekanntlich der Rang von AR nicht größer, als der Grad des größten gemeinsamen Divisors der beiden charakteristischen Funktionen |@E-A| und |vE-B|. Sind nun a,,@,,Qa,,::: und d,,b,,b,, ::: die Elementarteiler dieser ‚beiden Determinanten, so ist die Anzahl der linear unabhängigen Ma- trizen Ä, die der Bedingung (9.) genügen, gleich (10.) D, 8, wo £,; den Grad des größten gemeinsamen Divisors von a, und b; bedeutet. 16 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Adresse an Hrn. Lupwie RADLKOFER zum 80. Geburtstage am 19. Dezember 1909. Hochgeehrter Herr Kollege! Wie nicht wenigen Anhängern der Seientia amabilis, ist auch Ihnen das Glück beschieden, das achtzigste Lebensjahr in voller körper- licher und geistiger Frische, noch immer wissenschaftlich tätig zu vollenden. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften will es nicht unterlassen, Sie an diesem Tage zu beglückwünschen, eingedenk der rastlosen Arbeit, durch welche Sie Ihre Wissenschaft gefördert haben. Nachdem Sie Ihre medizinischen Studien beendet hatten und auch wenige Jahre als Assistenzarzt tätig gewesen waren, entschlossen Sie sich, dem Drange nach Beschäftigung mit Botanik nachzugeben und sich ganz derselben zu widmen. Der Ruf Scnreivens und die ver- heißungsvolle Richtung der mikroskopischen Forschung lockte Sie nach Jena, wo Sie infolge Ihrer Untersuchungen über die Befruchtung der Phanerogamen, welche Schreipess frühere irrige Anschauungen wider- legten, dagegen Hornmzısters Beobachtungen bestätigten, die Würde eines Doktors der Philosophie der des Doktors der Medizin hinzu- fügen durften. Bald begannen Sie dann Ihre akademische Lehrtätig- keit an der Universität München und widmeten sich zunächst weiteren Studien über die Fortpflanzung, insbesondere auch über die Partheno- genesis. Dann aber wandten Sie sich dem Studium der Anatomie zu, nachdem Sie eine vortreffliche Abhandlung über Kristalle proteinartiger Körper pflanzlichen und tierischen Ursprungs geliefert hatten. Die eigenartigen Wachstumsverhältnisse in den Stämmen der Menisper- maceen, über welche Sie schon 1858 eine Abhandlung veröffentlicht hatten, führten Sie dazu, sich auch mit anderen Familien zu beschäf- tigen, welche in ihrem Diekenwachstum von demjenigen der meisten Dikotyledonen abweichen und sonstige anatomische Eigentümlichkeiten zeigen. Mit scharfem Blick erkannten Sie, wie wichtig auch diese Merkmale neben denen der Blüten- und Fruchtbildung für die Ab- grenzung der Familien oder kleinerer Formenkreise sind. Ganz be- - —— ce Adresse an Hrn. Lupwıs Raprkorer zum 80. Geburtstage. 17 sonders fesselte Sie die große und schwierige tropische Familie der Sapindaceen, deren Kenntnis Sie ein halbes Jahrhundert hindurch mit unermüdlicher Ausdauer durch die Bearbeitung des einschlägigen Materials aller größeren Botanischen Museen in ausgiebigster Weise gefördert haben. Ihre 1875 erschienene Monographie der Gattung Serjania wurde mit dem Dr Casvorzeschen Quinquennialpreis gekrönt, und allmählich folgten monographische Durcharbeitungen anderer Gat- tungen, insbesondere auch der Gattung Paullinia, welche alle als Muster wissenschaftlicher Genauigkeit gelten können. Auch haben Sie in dem Sammelwerk »Die natürlichen Pflanzenfamilien« die ganze Familie der Sapindaceen bearbeitet. Ganz besonders wichtig aber waren Ihre zahl- reichen Abhandlungen über einzelne Gattungen, in denen Sie immer den Wert anatomischer Merkmale für die spezielle Systematik zur Geltung brachten. Sie haben die Genugtuung gehabt, daß viele Schüler zum Ausbau der anatomisch-systematischen Forschungsrichtung bei- trugen und einer derselben alle mühsam zusammengetragenen Bausteine in einem allgemein anerkannten großen Werk vereinigte, in welchem die Resultate Ihrer eigenen Arbeiten einen wesentlichen Bestandteil ausmachen. Möchte es Ihnen vergönnt sein, auch noch den Abschluß Ihrer Monographie der gesamten Sapindaceen, welche nach all den umfangreichen Vorläufern ein Monumentum aere perennius zu werden verspricht, zu erleben. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. [59 Sitzungsberichte 1910. 18 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Adresse an Hrn. Karı Justı zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum am 22. Dezember 1909. Hochgeehrter Herr Kollege! Br Feier Ihres Doktorjubiläums begrüßen wir Sie mit einem dank- baren Rückblick auf Ihr Wirken. Als Privatdozent der Philosophie gaben Sie in Ihrer Heimat Marburg ein »Erstlingswerkchen« heraus, unserm unvergeßlichen Epvarn ZELLER gewidmet. Es galt den ästhe- tischen Elementen in der Philosophie Platos, der nach seiner künst- lerischen Individualität »zuerst das Schöne in den Bereich des philo- sophischen Nachdenkens zog«. Es führt ein Weg von da hinüber zu Ihrem weiteren Schaffen. Als Sie die Biographie WınckELmanss zu schreiben unternahmen, glaubten Sie dabei gerades Wegs in das Herz antiker Kunstbetrachtung ein- zudringen. Aber in WınckerLmanss Anfängen trat Ihnen vorab entgegen das Wesen des Zeitalters der Polymathie, und der Fluß der Unter- suchung mußte sich ein breiteres Bette schaffen. Mit Briefen und Reisen gingen Sie überall hin bis ins Einzelne, um auch das Gering- fügigste zu Pinselzügen für das Ganze zu verwerten. Der erste Teil Ihres Werkes mußte vornehmlich auf die Liebhaber rechnen, welche sich Ideenkreise und Tendenzen in Kunst und Gelehrtentum des acht- zehnten Jahrhunderts gern vergegenwärtigen. Erst nach sechsjähriger arbeitsvoller Unterbrechung der Herausgabe erschien der zweite Band, dem WiInckeLmann gewidmet, dessen schönheitsdurchdrungenes Wesen Sie zu der Aufgabe hingezogen hatte. Diesem Teil gerecht zu werden, ermöglichten Ihnen jahrelange Studien in Italien selbst. So auch mit äußerlichen Mühen Ihrer Forschung den Boden zu bereiten und Ihrer Darstellung Farbe zu leihen, das blieb Ihnen fortan Bedürfnis. Nachdem Sie über Kiel den Weg an die dauernde Stelle Ihres akademischen Wirkens und in ein Lehramt für Kunstgeschichte ge- funden hatten, wurde Ihnen Spanien, das unserer Kunstforschung bis dahin ferner gelegen hatte, und wo Sie in die intime Kenntnis der dortigen Kunst eindrangen, ein neues Ziel immer wiederholter Studien- reisen, und Sie dehnten die Reisen überall hin in Europa für Ihre I Adresse an Hrn. Karr, Justı zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 1:9 Zwecke aus. Nach dem WiısckELmann, den Sie später, ein Menschen- alter nach seinem ersten Erscheinen, in bereicherter Gestalt abermals herausgaben, ließen Sie ein zweites Hauptwerk Ihrer Lebensarbeit in die Welt gehen, Diego Velasquez. Wie Sie Wısckermans in den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt hatten, so lautet der Titel des zweiten Werkes: Velasquez »und sein Jahrhundert«. Sie haben immer das einzelne im Ganzen seiner Um- gebung erforscht und dargestellt. Auf solchem Grunde sind neben Ihren umfangreicheren Werken auch die zahlreichen, durch verschieden- artige Anlässe ins Leben gerufenen Einzeluntersuchungen erwachsen, deren größere Anzahl Sie dankenswert noch jüngst in einer Samm- lung vereinigt haben. Es ist namentlich die ganze spanische Kunst, wie Sie auch dem Murillo eine besondere Behandlung gewidmet haben, und die der Ausländer in Spanien, welche in mannigfach reicher Weise uns da erst nahe gebracht wird. Wenn Sie dabei selbst scherzend gesprochen haben von der Bezeichnung »Episoden« für alle die Bei- gaben und Einkleidungen Ihrer Arbeiten, so ist doch mit durch diese Ihre Kunstgeschichte jedesmal zu einem erweiterten Stücke Geschichte geworden; freilich nicht allein durch diese. Vom Velasquez wandten Sie sich dann noch einmal einem Großen zu. Nach mehr als einem Jahrzehnt, aber zurückgreifend auf die Studien Ihrer ersten Jahre in Italien, gaben Sie uns den Michelangelo, die Beiträge zur Erklärung seiner Werke und des Menschen. Eben erst erhalten wir die neue Folge dieses Werkes, welches wiederum zeigt, daß Ihr Interesse nicht bei den Kunstwerken endet, sondern erst in der Person, im Charakter und Wesen des Künstlers. Im Gange Ihrer Lebensarbeit ließen Sie sich von dem Blicke auf die abstrakte Schönheit im philosophischen Denken hinüberleiten zu der Persönlichkeit des Forschers, der in der Schönheit lebte, und endlich zu den Meistern, welche Schönheit schufen. Grundzüge Ihrer wissenschaftlichen Neigungen und Ziele ist man versucht schon in dem Großvater vorgebildet zu finden und in der Vielseitigkeit seiner Arbeiten etwas von einem Vorläufer Ihrer Leistun- gen zu sehen. Zur Anschauung von großer Kunst waren Sie wohl in der Jugendheimat, bis auf die Elisabethkirche, nicht von starken Anregungen umgeben, haben sich aber durchgearbeitet zum vollsten Sehauen der Kunstwerke, aus denen Sie zu umfassender Kenntnis- nahme die wählten, deren Entstehen und Wesen Sie erforschen wollten. Geradezu hervorgerufen ist, wie Sie selbst sagen, aus dem Eindrucke der außerordentlichen Papstgestalt Innocenz des Zehnten in der Gallerie Doria der erste Anstoß zu den Reisen und Studien, auf welchen Ihr Werk über den Meister jenes Gemäldes beruht. 20 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910. Sie haben vereinigt, was der Kunsthistoriker vereinigen soll, das lebendige Verhältnis zu den Kunstwerken selbst mit einer Forschung, die in einem nach allen Richtungen hin selbständigen Vorgehen die andern Quellen in umfassender Weise erschließt. Doch darf man nicht nur den Kunsthistoriker in Ihnen sehen, der Sie die gesamte Kultur, die ganze geistige Atmosphäre der Länder und Zeiten stets voll ein- zubegreifen und alles das in meisterhafter Form zu Werken zusammen- zufassen wußten, die in unserer Literatur auch außerhalb des Fach- gebiets hervorragen. Möge Ihnen vergönnt sein, vorbildlich noch lange so weiter zu wirken! Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 13. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. ze reise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- ichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in nn akademischen ‘Schriften zur Kenntniss kommen, so at er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- haftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- enden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist n Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken Aus $ 22, Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- { chäftlichen Angelegenheiten. _ Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen 'olgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben. relche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, ‚bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt. welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften Abhandlungen aus dem Jahre 1907 . . . » Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . ® » Mathematische Abhandlungen. . . ‚Abhandlungen aus dem Jahre 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . . - Philosophisch-historische Classe . . . . . Ever: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . "Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . _ Mürter: Vigurica . BR 3: Warnever: Der Processus retromastoideus . . . Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . SchuLze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. Abhandlungen der Akademie. E; Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Kexvız vow Srranoxırz: Die Bildnisse des Sokrates . von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff . . . » » 2 2 2 2.0 1— Loors: Das Tan BensPäkennmmrss der Homousianer von Sardica 5 Pit, SE ne 1 Eee _ von Wıramowırz-MorLrenporrr: Nordionische Steine . Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mitrheilungen ge- sehchen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den inSS 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reiehsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt: die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- seheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Philosophische und historische Abhandlungen le LE Lg fr ee 1907, 1908 und 1909. Dıers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.8.W.. . A 4.— Brasca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? Nm 2 Dies: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Ocaidentautand Orfents, AN ee ae In Az ” » » » » n „ n II. a N StruvE: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refracter 7094200 Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens - . » » 2... 2 0. en De FE ee ee Hzuster: Die gelehrte Urgeschichte im altreländiechenSchriftthum\ \. = 2a Ne m A an B ar, = . nd n 1.— N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste ‘H. Beck#: Die tibetische Übersetzung von Rälidäsas Meghadüta. . . . a K. Gorsanovic-KrAuBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen . . ER N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Au O. Franxe: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turk H. Beck: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und N Tu. Wırsasn: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen M Didyma unternommenen Ausgrabungen . . . ...... L. Jacopsonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks . . - B. SeuFFERT: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe er 3 Fo M. Ooxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Comp L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms. . . Se \ : BEA DE REN ‘A. Korn: Über Minimalflächen,. deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen > a y wa 0% Be u Ei A? ea : j er: VEN a A Ba ıF , I Az “ NEN. au: Sitzungsberichte der Akademie. Bneisgdestslahrvanese u ar ER ENSEART, 24 >: « * u u ‘ E v Als d < ’ ‚ ! f j PR / Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. VaAsren: über Leıexız und ScHLEIERMACHER . e En EEE Fıscuer und E. Frarau: optisch active Propylisopropyleyanessigsäure . IERRS: H. Porı.; über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chrombraunen Zellen im Cen der Ringelwürmer (hierzu Taf. VD) . . . N g 2 P. Rırter: drei neue Briefe von Leısnız . 1 RR. 8 Pen 2a Eee ne a K. Scauipr und W. Scuurarr: ein Fragment des Pastor He VaAuten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius . . Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospin sy: OBAMA Tee. Tosrer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fü Serortky:; über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste A bunden sindew ae nee a er ® Me d Branpt: the Cock in the North . . . . . .. 3% ae. EN Hervert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen H} ichgewicl : de Erdkruste und der Verlauf der Schwerestörung vom Innern der Con ceane nach \ GER USteN NE ET A. SEE Se Re A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseript ragment in aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und XIV). Beer Orrk: über einige Krebsfragen . . . . .... SURE EM Y H. Sanver: über die Bahn des Planeten Egeria (13). . = a Ester: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeograp sche Gli extratropischen Ostasiens . a Be eh „Te KR. Gorsanovid-KrANBERGER: der ‚Unterkiefer der Eskimos (Grön male (hierzu Taf. XV und XV) bh. dk A ; F R sr Ye ; x B- EN + T: A; BE | J 'Sonderabdrucke. I. Halbjah: \ f NR} » "rn Frogexıus: über den Frrmar'schen Satz Frosentus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen a x nt j “2 i RT, "s 5 .* h y u » di Tr sy Baar # B 90 STelteljelstestel st TSsTlTeln 1910. | I. I. IV. SITZUNGSBERICHTE KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 13. Januar. (S. 21) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 13. Januar. (S.23) Gesammtsitzung am 20. Januar. (S. 25) Rusens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Spectrum. (S. 26) FSN Ray Wr SR [N ’ | (JUL 7 1910 N 9, N NLISONIAN DEI um mem BERLIN 1910. VERLAu DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften« und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Au $2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen» bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzulietern ist. Nicht- nitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreftenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmassliehen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. Sa. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen ınit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretär zu richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. UÜberschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung dureh das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen», so bedarf Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, dieser (Fortsetzung auf’ S.3 gezeigt hat; wünscht er Aus $ 6. Die an die Druckerei abzuliefernden Manuscripte müssen, wenn es sich nicht bloss um ‚glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die. Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendunseet Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern. dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Rocrek vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur Mögliehkeit nieht über die Berichtigung von Druckfehlern. und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Seeretars vor der E insendung an die Druckerei, ' und die Verfasser sind zur Tragung der.entsteh enden TehE kosten verpflichter. Fr Aus $ 8. e Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung gen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die V erfasser,, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck & Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- trefienden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben "werden. VonGedächtnissreden won ebenfalls Bonderahamehe für den Buchhandel heigestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. 89. nn Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Er exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zw ech auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf’ seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu Pi der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf 3 Kosten abziehen lassen. Von den Sonderabdrucken aus den Abhantiungen er hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung obne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigivenden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrueke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf x k Kosten abziehen lassen. ln 1 _ Eine für die nenn Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- “ 3 des Umschlags.) 21 SITZUNGSBERICHTE 1910. nl. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 13. Januar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers. *], Hr. Srruve las über die Bahnen der Uranustrabanten nach neueren Beobachtungen. Der Vortragende berichtet über die von ihm vorgenommene Bearbeitung der während der letzten Jahrzehnte an den grossen Refractoren der Sternwarten Lick, Yerkes und Washington ausgeführten Beobachtungsreihen der Uranustrabanten und theilt die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung bezüglich der Planetenmasse und der mittleren Bewegungen der Trabanten mit. 2. Hr. WALpeyer überreichte die vom Verfasser eingesandte Druck- schrift: Die Formen der Gallensteine und die Häufigkeit der Chole- lithiasis bei Psychopathen. Weimar 1909, von Dr. FriEprıch JUNGKLAUS in Gadderbaum bei Bielefeld. Ausgegeben am 27. Januar. Sitzungsberichte 1910. 3 e OMAN. nun Lt FG ze. Tee i ie EDER A ee N A En er; u. Au BIETE BE, 2% Br ya Ze } Fe am ft Ben‘. Ge er FR Ne Le Dr Br. BEIDE PROveRn a! BAR. er) re IR . EN RER = Ye - a N, A rg u Sr ATi 1a BE Ar Br N a. \ - I > via an RM a Free. Bm Da eo A, FREE AT az Pos Kr N Aa Evo 7 ae er REN Dur una A RE ER nr Me TA i RER il ie Aare. ee dee ra ee 1 120 Ara) "Aline ee a Ri ‘ ING Anke Se, Deu et at h 2 te DO ER ef; A ah io 5 £ . a ran ai Br ö | el. 2 f . 7 AN Se En j ‚ A Al “u DE u er Pe 37.7 JB R Pr © ET % fi Re ‘ GE URN Be Fr . 24 5 5 >> d i ‘ g Pe Zn \, 5 k Hi a‘ “4 nA ei K vB; Le u r - u” - 8- i nn fi 4 SE» Die 7% Pre CE 7 r p FAR I: Tw E TER Dh N 7 \ 5 . - ö Erar " ek X Pr er AR 7 . h N 4 EDER = 2) ni ar) . I Bu: “ .. ne a SITZUNGSBERICHTE 1910. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 13. Januar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. *1. Hr. von Scumorzer las über die thatsächliche Entwicke- lung der deutschen Städte im Mittelalter. Er behandelt hauptsächlich die Geschichte der Marktprivilegien, die Ausbildung von Jahrmarkt und Wochenmarkt, die Entstehung des Wortes »Stadt«, die bau- geschichtliche Seite der Stadtentwickelung und die Resultate der neueren Untersuchun- gen über den Gang der städtischen Bevölkerung im Ganzen und im Einzelnen. Er sucht zu zeigen, dass diese Resultate für die ganze Beurtheilung der deutschen Geschichte von Bedeutung seien. 2. Hr. von Wıramowırz-MoOELLENDORFF legte eine Mittheilung des Hrn. Prof. Rıcnarn MEıster in Leipzig vor: Eine kyprische Sacral- inschrift. (Ersch. später.) Eine Thontafel, gefunden in einem Grabe in der Gegend von latrikö, jetzt im Besitze von Sir Henry Burwer, ist auf beiden Seiten in der epichorischen Silben- schrift beschrieben. Diese Inschriften werden gelesen und sachlich und sprachlich erläutert. Ausgegeben am 27. Januar. N % Gar PX E = 5 i KBiRrT,’ ie a u Sta Ai) a f | lee UN trag Bus Y in ML EArDep Mr 2 Ren u Sa) hd. fm HnERaie: wo REN, AU ee Re 2 Kurier wur Di Fun Ara MR DBATET EVER: FL Kıhrıe ir RA ER DA ET a A en) ER ch ah hun. ski ei “ ee, 1 a ee ru EN In Sail re br Fa ar a ee NEE ein a ln, vaht > Ale 2 SB uni, N EN Ak er Miipz Pier u en: % an -# ver ar =. a Br. a le ADUIHHBNE oe RT Te ac ae ar 9a LE NEMENT. aan! of FEN Lot are ART ann Igor uf. ae a ET en het. er A ae DET le ELF tr Falle Yari PUT) AR Ale Daunen) ale 3 SITZUNGSBERICHTE 1910. IV. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 20. Januar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Dırruey las über »das Verstehen anderer Personen und ihrer Lebensäusserungen«. (Abh.) Er unterschied elementare und höhere Formen des Verstehens und analysirte die Leistung beider. 2. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: 3 neu erschienene Bände der Monumenta Germaniae historica: Diplomatum regum et im- peratorum Germaniae Tom. IV. Conradi II. Diplomata; Legum Seectio IV. Constitutiones et Acta publica imperatorum et regum. Tom. V, Pars I; Seriptorum qui vernaeula lingua usi sunt. Tom. VI, ParslI. Hannoverae et Lipsiae 1909; Bd. 2 des Werkes von LEONHARD Scnurtzze, Zoologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903— 1905 (mit Un- terstützung der Humsorpr-Stiftung). Jena 1909; C. F. Leumann-Haupr, Armenien einst und jetzt. Reisen und Forschungen. Bd. ı. Berlin 1910 (die Reise des Verfassers ist seinerzeit von der Akademie unterstützt worden); A. Prnck und E. BrÜcknER, Die Alpen im Eiszeitalter. Bd. 1 — 3. Leipzig 1909. Die Akademie hat in der Sitzung vom 6. Januar den Professor der Chemie an der Universität Breslau Geheimen Regierungsrath Dr. ALBERT LADENBURG und den Professor der Physik an der Universität Budapest Rorann Baron Eörvös zu correspondirenden Mitgliedern ihrer physikalisch-mathematischen Classe gewählt. Die Akademie hat ihr Ehrenmitglied Hrn. Frreprıcn KontrAusch in Marburg am 17. Januar durch den Tod verloren. 26 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. ‚Januar. Messungen im langwelligen Spektrum. Von H. Rusens und H. HouLnAceL. (Vorgetragen am 6. Januar 1910 [s. oben S. 3].) Aıs wichtiges Mittel zur Untersuchung des äußersten ultraroten Spek- trums hat sich die Methode der Reststrahlen ergeben. Zur Bestimmung der Wellenlänge jener durch selektive Reflexion isolierten langwelligen Strahlenkomplexe, insbesondere der Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin ist bisher stets das Beugungsgitter verwendet worden, während man zur Untersuchung der kurzwelligen Reststrahlen auch Interferenz- methoden zur Anwendung gebracht hat'!. Solche Methoden sind jedoch bei geeigneter Modifikation auch für das Studium der spektralen Zu- sammensetzung der langwelligen Reststrahlen wohl geeignet. Freilich sind hier besondere Schwierigkeiten zu überwinden, welche haupt- sächlich darin bestehen, daß kein fester Körper bekannt ist, welcher in dem jenseits 45 % liegenden Spektralbereich in diekeren Schichten vollständig durchlässig ist, etwa wie Steinsalz für Strahlen von der Wellenlänge ıou. Eine zur Messung sehr langer Wellen brauchbare Interferenzmethode muß der Bedingung genügen, daß die zu unter- suchenden Strahlen nur eine geringe und unveränderliche Schicht- dieke von festen Körpern zu durchdringen haben; außerdem müssen Einschnürungen des Strahlenbündels tunlichst vermieden werden. Ge- rade in der Möglichkeit der Vermeidung solcher Einschnürungen, welche z. B. bei der Anwendung eines Spektrometers an den Spalten unerläßlich sind, liegt ein wesentlicher Vorteil der Interferenzmethode. Ein zweiter Vorzug dieser Methode beruht auf der Umgehung des licehtschwachen Beugungsgitters. Durch Anwendung der Interferenzmethode in einer geeigneten Form, welche den in dem Vorstehenden genannten Forderungen gerecht wird, ist es uns gelungen, nicht nur die Genauigkeit der Wellen- längenmessung in dem Gebiet der langen Wellen zu erhöhen, sondern auch bis zu viel größeren Wellenlängen vorzudringen. ! Jonn Kocr, Ann. d. Phys. 17, S. 658, 1905. Nova Acta Regiae Soecietatis Scientiarum Upsalensis Ser. 1V, Vol. 1l, No. 5, 1909. Rusens und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen. Speetrum. 27 1. Das Interferometer. Der wesentliche Teil unseres Interferenzapparats bestand in einer von dünnen Quarzplatten begrenzten planparallelen Luftschicht, deren Dicke in meßbarer Weise variiert werden konnte. Die Einrichtung des Interferometers ist aus Fig. ı zu ersehen. Es besteht aus einer kleinen Teilmaschine A—A, auf deren prismatischer Füh- rungsschiene B—B der Mes- singträger ( fest aufgeklemmt ist. In seinem oberen Teil ist dieser plattenförmige Träger C zu einem Ring von 5.5 cm lichter Weite ausgedreht und trägt mittels dreier Regulier- schrauben # sowie mittels dreier Führungsstifte # den Messingring 7), von welchem die eine der beiden Quarzplatten @’ gehalten wird, welche die planparallele Luftschicht begrenzen. Die andere Quarzplatte G ist gleichfalls in einen Messingring (A) gefaßt, welcher direkt auf den Schlitten / der Teilmaschine aufgeschraubt ist. Wir verwendeten zwei verschiedene Quarzplattenpaare, von welchen das eine aus planparal- lelen, das andere aus keilförmigen Platten bestand. Alle Platten waren senkrecht zur optischen Achse geschnitten; die planparallelen waren 0.6 mm dick; bei den keilförmigen variierte die Dicke zwischen 0.4 und 0.8mm. Die Ganghöhe der Schraube betrug im Mittel 0.5228 mm; der Trommelkopf X der Schraubenspindel war in 100 Teile geteilt, so daß der Drehung um einen Teil eine Verschiebung des Schlittens um 5.23 # entspricht. Daß die Genauigkeit der Schlittenführung für den vorliegenden Zweck ausreichte, wurde durch folgenden Versuch bewiesen: Nach- dem die Quarzplatten mit Hilfe der Schrauben # möglichst genau parallel gestellt waren, wurden sie durch Drehen des Trommelkopfes der Teil- maschine einander bis zur Berührung genähert. Beleuchtete man nun- mehr die Platten mit einer Natriumflamme, so zeigten sich sowohl im reflektierten wie auch im durchgehenden Licht Interferenzstreifen, meist in Form von etwas unregelmäßigen konzentrischen Ringen. Es sind dies Newronsche Ringe, welche in der Luftplatte dadurch ent- stehen, daß die dünnen Quarzplatten nicht ganz eben, sondern etwas sphärisch gekrümmt sind. Auf dem etwa ı2 gem messenden zentralen Teil der Luftplatte waren im allgemeinen nicht mehr als 4 bis 5 solcher Ringe vorhanden. Wurden nun durch langsames Drehen der Teil- maschine die Quarzplatten voneinander entfernt, so liefen die Ringe 28 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. mit großer Geschwindigkeit nach innen und verschwanden nachein- ander im Zentrum. Hielt man aber mit Drehen inne, so zeigten die Interferenzstreifen wieder fast dasselbe Bild wie zu Anfang; die Wande- rung des Zentrums betrug selbst bei einer ganzen Umdrehung der Maschine selten mehr als ein bis zwei Streifenbreiten'. Wurden die Quarzplatten durch Rückwärtsdrehen der Kurbel in ihre Anfangslage zurückgeführt, so ergab sich auch hierbei keine in Betracht kommende Änderung des Interferenzbildes.. Da ferner die Wellenlänge der zu untersuchenden Reststrahlen diejenige des Natriumlichts um das 8o- bis 170 fache übertrifft, so durfte die Oberfläche der Luftplatte für diese langwelligen Strahlen als hinreichend eben und die Schlitten- führung als genügend exakt angeselıen werden. Es sei noch erwähnt, daß bei intensiver Beleuchtung mit Natrium- licht außer den beschriebenen Interferenzstreifen noch einige weitere Streifensysteme sichtbar wurden, welche von den Interferenzen in den Quarzplatten selbst herrührten. Diese Streifen blieben bei der Drehung der Teilmaschine vollkommen unbeweglich; sie können daher keinen Einfluß auf unsere Wellenlängenmessung ausgeübt haben. Als Material für die Platten, welche die planparallele Luftschicht begrenzen, ist der Quarz besonders geeignet. Er zeigt nicht nur in geringer Dicke hinreichende Durchlässigkeit, sondern besitzt auch einen sehr hohen Brechungsexponenten für lange Wellen. Nach früheren Messungen” beträgt der Brechungsexponent des Quarzes für A = 56u: n= 2.18, und es ist anzunehmen, daß er von dieser Stelle des Spek- trums mit wachsender Wellenlänge dem Grenzwert n = 2.15 zustrebt. Für n= 2.18 ergibt sich das Reflexionsvermögen für normale Inzi- denz zu £= 13.3 Prozent. Für die Intensität einer völlig homogenen Strahlung nach ihrem Durchgang durch eine planparallele Luftplatte liefert die bekannte Amysche Formel den Ausdruck (100 — R)’ ng ard\ (100— R)’+ sooktein (2°) In dem vorliegenden Falle schwankt dieser Wert zwischen RR = J, und DE == 0.574 J . Für inhomogene Strahlung wird diese Größe der Intensitätsschwankung allerdings niemals vollkommen erreicht. ! Hierbei ließ sich die von Fızeau und A. Mıcaerson untersuchte periodische Schwankung in der Sichtbarkeit der durch Natriumlicht hervorgerufenen Interferenzen leicht beobachten. 2 H. Rusens und E. Ascakınass, Ann. d. Phys. u. Chem. 67, S. 459, 1899. Rusens und H. HorLnaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 29 2. Die Versuchsanordnung. Unsere Versuchsanordnung ist in Fig. 2 schematisch dargestellt. A bedeutet einen als Strahlungsquelle dienenden Auerbrenner ohne Zug- glas, B einen Hohlspiegel, welcher ein Bild des Strumpfes auf dem mittleren Teil der Luftplatte C des Interferometers entwirft. Hinter dem Interferenzapparat befindet sich ein Klappschirm D, welcher von dem Platze des Beobachters aus mit Hilfe eines Schnurlaufs betätigt wird. Nach Aufziehen des Klappschirmes treten die Strahlen in das Innere des Kastens Ä ein, welcher die reflektierenden Kristallplatten F, bis F,, einen Hohlspiegel @ und ein empfindliches Mikroradiometer A enthält. Auf‘ dem Thermoelement des Mikroradiometers werden die Fig. 2. Strahlen mit Hilfe des Hohlspiegels @ zu einem Bilde des Auerstrumpfs vereinigt. Eine weitere Konzentration der Strahlen wird durch einen innen polierten Messingkonus bewirkt, mit welchem das Mikroradio- meter versehen war. Dieser Konus reichte bis unmittelbar an das Thermoelement heran und war an seiner inneren Grundfläche mit einem 1.3 » dieken Glimmerblättchen verschlossen. Hierdurch wurde das Instrument wirksam gegen Luftströmungen geschützt, ohne daß seine Empfindlichkeit für Strahlen von großer Wellenlänge wesentlich darunter litt. Zum Schutz gegen fremde Strahlung war das Instrument in ein Metallgehäuse / eingeschlossen. Mit Konus versehen gab das Mikroradiometer für die Strahlung einer Kerze in 6 m Entfernung etwa 100 Skalenteile Ausschlag, bei 3 m Skalenabstand und einer Ausschlags- dauer von ıo Sekunden. Unter günstigen Bedingungen, welche be- sonders bei windstillem klaren Wetter und konstanter "Temperatur des Arbeitsraumes erfüllt waren, überstieg der Fehler einer einzelnen Ausschlagsmessung selten 0.2 mm und es konnten durch Häufen von Beobachtungen auch kleine Ausschläge von 2—3 mm auf einige Pro- zente genau ermittelt werden. 30 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. 3. Erzeugung der Reststrahlen. Mit Hilfe der im vorstehenden beschriebenen Anordnung haben wir die Wellenlänge und spektrale Verteilung der Reststrahlen von Stein- salz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium untersucht. Wir beschränkten uns dabei stets auf die Anwendung von 4 reflektierenden Flächen und erhöhten die Reinheit der Reststrahlen durch Benutzung eines Stein- salzschirmes an Stelle des üblichen Metallschirmes! (D, Fig. 2). Trotz- dem erwiesen sich die Reststrahlen noch nicht als vollkommen rein; sie enthielten noch einen Zusatz von kurzwelliger Wärmestrahlung, welcher bei den Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin etwa 2 Prozent, bei den Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium 8 bzw. 20 Pro- zent betrug. Bei der Messung der Wellenlänge mit Hilfe des Inter- ferometers war diese Verunreinigung belanglos; sie ergab nur eine gleichmäßige Erhöhung der beobachteten Strahlungsintensität in allen Stellungen des Schlittens. Dagegen mußte diese Verunreinigung bei allen Reflexions- und Absorptionsmessungen sorgfältig bestimmt und berücksichtigt werden. Zur Darstellung der Reststrahlen von Steinsalz dienten 4 Platten von 2cm Dicke und 10x ıocm Grundfläche, welche als Spaltstücke aus einem vollkommen klaren Würfel erhalten und an ihrer Oberfläche sorgfältig geschliffen und poliert waren. Die für die Reststrahlen von Sylvin notwendigen Platten ver- danken wir der Güte des Hrn. Prof. Dr. Hreınrıcn Precnt, Direktors des Neu-Staßfurter Salzbergwerks, welcher uns das wertvolle Material kostenlos zur Verfügung stellte. Wir ergreifen gern die Gelegenheit, Hrn. Preent für diese wesentliche Förderung unserer Arbeit bestens zu danken. Der Block, aus welchem die 4 verwendeten Platten von 2xı10x1ocm Größe geschnitten waren, zeigte milchweiße Farbe und kristallinisches Gefüge. Das Salz war nicht vollkommen rein, es be- stand aus 98.5 Prozent Chlorkalium und ı.5 Prozent Chlornatrium. Es erwies sich aber als genügend politurfähig, und die Oberflächen hielten sich wochenlang in tadellosem Zustand. Die zur Erzeugung der Reststrahlen von Bromkalium und Jod- kalium erforderlichen Platten mußten aus geschmolzenem Salz gegossen werden’. Zu diesem Zweck wurde das Salz im Innern eines großen ! Bekanntlich läßt ein solcher Steinsalzschirm die Gesamtstrahlung der Licht- quelle bis auf einen geringen, von der Reflexion an seinen Oberflächen herrührenden Bruchteil nahezu ungeschwächt hindurch, während er die auszusondernde Reststrahlung vollkommen absorbiert. Der bei dem Entfernen des Steinsalzschirmes aus dem Strahlen- gang beobachtete Ausschlag rührt daher fast nur von der zu untersuchenden lang- welligen Strahlung her (vgl. H. Rusens, Berichte der Phys. Ges. Nov. 1896). ® Vgl. E. Ascukınass, Ann. d. Phys. I, S. 42, 1900. Rusens und H. Horunaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 31 Gasofens, welchen uns Hr. Geheimrat Nernst gütigst zur Verfügung stellte, in einem Nickeltiegel auf etwa 800° erwärmt und die rot- glühende Masse dann in Messingkästen von IOX1IOox1.5 em Größe gegossen. Wir möchten nicht unterlassen, Hın. Nersst für die uns gewährte Unterstützung an dieser Stelle unseren besten Dank auszu- sprechen. Nach dem Erstarren zeigten sich die Platten zwar uneben und von einigen Rissen durchzogen, sie ließen sich aber auf der Dreh- bank ohne Schwierigkeit eben abdrehen. Das Schleifen und Polieren der Bromkaliumflächen bot keine Schwierigkeit. Dagegen war es uns erst nach vielen vergeblichen Versuchen möglich, gute Jodkalium- spiegel zu erhalten. Die Hauptschwierigkeit bereitete uns hierbei die poröse Struktur des Materials, welche um so stärker hervortritt, je tiefer man in die gegossene Platte eindringt. Erst, als wir gelernt hatten, die Platten in feuchtem Zustande aufeinander abzuschleifen, wobei sich eine gesättigte Jodkaliumlösung bildet, welche in die Poren eindringt und beim allmählichen Trocknen unter fortgesetztem Schlei- fen die Poren mit fester Substanz ausfüllt, gelang es uns, brauchbare Flächen zu erhalten. Diese nahmen, mit Diamantine und Paraffinöl auf dem Handballen gerieben, eine gute Politur an, welche mehrere Tage anhielt. Leider mußten wir auf die Untersuchung der Reststrahlen von Bromnatrium verzichten, da dieses Material so außerordentlich stark hygroskopisch ist, daß seine blanken Oberflächen stets im Laufe von einer Stunde matt wurden. Wir können in dieser Beziehung die un- günstigen Erfahrungen, welche E. Ascıkınass bei der Herstellung von Bromnatriumspiegeln gewonnen hat, vollkommen bestätigen. Auch künstliche Trocknung der Zimmerluft durch große Mengen von Chlor- ealeium, welche in offenen Gefäßen an mehreren Stellen des Zimmers, insbesondere im Innern des Kastens X, untergebracht waren, änderten nichts an dieser Tatsache. 4. Aufnahme der Interferenzkurven. Bei der Ausführung unserer Versuchsreihen sind wir stets fol- gendermaßen vorgegangen. Zunächst wurden die Quarzplatten des Inter- ferometers in der oben beschriebenen Weise justiert, bis das Ring- system im reflektierten Natriumlicht deutlich hervortrat. Alsdann wurden die Platten bis zur Berührung einander genähert und die Teil- maschine dann um den Betrag des toten Ganges zurückgedreht, so daß eine weitere Drehung der Trommel in dem letztgenannten Sinn eine Entfernung der Platten voneinander bewirken mußte. Nunmehr konnten die eigentlichen Messungen beginnen: durch eine Reihe von Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. Fig. 3. Steinsalz. Rusens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 33 Fig.4. Sylvin. Dieser 1 Tas = 3 | +3 + 2 3 S 3; D | > a 4 ı Sorgen SH si I : [FE | ger 48 R+ T_ S —p An BE an Mean > 5 ol ERS 4 ges < —. S + &| | I E 158 R on — SC T eG 7 S a EL Rh Ss Se : > 4 S ST n . - oa » BeLNT "2 | RS je Di: — 7 — g DS In 3 > IS N I» 7] i | DIE: ui S- = je S > | & >, 1a I iz S > N) S ae] ost S Sl Se RE: Bein: : I, +g o SC - Base 48 7 200 Ausschlägen wurde die Inten- sität der Strahlung bestimmt, dann die Trommel um einen Skalenteil im Sinne des wach- senden Abstandes der beiden Quarzplatten gedreht, abermals eine Reihe von Ausschlägen ge- messen und in dieser Weise fortgefahren, bis das gesamte Interferenzbild mit hinreichen- der Deutlichkeit hervortrat bzw. bis die beobachteten Interferenz- streifen anfingen, undeutlich zu werden. Über die erhaltenen Resul- tate geben die Figuren 3 — 6 Auf- schluß. Fig. 3 bezieht sich auf die Reststrahlen von Steinsalz, Fig. 4 auf diejenigen von Sylvin, Fig. 5 auf diejenigen von Brom- kalium und Fig. 6 endlich auf diejenigen von Jodkalium. In allen Kurven sind die Ablesun- gen an der Trommel der Teil- maschine als Abszissen, die zu- gehörigen Ausschläge als Ordi- naten aufgetragen. Die Diffe- renzen der Abszissen zweier Kurvenpunkte entsprechen so- mit der zugehörigen Dicke der Luftplatte, ausgedrückt in Trom- melteilen (ı Teil=5.23 u). An den mit a bezeichneten Stellen der Kurven ist die Dicke der Luftplatte gleich Null, d.h. die Quarzplatten berühren sich. Die Lage dieses Punktes a mußte indessen stets durch Extrapo- lation aus dem Verlauf der Kurven gefunden werden, da die eigent- lichen Beobachtungen erst bei einer Dieke der Luftschieht von 1— 2 Trommelteilen zuverlässige Resultate lieferten. 34 Gesammtsitzung vom’ 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. 5. Diskussion der Interferenzkurven. In sämtlichen Kurven ist der zu erwartende Wellencharakter scharf ausgeprägt. Auch die Tiefe des ersten Minimums entspricht angenähert dem aus der Aırvschen Formel berechneten Wert. Eine andere Eigen- Fig. 5. Bromkalium. 100 30 30 70 60 50 Seil giTz 201 | a a ? GNS ERS l in l at m | Air SH ne Asien SO LS BEER Biel L- B = U o | I ea R e” - —erToas Ip 2° Eee j [ F Er ee | Der. Ze ji .+-- — a 3 1ER! NARBEN He WERE IE | IB ei 700 30 80 70 60 30 40 tümlichkeit tritt in den Kurven deutlich hervor. Die Stärke der Maxima und Minima nimmt nicht, wie man wohl hätte vermuten können, mit wachsender Dicke der Luftschicht kontinuierlich ab, sondern es treten periodische Schwankungen in der Höhe der Maxima bzw. der Tiefe der Minima auf. Die graphischen Darstellungen in den Figuren 3—6 Rusens und H. Horınagen: Messungen im langwelligen Spectrum. 35 erinnern lebhaft an die Kurven, welche man bei der mechanischen Aufzeichnung von Schwebungen erhält. Diese Ähnlichkeit ist keine rein äußerliche; vielmehr liegen in beiden Fällen analoge Ursachen vor. Wir haben es offenbar bei den Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium nicht mit einem einzigen, sondern mit zwei Strah- lungsgebieten von verschiedener mittlerer Wellenlänge zu tun. Daß die Maxima und Minima an keiner Stelle in den Kurven der Figuren 3, 4 und 5 vollkommen verschwinden, läßt erkennen, daß die beiden Strei- fen ungleich stark sind. Die Wellenlänge des stärkeren Streifens A, Fig. 6. Jodkalium. Ki ga x | b c [@ erhält man mit großer Genauigkeit, indem man den Abstand A zweier »korrespondierender« Maxima oder Minima, ausgedrückt in Trommel- teilen, durch die Anzahl n der dazwischenliegenden Halbwellen divi- diert und mit dem vierfachen Wert eines Trommelteils multipliziert. Hierbei sollen solche Maxima oder Minima als »korrespondierende« gelten, welche gleichen Phasen der Schwebung entsprechen. So ist z.B. in Fig. 4 das Maximum a mit dem Minimum :’ und mit dem Maximum s korrespondierend, ebenso b mit A’ und t, ferner a’ mit k und s’, b’ mit !und ?’ usw. Selbstverständlich handelt es sich hierbei nur um eine Annäherung, denn es ist im allgemeinen nicht zu erwar- ten, daß sich das Verhältnis der Wellenlängen der beiden Streifen 36 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar, durch ganze Zahlen von geringer Größe ausdrücken läßt (im vorliegen- den Beispiel ı5 zu 17). Ein Irrtum in der Zuordnung der korrespon- dierenden Punkte um eine Halbwelle ergibt aber nur einen sehr ge- ringen Fehler in der Wellenlänge des stärkeren Streifens. Die Frage, ob der schwächere Streifen größere oder kleinere Wellen- länge besitzt als der stärkere, kann leicht auf Grund der folgenden Überlegung entschieden werden. Offenbar entspricht die Länge der Halbwelle in denjenigen Teilen der Interferenzkurve, in welchen beide Streifen in dem gleichen Sinne wirken und daher die Maxima und Minima am stärksten ausgeprägt sind, einem mittleren Wert, welcher größer ausfällt, als ihn der kurzwellige Streifen allein ergeben würde, aber kleiner ist, als man ihn erwarten müßte, wenn die Interferenzen nur von dem langwelligen Streifen herrührten. Bestimmt man diesen » mittleren Wert« der Halbwelle / und dividiert ihn in den Abstand A zweier »korrespondierender« Maxima oder Minima, so erhält man eine A : Zahlv = 7 welche größer ist als n, wenn der schwächere Streifen kürzere Wellenlänge hat als der stärkere, und kleiner als n, wenn der schwächere Streifen der langwelligere ist. Die Wellenlänge des schwä- cheren Streifens berechnet sich im ersteren Falle zur, =A,- Ze n+ 2 A R } N — -20.9Iu, im zweiten Falle zur, =, —— = — N 2 n—2 n—2 Man sieht, daß die Wellenlänge des schwächeren Streifens A, stärker durch die bis zu einem gewissen Grade willkürliche Wahl der Zahl n beeinflußt wird als A,. Aus dem Anblick der Kurven kann man übrigens, wie aus der vorstehenden Überlegung hervorgeht, sofort erkennen, welcher der bei- den betrachteten Fälle vorliegt. Ist der schwächere Streifen der lang- welligere, so drängen sich die Maxima und Minima an denjenigen Stellen der Kurve zusammen, an welchen die Interferenzen schwach sind. Be- sitzt dagegen der schwächere Streifen kürzere Wellenlänge als der Hauptstreifen, so zeigt sich an jenen Stellen ein Auseinanderrücken der Interferenzen. -20.9IW. Um diese Eigentümlichkeit der Interferenzkurven zu veranschau- lichen, sind in Fig. 7 zwei Schwebungskurven abgebildet, welche durch Superposition je zweier Sinuswellen entstanden sind, deren reziproke Wellenlängen sich wie 7 zu 6 bzw. wie 7 zu 8 verhalten. Das Am- plitudenverhältnis ist in beiden Fällen 2 zu 3. Die mit & bezeichnete Kurve entspricht dem Fall eines Hauptstreifens mit einem langwelligen Begleiter, die mit 9 bezeichnete dem eines Hauptstreifens mit kurz- wo I Rupens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. i ig. 7. welligem Begleiter. Von den Kurven der Figuren 3—6 gehört nur Fig. 4 dem «-Typus an, alle übrigen dagegen dem £-Typus. Außer der mittleren Wellenlänge der beiden Strahlungsgebiete liefern uns aber die betrachteten Interferenzkurven zugleich ein Mittel, ein Urteil über die Homogenität der Reststrahlen bzw. ein Bild ihrer Energieverteilung zu gewinnen'. In einwandfreier Weise geschieht dies durch Anwendung eines Rechenverfahrens, welches wir der gütigen Mitteilung des Hrn. Pranck verdanken und welches an anderer Stelle ausführlich verwertet werden soll. Weniger streng, aber auf einem sehr einfachen Wege führt folgende Überlegung zu einer in vielen Fällen brauchbaren Annäherung. Wir denken uns die Energieverteilung in einem jeden der beiden Streifen in erster Annäherung durch eine drei- konstantige Gleichung von der Form dargestellt: (t.) u — (re a weuns2 er. —, für den zweiten Streifen sind in dieser Gleichung #,,y, und A, durch $,,Yy, und A, zu ersetzen. Dies ist bekanntlich die Gleichung der Resonanzkurve, welche man erhält, wenn man eine nicht zu stark gedämpfte Sinusschwin- gung mit der Wellenlänge A, und dem logarithmischen Dekrement y, auf eine unendliche Zahl fast ungedämpfter Resonatoren von verschie- dener Wellenlänge % einwirken läßt und die Intensität der Schwin- gung in den verschiedenen Resonatoren als Funktion ihrer Eigen- ! Unsere Aufgabe ist hierbei eine ähnliche, wie sie Hr. A. Mıcherson zu lösen hatte, als er aus den Sichtbarkeitskurven der Interferenzen bei hohem Gangunterschied Rückschlüsse auf die Energieverteilung in den Spektrallinien zog (Phil. Mag. 2, 34, S. 280, 1892). Sitzungsberichte 1910. 4 38 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. wellenlänge A aufträgt. Die Wellenlänge des Maximums der Energie- kurve A, soll mit der mittleren Wellenlänge des betreffenden Streifens, dessen Energieverteilung durch die Gleichung (1.) dargestellt werden soll, identisch sein. Gelingt es außerdem noch, die Größen y, und &,, welche als weitere Konstanten in die Gleichung (1.) eingehen, zu be- stimmen, so läßt sich die Energiekurve zeichnen. Um die Größe y aus unseren Interferenzkurven zu ermitteln, machen wir die Annahme, daß die unendliche Zahl der ungedämpften Sinus- wellen, aus welchen der zu untersuchende Streifen besteht, dessen Energieverteilung durch Gleichung (1.) dargestellt werden soll, durch einen Zug gedämpfter Sinuswellen von der Wellenlänge A, und dem logarithmischen Dekrement y, ersetzt sei. Wie Hr. Byrrknes' zuerst gezeigt hat, liefert ein solcher Wellenzug durch senkrechte Reflexion an einer festen Wand stehende Wellen, welche, mit Hilfe eines energie- ınessenden Instrumentes aufgenommen, sich durch eine Kurve dar- stellen lassen, die wiederum die Form einer gedämpften Sinuswelle aufweist, wenn man die Abstände von der reflektierenden Wand als Abszissen, die Intensitäten als Ordinaten aufträgt. In dieser Kurve ist die Wellenlänge halb so groß, aber das logarithmische Dekrement von gleicher Größe wie bei der erzeugenden Sinuswelle. Nun sind aber die Interferenzkurven, welche mit unserem Interferometer beobachtet werden, von gleicher Form wie die betrachteten Intensitätskurven der stehenden Welle vor einer reflektierenden Wand’. Wir sind somit be- rechtigt, die Größe y unmittelbar aus unseren Interferenzkurven zu entnehmen, indem wir diese als gedämpfte Sinuskurven mit dem log- arithmischen Dekrement y behandeln. Hierbei tritt jedoch die Schwie- rigkeit auf, daß wir es stets mit zwei Streifen bzw. mit zwei gedämpften Sinuswellen zu tun haben, welche Schwebungen bilden. Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, fügen wir den bereits ge- nannten vereinfachenden Voraussetzungen noch die weitere hinzu, daß die Dämpfung in beiden Streifen, bezogen auf gleiche Längen, dieselbe sein soll, bzw. daß sich die logarithmischen Dekremente der beiden Streifen verhalten sollen wie ihre mittleren Wellenlängen Y!y =A:A,. Dies ist mit dem experimentellen Befund in angenäherter Überein- stimmung, da die Schwebungen an den verschiedenen Stellen der Inter- ferenzkurven nahezu gleich stark hervortreten. Unter dieser Annahme ı V. Bierknes, Wien. Ann. 44, S. 517, 1891. ® Dieser Satz besitzt nur dann Gültigkeit, wenn das Reflexionsvermögen an den Grenzen der Luftplatte klein ist. Die Annäherung ist in dem vorliegenden Fall eine sehr gute. Rugens und H. Horrnager: Messungen im langwelligen Speetrum. 39 lassen sich die logarithmischen Dekremente für die beiden Streifen leicht berechnen, indem man nur diejenigen Maxima und Minima der Interferenzkurven berücksichtigt, welche am stärksten hervortreten, in welchen also beide gedämpften Sinuskurven in Phase sind. In Fig. 4 ist dies z. B. in dem Maximum a, dem Minimum 7 und dem Maximum s der Fall. Die Höhendifferenz zwischen a und a’ (h,.) beträgt 6.0 mm, diejenige zwischen ?’ und % (,,) 3.ımm, zwischen s und s’ (h,.) 1.8 mm. Hieraus berechnet sich das logarithmische Dekrement des kurzwelligen Hauptstreifens zu 2 en y= log nat —- = 0.078, N Mızk bzw. I N Va loanate = =0071 Jı n 5 h 7 s im Mittel also y, = 0.074 und dementsprechend A, n Vak Fa — Te, 0034. Das logarithmische Dekrement y ergibt sich übrigens aus unseren Interferometerkurven stets etwas größer, als der Energieverteilung der Strahlen entspricht. Es liegt dies an der Divergenz der Strahlen, welche die Luftplatte durchdringen. Von der Mitte der Luftplatte, wo ein Bild des Auerstrumpfs entsteht, divergieren die Strahlen nach den Rändern des Hohlspiegels @ (Fig. 2) derart, daß die Randstrahlen mit dem Zentralstrahl einen Winkel von 24° bilden. Da indessen der Ko- sinus von 24° sich nur um ein Tausendstel von der Einheit unter- scheidet, so konnte der von der Divergenz der Strahlen herrührende Fehler bei unseren Erörterungen unberücksichtigt bleiben. Es bleiben endlich noch die Konstanten $, und $, zu bestimmen, welche den Maximalwerten der Intensität in den beiden Streifen ent- sprechen. Da der Maßstab, in welchem die Energiekurve gezeichnet wird, gleichgültig ist, so kommt es hier nur auf das Verhältnis 2 un, I Man erhält dies, indem man die Höhendifferenz der Maxima und Mi- nima an denjenigen Stellen der Interferenzkurven miteinander vergleicht, an welchen die Interferenzen am stärksten und an welchen sie am schwächsten ausgeprägt sind. Im ersten Falle addieren sich, im zweiten Falle subtrahieren sich die Maxima der beiden superponierten Inter- ferenzkurven. Wählen wir wieder die in Fig. 4 dargestellte Reihe als Beispiel, so folgt 4* 40 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. ®, er V hau r UM > Diger er ®, Br: Vhrs ? [ER in> Iiyro Pr Vaart Pr Ver Age to Setzt man für Ay , A, und A, die oben angegebenen Werte ein, ferner für A, = 0.9 mm und für A,, = 0.6 mm, so erhält man für das Verhältnis 2 aus den beiden vorstehenden Gleichungen die Werte 0.65 und 0.60, im Mittel 0.625. Mit Hilfe der so berechneten Konstanten A,,A,, y,,y, und R sind I die in den Figuren 8, 9 und 10 wiedergegebenen Kurven der Energie- verteilung für Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium ge- Fig. 9. Fig. 10. 57 er T 0\— U) 9 9 8 8 7 H 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 Hm 302 = z L On On 90 Reststrahlen von Steinsalz. Reststrahlen von Sylvin. Reststrahlen von Bromkalium. zeichnet. Daß diese Energieverteilungen in der Tat Interferenzbildern entsprechen, welche mit den in den Figuren 3--6 wiedergegebenen angenähert übereinstimmen, ist aus den Figuren 3a, 4a und 5a zu er- sehen. Die darin abgebildeten Interferenzkurven sind aus den Energie- kurven der Figuren 8, 9 und ıo durch Rechnung erhalten. Sie stimmen ziemlich gut mit den beobachteten Interferenzkurven der Figuren 3 bis 6 überein. Bei den Reststrahlen von Bromkali (Fig. 5) ist die Annäherung am vollkommensten, bei den Reststrahlen von Steinsalz (Fig. 3) am unvollständigsten, insbesondere in dem Teil der Kurve, weleher den größten Dicken der Luftplatte entspricht. Rusens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Speetrum. 41 6. Resultate der Wellenlängenmessung. Bezüglich des Zahlenergebnisses der beobachteten Interferenzkurven ist im einzelnen folgendes zu bemerken: Reststrahlen von Steinsalz. Es wurden im ganzen 6 untereinander gut übereinstimmende Fig. 3a. Steinsalz. 0 70 20 30 40 Beobachtungsreihen an ver- schiedenen Stellen der Teil- maschine aufgenommen!. Die in Fig. 3 _ wiedergegebenen Reihen « und 8 sind mit den beiden verschiedenen Quarz- plattenpaaren beobachtet, und zwar « mit den planparallelen, ß mit den keilförmigen Platten. Wie man sieht, zeigen die bei- den Kurven den gleichen Ver- lauf. Bei den folgenden Mes- sungen haben wir meist die planparallelen Quarzplatten ver- wendet, weil sie sich beim Ein- kitten weniger leicht verbogen als die keilförmigen Platten. In den beiden folgenden Tabellen ist die Lage der Maxima und Minima für die mit Reststrahlen von Steinsalz beobachteten Reihen « und 8 zusammengestellt. Fig. 4a. Sylvin. T 0 70 20 30 0 60 70 80 3% ! Bei einer von diesen Reihen diente eine Nernstlampe als Strahlungsquelle. Die beiden Streifen traten in der betreffenden Interferenzkurve ebenso deutlich hervor wie in den übrigen Reihen, und es ergaben sich für die Wellenlängen der Maxima die gleichen Werte. 42 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. Fig. 5a. Bromkalium. 0 70 20 E7] #0 50 60 Reihe ® Maxima | Minima a 387:0 a' 84.6 b | 820 v' 79.2 ec 76.8 & 74.0 d 71.6 d' 68.9 e 65.6 e' 62.8 YA 60.3 | 58.0 I 55-7 g' 53.6 h 50.8 h' 48.6 i 46.0 nl 44.0 k 40.2 k' 37.0 I 34-3 El 2322 Um den Vergleich der Ergebnisse beider Reihen zu erleichtern, sind die Anfangspunkte (a) durch Umrechnung auf den gleichen Teilstrich gelegt worden. In Wirklichkeit wurden die beiden Reihen an ver- schiedenen Stellen der Spindel und Trommel beobachtet. Zur Be- stimmung der Größe A, des Abstandes zweier korrespondierender Punkte, wurden stets nur die am schärfsten ausgeprägten Maxima und Minima verwendet. Als korrespondierende Punkte sind zu betrachten: aund A, bundi, a’ und X, d’ und ‘‘ usw. Hieraus folgt n= ı4 und A = 35.9, nämlich: Reihe « Reihe ® a—hı = 36.0 a—hı = 36.2 b—_ 4 —:36,0 b—i = 36.0 a—h = 35.7 a—h = 36.0 b—i' = 35.8 D—i = 35.2 a A= 35.9 De er . 20.91 = 53.6 u 23 N 2 - 20.91 = 46.9 u exe) ra I Rusens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 43 Es soll an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden, daß die mit Hilfe der vorstehenden Konstanten berechnete Energievertei- lung (Fig. 3a) nur eine Annäherung ist. In Wirklichkeit ist der Ab- fall der Energiekurve nach Seite der langen Wellen wahrscheinlich ein sanfterer, als ihn die Kurve der Figur 3 angibt. Es folgt dies aus dem hohen Reflexionsvermögen, welches Steinsalz für die Rest- strahlen von Sylvin besitzt'. Reststrahlen von Sylvin (Chlorkalium). Drei Versuchsreihen wurden beobachtet, eine davon mit den ko- nischen Quarzplatten. Die Reihen zeigten gute Übereinstimmung; die in Fig. 4 dargestellte ist unter den günstigsten Bedingungen aufge- nommen. Sie lieferte folgendes Zahlenergebnis: nl nr —ore ad —k = 50.0 b—k'= 50.1 b’—I = 49.5 c—l = 49.4 W—r = 50.0 i—r'= 50.0 —s = 50.2 k—s’ = 51.0 k—t = 50.6 50.1 rd e; I = 20,917 — 61.04 17 „= —- =00. 2 1 15 9 9 [1 0.074. 90.084 Die beiden anderen Reihen lieferten für A, und A, die Werte 62.2 und 70.5 u sowie 62.1 und 70,4%. Auch die Werte von y,, y, und a waren mit denen der mitgeteilten Reihe in guter Übereinstimmung. ı H. Rugens und E. Ascukınass, Wien. Ann. 65, S. 253, 1898. 44 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. Reststrahlen von Bromkalium. Von drei beobachteten Reihen sind zwei in Fig. 5 abgebildet. Die mit 8 bezeichnete Reihe ist unter den günstigsten Bedingungen aufgenommen. Die Lage derjenigen Maxima und Minima, welche mit genügender Schärfe hervortreten, ist in den folgenden Tabellen enthalten: Reihe « Reihe & Maxima | Minima Maxima Minima a 104.0 a' 99.9 « | 103.6 a' 99.7 b 96.0 b' 91.7 bil 195.7 b' 91.6 € 88.0 c' 83.9 E89 63 ,1483-8 d 80.0 d' | —_ d 80.1 Zu — e — e | — e - e' —_ 17% 61.9 En | 58.0 I 61.0 F | 57-7 9 | 538 g’ | 505 g 53-3 9’ | 499 h | 45.9 h' | 42:5 h 45-4 h' 41.8 Korrespondierende Punkte sind a und A, ebenso a’ und h’. Hieraus folgt n= 14 und A = 57.8 bzw. 58.1, nämlich Reihe « Reihe ®& A=a—h = 58.1 a—hı = 58.2 ah = 57.5 d—h = 57.9 A—57:8 a A — 7 20.91 = 86.3 u 1, = 86.8 u 14 De nn 75.5 4 al = (0,116) y,= 0.158 ®P. — = 0.74. ®d: Die dritte Reihe ergab A, = 86.4u und A, = 75.54. E. Ascnkınass hat aus dem Reflexionsvermögen des Bromkaliums für Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin den Schluß gezogen, daß das Reflexionsmaximum des Bromkaliums wahrscheinlich zwischen 60 und 701 gelegen sei. Wie man sieht, bleibt diese Schätzung erheblich hinter dem beobachteten Wert der Wellenlänge des Gebietes metalli- scher Reflexion zurück. Re Rugens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 45 Reststrahlen von Jodkalium. Die Reststrahlen des Jodkaliums ergaben in unserem Mikroradio- meter einen Ausschlag von 5 mm; hiervon waren etwa 20 Prozent durch Verunreinigung hervorgerufen. Nach Einschalten des Interfero- meters reduzierte sich der Ausschlag auf 2.3 mm, wovon etwa 2.4 mm von reiner Reststrahlung herrührten. Trotz dieser geringen Energie- menge war es uns möglich, die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Jodkalium zu messen, wenn wir auch leider auf die genaue Fest- legung des ganzen Interferenzbildes verzichten mußten. Wir haben 4 Versuchsreihen angestellt, von denen zwei in Fig. 6 abgebildet sind. Es war uns möglich 5 Maxima und 5 Minima nachzuweisen. Die Strah- lung ist verhältnismäßig homogen, kann aber dennoch sehr wohl aus zwei Streifen bestehen. Die beobachtete Lage der Maxima und Minima war folgende: Reihe « Reihe 8 Maxima Minima Maxima | Minima I a 41.8 a' | 37-8 b | 32.9 b' | 27.9 6.1277 23:6 cH | 19.3 ER FG d' | 100 e | 5.6 eu 0.7 Hits — = l Hieraus ergibt sich die Wellenlänge der Reststrahlen folgendermaßen: Reihe « Reihe £& a—e = 36.5 a—f= 45.7 a—d' = 28.1 d—e' = 37.1 b—d = 183.0 b—e = 27.3 b—e = 9.6 bi da== 1739 92.2 128.0 9242 128.0 De 1010, 200! en ToOMOL- —IORIONNLE x 10 10.46 = 96.54 5 a Die dritte und vierte Reihe hatten A, = 97.84 beziehungsweise A, = 96.9 u ergeben. Die mittlere Wellenlänge und Energieverteilung der Reststrahlen hängt, wie schon öfters hervorgehoben worden ist, nicht nur von dem Material der Platten ab, an welchen die Reflexionen hervorgebracht werden, sondern auch von der Zahl der Reflexionen und von dem Inzidenzwinkel, ferner von der Energieverteilung der verwendeten Liehtquelle, von dem Absorptionsvermögen des Strahlungsmessers und 46 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. ‚Januar. von der selektiven Absorption aller Medien, welche sich im Strahlen- gang befinden. Alle diese Einflüsse sind aber gering gegenüber der selektiven Reflexion des Plattenmaterials, zumal, wenn die Zahl der Reflexionen nicht zu klein gewählt wird'. Ein Vergleich der hier erhaltenen Resultate mit den früheren Wellenlängenmessungen ist jedoch nicht ohne weiteres durchführbar, da bei den Gittermessungen infolge der geringen Energie und der großen Spaltbreiten eine Trennung der beiden Streifen nicht möglich war. Für die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin hatten sich die Werte 51.2 x bzw. 61.14 ergeben’. Auch aus unseren Interferenzkurven läßt sich, wie oben gezeigt worden ist’, ein Wert der mittleren Wellenlänge A, herleiten, wenn man nur die Ab- stände benachbarter Maxima und Minima an den Stellen der Kurven berücksichtigt, an welchen die beiden Schwingungen in Phase sind. Auf diese Weise erhält man für die mittlere Wellenlänge der Rest- strahlen von Steinsalz und Sylvin die Werte 51.7 u und 63.4u. Man sieht, daß die betreffenden Zahlen für Steinsalz gut, für Sylvin aber nur angenähert übereinstimmen. Eine bessere Übereinstimmung ist jedoch ‘schon aus dem Grunde nicht zu erwarten, weil die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen bei den Gittermessungen und bei den Interferometermessungen nicht in der gleichen Weise definiert ist. 7. Absorption und Reflexion der Reststrahlen von Bromkalium. Von den hier untersuchten Reststrahlen sind diejenigen von Stein- salz und Sylvin bereits bekannt. Dagegen gehören die Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium einem Spektralgebiet an, von welchem man bis jetzt keine Kenntnis besaß, und es ist daher von Interesse, das Verhalten dieser Strahlen nach einigen Richtungen hin näher zu untersuchen. Hierbei kommen allerdings hauptsächlich die Reststrahlen von Bromkalium in Betracht, da die Reststrahlen von Jodkalium für viele Messungen zu schwach sind. Immerhin war es uns möglich, die Absorption jener langwelligen Strahlen von fast '/;o mm Wellen- länge in einer Reihe von Substanzen zu untersuchen. Über die Resultate der Absorptionsmessungen gibt die folgende Tabelle Aufschluß. Unter der prozentischen Durchlässigkeit D ist der hundertfache Quotient der beiden Ausschläge zu verstehen, welche nach ! Viel stärker als die Wellenlänge der Maxima wird die Homogenität der Rest- strahlen durch die Zahl der Reflexionen beeinflußt. ®2 H.Rusens und E. Ascakınass, a.a.0. S. 246 und 247. Siehe auch E.F. NıcHors und W.S. Day, Plıysical Review, 27, 1908, S. 225. Diese Beobachter erhielten für die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Steinsalz den Wert A = 52.3 u. ® Vgl. S.36. Rusens und H. HorLnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 47 und vor dem Einschalten der betreffenden Substanz in den Strahlen- gang beobachtet wurden. Auf die Reflexion an den Oberflächen der Platten ist hierbei nicht Rücksicht genommen. Prozentische Durchlässigkeit D für Material Dicke d Reststrahlen von | Reststrahlen von Bromkalium Jodkalium WWATZE Er ne 64.9 = ee arase 47.6 | 59.2 Beet 39.2 2 RR hr 31.4 | 50.4 Baralünk sa, is. 47-6 54.5 Glimmer s..=2serie.: 51.7 25 Hartgummi ........ 30.3 3.0 Wasser... 77-3 _ BluoritSe44- ae [6) o Steinsalzu. er. ae o {6) Glas ed o o SIT {6} o Wasserdampf...... 38.7 33.0 Kohlendioxyd....... 100.0 | — Im einzelnen ist den Angaben der Tabelle noch folgendes hin- zuzufügen. Von den untersuchten festen Körpern zeigen nur Quarz, Paraffin und Hartgummi in diekeren Schichten eine merkliche Durch- lässigkeit. Glimmer aber läßt sich so dünn spalten, daß er weder durch Absorption noch durch Reflexion eine merkliche Schwächung der Strahlen hervorbringt. Die untersuchte dünne Wasserschicht war eine Seifenlamelle, welche 10 Prozent Glyzerin und ı Prozent ölsaures Natron enthielt. Sie wurde . mit Hilfe des früher benutzten Apparats erzeugt und während der Messung konstant gehalten‘. Auch die Diekenmessung geschah in der früher beschriebenen Weise auf optischem Wege. Da indessen die Dicke der Membran an verschiedenen Stellen zwischen 2.21 und 3.04 schwankt, so ist das Resultat nur angenähert richtig. Zur Messung der Wasserdampfabsorption wurde ein 40 cm langes, 9 cm weites Messingrohr mit offenen Enden in den Strahlengang ein- geschaltet, welches durch elektrische Heizung auf einer Temperatur von 150° gehalten wurde. Durch einen seitlichen Rohransatz konnte aus einem Siedegefäß Wasserdampf von 100° und Atmosphärendruck in das Rohr eingelassen werden. Innerhalb des Rohres wurde der Wasserdampf stark überhitzt; auch beim Austritt des Dampfes aus den offenen Rohrenden trat zunächst keine Kondensation ein; eine schwache ı H. Rusens und E. Lavensurc, Verhandl. der Dt. Phys. Ges. XI, S.ı6, 1909. 48 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. Wolkenbildung zeigte sich erst in größerer Höhe über dem Rohr. Während die Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin in einer 40 em langen Wasserdampfschicht nahezu vollkommen absorbiert werden, geht durch eine solehe Schicht noch ein sehr erheblicher Bruchteil der Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium hindurch. Die Ab- sorption des Wasserdampfs ist in dem Spektralgebiet zwischen 8ou und 1004 zwar immer noch sehr beträchtlich', aber zweifellos ge- ringer als in dem Wellenlängenbereich von 50 bis 7ou. Das gleiche gilt von der Absorption des flüssigen Wassers. Für die Reststrahlen von Steinsalz hatte sich der Extinktionskoeffizient 9 zu 0.68 ergeben”. Für die Reststrahlen des Bromkaliums berechnet sich der Extinktions- koeffizient des Wassers aus den Zahlen der vorstehenden Tabelle” zu 100 9 = log nat SDR 0.66. Daß sich hier trotz der größeren Wellenlänge ein kleinerer Extinktions- koeffizient ergibt, zeigt, daß die Schwächung des Strahles, bezogen auf die gleiche Weglänge, eine geringere ist. Bekanntlich hat Drupe' aus der Dispersion des Wassers im sicht- baren und angrenzenden Spektralgebiet und mit Benutzung des be- kannten Wertes der Dielektrizitätskonstanten für unendlich lange Wellen das Gebiet der metallischen Absorption des Wassers zu 794 berechnet. Die starke Absorption, welche die Reststrahlen von Stein- salz und Sylvin im Wasserdampf erfahren, schien dieses Resultat zu bestätigen’. Es ist jedoch durch neuere Versuche gezeigt worden, daß die Voraussetzungen der Drupeschen Berechnung nicht erfüllt sind und daß daher dem Ergebnis jener Rechnung keine Bedeutung zukommt‘. Besonders eingehend ist die Absorption, welche der Quarz für die verschiedenen Reststrahlen besitzt, von uns untersucht worden. Diese Frage bietet hier ein besonderes Interesse, weil unsere Interfero- meterplatten aus Quarz bestanden und eine selektive Absorption in den Quarzplatten einen Einfluß auf die Wellenlängenmessung ausüben muß. Unsere Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. ! Daß die Reststrahlen von Bromkalium durch Wasserdampf absorbiert werden, geht auch aus der Tatsache hervor, daß die Flamme des Bunsenbrenners diese Strahlen in merklichem Betrage emittiert. Die überwiegende Menge der Reststrahlen wird jedoch in dem Auerbrenner von dem Glühstrumpf ausgesandt. ® H. Rusens und E. Lavengurg, Le Radium VI, S.108, 1909. ® Eine merkliche Reflexion der langwelligen Strahlung findet an der Seifen- lamelle wegen ihrer schwachen Absorption und geringen Dicke nicht statt. * P. Drupe, Physik des Äthers S. 533. ° II. Rusens und E. AscHkınass, a.a. 0. S. 252. % H. Rugens und E. Lapengurg, Diese Berichte 1908, S. 274. Rusens und H. Horınaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 49 Quarz, senkrecht zur Achse!., Prozentische Absorption A für die Reststrahlen Dicke d von Steinsalz Sylvin Bromkalium | Jodkalium mm 0.60 35.8 14.8 12.2 _ 2.00 67-7 46.0 35-5 20.0 3.03 76-9 54-9 46.8 — 4.03 82.6 69.4 57-6 32.0 Bei der Berechnung der prozentischen Absorption ist der Reflexions- verlust an beiden Oberflächen der Platten, welcher etwa 26 Prozent der auffallenden Strahlung beträgt, in Abrechnung gebracht. Man sieht deutlich, wie die Absorption des Quarzes mit wachsender Wellenlänge langsam abnimmt. Stark selektiv ist die Absorption nur für die Reststrahlen von Steinsalz. Berechnet man die Absorptions- konstante g nach der Formel für die verschiedenen Reststrahlenarten, so nimmt diese Größe mit wachsender Plattendicke bei den Reststrahlen von Steinsalz von 0.70 bis auf 0.47 ab. Dagegen zeigt sie sich bei den übrigen Reststrahlen angenähert konstant und beträgt für die Reststrahlen von Sylvin 0.281, für diejenigen von Bromkalium 0.216 und für diejenigen von Jodkalium 0.104. Nur bei den Reststrahlen von Steinsalz ist daher ein merklicher Einfluß der selektiven Absorption der Platten auf die Wellenlängenmessung vorhanden. Er bewirkt, daß die Maxima der Energiekurve um einige Zehntel x nach Seite der langen Wellen verschoben werden. Ferner bedingt er eine erhebliche Verschiebung des Höhenverhältnisses der beiden Maxima zugunsten des langwelligen Streifens. Zur Messung des Reflexionsvermögens ver- wendeten wir dieselbe Einrichtung, welche bei früheren Versuchen dem gleichen Zwecke gedient hatte. An derjenigen Stelle des Stralı- lenganges, an welcher in Fig. 2 das Interfero- meter gezeichnet ist, wurde durch einen schräg- gestellten Planspiegel S, (Fig. ı 1) die Strahlung abwärts geworfen. Sie traf-unter einem Inzidenzwinkel von ungefähr 15° auf die zu unter- ! Die Platten sind senkrecht zur optischen Achse geschnitten. Die Strahlen durchsetzen also die Quarzplatten in Richtung der optischen Achse. 50 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. suchende Oberfläche O, welche, sofern es sich um einen festen Körper handelte, mit Hilfe einer empfindlichen Libelle genau horizontal ge- stellt war. Auch wurde sorgfältig darauf geachtet, daß alle zu ver- gleichenden reflektierenden Oberflächen in derselben Horizontalebene lagen. Dieses konnte mit Hilfe des Tasters Z leicht kontrolliert wer- den. Die von der Oberfläche O reflektierten Strahlen gelangten nach abermaliger Reflexion an dem Planspiegel 5, in den Kasten X und zeigten von hier an den in Fig. 2 dargestellten Verlauf. Die Licht- quelle A und der Hohlspiegel B waren bei diesen Versuchen so ein- gestellt, daß in der zu untersuchenden Oberfläche O ein Bild des Auer- strumpfes entstand. Es hatte dies den Vorteil, daß man genau erkennen konnte, welche Teile der Oberfläche an der Reflexion teilnahmen. In der folgenden Tabelle sind die Werte des Reflexionsvermögens einiger Substanzen für die Reststrahlen von Bromkalium angegeben. Das Reflexionsvermögen des Silbers ist darin gleich 100 gesetzt. Reststrahlen von Bromkalium. Substanz Reflexionsvermögen Bromkalum"s. „een 82.6 Prozent Jod Kal Um geRe ER: 29.6 SYLVIRIERN SER ee 36.0 StOINBAlZI LIT RL ER 25.8 D BlDOrIUE ee eeere 19.7 D SE 14.0 » Wasser(a— 10) Se 9.6 » Wie zu erwarten war, ist das Reflexionsvermögen von Bromkalium für die eigenen Reststrahlen sehr hoch. Der in der Tabelle angege- bene Wert von R ist sogar zweifellos noch etwas zu klein, da die untersuchte Platte nicht frei von Sprüngen war. Die Reflexionsver- mögen von Steinsalz und Sylvin sind für die Reststrahlen von Brom- kali noch immer wesentlich höher, als sich aus ihrer Dielektrizitäts- konstante für unendlich lange Wellen ergeben würde; dagegen ent- spricht das Reflexionsvermögen des Flußspats jenem Wert bereits sehr angenähert. Aus der Dielektrizitätskonstante A = 6.8 berechnet sich das Reflexionsvermögen des Flußspats für unendlich lange Wellen zu 19.9 Prozent‘. Um das Reflexionsvermögen des Wassers zu bestimmen, stellten wir auf das in Fig. 11 gezeichnete Tischehen eine Kristallisationsschale, em ! Ein hiervon wenig verschiedener Wert hatte sich früher auch für die Rest- strahlen von Sylvin ergeben, nämlich 20.4 Prozent (H. Rusens und E. Ascukınass, a.a.0.S. 253). Rusens und Il. Hotısaser: Messungen im langwelligen Spectrunm. 51 welche bis zu der erforderlichen Höhe mit Wasser gefüllt wurde. Das beobaclıtete Reflexionsvermögen R = 9.6 Prozent ist nahezu von der gleichen Größe wie dasjenige, welches sich für Reststrahlen von Stein- salz ergeben hatte‘. Aus dem Extinktionskoeffizienten y = 0.66 un.l dem Reflexionsvermögen /t = 9.6 erhält man den Breehungsexponenten des Wassers nach der Formel 100 + RR (100-+R\® Fo —— — _- ee = — — he —i 100 —R 100—R 9 zu 1.41.” Nach derselben Methode war für die Reststrahlen von Fluß- spat der Brechungsexponent 1.41, für die Reststrahlen von Steinsalz 1.36 abgeleitet worden. So ungenau diese Methode auch zweifellos ist, so zeigen doch diese Zahlen mit absoluter Sicherheit, daß der Brechungsexponent des Wassers bei der 200fachen Wellenlänge des blauen Lichts noch angenähert denselben Wert besitzt wie im sicht- baren Spektrum. 8. Zusammenstellung der Ergebnisse. Der Inhalt der vorliegenden Untersuchung läßt sich folgender- maßen zusammenfassen: 1. Die Wellenlänge und Energieverteilung der Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium wurde mit Hilfe eines Quarzinterferometers untersucht. 2. Hierbei ergab sich, daß die Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium aus je zwei Streifen von verschiedener Stärke be- stehen. Dies ist auch für die Reststrahlen des Jodkaliums möglicher- weise der Fall. 3. Die Wellenlänge der einzelnen Streifen ist in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Diejenige des stärkeren Streifens ist mit A,, diejenige des schwächeren mit A,, die mittlere Wellenlänge® der be- treffenden Reststrahlenart mit A, bezeichnet. Außerdem enthält die Tabelle die Molekulargewichte M der untersuchten vier Substanzen. ! Durch besondere Versuche haben wir uns davon überzeugt, daß die Absorption der Strahlung in der über der Wasserfläche lagernden gesättigten Wasserdampfschicht keinen merklichen Einfluß auf das Resultat unserer Reflexionsmessung ausgeübt haben konnte. Wir brachten ein 30 em langes Rohr, welches innen mit nassem Fließpapier ausgekleidet war, in den Strahlengang, während im Arbeitsraum ein relativer Feuch- tigkeitsgehalt von 29 Prozent herrschte. Durch Einschalten des Rohres trat keine merk- liche Schwächung der Strahlung ein. Wir dürfen hiernach annehmen, daß auch bei der Messung des Reflexionsvermögens kein Fehler durch die Wasserdampfabsorption herbeigeführt worden ist. 2 Der zweite Wert, welchen die Formel für » liefert, ist r.o1. Er kommt nicht in Betracht. ZVelsS. 36. 52 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar. Reststrahlen von Sylvinsmererper Bromkalium .... Jodkalium ...... Man sieht, daß die mittleren Wellenlängen mit den Molekulargewichten wachsen, und zwar langsamer als die Molekulargewichte, aber schneller als deren Quadratwurzeln. 4. Der Brechungsexponent des Wassers ist bei A= 82.3 » noch von derselben Größenordnung wie im sichtbaren Spektrum. 5. Durch die Untersuchung der Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium hat das uns bekannte Spektrum eine Erweiterung um eine halbe Oktave erfahren. Es umfaßt nunmehr zehn volle Oktaven, von welchen zwei im Ultraviolett, eine im sichtbaren Gebiet und sieben im Ultrarot gelegen sind. Ausgegeben am 27. Januar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. auch in weiterer Ausführung, in prache veröffentlicht sein DER =: e eine dem zuwiderlaufende Veröffent- dem ‚redigi enden Seeretar vor der Ausgabe in S a Schriften zur Kenntniss kommen, so theilung aus diesen zu entfernen. ler Verfasser einer aufgenommenen wissen- n N ittheilung‘ dieselbe anderweitig früher zu ‚he beabsichtigt, als ihm diess nach «den gel- ech Ein zusteht, so bedarf er dazu der Ein- r Gesammt-: Akademie. sreden anderweitig zu veröffentlichen ist "unbeschränkt gestattet, F Bes. 21: ie ie si ungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken Y Banoszes acht Tage nach jeder Sitzung. Er E% Aus $ 22. en eröffnet eine Übersicht über die g vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- er die zur Veröffentlichung geeigneten ge- n Angelegenheiten. en’ iteln der wissenschaftlichen Mittheilungen r Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, Terfasser einreichen, und für welche sie ver- sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in Druckzeilen beschränken, keinesfalls berschreiten. ht in den Schriften der Akademie erscheinenden "werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)» a ca Mittheilungen N SER ngen aus ( dem Jahre 1907 . . . - - Physikalische Abhandlungen BE: Mitenistische Abhandlungen. . ln aus dem Jahre 1908: alise mathematische Classe . - - 3 Olasse PR ET P e Abhandlungen aus den Jahren 1906, 2 Bien en "Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum U.S.W. . » e. zur aegyptischen Chronologie . räge zur Zuckungslitteratur des Occidents undl Orients. Iron Abhandlungen der Akademie. ER ehnbsöpkische: und historische Abhandlungen Ep AR 7 Or Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- assenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedrmekt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reiehsdrucke rei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redig ıden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- sehehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Sehwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den ins$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reiehsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieıer abholen lassen werde, wünseht jedoeh die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf‘ Verlangen versandt: die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitglie«le zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- ge siehert werden, Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- eriffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. U een AERT, E M 37. BE N CHAR: EN IE ok. er van „ .17.— Ai a ee a 9 SR 1908 und 1909. AM 2450) 1907, alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? me ar u Wr ” ” ” » N. e ENT NE obachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » 250 wca: F ! ossile Flugthiere und Erwerb des Hlugvermopens em. r cc ee a; w 2.— von Srranonırz: Die Bildnisse des Sokrates. . a »„» 4L— AMOWIT Moerenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff ARE. a U SFT A El Ü I ede auf auandy Zellen. ala an ange 1 ana PK er en n _Urgeschichte im se Schrittthumg. rs N „ FE Brer.- .. I A ES, Th Are bekenntniss der onleneianenı von Sardica I Re ER? er 2.— cessu retromastoideus - - - Pe a 0, Be 5 berhard Schrader . ec la Ei Pe N en En Steig F e Seal base in ga N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . . HM 5.— H. Beck: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüra. . . » 4.50 K. Gorsanovıc-Kramgerger: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen er 7 3230250, N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung ee u 9 O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . . . Be all] H. Beoxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik . . 4 nd Tu. Wirsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . alla ME ua |: 1:7 RE L. Jacousonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks Sort EN HERE NN <., 350) B Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . EV. Mi A—.: VL nA M. Cosrar: Arbor juris des-früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ER A "2 L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . nd A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen ”» 2. Sitzungsberichte der Akademie. Preissdes Jahrgangs; 2. 2 real, Loden nn Bee ee Ne ae Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. VAHLEn: über Leısnız und SCHLEIERMACHER . . ee ee ee Fıscner und E. Fratau; optisch active Propylisopropyleyanessigsäure Er » 0.50 H. Porr: über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chrombraunen Zellen im Centralnervensysten ger dRingelwürniend(hierzu, Dat VillyR EN ne » 0.50 P. Rırrer: drei neue Briefe von Leısnız » 0,50 A. Tornxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen nd! in Catälonien, »: 1.— Heusrer: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage » 1.— E. Resener: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek- trischen Elementargnantums - „» 1 L. Grunsacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von _Erderschütterungen kleinster Periode (hierzu Taf. VII). . . » 050 J. MiLDeraen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria- Seo bis zu den Kiwu- Vulcanen N Nabn RT Vs ao nel Be A ae 1— Meyer: der Diskus von Phaestos und die. Philister auf Kreta . H rs H. Wesznaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia h A. vox Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII) van’T Horr: über synthetische Fermentwirkung . ; K. Scnmipr und W Scuurarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek Vanten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius Munk: über das V erhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung bh ei Per ut [> oO höherer Theile . : N a ee » 1— Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe 4 r 0.50 Scaorsky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen ver- bunden sind . LE NEN ee Branpr.: the Cock in the North - 1.— Hermerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Paste schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf‘ der EURE vom Innern der Faunene und Oceane nach 39 Küsten . . » 0.50 A. von Lz Oog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und a ED A er I nl Orts: über einige Krebsfragen . ns a „KEN H. Sasırer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). » 0.50 Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pilanzengeograplische Gliederung des tropischen und extratropischen Östasiens . . » 1.— K. Gonsanovic-Krangereer: der Unterkiefer der Eskimos (Gr. Snländen) als Tri äger prinitiver Merk- males(hierzu. Tat, Rind XV) nn en » RE Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frrmar'schen Satz A 050 Frosenius: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen ) " Ye Er FE a Rurens und H. Horunager: Messungen im langwelligen Spectrum » » » 2» 2 2 2 m en .0n Lo 'SITZUNGSBERICHTE er FÜ RN . at B; DER Br KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AR: he j | E Wi > > 1 uN ’ e _ ‚ Pr f on nr Öff. ich Sitzung am 27. Januar. S 3 } s: Ansprache. (S. 53) wi 2 Ansack: Festrede. SEE «A ichte über die akademischen Unternehmungen und Jahr: Ehherknee der Stiftungen. (S. 64) rsicht über die Personalv SIaNdeEt ‚8 101) 2 w nn BR Ne at R ki) ’ k A } ’ ET I er | ( 0 r } 6, "77, N 4a #7 LASONIAN perd ‘ u $; #r F } r ’ R k rn ‘ ER ’ BERLIN 1910. VERLAG pen KONIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 4 ; IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen D Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41.1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen « bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. Ss 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Sehrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf‘ seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden. so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographisehe Original- aufnahmen un. s. w.) gleichzeitig mit dem Mäanuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nieht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung dureh das Secretariat geboten. Aus $ 5. - Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen «, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, (Fortsetzung auf 8.3 Rn iin Kosten ee en Par Ans S ‚6. reichende ee für De Ara ee and die lee der Schriften enthalten. Bei Fr Mitgliede vor Kinzeichung des Manuscripts vo) Dasselbe, hat Sich Eu BOREn seid dass der nz erste Correemmr ihrer Mitheilungen besorgen ı d Möglichkeit nicht über Far ee von Dr ick ieh leichten Schreibversehen hinausgehen. U fäng] che Correeruren Fremder bedürfen der Genehmigung de edi girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei ei, 4 und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. “€ en ns 4 y Aus S8. a Ye h ‚Von allen in gig Sitzungsberichte ‚od F 1 I 4 Verfasser sich ausdrücklich ER sg S erhält ein Vera welcher Mitglied der zu mralenn I ertheilung ‚ohne weit von noch 100 und auf seine Kon aa Re. d zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen u las ssenn sofern er diess rechtzeitig dem zelnen ‚Seen tar. Ber gezeigt hat; wünscht cr Shgencke zur Vertheilung een Cs — Nichamtiglieder erha ılten 50 Exemplare und a nach ee An, Von den Sonderabdrucken aus den Pr hält ein Ve rel Mitglied ‚der Akademi von noch 100 An auf seine Ham neh Ba u zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) zieh a1 zul sen, L sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden ı Seere tar ar gezeigt hats ugechp er Pe seine - sten och mehr Kosten abziehen hrs Eine für die akademischeı j stimmte wissenschaftliche Mi ae a wo SITZUNGSBERICHTE 1910. Nik DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 27. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Friepkrıcn’s I. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. Der Vorsitzende eröffnete die Festsitzung mit einer Ansprache, in der er im Namen der Akademie ihrem erhabenen Protektor wärmste Glückwünsche und ehrerbietigsten Dank aussprach und aus Anlaß der von der Kgl. Akademie der Künste soeben eröffneten Ausstellung von Werken französischer Kunst des 18. Jahrhunderts die großen Verdienste FRIEDRICHS DES GROSZEN um die Wiederbelebung der Akademie hervor- hob. Ferner erneuerte er die säkularen Erinnerungen an die Aner- kennung des Institutes von Seiten Frreprıcas I. durch das Statut vom 3. Juni 1710 und die Reorganisation der Akademie durch Frırprıch Wirnern Ill. vor hundert Jahren. Darauf hielt Hr. Harnack die wissenschaftliche Festrede: Der Herr Sekretar hat in seinen einleitenden Worten daran erinnert, daß die Akademie in diesem Jahre ein doppeltes Jubiläum feiert: vor zweihundert Jahren erhielt sie ihre Statuten und wurde nun erst wirk- lich in Aktivität gesetzt, und vor hundert Jahren wurde sie im Zu- sammenhang mit der Neugründung der Universität zu einer deutschen Akademie umgeschaffen und empfing die Organisation und die Auf- gaben, in denen wir noch heute stehen. Es möge mir gestattet sein, uns beide Ereignisse näher zu rücken. Aber Sie werden, was das erste betrifft, gewiß nicht wünschen, daß ich von dem alten Statut erzähle; denn dieses kann, wie jedes Gesetzbuch, ein lebhafteres Inter- esse nur bei solchen beanspruchen, die es angeht. In demselben Jahre 1710 aber, in welchem das Statut erlassen worden ist, hat sich auch unsre Akademie zum ersten Male der wissenschaftlichen Welt bekannt gemacht, d. h. sie hat den ersten Jahresband ihrer Arbeiten heraus- Sitzungsberichte 1910. b) 54 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. gegeben. Damit trat sie erst wirklich in die Erscheinung, und dieser Band der »Miscellanea Berolinensia ad inerementum seientiarum« ver- dient alle Beachtung; denn er, nicht das Statut, ist ihre wahre Ge- burtsurkunde. Wie nach der Legende Abraham in das Land der Verheißung gegangen ist, einer inneren Weisung folgend und in der sicheren Über- zeugung, hier müsse er Fuß fassen, so zog es Leısxız in den Staat des Großen Kurfürsten. Sein politischer Seherblick, der sich in bezug auf Frankreich, den Suezkanal, Rußland und die Bedeutung des Stillen Ozeans in gleicher Weise bewährt hat, erblickte in dem Mittelstaat Brandenburg-Preußen den führenden deutschen Staat der Zukunft; hier müsse daher auch der neuen Wissenschaft eine Stätte bereitet werden, Ja, hier solle sie den Mittelpunkt erhalten, der wie ein Magnet alle im nördlichen Deutschland vorhandenen Kräfte an sich zöge und in dem Weltsystem der Akademien, das Leızxız vorschwebte, eine wichtige Stelle einnehme. Seiner Sache gewiß und mit jenem Mut, der den Widerstand der stumpfen Welt besiegt, setzte Leissız sein Vorhaben durch. Fehlten auch politische Nebenabsichten nicht — die Wissen- schaft und die durch Wissenschaft zu befördernde Wohlfahrt des ganzen Menschengeschlechts waren ihm die eigentlichen Leitsterne. Er trug sie in der Brust, und sie leuchteten ihm vor; er wagte ein hohes Spiel, und er gewann es: eine Sozietät der Wissenschaften mit den mannigfaltigsten und höchsten Aufgaben, die je einer Akademie auf einmal gestellt worden sind, wurde hier, nicht weit von der damaligen Grenze der zivilisierten Welt, gegründet. Man hat von Lurner gesagt: »Er war die Reformation«; in dem gleichen Sinn kann man von Lenz sagen: »Er war die Akademie, er war die Wissenschaft in Berlin.«e Was er hier als »Kollegen« sammelte und in der Sozietät neben sich stellte, war, von wenigen Männern zweiten Ranges abgesehen, ohne jede Bedeutung. Zehn volle Jahre hat er nach der Gründung der Sozietät gearbeitet, um sie wissen- schaftlich überhaupt mobil zu machen, zehn volle Jahre, um den ersten Band der Miscellanea Berolinensia diesem Sandboden abzugewinnen. Und nicht nur mit dem Unverstand und der Trägheit hatte er es da- bei zu tun — fast jede dieser Nullen leistete bald einen bösen Wider- stand und, vor allem, jede hatte eine Stimme! Bald sah er sich einer Koalition kleinsinniger Feinde gegenübergestellt, und da ihn auch der Hof mehr und mehr fallen ließ, da ferner niemand begreifen wollte, warum er sich nicht nunmehr als saturierter Geheimrat mit seiner Wirksamkeit auf Berlin beschränke, wurde seine Stellung tief er- schüttert. Aber bevor sich das Band langsam und doch so schmerz- lich löste, das ihn mit seiner Schöpfung verband, hat er noch im nr Harnack: Festrede. #35) Jahre 1710 den ersten Band der Publikationen der Sozietät fertiege- stellt und sie dadurch erst ins Leben gerufen. Dieser Band ist in jedem Sinn als sein Werk zu betrachten. Zu- nächst ist die inhaltsreiche und glänzende Widmung an den König von ihm niedergeschrieben; sie gibt Rechenschaft darüber, an welchem Punkte die Wissenschaften heute stehen. Hier finden sich die stolzen Worte: »Communis hominum thesaurus situs est in magnis Veritati- bus, quibus tanquam magieis carminibus Natura paret.« In den Krrrer- Newronschen Gesetzen, in der neuen Naturwissenschaft, erfüllten sich die Träume des Astrologen und Alchimisten: »Naturae sacerdotes in ipsa Divinae Sapientiae arcana admittuntur.« Dann folgen nicht weniger - als 58 Abhandlungen. Sie sind von sehr ungleichem Wert, aber Leıznız hatte dafür gesorgt, daß keine den Boden der neugewonnenen Wissen- schaft verleugnete. Als Ganzes konnte sich dieser erste Band, obgleich Leigsız nicht ganz zufrieden war, neben jedem Band der älteren euro- päischen Akademien sehen lassen; ja, er übertraf sie alle — nicht durch die Feinheit der Darstellung und den Glanz der Rede, wohl aber durch die große Mannigfaltigkeit des Inhalts, durch strenge wissen- schaftliche Sachlichkeit, die jede Phrase vermied, und durch das Ab- sehen von allen gelehrten Quisquilien, wie die Universitäten sie damals liebten. Den Anfang macht eine Abhandlung mit dem Titel: »Kurz- gefaßte Erwägungen über die Ursprünge der Völker, hauptsächlich auf Grund sprachlicher Beobachtungen.« Sie beginnt mit den Worten: »Die Anfänge der Völker liegen hinter aller Geschichte, aber ihre Sprachen ersetzen den Mangel alter Denkmäler. Die ältesten Spuren der Sprachen sind in den Namen der Flüsse und Wälder erhalten, welche bei allem Wechsel der Anwohner sehr häufig konstant geblieben sind. Ihnen folgen an Bedeutung die Ortsnamen; je älter, um so schwieriger ist hier freilich die Etymologie. Endlich führen uns auch die alten Rufnamen, wie sie sich z. B. bei den Friesen erhalten haben, in das Heiligtum der alten Sprache.« Der Gelehrte, der vor nun zwei Jahrhunderten diese Worte niedergeschrieben hat, zeigt in ihnen die Klaue des Löwen! Mit sicherem Blick erschaut er nicht nur eine neue Provinz der Wissenschaft, nein, ein ganzes Reich! Mit Hilfe der Sprache verheißt er in dasselbe vorzudringen! Wer ist dieser Seher, der sich nun sofort selbst anschickt, Streifzüge in das geschaute un- bekannte Land zu unternehmen? Natürlich ist es Leısnız, wer anders? Die Streifzüge selbst bieten freilich nur noch historisches Interesse; sie konnten noch nicht Erfolg haben. Aber die Aufstellung des Pro- blems ist das Geniale und Wertvolle. Unvergessen soll es bleiben, daß die erste wissenschaftliche Abhandlung, die die Akademie hat ausgehen lassen, von dem Plane berichtet, mit Hilfe der Sprache in 52 56 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. die Urgeschichte der Völker einzudringen! Die Entdeckung und rich- tige Formulierung einer großen Aufgabe ist bereits mehr als der halbe Weg zu ihrer Lösung! Noch elf weitere Abhandlungen hat Lemwnız diesem Band ein- verleibt; sie finden sich verstreut in allen drei Hauptabteilungen, der literarischen, der physikalisch-medizinischen und der mathematisch- mechanischen, so daß der Sekretar der Pariser Akademie mit Recht sagen durfte, Lrıssız erscheine hier unter beinahe allen seinen ver- schiedenen Gestalten, als Historiker, Antiquar, Etymolog, Physiker und Mathematiker. Da ist eine Abhandlung zur jüngsten Geschichte der Kunst des Goldmachens; ihr Titel könnte auch lauten: Vom Sterbe- lager der Alchimie; denn sie beginnt mit den Worten: »Inter mor- tuas Alchymistarum spes.« Da ist ein Essay über ein chinesisches Brettspiel, das auf 324 Feldern gespielt wird. »Schon oft habe ich bemerkt,« so führt Leısnız diese Studie ein, »daß die Menschen nir- gendwo geistreicher sind als bei den Spielen; daher verdienen die Spiele die Aufmerksamkeit der Mathematiker — nicht an sich, son- dern der Erfindungskunst und der Wahrscheinlichkeitsrechnung wegen. « Daß bei dem hier von ihm beschriebenen Brettspiel keine Steine ge- mordet, d.h. weggenommen, werden, veranlaßt ihn zu der hübschen Bemerkung: »Ich glaube, ein Brahmine muß der Erfinder gewesen sein, der, allen Mord verabscheuend, unblutige Siege wünschte; denn es ist bekannt, daß nicht wenige ostindische Völker, darin christlicher als die, die sich Christen nennen, selbst im Kriege das Töten ver- meiden. « Es folgt eine Abhandlung über die Entdeckungsgeschichte des Phosphors mit scharfer Kritik der landläufigen Meinung darüber. Daran reiht sich eine Studie über Versteinerungen; er teilt dabei mit, daß er schon vor vielen Jahren eine bisher nicht veröffentlichte Disser- tation geschrieben habe: »Über die Spuren der ältesten Geschichte in den Monumenten der Natur.« Wie die Sprache die älteste Völker- geschichte aufdecken soll, so die Versteinerungen die älteste Natur- geschichte. Wieder eine Einsicht ersten Ranges! »Ich glaube,« fügt er hinzu, »daß die meisten Versteinerungen älter sind als die noa- chische Sintflut, daß die meisten alten Tiere Wassertiere und Amphi- bien waren und daß sie sich beim allmählichen Verschwinden des Wassers in einer langen Zeitperiode zu Landtieren umgewandelt haben. « Spricht Leissız hier in der Wissenschaft zu uns wie ein Zeit- genosse, so zeigt er in der folgenden Abhandlung, die das heute ak- tuellste Thema berührt, deutlich die Schranken seiner Epoche. Der Jesuit Franz Lana, in der Geschichte der Luftschiffahrt wohl bekannt, hatte den Vorschlag gemacht, einen hohlen kupfernen Ballon von Harnack: Festrede. 57 16 Fuß Durchmesser zu konstruieren, derselbe werde, luftleer gemacht, von selbst aufsteigen. Leısnız zeigt demgegenüber, daß die kupferne Hülle eines solchen Ballons nicht stärker als !/; mm sein dürfe, also sei der Ballon nicht konstruierbar und würde den hohen Druck nicht aushalten. Dann aber fährt er fort: »Gott hat hier den Versuchen der Menschen eine Fessel angelegt, und zwar mit Recht, um die schlimme Absicht solcher, die die Luft befahren wollen, zu zügeln« (»ne hominum Aerosatoynton malitia co@rceri non posset«). An diesem Punkte nahm also auch noch ein Leisnız an dem mittelalterlichen Vor- urteil teil, das Eindringen in die Natur sei eine titanenhafte Verwegen- heit; er hatte also seinen triumphierenden Satz vergessen: »Naturae sacerdotes in ipsa Divinae Sapientiae arcana admittuntur!« Ob hier nicht selbst bei einem Lrıznız unbewußt das Vorurteil nachwirkt, der Sitz Gottes sei im Himmel über uns? Um so erfrischender mutet seine Abhandlung über das Nordlicht an. Er stellt zusammen, was die Menschen alles als Nordlicht gesehen haben wollen, ganze Schlacht- reihen, Fußvolk und Reiterei, Kanonen und Kugeln. » Wunderbar, daß sie nicht auch vom Schmettern der Trompeten und vom Geräusch der Waften berichtet haben! das wäre nicht unglaublicher! Durchaus wahrscheinlich ist, fährt er fort, daß, wenn auch nicht alles, so doch das meiste, was in Chroniken ähnlich erzählt wird, denselben Ursprung hat und daher gleich unzuverlässig ist.« Hier spricht der Führer einer gesunden Aufklärung. Ich muß es mir versagen, auf die übrigen Abhandlungen Leıs- nızens und auf den sonstigen Inhalt dieses ersten Bandes unserer Akademieschriften einzugehen. Nur das sei des besonderen Inter- esses wegen noch bemerkt, daß sich in ihm eine treffliche Abhandlung zur römischen Mark-Aurel-Säule nebst einer Abbildung findet, zu der- selben Säule, zu deren Abformung der Kaiser vor einigen Jahren die Mittel huldvollst bewilligt hat. Der Band wurde von der gelehrten Welt mit vieler Anerkennung aufgenommen; aber er verführte zu der Vorstellung von der Aka- demie, als wäre sie an sich schon etwas. Aber sie glich damals einem Geschäfte, dessen Waren sämtlich im Schaufenster liegen. Nach- dem man diese verkauft hatte und der Prinzipal verdrängt war, blieb fast nichts mehr übrig. Erst nach einem Menschenalter durch Frırp- RICH DEN GROSZEN wurde die Akademie umgebildet und kam nun erst zu wirklicher Blüte. Aber auch die Gestalt, die sie nun empfing, konnte trotz alles gerechten Ruhms, den sie Jahrzehnte hindurch erntete, nieht die de- finitive sein. Eine französische Akademie auf deutschem Boden, eine Akademie, die weder vom Geiste Kants noch Hervers noch GOETHES 58 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. berührt war, war am Anfang des 19. Jahrhunderts ein peinlicher Ana- chronismus. Viele berufene und unberufene Geister waren damals tätig, der Akademie zu einem neuen Dasein zu verhelfen; aber nur einer hatte nicht nur die nötigen tiefen und weitblickenden Gedanken und den treffenden Blick, sondern auch die schaffende Energie, das war Wirnerm vox HumsorLpt. Indem er, genau vor hundert Jahren, durch seine Denkschriften und die entsprechenden Aktionen die Uni- versität Berlin ins Leben rief, stellte er damit auch die Akademie auf eine neue und dauernde Grundlage. Ihre eigentliche Reorganisation erfolgte zwei Jahre später durch Unpen, NIEBUHAR und NicoLovıvs. Aber das Statut, das die beiden ersten entworfen haben, fußt auf dem neuen Zustande, der durch Hungorpr in der Begründung und in der Besetzung der Universität geschaffen war. Die Grundüber- zeugungen des deutschen Idealismus sind in die Fundamente dieser unserer Akademie ebenso wie in die der Universität eingesenkt, und seine Ziele gaben ihr die Richtung ihrer Entwicklung. Schon am heutigen Tage grüßen wir die jüngere und mächtigere Schwester, die sich anschickt, ihr hundertjähriges Jubiläum zu feiern. Wir widerstehen der reizvollen Versuchung, auf ihre Entstehungs- geschichte einzugehen. Bekennen müssen wir aber: die Universität ist nicht aus der Akademie entstanden, sondern die Universität. d.h. der Universitätsgedanke im Sinne HunsorLprs und seiner Freunde, ist umgekehrt der kräftigste Faktor bei der Reorganisation der Aka- demie gewesen. Die junge Universität, kaum geboren, ja noch un- geboren, hat bereits — so gewaltig vermag ein richtiger Gedanke zu wirken — Taten getan! Erst wenn dies konstatiert ist, dürfen wir hinzufügen, daß auch einzelne Akademiker an dem großen Umschwung der Dinge beteiligt waren und sich um Hvunsornr und seine Denk- schriften scharten. In diesen Denkschriften spricht zum erstenmal zu uns ein großer Gelehrter der neuen Schule, der zugleich ein Staatsmann im höchsten Sinn war. Der Geschichtschreiber der Universität, Hr. Lexz, wird sie gebührend würdigen. Aber wie sie heute vor hundert Jahren die Köpfe der Besten erfüllten und ihre Herzen enttlammten und wie sie sich auch auf die Akademie beziehen, so möge es gestattet sein, zur Feier ihres Jubiläums einiges aus ihnen hervorzuheben. Die höheren wissenschaftlichen Anstalten — so setzt Hwnsorpr ein —, sofern sie der reinen Idee der Wissenschaft gegenüberstehen, bedürfen vor allem Einsamkeit und Freiheit: ihre innere Organi- sation aber muß ein ununterbrochenes, sich immer selbst wieder be- lebendes Zusammenwirken hervorbringen und unterhalten. Einsamkeit brauchen sie; »denn sobald man aufhört, eigentlich Wissenschaft zu Harnack: Festrede. 59 suchen, oder sich einbildet, sie brauche nicht aus der Tiefe des Geistes heraus geschaffen, sondern könne durch Sammeln extensiv aneinander- gereiht werden, so ist alles unwiederbringlich und auf ewig verloren ; verloren für die Wissenschaft, die, wenn dies lange fortgesetzt wird, dergestalt entflieht, daß sie selbst die Sprache wie eine leere Hülse zurückläßt, und verloren für den Staat; denn nur die Wissenschaft, die aus dem Innern stammt und ins Innere gepflanzt werden kann, bildet auch den Charakter um, und dem Staat ist es ebensowenig wie der Menschheit um Wissen und Reden, sondern um Charakter und Handeln zu tun.... Natürlich werden auch viele an den höheren wis- senschaftlichen Anstalten tätig sein können, denen das höhere Streben fremd, einige, denen es zuwider ist. In reiner voller Kraft kann es über- haupt nur in wenigen sein, und es braucht nur selten und nur hier und da wahrhaft hervorzutreten, um weit umher und lange nachher zu wirken. Was aber schlechterdings immer herrschend sein muß, ist Achtung für dasselbe bei denen, die es ahnen, und Scheu bei denen, die es zerstören möchten«. Vermag irgend jemand hochgemuteter und zugleich besonnener über die tiefste Frage des wissenschaftlichen Betriebes zu reden als dieser preußische Ministerialdirektor? Was aber seiner Rede hier und anderswo den hohen Schwung gab, das war sein wahrhaft priesterliches Bewußtsein von der Würde, Kraft und Bedeutung der Wahrheitserkennt- nis. So ernst nahm er es mit ihr wie mit der heiligsten Religion; und weil der kleine Kreis, dem er als Führer angehörte, ebenso von der Wissenschaft dachte, darum wurde das Wirken dieser Männer ungesucht ein reformatorisches. Die Staatsmänner, die es mit der äußeren Pflege der Wissenschaft zu tun haben, sind fort und fort in Gefahr, daß ihnen auch das Innere zum Äußern wird und damit entflieht; ja, es hat Staatsmänner gegeben, die sich auf diesen »Realismus« der Betrachtung als auf das letzte Wort in dieser Sache noch etwas zugute getan haben. In der Tat — es kann geraume Zeit so scheinen, als seien sie wirklich die Klügeren; allein in Wahrheit leben sie und die Gelehrten, die wie sie denken, ohne es zu wissen, von einem aufgespeicherten Kapital, und wenn es zu Ende ist, ist plötzlich der Bankrott da. Hunsorpr und seine Freunde haben das Kapital vermehrt, ja, zum Teil erst begründet, und, wie die Folgezeit lehrte, war ihr Idealismus der wahre Realismus; denn die stärkste reale Kraft hier ist die, welche fähig ist, die Köpfe und Herzen zum reinen Dienst der Wahrheit zu entilammen. Das Wort: » Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so wird euch alles übrige zufallen«, gilt nicht nur auch von dem Dienst der Wahrheit, sondern dieser ist als das Hauptstück in jenem Trachten miteinge- schlossen. 60 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Was aber die Freiheit der Wirksamkeit der Gelehrten betrifft, so hat nach Hungorpr der Staat für sie in seinem eigenen Interesse ebenso zu sorgen wie für den Reichtum, die Stärke und Mannigfaltigkeit der geistigen Kräfte. »Er muß im allgemeinen von den höheren Anstalten nichts fordern, was sich unmittelbar und geradezu auf ihn bezieht, sondern er soll die innere Überzeugung hegen, daß, wenn sie ihren Endzweck erreichen, sie auch seine Zwecke, und zwar von einem viel höheren Gesichtspunkte aus, erfüllen, von einem, von dem aus ganz andere Kräfte und Hebel angebracht werden können, als er in Bewe- gung zu setzen vermag.« Wie wenig aber Hunsorpr anderseits geneigt war, in bezug auf die Gefährdung der Freiheit nur in eine Richtung zu blicken, lehren die ernsten Worte: »Der Freiheit droht nicht bloß Gefahr vom Staat, sondern auch von den Anstalten selbst, die, sobald sie beginnen, einen gewissen Geist annehmen und gern das Aufkommen eines anderen ersticken. Auch den hieraus möglicherweise entstam- menden Nachteilen muß der Staat vorbeugen. « Es folgt nun in der Denkschrift jener Abschnitt, in welchem Hun- zBoLpr den Unterschied von Akademie und Universität aus dem Wesen der wissenschaftlichen Aufgabe ableitet und trotz durchschimmernder Bedenken, die den bisherigen Leistungen der europäischen Akademien entstammen, zu einer vollen Rechtfertigung der Existenz auch der Aka- demien gelangt. Freilich nur in der Symbiose mit einer Universität kann sich eine Akademie frisch und gesund erhalten — das ist seine Meinung, und er hat für Deutschland gewiß recht. In seinen Ausführungen steckt aber noch ein Element, welches bisher die Beachtung nicht gefunden hat, die es verdient. HunsoLpr redet in seinen Denkschriften nicht nur von Akademien und Universi- täten, sondern er verlangt für die höheren wissenschaftlichen Anstalten noch eine dritte Einrichtung, welche er »die wissenschaftlichen Hilfs- institute« nennt. Er versteht unter diesen die Bibliothek — als das wissenschaftliche Zentralinstitut bezeichnet er sie —, die Sternwarte, den botanischen Garten, das chemische Laboratorium und das anato- mische und zootomische Theater. Von diesen Instituten sagt er, sie müßten abgesondert zwischen Universität und Akademie, unmittelbar unter Aufsicht des Staates stehen. »Allein beide, Akademie und Uni- versität, müssen nicht bloß — nur unter gewissen Modifikationen — die Benutzung, sondern auch die Kontrolle darüber haben.« »Aka- demie, Universität und Hilfsinstitute sind«, so faßt er zu- sammen, »drei gleich unabhängige und integrierende Teile der (wissenschaftlichen) Gesamtanstalt.« Was er bei dieser Dreiteilung der »Gesamtanstalt« im Auge hat, wird noch deutlicher, wenn man beachtet, daß er bei dem anatomischen Er DE EEE Harnack: Festrede. 61 und dem zootomischen Theater bemerkt, »sie seien bisher von dem be- schränkten Gesichtspunkte der Medizin und nicht von dem weiteren der Naturwissenschaft aus angesehen werden«. Ihm schweben also Institute mit streng wissenschaftlichen Zwecken vor. Er will diese aber weder der Universität einfach eingliedern, weil sie dadurch dem prak- tischen und Lehrinteresse zu stark unterworfen werden, noch will er sie einfach der Akademie unterordnen, weil dann der Lehrzweck ganz weg- fällt. So ergibt sich ihm von selbst die Nötigung, die » Hilfsinstitute « unabhängig und selbständig zu stellen, sie aber in eine gewisse Be- ziehung zu Akademie und Universität zu setzen. Eine geniale und weit- blickende Einsicht des großen Staatsmannes! Hat er nicht recht, wenn er eine Beeinträchtigung des Betriebs der Naturwissenschaften auf den Universitäten durch die Medizin befürchtet hat? Und sind die Hilfs- institute so ausgebaut worden, wie die fortschreitenden Bedürfnisse der Wissenschaft dies verlangen? Von Hunsorprs Plänen darf man aber nicht reden, ohne noch eine andere Seite derselben hervorzuheben. Die Beschaffung der Geld- mittel für die neue Gesamtanstalt war in der Lage, in der sich der Staat im Jahre 1809/10 befand, von besonderer Schwierigkeit, und Hungorpr entzog sich der Verpflichtung nicht, sie aufs gründlichste zu erwägen. Einhundertundfünfzigtausend Taler schienen ihm nötig. In der Eingabe an den König vom 24. Juli 1809 heißt es: »Die Sektion des öffentlichen Unterrichts ist weit entfernt, Ew. Königl. Majestät zu bitten, eine solche Summe auf die königlichen Kassen anzuweisen. Es wird vielmehr immer für dieselbe ein Hauptgrundsatz bei der Ver- waltung sein, sich zu bemühen, es nach und nach (weil es auf ein- mal freilich unmöglich ist) dahin zu bringen, daß das gesamte Schul- und Erziehungswesen nicht mehr Ew. Königl. Majestät Kassen zur Last falle, sondern sich durch eigenes Vermögen und durch die Beiträge der Nation erhalte.... Die Nation nimmt mehr Anteil an dem Schul- wesen, wenn es auch in pekuniärer Hinsicht ihr Werk und ihr Eigen- tum ist, und wird selbst aufgeklärter und gesitteter, wenn sie zur Be- gründung der Aufklärung und Sittlichkeit in der heranwachsenden Generation tätig mitwirkt.« Hier haben wir etwas von dem Geist des Freiherrn vos Stein auf dem Gebiete der Unterrichtsverwaltung. Das Schulwesen, ein- schließlich des höheren, soll auch in pekuniärer Hinsicht Werk und Eigentum der Nation sein. Wie HumsoLor das erreichen will, erscheint freilich noch ungenügend, und ich gehe nicht näher darauf ein; aber der Gedanke selbst ist ein großer und schöpferischer. Nur das, wo- für einer Opfer bringt, was er aber dann auch selbst mitgestaltet, ist ihm wirklich wertvoll! Diese einfache Wahrheit verhüllt sielı im 62 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Getriebe des Tages, und gewiß sind die Menschen oft am hartnäckig- sten und wiederspenstigsten, wenn sie Opfer bringen sollen. Aber wo es gelingt, diesen natürlichen Widerstand zu überwinden, wird der Mensch, wird die Nation durch ihr Opfer auf eine höhere Stufe ge- hoben und erhält selbst einen höheren Wert. Die Wissenschaft ist würdig, in derselben Weise als Sache der ganzen Nation betrachtet und behandelt zu werden wie die Wehrkraft, und es müssen alle Kräfte, auch die materiellen, angespannt werden, um sie zu fördern. Sind aber die Wünsche Hunsorprs schon dadurch wirklich erfüllt, daß heute nieht mehr wie vor hundert Jahren der König allein Gelder für wissen- schaftliche Zwecke besitzt und spendet, sondern diese aus den Staats- und Kommunalsteuern dem Unterricht und der Wissenschaft zufließen? Ich glaube nicht, daß damit alles geschehen ist, was der große Staats- mann unter »Beiträgen der Nation« und unter ihrer »tätigen Mitwir- kung« verstanden hat. Das Beste aber, was wir von Hunsorpr lernen können, ist, daß er bei seiner Neuordnung des höheren Unterrichts sich nieht vom Augenblick treiben ließ, sondern aus Überzeugungen und Prinzipien heraus handelte. Diese Prinzipien lagen nicht hinter ihm, sondern vor ihm. Sie waren Ziele, und es waren nicht Gesichts- punkte gemeiner oder höherer Nützlichkeit, die ihn leiteten — bei ihnen kann man sich leicht irren —, sondern sie flossen aus der Wert- schätzung der Wahrheitserkenntnis, wo jeder Irrtum ausgeschlossen ist. Auch wollte er nicht in möglichst engem Bunde mit der Vergangen- heit bleiben, sondern der Zukunft gerecht werden, als deren Bürger er sich wußte und in die er die Nation hinüberführen wollte. Das sind einige der Ideen, die vor hundert Jahren durch Wir- HELM VON Hungoror lebendig geworden sind. Ist es aber nicht ein Mangel an Rücksicht, ihrer am Frırnrıcns-Tage zu gedenken? Stehen sie nicht in einem großen Abstand von den Ideen, welche die Zeit Frienrıcns und vor allem ihn selbst erfüllten? Gewiß —- der Ab- stand ist nicht gering. Der genialische, der deutsche Zug, der Zug ursprünglicher und lebendiger Anschauung und der hohe Flug der Ideen fehlte dem Zeitalter der Aufklärung. Aber es wäre doch kurz- sichtig, dieses Zeitalter und das des deutschen Idealismus lediglich als Kontraste zu sehen. So urteilen freilich die Epigonen des Idea- lismus, und auch die Führer haben im heißen Kampfe mit der alten Zeit manches rein abweisende Wort gesprochen. Allein wenn sie sich auf sich selber besannen und auf die Quellen ihres höheren Daseins, haben sie die Aufklärungszeit als die Voraussetzung ihres geistigen Besitzes nicht verleugnet. Das gilt von HunsoLpr ebenso wie von SCHLEIERMACHER und Heser. Von Hunsorpr habe ich soeben die Worte verlesen: »Die Nation wird selbst aufgeklärter und gesitteter, wenn Harnack: Festrede. 63 sie zur Begründung der Aufklärung und Sittlichkeit in der heranwach- senden Generation tätig mitwirkt.« »Aufklärung und Sittlichkeit« — das sind die Stichworte der alten Zeit, und es waren die Ideale des Großen Königs. Aber auch der progressive Zug ist beiden Richtungen gemeinsam. Indem Hungorpr sich zu jenen Stichworten bekennt und diesen progressiven Zug bejaht, bejaht er seinen Zusammenhang mit den Zielen der vergangenen Epoche, wie er denn auch seinem Lehrer Enger, einem Haupte der Aufklärung, stets das dankbarste Andenken bewahrt hat. Freilich verstand er unter Aufklärung und Sittlichkeit nicht dasselbe wie sein Lehrer und wie der große König; aber eine Kontinuität ist doch vorhanden. Es wäre eine unsrer Akademie würdige Sache, eine Preisaufgabe auszuschreiben und jene Kontinuität genauer untersuchen zu lassen: »Welche Momente verbinden den Geist des deutschen philosophischen Idealismus mit der Aufklärungsepoche?« So müßte die Aufgabe lauten. Dabei wird sich herausstellen, in welchem Maße die Aufklärung, wie sie FRIEDRICH DER GROSZE und die Rationa- listen verstanden, ein positives und wirksames Element in der klassi- schen Zeit des deutschen Idealismus geblieben ist. Wir preisen die Generation, welche die Freiheitskriege gekämpft hat, und die Männer, die zu diesem Kampfe begeistert haben: aber, durch eine einseitige geschichtliche Tradition geleitet, vergessen wir nur zu leicht, daß jene Helden aus den Schulen, Kirchen und Pfarrhäusern der Aufklärungszeit hervorgegangen sind. Die Besiegten von Jena wurden, wenn auch erst nach einer Läuterung, die Sieger von Leipzig, und an diesem Siege hat auch der Geist der friderizianischen Epoche seinen Anteil! — Von Fkrıepricn pem GRoszEn und Hunsorpr kehrt unsre Betrach- tung zum Geburtstag unseres Herrn und Kaisers zurück. Die Gegen- wart behauptet ihr überragendes Recht gegenüber aller Vergangenheit und fordert, daß wir diese studieren, um zu lernen, was der Gegen- wart frommt. Aber die Nutzanwendung der Blätter, die wir heute aufgeschlagen haben, mag jeder für sich vollziehen. Heute ist Fest- tag, der Festtag unseres Kaisers, und nachdem wir hier in akademischer Weise der Bedeutung des Tages Ausdruck gegeben haben, streifen wir alles Besondere ab, treten im Geiste mit dem ganzen deutschen Volke zusammen, bringen dem erhabenen Monarchen unsre dankbare Hul- digung dar und fassen unsre Wünsche also zusammen: Möge die ganze Nation allezeit fest und treu zu ihrem Haupte stehen, möge ein reger Gemeinsinn alle ihre Stände und Glieder durchdringen und möge der einzelne stets den Spielraum finden und die Verpflichtung fühlen, in edler Freiheit und Selbstverantwortung seine Kräfte zu betätigen! Gott schütze den Kaiser und König! 64 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Alsdann wurden die Jahresberichte über die von der Akademie geleiteten wissenschaftlichen Unternehmungen sowie über die ihr an- gegliederten Stiftungen und Institute vorgelegt. Sammlung der griechischen Inschriften. Bericht des Hrn. von WıLamowITtz-MOELLENDORFF. Erschienen sind zwei Hefte, XII 5, zweite Hälfte, die mit Rück- sicht auf belgische Ausgrabungen auf der Insel Tenos zurückgehalten war, nun aber mit den Nachträgen und Indices die Inschriften der Ky- kladen abschließt, bearbeitet durch Freiherrn HırLer von GAERTRINGEN, und XI 8, die Inschriften des Thrakischen Meeres, bearbeitet durch Hrn. Freorıcn. Von V ı hat das Manuskript dem Leiter des Unternehmens vor- gelegen, damit die nötige Gleichmäßigkeit der Bearbeitung rechtzeitig herbeigeführt und auch sonst Vorkehrungen getroffen werden, um die Druckkosten zu vermindern. Der Gesundheitszustand des Bearbeiters Hrn. KorLze gestattet leider nicht, den Abschluß so rasch zu erreichen, wie gehofft war; mittlerweile wächst das Material andauernd durch die Ausgrabungen der British School of Athens. Wir sind den eng- lischen Gelehrten, die in Sparta tätig waren und sind, für die zuvor- kommende Mitteilung ihrer Funde zu lebhaftem Danke verptlichtet. Auch Hr. Zıesarrn hat eine Probe seiner Bearbeitung der In- schriften von Euboia dem Leiter der Unternehmung vorgelegt. Das Werk schreitet rüstig vorwärts, da die Oberschulbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg ihm wie früher Urlaub zu seiner Reise, so jetzt eine Erleichterung in seiner amtlichen Tätigkeit gewährt hat, wofür zu danken uns eine besonders gern erfüllte Pflicht ist. Die angekündigte Reise des Hrn. Prrprızer nach Makedonien hat wegen der unsicheren Zustände des Landes im vorigen Jahre unter- bleiben müssen; hoffentlich kann sie in diesem ausgeführt werden. Die Tätigkeit am Archiv hat sich vornehmlich auf die Sammlung von Nachträgen zu IX ı und XIV erstreckt. Bereichert ist es durch Korrespondenzen von A. Böckn, die Hrn. Landrichter Böckn in Halen- see und Hrn. Professor M. Horrmann in Lübeck verdankt werden. Unerwartet starke Vermehrung finden die Inschriften Thessaliens durch neue Entdeckungen, für deren gefällige Mitteilung wir dem Königlich Griechischen Ephoros in Volo, Hrn. ArvanıroruLLos und unserm bewährten Freunde und Gönner Hrn. Graxsoruros in Halmyros zu Danke verpflichtet sind. Eine Erweiterung hat das ganze Unternehmen erfahren, indem die Akademie mit der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissen- Ir ur aa Ei er rd SE ie 2 en A 0 SE Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 65 schaften vereinbart hat, gemeinsam die Inschriften von Kypros, so- wohl die in der epichorischen Silbenschrift als auch die in gewöhn- lichem Alphabet geschriebenen zu sammeln. Erscheinen werden sie als integrierender Teil der Inscriptiones Graecae, also auch nach den- selben Prinzipien bearbeitet; das gesammelte Material wird dann unserm Archive einverleibt werden; die Bearbeitung aber liegt ganz in den Händen des Mitgliedes der Sächsischen Gesellschaft, Hrn. R. Meıster, der bereits eine Reise nach London zur Sammlung des Materials unter- nommen hat. Sammlung der lateinischen Inschriften. Bericht des Hrn. Hırscareun». Einen schmerzlichen Verlust hat das Inschriftenwerk durch den am 6. März 1909 in Rom erfolgten Tod des ausgezeichneten Erforschers von Pompeji, Ausust Mar, erlitten, der seit dem Jahre 1894 mit der Bear- beitung der nach dem Erscheinen des IV. Bandes (1871) in Pompeji gefundenen Wand- und Gefäßinschriften betraut war. Es ist ihm ver- gönnt gewesen, den stattlichen Supplementband, dessen Erscheinen bereits im letzten Bericht in nahe Aussicht gestellt war, unmittelbar vor seinem Tode abzuschließen. Hr. Hürsen war an der Fortführung der Indexarbeit zu Band VI (Rom) durch eine Reise nach Amerika verhindert, wo er in Museen und Privatsammlungen eine Anzahl stadtrömischer Inschriften kopiert hat. Nach seiner Rückkehr hat er sich zu unserem aufrichtigen Be- dauern entschlossen, gleichzeitig mit seiner Stellung am Kaiserlichen Archäologischen Institut die Herausgabe der stadtrömischen Inschriften niederzulegen, mit deren Bearbeitung er vor fast 30 Jahren von der Akademie betraut worden war. Der Abschluß der Arbeit ist Hrn. Bane übertragen worden, der bereits früher für diesen Band in Rom tätig war; derselbe hat die dafür gemachten Vorarbeiten von Hrn. Hürsen übernommen und hofft, bis zum Frühjahr die Arbeit in Rom so weit zu fördern, um nach seiner Rückkehr nach Deutschland mit der Druck- legung der letzten Nachträge und der Namenindizes beginnen zu können. Hr. Bornann ist auf wiederholten Reisen in Etrurien für die Nach- träge zum XI. Band (Mittelitalien) tätig gewesen und hat besonders die in Viterbo in den letzten Jahren gemachten Funde aufgenommen. Er hofft, in nächster Zeit mit dem Satz der ausgearbeiteten Nach- träge zu Umbrien beginnen zu können. Die Nachträge zu den gallischen Inschriften (XII, ı) hat Hr. HırscHrern noch nicht zum Druck bringen können. Für die germani- 66 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. schen Inschriften hat Hr. vov Dowmaszewskı, nach Abschluß des im vori- gen Bericht erwähnten Supplements, die Auszüge zu den Indizes mit Unterstützung des Hrn. Fınke in Heidelberg revidiert und fortgeführt; die neuen Funde sind von letzterem zusammengestellt worden. — Hr. Bons hat die Bearbeitung des gallisch-germanischen Instrumentum in diesem Jahr nur wenig fördern können. — Die Sammlung der Ziegelstempel hat Hr. Stemer für Obergermanien auf mehreren Reisen in Süddeutschland, dem Elsaß und der Schweiz zum großen Teil vollendet und das Manuskript der niedergermanischen Ziegelinschriften abgeschlossen. — Für die Arbeit an den Indizes ist außer Hrn. Fınke besonders Hr. SzLaroLawER tätig gewesen. Hr. Dezsser hat die Zabulae lusoriae für den XV. Band (Instru- mentum der Stadt Rom) nahezu druckfertig ausgearbeitet. Die Neubearbeitung des I. Bandes (Inschriften der Republik) hat Hr. Lonvarzscn in München bis zum 68. Bogen gefördert. Der von Hrn. Dessau gemeinsam mit Hrn. Cacnar bearbeitete Supplementband zu Band VIII (Afrika) ist bis Bogen 182 zum Druck gelangt. Für wertvolle Beiträge sind die Herausgeber auch in diesem Jahre Hrn. Merrıs und desgleichen Hrn. Pomssor zu Dank verpflichtet. Das im vorigen Bericht erwähnte Supplement zu Band XIV (Latium) hat Hr. Dessau in der Ephemeris epigraphica zu drucken be- gonnen; wertvolle Beiträge dazu hat, außer anderen italienischen und in Rom lebenden auswärtigen Gelehrten, besonders Hr. VAGLIERL in Rom geliefert. — Für ein später in Angriff zu nehmendes Supple- ment zu Band II (Spanien) sind die Beziehungen zu spanischen Ge- lehrten aufrechterhalten worden; der Tod des Hrn. Brrranga, des öntdeckers der Stadtrechte von Salpensa und Malaca, bedeutet auch für unser Inschriftenwerk einen Verlust. . Prosopographie der römischen Kaiserzeit. Bericht des Hrn. HırscHreın. Auch in diesem Jahr haben die HH. Dessau und Kress mit dem Druck der Magistratslisten noch nicht beginnen können. Index rei militaris imperü Romani. Bericht des Hrn. HırscHhreın». Hr. Rırreruıse war durch amtliche Verpflichtungen gezwungen, seine Tätigkeit auf Ergänzung des Materials zu beschränken. am Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 6% Aristoteles-Kommentare. Bericht des Hrn. Diers. Mit der Ausgabe des Philoponus und des Anonymus in Analy- tica Posteriora, herausgegeben von Hrn. Prof. M. Waruıes (XIU 3), ist das Kommentatorenwerk der Akademie zum Abschluß gekommen. Weitere Berichte werden daher nicht erscheinen. Politische Korrespondenz Frıeorıcus des Großen. Bericht der HH. von ScuumoLtLer und Kosrer. Der 33. Band unserer Sammlung ist im Herbst v. J. ausgegeben worden. Er enthält 750 Nummern aus der Zeit vom ı. November 1772 bis zum 30. Juni 1773. Den Hauptinhalt bilden einmal die Verhandlungen wegen Ausführung des zwischen Preußen, Österreich und Rußland abgeschlossenen Vertrages zur Erwerbung polnischer Gebiets- teile, insonderheit wegen der dazu nachgesuchten Zustimmung des pol- nischen Reichstags, wegen der endgültigen Feststellung der Grenze und wegen der preußischen Ansprüche auf den Hafen von Danzig, gegen welche die Stadt Unterstützung bei England und Rußland fand; weiter die Bemühungen König Frıeprıcns um Aufrechterhaltung des Friedens zwischen Rußland und Schweden, der durch Gustavs III. Eingriff in die im Frieden von Nystad unter russischen Schutz gestellte schwe- dische Staatsverfassung gefährdet wurde; endlich die Stellung Preu- ßens zu den russisch-türkischen Friedensverhandlungen zu Bukarest, deren Ergebnislosigkeit zur Erhaltung des Friedens im Norden wesent- lich beitrug. Die Bearbeitung der Sammlung liegt fortdauernd in den Händen des Hrm“Dr..G. B. Vorz. Griechische Münzwerke. Bericht des Hrn. Dresser. Das nordgriechische Münzwerk. Seitdem Hr. Reeuine das Manuseript für die Fortsetzung der zweiten Hälfte des I. Bandes zum Druck gegeben hat ist der Satz bis zum 8. Bogen gediehen; 2 Bogen sind bereits abgezogen. Ausser den Nachträgen für den ganzen I. Band hat Hr. Resume in diesem Jahre auch die Excerpirung der neu er- schienenen Litteratur für Band II (Thraeien) und II (Macedonien) be- sorgt. Für die erste Hälfte des II. Bandes (Thracien) hat Hr. Srrack das Manuscript für den ersten Faseikel revidirt und durch Nachträge 68 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. aus den Neuerscheinungen ergänzt und wird es, nachdem die von Hrn. von Frırze bearbeiteten Kapitel über die chronologische Anord- nung der Münzen von Abdera und Ainos veröffentlicht wurden, im Sommer zum Druck geben. Für die zweite Hälfte desselben Bandes hat Hr. Münzer die Be- schreibung der Münzen von Maroneia, Mesembria und Nikopolis am Mestos im Manuseript nahezu vollendet. Das kleinasiatische Münzwerk. Hr. von Frırze berichtet, daß der Abschluß des Manuscripts für den ersten Fascikel des my- sischen Bandes (die Beschreibung der Münzen von Adramytion bis Kisthene) in diesem Jahre mit Sicherheit zu erwarten ist. Das Manuseript für den karischen Band hat Hr. Kusırscnex leider auch im verflossenen Jahre nicht zum Abschluß bringen können. Acta Borussica. Bericht der HH. vow ScHumoLLEr und Koser. Nachdem im Jahre 1908 vier Bände ausgegeben worden waren, nämlich von der Behördenorganisation Band IX (1750— 1753) von Dr. Hıyrze sowie Band IV, ı und 2 (1723— 1729) von Dr. StoLtze, von dem Münzwesen, münzgeschichtlicher Teil Band II (1740 — 1755) von Frei- herrn Dr. vox SCHRÖTTER. mußte zunächst eine kleine Pause in der Aus- gabe weiterer Bände eintreten. Es liegen jetzt aber wieder zwei fertige Bände vor, beide der Behördenorganisation angehörig: Band X (vom Januar 1754 bis zum August 1756) von Dr. Hırze und Band V, ı (vom Januar 1730 bis Dezember 1735) von Dr. StorLrze. Beide Bände werden in den nächsten Tagen ausgegeben werden. Dr. O. HıntzE scheidet mit Abschluß dieses Bandes aus der Reihe unserer Mitarbeiter aus, deren ältestes und verdientestes Mitglied er war. Die philosophisch- historische Klasse hat ihn in Würdigung seiner großen Verdienste um unser Unternehmen zum Mitglied der akademischen Kommission für die Acta Borussica gewählt (21. Oktober). So werden seine großen Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Gebiete auch künftig der Publikation zugute kommen. Über den weiteren Fortgang unserer Publikation ist folgendes zu berichten. Von dem Münzwesen, münzgeschichtlicher Teil Band II, Das Geld des Siebenjährigen Krieges und die Münzreform nach dem Frieden, 1755— 1766 von Freiherrn Dr. von ScHRÖTTER, ist fast schon der ganze gedruckt, von der Abteilung, Getreidehandelspolitik und Kriegsmagazinverwaltung Band II, 1740 — 1756 von Dr. SkALweıt sind 24 Bogen, von der Behördenorganisation V, 2 (1738—-1740) von Dr. SroLzzE sind 18 Bogen gedruckt. Wahrscheinlich werden auch diese ws RE u ' . . . . . . ? Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 69 drei Bände (neben den oben genannten zweien) im Laufe des Jahres 1910 zur Ausgabe gelangen. Mit Band V, 2 und X der Behörden- organisation ist diese mit 13 Bänden in ihrer ersten Hälfte (1700 — 1756) vollendet. An der Fortsetzung von 1756 an arbeitet Dr. Hass emsig weiter. Kunt- Ausgabe. Bericht des Hrn. Dirraey. Der Druck der Bände VIII, IX und XIV ist so weit vorgeschritten, daß sie bald erscheinen werden. Die Leitung der Vorlesungsabteilung hat an Stelle des Hrn. Hrınzr Hr. Menzer übernommen. Ibn Saad-Ausgabe. Bericht des Hrn. SAcnav. Während des verflossenen Jahres ist Band II, erste Abteilung: Über die kriegerischen Expeditionen Muhammeds, herausgegeben von Hrn. Prof. Dr. Joser Horovırz, Professor an der muhammedanischen Universität zu Aligarh in Ostindien, erschienen. Dem verdienten Her- ausgeber sei an dieser Stelle der Dank der Akademie ausgesprochen. Für die Vollendung der Ausgabe des Textes sind noch drei weitere Bände erforderlich: Band II, zweite Abteilung: Die letzten Zeiten Muhammeds, sein Tod und biographische Zusätze, herausgegeben von Hrn. Prof. Dr. Frieprıicn ScuwaLıy von der Universität Gießen. Der Druck des Textes ist vollendet, der ganze Band dürfte im Laufe des Jahres 1910 erscheinen. Band I, zweite Abteilung: Muhammed in Medina, herausge- geben von Hrn. Prof. Dr. Even Mırrwocn, Privatdozent an der Uni- versität Berlin. Dieser Band ist in Vorbereitung. Band VI. Biographien der berühmtesten Männer des ältesten Islams, welche zu Basra in Südbabylonien lebten, herausgegeben von Hrn. Prof. Dr. Bruno Meısser von der Universität Breslau. Von diesem Bande hat der Druck begonnen. Wörterbuch der ägypüischen Sprache. Bericht des Hrn. Ernman. Von dem im Jahre 1907 begonnenen ausführlichen Manuskripte wurden im Anfange des Berichtjahres 362 Seiten hergestellt, so daß im ganzen davon 1939 Seiten fertiggestellt wurden; diese behandeln 789 Worte. Es stellte sich aber im Laufe dieser Arbeit heraus, daß es Sitzungsberichte 1910. 6 70 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. unmöglich sein werde, das Werk in der geplanten Ausführlichkeit in absehbarer Zeit zu Ende zu führen; dazu genügten weder die verfüg- baren Mittel, noch die vorhandenen Arbeitskräfte. Die Kommission beschloß daher auf Grund einer Probearbeit, die die HH. Erwax und SETHE gemacht hatten, das Manuskript fortan in einer kürzeren Form herzustellen, die das Werk etwa auf ein Drittel des bisherigen Umfanges reduzieren wird; auch so wird sich immer noch ein großes Wörter- buch ergeben, das den reichen Sprachschatz gesichtet vorführt und das für die weitaus meisten Zwecke genügen wird. Daneben wird das Zettelmaterial, im einzelnen geordnet, für eingehendere Studien zugänglich erhalten werden. Diese neue kürzere Form des Manuskriptes wurde im Zusammenhange bis einschließlich |} durchgeführt, darüber hinaus ist an verschiedenen Stellen beträchtlich vorgearbeitet worden. Hr. Ernan wurde dabei von den HH. BurcnAarpr und Grarow unterstützt. Unser wissenschaftliches Material erhielt einen unschätzbaren Zu- wachs durch die von Hrn. Prof. Scnärer geleitete nubische Expedition der Akademie. Durch die Arbeit des ersten Jahres wurden 37 Kisten mit Abklatschen und etwa 8Soo Photographien gewonnen, die den weitaus größten Teil der Inschriften von Philä umfassen. Auf der Heimreise konnte Hr. Dr. Jusker dann noch im Tempel von Edfu die dortigen großen Inschriften (wie Horusmythus, Räucherwerkrezepte u.a.) photographieren, die wir aus Mangel verläßlicher Kopien bisher nicht für das Wörterbuch hatten verarbeiten können. — Hr. Dr. Röper über- gab uns seine Abklatsche vom Tempel zu Betelwali und Hr. Dr. Ruscn kopierte die Inschriften des kleinen Isistempels zu Assuan. Verzettelt wurden 2154 Stellen, alphabetisiert 24318 Zettel; im ganzen sind bisher verzettelt 51034 Stellen und alphabetisiert 1096189 Zettel. Im einzelnen wurden verzettelt: Religiöse Texte des m. R. (Hr. Grarow). — Tempel von Medinet Habu (Hr. Ranke). — Tempel grie- chischer Zeit: Edfu (die HH. Junker und Bovrax); Theben (Hr. Serae); Assuan (Hr. Ruscn). — Verschiedene Denkmäler vom Sinai, aus Kairo, Rio de Janeiro u.a. (die HH. BurcmArpT, GARDINER, GRAPOW und SETHE). Die Nebenarbeiten wurden von den HH. BurcnHarpr, GrArow, SrtoLck und Frl. MorGENsTErN erledigt. Das Tierreich. Bericht von Hrn. F.E. Scavurze. Im Berichtsjahr konnte die 25. Lieferung herausgegeben werden, welche die Bearbeitung der Schmetterlingsfamilie der Brassoliden von Hrn. Srıcu£r enthält. Die Drucklegung der ungewöhnlich um- ET EEE EEE EDEN a, Gain A An ee Ft « Fr . . ” . lei Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 71 fangreichen, etwa 50 Bogen umfassenden und mit zahlreichen Abbil- dungen versehenen 24. Lieferung, in welcher die Gallwespen von den HH. Prof. von DarrA TorrE und Kırrrer behandelt werden, wurde so weit gefördert, daß die Herausgabe nahe bevorsteht. Bei der Bearbeitung des »Nomenclator animalium generum et subgenerum« wurde auch weiterhin die Hilfe des Hrn. Dr. Osst in Anspruch genommen. Die Fortschritte, welche dieses große Unter- nehmen bisher gemacht hat, werden es ermöglichen, noch im Jahre 1910 mit dem Druck zu beginnen. Das Pflanzenreich. Bericht des Hrn. En6Ler. Von dem Sammelwerk »Das Pflanzenreich« wurden im Laufe des Jahres 1909 3 Hefte mit einem Gesamtinhalt von 89 Bogen ausgegeben, da der Satz der umfangreichen Monographie der Carieoideen schon im Jahre 1908 weit gefördert worden war, nämlich: Heft 38: G. Kürentuar, Oyperaceae-Caricoideae. 52 Bogen. Heft 39: H. Warrter, Phytolaccaceae. ı0 Bogen. Heft 40: Fr. Frppe, Papaveraceae-Papaveroideae et Hypecoideae. 27 Bogen. Demnächst werden noch folgende von Dr. W. Wangzrin bearbeitete Familien erscheinen: Cornaceae, Nyssaceae, Alangiaceae, Garryaceae. Im Druck befinden sich zur Zeit folgende Hefte: ı. H. Worrr, Umbelliferae- Ammineae-Heteroclitae. Der Druck dieses Heftes wird bald abgeschlossen sein, es liegen bereits 7 Bogen gedruckt vor. 2. L. Dies, Menispermaceae. Fr. Kränzuın, Orchidaceae-Dendrobiimnae. Diese sehr umfangreiche und interessante Gruppe der Orchideen wird in 2 Teilen herausgegeben werden, von denen der erste Teil, der im Manuskript fertig vorliegt, im Laufe des Jahres 1910 erscheinen soll. 3. F. Pax, Euphorbiaceae-Jatropheae. Ferner sind dem Abschlusse nahe folgende Bearbeitungen, deren Drucklegung im Jahre 1910 beginnen kann: I. R. Knuru, Geraniaceae. 2. F. Pıx, Euphorbiaceae- Adrianeae. 3. H. Worrr, Umbelliferae-Saniculoideae. 4. Warnstorr, Sphagnales. 6* 72 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Geschichte des Fixsternhimmels. Während des Jahres 1909 sind die Arbeiten des Bureaus unter un- mittelbarer Leitung des geschäftsführenden Mitgliedes der Commission fortgeführt worden, in dem für die Dauer des Interims nicht zu ver- meidenden beschränktem Umfange und mit noch weiterer Verminderung des Hülfspersonals. Dr. R. Pracer, der am ı. Januar 1908 als Hülfs- arbeiter eingetreten war, schied am 31. März 1909 aus, um als Vor- steher des Rechenbureaus der Sternwarte Santiago Prof. RıstExpArT zu folgen. Der Berichterstatter blieb dann auf die Hülfe des von Anbeginn der Arbeit an für das Unternehmen thätigen Hrn. ©. MARTENS beschränkt und wurde erst vom 1. Juli ab weiter durch Dr. H. Parıscn unterstützt, der aber der Arbeit nur wöchentlich einen Tag zur Ver- fügung stellen kann. Die noch von Prof. Rısrexparr begonnene Übertragung der Örter der Nordsterne wurde von Dr. Prager von 5’10” bis 5"43”, weiter von Hrn. Martens bis See fortgesetzt, dann aber abgebrochen, weil es wünschenswerthı erschien, eine Revision und Ergänzung der Ein- tragungen voraufgehen zu lassen. Eine erste Revision der Nordzettel, Deel. 0°0' bis Sı°o0' für 1875, wurde vom Berichterstatter um die Mitte d. J. begonnen und ist bis zum Anfang der ı2. Stunde durchgeführt. Diese erste Revision hat noch ‘nicht eine Prüfung der Ortseinträge zum Ziel, sondern in erster Linie die Wiederaussonderung der zahlreichen gar nicht zum Pro- gramm der Arbeit gehörigen, durch mikrometrische oder photographi- sche Specialvermessungen gewonnenen Bestimmungen und die Ord- nung der Zettel zum Zweck ihrer für die Sicherung des Materials beim Gebrauch dringend nothwendigen, aber in Erwartung einiger noch ausstehender Cataloge immer noch verschobenen Numerirung, nebst Berichtigung der Zutheilung der Beobachtungen zu den verschiedenen bei Doppelsternen vorkommenden Zielpunkten, daneben die früher nur für die Bradley-Sterne vorgenommene Richtigstellung der Nomenclatur für die übrigen helleren Sterne und die Befreiung der Zettel von missverständlich aus den Catalogen ausgezogenen Bemerkungen, durch deren Beisatz die grossentheils nicht sachverständigen Gehülfen viel- fach Beweis von anerkennenswerther Gewissenhaftigkeit ihrer Arbeit geliefert haben, die aber bei deren Weiterführung lediglich wieder zu streichen sind. Im Anschluss an diese Revision werden die Prae- cessionen für 1875 und wo erforderlich für eine zweite Epoche ge- rechnet, wenn die Zettel noch keine aus zuverlässigen Catalogen ent- nommene Werthe aufführen. Diese Rechnung, grösstentheils von Hrn. Martens, ist für die Stunden o" bis 3" vollendet, mit etwa 2800 FED TPN BZ SEE a2 2 u Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 6) Sternen ohne Praecession für 1875, deren grosse Mehrzahl von Bonn VI geliefert wird. Die ausschliesslich in dieser Quelle vorkommenden Sterne, in diesen vier Stunden 1238 zwischen 0° und 81°, werden für Hrn. Prof. Küsrner zusammengestellt, der sich erboten hat eine Neubeobachtung für die Bonner Sternwarte zu übernehmen. An neuen Eintragungen von Sternörtern sind im Berichtsjahre noch 15102 hinzugekommen: durch Hrn. Martens rund 3700 Sterne als Rest des AG-Catalogs Bonn mit seinem 1909 erschienenen Nach- trag und rund 3900 Einzel-Ordinaten für 1900 von Hongkong, Pul- kowa und Odessa, sowie weitere rund 2200 Nummern als Anfang der Auszüge aus den Catalogen AG Dorpat, Berlin C und Radeliffe Catalogue III (1875), die uns im Ms. oder in Druckanfängen vorliegen; durch Dr. PraGer die Declinationen von 273 Sternen aus einer An- zahl kleinerer Verzeichnisse von 1800—1848, die früher übersehen waren. Der Catalog Berlin C, der vollständig auf Beobachtungen aus dem 20. Jahrhundert beruht und auf Aeq. 1905 gestellt ist, liegt so zwar ausserhalb der Grenzen der gegenwärtigen Arbeit, ist aber für dieselbe auch neben dem nach den Dorpater Bänden 17—20 her- gestellten Ms.-Cataloge für die Ausfüllung der Lücke 70° bis 75° des AG-Zonencatalogs nicht wohl entbehrlich. Das » Fehlerverzeichniss zu den Sterncatalogen des 18. und 19. Jahr- hunderts« ist im April 1909 als Ergänzungsheft zu den Astron. Nachr. erschienen. Weiter ist das Bureau an der Herausgabe des von Hrn. H. Osten nach den Oxforder Jahrescatalogen von 1862 — 1876 zu- sammengestellten »Dritten Radcliffe-Catalogs« für 1875 betheiligt, der in Band XCII der Nova Acta der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie erscheinen wird und von dem 8 Bogen mit den ersten ı1ı Stunden gedruckt sind oder im Satz stehen. Commission für die Herausgabe der „Gesammelten Schriften Wilhelm von Humboldits“. Bericht des Hrn. Scamipr. Im Jahre 1909 hat Prof. Dr. Lertzmans, reichlich aus dem hand- schriftlichen Nachlaß schöpfend, den 8. Band herausgegeben (Pindar, Äschylus’ Agamemnon, Übersetzungsfragmente); dieSchlußbemerkungen bieten eine genauere Geschichte jedes Stückes. Band 9 (Gedichte) wird jetzt zum Druck gerüstet. Hr. Dr. Spranseer hat im Archiv der Aka- demie seine den nachzutragenden politischen Denkschriften und dem Briefkorpus (Korrespondenz mit Hardenberg) gewidmeten Vorarbeiten niedergelegt und von neuem unsern Dank verdient. 74 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Interakademische Leısxız- Ausgabe. Bericht des Hrn. Lenz. Der vor einem Jahr erschienene erste Band des kritischen Kata- loges der Leissız-Handschriften (1646 — 1672) ist inzwischen in etwa 50 Exemplaren an die wichtigsten Bibliotheken des In- und Auslandes verschickt, und eine Liste der Orte, an denen er demnach allgemein benutzt werden kann, in der Deutschen Literaturzeitung (1909, Nr. 48) und in einigen Tageszeitungen veröffentlicht worden. Der zweite Band (1672— 1676), dessen Redaktion Hr. Prof. Rıyaup übernommen hatte, harrt noch der Vervielfältigung, weshalb auch die Publikation der folgenden, wieder von uns zu redigierenden Bände sistiert werden mußte. Unsere Arbeit konzentrierte sich daher in dem verflossenen Jahr auf die Ausgabe der Briefe und Denkschriften. Für den ersten bis 1670 einschließlich reichenden Band hat Hr. Dr. Kasırz sein Manu- skript eingeschickt, so daß Hr. Dr. Rırrrr die Kombination dieses An- teiles mit seinem eigenen begonnen hat. Die Beiträge der HH. Rıvaun, SIRE und Vzsıor stehen noch aus. Doch hoffen wir auch diese in kurzem zu erhalten und darauf Redaktion und Druck so zu beschleu- nigen, daß jedenfalls dieser erste Band der Ausgabe im Laufe des Jahres erscheinen kann. Über fünf neue Lrıssız-Briefe, die wir in dem verflossenen Jahr aus Amerika (durch Hrn. Prof. Cuartes Lanman, Harvard University) erhalten haben, hat Hr. Dr. Rırter in unsern Sitzungsberichten vom 18. März und 15. Juli 1909 referiert. Zu wertvollen Funden führte ferner eine von Hrn. Dr. Rırter unternommene Durchmusterung der Stadtbibliothek von Hamburg; eine kurze Mitteilung darüber findet sich in unsern Sitzungsberichten vom ıı. November 1909. Corpus Medicorum graecorum. Bericht des Hrn. Dıers. Die bereits im vorigen Bericht als bevorstehend angekündigte Reise nach Spanien wurde von dem Redakteur des Corpus, Hrn. Prof. MrwaArpr in Greifswald, im August und September ausgeführt. Hr. Stud. phil. H. Eseer in Berlin begleitete ihn. Vermittels des der Aka- demie gehörigen Prismaapparats wurden zahlreiche griechische, latei- nische und arabische Hss. der Biblioteca nacional in Madrid und des Augustinerklosters im Escorial aufgenommen. Es gelang über 1000 Auf- nahmen zu machen, wobei sich der Apparat gut bewährte. Der deutsche Botschafter in Madrid, Graf Tarrensacn, hatte die Reisenden an die c ee U: P N BE Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. (55) Vorstände der Bibliotheken warm empfohlen. So fanden sie überall die liebenswürdigste Aufnahme. Der Leiter der Bibliothek im Esecorial, Pater GuiLLermo AnrtoLın, von dem in Bälde der mehrbändige, nach modernen Grundsätzen gearbeitete Katalog der Scorialenses latini er- scheinen wird, der Arabist Pater Prpro Branco und der Photograph des Klosters Frater ELEUTERIO MANERO unterstützten die Arbeit der beiden Reisenden in der zuvorkommendsten und wirksamsten Weise. Ihnen allen spricht die Akademie ihren wärmsten Dank aus. Hr. Prof. E. Werımann hat im verflossenen Jahre zum Teil mit Unterstützung der Akademie einen vom vorgeordneten Ministerium ihm in dankenswerter Weise bewilligten einjährigen Urlaub teils zu eignen Arbeiten (Dioscurides, Paulus von Nikaia, Cassius Felix) teils zu Vor- arbeiten zum Aötius, den er mit Hrn. Prof. Orıvıerr in Neapel zu- sammen im Corpus (Bd. VIII) edieren wird, benutzt. Von dem letzteren Autor hat er namentlich Bd. IX— XIV und XVI aus dem maßgebenden Florentinus abgeschrieben oder kollationiert. Durch die Bemühung des korrespondierenden Mitglieds der Aka- demie, Hrn. BrwAter, der die British Academy in der internationalen Kommission für das Corpus Medicorum vertritt, gelang es durch Ver- mittelung von Prof. @. Murray in Oxford, Hrn. Dr. E. OÖ. Winstepr von der Bodleiana zu gewinnen, der dem Corpus schon früher wert- volle Dienste geleistet hatte und jetzt die schwer zugängliche Biblio- thek des Hrn. Tu. Fırz Rov Frswiıck in Thirlestame House, Chelten- ham, für einige nötige Kollationen mit Erfolg besuchte. Prof. D. A. EurnAarn in Straßburg hatte die große Güte, auf seiner für die Ausgabe der Hagiographen nach dem Athos unternommenen Reise das gesamte in Lamgros’ Katalog gebotene und von da in den akademischen Katalog (Abh. 1905. 1906) übertragene handschriftliche Material zu kontrollieren und für die Klöster Lavra, Vatopedi und andere zu vervollständigen. Wie zu erwarten war, ist die Ausbeute an guten Hss. nicht groß, doch werden namentlich zwei ältere Hss. des Paulus zu beachten sein. Hrn. Enruarn sei der Dank der Aka- demie auch hier noch besonders ausgesprochen. Nach dem Plane des Unternehmens werden die Hippokrateskom- mentare des Galen zuerst in Angriff genommen. Der 15. Band des Künsschen Corpus ist so weit vorbereitet, daß mit dem Druck in diesem Jahre begonnen werden kann. Er wird die erste Hälfte des Bandes V 9 im neuen Corpus bilden und folgende Schriften umfassen: 1. Galeni efc 16 TTeri »Ycewc Anerwnov libri II ed. J. Mewaror', 2. — eie Tö TTeri troeAc libri IV ed. J. GosseEn, ! Zu diesem Kommentar gehört nämlich als drittes Buch der bei Künn XV 174—223 gesondert gedruckte Kommentar zu TTepi Alalthc Yrıieinkc. 76 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. 3. — elc Tö TTepi auitnc Özewn libri IV ed. G. Heıneeıcn, 4. Tepl TÄc Kae’ "ITTMOKPÄTHN AIAITHC ET TON ÖZEWN NOCHMÄTON (NIX ı82— 221 Künn) ed. J. WESTENBERGER. Auch die zweite Hälfte des Bandes ist bereits durch Hrn. Prof. Kargrteischn und den Berichterstatter in Angriff genommen. Hr. Prof. Ivgere in Leipzig, der als Vertreter der Sächs. Ges. d. Wiss. der akademischen Kommission angehört, hat inzwischen Bd. IV (Soranos) kräftig gefördert. Er hat den Paris. gr. 2153 untersucht und die darin enthaltene gynäkologische Kompilation nach V. Rose nicht ohne Erfolg neu verglichen. Die jüngeren Hss. (Barber. I 49, von Hrn. Prof. E. Werımann eingesehen, und Voss. 8° 18) erwiesen sich als wertlos. Ferner wurde der »Muscio« des Bruxellensis 3714 vom Leipziger Institut für Geschichte der Medizin (PuscamAann-Stiftung) auf seine Veranlassung photographiert. Diese Voruntersuchungen über die Textgeschichte sind in einer Abhandlung »Die Überlieferung der Gy- näkologie des Soranos von Ephesos« zusammengefaßt. Sie erscheint in den Schriften der Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss., die sich mit der Ber- liner und Kopenhagener Akademie zur gemeinsamen Herausgabe des Corpus Medicorum verbunden hat und gewiß in gleicher Weise auch weiterhin ihre dankenswerte Beihilfe dem Unternehmen gewähren wird, wie es in den letzten drei Jahren geschehen ist. Als Vertreter der Dänischen Gesellschaft berichtet Hr. Prof. J. L. Heiıgersc in Kopenhagen, er habe im vergangenen Jahre alle italieni- schen Hss. des Paulus untersucht und vier Laurentiani, von denen aber nur einer vollständig ist, ganz verglichen. Durch die Probe- kollationen der ungemein zahlreichen Pariser Kodizes ergibt sich, daß mehrere als Abschriften erhaltener Hss. ausscheiden. Die wertvolle- ren werden in der nächsten Zeit kollationiert werden. Über die eng- lischen Hss. hat Hr. Dr. Raeper, über die spanischen Hr. Prof. MewArpr Auskunft gegeben; der letztere hat die Photographien der betreffenden Hss. gesandt, deren Prüfung noch aussteht. Wichtig ist eine Hs. in Patmos und zwei auf dem Athos, deren Kollation oder Photographie beschafft werden muß. Den Cod. Casinensis 351, der die alte lateini- sche Übersetzung des III. Buches enthält, hat die Puscnmans-Stiftung in Leipzig photographieren lassen und Hrn. Hrıger6 zur Verfügung gestellt. Dieser Text (mit Index) wird von Hrn. Hrıgers ganz zum Drucke gegeben werden. Die übrigen lateinischen Handschriften sind untersucht worden, worüber in der geplanten Ausgabe des Casinensis berichtet werden wird. Hr. Dr. Raeper, der im Auftrage der Dänischen Gesellschaft der Wissenschaften den Oribasius (Bd. VI des Corpus) übernommen hat, ist mit der Vergleichung aller Hss. zu den “latrıkai cynarwra) im ab- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 7 gelaufenen Jahre zu Ende gekommen. Nur der Heidelberg. Pal. 375 S. XII, der für die überlieferten Reste der Bücher XXIV und XXV allein maßgebend ist, steht noch aus. Verglichen sind für I—XV Cantabr. Coll. St. Johann A 6, Neapol. 304 HI D 20 und Paris. 2189, für XXI, XXI Paris. 2237 und für XLIV—LI Laur. 74, 7 und Vatic. 1885. Zur Cynorıc wurde der Paris. 2188 ganz verglichen. Da viele andere Hss. von dieser abhängen, so werden vermutlich nur die beiden Florentiner neben ihm in Betracht kommen. Zur Schrift TTpoc EYnA- mon hat Hr. Raeper nur einige Teile der Hss. verglichen, wobei sich ergeben hat, daß der Budapest. 9, der Ottobon. 129 und der Vatic. 1427 Abschriften des Mare. 294 sind. Der Paris. Suppl. 446, der nur Exzerpte enthält, ist nur zum Teil verglichen worden. Die Hss. der nur lateinisch erhaltenen Schriften des Oribasius sind flüchtig gemustert worden. Die Eehtheit dieser Schriften erscheint sehr fraglich. Über die Übersetzungen der griechisch erhaltenen Schriften ist eine gewisse Übersicht gewonnen worden. Mit der Feststellung des Textes und Ausarbeitung des Apparats ist begonnen worden, einige Bücher sind bereits so gut wie fertig. Auch die beschwerliche Sammlung der Parallelstellen ist angefangen, sie rechnet sehr stark auf die Unter- stützung der übrigen Mitarbeiter. Deuische Kommission. Bericht der HH. BurpvaAcn, HeustLer, RoETHE und ScHmipr. Die Inventarisation der deutschen Handschriften hat guten Fort- gang genommen, wenn auch die wünschenswerte Beschleunigung des Tempos und Vermehrung der Mitarbeiterzahl aus inneren und äußeren Gründen noch nieht möglich war. Immerhin ist an wichtigen Stellen eine erhebliche Förderung zu verzeichnen. Aus der Schweiz trafen zahlreiche Beschreibungen von Hand- schriften der Basler öffentlichen Bibliothek ein, die noch Hr. Prof. Bınz angefertigt hatte. Die durch seinen Weggang unterbrochene Arbeit ist dank der Fürsorge des Oberbibliothekars Dr. Bernourzı durch Hrn. Dr. Roru fortgeführt worden; zehn seiner Beschreibungen sind bereits in unserem Besitz. In Einsiedeln ist durch die rüstige Arbeit des Hrn. Bibliothekars P. GABRIEL Mrıer die Inventarisierung der für die Kommission in Frage kommenden Handschriften dem Abschluß nahe gebracht worden. Eine größere Zahl der St. Galler Beschreibungen von Hrn. Prof. VEerrEr konnte jetzt der Verzettlung zugeführt werden. Eine gelegentliche Be- schreibung einer Handschrift der Bürgerbibliothek zu Luzern steuerte Hr. Dr. Berraror bei. 78 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Schon im vorjährigen Bericht wurde die Notwendigkeit einer in- tensiveren Aufnahmetätigkeit in Österreich-Ungarn betont. Dem- gemäß erhielt im verflossenen Jahr Hr. Dr. Doren den Auftrag, die bereits in den früheren Jahren mit gutem Erfolg begonnene Beschrei- bung der deutschen Handschriften Böhmens nunmehr zum Abschluß zu bringen und dabei namentlich auch auf die Privatbibliotheken Rück- sicht zu nehmen. Das rühmenswerte Entgegenkommen der meisten Vor- stände und Besitzer hat ihm manchen hübschen Fund ermöglicht. Die unerwartet reichen Bestände der äußerst wertvollen Privatbibliothek des Hrn. Dr. Laxeer in Braunau, die ihr Besitzer opferfreudig ge- sammelt und mit seltener Liberalität unserem Beauftragten erschlossen hat, bewirkten es, daß Dr. Dorcn über das nördliche Böhmen in die- sem Jahre nicht hinausgekommen ist. Nicht weniger als 120 Num- mern dieser Privatbibliothek kommen für uns in Betracht; darin Volks- lieder, Arzneibücher, Kalendarien, Ordensregeln, ein deutsch-lateinischer Psalter, mystische Predigten und Traktate (z. B. Meister Eekharts Predigt “"Beati pauperes’ deutsch; Rede von der Unterscheidung in einer Form, die von den wenigen übrigen Handschriften völlig abweicht); Gesta Romanorum deutsch 1461: Exempelhandschrift; Boccaceio deutsch; Sy- billen-Weissagung deutsch usf. Dr. Doren arbeitete mit Energie in Eger (Stadtarchiv, Museum der Stadt, Archiv zu St. Niclas), Tepl (Stadtarchiv, Stiftsbibliothek), Luditz (Museum, Stadtarchiv), Petschau (Schloß-, Pfarr- und Stadt- archiv), Schlackenwerth (Piaristenbibliothek), Kaaden (Franziskaner- konvent), Dux (Museum, Archiv und Pfarramt), Ossegg (Stiftsbiblio- thek), Tetschen (Thunsche Schloßbibliothek), Leitmeritz (Biblio- thek des Kapuzinerklosters, Gymnasialbibliothek), Raudnitz (Lobko- witzsche Bibliothek), Fürstenstein (Pleßsche Bibliothek), Trautenau (Stadtarchiv), Braunau (Stiftsbibliothek). Von den meisten dieser Orte liegen die Beschreibungen bereits vor, besonders zahlreich aus Tepl, Fürstenstein, Raudnitz, Braunau. Im Stadtarchiv zu Eger werden die sehr zahlreichen Privatbriefe alter Zeit, die manche literarischen Anhaltspunkte versprechen, noch von einem ortsansässigen Gelehrten durchzuarbeiten sein. Eine Handschrift der Wiener Hofbibliothek beschrieb gelegent- lich Dr. Doreon. Durch die gütige Vermittlung des Hın. Prof. Sauer gelangte in unsern Besitz die von Hrn. Prof. Grasser in Budapest verfaßte Be- schreibung einer Budapester Handschrift mit einem umfänglichen Fest- gedicht über Des Pfalzgrafen Friedrich, Herzogs zu Bayern Werbung um Fräulein Dorothea, geborene Königin von Dänemark (um die Mitte des 16. Jahrh.). Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 79 In München arbeiteten in gewohnter Weise die HH. Oberbiblio- thekar Dr. Leivineer und Bibliothekar Dr. Prrzer fort, doch mußten Prrzers Beiträge infolge seiner Erkrankung spärlich bleiben. Die Auf- nahme der umfänglichen Handschrift Beheimscher Meisterlieder be- gann Dr. Mausser. Eine Münchner Handschrift im Besitz des Hrn. AUFLEGER beschrieb Hr. Oberlehrer Dr. Wüsr. Aus Nürnberg (Stadt- bibliothek) und Würzburg (Universitätsbibliothek) beschrieb Dr. Dorcn einige Handschriften. In Baden und Württemberg ist leider unsere Arbeit trotz dem Entgegenkommen der leitenden Persönlichkeiten infolge ungünstiger Umstände noch nicht in Fluß gekommen. Hr. Dr. Berraror beschrieb gelegentlich eine Handschrift der Karlsruher Hof- und Landesbiblio- thek; Hr. Dr. Marrnär ebenso drei Handschriften (meist Minnealle- gorien) der Universitätsbibliothek zu Heidelberg. Die Arbeit in der Landesbibliothek Stuttgart ist durch schwere Erkrankung des Hrn. Archivars a. D. Korru, von dessen Hand uns bereits erfreuliche Bei- träge vorliegen, wieder ins Stocken geraten. Falls nicht noch andere Verabredungen getroffen werden, wird Hr. Dr. Gi.ze im Sommer auf etliche Wochen dort in unserm Auftrage arbeiten. Eine Handschrift dieser Bibliothek beschrieb gelegentlich Hr. Dr. Berraror. Im Berichtsjahr wurden für die Inventarisierung der Handschriften- bestände in Elsaß-Lothringen mit den dortigen Bibliotheks- und Archivvorständen Verhandlungen geführt, die erwarten lassen, daß im kommenden Jahr eine feste Organisation unsern Wunsch verwirk- lichen wird. Aus Leipzig liegen gelegentliche Beschreibungen der HH. Prof. Borenuiss (Antiquariat Hiersemann) und Dr. Dorcn (Universitätsbiblio- thek) vor; dieser beschrieb auch einige Handschriften der Dresdener Königlichen Bibliothek. Zahlreiche Beschreibungen von Handschriften der Königlichen und Universitätsbibliothek zu Breslau sandte wieder Hr. Oberlehrer Dr. Krarrer ein; der Abschluß der Inventarisierung dieser Bibliothek konnte jedoch noch nicht erreicht werden. Einen wesentlichen Beitrag dankt die Kommission dem Vorstand der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha, Hrn. Prof. Enwarn, der die zum Teil umfänglichen Pergamentkodizes in Folio, 22 an der Zahl, erledigte und auch weiterhin seine Mitarbeit erhoffen ließ. Den Mei- stersingerkodex Birmer im Besitz der Universitätsbibliothek Jena be- schrieb Hr. Dr. Benkesp. Auch im Osten wird nunmehr, nachdem Hr. BurnAacn persönlich in Königsberg über den dortigen Handschriftenvorrat, dessen alt- deutsche Bestände Steffenhagens bekannte Arbeiten übersehen lassen, 80 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. besonders auch nach der Seite der lateinischen und der Briefliteratur sich orientiert und mit Hrn. Bibliotheksdirektor Dr. SchuzzE und Hrn. Archivdirektor Geheimrat Dr. Joacnım die notwendigen Vereinbarungen getroffen hat, die Inventarisierung in rascheren Fluß kommen. An Stelle des bisher mit der Bearbeitung der Königsberger Materialien be- auftragten Hrn. Prof. Dr. Eurine, dessen energische Kraft wir an das andere große Unternehmen unserer Kommission, das Deutsche Wörter- buch, übergehen lassen mußten, wird Hr. Dr. Em ErrLiseer treten, der am ı. Februar die Beschreibung beginnen soll. Aus Marienburg traf ein summarischer Bericht des Hrn. Dr. Ziesemer ein. Erwünschte Winke sind Hrn. Prof. Boreruine zu danken. Eine Humanistenhandschrift aus St. Petersburg (Kaiserliche Öffentliche Bibliothek) beschrieb Hr. Dr. Berraror. Mit der Beschreibung der Quarthandschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin ist Hr. Dr. Hryvmans nur langsam vorgerückt; er hat wesentlich Handschriften aus Sudermanns Besitz aufgenommen. Ein paar mystische Kodizes hat Hr. Dr. Dorcn, einige Handschriften der lateinischen Visionsliteratur Hr. Voısr beschrieben. Die inter- essanten Bruchstücke eines niederrheinischen Sydrach, die sich im Privatbesitz des Hrn. Dr. Paur KristeLrer befinden, untersuchte Prof. Borcenzine. — Die Handschriften von Gardelegen und Umgegend durehmusterte unser Archivar Dr. Beukenn. Die Marienkirche enthielt Lokalhistorisches und poetische Miszellaneen, während die Bibliothek der Bürgermeisterei und Kloster Neuendorf unergiebig waren. Dr. Wırsanp behandelte weitere Handschriften der Fuldaer Lan- desbibliothek, meist deutsche Erbauungsliteratur des 15. und 16. Jahr- hunderts. Aus Handschriften im Privatbesitz der Frau Dünıns in Kassel verzeichnete Prof. Hesrıcı die niederdeutsche Vision einer Klosterfrau von 1288; die sehr umfängliche Beschreibung von Schobers an Zeitgedichten reichem Reimbuch (1685 —1695) aus der Landes- bibliothek zu Kassel steuerte Dr. Lresann bei. — Für Mainz hat der jetzige Stadtbibliothekar Prof. Binz seine erprobte Mitarbeit zu- gesagt, wie er sie früher in Basel geleistet hat. Die Bearbeitung der Rheinprovinz durch Hrn. Bibliothekar Dr. Cnrıst hat sich im verflossenen Jahre gut weiterentwickelt. Am ergebnisreichsten war die Universitätsbibliothek zu Bonn, aus der namentlich Gebete, Traktate, Predigten, Mystika, aber auch die Hs. des 8. Buches Konrads von Megenberg und allerlei Niederländisches beschrieben wurde. Die Bonner Kreisbibliothek trug nur eine nieder- rheinische Klosterregel des Brigittenordens ein, während die Pfarrbiblio- thek zu Brühl und Schloß Gymnich bei Liblar (Besitzer Vieomte de Maistre) ganz versagte. Eine rheinabwärts gerichtete Reise prüfte Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. sl die Pfarrbibliothek zu Xanten mit gutem Erfolg (Rechtsliteratur), ferner die Bibliothek des Hilfspriesterseminars (früheren Chorherrenklosters) in Gaesdonck bei Goch, über die später zu berichten sein wird, das Stadtarchiv zu Kalkar (Rechtsliteratur), Pfarrbibliothek und Stadt- archiv zu Gleve (Rechtsbücher, Chroniken); unfruchtbar blieb der Be- such von Schloß Moyland, dessen Archiv, in der Neuordnung be- griffen, nicht zugänglich war. Die Bibliothek des Antiquarisch-Histo- rischen Vereins zu Kreuznach bot nur bekannte mittelhochdeutsche Fragmente; ebenso das Archiv des Freiherrn Langwerth von Simmern zu Eltville. Gar nichts brachte Schloß Gondorf (Freifrau von Liebieg) und Schloß Volradt bei Winkel (Graf Matuschka-Greiffenklau). Um so mehr verspricht die Sammlung der Gräfin Eltz auf Schloß Eltz an der Mosel, aus deren Bestand Prof. Borenuıns Auszüge und eine Beschreibung der Handschrift des großen Seelentrostes bereits geliefert hat. Im Archiv des Marienstifts in Wetzlar fand Borcnuise ein Frag- ment der Gottes Zukunft Heinrichs von Neustadt. — Mystikerhand- schriften, Homilien und die große Exempelsammlung der Stadt- und Landesbibliothek zu Düsseldorf beschrieb Dr. Doren. — Die Be- schreibung der Handschriften der Stadtbibliothek zu Aachen hat ihr Direktor Prof. Laucherr sehr dankenswert begonnen. Die Versetzung Prof. Böners nach Breslau hat Westfalen eines mehrjährigen, verdienten Bearbeiters beraubt; doch hat das verflossene Jahr noch zahlreiche Früchte seines Eifers gebracht, und Hr. Dr. Crrist hat das von ihm in Angriff Genommene weiter gefördert. So liefen aus der Münsterschen Universitätsbibliothek neben vielen Be- schreibungen von deutschen und lateinischen Erbauungsbüchern Mittei- lungen ein über neue Bruchstücke von Maerlants Reimbibel, über einen Kodex mit allerlei Miszellen zur Geschichte der Stadt Köln, über ein Fragment aus Petrus von Riga Aurora. Andachtsbücher spendete die Bibliothek des Prof. Dr. Anton PırEer in Münster, die Bibliothek des Grafen Fürstenberg-Stammheim (spanisch-niederländisches Erbauungs- buch), die Bibliothek des Kapuzinerklosters, in der sich auch ein bis- her unbeachtetes Deutschordensstatut fand. Chronikalisches, lokalhisto- rische Gedichte wurden aus dem Stadtarchiv und der Bibliothek des Altertumsvereins zu Münster gebucht. Das Dechaneiarchiv zu Frecken- horst steuerte bei drei geistliche Sammelhandschriften mit vielen lo- kalen Beziehungen. Lateinische und deutsche Andachtsbücher aus der Bibliothek des Vereins für Orts- und Heimatskunde zu Warendorf (Vorstand: Amtsgerichtsrat Zuborn), aus der Bibliothek des Franzis- kanerklosters zu Wiedenbrück (Pater Henniger), aus der Propstei- bibliothek zu Billerbeck beschrieb noch Prof. Böner, während das St.-Jakobi-Pfarrarchiv zu Coesfeld und das Benediktinerkloster zu 82 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. St. Joseph bei Coesfeld fruchtlos besucht wurde. Die Bibliothek des Grafen Nesselrode auf Schloß Herten bei Recklinghausen bot neben Bekanntem eine interessante medizinische Sammelhandschrift; die reich- haltige Schloßbibliothek des Herzogs von Croy zu Dülmen u.a. ein paar magere, J nahestehende Nibelungenbruchstücke aus dem 20. Liede. Im ganzen hat die verdienstvolle Inventarisation der nichtstaatlichen Archive Westfalens unseren Mitarbeitern die Arbeit bei den Hand- schriften im Privatbesitz zwar sehr erleichtert, aber ihnen auch man- chen Fund vorweggenommen. Auch die Königliche und Provinzialbibliothek zu Hannover, an der Hr. Oberlehrer Dr. Brırı eifrig tätig ist, gab in erster Linie An- dachtsbücher her: ein Belial wurde beschrieben, vor allem die Hand- schriften Dietrichs von Stade verzeichnet. — Über ein sächsisches Land- recht aus Altenbruch im Lande Hadeln berichtete Prof. Borenuins. Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Dessau waren bisher den Germanisten wesentlich durch einige lose Beschreibungen von Hosävs in verschiedenen Bänden der Germania bekannt. Hr. Ober- lehrer Dr. Marrnär hat darüber hinaus eine Reihe recht interessanter, wenn auch später Handschriften analysiert: darin ein zweites Exemplar des Wilhelm von Wenden, neue Überlieferungen des Laurin und Rosen- garten A, ein Lucidarius; allerlei bisher unbekannte kleinere mhd. Dichtungen (Legenden); Mystisches usw.: die vorläufige wissenschaft- liche Verwertung dieser Funde ist im Gange. Auch für das wenig beachtete Gebiet der mittelalterlichen Prosaerzählung, für das die aka- demischen Texte bald stärker eintreten werden, bietet der Anhang einer Mandevillehandschrift hübsches Material. Aus der Königlichen Be- hördenbibliothek zu Dessau beschrieb Dr. Marrnär wesentlich Rechts- handschriften. — Mit dem Herzoglichen Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst hat Hr. Hofrat Wäschke einen Anfang gemacht, indem er über des thüringischen Hofkaplans Joh. von Bissingen Beschreibung einer Reise nach Frankreich und Burgund, über ein Buch der drei Könige, über mehrere Rechtsbücher berichtete. Die Maßregeln, die Senat und Bürgerschaft der Freien und Hanse- stadt Lübeck vor ı$ Jahren in unserm Interesse beschlossen, haben im vergangenen Jahre bereits reiche Frucht getragen: von der Hand des Hrn. Dr. Paur Hacen liegt jetzt schon ein stattlicher Stoß gelehrter und sorgfältiger Beschreibungen namentlich niederdeutscher Erbauungs- schriften und Gebetbücher der Stadtbibliothek vor: viel Bekanntes, aber auch wenig Beachtetes; die Verbreitung der Psalmen in deutscher Sprache bestätigt sich; eine Benediktinerregel für Frauen, ein nieder- deutsches Horarium für Laien, eine niederdeutsche Fassung von Philipps Marienleben, eine unbekannte Handschrift der gereimten Apokalypse, a « ee eier ee ee Di nn ch ih ac... Zu . . . . . » ) Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 35 Verse vom Blumenkranz und Prosaallegorien seien notiert. — Aus Ham- burg kam diesmal nur eine vereinzelte Beschreibung Dr. Dorcens. Prof. Hrseıcı hat seine unermüdliche Tätigkeit im Herzogtum Braunschweig fortgesetzt: die zähe und opferwillige Energie, mit der er die übernommene Aufgabe durchführt, die reichste Schatz- kammer Niederdeutschlands durehzuarbeiten, verdient unsern warmen Dank, und wenn er durch die Bibliotheks- und Archivverwaltungen weitgehende Förderung findet, so belohnt sich das wahrlich durch den Ertrag seiner Arbeit, von dem neuerdings wieder ein Aufsatz “‘Braunschweigs Landeshauptarchiv als Bibliothek’ im Zentralblatt für Bibliothekswesen (Dez. 1909, Jahrg. XXVI, 541 ff.) Zeugnis ablegt'. Dieser Aufsatz überhebt uns eines eingehenderen Berichts über die bisher nur wenig (zum kleinen Teil von Borcnuzins) beachteten, überwiegend aus dem Dome St. Blasien in Braunschweig herrührenden etwa 250 Handschriften des Landeshauptarchivs zu Wolfenbüttel, ein Besitz, den man erst ganz neuerdings befriedigend zu katalogi- sieren angefangen hat. Neben dem beträchtlichen Grundstock an gottesdienstlichen und Erbauungsbüchern sind Braunschweiger Stamm- bücher und Chroniken, alte Bücherverzeichnisse (aus Amelunxborn und Northeim), Stücke des Sachsenspiegels, zahlreiche kleinere Dichtungen, Spruchverse usw. zu buchen gewesen. — Eine weitere erhebliche Arbeitsleistung stellt es dar, daß Hrxsrıcr die Klasse der Helmstedter Handschriften in der Herzoglichen Bibliothek bis Nr. 750 erledigt hat. Waren hier Überraschungen nicht zu erwarten (lateinische Prosaer- zählungen, Alchymistisches, Medizinisches sei erwähnt), so spendeten die bisher nur provisorisch katalogisierten Extravaganten auch diesmal allerlei Interessantes: den “Cassander’ Anton Ulrichs (?) oder seiner Schwester Sibylla Ursula von Braunschweig, Spruchsammlungen Hieronymus Colerus des Jüngeren, Briefe und Verse Val. Andreäs u. a. m. Nicht weniger wurden die Sammlungen der Stadt Braunschweig weiter durchforscht. Begonnen und auch beendet ist die Arbeit im Herzoglichen Museum: einige Stammbücher, ein Trachtenbuch, satyrische Zeiehnungen und fliegende Blätter mit Beischriften wurden verzeichnet, auch die schon bekannte Herpinhandschrift des 15. Jahrhunderts. — ! Andere kleine Publikationen des Jahres, die mit Henrıcıs Arbeit zusammen- hängen, sind die folgenden: Von E. Hazer, Der deutsche Cornutus (vgl. den vorjäh- rigen Bericht), erschien 1909 der zweite Teil: ‘Der Novus Cornutus des Otto von Lüneburg in den deutschen Übersetzungen des Mittelalters’. Über Henning Hagen und Dietrich von Watzum, zwei für die Braunschweiger Literatur wichtige Männer, berichtete Henrıcı im Braunschweigischen Magazin 1909 Nr. 6. 7; eine wahrscheinlich von diesem Dietrich herrührende Spruchsammlung des 14. Jahrhunderts, lateinisch mit Übertragung in niederdeutsche Verse, wurde in der Zeitschrift f. d. Altertum 50, 334 gedruckt. 84 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. In der Stadtbibliothek gelangte nach etwa dreijähriger Tätigkeit die Abteilung “Mittelalterliche Handschriften’ zum Ende, ebenso annähernd die Bruchstücke, über die der gedruckte Katalog fast gar nichts an- gibt. Ein verbessertes und ergänztes Exemplar dieses Katalogs über- gab Prof. Hrxrıcr im September 1909 der Stadtbibliothek. Erst in den Anfängen steht endlich die Aufnahme der Gruppe “Neuere Hand- schriften’ sowie der reichen Bestände des Stadtarchivs. Die lateinische und deutsche Kleinliteratur (Sprüche, Lieder, Inschriften, Stammbuch- verse, Erzählungen, Gebete, Segen usw.), auf die Hrxrıcı immer be- sonders geachtet hatte, stand auch diesmal meist im Vordergrunde. — Ein niederdeutsches Gebetbuch aus dem Besitze des Pfarrers Diestel- mann zu Berklingen bei Schöppenstedt (mit Marienandachten und einer Regel des Klausnerlebens) beschrieb Prof. BorcHuine. In Paris hat Dr. Dorcu die Wüstschen Beschreibungen aus der Nationalbibliothek zum Teil vervollständigt; aus der Arsenalbibliothek hat er teils wenig beachtete Handschriften aufgenommen (Salman und Morolf; Seuse), teils aus bekannten Kodizes interessante, bisher über- sehene Sprüche und Lieder herausgeholt. Auf den Königlichen Bi- bliotheken zu Brüssel und im Haag, den Universitätsbibliotheken zu Amsterdam, Gent, Utrecht hat Dr. Dorcn mehr gelegentlich mystische Predigt- und Erbauungsliteratur beschrieben, auf die gerade seine Arbeiten ihn führten. Aus der Königlichen Bibliothek zu Stockholm und der Uni- versitätsbibliothek zu Upsala sandte endlich Hr. Prof. PsıranpEr ge- naue Beschreibungen von dort neuerdings gefundenen Fragmenten, die zum großen Teil bereits in der Zeitschr. f. d. Alt. 49, 363 ff. veröffent- licht worden sind (doch auch das Bruchstück einer Christherrechronik, Segen u.4.). — Ein ersprießlicher Austausch entwickelte sich mit der Kommis- sion für Herausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge Deutsch- lands bei der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Das Archiv dankt Hrn. Dr. Paur Lenmasv manchen wertvollen Hinweis persönlicher und sachlicher Art. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wurden die an die Mit- arbeiter auszugebenden "Grundsätze für die Inventarisierung’ einer neuen Redaktion unterzogen; darin sind die Vorschriften für die Aufnahme deutscher Gebete strenger gefaßt, die für lateinische Sammelhand- schriften, im Vertrauen auf den wissenschaftlichen Takt der Beschrei- ber, gelockert worden. Das Archiv besitzt gegenwärtig über 4000 Beschreibungen, die nach den im Bericht vom Jahre 1907 angegebenen Gesichtspunkten in etwa 162000 Zettel aufgelöst wurden. An der Verzettelung be- 5 ® Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 1615) teiligten sich unter Anleitung des Archivars die HH. Dr. Bönne, cand. GENSEL, Dr. Gene, Dr. Grantzow, cand. Hartmann, Dr. KOTZENBERG, cand. Vorsr. Dank den reicheren Materialien wuchs die Zahl der po- sitiven Antworten auf zahlreiche Anfragen. Eine längst als dringend empfundene Aufgabe wurde vom Ar- chivar in Angriff genommen: ein vollständiges Verzeichnis aller Text- abdrucke, die bisher aus sämtlichen für unsere Inventarisation in Be- tracht zu ziehenden Handschriften veröffentlicht worden sind. Die Dürftigkeit unserer Handbibliothek macht es leider nötig, daß diese Arbeit meist in anderen Bibliotheken vorgenommen werden muß. Das nächste Ziel der Archivbibliothek, die deutschen Handschriftenkataloge möglichst vollständig präsent zu haben, ist näher gerückt. Zu danken hat die Kommission zahlreichen deutschen Schuldirektoren für die Überweisung zum Teil selten gewordener Programme, die deutsche Handschriften behandeln. Unter den wichtigeren Zuwendungen nennen wir noch mit Dank den Katalog der Bibliothek der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften; Bönm, Die Handschriften des k.k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs; Brernorz, Das Mährische Landesarchiv. Die sämtlichen Büchersammlungen der Deutschen Kommission umfassen gegen 1100 Nummern. Aus dem Nachlaß Prof. Jon. Krrres in Prag überwies sein Sohn Hr. Ministerialrat von Kerze mehrere Platten und Abzüge von Hand- schriftenphotographien an unser Archiv. Von den »Deutschen Texten des Mittelalters« wurden neu aus- gegeben Bd. XV (Die Lilie, eine mittelfränkische Dichtung in Reim- prosa, und andere geistliche Gedichte, aus der Wiesbadener Hand- schrift herausgegeben von Paur Wüsr), Bd. XVI (Die heilige Regel für ein vollkommenes Leben, eine Zisterzienserarbeit des XIII. Jahr- hunderts, aus der Handschrift Additional 9048 des British Museum herausgegeben von RogErr PrıesscH) und Bd. XVII (Die Heidelberger Handschrift cod. Pal. germ. 341, herausgegeben von Gustav Rosen- HAGEN); im Druck vollendet ist auch Bd. XVIH (Gundacker von Juden- burg, Christi Hort, aus der Wiener Handschrift herausgegeben von J. Jaxscae). Dagegen ist Bd. XI (Die Predigten Taulers, herausgegeben von Fervınann VETTER) unter dem Druck ungünstiger Verhältnisse immer noch nicht zum Abschluß gekommen; doch ist der Text fertig und nur noch der Satz der Register zu vollenden. Neu begonnen hat der Satz von Bd. XIX (Daniel, eine Deutschordensdichtung, aus der Stutt- garter Handschrift herausgegeben von Arruur Hüsner) und von Bd. XX (Rudolfs von Ems Weltchronik, aus der Wernigeroder Handschrift Sitzungsberichte 1910. 7 86 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. herausgegeben von Gustay Enkısmans); wir zweifeln nicht, daß zumal dieser XX. Band der Reihe, der endlich ein von Jedem deutschen Phi- lologen längst entbehrtes Werk allgemein zugänglich machen soll, mit großer Befriedigung begrüßt werden wird. Demnächst geht in den Druck Bd. XXI (Hiob, eine Deutschordensdichtung, aus der Königs- berger Handschrift herausgegeben von Tor Karsten). Die Ausgaben haben wieder mannigfaltige Unterstützung durch Bibliotheksverwaltun- gen und Gelehrte gefunden, wovon die Einleitungen Rechenschaft ab- legen. Aber auch hier ziemt es sich, der wertvollen und unermüd- lichen Mitarbeit zu denken, die Prof. Karı vox Kraus in Prag zumal dem von ihm angeregten XVII. Band, aber auch darüber hinaus der Samm- lung und ihrem Leiter wieder gewährt hat. Für die Wielandausgabe hat Hr. Dr. Hoxnever in Berlin den Il. Band der Poetischen Jugendschriften, Hr. Dr. Sranzer, Privatdozent in Straßburg, den II. Band der Shakespeare-Übersetzung geliefert. Die beiden Bände sind erheblich stärker als die ersten, die zu dünn er- schienen; so wurden diesmal drei Teile des Shakespeare in einen zusammengefaßt. SEuFFErTS wohlbedachte Gliederung wird dadurch einigermaßen verändert. Um das Briefkorpus hat sich wiederum Hr. Direktor Dr. von Kozrowskı in Neumünster durch große Beiträge aus der Halberstädter Gleimstiftung ein Hauptverdienst erworben; neben ihm war Hr. Dr. Beurenp für die Sammlung tätig. Der Ausschuß, der, wie der vorjährige Bericht es meldete, zur Leitung der Arbeiten des Rheinischen Wörterbuchs eingesetzt worden ist, trat am 5. April 1909 zum erstenmal zu einer Beratung in Bonn zu- sammen. Teil nahmen außer den HH. Franck, BurpAaca und HrusLer der Landeshauptmann der Rheinprovinz Hr. von Resvers und als Ver- treter der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Hr. Archiv- direktor ILGen aus Düsseldorf; außerdem die Mitarbeiter am Wörter- buche, die HH. Oberlehrer MürLer und Tresse. Den Vorsitz führte Hr. Franck. Im Vordergrund der Beratungen stand der als Vorarbeit für das Wörterbuch gedachte Sprachatlas, der etwa 5— 6000 Orte (gegen Wen- kers 2000) umfassen soll; von einigen Grenzen wird es vielleicht mög- lich sein, schon in etwa 2 Jahren Karten herzustellen. Einige besonders wichtige Grenzen, z. B. anlautend p:p, werden durchaus mündlich und reisend aufgenommen werden müssen; die Wenkersche Methode der Fragebogen versagt natürlich für manche wesentliche Punkte, so reichen Ertrag sie im ganzen gebracht hat. — Besprochen wurde weiter die Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 87 Schwierigkeit, ein andauerndes und tätiges Sammelinteresse über die ganze Provinz hin zu erwecken und lebendig zu halten. Es ist ins Auge gefaßt worden, künftig kleinere Sammelkreise zu organisieren, wo irgend sich geeignete Leiter fänden, denen eine kleine Vergütung zuzuweisen wäre. — Mit besonderem Dank ist hervorzuheben, daß der Hr. Landeshauptmann vox Resvers für die mundartliche Biblio- thek des Wörterbuchs, das nicht auf die Dialektsammlung der Kölner Stadtbibliothek angewiesen sein darf, und für die Bereisung der Provinz durch die Sammler einen kleinen Sonderzuschuß be- willigt hat. Im übrigen berichtet das außerakademische Mitglied der Deut- schen Kommission, Hr. Franck, das Folgende: ‘Im abgelaufenen Jahre haben Hr. cand. phil. Karı Scuwarz als Assistent, Frau HrLene Astener und Frl. Mary Beiersvorrr als Hilfs- arbeiterinnen ihre Tätigkeit fortgesetzt. Aus Gesundheitsrücksichten mußte Hr. stud. phil. Jomanv Tuıes Bonn verlassen und Hr. stud. phil. Franz Martın aus Eisenach bei Trier, der gleichfalls eine Zeitlang auf dem Bureau beschäftigt war, seine Beschäftigung unterbrechen. Neu ist kürzlich als Hilfsarbeiter Hr. Franz AstemEr aus Bonn ein- getreten. Meine beiden Mitarbeiter, die Oberlehrer Dr. MüLter und Dr. Tresse, konnten leider gleichfalls aus Gesundheits- oder Familien- rücksichten das Unternehmen nicht in der gewohnten Weise fördern. An die Seminare und Präparandenanstalten wurden die Frage- bogen 6, 7, S und 9 versandt. Dieselben und frühere Fragebogen gingen auch einer Reihe anderer Mitarbeiter zu. Von einer neuen Nummer der » Anfragen und Mitteilungen« wurde für diesmal um so mehr Abstand genommen, als sich der Ertrag dieser Einrichtung an Beiträgen als immer geringer herausstellte.e Dagegen ging auf An- regung eines eifrigen Helfers, des cand. theol. Frıeprıcn Scnuön, Lehrers an der Präparandenschule zu Mettmann, den Zeitungen unseres Ar- beitsgebiets ein neuer Aufsatz zu, dessen Veröffentlichung wir eine kleine Flutwelle in den Eingängen verdanken. Unter den von ihr gebrachten Beiträgen befinden sich auch einige ältere Sammlungen, von welchen ein von dem verstorbenen Pfarrer Arentu zu Mürlen- bach in der Eifel verfaßtes Wörterbuch hervorgehoben zu werden verdient, dem wir schon früher vergeblich nachgespürt hatten, und dessen Benutzung uns jetzt von der Aufbewahrungsstelle, dem Kloster der Congregatio Ss. Redemptoris zu Vaals in Holländisch-Limburg durch Vermittelung des hochwürdigen Hrn. P. Josern Pıum gestattet wurde. Es ergab 6— 7000 Zettel. Fortgefahren wurde mit der Verzettelung älterer Texte und neue- rer Literatur, letzterer besonders aus Köln und dem Bergischen Lande. m. 4 88 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Dagegen konnte die im letzten Bericht angekündigte Arbeit für eine Mundartengeographie bis jetzt nur wenig gefördert werden, abgesehen von einer dankenswerten Leistung des Seminarlehrers PETER FAszsBInDER zu Brühl, der die Diphthongierungsgrenze von i, ü, ü sowie die Grenze zwischen g und 7 (für etymologisch g) durch eigene Aufnahmen von Ort zu Ort festgelegt und diese nebst anderen Grenzen auf einer sehr schönen, unserem Unternehmen zur Verfügung gestellten Karte hat einzeichnen lassen. Der auf dem Archiv jetzt anwesende Bestand ist auf etwa 170000 Zettel mit Einzelwörtern und etwa 32000 Zettel aus den Frage- bogen 1—6 zu beziffern.’ Die Zuversicht, daß es gelingen werde, das »@rimmsche Wörter- buch« in absehbarer Zeit zu würdigem Abschluß zu bringen, ist durch den Ertrag des verflossenen ersten Arbeitsjahres wesentlich gesteigert worden. Selbstverständlich war weder im vergangenen noch ist im kommenden Jahre zu erwarten, daß die neue Organisation sich schon im vermehrten Erscheinen von Lieferungen bewähren könne. Aber die Grundgedanken des neuen Arbeitsplanes, die Tätigkeit der Zentral- sammelstelle in Göttingen und die Werbung neuer Mitarbeiter, haben sich vorläufig so vielversprechend bewährt, daß die Ausführbarkeit des akademischen Planes dadurch an guten Aussichten jedenfalls ge- wonnen hat. Über die Arbeiten der Zentralsammelstelle in Göttingen hat ihr Leiter, Dr. Jomannes Locher, im Auftrage und nach den An- weisungen des außerakademischen Mitgliedes der Deutschen Kommis- sion Hrn. Epw. Scuröpers mehrere ausführliche Berichte eingesendet, denen unter Verweis auf die vorjährigen eingehenden Darlegungen das Folgende entnommen sei: Als 3. Assistent trat am ı. April 1909 Hr. Dr. phil. Frieprıch KAumErER ein. Die Hilfsarbeiterin Frl. Hrıyemann gab ihre Tätigkeit mit dem 28. Februar 1909 auf; an ihre Stelle trat am 16. Juni Frl. Dora Urrıcı. In der Zwischenzeit waren Hr. cand. phil. Körren und Hr. Kandidat des höheren Lehramts R. Bönnmne je auf einige Tage aushilfsweise tätig. Der Personalbestand der Zentralsammelstelle wird wahrscheinlich noch um eine Hilfskraft vermehrt werden müssen; denn es war bisher nur bei angespannter Tätigkeit der vorhandenen Kräfte möglich, die laufenden Geschäfte notdürftig zu bewältigen. Das Schwergewicht lag bisher in der Exzerpierarbeit. Im ganzen waren bisher beschäftigt 273 Exzerptoren; augenblicklich sind noch 181 tätig; beteiligt waren namentlich sämtliche im vorigen Jahres- Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 89 berichte genannten Universitäten. Eine große Anzahl von neu sich Meldenden mußte abgewiesen werden, da sonst die Sammelstelle des einlaufenden Materials nicht hätte Herr werden können. Vergeben sind bis zum 31. Dezember 1909 etwa 500 Autoren, etwa 2000 Bände; hiervon sind bereits völlig erledigt etwa 180 Autoren mit 1300 Bänden. Versendet wurden im ganzen etwa eine Million Zettel; eingelaufen sind bereits 526000 Zettel (Tagesdurchschnitt etwa 1100 Zettel). Das Ergebnis übertrifft den Voranschlag bei weitem und läßt erwarten, daß in längstens zwei Jahren der Zettelapparat der Sammelstelle wenig- stens für das Gebiet der schönen Literatur allen billigen Ansprüchen genügen wird. Zur Erleichterung und Festigung des sehr zeitraubenden Außenverkehrs mit den Exzerptoren wurden Vorkehrungen getroffen (namentlich durch Regelung der Lieferungen und Zahlungstermine), die der Zentralsammelstelle zugleich mehr Luft schaffen werden zu den Arbeiten, durch die sie den Mitarbeitern direkt zu Hilfe kommen soll. Diese Seite ihres Wirkens ist im ersten Jahre gegenüber den drängenden Ansprüchen des zuströmenden Materials noch zurückgetreten; sie soll aber mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Zunächst wurde auf Wunsch der Mitarbeiter ein umfassendes Verzeichnis der lexikalischen Hilfsmittel (etwa Soo Titel) am 13. September 1909 an sämtliche Mitarbeiter abgesendet, auf Grund dessen ein genauer Arbeitsplan für die eigne Exzerpierungstätigkeit der Zentralsammel- stelle entworfen werden konnte. An erster Stelle sind bisher ältere Glossarien und Wörterbücher berücksichtigt worden, mit einem Ge- samtertrag von etwa 10000 Zetteln. — Ferner wurde zur Ausgleichung oder doch Milderung der redaktionellen und typographischen Ungleich- heiten, die sich im Laufe der Jahre bei den verschiedenen Mitarbeitern eingeschlichen haben, ein neues Regulativ entworfen, das in den letzten Tagen des Dezember gedruckt an sämtliche Mitarbeiter versendet wurde. — An diese wurden bisher, abgesehen von einer großen Zahl kleinerer, auf besonderen Wunsch angelegter Sammlungen, ı83 größere Materialsendungen verschickt (in Summa etwa 150000 Zettel). — Die sämtlichen Quellen, aus denen in diesen Sendungen Belege ent- halten waren, wurden in einem großen ersten Quellenverzeichnis zusammengestellt, um den Mitarbeitern eine Übersicht über das ihnen zugegangene Material zu geben, eine gleichmäßige Art des Zitierens zu sichern, die zu benutzenden Ausgaben festzulegen usw. Auch auf die sehr zeitraubende Verifizierung und Umschreibung alter Zettel, auf den Nachweis ungenügender Zitate hat die Zentralsammelstelle viele Mühe verwendet. In der Entwicklung dieses helfenden Verkehrs mit den Mitarbeitern sieht die Zentralsammelstelle ihre künftige Hauptaufgabe; sie wird 90 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. dieser Aufgabe um so mehr dienen können, je mehr die Zahl der Exzerptoren eingeschränkt werden kann, wozu der erste Anfang be- reits gemacht ist. In der Verteilung und Abgrenzung der Gebiete der einzelnen Mitarbeiter sind mehrere Verschiebungen eingetreten, wie denn zu- gleich die Zahl derselben beträchtlich gewachsen ist. Die Verhand- lungen über G schweben noch. Von S (Dr. Meyer und Dr. Crone) ist die 7. Lieferung des Bandes X 2 im Druck. T wird Prof. StoscH nur bis zu Ton weiterführen; für den Abschluß des Bandes ist Dr. Dierrıcn von Krarık zu Wien ins Auge gefaßt worden. Die Bear- beitung der ersten Hälfte des U hat Hr. Prof. Dorımayr zu Wien bereits begonnen; für die zweite Hälfte des Buchstabens (von Un- an) hat Hr. Prof. Evrısse in Königsberg uns seine bewährte Kraft zuge- sagt. Für den Schluß des Ver- und einen Teil der Vor-Artikel sind auf den Wunsch Prof. Mrıszwers mit Hrn. Oberlehrer Dr. Leororn in Breslau Verabredungen getroffen, der durch seine Studien über die Partikel ver- für diese Wortgruppe besonders berufen schien. Den Rest des V hofft Prof. Mrıszxwer jetzt wieder schneller zu fördern. Vom W hat Hr. Prof. von Bauper die S. Lieferung des XIII. Bandes (Wallung bis Wand) erscheinen lassen. Der Abschnitt Weh bis Wz, der ursprünglich Hrn. Dr. Görze in Freiburg allein zugedacht war, ist, da der Abschnitt für einen Bearbeiter zu groß wäre, so geteilt worden, daß Prof. Sürrerrıy in Heidelberg den Schlußband von Wil- an übernommen hat; auch ihm hat Hr. vow Bauper seine reichen Sammlungen zur Verfügung gestellt. Prof. Serporr in Bremen, der Bearbeiter der ersten größeren Hälfte des Z, hofft schon in diesem Jahre mit dem Druck zu beginnen; voraussichtlich wird er nicht der einzige der neuen Helfer sein, für den das zutrifft. Für den Schluß des Z (von 2o- an) ist Hr. Oberlehrer Dr. RoszexuaGen in Hamburg ausersehen. Die Deutsche Kommission darf diesen Bericht nicht schließen, ohne der Großherzoglich Badischen Regierung ihren warmen Dank da- für auszusprechen, daß sie den HH. Görze und Sürreruiv durch Ent- lastung oder Beurlaubung die intensive Mitarbeit am Deutschen Wörter- buche eigentlich erst ermöglicht hat. Aber auch weiterhin hat sie zu danken: die Direktionen sowohl der Universitätsbibliothek zu Kö- nigsberg wie der K. u. K. Hofbibliothek zu Wien haben durch be- reitwillige Unterstützung der von der Akademie beauftragten Herren dem Deutschen Wörterbuche wertvolle Hilfe geleistet. Bei der steten verständnisvollen und tatkräftigen Unterstützung zu verweilen, die die Deutsche Kommission auf der ganzen Linie ihrer Arbeiten dem vorge- setzten Ministerium, für das Deutsche Wörterbuch zumal dem Reichsamt des Innern, dankt, das entspricht nicht dem Brauche dieser Berichte. Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 91 Forschungen zur Geschichte der neuhochdeutschen Schrifisprache. Bericht des Hrn. Burvacn. Der Stand der Arbeiten an dem Werk Vom Mittelalter zur Refor- mation ist der folgende. Vom ersten Teil der kritischen Edition des Briefwechsels des Cola di Rienzo (Herausgeber: K. Burnacn und Pau Pıur) ist der Text nebst kritischem Apparat und Anmerkungen (448 Seiten) im Reindruck fertig. Der Druck der Einleitung steht unmittelbar bevor. Vom zweiten Teil dieser Edition (Urkundliche Quellen zur Ge- schichte Rienzos, Kommentar, Glossar) ist der Satz bis zum Abschluß des Textes (14 Bogen) vorgerückt. — Von der kritischen Edition des Ackermanns aus Böhmen (Herausgeber: Aroıs Berwr und K. Burnach) ist der Text nebst kritischem Apparat sowie das umfängliche Glossar (10 Bogen) im Reindruck fertig, der von Hrn. Prof. Aroıs Berxr (Leitmeritz) verfaßte Teil der Anmerkungen im Manuskript abgeschlossen. — Von dem Bande Ein schlesisch-böhmisches Formelbuch in lateinischer und deutscher Sprache aus der Wende des 14. Jahrhunderts ist der Satz ge- diehen bis zum Ende der deutsch-lateinischen Texte nebst Anmer- kungen. Die Arbeit kam langsamer vorwärts als erwartet werden mußte, weil im Laufe des verflossenen Jahres ihr Ziel mannigfach, nament- lich für die erklärenden Anmerkungen, weiter gesteckt wurde. Ins- besondere verzögerte das Fortschreiten der Redaktion und der Druck- legung des ersten Rienzobandes auch der Umstand, daß die Kraft des Assistenten und Mitherausgebers Hın. Dr. Pıur zeitweise völlig abge- lenkt wurde durch die erst nachträglich während des Berichtsjahres als notwendig sich herausstellende umfassendere Berücksichtigung der äußerst schwierigen und verderbten Texte des von Rienzo be- nutzten Oraculum angelicum Oyrilli sowie des umfangreichen alten Kom- mentars zu diesem. Die vollständige Herausgabe dieses Kommen- tars erwies sich erst jetzt als wünschenswert und möglich, nachdem auf Grund von einer Berliner und vier Pariser Handschriften an Stelle des bisher allein bekannten Nonsens im wesentlichen ein klarer Sinn des Orakels erreichbar wurde. Bei der Kollation der zum Teil recht unbequemen Pariser Handschriften leistete Hr. Max Voısr auf großen Strecken genau und sachkundig Beistand. Hr. Dr. Pavr Pıur verließ am ı. Oktober 1909 seine Stelle als Assistent für die akademischen Arbeiten des Berichterstatters, in der er diesen seit Ende Mai 1904 mit ersprießlicher Umsicht und stets wachsender wissenschaftlicher Tüchtigkeit unterstützt hat, und trat in den städtischen Schuldienst als ordentlicher Lehrer an der Oberreal- schule zu Charlottenburg. Ein Ersatzmann ließ sich bisher für ihn 92 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. leider nicht finden. — Die Bearbeitung des Glossars zum Rienzobrief- wechsel übernahm an Stelle des früher damit Beauftragten, der durch die Ansprüche seines Schulamts zum Verzicht sich genötigt sah, Hr. Dr. Arruur MÜLLER. Für die Fortsetzung des Werkes, vornehmlich für zwei Bände (kritische Ausgabe des Briefwechsels Petrarcas mit deutschen Zeitgenossen, kritische Ausgabe der Briefe Karls IV. und Jo- hanns von Neumarkt) stehen weitreichende, zum Teil dem Ab- schluß nahe Vorarbeiten für die Konstitution eines gereinigten Textes zur Verfügung, die Hr. Dr. Pıur im Laufe seiner Tätigkeit als Assistent des Berichterstatters unter dessen Leitung und auf der Grundlage der von diesem 1897-—1899 gesammelten handschriftlichen Materialien in Anlehnung an des Genannten frühere wie spätere Untersuchungen fertig- gestellt hat. Neuerdings hat auch Hr. Max Voıcr aus unbenutzten Hand- schriften sehr interessante Briefe italienischer Humanisten an Karl IV., die bisher völlig unbekannt waren, beigesteuert für einen der späteren Bände, dem gleichfalls bereits die Sorge des Hrn. Dr. Pıur zugute gekommen ist. In Vorbereitung befindet sich als ein Teil desselben Werkes eine kritische Ausgabe der Prosawerke Heinrichs von Mügeln, die Hr. Gymnasialoberlehrer Dr. Vıcror DorrLmayr (Wien) unter Mitwirkung des Berichterstatters bearbeiten wird. Die Arbeit für eine umfassende Darstellung der Sprache des Jungen Goethe hatte Hr. Gymnasialoberlehrer Dr. Hrısrıcn Anz auf der Grundlage des 1831 abgeschlossenen Manuskripts einer von WILHELM SCHERER mit dem Preis der Grimmstiftung ausgezeichneten Preisschrift des Berichterstatters Ostern 1905 aufgenommen und in ständiger Füh- lung mit diesem trotz verschiedenartigen äußeren Hemmungen, seit dem Sommer 1907 in dem rein mechanischen Teil der Verzettlung durch eine jüngere, besoldete Kraft unterstützt, rüstig gefördert. In- dem er zunächst das alte vom Berichterstatter gesammelte und ver- arbeitete Material aus den nach 1881 bekannt gewordenen Goethischen Texten ergänzte, sodann aber auch für jene grammatischen und einige an das Stilistische grenzende Kategorien, die neu in die Behandlung einbezogen werden sollen, nochmals den gesamten Bestand der Dich- tungen und Briefe des jungen Goethe planmäßig ausschöpfte, hat er — unter Ausschluß alles rein Stilistischen — ein ungemein wert- volles Material zur Geschichte der modernen deutschen Sprache von rund 22500 Zetteln zusammengebracht, die, in zwei Kasten nach den vom Berichterstatter bestimmten Kategorien geord- net (jeder mit dem Erscheinungs- oder Entstehungsjahr der Quelle ver- sehen), sämtliche sprachliche Erscheinungen nach Wortform und syn- Jahresberichte der Stiftungen. 93 taktischer Bedeutung verzeichnen. Die ertragreiche, mühevolle Hin- gebung des Dr. Anz verdient um so lebhafteren Dank und um so wärmere Anerkennung, als sie aus wissenschaftlichem Interesse für die Sache und für die vor Jahrzehnten geleistete, seitdem nur in ge- legentlichen kleineren Publikationen fortgeführte Arbeit des Bericht- erstatters ohne jede materielle Entschädigung erfolgte neben der pflicht- treuen Erfüllung eines gewiß nicht leichten Schulamts. Humsoor- Stiftung. Bericht des Hrn. WALDEYER. Die Hungorpr-Stiftung hat den am 23. Dezember 1909 erfolgten Tod ihres Kuratorialmitgliedes und Schatzmeisters Hrn. E. von MENnDELS- soHn-BArrHoLDY Exzellenz zu beklagen. Im abgelaufenen Jahre erschienen: I. Als weitere Ergebnisse der Planktonexpedition: Bd. 3. Lh: Die Tripyleen Radiolarien: 6. Scumipt, Wır- HELM J., Castanellidae. 7. BorsErt, A., Phaeo- dinidae, Caementellidae und Cannorrhaphi- dae. 8. BorsERT, A., Circoporidae. 9. Bor- GERT, A., Cannosphaeridae. Bd. 4. Me: Apsteim, C., Die Pyrocysteen. Kiel und Leip- zig 1908— 1900. ll. Scuurtze, LeoxuAarn, Zoologische und anthropologische Er- gebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika, ausgeführt in den Jahren 1903—1905. Bd. 1, Lief.2. Bd.3, Jena 1908&—1909. (Denkschriften der Medi- einisch-Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Bd. 13. 15.) IH. Voız, Wırneım, Die Bevölkerung Sumatras. Vortrag. Braun- schweig 1909. Sonder-Abdr. aus dem »Globus«. Bd. 95, N. ı und 2. Derselbe, Die geomorphologische Stellung Sumatras. Leipzig 1909. Sonderabdr. aus der Geographischen Zeitschrift. Bd. 15. Heft 1. Derselbe, Jungpliozänes Trockenklima in Sumatra und die Landverbindung mit dem asiatischen Kontinent. Stuttgart 1909. Sep.-Abdr. aus »Gaea« 1909, Heft 7/8. Derselbe, Nordsumatra. Bericht über eine im Auftrage der Hunsorpr-Stiftung der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin in den Jahren 1904— 1906 ausge- führte Forschungsreise. Bd. ı. Die Batakländer. Berlin 1909. 94 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Hrn. Lronnarn ScHuLtze, Professor der Geographie in Jena, wurden 4000 Mark zur Beendigung der Herausgabe seines oben angeführten Reisewerkes bewilligt. Das Kapital der Stiftung hat sich um rund 47000 Mark vermehrt, welche von den Sammlungen für die Hunsorpr- Denkmäler erübrigt worden waren. Für das Jahr ıgro stehen rund 9000 Mark zur Verfügung. Sarıenr- Stiftung. Bericht des Hrn. Brunner. I. Vom Vocabularium Jurisprudentiae Romanae ist Faszikel IIl, ı (habeo — idem, von Hrn. Hrsky begonnen, von Hrn. Küster vollendet) bis zum letzten Bogen gedruckt, so daß das Heft voraussichtlich im Januar oder Februar 1910 erscheinen wird. Von Faszikel V, ı (r—si, von Vorkmar bearbeitet) sind die ersten fünf Bogen gedruckt. Das Manuskript des Restes ist abgeliefert. Faszikel Il, 2 (doceo — ex) ist im Manuskript beinahe vollendet. Der Druck dieses von Hrn. GrUPE bearbeiteten Heftes soll sofort nach dem Erscheinen von V, ı beginnen. Um für die ausgeschiedenen HH. BrasstLorr und Hesky Ersatz zu schaffen, sind Verhandlungen mit zwei jüngeren Berliner Juristen ein- geleitet worden. II. Zum Zweck der Neubearbeitung von Honrvers » Deutschen Rechtsbüchern des Mittelalters« hat Hr. Borcuuıns im Oktober 1909 die Rechtsbücher-Handschriften in Prag, Wien, Graz, Breslau, Görlitz, Dresden und Leipzig durchgearbeitet. Über die Ergebnisse seiner Reise hat er einen eingehenden Bericht eingesendet. Die Tatsache, daß dieser Bericht nicht nur eine Anzahl neuer Nummern beibringt, sondern auch mehrere bei Honever verzeichnete Handschriften als verschollen oder als verloren vermerken muß, liefert den Beweis, wie dringend die Neubearbeitung des Honeverschen Verzeichnisses ist, um den Bestand der Rechtsbücher-Handsehriften in Evidenz zu halten. Für Ostern 1910 ist von Hrn. BorenLine die Erledigung der minder umfangreichen Sammlungen in Kassel, Gotha, Halle, Naumburg, Grimma, Zwickau und ÖOlmütz, von Hrn. JurLiıus Gierke eine Reise nach München und anderen süddeutschen Städten in Aussicht genommen. Borp- Stiftung. Bericht der vorberatenden Kommission. Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat am 16. Mai 1909 den Jahresertrag der Borr-Stiftung in Höhe von 1350 Mark dem Privat- dozenten an der Universität Königsberg, Hrn. Dr. JuLıus von NEGELEIN, zur Herausgabe der Atharvaveda-Parisista verliehen. Jahresberichte der Stiftungen. 95 Hermann und Erise geb. Hrckmann WENTZEL- Stiflung. Jahresbericht des Curatoriums für 1909. Aus den im Jahre 1909 verfügbar gewordenen Stiftungserträg- nissen sind bewilligt worden: 6000 Mark zur Fortführung des Wörterbuchs der deutschen Rechtssprache; 4000 Mark zur Fortführung der Ausgabe der ältesten griechi- schen christlichen Schriftsteller, und 1000 Mark als erste Rate einer Nebenbewilligung für dieses Unternehmen zum Zweck der photographischen Reproduction von Handschriften (Catenen-Photographien); 4000 Mark zur Fortsetzung der Bearbeitung einer Prosopographie der römischen Kaiserzeit, Jahrh. IV—VI: 4000 Mark als vierte Rate für die Herausgabe des VOrFLTZKOW- schen Reisewerks; ı000 Mark als zweite Rate der Beihülfe zur Herausgabe einer topographischen Karte des westlichen Kleinasiens von Prof. A. PuıLippson. Über den Fortgang der Arbeiten der Kirchenväter-Commission und der Commission für das Rechtswörterbuch berichten die hier fol- genden Anlagen I und II. Von dem Vorrrzkow’schen Reisewerk sind im Lauf des Jahres gedruckt und einzeln ausgegeben worden Heft 4 von Band II (Zoologie, systematische Arbeiten) und Heft 2 von Band IV (Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte), mehrere andere Hefte befinden sich unter der Presse. Die Ausgabe des vollständigen Bandes I steht unmittelbar bevor. Von der Prurıprsov’schen topographischen Karte sind 2 der 6 Blätter im Stich nahezu fertiggestellt, 2 andere weit vorgeschritten, die 2 letzten angefangen. Für die Veröffentlichung des Textes der Reiseergebnisse und der geologischen Karte ist ein Abkommen mit der Verlagsanstalt J. Perthes in Gotlıa getroffen worden, durch welches diese Veröffent- lichung ohne weitere Belastung der Stiftung sichergestellt wird. Der Text wird in einer Reihe von Ergänzungsheften zu » Prrermann’s Mit- theilungen« erscheinen, und zwar jeweils die Darstellung eines Theil- gebiets nach Fertigstellung des betreffenden Kartenblatts, das sowohl in der geologischen als auch in einem Sonderdruck der topographi- schen Ausgabe dem Hefte beigefügt wird. Die im Curatorium durch den Tod des Hrn. Pıscner entstandene Lücke hat durch Zuwahl des Hrn. Ervav für den Rest der laufenden Geschäftsperiode in der Sitzung des Öuratoriums am 8. Juli 1909 ihre Ausfüllung erhalten. 96 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Anl. 1. Bericht der Kirchenväter-Commission für 1909. Von Hrn. Harnack. ı. Ausgabe der griechischen Kirchenväter. Ausgegeben wurden zwei Bände, nämlich: der Einleitungsband zur Kirchengeschichte des Eusebius (hrsgeg. von SCHWARTZ), der dritte Band der Werke des Clemens Alex. (hrsgeg. von STÄHLIN). Im Januar 1910 wird erscheinen die Apokalypse des Esra (hrsgeg. von VIoLET). Im Druck befinden sich die Chronik des Eusebius nach dem Ar- menier (hrsgeg. von Karsr) und die Kirchengeschichten des Theodoret, Philostorgius, Sokrates und Sozomenus (hrsgeg. von Bıpzz und Par- MENTIER). Die Drucklegung des Werks des Origenes Ilesi dey,@v (KoETScHAU) steht bevor. Eine größere Unterstützung erhielt Hr. Hrrm für eine Reise nach Paris (Hieronymus’ Chronik), Hr. von Sopen für die Untersuchung ita- lienischer Bibliotheken (Handschriften der vorkonstantinischen Väter); für Photographien von Handschriften der Kirchenhistoriker des 5. Jahr- hunderts wurden über 1000 Mark verausgabt. Von dem » Archiv für die Ausgabe der ältesten christlichen Schrift- steller« wurden sieben Hefte ausgegeben, nämlich: Bd. III (XXXIO) Heft ı1—4: von Sopen, Das lateinische Neue Testament in Afrika z. Z. Cyprians. Bd. IV (XXXIV) Heft 2a: Haurtscn, Die Evangelieneitate des Origenes. Bd. IV (XXXIV) Heft 2b: Schermans, Griechische Zauberpapyri und das Gemeinde- und Dankgebet im I. Klemensbrief. Bd. IV (XXXIV) Heft 3: ReıchAarprt, Die Briefe des Sextus Julius Africanus an Aristides und Origenes. 2. Prosopographia imperii Romani saec. IV— VI. Die Arbeiten gingen in ordnungsgemäßer Weise fort. Hr. Jürıcner, der Leiter der kirchengeschichtlichen Abteilung, be- richtet: In der kirchengeschichtlichen Abteilung sind während des Jahres 1909 die Vorarbeiten, I. Auszüge aus neu erscheinenden, aber bisher nicht herangezogenen Quellenwerken und 2. die Verarbeitung der Einzelzettel zu Übersichten über das Material der größeren Artikel, Jahresberichte der Stiftungen. 97 fortgesetzt worden. Mit der abschließenden Gestaltung der Artikel muß gewartet werden, bis die — für ı9ıo in Aussicht gestellten — Exzerpte aus den Acta Sanctorum eintreffen; auch werden nunmehr die endgültigen Vereinbarungen über die äußere Form der zu veröffent- lichenden großen Artikel — bei den zahllosen kleinen war die Ent- scheidung nicht schwierig — getroffen werden können. In erfreulicher Weise hat unsere Sammlung anderen Forschern, die teils bestimmte Fragen stellten, teils sich Zettel zur Einsicht ausbaten, Dienste leisten können. Wir wünschen, daß derartige Nachfragen in Zukunft noch häufiger werden, weil auf diese Weise die Prosopographie schon vor ihrer Vollendung bzw. Veröffentlichung allgemein wissenschaftliche Inter- essen fördert. Hr. Seecx, der Leiter der profangeschichtlichen Abteilung, berichtet: Für die Prosopographie der christlichen Kaiserzeit ist die Bibliothek des Photius von SchLagrırzky, des Johannes Lydus von SAanpor, des Bedjan von NEstLE exzerpiert worden. Die Auszüge aus den lateinischen und griechischen Inschriften werden fortgesetzt und nähern sich ihrem Abschluß. Ich selbst habe einen Teil der Artikel niedergeschrieben und im Anschluß daran im Rhein. Mus. 63 eine Abhandlung über das Leben des Dichters Optatianus Porphyrius veröffentlicht, die als Vor- arbeit für die Prosopographie dienen soll. Anl. II. Bericht der Kommission für das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache, für das Jahr 1909. Über den Fortgang des Unternehmens berichtet die folgende Mit- teilung des Hrn. Schroeder. Eine Sitzung der Kommission hat in diesem Jahre nicht stattgefunden. BRUNNER. Der Zuwachs an Zetteln war in dem abgelaufenen Jahre erheb- lich größer als im Vorjahre. Wir erfreuten uns nicht nur der öster- reichischen Beiträge in gewohnter Fülle, sondern auch einer reichen Sendung aus der Schweiz, dank den besonderen Bemühungen unserer Kommissionsmitglieder Frhr. von Scuwınnp und Prof. Eucen Huser. Außerdem wurde uns besonders ausgiebige Hilfe in Leipzig und Mün- chen zuteil, wo Privatdozent Dr. Max RınreLen (jetzt Professor in Prag) und Privatdozent Dr. Craunius Frhr. von Scuweriv tatkräftig für die Zwecke des Wörterbuchs warben und wirkten. Teils durch Einsendung gelegentlicher Funde, teils durch Mitteilung einschlägiger Aufsätze usw. wurde unser Unternehmen in dankens- 95 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. werter Weise durch folgende Herren gefördert: Amtsrichter a. D. Brex in Ravensburg, Karı Cnrısr in Ziegelhausen, Prof. Dr. Max Coxrar in Heidelberg, Prof. Dr. Enrısnasx in Greifswald, Privatdozent Dr. F. Ferse in Heidelberg, Prof. Dr. Franck in Bonn, Dr. A. GAr in Wien, Archivar Günger in Nürnberg, Oberst a. D. Frhr. vox GuTtEx- BERG in Steinenhausen, Prof. Dr. Varentis Hıntnes in Wien, Privatdozent Dr. R. Jornav in Heidelberg, Prof. Dr. Kante in Heidelberg, Prof. Dr. Kruse in Freiburg, Privatdozent Dr. Paur Merker in Leipzig, Archiv- konzipist Dr. Isnaz Nösssöck in Graz, Dr. iur. Laugerr Graf von ÖBERNDORFF in Heidelberg, Prof. Dr. Pasenstecner in Lausanne, Prof. Dr. Kurr Prrers in Hamburg, Prof. Dr. Max Rınteren in Prag, Ober- landesgerichtsrat Dr. K. Schxeiver in Stettin, Dr. Hass Scuurz in Frei- burg i. B., Prof. Dr. Sıruıs in Heidelberg, Privatdozent Dr. Frhr. vox SCHWERIN in München, Dr. Arnmıy Tirre in Dresden, Prof. Dr. Unziz in Graz, Geheimrat Prof. Dr. Vosr in Marburg, Privatdozent Dr. WÄTIEN in Heidelberg, Geheimerat Prof. Dr. Wırze in Heidelberg, Dr. Frıepercn von Wöss in Wien. Als fertiggestellte Wortartikel sind die eine sehr große Gruppe umfassenden Artikel der » Acht«-Reihe von Dr. von Künssgere hervor- zuheben. Weitere Artikel sind in Vorbereitung. Durch Güte des Hrn. L. R. Terrıns, Richter in Rotterdam, konnten dem Wörterbucharchive weitere höchst wertvolle Beiträge aus dem Nachlaß seines für die Wissenschaft viel zu früh verstorbenen Bruders Dr. A. Terre einverleibt werden. Sie enthielten teils Fortsetzungen aus dem Landrecht von Twenthe und dem ÖOntwerp van het Stad- recht van Kampen, teils Exzerpte aus einer overijsselschen Rechts- quelle. Ständige Hilfsarbeiter blieben dieselben wie bisher. Für die Hand- bibliothek sind weitere Anschaffungen gemacht worden sowie einige Schenkungen eingegangen. Für die Zwecke des Archives wurde ein neuer großer Schrank aufgestellt. Heidelberg, den 23. Dezember 1909. SCHROEDER. Verzeichnis der im Jahre 1909 ausgezogenen Quellen. (Die Beiträge der schweizerischen Kommission sind mit *, die des österreichischen Komitees mit ** bezeichnet.) “Abhandlungen des historischen Vereins zu Bern. 2. 3. 9. (teilweise): Dr. vox TscnArxer. Abhandlungen zum schweizerischen Recht. ı1.—6., 10.—13., 30.: jur. Heısrıch Mırzeis, Leipzig. "Acta Tirolensia 3. (Bauernkrieg 1525): Dr. Bırcer. Alemannia. NF. 3. 4.: Dr. Weiss, Eberbach. Althochdeutsche Glossen. II Ill. IV. (erledigt): Dr. von Künsszeng. Altdeutsche Predigten, hrsg. von Schönbach: phil. Anorr Kasıner, Pforzheim. En u nn Jahresberichte der Stittungen. 99 von Amira, Stab in der germanischen Rechtssymbolik: Dr. von Künsspere. Baden, Landesordnung. 1715: phil. Hans Mayer, Rüppurr. Baden, Landrecht. 1622: phil. Hans Mayer, Rüppurr. "Basel, Urkundenbuch. 4.: jur. Hüxerwaper und E. Brenner, Bern. Baumann, Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges: phil. Hans Mayer, Rüppurr. Bavarus, Poetischer neuer Prozeß. 1629: jur. Kurnr Ansenrr, Leipzig. Bayern, Gerichtsordnung. 1520: M. Scnxeip, München. Bayreuth, Landbuch (Arch. f. Oberfranken. 22.): Dr. vox Künsszere. Beier, Vom Schelten der Handwerker. 1689. Der Handwerksgesell. 1690. Vom Meister. 1692. Von Meistersöhnen. 1695: phil. A. Kasıner. **Beiträge zur Geschichte, Statistik usf. von Tirol. 1825—34: Dr. Bırser. Beiträge zur Rechtsgeschichte Tirols. 1904: Dr. von Künssgere. Bergheim, Urkundenbuch (Quellenschriften zur elsässischen Kirchengeschichte. 1.): phil. A, Kasrxenr. ”*Böhmen, Landesordnung. 1627: jur. Beyer und Kruscae, Wien. Carlebach, Badische Rechtsgeschichte. ].: phil. Mayer, Rüppurr. Chronik von Kaiserslautern. 1905: phil. Mayer, Rüppurr. Codex traditionum Westfalicarum. I—VI.: Rechtspraktikant W. Dirss, München. Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte. 9.: Privatdozent Dr. Leororn Prrers. Drübeck, Urkundenbuch (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen. 5.): Dr. Ersässer, Konstanz. Endinger Judenspiel, hrsg. von Amira. 1883: G. Frf. von Schwer, München. Erbach, Landrecht. 1520: phil. Hans Mayer, Rüppurr. Fecht, Die Gewerbe der Stadt Zürich im Mittelalter. 1909: Frau Frına Schrorper. *Farnsburg, Urbar (Basler Zeitschr. f. Geschichte. 8.): stud. von Bersen. *Fontes rerum Bernensium. 8. Bd.: stud. G. ZELLER. Freyberg, Sammlung historischer Schriften. III.: phil. A. Kastner, Pforzheim. Froning, Drama des Mittelalters. 3 Bde.: Rechtspraktikant A. Grogerser, München. Garz, Stadtbuch (Quellen zur Pommerschen Geschichte. ı.): Privatdozent Dr. Paur Merker, Leipzig. Genesis, Altsächsische (Neue Heidelberger Jahrbücher. 4.): Dr. vox Künssvers. *Geschichtsfreund der 5 Orte. 47.: stud. O. Sırıcer. Geschichtsquellen der Provinz Sachsen. ı1.: phil. Hans Maver, Rüppurr. Glosse zum sächsischen Weichbildrecht: Dr. Bırser. Gobler, Gerichtlicher Prozeß. 1536: jur. Rössner, München. Göttinger Statuten, hrsg. von v. d. Ropp: P. Tnuorn, Stuttgart. Graf und Dietherr, Rechtssprichwörter: J. Berser und von Künsssene. Grimmelshausen, Simplizissimus: phil. Schorr und Srerr, München. Halberstadt, Urkundenbuch des Stifts St. Bonifacii und des Stifts St. Pauli. 1881: phil. Tuorn, Stuttgart. Halle, Schöffenbücher. ı. 2.: jur. F. Ererrr, München. Hanssen, Agrarhistorische Abhandlungen. ı. 2.: Dr. von Künssgere. Heyne, Hausaltertümer. II. Das altdeutsche Handwerk: Dr. Bircer. Hintner, Die Gsiesser Namen. 1909: Dr. von Künssgers. Historische Volkslieder, gesammelt von Lilieneron: Dr. A. Ersässer, Konstanz. Hohenfurter Benediktinerregel (Zeitschr. f. deutsches Altertum, 13.): Dr. Bırser. Hoyer, Urkundenbuch. 1.: jur. Steızeck und Zırrwirz, Leipzig. Hugo von Trimberg, Der Renner: phil. ©. Rusch, Berlin. Inventare des Frankfurter Stadtarchivs. 4.: Dr. von Künsspere. *Jann, Landrecht. ı510: jur. Brunenstein, Bern. Jülich-Berg, Landtagsakten, I.: jur. Kurr Anxerrt, Leipzig. Kern, Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts. r. 2.: phil. A. Kasıser, Pforzheim. **Klun, Archiv für Landesgeschichte von Krain. 3 Hefte, 18532—54: Dr. Erssr Frhr. von Mürrer, Klagenfurt. Th. Knapp, Bauernentlastung in Württemberg (Württ. Jahrbb. 1907): Frau Ina Berser H. Knapp, Würzburger Zenten. I.: jur. G. Orexsaver, München. Köln, Zunfturkunden. ı. 2.: Tuors, Stuttgart. Königer, Sendquellen Deutschlands: Privatdozent Dr. KöxıgGer, München. Konstanzer Häuserbuch. Il. Bd., ı. Hälfte. 1908: Frau Ina Bererr. 100 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Kurpfälzisches Hagestolzenrecht (Neue Heidelberger Jahrbb. 12.): phil. A. Kasıner, Pforzheim. **Leitmeritz, Stadtrecht (Mitteilungen des Vereins f. Geschichte der Deutschen in Böhmen. 42.): Dr. Frasz Zankr, Korneuburg. Libri feudorum. 1. Übersetzt von Pflantzmann: jur. Anxerı, Leipzig. 2. Über- setzt von Weidmann: jur. Steingeek, Leipzig. Liedersaal, hrsg. von Laßberg: phil. Hans Mayer, Rüppurr. Magdeburg, Urkundenbuch des Klosters Unser lieben Frauen. 1878: Tuorx, Stuttgart. Magdeburg, Schöffensprüche, hrsg. von Friese und Liesegang. I.: jur. Hersrıcn Mırreıs, Leipzig. Marienrode, Urkundenbuch. 1859: Dr. A. Ersässer, Konstanz. E. Mayer, Italienische Verfassungsgeschichte. 1909: Dr. von Künssgerg. G.L. von Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadt- verfassung: Dr. von Künsspere. Mecklenburgische Geschichtsquellen. I.: phil. A. Kasrxer, Pforzheim. Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz. 1870 —74, 1899—1904, 1907: Dr. Sımon Hörrt, München. Mone, Altdeutsche Schauspiele. 1841: phil. A. Kasıner, Pforzheim. Monsee fragments, ed. Hench. 1891: Dr. von Künsszere. Monumenta Boica. ı1. 12. 13. 16.: Rechtspraktikant W. Diss, München. Monumenta Castellana. 1890: Dr. Sınon Hörrt, München. Monumenta Germaniae historica. Coneilia II.: Privatdozent Dr. LeororLn Perers. Moser, Kreisabschiede (fortgesetzt): Dr. P. Kırschner, Karlshorst bei Berlin. Neue Mitteilungen des Thür.-Sächs. Vereins. 14. ı5.: B. Haas, München. ‘*Niederösterreich, Landrechtsentwurf. 1599: jur. Hermann Frünx, Wien. **Niederösterreich, Lehnstraktat. 16. Jahrhundert: H. Früne. Nymwegen, Stadrechten: Amtsrichter Dr. Bopex, Hamburg. Nordpfälzische Geschichtsblätter: phil. Hans Mayer, Rüppurr. Nürnberg, Polizeiordnungen aus dem 13.—ı5. Jahrhundert: Rechtspraktikant A. Gro- BERGER, München. Oberndorff, L. Graf von, Das vom Landesherrn oder von Staats wegen erteilte Moratorium. Greifsw. Diss. 1905: SCHROEDER. **Oberösterreich, Landrechtsordnung. ı535: jur. Hermann Früse, Wien. **Österreichische Weistümer. Bd. 9 (begonnen): Thorn, Stuttgart. **Peterka, Gewerberecht Böhmens im 14. Jahrhundert: Dr. von Künsszers. Pforzheim, Urkunden des Stadtarchivs, hrsg. von Korth. 1899: phil. A. Kastner, Pforzheim. "*Prinosi za Pravno-Povjestni Rjeönik (Beiträge zum kroatischen Rechtswörterbuch), hrsg. von der Südslawischen Akademie, Agram (soweit erschienen): Dr. Bırcer. Quellen zur Pommerschen Geschichte. II.: Privatdozent Dr. P. Merker, Leipzig. P. Rehme, Lübecker Grundhauern: ScHROEDER. Reuter, Schelimuffsky: phil. G. Scuorr, Marburg. Rostock, Weinbuch. 1908: Dr. von Künssgerc. *Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. St. Gallen, Toggenburg: jur. E. SesesseEr. **St. Pölten, Urkundenbuch: Dr. Ruporr Zaskr, Korneuburg. Schambogen, Praelectiones. 1696: Barrnasar Haas, München. Schlettstädter Stadtrecht (Fortsetzung): Dr. Herrmann, Heidelberg. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensces. 28.: jur. CÄsar Kınkeun, Leipzig. "*Schumi, Archiv für Heimatkunde. 2 Bde.: Dr. Erxsı Frhr. von Mürrer, Klagenfurt. Schweizerisches Idiotikon. 3. 4. 6.: Dr. von Künsszere. Siewert, Pfandzins- und Strohwischrecht. 1802: ScHroEDEn. Steinfurt, Lehnbuch, hrsg. von Döhmann: Dr. Sınon Hörrz, München. F. Stieve, Der oberösterreichische Bauernaufstand: Dr. Hörrr. F. Varrentrapp, Rechtsgeschichte der gemeinen Marken in Hessen: F. VARRENTRAPr, Marburg. Vocabularius juris utriusque. 1508: Prof, Dr. Max Coxrat, Heidelberg. F. Vogt, Bedeutungswandel des Wortes ‘edel’: Dr. von KüxssgErs. Wätjen, Die Niederländer im Mittelmeergebiet: Dr. vox Künssgerc. is 3 2 u Jahresberichte der Stiftungen. 101 Westfälisches Urkundenbuch, Bd. 4. 6. 7. 8 nebst Additamenta: Stud. iur. E. Mo- Lıtor und A. Westrier, Münster, Seminar Hıs. Winhoff, Landrecht van Averijssel: A. Terrıne. **Zeitschrift des Ferdinandeums. 1835 — 1846: Dr. Bırser. Zeitschrift für Rechtsgeschichte. 1900. 1908: Dr. vox Küxsspere. Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Geschichte. 1908: Dr. von Künssrer«. Zeitschrift für deutsche Wortforschung. 1909: Schrorpen. Akademische Jubiläums-Stiftung der Stadt Berlin. Bericht des Hrn. Dies. Zu Anfang des abgelaufenen Kalenderjahres konstituierte sieh das Kuratorium der Stiftung für die vierjährige Periode 1909 — 1912 statutengemäß neu. Außer dem Oberbürgermeister der Stadt Berlin, der dem Kuratorium als dauerndes Mitglied angehört. wurden von der Akademie neu gewählt: die Sekretare HH. Dieıs und Warpever, die Mitglieder HH. vos Scumorzer und Praxck. Zum Vorsitzenden für diese Periode, in der die Beträge der Stiftung stiftungsgemäß den Fächern der philosophisch-historischen Klasse zur Verfügung gehalten werden, wurde Hr. Dırrs, zum Stellvertreter Hr. WArLnever gewählt. Die Ent- scheidung über die Verwendung der Erträgnisse der Stiftung findet erst im letzten Jahre des Quadrienniums statt. Im abgelaufenen Jahre ist die wissenschaftliche Bearbeitung der von der Trinilexpedition der Frau Prof. SerexkAa hierher eingelieferten Fundstücke wesentlich gefördert worden. Hr. Prof. Dr. BLanckEnuoRN (Berlin) hat die Herausgabe des geplanten Werkes, welches voraussicht- lich noch im Jahre 1910 erscheinen wird, übernommen. Schliesslich wurde über die seit dem Frıeprıcns-Tage 1909 (28. Januar) bis heute unter den Mitgliedern der Akademie eingetre- tenen Personalveränderungen Folgendes berichtet: Die Akademie verlor durch den Tod das ordentliche Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe Tneopor WirneLm EnGELMAnN; das auswärtige Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hesrı Weit in Paris; das Ehrenmitglied Frıerprıcn Konutrausch in Marburg; die cor- respondirenden Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe Jurivus Tnuonsen in Kopenhagen, GrEorG von NEuMAYER in Neustadt a.d. Haardt, Sınon Newcoug in Washington und Lupwıe Monp in London; die cor- respondirenden Mitglieder der philosophisch-historischen Classe Max Heinze in Leipzig, RoBERT von Schneider in Wien, WırneLMm AHLWARDT in Greifswald und Lunwiıs FrIEDLÄnDER in Strassburg. Sitzungsberichte 1910. 8 102 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910. Neu gewählt wurden zum ordentlichen Mitglied der philosophisch- historischen Classe Heimsrıcn Lüpers: zu correspondirenden Mitgliedern der physikalisch-mathematischen Classe Wırnrın Körser in Mailand, Lupwıs Moxp in London, Pnrmmrr Lenarp in Heidelberg, Gıacono Crantcrax in Bologna, Tneonore Wırzıau Rıcmarns in Cambridge, Mass., ALBERT Lapengure in Breslau und Roranp Baron Eörvös in Budapest; zu correspondirenden Mitgliedern der philosophisch-historischen Classe Maurice Horızaux in Athen, Hararn Hsärne in Uppsala und Pıo Rasna in Florenz. Ausgegeben am 3. Fehruar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei _ weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder _ werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröflent- lichung dem redigirenden Seeretar vor er Ausgabe in ‚den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- Jungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, j welche die Verfasser einreichen, und für welehe sie ver- _ antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. _ Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser _ werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird, 4 Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit «dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars verschen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- siehert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. ernmelangen. aus dem Jahre 1907 . . .». 2... Re ee, 2 er & Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . u u ER FRE EEE U = \ » Mathematische Abhandlungen. . . Be RER N . » Philosophische und historische Abhandlungen Ka rer 1 er ee _ Abhandlungen aus dem Jahre 1908: _ Physikalisch-mathematische Classe . - » - 2 22 0 nenn een nn La Philosophisch-historische Classe . . » » » 2 20 nn em nenn 34.— 1907, 1908 und 1909. Dıiers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medieorum antiquorum u.8S.W.. . .f 4.— Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . 3 Ä ME 12.50 Branca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? a u Fu _ Dises: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Occidents und Orients. = IR TREE Bas) ARBEIT EEE » » » » » » Re: N ER Srruı Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refraetor. . » 250 Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . on nn." 2.— Kerue vox Stravonıtz: Die Bildnisse des Sokrates. . . A A Erne — vos Wıramowırz-Morttenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Ko a ER Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . a: ee Ed er _ Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im alisläudischen Schritt. ee. ee Mürer: Uiguria . . . : 5 5 BA 2 A "Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer von SI Re Ale NL SIE a Per 2.— . Waıbever: Der Processus retromastoideus . . - BU SE LEE SEE BE ETES er, Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . ! gr se EN > Wiranowız-MoELLENDORFF : Nordionische Steine . £ x Al AR We en AR iR er N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Beexu: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas- Meghadüta . K. Gorsaxovi6-Kramgerger: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen KA N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beck: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Tu. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den en Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen : a L. Jacossons: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks EE:* B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland- „Ausgabe . . : N. M AR M. Coxrart: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation 4 L. Jacorsons: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909. Fischer und E. Fratau: optisch active Propylisopropyleyanessigsäure : H. Porz: über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chronıbraunen Zellen im "Centralnervensystem der Ringelwürmer (hierzu Taf. VII) Ne P. Rırter: drei neue Briefe von Leıenız A. Torxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage B E. Regexer: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek- trischen Elementarquantums L. Gruxssacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von "Trderschätterungen kleinster Periode (hierzu Taf. VIII) . A J. Miıperaen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria-See bis zu den Kiwu laden : Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta . H. Wesenaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia . A. von L» Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII) van'r Horr: über synthetische Fermentwirkung . K. Scamipr und W. Schugarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek Vanten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius > Munx: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der r Ausschaltung höherer Theile . ee. Ä TosLer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe . ScHortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver- bunden sind . ER: Branpt: the Cock in the North . . Hersert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der AuEISTTDE vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von Le Cog: ein ehristliches und. ein nianichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und an er - Orra: über einige Krebsfragen . . : H. Sanrer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr aphische Gliederung des "tropischen und extratropischen Ostasiens K. Gorsanovic-Kranzerser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) a als Träger primitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) - i Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Frosenıus: über den Frrmar'schen Satz l Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrzn )* " "mn! Rusens und H. Horınaser: Messungen im langwelligen Spectrum Bericht über die Festsitzung vom 27. Januar 1910 . ER AM NM 12.— Os er te ir ARTEN. Bi ME ! Me 4 £ Lu Si 4 . 1 N N I ur | ns ir ung DER Ma gr S Be u 2 Ei AN BR ati enussischen ER j BUNETLD = £r u WISSENSCHAFTEN. N un ana 3. ehe: 6 10) sophisch- \ u 3. Februar. je an s ul prünglic! ich (8 2106) a a Ay Be N ; Ar he ie C fer u: Ka r F ROSS wi One 2 ae Eh 4 JUL: i 1910 s) Ey N Conmussion mer 6 GEORG REIMER.. 2 Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus 82, Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druekbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur nit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umtang im Druck abschätzen zu lassen. S4. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder aul' besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Sceretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Seceretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen «, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. wenn (Fortsetzung auf Aus $ 6. W Die an die Druckerei abzuli efernden Manuseripte müssen, wenn es sieh nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reiehende Anweisungen für die Anordnung des. Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des ns vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste erehrz an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach Möglichkeit nieht über die Beriehtigung von Druckfehlern und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des red; girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mchr- kosten verpflichtet. j am Aus $ 8. j Von allen in die Sitzungsberiehte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. | VonGedäehtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die 5 Verfasser sich NR Reklieh damit einverstanden erklären. =. $ 9. v Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, weleher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Geste oder der be- treffenden Classe. — Niehtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. ö y Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er- F hält ein Verfasser, welcher Mitglied der ae ist, ‘ zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke \ auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis 4 zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er «diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noeh mehr Andehe zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treflenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. 87. 1 Eine für die akademischen Schriften be- j stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- S.3 des Umschlags.) < var SITZUNGSBERICHTE 1910. Ban vi. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. *]. Hr. Zımnmeruann las über die Ermittlung der Knickfestig- keit von Rahmenstäben. Es wird gezeigt, wie sich die Aufgabe für den Fall in einfacher Weise streng lösen lässt, wo nur an den Enden des Stabes Querverbindungen vorhanden sind, und die Knickbedingung hierfür wird in entwickelter Form angegeben. 2. Hr. Eneter überreichte das 40. Heft des Werkes »Das Pflanzen- reich«: Papaveraceae-Hypecoideae et Papaveraceae-Papaveroideae von Frıieprıch Frvpe. Leipzig 1909. Ausgegeben am 10. Februar. Sitzungsberichte 1910. 9 d ET) AED RERT e a EERTETEEIEE Tn 105 SITZUNGSBERICHTE 1910. vl. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. 1. Hr. Harnack las über das ursprüngliche Motiv der Ab- fassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche. Es wird gezeigt, dass die alten Märtyreracten, d.h. die im vordiocletianischen Zeitalter niedergeschriebenen, nicht Diatriben sind, sondern Urkunden sein wollen und sind, um die Wahrheit und Legitimität der Kirche zu erweisen. Sie treten also für das Bewusstsein der Kirche neben das Neue Testament. Die Spärlichkeit der alten, gleichzeitigen Martyrien erklärt sich aus den hohen Anforderungen, die man an ihre Abfassung stellte. Mutatis mutandis ist das Motiv zur Abfassung der alten Heilungs- acten dasselbe wie bei den Märtyreracten gewesen. 2. Hr. F. W.K. Mürwer legte eine Abhandlung des correspondiren- den Mitgliedes Hrn. VırueLm Tuonsen in Kopenhagen vor, betitelt: » Ein Blatt in türkischer Runenschrift aus Turfan«. (Ersch. später.) Diese Arbeit giebt die Transseription und die Übersetzung eines von der Kgl. Preussischen Expedition in Turfan aufgefundenen Manuseriptblattes in türkischer Runen- schrift. Der Inhalt ist »ein Stück mystisch-magischer Mineralogie von ähnlicher Art wie verwandte Erzeugnisse des europäischen Mittelalters«. Ausserdem erwägt der Ver- fasser die Umstände der Verwendung und Entwicklung dieser Schrift und giebt eine Synopsis ihrer bis jetzt bekannt gewordenen Charaktere. 3. Derselbe legte eine Arbeit des Hrn. Prof. Dr. F. ©. Anpreas in Göttingen vor, benannt: »Zwei soghdische Excurse zu VILHELM Tnuomsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift«. (Ersch. später.) 4. Hr. vo Scumorzer legte zwei Bände der Acta Borussica, Ab- teilung Behördenorganisation, vor: Band V, ı von Dr. Storze, die Acten von 1730 bis 1735 und Band X von Prof. Dr. Hınızr, die Acten von 1754 bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges umfassend. 5. Hr. Ermav legte die zwölfte wissenschaftliche Veröffentlichung der Deutschen Orient-Gesellschaft: »Das Hohe Tor von Medinet Habu« von Uvo HöıscHer vor. 9* 106 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. Das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsakten in der Kirche. Von Apour HARrnAcK. En letzten Buch seines großen Werks »De civitate dei« (ce. 8) berichtet Augustin über 25 wunderbare Heilungen (bzw. Wunder), bei denen er zugegen war oder die zu seiner Kenntnis gekommen waren und für die er einstehen zu können meinte. Mit Ausnahme des ersten, welches sich zu Mailand vor Jahrzehnten in seiner Anwesenheit ereignet hat, gehörten sie sämtlich Nordafrika an, und die meisten hatten sich in der letzten Zeit begeben. Die »Heilungen« sind an sich zum Teil höchst interessant', fordern an mehr als einer Stelle zu einem religions- ! Die erste Heilung (Mailand, ein Blinder, Ambrosius, die Gebeine der Märtyrer Protasius und Gervasius) wird nicht erzählt, sondern es wird nur an sie erinnert, weil sie hochberühmt war [Augustin war selbst zugegen, s. Confess. IN, 7 (16)]. (2.) Inno- centius, exadvocatus vicariae praefeeturae in Karthago (schwere Darmfistel, Heilung durch stürmisches Gebet des Diakon Aurelius, nachmaligen Bischofs von Karthago, im Jahre 388; Augustin war bei der Heilung als Gast des Innocentius zugegen). (3.) Inno- centia in Karthago (Brustkrebs, Heilung auf Grund einer Traumanweisung; sie solle die kranke Stelle am Taufbrunnen von einer Neoplytin mit dem Kreuzeszeichen be- zeichnen lassen). (4.) Ein Arzt in Karthago (Podagra, durch die Taufe geheilt, der er sich unterzog, obgleich noch in der Naclıt vorher Dämonen in der Gestalt krausköpfiger Knaben im Traume ihn davon abgehalten und ihm heftig auf die Füße getreten hatten; auch dieser Schmerz verging am Tauftage zusammen mit dem Podagra). (5.) Ehemaliger Schauspieler aus Curubis (Paralyse und Unförmlichkeit der Genitalien; Heilung durch die Taufe). (6.) Hesperius, vir tribunicius, in Hippo (in seinem Landhause Zubedi im Gebiet von Fussali rumoren böse Geister und schädigen das Vieh und die Sklaven; sie werden durch Abhaltung einer Messe in den Räumen und durch Gebet eines der Presbyter von Hippo ausgetrieben). (7.) Ein gichtbrüchiger Bauer (er betet in dem Bethaus, welches Hesperius über die ihm von Jerusalem aus der Grabesstätte Christi gesandte heilige Erde mit Zustimmung Augustins hatte errichten lassen und wurde ge- heilt). (8.) Ein plötzlich in der Schwemme von einem Dämon befallener Jüngling in der Villa Vietoriana, etwa 30 Meilen von Hippo (er wird in die nahe gelegene Kapelle der Märtyrer Gervasius und Protasius gebracht; durch die Hymnen der Besitzerin und ihrer Mägde, die in der Kapelle ihre Abendandacht verrichten, wird der Dämon ver- trieben; auch das ausgefallene, nur noch an einer Faser hängende Auge wird reponiert, und nach 7 Tagen ist es eingeheilt). (9.) Eine dem Augustin persönlich bekannte Jung- frau zu Hippo (besessen, Heilung durch Salbung mit Öl, in welches der für sie betende Priester seine Tränen geträufelt hatte). (ro.) Ein Jüngling (besessen, geheilt durch EEE ZLZEDIEN 2 ME FER.NG T co br ENG ET ERAPETZEDADETEEGTERNN. EEE TITTEN A Hanrnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 107 geschichtlichen Kommentar auf und zeigen merkwürdige Mischungen des Aberglaubens — so wenn die femina elarissima Petronia in ihrer Krankheit zu der heiligen Stätte der Reliquien des Protomartyr Stephanus nach Uzali bei Utica eilt, aber zugleich auf Anraten eines Juden ein Amulett auf dem Leibe trägt. Mit diesem Amulett begibt sich das einmalige Fürbitte eines Bischofs, olıne daß dieser den Kranken gesehen hat). (11.) Floren- tius, ein armer alter Schneider zu Hippo, der seine Casula verloren hatte (Gebet in der Kapelle der 2o Märtyrer; auf dem Heimwege sieht er einen auf dem Trockenen zappeln- den großen Fisch, verkauft ihn an einen christlichen Koch, namens Cattosus, für 300 Folles; dieser findet außerdem noch einen goldenen Ring im Bauch des Fisches und gibt ihn dem Schneider: »Siehe, wie die 20 Märtyrer dich gekleidet haben !«). (r2.) Eine Blinde in Aquä Tibilitanä (der dortige Bischof Präjektus trägt die neuerworbenen Reliquien des Märtyrers Stephanus in einer Prozession; die Blinde »ut ad episcopum portantem duceretur oravit; flores quos ferebat dedit, recepit. oculis admovit, protinus vidit«). (13.) Lueillus, Bischof im Castellum Sinitense bei Hippo (er trägt den Reliquienbehälter desselben Märtyrers Stephanus in einer Prozession und wird von einer Fistel an der Hand geheilt). (14.) Der in Calama wohnende, aus Spanien gebürtige Presbyter Eucharius (Steinübel; der Bischof Possidius heilt ihn durch die Berührung mit den Reliquien des Stephanus). (15.) Derselbe (lag schon im Sterben; seine Tunika wird zu den Reliquien des Stephanus gebracht und ihm dann auf den Leib gelegt; »suseitatusest«). (16.) Martialis, vornehmer Mann in Calama, noch Heide, aber gläubige Tochter und ein jüngst ge- taufter Schwiegersohn (schwerkrank, lehnt die Taufe heftig ab; der Schwiegersohn geht in die Kapelle des Stephanus und betet brünstig für die Bekehrung des Alten, nimmt einige Blumen vom Altar und legt sie ihm heimlich unter den Kopf; bereits vor Sonnen- aufgang verlangt der Kranke nach dem Bischof, der aber zufällig bei Augustin in Hippo war; auf neues Ersuchen des Kranken kamen Presbyter und tauften ihn. »Solange er lebte, führte er den Spruch im Munde: ‚Christus, nimm meinen Geist auf‘, obgleich er nicht wußte, daß es die letzten Worte des Stephanus waren; auch für ihn waren es die letzten; denn er starb bald«). (17.) Ein Bürger in Calama (Podagra, Heilung durch den Märtyrer Stephanus). (18.) Ein Ausländer in Calama (Podagra, unvollstän- dige Heilung; der Kranke erfuhr »durch eine Offenbarung« nur, was er anwenden solle, sooft er Schmerz empfinde; »cum hoc fecerit, dolor continuo conquievite«). (19.) Ein Knabe auf dem Gute Audurus, woselbst in der Kirche Reliquien des hl. Stephanus (von einem Ochsenwagen überfahren, wird zu den Reliquien gebracht und erscheint unverletzt). (20.) Eine Nonne auf dem Landgut Caspaliana bei Audurus (als sie im Sterben lag, wird ihre Tunika zu den Reliquien des Stephanus gebracht; als man sie zurückbrachte, war die Kranke schon tot, wurde jedoch durch Auflegung der Tunika wiedererweckt). (2r.) Die Tochter des Syrers Bassus in Hippo (der Vater betet für die Totkranke bei den Reliquien des Stephanus und berührt diese mit ihrem Rleide; zurückgekehrt, findet er die Tochter bereits tot, aber das aufgelegte Kleid erweckt sie wieder). (22.) Der Sohn des Steuereinnehmers Irenäus in Hippo (Totenerweckung durch Salbung mit dem Öl des hl. Stephanus). (23.) Das Söhnchen des vir tribunieius Eleu- sinus in Hippo (Totenerweckung durch Superpositio des kranken Kindes auf die Re- liquien des Stephanus und Gebet). (24.) Petronia, elarissina femina, nobiliter nata, nobiliter nupta in Karthago, dem Augustin persönlich bekannt (reist zu den Reliquien des Stephanus nach Uzali bei Utica, wird geheilt, nachdem sie auf dem Wege als Unter- pfand der Heilung das Wunder erlebt hatte, daß ein auf einer Ringschnur gezogener Ring ungeborsten herausfiel. während auch die Schnur unversehrt blieb). (25.) Allgemein bekanntes Wunder in Hippo: zwei Geschwister aus Cäsarea in Kappadozien Paulus und Palladia werden in der Kapelle des Stephanus von einem chronischen Gliederzittern am Ostersonntage und Osterdienstag befreit; s. näheres darüber unten. 108 Sitzung der philosophiseh-historischen Classe vom 3. Februar 1910. Wunder! — trotzdem wird die Heilung ganz naiv auf Rechnung des Stephanus gesetzt. Ferner erkennt man aus dem ganzen Bericht, daß sich in Nordafrika die große Invasion von Märtyrerreliquien und die Errichtung von Kapellen und Kirchen zu ihren Ehren erst in jüngster Zeit zu vollziehen begonnen hat und Wunderheilungen nun erst in Schwung kommen. Augustin sagt, daß er noch andere Heilungen kenne ($ 8 fin.), daß sich speziell in Hippo, welches erst seit zwei Jahren Stephanusreliquien besitze, 70 Heilungen seitdem ereignet hätten, daß sich aber in Calama, welches sich schon länger des Besitzes von Stephanusreliquien erfreue, unvergleichlich viel mehr Wunder zu- getragen hätten. Doch dies und anderes, was sich nahelegt und den Abstand von der Zeit des Üyprian und Lactantius zeigt, soll hier nicht besprochen werden; denn der ganze Abschnitt bietet in einer anderen Richtung ein noch höheres Interesse. Weshalb erzählt Augustin in dem Werk »De eivitate dei«, und zwar an bevorzugter Stelle, diese Wundergeschichten? Welche Be- deutung haben sie im Zusammenhang der großen Apologie für das Christentum? Nun — neben dem gewichtigen Einwurf der heidnischen Welt gegen dasselbe, es sei für die fürchterlichen Kalamitäten im Reiche verantwortlich, steht der andere nicht minder schwere: »Ihr verlangt von uns Glauben an ganz unglaubliche Dinge, durch die an- geblich eure Religion vor 400 Jahren begründet worden ist; aber in der Gegenwart fehlen bei euch solehe Wunder; warum ereignen sie sich jetzt nicht mehr?« Immer wieder geht Augustin in seinem Haupt- werke und in anderen Schriften auf diesen peinlichen Vorwurf ein. Gewöhnlich muß er sich mit der Auskunft begnügen, daß die Ein- führung der Religion in die Welt — »ad hoc ut erederet mundus« — die Wunder nötig gemacht hätte, nun aber seien sie nicht mehr not- wendig. Allein er selbst fühlte, daß diese Erwiderung ganz unge- nügend sei und auch durch die brillanteste Dialektik nicht befriedigend ergänzt werden könne. Die christliche Religion muß eine Religion der Wunder nicht nur gewesen sein, sondern auch fort und fort noch jetzt sein: dieser Forderung, die sich aus der Sache ergibt, vermag sich das Denken Augustins nicht zu entziehen. Aber in seinen älte- ren Schriften vermochte er den fortbestehenden Wundercharakter des Christentums nur zaghaft zu behaupten; jetzt am Ende seines Lebens dagegen war ein Beweis möglich. Der Heiligen- und Reliquienkult, noch um das Jahr 400 nur spärlich in Nordafrika verbreitet, strömte ! Lehrreich ist auch, daß die Frau, nachdem sich das Wunder mit dem Amulett ereignet hat, dieses (einen Ring) fortwirft. Augenscheinlich nimmt sie an, es habe die Krankheit an sich gezogen. Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 109 wie eine ungeheure Flutwelle nunmehr über die Kirche!, und mit ihm zusammen begannen die wunderbaren Heilungen bei jeder »Me- moria« in Stadt und Land zahlreich zu werden. Noch wenige Jahr- zehnte vorher galt die durch die Gebeine des Gervasius und Protasius zu Mailand geschehene Blindenheilung als ein außerordentliches Er- eignis und wurde auch in der ganzen Kirche des Abendlands gefeiert, weil es seinesgleichen nicht hatte. Jetzt aber trug sich in jedem Winkel des Landes, wo nur immer eine »Memoria« stand und sich Reliquien befanden, Ähnliches, ja noch viel Wunderbareres, zu. Daß diese neue Ausstattung der Kirche, dieser »Beweis des Geistes und der Kraft« wesentlich aus dem Heidentum übertragen war, daß die ster- bende alte Religion ihn der Kirche vermachte und nur die Etiketten sich änderten, daß die Kirche, indem sie dieses Erbe antrat, paga- nisch zu werden drohte — diese offenbare Tatsache blieb den christ- lichen Bischöfen, blieb selbst einem Augustin völlig verborgen. Viel- mehr war es augenscheinlich der größte Trost, der dem Greis ange- sichts des Todes zuteil wurde, daß er die Fülle der Wunderheilungen in der Kirche noch erleben durfte. Die bange Frage: » Warum jetzt keine Wunder mehr?« verwandelte sich in den Triumph: »Seht, welche Wunder die Gebeine der christusgläubigen Heiligen tun!« Angesichts dieser Erlebnisse hätte Augustin sein Leben mit den Worten des greisen Simeon beschließen können: »Herr, nun lässest Du Deinen Diener in Frieden fahren!« Der böse Anstoß, die Wunderlosigkeit der gegenwärtigen Kirche, war beseitigt. Aber der Anstoß, den die Wunderlosigkeit der Kirche in der Gegenwart bot, bedarf nach Anleitung der Äußerungen Augustins noch einer genaueren Untersuchung, bei welcher auch das Neue Testament zu berücksichtigen ist. In den protestantischen Kirchen liest man dieses Buch fast ausschließlich als Urkundenbuch der Begründung der christlichen Religion, ohne sich ernstlich mehr durch die Frage be- unruhigt zu fühlen, warum denn die Beweise des Geistes und der Kraft, die damals hervortraten, jetzt nicht mehr zu finden sind. Selbst einem Lessın ist es nieht gelungen, dem Protestantismus den Ernst dieser Frage einzuprägen. Im alten Katholizismus las man es anders, und davon ist heute noch ein Rest in der römischen Kirche geblieben. Man las es nicht weniger aufmerksam als im Protestantismus; aber wenn man es beendigt hatte, empfand man lebhaft und schmerzlich, daß dieses Buch ein Ende hatte, während es ein solches seiner Natur nach nicht haben durfte; denn die Zeugnisse von Wundern und Taten ! Die Stephanusreliquien und der Stephanuskult wurde für Nordafrika in dieser Hinsicht entscheidend. Wir besitzen darüber ein reiches Material, auf das ich aber hier nicht näher eingehe. 110 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. Gottes müssen fortgehen bis zur Gegenwart. Reißen sie ab, so reißt auch der Faden der Kirche selbst ab; denn die herrlichste Vergangen- heit kann dem gegenwärtigen Geschlecht nichts helfen, wenn sie sich nicht mit derselben Kraft Generation für Generation bis auf den heu- tigen Tag fortgesetzt hat. Mit der Tatsache, daß das Neue Testa- ment abgeschlossen sei, mußten sich freilich auch die Väter des 4. und 5. Jahrhunderts abfinden — wir wissen heute, daß bei dem Abschluß äußere Nötigungen eine größere Rolle als innere gespielt haben —; aber was sie verlangen mußten, war, daß im Anschluß an das Neue Testament eine immerfort vermehrte Sammlung von be- glaubigten Beweisen des Geistes und der Kraft, d.h. von Wundern aus allen Jahrzehnten der Kirche, präsent sei und daß diese, weil sie den NTlichen Wundern völlig gleichwertig sind, ebenso bekannt und verbreitet werden wie das Neue Testament. Dann erst sei das »in- strumentum ecclesiae« gegeben, welches man den Feinden siegreich entgegenhalten könne und mit dem man die Zweifel im eigenen Lager zu bekämpfen vermöge. Aus ebendemselben Kapitel Augustins, in welchem er die Wunder- heilungen erzählt, lernen wir diese durchschlagende Betrachtung mit besonderer Deutlichkeit kennen. Es seien zunächst die einschlagenden Stellen hier zusammengestellt: C. 22,1: » Auch gegenwärtig geschehen Wunder im Namen Christi, sei es durch seine Sakramente, sei es durch die Gebete oder » Memorien « seiner Heiligen; doch strahlen diese nicht in derselben Helle, so daß sie ebenso berühmt und verbreitet werden wie die NTlichen Wunder. Denn der Kanon der heiligen Schriften, welcher einmal abgeschlossen werden mußte, macht, daß diese überall vorgelesen werden und in dem Gedächtnisse aller Gemeinden haften; wo immer aber jene ge- schehen, da werden sie kaum von allen Bewohnern der Stadt oder allen, die am Orte verkehren, gewußt. Meistens nämlich wissen auch hier nur ein paar Leute darum, während sie den übrigen unbekannt bleiben, besonders wenn die Stadt groß ist; und wenn sie anderswo anderen erzählt werden, so empfiehlt sie keine so große Autorität, daß sie anstandslos und ohne Bedenken geglaubt werden, auch wenn sie von Gläubigen gläubigen Christen mitgeteilt werden.« A.a.0. $ 4: Nachdem Augustin die wunderbare Heilung der In- nocentia in Karthago erzälrlt hat, fährt er fort: »Als ich dies gehört hatte, ärgerte ich mich sehr darüber, daß ein in dieser Stadt und an dieser doch nicht unbekannten Person geschehenes so großes Wunder so ganz verborgen bleibe, und glaubte sie deshalb ermahnen und fast schelten zu müssen.« Selbst ihre nächsten Freundinnen wußten nichts davon; »ich veranlaßte sie nun, in Gegenwart jener Frauen, welche sich irn Harnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 111 sehr verwunderten und Gott priesen, alles der Ordnung nach, wie es ge- schehen war, mitzuteilen«. Vgl. 5 (nach der Mitteilung der wunder- baren Heilung eines podagrakranken Arztes in Karthago): » Wer weiß davon? Wir jedoch wissen es und einige sehr wenige Brüder, zu welchen die Kunde gelangen konnte«, und $S 6 (nach der Mitteilung einer anderen Heilung, in Curubis): »Wer weiß dies außerhalb von Curubis und außer einigen sehr wenigen, welche irgendwo davon hören konnten? Ich aber ließ, nachdem ich es erfahren, den Mann auf Ge- heiß des Bischofs Aurelius auch nach Karthago kommen, obgleich ich die Begebenheit vorher von solchen gehört hatte, an deren Wahr- haftigkeit ich nicht zweifeln konnte. « A.a.0.$ 21: Ich kann leider die Liste der beglaubigten Wunder hier nicht fortsetzen, obgleich viele der Unsrigen es bedauern werden, daß so viele notorische Heilungen übergangen sind; aber der Plan meines Werkes gestattet nicht, länger hierbei zu verweilen. Denn wenn ich auch nur die durch den hl. Stephanus in Calama und in unserer Stadt geschehenen Heilungen verzeichnen wollte, so wären sehr viele Bücher anzufüllen, »selbst wenn ich nur solche Begeben- heiten aufnehmen würde, die zum Zweck der Vorlesung vor den Ge- meinden in kleinen Schriften herausgegeben worden sind (»de quibus libelli dati sunt, qui reeitarentur in populis«). Denn dies ordnete ich an, als ich sah, daß auch in unseren Zeiten den alten ähnliche göttliche Wunderzeichen häufig vorkommen, und (urteilen mußte), daß sie der allgemeinen Kenntnis nicht vorenthalten werden dürfen. Noch aber sind es nicht zwei Jahre, seitdem sich die Stephanusmemoria in Hippo Regius befindet, und obwohl über viele wunderbare und sichere Ereignisse Libelli nicht herausgegeben worden sind, so haben doch diejenigen, welche herausgegeben wurden, zur Zeit, wo ich dieses schreibe, ungefähr die Zahl 70 erreicht. Zu Calama aber, wo die Stephanusmemoria schon älter ist und wo solche Libelli häufiger heraus- gegeben werden, sind sie unvergleichlich viel zahlreicher. « A.a.0. $ 22: In Uzali, dessen Stephanusmemoria viel früher als die unsrige errichtet worden ist, hat sich, wie wir wissen, viel Herr- liches durch den Märtyrer ereignet: »doch besteht dort die Gewohn- heit, Libelli herauszugeben, nicht (»sed libellorum dandorum ibi con- suetudo non est«) oder vielmehr bestand nicht; denn vielleicht hat sie jetzt angefangen; denn als ich neuffelfslort war, habe ich Petro- nia (»clarissimam feminam «), die von einer langen und schweren Krank- heit wunderbar geheilt worden war, ermahnt, mit Genehmigung des Ortsbischofs einen Libellus herauszugeben, damit er der Gemeinde vor- gelesen werde, und sie gehorchte aufs bereitwilligste«. Aus diesem Libellus berichtet nun Augustin im folgenden etwas aus der Heilungs- 112 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. geschichte der Frau‘; dann fährt er fort: »Es geschehen also auch gegenwärtig viele Wunder, indem derselbe Gott wirkt, durch wen und wie er will, der auch jene bewirkt hat, die wir (im Neuen Testamente) lesen: aber die neuen Wunder werden weder in gleicher Weise be- kannt, noch werden sie, damit sie sicher haften bleiben, durch häu- fige Lesung wie Kieselsand in das Gedächtnis eingestampft. Denn auch wo, wie das gegenwärtig bei uns zu geschehen begonnen hat, dafür Sorge getragen wird, daß die Libelli derer, welche Hilfe er langen (»qui beneficia pereipiunt«), vor der Gemeinde verlesen werden, hören dies die Anwesenden nur einmal und die Mehrzahl ist nicht gegenwärtig, so daß selbst die, welche anwesend waren, nach einigen Tagen das, was sie hörten, nicht mehr im Gedächtnisse haben, und kaum einer unter ihnen sich ‚findet, der solchen, die nicht zugegen waren, mitteilt, was er gehört hat.« A.a. O0. $ 23: In Hippo Regius wurde am Östersonntag un- mittelbar vor Beginn des Gottesdienstes vor versammelter Gemeinde ein aus Cäsarea in Kappadozien zugereister Bruder von einem chro- nischen Gliederzittern plötzlich geheilt. Der Jubel des Volks war un- beschreiblich; kaum konnte Augustin den Gottesdienst beginnen und die Predigt halten. Nach demselben zog er den Geheilten an seinen Tisch und ließ sich von ihm seine Lebens- und Krankheitsgeschichte erzählen. »Am folgenden Tage nach der Predigt versprach ich, den darüber verfaßten Libellus morgen der Gemeinde vorlesen zu lassen. « Als dieses am 3. Österfeiertage geschah, wurde auch die Schwester des Geheilten, die an demselben Übel litt, unmittelbar nach der Ver- lesung des Libellus plötzlich von dem Übel geheilt. Die ganze aus- führliche Darstellung stammt augenscheinlich eben aus dem Libellus, den Augustin noch zur Hand hatte; sie schließt mit den Worten: »Exultabant [seil. die Gemeinde] in dei laudem voce sine verbis, tanto sonitu, Quantum nostrae aures ferre vix possent. quid erat in cordibus exultantium nisi fides Christi, pro qua Stephani sanguis effusus est?« Aus diesen Mitteilungen ergibt sich folgendes: ı. Augustin hat erlebt — aber einen überwältigenden Beweis haben ihm erst die allerletzten Jahre geliefert —, daß heute noch, namentlich durch die Kraft der Märtyrer, ebenso große Wunder ge- schehen, wie die waren, von welchen das Neue Testament berichtet; es ist besonders die Verbreitung des Stephanuskultus und der Ste- phanusreliquien gewesen, welche Wunderheilungen in der Kirche Nord- afrikas hat in Flor kommen lassen. ! Die nicht recht klare Darstellung kommt wohl eben auf Rechnung der Frau in dem von ihr abgefaßten Libellus; Augustin selbst schreibt besser. Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 1018 (2.) Diese Wunder sind ebenso würdig, zu allgemeiner Kenntnis gebracht zu werden, wie die NTlichen, und es ist ebenso notwendig, daß dies geschieht; allein die NTlichen Wunder werden durch die erebra lectio den Gläubigen sicher eingeprägt, für die Verbreitung und Einprägung der neuen Wunder aber fehlt dieses souveräne Mittel; denn das Neue Testament ist abgeschlossen und duldet keine Zusätze. Auch besitzen die gewöhnlichen Berichte über die neuen Wunder, wie sie — spärlich genug — umlaufen, nicht die Autorität der NTlichen Erzäh- lungen. (3.) Was kann und muß dem gegenüber geschehen? Es müssen authentische schriftliche Darstellungen der Wunderheiligen verfaßt werden, damit sie die nötige Autorität haben. Diese müssen daher, wo irgend möglich, von den Begnadigten selbst niedergeschrieben werden '; der Ortsbischof muß diese Libelli approbieren®, und dann müssen sie der Gemeinde im Gottesdienst vorgelesen werden. Auch dann freilich wird ihre Kenntnis noch immer weit hinter der der NTlichen zurückbleiben; aber es ist dann doch wenigstens etwas geschehen. Auf das Authen- tische kommt dabei alles an; denn die Authentie ersetzt hier in der Tat die Inspiration. In mehr als einem Fall hat Augustin, obgleich ihm eine Wunderheilung von durchaus glaubwürdigen Leuten berichtet war, doch nicht unterlassen, zu den Geheilten zu reisen und sie per- sönlich zu befragen. (4:) Wie weit war die empfohlene Praxis in der Kirche Nord- afrikas eingebürgert? Augenscheinlich war sie (wie die Wunderhei- lungen selbst) erst in den ersten Anfängen. Der Bischof von Calama und Augustin scheinen fast die einzigen gewesen zu sein, die sie übten: doch scheint sich die Praxis, eben durch die Bemühungen Augustins (s. das über Uzali $ 22 Bemerkte sowie $ 4 usw.), zu verbreiten. Merk- würdig ist, daß Augustin nur eine einmalige öffentliche Verlesung der Libelli ins Auge faßt. Man sieht nicht recht ein, warum diese Be- schränkung gelten soll. Jedenfalls aber wurden die Libelli im Kirehen- archiv gesammelt niedergelegt und konnten gegebenenfalls als Rüst- kammer auch für die Apologetik dienen, wie ja auch Augustin in seinem Werk »De eivitate dei« bereits von einer Sammlung Gebrauch macht‘. In der Kirche zu Hippo lagen gegen 70 solcher authentischer Libelli und in der Kirche von Calama noch viel mehr. Daß sie in ! In dem Falle $ 23 wird der Libellus binnen 24 Stunden nach dem Wunder hergestellt. ® Diese aus $ 22 folgende Bestimmung ist selbstverständlich, wenn doch der Libellus in der Gemeinde verlesen werden soll. ° Sind uns auch sonst noch »authentische« Libelli des 5. Jahrhunderts erhalten? In selbständiger Überlieferung nicht, wohl aber voraussichtlich in anderen Werken. 114 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. einer wichtigen Hinsicht ein Seitenstück zum Neuen Testamente bil- deten, gab ihnen die höchste Bedeutung. Aber diese Beurteilung be- wirkte es auch, daß man darauf bedacht war, nur wirklich Zuver- lässiges in der zuverlässigsten Form zu sammeln. Wir mögen heute lächeln über die naive Genügsamkeit in bezug auf die Authentie und den Beweis. Dies darf uns aber nicht an der Anerkennung hindern, daß man unter den gegebenen Bedingungen die größte Zuverlässigkeit, so wie man sie damals verstand, wirklich angestrebt hat; denn die Gegner paßten auf, und nur eine Schilderung aus erster Hand hatte Wert und konnte auf Anerkennung rechnen. Einfache und bewußte Fälschungen, sei es der Begebenheiten selbst, sei es ihres Verlaufs, innerhalb der »Libellice sind daher zunächst nicht anzunehmen, so wenig wie in Lourdes in der Regel grob gefälscht wird. Man hat das auch nicht nötig, da sich bei der geneigten Stimmung der Gläubigen scheinbar Mirakulöses durch Suggestion häufig genug ereignet. Augustin hat sehnlich nach einer Fortsetzung der NTlichen Wunder- geschichten, um ein Instrumentum ecelesiasticum aus ihnen zu bilden, ausgeschaut, sie am Ende seines Lebens in den zahlreichen Wunderhei- lungen (besonders an den »Memorien«) zu seiner Freude gefunden und sich um die authentische Aufzeichnung eifrig bemüht. — Aber hat sich dieses Bedürfnis erst bei ihm und nicht schon früher in der Kirche geltend gemacht? A priori dürfen wir sagen, daß es immer in der Kirche bestanden haben muß, und die Tatsachen versichern es uns. Man erinnere sich an den Montanismus und seine »novissima prophetia«, die, wie uns Tertullian bezeugt, schriftlich niedergelegt war und als eine Ergänzung zum Neuen Testament betrachtet wurde‘. Man erinnere sich ferner dessen, was Irenäus, Origenes, Eusebius u.a. über den in der Kirche noch immer zu findenden » Beweis des Geistes und der Kraft« und die Manifestationen des lebendigen Christus sagen. Die hier ein- schlagenden Stellen sind so oft gewürdigt worden, daß ich auf eine erneute Behandlung verzichten darf. Aber auch wenn man sie alle zu- sammennimmt, reichen sie doch nicht aus, um die Behauptung zu er- weisen, die gesamte vordioeletianische Kirche habe auf Grund dieser Manifestationen ein stets präsentes, starkes und durch Tatsachen ge- ! Hr. Zaun. in den einleitenden Ausführungen seiner großen Kanonsgeschichte, ist sogar soweit gegangen, zu behaupten, die Montanisten hätten ein drittes Testament schaffen wollen. Das läßt sieh nicht beweisen und ist auch ganz unwahrscheinlich. Als die »neue Prophetie« entstand, gab es noch kein Nenes Testament, und als sie später auf das Neue Testament stieß, waren ihre Anhänger hinreichend konservativ, um die geschaffene Sammelurkunde, die von Gnostikern und Marcioniten beanstandet wurde, nicht zu gefährden. Aber als ein Supplement zum Neuen Testament haben sie allerdings ihre »novissima prophetia« anerkannt sehen wollen. Harsack: Märtyrer- und Heilungsacten. 115 festigtes Bewußtsein davon gehabt, daß der Christusgeist in ihrer Mitte noch ebenso lebendig und wirksam sei wie in den Tagen der Apostel". Dazu waren jene Zeugnisse doch zu spärlich. Aber die vordiocletia- nische Kirche besaß einen Beweis, der ihr alle übrigen Beweise ersetzte, das waren die Martyrien in ihrer Mitte, die sie als in ununterbrochener Reihe erfolgend ansah’. Die Märtyrerzeugnisse per Christum und pro Christo (sowie alles das, was sich mit den Märtyrern ereignet), beweisen es auch dem Widerwilligsten, daß Christus in seiner Kirche lebendig ist und daß die Kirche die Stätte seines Geistes ist. Die Märtyrer- geschichten sind die eigentliche Fortsetzung der NTlichen Geschichten und Wunder, denn in dem Märtyrer redet und handelt Christus. Wer sich für einen Andern töten läßt, der beweist damit, daß der Andere ihn ganz erfüllt und besitzt, daß sozusagen sein eigenes Ich in dem Andern untergegangen ist. Die Verheißung, daß Christus sich im Him- mel zu dem bekennen werde, der ihn hier auf Erden bekannt hat, ist darum so sicher, weil sie fast eine Tautologie enthält; denn in dem Be- kenner redete und handelte bereits Christus: der Bekenner und Christus sind schon auf Erden verschmolzen. Wunder sind dabei nicht nötig; denn der Freimut, mit welchem sich der Märtyrer angesichts des Todes vor dem Richter zu Christus bekennt, und der mit dem Siege gekrönte Kampf gegen den Teufel ist bei der Schwäche der menschlichen Natur das größte Wunder! Das ist die alte und überall in der Kirche herrschende Betrach- tung der Martyrien. Ihr hauptsächlich verdankt man es, daß in der vordioeletianischen Kirche der abstoßende Kleinkram der Heilungs- wunder und der übrigen schlimmeren Wunder, die ebenso viele Atten- tate an dem gesunden Menschenverstand und häufig an der Moral be- deuten, die Rolle noch nicht gespielt haben wie im fünften und in den folgenden Jahrhunderten. Sie waren schon vorhanden — in einigen Kreisen sogar in bedenklicher Stärke” —, aber der große Import der heidnischen Wunder in die Kirche hat doch erst begonnen, ! Die Betrachtung des Paulus, daß sich der Christusgeist in der Kirche sowohl in den cHMelA Kal TEPATA als auch in dem in der Liebe tätigen Glauben zeige, ist in der Kirche nie ganz untergegangen und von Augustin aufs stärkste bekräftigt worden; allein meines Wissens hat kein Kirchenvater, wie ja auch Paulus nicht, auf die For- derung der Wunderzeichen als Legitimierung der gegenwärtigen Kirche verzichtet. 2 Iren. IV, 33,9: »Ecelesia omni in loco multitudinem martyrum in omni tem- pore praemittit ad patrem.« 3 Die schlimmsten Beispiele findet man, die vorkonstantinische Literatur anlangend, in den apokryphen Apostelgeschichten, aber da werden die exorbitanten Wunder von den Aposteln erzählt; es wird jedoch nicht behauptet, daß sie auch in der Gegenwart sich ereignen. Das ist sehr beachtenswert! Fromme Fabeleien in bezug auf die Heroen- zeit haben im Altertum stets als etwas gegolten, was keine Konsequenzen für die Gegenwart hat. 116 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. nachdem die Martyrien erloschen waren. Solange man diese erlebte und besaß, konnte sich die wundersüchtige Superstition noch nicht auswachsen, und auch der starke Glaube hatte es nicht nötig, um jeden Preis nach Wundertaten suchen zu müssen, um zu erweisen, daß die Kirche der Gegenwart noch immer die Kirche der Apostel sei'. Die Martyrien bewiesen ihm das. Ist dies aber die wesentliche Bedeutung der Martyrien für die Kirche, so ergibt sich folgerecht, daß die Märtyrerakten in der vor- dioeletianischen Zeit das eigentliche und notwendige Supplement zum Neuen Testament darstellen und von hier aus beurteilt sein wollen. Es ergibt sich aber ferner, ganz wie wir das bei den Heilungsakten gesehen haben, daß auf die Authentie und Zuverlässigkeit der Akten alles ankam. Wie sich der Märtyrer benommen hat, namentlich aber, was er vor dem Richter gesagt hat — sein Christusbekenntnis —, endlich, wie sich Christus an ihm manifestiert hat, das war der Gegen- stand des höchsten Interesses; denn es gehörte auf dasselbe Niveau, auf welchem das Neue Testament stand. Die Bedingungen dafür, daß man nur, was man für zuverlässig hielt, aufnahm, waren also im höch- sten Maße gegeben. Wer hier fälschte, setzte sich — abgesehen von der oft leicht zu beschaffenden Widerlegung — dem schwersten Vor- wurfe aus, daß er die Worte des Heiligen Geistes bzw. Christi fälsche. Am sichersten war es deshalb, daß man sich womöglich Aufzeichnungen der Konfessoren selbst aus den Gefängnissen verschaffte; war das nicht angängig, so schickte man vertrauenswürdige Brüder zu ihnen, um ihre Zeugnisse zu hören: bei der Prozeßverhandlung suchte man anwesend zu sein, und die Protokolle, die zugänglich waren, suchte man einzu- sehen; aber da sie häufig nicht ausreichten, weil sie ‚die Reden der Beklagten nicht vollständig enthielten, schickte man Brüder zu den Verhandlungen, die die Worte der Konfessoren getreu aufnehmen sollten. Das alles mußte sich selbstverständlich einstellen, war aber freilich nicht immer zu erreichen. Daß Märtyrerakten in den drei ersten Jahr- hunderten auch gefälscht worden sind, ist möglich; aber ich kenne nur eine einzige falsche Akte, die vielleicht schon in der vordioecletia- nischen Zeit abgefaßt ist’; alle Fälschungen sonst gehören einer späteren Zeit an. Damit ist natürlich die Glaubwürdigkeit aller ein- zelnen Züge in Märtyrerakten, die vor Diocletian niedergeschrieben ! Die böse Zeit in bezug auf das Selbstbewußtsein der Kirche war demnach die, in der sich Martyrien nicht mehr ereigneten und die große Epoche der Wunderheilun- gen durch Reliquien noch nicht begonnen hatte, d. h. im Abendland das 4. Jahrhundert. ®2 Die Ignatiusakten, aber es ist wahrscheinlicher, daß sie nachkonstantinisch sind. Die Apolloniusakten, die Hr. GEerrcken mit Bestimmtheit für eine Fälschung erklärt hat, sind echt, aber schlecht überliefert, d. h. in Verwirrung geraten und in der uns vorliegenden Gestalt dazu noch wahrscheinlich leicht überarbeitet und lückenhaft. Harnack: Märtyrer- und Heilungsaecten. 1 worden sind, nicht behauptet, vielmehr steht manches Unhaltbare in ihnen; aber ihre Verfasser wollten wirkliche und authentische Erzäh- lungen und nichts anderes bringen, und zwar auch in den Reden der Märtyrer, die sie wiedergeben, denn auf diese kam es ihnen beson- ders an, da sie als heilige Worte galten. Wenn man sich Zweck und Absicht der vordiocletianischen Märtyrerakten in der angegebenen Weise vergegenwärtigt, muß man sich über die Schnellfertigkeit wun- dern, in welcher in der jüngsten Zeit über sie abgeurteilt worden ist'. Auf die durchgehende Verwandtschaft mit der christlich-apologetischen Literatur sowie auf einige Analogien mit der zeitgenössischen profanen Literatur hin hat man rasch entschlossen behauptet, auch die vor- konstantinischen Märtyrerakten seien, sei es sämtlich, sei es zum größten Teile, »Literatur«, ein Verdikt, welches dem Urteil, sie seien »Maku- latur«, ziemlich nahekommt. Hätte man sich, bevor man diesen Spruch tat, ernsthafter um die Bedingungen und Zwecke bemüht, unter denen diese alten Akten entstanden sind, hätte man sie selbst in reiner Be- trachtung als das, was sie sein wollen, nämlich als Urkunden, ein- gehender geprüft und nicht sofort die Brille des Literarkritikers aufgesetzt, hätte man sich endlich die Frage vorgelegt, warum wir denn so wenige vor Diokletian niedergeschriebene Märtyrerakten be- sitzen, während doch so viele Martyrien stattgefunden haben’, so wäre ! Vgl. Gerrexen, Die Acta Apolloniü (Nachr. v. d. Kgl. Gesellsch. d. Wiss. in Göttingen, philol.-hist. Klasse 1904, H.3 S. 262 ff.; dazu meine Rezension in der Deutschen Literatur-Zeit. 1904, Col. 2464 ff.). Siehe auch Rerrzensreiın, Nachr. d. G. d.W.i. Gött. 1904, $. 331. In seinem Werk »Zwei griechische Apologeten« (1907, S. 246 fl.) hat Hr. GErrcken leider seine Kritik an den Martyrien ganz wesentlich aufrechterhalten und noch immer den Standpunkt behauptet, daß, wenn ein Märtyrer apologetisch rede, das ganze Martyrium als literarische Mache zu betrachten sei. 2 Wir besitzen so wenige vor Diokletian niedergeschriebene Märtyrerakten, weil auch die vordiokletianische Kirche selbst nur sehr wenige besessen hat, und diese besaß eine so geringe Zahl, weil man nur authentische Akten lesen und gelten lassen wollte, die Umstände aber selten zusammentrafen, um die Herstellung authentischer Akten zu ermöglichen. Mußte doch vieles sich glücklich fügen, damit sie verfaßt und ediert werden konnten. Bei strengster Beurteilung waren sogar eigene Aufzeichnungen der Märtyrer nötig (s.o.). Fehlten diese, so mußte entweder das Gerichtsprotokoll in Abschrift beschafft und dieses durch die vollständigen Aussagen der Märtyrer, die dort oft nicht protokolliert waren, ergänzt werden, oder es mußten Augenzeugen zur Stelle sein, auf deren Aussagen man sich verlassen konnte bzw. die die Reden der Märtyrer steno- graphisch aufgenommen hatten. Endlich mußte ein Redaktor gefunden werden, der das Ganze komponierte und edierte, der also einerseits literarische Fähigkeiten besitzen, andererseits in Ansehen bei der Gemeinde stehen mußte; denn Schriftstellerei, zumal in diesem Falle, wo es sich um Heiliges handelte, galt in der ältesten Kirche als ein verantwortungsvolles und gefährliches Geschäft (vgl. z. B. den Antimontanisten bei Euseb., h. e.V, 16, 3: &miraxeeic Yrıö co? cYrrPÄYAI TINA AöroN Eic THN TÖN KATA MINTIAAHN NETOMENWN AIPECIN, EVEKTIKÖTEPÖN TIWC MEXPI NYN AlIEKEIMHN, OYK ATIOPIA TOY AYNACBAI ENEFXEIN MEN TO YETAOC, MAPTYPEIN AE TH ÄNHBEIA, AEAIWC AE KAl EZEYNABOYMENOC MH TIH' AÖEW TICIN ETIICYTFPÄBEIN A ETIIAIATÄCCECBAI TÖ TÄC TOY EYArrenloY KAINÄC AIABHKHC Nör@, Ö 118 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. man vor Irrtümern bewahrt geblieben. Gewiß bestehen Beziehungen zwischen den alten Märtyrerakten und gewissen Stücken der profanen Unterhaltungs- und Wundererzählungsliteratur — sobald man die Mar- tyrien niederschrieb, mußte sich eine gewisse Anlehnung an überlieferte Formen von selbst einstellen —:; aber die Martyrien verfolgten einen ganz anderen Zweck als jene Literatur. Sie dienten nicht der Unter- haltung, auch nicht der Erbauung im gewöhnlichen Sinn des Wortes, sondern sie wollen Urkunden für die Tatsache sein, daß Christus in seiner Kirche fortlebt, und gehören deshalb zu der authentischen Lite- ratur der heiligen Geschichte. Dies ist ihr eigentliches Genus, und weil sie sich durch dieses Genus von der Literatur, mit der man sie zusammenwirft, unterscheiden, stehen sie auch unter ganz anderen literarischen Bedingungen als diese. Die Urkundlichkeit war für die, die sie niederschrieben und lasen, das erste Erfordernis. Daß aber diese Urkundlichkeit bei den vor Diocletian niedergeschriebenen Mar- tyrien bereits zur Form geworden ist, läßt sieh nicht erweisen und ist von vornherein unwahrscheinlich; denn es käme einem absicht- lichen Selbstbetrug in einer Sache gleich, deren Wert ausschließlich in ihrer Urkundlichkeit bestand. Man wird einwenden, daß dies Er- wägungen a priori seien; allein schon als solehen kommt ihnen ein bedeutender Grad von Zuverlässigkeit zu, und er wird noch erhöht, wenn wir uns dessen erinnern, was wir über die Heilungsakten fest- gestellt haben, die den Märtyrerakten ganz analog sind und die auch zunächst nicht literarhistorisch, sondern als Urkunden gewürdigt sein wollen. Aber auch die Durehprüfung der sicher in vordiocletianischer Zeit niedergeschriebenen Akten bestätigt die hier vorgetragene Auf- fassung. Das Sammelwerk des Eusebius, die vordiokletianischen Mar- tyrien betreffend, besitzen wir ja leider nicht mehr (s. h. e. lib. V Prooem.; V, 20, 5), aber seine Sammlung der palästinensischen Märtyrer- geschichten liegt uns in zwei Rezensionen, die von ihm selbst stammen, vor, und man kann an ihr die Eigenart des Interesses an den Mar- tyrien studieren, denen er ja auch in seiner Kirchengeschichte einen so breiten Raum zugemessen hat. Wie die Vorrede zur Kirchenge- schichte ausweist, diente die Erzählung der Martyrien keineswegs zum Schmuck oder nur zur gewöhnlichen Erbauung, sondern sie bildet im MHTE TIPOCBEINAI MHTE ABEREIN AYNATON TÖ KATÄ TO EYATTEAION AYTO TIONITEYECBAI TIPO- HPHMEN®). So kam es zum Leidwesen der Gemeinden nur selten zu wirklichen Mär- tyrerakten, und man mußte sich in der Regel ınit der bloßen Tatsache und ihrer kalendarischen Fixierung begnügen. Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 119 Sinne des Eusebius einen notwendigen Hauptteil der Geschichte der christlichen Religion und gehört zur Lehre‘. Prüfen wir aber die ältesten Märtyrerakten selbst, so liegt uns in denen des Polykarp der Bericht seiner Gemeinde selbst vor, augen- scheinlich gestützt auf die Mitteilungen von Augen- und Ohrenzeugen. Die Akten der Märtyrer von Vienne und Lyon sind in der Form eines offiziellen Schreibens dieser Gemeinden entworfen, tragen den Stempel der Authentie an der Stirn und können es ruhig abwarten, ob die flüchtigen Bemerkungen, die jüngst gegen sie gerichtet worden sind, auf die Kritik Eindruck machen werden. Die Akten der Märtyrer von Seili sind aus dem Gerichtsprotokoll geflossen; auch hier wird die Bemängelung schwerlich die Fachgenossen überzeugen. Dasselbe gilt von den Akten des Cyprian, die auf mehreren authentischen Vor- lagen, unter ihnen auch das Gerichtsprotokoll, ruhen. Die Perle aber unter den ältesten Martyrien, die Akten der Perpetua und Felieitas, zur Zeit des Septimius Severus, bestehen zum Teil aus Aufzeichnungen der Perpetua selbst (ec. 2: »haec ordinem totum martyrii sui iam hine ipsa narravit, sicut consceriptum manu sua et suo sensu reliquit«) und enthalten auch sonst durchweg authentisches Material. Bei ihnen ist aber noch die Einleitung des gleichzeitigen Redaktors von höchstem Werte, weil sie eben die Beurteilung der Martyrien unzweideutig zum Ausdruck bringt, die wir als die entscheidende hingestellt haben, und die der von Augustin geübten Beurteilung der Heilung aufs genaueste, Ja fast wörtlich, entspricht. Die Einleitung lautet: »Si vetera fidei exempla, et dei gratiam testificantia et aedifi- cationem hominis operantia, propterea in litteris sunt digesta, ut lec- tione eorum quasi repraesentatione rerum et deus honoretur et homo confortetur [gemeint sind die NTlichen Schriften] — eur non et nova documenta aeque utrique causae convenientia et digerantur? vel quia proinde et haeec vetera futura quandoque sunt et necessaria posteris, si in praesenti suo tempore minori deputantur auctoritati, propter praesumptam venerationem antiquitatis. sed viderint qui unam vir- tutem Spiritus unius Sancti pro aetatibus iudicent temporum, cum maiora reputanda sunt novitiora quacque ut novissimiora, secundum exuperationem gratiae in ultima saeculi spatia decretam [dieser letzte Satz ist montanistisch, aber liegt doch an der Grenze der gemein- christlichen Denkweise der ältesten Zeit, s. das Joh.-Ev.] ... itaque et nos qui sicut prophetias ita et visiones novas pariter repromissas ı So sagt er selbst von seiner (verlorenen) CYnAarori TON ÄPXAION MAPTYPION (h. e.V. Prooem.): TAC Men OYN TIEPI TOYT@N ENTENECTÄTHE YEHrfcewc TO TIÄN CYTTPAMMA TA TÄN MAPTYP@N HMIN KATATETAKTAI CYNATÜFÄ 0YX ICTOPIKHN MÖNON ANNÄ KAI AIAACKANIKHN TIEPIEXON AIHTHCIN. Umfaßte das Werk mehr als ein Dutzend Stücke? Sitzungsberichte 1910. 10 120 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. et agnoseimus et honoramus ceterasque virtutes Spiritus Sancti ad instrumentum ecelesiae deputamus ... necessario et digerimus et ad gloriam dei leetione celebramus, ut ne qua aut imbeeillitas aut de- speratio fidei apud veteres tantum aestimet gratiam divinitatis con- versatam, sive in martyrum sive in revelationum dignatione: cum semper deus operetur quae repromisit, non credentibus in testimonium, eredentibus in benefieium. et nos itaque quod audivimus et contrec- tavimus annuntiamus et vobis, fratres et filioli, ut et vos qui inter- fuistis rememoremini gloriae domini, et qui nune cognoseitis per au- ditum communionem habeatis cum sanetis martyribus et per illos cum domino Jesu Christo. « Hier ist in klassischer Weise der Zweck der Aufzeichnung der Martyrien und die aus ihm mit Notwendigkeit fließende Forderung der Authentie (»quod audivimus et contrectavimus« nach ı. Joh. ı, I) sowie ihre hohe Bedeutung, die sie an die Seite des Neuen Testa- ments stellt, zum Ausdruck gebracht; das spezifisch Montanistische kann dabei auf sich beruhen. Auch ergibt sich, wie bemerkt, eine volle Übereinstimmung mit dem, was Augustin durch die Aufzeich- nung und Verbreitung der Heilungswunder in Form von »libelli«, die für die kirchliche Verlesung bestimmt waren, erreichen wollte. Selbst der Ausdruck »benefieium« ist dort und hier derselbe. Augustin (XXIL, 8, 22) redet von »libelli eorum, qui beneficia pereipiunt« (d.h. der wunderbar Geheilten); in unserem Proömium ist in dem Satze: »non eredentibus in testimonium, eredentibus in beneficium« unter »benefieium« alles das zu verstehen, was der heilige Geist in der Gegenwart direkt wirkt, d.h. eben die Martyrien und die Revelationes'. In eine tatsächliche Prüfung der uns erhaltenen, vor Diocletian niedergeschriebenen und wesentlich intakt gebliebenen Märtyrerakten einzugehen, ist hier nicht meine Aufgabe. Welche Märtyrerakten als Zullengere in Betracht kommen, darüber besteht zwischen DELEHAYE”, 1 Man vergleiche zu dem Proömium der Perpetuaakten den authentischen Brief der Gemeinde von Smyrna über den Märtyrertod des Polykarp; man beachte (1), daß der Brief nicht nur an die Gemeinde von Philomelium gerichtet ist, sondern zugleich an »alle Parochien der heiligen Kirche«; er soll also ebenso bekannt werden wie die heiligen Schriften, vgl. auch c. 20, ı des Briefes, (2), daß das eigentliche Stichwort des Briefes »TO KATA TO EYATTEAION MAPTYPION« ist (S.T,I; IQ, I), d. h. es soll gezeigt werden, daß sich mit Polykarp etwas ereignet hat, was dem Evangelium gemäß ist und in welchem sich dieses sozusagen fortsetzt. Daher heißt es von Polykarp, daß er nicht nur ein AIAACKANOoC ETIICHMoC gewesen sei, sondern auch ein MAPTYC Ezoxoc, 0% TO MAPTYPION TIÄNTEC ETIIEYMOYCIN MIMEIcBAI KATÄ TO EYATTENION XPICTOY TENÖMENON. Polykarp dient also nunmehr, obgleich er zur gegenwärtigen Generation gehört, der ganzen Christenheit ebenso zum Vorbilde wie Christus und die Apostel. Auch die Akten über die Märtyrer von Vienne und Lyon sind nicht an eine Gemeinde geschickt, sondern an sämtliche Kirchen von Asien und Phrygien. ® DELEHAYE, Les Legendes Hagiographiques, 1905. Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 121 EurHarn! und dem Verfasser” im wesentlichen Einverständnis, und nur ein paar Stücke sind kontrovers. Es handelt sich, wie oben be- merkt, überhaupt nur um eine verhältnismäßig (d.h. im Vergleich zur großen Menge der uns überlieferten Stücke) sehr geringe Anzahl, wenn man von den in Eusebs Sammlung der palästinensischen Mär- tyrer mitgeteilten Erzählungen absieht, die nicht als Märtyrerakten im vollen Sinn gelten können. Man sollte sich aber in der Kritik gewöhnen, die zeitgenössischen Akten von den späteren vollständig zu trennen, weil in den späteren — abgesehen von den wenigen, die auf zeitgenössische Urformen zurückgehen und nur überarbeitet sind — die Urkundlichkeit lediglich zur Form geworden ist. Es ist nun nicht meine Meinung, daß die vor Diocletian niedergeschriebenen Märtyrer- akten unsre Ansprüche an Urkundlichkeit in jedem Sinne erfüllen; es liegt mir auch fern, in Abrede zu stellen, daß allgemeine literarische Einflüsse die Fassung der echten Martyrien, sei es bewußt, sei es unbewußt, mitbestimmt haben (s. 0.) — aber gegenüber dem sicheren Eindruck der Urkundlichkeit, der sich bei den vor Diocletian nieder- geschriebenen Martyrien auch durch zahlreiche Einzelbeweise stützen läßt, ist die Feststellung der konventionellen Züge eine untergeord- nete Aufgabe, und sie führt auch nicht zu einem herostratischen Er- gebnisse. Mit dem Hinweise auf die Verwandtschaft mit der apolo- getischen Literatur ist schlechterdings nichts bewiesen und ebenso- wenig mit dem Hinweis auf Wunder und auf Unglaubliches, was hin und her in diesen Martyrien berichtet wird. Solche Dinge wurden oft nicht nur bereits am nächsten Tage erzählt, sondern sie wurden subjektiv wirklich erlebt. Darüber sollte heute kein Streit mehr sein. Auch dieselben Wundervorgänge wurden immer wieder erlebt (Licht- glanz, Wohlgeruch, Stimmen usw.), so daß es vorschnell ist, aus der Wiederholung sofort auf literarische Mache zu schließen‘. Das Urteil darüber, wo das Erlebnis aufgehört und die Mache begonnen hat, kann daher stets nur aus dem Kontexte bzw. der Art der Überlie- ferung gewonnen werden. Solange Martyrien wirklich vorkamen, so lange erlebte man auch Wunder bei ihrem Vollzug und hatte es daher nicht nötig, sie zu erfinden. Daß sie bei der Wiedergabe sehr rasch auch Vergrößerungen erfuhren bzw. nach Analogie schon be- kannter Wunder erzählt wurden, ist freilich auch gewiß und nötigt den ! EHRBARD, Die griechischen Martyrien (Schriften der wissenschaftlichen Gesell- schaft in Straßburg), 1907. ®2 Harnack, Chronologie der altchristlichen Literatur, Bd. 2 (1904) S. 463 ff., vgl. auch Knorr, Ausgewählte Märtyrerakten, 1901, und von GesHArpT, Acta Mar- tyrum Selecta, 1902. ® Siehe Weıser, Die Wirkungen des Geistes und der Geister bis Irenäus, 1399. 10* 122 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. Kritiker zur Zurückhaltung; aber für die Beurteilung der Akten fallen diese Züge überhaupt nur wenig ins Gewicht. Endlich hat man die alten Martyrien auch deshalb bestritten, weil sie angeblich Verstöße gegen das römische Prozeßverfahren enthalten, die Beklagten unwahrschein- lich lange und despektierliche Reden halten lassen usw. Nur schade, daß wir den römischen Kriminalprozeß der Kaiserzeit in seinem Spiel- raum und seinen Details so wenig kennen und gerade die christlichen Martyrien eine Hauptquelle für ihn sind! Ich bin darum geneigt, diesen alten Berichten, wenn ihre Abfassung vor Dioeletian feststeht, mehr zu trauen als den aprioristischen Erwägungen der Gelehrten des 20. Jahrhunderts darüber, was damals zulässig und möglich ge- wesen ist. Wenn z.B. Hr. GEerFcken gewisse Züge in der Schilderung der Prozesse bei Eusebius (Mart. Pal.) und sonst, das Verhalten der Angeklagten betreffend, als unzulässig bzw. unmöglich beanstandet, so wird man sich zu fragen haben, ob es wahrscheinlich ist, daß sich Eusebius in seinen Berichten grober Verstöße gegen die damalige all- bekannte Prozeßordnung schuldig gemacht habe, oder ob sich der moderne Kritiker nieht von einem Vorurteile darüber, was in einem solchen Prozeß zulässig war, hat bestimmen lassen. Eine Wandlung des Urteils scheint sich übrigens in dieser Hinsicht wieder anzubahnen. Hr. Wircken hat in einer sehr wertvollen Studie »Zum Alexandrinischen Antisemitismus«' den literarischen Charakter der jüngst entdeckten, sogenannten heidnischen Märtyrerakten einer Kritik unterzogen und sich gegen Hrn. Rertzensteiv ausgesprochen, der die Form des Proto- kolls hier in allen Fällen als Fiktion beurteilt hatte”. Zwar erklärt Hr. Wircxen, daß die Akten in der Form, in der sie heute vorliegen, sämt- lich »Literatur« sind, aber er zeigt, daß die von ihnen gebotenen Pro- tokolle auf echte Protokolle zurückgehen (und zwar auf die der kaiser- lichen Kanzlei), und daß die Verfasser in erster Reihe in den Kreisen der Genossen der Märtyrer zu suchen sind. Dabei fällt auch für die Kritik der alten christlichen Märtyrerakten, welche Hr. WıLcken zur Vergleichung heranzieht, Nützliches ab. Aufs neue werden die Tat- sachen, die man schon bei Monusex lesen kann’, bestätigt, daß die Tagebücher der Provinzialbeamten den Interessenten durch öffent- liche Aushängung zugänglich waren und daß sie dann im Archiv de- poniert wurden. »Daß es den Interessenten erlaubt wurde, Abschriften aus diesen in den Archiven deponierten Protokollen zu nehmen, zeigen zahlreiche Fälle, in denen einzelne Teile aus älteren Commentarii bei spä- ! Abhandl. der philol.-hist. Klasse der Kgl.. Sächs. Gesellsch. d. Wissensch., 27. Bd. Nr. 23 (1909). ®2 Nachrichten d. Gesellsch. d. Wissensch. in Göttingen, 1904, S. 331. ® Römisches Strafrecht S. 519 f. Juristische Schriften 1 S. 450. rc Harnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 123 teren Prozessen von den Parteien zitiert werden« (S.829)'. Hr. Wıncken ist ferner der Meinung, daß die gefälschten christlichen Märtyrerakten Nachahmungen von echten Akten sind, d.h. von solehen, die auf echte Protokolle zurückgehen; »denn daß es in diesem Sinne echte Märtyrer- akten gibt, ist mir trotz der neuerdings erhobenen prinzipiellen Beden- ken nicht zweifelhaft« (S.830). Indem nun Hr. Wırcxex weiter unter- sucht, ob den heidnischen Märtyrerakten Protokolle zugrunde liegen, wo diese aufhören und wo die Überarbeitung beginnt, macht er darauf auf- merksam, daß die auf Papyrus erhaltenen Gerichtsprotokolle bekunden, daß ihr Hauptzweck darin bestand, die Amtshandlungen und Reden des Beamten festzuhalten. »Die Parteireden haben in ihnen nur sekundäre Bedeutung; daher wurden sie vielfach nur kurz skizziert, während sie gelegentlich (wohl bei den höheren Richtern) auch genauer protokolliert wurden.« Öfters sind auch nur die Reden der Richter in direkter Rede gegeben, während über die Parteireden in 3. Person referiert wird. »Besonders eklatant aber sind die Fälle, in denen die richterlichen Reden in großen Buchstaben geschrieben sind, die Parteireden dagegen in kleineren Buchstaben. Hieraus möchte man a priori ableiten, daß, im Gegensatz zu dieser ursprünglichen Bedeutung der Gerichtsproto- kolle in den Überarbeitungen (christlicher Martyrien) die Richterreden immer mehr Nebensache geworden sind, die Reden der Christen dagegen immer breiter und immer erbaulicher ausgeführt wurden. Nach den wenigen Stichproben, die ich bisher machen konnte, glaube ich, daß eine systematische Untersuchung der gesamten Märtyrerakten auf diesen Punkt hin — natürlich unter Berücksichtigung der sonstigen Krite- rien — für die Beurteilung der Distanz, in der sich die überarbeiteten Akten von den originalen Fassungen befinden, nicht ohne Nutzen sein würde« (S.833f). Diese Beobachtung ist gewiß im allgemeinen einleuchtend und richtig, und doch muß auch sie mit Behutsamkeit angewandt werden: denn nach den oben gegebenen Nachweisungen war für die Christen bei den Prozessen auch schon in der ältesten Zeit das vor allem von Interesse, was der Märtyrer vor dem Richter und sonst gesagt hatte. Sie sind daher von Anfang an bestrebt gewesen, authentische Märtyrerreden zu erhalten bzw. Aufzeichnungen derselben. Reichten die Protokolle, wie Hr. Wırcken gezeigt hat, dafür häufig nicht ! Hiezu macht Hr. Wırcken die Anmerkung: »Hiernach kann es auch für die Christen keine Schwierigkeiten gehabt haben, Abschriften aus den Protokollen der Christenprozesse zu bekommen.« Hierfür hätte er sich auf den Antimontanisten Apol- lonius bei Eusebius h.e. V, ı8, 9 berufen können, wo gegenüber der Behauptung der Montanisten, ihr Mitglied Alexander sei Confessor gewesen, gesagt wird, er sei viel- mehr als Räuber dem Prokonsul vorgeführt worden; dann heißt es: oi eeaoNnTec MABEIN TA KAT AYTON EXOYCIN TO THC Aclac AHMöcIoN Apxelon. Auch andere Belege gibt es noch. 124 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910. aus, so mußten sie auf Ergänzungen aus authentischen Quellen bedacht sein. Daß sie solche in manchen Fällen erhalten konnten und erhalten haben, auch das ist oben gezeigt worden. Die Versuchung, sie will- kürlich zu konstruieren, mag von Anfang vorhanden gewesen sein; aber sie wurde in ältester Zeit niedergehalten durch das Bewußtsein, die schwerste Sünde zu begehen, wenn man als Wort des Märtyrers, d.h. Christi, ausgab, was man selbst erfunden hatte. Erst als die Märtyrer- zeit beendet war und man Märtyrerakten wie Berichte aus einer heroischen Vorzeit las, an die die @egenwart nicht mehr heranreichte, fingen die Überarbeitungen und großen Fälschungen an, und es wurden die Mar- tyrien, wie die apokryphen Apostelgeschichten, zu denen sie nunmehr gehörten, ein eigenes literarisches Genre. Von der Vorzeit erzählte man, wenn man von den Märtyrern erzählte, und die Phantasie brauchte sich nun von der Rücksicht auf die Authentie nicht mehr zügeln zu lassen; denn vom alten Heros durfte man alles Große aussagen, was man zu erdenken vermochte. »Ab initio sie non erat«: dies erweisen zu helfen, war die Ab- sicht dieser Blätter. Am Anfang stand die Abfassung von Märtyrerakten unter ganz anderen Bedingungen als später. Um durch authentische Urkunden zu erweisen, daß die Kirche der Gegenwart noch die Kirche des Ursprungs ist und daß Christus noch in dieser Kirche lebendig ist, dazu wurden sie geschrieben. Alle Bedingungen waren gegeben, um nur wesentlich zuverlässige Märtyrerakten zuzulassen, und die spärliche Zahl von Akten, die in den drei ersten Jahrhunderten verfaßt worden sind, be- weist an sich schon, daß man damals solehe Akten weder erschwindelt noch ein billiges literarisches Genre aus ihnen gemacht hat, so gewiß auch hier die Form der ältesten Martyrien, vor allem der Prozeß Jesu selbst, leise auf die Art der Erzählungen eingewirkt hat. Hrn. GEFFCKENS Urteil: »Die Acta Apollonii, und hoffentlich (!) nieht nur diese, haben sich als frommer Trug erwiesen; es ist unmöglich, hier zwischen Eehtem. Halbechtem, Unechtem wirklich genau zu unterscheiden; die Marty- rien... sind allzumal Sünder und sollten des Ruhmes ermangeln, den sie bisher genossen haben«, wird sich, das darf man zuversichtlich behaupten, immer sicherer als ein Irrtum darstellen. Hier sollte nur ein prinzipieller und besonders starker Gegengrund gegen den Irrtum geltend gemacht werden. In der Geschichte eines jeden großen historischen Problems kommt immer einmal der Moment, wo an die Kritik das Ansinnen gestellt wird, das Objekt an den Mindestbietenden zu verkaufen und es damit aus der Welt zu schaffen. Gewöhnlich sind es Analogien und Ver- gleiche, mit denen man die Kritik zu verlocken sucht, und gewiß ist der Fortschritt in der Erkenntnis der Dinge, den wir durch die Nach- Harsack: Märtyrer- und Heilungsacten. 125 weisung analoger Bildungen und durch Vergleichung gemacht haben, in der Literaturgeschichte überall sehr groß — auch aus der neuesten Phase der Kritik der Martyrien haben wir in dieser Hinsicht manches gelernt. Allein es gibt auch einen Unfug der Vergleichungen, Re- duktionen und Neutralisierungen, der das Auge blendet und alles Eigenartige und Individuelle zu ersticken droht. Ihm gegenüber möchte man fast dem Warnungsrufe des Engländers recht geben: »Make no comparison!« Ausgegeben am 10. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei f u IL u. ” ur " AUF ur ' { 4) | j“ ll Bin Be h Pi rilızlhu j re, en in weiterer Ausführung, in er Sprache veröffentlicht sein oder te eine dem zuwiderlaufende Veröffent- Ei lung aus diesen zu ehtfernen. c ' Verfasser einer aufgenommenen wissen- Nichen Mttheilung dieselbe anderweitig früher zu tlichen beabsichtigt, als ihm diess nich den gel- echtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist des n Verfassern unbeschränkt gestattet. re Aus $ 21. _ Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken 3 der R Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. a Aus $ 22. ‚Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die de er Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- Jungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. s ter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- ntwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in Rn auf Ber Druckzeilen beschränken, keinesfalls Ee werden mit en Sion, er t, en für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« fremder een Abhandlungen aus dem Jahre 107 . . .... Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . » Mathematische Abhandlungen. . . ihandlungen aus dem Jahre 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . . . Philosophisch-historische Classe . e-, : Nachträge zur aegyptischen Chronologie . ” Gedächtnissrede auf Eduard Zeller | | » Philosophische und historische Abhandlungen RE Menge re ge ur Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Bericht über den Stand des ee nanean Corpus medicorum antiquorum u. S. W. . ‘Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? . ae arme zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. I... . . 2. 2... : Beobachtungen des. ek abanten Titan am Königsberger : Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 22m ULE- Kom. Srranonızz: Die Bildnisse des Sokrates . Nıramowırz-MorLLENDoRFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff a 2 er sc L— Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars verschen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und & enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünseht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verziehten damit auf‘ Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nieht zuge- sichert werden. An“ Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen der Akademie. ee Ah: M 37.— ee ee a AN N 2 ee 17.— . . . . . . U} . . ” . . . . M g— Se ae 6 ER, 34 — 1907, 1908 und 1909. De n Er) a nt — » » 1. a F 2.0 und Berliner Refractör‘ en Ba A SE a Mohr © u oe Le Hevster: Die gelehrte Urgeschichte im ATkrelan discheng Schriktihum 972, en ge nen Mi ÖLLER: Uigurica . . - bi a Sn De ITS u ors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer Von SardicaHt EN. uni 2 pEvEr: Der Processus retromastoideus . . . er B e nd _ Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . AH we: 4 » 1 N V Lan owırz-MoELLEnDoRFF: Nordionische Steine . EM Iiy: : De Scnuze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. N ET Mn FR . 6 E:: A;r N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelination. Erste Rene H. Becxnu: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . K. Gorsanovi6-KRAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebir ges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen IE N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becrn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik T#. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen et L. Jacogsonn: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks ee AO, B. SEuUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe rei Eu YA AM -4—: WI. M. Coxrar: Arbor inris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation tz L Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909. P. Rırrer: drei neue Briefe von Leısnız . . A. Torxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage E. Resexer: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek- trischen Elementarquantums L. Grunmacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von "Erderschütterungen kleinster Periode (hierzu Taf. VII) . J. Mırperaen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzöne " vom Victoria-See. bis zu den Kiwu-Vulcanen . Meyer: der Diskus von Phaestos und die Phlisten zuf Kreta. x H. Wesrnaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia . A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII) van’tr Horr: über synthetische Fermentwirkung . 4 K. Scaumpr und W. SchusArt: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek VaAsren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius . . Musx: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystens nach der Ausschaltung höherer Theile . ad. Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. "Fünfte Reihe Scnortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch” Gleichungen ver- bunden sind. . Pr 4,” RE: Branpt: the Cock in the North a Hernert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der PIRERETE vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von Le Cog: ein EhrIeihehe A ein nen Manuseriptfragment iı in Frechen Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und a: Orrn: über einige Krebsfragen . H. Samter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). : Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen ÖOstasiens 5 K. Gorsanovic-Kranserser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) 4 als Träger prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XV]) A: 2 Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Fropenius: über den Frrumar’schen Satz Frosgenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rurens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Speetrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kir ‚che M 3— » 4.50 „ 250% Be »„ 5.50 ee » 5.50 » 5.50 » 4.50 a er. oe A12.— AM 0.50 Be m TÜR N: » 0.50 sr Te » 050 N » 0.50 » 0.50 » 0.50 » 1— » 1— -» 0.50 -» 0.50 »..:1.— » 0.50 ee » 0.50 » 0,50 » 1.— » 0,50 AM 0.50 » 1L— Bode » 0,50 a Ve: VII. Be über die, Entstehung der Lias- ‚Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen 1) er eu von Tsouernan 2 zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 3. Februar 1910. hi: I FON FR ee SION BEI GEORG REIMER. sg ne Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und »Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften s, Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen» bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel dJas«dmekfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem lache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. 83. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen, Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen, Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. ga. | Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen, Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- tveffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu richten, dann zunächst im Sceretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsherichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manusceripts an den zuständigen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. / so (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) FAR Urs) # « f y® “ „ y . w k 4 & . 1) av \ ur h u) p at A Aal £ . an. LEE Zi g r Ta. “i ws Br j 442 we 1a . ” TE Mi ru a | 4 ; i a Y a RR ’ en « Aus se Dre { Dieandie Druckerei abzuliefer nden Manuseripte müssen, wenn es sich nicht bloss „um glatten Text handelt, aus reichende Anweisungen und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorleg« den Mitgliede vor E inreichung des Manuscripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser ür die Anordnung des Satzes seine Mittheilung als vollkommen druckreif' ansieht, h Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach > Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche ! Correeturen Fremder bedürfen der Genchmigun des redi- girenden Sceretars vor der E insendung an die ruckerei, y und die Verfasser sind zur Tragung der Sutaralı RE Mehr kosten verpflichtet. d \ Aus $ 8. ü “u Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen ‚ aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, , Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel NR h4 abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des b Ve treflenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegebe) verdei VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonder abdr ucke für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn de Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden ‚erklären. 89. , Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem / Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplaro. bis zu ır Zahl von noch 100 und auf seine Kosten re e bis 4 1 D E 4 i A } zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen. zu lassen, Bi sofern ‚er diess rechtzeitig. ‚dem ‚redigivenden ‚Seen etar an- gezeigt hat; wünscht. er auf seine Kosten noch. DreRtr Abdrucke zur Vertheilung. zu ‚erhalten, ‚so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder er treffenden Classe, — Nichtmitglieder erhalten 5\ exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem 4 j | redigirenden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre F Kosten abziehen lassen. UN Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlung 2 hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie m & Say zu unentgeltlicher Vertheilung ‚ohne weiteres 30 ER Y exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zw auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis Ir 1 2 bis. zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu uleee sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Score etan an- von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere ‚Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Fr exemplare und dürfen nach Teohtseitiger Anzeige bei re vedigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf ihre, Kosten. abziehen lassen. - ; . =u Se eh Eee 4 gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch. me 3 stimmte wi issenschaftliche Mittheil an dar Ark Eine für die ak av Schrif ten | ne \ % in keinem Palle vor ihrer Ausg: be an en er Stelle anderweitig, sei esauch nur Ba 127 SITZUNGSBERICHTE 1910. Vin. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 10. Februar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Martess las über Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festigkeitsbeanspruchungen. (Ersch. später.) Die Nachwirkungen bei der Belastung und Entlastung der Probestäbe werden vorgeführt. 2. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von den HH. Coxze und Deesser in der Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 13. Januar vorgelegten Abhandlung des wissenschaftlichen Be- amten der Akademie Dr. vos Frırzzzr über die Münzen von Per- gamon in den Anhang zu den Abhandlungen 1910. Die Arbeit ist im Zusammenhange mit der Herausgabe der »Alterthümer von Pergamon« entstanden und umfasst, zugleich als Vorarbeit des betreffenden Abschnittes des akademischen Miünzwerkes, die vorkaiserlichen Münzen von Pergamon und die der Kaiserzeit, sodann eine Untersuchung über die Beamtennamen und über die Homonoia- münzen. 3. Hr. BrancA legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Goruan vor: Unter- suchung über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen, Ungarn. Für die in Deutschland wenig verbreiteten mesozoischen Kohlen war bezüglich ihrer Entstehung noch nichts bekannt; nun wird hier durch das Auffinden der Wurzel- böden in der Lias-Kohle von Fünfkirchen der Beweis erbracht, dass auch diese Kolılen autochthon entstanden sind. Im Östtheile des Fünfkirchener Reviers, bei Vasas, finden sich häufig Gerölle von Kohle. Die Entstehungsweise dieser schwer zu ver- stehenden Dinge wird erklärt durch wirkliche Abrollung, aber zu einer Zeit, in welcher das Gestein noch nicht spröde Steinkohle, sondern noch Torf war. Beweisend für diese Auffassung scheint das Auffinden eben solcher Kohlegerölle in einem oberschlesi- schen Kohlenflöze zu sein, in welchem zugleich und ausnahmsweise auch Steingerölle sich finden. 4. Die Akademie hat dem correspondirenden Mitglied der physi- kalisch-mathematischen Classe Hrn. Gustav vox Tscnermak in Wien zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum eine Adresse gewidmet, deren Wortlaut unten folgt. Sitzungsberichte 1910. 11 128 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. 5. Vorgelegt wurden Bd. ı8 der Deutschen Texte des Mittelalters, enthaltend Gundackers von Judenburg Christi Hort hrsg. von J. JAKSCHE. Berlin 1910, von Hrn. Prancx sein Werk: Acht Vorlesungen über Theo- retische Physik gehalten an der Columbia University in the City of New York im Frühjahr 1909. Leipzig 1910, und der von dem corre- spondirenden Mitglied Sir GEORGE Howarn Darwin eingesandte 3. Band seiner Seientifie Papers. Cambridge 1910. 6. Die Akademie hat durch die philosophisch-historische Classe für die von dem Cartell der deutschen Akademien in die Hand ge- nommene Neuausgabe der Septuaginta als dritte Rate 2500 Mark und Hrn. Prof. Dr. Frieprıcn ScnurLtuess in Göttingen zur Drucklegung seines Werkes »Kalıla und Dimna. Syrisch und deutsch« ebenfalls 2500 Mark bewilligt. Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der philosophisch- historischen Classe Hrn. Benepicrus Niıese in Halle a. S. am ı. Februar durch den Tod verloren. W. Goran: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 129 Untersuchungen über die Entstehung der Lias- Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs, Ungarn). Von Dr. W. GoTHAN in Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Branca.) I. Vorbemerkungen. se Unterstützung der Akademie hat es mir gestattet, Untersuchungen an den Fünfkirchener Lias-Steinkohlenflözen vorzunehmen, deren Re- sultate im folgenden kurz dargelegt sind. Angeregt wurden diese Unter- suchungen durch die vielfache Forschungstätigkeit meines verehrten Lehrers H. Poroxnıe auf dem Gebiet der Entstehung der Kohlen über- haupt, der sich seit vielen Jahren mit diesen Fragen beschäftigt und besonders um die seit ©. von Günsger als das Problem der Autochthonie und Allochthonie der Kohlenlager bezeichnete Frage sich große Ver- dienste erworben hat. Seine Studien erstreckten sich früher vornehm- lich auf die karbonischen, für unser Vaterland so wichtigen Steinkohlen- flöze, dann auch auf die tertiären Braunkohlenflöze und die subfossilen Torflager; mit diesen beiden letztgenannten Brennstoffen hat er sich in der letzten Zeit besonders beschäftigt, und so sind wir durch ihn und auch andere Forscher in den Fragen, die die Entstehung dieser Kaustobiolithe (d. h. brennbaren, organogenen Gesteine) betreffen, prin- zipiell meist gut unterrichtet. Wenden wir unsere Blicke jedoch den mesozoischen Steinkohlen zu, die zwar bei uns in Deutschland keine größere Rolle spielen, anderswo jedoch, wie z. B. in Ostasien, eine um so großartigere, die derjenigen unserer karbonischen Steinkohlen durch- aus ebenbürtig ist, so sind wir in diesen Fragen hier ganz und gar im Dunkeln, da einschlägige Untersuchungen ganz fehlen. Diese große Lücke auszufüllen, oder wenigstens einige Bausteine dazu beizutragen, sind die folgenden Untersuchungen bestimmt. Da, wie gesagt, einschlägige Untersuchungen noch nirgends aus- geführt worden sind, so war es, um einen Erfolg möglichst zu sichern, LIE 130 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. durchaus geboten, eine Lokalität aufzusuchen, wo solche Kohlenlager in größerer Anzahl und nennenswerter Mächtigkeit entwickelt sind, was, wie schon angedeutet, in Deutschland nirgend der Fall ist. Daß kleinere Vorkommnisse wegen ihrer Mangelhaftigkeit eine fruchtbrin- gende Untersuchung in unseren Fragen nicht gestatten, hatte ich schon in früheren Jahren erfahren müssen; zunächst hatte ich auf einer Reise nach Bornholm, wo in den dortigen Rät-Lias-Schichten ein »Kohlen- flöz« auftritt, mein Augenmerk hierauf gerichtet, jedoch ohne Erfolg, da es sich in dem in Hasle-Kulvaerk, nördlich Rönne anstehenden »Flöz« nur um einen schmalen, kohlig-tonigen (brandschieferartigen) Streifen handelt, der, ganz offenbar aus Pflanzenschwemmsel entstanden, wie einzelne Kohlenbrocken zeigen, die auch von der See ausgeworfen werden, den Namen »Flöz« nicht entfernt verdiente. Nicht anders war es mit dem »Kohlenflöz« an der Küste von Yorkshire, in der Nähe von Whitby, das ich im Jahre 1906 bei Gelegenheit der mit Unterstützung der Akademie ausgeführten Untersuchungen über den dortigen Gagat besichtigen konnte. Von regulärer, auch nur einige Zentimeter mächtiger Kohle konnte auch hier nicht die Rede sein, obwohl sich lokal z. B. nach Herrızs, The Geology of the Yorkshire Coast usw. 1906, S. 8, »occasional seams of coal, nearly six inches thick« finden. An dieser letztgenannten Stelle erhielt ich jedoch für künf- tige Untersuchungen in dieser Richtung wertvolle Winke über die ver- mutlichen Verhältnisse bei wirklichen mesozoischen Kohlenlagern. In der Frage der autochthonen Entstehung der Kohlenflöze spielt die Hauptrolle, insbesondere bei homogener, steinkohliger Beschaffenheit der Kohle, wo man dieser selbst meist nichts mehr ansehen kann, die Beschaffenheit des Liegenden, das im Karbon von den Rhizomen und »Wurzeln« (Appendizes) der Stigmarien, im Tertiär von anderen Wurzeln durchzogen ist, die den Gewächsen angehören, die die über- lagernde Steinkohle des Flözes gebildet haben und ihre Wurzeln in das Flözliegende aussandten, wie wir das auch an den rezenten Ana- loga der Kohlenlager, den Torflagern, beobachten. Solche Wurzel- böden, wie wir im folgenden allgemein solche von Wurzeln durchzogenen Böden bzw. Gesteine nennen wollen, finden sich nun an der Küste von Yorkshire in großer Ausdehnung im braunen Jura in einer Sandsteinbank (der lower Estuarine- beds), die sich kilometerlang oder wohl gar meilenlang an der Küste verfolgen läßt; die Wurzeln durchziehen diese Schicht (aus der übrigens auch die autochthonen Stücke von EZquisetites co- lumnaris Broxcn. .von dort stammen) ungefähr senkrecht zu den Schich- tungsflächen und bieten ein durchaus ähnliches Bild wie die Wurzeln im Liegenden von tertiären Braunkohlen oder rezenten Torflagern (vgl. nn m W. Gornuan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 131 die Abbildungen bei Poronız, Entstehung der Steinkohle, 4. Aufl., 1907, S. 37, 38, 39). Die völlige Analogie mit diesen Wurzelböden zeigt zu- gleich, daß man es wirklich mit Wurzelresten zu tun hat, was man ja anatomisch nicht mehr nachweisen kann. Diese äußerlich un- scheinbaren (deswegen von den englischen Geologen nicht oder kaum beachteten) Wurzeln unterscheiden sich von anderen dort zahl- reich sich findenden Pflanzenabdrücken schon durch ihre Lagerung im Gestein, die senkrecht zu den Schichten (wie bei rezenten Wurzelböden) und damit auch zu der Ebene der sonst in den Schichten eingebetteten Pflanzenreste (Blätter usw.) orientiert ist. Meine Erwartung, bei wirklichen mesozoischen Kohlenablagerungen analoge Verhältnisse, d.h. Wurzelböden im Liegenden der Flöze, zu finden, wurde, wie wir im folgenden sehen werden, vollauf bestätigt. Das nächste größere mesozoische Steinkohlenvorkommen, das zugleich dureh intensive Ausnutzung zahlreiche Aufschlüsse zeigt, ist das be- kannte Fünfkirchener Revier, wo im unteren Lias etwa 100 Flöze (25— 30 bauwürdige) von geringer bis 4 m (selbst 10 m) Mächtigkeit auftreten (vgl. z. B. Die Steinkohlenbergwerke der ı.k.u.k. privilegierten Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft, Pecs (Fünfkirchen) 1905, S. 5) und einen ausgedehnten Bergbau hervorgerufen haben, der sich bei Fünfkirchen ganz im Besitze der ı. k.u.k. privilegierten Donau-Dampf- schiffahrtsgesellschaft befindet, deren Bergwerksdirektion und Verwal- tung meine Zwecke in uneigennützigster Weise gefördert hat; besonders bin ich Hrn. Bergrat Straka und Hrn. Bergverwalter Sıkora zu Dank verpflichtet, die mir sowohl in der Grube als auch über Tage stets mit den Lokalitäten vertraute Beamte mitgaben; ohne eine so weit- gehende Unterstützung hätten die Untersuchungen weit längere Zeit in Anspruch genommen. II. Die Wurzelböden im Liegenden der Lias-Kohlenflöze von Fünfkirchen. Die Untersuchungen des Flözliegenden begannen unter Tage in der Grube; naturgemäß suchte ich zunächst die Querschläge auf, die ein Beobachten des Flözliegenden bis zu ziemlicher Tiefe gestatten, während in den Ortsstrecken, die dem Flözstreichen folgen, nur dort etwas zu hoffen war, wo das Liegende mitgebrochen wurde, was auch vielfach der Fall war, aber doch in der Grube meist nicht die ge- wünschten Beobachtungen zuließ, aus Gründen, die wir später betrachten werden. 132 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. Gleich bei der ersten Grubenfahrt stieß ich nach wenigen 100 m Weg im Querschlag auf den ersehnten Wurzelboden, und zwar im Liegenden von Flöz 7 des Andreasschachtes, ferner, wenn auch weniger schön, im Liegenden von Flöz 2 und 6 (vgl. Fig. ı). Unter dem Flöz 7 befindet sich etwa ı dem unter der Kohle eine ziemlich zähe Schieferbank, über der sich bis zur Kohle ein zum Teil brand- schieferartiger, kurzklüftiger Schiefer einschaltet; in dem genannten zähen, fast gar nicht klüftigen Schiefer bemerkt man selbst bei dem dürftigen und diese Untersuchungen sehr erschwerenden Grubenlampen- licht die sich wegen der dunklen Farbe des Schiefers nur wenig vom Gestein abhebenden, ungefähr senkrecht oder etwas schief zur Schich- tungsfläche das Gestein allenthalben durchziehenden kohligen Wurzeln, bald dicker, bald dünner bis fein, wie das bei verzweigten Wurzeln nicht anders zu erwarten ist. An einer Stelle bemerkte ich unter Flöz 7 im Gestein auch ein ungefähr horizontal liegendes, mit kleinen Narben besetztes, walzenförmiges Rhizom, von dem deutlich Seitenwurzeln in das Gestein ausgingen; leider habe ich mich vergeblich bemüht, das Stück aus dem Gestein herauszubringen, da es schon bei geringem Meißeln in kleine Stücke zerfiel. Durch solche Horizontalrhizome wird die Analogie dieser mesozoischen Wurzelböden mit den karbonischen Stigmariaböden und den rezenten oder subfossilen Schilf- (Röhricht-) Böden noch auffallender. Ver- sucht man, die Wurzeln von der genannten Schieferbank weiter zu ver- folgen nach dem überlagernden Flöz zu, so bemerkt man sehr bald, daß sie in dem darüberlagernden schwärzlichen Brandschiefer unsichtbar werden, und alles Anhauen des Stoßes hilft niehts, die Beschaffenheit des Gesteins läßt die zweifellos vorhandenen (vgl. hierzu S. 135 unter ı) Wurzeln nicht mehr erkennen. Da unter einer größeren Anzahl von Flözen der dortigen Gegend Brandschiefer oder, was für unsere Beobach- tungen fast dasselbe ausmacht, kurzklüftiger, dunkler Schiefer als Liegendes vorkommt, so erkannte ich bald, daß es ganz unmöglich sein würde, die Wurzelböden unter allen Flözen, soweit sie überhaupt eine Beobachtung zuließen, nachzuweisen. Ist dies, wie wir gleich sehen werden, selbst bei Tagesbeleuchtung nur zum Teil möglich, so er- gibt sich von selbst, was bei den in der Grube herrschenden Ver- hältnissen zu erwarten ist. Auch ein Schiefer, der beim ersten An- blick die Hoffnung erweckte, für unsere Beobachtungen günstig zu sein, zeigte sich sehr oft dadurch unbrauchbar, .daß er von senkrecht zu den Schichtflächen verlaufenden, kreuz und quer gerichteten feinen Kluftflächen in oft sehr großer Zahl durchsetzt war, nach denen das Gestein beim Anschlagen in lauter etwa würflige Stückchen zerfiel; da die vorhandenen Wurzeln natürlich nicht diesen Klüftungsflächen 133 bei Fünfkirchen g der Lias-Steinkohlenflöze : Entstehun W. GoTHAan -0® J 3 ‘ N upazan AA SIp puis 9 yoaıuas Sunyypry «e l 79y9ay Jun T 194 SOJUDLUISSE er SO 3 wop un gdueogn oım spjezuo uOgaLge Fels TODLUB puy s9 P q9 yoıs uaypepyyon.ig ualop ne “uadejyosod AFFE DS uFoyunp Wap UOA NayıDıpL AM ur yoıs op ago AlsSunzue1deg Ppe.ıod Alp Jury ueıap Boepaypıyog anz B) wep sne zo] UoA uopuadar uopogqjazan AA 134 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. folgen und auch wegen des talkig-schmierigen Überzugs dieser Flächen nicht auf ihnen sichtbar sein würden, so erwies sich auch diese Art des Liegendgesteins als direkt unbrauchbar für unsere Untersuchungen '. Hierzu kommt noch, daß bei längerem Anstehen des Gesteins das herabtropfende, Kohlenstaub u. a. mitführende Wasser, die Auswitte- rungen am Gestein und schließlich die oft nicht zu entfernende Zim- merung an den Stößen (» Ulmen «) oft Beobachtungen unmöglich machen, man daher in der Grube meist nur bei frischerem, frei und noch nicht lange anstehendem Gestein Erfolg hat. Diese zahlreichen un- günstigen Umstände erklären es, weshalb man an vielen Stellen in der Grube (und auch am Tage) die gesuchten Wurzelböden nicht sehen kann. Daß ein Schluß auf deren Nichtvorhandensein ganz voreilig sein würde, zeigte sich bei den Tagesexkursionen, wo bei einer ganzen Anzahl von Flözen Wurzelböden nachgewiesen werden konnten, bei denen in der Grube keine sichtbar waren. Nachstehend eine Zusammenstellung der in den dortigen Gruben (unter Tage, so- weit befahren) beobachteten Wurzelböden im Liegenden der Flöze: 1. Andreasschacht (Bergwerkskolonie) im Haupt- Quensc ha eg a EEE Er 0207 A (SEhTeSschonE HT) Flöz 2 ) (im Querschlag, we- Flöz 6 niger typisch) 2. Schrollschacht (Bergwerkskolonie) . . . . Flöz ı3 (Stöße sehr naß) 3. Georgschacht bei Szaboles . -. -. . . . . 2 Flözchen nahe Flöz 13 auf der 2.Tiefbausohle (1.westl. Teilungsquerschlag) Flöz 23 4. Thommenschacht m Vasası 22 re neane2aRlözen Bedeutend eindrucksvoller zeigten sich die Wurzelböden bei den ziemlich zahlreichen dortigen Tagesausbissen der Flöze. Zwar liegen auch hier die Verhältnisse wegen der starken Verwitterung der Stöße, besonders wenn Brandschiefer oder ähnliches Liegendgestein vorliegt, ungünstig, doch kann man hier das Gestein an vielen Stellen beliebig und mit gutem Erfolg anschürfen. Legt man dann im Liegen- den mehrere Meter weit die Wurzelböden bloß, wie ich das mehrfach getan habe, so ist die Erscheinung geradezu frap- pant und die Analogie mit den bekannten Wurzelböden des Tertiärs und des Plistozäns durchaus augenfällig und über- zeugend. Nachfolgend eine Zusammenstellung der untersuchten Aus- bisse, an denen Wurzelböden nachgewiesen wurden. ! Es ist ja übrigens im Karbon ganz ähnlich, wo man in ähnlich schlechtem Gestein zwar vielleicht die dieken Stigmariarhizome, nicht aber die dünnen Appendizes wahrnimmt, obwohl bei diesen wegen ihrer größeren Breite die Verhältnisse überhaupt günstiger liegen als bei unseren jurassischen Wurzelböden. EN W.-Gorsan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 155 t. Ausbisse im Hohlweg etwa 1000 ın nördlich des Andreasschachtes (etwa Flöz 6—ır); die Verwitterung an den meisten Flözen war so stark, besonders wegen des brandschieferhaften Liegenden, daß meist nichts zu sehen war. Das eine Flöz führte aber in einiger Tiefe im Liegenden (wie etwa Flöz 7, Fig.ı) sandigen Schiefer, und hier konnte man den Wurzelboden auf beliebige Erstreckung bloßlegen. Da über dem sandigen Schiefer Tonschiefer folgt, dann eine Schicht Brandschiefer, so wurden auch hier die Wurzeln nach dem Flöz zu undeutlicher, im Brandschiefer selbst war auch hier nichts zu sehen. In der Grube hätte man sie schon in dem Tonschiefer nicht mehr gesehen. 2. Lampastal, oberhalb der alten Grubenhalden (nahe Stollen Nr. 3), sehr deut- lich. Noch weiter im Tal hinauf tritt der »flözleere Sandstein« auf (Rätsandstein) mit Pflanzenschwemmsel (»Häcksel«); die früher vorhandenen Kohlenschmitzen in einem weiter hinaufgelegenen Steinbruch waren leider verschüttet. 3. Bei Vasas. a) Ausbiß am Aufstieg zum Thommenschacht (Sandstein) im Liegenden von Flöz ır (wenig Wurzeln). b) In den Ausbissen im »Speckigen Tal« (Szalonas Gödör), am östlichen Hang, südlich nahe der Seilbahn; da die Verhältnisse hier günstig lagen, waren Wurzelböden sehr leicht nachzuweisen. Ein Flöz (?ı1) zeigte hier ähnliche Verhältnisse wie Fig. ı; auch hier konnte man wie im Hohlweg beim An- dreasschacht mit einiger Mühe auf beliebige Erstreckung den autochthonen Wurzelboden nachweisen. Fassen wir kurz das Resultat des Vorigen zusammen, so läßt sich das Folgende sagen: Wie der in mehr als ein Dutzend Fällen nachgewiesene WurzelbodenimLiegenden derFünfkirchener Lias-Steinkohlenflöze zeigt, sind diese, mindestens zum ganz überwiegenden Teile, autochthoner Entstehung wie die durchaus überwiegende Menge der jüngeren und älteren Humuslager der Jetztzeit, des Tertiärs und Paläozoikums; wenn sich dies nicht bei allen dortigen Flözen nachweisen ließ, so lag das ohne Zweifel an einer Reihe ungünstiger Umstände, die im vorigen dargelegt wurden', und auch an der Mangel- haftigkeit vieler Aufschlüsse in der Grube wie am Tage, an Schwierig- keiten, die einem z. B. im Karbon in gleichem Maße entgegentreten. Es ist allgemein zu vermuten, daß, wie im Paläozoikum und im Käno- zoikum, so auch im Mesozoikum die ganz überwiegende Mehrzahl der nennenswerten Steinkohlenlager ebenfalls autochthoner Entstehung sind; weitere Untersuchungen an anderen Punkten werden die Richtigkeit dieser Vermutung zweifellos immer mehr erweisen. ! Der Klüftigkeit des Gesteins usw. schreibe ich es auch zu, daß in den Berge- mitteln, die sich bei autochthoner Entstehung der überlagernden Kohle ebenfalls als Wurzelböden zeigen müßten, solelıe in Fünfkirchen nieht nachgewiesen werden konnten, wenigstens an den aufgeschlossenen und besichtigten Stellen; in der Wealdenkohle bei Barsinghausen a. D., deren Liegendes ebenfalls, wie ich kürzlich feststellen konnte, typischer Wurzelboden ist (wie auch bei Obernkirchen, hier jedoch aus ähnlichen Gründen wie oben ausgeführt, weniger augenfällig), habe ich im Bergemittel dort ebenfalls Wurzel- boden nachweisen können. Näheres über die dortigen den Fünfkirchener analogen Verhältnisse kann hier nicht gebracht werden. 136 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. III. Die Mugelkohlen der Fünfkirchener Steinkohlenvorkommnisse. Ein höchst eigenartiges und in dieser Ausdehnung vielleicht einzig dastehendes Vorkommen bilden die von den dortigen Bergleuten als Mugelkohlen bezeichneten geröllartigen Einlagerungen in den Flözen beim Dorfe Vasas, nordöstlich von Fünfkirchen. Die Mugelkohlen (Fig. 2) Fig. 2. Eine Anzahl »Mugelkohlen« aus den Steinkohlenflözen von Vasas bei Fünfkirchen. Zwei davon sind durchgebrochen, die linke (oben) zeigt keine schalige Absonderung, die so oft für wesent- lich für diese Kohlen gehalten wurde. 3/; nat. Gr. j sind rundliche bis längliche (eiförmig bis ellipsoidisch), wie abgerollt aussehende Stücke reiner Kohle, die sich mitten in den Flözen des genannten Ortes (außerdem nach den Publikationen der Bergwerks- gesellschaft noch in Flöz 6 auf dem Schrollschacht bei der Bergwerks- kolonie nördlich von Fünfkirchen) unregelmäßig, bald weniger, bald zahlreicher finden, und zwar nach den Angaben des Herrn Bergver- walters Heısoı in fast allen dortigen Flözen; ich habe sie selbst dort in mehreren Flözen gesehen. Auf dem Zechenplatz liegt oft eine große Menge davon zusammengeworfen herum, in den verschiedensten Größen, von kleinen, oft kaum mehr als nußgroßen, bis zu kopfgroßen Stücken; manche erreichen nach den Publikationen der Bergwerksgesellschaft selbt bis 40 em Durchmesser. Die Oberfläche dieser Mugelkohlen ist \ | i 5 W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 157 glänzend blank von Harnischen, und öfter (nicht immer!) läßt sich eine Art konzentrisch-schaliger Umhüllung — meist anscheinend nur eine Schale — von etwa '/;—ı cm Durchmesser konstatieren, ähnlich wie bei manchen Konkretionen (Inkrustaten), die ebenfalls aus reiner Kohle besteht; diese »Schale« läßt sich oft nur teilweise um die Mugel- kohle herum verfolgen und zeigt oft eine sehr unregelmäßige Aus- bildung. Die Knollen lassen sich stets — ausgenommen etwa, wenn die Kohle lokal bröcklig ist und an sich leicht zerfällt — ohne Schwie- rigkeit ganz aus der einschließenden Flözkohle herausgewinnen und sind immer vollkommen selbständige, rings scharf umgrenzte Körper, also es kommen etwa nur halbseitig ausgebildete »Mugelkohlen« nicht vor. Die Knollen finden sich nur in der Steinkohle der Flöze selbst, nicht in dem umgebenden Gestein. Diese höchst eigenartigen Knollenkohlen haben natürlich seit lan- gem die Aufmerksamkeit erregt, und eine Anzahl von Versuchen ist gemacht worden, ohne daß ein befriedigendes Resultat bisher erzielt worden wäre. Unter andern hat Zincken, der bekannte Verfasser der Physiographie der Braunkohle, ihnen einen eigenen kleinen Artikel gewidmet (Berg- und Hüttenmännische Zeitung 1877, S.272), wo er sie — wie unsere Figur 2 zeigt, durchaus irreführend — als Kugel- kohlen bezeichnet. Einige dort gemachte Angaben kann ich nicht bestätigen. Er spricht von einem Kern ..., um welchen sich "/s—3/, Zoll starke Kohlenlagen mit auslaufenden Rändern herumlegen (ähn- lich wie die Blätter einer Zwiebel). Es handelt sich aber meist nur um eine Lage, und auch diese fehlt öfter, kann also nichts Wesentliches an den Mugelkohlen sein. Daß die Kugel- kohlen häufiger in der Nähe von Verwerfungen vorkommen, wie er weiter meint, ist mir dort nicht bestätigt worden, obwohl ich sowohl hiernach wie nach allem Möglichen gefragt habe; vielmehr läßt sich eine Gesetzmäßigkeit in dem Vorkommen der bald einzeln, bald zu mehreren bis vielen in mehr oder minder großer Nähe zusammen- lagernden »Kugelkohlen« nicht erkennen. Nachfolgend eine Zusam- menstellung der Deutungsversuche dieser merkwürdigen Kohlen nebst kritischen Bemerkungen; eine Zusammenstellung solcher, zum Teil auch von ungarischen Geologen gemachter, findet sich in verschiedenen Publikationen der Fünfkirchener Bergwerksgesellschaft. Deutung der Mugelkohlen | Kritik 1. Sie wurden als »Früchte« | Unmöglich, schon wegen der sehr verschie- ausgestorbener Pflanzen angesehen. | denen Größe; wir kennen auch keinen mesozoi- schen Baum, der Früchte von bis 40 em Durch- ınesser getragen haben könnte. 138 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. Deutung der Mugelkohlen Kritik ea lu TER a us IE 0 I mum ln 0 2. Sie wurden als Reste von Schon die rundliche Form und die scharfe Ptlanzenstämmen (»restes de vegc- | Abgrenzung gegen die Flözkohle macht diese Er- taux caudieiformes«) angesehen. | klärung unannehmbar. | 3. Sie wurden als durch Ge- | Das »Wie« dieser mehrfach (vgl. auch hin- birgsdruck enstanden erklärt. | ten) geäußerten Ansicht ist ganz unklar; wie soll | man sich das Entstehen ringsum abgegrenzter und | abgerundeter Gebilde in regelmäßig abgelagerten | Flözen durch Wirkung von Gebirgsdruck vorstellen, | zumal die Lagerungsverhältnisse in Vasas weniger | gestört sind als in den westlich gelegenen Gruben, wo diese Mugelkohlen gerade fehlen? Entschei- dend dürfte für die Ablehnung dieser Er- klärungsart die Tatsache sein, daß man niemals ineinem Anfangsstadium der Bil- dung befindliche Mugelkohlen, also etwa halbseitig »fertige« findet, sondern im- mer nur vollkommen rings umgrenzte; ferner, daß oft ganz isolierte »Mugelkoh- len« im Flöz vorkommen. | Vgl. auch das Folgende. 4. Laut mündlicher Mitteilung Das »Wie« ist hier ganz unklar. Das Eruptiv- in Vasas wurde ihre Entstehung mit | gestein (Diorit) hat dort wie gewöhnlich keine den dort vorhandenen Durchbrü- |, andere Folge gehabt als die lokale Verkokung der chen von Eruptivgestein in Verbin- | Kohle, zum Teil unter Stengelkoksbildung. dung gebracht. 5. Sie wurden als Gerölle an- Vgl. das Folgende. gesehen (»charries dans la houille comme galets solides de couches anterieures«, in einer Publikation der Bergwerksgesellschaft 1900). In letzter Zeit sind die Vasaser Mugelkohlen erwähnt worden von Hormann (Geschiebe in Kohlenflözen, Sitzungsber. d. Kgl. Böhm. Ges. d. Wiss. 1909, S. 5 und 6 Separ., der die Mitteilung Zinckens anführt; (auf die Hormanssche Publikation machte mich Hr. Geheimrat Keıruack freundlichst aufmerksam). Horuann hatte ganz den Vasaser Vorkomm- nissen ähnelnde Stücke aus dem Franziseiflöz in Polnisch-Ostrau zu- gesandt bekommen. Er hielt sie zunächst für echte Gerölle, kam aber dann davon ab und erklärte die »Pseudogeschiebe« für Druck- erscheinungen. Das Flöz sei durch gewaltigen Gebirgsdruck in parallel- epipedische Stücke zerspalten (seine Figur ı 1, Taf. II) und die einzelnen Stücke hätten durch weitere Kantenrundung infolge von Pressung runde Form angenommen. Indessen zeigt schon seine eigene Figur ı0 (Taf. II), daß seine Anschauung unrichtig ist, denn hier sieht man von einer W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 139 Zertrümmerung in parallelepipedische Stücke nichts. Schließ- lich wie soll auf diese Weise das Auftreten einzelner »Pseudoge- schiebe« im Flöz erklärt werden? Und warum sind dann, wie das wohl unbedingt zu erwarten wäre, nicht auch erst teilweise ausgebildete »Kugelkohlen« sichtbar? (vgl. auch Tabelle S. 133 Nr. 3). Hormann meint, daß die »Pseudogeschiebe« darum an Ort und Stelle gebildete Kohle seien, weil die Schichten der umgebenden Steinkohle ungestört durch sie hindurchsetzen. Seine Figur ıO zeigt das aber nur in sehr untergeordnetem Grade. Und wenn einige Glanzkohlenstreifen wirk- lieh homogen durchgehen sollten, so beweist das doch nicht die Ent- stehung an Ort und Stelle, da die homogen fortschreitende In- kohlung des Flözes Unterschiede in der Struktur der Flöz- und Mugel- kohle stark verwischt haben kann. Diejenige Anschauung, die ich selbst mir gleich beim ersten An- blick der »Mugelkohlen« gebildet hatte und die ich im folgenden zu begründen versuchen werde, ist bereits in der Tabelle S. 133 unter Nr. 5 angedeutet; in der Tat ist die Auffassung dieser als Ge- rölle die zunächst einleuchtende, der auch Horwasn anfänglich zuneigte, von der er aber dann wieder abkam. Von größerer Bedeutung ist für unsere Frage ein Fund geworden, den ich zufällig in den Sammlungen der Kgl. Geologischen Landes- anstalt machte. Ich entdeckte hier eine Anzahl »Kohlengerölle«, ganz ähnlich den Kugelkohlen von Vasas und den von Hormann beschrie- benen aus dem Karolineflöz der Gruben Gute Zuflucht und Ferdinand bei Kattowitz (Oberschlesien); bei einigen stand noch ausdrücklich vermerkt: aus dem Karolineflöz. Für denjenigen, der die Vasaser Vor- kommnisse kennt, war die Herkunft aus dem Flöz selbst auch so ohne Zweifel; immerhin bildete die Bemerkung eine erwünschte Bestätigung'; und ebenso ist zur Bestätigung dieser Vermutung die Hormanssche Publikation wertvoll, wo es sich auch um karbonische, und zwar ober- schlesische Vorkommen handelt. Das Wichtige an dem genannten Funde ist, daß in demselben Flöz (Karoline) von derselben Grube auch zweifellose Gerölle (Quarzit, Granulit usw.) vorkommen, wie sie aus Oberschlesien durch Stur und Weıss, aus dem Ruhrrevier durch Mentzer u.a. bekannt sind. Dieses Zusammenvorkommen macht es sehr wahrscheinlich, daß es sich, wiein den Stein- geröllen, auch in den »Kugelkohlen« um echte Gerölle han- ! Durch die Freundlichkeit des Hrn. Bergassessor Kurur konnte ich kürzlich in Bochum in der Sammlung der Bergschule karbonische Kohlengerölle aus Nebengestein sehen, die sich schon durch die runzlige, korrodierte Oberfläche sofort von den vor- liegenden, im Flöz vorkommenden unterscheiden. 140 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. delt‘. Nun kommen allerdings bei Vasas die Mugelkohlen nicht mit Steingeröllen zusammen in den Flözen vor; aber dieses letztere kann offenbar nur unter selteneren Umständen der Fall sein; wegen des verschiedenen spezifischen Gewichts werden Torf- oder Kohlengerölle leichter transportiert als Steingerölle, und die ersteren vertragen na- türlich lange nicht einen so weiten Transport wie Steingerölle, wegen des leichter zerstörbaren Materials, aus dem sie bestehen. Bezüglich der Seltenheit der Kohlengerölle sei noch bemerkt, daß diese wohl oft übersehen sind, da sie aus demselben Material wie das Flöz selbst bestehen und nur auffallen, wenn ihre Kohle besonders fest sich zeigt. So mag schon manches Kohlengeröll unter der Hacke oder bei der Sprengarbeit des Bergmanns oder in der Kohlenseparation ungesehen zerstört worden sein, und dies um so mehr, als die Kohlengerölle sonst an den meisten Punkten nur vereinzelt vorkommen. Wir haben zum Schluß noch einige Erörterungen darüber an- zufügen, wie und ob sich die Einzelerscheinungen, die die Mugel- kohlen zeigen, mit der Annahme in Einklang bringen lassen, daß es sich um Kohlengerölle handelt. Zunächst braucht man, meiner Meinung nach, bei dem Namen Gerölle nicht an einen weiten Transport, etwa aus anderen Flözen oder aus entfernt lie- genden Teilen des Flözes, zu denken; es kann sich — und dieser Annahme möchte ich zuneigen — um eine Bedeckung eines mehr oder weniger großen Teiles oder einzelner Partien des jurassi- schen Waldmoors durch Wasser gehandelt haben; das überstehende Wasser ward vom Winde bewegt, und der Wellenschlag allein kann schon solche Gerölle erzeugt haben, die aus festeren Partien der Torfsubstanz bestanden; diese wurde zerkleinert, und festere Bestandteile derselben, die nicht aufgerieben wurden, erhielten durch die Tätigkeit von Wind und Wasser die Geröllform. In dieser Form sanken sie in den Humusschlamm mehr oder weniger tief ein, und dies ist wohl der Grund, weshalb sie sich jetzt als Mugelkohlen in so verschiedenen Niveaus der Flöze finden. Man könnte hier entgegenhalten, daß die Beschaffenheit des Torfes ein solches Einsinken nicht zulasse. Das wäre richtig, wenn man gewiß wäre, daß der Torf der Juramoore die Beschaffenheit unserer heimischen Moortorfe gehabt hat; dies ist aber durchaus nieht ohne weiteres anzunehmen. Vergegenwärtigen wir uns, daß die Juramoorvegetation unter mehr oder minder tropi- schen Bedingungen — wenigstens in unseren oder südlicheren Breiten ! Auch aus dem Saarrevier (Grube Reden) ist uns vor einigen Jahren ein Kohlen- geröll zugegangen, wohl auch aus der Flözkohle selbst, was indes nicht sicher ist, da es erst in der Separation zum Vorschein kam. [ tunen W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 141 — gediehen ist, so liegt es vielleicht näher, als Parallele den Torf eines Tropenmoores der Jetztzeit heranzuziehen, wie wir ein solehes durch Poroxı: nun endlich kennen gelernt haben (Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. Bd. XXX, T. I, 2, S. 379 ff.); hier hat der Torf zum allergrößten Teile durchaus schlammige Beschaffen- heit, und in ihm würden daher solche Gerölle leicht untersinken. Außerdem müßten wir, der oben gemachten Annahme von größeren Wasserflächen auf dem Juramoor folgend, ein Einsinken um so mehr annehmen, als ganz bestimmt die Torfpartien am Boden dieser als seicht vorzustellenden »Moorseen« bis zu mehr oder minder großer Tiefe zu feinem Schlamm aufgerieben sein werden; gerieten die sich wohl am Rande dieser Wässer bildenden Gerölle in den Schlamm hinein, so sanken sie darin unter. Diese Annahme würde auch zugleich erklären, warum nicht anderweitige mineralische Sedimente mit den Geröllen in das Moor hin- eingeraten sind, wie das bei einer ähnlichen Bildungsweise, wie sie unsere Torfgerölle am Seestrande durchmachen, zu fordern wäre. (Eine solehe Miteinschwemmung von Sedimenten wäre man übrigens noch weit eher berechtigt bei den echten Steingeröllen in Flözen zu fordern, bei denen dies erfahrungsgemäß auch nicht der Fall ist, ob- wohl diese wohl ganz sicher von weiterher aus dem anstehenden festen Gestein von Gebirgen usw. stammen.) Es. steht mit diesen An- nahmen keineswegs im Widerspruch, daß die Kohlenbeschaffenheit der Flöze nach dem Liegenden oder Hangenden zu keine nennenswerte, auf diese Verhältnisse zurückgehende Verschiedenheit in der Kohlen- beschaffenheit erkennen läßt; denn natürlich werden die angenomme- nen »Moorseen« nicht dauernd bestanden haben, sondern vor Ein- bettung des Moors ihrerseits wieder verlandet sein, und so wäre kaum anzunehmen, daß wegen der Durchsetzung mit der als Ver- lander auftretenden autochthonen Vegetation die etwa um- gearbeiteten Partien des Flözes dies etwa noch in der Koh- lenbeschaffenheit ahnen lassen. Mag man auch einwenden, daß direkte Analoga eines solchen großen Moores mit solchen größeren Moorseen heute nicht bekannt sind, so kann man dem entgegenhalten, daß, da das Auftreten der Mugelkohlen in dieser Menge wie bei Fünf- kirchen etwas ganz Ungewöhnliches ist, auch die Verhältnisse der Juramoore an den betreffenden Stellen ebenfalls eigenartige gewesen sein werden. Die übrigen Annahmen sind jedenfalls, nach meiner Ansicht, noch viel unwahrscheinlicher und hypothetischer als die unsrige. Einiger Worte bedürfen schließlich noch die Rutschflächen und die schalige Absonderung, die, wie oben erwähnt, die Mugelkohlen 142 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. außen öfter zeigen. Die Rutschflächen dürften es wohl in erster Linie ge- wesen sein, die die Meinung nahelegten, daß man es in den Mugelkohlen mit Druckerscheinungen zu tun habe. Die Entstehung von Rutsch- flächen erfordert aber durchaus keinen erheblichen Gebirgs- druck, wie man vielfach geneigt scheint anzunehmen; die Guilelmiten, manche Inkrustate (Konkretionen) in sehr feinschiefrigen Gesteinen, Muscheln u. a. in feinem Schiefer (Anthrakosien usw.) zeigen oft eine glänzende Oberfläche, ohne nennenswert verschoben oder verrutscht zu sein, so daß zweifellos eine ganz geringe Verschiebung im Gestein genügt, um Harnische auftreten zu lassen; im Hinblick auf die eigen- tümlichen, zweifellos auf anorganischem Wege entstandenen Guilelmiten scheint es fast, als ob in feinschiefrigem Gestein Rutschflächen schon als Absonderungsflächen auftreten. Um noch ein besonders eklatantes Beispiel anzuführen, erwähne ich, daß sich in den Sammlungen der Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt eine Platte aus dem Karbon des Saar- reviers befindet, die auf einer spiegelblanken Rutschfläche einen so empfindlichen und zarten Farn wie Palmatopteris subgeniculata in fast unversehrtem Zustande zeigt! Daß die Kohle besonders zu Harnischbildung neigt, ist ja bekannt, und so genügt der Betrag der Verschiebung, um den die Flözkohle bei der späteren Auffaltung in sich verschoben ist, vollauf und übergenug, um das Entstehen der Rutschflächen zu erklären. Auch die vorn erwähnte schalige Absonderung der äußersten Schicht, die oft an den Mugelkohlen bemerkbar ist, scheint durchaus nicht der Deutung dieser Gebilde als Gerölle im Wege zu stehen. Die ein- hüllende Schale der Mugelkohlen besteht, wie schon vorn bemerkt, ebenfalls aus Kohle, und zwar aus einer Kohle, die sich weder von der Flöz- noch von der Mugelkohle unterscheidet. In dieser Schalen- bildung hat man es mit einer sekundären Erscheinung zu tun, die wohl erst auftrat, als das Flöz selbst mehr oder minder steinkohlig geworden war. Man weiß, daß sehr leicht in der Kohle glänzende Absonderungsflächen entstehen, die Schlechten, die bei der Hereingewinnung der Kohle eine so große Rolle spielen und die auch als das ganze Flöz durchsetzend durch unsere Mugel- kohlen hindurchsetzen. Die Absonderungsschale der Mugelkohlen dürfte bei der Aufrichtung der Flöze entstanden sein, bei der die Einzelteile des Flözes eine gewisse Verschiebung gegeneinander erlitten, die zwar nicht groß gewesen sein mag, aber zur Bildung von Schlechten und Absonderungs- (Rutsch-) Flächen vollauf hinreicht. Man kann sich die Schale etwa entstanden denken nach Art einer Schieferung: Wirkt z. B. auf ein Faulschlammgestein u. dgl. ein Druck ein, so tritt eine Schieferung senkrecht zur Druckrichtung ein. Bei der Aufriehtung inet — W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlentlöze bei Fünfkirchen. 143 der Flöze werden in der Kohle selbst wohl Druckkräfte mannigfacher Richtung ausgelöst sein, die, von verschiedenen Seiten auf die einge- schlossenen Mugelkohlen wirkend, die schalige Absonderung bei diesen hervorgebracht haben mögen. Wie solche verschieden gerichteten Druck- kräfte wirksam werden können, läßt sich leicht einsehen, wenn man bedenkt, daß als eine Kraft z. B. die Druckrichtung der auflastenden Gebirgsschichten, als eine andere die Richtung der aufrichtenden Kraft gewirkt haben wird, die mehr von der Seite her gewirkt haben kann. Diese Druckkräfte' können sehr wohl an den eingeschlosse- nen Gebilden der Mugelkohlen schalige Absonderung her- vorgerufen haben, während man sich eine Entstehung solcher Mugelkohlen, wie Hormans u. a. wollen, auf diesem Wege schlechter- dings nicht vorstellen kann. Warum entstehen denn diese Gebilde, wenn das richtig ist, nicht regelmäßig, wo wir doch aufgefaltete Flöze in Hülle und Fülle haben? Demgegenüber erscheint die von uns akzeptierte Geröllhypothese für die Mugelkohlen weit natürlicher. ! Daß die eingeschlossenen Mugelkohlen nachträglich Druckwirkungen unterlegen haben, geht auch aus der öfters etwas unregelmäßig verdrückten Oberfläche und den oft vorhandenen ebenflächigen Stellen hervor, die sich auch aus Fig. 2 (z. B. an dem in der Mitte liegenden Stück) erkennen lassen. Sitzungsberichte 1910. 12 144 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910. Adresse an Hrn. Gustav von TSCHERMAK zum fünf- zigsjährigen Doktorjubiläum am 3. Februar 1910. Hochgeehrter Herr Kollege! Zu Ihrem heutigen Ehrentage bringt die Königlich Preußische Aka- demie der Wissenschaften Ihnen herzliche Glückwünsche dar. Als Sie Ihre Forschertätigkeit begannen, bewegte sich die Mehrzahl der deutschen Mineralogen noch in dem eng umgrenzten Gebiet, auf das die naturhistorische Richtung der Mineralogie sich beschränkte. Mit erweiterten Zielen betraten Sie schon in Ihren ersten Veröffentlichungen den Weg, den Sie seitdem mit den glücklichsten Erfolgen durchschritten haben. Die Aufsuchung des Zusammenhanges, der die chemischen und die physikalischen Eigenschaften der Mineralien beherrscht, lei- tete Sie zunächst in der Gruppe der Feldspäte zu einem Ergebnis, für das Ihnen nicht nur die Mineralogie zu Dank verpflichtet ist. Auch auf die Entwickelung der Petrographie haben Sie alsbald einen maßgebenden Einfluß ausgeübt. Unabhängig von J. Cur. Fr. Hxsser, dessen Deutung der chemischen Natur der Kalknatronfeldspäte ebenso unbeachtet geblieben war wie seine kristallographische Leistung, er- kannten Sie in jenen Stoffen eine ununterbrochene Reihe von Misch- kristallen, in denen die freie Oberflächenform und die Raumerfüllung stetige Funktionen des Mengenverhältnisses der Endglieder sind. Seit- dem hat jede sorgfältige Untersuchung zu einer Bestätigung Ihrer Auf- fassung geführt. Angeregt durch eine Preisaufgabe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, wandten Sie sich petrographischen Arbeiten zu. In rascher Folge veröffentlichten Sie eine Reihe von Abhandlungen, in denen Sie die Kenntnis der Ergußgesteine des Riesengebirges, der Östalpen und der Karpathen durch vorurteilsfreie mineralogische Unter- suchungen an bekannten oder von Ihnen entdeckten Felsarten unge- mein erweiterten. An einem besonders wichtigen Beispiele gelang es Ihnen schon damals zu zeigen, mit welchem Vorteil die optischen Eigenschaften von Gesteinsgemengteilen zu ihrer Unterscheidung be- nutzt werden können. | | | | EREY Adresse an Hrn. Gusrav von Tscnermax zum fünfrzigjähr. Doctorjubiläum. 145 Frühzeitig widmeten Sie sich der Enthüllung des chemischen Aufbaues von Silikaten, die so beständig sind, daß alle Versuche, einen allmählichen Abbau ihrer Moleküle experimentell herbeizuführen, vergeblich waren. In scharfsinniger Weise zeigten Sie, wie die Wand- lungen, welche die Mineralien in der Erdrinde erleiden, geeignet sind, einen Einblick in die Konstitution von genetisch miteinander ver- knüpften Verbindungen zu gewähren. Einen durchschlagenden Erfolg erzielten Ihre langjährigen, mit wahrer Hingebung durchgeführten Arbeiten über die Gruppen der Glimmer und der Chlorite. Viele Bemühungen, die physikalische und chemische Beschaffenheit dieser in ihrer Zusammensetzung außerordent- lieh schwankenden Stoffe aufzuklären, waren gescheitert an der Un- gunst des Materiales oder an der Unvollkommenheit der Methoden. Eine glückliche Arbeitsteilung ermöglichte Ihnen die Überwindung der großen Schwierigkeiten, die Ihnen hier entgegentraten. Nachdem Ihnen die Entzifferung der komplizierten Kristallgestalten jener Mine- ralien gelungen war, ermittelte Ersst Lunwıs deren chemische Zu- sammensetzung durch die von ihm erprobten oder neu aufgefundenen Verfahren. Auf solche Weise entstanden meisterhafte mineralogisch- chemische Monographien, die eine zuverlässige Grundlage für alle spä- teren Forschungen darbieten. Eine Ihrer Lieblingsaufgaben bildete die Untersuchung der Stein- meteoriten, zu denen Sie die reichen Schätze des Ihrer Verwaltung anvertrauten Hofmineralienkabinetts benutzen konnten. Erst durch Ihre mikroskopischen Arbeiten wurde die große Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung und Struktur dieser kosmischen Gesteine be- kannt. Sie wiesen nach, daß mit der den irdischen Felsarten fremden chondritischen Beschaffenheit gewöhnlich die Erscheinung verbunden ist, daß ein großer Teil der Bestandteile nur in Bruchstücken auftritt. Durch diese Wahrnehmungen begründeten Sie die Vorstellung, daß die Meteoriten Abkömmlinge von Himmelskörpern sind, die in der vulkanischen Phase ihrer Entwickelung zum Teil oder ganz zerstäubt und in Trümmer aufgelöst wurden. Möge es Ihnen, hochgeehrter Herr Kollege, noch lange vergönnt sein, . sich des Aufschwunges der mineralogischen Forschung zu erfreuen, zu dessen Förderung Sie durch Ihre erfolgreichen Arbeiten und durch ihre begeisterte akademische Lehrtätigkeit so viel beigetragen haben. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 17. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. | | | BR: "hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. f willigung der Gesammt-Akademie. 10 Zeilen überschreiten. zugefügt. weise oder auch in weiterer Ausführung, in | deutscher Sprache veröffentlicht sein oder | werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- | lichung dem redigivenden Seeretar vor der Ausgabe in | den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- _ tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnersiaes acht Tage nach jeder Sitzung. j Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben) welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls - Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« Ww issenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht “über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. . i % Abhandlungen der Akademie. Abhendluhgen‘ aus dem SR Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . k » Mathematische Abhandlungen. . . » nr Abhandlungen aus dem Jahre 1908: e Physikalisch-mathematische Glasseä Dr Du: SS, Classen .. .. 0% Branca & ” ” [ ” ” { ” ” h _ Srauve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . » 20 _ Kekure von Stranonıtz: Die Bildnisse des Sokrates . - von Wıramowırz-MorLLenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf EI RE er _ Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schrifttum . . 2.222.202...» ÜLTERIERÜIBULICaN ES ee ee I: _ Loors: Das Glaubensbekenntniss der Hormbnsianer VONSSAardICane Te a Re. I ee _ Warpeyer: Der Processus retromastoideus . . . - Meyer: Gedächtnissrede auf‘ Eberhard Schrader . . von Wiramowırz-MoELLENDORFF: "Nordionische Steine . Scnurz, W.: Gedächtnissrede auf en Pischel. . Philosophische und historische Abhandlungen N te) Vena ala Je Van SE Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Dirıs: Bericht über den Stand des er ademeeken Corpus medicorum antiquorum u.8.w.. . Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . . Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur desOccidents und Orients. 2... a Ener Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correctur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correcturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- ‚sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, TR AU I MIT Fa er LE RR N re A Ka ER Eee N EI AT ER gm u I or RE RE ae 1907, 1908 und 1909. GR Er a 2 Kt Re 2.50 NED 2.— non TEN ee De en 5— und Berliner Refractor. A 2 1 ER RE RLT » 4.— 2.— BER BERLOMEN 6 ERLERNEN? et N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becxu: Die tibetische Übersetzung von Kalidäsas Meghadüta . K. Gorsanovı6-KrAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen 3 N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beckn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik 5 Tr. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen Sn, L. Jaconsonn: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks DEREN 2 ee B. Seurrerr: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe . . . Ey. AM 4—. VI. M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation SEE L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamnss . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Ebenen Kurven Khweichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis "des ‚Jahrgangs na 2 a. De oe ee ea ee Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. A. Tornquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage s E. Regener: über Zählung der @«-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek- trischen Elementarquantums . L. Grunmac#: über neue Methoden und Apparate : zur - Messung v von "Trerschütterungen kleinster Periode (hierzu Taf. VIII) . 3 J. Mirppraep: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria-See bis zu den Kiwu- legen . - Mever: der Diskus von Phaestos und die "Philister auf Kreta . : H. WesesAurt: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia . A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII) van'r Horr: über synthetische Fermentwirkung . . K.Scanipr und W. Schusarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek VAsRren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cer ebrospinalsystema nach der Ausschaltung höherer Theile . G R Er Tosrer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe . ScHoTTkY: über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen ver- bunden sind . e B Re RE Branpr: the Cock in the North . . Hernerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der ran vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ep: Orra: über einige Krebsfragen H. Sımter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B Enger: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr aphische Gliederung des tropischen und extratropischen Östasiens K. Gorsanovid-KrAngerser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) als Träger primitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) EIER 5 E Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märty rer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfk rchen (Pecs, Ungarn) ER EB M 3.— » 4,50 » 2.50 n 4, » 5.50 Be » 5.50 » 5.50 » 4.50 „aD ee ao AM 12.— AM 1— » 1.— en » 0,50 et » 0.50 ee » 0.50 » 0,50 » 0.50 We, we » 0,50 » 0.50 ST » 0.50 » 1— » 050 » 0.50 » 1L- » 0.50 A 0.50 » 1— oe » 0.50 » 1 » 050 d R 1910. IX. X. a R SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 17. Februar. (S. 147) RR. Moxıster: Kyprische Saeralinschrift. (S. 148) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 17. Februar. (S. 165) Mürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. (S. 166) Scuorrkv: Die geometrische Theorie der Arrı’schen Functionen vom Geschlechte 3. (S. 182) ef MIT TAFEL I uno II. {. ‚ ZN E LUNgon f Cs N (. LANE) \Y / Br, KT NY 0 au m BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. I - IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. vw « = Aus $l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften s. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druekfertigeManuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift un as lungen nicht übersteigen. Überschr eitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang. eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. _ Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen [Bere zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf‘ gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem sehrittlichen Kozen inschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akadenie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. - Über die vorapssichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der OR und Einreichung des vollständigen druckfertigen 1 Manuseripts an den zuständigen Secretar TOR an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. er Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Dirdemieh sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Olasse die ER der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung "der » Abhandlungen «, so bedarf dieser Beschluss der "Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. P ar (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) | 1 exemplare und dürfen nach rech zur "Zahl von 200 (im ganzen ‚also 350) abziehen zu lass nie 2 1 e Diean die Druckerei abzuliefer nden Manuseriptemüssen, wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, a s reichende Anweisungen für die Anordnung. des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind di se Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreiehung g des 1 Manuseripts vorzunehme Dasselbe hat sich zu ergewissern, dass der Verfe asser || seine Mittheilung als likommen, druck ansieht. Die. erste Conreller ihrer Mittheilungen bes gen ‚die Verfasser. ‚Fremde haben diese erste Cı ı an das vorl legende Mitglied einzusenden. ‚Die Cor E: Br Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Kaas) en gern a kosten en F ® er je > .) Aus $ 8. u Ei Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhan lu aufgenommenen wisse Ischaftlichen. Mittheilungen, { Adressen oder Berichten werden für die a“ ıfasser, wissense 1aftlichen Mittheilungen, we Druck en en auch fürde ’ Ben Ve er asser "sich a ücklich damit g& 6: exemplare; er ist "indess. b Seal e zu gle 'hem. ecke auf Kosten der Akademie weitere Exempie e bis zur Zu von noch 100 und auf: seine Kosten noch weitere „A n er diess rechtzeitig a hat; wünscht en Abdrucke zu Vertheilun: zu erh 2) der Genehmig ung. der Gesammt- ‚Akademie ode 1 treffenden Classe. ii himitglieder ae Frei exemplare. und d ıfen. nach | rechtzei iger Anzeig ia _ redigirenden Seeretar weitere 200° "Kosten. abziehen lassen. . Von den Sonderahdrue ken aus den a hält ein Verfasser, welcher Mitglied. der A zu unentgeltlicher Verth ıg ohne weiteres 30° exemplare; Ex EN indess bere ehtigt, iz sieichem Zwe von noch 100 a auf seine Kosten noch w tere bis. zur Zahl von 100. (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, : sofern er diess reehtzeitig. dem redigirenden Secı etar an- | gezeigt hat; w ünscht er auf ‚seine Kosten uuet mel y Abdrueke zur Vertheilung zu erh der Genehmigung der Gesammt-Aka ne oa er ben treffenden ER ee er - erhalten 30 Frei- er Anzeige i dem vedigirenden Seeretar weitere ‚100 Exemplare a i Kosten abziehen lassen. ART Eine für die akademischen Schriften ws stimmte wissenschaftliche Be un i in keinem ‚Falle vor ihrer Ausga ie anj Stelle anderweitig, Seines auch. nur auszu $ SITZUNGSBERICHTE 1910. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Dies. *Hr. Stunper las über Strueturverschiedenheiten der Wahr- nehmungsinhalte. An den Sinneserscheinungen unterscheiden wir qualitative, attributive, quantita- tive Theile, deren charakteristische Merkmale der Vortragende besprach. Aber auch die psychischen Functionen weisen ein Gefüge auf, in welchem Theilfunctionen unter sich und mit ihren primären Inhalten nach besonderen Gesetzen zusammenhängen. Ebenso besitzen psychische Gebilde (Inbegriffe, Allgemeinbegriffe, Sachverhalte, Werthe) den einzelnen Klassen eigenthümliche Verknüpfungsformen. Endlich werden in jeden wahrnehmbaren Verhältnisse seine Fundamente, in vielen auch Theilverhältnisse, mit wahrgenommen (Relationstheile). — Anwendungen auf den Substanzbegriff und die Frage des psychophysischen Parallelismus erläuterten die Bedeutung dieses, die Lehre von den Theilen betreffenden, Kapitels der allgemeinen Verhältnisslehre. Sitzungsberichte 1910. 13 148 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. Kyprische Sakralinschrift. Von Prof. Rıcuarp MEISTER in Leipzig. (Vorgelegt von Hrn. von W ıramowırz-MoELLENDoRrFF am 13. Januar |s.obenS. 23].) Hierzu Taf. I und 1]. Die erste Nachricht von der Existenz der hier publizierten beschrie- benen Tontafel erhielt ich durch Hrn. G. Fraxcıs Hırı, M. A., im Briti- schen Museum, der so freundlich war, meine Bitte um nähere Auskunft Hrn. W. James Massv, Kol., der die Tafel in Kypros erworben hatte, zu übermitteln. Hr. Massy schrieb mir darauf, daß er die Tafel dem früheren High Commissioner of Cyprus, Sir Hexry BuLwer, G.C.M.G., geschenkt habe, in «dessen Besitz sie jetzt sei, gab mir aber zugleich im Namen von Sir Hrınrky BurLwer die Erlaubnis, die Inschrift zu ver- öffentlichen, und übersandte mir für beide Seiten der Tafel Photo- graphie und Abklatsch. Ich spreche den HH. G. F. Hırı und W.J. Massy sowie dem Eigentümer der Tafel, Sir Hexxy BuLwer, auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank für ihr freundliches Ent- gegenkommen aus. Über den Fundort hat mir Kolonel W.J. Massy folgendes mit- geteilt: »The fragment was found amongst rubbish in a tomb situate at the S. base of the Northern Mountain range. The site occupied a position with regard to Jastrika (Hogarth’s Aphrodisium) about the same as that of Larnaka tis Lapithou, in regard to Lapithos some thirty miles to the West. The tomb bore a striking resemblance to one near Phlamoudhi, described by Hogarth (Devia Cypria pp. 99— 101) with a sunken Court open to the sky and colonnades, seemingly a form of sepulehre uneommon in that part of the Island.« Aus der Gestalt der Schriftzeichen läßt sich vorderhand bezüg- lich der Herkunft der Inschrift nur das eine schließen, daß sie nicht aus Paphos stammt, da die entscheidenden Zeichen die gemeinkyprische, nicht die paphische Form haben. Die Zeit ihrer Abfassung liegt, da sie den Gebrauch des Artikels noch nicht kennt, vor dem 5. Jahrhun- dert v.Chr. Nach Material, Schrifteharakter und Inhalt erinnert sie R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 149 am meisten an die aus Levkoniko stammende fragmentierte Tontafel im Leipziger Museum für Völkerkunde, auf der Reste eines Festberichtes aus einem Heiligtum des Anönnun Aavxnasörıoc stehen (Sächs. Berichte 1908, 2ff.). Auch die Bunwersche Tontafel ist fragmentiert, doch fehlt nicht allzuviel. Die beiden Löcher nämlich, die, wie die Protuberanz an ihren Rändern beweist, in den noch weichen Ton eingebohrt worden sind, um einen Faden zum Aufhängen der Platte durchzuziehen, be- finden sich fast in der Mitte der längeren Horizontalkante, die danach entweder in ihrer ursprünglichen Länge vollständig erhalten ist oder nur wenig, keinesfalls mehr als ein halbes Zentimeter, verloren hat. Wir können also die ursprüngliche Größe der rechtwinkligen Tafel durch eine Senkrechte, die wir von der Bruchstelle der längeren Hori- zontalkante nachı der Verlängerung der kürzeren Horizontalkante ziehen, annähernd bestimmen und erlangen so für die Ergänzung der Zeilen einen ziemlich genauen Maßstab. Die Tafel ist auf beiden Seiten be- schrieben, und zwar so, daß man sie, wie die Leipziger Tontafel, beim Übergang von der Vorder- zur Rückseite um die eine der Horizontal- kanten umzuklappen hat. Die Abbildungen auf Taf. I und II geben die von Kolonel W.J. Massy übersandten Photographien wieder, die ich, da sie in vergrößertem Maßstab hergestellt worden waren, auf die natürliche Größe der Tafel habe reduzieren lassen. Unter den Schriftzeichen erweckt unser Interesse vor allem das bisher unbekannte, hier zum erstenmal, aber gleich an sechs Stellen der Inschrift vorkommende Zeichen w. Nach seiner Verwendung er- kläre ich es als Ausdruck der Silbe jo-. Die sechs Wörter, in denen es vorkommt, sind folgende: Z. 7. a-po-ro-l-si-jo- Asroaicijw. » 10. ko-ro-ve-vi-jo- XPOFEFIJ@. » 11. a-ku-.ve-u-su-ti-ri-jJo- AÄrvrevcvrPijw. » 12. de-ri-jo- THPijw. » 13. va-ri-mi-jo-ne- Farımijun. » 14. va-ki-si-jo- Fazijw. Abgesehen von Jo- würde zur Lesung dieser sechs Wörter nur noch der Wert o- passend sein. Aber das Zeichen für o- kommt auf der Tafel in seiner gewöhnlichen gemeinkyprischen Gestalt Y dreimal vor, in den Wörtern: Z. 5. mi-ka-la-te.0- Miranaeew. » 8. EH-vo.mu-si-0- AÄtrwnvcio. » 9. &-vi-0o.ne- Aırion. Danach muß das neue Zeichen einen anderen Laut als o- aus- drücken, denn es ist ausgeschlossen, daß für denselben Laut in der- 13* 150 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. selben Inschrift zwei ganz verschieden gestaltete Zeichen gebraucht sein könnten. Bestätigt wird die Deutung als jo- erstens dadurch, daß es sich lediglich hinter ö-Silbenzeichen findet, wie auch die Zeichen für ja- und je- in allen sicher gelesenen Wörtern hinter ;-Sil- benzeichen stehen (Verf., Gr. Dial. II 233 ff.; Horsmann, Gr. Dial. I 190ff.; unsicher sind die Lesungen te-ja-se- GDI. 94; Verf., Gr. Dial. Il 234 und a-po-se-ja- GDI. 114; Verf., Gr. Dial. II 236; Horrmann, Gr. Dial. I 87 nr. 173), da 7 im Kyprischen lediglich als Übergangslaut zwischen ? und folgendem Vokal erscheint; zweitens dadurch, daß am Schluß des Wortes Mıiranaeeo 13, wo zwischen e und wo kein 7 ge- sprochen wurde, nicht das neue Zeichen, sondern das o-Zeichen ge- schrieben steht. Daß sich nicht an allen Stellen der Inschrift die phonetische Schreibung io, sondern in Aırwnvcio 8 und in Aırion 9 die etymologische Schreibung io findet, ist nicht auffallend, da in der- selben Weise die Schreibung zwischen ‘a und ia, ije und ie schwankt (Verf., Gr. Dial. II 233 ff., Horrmass I 191) und zwischen phonetischer und etymologischer Schreibung oft in derselben Inschrift gewechselt wird (Verf., Ein Ostrakon aus dem Heiligtum des Zeus Epikoinios im kyprischen Salamis, Sächs. Abhandlungen 27 [1909], 316 A.ı). Ent- standen ist dieses Jo-Zeichen durch Differenzierung aus dem gemein- kyprischen o-Zeichen, indem der obere Winkel des o- neben den unteren gesetzt wurde. Es gehört sicher nicht zu dem alten Bestande des Syllabars, sondern ist als eine im phonetischen Interesse aufge- brachte Neuerung zu betrachten, die nur in einem Teile des Landes Aufnahme fand, während in anderen Gegenden der Übergangslaut in der Lautgruppe io ohne Bezeichnung blieb oder andere Zeichen für Jo. aufkamen. Bemerkenswert ist die Schreibung Z. 14: va- ki-si-jo. für Fazijw. Während nämlich die Silbe -zı- auf dem salaminischen Ostrakon in der Weise der getrennten Gruppen (katA aıAcracın) geschrieben ist (Ei- vi-ja- ka-si-a-se- Aır jazlac III ı), finden wir sie hier in der Weise der verbundenen Gruppen (kAtA cYaaHyın) geschrieben. Es bleibt also dabei (Verf., Idg. Forsch. 4 [1894], ı85f.), daß bei den Lautgruppen Labial-+ c und Guttural + c der Schreibgebrauch geschwankt hat, nicht nur zwischen der Setzung einheitlicher Doppelkonsonanten und ge- trennter Konsonantenzeichen, sondern bei diesen letzteren auch zwi- schen der Schreibung KATA cYanHYın und KATA AIÄCTACIN. Die Vorderseite trägt ı2, die Rückseite 8 Zeilen. Die Zeichen sind auf der Vorderseite enger als auf der Rückseite aneinanderge- rückt. Auf der Vorderseite beginnt und endet jede Zeile mit einem vollen Worte, auf der Rückseite sind einige Wörter am Zeilenende gebrochen, und zwar ohne Rücksicht auf die Silbenteilung. Divisoren } E ET ERDE Ze u ie wi re R. Meıster: Kyprische Sakralinschrift. 151 stehen regelmäßig, nur Z. ı2 fehlen sie; nicht gesetzt werden sie, wie gewöhnlich, zwischen Präposition und Nomen (Z. 2. 15) und zwi- schen Pronomen und Nomen (Z. 17), hier auch nicht zwischen dem Verbum substantivum und seinem Subjekt (Z. 3. 7). Die Schrift läuft von rechts nach links. Ich gebe zunächst die Silbenzeichen in lateinischer Schrift wieder, die deutlichen kursiv, die undeutlichen stehend, daneben die griechische Umschrift, darauf die Übersetzung. Vorderseite. ZT. 0a=to-To- Aln)aro------ ».2. d-tu-ka-i- in) TYxaı [Azaeall. » 3. e.se-lo-ka.ri-ja- Ac norarıjalcmöc] » 4. la-pa-to.ne- | zo-va.ra- nAalMm)TTAAUN ZwFAP -, » 5. mi-ka-la.te-o- | pi-lo-ta- Miranneew, ®inoaAlmw]|' » 6. a-za-ra-vo.ne- | 20-v0-r0: ÄZAPFÖN ZWFöPW, --- » 7. -P0-r0-Ü-si-jo- | e-se-lo- Asroaıcijw. Ac aölroc] » 8. Ü-vo-nu-si-0- | Ei-ve-i-pi-lo:- Aırwnvcio A,ıreıoinw' » 9. Ei-vi-o.ne-. | a-ri-si-to-se- | Aırion ÄPICTOc, » 10. ko-ro-ve-vi-jo- | a-ri.si.ta- XPorerijü APICTA, » 11. a-ku-ve-u-su-li-ri-jo- | ku-ti- Arvrevcvteijo Kyailma|, » 12. mo-u-ke-se-te.ri.jo-Ü-mi-lo-se- MoykHc THrijw Timiaoc. Rückseite. Z. 13. va-ri-mi-jo.ne- | a.-ra-ko-mi-ne- Farımijjon, ArxominH - » 14. se- | va-ki-si-jo- | a-ri-si-to-ta- c Fazijw ApıcroaA - » 15. mo- | i-te-ka.se- | ka-li.ne- | ta- | mw In) ehkac KÄeın TA(AANTON). » 16. fo-ma- | ve-re.se-e- | e-te- | Aöma Ferchh Han [eıß?] » 17. üi-te- | la-ko-ne- | to-a-ma- ine nax@n TO Amalp i(m)] - » 18. po-ro-se- | e-te- | to-mi- ®oPHicH HAH TÖMIja TI - I (J - » 19. mi-ta-i-se- | i-.te- miaaıc Tae [Tamija?| » 20. pe-i-se-i- meiceı. » Als Andro - -- eponymer Beamter war, in gutem Glück. Es war die Berechnung der Fackeln Sache des Zovar--, Megalatheos und Philodamos gewesen, die des durch Kollekte Gesammelten Sache des Zovoros, --- und Aphrodisios. Es lautete der Spruch des Dionysios, Sohnes des Diphilos: Dion ist bester, Chrovevio beste, Agyveusytrio rühmlich, Moukes(?), Sohn des Terios(?), ehrenwert.« » Varmion und Archomenes aus Vaxos, die Söhne des Aristodamos, haben in der Schatzkammer ein Talent niedergelegt. Das Haus (des 152 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. Gottes?) soll sofort gefegt werden, und der, der diesen Tag durchs Los erlangt hat, soll sofort die Eidopfer den Kampfordnern (hinein)bringen und (der Schatzmeister) soll sie bezahlen. « Die Tontafel ist also in der Zeit vor einem Fest in einem ky- prischen Heiligtum vom Priester beschrieben und öffentlich ausge- hängt worden. Die empfangenen Fackeln und die durch Kollekte gesammelten Geldspenden waren durch je drei Vertrauensmänner be- rechnet worden, und die das meiste gegeben hatten, wurden öffentlich durch Namensnennung mit dreifach abgestufter Anerkennung ausge- zeichnet. Eine besonders hohe Spende eines auswärtigen Brüderpaares wurde mit Nennung des Betrages und der Geber hervorgehoben. Nun sollte sofort die Reinigung des Tempels und die Vorbereitung zu dem mit Wettkämpfen verbundenen Feste in Angriff genommen werden. Z. 1. Der mit A(n)aro- beginnende Eigenname des Eponymos läßt sich ebensowenig wie die Bezeichnung seines Amts genauer bestimmen. Keinesfalls ist sacınAroc zu ergänzen. Denn da infolge der Breite der Spatien in dieser ersten Zeile höchstens sechs Zeichen verloren sein können, zu dem Wort sacınAroc aber fünf Zeichen nötig sind, so würde erstens für die Ergänzung des Eigennamens nur ein Zeichen übrigbleiben und zweitens gar kein Raum sein für die Angabe des laufenden Re- gierungsjahres, die bei der Datierung nach dem Könige (vgl. Edalion GDI. 59, [Horrm. 134]) zu erwarten ist. Nach einem Eponymos, dessen Amt leider nicht genannt wird, ist auch auf der Bronzetafel von Edalion GDI. 60, [135] das laufende Jahr unter der Königsherrschaft des Stasikypros bezeichnet. 2.2. Durch die Ergänzung von a-za-ta-i Azaeai nach der aus Edalion GDI. 59, [134] und Paphos 37, [137] bekannten Formel wird die Zeile gerade ausgefüllt. Z. 3. Wie hier und Z. 7 Ac (als kyprisch schon bekannt, vgl. Verf., Gr. Dial. II 275, Horrm. I 260), so stehen die mit dem »posses- siven« Genitiv verbundenen Verba des Seins und Werdens auch im Attischen sehr häufig an der Spitze des Satzes in der Reihenfolge: Verbum, Subjekt, poss. Genitiv, vgl. z. B. Ectın 5 mönemoc 0Yx ÖTAwN TO TINEon AnnA AATIÄNHc Thuk. I, 83; Erenero MecchnH AoKkPON TINA XPÖNON Thuk. 5, 5; An .. To?ro Tleicänaroy TO xwPion Lys. 7,4; Ereneto ... 6 ErmApnc oYToc Nıkorneoyc Kai Antıkneoyc Lys. 13, 64; Acan En "OnYnew . TINEC MEN @ininToY .. TINEC A& TO? BenTictoY Dem. 9, 56 usw. Das Wort norarıjalcmöc| »Berechnung«, das ebenso wie aor- apıAzw und Aorarıactrkc in der Literatur erst spät erscheint, ist, wie wir hier sehen, in der Umgangssprache schon in alten Zeiten lebendig ge- wesen. Bemerkenswert ist das Fehlen des Artikels in dieser Inschrift. Nach dem vor allem aus der attischen Grammatik uns bekannten späte- nn R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 153 ren Gebrauch würde er bei den Nomina aorarıjalcmöc] 3, nalm)mAAuN 4, AzaprOn 6, nölroc| 7, oAkac 15, Aawma 16, römilja]| 18, [rilmianıc 18f. zu er- warten sein. Der Pronominalstamm 6 To- ist überhaupt nur einmal, und zwar in seiner ursprünglichen demonstrativen Bedeutung verwendet: td Amalp| »dieser« Tag, d.i. der betreffende Festtag. Aus diesem Grunde ist die Tontafel ebenso wie das Ostrakon aus dem Heiligtum des Zeus Epikoinios (a. a. 0. S. 314), das den Artikelgebrauch auch noch nicht in seinem späteren Umfange kennt, für älter zu halten als die In- schriften, die den Artikel bereits wie im Attischen verwenden. Z. 4. nalm)nmAaon. Diese als Geschenke dargebrachten Fackeln dienten wahrscheinlich zu dem bevorstehenden Feste. ZwraPp-. Auf dem abgebrochenen Stück der Zeile würde noch Raum für drei Zeichen sein. Da aber auf der Vorderseite Wortbrechung am Zeilenende nicht stattfindet, so bleibt auf der Zeile gelegentlich nach Wortschluß noch leerer Raum übrig, wie auf Z. 9 und ı0, so daß auch hier möglicherweise nur ein oder zwei Zeichen zur Ergän- zung des Namens fehlen. Unbekannt bleibt, ob das r des Eigennamens dem ersten (vgl. kypr. Zurkc) oder dem zweiten Stamme angehört. Ergänzungsmöglichkeiten bieten sich viele: ZurAr[no|, vgl. Farno-, -Fapnoc in böotischen und thessalischen Eigennamen; ZuwrAr[mw|, vgl. Farımijon (aus Farmion) Z. 13, böot. FArmıxoc; Zwrap[meno]|, vgl. spart. AamApmenoc u.a. 2.5. Mıranae&w. Der Name (Meranöseoc:) Miranöeeoc reiht sich den zahlreichen mit Merano-, Mera-, Mericto- (Fick-BeEcHter S. 198£.) gebilde- ten an. Das für o eingetretene schließende a von MıranaA- ist zu beur- teilen wie z. B. das a in Auma-rennc (Fick-BEcHTEL 84) neben AHmo-renHc. Von größerem Interesse ist das ı der ersten Silbe. Wir finden ı für e in unserer Inschrift noch in i{n) Z. 2. 15, Arxominhc 13/14, KAeın 14; in ist bekannt als die regelmäßige und oft belegte kyprische Form der Präposition en (Gr. Dial. II 209; Horrm. I 161); kyprisch steht ferner mi (für me) Kkareenke GDI. ı. 2 [Horrm. 59. 60], Karteeıcan (für Kate- eecan; die Annahme [Ostrakon S. 318] einer »umgekehrten Schreibung« für KaTeeıan: Kateeıjan ist unnötig) GDI. 20, [72]; das kyprische Ad- jektiv mıanöon »grau« (Hesych) gehört zu rreniöc riennöc menianöc (Gr. Dial. I 211); der phönizische Melekjatan wird kyprisch MıniKjAton GDI. 59 [134] geschrieben; das e der kyprischen Namen "EaAnıon und Kerion wurde von den übrigen Griechen durch ı wiedergegeben. Dar- aus erkennen wir, daß kyprisches e so geschlossen klang, daß es in phonetischer Schreibung durch ı wiedergegeben wurde, bei der Prä- position in regelmäßig, in anderen Wörtern sporadisch. Der durch folgenden Vokal veranlaßte Übergang von e in ı ist hier beiseite zu lassen; ebenso lasse ich den Übergang von e in ı vor folgendem c+ Konsonant außer Betracht, weil der möglicherweise unter dem 154 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. Einfluß des folgenden s-Lauts eingetreten ist. — Die im Kyprischen nachgewiesene geschlossene Aussprache des e gehört zu den aus vor- einzeldialektischer Zeit erhaltenen Eigentümlichkeiten, die der kyprische mit dem arkadischen Dialekt gemeinsam hat. Genau so wie im Ky- prischen erscheint ı für e im Arkadischen regelmäßig in der Prä- position in (Gr. Dial. II 90, dazu viele neue Beispiele in der Aleain- schrift SorLusen, Inser. sel.’ ı, in den archaischen Inschriften von Man- tineia Bull. de corr. hell. 16, 569ff., 576ff., in dem Synoikievertrag von ÖOrchomenos, Ath. Mitt. 34 [1909], 237 ff., in dem Schreiben aus Megalopolis Inschriften aus Magnesia am Mäander nr. 38, in ÄMATA TIÄNTA Tegea Bull. de corr. hell. 17, 12, nr. 18, immacın Lusoi Österr. Jahres- hefte 4, 71 nr. 6), sporadisch in anderen Wörtern (Mantineia Bull. de corr. hell. 16, 569f.: Amvaeaomin[oc]| Z. 19, Arexominoc Z. 20; Synoikie- vertrag von Orchomenos: "Erxominioı © 12. 22, mPoAeaıkacmilnjac A 11, Alıalswaercaminoc A 26, Ton “InvAnıon TON ArHa O 9. 28). Derselben Vor- zeit und derselben Heimat wie das arkadisch-kyprische in usw. schreibe ich auch das in Vaxos und Eleutherna herrschende in zu (vgl. Vaxos {nantı GDI. 5125,, In Taicı,, In ANTPHIOI, „„, Ina&men „, Eleutherna inAmeln] GDI. 4954,; da aus keiner anderen kretischen Stadt in bekannt ist, gehört wahrscheinlich auch das nicht genauer zu, lokalisierende kre- tische Asyliedekret GDI. 5148 = IG. II 547 mit seinem in Ameraıc TPıcin,g neben en TAı,, nach Vaxos oder Eleutherna), ebenso wie das in Vaxos neben in vorkommende icc (ic) e. acc. (icc TE TAN EKATÖNBAN GDI. 5125,,, ic TA ovmata 5128,,,, Ic-- 5126,). Es gehört dieses in (fc) mit der Lautgruppe nc zu den Resten des äolischen Dialekts der ersten griechischen Kolonisten Zentralkretas (Verf., Dorer und Achäer I, S. 64), die, wie wir aus den zahlreichen Übereinstimmungen zwischen Zentralkreta und Arkadien in geographischen Namen, Sagen und Kulten schließen dürfen (vgl. Horex, Kreta ı, 342ff.; W. Scnuzze, Berl. Phil. Woch. 1890, Sp. 1436f.; Disserr, Quaestiones Coae mythologae S. 9 A. ı), peloponnesische Äoler waren. — Der mit dem kyprischen vielfach zusammengehende pamphylische Dialekt hat i{n) ce. dat. und ic c. ace. wie der von Vaxos nebeneinander (! mörı Sillyon Z. ı 1, icreze 2.27, ec mönın 2. 4, Tc epemnı Aspendos GDI. 1260, ic ıypro 1261, vgl. Verf., Sächs. Berichte 1904, 23). — Daß im böotischen Dialekt e geschlossen gesprochen wurde, erkennt man aus der in den Inschriften sporadisch angewendeten phonetischen Schreibung eı für e (vgl. J. Scmupr, Voka- lism. ı, ı12; KZ. 27, 295 A. 3; Verf., Gr. Dial. 1 242ff.; W. Scaurze, Qu. ep. 44. 165; Krerscuuer, Vaseninschr. 136; Verf., Sächs. Berichte 1899, S. 146; San£Er, De Boeotiae tit. dial. S.219): Meneıkpätnc Tanagra IG. VI 1203, Eyreıriac Akraiphia 2730, Factymeiaontiw ebd. 2730,, TTeıirtonoc ebd. 2724b,, Knriceeinioc, und Aamozeinw, Hyettos 2813, 'Oseineimw Le- — on ou 2 R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift. badeia 3068, ,..; Antiecırn ebd. 3082,, Zenareitw Akraiphia 4157,. — # Daß auch im thessalischen Dialekt e einen dem ı ähnlichen Laut " bezeichnete, wird durch den sporadischen Wechsel beider Vokale in den Inschriften wahrscheinlich gemacht: -ın für -en steht in den En- dungen der 3. Plur. eräzaın Phalanna IG. IX, 2, 1229,,, Aneseikaın Phar- 5 salos 237, gegenüber den Endungen öneeeikaen ebd. 244,, €aoYkacem mA ebd. 234,, Enesaniccoen Larisa 517,. (vgl. kypr. [KAsen:| KAsın auf unserer Tontafel); e im Sinne von ı in martrovean Pharsalos 234, (Gr. Dial. I 294); dagegen lasse ich «pennemen Larisa 517,, YBPECTAC B- ebd. „,, Areneveereceenca Pherai 414 (oft) hier beiseite, weil möglicher- weise die Nachbarschaft des pr in diesen thessalischen Formen wie in lesb. Armorpetw Mytilene IG. XII 2, 74 Z. 9, EZanapear (?) ebd. Z. 10 $ und in elisch möner eine Umfärbung von ı zu e herbeigeführt hat r (W. Scnurze, GGA. 1897, 904; Brucmann, Gr. Gr.’ 68; KRrErTschMER, { Entstehung der Koine S. ı1). — In andern Dialekten läßt sich die Sehreibung ı (eı) für e vor Konsonant — abgesehen von ı (eı) für e vor c+ Konsonant — nicht leicht in etwas größerem Umfang finden. Wenn in einer lesbischen Inschrift mit Dialektfärbung aus der Zeit der Antonine ic Mytilene IG. XII 2, 68, neben eic,, [ejic, und &c,; steht, so ist dieses ı wohl als Itazismus anzusehen Im attischen Dialekt steht die Schreibung Meimnon auf einer Vase ganz. vereinzelt (Krerscnwer, Vaseninschriften 136: »Meinnon findet überhaupt keine Parallele im Attischen«); ic auf zwei attischen Bleitäfelchen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. (Wirnern, Österr. Jahresh. 7, 95. 102) geht wohl auf eic zurück (» Vorstufe des Itazismus« WAckernaczL, ldg.F. 25, 331); - wahrscheinlich auch ic in der Bauinschrift aus Epidauros IG. IV 1484,,, die aus ungefähr gleicher Zeit stammt, und in der rhodischen Inschrift IG. XII ı, 3,; über den Dialekt des Bleitäfelchens aus Dodona GDI. 1582, das ebenfalls ic, enthält, läßt sich nichts Bestimmtes sagen. Jedenfalls zeigen nur die fünf Dialekte von Kypros, Arkadien, Vaxos- Eleutherna, Böotien und Thessalien die angegebene Schreibung in so gesicherten und verhältnismäßig zahlreichen Beispielen, daß wir aus ihnen Sehlüsse auf die Aussprache des e in den betreffenden Dialekten ziehen können. Wenn wir das angeführte Material prüfen, ob sich aus ilm gewisse äußere Bedingungen für den Eintritt einer z-ähn- lichen Aussprache des e erschließen lassen, etwa Tonlosigkeit (vgl. J.Baunack, Sächs. Berichte 1893, 118; Sornsen, KZ. 34, 45 1f. u.a.) oder Nachbarschaft bestimmter Konsonanten (vor n Brusnmans, Gr. Gr.’ 67), so ergibt sich kein für alle Fälle passendes Resultat. Der Erklärung durch Tonlosigkeit z. B. widerstrebt kypr. Arxominhc, (Kerion:) Kition arkad. Anvaeaomin|oc], Arrexominoc, böot. Kaiceeinioc, Anmozeinw, ZEna- peitw, der Erklärung durch den Einfluß eines folgenden n kypr. Mı- Se rt BT ee rer I" N a 156 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. TAnABEW, Mi, KATEBICAN, TIIANÖN, MiniKjAtwn, ("EaAnıon:) "laAnıon, böot. EYreı- Tiac, Factymeiaontiw, TTeipitonoc, "Oveineimw, ÄNTIecITH, Zenareitw. So werden wir bis auf weiteres uns begnügen müssen, im allgemeinen dem e der genannten äolischen Dialekte eine geschlossene, dem i ähn- liche Aussprache zuzuschreiben. Nun erinnern wir uns, daß im ky- prischen, arkadischen, thessalischen und böotischen Dialekt die De- monstrativa One, önı, öny gebräuchlich waren (Verf., Idg. F. 25, 312ff.): jetzt sind wir berechtigt, diese Dreiheit auf eine Zweiheit zurück- zuführen, auf öny, zusammengesetzt mit der Partikel nv, und öne, zu- sammengesetzt mit der Partikel ne, die mit gr. nA, nal, lat. -ne, ne, nae, ai. nd-nd, ar. -na verwandt ist und in den genannten äolischen Dialekten ähnlich wie ni gesprochen wurde, so daß sich der Unter- schied der vier Dialekte im Gebrauch von ne und ni (kypr. ne, arkad. ni, thessal. ne, böot. ni) als ein nur graphischer erweist. Das Pam- phylische verwendet die Partikel (ne:) ni, die dem arischen Imperativ- affıx -na entspricht, genau so zur Verstärkung von Imperativen, wie der homerische und ionische Dialekt die Partikel nv. - Beide Verwen- dungen aber der Partikel ne: ni, die deiktische wie die imperativ- verstärkende, teilen die genannten äolischen Dialekte mit der phry- gischen Sprache (Verf., a.a. O. 315 ff.), mit der sie auch die ge- schlossene, dem i zuneigende Aussprache des e gemeinsam haben (ER OREHeE 2.6. Azaprön »des Gesammelten« im Sinne von TON ÄrEPBENTWN (seil. xpHmArton). Azapröc steht kyprisch für *"Arap-Fö-c »gesammelt« mit z für r vor a wie kypr. Azaeöc »gut« GDI. 59, [134]; 37, [137] für äraedc und zA »Land« GDI. 60; ‚, .,z [135] für rA; es ist abgeleitet von (Arap-:) Azar-, der Schwundstufe des Stammes Arer- »sammeln«, der in Areipw, Arepmöc, ablautend in ArorA, mit Schwundstufe in (*Ärar- cıc:) Arappıc »Volksversammlung« Neapel IG. XIV 759, 15, AÄrAPPIC' Aeroicıc Hes. vorliegt (daneben auch Ärercıc, Arorcıc [manArorcıc Alea- inschrift Sorusen, Inser. sel.’ 15, ,„.]’ Arorrıc Hes., Ärvpmöc usw.), und gebildet mit dem Formans -ro-. -Fo-Adjektiva kann man in vielen Fällen als Verbaladjektiva (Partizipia) bezeichnen (Brucmans, Grdr. II? 1, 202). Bekannt ist, daß Beiträge für Tempel vielfach durch Priester- kollekte gesammelt wurden. Solche Kollekten (Arerceıc) werden der "Ar- temic Bovansöroc in Milet bewilligt in einer Inschrift aus dem 4. Jahr- hundert v. Chr. (DirTEnßErGer, Syll.’ 660), dem Priester der Isis in Samos (ebd. 666), der Priesterin der Artemis Pergaia zu Halikarnaß (ebd. 601,.). An dieser zuletzt genannten Stelle heißt es: mo1eicew A& H iepeıa Kae EKÄCTHN NOYMHNIAN ETTIKOYPIAN YTIEP TIÖAEWC, AAMBÄNOYCA APA(X)MHN TIAPA TÄC mönewc. En W (A)& Mmun! Hevcia |[c|ynte(n)eitaı H aHmoTenHc, Areıpetw rıpö (T)AC ey[cijac HmMEPAC TPEIC, ETT OiKIAN MH TIOPEYOMENH ' Ö A& ATEPMÖC ECTW TÄC IEPEIAC. R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift. 157 Eine gemeinschaftliche Kollekte für Tempelzwecke wird den beiden Städten Lebadeia und Akraiphia durch ein Trophoniosorakel empfohlen IG. VII 4136 (Dittengerser, Syll.’ 557; Leges Graecorum sacrae Il ı ed. L. ZiIEHEN nr. 70): Kannıkniaac Aokpöc Ecc "OTTbENTOC KATABÄC EN TPEsWNION ANANreIne NetAacelan Tol Al Toi Bacınelı Äneemen Kh ToI TPeswniol, KH AxPpHeıa Tol Amönnonı Tol TItwiv, KM Mel AAIKIMEN MEIAENA OYTÜC!. OYTWC AE AÄTIPEMEN AMGOTEPWC TÄ TEPÄ XPEIMATA KYNÄ €o OYrIH KATÄ TIÄCAN XWPAN KH TON ATONA IAPON KATATTENNEMEN'" ÖCTIc A Ka TO Aıdc TO Bacırneloc ETTIMeNEIBEIEI TO NA, TON CTESANON YcetH. Hier erfahren wir, daß die bei der Kollekte für die Tempel gezahlten Gelder als ierA xPpHmara bezeichnet werden und daß den Spendern dieser ierA xpAmara dafür Gesundheit verheißen wird; anderwärts heißt es bei einer Kollekte, die zur Auffütterung eines Opferstiers verwendet werden soll (0. Kerx, Inschriften von Magnesia nr. 95 Z. 61; DirrTENBERGER, Syll.’ 553): Areto AE 6 EPFOnABHCAC TON TAYPON EIC THN ATOPÄN KAl ATEIPETW TIAPA TE TON CITOTIWAON KAl TIAPA TON ANAWN ÄTOPAIWN Ö ÄNHKEI EIC THN TPO®HN, KAl ÄMEI- NON Einaı Toic alao®cın. Aber noch in einer andern Weise wird die Gebelust bei der Kollekte der ierA xp#mata erregt: es wird den Kol- lektanten in dem Trophoniosorakel empfohlen, sie sollten auch Tön ArOÖNA TAPON KATATTEnMEMen. Damit kann nicht die Ankündigung der TTroia gemeint sein, was ZıEHEN, a.a. 0. S. 213, wenn. auch nicht ohne Bedenken, annimmt: »verba K4 TON Ar@nA IAPON KATATTEANEMEN, QUAM- quam Apollo Ptoius non nominatur nee spondere ausim, utrum ipse Trophonius certamen Lebadense (Bacineıa) an Acraephiense dixerit, poterant tamen utique ad Ptoia referri.« Wenn die TTroia von Akrai- phia oder wenn die Bacineıa von Lebadeia gemeint gewesen wären, so hätte das betreffende Fest, da die Kollekte und Ankündigung von den Akraiphiern und Lebadensern gemeinsam unternommen wurde, bestimmt genannt werden müssen, und weder der Gott noch die Ge- meinde von Akraiphia durfte die Auslegung, welches der beiden Feste mit den Worten Ärün iarpöc gemeint wäre, dem Belieben der Hörer oder Leser überlassen. Wenn aber beide Feste, die TTroia und die Bacineıa, die völlig getrennt und verschieden voneinander waren, an- gekündigt werden sollten, so mußte notwendig der Plural gebraucht werden. Das hat mit vollem Recht Dirrengereer a.a.0. zu dieser Stelle bemerkt: »Cum de duobus deis itemque de duobus oppidis dicatur, singularis mirus videtur, nisi statuas Basileis Lebadensium sublatis Ptoia ambarum eivitatium communia facta esse. At eius rei in reliquis eiusdem argumenti titulis ne levissimum quidem exstat ! Daß oYTtwc nicht etwa Adverb ist, wie DirresBerger meinte, sondern der böotische Akkusativ des Pronomens, hat schon Zıenen angemerkt. Der Akkusativ steht hier als Objekt, gleich darauf als Subjekt. 155 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. vestigium.« Der Aron iarpöoc muß sich demnach auf etwas andres be- ziehen als auf die in Akraiphia und Lebadeia gefeierten Feste. Unsere Tontafel gibt darüber Auskunft. Man verband zuweilen mit diesen Tempelkollekten einen Aron ieröc, bei dem diejenigen, die das meiste gegeben hatten, durch öffentliche Namensnennung ausgezeichnet wur- den. Daß auch ein solcher Wettstreit in der Mildtätigkeit und Opfer- freudigkeit Aron genannt werden konnte, bedarf keiner weiteren Aus- führung. Jeder Wettstreit verschiedener Personen um Preis oder An- erkennung kann als Aron aufgefaßt werden, nicht nur bei gymnischen und musischen Leistungen, vgl. Isokr. Paneg. e. 12: Erı a& Arünac TAein 0Y MONON TÄXOYC Kal PWMHC AnnÄ Kal AOTWN KAl TNWMHC Kal TON AnAWN EPFWN ÄTIANTWN, und wie einen AnHeelac Aran konnte es auch einen Aron eYceseiac geben. Aus dem Zeusheiligtum von Lebadeia und dem Apollonheiligtum von Akraiphia werden sich also infolge des Tro- phoniosorakels zwei Priester, von jedem Tempel einer, zusammen auf die Reise gemacht haben, und der für den Tempel des Zeus Basileus zu Lebadeia Einkassierende (öctic a€ ka T® Aıöc T® Bacıneloc Ertimenei- oeleı TÖ naw) wird zur Auszeichnung und zur Unterscheidung von dem Priester des Apollon aus Akraiphia auf dem Haupte den Kranz ge- tragen haben (TON cr&sanon YcetH), während der Apollonpriester neben ihm auf dieser Fahrt statt des Kranzes nur die Priesterbinde trug. Wo sie hinkamen, forderten sie mit Berufung auf das Trophonios- orakel dazu auf, den beiden Tempeln TA ierA xpämara zu spenden, indem sie den Spendern zum Lohne Gesundheit verhießen und einen Aron jeröc unter den mildtätigen Gebern ankündigten. Nach ihrer Rückkehr wurden in jedem der beiden Tempel nach Ablieferung, Buchung und Vergleichung der einzelnen Zahlungen die Namen der Geber, die aus diesem Aron Teröc als Sieger hervorgegangen waren, öffentlich bekanntgemacht. Wir sehen aus unserer Sakralinschrift, daß die an Stelle der Preise verliehenen Belobigungen entsprechend dem Arıcreion, AeYTereion, TPıTeion dreifach abgestuft waren: das dem Apıcreion entsprechende höchste Prädikat ist Arıcroc (seil. rrPöc TON eeön), das einem Mann und einer Frau verliehen wird, das zweite KYaımoc, das eine Frau, das dritte rıminoc, das ein Mann errungen hat. 2.6. Zuwrörw. Ich stelle Zuo-roroc zu kypr. "Onaci-oro Athienu GDI. 75 [150], vgl. Verf., Gr. Dial. 1 ı61, Fıck-BeEcHteL 131. 2.8. Aıreıeinw, vgl. kypr. Aıreieemic Edalion GDI. 60,, [135]; Genitiv Arreieemiroc Skarabäus gefunden bei Poli tis Chrysochou Ho- GARTH, Devia Cypria S. 9; Pıerripes, Journ. of Hell. Stud. 16 [1897], 272f., auf einem silbernen Kessel aus Kurion (Verf., Gr. Dial. II ı80 nr. 52b, Horrm. 121) nach Harz &-ve-i-te-mi-lo-se- (Asreıe&mitoc nach arkad. Arıcroeemitoc GDI. 1194 W. Scuurze, Berl. Phil. Woclı. 1890, Da R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 159 Sp. 1472; ist Aırcieemiroc zu lesen?). — In Arreıelnw sehe ich den Genitiv des Vatersnamens, denn den »Spruch« kann doch wohl nur einer sprechen, und zwar halte ich diesen einen nach seinen stolzen Namen für den Priester des Heiligtums. 2.9. Aırlon, hier zum erstenmal belegte Grundform des Eigen- namens Aion (Fıck-Beenuter 98). 2.10. XProrer:jo, ein bisher unbekannter Frauenname. Ich zer- lege ihn in XPore-rijo und bringe den ersten Stamm in Zusammen- hang mit xroYc »Haut« (der Nominativ xro?c wird als ionisch von Herodian I40o1. 1 921 zitiert, Gen. xroöc, Dat. xrol, Akk. xpöa und xpo?n Herodian II 706 [667 |), xro(r)-ıA »Farbe«, den zweiten mit rion » Veilchen«, also » Veilchenhaut« oder » Veilchenfarbe«, wie Fi-ansemic bei Alkman (Fıck-BeEonter 129) oder wie Meni-xpwc, EY-xpoyc, Menarxpoc (Fick-BEcHTEL 292). 2.11. Arvrevcyrtrıjo, ebenfalls ein neuer Frauenname. Ich teile Arvyr-evcytreijo. Ary- liegt auch in den Eigennamen Arv-Aarxoc und Arvaloc vor (Fıck-Becnter 45); das folgende Digamma ist der Aus- druck des Übergangslautes, der zwischen u und den Vokalen a, e, o im Kyprischen gehört wurde, vgl. kypr. KateckeYrace,, l’Epyroc, Evra- röpo, EvrAln)eeoc, Eyreneun (Verf., Gr. Dial. II 246, Horrsu. I 1ı95£.). Ist mit dem zweiten Teil dem Sinne nach der Name des Böoters EY- cvroc (Fıck-BeenteL 257), der Bildung nach mErrioc, AnetPpıoc u.a. zu vergleichen? Z.11. xvailmal. Der Teil des letzten Zeichens, der vor dem Bruch noch sichtbar ist, paßt zu der Ergänzung ma, vgl. das Zeichen ma- auf Z.16 und den erhaltenen Rest auf Z. 17. Z.ı2. Der Eigenname des Mannes scheint ungriechisch zu sein; Movx«nuc habe ich nur beispielsweise geschrieben; er konnte nach den Silbenzeichen auch Moyruc, MoyxHuc, MwyYkHc usw. heißen. Auch die Umschrift des Namens THrijo, bei der ich an Namen wie T#APrHc, Turiac, Tupevrc (Fıck-Beenten 265) gedacht habe, ist unsicher, denn es ist auch OHrijw (vgl. OArıc, OHricaAc, OHpimaxoc, OHpimenHnc Fick-' BEcHTEL 146) möglich. — Tıminoc im Sinne von Timıoc, bisher noch unbekannt, steht zu TımA, wie z. B. örprinoc zu öPrrf. 2.13. Farımijon ist aus Farmijon, was hier zu lesen die Schrift- regeln verbieten, mit Vokalentfaltung entstanden, wie att. "EremAc aus "ErmAc, [To]pororc aus Forro®c, tarent. TöPonoc, lak. ToPonevTöc aus TöP- Noc ToPneYTöc, elisch Canamona aus Canmona uUsw., vgl. BruGmann, Gr. Gr.’89. Der kretische Name Farmiwn aus Vaxos, der hier zum ersten- mal auftritt, gehört zusammen mit dem böotischen Namen Färmixoc aus Hyettos IG. VII 2809. 2820. 2830. 2832, Patronymikon Farmixıoc ebd. 2809. — Über das ı von Arxominnc s. oben 8. 153ff. 160 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. 2.14. Fazijw ist bemerkenswert als Zeugnis für den Dual im Kyprischen. 2.15. I({n) eäkac »in die Schatzkammer«, vgl. Hes. oAkaı‘ oi Amö- eeroı nömoı (wobei nömoı für noFm(m)oı gebraucht ist nach dem Antiatt. BExK. p. 109, 24: nömovyc TO NÖMIcMA, oYc oi ITanıkol NOYMOYC KAnOFCIN); ehkia (»suspeetum. Malim eAkaı« M. SchmiDT)' TA ENnTAsIa. AHnoi A& Kal @HCAYPÖN. 2.17. KAeın »sie legten nieder« für kAsen nach S.153, altertüm- licher (vgl. Brusmann, Gr. Gr.? S. 351f.) als «ateeıjan Edalion GDI. 60,, [135] und (kateeecan:) Kateeıcan Poli tis Chrysochou GDI. 20, [72], vgl. arkad. Anesen Tegea GDI. 1230 und An&eean Mantineia Bull. de corr. hell. 20 [1896], 133 nr.7, besonders altertümlich durch die Augmentlosig- keit, die kyprisch hier zum erstenmal belegt, häufig nur noch in der homerischen und der von ihr beeinflußten poetischen Sprache vor- kommt; in prosaischer Rede war sie bisher nur in den alten lesbi- schen Vaseninschriften aus dem ägyptischen Naukratis, die E. GARDNER, Naucratis II Kapitel VIII herausgegeben hat, in der Widmungsformel (6 AcinA) me KÄeeere.. gefunden worden, auch da nicht unbestritten, da O. Horrnasn, Gr. Dial. II ı1ı5 ff. vorzog, mit Elision und Augmen- tierung vor der Präposition (wie bei Alkaios 132 in EcvnÄken) Mm EkAe- eeke zu lesen: jetzt wird nach Bekanntwerden des kyprischen kAeın wohl auch an das lesbische KAeeeke zu glauben sein. — Ich habe bei der Umschrift «Aeın, nicht xKAe(e)ın gesetzt, da sowohl im kyprischen wie im arkadischen Dialekt vor Konsonant nur kA bezeugt ist, nicht KAT-, geschweige denn Kata. Vgl. die kyprischen Glossen KABAH, KArPA, KAKÖPAC, KÄNEXEC, KATIÄTA, KATIATÄC, INKATIATAON (Verf., Gr. Dial. II 284; Horrn. I 310); die Glosse Karkeinaı' kataköyaı. TTAsıcı, die ich früher (a. a. O. 260f.) aus "Kat- keinaı ableitete, während Horrmann eine Kor- ruptel aus kakkeilp]aı vermutete, wird wohl richtiger von M. Scumipr und J. Baunack, Curt. Stud. 10, III aus ka- Kteinaı erklärt. Im Arka- dischen steht in der Aleainschrift (Sorısen” 1,), in der die Konso- nantengemination (KATannAcce,) ausgedrückt wird: KAKEIMENAY,,; in dem Synoikievertrag von Orchomenos (Ath. Mitt. 34 [1909], 237 ff.; Zeit etwa 300 v. Chr.): kA T|äm]er A 3/4, KA TayrA A 30; in dem Gottes- urteil von Mantineia (Bull. de corr. hell. 16, 569 f.), in dem Konso- nantengemination bald ausgedrückt (Beölk]occmoc, Arıcctömaxoc, AAcacc- BA, AIKACCTAI, TOPPENTEPON [zweimal], rönnv, € cc Toi [rerroı) — die Rechtfertigung dieser Lesung werde ich an andrer Stelle geben —, mpoccearenec [zweimal]), bald vereinfacht ist (&Ac(c)ac, EaıkAc(c)amen, Anla)Azaı), steht nach KA (ka-) niemals Doppelkonsonant: KAKPIine,,, KA- KPIBEE „„, KA TOPPENTEPON „275 KA TÖNNY,,. R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift. 161 Z.15. TA(nanton), ebenso abgekürzt Edalion 60, ,, [135]. Hin- ter dem Divisor kann noch ein Zeichen auf der Zeile gestanden haben. 2.16. aöma für den Tempel wie auch anderwärts, z.B. in der arkadischen Aleainschrift, SoLMSEN” I,,: ei K’ Em AömaA Tı?P Erioice Kran. 2.16. FerchH »soll gefegt werden« von rercw »fege«, lat. verro (Fick, Vgl. Wtb. I* 550), bisher nur aus dem homerischen Aro(Fr)ercw »fege weg, reiße weg« bekannt: &nea me KPm’ Aröerce TIÄPOC TÄAE EprA reneceni Z 348; ON PA T” Enaynoc ÄTIO(FJEPCH xeımönı TIEPÖNTA P 283; MH Min ATIO(F)EPCEIE MErac TIOTAMÖC BABYAINHc ® 329. Zu dieser Stelle (® 329) bemerkt der gelehrte Scholiast (schol. A): Kyrr'ion H nezıc, und unsere Inschrift bringt die Bestätigung. Die in den homerischen Aorist- formen erscheinende Vereinfachung des vorgriechischen ss hinter Kon- sonant ist gemeingriechisch (Brucmann, Gr. Gr.” S.119. 130); mit Arrö- (FJerce aus *-rerc-ce vgl. z. B. Tercaceaı aus "TErc-cacenı ZU TEPCOMAI. Der Passivbildung nach stellt sich rercäH zu den homerischen Infini- tiven TepcAnaı, terchmenal, der Konjunktivbildung nach zu arkad. KakPpı- eee, Mantineia Bull. de corr. hell. 16, 569f. Z.15, böot. kov|plweeieı Aigosthenai IG. VII 207,,.,, nenixeeieı Orchomenos GDI. 483,,, [IG. VII 3172], Ermmeneieeieı Akraiphia IG. VII 4136,, hom. aamAH mirfuc sAnhH usw., der Endung nach zu i(m)eoräch 2.18 und zu kypr. aYcH, &zopyzH, arkad. &xH, TYrxÄnH; KATYCTÄCH, TIOCKATYBAAYH; Ecaooh; Erroice, Ectrepäce, INGOPBIE, KATAANACCE, AETE, NEME, TIAPAMAEEYE, TYxe (Verf., Gr. Dial. II 278. ı12; Sächs. Berichte 1889, 94; Horru. I 260), mapenen Lykosura Ee. Apx. 1898, 249 ff. Z.8, DirtengerGer, Syll.” 939, KakPine, Kakpıece Man- tineia Bull. de corr. hell. 16, 569f. 2.14.15. Der Konjunktiv steht als Befehlsform (rerc#H, i(m)eorAcH) wie im Elischen (Verf., Gr. Dial. II 71; Brucmann, Gr. Gr.’ S. 500). Z.1ı6. Nach Han steht ein Divisor, dann der Rest eines Zeichens (ti-?), nach dem auf der Zeile noch ein anderes Zeichen Platz hatte; etwa [ti-o-] = [eıö]? 2.17. ta& »und«, ebenso auf Z. 19, wie kyprisch Edalion GDI. 60,..16.2475 [135] und wie bei Homer. Z.17. nAaxon TÖ Amar] »der, der diesen Tag durchs Los erlangt hat«. Die Sache wird klar durch die folgende rhodische Inschrift (IG. XI ı, 3; Dirtengerser, Syll.’ 549): [&aozen TOı a]Amwı En TA Er(K)AH- cla En T®ı APTAMIıTiwı MHNI' TO[n ÄNAPÖN, oltJınec EHCEFNTI KAl TIWAHCEFNTI TO EnAloN Ic ul) TYMNACION Aleeönwc KAl ÄNETTIKWAYTWC TIOIOYMENOI TÄN selcın, ÄNATPAYAI| (Ö)cac Ka EKAcToı AAXWNTI ÄMEPAC ApzAMmEeno|Yc As’ Ac Ka 5 IepeYc ö] META EYKPATH IEPATEYH MExPı OecMosoploy TPitlac, Onwc TO noım]ön Emmi [M Tolc TPorerpammenoıc reinHtaı Ä eecıc Kal Ä TIW@aHcıc TTAPA TON] AAXöNTwN 162 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. KAl TIPOTETPAMMENWN ÄNAPÖN HA Yır AY|TON TAxeenTwNn' TION A& AAXöNTWN TA ÖNÖMATA db TPAMMATEYC [ÄNATPAYATW, Kal] TIOTIrPAYAC EKACTW TÄC ÄMEPAC Äc KA EKACTOY nAxH ÖNoMm[A EK TO? TI|MAMATOC, CYNKAAPWCÄTW KAI ÄNATPA- YAT® KATA TAYTA Kra. An den einzelnen Tagen waren also bestimmte Händler, wie in Rhodos für den Verkauf des im Gymnasion ge- brauchten Öles, so in dem betreffenden kyprischen Heiligtum für die Lieferung der notwendigen Opfertiere »konzessioniert und privile- giert«. — Nach Äma[r| ist noch Raum für ein Zeichen, also vielleicht [(m)|oorAcH? 2.18. Tömıljal (seil. jera) »Eidopfer«, auf die die Schwörenden mit dem Fuße traten oder die sie mit der Hand beim Schwur be- rührten (Scnömann-Lapsıus II 254; Stenser, Griech. Kultusalt. 124), vgl. Hes. TömIa® .. oi a& TA TepA,. A coAzonTec ÖmnYoycın; in Olympia war bestimmt (Paus. 5, 24, 9) Toic AenHTAlc Kal TIATPÄCIN AYTON KAl ÄAAeneoic, ETI A& TYMNACTAIC ETTI KÄTIPOY KATÖMNYCEAI TOMION MHAEN Ec TON OAYMTioN un ÄTONA ECEceAl TIAP AYTÜN KAKOYPTHMA' .. . ÖMNYOYCI A& KAI Öcoı TOYC TIAIAAC H TON ITMTMON TON AÄTWNIZOMENWN TOYC TIWAOYC KPINOYCIN, ET AlKAIW Kal ÄNEY AWPWN TIOIEICEAI KPICIN, KAl TA EC TON AOKIMAZÖMENÖN TE KAl MH, &Y- NÄZEIN KAl TAYTA EN ArıoppAtw. Zunächst sind TöMmIıA (wie Entoma) die von dem Opfernden zerschnittenen Stücke des Opfertieres, wie z.B. von Agamemnon, der T 266 nach dem geschworenen Eide dem von Talthybios bereitgehaltenen Eber die Kehle durchschneidet, gesagt wird: KATÄ TON TOMION KÄTIPOY Eriwmocen (Paus. 5, 24, 11); dann wird aber das Wort Tömıa (wie ceArıa) auch für das zum Schlachten bestimmte Tier, für »das Eidopfer« gebraucht (z. B. Ar. Lys. 186). So sind wir auch in unserer Inschrift durch den Plural Tömı[ja] nicht etwa ge- nötigt, an eine Mehrzahl von Opfertieren zu denken. Zu dem Feste, über dessen Vorbereitung unsere Inschrift Kunde gibt, wird das Eid- opfer in ähnlichem Zusammenhang wie in Olympia und anderwärts gestanden haben; es werden also Wettkämpfe mit dem Fest verbunden gewesen sein. Zu dieser Annahme führt uns auch das nächste Wort der Inschrift. 2.18/19. [rılmiarıc »den Kampfordnern«. Nach Tömlja] ist auf Z. 18 noch Platz für ein Zeichen; die Ergänzung [Ttılmiarıc halte ich für sicher. Wir kennen das Wort aus der alten Inschrift aus Tegea, die @. Menper, Bull. de corr. hell. 25, 267, nr. ı veröffentlicht und deren Lesung A. Wırnzrn, Ath. Mitt. 31, 228 [= Beiträge zur griech. Insehriftenkunde S. 9] berichtigt hat. Sie steht zweimal auf einem hermenähnlichen Stein, das eine Mal in zwei Zeilen: role mAncı [T]ımiarıc TIPoh&ara tjejiae nı Kem eATeroı Arönı. EEE EEE ET DELETE R. Meısver: Kyprische Sakralinschrift. 16: Das zweitemal in vier Zeilen: role] rrAncı rılmi- arıc| mPoÄearla Tei- ae ni] Kem TATePpolı ATÖNI. Nur in der Auffassung von Toic rrAncı rimiarıc hat Wırnerm das Richtige noch nicht getroffen. Mesper hatte die Worte von allen Angehörigen des Geschlechts der T ımiaaı verstanden; Wiıruerm, der toic TTancırimiaaıc schreibt, versteht sie von einem Geschlecht der TTancırımiaaı, das an der durch den Stein bezeichneten Stelle seinen Ehrensitz gehabt habe, »auch bei dem andern der zwei Agone«. Wie man sich aber so den Zusatz erklären könnte, weiß ich nicht, und hat auch Wirnerm nicht gesagt. Ich glaube, daß die Inschrift nur unter der Voraussetzung verständlich ist, daß es in Tegea zwei Arten von Arönec und zwei Arten von rımiarı gab, nämlich für jeden der zwei Agone besondere tımiaaı, und daß die rımiarı des einen Agon nach der Bestimmung dieser Inschrift ihren Ehrensitz auch bei dem anderen Agon einnehmen durften, so daß oi mAnTec Tımiaaı vereint dort saßen, obwohl jedesmal nur der eine Teil von ihnen in Funktion war. Tımiaaı (wie Timıoı von TImA, vgl. rennAaaı von renna) sind Leute, die ein Ehrenamt oder eine Ehrenstellung haben; hier läßt die enge Beziehung, die sie zu bestimm- ten Arten von Wettkämpfen haben, auf Kampfordner (Arwnoeertaı, Erime- AHtal od. dgl.) oder auf Kampfrichter (krırai, grageic od. dgl.) schließen. Wenn in Tegea herkömmlich zwei Agone, etwa ein Aron rymniköc und ein Äron moycıköc bei Gelegenheit eines periodisch wiederkehrenden Festes gefeiert wurden, so ist sowohl die Einrichtung, für jede der beiden Agone besondere rımiarı einzusetzen, wie die Bestimmung, allen rımiaaı Gen Ehrensitz einzuräumen, auch in dem Äron, in dem sie nicht fungierten, leicht verständlich. Z.1ı9. Nach iae ist noch Platz für drei Zeichen; dem Sinne nach notwendig ist die Ergänzung des Subjekts zu reiceı, also die Bezeich- nung des Tempelbeamten, der die römıja zu bezahlen hatte. Das war der ramiac, der auch in kleinen Heiligtümern vorauszusetzen ist (STENGEL, Griech. Kultusalt. 48; für Mantineia ist die Bezeichnung TAmiac, TAMlaı nachweisbar in der Inschrift Bull. de corr. hell. 16, 577 Z. 7. 12); daß die ramiaı die Zahlungen für das Opfer zu leisten haben, wird in den Pergamenischen Inschriften VII ı nr. 246 Z. ı8 ff. erwähnt. Wenn das Wort hier stand, so hat es, da nur für drei Zeichen Raum ist, die .c-lose Nominativform (Verf., Gr. Dial. II 272 ff.) gehabt, also [Tanja] oder [Tamia]. Sitzungsberichte 1910. 14 164 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar. 2.20. meiceı »soll bezahlen« als kyprisch aus Edalion GDI. 60,, ., [135] bereits bekannt (Verf., Gr. Dial. II 257); vgl. auch böot. mora- morıcAto Orchomenos IG. VII 3172;,.. Wie reiceı der Bedeutung nach hier und auf der Bronze von Edalion imperativisch ist, darin über- einstimmend mit den Konjunktiven rerc#H 16, i(m)sorfich 18, so werden wir es auch der Form nach richtiger als kurzvokalischen Konjunktiv des sigmatischen Aorists bezeichnen denn als Futurum. So sehen wir in rerchHh und reiceı die ursprüngliche Verschiedenheit der Bildungs- weise des Konjunktivs thematischer und unthematischer Verbalformen gewahrt, in »oräch aber bereits die Konjunktivbildung der themati- schen Konjugation analogisch eingedrungen. Ausgegeben am 24. Februar. # Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Taf. 1. Vorderseite. Zeile: Io R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. Ir; Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Tafoal, Rückseite. [es] R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. I a Zu 2 m Bez 165 SITZUNGSBERICHTE 1910. DER X. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. Februar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ülasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 1. Hr. Nernst las über »Untersuchungen, die speeifische Wärme bei tiefen Temperaturen betreffend«. (Ersch. später.) Der Vortragende berichtet über zwei Methoden zur Bestimmung der specifischen Wärme fester und flüssiger Körper, die speciell für sehr tiefe Temperaturen sich eig- nen, und über die damit gewonnenen Resultate, die zum Theil von den HH. Linpemann und Korer, zum Theil von ihm selber herrühren. Es zeigt sich bei sehr tiefen Tem- peraturen ein beschleunigter Abfall der specifischen Wärme, was den von Eınsrein kürzlich aufgestellten Gesichtspunkten entspricht und zugleich es wahrscheinlich macht, dass in nächster Nähe des absoluten Nullpunkts die specifische Wärme sowohl bei festen wie bei flüssigen Stoffen verschwindend klein wird. Dies Verhalten ist in Überein- stimmung mit den Forderungen des vom Vortragenden vor einigen Jahren aufgestellten Wärmetheorems; die oben erwähnten Messungen liefern zugleich eine Anzahl genauerer Anwendungen desselben, als bisher möglich war. 2. Hr. Mürter-Brestau las über excentrisch gedrückte ge- gliederte Stäbe. Es wird die Berechnung der Formänderung und die Beanspruchung excentrisch gedrückter Rahmenstäbe und Gitterstäbe gezeigt. 3. Hr. Scuorrky las: Die geometrische Theorie der ABEL- sehen Funetionen vom Geschlechte 3. Der Verfasser leitet bestimmte Gleichungen, die von ihm in früheren Untersuchun- gen über Asrr’sche Functionen von drei Variabeln mit Hülfe der Görer'schen Methode gewonnen waren, von neuem geometrisch und mit Benutzung der Rıemann’schen alge- braischen Grundbegriffe ab. 14* 166 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Über exzentrisch gedrückte gesliederte Stäbe. Von Heinrich MÜLLER- BrESLAU. ba der Berechnung auf Druck beanspruchter gegliederter Stäbe von Eisenkonstruktionen wird zur Zeit allgemein die Voraussetzung eines mit der Stabachse zusammenfallenden Druckes gemacht. Die sich hier- bei einstellende Unbestimmtheit der Aufgabe: »welche Kräfte müssen von den die Gurtungen verbindenden Gliedern (den Querblechen oder der Vergitterung) aufgenommen werden« wird durch Annahmen umgangen, die mit der Beobachtung nicht recht im Einklange stehen, wie z.B. die Voraussetzung, der Stab erfahre trotz zentrischer Belastung eine nach der Sinuslinie verlaufende größere Durchbiegung. Damit soll nicht etwa gesagt sein, daß alle diese Annahmen zu unzuverlässigen Konstruktionen führen. Immerhin bleibt aber zu bedenken, daß der Fall zentrischer Belastung in Wirklichkeit nicht vorkommt, und in vielen Fällen die Angabe der zulässigen Druckverlegung der zwei- bis dreifachen Gebrauchslast einen besseren Maßstab für die Beurteilung der Sicherheit abgibt, als die Beschränkung auf die Feststellung der womöglich weit außerhalb der Proportionsgrenze liegenden und daher unter ungültigen Voraussetzungen berechneten Knicklast. Es möge daher im folgenden der Einfluß eines mit der Stabachse nicht zusammen- fallenden Druckes näher untersucht werden. Fig. 1. a ) | Kae Ba as | BR 0 IR nw—1 N bb m-I n-1 nn | Mürrer-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 167 I. Der Rahmenstab. Auf die Gurtungen eines Rahmenstabes (Fig. ı) mögen ungleiche Drucke P, und P, wirken, deren Resultierende P von der Stabachse den Abstand a hat. Durch zwei Schnitte, rechts vom Querstabe m — ı und links vom Querstabe n, beide dicht neben den Querstäben geführt, Fig. 2. trennen wir ein Stück von der Länge A,-+-A,,., heraus und bringen an den Stabenden die in Fig. 2 angegebenen Kräfte und Momente als Ersatz der in den Schnittflächen wirkenden inneren Kräfte an. Die unwesentlichen Änderungen der Längen der Verbindungsstäbe ver- Fig. 3. nachlässigen wir von vornherein; wir nehmen also die Durcehbiegungen der Gurtungen an den Verbindungsstellen gleich groß an. Bezeichnen wir dann die Durehbiegung an der Stelle m» mit y,„, so folgen aus den Bedingungen für das Gleichgewicht der am Stücke o— (m—ı) an- greifenden- Kräfte (Fig. 3) die Beziehungen: \o Bar DR . MM \ WISE HR, 31 a Ym—ı h (@ ) M,+M, Zur u 2 (1.) Un das 7 Zwischen den Momenten M,, und M, bestehen die Gleichungen: (2 ) \ Ms; = M}, =t- O,(Yyn —y,@) % SA } M; — My + U, (Ym— Ym-ı) m Sn Ar = 168 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. An den Enden des Verbindungsstabes m— m greifen außer den Quer- kräften VER —), =- ( ae 23 U,,) m und den von den S abhängigen Längskräften die Momente an: (3 ) \ M;,. = My, Fa ua. 3: 5 } M;n = M,— My +: » m sie drehen die Enden des Verbindungsstabes mn um die Winkel (Fig. 3) o _ 2 Mm — Mm \ r Fan u | Mi, Salz SRSCE Ta wo J, das Trägheitsmoment des Querschnittes des Stabes mm und & den Elastizitätsmodul bedeutet. Außer durch die Momente werden die Drehungen der Stabenden noch beeinflußt durch Fig. 4. die Scheerkräfte und die Nachgiebigkeit der Niete und Schrauben, welche Querstäbe und Gurtungen mitein- ander verbinden. Eine genaue Angabe aller Einflüsse ist für die hier ausschließlich in Betracht kommenden Bindebleche (Fig. 4) nicht möglich; auch die Gleichun- gen (4) geben nur eine Annäherung. Ich ziehe es da- her vor, die Winkel x als Werte zu behandeln, deren Einfluß nur mittels einer Schätzung berücksichtigt wer- den kann. Wären die Querverbindungen vollkommen starr, so würden sich die Querschnitte »2 beider Gurtungen um gleiche Winkel drehen und die Drehung des Querschnittes m-—-ı gegen den Querschnitt m würde, wenn F den In- halt des Gurtquerschnittes bedeutet, betragen: En Pe T Das gibt mit Beachtung von (1) 2 Das, 2 An (5.) Tn = EFR (a + Yn_ı) al EFR (M, + MN) S Zwischen den Neigungswinkeln der elastischen Linie in den Punkten m—ı und m würde die Beziehung bestehen: Pm—ı — Om tm; Mürver-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 169 an ihre Stelle tritt für die obere und untere Gurtung: (6.) Hmm tin —a, und (7-) mot tn. —an: Für steife Stäbe mit geringen Durchbiegungen lautet die Gleichung der elastischen Linie mit genügender Genauigkeit d’n M RE wo J das Trägheitsmoment des Gurtquerschnittes bedeutet. Hieraus folgt für den oberen Stab, mit der Bezeichnung O (8.) (u EJ 2 E cos A| — x ( sin &%,x ar M:, (* 2 ) ar 8 %, sin a — (Yı — Ym-ı ER OHNE Farm o eur a) U Tas 1 2 u sın je 2 O, COS ER un O5 sin ®, 2 2 denn es muß y„=o sein für 2=o unddya = y„—Yn_. für =%,. d Die Werte von En an den Stellen m —ı und m sind Be, = — ER (Yn— Un) + Mn -t mm Eu Sm 1— Pin dm _ 4 De ee sin Bar Ym Ym—ı m (OB g 2 Ob sin aa > m Am Sn Rn An c0s Ama m Il. Pin — Im m cotg BR, (Ym — Ymı) — —ß, oO, er 2 ge (1- ) = = 3° 12 sin Q%,A,, [ + Subtrahiert man II von I, so erhält man Er Zn M7 ß, DER > ge An I. FT == Bi; rn == 16 (Ym— 2) tg 3 x +2 2 93 tg 0, m z 2 . Aus III und I ergibt sich i „| ; KEN (9-) Se — OÖ, [9 + (nr &4) wer 5 | ’ 170 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. wo o BER, BE (10.) Ym = ae cotg 2 ’ und I 0% (11.) Or IE » und ebenso findet man für die untere Gurtung' (9'.) =,’ I, —— DR m I» St 2 Ab „let —u m) Ten, Anz S az = 2 Am AHA BEA o'. u a! m ‘m t mm (I ) Ym 2 0 g 2 ; U,, (272) De —. N Nun folgt aus (9) und (9): Yen EN (12.) An — 2 _ (Ft Ga) + Pmm > mit den Bezeichnungen: Be (13.) Va RE e en (@), ein y cn) 08 Sr En &n) Un ; 4) K = v0, =t- Yan u ” Ganz ebenso ergibt sich für das (m+ 1)" Feld ’ Ym Ym I ’ 2) a 1 Era (14 ) p = (un: Am+ı) Ol, + (a m el er ; u ren, 0 7 Von URS Addiert man (12) und (12), so findet man m m—ı m" Jm+iı Tm Tn+ı s) Eee Dr De re ER An A —I 2 YVn Vn —+ı Die Gleichung II liefert mit O0, = ß%,2EJ: 2EJ (16.) N = ER Yun ta a) — On (Ym — Ym-ı) + SmAm » m ' Wird U infolge eines besonders großen Momentes negativ, die untere Gurtung also auf Zug beansprucht, so treten bei der Integration der Gleichung der elastischen Linie an die Stelle der Kreisfunktionen die entsprechenden Hyperbelfunktionen. Mürrter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 1:71 und ganz ebenso findet man 26J (1 6'.) 2 M, = ISWE Ym (ern St An, er) — U, m (Yn— Ya.) rt SH An . Daher ist (17) 20m an) = En Pl —ya)+ An und 2 7) 2) = 3 Tulln Pe Uns) + Ans wo Be=- le el. ai) De ar la). Am-tı Ami Nun folgt aus (5) 2(M},+M};) = 2 Pla+y„_)— nn Tu und in derselben Weise R 2(M .+M:,)= 2 Plata am : en _ Setzt man diese Werte in (17) und (17’) ein, so erhält man (19.) „= P(2a+y._: + Ym) Am — AmAm FR 2E| ) und B(2 a I Ymer + Y,) A Au Kan (19'.) Fm+ı = Fh 2E| 2 + Yarı) _ und kann jetzt (15) umformen in | Yım m-+-1 _(20.) = ram > ey Ines, (I+%,4:) “= An +ı 8, x X I FA; AR I = ale se) P Km BD Kmzı + Pm + pn > m m-+-1 Pr, 21. LA ö 4 b FR? er (22.) nl |- 2] = ( 3.) 172 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Die Anzahl der Gleichungen (20) stimmt mit der Anzahl der Unbekannten y überein. Die Größen A und > sind durch die Werte & bestimmt; sie können beim ersten Rechnungsgange gestrichen werden und sind bei breiten Bindeblechen von so unwesentlichem Einfluß auf die y, daß ihnen durch eine geringe Erhöhung des Sicherheitsgrades Rechnung getragen werden kann. Die Feldweiten A macht man zweck- mäßig gleich groß; es gehen dann die Gleichungen (20) über in — Ye (1 Zn %) ZU (2 —Kn— ) —UY er (1 nm ee) = 24 (#7 + A) . In diesen Gleichungen sind die Werte x so verwickelte tran- szendente Funktionen der Unbekannten y, daß eine Auflösung nur auf dem Wege der schrittweisen Verbesserung der Ergebnisse möglich ist. In den ersten Rechnungsgang müssen auf Grund geschätzter Durch- biegungen y berechnete Werte z eingeführt werden. Derartige Rech- nungen führen zu dem erfreulichen Ergebnis, daß in dem hier in Betracht kommenden Anwendungsgebiete, das heißt bei Rahmenstäben, die so steif ausgebildet werden, daß größere Verbiegungen ausge- schlossen sind, die Zahlen x nur wenig durch die y beeinflußt werden. Da nun die Abhängigkeit der x von den y darin ihren Grund hat, daß die x Funktionen der Werte er 0, 2 M2, + M: ee ae een En TOR E27, Y2+ M% a ra ne er sind, so braucht man nur den Einfluß der Ungleichheit der Gurt- kräfte auf die Werte /, und 3 — VS® + Jr + Ym) $) durch welche nach (21) und (22) die Ziffern < bestimmt sind, zu prüfen. Ich teile einige Ergebnisse eines der vollständig durchgerechneten Zahlenbeispiele hier mit. Der Stab bestehe aus zwei [-Eisen NP ı4 mit J= 62.7 em! und F= 20.4 cm’. Es sei A=ı15em, !=600cem, n=6. Material: Flußeisen mit £ = 2150 t/em’, wofür wir nur £ = 2000 in Rechnung stellen. Es ist dies eine der Maßnahmen, welche der nicht genau feststellbaren Verformung der Bindebleche Rechnung tragen sollen. Aus dem gleichen Grunde rechnen wir mit A= 2 ]=100 em. In 6 Möürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 173 Wirklichkeit ist, wegen der an den Enden angeordneten Bindebleche nieht einmal der Abstand von Mitte zu Mitte Bindeblech gleich 100 em; noch kleiner ist die Strecke, auf der das Gurtstück A nur den Quer- sehnitt F hat. Es sollen die Durchbiegungen infolge einer Last P= 4o tim Ab- stande a = — 4, Li von der Stabachse berechnet werden. Ohne Rücksicht auf die y und M ergibt sich I 1 = oe + = URN 5 wofür wir O= 34t, UÜ= 6t annehmen wollen, was einer Vergröße- rung des Hebels a durch die y und M um 2 cm entspricht. Um den Einfluß des Verhältnisses 0: U zu 2 berechnen wir die Werte RA 0% \ MER Eu WE 2000-62.7 = |. 50. - = =) 50.16 und die aus ihnen folgenden % und J’ für eine Reihe von Werten OÖ und U und erhalten: Für A an ® Be | P&aR | yonach | y&nach | nach (11) | : 0) | | a ee (10) (10) | (ar) (13) | | 20 | 20 | De se 36° ı1' A | -- | — 0.8631 | 2400 28 | ı2| 0.747137 | 0.489116 | 42 49 28 2 0.80836 | 0.531860 | 0.863 2400 34 | 6 | 0.823305 | 0.345857 | 47 IO | 1949 0.76329 | 0.95978 0.863 2400 Hiernach beeinflussen selbst beträchtliche Unterschiede zwischen den O und U die Werte ı und J’ so wenig, daß nach der Abrundung Übereinstimmung besteht. Die Auflösung der Gleichungen (20) ergab DIR. 004 cm De 45 cm Y, =1.980 cm. Nach Berechnung der $,7,S, M°, M“ wurden für die Gurtkräfte die Werte gefunden: Beiden O0) —2g.at AU TROt Bon @—a120 U=ysart Feld Opera Urt, 95) sie liegen innerhalb der Grenzen der Zahlen der vorstehenden Tabelle. 2 [623 cotg a: ' Für O=UitY=y=|" 174 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Zu ähnlichen Ergebnissen haben alle gerechneten Beispiele ge- führt. Man darf hiernach die x, wenigstens für einen ersten Rechnungs- gang, konstant annehmen und erhält die einfache Gleichung I —ı% (25.) —N ar 2Ym Te rn — Ymıı = 4axX; ihre allgemeine Lösung lautet, wegen der aus der Symmetrie folgenden Bedingung „= Yun» wo (26.) cos, a 0 —— cos —Y und n cos ( _ n) $ 2 (27) Ym — @ ones cos — I 2 Der Wert $ darf die Grenze eu 7) nieht überschreiten. Aus I—X T —— = 608 I+x 7) folgt te? N l und man erhält schließlich aus (21) mit A= — für die sogenannte N Knieklast die Formel T FR (28.) = ne Yale en] 2n I sier ish furna, Io und 0, 20 = zPp bereits von Hrn. L. Mann’ ! L. Mans, Statische Berechnung steifer Vierecknetze. Zeitschrift für Bau- wesen, 1909, $ 3. MüÜrter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 175 abgeleitet worden. Mit den Bezeichnungen ; Fh g T= nn z +J vn], N Rz Eee 10 m 2n nimmt sie die Eurersche Form E' / 12 a — 7 an. Der Rahmenstab verhält sich also bei genügend steifen Binde- blechen wie ein einheitlicher Stab, dessen Querschnitt das Trägheits- moment 7" besitzt. Die Zahl x nimmt mit wachsendem n ab und wird gleich ı für n= ©. Die Exzentrizität a ist für die in der Regel vor- liegenden Fälle ohne wesentlichen Einfluß auf die Knicklast, wohl aber von Bedeutung für die Beanspruchung des Stabes. II. Der Gitterstab. Der in Fig. 6 dargestellte Gitterstab werde durch P exzentrisch gedrückt und außerdem durch zur Stabachse rechtwinklige Lasten @,,@,,...G@,... auf Biegung beansprucht. Zwischen den Durch- Fig. 6. biegungen y und den Längenänderungen Ao und Au der Gurtstäbe und Ad der Diagonalen bestehen, wenn Zugkräfte positiv angenommen werden, die Beziehungen | Ym — Ym—ı Umtrmee Ym al A0,+ (Ad, 32 Ad. yı) ae (1) A A m h 1 Yınıı —Ym za Ym+a —Ym+ı ar tz Au — (Adnrı >= Ad, +.) Sec ® A A =, h ! Mürrer-Brestau, Graphische Statik der Baukonstruktionen, Bd. II, Abt. 2, 4. Auflage 1908, $ 3. Die Gleichungen gelten auch für gekrümmte Gurte. 176 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Bezeichnen wir die Spannkräfte in den Gurtstäben mit O und U, in den Diagonalen mit D, ferner den Querschnitt der Gurtung mit F, der Diagonale mit F,, so ist \ AO. On 2A AU. = D, 22 ü EF 2 EF = | Dud, _ DuA Ad == EF, "— EF, sec d 5 Die in Fig. 6 angegebenen (uerstäbe haben nur den Zweck, die freie Knicklänge der Gurtstücke zu verkleinern. Werden zunächst Gelenke in allen Knotenpunkten angenommen und die von den Lasten @ herrührenden Biegungsmomente mit M und Querkräfte mit @ bezeichnet, so ist 0 z + _ + Um u — a —— = e m h 2 Ym 7 BE h M, 7 = 24, et : SEIER: ut h (« : Fran) + a (3.) U, + On +P+D,cos$=0 Im Q, De nr —— Dr \ Dr h (Ym — Ymıx) Sec b sin und die Gleichungen (1) lassen sich mit Beachtung der Beziehung An — A e = G,„ umformen in Kenkan — Ya-ı + (2 —Pp) Yan Ymaı = a+ Zt Hrn (4.) A ern — .(e- 2 Are or ben) ’ wo 2 (5-) DE: EF—_ —P—- sec’® A d DC ee 3 (6.) DR — er sec’ ®. Nehmen wir eine gleichmäßig auf die Knotenpunkte verteilte Belastung an, z.B. das Eigengewicht g der Längeneinheit des wagerecht liegenden Stabes, so ist ee SI Mürter-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 17 2 Mg > m(n— m). GE = g - und wir erhalten die Gleichungen Der h — mt (2 —.) Ym— Ynı = e|a+b+cm(n— m) + — 2 (9.) st (2 —P) Ymı+ı — Ym+2 = P ler +0n+: (n—m+1)— | B Zu beachten ist, daß der Knotenpunkt m der unteren Gurtung ange- hört, m-++ı der oberen. Die erste Gleichung lautet, wenn der Knotenpunkt 0 in der oberen Gurtung liegt: (10.) Bann =elarbrenn +]. die letzte Gleichung: Mi). —-not+(2—p)Y-: =;|a+5+0m1) | ; und zwar gilt in dieser letzteren m oder _ je nachdem n eine _ gerade oder ungerade Zahl ist. Streichen wir zunächst die Glieder omm—m)#", so ist das System (9) sowohl bei gerader als auch bei ungerader Felderzahl symmetrisch. Es muß sein Ym = Yn—m und die allgemeine Lösung ist Ym = (cos (2-")3-0-3, Er erh: | (w2..) f csy=1ı SE Da %= 0 ist, folgt En ab cos e s) 2 u — 178 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. N cos (: _ m) Ss ) 2 h Um den Einfluß der Glieder & Bi auf die y festzustellen, be- und (13.) Y„n = (a+b trachten wir die Gleichungen h BT h — Int (2 N = Pr h — Ym+(2 — Ye — Br I — ee B— oe & Wir addieren die erste Gleichung zur zweiten, die zweite zur dritten usw., führen als neue Unbekannte die arithmetischen Mittel I Nm — — (Ymt Yn-+ı) ein und erhalten: — Nm—ı tr (2 —p) Nm — Am °O. Ist nun n eine gerade Zahl, so folgt aus der Symmetrie Nm — MHi—m und die allgemeine Lösung lautet (14.) 1 = 0e0s ("rm)s. Bei ungeradem n ist Nm = — Nam und „.. [n-+1 (15.) 1 GC sin ( 3 m) >. Zur Berechnung der Konstante benutzen wir die Gleichung h = 2 —-)y,—y=Pp [0 . . ” er lad Mürter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. N7: Wir setzen Yı = 29, Y. = 2n,.—Yy, = ZN) ZUM und erhalten mit Beachtung von (12) N; n,(2 cos $+1)— nr, = h sin’ 2 und nach Einsetzen der Werte x, und n, C eos -)s(: COS 3-1) @oos (> —2)9=1 sin? 2 2 Hieraus folgt sin — tg — ’ h 2 2 cos 2 und ganz ebenso ergibt sich S: ” S sin — tg — Pr h 2 2 un) ö : ns sin — Die Gleichung h ER IE (2 —?) Ym —Ym-gı = IE geht mit Ym—ı —— 2NYn — Um Ya — ZN nee m über in N — (4 Na) + Ym (I c0sS) = a — cos $) und hieraus folgt für einen Knotenpunkt der unteren Gurtung bei gerader Felderzahl ‚I 24 N a UREER 5 n un (18.) Im — ht’ & cos —$ und bei ungerader Felderzahl mS n— m cos —— = S S 2 (19.) = htg' Eee sin SI Sitzungsberichte 1910. 15 180 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Für einen Knotenpunkt der oberen Gurtung ergibt sich bei gerader Felderzahl mI3 ,. n—m EOS — iin —— B 2 2 (20.) Yin = hg — ——— 2 ER cos —9 2 bei ungerader Felderzahl Nn—m sin eos $ RS 2 2 (21.) Ym = —htg — —— — 2 on sin S 2 Um schließlich noch den Einfluß der Glieder gpem(n—m) zu finden, bestimmen wir mittels (5) die Koeffizienten der partikulären Lösung y= A+Bm+Cm. Wir finden ee es, p p p haben also zu den vorhin gefundenen Werten y noch den Betrag eliz (22.) a en] PER hinzuzufügen. Für den Knotenpunkt m der unteren Gurtung erhalten wir z.B. bei gerader Zahl n: n R mS n—m cos | -—m|S « 08 —— 008 - S; 2 2 n cos —S Bose 2 62 — -|-+m(n—m)|. ug Nach Berechnung der % findet man die Spannkräfte in den ein- zelnen Stäben mit Hilfe der Gleichungen (3). Den bislang vernachlässigten Biegungswiderstand der gelenklosen Gurtung kann man nachträglich wie folgt berücksichtigen. Aus den Spannkräften O, U, D berechnet man die Längenänderungen A0, Au, Ad; aus diesen die Änderungen der Dreieckwinkel und hierauf nach ‚dem aus der Theorie der Nebenspannungen bekannten Verfahren die Bie- gungsmomente für die den Knotenpunkten entsprechenden Gurtquer- schnitte. Sodann verbessert man die Spannkräfte 0, U, D, die Längen- änderungen Ao,Au,Ad, und schließlich mittels der Gleichungen (1) EEE un nn — GB Mürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 181 die Durehbiegungen y. Es handelt sich hier um ganz einfache Rech- nungen. Ich verweise auf meine »Graphische Statik«, Bd. II, Abt. 2, Absehn. 3, insbesondere auf die in Nr. 85 mitgeteilten Näherungs- formeln, die für die hier zu lösende Aufgabe ausreichen und schnell zum Ziele führen. Selbst der Einfluß des Biegungswiderstandes von Diagonalen, die durch zwei oder mehrere Niete mit den Gurtungen befestigt sind, läßt sich ohne Schwierigkeit verfolgen. Die Knicklast P,, bei deren Berechnung der die Sicherheit nur unwesentlich erhöhende Biegungswiderstand der Gurtungen und Diago- nalen zweckmäßig außer acht gelassen wird, ist wieder bestimmt durch Sau Das gibt el ” en und, nach Gleichung (5): 125: 7 en Teen CE 7 EF——P,— seco d \ : I Hieraus folgt mit A = ER ne ee EFN 1 an: mean, F, (0) cos Auf praktische Anwendungen der hier mitgeteilten Untersuchung werde ich an anderer Stelle eingehen. Ich hebe nur noch hervor, daß die entwickelten Formeln eine innerhalb der Proportionsgrenze liegende Beanspruchung des Materials voraussetzen, und daß ich es für zweck- mäßig halte, die bekannten von Termaser für andere Stabarten ge- fundenen Versuchsergebnisse auch sinngemäß auf Rahmenstäbe und Gitterstäbe zu übertragen. In der nächsten Zeit hoffe ich, über eigene Versuche mit exzentrisch gedrückten gegliederten Stäben berichten zu können. 182 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Die geometrische Theorie der ABeu'schen Functionen vom Geschlechte 3. Von FE. ScHoTTKY. SET: In einer Ebene seien sieben Punkte gegeben, von denen weder drei auf einer Geraden noch sechs auf einem Kegelschnitte liegen. Aus der Schaar der homogenen Funetionen dritten Grades der Coordinaten x,y,z, die in den sieben festen Punkten verschwinden, lassen sich drei linear unabhängige, X,Y,Z, auswählen. Zwischen ihnen und den Coordinaten besteht identisch eine bilineare Gleichung, da die bi- lineare Form neun, die in sieben gegebenen Punkten verschwindende Function vierten Grades nur acht Coeffieienten enthält. Wir wählen X,Y,Z so, dass die bilineare Relation die Form annimmt: a«X+yY+2Z=o0. Nimmt man, willkürlich, zu den sieben festen noch einen achten Punkt (x’, y', 2’) hinzu, so gehen alle Curven dritten Grades, die durch die acht Punkte hindurchgehen, noch durch einen neunten, den wir den zu (x’,y’,2’) eonjugirten nennen. Er fällt nur dann mit (x, y’, 2’) zusammen, wenn eine Curve dritten Grades existirt, die durch die sieben festen Punkte hindurchgeht, und die in (x, y', 2’) einen Doppel- punkt besitzt. Dies tritt ein, wenn die Determinante L, die aus den Ableitungen von X, Y,Z nach x, y, z gebildet ist, und die eine Func- tion sechsten Grades von (x, y, 2) ist, im Punkte (&’, y’, 2’) verschwindet. Es sei P=wvX+yY+zZ irgend eine Function der Schaar. x’, y', 2’ sind zunächst Coeffieienten. Wir können aber die drei Grössen als Coordinaten eines Punktes auf- fassen; dieser liegt, wie aus der bilinearen Relation folgt, auf der Curve P=o. Wir nennen ihn den Hauptpunkt, und die in ihm gezogene Tangente die Haupttangente der Curve P=o. Die Gleichung der Haupttangente ist P'=0o, wobei P’ denjenigen in es ' va Pan, ee E ö v Scnowrky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 183 2,4%,2 linearen Ausdruck bedeutet. der aus P durch Vertauschung der beiden Werthsysteme hervorgeht: P'=sX-+yY'+zZ2'. Denn die Coefficienten in der Gleichung der Haupttangente sind den ’ ® ı ip kt , x P ) es Ss W erthen von er um n ed Q H € ) or dy ’ d u Y BI rOJ ortional; 1 t aber dort: er PO oe 2. ee und dies ist, der bilinearen Relation zufolge, mit — X’ identisch. Die Haupttangente geht auch durch den zu «’, y', 2’ conjugirten Punkt, wegen der bilinearen Relation, und weil die Werthe von X, Y,Z in conjugirten Punkten einander proportional sind. Liegt aber (x’, y', z’) auf der Curve sechsten Grades L=o0, so fällt der conjugirte mit ihm zusammen; dann ist der Hauptpunkt der Curve ein Wendepunkt derselben, und die gerade Linie PP’=o hat mit der Curve P=o nur die eine Stelle (x’, y’, 2’) gemeinsam. Ausserdem betrachten wir den Kegelschnitt Q = 0, den man als »Polare« der Curve P= 0 bezeichnen kann; es sei: Rn Re er a rn Fr also: 0X MO Oi 02 A 1 ee ae re ; 02 Q ist eine quadratische Funetion von x, y, 2 einerseits, von «,y',2’ andrerseits. Sie ist alternirend. Vertauscht man die beiden Werth- systeme, so geht Q in —Q über. Denn wegen der bilinearen Relation kann man setzen: xX—=02—ry, Y=rs —-p2, Z=py—gIz, wo 9,9,r quadratische Funetionen sind. Dann wird a ' ’ ff DE UF 26 VIRUS: ER NZ: 2 G ’ —Q— Ha ymz DENT 184 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Hier sind ?,9,7 die »Polaren« von p,9,r; z.B.: 2 ‚0gp op op p=ı—- +y -- +2. ! AA oy 02 Diese sind symmetrisch; also @ alternirend. Es ist daher auch: RN an iz: —= Ir —+t Y ay' A +...+2 Ss a dz Es ist noch von Interesse, zu sehen, was aus den drei im Punkte (x’, y',z’) verschwindenden Functionen P, Q, P' der unabhängigen Variabeln x, y, z wird, wenn man für (x, y, 2) den dem Punkte (x’, y’, 2’) »unendlich nahen«: ’ z=u+de, y=y'-+dy', z=2+dz setzt. Hier wird: P' = X'dx+Y’dy'+Zdz'. Wir bezeiehnen den rechts stehenden Differentialausdruck, der in Be- zug auf x’, y’,z’ von der vierten Dimension ist, mit A’. Der bilinearen Relation zufolge ist zugleich: zdX +ydY +zdZ = —U. Es geht demnach P’ in A’ über; P ist, bis auf unendlich kleine Grössen höherer Ordnung, mit —&A’ identisch. Bei @ ist der Haupttheil eine lineare Function von dx',dy',dz’, in der z. B. der Üoefficient von dx’ durch folgenden Ausdruck gegeben ist: 4 DK: OR N 2 Be \ayı ae) Aloe me Da aber: ist, so ist der Coeffieient von dx’ gleich 2X’. Daher ist Q, bis auf unendlich kleine Grössen zweiter Ordnung, mit 2A’ identisch. 82% Fassen wir wie bisher (x,y,2) als variabeln, (x’, y’, 2’) als will- kürlichen festen Punkt auf. Q= 0 ist im Allgemeinen die Gleichung eines Kegelschnitts. Wenn aber (x’, y’, 2’) auf der Curve Z = 0 liegt, so zerfällt der Kegelschnitt in zwei gerade Linien; eine davon ist Scuorrky: Aser'sche Funetionen vom Geschleclite 3. 185 die Haupttangente P'=o, die zugleich Wendetangente der Curve Bor ist. Man sieht dies, mit einiger Rechnung, aus der letzten Form, in der wir () dargestellt haben. Indem man zu der bilinearen Gleichung noch die partiellen Differentialgleichungen hinzunimmt, denen X, Y,Z als homogene Functionen von 2,y,2 genügen, kann man in der Glei- 0002 OX FF chung L=o die Ableitungen 2 en - -, ferner = -, “— elimi- Day” dz 02’ 02 niren; das Resultat ist: 0X or oX 20H YP’— + X’ -— =X/ I +]. ae 5 Er .) Es zeigt deutlich, dass die sieben festen Punkte Doppelpunkte der Curve sechsten Grades L = 0 sind; somit ist diese vom Geschlecht 3. Wenn nun der Punkt (x’, y', 2’) auf der Curve L= 0 liegt, so können wir jetzt in der quadratischen Function Q die Coeffieienten von &y, z2 und yz: 0X’ en or’ 0X vn 02 OF. is 0Z ao de dad.) durch 1 CP GE A ZIORENEX DZ Zu y! 902, I ’ ch ’ TE ’ Aarı 7 SP. Grenz ZT >) 7 Samen Sr 5 7 = Baer NR YoY ETE: 2202 roy ARE ersetzen. Dann ergiebt sich unmittelbar: QZEiR, wo R die lineare Function von @,y,2 ist: ey I > a a ZI ER, Wir nehmen jetzt nicht nur «',y',z’ auf der Linie L=o an, sondern beschränken auch den variabeln Punkt x, y, 2 auf diese Curve. Ist (x, y, 2) der dem Punkte (x’, y', 2’) unendlich nahe Punkt der Curve: x +da', y+dy',2’+dz', so ist, bis auf unendlich kleine Grössen höherer Ordnung, P’ mit A’, Q mit 2A’ identisch. Daraus folgt, dass R den Werth 2 erhält, wenn man (x, y, 2) mit («’, y’, 2’) zusammenfallen lässt. Nennen wir ferner R’ denjenigen Ausdruck, der aus R durch Vertauschung der beiden Werthsysteme hervorgeht, so ist, wegen der alternirenden Eigenschaft von Q: A BRR——piR.. 186 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Die Curven L=o, P=o0 haben ı8 Punkte gemeinsam, von denen einer (x’, y', 2’) ist, während 14 auf die Doppelpunkte der Linie L=o fallen. Demnach bleiben drei Punkte übrig, in denen P, betrachtet als Funetion der durch die Gleichung Z = o verbundenen Variabeln &©,y,2, verschwindet. In diesen muss, wegen der Gleichung P’R —= — PR‘, die Grösse R verschwinden; denn die Linien P=o, P—o haben ausser (x, y’,z’) keinen gemeinsamen Punkt. Wenn man also die Grössen «,y,2 durch die Gleichung Z = 0 verbindet, und unter (x, y',z’) einen festen Punkt dieser Curve ver- steht, so verschwindet Q in allen sechs Punkten, wo P'=o ist und ausserdem in den drei von (x, y',z‘) und den Doppelpunkten ver- schiedenen, wo P=0 ist. Ausser diesen neun hat Q noch drei weitere Nullpunkte, die auf der Geraden R = 0 liegen. Bildet man den Quotienten TE) a) PP —% so hat man eine homogene Function der durch die Gleichung Z = 0 verbundenen Variabeln &,y,2z von der Dimension —2. Sie wird nur unendlich an der Stelle x’, y', 2” und den Doppelpunkten, überall von der ersten Ordnung; sie verschwindet in drei Punkten, die auf einer geraden Linie liegen. $ 3. Wir gehen dazu über, eine andere Function Q zu definiren, die ähnliche Eigenschaften hat wie Q. Die Variabeln wollen wir aber Jetzt nieht mehr mit &,y,2, sondern mit £,,{ bezeichnen. Es seien A,B,C dieselben Functionen von £,n,6, die X,Y,Z von z,y,2 waren. Demnach besteht auch die Identität ZA+nB+[C=o. Wir betrachten irgend zwei Ourven der Schaar: D=0,D’=o. Ihre Hauptpunkte seien (0,y,2) und (w’,y',2’), also: D=xA+yB+zC, D’=xA+y'B+z'C. Die beiden Ourven haben ausser den sieben festen zwei Punkte ge- meinsam, die conjugirte sind und die wir durch eine quadratische Gleichung, Y = 0, bestimmen können. Wenn man einführt: 1=yz—2y, v=zX—az, v=ay—yi, so sieht man unmittelbar, dass in jedem der beiden eonjugirten Punkte: ASBEACEREREV: Scaorrky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 187 ist. Es ist ferner klar, dass diese beiden Punkte auf der Verbindungs- geraden der Hauptpunkte liegen. Denn in jedem der beiden Punkte bestehen die drei Gleichungen: D=o0,D=o, EA+"B+{C=o. Wir beschränken deshalb den Punkt £,7,{ auf diese Verbindungs- linie; wir setzen: De at, =Ub YıocC=zti zii, wo i,t' unbestimmte Grössen sind. Da alsdann, der Gleichung EA+nB+{C=o0 zufolge, Di!’ = D't ist, so kann man setzen: D=ty,D=t\, wo % zunächst eine homogene quadratische Function von t und {’ ist, deren Coeffieienten von den gleichfalls willkürlichen Grössen 2,Y,2; x,y',z’ abhängen. Fasst man aber \ auf als Funetion der beiden Werthsysteme 2,y,2,t; a',y',z',t', so sieht man leicht: der ganze Ausdruck lässt sich so gestalten, dass in ihm nur die sechs Grössen A, u,v,&,n,6; die durch die Gleichung AE+un-+v{ = 0 verbunden sind, vorkommen; und zwar wird X eine lineare Function von A, #,v, deren Coeffieienten quadratische von £,n,{ sind. Am deutlichsten geht dies aus der Form Ben zZ x y z' DEI... hervor, in der wir gleich zu Anfang die Function P dargestellt hatten; man braucht hier nur x&,y,2z durch &,n,{ zu ersetzen. Wenn „ als quadratische Function von t,t' aufgefasst wird, so sind die Coeffieienten niehts anderes als unsere Grössen P, P', Q. Da sich für t=o,t'=ı die Grössen A,B,C auf X,Y,Zund D' auf P redueiren, oitY=Pfüri=o,f=ı. Ebenso istY=—P’ für=o,t=ı. Endlich ist : DE a AR ‚DD, ,„ 0D’ Fe er az): Für ?=1ı1,t=o erhält man daher: a _ (22? ‚ap 2 =a an nme Somit ist: v= Pr" +Qt'— Pr. 188 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Bilden wir die Diseriminante der Form: Q@+4PP—=M. Diese ist eine Function vierten Grades von x,y,z und auch von x,y',z'. Aber M= 0 ist die Bedingung dafür, dass die beiden Punkte, die den Gleichungen A:B:C=A:u:v genügen, in einen zusammen- fallen. Daher kann M nur von A, 1, v abhängig sein; es ist eine ganze Function vierten Grades dieser Grössen mit eonstanten Coeffiecienten: M(?1,u,v). Wenn M(r,u,v) =o ist, so bestehen in dem Punkte, wo die beiden eonjugirten zusammenfallen, gleichzeitig die Gleichungen M(A,B,C)=onund Z(£,n,.0)=0©. Demnach ist MX, Y, 28 die Gleichung, die zwischen den Funetionen X, Y,Z besteht, wenn die Variabeln durch die Gleichung L(x,y,2) = 0 verbunden sind. Wir setzen jetzt für ? irgend eine lineare Function von &,%,2 mit constanten Coeffieienten, und für £’ dieselbe Function von «', y', 2. Dann werden £,,{ lineare alternirende Funetionen von x,y,2 einer- seits und x’, y’,2’ andrerseits, also lineare von A,u,v. \& geht dem- nach in eine specielle kubische Function der Grössen A, 1%, v über, die ausserdem abhängt von den Coeffieienten der Linearform {. Nennen wir sie h(A,u,v). Verstehen wir für den Augenblick unter x’, y’,2’ den zu (x, y, 2) conjugirten Punkt. Dann ist P=o und P’=o, also: Alr,u,y QM. Zugleich sind aber A,#,v proportional X,Y,Z; wir erhalten daher: DK VE ABER wo ® einen Factor bedeutet, der von den Coeffieienten der Linear- form ? unabhängig ist. Der Ausdruck links ist eine Function neunten Grades von x, y, 2. Diese muss durch ? theilbar sein. Dies ergiebt sich deutlich, wenn man vier solche Gleichungen aufstellt, die zu verschiedenen Linear- formen gehören, und aus ihnen x’, y',2’ eliminirt!. Nehmen wir jetzt an, dass der Punkt (x,y,2) der Bedingung L(&,y,2)= 0 genügt. Dann fallen die beiden conjugirten Punkte zusammen, man hat in diesem Falle: rX,Y,Z)= or, ı Es ist dies der zuerst von Hrn. GEIsER aufgestellte Satz, dass die Coordinaten des zu (x,y,2) conjugirten Punktes ganzen Function achten Grades von (x,y,2) pro- portional sind. (Geiser, Über zwei geometrische Probleme, Journ. f. Matlı. Bd. 67.) Scnortky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 189 wo & wieder ein Factor ist, der von «,y,2z abhängt, aber nicht von den Coefficienten der Linearform {. Es ist dies eine wichtige Funetion der durch die Gleichung Z = o verbundenen Grössen @,y,2. Sie kann offenbar nicht unendlich werden, ist aber von der siebenten Dimension, und müsste demnach in 42 Punkten verschwinden. Daraus folgt, dass & nur in den Doppelpunkten verschwindet. Denn dort wird A(X, Y,Z) von der dritten Ordnung 0, und jeder der sieben Punkte ist doppelt zu zählen. Nehmen wir jetzt in der Gleichung: ha,u,v) = Pr’+Qit'—P'r beide Punkte, (x, y,2) und («,y’, 2’), auf der Curve L=oan. Dann erhalten wir: Di Seen ABA: ER m KX,Y,Z)— F AKX,Y,Z)+ tt‘. Hier ist Ah(A,u,v) eine specielle Function dritten Grades, abhängig von den Coeffieienten der Linearform i{. Wir nehmen aber jetzt eine ganz beliebige kubische Function H(A,w,v) und setzen: Pr ARTEN ER = ER 5 HX,Y,Z)— m H(X,Y,Z)+HQ. Der Ausdruck Q ist alternirend und von der dritten Dimension in Bezug auf x,y,2. Er kann nicht unendlich werden, weil H(X, YF, Z) in den Doppelpunkten von derselben Ordnung verschwindet wie ®. Im speciellen Falle der oberen Formel ist H mit 4, Q mit Qtt' identisch. Aber Q verschwindet in allen Punkten der Curve L= O0, wo P’=o ist, und auch, abgesehen von den Doppelpunkten, in denen, wo P=o ist. Es ist nun leicht zu sehen, dass die Function Q all- gemein dieselben Eigenschaften hat. Denn lassen wir x,y,2 mit einem der drei von («’,y’,2z’) und den Doppelpunkten verschiedenen Punkte zusammenfallen, wo P gleich o ist. Da dort zugleich Q=0 ist, so haben wir in dem betrachteten Punkte: hir,u, D+ AK, %,2),,='0. Nun folgt aber aus den Gleichungen P=xX+yY+zZ=o,sıX+y/Y+:Z=o, die dort bestehen, dass X, Y,Z proportional A,w,v sind. Folglich ist auch, wenn H irgend .eine andere kubische Function bedeutet, in dem betrachteten Punkte: Hut, EN IE Daraus folgt, dass dort Q= 0 ist. 190 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Ganz ebenso wird bewiesen, dass Q in denjenigen Punkten der Curve L=o verschwindet, wo P'=o ist. Bilden wir nun den Quotienten PP. % und betrachten ihn als Function der Grössen ©,y,2, die durch die Gleichung L= 0 verbunden sind, während auch x’y’z’ ein Punkt dieser Curve ist. Auch dieser Quotient wird nur unendlich in den Doppelpunkten und der Stelle (x, y’, 2’), durchweg von der ersten Ordnung. Er unter- scheidet sich von dem vorigen, %, dadurch, dass er von der Dimen- sion —ı ist, während % von der —2ten Dimension war. Setzen wir für (@,y,2) den dem Punkt («’, y', 2’) unendlich nahen Punkt der Curve: (&’+dax’, y+dy', 2+dz’). Dann sind A,u,v un- endlich kleine Grössen erster Ordnung, also H(A,u,v) von der dritten Ordnung unendlich klein. P’ redueirt sich auf A’, P auf —A’; somit ist, abgesehen von unendlich kleinen Grössen höherer Ordnung: Q= - HK, YV,Z). $ 4. Die zur Linearform t gehörige kubische Function A(A,w,v) zer- fällt in Factoren, wenn man die Coeffieienten von f in geeigneter Weise wählt. Nehmen wir an, dass ? in einem der sieben festen Punkte, (a,b, c), verschwindet. Dann ist für =a, y=b, z2=c sowohl t=o0,als auch P=o, also auch h(A,u,v)=0o. Das Werthsystem x',y',z’ bleibt dabei willkürlich. Es verschwindet demnach A(A, u, v) für alle Werthsysteme A, u, v, die der Bedingung aa +bu+cv = 0 ge- nügen. Das heisst: wenn Z{in dem festen Punkte (a,b, c) verschwindet, so hat h(A, u,v) den Factor aa+bu+ ev. Greifen wir jetzt zwei der sieben festen Punkte heraus: (a, , b,, €.) und (a,, b,,c,), und setzen für { die in beiden verschwindende lineare Function 8 SQ 8) 5 b, G, Dec: Dann hat A(A,u,v) die beiden Factoren artbu+cev=w, ar + bu +cv=Ww,, und einen dritten, den wir mit w,, bezeichnen. Scnorıky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 191 Sind ferner w,, w,, u,, dieselben linearen Funetionen von X, Y,Z, und v,,v,, v,, dieselben von X’, Y',Z', die w,, w,, w, von A, 4, v sind, so geht die Gleichung A(X, Y,Z) = pt’, welche gilt, wenn der Punkt (2,y,2) auf der Curve L= 0 liegt, bei der Anwendung auf den vor- liegenden Fall über in U,U,U;,;, — pl. . Nun ist aber A(X,Y,Z), betrachtet als Function neunten Grades von &,%,2, durch £ theilbar (auch wenn x,y,2 unabhängige Grössen sind). Es muss daher die in den sieben festen Punkten verschwin- dende kubische Function u,, durch t,, theilbar sein. w,, zerfällt in zwei Factoren, einen linearen, der in den Punkten ı, 2, und einen quadratischen, der in den fünf übrigen festen Punkten verschwindet. Die Curve «,, = 0 zerfällt in eine Gerade und einen Kegelschnitt, und da die Schnittpunkte beider Linien Doppelpunkte der zerfallenden Curve uU, = 0 sind, so liegen auch sie auf der Linie L=o. Auch die Curve u, = 0 hat eine bestimmende geometrische Eigen- schaft; sie ist diejenige durch die sieben festen Punkte hindurch- gehende Curve dritter Ordnung, die im Punkte (1) einen Doppelpunkt ; ; ou, besitzt. Denn da u, = a, X+b,Y+cZ ist, so ist der Werth von Sa X im Punkte (a,,d,,«,) mit dem von 0X Ne 07 has dr identisch. Der hingeschriebene Ausdruck ist aber, der bilinearen Rela- tion zufolge, gleich —X, und X verschwindet im Punkte (a, , b,, €). Folglich ist fir =a,y=b, 2=c, nicht nur „= 0, sondern du, ou, ou, auch — =0, -— =o0, —— oy 02 Fasst man aber x,y,z auf als Punkt der Curve L= 0, so wird u,, wenn man sich dem Doppelpunkte (1) nähert, auf einem der beiden Zweige, die sich dort schneiden, nicht nur von der zweiten, sondern sogar von der dritten Ordnung 0. Denn es werden im Punkte (1) & von der dritten, f;, von der zweiten, «, und «,, aber nur von der ersten Ordnung O0. —A0R Damit sind in bezug auf die Curve L=o die Ausdrücke u,, u,..u, charakterisirt. Sie verschwinden nur in den Doppelpunkten, aber in je einem von der dritten Ordnung. Es folgt daraus weiter, dass das Product von u,,u,.. u, an denselben Stellen und von derselben Ordnung verschwindet wie #°. Beide Ausdrücke sind auch von der- 192 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. selben Dimension. Folglich ist #°, bis auf einen constanten Factor, mit dem Product der sieben Grössen w, identisch‘. In dem für Q aufgestellten Ausdruck konnte H(A, u,v) eine be- liebige kubische Function von A, u, v sein. Wir specialisiren ihn jetzt, indem wir H(,u,»v) = www, und dementsprechend HAX,Y,2) = uuu., HR, , zZ) en setzen. Wir bezeichnen in diesem Falle Q durch Q,.,. Jeder Combi- nation von dreien der sieben Doppelpunkte entspricht eine solche Funetion. ().., hat die besondere Eigenschaft, in den Doppelpunkten (1), (2), (3) zu verschwinden. Denn in jedem dieser drei Punkte wird einer der drei Factoren w,,w,,w, gleich o, also H(A,u,v)=0o. Ferner ist dort: P= 0. Endlich verschwindet in diesen drei Punkten H(X,Y, Z) = u,u,u, von der fünften, die im Nenner auftretende Grösse $ nur von der dritten Ordnung. Der Quotient I Os Pe 2 PP’ m Kr23 wird demnach nicht in allen Doppelpunkten unendlich, sondern nur in den von (1), (2), (3) verschiedenen. $ 5. Denken wir uns die Variabeln «,y,2z, die durch die Gleichung L=o verbunden sind, als Funetionen einer Grösse 7, die in einem der sieben Doppelpunkte, bei der Annäherung auf einem der beiden ! Man hat somit für den Factor & erstens die rationale Darstellung: h(X,Y,Z) 1? . op= bei der Zähler und Nenner durch die lineare Function £ theilbar sind; zweitens die irrationale: EU AERER p = Const. VIL(w.) . Cayrey gab in einem Briefe an mich (von 1881) die dritte Darstellung: Ba nr 22) ee en durch welche & direct als rationale ganze Function siebenten Grades von x, y,2 aus- gedrückt wird. Cayrey knüpfte hieran die nicht ganz leicht zu lösende Aufgabe, die letzte Formel direet durch Rechnung zu verificiren und damit auch den constanten Factor zu bestimmen. P= Rn Scaorıky: Ager'sche Functionen vom Geschlechte 3. 193 Zweige, von der ersten Ordnung verschwindet. Es seien a,b,c die Werthe von x, y,2 für r = 0, also die Coordinaten des Doppelpunktes. Nach dem, was wir bewiesen haben, verschwindet a X +DY-+cZ für 7=0 von der dritten Ordnung; es verschwindet also für r = o auch der zweite Differentialquotient des Ausdrucks. Daher ist für r= 0: en der d’Z — - 2 = 0. are "I ar dr’ Wir schreiben dafür kurz: Der bilinearen Relation zufolge ist: d’X dx dX _d’z Da. +2 Hz DEIN 0.0 Da hier der erste und letzte Term auf der linken Seite gleich o ist für r=O, so ist auch d _ de £ ers) ORTE: Tor .d Folglich verschwindet >. für r = 0 von der zweiten Ordnung. Wir können daher sagen, dass der Differentialausdruck Xde+Ydy+Zdz = A in allen Doppelpunkten von der zweiten Ordnung verschwindet. Er ist in Bezug auf x, y,2 von der Dimension 4. Wenn wir jetzt unter U eine ganz beliebige lineare Function von X, Y, Z verstehen, oder, was dasselbe ist, eine beliebige in den sieben festen Punkten verschwin- dende kubische von (x,y,2), so ist UA von der Dimension 7, ebenso wie $; ausserdem verschwindet $® in den Doppelpunkten von der dritten Ordnung und UA ebenfalls. Es ist daher UA ® das Differential eines Integrals erster Gattung. Das aufgestellte Differential verschwindet in vier Punkten, nämlich den von den Doppelpunkten verschiedenen, in denen U verschwindet. Nehmen wir speciell U=u,, oder U=u,,, so fallen die vier Null- punkte des Differentials paarweise zusammen. Sie fallen zusammen entweder mit dem Doppelpunkte (1), der doppelt zählt, oder mit den 194 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. zwei Punkten, in denen die durch (1), (2) hindurchgehende Gerade den Kegelschnitt trifft, der durch die fünf anderen Punkte gelegt ist. Wir haben demnach die Differentiale erster Gattung mit zusammen- fallenden Nullpunkten: RA USER . P P Dem letzteren können wir, da w,u,u, = pt, ist, die Form geben: N Ze J AN oe . U,U, a le Wir bilden ferner, indem wir auf den Ausdruck ud Sr zurückgehen, das Differential %’A. Auch dies ist von der Dimension oO; %, ist von der —2ten, A von der vierten Dimension. Es wird nur singulär im Punkt («’, y’, 2’): denn in den Doppelpunkten, wo % von der ersten Ordnung unendlich wird, verschwindet A von der zweiten Ordnung. Es wird ferner an drei Stellen von der zweiten Ordnung O0. Es sind dies diejenigen Schnittpunkte der Geraden R=o mit der Curve L=o, die nicht auf der Curve P=o liegen. Nehmen wir wieder eine Grösse r an — irgend eine rationale Function der Verhältnisse von &,y,2 — und bezeichnen mit r’ die- selbe Function von «’ y’z’. Wir können uns dann x, y,2 in der Nähe des Punktes x’, y',2’ als Potenzreihen von r—r’ gegeben denken. Setzen wir dementsprechend A = f(r)dr, so ist (r— r’)f(r’) das Anfangsglied I ’ in den Entwiekelungen von P', 57 Qund —P. Daher wird %’ fürr =r unendlich wie (—r')f’(r) 9 und were) wie 2“ Da beide Ausdrücke symmetrisch sind, so kann die Differenz für 7=r' auch nicht von der ersten Ordnung unendlich werden. Wir können daher sagen: das symmetrische Doppeldifferential „AA Scaowrky: Aper’sche Funetionen vom Geschlechte 3. 195 wird nur singulär, wenn die beiden Punkte zusammenfallen, und es verhält sich, wenn die Punkte einander nahe liegen, wie drdr' (—r')’ Endlich bilden wir Auch dieses Differential ist von der Dimension 0; denn %,,, hat die Dimension —ı, #A die Dimension ıı, der Nenner die Dimension 9. In den Doppelpunkten (1), (2), (3) wird %,., nicht unendlich, und der Nenner x,u,u, verschwindet von derselben Ordnung wie PA. In den vier anderen Doppelpunkten wird %,,, von der zweiten Ordnung un- endlich, aber 9A verschwindet dort von der fünften, w,u,u, von der dritten Ordnung. Wir haben demnach hier ein Differential, genau von derselben Beschaffenheit wie das vorige, %’A; es wird nur singulär, und zwar von der zweiten Ordnung, im Punkte (x', y’,2’); es ver- schwindet, ebenfalls von der zweiten Ordnung, an drei Stellen. Denken wir uns wie vorhin x, y,2z als Potenzreihen von r—r'. Die Entwicklung von Q,., fängt an mit: h Hila'syis2') pP u es ist hier H (x’, y', 2’) = v,v,v,. Die Entwicklungen von P’ und von —P fangen an mit f(r') (r—r'); also die von ee Ans J123 2 PP’ Buzlzu nn, fee —E): Hieraus folgt, dass die symmetrische Funetion %ı Pb’ fr) fr) U,U,u, v, 0,0, mit - für r=tr' unendlich wird wie I (—r) 2 die Differenz beider Ausdrücke erhält einen endlichen Werth, wenn die beiden Punkte zusammenfallen. Wir können demnach wieder sagen: es verhält sich Wi, AA e dr dr’ ie RE UU,U,V,D,V, (r—r) Sitzungsberichte 1910. 16 196 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910. Die Quotienten der 36 aufgestellten Doppel-Differentiale n 2 / 2 AA und Kay AA Se Se UUpU,VUgd, asPS)) nehmen also den Werth ı an, wenn man (2,y,2) mit («’,y',2’) zu- sammenfallen lässt. 8 6. Hiermit sind die Grundlinien gezogen für eine Theorie der ABEL- schen Functionen vom Geschlechte 3. Sie operirt mit den algebra- ischen Vorstellungen Rırnann’s, muss aber schon deshalb eine geome- trische genannt werden, weil zu ihr die Gedanken der Geometer ARoNnHOLD und GEISER gehören. Es ist nicht nur das für die Theorie wichtige Doppel-Differential AA’ gegeben, sondern es ist auch die Einführung des Systems der 64 Theta vorbereitet und geometrisch motivirt. Es sind im Ganzen 64 Differentiale mit zusammenfallenden Nullpunkten aufgestellt; 28 einfache von der ersten, 36 doppelte von der zweiten Gattung. Die letzteren hängen symmetrisch von den beiden Punkten (w,y,2) und («’,y’,z’) ab und werden singulär wie dr dr’ (r—r') ’ wenn die beiden Punkte zusammenfallen. Indem wir die 28 einfachen Differentiale, die nur von (x,%,2) abhängen, mit den entsprechenden für den Punkt (x, y’, 2’) gebildeten multiplieiren, erhalten wir im Ganzen 64 symmetrische Doppeldiffe- rentiale. Ihnen sind nach den Rırmann’schen Sätzen, bis auf constante Faktoren, diejenigen Funetionen von (x,Y,2), (x, y’,z’) proportional, in welche die Quadrate der 64 Theta übergehen, wenn man jede der drei Variabeln ersetzt durch das entsprechende Integral, erstreckt von dem einen bis zum anderen Punkte. Wir wollen sie zusammenstellen, indem wir dabei die Faktoren A,A’ fortlassen. Es sind nur vier Hauptausdrücke, aus denen alle übrigen durch Vertauschung der Grundpunkte hervorgehen: G u, ’ Ser) ” 020) U,U,0,d, U,U,U,d,v,v, Hierbei ist: Q AIR TEN, walymd 2 24 = IPrP32 Yrz2 A, b, C; q, b, G, |5 Ba: er alla D,EIuea WWW, UUU, VrV,D, 2 Nız3 Tori, PP’ Ei P$ P'o®’ - Scaowrky: ABer’sche Functionen vom Geschlechte 3. 197 Sie sind schon in früheren Arbeiten von mir aufgestellt worden (Abriss einer Theorie der Ager’schen Functionen von 3 Variabeln, Leip- zig, Teubner 1830; Sitzungsber. 1903, S.978 und S. 1022; Sitzungsber. 1904, S.486), aber auf ganz anderem Wege. In den angeführten Ar- beiten handelte es sich darum, die Theorie der Ager’schen Funetionen im Falle p = 3 aus der blossen Definition der Theta zu entwiekeln — also um dieselbe Aufgabe, die Jacosı für p= 1, GörzL fürp=2 durchgeführt hatte. Entgegen zu stehen scheint meinem Unternehmen eine — erst später bekannt gewordene — Äusserung Rırmann’s, die in seinen » Vorlesungen über die allgemeine Theorie der Integrale algebra- ischer Differentialen« (Nachlass, S. 4) enthalten ist. Nachdem Rırmann die Untersuchungen von Jacogı und GörEL erwähnt, fährt er fort: »Für p= 3 würde das Verfahren ohne Hinzunahme algebraischer Prineipien nicht zum Ziele führen.« Ich behaupte, dass die Lösung des GörEL- schen Problems für p = 3 in meinen Arbeiten enthalten ist, und zwar die Lösung im strengen Sinne der Rırmann’ schen Forderung. Denn wenn auch gelegentlich in meinem Buche von den »Nullstellen einer algebraischen Function« die Rede ist, so hat das mit der eigentlichen Rechnung, die ich durchführe, nichts zu thun. — Über ungelöste Pro- bleme lässt sich überhaupt schwer etwas voraus sagen. Die Lösung ‚erfolgt in der Regel dadurch, dass ein neuer Gedanke hinzutritt. Der neue Gedanke ist hier der, dass die Theorie der Aser’schen Func- tionen vom Geschlechte 3 nothwendig eine geometrische sein muss. Daran hatte vorher, vielleicht mit Ausnahme von Cavrev, Niemand gedacht. Ausgegeben am 24. Februar. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. dag ui 29 RE DO O1 1 AA 88 ‚SE all, ‚B'ntawend Zumasseh an, DAR hiree ul FrEörl R sa Sul Her “os Hub Lan) BSR i fi BELA a ws u Si Ha, ale 1A Re MR usa or % He RO Kt I RN er Klier RE kg 1 u art rt > 2 u. Ü Me, FREE NEE ir BALEHe Ei A 2 Aa de a a ln. etsslatsitorie 7 IR: de ir Fe a er antlg ucae) BI Karton, wesibar] “ N te Ber hen! 2 13 a BB En 74 f 417996 Kt | Fl Bau PIE Fun m HL Ag aurgfeit kıpe SR u Fire arte Ei j Ep air, Ri; Br REN 8 nt ie ee uslaon nA ae re Verie Nr 53T alsfälsa lg) nor Banana are oh “4A sohtltenceng sc AR ri re det RT Mr re Me ih ab ER u Er In a oil Ama © Se a Rah ze 1 mp ir ler Sunes erlangen 12 a gr Roy: STEH, Kar af ah, a & IR ee Be : au BR, un and And J art en u EHEN in, agath + Bi Bis] Al u ar Ar las een ey Jan ll ae eltern sh srriel abe sah, Mi ut era eh Burn “ur S8i EretT. N A ar AI RS REN NIE Re w.3 Burncid el Az nälauahl Flat, HROSHENG Sa cr A N % as x Y f ir « D ’ f n f z { P f ‘ y ’ a & ; h Mi 34 y ’ Is j ‘ ur KR Ku | } VSENVDUSER . E j “ a ® rer ar wage Pe EL BE ee nn Hentai te Be Me ae rel al rm ale ! ee debttentfrent sein oder eine dem zuwiderlaufende Veröffent- em erden Sceeretar vor der Ausgabe in n aka ischen Schriften zur Kenntniss kommen, so v di e Mittheilung aus diesen zu entfernen. er Verfasser einer aufgenommenen wissen- Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu el, als ihm diess nach den gel- Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- gung. der, - Gesammt-Akademie. Ger dächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist Di Y lssern unbeschränkt gestattet. B En Aus $ $ 22. Jede Si Ohnekbeach eröffnet eine Übersicht über die n der itzur g vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lunge und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- S Be. en Angelegenheiten. er den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen "Übersicht, kurze Inha Beanenben le Aus $ 21. . a erscheinen in einzelnen Stücken in 2332 Domenue acht Tage nach jeder Sitzung. ortlich sind. Diese Inhaltsangaben NER Kich in Re rel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls „ u‘ en Schr ften der Iaaeiie erscheinenden > werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, Abhandlungen bestimmten wird »(Abh. )“ Wis enschaf jene‘ Mittheilungen fremder Verfasser rden in dem Bericht über ame Sitzung aufgeführt, in welch deren Aufnahme i in die akademischen Schriften end Igülti ig eschlossen wird. Re dem Jahre 1907 a: hysikalist Abhandlungen NN: in, athematische Abhandlungen . ah iu an Mae aus ‚dem Jah BP en ‚ma e Ola: Ar ANRRE Einzelne IK nandlungen aus den Jahren 1906, en Stand des Te ncnen Corpus medieorum antiquorum u.8.w.. .» > seh Jachträge z r aegyptischen Chronologie . 4 ” an chicht Itisländischen Schrifttum. . 2 02 2 00 ner . wi rgesch 1 e im altıslandıschen cehrı um 1a er yeh re Ko Er Ra Gedä ” el € Eberhard ‚Schrader . NW MOWIT orrr: Nordionische Steine erkenne at Richard Pischel. N | | I} | | | | | N | ! | “ a ': zen und ustorisghe Abhandlungen Hr A ET im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen ? u: Dh, im zu DE nen ‚des Oceidents nd Orientspplaeane ee Sur ee: der Homousianer von Sardia . . 2.2... » Kain Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den ins$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstax Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Mraderia behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. PCHRR ee Abhandlungen ir Akademie. P + RN RE LT RE NE ee ne a N Tee il ET R A AR Ne ET ER NE RE A 2 BL 1907, 1908 und 1909. NM L— ie. Br 3 N) 2.— „2. IE RE S Fe ar und Berliner Refractor.. a N) ade Erwerb des in en re ee Den Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoft 5 ee RR He DS > a Be Be TE ne EEE 7000709 Pk NE le ; ars ’ t £ 3 N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. H. Beox#: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta . Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges ar die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen R N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikutsahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Tu. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks B. Seurrerr: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . s M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger ee Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenku Nasn abweichen K. Gorsanovi6-KRAMBERGER: L. Jacossonn: L. Jacogsonx: Preis des Jahrgangs L. Grunmac#: H. WesenAurT: bunden sind. . Branpr: the Cock in the North e Hermert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das’ Gleichgewicht ‘der Erdkruste und der Verlauf der Sm an vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . ... ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment it in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch-Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ar Orts: über einige Krebsfragen . H. Santer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B Enszer: die Bedeutung der Araceen für die püanzeügsoEr aphische Gliederung des "tropischen ER extratropischen Ostasiens . K. Gorsanovid-Kranzereer: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) a als Träger primitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) I REN e A. von Le Cog: Ungarn) R. Meister: kyprische Sacralinschrift (hierzu "Taf. 1 und m über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe Scuorıky: die geometrische Theorie der Arrr’schen Funetionen vom Geschlechte En Mürrer-BresLAau: Erste u luueie Zweite Abtheilung Sitzungsberichte der Akademie. Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. über neue Methoden und Apparate zur Messung von ae kleinster Periode (hierzu Taf. VII) . J. MıLpsrAep: die Ve zu den Kiwu- Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta . die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia . A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII) van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung . K. Scaumpr und W. Schuzarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek Vanren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius - Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung höherer Theile . Toster: vermischte Beiträge zı zur französischen Grammatik. " Fünfte Reihe. e Scuorrky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch” Gleichungen ver- etationsverhältnisse der TR INGEN Seenzane vom rennen "bis j Sonderabdrucke. Fropenius: über den FrruAr’schen Satz Fropenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . : Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten i in der Kirchen) j W.Gorsan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünf Kirchen (Pecs, I. Halbjahr 1910. 2: TR » 4,50 . a »:.550% 4 Seren ı x wi. i » 550° ! » 5.50 ” 4.50 h wor i » u ER ar i i j M 0.50 2 0508. 8 ® 1— 4 050% » 050 » 0.50 i al $ er 0,50 050 ” IR, x Fi S Pe 1 2» : we ehe Be er: BZ = mc ya Ws FT} [33 S si: = o [N Fi] = pr 5 r v K * b> ke \ w De IH Yu En u SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Gesammtsitzung am 24. Februar. (S. 199) “ Fronexuus: Über den Fermar'schen Satz. II. (S. 200) Martess: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festigkeitsbeanspruchungen. (S. 209) Herıwıs: Die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier. (S. 221) 1 14 # + I R% NIIT SONIAN vr I nee BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. f F Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissensehaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertigeManuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, hei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nieht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lä der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. S4. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Secretariat geboten. Aus $5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen s, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, wenn Aus $ 6. Die an die Druckerei abzuliefernden Manusceripte müssen, wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, «dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correctur soll nach Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druekfehlern und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. Aus $ 8. Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. Von@Gedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. 89 Von den Sonderabdrueken aus den Sitzungsberiehten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zweeke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. Von den Sonderabdrueken aus den Abhandlungen er- hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher \ertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. Sl Eine für die stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) akademischen Schriften be- Minen ng men 199 SITZUNGSBERICHTE 1910. XI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 24. Februar. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. *]. Hr. Scumipr las über »Die Ruine als dichterisches Motiv« mit besonderer Rücksicht auf verschiedene Auffassungen in der deut- schen Poesie bis zu Goethe und zur Romantik. Elegische, spukhafte, vaterländische, pittoreske Stimmungen und Aufnahmen wur- den unterschieden, sentimentale Neigung und kühle Abkehr verfolgt, die Malerei nur gestreift. 2. Hr. Frogenivs legte eine Mittheilung vor: Über den Frrmar- schen Satz. II. Elementarer Beweis des von Hrn. Mırımanorr gefundenen Resultates. 3. Vorgelegt wurde das von dem correspondirenden Mitglied Hrn. Justı in Bonn eingesandte Werk: Michelangelo. Neue Beiträge zur Erklärung seiner Werke. Berlin 1909. Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten Erlass vom 31. Januar die Wahl des Fürsten BERNHARD von BürLow zum Ehrenmitglied der Akademie zu bestätigen geruht. Sitzungsberichte 1910. 17 200 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. Über den Frrmatschen Satz. II. Von G. FRoBEnIUSs. Wenn es für eine ungerade Primzahl p drei durch p nicht teilbare Zahlen gibt, die der Gleichung ap + bp cp — genügen, so muß p, wie Hr. Wırrericn gefunden hat, die Bedingung 2r7=] (mod. p?) erfüllen. Ist dann 2’-1 durch p teilbar und r ein Divisor von p-l=rs, so ist 2’—1 durch p° teilbar, weil 2r-1_-] a den Faktor p nicht enthält, und dasselbe gilt für 2’+1. Durch eine höchst geistvolle Analyse ist es Hrn. Mırımanorr (Comptes Rendus 1910) gelungen, die wahre Quelle jener Beziehung zu entdecken, und daraus weitere Relationen herzuleiten, deren bemerkenswerteste die Bedingung 3r1=] (mod. p?) ist. Da er aber beim Beweise Einheitswurzeln und unendliche Reihen anwendet, so habe ich versucht, seine Resultate auf rationalem Wege abzuleiten, nur mit Benutzung der elementarsten Sätze der Algebra und Zahlentheorie, und dazu bin ich mit Hilfe der Rekursionsformel gelangt, wodurch die Bervouruischen Zahlen definiert werden. Andere Eigenschaften dieser Zahlen setze ich nicht voraus, auch nicht den Satz von Staupr. Auch die Ergebnisse der Arbeit des Hrn. MırımAanorr im 128. Bande des Ürrrreschen Journals werde ich ($ 3), soweit ich sie brauche, aufs neue ableiten. SE Um mit den Bersovuszischen Zahlen bequem rechnen zu können, bezeichne ich sie nach Lucas als symbolische Potenzen Mil; Me_-, bear 2 B,, bantı — 0, Frosenıus: Über den Fermar’schen Satz. I. 201 Dann genügen sie der Rekursionsformel (d+1)"-5” = 0, mittels deren nb""" durch 5""?,...b° ausgedrückt wird. Daher ist der Nenner von b""' ein Divisor von n!. Für n = 1 ist aber jene Formel durch (b+1)-b =1 zu ersetzen. Fügt man mehrere solcher Relationen, mit Konstanten multipliziert, zusammen, so erhält man die allgemein gül- tige Formel (1.) Fe) -FQ= (0), worin f(x) irgendeine ganze Funktion von x bedeutet. Bewegt sich r von 0 bis p-1, so ist (2) Ke,)=3[7)e-0 eine ganze Funktion der beiden Unbestimmten x und y, die in bezug auf jede vom (p-I1)ten Grade ist. Entwickelt man sie nach Potenzen von y, so ist das Anfangsglied (r = 0) gleich 1. Ist n eine der Zahlen von 1 bis p-l, so ist \ der Koeffizient von y in. (2) = ze .. gleich — . Daher ist Es (3-) -R,@,0)=f(@) = Na) ur Allgemein ist für s— 0,1,---p-1 (aber nicht für sp) la) = (s1 ist, 1 ade), fa=-w/l,)- Nun ist nach (8), $ ı (8.) n(yfto-E. 0) = Aa) +m-.) + mh tr more), also | (9) Fe) = ar#()) +0) R und mithin nach (Io), $ ı (10.) G(z) = "2 e(.) : Demnach ist G@,(-1)=0 und nach (5), $ 2 (11T) G(@= —Zz (+1), Ge) = —_9p-1 - - (+62 +1). 206 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. Für m —= 1 lautet die Gleichung (8) 1 2 +1 16725 = ( ) 2 z-1 fa) ra +b’p-l) + +). $4. Wenn die Gleichung a+b+ce—V0 durch drei Zahlen erfüllt wird, die nicht durch p teilbar sind, so ge- nügen, wie Kummer gezeigt hat, die 6 Zahlen (1.) = b’ 75 BD’ = ’ Br ’ = ’ == den Kongruenzen g1@)=0, B-ml@)=0, P=1,2,...4@-3) wo g,(x) die durch (6), $ 3 definierte ganze Funktion (s-1)ten Grades ist, oder (2.) b’f£-.()=0 @=0,1,...2-2. Ist x eine dieser 6 Zahlen, so sind sie, daa+b+.c= 0 ist, kongruent x 1 l xz—1l %, 1—-r, A > J 5 x —]1 x 1—-r c Keine von ihnen ist kongruent 0 oder I. Sind sie nicht alle ver- schieden, so sind sie entweder paarweise kongruent -1,2, > oder, falls p = 6n +1 ist, zu je dreien den Wurzeln der Kongruenz erelell Jene 6 Zahlen, von denen mindestens 2 verschieden sind, genügen nach (5) und (8), $ 3 den Kongruenzen F(x)=0 und f(x) =0, also nach (10), $ ı auch der Kongruenz (m-2)ten Grades G(x)=0. Für m— 2 und 3 verschwindet daher @ identisch, und folglich ist nach (5), $ 2 (3.) 21=] und 3?"=] (mod. p?). Ist also m = 2° 3®, so ist auch m’” = 1 (mod. p?), und mithin ist G,„(x) nach (5), $ 2 für diese Werte von m durch x-1 teilbar. Für jedes m ist, da nach (5), $ 3 ist, nach (9), $ 3 auch F(-1)=0 und folglich auch G(-1)=0. Da zf'(x) = f,(x) ist, so ist f(x) (mod. p) durch (x + 1)? teilbar (aber nicht durch («+1)’) und demnach wegen der Gleichung Frosentus: Über den Fermar’schen Satz. II. 207 (4.) (0" 1) En(@) + flo) = (e-1)P 8 Gu(&) auch @,,(&). Dies kann man auch erkennen, indem man die Kon- gruenz (10), $ 3 differenziert und dann & = -1 setzt. Nach Caucnv ist die Funktion durch z’—-x +1 teilbar, also auch @,,(x). Weil G, 0 ist, so ist flae) = -(@’—-1)F,(x) durch © + .x+ 1 teilbar, mithin auch @,,(x»). Die Funktion @, (x) verschwindet für & = 1, —1, —1, also identisch. Daher ist f(x) und @,,(x) durch x’ +1 teilbar. Die Funktion @,(x) ist durch (2-1)(e +1)’ (@’—- +1) teilbar, also Null, ebenso, falls p>5 ist, @, (x), das durch («—-1) («+ 1)’ (x° +1) teilbar ist, und außerdem noch für zwei Werte (1) verschwindet. Demnach ist f(x) und @,,(x) durch x’ +1 teilbar. Also ist (-1)/(x) durch (z°—-1) (x°-1) (mod. p) teilbar. Dagegen läßt sich für @,(x) auf diesem Wege nur feststellen, daß es einem der beiden Ausdrücke 5r—5 2p (2?+1) oder eh +1)@-2)(2%-1) kongruent ist, dem ersten nur, wenn p —6n-+l1 ist. Ist also nicht sp] (mod. p?), - B a - so können die Kongruenzen (1) nur die Wurzeln -1, 2, gemeinsam haben oder wenn p—=6n-+-1 ist, die Wurzeln der Kongruenz x° = -1. $ 5- Da die beiden Funktionen an © —] v(2—1)?! und der Grade p und g = m-I teilerfremd sind, so kann man zwei ganze Funktionen F(x) und G(x) der Grade p-1 und g-1 so bestimmen, daß TE Fl) z(z—-1)P1G(x) — 1 gleich der gegebenen ganzen Funktion BO > Meer © —1 n 208 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. wird, und weil deren Grad p-2 ur = —— ist. Ist nun für eine Primzahl p @,= 0, so ist auch f(u) = 0. So ergeben sich die Bedingungen 1 P = Au = (m — 2,3,4,6,8) (4.) je m oder in anderer Form (5-) > I 0, n = k (mod. m), n wo n nur die der Zahlen 1,2-.-p-1 durchläuft, die (mod. m) denselben Rest A lassen. Martens: Zustandsänderungen der Metalle. 209 Zustandsänderungen der Metalle infolge von Festigkeitsbeanspruchungen. Von A. MaArTEnSs. (Vorgetragen am 10. Februar 1910 [s. oben S. 127].) Die von der Technik als Baustoffe benutzten Metalle werden zumeist durch Schmelzen und darauffolgende Weiterverarbeitung im erhitzten oder im kalten Zustande erzeugt. Das im Maschinenbau und im Bauwesen am meisten benutzte Metall ist das schmiedbare Eisen (Flußeisen); es sei, solange nichts anderes gesagt, den weiteren Betrachtungen zugrunde gelegt. Die Brauchbarkeit und den Wert des Eisens bemißt der bauende Techniker in erster Linie nach den Festigkeitseigenschaften, insbe- sondere nach den Ergebnissen des Zerreißversuches. Das als Gußblock gewonnene Flußeisen wird in der Hitze durch Schmieden oder Walzen in die Form übergeführt, in welcher es im Maschinenbau oder im Bauwerk als Bauglied zur Anwendung kommen soll. Durch diese Arbeitsvorgänge können seine Festigkeitseigenschaften wesentlich geändert werden. Der Verlauf eines Zerreißversuches kann am übersichtlichsten durch ein Schaubild dargestellt werden (s. Fig. ı), in dem die durch die Kräfte P im Querschnitt f er- [ Fig. 1. /& zeugten Spannungen = _, nach 0 oben und die diesen Spannungen ent- sprechenden Dehnungen von links nach rechts aufgetragen werden. Die zur Wertbemessung benutzten charakteristischen Punkte des Schau- bildes sind mit 8, B, Z und Z£, be- zeichnet. Im Punkt D herrscht die höchste während des Versuches er- reichte Spannung, unter der der Stab zu Bruche gehen würde, wenn die die Spannung o, erzeugende Last P frei an ihm aufgehängt wäre. u in 2 210 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. Der Punkt S, die »Streck- oder Fließgrenze«, bezeichnet die- jenige Spannung c,, bei welcher der Stab unter der Last P starke, leicht meßbare und zum größten Teil bleibende Verlängerungen er- fährt. co, ist in der Regel durch den starken Knick im Schaubilde erkennbar. Die Verlängerung E£, beim Bruch, bezogen auf die Einheit der ursprünglichen Stablänge, wird nach dem Bruch zwischen zwei Marken gemessen, die die »Meßlänge« / bereits vor dem Versuch am Stabe abgrenzten. Ey, gilt in der Technik als Maßstab für die Formänderungsfähig- keit des Baustoffes und bildet ein wichtiges Wertmaß für die Beur- teilung des Sicherheitsgrades eines Baugliedes. Die Zustandsänderungen, die ein Flußeisen bei seiner Weiter- verarbeitung in der Hitze vom gegossenen Zustand (Linie ı, Fig. ı) aus erfährt, kann man durch einen erneuten Zerreißversuch und seine Schaulinie darstellen (Linie 2, Fig. ı). Man sieht, wie die Punkte S, B und Z, sich in Linie 2 gegen ı verschoben haben. Demgemäß sind die Streckgrenze o, und die Bruchgrenze co, gewachsen; auch die Ver- längerung E, hat zugenommen. Wenn nun das durch den Linienzug 2 gekennzeichnete Material noch weitere Bearbeitung bei Zimmerwärme, d.h. Formänderung im kalten Zustande (»Kaltbearbeitung«), erfährt (etwa durch Hämmern, Walzen oder Ziehen), so geht es in einen Zustand über, der durch den Linienzug 3 festgelegt ist; c, hat wesentliche, ©, geringere Steigerung erfahren, Z, hat aber erheblich abgenommen. Wenn man die Änderungen der charakteristischen Punkte des Schaubildes durch die folgenden Vergleiche darstellt °& und Sr, so 5, Op; 6 wird man immer finden, daß infolge der Kaltbearbeitung — ge- B wachsen ist. Dieses Verhältnis wird bei Flußeisen der gebräuchlichen Art von etwa 0.55 bis 0.65 auf etwa 0.90 bis 1.00 wachsen können, d.h. die Kaltbearbeitung hebt die Streckgrenze co, bis nahezu auf die Bruchgrenze o,. Der Grad der Veränderung und damit das Verhältnis [opR - wächst mit dem Grade der Formänderungsarbeit, die auf das Metall a: verwendet wurde, um es bei Luftwärme (Kaltbearbeitung) von dem einen in den andern Zustand überzuführen. Je stärker die Kaltbear- © beitung, desto mehr wachsen co, 0, und Ei während £, abnimmt. B Viele andere Metalle verhalten sich ähnlich wie Flußeisen. Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 211 Wenn man ein kaltbearbeitetes Metall hinreichend innerhalb einer bestimmten unteren und oberen Grenze erhitzt (ausglüht), so nimmt es einen neuen Zustand an, der zumeist nahezu der gleiche sein wird, gleichgültig, ob nun die voraufgehende Kaltbearbeitung schwach oder stark gewesen ist. Man kann also durch das Glühen innerhalb be- stimmter Grenzen gewissermaßen einen Normalzustand herbeiführen, der dem Metall eigentümlich ist. Dieser Zustand ist durch die Linie 4 im Schaubild Fig. 2 angedeutet. Er sollte stets den Ausgangspunkt für die technische Beurteilung des Me- talls als Baustoff bilden. Der Technologe muß aber noch 0 €z, t,, einen andern Maßstab zur Beur- teilung an das Metall anlegen, als ihn der Baumeister benutzt. Der Technologe soll das Metall von der einen Form in die endgültige überführen, ohne seinen Zusammenhalt zu zerstören (prägen, pressen, drücken, walzen, ziehen); er hat zur bequemen Darstellbarkeit der Eigenschaften Zusammenfassungen der bisher behandelten Einzelwerte gebildet. Er hat beispielsweise den Begriff der »Formänderungsarbeit« eingeführt, indem er aus dem Schaubilde den Flächenvergleich, den »Völligkeitsgrad« £,d.i. das Ver- 6 Fig. 3. hältnis des umschriebenen Recht- eckes 012 3 Fig. 3 zu dem Inhalt der von der Schaulinie eingeschlosse- nen Fläche benutzt. Diese Fläche stellt die Summe DH, also aus Kraft mal Weg, die Arbeit dar, die die Raumeinheit des Stoffes der Formänderung entgegensetzt. Nach- dem die Erfahrung gelehrt hat, daß & für jeden Stoffzustand eine Kon- stante ist, so kann die Formänderungsarbeit auch durch o,&,£ aus- em ke gedrückt werden; es ist also o;E&,£ = 3° ae, oder mit dem cem k spezifischen Gewicht s umgerechnet — IE dt g Einen merklichen Einfluß auf die Gestalt des Schaubildes hat erfahrungsgemäß die Geschwindigkeit v, mit der beim Festigkeits- 212 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. versuch die Formänderung des Probekörpers herbeigeführt wird. Der Stoff nimmt keineswegs augenblicklich die Gestalt an, die er mit der Zeit unter der Wirkung der Kraft P bei der durch sie erzeugten Spannung annehmen würde, wenn ihm die nötige Zeit gelassen wird. Es findet also unter der Wirkung der Kraft P fortwährende Verlänge- rung durch Verschiebung der kleinsten Teile im Stabe statt, bis schließ- lich, meist nach Wochen und Monaten, Gleichgewicht eintritt; die Ver- schiebung der kleinsten Teile, das »Fließen« des Körpers, vollzieht sich gewissermaßen wie in einer sehr zähen Flüssigkeit, deren innerer Reibungswiderstand mehr oder minder schnell die Ruhe herbeiführt. Die Geschwindigkeit, mit der die Reibungsdämpfung wirkt, ist von der Natur des Stoffes abhängig. Will man dessen Eigenschaften also ganz ergründen, so wird man diese Vorgänge »Nachwirkungen« in den Bereich des Versuches ziehen müssen. Wenn man den Zerreißversuch in der Weise ausführt, daß man die Verlängerung während des Versuches absatzweise mit verschiede- ner Geschwindigkeit hervorruft, so wird das Schaubild sich etwa so gestalten, wie in Fig. 4 angedeutet. Wenn die normale Geschwindig- keit v verringert wird, so wird die Linie v,, wenn die Geschwindigkeit vergrößert wird, so wird die Linie v, den Verlauf des Versuches dar- stellen. Geht man also während 0 FREE des Versuches von der einen Ge- schwindigkeit mehrmals zur ande- ren über, so erhält man die ausgezogenen Zacken im Schaubild, deren Höhe ein Maß für die Wirkung der angewendeten Geschwindig- keiten gibt. Der Einfluß der Geschwindigkeit ist bei manchen Metallen sehr groß, bei vielen aber so gering, daß man ihn für technische Zwecke vernachlässigen darf. Bei Zink kann er leicht bis auf etwa 50 Pro- zent steigen, während er beim Eisen 1.5 Prozent betragen mag". Die Wirkung der Zeit auf den Formänderungsvorgang ist seit lan- gem bemerkt worden. Ihren Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften der in der Technik verwendeten Metalle hat in ausführlicher Weise besonders BAauscHinger” studiert. Er hat nachgewiesen, daß in einem ı A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Berlin, Julius Springer, Abs. 282— 294. 2 Mitteilungen des Mechanisch-Technischen Laboratoriums der Kgl. Techn. Hoch- schule zu München 1891, Heft 2o. Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 213 Metallstab, der bei Zimmerwärme auf Zugfestigkeit geprüft wird, sich die charakteristischen Punkte auch noch dann ändern, wenn der Stab nach der Entlastung in Ruhe bleibt; er hat eine Reihe von gesetz- mäßigen Erscheinungen angegeben, die ich versuchte ebenfalls durch Sehaubilder darzustellen'. Bauschiseer fand z.B., daß die Verkür- zung nach der Entlastung noch stunden-, tage- und wochenlang vor sich ging; er zeigte, daß je nach der Höhe der vorausgegangenen Beanspruchung, während der Ruhe nach der Entlastung, sich die Streck- grenze o, nach oben verschiebt, und zwar unter Umständen über die Höhe der vorher angewendeten Beanspruchung hinaus, während die Dehnung Z sich verminderte. Er fand ferner, daß die so künstlich veränderten Grenzwerte, durch die Erschütterungen (Stöße) und durch Erhitzungen während der Ruhepause, auf den ursprünglichen Zustand annähernd zurückgebracht werden können u.a.m. Man erkennt aus diesen Tatsachen, daß wir es bei unseren Metallen kaum mit eigentlich festen Körpern zu tun haben, daß in ihnen viel- mehr ständiges Fließen von einem Zustande in den andern. stattfindet, und man kann sich leicht vorstellen, daß in ihnen kaum jemals Ruhe, sondern jederzeit das Streben nach einem endlichen Gleichgewichts- zustand vorhanden ist. Diese Änderungen vollziehen sich nun nicht nur während der Ruhe unter der Belastung oder nach der Entlastung, sondern sie treten auch während des Versuches bei der Belastungssteigerung oder bei der Lastverminderung auf; sie verlaufen also gewissermaßen überein- ander, wie die leichten Kräuselwellen über die Hauptwelle. Diese Vorgänge, »Nachwirkungen«, sind die Ursache, daß der Techniker in seinen Baustoffen eigentlich niemals mit bestimmten Zu- ständen rechnen dürfte. Er ist ihretwegen gezwungen, die rechnungs- mäßigen Spannungsgrößen, »zulässigen Spannungen«, die er zur Vermeidung von Gefahr noch anwenden darf, auf die langjährigen Erfahrungen am Bauwerk zu gründen. Nachdem man früher mit der sogenannten »Bruchsicherheit« rechnete, indem man die zu- lässige Spannung s; nach der Bruchfestigkeit o; bemaß, 0; = - [0% (n = 4 bis 10), ist man heute immer mehr dazu übergegangen, die »Elastizitätsgrenze« o,, d.h. diejenige Spannung, bei der der Körper noch keine meßbare bleibende Formänderung erleidet, als Maßstab zu : I : benutzen, indem man 0; = —- 0; Setzt, wobei n etwa = 2 gesetzt n ! A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Abs. 313 und 314. Vgl. auch die dort angegebenen Quellen. 214 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. wird. 0; ist aber ohne Feinmessungen nicht zu bestimmen, und des- wegen sucht die Praxis an seine Stelle die später in das Prüfungs- wesen dureh Bauschinger eingeführte Streckgrenze co, (vielfach auch »praktische Elastizitätsgrenze« genannt) an Stelle der Elastizitäts- ” e. I . grenze einzuführen, und man verlangt dann 0x = —-o,, wobein=2 n bis 3 gesetzt werden darf. Alle diese Festsetzungen von co; beruhen schließlich doch immer wieder auf der ursprünglichen Grundlage der praktischen Erfahrung des Baugewerbes und des Maschinenbaues, denn zwischen E, Sund B bestehen bei den einzelnen Baustoffen praktisch feste Verhältnisse, so daß je nach der Wahl von n doch immer wieder die ursprüngliche Beziehung von 0; zu ©, hergestellt wird. Die Praxis hatte unbewußt auch die Abhängigkeit der Festigkeitseigenschaften von den äußeren Umständen, unter denen das Material entstand und im Bauwerk zu arbeiten hatte, berücksichtigt, indem sie den Sicherheitsfaktor n = 4 bis 10 annahm; der erfahrene Ingenieur wählte für verschiedene Zwecke verschiedene Sicherheitsgrade n. Ausert 1828, W. FaırBaırn 1864, A. Wörter 1860 haben ver- sucht, an Stelle der Ableitung aus langjähriger Erfahrung, die Sicher- heitszahln gewissermaßen durch die versuchsmäßig durchgeführte prak- tische Inanspruchnahme des Baustoffes schneller und sicherer zu er- langen, indem sie die Probestücke möglichst genau so wie im Bauwerk durch sehr oft wiederholten Spannungswechsel beanspruchten, d.h. sogenannte »Dauerversuche« ausführten. Diese Richtung im Ma- terialprüfungswesen besteht auch heute noch und hat besonders im Auslande weitern Ausbau erfahren. Ich selbst hatte Gelegenheit, im Jahre 1906 der Akademie die im Kgl. Materialprüfungsamt benutzten Einrichtungen für Dauerversuche vorzuführen und die leitenden Grund- sätze für den Aufbau der Maschinen zu erläutern. A. Wönter u. a. ließen die Belastungswechsel, entsprechend den ihnen vorschwebenden praktischen Verhältnissen, ziemlich langsam auf- einanderfolgen, während man zur Zeit, namentlich in England und Ame- rika, hofft, dadurch schneller zum Ziele zu kommen, daß man die Be- anspruchungszahl in der Minute wesentlich erhöht. Aus meinen oben gemachten Mitteilungen über die Vorgänge beim Zerreißversuch er- kennt man aber, daß man hierbei zu ganz anderen Ergebnissen kom- men wird, als bei langsamen Lastwechseln. Daher ist heute voraus- zusehen, daß Dauerversuche auch nur in beschränktem Maße zum Ziele führen werden, und daß sie insbesondere sehr kostspielig werden, wenn man von ihnen vollen Aufschluß über das Wesen der Baustoffe verlangt. ja N N NULL ln nn En TE Ve a m En — Marrens: Zustandsänderungen der Metalle, 21: Der bautechnische Zielpunkt des Dauerversuches wird immer sein, diejenige Spannung oy (»Arbeitsfestigkeit'«) zu finden, die der Körper vielmillionenmal ertragen kann, ohne zu Bruche zu gehen. Es fragt sich, ob man nicht auf kürzerm Wege zum Ziele ge- langen kann; solche Wege zu finden wird sich lohnen. ÄUTENHEIMER” u. a. haben angenommen, daß der Bruch beim Dauer- versuch dadurch herbeigeführt werde, daß bei jeder Anspannung ein gewisser kleiner Teil des Arbeitsvermögens im Stabe aufgezehrt wird, so daß sich der Gesamtbetrag allmählich erschöpft. Um diese An- schauung zu prüfen, habe ich bei meinen Dauerversuchen die bleibende Verlängerung und die Querschnittsänderungen des Stabes von Zeit zu Zeit feststellen lassen und habe gefunden, daß in der Tat bei jeder Anspannung von der Größe, die schließlich zum Bruche führt, eine bleibende Verlängerung erzeugt wird. Sehr viele Stäbe haben einen Verlauf des Formänderungsvorganges bei oft wiederholten Beanspru- chungen gezeigt, der wie in g’ Fig. 5. Fig. 5 dargestellt werden kann, indem man die Zahl der Anspannungen A nach are rechts, die dabei erzielten Verlängerungen #’nach oben aufträgt. Wenn die Anspan- nung ©, die Streckgrenze oc, erreicht oder übersteigt, so wird der Linienverlauf, an- fangs steil aufsteigend, in die fast gerade Linie a b übergehen und hinter b bis Z wieder steil ansteigen, d. h. also, zu Beginn und am Ende des Versuches tritt eine starke Verlängerung auf, und auf der Strecke ab nimmt meistens die Verlängerung Z’ proportional mit der Zahl der Beanspruchungen A zu, bis kurz vor dem Bruch bei Z wiederum starke Formänderung ’ za AE eintritt. Die Neigung ER der Geraden ab gibt also ein Maß für die jeder Anspannung entsprechende Formänderung, d. h. für den Anteil, um den das Arbeitsvermögen des Stabes erschöpft wird. Wenn dieser Vorgang immer gesetzmäßig eintritt und man im- stande wäre, das jedem Stoff zukommende Arbeitsvermögen restlos zu bestimmen, so könnte in der Tat durch verhältnismäßig wenige Anspannungen der Zweck des Dauerversuches erreicht werden und ! A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Abs. 312. ®2 AUTENHEIMER, Schwächung des Arbeitsvermögens der Materialien durch Be- lastungswechsel, Broschüre. Sitzungsberichte 1910. 18 216 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. damit wäre in erheblichem Maße Zeit und Geld erspart. Die Voraus- setzung ist aber zur Zeit noch nicht genügend begründet, und es muß daher mit allem Scharfsinn gestrebt werden, hier etwas Brauchbares zu schaffen. Von den Erfahrungen ausgehend, die ich bei früheren Versuchen über die oben schon angedeuteten Nachwirkungserscheinungen sammelte, habe ich einen Versuch gemacht, der Sache näherzukommen, den ich weiter unten andeuten will; hier seien zunächst noch die früheren Erfahrungen übersichtlich zusammengestellt. Die Nachwirkungen, die ich hier im Auge habe, traten besonders lehrreich bei Versuchen hervor, die ich im Jahre 1837 mit Magnesium ausführte, deren Ergebnisse zum Teil in Fig. 6 niedergelegt sind'. Versuchsergebnisse. 2 E= E'in— cm (em 10-5) nach 100000 kg/gem | cm 10-5 f le 3 4 |5 Min. | | | | 1270 3502 7 sro 0 22070 ES Taaat 50 13500 0 2247 20 | 29 36 46 51 1440 | 450 Io 530 50 55 69 80 | 98 —4 |-ıo —ıı |-ı3 | —ı6 1440 A | ae | 61 72 77 1510 502 330 51 59 1 85 1590 548 Zu LE er 56 80 158 —II ı —ı7 | —28 | —31 | —34 1590 577 23.0 Ans| 665) 83.00 297 1670 628 30 | FE Nee Die Zerreißversuche mit Magnesium wurden unter Anwendung von Spiegelapparaten ausgeführt”, die die Längenänderungen in der Größen- ! Mitteilungen aus den Kgl. Technischen Versuchsanstalten, 1887, Heft I. 2 ” A.Marrvens, Handbuch der Materialienkunde, Abs. 8r—98 und Abs. 690— 705. Be Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 217 ordnung em-107° ablesen ließen. Man erhielt bei Belastung und Ent- lastung die in Fig. 6 eingetragenen Werte. Bei hohen Spannungen (1270 Atm. und mehr) nahmen die Ablesungen von Minute zu Minute zu. Die bei den verschiedenen Spannungen nach je 5 Minuten er- haltenen Nachwirkungen sind in Fig. 7 eingetragen. Die während der ersten 5 Minuten unter der Last vollzogenen Nachwirkungen sind in Fig. 6 dureh die kurzen, stark ausgezogenen Linien angedeutet; die unter der geringen Anfangsspannung co, = 80 Atm. vollzogenen Nach- verkürzungen, ebenso die unter der ersten Wiederbelastung bei den Punkten # und J vollzogenen Nachstreckungen sind durch Doppellinien gekennzeichnet. Man sieht, daß die Beträge der Nachwirkungen deut- 1270 960 6w 320 m SEO E01 02007,250073002735077400 lich mit wachsender Spannung zunehmen, und zwar sowohl diejenigen unter hohen Spannungen, als auch die Nachverkürzungen unter der Entlastungsspannung von os, = So Atm. Solche Entlastungen wurden von C und G aus vorgenommen. Trägt man die den einzelnen Mi- nuten entsprechenden Nachwirkungen in Fig. 7 auf, so erkennt man leicht, daß jedesmal der in der ersten Minute erhaltene Betrag am größten ist, und daß er von da ab in jeder ferneren Minute geringer wird. Nach der ersten Wiederbelastung ist jedesmal die Nachwirkung kleiner als unter der erstmaligen Belastung von gleicher Höhe”. Das Gesetz, nach welchem die Nachwirkungen verlaufen, ist auch in Fig. 6 eingetragen; es ist in Fig. 7 durch die Linienzüge I—-ı4 rechts neben ® Die Vorgänge laufen übereinander, wie die Kräuselwellen auf der Hauptwelle; weil auch während der Wiederbelastung noch die Nachverkürzung infolge der vorauf- gehenden Entlastung vor sich geht, erscheint die erste Nachverlängerung geringer als bei der ersten Belastung im jungfräulichen Stabe. 18* 218 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. der Nullinie gegeben, während die Verkürzungen unter der Entlastungs- spannung 0, = 80 Atm. links von der Achse angedeutet sind. In Fig. 8 ist der Verlauf der Nachwirkungen bei bestimmten Spannungen, wie er in den ersten Minuten, I— 16, entsteht, hinter- einander aufgetragen. Man erkennt, daß jedesmal in der ersten Minute Fig. 8. LIEBE VE u oe N un die stärkste Nachwirkung stattfindet und daß diese mit jeder folgenden Minute kleiner wird. Es fragt sich nun, wie wird der Verlauf nach sehr langer Zeit werden? Kommt der Körper unter einer Anspannung, die lange Zeit dauert, zur Ruhe? oder nimmt die Nachwirkung in der Minute etwa gar nach einiger Zeit wieder einen schnellern Ver- lauf, so daß sie mit der Zeit den Bruch des Stabes herbeiführt? Man erkennt leicht, daß man auch nach diesen Gesichtspunkten Dauerversuche würde durchführen können, wenn sie nicht für den Beobachter gar zu ermüdend wären. Will man diesen Gedanken er- schöpfend verfolgen, so wird man gezwungen sein, an Stelle des Beob- achters die Maschine zu setzen, d. h. eine Einrichtung zu treffen, die ganz selbsttätig das Versuchsergebnis so verzeichnet, daß die Gesetze nachträglich daraus abgeleitet werden können, wenn sie nicht gar von der Maschine selbst gleich aufgezeichnet werden. Eine Lösung erster Art ließe sich etwa so denken, daß man die bei der Spiegelablesung im Fernrohr erscheinenden Bilder, statt sie mit dem Auge abzulesen, gewissermaßen kinematographisch aufnimmt. Die Maßbestimmung könnte hierbei wahrscheinlich auch noch mit größerer Schärfe ge- schehen als durch die Schätzung mit dem Auge. Der zweite Gedanke läßt sich am zweckmäßigsten ebenfalls auf photographischem Wege Bar Bee a „U we Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 219 verwirklichen. Ich gab für die Pohlmeyermaschine Andeutungen hier- für in meinem Handbuch der Materialienkunde (Absatz 532 und 716) und hoffe, sie in nächster Zukunft verwirklichen zu können. Die in Fig. 5 niedergelegten Erfahrungen über den Verlauf des Schaubildes der Verlängerungen während des Dauerversuches legten es nahe, eine eingehende Untersuchung über das Verhalten des Stabes während des ersten Teiles bis zum Punkt a einzuleiten. Ich ließ des- halb Versuche in der Festigkeitsprobiermaschine mit Feinmessungen (Spiegelapparat) ausführen, und zwar so, daß durch satzweises Vor- gehen diejenige Spannung (» Proportionalitätsgrenze «) aufgesucht wurde, bis zu welcher gleiche Spannungsdifferenzen gleiche Verlängerungsdiffe- renzen hervorbringen, bis zu der die Schaulinie also geradlinig verläuft und der Körper sich vollkommen elastisch verhält. Von > aus wurde bei weiterm Vorgehen bei jeder neuen Belastungsstufe die Anspan- nung zwischen o, und o, sehr oft wiederholt (r00mal), um festzu- stellen, wie groß für jede Anspannungsfolge neben der elastischen Verlängerung E die bleibende #’ wurde. Die so gewonnenen Punkt- gruppen für AZ’ wurden durch Ausgleichslinien dargestellt, die in Fig. 9 (Gruppe A) die Linien 1ı— 10 lieferten; die zugehörigen Span- nungsgrenzen für co, sind in der kleinen Tabelle C, Fig. 9 angegeben; die Spannungsstufe A, betrug jedesmal 225 kg/gem. Bildete man in jeder Ausspanuungsfolge aus den Ablesungen die Differenzen AK’ und trug sie zum Schaubild auf, so ergab sich Fig. 9, Liniengruppe A. Sie zeigt, daß AZ’ für die erstmalige Anspannung des Stabes unter einer neuen Laststufe am größten war, und daß A#’ dann allmählich abnahm und sich einem gleichbleibenden Werte näherte, also asympto- tisch zur Nullinie verliefen, wobei der Abstand von der Nullinie mit jeder höheren Spannungsstufe größer wurde. Diesen Weg werde ich weiter verfolgen, weil ich annehme, daß mit der höheren Spannung schließlich ein Zustand eintritt, bei dem A#’ nach einer Anzahl von Anspannungen wieder größer wird (vgl. Linienzug 10 in Fig.9 A); mit der hierzu gehörigen Spannung wird diejenige Spannung 7 gefunden sein, die den Stab beim Dauerversuch in nicht allzu langer Zeit zu Bruche führt. Der bisher geschilderte Vorgang der Nachwirkungen ist aber noch keineswegs erschöpfend; es gibt noch eine Reihe von Vorgängen, die technisch wertvolle Aufschlüsse liefern können. Solche Vorgänge spielen sich namentlich bei den zur Verarbeitung der Metalle benutzten sogenannten Veredelungsverfahren ab. Bei diesen wird zumeist die Wärme zu Hilfe genommen, und man benutzt beispielsweise die durch schnelle oder langsame Abkühlung eintretenden Zustandsänderungen der Metalle, um diesen Baustoffen technisch wertvolle Eigenschaften 220 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar. > ,3 0g&10 I. 0,=2585 2810 A,=225kg 2. » = 2698— 2923 — on 3. » = 2810—3035 =225° 4. » = 2923— 3147 22H 5. » = 3035—3260 a 6. » = 3147 —3372 ee 7. » = 3260—3485 Vz=maR“ 8. » = 3372—3597 ZN 9. » =3485—37I0 » =225 » I0o. » = 3597— 3822 926 zu verleihen; ich nenne das Abschrecken in Wasser oder in Öl, das Warmpressen usw. Es ist von vornherein zu erwarten, daß auch hier- bei der einem bestimmten Verfahren zukommende Endzustand nicht augenblicklich eintritt, sondern daß ähnlich den vorhin besprochenen Nachwirkungen auch bei der Veredelung Nachwirkungen stattfinden werden, deren Erforschung von großem Wert sein dürfte. Meine im Jahre 1887 mit Magnesium gemachten Erfahrungen lassen mich ver- muten, daß in dieser Hinsicht besonders die Leichtmetalle von Be- deutung für die Erkenntnis sein werden. Ich nahm daher als Vor- sitzender des Preisgerichtes für den Wettbewerb von Leichtmetallen auf der Internationalen Ausstellung für Luftschiffahrt zu Frankfurt a. M. Gelegenheit, mir von den Fabrikanten Muster für eine eingehende Untersuchung zu erbitten. Die Ergebnisse dieser Versuche werde ich später vorlegen, wenn die Firmen die Erlaubnis hierzu geben werden. a ZU A nn Ew 22 a 2 m EEE Zn u de Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 22] Die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung tierischer Eier. Von Oscar HErTwic. (Vorgetragen am 15. Juli 1909 [s. Jahrg. 1909 S. 887].) Dlchon bald nach der Entdeckung des Radiums und seiner überraschen- den physikalischen Eigenschaften ist auch die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf die intensiven Wirkungen gelenkt worden, die es auf die Lebensprozesse pflanzlicher und tierischer Zellen ausübt. Zahl- reich sind schon die Versuche, das Radium auch als therapeutisches Mittel in der Medizin zu verwerten. In verschiedenen Richtungen hat man begonnen, seine Wirkungen auf den lebenden Organismus genauer zu studieren. Auf tierischem Gebiete sind die meist nur kurzen Mit- teilungen von Bons, Hüneke, BirscH-HirschreLn, PERTHES, SCHAPER, Levy, Herter, Schmivt, BArDEEN hervorzuheben. Mit der Wirkung des Radiums auf die Keimung und das Wachstum der Pflanzen haben sich KörsıckE und GuILLEnınoT beschäftigt. Der letztgenannte hat auch ein größeres Buch: »Rayons X et radiations diverses. Actions sur l’organisme« in der Eneyelopedie scientifique 1910, erscheinen lassen und in ihm eine zusammenfassende Darstellung über die Ergebnisse der bis jetzt erschienenen Arbeiten gegeben. Für mich waren von besonderem Interesse die Beobachtungen von ScHarer, Levy und BARDEEN, da sie an dem auch von mir benutzten Objekt, den Eiern von Amphibien, angestellt wurden. Der so früh verstorbene ScHAPER hat selbst nur eine kurze vorläufige Mitteilung: » Experimentelle Unter- suchungen über den Einfluß der Radiumstrahlen auf embryonale und regenerative Vorgänge« im Anatomischen Anzeiger veröffentlichen können. Das von ihm hinterlassene Beobachtungsmaterial hat nach SCHAPERS Tod noch eine genauere Durcharbeitung, soweit es mög- lich war, durch Oskar Levy erfahren. Seine Veröffentlichung im Ar- chiv für Entwicklungsmechanik 1906 führt den Titel: » Mikroskopische Untersuchung zu Experimenten über den Einfluß der Radiumstrahlen auf embryonale und regenerative Entwicklung«. Mit der kurzen, vor- 222 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. läufigen Mitteilung von BArDErn: »Variations in susceptibility of Am- phibian ova over the X-rays at different stages of development« wurde ich erst später nach meinem in der Akademiesitzung (15. Juli 1909) gehaltenen Vortrag bekannt. Sie ist im April 1909 in The anatomical Record erschienen. Meine Untersuchungen wurden im Winter 1909 an Eiern und Larven vom Axolotl begonnen, und an den Eiern von Rana fusca und temporaria sowie an den Geschlechtsprodukten von zwei Seeigelarten, Strongylocentrotus und Echinus miliaris, die ich aus Rovigno und Nor- derney bezog, fortgeführt. Obwohl dieselben noch nicht zum völligen Abschluß gelangt sind und noch fortgesetzt werden, wie denn das reichlich konservierte Material bis jetzt nur teilweise hat bearbeitet werden können, gebe ich im Anschluß an meinen Vortrag in der XXXVI. Sitzung der Akademie (15. Juli 1909) einen kurzen Bericht über die hauptsächlichen Ergebnisse. 1. Bestrahlung befruchteter Amphibieneier. Eine größere Reihe von Radiumversuchen wurden an befruch- teten Amphibieneiern (Frosch und Axolotl) in systematischer Weise angestellt. Auf charakteristischen Anfangsstadien der Entwicklung 1. beim Beginn der Zweiteilung, 2. auf dem Stadium der Keimblase, 3. der Gastrula, 4. zur Zeit der Bildung der Nervenplatte und Ner- venrinne wurden die Eier 5 und ı0 Minuten, eine halbe oder ganze Stunde, ferner 2, 3 und 4 Stunden mit Radium bestrahlt. Die An- ordnung eines jeden Experiments war folgende: In der Mitte einiger Objektträger wurden je 2 dicke Glasleisten in einem Abstand von wenig mehr als ı cm parallel zueinander mit Wachs befestigt. Sie dienten zum Auflegen der Radiumkapsel und wurden daher in solcher Dicke gewählt, daß ein einzelnes Ei auch mit stark gequollener, von Wasser durchtränkter Gallerte zwischen dem Objektträger und dem Glimmerplättchen der Kapsel noch gerade Platz fand und nur durch eine dünne Luftschicht von letzterem getrennt blieb. Die Radium- kapsel wurde so aufgelegt, daß die nach oben gerichtete Hälfte des Eies in die Mitte des Radiumpräparates zu liegen kam, und daher von den ausgesandten Strahlen direkt und in kleinem Abstand ge- troffen wurde. Zu jedem Versuch wurde also jedesmal nur ein ein- ziges Ei benutzt. Da ich aber über fünf Radiumkapseln' verfügte, £} ! Die Radiumpräparate wurden mir vom hiesigen Physikalischen Institut, von der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten und von der Kaiser-Wilhelm-Aka- demie für meine Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Ich ergreife gern die Ge- legenheit, den Direktoren der betreffenden Anstalten, den HH. Rusens und Lesser und Hrn. Generalarzt Dr. Kern, meinen Dank für ihr Entgegenkommen auszusprechen. Herıwiıc: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 223 konnten immer 5 Eier auf genau demselben Stadium bestrahlt werden. Nach Beendigung des Versuchs wurde jedes Ei in ein kleines Glas- gefäß mit frischem Wasser gebracht und seine Weiterentwicklung bis zu dem Zeitpunkt verfolgt, wo es wünschenswert schien, seine Kon- servierung vorzunehmen. Für histologische Untersuchung wurden die Objekte in ihrer Gallerte teils in Formalin, teils in Pikrinessigsäure, teils in 0.2 Prozent Chromsäure eingelegt. Bei allen von mir vorgenommenen Experimenten mit Radium läßt sich als allgemeine Regel feststellen, daß alle in Entwicklung be- griffenen Eier während der Bestrahlung und geraume Zeit nach der- selben keine Reaktion auf den Eingriff erkennen lassen. Die Ent- wicklung nimmt zunächst wie beim Kontrollobjekt ungestört ihren Fortgang. Erst nach einer längeren Latenzperiode macht sich die Radiumwirkung, und zwar stets in einer sehr nachteiligen Weise, be- merkbar. Sie fällt sehr verschieden aus, je nach dem Entwicklungs- stadium des Eies, auf welehem die Bestrahlung vorgenommen wurde. Auch ihre Dauer sowie die Stärke des verwandten Präparates ist für die Intensität der Störung maßgebend. Froscheier, die während oder nach vollzogener erster Teilung ı, 2, 3 oder 4 Stunden bestrahlt wurden, fahren, wie es scheint, ohne Störung sich zu teilen fort; sie bilden eine Morula und bei kürzerer Dauer der Exposition auch eine Keimblase. Auf diesem Stadium aber kommt die Entwicklung spätestens ohne Ausnahme zum Stillstand. Während die Kontrolleier den Urmund und die Rückenwülste bilden usw., entwickeln sich die bestrahlten Eier nicht über das Morula- und Keimblasenstadium hinaus. Sie sind so geschädigt worden, daß sie schließlich absterben. Man erkennt dies schon daran. daß am 3., 4. oder 5. Tag die perivitelline Flüssigkeit sich zu trüben beginnt und die Blasenoberfläche eine feinkörnige Beschaffenheit annimmt. An Schnitten durch konserviertes Material läßt sich leicht feststellen, daß, wenn auch die äußere Form der Keimblasen sich leidlich erhalten hat, die einzelnen Zellen doch schon vor der Konservierung der Objekte alıgestorben waren. Die Empfindlichkeit des Amphibieneies gegen Ra- diumbestrahlung ist auf seinem Anfangsstadium eine besonders große. Bei vier Axolotleiern, die teils 5, teils 10 Minuten im Zustand der Zweiteilung bestrahlt wurden, genügte diese Einwirkung schon voll- kommen, um den Tod auf dem Keimblasenstadium herbeizuführen. Auch die Bestrahlung der Froscheier auf dem Stadium der Mo- rula und der Keimblase während einer halben, einer ganzen Stunde oder mehr führt bald zu vollständigem Stillstand ihrer Entwicklung und schließlich zum Zerfall in der oben erwähnten Weise. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Bestrahlung vom animalen oder vegetativen 224 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. Pol aus stattgefunden hat. Eine normale Gastrulation ist unmöglich geworden; höchstens kommt es hier und da noch zu schwachen An- sätzen einer Einstülpung, indem sieh unregelmäßige Rinnenbildungen an der Randzone beobachten lassen. Eine eigentümliche, mit großer Konstanz auftretende Reaktion zeigt sich bei Eiern, die am Beginn oder während der Urmundbildung +—4 Stunden bestrahlt werden. Zwar nimmt der Prozeß der Ein- stülpung seinen weiteren Fortgang, aber während desselben werden kleinere und größere Brocken von Dotterzellen in den perivitellinen Raum abgestoßen, wo sie sich zwischen Embryo und Dotterhaut ansammeln. Infolgedessen wird der Embryo erheblich verkleinert. Nach 2 Tagen haben die Eier ihr Aussehen stark verändert. Der perivitelline Raum ist mit einer trüben, feinkörnigen und durch verteiltes Pigment grau gefärbten Flüssigkeit gefärbt, so daß wohl jeder die Eier auf den ersten Blick für abgestorben und in Zerfall begriffen halten wird. Das ist nun aber keineswegs der Fall. Denn wenn man mit Schere und Nadel die Gallerte und Dotterhaut abpräpariert, so kann man aus der trüben, perivitellinen Flüssigkeit einen stark verkleinerten Embryo iso- lieren, der etwas gestreckt ist und ein Kopf- und Schwanzende er- kennen läßt. Da er ein Flimmerkleid entwickelt hat, führt er im Wasser rotierende Bewegungen aus. Die Flimmerung der Körperoberfläche ist auch die Ursache, daß die bei der Gastrulation ausgetretenen Dotter- brocken in kleinere Partikelchen zerlegt worden sind und die eben er- wähnte allgemeine Trübung der perivitellinen Flüssigkeit hervorge- rufen haben. Die Zwergembryonen wurden, da auf ihr längeres Fort- leben doch nicht zu rechnen war, behufs Untersuchung auf Schnitten in Pikrinessigsäure konserviert. Von Eiern, bei denen die Gastrulation beendet, die Medullarplatte gebildet und entweder noch flach ausgebreitet oder zu einer mehr oder minder tiefen Rinne zusammengekrümmt ist, werden nicht mehr Dotterpartikel in den perivitellinen Raum infolge der Radiumbestrah- lung ausgestoßen. Die perivitelline Flüssigkeit bleibt klar, die Ent- wicklung nimmt ihren weiteren Fortgang. Die Nervenrinne hat sich bald zum Rohr geschlossen, Kopf und Schwanzende beginnen sich ab- zusetzen. Am Kopf werden frühzeitig zwei große Haftnäpfe ausge- bildet. Kiemenfäden treten als kleine Höcker auf, die nach und nach zu kurzen Zöttehen auswachsen; das Schwanzende umgibt sich mit einem Flossensaum. Die sieh streekenden Larven lassen sich, je nach- dem die Bestrahlung 15 oder 30 Minuten, ı, 2 oder mehr Stunden vor- genommen wurde, 1—2 Wochen am Leben erhalten. Im Vergleich zu den Kontrolltieren bleiben sie aber nicht nur in der Entwicklung etwas zurück, sondern sie sind auch je nach der Dauer der Radiumbestrah- Herrwıc: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 225 lung mehr oder minder stark mißgebildet, und zwar alle in einer ziemlich gleichartigen Weise. Es läßt sich dies schon bei äußerlicher Betrachtung, noch besser aber bei Zerlegung in Schnittserien feststellen. Während die Kontrolltiere langgestreckt und schlank sind und bei Befreiung aus der Gallerte sich im Wasser hurtig fortbewegen, haben die Radiumlarven ein unförmliches Aussehen. Ihre Bauchgegend ist infolge einer allmählich eintretenden Wassersucht trommelartig aufge- trieben. Die Bauchwand ist sehr verdünnt und durchsichtig, so daß man das Herz und den Darmkanal durch sie deutlich hindurchschimmern und das Schlagen des Herzens sieht. Der wenig entwickelte und noch wenig gegliederte Kopf bildet einen gewöhnlich dorsalwärts empor- gerichteten Höcker; das Schwanzende, welches von einem durchsich- tigen Flossensaum umhüllt wird, ist unter stumpfem oder sogar rechtem Winkel über die Rückenfläche nach oben gekrümmt. Die Larve bildet daher einen dorsalwärts offenen Halbring. Nach der Befreiung aus der Gallerthülle behalten die Larven ihre zusammengekrümmte Form bei; sie bleiben fast unbeweglich im Wasser liegen. Wenn ihre Oberfläche mit einer Nadelspitze berührt wird, treten einige zitternde, konvulsivische Bewegungen des Rumpfes und des Schwanzes ein, auf die nach kurzer Dauer wieder vollkommene Bewegungslosigkeit folgt. Berührung und Zuckung sind gewöhnlich dureh ein verschieden langes Intervall voneinander getrennt. Wenn man die Larven nach ihrer Befreiung aus der Gallerte einige Tage im Wasser lebend erhält, so fallen die Bewegungen bei Reizung mit der Nadel von Tag zu Tag schwächer aus. Die Erklärung für das abnorme Verhalten gewinnt man durch die Untersuchung von Schnittserien. Einzelne innere Organe haben als Nachwirkung der Radiumbestrahlung hochgradige Veränderungen erfahren. In erster Linie zeigt sich das Zentralnervensystem, Gehirn und Rückenmark, nach ihm die Sinnes- organe und die Muskulatur geschädigt. Bei längerer Dauer der Radium- wirkung hat sich überhaupt kein funktionsfähiges Hirn- und Rücken- mark entwickelt, vielmehr haben sich die zu ihrer Anlage bestimmten Zellen in eine eigentümliche Gewebsmasse aufgelöst, die aus locker zusammenliegenden Rundzellen ohne feste Anordnung und Struktur besteht. Die Rundzellen sind sehr verschieden groß und schließen in verschiedener Weise veränderte Kerne sehr ungleicher Größe ein. Ab und zu sind auch einzelne Mitosen anzutreffen. Auf kurzen Strecken finden sich Reste eines von epithelartig angeordneten Zellen abge- grenzten Zentralkanals vor. Bei den höheren Graden der Schädigung werden auch die Anlagen von den Augen und Gehörbläschen ganz ver- mißt, oder man beobachtet von den Gehörbläschen nur Spuren in Form von kleinen Hohlräumen, die von epithelartig zusammenschließenden 226 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. Zellen umgrenzt, in der oben charakterisierten, pathologischen Gewebe- platte liegen. Desgleichen haben sich in derartigen extremen Fällen aus den Muskelplatten keine embryonalen Muskelfasern oder nur wenige an einzelnen Stellen entwickelt; die für sie bestimmten Zellen sind auch in eine Masse undifferenzierter Rundzellen, die verschiedene Grade von Kerndegenerationen zeigen, umgewandelt. Viel weniger haben alle übrigen Organ- und Gewebsanlagen, man- che vielleicht auch gar nicht, unter der Radiumwirkung gelitten. Stets wird die Chorda unter der Gewebsmasse, welche das degenerierte Zen- tralnervensystem repräsentiert, als ein scharf abgegrenzter Strang von großen, blasigen Zellen angetroffen; sie erreicht zuweilen größere Di- mensionen als bei den normal gebildeten Kontrollarven und nimmt in der Rückengegend nicht selten eine sehr oberflächliche Lage ein. Der Darmkanal und unter ihm der Herzschlauch sind in normaler Weise angelegt. Der Urnierengang und die Vornierenkanälchen werden nicht vermißt und sind zuweilen sogar mit weiterem Lumen als gewöhnlich versehen. In der Epidermis schließen die Zellen zum Epithel dicht aneinander, doch sind auf ihr bei stärker geschädigten Larven kleine Exkreszenzen hier und da entstanden. Die Haftnäpfe fallen an dem sonst ungegliederten Kopf durch ihre Größe besonders auf und sind aus langgestreckten Zylinderzellen zusammengesetzt. Das Gallertge- webe ist am Kopf und Flossensaum eher reichlicher als an normalen Tieren ausgebildet und zeigt sternförmige, zum Teil pigmentierte Zellen in der schleimigen Grundsubstanz verteilt. Bei kürzerer Dauer der Radiumbestrahlung und entsprechend ge- ringerer Schädigung bleibt Hirn- und Rückenmarksrohr von der Um- gebung besser abgegrenzt, und auch der Zentralkanal in ihm tritt in der Schnittserie überall hervor. Aber die histologische Differenzierung in Ganglienzellen und die Differenzierung von Nervenfibrillen ist nur an einzelnen Strecken erfolgt, an anderen Stellen unterblieben, an denen die obenerwähnten, locker verbundenen Rundzellen mit ihren dege- nerierten Kernen liegen. Dann sind auch Hörbläschen und Augen- becher mit Linse vorhanden; aber das Retinablatt zeigt ebenfalls in größerer Zahl pathologisch veränderte Zellen. Ohne auf Einzelheiten der Organentwicklung, über welche die begonnenen histologischen Untersuchungen infolge anderer unaufschieb- barer Arbeiten noch nicht zu Ende geführt werden konnten, weiter einzugehen, läßt sich aus den gesammelten Beobachtungen doch schon das allgemeine Ergebnis gewinnen, daß unter der Radiumbestrahlung besonders die embryonalen Zellen leiden, welche sich in die höheren animalen Gewebe, in Ganglienzellen und Muskelfasern differenzieren. Ihr Vermögen, Nerven- und Muskelfibrillen abzusondern, scheint in Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 227 erster Linie geschädigt zu werden. Dagegen zeigen die Embryonal- zellen, die sich in vegetative Gewebe umwandeln, in Stützgewebe, Gal- lerte, Chorda, in Deckepithel, in Darm und Drüsen (Vorniere, Vor- nierengang), eine größere Resistenz gegen die Radiumwirkung. Eine selektive Wirkung auf das embryonale Zellmaterial ist also auf Grund der von mir gemachten und mitgeteilten Beobachtungen wohl unver- kennbar. Ferner scheint mir die Radiumstrahlung mehr auf die Kern- substanzen als auf das Protoplasma schädigend einzuwirken und in ihnen den Anstoß zu degenerativen Veränderungen zu geben. Im höchsten Grade bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß die Ra- diumwirkung sich nicht unmittelbar während der Bestrahlung im Leben der Zelle äußert, sondern erst nach einer längeren Latenz, nachdem die Bestrahlung schon lange Zeit nicht mehr eingewirkt hat. Die Nachwirkung ist endlich von Dauer. Die durch Radium geschädigte Zelle scheint sich nicht wieder zu erholen und zur Norm zurückkehren zu können, aber sie stirbt auch nicht unmittelbar und bald ab. Von der Entwicklung mit den übrigen Zellen ausgeschaltet, führt sie ein Leben für sich und bildet etwas Fremdartiges zwischen den Zellen, die an der normalen Entwicklung teilnehmen und sich in Organe und Gewebe zu differenzieren fortfahren. Wenn man durch Radium geeignete Embryonalstadien von Amphi- bieneiern in passender Weise bei richtig gewählter Intensität und Dauer bestrahlen läßt, kann man nervenlose und muskellose Monstra erhalten, an denen die übrigen Organsysteme und Gewebe sich weiterentwickelt haben. Wie lange Zeit solche Monstra unter günstigen Bedingungen lebensfähig sind, wurde nicht festgestellt, da sie zum Zweck histo- logischer Untersuchung, solange sie Lebenszeichen gaben, mit Rea- genzien konserviert wurden. 2. Bestrahlung reifer Samenfäden vom Seeigel und Frosch vor ihrer Verwendung zur Befruchtung der Eier. Nachdem die dargestellten Experimente mir gelehrt hatten, daß schon eine kurze Bestrahlung mit Radium während ı5, 10 und sogar nur 5 Minuten den Entwicklungsgang befruchteter Eier in hohem Grade und stets in störender Weise beeinflußt, legte ich mir die Frage vor, ob nicht Samenfäden, die vor der Befruchtung mit Radium eine Zeitlang bestrahlt worden sind, die Entwicklung normaler unbestrahlter Eier, die durch sie befruchtet werden, beeinflussen müssen. Für die Lösung dieser Frage schienen mir die Geschlechtsprodukte der See- igel besonders geeignet. Da es mir zur Zeit nicht möglich war, Ver- suche zur Prüfung der aufgeworfenen Frage an der Meeresküste 228 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. selbst vorzunehmen, ließ ich mir während der Pfingstferien einige Gläser mit lebenden Exemplaren von Sirongylocentrotus von dem zo00lo- gischen Aquarium in Rovigno nach Berlin senden; ferner bezog ich in der ersten Hälfte des August mehrere Sendungen von Zehinus miliaris dureh Vermittlung der zoologischen Station in Helgoland aus Norderney. Bei guter Durchlüftung kleiner Seewasseraquarien ließen sich die Seeigel, ohne daß ihre Geschlechtsprodukte geschädigt wurden, in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand wenigstens eine Reihe von Tagen erhalten. Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß nach Eröff- nung der männlichen Tiere durch einen Druck auf den Hoden der reife Samen aus dem Samenleiter ausgepreßt wurde. In einem Uhr- schälehen wurde die dieke Milch mit 2—3 Tropfen Meerwasser ein wenig verdünnt und von dieser Mischung auf 2 hohle Objektträger je ein Tropfen gebracht. Beide Objektträger wurden in die feuchte Kammer gestellt, um eine Eintrocknung des Samens zu verhindern. Der eine von ihnen wurde zur Bestrahlung des Samentropfens mit einer Radiumkapsel bedeckt. Die Bestrahlung wurde in den einzelnen Experimenten entweder + oder ı, 2, 4 Stunden vorgenommen, in einzelnen Fällen wurde sie sogar auf 16—23 Stunden ausgedehnt. Bei starker Vergrößerung untersucht zeigen im konzentrierten Samen die einzelnen Spermatozoen keine Bewegung; dieselbe stellt sich aber sofort ein, wenn der Samentropfen mit Meerwasser verdünnt wird, vorausgesetzt, daß die zum Versuch verwandte Milch einem laichreifen und gesunden, durch den Transport nicht geschädigten Männchen entnommen worden war. Sogar bei 23stündiger Bestrah- lung mit Radium trat nach Wasserzusatz sofort die lebhafteste, tu- multuarische Bewegung der Samenfäden ebenso wie in der nicht bestrahlten Kontrollprobe ein. Ich war überrascht, daß eine so lange Einwirkung nicht den Tod herbeigeführt hatte. Bei der Lebhaftig- keit der Bewegung ließ sich von vornherein erwarten, daß die be- strahlten Samenfäden auch die Eier befruchten würden. Dies war in der Tat auch der Fall. Es machte keinen Unterschied aus, ob die in Uhrschälehen mit Meerwasser gesammelten Eier, sofern sie nur von einem laichreifen, gesunden Weibehen abstammten, mit dem Samen der Kontrollproben oder mit dem Samen, der 3, ı, 2 und 4 oder sogar 16—23 Stunden mit Radium bestrahlt worden war, vermischt wurden. In allen Fällen trat wenige Minuten nach dem Samenzu- satz als erstes, leicht erkennbares Zeichen der erfolgten Befruchtung die Bildung und die Abhebung der Dotterhaut an den Eiern ein. Die Fähigkeit der Samenfäden zur Befruchtung der Eier hat also weder durch die 16—23stündige Aufbewahrung im hohlgeschliffenen Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 229 Objektträger in der feuchten Kammer, noch durch die gleich lange Bestrahlung mit Radium gelitten. Dagegen machen sich im weiteren Verlauf der Entwicklung auffällige Unterschiede zwischen den Eiern bemerkbar, je nachdem sie von den bestrahlten oder den nicht be- strahlten, zu Kontrollversuchen reservierten Samenfäden befruchtet worden waren. Ferner ergaben sich Differenzen in der Entwicklung des Eimaterials, je nachdem es mit Samen befruchtet wurde, der vorher #, ı, 2, 4 oder 16—23 Stunden lang der Radiumeinwirkung ausgesetzt worden war. Eier, die mit Samen befruchtet wurden, der eine halbe oder ganze Stunde mit Radium bestrahlt worden war, teilten sich in 2, 4 und 8 Stücke zu gleicher Zeit mit den normal befruchteten Kon- trolleiern. Hatte dagegen die Radiumbestrahlung des Samens 2—4 Stunden betragen, so blieben die mit ihm befruchteten Eier schon bei den ersten Teilungen hinter den Kontrolleiern, wenn auch nur wenig, zurück. Jeder Teilprozeß dauerte bei ihnen etwas mehr Zeit, als es der Norm entspricht. Auf späteren Stadien macht sich die Verlangsamung des Entwicklungsprozesses immer mehr und dann auch bei dem Eimaterial bemerkbar, bei welchem der Samen nur eine halbe oder eine ganze Stunde bestrahlt worden war. Denn zur Zeit, wo die Kontrolleier sich schon in Keimblasen umgewandelt haben, zu flimmern beginnen, ‚zur Oberfläche des Wassers emporsteigen und sich hier hurtig herumtummeln, stehen die mit Radium-Samen, wie ich mich der Kürze wegen ausdrücken will, befruchteten Eier noch auf dem Morulastadium. Besonders aber macht sich die Radiumwirkung zur Zeit geltend, wenn die Kontrolleier sich in Gastrulae und Plutei umgewandelt haben. Dieselben waren, trotzdem die Experimente nicht unter den günstigsten Bedingungen, wie sie nur das Arbeiten an der Meeresküste bietet, aus- geführt wurden, von wenigen Exemplaren abgesehen, durchaus normal entwickelt; sie wurden wenigstens noch eine Woche am Leben erhalten und nur fortgeschüttet, um die Kulturgefäße wieder für andere Zwecke benutzen zu können. Aus dem Material dagegen, das mit den radiumbestrahlten Samen- fäden befruchtet worden war, entstanden nur mehr oder minder patho- logische Keimblasen. Ihr Blastocoel war anstatt mit durchsichtiger Gallerte mit kleineren und größeren trüben Kugeln erfüllt, die aus dem Öberflächenepithel nach innen ausgetreten waren. Bei höheren Graden bildete der Gallertkern eine undurchsichtige, körnige Masse. In ähnlicher Weise pathologisch veränderte Keimblasen treten auch bei vielen andern Schädigungen auf, die das unbefruchtete oder be- fruchtete Ei erfahren hat; sie sind zuerst von meinem Bruder und 230 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. mir beobachtet und wegen des von Körnern durchsetzten und da- durch kompakt gewordenen Gallertkerns als Stereoblastulae beschrieben worden. Da ihr Obertlächenepithel auch Flimmern entwickelt, führen sie rotierende Bewegungen aus, sind aber nicht imstande, dadurch wie gesunde Keimblasen zur Oberfläche des Wassers emporzusteigen, mit Ausnahme weniger Exemplare, welche die beschriebene Verände- rung in geringerem Grade zeigen. Sie bleiben daher entweder auf dem Boden liegen oder bewegen sich nur langsam in der Bodenschicht des Gefäßes fort. Eine weitere Folge der gestörten Entwicklung ist das Ausbleiben der Gastrulation. In ihrer Mehrzahl entwickeln sich die Stereoblastulae nicht weiter und beginnen nach 1—2 Tagen abzusterben und zu zer- fallen, zur Zeit, wo in den Kontrollkulturen sich die Gastrulae schon zu typischen Plutei mit ihrem Kalkskelett umgewandelt haben. Nur einzelne Exemplare, deren Gallerte von wenigen ausgetretenen Körnern durchsetzt ist und daher einen Übergang zu normalen Keimblasen bilden, zeigen Ansätze zur Einstülpung des Urdarms. Noch spärlichere Formen beginnen auch die Umwandlung zum Pluteus, der aber dann mehr oder minder verkrüppelt bleibt. In meinen zahlreichen Versuchen ist es mir nie gelungen, aus Eiern, die mit radiumbestrahlten Samen- fäden befruchtet worden waren, auch nur wenige normale Plutei zu züchten; in ausgesprochenem Gegensatz zu den Kontrollversuchen gingen in allen Radiumkulturen die Eier gewöhnlich auf dem Stadium der Stereoblastula, wenige auf dem Stadium der begonnenen Gastru- lation und noch weniger als verkrüppelte Plutei zugrunde. Die Schädi- gung der Eier, deren Entwicklung in normaler Weise begonnen hatte, und ihr Zerfall machte sich im allgemeinen um so früher bemerkbar, je längere Zeit die Bestrahlung der zur Befruchtung verwandten Samen- fäden gedauert hatte. Wenn daher auch die Samenfäden infolge der Bestrahlung keine Veränderung in ihrem Verhalten, weder mor- phologisch noch physiologisch, erkennen lassen, so können uns doch die von ihnen befruchteten Eier gleichsam als Reagens dienen, durch das wir den Grad der Radiumwirkung, den sie erfahren haben, ab- zuschätzen in den Stand gesetzt werden. Besonders deutlich tritt dies hervor bei der Entwicklung solcher Eier, die mit Samen befruchtet wurden, der 16—20 Stunden lang ohne Unterbrechung bestrahlt worden war. Während nach 2 Stunden alle Kontrolleier in normaler Weise in 2 Hälften geteilt und schon in Vor- bereitung zur Vierteilung begriffen waren, waren alle zum Radium- experiment verwandten Eier noch ungeteilt und ließen bei mikro- skopischer Untersuchung im lebenden Zustande noch einen großen bläschenförmigen, etwas ovalen Kern mit 2 Strahlensystemen an beiden Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 231 Enden erkennen. Nach 4 Stunden 20 Minuten, von der Vornahme der Befruchtung an gerechnet, ist bei der Kontrollzucht der Fur- chungsprozeß schon so weit fortgeschritten, daß vielzellige Morulae mit größerer zentraler Höhle entstanden sind. Dagegen bieten die Radiumeier einen ganz abweichenden Anblick dar. Einige von ihnen sind auch jetzt noch ungeteilt, zeigen aber bei mikroskopischer Betrachtung an vielen Stellen in ihrem Proto- plasma Strahlensysteme; wenige Eier sind in anscheinend normaler Weise, wenn auch sehr verspätet, in 2 Hälften zerfallen, alle übrigen bieten den Anblick der Knospenfurchung dar, welche mein Bruder und ich vor vielen Jahren zuerst an pathologisch veränderten Seeigel- eiern beobachtet und beschrieben haben. Das heißt: an verschiedenen Stellen der Öberfläche des Eies schneiden unregelmäßige Furchen mehr oder minder tief in den Dotter ein, ohne ihn vollständig zu zerlegen. Das Ei ist daher mit größeren und kleineren kugligen Vorwölbungen bedeckt, die in ihrem Innern Strahlensysteme einschließen, aber nach der Eimitte zu noch untereinander durch breite Substanzbrücken zu- sammenhängen. 2% Stunde später (6 Stunden nach der Befruchtung) hat auch die Knospenfurchung zu einer Zerlegung des Eies in eine Anzahl von Embryonalzellen geführt, aber im Vergleich zur Kontroll- zucht ein sehr verschiedenes Resultat geliefert. In der Kontrollzucht sind jetzt lauter gleichartig entwickelte, flimmernde Keimblasen mit kleinen Zylinderzellen entstanden; hier dagegen sind die Eier erst in wenige kuglige Embryonalzellen, die sich durch Größe oft sehr voneinander unterscheiden, zerlegt. Größere Zellkugeln zeigen noch Knospenfurchung und mehrfache Strahlungen. Einzelne weiter in der Entwicklung vorgeschrittene Eier bilden Morulae, die nicht selten in ihrer einen Hälfte aus wenigen großen Zellen, in ihrer andern aus viel kleineren Elementen bestehen. Nach 24 Stunden sind die Radiumeier in vollem Zerfall. Der Boden des Glasgefäßes ist mit unzähligen kleinen Kügelchen bedekt, die vom Zerfall der pathologischen Morulae und Blastulae herrühren oder von einzelnen Zellhaufen, die zuweilen noch eine große, helle Zelle einschließen. Nur wenige Stereoblastulae, deren Gallertkern ganz schwärzlich aussieht, flimmern noch träge in den tieferen Wasser- schichten herum. Im Kontrollversuch dagegen schwimmen Scharen von Gastrulae an der Wasseroberfläche herum und beginnen sich schon zu Plutei umzuwandeln. Das allgemeine Ergebnis aus diesen Versuchen läßt sich wohl kurz in folgende Sätze zusammenfassen: Die Veränderungen, welche der Samenfaden in seiner Konstitution durch kürzer oder länger ausge- dehnte Radiumbestrahlung erfahren hat, werden durch die Befruchtung Sitzungsberichte 1910. 19 232 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909. auf das Ei übertragen und rufen in ihm eine Reihe intensiverer Störungen hervor. Die Größe derselben steht zur Stärke und Dauer der Radiumbestrahlung der Samenfäden in Proportion. Auffällig ist die Intensität der vom Samenfaden ausgehenden Wirkung, wenn man bedenkt, wie verschwindend klein die Substanzmenge des Samenfadens im Vergleich zu der vieltausendmal größeren Masse des Eies ist. Die Wirkung ist eine entsprechend große wie bei der Infektion eines Tieres durch ein verschwindend kleines Bakterium. Der Vergleich läßt sich noch weiter ausführen. Denn wie die Bakterienwirkung durch die Vervielfältigung des Contagium vivum verständlicher wird, so auch hier die Wirkung des Samenfadens dadurch, daß seine im Samen- kern enthaltene chromatische Substanz sich durch Mitose vermehrt, und daß bei den Zellteilungen daher eine jede Zelle radiambestrahlte Chromatinteilchen erhält, die das umhüllende Protoplasma in seiner Lebenstätigkeit beeinflussen müssen. Der hier eingeschlagene Weg des Experimentierens scheint mir zu einiger Hoffnung zu berechtigen, auf ihm auch bei weiterem Vor- dringen zur Aufklärung des Problems der Vererbung einen Beitrag liefern zu können. Durch die Radiumbestrahlung erwirbt der Samen- faden ohne Frage als Folge der direkten Einwirkung eines Faktors der Außenwelt eine neue Eigenschaft; er wird in irgendeiner Weise in seiner Konstitution nieht unerheblich verändert, wenn auch die Veränderung sich an ihm selbst morphologisch-mikroskopisch nicht nachweisen läßt. Durch die Befruchtung wird sein Neuerwerb auch auf das Ei übertragen oder, wie man gewöhnlich sagt, vererbt. Denn das ursprünglich gesunde Ei wird ein in seiner weiteren Entwicklung unter Radiumwirkung stehendes Ei. Es verhält sich so, als ob es selbst vom Radium bestrahlt worden wäre. Wie die mikroskopische Untersuchung der bestrahlten Eier und Gewebe lehrt und wie auch schon von verschiedenen Forschern be- merkt worden ist, scheint die Kernsubstanz der Zelle in weit höherem Grade als das Protoplasma durch die Radiumstrahlen beeinflußt und verändert zu werden. Bei Befruchtung der Eier mit bestrahltem Samen sind meiner Meinung nach alle abnormen Entwicklungsvorgänge im Ei nur auf den Samenkern zurückzuführen. Seine chromatische Substanz ist es ja nur allein, welche sich durch Karyokinese Schritt für Schritt vermehrt und dadurch verständlich macht, daß schließlich die Radium- wirkung sich allen Embryonalzellen mitteilt. Dadurch wird im Laufe der Entwicklung die Radiumwirkung kumuliert, wie bei einer Infek- tionskrankheit das in kleiner Quantität unschädliche Contagium vivum erst durch seine Vermehrung und im Verhältnis zur Größe derselben krankheitserregend wirkt und das Leben des infizierten Organismus Herrwiıe: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 233 unter Umständen vernichtet. So läßt sich die Wirkung, welche von den Samenfäden nach ihrer Bestrahlung mit Radium auf die Ent- wicklung der Eizelle ausgeübt wird, an die zahlreichen anderen Ar- gumente anreihen, welche sich zugunsten der Hypothese verwerten lassen, daß die Kerne die Träger des Näcrrıschen Idioplasma oder der bei der Vererbung von Eigenschaften besonders wirksamen Sub- stanzen sind'. Ich behalte mir vor, auf die Veränderungen, die sich am Ei- und Samenkern und an den von ihnen abstammenden Kernen der Em- bryonalzellen durch mikroskopische Untersuchung der Seeigeleier, mit der ich noch beschäftigt bin, feststellen lassen, in nächster Zeit noch näher einzugehen. Bei der Wichtigkeit der angeregten Fragen schien es mir von Wert, die Wirkung, welche die Bestrahlung des Samens durch Radium auf das durch ihn später befruchtete Ei ausübt, auch noch an anderen Objekten zu untersuchen. Ich benutzte hierzu den grünen Wasser- frosch, konnte aber wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit, da das Laich- geschäft im Juni schon so gut wie beendet war, nur ein brauchbares Pärchen erhalten. Auch die an diesem Material ausgeführten Versuche führten zu Ergebnissen, die mit den an Seeigeln gewonnenen in guter Übereinstimmung stehen. x ! Man vergleiche hierüber: ı. Oscar Herrwıs, Allgemeine Biologie, III. Aufl., 1909, Kap. 13 »Der Kern als Träger der erblichen Anlagen« S. 398—416. 2. Derselbe, »Der Kampf um Kernfragen der Entwicklungs- und Vererbungslehre«. Jena 1909. Ausgegeben am 3. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. a: u) a he De] Are & Zu Dre in: n EZ .. 2 N H > + I hi) Bez Er Zu I} £ ’ r ® Eee * BT) EN ee ET {we F ‘ are. ha Koh uch En) n h ae u Fi Abus | u BLU Zar» 27) 12202 i 73 ven | 3 IE ea 7 9 Eu IP n fi u IE ‘ And ALz N mer, Er en E y. ’ x 1 a RE IWITE 4 TaD Ye, ich in weiterer Ausführung, in jrache veröffentlicht, sein ER Be Seren vor der A in 1 Schriften zur Kenntniss kommen, so f ‘ Mi itheilung aus diesen zu entfernen. _ Wenn der Ver asser einer aufgenommenen wissen- ” schaftlichen NE ung dieselbe anuereke früher zu 3 v röffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- MM tonden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Er willigung. der Gesammt-Akadenie. ’ j F Gedächtnissreden : ‚anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Be f u Aus $ 21. ie Sitzungs hte erscheinen in einzelnen Stücken an ıstags acht Tage nach jeder Sitzung. E Aus gs 22. eden Sitzungsbericht. eröffnet eine Übersicht über die in « der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lung nm und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. R- x er: den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen =; olgen in dieser Übersicht kurze ‚Inhaltsangaben derselben, & che die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- x antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in f Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls eilen überschreiten. ieht i in der ae Da ndenıle STORE x $ > j gt. q issenschaftliche ictteilungen fremder Verf: fasser erden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, { in we ufnahme ‚in die akademischen Schriften u ‚desen = i mi u, Zeus re« 2 E ver: Nachträg« ; zur aegyptischen Chronologie . RANCA: F EKULE VON STRADONIT: - Die Bildnisse des Sokrates _ Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . E Une ur Der BE: Der Processus retromastoideus . . - : Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . Vıramowırz-MoELLENDORFF: ‚Nordionische Steine , W. euifreig: auf Richard Pischel . Re Es F- a or Don 2 , RE‘ f e hl f .Y ;< ie ; Y , en Nr; ? Be et , er er ir “ x pi Pr . | 7 Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. 2. A Aus $ Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsent: tionsyermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welehen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und & enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, _ wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person die Correetur bereits Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, Revision zu lesen, so muss sie wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. „APhandiungen der Akademie. Ne bhandlungen aus dena ren 1906, der Stand des rterakedenkeilen Corpus medicorum antiquorum u.s.w. . . Branca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen ? ER 63 Diets: Bei Rs zur Zuckungslitteratur des Occidents und ONE DE Er Besba htungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger eihierenund) Eirwerbides Hlupvermogensin. u. Sn er vo a re Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhof AB : Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftkhuin EEE RE SE S ; Das. Glaubensbekenntniss der Homousianer von Sardiea . . . Da We EEE Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, ‚deren ee erst noch de vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden, Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. De en den Ta 1907 . Be F F MER E E 3 . M37.— Daraus : Physikalis che Äbhandindgen I R N 2 A ee n 12.- _ Se Mathematische Abhandlungen Et ae R ER Dr ET hr » N de N ‚Philosophische und ‚historische Abhandlungen DA ER ET A DC ze a aus dem Jahre 1908: ! isch-n th, matische Classe y REN ER RN ee Me Ye ch Ari ER ER feat Si, - 1907, 1908 und 1909. AM 4— A RE R ar RN) 2.— 2.— » » ee N RE und Berliner Refractor. . » a ER BE De EN en ER a a RR AN ne N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becxn: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta . K. Gorsasovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen . N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deslination. Zweite) Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Tu. WıEGanD: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . B L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Buckenmarke ee MESSE VE B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . Wr - By; AM 4.—. VI M. Cosrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation L. Jacossornx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Karen abweichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis. des Jahrgangs“. Bu. 0. 2 me Ber een ee Sonderabdrucke. I]. Halbjahr 1909. J. MıLveraen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria See bis zu den Kiwu-Vulcanen . Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta. . H. Weseraurt: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia . A. vox Le Coo: Köktürkisches ans Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XD) van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung . K. Scusupr und W. Scnurart: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek Varren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung höherer Theile . i Toszer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe . Scaortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver- bunden sind. . e 2 Brasor: the Cock in the North . . Heısert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das” Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der SONY EEEEERTE vom Innern der en und Oceane nach den Küsten . . A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuscriptfragment in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XII und Ban” s re - B Orts: über.einige Krebsfragen . e H. Sauter: über die Bahn des Planeten Egeria (3). Exsrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr. aphische Gliederung des (tropischen und extratropischen Ostasiens E K. Gorsanovic-KrANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XV]) ee Mr Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frrsar’schen Satz Froeexıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum . . ». » 2 2 2.2 0.0. Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs, Ungarn) . . RE er ee" R. Meta kyprische Sacralinschrift (hierzu "Taf. I und m ; Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . Scaortkr: die geometrische Theorie der Aper’schen Functionen vom Geschlechte Ep: Frogenıus: über den Fersiar’schen Satz. II. N Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von , Festigkeitsbeanspruchungen Herrtwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier HM BA, N M 12.— a RRIL KT bon. f KÖNIGLICH an Be ler "an IE DER WISSENSCHAFTEN ie ech ET Classe am 3. März. (S. 2 i elassification auf aa Grundlage. = 236) #. die Lan Wärme bei, tiefen be en. II. (S. 262) } G Fr & i z Re Zr EN ar BEI GEORG REIMER. Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Ein) Akademie der Wissenschaften «. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel Aus ärnckfertire Manus@ipi zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32 bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schnitt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. ga. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln peigsreben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch _ auf getrennten Blättern, kin Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zn richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- 3 demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen - von ER welche nicht Mitglieder der Akademie sind, Sitzungsberichte aufgenommen an Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes sollen der Regel nach nur in die, Beschliesst eine reichende en für die ne des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Eine endungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegend Mitgliede vor Einreichung ‚des Manuseript sv Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Die Coach i Verfasser. Fremde ‚haben. diese BR \ vorlegende Mitglied inzusenden. Möglichkeit nicht üb, die Berichtigung n And OR hreibverschen hinausgehen nn Yu t > Be? Von allen in eier echte odı aufgenommenen ur enschaftlichen Mitth abdrucke hergestellt, 0 alsbald nach Exsche inen | trefienden Stücks der: Sitzungsberichte aba NE NEE ER ‚wer. Sen ehenfall Son Keemplareı er ist Den zu ve auf Kosten der Akademie weitere Fsenplaee bi von noch 100 und auf seine Kosten noch w zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) sofern er diess Een dem redig enden Scere gezeigt hat; wünscht er auf seine Koster on Abdrucke zur Vertheilung ; ‚erhalten, so bei der Genehmig! ung der ee mmt-Akademi treffenden Close, "Nichtmitgli der ‚erhalten er exemplare und dürfen nach rechtzeitig, redigirenden Seeretar weitere 200 . Kosten abziehen lassen. ‚Von den Sonderahlrucken x Fre er ist En berechtig Ht, zu gleiche auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis von noch 100 un au seine Kosten no sofern er. diess en ‚dem redi gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten. uhzuckg zur Vi Br zu m so bed: edigirenden SE w jeitere 100 isn — Kosten abziehen lassen. Er r 3 BT EN Eine für die aka demischen Schritten nn = in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, | stimmte wissensch. haftl he Mittheil g da so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die | in keinem Falle vor ihrer sgab: an, en: Gesammt-Akademie, ‚Stelle anderweitig, ‚Sei, es au chn N ı (Fortsetzung auf S. 3 des Umschlags.) E e) Y » Mi 5 u% # s i # R s Fe Av - hi 5 v vi . f ei - > y T 2» h > =, = e IR . .- DEREN 235 SITZUNGSBERICHTE 1910. x. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. Hr. Prncx las über eine Klimaclassification auf physio- geographischer Grundlage. Der Vortragende unterscheidet ein nivales, humides und arides Landklima auf Grund der Schicksale des auf dem Lande gefallenen Niederschlages und zerlegt jedes dieser drei Klimareiche nach gleichem Gesichtspunkte in mehrere, insgesammt acht Klimaprovinzen, nämlich in die voll- und seminivale, in die polare, subnivale, voll- humide und semihumide, in die voll- und halbaride. Sitzungsberichte 1910. 20 236 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910. Versuch einer Klimaklassifikation auf physio- geographischer Grundlage. Von ALBRECHT PENcK. An Stelle der im Altertum üblich gewesenen Einteilung der Erd- oberfläche in einzelne, durch die geographische Breite der Orte be- stimmten Klimazonen sind in neuerer Zeit verschiedene Klassifikationen des Klimas getreten, welche von den Temperatur- und Niederschlags- verhältnissen ausgehen; aber die Begrenzung der einzelnen Klimagebiete ist dabei von sehr verschiedenem Standpunkte aus vorgenommen worden. A. Suran' rückte einen geographischen in den Vordergrund und stellte sich die Frage, welche Erdräume ein mehr oder weniger gleichartiges Klima besitzen und gelangte zur Aufstellung von anfänglich 34, später 35 Klimaprovinzen, die in erster Linie als geographische Einheiten zu betrachten sind. Sie weichen in der Tat nur wenig von den natür- lichen Gebieten ab, in welche Hergertson” die Landoberfläche bei gleicher Berücksichtigung von Klima und Oberflächengestaltung zer- legte. Schärfer hat R. Hurr” den klimatologischen Standpunkt betont, und in einer wenig beachteten‘ Arbeit 33 Klimareiche unterschieden, deren Grenzen er in erster Linie nach den Temperaturverhältnissen, in zweiter nach den Niederschlags- und Windverhältnissen zog. So erhielt er 9 größere Klimagebiete, diese aber teilte er dann wieder nach geographischem Standpunkte in einzelne Reiche, deren er 33 unterschied, und von denen er die meisten weiter in Provinzen zer- legte. Noch schärfer kommt der klimatologische Gesichtspunkt bei W. Körren® zur Geltung. Sein sehr bemerkenswerter Versuch einer ! Grundzüge der physischen Erdkunde. Leipzig, 1. Aufl., 1884, S.129; 4. Aufl,, 1908, S. 227. 2 The major natural regions. The Geographical Journal, 1905, I, S. 300. ® Jordens Klimatomräden. Försök till en indelning af jordytan efter klimatiska grunder. Vetenskapliga Meddelanden af Geografiska Föreningen i Finland I, 1892— 1893, S. 140. * Sie wird gewürdigt von Roserr pe C. Warp in The Classification of Climate 1. Bulletin American Geographical Society. XXXVIII. 1906. 5 Versuch einer Klassifikation der Klimate vorzugsweise nach ihren Beziehungen zur Pflanzenwelt. Geographische Zeitschrift, VI, ıgor, S. 593 (610). nn Prxex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeograph. Grundlage. 237 Klassifikation der Klimate nimmt eine scharfe Sonderung der Klima- provinzen auf Grund der Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse vor, und zwar dienen bald die einen, bald die anderen bei Ziehung der Grenzen. Er wählt dann sowohl die Isothermen und die geringsten Niederschlagsmengen einzelner Monate als auch die Temperaturunter- schiede des wärmsten und kältesten Monats. Pflanzengeographische Tatsachen bestimmen ihn bei dieser willkürlich scheinenden Auswahl, und er unterscheidet 24 Klimate, die sich nicht auf bestimmte geo- graphische Räume beschränken und auf verschiedenen Teilen der Erde wiederkehren können. Jedes Klima benennt er nach einer charakte- ristischen Pflanze oder nach einem charakteristischen Tiere; so spricht er der Kürze halber von einem Baobabklima in Afrika und Südamerika, ohne damit sagen zu wollen, daß der Baobabbaum in Südamerika vor- kommt. Auf ähnlicher Grundlage, wie die Körrensche Klimaklassi- fikation, beruht die in Jüngster Zeit von E. pe MArTonnE' aufgestellte. Letzterer legt jedoch weniger Gewicht auf die pflanzengeographische Bedeutung der einzelnen Grenzen und nennt die 30 unterschiedenen Klimate nicht nach charakteristischen Pflanzen, sondern nach Gebieten, in denen sie herrschen. So hat er ein chinesisches Klima sowohl in China als auch in Ostaustralien, im Osten von Südafrika, Süd- und Nordamerika. Die letzterwähnten Klassifikationen setzen eine genaue Kenntnis der einzelnen Elemente des Klimas, der Temperaturen und Nieder- schläge voraus und beruhen auf den Ergebnissen von meteorologischen Beobachtungen, von denen einige bestimmte zur Charakteristik der Klimagebiete oder zu ihrer Abgrenzung ausgewählt werden. Es er- scheint aber auch auf dem Lande möglich, das Klima selbst, d.h. das Zusammenwirken aller atmosphärischen Verhältnisse, einer Klimaein- teilung zugrunde zu legen; denn es drückt der Landoberfläche eine so charakteristische Beschaffenheit auf, daß es möglich wird, hier ganze Klimagebiete voneinander zu scheiden, ohne von langen meteorologi- schen Beobachtungsreihen auszugehen. Vermittelt wird der Einfluß des Klimas auf die Beschaffenheit der Landoberfläche vor allem durch die Schicksale, die der gefallene Niederschlag hier erleidet. Ob er sich in Gestalt von Flüssen oder Gletschern fortbewegt, ist wesent- lich vom Klima abhängig, nachdrücklich hat namentlich A. Woerkor” die Flüsse als Produkte des Klimas hingestellt. Folge des Klimas ist ferner, ob der Niederschlag gänzlich verdunstet und das Land daher wasserlos wird. ! Traite de geographie physique. Paris, 1909, S. 205. 2 Flüsse und Landseen als Produkte des Klimas. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Berlin 1885, S.g92. Die Klimate der Erde. Jena 1887, S. 39. 20* 238 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910. Auf der Landoberfläche sondern sich hiernach drei verschiedene klimatische Hauptprovinzen oder Klimareiche: I. Das humide Klima, in welchem mehr Niederschlag (N) fällt, als durch die Verdunstung (V) entfernt werden kann, so daß ein Über- schuß in Form von Flüssen (F) abfließt. II. Das nivale Klima, in dem mehr schneeiger Niederschlag (S) fällt, als die Ablation (A) an Ort und Stelle entfernen kann, so daß eine Abfuhr dureh Gletscher (G) erfolgen muß. III. Das aride Klima, in dem die Verdunstung allen gefallenen Niederschlag aufzehrt, und noch mehr aufzehren könnte, also auch ein- strömendes Flußwasser zu entfernen vermag. Wir können diese drei Klimate durch folgende Gleichungen cha rakterisieren: I N—V= Ro, 1. S-4='G>o: I. N—V(05 ö 3 z 9 os t ber. beob. Beobachter — 80 6.11 6.17 NERNST —190 5-73 5.11 » —210 5.65 5.64 ® ! Schriften der Naturforscher-Ges. Dorpat 1904, Bd. 13. 2 Verhandl. d. Physik. Ges. 9 179 (1907). 3 Proceedings R. Soc. A 76 330 (1905). * Physik. Zeitschr. 4, 105 (1902). 276 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar. Nach dieser Formel sind die Werte in der Tabelle S. 273f. be- rechnet; dieselbe liefert übrigens für die mittlere Atomwärme zwischen +20 und —8o und zwischen +20 und —ı90 bzw. 6.24 und 6.08, während Benn' 6.21 und 6.13 fand. Trägt man die erhaltenen Zahlen graphisch auf, so erhält man in den meisten Fällen nahe geradlinige, bei tiefen Temperaturen häufig stark beschleunigt abfallende Kurven, so daß man den deutlichen Eindruck gewinnt, als ob die spezifischen Wärmen bei sehr tiefer Temperatur null werden oder wenigstens sehr kleine Werte annehmen. Dies ist qualitativ im Einklang mit der von Hrn. Eıssteim” entwickelten Theorie; mit der quantitativen Bearbeitung des Beobachtungsmaterials nach dieser Richtung sind die HH. Lisoemans und Maenus beschäftigt. Gerade für diese Frage erscheinen Versuche bei der Temperatur des siedenden Wasserstoffs erwünscht; ich hoffe, daß die beschriebenen Methoden auch hierfür brauchbar sein werden. Thermodynamische Verwertung der gewonnenen Zahlen. Das in dieser und der vorstehenden Arbeit mitgeteilte Zahlenmaterial ermöglicht eine relativ scharfe Prüfung des von mir aufgestellten Wärme- theorems. Der Umstand, daß die spezifischen Wärmen bei tiefen Tempera- turen sehr klein oder gar null werden, bringt es natürlich mit sich, daß der eine Teil des Theorems lim an — eo NE aT (U Änderung der gesamten Energie) sehr genau oder völlig exakt gilt. Da aber hieraus zugleich zu schließen ist, daß die Atome fester Körper (wozu bei sehr tiefen Temperaturen auch die amorphen Körper, d.h. die unterkühlten Flüssigkeiten gehören) bei tiefen Temperaturen keiner- lei oder nur unmerklich kleine Bewegungen vollführen, so kann sich auch das Kräftepotential nicht ändern, und dies liefert dann sofort die zweite Seite des erwähnten Theorems’ lim ——- =o für T=o. dT Liefern so unsere Messungen eine mehr prinzipielle Bestätigung des neuen Wärmesatzes, so sind anderseits eine Anzahl Beispiele vor- handen, die sich im einzelnen durchrechnen lassen. Es folgt aus den ! Wien. Ann. 66, 237 (1898). Ann. d. Physik [4] 22, 184 (1907). ® Vgl. auch meine Theoret. Chemie 6. Aufl., S. 700. Nerssr: Untersuchungen über speeifische Wärme. Il. 277 beiden vorstehenden Grenzgleichungen' und aus dem zweiten Wärme- satz, daß, wenn wir mit hinreichender Genauigkeit für eine Reaktion (1.) U=U,+RT+YyPV+8T-+..: setzen können, dann sich die Affinität der betreffenden Reaktion nach der Gleichung 73 ma (2.) a ee 2 3 berechnen läßt. Und zwar ist ( EN ee T’+48T3 =) m 3) 41°... bekannt, wenn wir die Molekularwärmen der reagierenden Substanzen bei der betreffenden Temperatur kennen. Aus (1) und (2) folgt (4.) er yP+ atır. % I. CuSO,+H,0 = CuSO0,.H,0. dU Es ist — hier gleich der Molekularwärme des Eises vermindert aT um diejenige des Kristallwassers. Es folgt so dU Tıo T Fr 0.005 T + 0.5. 10-4 —— Beoabachter dT z = 102° 138 4.85 —416 = 0.69 | 0.69 | Korer 234 7.76—6.50= 126 1.42 Korer 258 | 9.23—6.75 = 248 | 1.80 | Korer, Scnorikv? Der Einfluß des zweiten Gliedes mit 7" ist übrigens praktisch fast verschwindend, aber es mußte eingeführt werden, um dem durch das starke Ansteigen der Molekularwärme des Eises bedingten An- ODE NERDE wachsen von Ar wenigstens annähernd Rechnung zu tragen. Man findet nun leicht U 4:—=i405.;bei.l =.273- Nun beträgt die Wärmetönung obiger Reaktion für flüssiges Wasser bei 18° nach Tnonmsen 6460, nach Scuorrky 6600, Mittel ! Vel. darüber diese Sitzungsberichte vom 20. Dezember 1906 und meine Theoret. Chemie S. 701. 2 Zeitschr. f. Physik. Chemie 64, 415 (1908). 278 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar. 6530, für 0° ist sie um 18 (18 — 6.99) kleiner, beträgt also 6332 und für Eis 6332 — 1440 = 4892. Anderseits ergibt sich A nach Scaorrkys Messungen der Dampf- spannung von 4.6 mm Hg bei 90.5° zu 6 A = 1.985 (273+90.5) In ne — ne Reduzieren wir mit Hilfe der Gleichung da 5. A-U=T-_- (5 ) aT diesen Wert auf T= 273, so folgt (unter Berücksichtigung der Ver- änderlichkeit von U) für das Intervall von o bis 90.5 im Mittel dT zu —9.0, und somit ergibt sich A = 3433 -4- 90.5 .9:— 4.247. (beob.) für 7, —273: Aus unserem Wärmetheorem folgt aber aus lauter thermischen Größen für die gleiche Temperatur, indem wir beachten, daß hier A für festes und flüssiges Wasser einander gleich ist, A= 4892 —405 = 4487 (ber.). 2. K,Fe(CN),+ 3H,0 = K,Fe(CN),. 3H,0. Hier liegen für die spezifischen Wärmen die Werte vor: au 74 | T AT —0.0098 T—0.052 7 | Beobachter 83 3.30 — 4.00 = —0.70 —0.83 NERNsT 137 | 539— 6.97 = —1.58 | —153 Korer 198 | 6.59— 8.86 = —2.27 | —2.74 NeErnsr 235 | 7.76 — 12.00 = —4.24 —3.90 Korer Es folgt A—U=928 für 7273 Die Hydratationswärme pro Mol. flüssigen Wassers beträgt nach SCHOTTKY 1100 bei 17°, somit 1100 — 6.17 — 1440 = —442 pro Mol. Eis bei 0°. Für A liefern die Messungen Scuorrkys die Werte t= 15 20 25 30 A,='500,,A81,.465..456,. Nernst: Untersuchungen über speeifische Wärme. Il. 279 = folgt übereinstimmend aus obigen Zahlen wie aus Gleichung (5) zu —2.32 bei 22.5° und bei 0° zu —ı.76, so daß sich ergibt Ar 493 722:5..2.0 — 518 (beob.), während anderseits folgt A = 928 — 442 = 486 (ber.). 3. Na,HPO,.7H,0 + 5H,0 = Na,HPO,. ı2H,0. Hier liegen die Werte vor: dU 1 Be AT Beobachter 83 3.12— 3.30 =—0.18 | Nernst 198 | 6.66 — 6.59 = +0.07 NeErnsT 235 | 8.66—7.76=+0.90 | KoreEr 265 9.00 — 9.84 = —0.84 Linpemann-Korer Es ist der Verlauf von so unregelmäßig, daß eine sichere dU dT Wiedergabe durch eine Formel untunlich erscheint; eine Überschlags- rechnung läßt aber leicht erkennen, daß bei T= 273 U größer als A sein muß. In der Tat ist nach den interessanten Rechnungen von P. H. Mürrer' bei dieser Temperatur A= 308, U= 2043 — 1440 = 653. 4. (COOH), + 2H,O = (COOH),. 2H,0. Hier haben wir die Werte I | = —0.004 T'+0.3.10-4 T? | Beobachter 88 | 3.30 — 3.44 = —0.14 —0.12 NERNST 138 | 5.34 —4.85 =-+0.49 | +0.02 | Korkr 198 6.82 — 6.59 =-+0.23 | +0.39 NeErNsT 235 8.50 — 7.76 = +0.74 +0.72 Korer 7 Die Werte von 2 sind hier, Ferrozyankalium, klein und wechseln außerdem das Vorzeichen; man erkennt so auch ohne weitere Rechnung, daß A und U hier nur verglichen mit Kupfersulfat und ! Journ. de Chimie et de Physique 7 534 (1909). Be 280 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar. wenig und jedenfalls viel weniger voneinander verschieden sein können, als die Unsicherheit der thermochemischen Messung beträgt. Es genügte daher, eine Reihenentwicklung ausfindig zu machen, | die dem beobachteten Verlauf wenigstens einigermaßen wiedergibt; | aus der letzten Kolumne vorstehender Tabelle folgt dann U—A=—298+306=38 cal. bei T= 273. Für die Hydratationswärme pro Mol. flüssigen Wassers fanden BERTHELOT 3100, Tuomsen 3165 bei 18°, im Mittel 3133 und um- gerechnet auf 0° und auf Eis 3133 —18.7.2— 1440 = 1563. Anderseits beträgt A nach den Dampfdruekmessungen von Lesc«ur' Be 020 30 40 45 67 78.6 Ar==1509 257, 01272) 7295 121037, 06% und nach Jorıssen” 1. — 18.152, 25.04.3222, 240.0. 2845.04, 50:8 Ar'—=413T520730307 R2 70,212 208 ZEN Im Mittel liefert die erste Reihe 1240 bei 46.8°, die zweite 1257 bei 35.2°; mit Hilfe der Gleichung (1) auf 0° umgerechnet liefert die erste Zahl 1525, die zweite 1467, im Mittel 1496. Somit folgt bei 273 A = 1496 (beob.) und A= 1563 —8 = 1555 (ber.). 5. Umwandlung des Schwefels. Es liegen nunmehr sehr viele Messungen über die spezifische Wärme beider Modifikationen vor: dU IN AT | 2.30 T.ıo-s | Beobachter 83 | 0.0854 — 0.0843 = 0.00II 0.0019 NeERrNsT 93 | 0.0925 — 0.0915 = 0.0010 0.0021 NERNsT 138 | 0.1185 — 0.1131 = 0.0054 0.0032 KorEr 198 | 0.1529 — 0.1473 = 0.0056 0.0046 NERNST 235 | 0.1612 — 0.1537 = 0.0075 0.0054 Korer| 290 | 0.1774 — 0.1720 = 0.0054 0.0067 Wieann® 293 | 0.1794 — 0.1705 = 0.0089 0.0067 KorEr 299 | 0.1809 — 0.1727 = 0.0082 0.0069 Wisann 329 | 0.1844 — 0.1764 = 0.0080 0.0076 ReEGNAULT ! Ann. Chim.-Phys. [6] 11, 431 (1887). 2 Maandbl. v. Naturw. 1894, Nr. 1. ® Ann.d. Physik [4] 22, 79 (1907). Nernst: Untersuchungen über speeifische Wärme. I. 281 Hier hatte ich schon früher! die einfachen Gleichungen aufgestellt (bezogen auf ı g Schwefel) Ve rent. 5 A157 —1.158 1018, welche sowohl mit den bisherigen thermischen Messungen, wie auch mit denen von A und speziell mit der Umwandlungstemperatur gut stimmen. Die obige Tabelle zeigt, daß nicht nur die durch die Formel dU dT vorausgesehene starke Abnahme der Differenz der spezifischen Wärmen eintritt, sondern daß auch hinreichende quantitative Übereinstimmung vorhanden ist. Vielleicht liegt es außerhalb der Beobachtungsfehler, daß die erwälinte Differenz bei tiefen Temperaturen etwas kleiner, bei hohen etwas größer ist, als obiger Formel entspricht; doch sind die Unterschiede zu klein, als daß die Genauigkeit obiger Formeln dadurch merklich beeinflußt werden könnte. = 02.30.1001 6. Schmelzen des Benzophenons und des Betols. Leider gelang es bisher nicht, nach meiner Methode die unter- kühlten Substanzen zu untersuchen, weil sie regelmäßig vorher kristalli- sierten. Korers Messungen liefern: Benzophenon. Betol (graphisch interpoliert). BETEN; | un z ar u | ar 137 | 0.1526 — 0.1514 = 0.0012 130 | 0.148 — 0.144 = 0.004 295 | 0.3825 — 0.3051 = 0.0774 240 | 0.256 — 0.2205 = 0.0355 320 | 0.362 — 0.295 = 0.067 Die Messungen Taumanss” schließen sich den obigen, besonders auch was den Wert der Differenz anlangt, gut an. In beiden Fällen dU > konvergiert Ar im Sinne meines Wärmesatzes deutlich bei tiefen Tempe- raturen gegen Null, doch erlaubt die Genauigkeit der bisherigen Messun- gen (S. 258f.) noch nicht, die Kurven für A und U mit Sicherheit zu berechnen, wenn man auch leicht durch eine graphische Darstellung sich überzeugen kann, daß die Lage des Schmelzpunktes sich wenig- stens annähernd aus der Schmelzwärme” und den obigen Werten der spezifischen Wärme ableiten läßt. ı Vgl. darüber »Theoret. Chemie« 6. Aufl., S. 703. ® Zeitschr. f. physik. Chemie 39, 63 (1899). 3 Bestimmt von Taumann a.a. 0. 282 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar. Zusammenfassung. In den vorstehenden beiden Abhandlungen wurden zwei Methoden zur Messung spezifischer Wärmen bei tiefen Temperaturen beschrieben, von denen die erste eine Abänderung des bekannten Mischungsverfahrens darstellt und daher nur die mittlere spezifische Wärme für ein be- stimmtes Temperaturintervall liefert, die zweite aber die wahre spezi- fische Wärme bei verschiedenen Temperaturen zu bestimmen erlaubt. Beide Methoden ergänzen sich gegenseitig, und es war mit ihrer Hilfe möglich, den Verlauf der spezifischen Wärme bis etwa —200° für eine Anzahl Substanzen, genauer als bisher möglich war, festzulegen. Als allgemeinstes Resultat hat sich im Einklang mit den früheren Arbeiten von Bruns, Dewar u. a. ergeben, daß die spezifische Wärme bei tiefen Temperaturen stark abfällt, so daß man den Eindruck ge- winnt, als ob sie den Forderungen von Emstems Theorie entsprechend gegen Null konvergiert, und zwar gilt dies Resultat sowohl für kristalli- sierte wie für amorphe Körper. Untersuchungen bei der Temperatur des siedenden Wasserstoffs werden hierüber wohl die endgültige Ent- scheidung bringen. Zugleich ließ sich das neue Wärmetheorem an einer Zahl von Beispielen schärfer prüfen, als bisher möglich war. Ausgegeben am 10. März. 283 SITZUNGSBERICHTE 1910. DER Xi. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN _ AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3. März. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Erman las über zwei Actenstücke aus der theba- nischen Gräberstadt. (Ersch. später.) Ein Papyrus, den die Berliner Museen unlängst erwarben und der aus der Zeit Ramses’ III. stammt, enthält kurze Protokolle über Untersuchungen in der thebanischen Todtenstadt. Es ergiebt sich, dass dieselben Vorgänge in einem Ostrakon der Lon- doner Sammlung behandelt werden, das man bisher unter König Haremheb, d. h. 140 Jahre früher, ansetzte. Das angebliche 2r. Jahr dieses Königs erweist sich als das 21. Jahr Ramses’ IlI.; der König Amenophis aber, der in diesem Ostrakon ebenso wie in andern Schriftstücken der Gräberstadt als Richter auftritt, ist kein lebender König, sondern der alte König Amenophis I., der als Schutzpatron der Nekropole galt und Orakel erteilte. 2. Hr. Diens legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. J. Hrrs in München vor: Das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (clm. 29136). Das früher von V. Rose bestimmte Stück einer alten Uneial-Hs. des Cassius Felix ist im 8. Jahrhundert geschrieben. Es wird eine Collation des Doppelblattes mitgetheilt. Sitzungsberiehte 1910. 23 284 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910. Das Münchener Unzialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). Von Dır. Joser Here in München. (Vorgelegt von Hrn. Dırrs.) Hz Varentin Roses glücklichen »eHrAmaTa« nimmt das medizinische Kompendium des Cassius Felix! nicht die letzte Stelle ein. Das Büch- lein dieses Arztes, das, wie all die größeren und kleineren Kompila- tionen und populären Darstellungen der Medizin, die am Ausgang des Altertums entstanden sind, sich keineswegs durch neue Resultate oder Forschungsmethoden auszeichnet, beansprucht mit Recht unser Inter- esse, freilich weniger deshalb, weil ein griechisches Original? zugrunde liegt, als vielmehr, weil es zum Kreis jener »altlateinischen Übersetzun- gen«® gehört, die »im Gegensatz zu den Übersetzungen des ı1. bis 13. Jahrhunderts, an der Schwelle des Mittelalters stehen und gerade in dem dürftigsten Zeitraum der europäischen Literatur zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert den Zusammenhang der Studien aufrecht er- ! Dieser ist verschieden von dem latrosophisten Cassius Felix. Vgl. über die beiden einstweilen M. Werrmann bei PauLy-WıssowA. 2 Wer der Verfasser dieser griechischen Vorlage ist, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. ® Dazu vgl. auch DArEmsere in seiner Ausgabe des Oribasius Vol. I, S. XL; V. Rose, Aristoteles pseudepigraphus S. 388. In seiner Vorlesung »Einleitung in die lateinische Philologie des Mittelalters« hat uns L. Trauge auch in die Probleme dieses wenig erforschten Arbeitsgebietes eingeführt und zu tätiger Mitarbeit angeregt. Vgl. jetzt den von Paur Leumann redigierten Il. Band der Vorlesungen und Abhandlungen S. 83 ff. — Von diesen altlateinischen Medizinerübersetzungen nenne ich die des Hippo- krates, von denen bisher nur weniges gedruckt, geschweige denn zur Textrecensio benutzt ist, und Galen. Auch Kommentare Galens zu Hippokrates, die von erheblichem Werte für die Kritik sind, hat man damals ins Lateinische übertragen; besonders er- wähnen möchte ich hier die im Medizinerkatalog übersehene lateinische Übersetzung von Galens Kommentar zu Hippokrates’ Aphorismen im cod. Aug. COXX s. IX. Diese lateinische Handschrift ist um nahezu vier Jahrhunderte älter als die älteste griechische, der cod. Paris. gr. 2266 und hat hohen textkritischen und überlieferungsgeschichtlichen Wert. Ferner möchte ich namhaft machen den langobardischen Dioskurides (hrsg. von Konr. Hormans, Tu. M. AuracHer und Hern. Srapter), Soran, Caelius Aurelianus, Anthimus, Museio, Oribasius (hrsg. von HAsEn). - J. Hrzg: Das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 285 hielten, halb noch der alten Litteratur zugehörig, halb die neuen Studien der Barbaren eröffnend welche anfingen die Welt zu beherrschen « (Rose, Aneedota graeca et graecolatina II S. 115). Wenn Rose auch durch seine Editio princeps (Lipsiae 1879) eine solide Grundlage für weitere Untersuchungen gelegt und wenn auch E. WörrrrLin' in einer schönen Abhandlung mit mikroskopischer Feinheit und Schärfe die sprachlichen Erscheinungen beobachtet hat, bleibt doch nach beiden Richtungen hin, der überlieferungs- und sprachgeschichtlichen, noch manches zu tun. Vor allen Dingen tut es Not, die Handschriftenverhältnisse und die Überlieferungsgeschichte des Autors genauer zu prüfen und danach den Text zu gestalten. Erst auf dieser verbreiterten Grundlage wird sich eine eindringlichere Erkenntnis der Sprache des Büchleins gewinnen lassen. Denn Rose hat einerseits die Überlieferung nicht immer ihrem Werte entsprechend beurteilt und herangezogen”, anderseits ohne Grund an zahlreichen Stellen gutbezeugte vulgäre Wortformen getilgt. Als Rose seinen Text konstituierte, kannte er drei verhältnismäßig Junge Handschriften: g = eod. S. Galli 105 s. XI, dem er trotz be- trächtlicher, zweifellos schon in der Vorlage vorhandener Lücken und Fehler den Vorrang zuerkennt; ce = cod. Cantabr. @ g. Il. 32 s. XV; p = eod. Paris. lat. 6114 s. XIII. Aufeine vierte Handschrift, V — Vatie. lat. membr. 4461 s. XIV, die fol. 47—8ov. den Text des Cassius Felix enthält und »größtenteils mit dem Parisinus wörtlich übereinstimmt; ohne jedoch von ihm abgeschrieben zu sein«, machte wenige Jahre nach dem Erscheinen von Roses Ausgabe Arzr. Könter, Hermes XVII (1883), S. 392— 395, aufmerksam und teilte eine Probekollation mit. ! Die Latinität des Afrikaners Cassius Felix, Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl. 1880, Bd. I, S. 331—432. Einige Nachträge gibt K. Srrrr, Bursıans Jahresber. Bd. 43 (Berlin 1887), S. 84f. Über Glossen aus Cassius Felix handelt neuer- dings in einem hübschen Aufsatz O. Prossr, Philol. Bd. 68, 1909, S. 550—559. — WöLFrLın weist namentlich die Verwandtschaft der Sprache des Cassius Felix mit der des Caelius Aurelianus nach und benutzt seine Untersuchung, um das sogenannte afrika- nische Latein genauer zu bestimmen und zu prüfen. Allein in dieser‘ letzteren Frage schoß er ohne Zweifel, und in noch höherem Maße sein Schüler Karr Sırrr, Die lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache, Erlangen 1882 (vgl. die gehalt- volle, sachliche Ablehnung dieses Buches durch Gusr. Meyer und H. ScaucHaArpr, Zeitschr. f. roman. Philologie VI, 1883, S. 608—628; über das »afrikanische« Latein bes. S. 625ff.) weit über das Ziel. Srrrz hat das später selbst erkannt und zugegeben. Eine besonnenere und nüchterne Beurteilung bahnte neben E. Norven vor allem W. Krorr an in seinem wertvollen Aufsatz Das afrikanische Latein, Rhein. Mus., Bd. 52, 1897, S. 569—590. In seiner allerdings mehr persönlichen als sachlichen Polemik gegen Krorz ist WöLrrrLın, Arch. f. lat. Lexikogr. X, 1898, S. 533—540 nicht recht glücklich gewesen. Vgl. übrigens die feine Beurteilung dieser ganzen Streitfrage durch Trauge, Vorles. u. Abh. Bd. II, S. 55f. 2 So ist der Sangallensis zweifellos zu wenig berücksichtigt. Roses eklektisches Verfahren hat schon Srrrr, a. a. O. S. 84, mit Recht gerügt. 23* 286 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910. Ein Bruchstück einer fünften, sehr alten Handschrift erkannte Rose in einem Pergamentdoppelblatt der Münchner Hof- und Staatsbiblio- thek (= M), das ihm von WırserLsu Meyer aus Speier nebst anderen Fragmenten' zum Bestimmen übersandt worden war. Über dieses in Unziale geschriebene Bruchstück, das jetzt die Signatur cod. Monae. lat. 29136 trägt, schrieb Rose an W. MEyErR: »....semiune. Schrift (s. VII/VIN), 27 Zeilen, Stücke einer alten Handschrift des Cassius Felix, die sich zum Teil mit einer alten defekten St. Galler Handschrift, welehe die kontrollierende (?) Grundlage meines Textes ist, decken, zum Teil sie ergänzen... Das Doppelblatt gehörte zu einer Lage aus 8 Blättern, von der Bl. ı und 2 fehlen (Anfang des Cassius), dann Bl. 3 = Cass. e. 1—2 8.7, 8 [et holera — 10, 10 in curationibus autem]. Danach fehlen wieder Bl. 4, 5, 6, 7 und erhalten ist Bl. S = Cass. c. 16-—17 [S. 23,1 XVI ad pruriginem — 25,18 emplastro uteris].« In einem zweiten Brief stellte Ros£ fest, daß: das Fragment — nach den aus dem Druck bemessenen Abständen zu urteilen —— das 3. Doppel- blatt eines Quinio gebildet haben müsse. Da Rosr seine Absicht, diesen ältesten Textzeugen einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, nicht ausgeführt und da sich, soviel ich sehe, auch nach ihm niemand’ mit dem Bruchstück mehr beschäftigt hat, lege ich in dieser Abhand- lung eine Besprechung dieses Fragments vor. Das Doppelblatt stammte aus der Sammlung Joh. Bapt. Bernharts”, wie W. Mryer mit Bleistift auf dem oberen Rand von fol. 3r. notierte. Ehedem war es der Quere nach auf die Innenseite des Einbandes eines Buchs oder einer Handschrift geklebt, von dem es durch sehr unge- schickte Hände gewaltsam losgerissen wurde. Fol. 3r. und Sv. sind ! Es sind hauptsächlich folgende: Das schöne, aus cod. Monae. lat. 14397 (EXX) ausgelöste Unzialfragment cod. Monae. lat. 29134 s. VII »Ypocrates Mecenati«, das nach Roses und Trauses Vermutung wohl mit eod. 15028 zusammengehört (vgl. den Brief Roses an WırH. Meyer in cod. 29134 und L. TrAugE, Vorles. und Abhandl. Bd. I, S. 204); die Unzialfragmente aus Ps.-Apuleius, De herbarum virtutibus, cod. Monae. lat. 15028 (vel. H. Köserr; De Ps.-Apulei herbarum medicaminibus 1888); die Unzialbruchstücke 29135 s. VII—VIII (veröff. von Ernsr Lanoerar, Ein lateinisches medizinisches Frag- ment Pseudo-Galens, G. Progr: Ludwigshafen 1895). Die übrigen Bruchstücke stammen sämtlich aus viel jüngerer Zeit und bieten weniger Interesse. Die drei Briefe Roses an Wıru. Meyer mit den Bestimmungen der Fragmente sind dem cod. 29134 beigelegt. ®2 E. WörrrLın hat eine Seite des Fragmentes (fol. Sr.) zwar in seinem Abriß der Paläographie in A. Bauneısrers Denkmälern des klass. Altert. II, 1887, S. 1139 abbilden lassen und auch zum Teil transkribiert, aber offenbar ganz vergessen, daß es aus Cassius Felix stammt (»Medizinisches Fragment«); sonst hätte er wohl kaum S. 23, ıoR. statt des ganz deutlich zu erkennenden exustae das sinnlose extista lesen können. 3 Er war Kustos der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München, wie man mir mitzuteilen die Güte hatte, und ist bekannt durch seine Ausgabe des cod. trad. eccles. Ravennat., Monach. 1810. BE ee nn gen u J. Hres: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 287 daher sehr stark verletzt und ein großer Teil der Schrift ist hier über- haupt nicht mehr zu lesen. Das Blatt gehörte zu einer Handschrift, die aus Quinionen bestand und außer der Schrift des Cassius Felix viel- leicht noch anderes enthielt. Die Blattiläche beträgt 26.5x17 em, die Schriftfläche 23x15 em; auf jeder der vier Seiten stehen 27 Zeilen. Die Kapitelüberschriften, bisweilen auch die ersten Worte eines neuen Absatzes oder Rezeptes, sind rubriziert. Geschrieben ist das Fragment in Unziale', nicht in Halbunziale, : e { ; wie Rose irrig angibt. Manche Buchstabenformen, wie p, a, c,i u.a., ganz besonders aber die zahlreichen Abkürzungen zeigen deutlich, daß wir späte Unziale vor uns haben, die wesentlich von der Minuskel be- einflußt ist. Mit seiner Datierung (s. VII/VIU) wird Rose im allgemeinen Recht haben; ich möchte allerdings bestimmter behaupten, daß die Hand- schrift im 8. Jahrhundert geschrieben ist (nicht früher und nicht später!), was mir auch von meinem Freund Paur Leumasn bestätigt wird. Außer den in den medizinischen Handschriften üblichen Abkür- zungen und Siglen für die Gewichte und Maße (lib = libra, + oder une — uneia, 3 = dragma, 3 oder seripu = sceripulus, SS —= sextarius) ksinmen hauptsächlich die folgenden Suspensionen und Kontraktionen”® wor: e est, n — non, P = per, p — prae.oder pre, nuoder num = numero, album = albumen, bitum —= bitumen, ellebo —= elleborum, omä — omnia, ome — omnem, diusis — diuersis, s oder ] = et, SS = su- praseriptus; m und n wird nicht nur am Schluß eines Wortes oder einer Zeile, sondern auch im Wortinnern häufig durch einen wage- rechten Strich über der Linie angedeutet; que und die Endsilben -bus * und -ur werden dureh ; bzw. , bzw. ' bezeichnet; tra —= terra, medi- camtum — medicamentum. Die Doppelvokale ae und oe sind oft aus- ’ geschrieben, bisweilen ist e, e, x bzw. & gesetzt. Von Ligaturen sind - die häufigsten die von e und t, e und ec, e und x, n und t. Die _ _ Sehrift macht im großen und ganzen keinen schönen Eindruck. Gering war auch die Sorgfalt des Librarius beim Abschreiben. Der Text, den unser Fragment bietet, weicht nicht unbeträchtlich von den von Rose benutzten Handschriften ab; in wichtigen Einzel- heiten stimmt M bald mit g, bald mit ce, bald mit p überein. Soviel ist jedenfalls sicher, daß keine der drei Handschriften aus M geflossen ist. Über den Wert von M für die Rezension wird am Schluß der Abhandlung zu sprechen sein. Hier möchte ich die abweichenden Lesungen notieren und einige Bemerkungen jeweils anfügen. ( ! Ganz unzial ist vor allem ®d, @, S, C, &. Eigenartig ist die Form des B: 12 ; die leicht zu Verwechslungen mit P Anlaß geben konnte. z * Siehe W. M. Lınosay, Contractions in early Latin Minuseule Mss., Oxford 1908 : (= St. Andrews University Publications, Nr. V). 288 P- 759 10 11 11/12 13 15 6/7 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910. | R. atriplex - eueubirta - bletus M et aneto] paruoque sali et ancto cocta M (cocta fügt auch p zu). scorpios aut scarum M (scarum hat auch g). uel pullis gallinaceis aut columbinis M. potent M (mit pe). facis M (mit gpe. Vgl. Sırr, Burs. Jahresber. Bd.43 (Ber- lin 1887), S. S4. Das Präsens des Verbums in den Re- zeptformen ist in den Text aufzunehmen). hoe e M (mit p). auripimenti M laminae M cacauo M ceimolia et ereta torrefacta M (mit g). ü duri////s M (durius scheint aus durium korr.) superaspargis M (das Präsens auch in pe). et (vor leuiter)] I über der Linie M coquis M (mit ce). paulolum M. tepiscere sinis M (das Präsens mit gp). capud M linis M (mit gpe). stringi korr. aus stringere M (mit ce). in uapore (mit e) mittis M. eoeperit M (Singular mit pe). et adiecta] adiectaque M. perunguis M (das Präsens mit ce). discendere dimittis M (das Präsens mit gpe). ad] usqgue ad M (mit pe). dropacem indueis M (das Präs. mit gpe). cera pice sieca resina pituina nitro libras sing M. piretrum bitum iudaieum sulphur uiuum ellebo album adar- cis staffisagr//// M. sieionii M. simpasma M (mit ge). quam (mit g) confieis M (das Präs. mit ge). nitru M torraefacti M. fecla (mit gp) bacalauri M. eyperu staffisagria M. i squinantus M. tenuissimae cxrnes M. et uomitum M. j quod] quem M (mit e). greci M. radicaes M. pridiae M. in oximelli M. F & ] } J. Hrrs: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 289 p- 9, 7/8 unam aceti cömedenda M. 8 mordicatione M (mit g). 9 calida aqua superbibenda dabis M. ıo pinnis oris M. ıı cybo M. nutris M (mit cp) uolatilibus korr. aus uolutilibus M. quadripedibus M. ı2 capriae leporis perdicaes passeres M. ı3 similibus M (mit cp). etiam et M. conditu M. vel passo] et passo M. 14 permittis M (mit cp). pos hee M. synapismo M. 14 sinapis] synapae M. 15 pannis M. ı6 simul conmixta M. 17 indueis (mit cp) aut M. inlinis M (mit p). ome M. ı8 uolueris aut (...)i quod uel ipsum M. uolueris M (mit p). 19 indueis M (mit pe). operis M (mit p). p- 10, ı dimittis M (mit cp). roborem cutis quaem M. mittis M (mit ce). mergant M (mit cp). acoras M. melli similis M. ostendat M. ad pluriginem M. pluriginem Greci omnes henesmonen M. acridine M. ouillum eum melle ieiunus potabis M. et sapone] ex sapone M. 5 euius] ceuius saponis M. nitrum sulphur uiuum nuces aridas adipem porcinum sapone Gallico M. 7 folia M. facis M (mit cp). 9 pluritum M. cepae sardae] terra sarda M. ı0 terra cimolia feces uini exustae (mit p) miroballani ///pie- smatos M (vor piesmatos ist ein q ausradiert). ıı ide M. expssiones korr. aus expisiones M. 12 conmiseis M (mit ce). 13 pluritus M ı4 faue pollinis et ptissane siece et eimolie pollines poligoni herbe radieis siece et tuse erete et terre eimolie torre- facte M (mit ce). P- 23; zo HD X” Now vw 290 P.23,16 17 18 pP: 24,1 2 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910. afroniti M. confieis M (mit cp). aceipi////ess M (e scheint ausradiert zu sein). suffieiente modum M. conspartum M. illines] linis M. ceperint M (mit ec). confrigabis M. post] B, M. rasaceo M. murtino M. nach perungues fügt M hinzu: aliud ad pruritus totius cor- poris. terra sarda terra eimolia fecla conbusta myroba- lanu piematos omnium quatuor paria pondera in uno com- miseis et uteris. Dieser Zusatz, eine in der Vorlage am Rand angebrachte Wiederholung von S. 23, 9—ı2, fehlt in ep und scheint durch ein Versehen des Abschreibers vom Rand in den Text geraten zu sein. parotidae M (mit ce). nomini M. uoeitantur M. malignis a greeis cacohetes appellate sunt M. illas M. ab egritudines frigida potiones M. in superfieiae M. que » contrarietate M. parotides M. praecedentibus M (mit cp). et altiores M (mit p). duae M. eymoliae M. sulfor uiuum partes duas M (vgl. Sırıı, a. a.0. S.85). modicum simul tritis cum aceto M. buturum M. inponis M (mit cp). in pusca M (mit c). cataplasmata M. resina terebintina M. sufficientem modum M (mit p). et cum coeperit] coepit M. mittis M. superaspargis M preuap /]]]jM. folia M. mirte eylorgi//////o M. emplas M. diachylon] diaquilon M. cera M. sufficerit M. supra seriptum] SS M. J. Herz: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elın. 29136). 291 M nimmt trotz gelegentlicher Übereinstimmungen mit g,p und e in der Überlieferung des Cassius Felix durchaus eine selbständige Stellung ein. Wenn auf den ersten Blick der Zuwachs an Verbesse- rungen überlieferter Textesschäden auch nicht gerade überraschend groß erscheinen mag, darf man den Wert des Unzialfragments für die Textesgestaltung nicht unterschätzen und muß es bedauern, daß uns von dieser wertvollen alten Handschrift nur dies eine Doppelblatt erhalten ist. Einige Beispiele mögen dies näher erläutern. Durch M wird bestätigt, daß bei den Rezepten an allen Stellen, wo Rose das Futur gegen die handschriftliche Überlieferung eingesetzt hat, das Präsens in den Text aufzunehmen ist, also S.7,15 facis; 8,12 pe- rungis; 8,13 dimittis; 8,14 indueis; 9, ıı nutris u.ö. Nicht unter- drücken wird man ferner Formen wie S. 8,4 superaspargis und 23, 18 conspartum; S,6 tepiscere; 9, 12 capriae; 23,12 (und 24, 2) com- miscis. Freie Appositionen wie S. 23,7 appii viridis folia paria pondera oder die inkonsequente Anwendung der Kasus, namentlich bei Rezepten, z.B. S. 23, 5ff. (s. o0.), wird man, der Autorität von M folgend, unbeanstandet in den Text aufnehmen. Daß durch M der Wert des Sangallensis an vielen Stellen bestätigt wird, sei nur neben- bei erwähnt. Ausgegeben am 10. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1910. 24 ul ARE ar In, Ba 2 KB bu ap a A DIT (RER a no u Un, ERST. or nr ara Au a ae RE Er | Aare An RI LITT En rad ih TREE ar EN Ne Yraakı D Inu Er MAD Ren nur, ale " ONE tr rreh DER ni mein Mrsdhnk, Ah PR" ET che An 138 Da, nn Küldh, NEE srl i TEhn 2 Ir AT Ira Ds ps ei Mr F “ Gr nn a ET u {er A0tare ’ 77 NT A BIER Al) Te N Lara Hilo Ar I SRH Kan ea LIE ed, a, E Y Dass “ll Kr} N AR [EL TF PN i Aal I, i j BD Br“ a Be i r / AutcHET narenuTre a KN , pr Be I Al NE He IULR a n. BR. | ' BR BAT MM ER E ARLRERA MPN ER ARE ei Cure he dA (Tepe pi? IE) fr Tre Bi Biene Sur, WE ae mer En 2 0 1m Ani) RT PALTTLA TU. 14. 2% u | Re ih MI BARRIERE \ ‚ 4 ' i LH l r nd 0 y i “s r & N % y u 2] "y J » wart 2 Ei IR. e f | N Se » f 7 nr Sri Hr Bu . 2 u } un ’ | - a ln and N ‚el MITA 1 v >} Ai f 2 . 7 ; 4 u ’ Di v 4 geht sh Hana » Bra 0 FE NZ is uch in weiterer Ausführung, in h ‚2 Sprache veröffentlicht sein oder le Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- ! Er givenden Secretar vor der Ausgabe in ka, emischen Schriften zur Kenntniss kommen, so h er die Mi theilung aus diesen zu entfernen. > A de erfasser einer aufgenommenen wissen- schaftliche ittheilung dieselbe nderweihe früher zu eröfentlichen beabsichtigt, ‚als ihm diess GaEn den gel- nn ehtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- denn R der Gesammt-Akademie. Et een zu veröffentlichen ist Ba Tg $ 2 tzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken zel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. y - Aus $ 22. Si zungsbericht eröffnet eine Übersicht über die Fee vorgetragenen. wissenschaftlichen Mitthei- und. ver die zur Veröffentlichung geeigneten ge- ichen, Angelegenheiten. j zn nd en Bi FE See sie ver- tlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in Rege auf 5 5 Druckzeilen beschränken, keinestalls ‚zZ eilen übersch ten, nich de Schi iften Re Akademie erscheinenden Mitthei ungen \ werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, be i den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« ef ee de a 1 N senschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser n in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften ig beschlossen Ne j en aus dem Jahre I ee aus: Ph nemaciac Abhandlungen . . . Su dert ‚w R: N jachträge zur aegyptischen Chronologie . » » „ Ss RADONIT Die Bildnisse des Sokrates W LAMowıTz-M. : Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . De eeee uf Eee: den 5 z-MOELLENDORFF 2 A che Steine ' Pischel. a nzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, uns: Ber Bere ber den Stand des ee dantieien Corpus medicorum antiquorum u.5s.w.. . MA alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . be iträge zur ‚ Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. I... nn ken ‚des Stlcabinien Titan am Königsberger ossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 2 2 22 nn en non OELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff ER ET EEE FRE RE LEI ie a wenz im alisländischen Se ee 2 . Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reiehsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Sceretars oder des Archivars verschen, für ein späteres Stück zurückgelegt. selber, Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden, lesen, so muss sie Aus $ Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, 37. Abhandlungen der Akademie. . ey Ra |< Be N. NEE 17.— RR m A Er ee re 1907, 1908 und 1909. 4.— x i Rs ae 250 2.— — » 1. A ee BB wir Di nd Berliner Refractor.. en en 1. — 2 Ben: a ae De » 1— N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becku: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . K. Gorsanovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges and die Mt denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen s N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelimatiohe Zweite‘ Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beorn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ts. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Rickenmärks en BE RE B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe a s I. AM 4—. VI. M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ar L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Ebenen Kamen weichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. II]. RE 1909. van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung . K. Scuuipr und W. Schuzart: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek VaAurten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius Munxk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung höherer Theile . A a Toster: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reile . Scaorrkv: über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste Ableitungen durch. Gleichungen ver- bunden sind . it Branpr: the Cock in the North . . Hernerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der Eu vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von L= Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und N: ar Orte: über einige Krebsfragen . 2 - H. Sauer: über die Bahn des Planeten Egeria (13) . 2 Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen Östasiens K. Gorsanovıc-KrANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) Sonderabdrucke. 1. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz ) Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen | " Ruegess und H. Horınager: Messungen im langwelligen Spectrum RE A. 17.5 % Bericht über. die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 191077... rn Er er Harsack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . HarnAck: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Mär tyrer- und Heilungsaeten in der Kirche W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs, Ungarn) . . Rt kyprische” Sacralinschrift (hierz zu Taf. I und 1 ö Me Bresrau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe 5 Scnortky: die geometrische Theorie der Ager’schen Functionen vom Geschlechte 5 Frogenwws: über den Fermar’schen Satz. II. 2. Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von , Festigkeitsbeanspruchung en Herrwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier Prxcx: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Lınpemanx: Untersuchungen über die SBRELEcEN Wärme bei tiefen Temperaturen. I. 5 Nernst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. \ J. Here: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136) . or S| wupm my |818 » 5,50 » 5.50 » 4,50 N ee ee AM 12.— AM 050 » 0.50 N - - » 0,50 0.50 Te » 0.50 N; - » 0.50 » 050 Pl » 0508 M 0.50 6 2 » 0.50 N t » 0.50 » 050° » 0.50% » 0.50 » 050° » 0.50% » 0.508 a » 0.50 j ie, XIV. XV. XVI. NIGLICH PREUSSISCHEN Kal: = se HE >; 5 = DER WISSENSCHAFTEN. 2) i nich Tilorichen ı Classe a ‚am 17. März. © 295). jan ischer „Runen schrift aus Turfan. (S. 296) he Excurse zu VIrRELM Tronsen’ s: Ein Blatt in türkischer Runen- er jatischen Classe am 17. März. (S. 315) ns MN on functionellen Leistungen des Kanar (S. 316) BEE N ' ni as % 2, A er RR ER e\ \ „UL 7 1900 kom AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Te nn Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Dr Aus $1l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte er Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2 Jede zur Aufnahme in die » Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen: bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. . Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Sehritft der Sitzungsbericehte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- hatt, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen n. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zn richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Secretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf 8.3 «des Umschlags.) Die an die Druckerei abzulietfer nden Manuseriptem müssen, wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften. enthalten. Bei i Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen. j Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser N seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die i Verfasser. Fremde haben diese exste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche . Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung. des redi- 3 | girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, 4 nd die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- { ; 2 BT Aus 8 6. h ir 2. kosten verpflichtet. x Aus $ 8. fi 63 Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen ! aufgenommenen wissenschaftlichen "Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke 1 für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, w Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. > s9. 3 Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem auf Kosten der Akademie weiter Exemplare bis 2 von noch 100 und auf seine zur Zahl von 200 (im ganzen alsı sofern er diess rechtzeitig dem vedigisenden © gezeigt hat; wünscht er ee zu DeHLIERG treffenden Olasse- _ Nichtmitglieder ‚erhalte exemplare und dürfen nach rechtzeitiger An redigirenden Secretar weitere 200 ‚Exempl: N Kon abziehen lassen. Von Ei: SR Er aus Zu © Abtandan ER: RE Akademie ee Rn bis von noch 100 und x seine Kosten ‚noch De ofen er diess li dem redigirenden gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten no Abdrucke zun Vertheilung zu erhalten, so BaEns. treffenden Classe. —_ Nichtmitglieder erhnllan, 30 F exemplare und dürfen nach SERIE IERR Anzeige bei Ei redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf Kosten abziehen lassen. . S 17. F Eine für die akademischen Schriften be stimmte wissenschaftliche Mittheilung dar Stelle anderweitig, sei es auch nur auszug 293 SITZUNGSBERICHTE 1910. XIV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 10. März. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Dies. *1. Hr. Branca las »Über den jetzigen Stand unserer Kennt- nisse vom fossilen Menschen«. Es liegt keinerlei zwingende Ursache vor zu der Annahme, dass in Europa und in diluvialer Zeit der inferiore Typus des Neandertaler Schädels früher aufgetreten sein müsse als der höherstehende Typus und dass er der direete Vorfahr des letzteren gewesen sein müsse. Ersteres kann längst in tertiärer Zeit und ausserhalb Europas sich vollzogen haben. Auch der Annahme einer Abstammung des Menschen überhaupt von solchen Anthropomorphen, wie sie heute gestaltet sind, stehen starke Bedenken entgegen. 2. Hr. Ermaw legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Hrrmann Ranke: »Keilschriftliches Material zur altägyptischen Vocalisation« vor. (Abh.) Da die ägyptischen Texte ohne Vocale geschrieben sind, sind die zahlreichen babylonischen und assyrischen Schreibungen ägyptischer Namen und Wörter, die bis in’s vierzehnte Jahrhundert v. Chr. hinaufgehen, von grösster Wichtigkeit. Sie zeigen uns, dass das Aegyptische damals noch wesentlich andere Laut- und Betonungsverhält- nisse hatte als in der griechischen und christlichen Zeit, deren Vocalisation wir bisher allein kannten. 3. Vorgelegt wurden die beiden ersten erschienenen Lieferungen des von der Akademie unterstützten Lexikons der anorganischen Ver- bindungen von M. K. Horrmann, die erste Lieferung des ersten und die erste des dritten Bandes, ferner Envarn Zerrers Kleine Schriften, hrsg. von O. Leuze. Bd. ı. Berlin 1910. Ausgegeben am 31. März. Sitzungsberichte 1910. 25 - Yys , ® ’ ’ f {NED U f 2 ; _ j 2 Ta" Y | j 2 m Y ER 17 ran. RES AUSH AR ER er N Br iR RR HOEIN a nel SIMUGE EN. WIIAE (Er me „eo se en Lunsc) iNrRI H-MRAESL REDE Er ers us Ei Hi hr Be: fans f 7. IM 2) an a Pe Ce vr ARE rrstkr I : IE rn et EV ET 197 a En 2 160 a .. 7) ET: EIERN ee 5 u > 1 r 7 “ nu ee, Es ve a en AT rl ee ee rer ai A a x ” 5 Pr IE FE 1 BRAD E ! 113 Ina y i } REHFT M RUHT FERIERRE und: | a Sr j . } SCH ATEN, % I hr een: Acta ern ft ” ir Ya Ka Hi FE ur Bee 2 RENT tu } N. ! Na, FT Lern Kim. SEN Akte N 22: NT a Mel kr We A ee ee Me a rl DE ER VEREIN RDE GeE N ee PIERRE SEE KOR P a IE SITZUNGSBERICHTE 1910. DER XV. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. März. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. vos Kekurr sprach über griechische Portraits. (Abh.) Die Reihe der sogenannten Strategenköpfe, hauptsächlich aus dem fünften Jalır- hundert v. Chr., wurde vorgeführt und die einzelnen Köpfe kunstgeschichtlich in ihrem gegenseitigen Verhältniss erläutert. 2. Vorgelegt wurden: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und Altertumskunde, herausgegeben von H. Lüpers und J. WACKERNAGEL. Band I, Heft 4: Vedice Grammar by A. A. Macvoserr. Strassburg 1910 und folgende Werke des Hrn. Serer: ı. Die Ruinen von Chich’en Itza in Yucatan. Sonderabdruck aus den Verhandlungen des Internationalen Amerikanistenkongresses in Wien 1908. 2. Die Tierbilder der mexi- kanischen und der Maya-Handschriften. Sonderabdruck aus der Zeit- schrift für Ethnologie. Berlin 1909 und 1910. 25* 296 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. Ein Blatt in türkischer „Runen“schrift aus Turfan. Von VILHELM Tuonsen. (Vorgelegt am 3. Februar 1910 [s. oben S. 105].) Hierzu Taf. II. Ih seiner Abhandlung »Köktürkisches aus Turfan« (s. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1909, S. 1047 ff.) hat Hr. A. von Lr Cog verschie- dene in türkischen »Runen« geschriebene Manuskriptfragmente be- handelt, die teils von ihm als Leiter der Königlich Preußischen Ex- pedition nach Chinesisch-Turkistan (1905/06), teils von der »Ersten Turfan-Expedition« (A. Grünweper und G. Huru, 1902/03) gefunden sind. ! Ich erlaube mir, ein paar Berichtigungen zu dieser Publikation hier beizufügen. Im Fragment T. M. 326 Vorderseite Z.3 (von LE Cog S. 1058) ist satyla)li: (ä)r ver- lesen. In der Reproduktion (Taf. XII) steht deutlich sat@)yei:(ä)r »der Kaufmann«, und Hr. vox Le Cog hat mir, nach erneuter Untersuchung des Originals, brieflich hierin beigestimmt. Ich möchte dann dieses Stück im Zusammenhang etwa so über- setzen: »[.... denk?Je ich, sagte er. Nachdem dann zum zweitenmal der Kaufmann hundert Goldstücke in Verwahr genommen und (besiegelt, d.h.) dies mit seinem Siegel bestätigt hatte, schickte er jenes Mädchen (in den Händen, d. h.) in Begleitung seines Sklaven hin.« Das Verbum aya- (»in acht nehmen, sparen, schonen; (etwas) bewahren, verwahren, zurückhalten; (einem andern, im Ablativ) vorenthalten, ver- weigern; (eine Person) bemitleiden; verehren«; vgl. servare, reservare, conservare, observare) habe ich hier, obgleich mit einigem Zweifel, »in Verwahr nehmen« über- setzt. (Die soeben von Hrn. Raprorr im Bull. de l’Acad. Imp. de St-Petb. 1909, Nr. 18, S. 1216, gegebene neue Übersetzung ist meines Erachtens ganz verfehlt, mit Ausnahme des letzten Satzes, wo ich ihm hier gefolgt bin. Ich hatte mir es früher so gedacht: »ließ sein Sklave jenes Mädchen aus seinen Händen los«; dann hätte doch vielleicht (ä)lgintä (Ablativ?) eher zwischen gizi[y] und idti stehen müssen.) — Auf der Rückseite desselben Fragmentes Z. 6 stelıt ferner nicht yultuzi, sondern yutuzi, was von LE Cog mir jetzt ebenfalls brieflich bestätigt hat. Es ist da weder Spur eines Z noch Raum genug dafür. Es muß dies dasselbe Wort sein wie + > D yut{u)z auf der Inschrift des Bilsä Kagan, das, wie es scheint, Gefolgsmann (-männer), Knecht(e) oder ähnliches bedeutet (s. meine Inser. de l’Orkhon dechiffrees S. 178, Note 86); also nicht »da sein Gestirn machtlos geworden war«, sondern »da seine Gefolgsmänner machtlos waren (nämlich seine Gefangennahme zu verhindern, ihn zu befreien) —«. Be u Tuonsen: Ein Blatt in türkischer »Runensschrift aus Türfan. 297 Wie von Le Cog daselbst S. 1048 bemerkt, gibt es außer den von ihm veröffentlichten Bruchstücken noch ein fast vollständiges, in der- selben Schriftgattung geschriebenes Manuskriptblatt, T. II, T.14. Dieses Blatt stammt »aus dem etwa 15 km östlich von Idiqut-Schähri gelegenen Tale von Toyoq« und wurde zusammen mit dem S. 1049 ff. beschrie- benen und veröffentlichten Fragment T. II, T. 20 »in der nördlichsten buddhistischen Klosteranlage auf dem linken (östlichen) Ufer des Toyog- baches« von ihm ausgegraben. Hr. vox Le Cog hat mir die Ehre getan, mich aufzufordern, die Veröffentlichung dieses kleinen Textes zu über- nehmen. Ich tue dies mit Vergnügen, wenngleich es mir noch nicht gelungen ist, alle Schwierigkeiten zu überwinden oder alle sich daran knüpfenden Fragen zu beantworten. &s ist ein Papierblatt, 25 em hoch und 13,3 cm breit. Das Papier ist von der Farbe des Lößbodens, bräunlichgelb und ziemlich weich und faserig. Das Blatt ist im ganzen wohl erhalten. Nur ist dicht unter der Mitte ein Stück von dem linken Rand abgerissen, wodurch die zwei bis vier letzten Buchstaben der Zeilen 19— 21 zerstört worden sind. Auch oben ist das Blatt an einer Stelle gegen die Mitte der Zeilen 4-—6 ein wenig zerrissen und zerknittert; aber es fehlt dort nichts; nur ein Buchstabe in der Zeile 4 ist beinahe ganz verschwunden, während mehrere andere zwar etwas verwischt sind, aber sich doch mit Sicherheit erkennen lassen. Die türkische Schrift nimmt nur die eine Seite des Blattes ein. Die andere Seite enthält einen davon unabhängigen chinesischen Text, der, wie mir Prof. F. W.K. Mürrer mitteilt, buddhistischen Inhalts ist, und dessen Schrift, nach demselben Gelehrten, nicht besonders sorg- fältig ausgeführt noch auch für eine besondere Epoche charakteristisch ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die chinesische Seite die zu- erst beschriebene ist, und daß der türkische Schreiber — was viel- fach vorkommt — lediglich die unbeschriebene Rückseite von einem Stück einer zerschnittenen chinesischen Manuskriptrolle benutzt hat, um darauf seine Aufzeichnungen zu machen. Aus dem ganzen Habitus des Schriftstückes sowie auch aus dem Fehlen jeder Spur von Ein- heftung darf man ferner mit Sicherheit schließen, daß es nie Teil eines größeren türkischen Manuskripts gewesen ist. Vielmehr macht es ent- schieden den Eindruck, einerseits, obgleich inhaltlich unvollendet, doch in seiner Weise komplett zu sein, anderseits ohne bleibenden litera- rischen Zweck, flüchtig, vielleicht nur als Übung, niedergeschrieben zu sein. Die größere obere Hälfte der Seite ist zwar sicher und deutlich, aber etwas ungleichmäßig geschrieben, und die Zeilen gehen immer schräger und schräger, von rechts nach links aufwärts steigend. Von 298 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mittl. v. 3. Februar. Z. 22 an ist der Schreiber sorgfältiger geworden; die Hand ist die- selbe, aber die Schrift ist von hier an bedeutend zierlicher und gleich- mäßiger, obgleich keineswegs so schön und egal wie z.B. in den von von Le Cog veröffentlichten Fragmenten T. M. 342 oder 326. Gegen den Schluß der letzten Zeile wird der Text schroff abgebrochen, da der Raum doch nicht erlaubt, den dort angefangenen Satz zu vollenden. Es folgen aber dann noch zwei mit größeren Buchstaben geschriebene Wörter oder Zeichenkomplexe, die keine Fortsetzung des Textes bilden, aber doch in einer gewissen Verbindung mit demselben stehen (s.unten). Was den Bestand und die Formen der Buchstaben betrifft, stimmt unser Blatt so ziemlich mit den von von Le Cog veröffentlichten Manu- skriptfragmenten. Neben | s’*) haben wir z. B. auch hier ] = 3° (die übrigen von ihm S. 1059 erwähnten, durch einen Strich gekennzeich- neten Modifikationen von Buchstaben kommen hier nicht vor); r* hat die Form T; ug, og ist ) wie T.M.327 Z.2 (von Le Cog S.1052 und Taf. IX) usw. Dagegen hat ig, wie gewöhnlich auf den Inschriften, hier die Form d (vgl. von Le Coo S. 1050. 1052). * (= der Inschriften, eigentlich $, daneben aber auch s‘) hat hier wie in den übrigen Turfanfragmenten (vgl. vos Le CoQ S. 1050. 1054) nur den Wert s’ mit alleiniger Ausnahme des ersten Wortes b(a)s/(a)ndi, wo es 5 ist. Die Modifikation mit einem übergesetzten Strich, um $" auszudrücken (ebenda S. 1054. 1059), kommt, wie schon erwähnt, Aus unserm Blatt nicht vor. Dagegen finden wir hier für $" eine eigentümliche, bisher nirgends anderswo angetroffene Neubildung ?? (von dem etwas ähnlichen ?,° y immer genau geschieden). Obgleich dieses Zeichen nur in Formen des oft wiederkehrenden Wortes 3?\% und dem dunkleren Worte am Fuß der Seite vorkommt, ist seine Bedeutung doch ganz unzweifel- haft. Das erstgenannte Wort kann dem Zusammenhang gemäß eben nur ta$ gelesen werden, und die Richtigkeit dieser Lesung wird durch die variierende Schreibung mit | $: tas? Z. 5, tas?iy Z.22 (vgl. yas’il Z.27) weiter bestätigt. In iranischen Lehnwörtern wird ?]€ y auch für % gebraucht (nayid Z.8/9, m(a)y Z.11 — soghdisch ndyid, mdx,; p(a)y(a)r- Z.1, s. unten S. 303) und ) wu, 0 für w (kiun‘ 2.10, d. h. kiw(a)n — soghd. kewän, vielleicht auch urmizt Z.7 für w(u)rmizt, soghd. wurmazt). Zeichen, von welchen wir, meistenteils wohl zufällig, kein Bei- spiel in unserm Text finden, sind M id (lt), © nd, 3 ne, wofür hier *) Mit bezeichne ich, wie in meinen ersten Publikationen und wie vox Le Cog es tut, die Konsonanten, die nur mit hinteren (velaren) Vokalen, mit ? diejenigen! die nur ınit vorderen (palatalen) V'okalen verbunden werden können. En u - Tuonusen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 299 nur 2 +1, n+d oder t, n+c geschrieben wird, ferner 3*) und 5 oder 3°“). Die Orthographie endlich ist im ganzen sorgfältig, und namentlich wird die Unterscheidung der zwei Konsonantenreihen * und * (oben S. 298 Note) meistens beobachtet. Von den iranischen Lehnwörtern kiw(a)n‘ Z. 10 und f’iy(?) Z. 1ı abgesehen findet sich eine Vermischung der zwei Reihen nur in den oben erwähnten Fällen von 3° statt $' und in gieil’ Z. 15/16, also, wie oft sonst, wesentlich vor oder nach i. Über das allgemeine Verhältnis des Turfanalphabetes zu dem der Steininschriften der mehr nördlich und nordöstlich wohnenden Türk- stämme in der Mongolei und Südsibirien, wo das »Runen«alphabet seine eigentliche Blüte hatte, erlaube ich mir noch ein paar Worte beizufügen. Die gleich in die Augen fallenden Unterschiede in den Formen der gemeinsamen Buchstaben beruhen größtenteils eben nur darauf, daß wir es dort mit einer Lapidarschrift, hier mit einer Bücher- schrift zu tun haben. Als solche wurde das Alphabet wahrscheinlich erst hier benutzt und weiter entwickelt. Die daraus folgenden Unter- schiede zeigen sich hier einerseits in den mehr gerundeten und kursiven Formen der Buchstaben, wie wir es z. B. für s' oder r* gesehen haben, anderseits in dem von der Feder- (oder Pinsel-?) Führung bedingten wechselnden Druck der Züge: bei senkrecht gehenden Bewegungen der Hand werden die Züge dicker (bisweilen, wie in T.M. 342, von Le Coos Taf. X und XI, sogar in überaus hohem Grad), während die seitwärts *) Dieses Symbol, das ich früher durch 2 umschrieb, enthält entschieden ein nasales Element (s. Raprorr, Alttürk. Inschriften, 2. Folge, S. 28). Meiner Meinung nach ist es eher ein nasaliertes Jod (mit vorhergehendeın nasalierten Vokal?), wie im Jakutischen, als ein palatales oder mouilliertes ». (Da dieser Laut nur in Verbindung mit hinteren Vokalen vorkommt, wäre die manichäische Transkription in T. II, T. zo Nr.10, von Le Cog S.1050, wohl besser mit öy (für ay) als mit @y wiederzugeben.) *) Vgl. von Le (og S.1050. 1051. 1059. Ich möchte diese zwei variierenden Syınbole für die Silbe up, op als eine sekundäre, vielleicht nur lokale Differenzierung mit geändertem Lautwert des aus den Inschriften wohlbekannten Zeichens R oder B ük, ök erklären. Von dergleichen Vorgängen könnten andere Beispiele genug angeführt werden, worauf ich hier nicht eingehe. Übrigens findet sich in der ursprünglichen Be- deutung ü%k die Form B in tük(ä)di T.M. 327 Rückseite Z.4 (von Le Cog S.1053 und Taf. IX), iidgülük T.M. 326 Rückseite Z. 2 (ebenda S. 1058 und Taf. XI). (Mit Ö als einfacher Variante des gewöhnlichen A 5? können die erwähnten Zeichen für up gewiß nicht in Verbindung stehen. Dazu ist auch schon der Unterschied in der Form zu sroß. Wenn ich in meiner »Notice preliminaire« von 1893, S. 298, Nr.ı8 für diese zwei Zeichen den Wert »b? (p*?)« ansetzte, geschah dies nur, weil ich mich damals noch nicht von der entschiedenen Unrichtigkeit der üblichen Transkriptionsweise des Uigurischen, unter anderm mit p im Anlaut statt d, überzeugt hatte. Die Parenthese muß gestrichen werden, ebenso wie »(p'?)« unter Nr.17 und »(-p)« unter Nr.ı6. In meiner späteren Arbeit »Inscriptions de l’Orkhon dechiffrees« finden sich diese Zusätze ‚auch. nicht; vgl. daselbst S.g, 23 ff.) 300 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. gehenden ganz dünn und fein sind. Die Grundlage selbst ist aber ganz dasselbe Alphabet, das wir auf den Steininschriften finden, und zwar so, wie es in seiner Normalform vorliegt, ohne solche Abwei- ehungen oder Neuerungen, wie sie sonst nur gewissen Gegenden an- gehören, und statt deren hier zum Teil, wie wir gesehen haben, eigen- tümliche Neubildungen auftreten. Wann und auf welchem Wege das Runenalphabet nach Ostturkistan gekommen ist, ist daher im Augenblicke noch eine offene Frage. Dagegen möchte ich auf eine spezielle Erscheinung aufmerksam machen, die, wie ich glaube, nicht ohne Interesse ist. Es betrifft dies die nur in kleineren Bruchstücken bewahrte, in türkischer, genauer uigurischer Sprache abgefaßte » Runen «inschrift auf dem einstmals groß- artigen, jetzt leider äußerst verstümmelten dreisprachigen uigurischen Denkmal in Kara-Balgassun, dem spätesten datierbaren mit dieser Schriftart, das wir überhaupt kennen‘). Die zierlichen, mehr oder weniger gerundeten Formen der Buchstaben dieser Inschrift weichen in ihrem ganzen Charakter von den aller anderen ab und setzen ent- schieden eine Entwicklung zur Bücherschrift voraus. Und was mehr ist, nur im Turfanalphabet lassen sich — bis jetzt wenigstens — ge- nau entsprechende Formen nachweisen. So finden wir z. B. in der In- schrift von Kara-Balgassun $ {' (sonst S, 8), & 5’ (vgl.S. 299 Note “*)), A das nasalierte Jod (oben S. 299 Note ‘) und von Lr Cog 8.1052), & 9 (sonst &), h z (aber H' 7), X %k usw. (doch z.B. Yr’, X ss‘). Fügen wir nun dazu den von F. w. K. Mürrer“”) gelieferten Nachweis, daß die Sprache der in sogenannter uigurischer Schrift abgefaßten In- schrift dieses Denkmals nicht türkisch, sondern »soghdisch, die Um- gangssprache der iranischen Manichäer Mittelasiens« ist, wird es höchst wahrscheinlich, daß wir nicht nur in dieser, sondern auch in der im »Runen«alphabet geschriebenen türkischen Inschrift einen direkten Ausschlag der von südlicheren Gegenden Mittelasiens, und zwar wohl eben nur dem jetzigen Ostturkistan, ausgegangenen manichäischen Missionswirksamkeit unter den Norduiguren sehen müssen***). Ander- *) Raprorr, Atlas der Altertümer der Mongolei. Taf. XXXV (vgl. derselbe, Alttürkische Inschriften der Mongolei S. 2gıff.). Inseriptions de l’Orklion recueillies par l’expedition finnoise, Helsingfors 1892, S. 24f. Tab. 46—52. G. ScHLEGEL, Die chinesische Inschrift auf dem uigurischen Denkmal in Kara Balgassun, ebenda 1896. Das Denkmal ist zu Ehren des uigurischen Kagan (zyyur g[ayan]) errichtet, der 825 bis 832 regierte. Vgl. Fragment 4 Inseriptions de l’Orkhon = Raprorr c, Z.4: biz uylyur] »wir Uiguren« (wy, nicht un, ist unzweifelhaft zu lesen). *) Ein iranisches Sprachdenkmal aus der nördlichen Mongolei, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1909, S. 726ft. ***) G. ScHLEgEr hat, a.a. 0. S. XII, verschiedene Stellen der türkischen Inschrift angeführt, die in Übereinstimmung mit der chinesischen von der Einführung einer neuen Lehre reden. Zu den Beweisen dafür, daß dies nicht, wie ScHLegEL meinte, der Tnonsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 301 seits betrachte ich es nicht als unwahrscheinlich, daß es eben dieselbe Wirksamkeit ist, die etwa um die Mitte des 8. Jahrhunderts, durch Vermittelung oder Übersiedelung türkischer (uigurischer) Proselyten aus dem Norden, zuerst den Stoß zu der eigenartigen Verwendung und Entwickelung des »Runen«alphabets in Ostturkistan gegeben hat, wo es in dieser Form, wie es scheint, erst in der letzten manichäischen Periode auftritt und immer in viel beschränkterem Gebrauch blieb als die verschiedenen Ableger der Estrangeloschrift. Von einer etwaigen älteren Verwendung des Alphabets auf Steininschriften ist jedenfalls bis jetzt keine Spur in dieser Gegend entdeckt. Die geographisch am nächsten gelegenen Denkmäler dieser Art (aus dem Talastale) und ebenso die in den Höhlen von Jar-choto eingeritzten Inschriften *) gehören einer andern Gruppe derselben Schriftgattung an, die ge- wiß nicht den unmittelbaren Ausgangspunkt des Turfanalphabets bil- den kann. Nach dieser Digression kehre ich zu unserem Blatt zurück. Was die Zeit, der es angehört, betrifft, möchte ich es nicht früher als um die Mitte des 8. Jahrhunderts setzen, vielleicht gar rund um 800. Daß es aus manichäischen Kreisen herstammt, ist aus der ganzen Sachlage ersichtlich und wird zudem durch die nicht wenigen iranischen (sogh- dischen) Lehnwörter bestätigt. Der Inhalt ist ein Stück mystisch-magischer Mineralogie von ähn- licher Art wie verwandte Erzeugnisse des europäischen Mittelalters. Da der Gegenstand mir persönlich fern liegt, ist es nur sehr wenig, was ich zur Aufklärung desselben habe beitragen können. Alle wei- teren Einzelheiten und besonders die Bestimmung der Quellen oder Kulturströmungen, auf denen diese Aufzeichnungen fußen mögen, muß ich anderen überlassen, die auf diesem Gebiete kundiger sind als ich. Ich gebe jetzt die Transkription des Textes (vgl. Taf. III) mit bei- gefügter Interlinearübersetzung wie in den bisherigen Publikationen der Turfanhandschriften. In der Umschreibung behalte ich ebenfalls die von F.W.K. Mürrer und A. von Le Coo benutzte Lautbezeichnung bei. Die kleinen Zahlen ' und * halte ich für überflüssig da beizu- fügen, wo die Vokale des Wortes genügende Auskunft geben. Ich tue es nur, wo die ausdrückliche Angabe davon aus irgendeinem Grunde von Bedeutung sein kann. Nestorianismus war, sondern der Manichäismus (Deverıa, Marquarı, F.W.K. Mürrer), füge ich noch den hinzu, daß im Fragment Insceriptions de l’Orkhon 3 Z.4 = Rap- LOFF b, Z. 3 (4) unzweifelhaft nuyos[ak] zu lesen ist — gewöhnlich niyosak »Hörer, Mani- chäer«. (Ein anderes Indizium für dasselbe gibt jetzt Bang in WZKM. XXIII S. 417.) *) Raprorr in Nachrichten über die Expedition nach Turfan, I, St. Petersburg 1899, S. Soft. 302 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth: v. 3. Februar. I ıI 12 13 14 15 19 20 *) Über das $ S)Nel2S22098. b(a)sla)ndi*) = yiti = pla)y(a)rl(i?)ni- Es beginnen die der sieben Planeten nz ymäz re: türlüg = mun- und zugleich der 5 verschiedenen cugun = tasla)rin = (ä)rdämi Juwelen und Steine Tugenden bKä)lgülilg] = s(a)bKa)r =: kennzeichnenden Worte. ymä » kök 2 yörün = tas? = P- Der blaue klare Stein ist von ar HEN Selina elz des Merkur Natur, der ? yörün 2 ta$ = urmizt”*) = tü- klare Stein ist von des Jupiter Na- zlüg = 00 232) sla)rayı= las "72 no= tur, der gelbe Stein von der Ve- yid**) = tüzlüg = ol == gl(a)ra nus Natur, der schwarze tags = kiw(a)n‘**) = tüzlüg = ol =: Stein von des Saturn Natur, Piy = tas 2 m(a)y**) = tüzlüg = ol der hellglänzende(?) Stein von des Mondes Natur. = = ymä = dgamuy = tas- Ferner haben alle Steine Kayrin 2 käntü = käntü = (ä)rdä- jeder von seinen besonderen Tugen- mi 2 bä)lgüsi 2 bla)r 22 ymä 2 g(a)lt- den ihre Anzeichen. Wenn i 2 yörün z tas(i)y = (a)ls(la)r = gizi- man den klaren Stein nimmt, und rotes, P2siy 2 sub = yönlä?)s(är = ol tas- trübes (?) »Wasser« _hervortritt, und man diesen iy 2 Özi 2 Üzü 2 luisar = q- Stein auf (bei) sich trägt, wird man allen opga = utyla)y = ymäznäx iS: y- gegenüber siegen; ebenso, welche Arbeit auch ‘(a)rliy = y(a)rligas(a)r = gop|da] ein Befehl (ihm) auferlegt, überall wird = ii 2 yorig = bolyla)y = = |[yör-] seine Arbeit gelingen. Wenn, indem man s. S. 298. ie ‘ rer 0 SB 20 ERTL En RES ADEAUTEnH Tuonmsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 303 = in = tasiy = (allip = kök z y’[örü-] den klaren Stein nimmt, blaues ne 22 nm 2 sub = yönläd)s(ä)lr =: ol = tas?iy »„Wasser« hervortritt, und man diesen Stein 23 Özintä = buts(a)r 22 ylalt = ki- bei sich trägt, wird ein fremder Mann 24 Si 2 adartu = umaz 2 ulin- nicht beeinträchtigen können; sein Ziel ss a 2 b’(ä)g’d’(ä)mäkä 2 tägir 2 ym- und das Paradies (?) erreicht man. Ferner »»Ää 2 ol-og = tasin = subi 2 Y- wenn desselben Steines »Wasser« 7 as”il 2 bols(a)r 2 klä)m = özin- grün wird, wer (ihn dann) bei 3 lä = tuts(a)r = ayuluy = qu- sich trägt, (den) werden giftige Wür- 2: rt = gonuz = ad(a)rtu = uma- mer und Insekten nicht beeinträchtigen können. » 2 2 g(a)ra = tasin = Tas Des schwarzen Steines Stein(e?) a1 sn 2.1. pla)y(a)rli?)- muß dem Zusammenhange nach »Planeten« bedeuten und ist, wie mich Hr. Prof. F. C. Anpreas gütig belehrt, dem soghdischen payxar, Plur. payarte (> -rde > -rle) entlehnt. Über das Nähere siehe seine dieser Abhandlung sich anschließenden »Zwei soghdische Exkurse«. Z.2. m ist kein Runenzeichen, sondern ein He 7, hier nach seinem semitischen Zahlwert = 5 gebraucht. Es werden im folgenden gerade fünf Farben von Steinen erwähnt. Z. 3. muncug, vgl. dschagat. 5» Dungug, 33, mungug »Glas- koralle« (VAngery), osttürk. 5&s mungag »a coloured bead« (R. B. Smaw), osm. »£» Dungug »petits grains de verre, boules de verre; perles fausses portees en guise d’ornements« (BArBIEr DE Meynarn). Hier muß es doch von echten Schmucksteinen gebraucht sein. Ich habe es der Kürze wegen »Juwel« übersetzt (vgl. Sanskrit mani)*). *) Daß diese Bedeutung noch im heutigen Turfaner Vulgärdialekt fortlebt, geht aus einem mir nachträglich von Hrn. von LE CoqQ gütigst mitgeteilten Vers eines Liedes auf die Mädchen der Nachbarorte hervor: sü-din diggan möncay, däk töoyoglüg-ning gizläri »Wie Juwelen aus dem Wasser (des Toyogbaches) auftauchend: so sind die Töchter der Leute von Toyog«. Für falsche Perlen, falsche Rangknöpfe auf chinesi- schen Beamtenmützen und andere falsche Juwelen sagt man nach Hrn. von Le (og eSük moncayi »Eselsjuwelen«. 304 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. Z. 5ff. yörün = gewöhnl. örün »hell, klar« (vgl. yön- Z. 16?). Es scheint, daß yörün tas (vgl. Z. 15. 20/21) hier in der Bedeutung von Edelstein oder wenigstens einer bestimmten Gruppe von solchen (dem Korundgeschlecht?) gebraucht wird, etwa wie arab. ydgüt (FAKın- eoc; rot — Rubin, blau = Saphir, gelb = Topas usw., s. CLEMENT- Muvrrrr, Essai sur la mineralogie arabe, Journ. Asiat. 6. serie XI, 1868, S. 32; Manuel de la cosmographie du moyen-äge, traduit par F. Meruren, Copenhague 1874, S. 68 ff.) oder das gleichbedeutende chines. pao-she (F. ve Mxry, Les lapidaires de l’antiquite et du moyen-äge I, Les lapid. chinois, Paris 1896, S. LXI. 58). Von solchen Steinen scheint es sich jedenfalls hier handeln zu müssen. Die hier vorkommenden Planetennamen sind die soghdischen (s. F.W.K. Mürter, Die »persischen« Kalenderausdrücke im chines. Tripitaka, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1907, 8.458 ff.). Über die Anschauungen vom Verhältnis der verschiedenen Farben, besonders der der Edelsteine, zu den Planeten, vgl. z. B. Berruetot, Collection des anciens alchimistes grees, Introduction, Paris 1SS8, S. 73 ff., 269; A. Boucnz-Lecterco, L’astrologie greeque, Paris 1899, S. 31 ıff.; MEHren, Manuel de la cosmographie S.71: »On dit que les couleurs de l’hya- einthe varient d’apres celles des £toiles qui, selon les opinions des Sabeens, dominent leurs gisements; ainsi la couleur noire appartient A Saturne, la rouge a Mars, la verte a Jupiter, la jaune au Soleil, la bleue ä Venus, la diapree a Mercure, la blanche ala Lune«. An- ders wieder bei den Indern, vgl. L. Fısor, Les lapidaires indiens (Bibl. de l’Eeole des hautes etudes OXI), Paris 1896, S. 133. 175. Vgl. M&ry, Lapidaires II, Les lapid. grees, 1898, S. 25 (övıanöc, Saturn gehörend), S.164. 177 (nieoc Kopänıoc und AxAtHc, Merkur gehörend). 2.6. Das Wort intiz ist mir weder aus den türkischen noch aus den Nachbarsprachen bekannt. Als dem Jupiter gehörend würde man vielleicht zunächst an einen Stein grüner Farbe denken (vgl. oben). Z.ı1. tiy ist wahrscheinlich ein iranisches Lehnwort. Ist es — neupers. & t&y »omnis res acuta, gladius« usw.? Vurers, Lex. persico-lat. I, S. 492 gibt auch die Bedeutung »splendor, lux solis, lunae, ignis, simil.«. Wenn man voraussetzen darf — was allerdings zweifelhaft ist —, daß diese Bedeutung hinlänglich alt und verbreitet ist, um hier vorliegen zu können “), würde sie vortrefflich passen; überall ist es die weiße, hellglänzende Farbe, die mit dem Mond in Verbin- dung gesetzt wird. Der wenigstens scheinbar adjektivische Gebrauch *) Vgl. doch Sanskrit Zejas »Schärfe; Spitze der Flamme usw., Glanz, Lichte, tigma »scharf; auch von Strahlen, Flaınmen, Glanz usw.« Tuonsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«sschrift aus Turfan. 305 könnte dann vielleicht auf Nachahmung einer iranischen Zusammen- setzung beruhen, aber auch speziell türkisch sein, da abstrakte Sub- stantive und Adjektive hier vielfach ineinander hinübergreifen. Oder entspricht {”iy einem, allerdings unbekannten, iranischen *iry, (vgl. Anpreas, Zwei soghdische Exkurse)? Z.16. söy, sonst »seicht«, scheint hier eher »trübe« zu bedeu- ten, im Gegensatz zu ylörüja Z. 21/22. — Ist yön- hier und Z.22 = ön- »wachsen, hervorsprießen«, vgl. yörün Z.5 und anderseits die ge- änderte Wendung Z. 26—27? Oder ist yönlä)s(ä)r zu lesen, von yönü- »vorwärtsgehen, aufbrechen« (Raprorr, Wörterb. III Sp.448, vgl. uig. yönäl- »aufbrechen, erscheinen « ebd.), osttürk. ALLls> gimämäk »to start, to depart« (R. B. Suaw)? — Sub »Wasser« ist hier gewiß nicht materiell zu verstehen, sondern bedeutet, mit pers. ol ab stimmend, nur »Schein, Glanz«. Ebenso z.B. osm. älmasin suyu »Glanz des Diamanten« (vgl. »Diamant vom reinsten Wasser«), ingunün suyu »perle de belle eau«. 2.19. Vor der Zeile steht ein apostrophartiges Zeichen ©, dessen Bedeutung mir dunkel ist. 2.20. yorig »gehörig, wohlgelungen, erfolgreich« (vgl. Kutadgu Bilig 83, 14: yorig bolsa; 71, 9: yorig [nicht yorug] tut, u. a. St.); wohl zu unterscheiden von yoröy »Wandel«. 2.25. b(ä)gd(ä)mä ist kein echt türkisches Wort, sondern unzweifel- haft dem Iranischen (Soghdischen) entlehnt. Da es nicht, wie das parallele ueina, mit Pronominalsuffik versehen ist, muß es irgendein nicht nur auf die einzelne Person sich beziehendes, sondern allgemein zu erzielendes, absolutes Gut bezeichnen. Mit Zustimmung von Hrn. F. C. Anpreas habe ich ein soghdisches *bay(a)dam(a?) »Gottes Haus, Wohnung« vermutet und danach »Paradies(?)« übersetzt. Vielleicht hätte man türkisch eher *b(a)yd(a)ma mit a, nicht ä, erwarten können, vgl. b'(a)y T.M. 327 Vorders. 28 (von Le Cog, S.ı053)? Der letzte Teil des Wortes könnte übrigens auch an fängridäm (F.W.K. Mütter, UVigu- rica S.9. IO) erinnern. 2.30. Die Subseriptio, mit größeren Buchstaben geschrieben, ta$ »Stein«, ist wohl als eine Art Inhaltsangabe der Seite aufzufassen. Schwieriger ist das untenstehende sn. Möglicherweise ist es nur eine kalligraphische Wiederholung der Schlußsilbe des letzten Wortes tasin mit Weglassung des Vokals. Ansprechender ist es doch, hierin eine dem neupers. a säng »Stein« entsprechende iranische Dialekt- form sang zu sehen. Über die Wahrscheinlichkeit dieser Erklärung und das Vorkommen von dialektischem $ statt sonstigem gemeiniranischen s siehe F. ©. Anpreas, Zwei soghdische Exkurse. 306 Wörterverzeichnis. Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. (Die Zahlen bezeichnen die Zeilen; fetter Druck, daß das Wort besonders besprochen ist.) ayuluy 28 adartu 24 ad(a)rtu 29 (a)ip 21 (a)ls(a)r 15 (ärdämi 3. 13/14 intiz 6 8 18 18i 20 og 26 udina 24/25 utg(a)y 18 umaz 24. 29/30 urmizt 7 ol passim üzä 17 Özi 17 bzintä 23. 27/28 gamuy 12 gla)ra 9. 30 ya)lti 14/15 gizil® 15/16 gonuz 29 goplda] 19 gopga 17/18 qurt 28/29 käntü 13 k(ä)m 27 kiw(a)n' 10 kisi 23/24 kök 5. 21 taS pass. tas?® 5 tasiy 16/17. 21 tas(Ä)y 15 tas’iy 22 tasin 26. 30 tasl(a)rin 3. 12/13 tägir 25 Fiy ıı tir 5/6 tutsar 17 tuts(a)r 23. 28 türlüg 2 tüzlüg 6. 7/8. 9. 10. r1. p(a)y(a)r!@i?)min 1/2 b(a)r 14 b(a)slandi ı b(ä)gd(ä)mäkä 25 blä)lgülüg 4 blä)lgüsi 14 boly(a)y 20 bols(a)r 27 nayid 8/9 nä 18 m(a)y 11 muneugun 2/3 yia)t 23 ya)rligas(a)r 19 Y(a)rliy 18/19 yas’ıl 26/27 y(ä)mä 2. 5. 12. 14. 18. 25/26 yili 1 yorig 20 yön(ä?)s(ä)r 16. 22 yörüh 5. 7. 15. [20/21. 21/22] S a)riy 8 sub 16. 22 subi 26 S(a?)n 31 ’2 Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. sr Er E ” Ya Be "en ec x en »: Far: a ARE > er ee >3 2 m Tuomsen: Ein Blatt in türkischer „Runen“schrift aus Turfan. F. C. Anpreas: Zwei soshdische Exeurse. 307 Zwei soghdische Exkurse zu VILHELM THoMSENS: Ein Blatt in türkischer Runenschrift. Von Prof. Dr. F. ©. Anpreas in Göttingen. (Vorgelegt von Hrn. F.W.K. Mürrrr am 3. Februar 1910 [s. oben S. 105).) Exkurs 1. pyrl »die Planeten«. Diese durch den Zusammenhang geforderte Bedeutung des Wortes wird durch seine Identität mit der soghdischen Bezeichnung für »Planet« bestätigt. Um hierfür den Beweis zu führen, muß eine allgemeinere Erörterung vorausgeschickt werden. Das Soghdische oder, genauer ausgedrückt, das Mittelsoghdische' ist uns durch die bei Turfan gefundenen Handschriftenreste in zwei Dialekten erhalten, von denen der eine ausschließlich in manichäischen, der andere ebenso ausschließlich in christlichen Fragmenten verwendet ist. Beide unterscheiden sich, wenn wir von der Verschiedenheit der Schrift absehen, dadurch, daß das manichäische Mittelsoghdisch durch- weg ältere Sprachformen aufweist als das christliche Mittelsoghdisch’, und wo dieses ein 6, als Fortsetzer von älterem 6, t und 9 hat, ein /? zeigt. Dieses durch das syrische einfach oder doppelt gesetzte & bezeichnete / ist man geneigt gewesen, für den graphischen Ausdruck der stimmhaften dentalen Spirans d zu halten. Diese Auf- fassung, wonach es sich bei der Verwendung des X um einen graphi- ! Da die Sprache auf derjenigen Stufe der Entwicklung steht, die als mittel- iranisch bezeichnet werden muß. 2 Dieses bildet in mancher Beziehung eine Übergangsstufe zum Neusoghdischen, das nur in einem einzigen Dialekt, dem Yaghnöbi, fortlebt. Diesen wird man aber, soweit sich das schon jetzt beurteilen läßt, nicht als den Abkömmling eines der beiden uns erhaltenen mittelsoghdischen Dialekte ansehen dürfen. ® Außer nach z, wo der durch ®& bezeichnete dentale Verschlußlaut an die Stelle der Spirans getreten ist. Doch finden sich Beispiele von Z auch nach rn, was beweist, daß die Spirans ursprünglich auch nach dem Nasal gesprochen wurde. So wird unter anderm regelmäßig anl(@)met (oder {) »Glieder« geschrieben, vgl. neupers. ändam, awestisch handama (zu sprechen hondoma). 308 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. schen, und nicht um einen phonetischen Vorgang handelt, halte ich nicht für zutreffend. Warum soll in dem von den Manichäern ge- sprochenen Dialekt des Mittelsoghdischen d nicht in ! übergegangen sein? Das Auftreten dieses Lautwandels ist ja charakteristisch für einen Teil der noch lebenden ostiranischen Mundarten, die man da- nach sehr wohl in d- und in /-Dialekte scheiden könnte. Diese sind das Afghanische, das Minganı oder Mungi und das Yidghah'. Aus diesem Nebeneinander von Ö und / erklärt es sich, daß Ortsnamen, die ein d enthalten, gelegentlich noch eine zweite Form mit / haben, so Baday,san und Balaysan, Amwi?, am Oxus, das auf ein älteres *Amad zurückgeht, und Amul. Und gerade von Suyd (awestisch Suydo) ist ja auch eine Form mit / für © überliefert, nämlich Szik, das eigentlich ein Adjektivum ist. Hier ist das y zunächst zu h reduziert worden und dann unter gleichzeitiger Dehnung des vorhergehenden Vokals geschwunden, sowie d zu / geworden. Obgleich uns diese Form in westiranischen Schriften (Pehlewiübersetzung des Vendidad I, 4; Bunde- hesh ed. WESTERGAARD 38, 3 und 51, 6, wo beidemal ungenau Surak) begegnet, so muß sie doch im Osten entstanden sein, da in den west- iranischen Dialekten der Übergang von d in./ nur ganz vereinzelt vorkommt. Sie ist die jüngere einheimische Form des alten Stamm- oder Landesnamens, die der chinesische Pilger Hüan-C&uang (Hiouen- thsang) im Jahre 630 auf seiner Reise im Lande selbst gehört und durch Su-li wiedergegeben hat (M&moires sur les contr&es oceidentales, trad. par Stan. JuULıEn I, 13); sie stammt. aus dem mittelsoghdischen /-Dialekt, der wohl der herrschende gewesen ist. Neben der Form des Landesnamens mit / gab es aber noch eine andere, die das ur- ! Ich stelle ein paar der gewöhnlichsten Wörter des manichäischen Mittelsogh- disch mit den entsprechenden Wörtern der lebenden ostiranischen /-Dialekte zu- sammen, um die auffallende Übereinstimmung hinsichtlich des ! zu zeigen: Manich. Mittelsoghd. Afghanisch Ming$äni Yidghah zehn las@ las las, lüss Tochter luyda lur loyda lürydäh, loydah (geschrieben luyta) eigen (mein, dein, sein usw.) %epal %,pal Hand last@ las, los, lasta f., last last, lüst Seite, Richtung“. * In sehr früher Zeit ist die ursprüngliche ostiranische Form zasto in allen uns bekannten ostiranischen Dialekten durch die siddwestiranische öasta verdrängt worden. 2 Amii ist die westiranische Form des Namens, die aus dem vorauszusetzen- den älteren *Amäd durch den Übergang von ö zu y (£), nicht aber, wie Marquarr (die Chronologie der alttürkischen Inschriften S. 64) meint, durch Mouillierung aus Amul entstanden ist. Amwi verhält sich zu *Amusd genau so wie die jetzige Form des Stadt- namens Andywi zu dem älteren Andy,oo, die Marquarr beide gleich darauf (a.a.0.S. 65) erwähnt. F. ©. Anoreas: Zwei soghdische Exeurse. 309 sprungliche ö bewahrt hatte, S00. Sie findet sich in einer armenischen und einer syrischen Quelle' und gehört offenbar dem von den Christen bevorzugten mittelsoghdischen d-Dialekt an. Hiernach liegt, meines Erachtens, kein Grund dafür vor, den in den manichäischen mittelsoghdischen Fragmenten durch das syrische X bezeichneten Laut für etwas anderes als ein / zu halten. Es schließt aber nicht aus, daß anstatt dieses / von denen, deren Dialekt das christliche Mittelsoghdisch war, ein d gesprochen wurde, ebenso wie umgekehrt die Manichäer sicher das durch 3, I und & bezeichnete d der christlichen Fragmente als / lasen, das heißt, der Lesende über- trug auf das Zeichen für den fremden Laut den entsprechenden Laut seines eigenen Dialekts, so daß tatsächlich die in Frage stehenden Zeichen je nach dem Lesenden einen andern Lautwert hatten’. Hier- auf mußte aufmerksam gemacht werden, um die Verwendung des N zur Bezeichnung des d in den mit Estrangeloschrift geschriebenen türkischen Texten zu erklären’. Eine Bestätigung für das / des ma- nichäischen Mittelsoghdisch liefert auch, wie sich zeigen wird, die Wiedergabe des zu erklärenden Wortes in köktürkischer Schrift. Zum Schluß dieser Vorbemerkung muß noch auf das nachdrück- lichste auf einen Umstand hingewiesen werden, ohne dessen Kennt- nis die Lautverhältnisse des Mittelsoghdischen nicht richtig beurteilt werden können, daß uns nämlich die beiden Dialekte in einer Orthographie überliefert sind, die zum großen Teil histo- risch ist, außerdem aber auch in nicht geringem Umfange pseudohistorisch. ‚Das Verhältnis der phonetischen, historischen und pseudohistorischen Schreibungen zueinander ist bei den beiden Dialekten nicht dasselbe und wird sich erst durch eine umfassendere Untersuchung genauer bestimmen lassen: besonders auffallend ist in den christlichen mittelsoghdischen Fragmenten die häufige Anwendung pseudohistorischer Schreibweisen. Nun zu dem Worte p(a)y(a)r! selbst. Die in den mittelsoghdi- schen manichäischen Fragmenten vorkommenden Bezeichnungen für »Planeten« und »Fixsterne«, spezieller »die zwölf Zeichen des Tier- ! In der dem Moses Chorenathsi zugeschriebenen Geographie (Werke des Moses, Venedig 1865, S. 614 —= Geographie ed. Parkanow, Petersburg 1877, S. 24) heißen die Soghder Vezke£ Sodik, und genau dieselbe Form, as 500, hat auch die von Bunce herausgegebene syrische Übersetzung des Alexanderromans. Sie stand jedenfalls schon in der der syrischen zugrunde liegenden Pehlewiübersetzung. Vgl. auch Margquvar'r, Die Chronologie der alttürkischen Inschriften S. 56, Anm. r. ®2 Analoge Erscheinungen aus dem deutschen Sprachgebiet sind bekannt genug, s. Paur, Prineipien der Sprachgeschichte?, S. 325 f. ® S. K.Foy, Die Sprache der türkischen Turfan-Fragmente in. inanichäischer Schrift I, S.2 (= Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. LIII, 1904, S. 1390). Sitzungsberichte 1910. 26 310 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. kreises«, gehören zu den Wörtern, deren Bedeutung es mir am frühe- sten gelungen ist, festzustellen, dank dem leicht erfaßbaren Zusammen- hange der einzelnen Stellen und den gelegentlich vorgesetzten Zahl- zeichen 7 und ı2. Der Casus rectus des Wortes für »Planet« lautet im Singular paxar, der Casus obliquus paxare. Der aus dem Casus rectus des Singulars gebildete Casus reetus des Plurals ist, in histo- rischer Orthographie, payxart, der dazu gehörige Casus obliquus pay,.arte, doch wird der Plural dieses Wortes, soweit ich bis jetzt sehen kann, vorwiegend aus dem Casus obliquus des Singulars ge- bildet und hat dann die Form payaret, cas. obl. pax,arete. Den Gegensatz zu paxar bildet anyar »Fixstern, Zeichen des Tier- kreises«, Cas. obl. Sing. anyare, Plural Cas. reet. any,art, Cas. obl. an- „arte. Bei beiden Wörtern hat sowohl im Singular wie im Plural der Casus obliquus den Casus rectus zum großen Teil verdrängt, eine Be- merkung, die ganz allgemein nicht nur für die Nomina und Pronomina des Mittelsoghdischen gilt, sondern für alle mitteliranischen Dialekte in dem uns allein bekannten jüngeren Stadium ihrer Entwicklung. Als erstes Glied einer Zusammensetzung erscheint anyar in an- yarvazan, auch ganz vereinzelt ayarvazan (M. 139), der Bezeichnung des Fixsternhimmels, die der westiranischen, aytarvazan, entsprechend gebildet ist und wörtlich » Träger der Fixsterne oder der Zeichen des Tierkreises« bedeutet. Pay,ar, ursprünglich wohl *pat(i)yar, *padyar, und anyar ent- halten die Wurzel %ar, die uriranisch aber har lautete, da eine der charakteristischen Lauteigentümlichkeiten des, Mittelsoghdischen der Übergang von gemeiniranischem A in % ist. Sie hat die Bedeutung »gehen, sich bewegen« und wird gerade auch von der Bewegung der Gestirne gebraucht, so z. B. in dem Fragment M. 767. Die Wurzel ist natürlich identisch mit indischem sr, särati »laufen, eilen, fließen«. Pay,ar ist also »der sich bewegende« und anxar »der sich nicht be- wegende«. Man sieht nun ohne weiteres, daß p(a)y(a)rl nichts anderes sein kann als das mittelsoghdische paxar, aber, da es ein Plural ist, ent- spricht es nicht dem Singular, sondern dem Plural des mittelsoghdi- schen Wortes, also p(a)y(a)r! = payart. Hier die nähere Begründung dieser Gleichung: ı. Türkisches y — mittelsoghd. %. In allen drei Fällen', wo die von den Türken entlelinten mittelsoghdischen Wörter ein % haben, erscheint dieses im Türkischen als y: msoghd. may »Mond« = türk. ! Ein vierter könnte die Farbenbezeichnung 2y sein, von der ich vermute, daß sie iranisch ist. Doch ist es mir nicht gelungen, sie in irgendeinem iranischen Dialekt aufzufinden. = F. C. Anpreas: Zwei soghdische Excurse. all may; christl. msoghd. *nay,ed » Venus« (Anähita) — türk. nayid; msoghd. paxyart »Planeten« — türk. p(a)y(a)rl. Dieser Übergang der intervokali- schen (postvokalischen) stimmlosen Spirans in die stimmhafte kann bei der Herübernahme ins Türkische erfolgt sein, braucht es aber nicht, da er sich, wenn auch einstweilen noch vereinzelt, auch im Mittelsoghdischen nachweisen läßt, z.B. sir(a)yöze (M. ı35b, B352 A.v.), gebildet wie neupersisches elyssl »wohlwollend, Freund« = syr. st »liebend«, daneben nasir(a)yozetz (Lukas I, 71, bei F.W.K. Mürrer, Neutestamentliche Bruchstücke in soghdischer Sprache S. 8) »Feinde« ee „asılan. Es wird zu untersuchen sein, ob das intervoka- lische % im Mittelsoghdischen nicht bloße historische Schreibung für y ist; % wäre dann genau so zu y geworden, wie 9 (geschrieben t oder f) zu d und /. 2. Türkisch r! = msoghd. rt. Hier ist das im Mittelsoghdischen nach dem r geschriebene / (oder £) historische Schreibung, denn nach r mußte ursprüngliches ? zu d werden, das sich im christlichen Mittel- soghdisch unverändert erhielt, während es sich im manichäischen Mittelsoghdisch weiter zu / wandelte. Überall, wo im Mittel- soghdischen der Manichäer rt geschrieben ist, ist rl zu sprechen. Das wird bewiesen durch die phonetischen Schreibungen, die sich glücklicherweise neben den historischen finden. So erscheint die manichäische mittelsoghdische Form von Amurtosponto, awestisch Amuhrosponto (eine jüngere Form des Namens, die die ursprüngliche aus dem Text der heiligen Schriften verdrängt hat), in der phoneti- schen Schreibung m(u)rlasp(o)nd, christl. msoghd. plur. murdasponde, geschrieben m(u)rdäsp(o)nte für m(u)rdäsp(o)ntte. Im christlichen Mittel- soghdisch wird skurdiya »Drangsal«, die Übersetzung von syrischem a larg, mit historischer Orthographie squri(i)y@ geschrieben (B ı2, Joh. XVI, 21), während die Manichäer phonetisch skur/(i)yah (M. 372) schreiben, ebenso das dem Abstraktum zugrunde liegende Adjektiv skurl, oder, mit vorgeschlagenem a, askurl (beides in M.ı39)'. In demselben Fragment (M. 139) findet sich in ein und derselben Kolumne einmal historisch par(i)vertt, und zweimal phonetisch par(i)verll ge- schrieben. Obgleich die Bedeutung des Wortes noch nicht ermittelt ist, so ist es doch zweifellos dasselbe Wort, das hier in zwei ver- schiedenen Schreibungen vorliegt. Die Anzahl der Beispiele, wo histo- rische und phonetische Schreibung in instruktiver Weise nebenein- ander vorkommen, ließe sich leicht vermehren, was aber hier zu weit ! Ich vermute, daß die ursprüngliche Form *viskurta war, das zu ind. vikrta »verändert, umgestaltet, umgestimmt« und vikr&i »Veränderung im normalen Zustand des Gemüts, Alteration, Aufregung« zu stellen ist. I6* 312 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. führen würde. Die mitgeteilten Fälle genügen, um zu beweisen, daß ri im Mittelsoghdischen der graphische Ausdruck für r/ war, und daß daher das payar! unseres türkischen Textes die wirkliche Aus- sprache des historisch geschriebenen mittelsoghdischen paxart wieder- gibt in schönster Übereinstimmung mit den phonetischen Schreibungen der manichäischen Texte. Exkurs 2. Das a)h dem neupersischen &. gleichzusetzen und die Über- setzung des darüberstehenden türkischen as ist, scheint mir völlig sicher. Jedenfalls macht das anlautende $ keine Schwierigkeiten, da sich an verschiedenen Punkten des ostiranischen Sprachgebiets Fälle nach- weisen lassen, wo $ an Stelle des zu erwartenden s steht. Ich stelle darüber einiges zusammen. Im Mittelsoghdischen ist s der Fortsetzer des arischen $, wie das im Iranischen die Regel ist. Doch finden sich in dem Fragment M. 113 zwei awestische Götternamen, in denen das awestische s (— arisch s) durch $ wiedergegeben ist. 1. 30k = awest. saoka, eine Glücksgöttin, die als Helferin des Mithra bezeichnet wird', eigentlich »Vorteil, Nutzen«. 2. Na)r(a)s(o)ny, und N(a)res(o)ny, = awest. nairyo. sanho, Name des Götterboten, vgl. ind. narasamsa, Bezeichnung des Agni. Diese beiden Namen wird man schwerlich als echt mittelsogh- disch ansprechen dürfen, obgleich das % in n(a)r(a)s(o)nx auf sogh- dische Aussprache deutet. Vielleicht gehören sie ursprünglich einem in der Nähe von Sogdiana gesprochenen Dialekt an; oder sprach man etwa in Sogdiana das awestische s wie $ aus? Sporadisch läßt sich $ für s auch in den Pämirdialekten nach- weisen, so lautet im Wayı das Wort für »Pferd« yas (yas) — altiran. aspo, ind. dsca. Aber häufiger ist das Auftreten von $ für s im Af- ghanischen; so z. B. in sak, 50 »Mist« — indisch $dkrt (GEIGER, Etymologie und Lautlehre des Afghanischen, Nr. 48 u. 215). 3il »Zwanzig« — awest. vzsaiti, ind. vimsati (GEIGER, a. a. O. Nr. 216). spesta »Luzerne« — altir. *aspo.asti »Pferdefutter«, neup. äspist (GEIGER, a. a. O. Nr. 222) u. a.m. ı Siehe Janes Darnmesterer, Le Zend-Avesta II (Annales du Musee Guimet T. XXI), S. 310. F. C. Anpsreas: Zwei soghdische Excurse. > In diesen und ähnlichen Fällen! könnte $ sehr wohl alt und der direkte Fortsetzer des arischen s sein’. Anders verhält es sich aber mit vzst »zwanzig«” und San oder son »Art und Weise«, dann »Äln- lichkeit«. Hier ist es ein bloßer Zufall, daß $ einem arischen s gegen- übersteht, da beide Wörter entschieden Entlehnungen aus dem West- iranischen sind. viSt — westir. vist stammt aus einem Dialekt, der ein anlautendes v» bewahrt, und nicht wie das Neupersische in b ge- wandelt hatte, und san, son ist das neupers. san, das auf ein alt- iran. sasn@ oder "sahana — ind. säsana » Anweisung, Geheiß, Befehl« zurückgeht’. Auf die Neigung des Afghanischen, $ für s zu sprechen, die an diesen beiden Fremdwörtern deutlich zutage tritt, ist auch das $ in einer Reihe einheimischer Wörter zurückzuführen, wie in v/2st »Spanne « — awest. vzlasli, ind. vitasti, in dem bereits erwähnten spesta »Lu- zerne« das zweite $Su.a.; vgl. auch die Zusammenstellung von GEIGER (a.a.0.$ 18,4). Es wäre von Wichtigkeit, zu untersuchen, welche $ im Afghanischen und in den übrigen ostiranischen Mundarten als direkte Fortsetzer des arischen s anzusehen sind, und welche erst später entstanden sind. Doch reicht unsere Kenntnis des gesprochenen Afghanisch und der afghanischen wie der Pamirdialekte einstweilen dafür nicht aus. Zu erwägen ist bei dieser Frage, ob das $ sowie das entsprechende stimmhafte 2 des Afghanischen nicht in jüngerer Zeit eine Einschränkung durch den sehr starken Einfluß des Neu- persischen erlitten haben. Auch im Westiranischen gibt es eine Anzahl von $, denen im Arischen ein 5 gegenübersteht. Eine Zusammenstellung gibt Horn (Grundr. d. iran. Philologie I, 2, Neupers. Schriftspr. $ 39, 2b, S. 87 u. 88). Wenn wir von den Entlehnungen aus dem Indischen absehen, wie $äyal »Schakal« = ind. srgäla u..a., ist das $ in den meisten, vielleicht sogar in allen Fällen nicht alt und verdankt seine Entstehung benachbarten Lauten. Wörter endlich wie väs, Yvdsz, %usü »Schwieger- mutter« neben neupers. %usura, %usa und %äst, aber afghan. vasa, %vosye, sowie das aus einem Verse von Dagıqı angeführte san » Wetz- stein«, neben gewöhnlichem san, stellen nichts anderes dar als die ! Eine Zusammenstellung gibt GEIGER, a.a. O., Lautlehre $ 18, 4. ® Ebenso wie der entsprechende stimmhafte Laut, das afghanische Z, in gewissen Fällen ein arisches £ oder &% fortsetzen würde, so z. B. in -Zandal, das nur in Ver- bindung mit dem Präverb p2 gebraucht wird, peZandal werkennen, unterscheiden, wissen« und in Zimai »Winter«. Andere Beispiele bei Geiger a. a. O. ® Das anstatt &l in Verbindung mit den Einern gebrauclit wird * Schon J. DArnEsrerEerR (Chants populaires des Afshans S. LXNIX) hatte vast für das »doublet persan« von &/ erklärt, während Geiger a.a. O. Nr. 216 schwankt. Wie GEIGER über san (Nr. 372) denkt, ist mir nicht recht klar. 314 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar. im Osten gebräuchliche Aussprache der betreffenden westiranischen Wörter. Nach dem Osten gehört ebenfalls der von Hors nicht heran- << gezogene bekannte Männername Gärsasp (_L St ungenau für _.L Ei, — awest. Kurusaspo, ind. Är:äsva, »schlanke Pferde besitzend«, den als erster ein ostiranischer Held trägt. Aus dieser Umschau ergibt sich die richtige Auffassung von $(o)n ganz von selbst: es ist das westiranische säny, das im Munde irgendeines ostiranischen Stammes zu $äng geworden war. In dieser Form haben es die Türken gehört und in ihrer Schrift wiedergegeben. ! Ursprünglich hat er wohl Kärsasp gelautet, woraus durch Dissimilation und unter dem Eintlusse des neupers. äsp Kärsasp geworden ist. Ausgegeben am 31. März. 315 SITZUNGSBERICHTE 1910. DER xVvi. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 17. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. Hr. Russer las: »Über Öompensation und Summation func- tioneller Leistungen des Körpers.« Der Vortragende bespricht die Schwierigkeiten, welche sich der genauen ex- perimentellen Messung functioneller Leistungen überhaupt entgegen stellen, um dann zur Erörterung der Frage überzugehen, ob die Steigerung des Energieverbrauchs nach einer Nahrungsaufnahme und bei Muskelarbeit Functionen des Körpers sind, die bei gleich- zeitiger Wirkung sich summiren oder theilweise compensiren. Versuche am Menschen haben sicher erweisen lassen, dass eine Summation vorliegt. 316 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910. Über Kompensation und Summation von funktio- nellen Leistungen des Körpers. Von Max RuBner. Di Gesamtleistungen eines Lebewesens leiten sich aus der Einzel- arbeit der Organe und ihren Zellen ab und finden in den Ernährungs- vorgängen und dem Kraftwechsel einen meßbaren Ausdruck. Sie sind meist periodischer Natur, indem Ruhe und Arbeitszustände in auto- matisch oder willkürlich beherrschten Zeitmaß abwechseln. Bei man- chen Organen sind die Ruhepausen kurz, aber planmäßig angeordnet, so daß der Eindruck einer dauernden ermüdungsfreien Arbeit entsteht, in anderen Fällen schwellen die Arbeitsleistungen nach Bedarf stark an und werden von langdauernden Pausen der Ruhe gefolgt. Die Organleistungen sind aber nicht durchweg voneinander un- abhängig. Durch Nerveneinflüsse, Produkte der inneren Sekretion durch das gemeinsame Band der Blutversorgung bestehen sowohl Beziehungen zu gemeinsam geordneter Tätigkeit als auch Beschränkungen einer Örganfunktion zugunsten einer anderen. Alle Organe können niemals gleichzeitig in den Zustand lebhafter Tätigkeit sein, weder Blutzirku- lation und Nahrungsvorräte noch Herztätigkeit und Atmung wären diesen Ansprüchen gewachsen. Je lebhafter die Ernährungsvorgänge in einem größeren Zellgebiete sind, desto intensiver werden bisweilen im hemmenden Sinn andere in Mitleidenschaft gezogen und zur Ruhe veranlaßt, ja, es mag das Abströmen von Blut bisweilen einen solchen Umfang annehmen, daß möglicherweise ein solches Organ unter die mittlere Ruhelage seiner Ernährungsvorgänge herabgedrückt wird. Manche Organleistungen kommen aus Anlaß solcher Kompensa- tionen des Stoff- und Kraftwechsels niemals voll und ganz in die Er- scheinung, andere wieder sind an sich zu unbedeutend, um sich von dem Getriebe des Gesamtorganismus genügend abzuheben. Einzelne Organleistungen sind so umfangreicher Art, daß sie in den Verände- rungen des Stoff- und Kraftwechsels eines Individuums zwar deutlich zum Ausdruck kommen, lassen sich aber trotzdem in ihrer wahren Größe nicht ohne weiteres erfassen, weil die Steigerung der einen Russer: Über Compensation und Summation. 317 Funktion andere allgemeine Begleitfunktionen, wie Zunahme der Herz- tätigkeit, der Atemgröße, auslöst. Die Begleitfunktionen werden natürlich in ihrer Bedeutung hinter der eigentlichen Organfunktion zurückbleiben, sind aber doch von nicht zu vernachlässigender Größe. Diesen Begleitfunktionen mit Steigerung der Wirkung stehen manchmal solche mit negativer Wirkung zur Seite, indem die Tätigkeit eines Organs die Ausschaltung eines anderen zur Voraussetzung oder Folge hat (Kühlung der Haut bei niedriger Luft- temperatur mit Sinken des Stoffwechsels in derselben und Steigerung des letzteren in anderen Gebieten). Die speziellen Begleiterscheinungen einer Tätigkeit mögen manchmal sogar sehr verwickelter Art sein, wie z.B. bei den Vorgängen des Denkens, wo neben der Blutmehrung für das Gehirn eine Verschiebung von Blut aus der Haut nach dem Innern des Körpers eintritt; also drei Organgruppen (Gehirn, Haut, Bauch- organe) in Beziehung stehen. Nur unvollkommen gelingt die Auflösung einer Tätigkeit in die einzelnen Komponenten; was wir erfahren können, geht häufig über eine allgemeine Orientierung nicht hinaus. So besitzen wir zwar Methoden zum Studium von Blutverschiebungen im gesunden unver- letzten Organismus, die aber, streng genommen, nie quantitativer Natur sein können. Quantitative Messungen des Blutstromes nach operativen Eingriffen entbehren anderseits wieder der Zuverlässigkeit durch un- vermeidliche Störungen des natürlichen Ablaufs der Lebensvorgänge. Aus den gleichen Gründen sind Experimente über den Stoff- und Kraft- wechsel isolierter, aus dem natürlichen Verband gelöster Organe in ihren quantitativen Resultaten kaum je so zuverlässig, um sie in ein synthetisches Bild des Lebensvorganges zu vereinigen. Unserem Wissen ist also vielfach vorläufig eine empfindliche Grenze gezogen und nur für eine kleine Zahl von Fragen lassen sich Veränderungen des Kraft- wechsels der Organismen zu einem Einblick in die Detailarbeit des Körpers verwerten. Doch ist dieser Weg nicht ganz unfruchtbar ge- wesen. Wir haben z. B. mit Sicherheit erfahren, daß bei Warmblütern eine interessante kompensatorische Funktion besteht, die sich in fol- gender Weise äußert. Die Nahrungsaufnahme bedingt eine Steigerung des Kraftwechsels dem Hungerzustande gegenüber, deren Größe ganz von der Art und Menge der Nahrung abhängig ist. Am unbedeutend- sten ist die Wirkung der Kohlehydrate, größer jene der Fette, am stärksten die der N-haltigen Stoffe. Ich habe diese Erscheinung die spezifisch dynamische Wirkung der Nahrungsstoffe genannt, sie tritt nur voll zutage, wenn die Experimente bei hoher Lufttemperatur an- gestellt werden (s. Rusner, Gesetze des Energieverbrauchs 1902). 315 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910. Stellt man dieselben Beobachtungen bei stufenweise erniedrigter Lufttemperatur an, so verschwinden zuerst die Wirkungen der Kohle- hydrate, dann die der Fette, schließlich die der Eiweißstoffe, und es ist schließlich kein Unterschied mehr zwischen dem Kraftweclısel eines gefütterten und ungefütterten Tieres. Umgekehrt, wenn man bei nie- driger Temperatur Eiweiß z. B. in verschiedener Menge füttert und von Tag zu Tag die Wärme steigert, den Energieverbrauch feststellt und mit jenem des unter gleichen Bedingungen gehaltenen hungernden Tieres vergleicht, so sinkt bei letzterem konstant der Energieverbrauch (bis zu einer gewissen Grenze); bei dem genährten aber findet dies Sinken nur in beschränktem Maße statt, am geringsten ist es im Falle reicher Nahrung, größer bei mittlerer Nahrung usw. Ich gebe zwei Beispiele dafür: Mäßige Nahrung Reiche Nahrung Temperatur Energieverbrauch pro kg in kg/cal. Temperatur Energieverbrauch pro kg in kg/cal. der Luft bei Hunger bei Nahrung der Luft bei Hunger bei Nahrung 5.3 12163 127.9 4.2 128.0 133.5 15.0 98.7 96.1 14.5 100.9 110.9 21.0 70.7 83.7 21.9 Rogy I01.O 30.6 61.9 ST 30.8 62.6 172 (Gesetze des Energieverbrauchs S. 166.) Es liegt hier also eine ausgesprochene Kompensation zweier Funk- tionen vor, die eine ist die Wirkung der Nahrung, welche den Energie- verbrauch steigert, welche bei gleichbleibender Ernährung nicht va- riabel ist, der andere Vorgang besteht darin, daß bei dem (hungernden) Versuchstiere der Energieverbrauch ganz abhängig ist von der Luft- wärme (chemische Wärmeregulation). Letztere Funktion kann durch die Wärmebildung bei der Nahrungsaufnahme ganz ausgeschaltet werden. Je mehr durch letzteren Vorgang Wärme entsteht, um so weniger wird funktionell durch den Regulationsmechanismus erzeugt. In analoger Weise, nur dem Willen freigestellt, wirkt kompen- satorisch entlastend auf die Wärmeregulation die Muskelarbeit, am klarsten und bekanntesten sind diese Beziehungen von der Tempe- raturgrenze ab, wo die auch bei völliger Körperruhe wirkende Regu- lation wegen zu großer Wärmeverluste zu versagen beginnt, die Wärme- steigerung durch Bewegung uns jedoch die niederen Temperaturgrade ohne Unlustgefühle zu ertragen erlaubt. Das Regulationsprinzip ist für die eben geschilderten Erscheinungen ein energetisches bzw. rein thermisches, im hohen Maße ökonomisches. Nahrungswirkung und Muskelleistung sind also Funktionen, die zu einer weiteren, der Wärmeregulation, in eine sehr enge Beziehung Rusner: Über Compensation und Summation. | 319 treten können; es muß daher auch die Frage aufgeworfen werden, inwieweit die beiden ersteren selbst im Verhältnis kompensatorischer oder sich summierender Funktionen stehen. Ich habe angenommen, daß die starke Wärmebildung nach Ei- weißzufuhr zum allergrößten Teil durch den Abbau eines Teiles des Eiweißes — nämlich der N-haltigen Gruppe — ohne Konnex mit der Energieversorgung der Zellen verläuft, wobei demnach zwar Wärme ent- steht, die zur Erhaltung des tlıermischen Gleichgewichts verwertbar ist, aber für die energetischen Leistungen im engeren Sinne verloren geht. Ob aber bei Muskelleistungen diese Spaltungen in gleicher Weise auftreten, oder eine andere Ausnutzung der Kräfte möglich ist, läßt sich nicht bestimmt bejahen oder verneinen. Man könnte auch daran denken, daß aus Anlaß der offenbaren Unterschiede der Blutverteilung bei der Nahrungsaufnahme und der Muskeltätigkeit beide Vorgänge untereinander sich beeinflussen können, zumal bei Eiweißzufuhr, wo wir starke Wirkungen der Nahrungsaufnahme sich ausbilden sehen. Die Frage, »ob Kompensation oder Summation«, läßt sich aber ex- perimentell beantworten. Die Versuche wurden in folgender Weise angestellt. Als Versuchsperson diente ein ziemlich kräftiger Mann, ein Ar- beiter von 61 bis 63 kg Gewicht. Er wurde zuerst bei Hunger in 24 stündigem Versuch im Respirationsapparat unter sorgfältig regu- lierter Temperatur und Feuchtigkeit der Luft beobachtet, dann erhielt derselbe möglichst große Fleischmengen. Am dritten Tage war bei gleicher Kost Arbeitstag, am vierten Tag erhielt er 600 g Rohrzucker, und am fünften Tage leistete er wieder bei ausschließlicher Zucker- kost eine bestimmte genau regulierte Arbeit. Letztere bestand in Dreharbeit am Gärrserschen Ergostaten, der hier nur die Aufgabe zu erfüllen hatte, die Gleichmäßigkeit der Arbeitsleistung zu garantieren. Die Arbeit betrug in dem betreffenden Versuch je 100000 kg/m in bestimmter Weise über den Tag verteilt = 234 kg/cal. als Wärme- äquivalent. Jeder Versuch dauerte je 22 Stunden und wurde auf 24 Stunden berechnet. Bestimmt wurde der Stickstoff in Harn und Kot, der Kohlenstoff im Harn. Von den Ausscheidungen wurde auch der Wasserdampf gemessen. Die Resultate der beiden Serien von Versuchen lassen sich in folgende Mittelwerte pro 24 Stunden zu- sammenfassen. Es betrug der Gesamtenergieverbrauch in kgjeal.: bei Hunger und Ruhe 1976.4 bei Zucker und Ruhe 2023.1 bei Zucker und Arbeit 2868.7 bei Eiweiß und Ruhe 2514.7 bei Eiweiß und Arbeit 3370.3 320 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich sowohl auf die Wirkung der Nah- rung als auch auf deren Kombination mit der Arbeitsleistung. Die Wirkung der Nahrung drückt sich in einer Mehrung des Energieverbrauchs gegenüber dem Hungerzustand im allgemeinen und hinsichtlich des zu erwartenden Unterschiedes zwischen N-haltiger und N-freier Kost deutlich aus. Bei Aufnahme von 600 g Rohrzucker (und 3000 cbem Wasser) betrug die Wärmemehrung +2.4 Prozent; das ist weniger, als ich im Mittel beim Tier beobachtet habe, was darauf zurückgeführt werden muß, daß beim Menschen der Energieverbrauch durch die unvermeid- baren Bewegungen und die Körperstellung stets größer ist als bei dem Versuchstiere, das selbst zwischen Wachen und Schlafen keine Stoffwechselunterschiede erkennen läßt. Der Rohrzucker reichte hin, abgesehen vom Eiweißumsatz, alle energetischen Bedürfnisse zu decken, und erzielte sogar einen Ansatz von 147 g Zucker täglich. Die Harn- menge betrug im Mittel 2370 cem pro Tag und führte, da dem einen Zuckerfütterungstage Eiweißnahrung vorausgegangen war, um 12.8 N mehr aus, als im Hungerzustande des Menschen verloren wurde. Die Steigerung der Wärmebildung war bei Eiweiß nicht eine maximale, denn im Mittel der beiden Experimente blieb die Eiweiß- aufnahme etwas hinter der wirklichen Bedarfsgrenze zurück; sie war aber immerhin erheblich und erreichte ein Mehr von 27.2 Prozent der sonstigen Wärmebildung. Reine Eiweißkost ist bei mittleren Temperaturen immer mit einer starken Zunahme des individuellen Wärmegefühles verbunden, das namentlich bei mittlerer Luftwärme und Feuchtigkeit in den ersten Stunden nach den Mahlzeiten von einer sichtbaren Schweißsekretion begleitet ist. Diese Empfindungen fehlen vollkommen bei reiner Zuckerkost. Nach den Mahlzeiten ist bei ausschließlicher Eiweißkost eine gewisse Trägheit und ein Ermüdungsgefühl ganz unverkennbar. Die Arbeitsleistung wurde der Versuchsperson im allgemeinen be- quemer bei ausschließlicher Zuckerkost als bei ausschließlicher Ei- weißaufnahme, aus Gründen, die sich empfehlen, später erwähnt zu werden. Die Energiequelle für die Muskelarbeit bildeten bei Zuckerkost sicher die Kohlehydrate, neben denen noch etwas Fett vom Körper abgegeben wurde. Bei Eiweißkost war es aber nicht das Eiweiß, das Verwendung fand, schon aus dem einen Grunde nicht, weil der größere Teil des Eiweißes gar nicht zersetzt, sondern angesetzt wurde, so daß hier als Kraftquelle nur das Fett des Körpers in Betracht kommt. Da sich die genannten Stoffe im Organismus nach isodynamen, das heißt Werten gleichen Energieinhalts, vertreten, resultiert aus der Russer: Über Compensation und Summation. Sl Verwendung der verschiedenen Nahrungsstoffe als Quelle der Kraft kein Grund zu differenten Ergebnissen. Die Frage, ob sich Nahrungswirkung und Muskelarbeit hinsicht- lich des Energieverbrauchs kompensieren oder summieren, läßt sich aus den Versuclisergebnissen mit Bestimmtheit ableiten. Liegt eine Summation vor, so wird bei beiden Formen der Ernährung, die wir gewählt haben, der Energieverbrauch bei Arbeit um die gleichen ab- soluten Größen haben zunehmen müssen. Denn die Annahme, daß bei jeder Art der Ernährung eine absolut gleich große Kompensation eingetreten sei, ist an sich unwahrscheinlich, weil unverständlich; und wenn sie bestände, könnte sie das Resultat nicht wesentlich beein- flussen. Denn eine solche Kompensation könnte bei den Kohlehydraten doch nicht mehr an Effekt erzielen als die komplette Beseitigung der spezifisch-Aynamischen Wirkung überhaupt; das wäre also 2.4 Prozent Minderung, der eine analoge, in absolutem Maße ausgedrückte gleiche Wirkung bei Eiweiß gegenüberstehen müßte. Die durch Arbeit bedingte Steigerung des Energieverbrauchs be- trug, für den Tag berechnet, bei Zuckerkost + 41.7 Prozent, bei Eiweiß + 34.0 Prozent, sie war also recht bedeutend. Diese relativen Zahlen können aber keinen Entscheid bringen, denn die ungleiche Ernährung bedingte für den Ruhezustand einen ungleichen Energieverbrauch und diesem fügte sich eine in absoluter Zahl ausgedrückte gleichartige Leistung als Muskelarbeit hinzu. Nimmt man einfach die absoluten Zuwächse an Energieverbrauch durch die Arbeit, so liegt ein einwand- freies Resultat vor. Für je 100000 kg/m Arbeit war der Mehraufwand des Organismus an Energie: bei Zuckerkost 845.3 kg/eal., bei Eiweiß 855.6 kgjeal. Das Ergebnis beweist die Summierung der Funktionen. Die Menge des Energieumsatzes ist in beiden Fällen der Ernährung fast dieselbe geblieben und so wenig abweichend, daß man sagen kann, die spezifisch-dynamische Steigerung des Energieverbrauchs und die Arbeitsleistung sind Funktionen, welche nebeneinander gesondert bestehen und sich nicht kompensieren. Die Experimente sind auch noch in anderer Richtung von Interesse gewesen insofern, als sie durch die Messung der Wasserdampfabgabe einige nicht uninteressante Vor- gänge der Wärmeregulierung erkennen lassen. Die Temperatur im Versuchsraum und die relative Feuchtigkeit wurde so gleich gehalten, daß sie fast völlig übereinstimmen; dies ist bei langdauernden Experimenten sehr schwierig zu erreichen, aber die technischen Mittel meines Instituts geben die Möglichkeit hierzu. 322 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910. Mittelwerte Temperatur Prozent Feuchtigkeit Hungzer2. 2.0 71907 44 Zucker, Ruhe. 20.1 44 Zucker, Arbeit 20.6 40 Eiweiß, Ruhe. 20.9 41 Eiweiß, Arbeit 20.4 409 Äußere Gründe sind also für eine Veränderung der Wärmeregulation gar nicht vorhanden gewesen, wodurch wir in den Stand gesetzt werden, die aus inneren Gründen mit den physiologischen Leistungen zusammenhängenden Veränderungen genau zu verfolgen. Ich füge die Ergebnisse der Bestimmung des abgegebenen Wasserdampfes bei: | l aan TER Gramm | | Gramm Mittel | L oe Leitung | | Wärme des Tag | Wasser | Tag | Wasser | Gramm | Wasser- | Strahl Sa | en | dampfs in | >trahlung im Tag | im Tag Wasser | kg/eal. | in kp/eal. Hungen er: Ian 616 5 650 | eas) 380 | 1596 Eiweiß, Ruhe. . 2 1295 3 Ta | 21024 614 | 1901 Eiweiß, Arbeit . 3 | 72403 A| 1716 2059 | 1235 1904 Zucker, Ruhe. . 4 | 881 | 884 832 | 529 1494 Zucker, Arbeit . 5 | 1596 | 2 | 1428 1512 | 907 1727 Li 1 Wenn man die latente Wärme des Wasserdampfes vom gesamten Energieumsatz (bei den Arbeitsversuchen ist letzterer um das kalorische Äquivalent der mechanischen Leistung zu kürzen) abzieht, hinterbleibt ein Rest, der auf den Wärmeverlust durch Leitung und Strahlung und durch Erwärmung der Atemluft entfällt. Da letztere Größe sehr un- bedeutend ist, spreche ich kurzweg nur von Leitung und Strahlung. Vergleichen wir jetzt die Resultate zuerst für die Perioden der Rule bei verschiedener Ernährung, so findet sich: Insgesamt davon Leitung und Strahlung Wasserdampf Hunger. ... 1976 kgjeal. 1596 kgjeal. 380 kgjeal. Zucker 2.220234 > 1494» 529 » Eiweiß 1. 2515.» 1901 » 614 >» Die Eiweißfütterung macht sich dureh die starke Zunahme der Wärmebildung geltend, welche bei 21° Lufttemperatur und 41 Pro- zent relativer Feuchtigkeit und leichter Kleidung zu einer starken Steigerung der Wärmeverluste durch die Leitung und Strahlung, also u Rusner: Über Compensation und Summation. 323 zu starker Blutfülle der Haut, mit erheblicher Zunahme der Wasser- verdunstung, führt. Die ausschließliche Zuckerkost läßt die Abgabe durch Leitung und Strahlung deutlich sogar etwas absinken, die Wasserverdunstung aber gegenüber Hunger etwas steigen, so daß das ganze Mehr der Wärmeerzeugung völlig durch vermehrte Wasserverdunstung gedeckt wurde. Es liegt also in Zahlen ausgedrückt vor: mehr an Wärme erzeugt mehr an (latenter) Wärme als im Hunger im verdunsteten Wasser bei Zucker... 46.7 kgjeal. 149 kgjeal. beirEiweißr. - . 05327 5» 230 08 Die Besonderheiten der Wärmeregulation bei der Arbeitsleistung sind aus der Tabelle S. 322 wohl zu ersehen, ich füge aber noch folgende Übersicht hinzu: Die gleiche Arbeit betrug = 234 kgjeal. pro Tag. Zuckerkost Eiweißkost Energieverbrauch mehr. ..... 845.3 855.6 ab für das Arbeitsäquivalent. .. 234 234 mehr an Wärme im ganzen ... 611.3 621.6 Wärme lat. im Wasserdampf .. 378.0 621.0 durch Leitung und Strahlung .. 233.3 — Der Körper des Mannes vermochte bei Zuckerernährung und Ar- beit das Mehr der erzeugten Wärme dadurch nach außen abzugeben, daß sich der Verlust durch Strahlung und Leitung um 233 Kal. und jener der Wasserverdunstung um 378 Kal. erhöhte, ohne daß dadurch die Grenze der Leistungsfähigkeit der Blutfülle der Haut für die Zwecke des Strahlungs- und Leitungsverlustes schon erschöpft war; denn diesen Grenzwert können wir, wie die Eiweißversuche zeigen, für die ge- gebenen Bedingungen auf 1900 kgj/cal. pro 24 Stunden annehmen, während bei Zucker nur 1727 kgjcal. erreicht wurden. Die Blutzirkulation übernahm bei Zuckerkost noch 38.1 Prozent des gesamten Kalorienüberschusses, auf die Schweißsekretion entfielen 61.9 Prozent. Anders lag die Sache bei der Eiweißkost; hier war schon durch diese allein und ohne die Arbeit die Blutzirkulation nicht in der Lage, überhaupt noch mehr Wärme nach außen zu führen; das ganze Mehr der Wärmeproduktion, 622 kg/cal., war durch Schweißsekretion zu decken und diesem Werte entspricht auch die tatsächlich ver- dunstete Wassermenge mit 621 kg/cal. Die Leistungsfähigkeit der 324 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910. menschlichen Haut ist übrigens durch diese Verdunstungsgröße noch nicht bemerkenswert hoch in Anspruch genommen; das Experiment zeigt aber doch wieder, was ich an anderer Stelle schon näher be- legt habe, daß reichliche Eiweißkost in tropischen Klimaten die Leistungs- fähigkeit für Arbeit stark herabsetzt. Die wärmeregulatorischen Be- gleitfunktionen der Arbeitsleistung waren, wie diese nähere Schilde- rung ergeben hat und wie die ungleichartigen Empfindungen es schon vermuten ließen, bei den gewählten zwei Nahrungsformen recht ver- schieden, ohne daß dadurch der Gesamteffekt, energetisch betrachtet, beeinflußt wurde. Ausgegeben am 31. März. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei, an. weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- ichung dem redigivenden Seeretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so Ei er die Mittheilung aus diesen zu entfernen, Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- _ tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- _ willigung der Gesammt-Akademie. _ Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist _ den Verfassern unbeschränkt gestattet. N‘ Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. < Aus’ $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- " schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen 3 folgen i in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. Die nieht in den Schriften der Akademie erscheinenden - Nittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« ugefügt. _ Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser verden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, h in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig Bl wird. Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag gedruekt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruekerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Ve deren Correeturen cıst noch dem vorlegenden Mit; zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- seheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- siehert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Reeht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen uussdemmlannen Lo zes 2, Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . ” Mathematische Abhandlungen. . . Abhandlungen aus dem Jahre 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . . . Philosophisch-historische Glassengsr „0 Abhandlungen der Akademie. » Philosophische und historische Abhandlungen Eee d TG NET a Rn Be 7, ARNDT 6 2a I — En reine Abhandlungen aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und 1909. Dieis: Bericht über den Stand des Ineranndehnektien Corpus medicorum antiquorum u. s. w. . 2 4.— Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . ; - e 2.50 Brasca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . 2. Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. .. » » 2. 2.2.2... er Bu: ” » » » „ „ DEP a a Var rruve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » 250 ancA: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 2. 2 2 2 en nn nn B— KexurE vox Stravonırz: Die Bildnisse des Sokrates. . . A ee N en Cana — VON Wiıramowırz-MoELLenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhof . . 2 2.2.2. . 1.— Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . Re N Fee DEN, PR 2 Hruster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftthum . . 2 2 2 2 22 nenn do Mörter: Uiguria . . . . . 5 . 5 B N a ee Eee Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer von Sardia . . > 2.22.20 du LDEYER: Der Processus retromastoideus . . . NEL OR RER Re Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . a EI FE a Le rer ‘von Wıramowirz-MoeLtennorrr: Nordionische Steine Bu 3 ß > rn do Scnuzzs, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. A Er ee N. Herz: “ Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becxu: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . 3 K. Gorsanovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen 4 N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Decinaktons Zweite Abtheilung O. Franz: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beckn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik R Tu. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den asia 5 Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen £ L. Jacossoux: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks de B. SEUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- -Ausgabe eg Br RN M er VI. M. ConkAr: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation 2 CR L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A.Korx: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Abaran Kursen abwöirhen Sitzungsberichte der Akademie. Preis-(des’ Jahrgangs u5: a 3 hr Be FE nee 2 Br Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des a nach der Ausschaltung höherer Theile . : Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe . Scnorrky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch. Gleichungen ver- bunden sind . . ATI TE: Brakor: the Cock in the North Hervert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der Se vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von Le Cog: ein chr istliches und ein manichäisches Manuscriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XII und u er. Orra: über einige Krebsfragen H. Sınrer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). : Exoren: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen Ostasiens K. Gorsanovic-KRANBERGER: der Unter kiefer der Eskimos (Grönländer) 4 als Träger prinitiver 'Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) en Sonderabdrucke, ]. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz Frossxıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen \ * Rurens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W. Gornan: Bulereuäingesn über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Bis, Ungarn) 3 : SER R. Meister: kyprische Sacraliischrift (hierzu "Taf. I und m Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe F Scnorixv: die geometrische Theorie der Arzı’schen Functionen vom Geschlechte 5: A Frossntus: über den Fermar’schen Satz. I. . . Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge \ von \ Festigkeitsbeauspruchungen Herrwic: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier Pencx: Versuch einer Klimaelassifieation auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Lınoemann: Untersuchungen über die specifische | Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Nernsr: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen one en. II. (° J. Hexe: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) Tnonsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. III) F. C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vırazım Tuousen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Rurner: über Compensation und Summation von fünctionellen Leistungen des Körpers . AM 12.— u.» % 0.50 0.50 uw Be zw gDixe 1 SITZUNGSBERICHTE = DER E KÖNIGLICH PREUSSISCHEN Bu ..r © . e; mine, am 31. März. (S. 325) | Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 7. April. (S. 327) I Sitzung der philosophisch- historischen Classe am 7. April. (S. 329) Ermax: ee ‚Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. (S. 330) MOM EIE | i ZN SE CONGpR RN RR Br ANY NGRE er Pi 4 FE [> ie i ae ET Il o Jucr 7 1010 ER > % r N" — fs BE “ var Kr N \ o 77 7 ER NARIEE | EL son vr Pal f- . r e - : ar are RN 5 ER j a | IM ie: € f Ei" BER 3 BERLIN 1010: : CR ie VERLAG DIR. KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 4 x Fe En BIN COMMISSION BEI GEORG REIMER,. Mer > Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende V' eröffentlichunpen heraus: » Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. 83. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Qlasse statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. Sa. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treftenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den zuständigen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimnite Abtheilung der «Abhandlungen«, so bedarf‘ dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf’ S.3 des Umschlags.) F E . _ auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl x Re abziehen lassen. 4 Aus $ 6. Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripte müssen, wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes N und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen | Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. hi Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur sollnach Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche Correeruren Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Seeretars vor der Einsendung an die Drucker ß nl die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. i Aus $ 8. Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang. im Druck 4 Seiten übersteigt, auch fürden Buchhandel ‚Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. 9. Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberiehten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 _Fıei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem | Zwecke tn u Terence von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigivenden Sceretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf’ es dam der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Oster — Niehmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre“ Kosten abziehen lassen. Von den Sonderabdrucken aus den Apnsaalanee] er- ‚ hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Mandel zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Erempläre bis zur Zahl von noeh 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu. lassen, N sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden ‚Seceretar an- gezeigt hat; wünseht er auf seine Kosten noch. mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Fre ‚exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf ihre SET: Eine für die Een SeHuftene be stimmte wissenschaftliche Mittheilung dar in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- r SITZUNGSBERICHTE 1910. xXVn. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 3l. März. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. *]. Hr. Koser las: »Über die politische Haltung des Kur- prinzen Johann Sigismund von Brandenburg.« Die Protokolle und Relationen des 1604 begründeten brandenburgischen Ge- heimen Staatsraths, deren Veröffentlichung die Archivverwaltung vorbereiten lässt, ge- währen den Einblick in die politischen und persönlichen Gegensätze in der Umgebung des Kurfürsten Joachim Friedrich. Der Kurprinz Johann Sigismund, durch den aus Kleve gebürtigen Obermarschall Bylandt von Rheidt berathen, durch den Kanzler von Löben, den Vertrauensmann des Kurfürsten, bekämpft, erscheint als Wortführer einer Actionspartei, die im Anschluss an Kurpfalz und die Niederlande eine alsbaldige Ent- scheidung des jülich-bergischen Erbanspruchs herbeizuführen strebt. 2. Vorgelegt wurden von Hrn. Harnack Bd. 3 der 4. Aufl. seines Lehrbuchs der Dogmengeschichte. Tübingen 1910 und das von dem aus- wärtigen Mitglied Hrn. Scrrarareruı in Mailand eingesandte Werk: Misure di stelle doppie eseguite nel Reale Osservatorio di Brera in Milano col refrattore di 18 pollici Merz-Repsold negli anni 1886—1900. Milano 1909. 3. Die Akademie hat durch die philosophisch-historische Ulasse ihren correspondirenden Mitgliedern Hrn. Frieprıcn von Bezorn in Bonn zu den Vorarbeiten für eine Monographie über den französischen Pu- blieisten Jean Bons (1530 — 1596) 1000 Mark und Hrn. Lupwie Mırreıs in Leipzig zur Herstellung einer Sammlung der justinianischen Inter- polationen in den Digesten, dem Codex Justinianus und den Institu- tionen 600 Mark, ferner Hrn. Prof. Dr. Hans Ponrow in Berlin zur Vollendung seiner Delphischen Studien 500 Mark bewilligt. Die Akademie hat das ordentliche Mitglied der physikalisch-ma- thematischen Classe Hrn. Hans Lanporr am ı5. März, das ordentliche Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn. AnorLr TogLrr am ı8. März und das auswärtige Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe Hrn. EnuArn Prrüser in Bonn am 16. März durch den Tod verloren. Ausgegeben am 14. April. Sitzungsberichte 1910. 27 A ER RLEIBELEWEER SITZUNGSBERICHTE _ 1910. xXVvin. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 7. April. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. *Hr. Kocu machte Mittheilungen über das epidemiologische Verhalten der Tubereulose unter Hinweis auf die allgemeine und bedeutende Abnahme der Schwindsuchtssterblichkeit im Laufe der letzten zwanzig bis dreissig Jahre. Als die wichtigsten Ursachen dieser Erscheinung wurden die im Verhältniss zu früheren Zeiten immer mehr zunehmende Unterbringung der Schwindsüchtigen in Hospitälern und die Verbesserungen in der Wohnungshygiene angegeben, und der Nutzen der Controle der Schwindsuchtsverhältnisse mit Hülfe der Mortalitätsstatistik hervorgehoben. Ausgegeben am 14. April. gm * en) f we » 4 ’ Zi .' zn" 1 or So Mi + DD 1,37 j HSchE ce a Er ISNER\ BITTEN A ra a lribe FEMLEEE Liafti: eig DI: DET ENTRIES ln gab a 437 ß a L ride un. as ‚ug ara ul uf era al 4 ru ad TILL er iR Fe N x ı ME ak ER i N Wr a ER u 329 SITZUNGSBERICHTE 1910. XIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. *Hr. Lenz sprach über die Geschichte der Theologischen Facultät an der Berliner Universität seit der Berufung NEANDER’s bis 1817. Die Entwicklung NEAnDer’s unter dem Einfluss der Hamburger Aufklärung, in die seine Gymnasialzeit fiel, der platonischen Studien, die ihn zum Übertritt zum Christen- thum anregten, der Schriften SchHLEIERMACHER’S und des Unterrichts, den er bei diesem in Halle genoss, und anderer Momente wurde bestimmt und daraus die Gegensätze abgeleitet, die zwischen ihm und seinen Collegen in der Facultät, SchtEıermACHER selbst, wie MARHEINERE und DE WETTE, zu Tage traten; zum Schluss wurde noclı des Eintritts Lücke’s in die Facultät und seiner vermittelnden Thätigkeit gedacht. 330 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. Zwei Aktenstücke ausder thebanischen Gräberstadt. Von Avour ErMmAn. (Vorgetragen am 3. März 1910 [s. oben S. 283].) ia Jahre 1908 erwarb Hr. Prof. SchäÄrer von einem der thebanischen Händler einen hieratischen Papyrus, der vom einundzwanzigsten Jahre Ramses’ III. datiert ist. Er ist juristischen Inhalts und bezieht sich, wie so viele der in Theben gefundenen Papyrus des neuen Reiches, auf die Verhältnisse der dortigen Gräberstadt und ihrer Arbeiter. Er trägt jetzt die Nummer P. 10496 der ägyptischen Sammlung. Als ich dieses Schriftstück unlängst näher untersuchte, fiel mir ein seltsames Wort darin auf, das NIE geschrieben ist; ich er- innerte mich, daß ich ein solehes Wort schon einmal, wenn auch zweifelnd, in einem Texte gelesen hatte. Es war das schlecht lesbare Londoner Ostrakon 5624, das vom siebenten Jahre des Königs Haremheb datiert ist!. Aber merkwürdigerweise traf ich auf diesem Ostrakon nicht nur jenes Wort wieder an, sondern es enthielt auch dieselben Namen der Arbeiter, Oberarbeiter und Schreiber, die auf unserm neuen Papyrus vorkommen; und hier wie da hieß es von dem »Öberarbeiter Chons«, daß er »dasaß und trank«. Die beiden Schriftstücke konnten also nicht voneinander getrennt werden, und wenn das eine um anderthalb Jahrhunderte älter sein sollte als das andere, so mußte das auf einem Mißverständnisse beruhen’. ı Es ist 1868 in den »Inseriptions in the Hieratic and Demotie Character from the Colleetions of the British Museum«, Taf. XIV veröffentlicht worden, aber »it has suffered much from the effects of time«, und so ist das dort gegebene Faksimile kaum zu benutzen. ?2 Auch in anderer Hinsicht ist dieses Zusammenkommen der beiden Schrift- stücke von Interesse. Der Papyrus ist 1908 auf den Antikenmarkt gekommen, er ist also, wie dessen Verhältnisse jetzt liegen, zweifellos erst in jüngster Zeit aufgefunden worden. Das dazugehörige Ostrakon aber, das doch gewiß aus demselben Fundort stammt, ist, wie mir Hr. Bupge freundlich mitteilt, bereits 1837 auf der Versteigerung der Sammlung Athanasi gekauft worden; es ist also 70 oder 80 Jalıre früher an das Lieht getreten. Ich komme hierauf unten noch zurück. inte Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 331 Wie sich dieses Mißverständnis aufhebt und was für uns aus seiner Aufhebung folgt, soll im folgenden dargelegt werden. Ich gebe zunächst den Text der beiden Schriftstücke und einen Übersetzungsversuch. Papyrus Berlin 10496. Bar(Vsz run). Ton mo Re OL, NE-=Z-nR2 NEISEmS ErIsged 29 Dat Beh A le — KRANSTR-ATT N. m FAR SORRRLE ' BARS Sl Ill. Da aan. nie sel A-ht, welches sich in dem Grabe des” Arbeiters Chanun befindet. Sie stellten fest’: »Das »h-ht, das sich in dem Grabe des Arbeiters Amenemopet befindet, wurde‘ geöffnet. « Es kamen zu mir’, und zwar(?) herunter‘, der Schreiber Amennacht, der Stellvertreter Amencha, der Stellvertreter Anhorcha, der wert(?) beamte Neferhotep. Der Schreiber des Wesirs Amennacht rief mir zu: »Öffne nördlich von der Säule, die in deinem Grabe ist, damit ich den Eingang deines 3A-ht darin sehe.« Ich stand und baute” zusammen mit Hori, dem Sohn des Huinofer, und dem Arbeiter Bekenwerel. Der Oberarbeiter Chons saß und trank auf dem Grabe des Chanun. P 2 (Vs. 12— 15). "Z-2relloZeehis MIRNIZST Kn = Mi | IIREIT ZA ZN wsr-m3ct-rt mrj-imn, der offizielle Name des Königs. Er schreibt n3 für n. 3 Eigentlich »fanden«. Möglich wäre wohl auch »wird geöffnet«. Eigentlich wohl »es waren die und die, welche zu mir kommen taten«, eine Konstruktion, die zum mindesten äußerlich an das koptische zweite Perfektum mrayer erinnert. ® »Mit einem Herunterkommen«s — das wird sich nicht auf das Heruntersteigen in das Grab beziehen, sondern ein technischer Ausdruck sein. ? kd ist das gewöhnliche Wort für »erbauen«; hier muß es dem »öffne« ent- sprechen und vom Aufbrechen des Mauerwerkes gebraucht sein. Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 333 Re ?1 SZ wm yyo® YD nv RATE LEEREN 23 AN | ee a IS UAA7 G”% Sen ? if www 1.15 Lücke von einer y Se <= >) re » ... a _ ed le, I 1 Bellen ZEIT BEN le Danach aber, als die Stätte revidiert wurde, fanden sie (darin) einen bunten Holzsarg, auf den kein Name irgendeines irgendwo befindlichen Menschen” gesetzt” war, und es war kein ..... undgkemsRopfe res. (Rs gabskeinen 4.22.98... Sala. des Landes, der neben ihm lag. P3 (Vs. 15—17). N 16 Lücke ein nie] Im URL Men Ir er Be OO > Das Ende des Blattes fehlt. Danachkaberas ra ar: ‚ sandte der Schreiber Ach- peu deyMikteilunge= Geöfmeh in. r2c. need. der Schreiber Amennacht, der Schreiber .. P4 (Rs., Kanzleinotiz am untern Rand des ae UN Nele N oe Das Aktenstück’ des Grabes, welches der Wächter Penwen- nofre (?) redete. ! Erhalten ist hinter le e ; ich vermag das nicht zu lesen und nicht zu erraten, was da & gestanden haben kann. Der Satz muß ja doch ein Verbum und ein Subjekt haben, und beides soll in dieser Lücke stehen. Der Sinn ist gewiß: der Sarg hatte keinerlei Beigaben. 2 Eigentlich »irgendeines Menschen, der im ganzen Lande ist«. 5 ze | findet sieh auch sonst (z.B. Harris 4, 2; Pap. Turin 73+ 18, 6; MVM Apophisbuch 23, 7; 26, 3; Mar., Dend. IV 39) vom Eingraben des Namens auf ein Bau- werk oder einen andern Gegenstand. * X so scheint zu stehen. Ob DO ? — MW 5 Es ist gewiß eine bestimmte Art Aktenstück gemeint; das »redete« führt auf etwas wie Erklärung, Aussage, Beschwerde. Ob die Notiz der Titel für die Vs. (Pı—3) ist? Nur erwartet man für diese einen andern »Redenden«. 334 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. P5 (Rs., spätere Notiz von anderer Hand). BE _ N 9 -- 2 ZRR Da 577 ni NS heit I LI TAN AI Bar N por ee NE rg] RR KLIMA ER beim Herrscher, [dessen] Macht zum Tode (führt)! N 7 — Kann, MN a ee ae ihm Nase und Ohren ab- schneiden (?)’, auf einen ...... * gesetzt in diesem (?).°« (Zusatz von anderer Hand.) Der Name des Pharao wurde dabei genannt; er wiederholte noch einmal, was er gesagt hatte. 6 (Rs. —ı5. Von andrer Hand). alte. > Na = nn WWW IN, SET a NTSMINRSIER I = mTo, DAaNad Ze, 4 ee MEHR ! Diese Schwurformel kommt ähnlich auch Pap. Tur. 43,9 vor: bei dem Herrscher ENGEN 5 ® In allen Schwurformeln des Neuägyptischen liegt eine Ellipse vor: »(Wenn es sich herausstellt) und ich ..«, vgl. meine Neuägypt. Gramm. $ 220, wo sich die Bei- spiele jetzt vermehren ließen. ® Dieser Ausdruck kehrt ähnlich im Pap. Mayer A wieder: »ihm wurde der Eid auferlegt « — a @ a helm» ‚ was irgend- wie bedeutet: »er wolle verstümmelt werden, wenn er nicht die Wahrheit sage«. * dphw ist unbekannt; zu »Pfahl«, worauf man raten möchte, paßt das Deter- minativ nicht. 5 m psj läßt sich nicht wohl anders übersetzen; was es aber bedeuten soll, weiß ich nicht. Ist der Satz etwa nicht fertig geschrieben? Ihm folgt ja ohnehin eine Ergänzung von andrer Hand. | P A = c 1 ‚ wohl nicht I, was diese Handschrift nicht kennt. Ze aN neee S ER NE eRll-hs RN TER IT IR FRUST TE RE KR NEE EN TAN KESIRURIUNG 122 Net ES le TER AKRNL er meRhEs Aontohlles Z-I er ZT Bde "seläl FE ajlaloı ne Jahr 24, am letzten Tage des ersten Sommermonats. Ich hatte angezeigt(?)' den Arbeiter Amenemopet, den Sohn (les Merire, und den Arbeiter Wennofre, den Sohn des Penamon. An diesem Tage. Verhörendes Gericht: der Oberarbeiter Chons, der Oberarbeiter Anhorcha, der Schreiber des Wesirs Amonnacht, der Arbeiter Hesisunebef, der Stellvertreter Amoncha. L N ragt über die Zeile hinaus. u < < Auf | folgt k- * Oder »mir zeigten an«, oder »mir wurden angezeigt«. 336 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. Die Wohnstätte' des Amenmose gehört mir. Sein Grab ist” — die Befehle an(?) 5k® sind auch bei ihm. Er warf meine Herrin’ aus dem Grabe meines Vaters heraus. Das Ge- richt ließ ihn beim Leben des Herrn schwören: »Bin ich in dieses Grab (?)’ eingedrungen«, so wolle er 100 Schläge und 50 Wunden haben. Ich tat ebenso in dieser Weise gegen (?) p3-bk vor dem ver- hörenden Gerichte: dem Öberarbeiter Chons, dem Oberarbeiter Cha, dem Schreiber Amennacht, dem ıvCrt(?) Beamten Neferhotep und sehr, sehr vielen Zeugen. Ostrakon London 5624. Oı (Vs. 1— 5). SNNZCEDNNGIRLITIRN Ti 4 SZENE RUN — Kr: EEE N EIERN, x MR EN Ile Ba SOCREIURET no Be muß ein allgemeines Wort wie »Wohnung« sein: man nennt oft einen MM Tempel das hnw des Gottes; jemand stiehlt Brot u.a. aus dem inw eines Mannes; vom Grabe steht es wohl sicher im Pap. Salt, wo jemand schwört, er müsse nicht in das »Anw seiner Eltern« eingehen, wenn er die Unwahrheit sage. Auch im Grabe des Nb-wnnf S =, [N . a . zu Theben nennt der Tote das Grab »das ‚in dem ich weile«. 2 Fehlt das Ende des Satzes? Oder st das »sein Grab« (nach $ 370 meiner Grammatik) hervorgehoben ? Nur sollte man dann im folgenden Teile des Satzes irgend- ein weibliches Suffix erwarten, das sich auf das Femininum »Grab« bezöge. 3 In dk und dem gleich nachher vorkommenden p3-bk möchte ich bis auf weiteres den Personennamen P3-bk sehen. Denn das Wort dk »Diener« hat neuägyptisch einen ganz beschränkten Gebrauch, der zu diesen Stellen gar nicht passen würde. 4 Anwt »Herrin« bezeichnet allgemein die Dame; er meint also nur: eine Frau meiner Familie. 5 Das Wort mAj ist unbekannt; das Determinativ scheint einen Gebäudeteil dar- zustellen. ne an. Zu & Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 337 — ww4l > ae] le TIERNERIAL[—Ie def] Pr | A a — : sie sie ee le lest elf le Sm Ian&ıNn Im Jahre 7 (unter) König Haremheb. Tag, wo der Arbeiter Hai, mein Vater, in die Nekropole eingeführt wurde (?)'. Der Vermögensverwalter“ der Stadt Thutmosis verteilte die Stätten, die im Nekropolenvermögen” waren, an die Arbeiter des Pharao. Er gab (dabei) das Grab des Amon (sie) an meinen Vater Hai durch Befehl. Meine Mutter Hel, seine Tochter, sollte für ihn (?)* gebären, da er keinen Sohn hatte und seine Stätten verlassen stehen würden‘. OÖ 2 (Vs. 5—7 und vielleicht Rs. ı — 2°). sie Sei In Ga ade NE LETTE AN TRUE DO EITARHN I Tunis 29995 Tl = urzen | 477 =) (en IN ! Scheinbar »einführte«, doch handelt es sich ja nach dem Folgenden darum, ER, a © daß Hai ein Grab bekommt. Entweder ist IE) &A® »man tut« zu verbessern — oder der Infinitiv N 7 ist passivisch zu fassen. 2 ©n-pr »Großer des Hauses« und pr-4r »Nekropolenhaus«. ® Lies wohl ms nf; das Faksimile und meine Abschrift geben nur msf, was keinen Sinn hat. * Das »stehen würden« ist durch das Apr ausgedrückt. 5 Man kann eigentlich nieht sagen, was bei diesem Ostrakon Vs. und was Rs. ist; doch ist die hier angenommene Reihenfolge die wahrscheinliche. 338 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. Danach, im Jahre 21, am ersten Tage des zweiten Sommer- monats, trat (ich) vor König Amenophis und sagte zu ihm: »Sende (mich) (?)' in ein Grab unter den Vätern.« Er gab mir das Grab des Hai durch ein Schriftstück. Ich arbeitete fleißig in ihm .... Auf der Rückseite, vielleicht nicht zugehörig: Während (?) ich aber stand und ...... ,‚ arbeitete der Ar- beiter Chanun (für?) sich” [an] seinem Grabe. 0 n 2—4). — alle. @ GGGBDRBDBUD ARNO) ES rn h PEN RER Zi 5 Ve] DRRRBBRRI DI SSUEER Ih IS Kasaln Am sechsten Tage des ersten Sommermonats war er dienst- frei A Erefand are das >h-ht, welches in ihm’ war. Er stieg darin herunter, zusammen mit dem wert (?)be- amten Neferhotep ....... darin. O4 (Rs. 4—7). ANMerErIE LAM EIERN RENENEe NZ® Us Ze ale ler KRIKRAS-ANHTRIR 7 AINZIERBRLS Al-aL S me Ne > 2 Ich nehme an, daß wsd wie oft für wd steht, aber auch dann fehlt noch -j »mich«. ®2 Scheinbar dAk-f; wie oben wird wieder nf für f zu lesen sein. ® Eigentlich »müßig«, doch bezeichnet der Ausdruck auch sonst den Urlaub. 4 ’ |EJ] »Grab«, voraussetzt. m hnw-s, was ein vorher verlorenes Femininum, wie 5 Etwa “L ist erhalten. T .. 339 Ernman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. Danach, am siebenten Tage des [ersten] Sommermonats, machte der Oberarbeiter Chons eine Feststellung’, indem er saß und trank. Danach, wie ich mit Hori, dem Sohn des Huinofer, und dem Arbeiter Bekenwerel dastand und nicht wußte, wo das sAh-ht meines Grabes wäre, fand der Schreiber Amennacht die Stelle” und sagte: »Komm herunter, damit du die Stätte sehest, welche an das Grab des Uhanun ..... ER Sowohl der Papyrus als das Ostrakon (die ich mit P und OÖ be- zeichne) enthalten jeder Zusammenstellungen verschiedener Schrift- stücke, die in irgendeiner Weise innerlich zusammengehören werden, da man sie sonst nicht auf dasselbe Blatt und denselben Stein ge- sehrieben haben würde. Nun betreffen aber auch P ı und O 4 zweifel- los die gleichen Vorgänge; man vergleiche: Pı. Im Jahre 2ı am siebenten Tage des ersten Sommermonats (unter) König Ramses Il. Ich stand und baute zusammen mit Hori, dem Sohn des Huinofer, und dem Arbeiter Bekenwerel. Der Oberarbeiter Ohons saß und trank auf dem Grabe des Chanun. Der Schreiber des Veziers Amen- nacht rief mir zu: »Öffne nörd- lich von der Säule, die in deinem Grabe ist, damit ich den Ein- gang deines >A-ht darin sehe. « O4. Danach am siebenten Tage des [ersten] Sommermonats. Danach, wie ich mit Hori, dem Sohn des Huinofer, und dem Arbeiter Bekenwerel dastand. . machte der Oberarbeiter Chons eine Feststellung, indem er saß und trank. Wie ich nieht wußte, wo das »h-ht meines Grabes wäre, fand der Schreiber Amennacht die Stelle und usw.« sagte: »Komm herunter Wir müssen deshalb annehmen, daß P und OÖ auch in ihren übrigen Teilen zusammengehören und sich auf dieselbe Angelegenheit beziehen. Wie diese Angelegenheit im einzelnen beschaffen war und wie die verschiedenen Vorgänge miteinander zusammenhängen, ist frei- ! Eigentlich »fand«, vgl. oben P r. ® Bei der Lesung N. ist bedenklich, daß das Wort nur sehr selten belegt ist. Au OD 5 5 ® Man möchte — /\ »anstoßen an« vermuten, doch sprechen die Determina- MAN tive dagegen. 340 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. lich nicht leicht zu ermitteln. Denn diese kleinen Schriftstücke sind ja nicht sorgfältige Protokolle, sondern es sind entweder kurze Notizen, aus denen ein Protokoll redigiert werden sollte, oder es sind Auszüge aus ausführlieheren Akten'!. Ihre Schreiber wissen, um was es sich in jedem Falle handelt, während wir nicht wissen können, wer mit dem »ich« und »er« in den einzelnen Aussagen gemeint ist. Ich gebe daher die folgende Darstellung der Sache nur unter allem Vorbehalte; man kann sie gewiß auch anders rekonstruieren. Zunächst haben wir aber noch eine Vorfrage zu beantworten: Was ist das IN RS das in unsern Texten viermal erwähnt ist? NN Es ist geschrieben, als bedeute es etwa »das Hacken (oder ähnlich) des Hauses«, aber dies kann hier unmöglich seine Bedeutung sein. Es ist etwas, was sich in verschiedenen Gräbern befindet, und etwas, das eine Revision lohnt (P 1); man sieht es für gewöhnlich nicht und weiß nicht immer, wo es ist (OÖ 4); es wird »geöffnet«, und man sieht dann seinen ”T”, seinen Eingang (P ı); man steigt »darin« herunter (O 3) und erblickt dann schließlich die »Stätte«, wo der Sarg steht (P 2). Mit andern Worten, es ist das, was wir heute bei einem ägyptischen Grabe seinen »Brunnen« nennen, den Schacht, der von ihm aus zur Sargkammer herabführt. Wenn der Ausdruck sonst nicht vorkommt, so mag das daran liegen, daß er der Sprache dieser Nekro- polenarbeiter angehört. Hat man dies festgestellt, so kann man sich folgendes Bild von den Vorgängen machen. Der Arbeiter Amenemopet besitzt im Jahre 2ı Ramses’ Ill. ein Grab, das unweit von dem des Arbeiters Chanun belegen ist (P ı, O4, O2 am Ende). Als die beaufsichtigende Kommission der Ne- kropole aus irgendeinem Grunde am siebenten Tage des ersten Sommer- monats den Brunnen des Chanun revidiert, schließen sie aus irgend- welchen Anzeichen’, daß der Brunnen des Amenemopet auch geöffnet worden ist (Pı, O4). Dieser Ungehörigkeit will die Kommission nach- gehen und nun auch dieses Grab revidieren; Amenemopet behauptet zwar, nicht zu wissen, wo der Brunnen seines Grabes liege (ÖO 4), aber der Schreiber Amennacht sagt ihm, er solle nur nördlich von der Säule des Grabes aufgraben, da sei der Eingang des Brunnens (P 1). Als nun die Sargkammer offen liegt, da findet die Kommission nichts ! Den Papyrus, der ja von verschiedenen Händen nach und nach geschrieben ist, möchte ich für Notizen der Protokollanten halten. Dafür, daß das ÖOstrakon spätere Auszüge aus fertigen Akten enthalte, könnte sprechen, daß seine Abschnitte anscheinend nicht chronologisch stehen, falls nicht die Reihenfolge seiner beiden Seiten umgekehrt anzusetzen ist, 2 Hierhin mochte O 3 gehören, das sich auf den Tag vorher bezieht. Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 341 darin als einen Sarg, der keinerlei Namen trägt (P 2) und keinerlei Beigaben hat; und aus der breiten Darlegung dieses Faktums ersieht man, daß sie über diesen Befund erstaunt gewesen ist. Vielleicht hat sie darüber auch weiter berichtet (P 3), doch bricht hier leider der Text ab. Was an dem Befunde in der Sargkammer auffällig war, können wir auf Grund der weiteren Schritte wohl erraten: wenn in dem Grabe nur ein namenloser Sarg stand, so war es schwer, zu erweisen, ob es überhaupt dem Amenemopet gehörte; man hätte dann doch wenigstens die Särge seiner Eltern darin finden sollen. Hatte er nicht etwa eigen- mächtig ein fremdes Grab als das seine ausgegeben? Und dies scheint dann die Frage zu sein, über die man von da an weiter verhandelt. Hier- hin wird der Eid gehören, von dem Bruchstücke in P 5 vorliegen, und hierzu gehört gewiß noch die Verhandlung vom 30. Tage des Jahres 24, die in P6 erhalten ist und die nach den Eingangsworten sicher den Amenemopet betrifft‘. Er erklärt vor einer Untersuchungs- kommission, die »Wohnung des Amenmose« gehöre ihm selbst, und spricht weiter von dessen Grabe, aus dem ihm jemand (Pabek?) die Mumie seiner »Herrin« herausgeworfen habe. Dieser Missetäter habe allerdings sich durch einen Eid von dieser Anschuldigung befreit, während er seinerseits gegen Pabek geschworen habe. Es liegt nahe, hiermit dann auch die beiden ersten Notizen von OÖ zu verbinden. O ı enthält die Angabe, daß im siebenten Jahre des Haremheb »meinem Vater«, dem Arbeiter Hai, bei einer Verteilung von Gräbern das Grab des »Amon« verliehen worden sei, mit der Be- stimmung, daß an Stelle eines Sohnes das Kind seiner Tochter Hel ihm darin nachfolgen solle. Dies Kind der Hel kann nun freilich nieht unser Amenemopet selbst sein, denn zwischen Jahr 7 des Har- emheb und Jahr 2ı Ramses’ III. liegen, wie man heute annimmt, fast anderthalb Jahrhunderte; aber da in dieser Stelle der Ausdruck »Vater« ohnehin nur den Vater der Mutter bezeichnet, so kann man auch ebensogut in der »Mutter« die Großmutter und in deren Vater den Urgroßvater der Amenemopet sehen. O ı wäre alsdann eine Er- klärung, die Amenemopet abgegeben hätte, um sein Recht an das Grab” zu beweisen. O2 aber würde angeben, daß er mit dieser Er- klärung zunächst Erfolg gehabt hätte; er legte sie im Jahre 2ı der höchsten Instanz” vor und erhielt das Grab von ihr zugewiesen. Wirk- lich erledigt wäre freilich die Sache auch damit noch nicht gewesen, ı Was der daneben genannte Wennofre dabei zu tun gehabt hat, bleibt unklar. 2 Das Grab heißt hier das »des Amon«, in P6 das »des Amenmose«; vgl. hier- über unten S. 343. 83 Was darunter zu verstehen, werden wir unten (S. 344) sehen. Sitzungsberichte 1910. 28 342 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. denn in P6, das um drei Jahre jünger ist, wird ja wieder darüber verhandelt. So wie im vorstehenden geschehen, kann man die Sache rekon- struieren, ohne den Worten Zwang anzutun; ich betone aber noch einmal, daß es auch andere Möglichkeiten der Rekonstruktion geben würde. Mag man nun aber diese kleinen Aktenstücke so oder so zusammen- fügen, viel liegt nicht daran, denn auch einzeln genommen haben sie ihren Wert. Sie fügen ja neue Züge zu dem Bilde der thebanischen Nekropole, das sich gerade für die Zeit der zwanzigsten Dynastie sehr vollständig darstellen ließe. Wer die für unser Wörterbuch gemachten Kopien durchsieht, der sieht mit Staunen, wie viel in den älteren europäischen Sammlungen an Papyrus und Ostraka vorhanden ist, die sich auf diese Verhältnisse beziehen; insbesondere unter den Turi- ner Papyrus, die Hr. Garpiner für das Wörterbuch kopiert hat, sind zahlreiche publizierte und unpublizierte Schriftstücke, in denen die- selben Personen auftreten, die uns in der vorliegenden Untersuchung beschäftigt haben. So kommen unsere beiden Leute Amenemopet und Chanun in einer Liste der »rechten See: der Arbeiterschaft noch ee Fall D / [5] VE TE 5 RT ST Ho7, Be Turin 49,10; 12). ‚Hors DRZETTTwvwvm der Sohn des Huinofer, kommt in zwei unveröffentlichten Schrift- unter Ramses IV. nebeneinander vor als 7 SS Ss G G D G stücken vor, und zwar leider als mutmaßlicher Dieb, und unserm Ober- arbeiter Chons und unserm Schreiber Amennacht begegnet man öfters. Bei den Arbeiterunruhen des Jahres 29 sind sie beide noch im Amt (Pap. Turin 45, 7.9; 47, 1.2); Amennacht scheint im Jahre 7 Ramses’ IV. gestorben zu sein, wo seine Habe unter seine Kinder ge- teilt wird (Pap. Turin 72, 2). Es muß ein Archiv der Nekropole ge- wesen sein, das an Turin, London, Florenz, Berlin diese Papyrus und Ostraka geliefert hat, die sich auf die thebanische Gräberstadt beziehen; die erste Ausraubung dieses Archivs dürfte in den zwanziger und dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erfolgt sein, daß es noch heute Nachzügler liefert, zeigt unser neuer Papyrus. Diese dis- jeeta membra wieder zusammenzustellen, wäre eine lohnende Arbeit; wir würden damit ein Stück ägyptischen Kleinlebens in großer Aus- führlichkeit kennen lernen. Wie merkwürdige Seiten es hat, hat ja längst das Tagebuch der Nekropole gezeigt, das uns den Streik der Arbeiter unter Ramses III. kennen lehrte. Aber diese Arbeit muß der Zukunft überlassen bleiben; sie hat zur Vorbedingung, daß die von Hrn. ScHiAarArELLI versprochene Gesamt- publikation der Turiner Papyrus erschienen ist. Hier seien nur noch u te nt rn . Ve a WE" a no Ze Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 343 ' einige Fragen erörtert, die sich an unsere beiden Texte knüpfen und auf die wir oben nicht eingehen konnten. Zunächst die Frage der Gräber. Unser Amenemopet ist ein ein- = <>; D & . .. facher sen | Sl, »ein Mann von der Truppe«, also ein gewöhn- sl 12 licher Arbeiter. Und doch soll sein Grab eine »Säule« haben, also einen nicht kleinen Kultraum besitzen, und es muß so groß sein, daß man die Stelle seines Brunnens erst suchen muß. Es scheint mir wenig wahrscheinlich, daß ein solches Grab von Haus aus einer Arbeiterfamilie gehört, und ich möchte daher glauben, daß es ein altes leerstehendes Grab ist, das einmal einem andern, vornehmeren Besitzer gehört hat. Und wenn es in P 6 anscheinend als »die Wohnung des | Al Amenmose« bezeichnet ist, so könnte dieser Amenmose wohl der ur- sprüngliche Inhaber sein. Ebenso wird in: Oı dem Hai »das Grab des leer N) Amon« verliehen, und da es sich doch nieht um ein Grab des Gottes handeln kann, so- muß man in dem Amon einen Personennamen sehen — vielleicht, wenn unsere obige Annahme (S. 341) richtig ist, denselben Amenmose wie in P 6, in der Behandlung der Personennamen sind ja diese Texte auch sonst leichtfertig'. Auch in einem Kairiner Papyrus (Pap. de Boulaqg Nr. ı0) wird unter dem vererbten Besitz einer Nekropolen- arbeiterfamilie KNR Ar Br Ho N IB a die Pyramide des Schreibers Ramose« (Rs. 7; ıı) aufgeführt. Und nun erklärt sich auch, was es in O.ı heißt, der a as von Theben habe »die Stätten, die im Nekropolenvermögen (F- en E22) waren«, unter die Ar- beiter verteilt; diese Stätten sind eben alte leerstehende Gräber, die der Staat als herrenloses Eigentum an sich genommen hat und nun zur Ausstattung seiner Beamten verwendet. Auch mag es nicht Zufall sein, daß dies gerade unter König Haremheb geschehen ist; wir kennen ja diesen Herrscher auch sonst als Reorganisator der Verwaltung. An denselben Herrscher knüpft sich dann für uns eine andere Frage. Das höchste Jahr, das völlig sicher für ihn bezeugt ist, ist meines Wissens das Jahr 8°; daneben findet man aber in der Literatur auch noch das Jahr 2 ı als belegt angegeben. Für eine so lange Regierung wäre die inschriftliche und bauliche Hinterlassenschaft des Königs auffallend ı Vgl. = up in P6 für - I; ebenda 5 up neben EN Ze] wm ——D un ) >% ®2 In einem Graffito aus dem Grabe Thutmosis’ IV. (Tu. M. Davıs, The Tomb of Thutmose IV p. XXXII, übersetzt bei Breasren, Ancient Records III, 19). 28* 344 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. gering, und in der Tat beruht dieses Jahr 21 nur auf unserm Ostrakon. Schon Masrero hat in seiner großen Histoire ancienne des peuples de l’orient elassique (II 368, Anm. 3) gefragt, si la date de l’an XXI n’appartient pas au regne de l’un des successeurs de Harmhabi, Seti I" ou Ramses II par exemple. Diese Vermutung stellt sich jetzt als richtig heraus, denn das Jahr 2ı in O 2 bezieht sich nach dem, was wir oben dargelegt haben, wie alle andern Daten dieser Schrift- stücke auf Ramses Ill. In derselben Stelle O 2 ist aber noch ein König Amenophis ge- nannt, dessen Erwähnung an dieser Stelle hätte auffallen sollen, denn einen Amenophis, der neben oder nach Haremheb regiert hätte, gibt es janicht. Und doch will der Arbeiter vor ihn getreten sein und sein Grab von ihm »schriftlich« zuerkannt erhalten haben. Dieses Rätsel löst sich nun in überraschender Weise, wenn man die Ostraka und Papyrus, die sich auf die Nekropole von Theben beziehen, durchsieht. Da treffen wir: ı. Ostrakon 5624 London (Inser. in the Hier. Char. XIV) — un- sere Stelle O 2: »Ich trat vor N und sagte ihm: ‚Verleih (?) mir ein Grab unter meinen Vätern.‘ Er gab mir das Grab des Hai IN "| durch einen Brief. « N 2. Ostrakon 5625 London (Inser. in the Hier. Char. XII), vom Jahre 4, und zwar (wie sich aus den Namen der Arbeiter ergibt) Ramses’ IV.: »Der Arbeiter Kenna, Sohn des Si-uto, zeigt an dem EEK ANKRN Se: Kanne mir zu Hilfe, du mein guter Herr!‘ Ein anderer U nisck habe seine Wohnung okkupiert und sage: ‚Der Gott RN hat zu mir gesagt, ich solle sie mit dir teilen.‘ Weiterhin ‚sagt der Gott‘ dann: ‚Gib die Wohnung wieder an Kenna, ihren Herrn, die ihm durch einen Befehl des Pharao gehört, und niemand teile sie.‘« =\ 3. Pap. Boulaq Nr. 10, Verhandlung über eine Erbschaft, viel- leicht aus derselben Familie wie das vorige Stück: »... man gab ihm ihre Hälfte vor den Fürsten und (?) = SCENE] au ie an THE m ie (durch die?) Behörde. « " Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 345 4. Ostrakon 25242 Kairo (mir nur aus Daressys Umschreibung im Catalogue general bekannt), vom Jahre 29, vermutlich Ramses’ II.: »Der Arbeiter .... zeigt an dem N = Nil N Zell |: ‚komme [mir zu Hilfe], du mein Herr‘ — folgt eine unver- ständliche Klage; dann heißt es: | » x N] N) EN = en } ‚der Gott stimmte bei mit den Worten‘ — folgt eine [men | Entscheidung über ‚ein Bett, im Wert von ı2 Dbn, die Füße des Bettes im Wert von 6 Dbn‘ usw.« 5. Ostrakon 25275 Kairo (nach Darzssys Lesung), aus Biban elmoluk: »Im 6. Jahre, am 29. Tage des ersten Überschwemmungs- monats, an diesem Tage solle.) Fl 6. Ostrakon 25276 Kairo (nach Daressys Lesung), aus Biban elmoluk: »Im Jahre 6, am letzten Tage des ersten Überschwemmungs- monats, an diesem Tage: Fest des N Tr | seh IFLN-- 7. Ostrakon 25234 Kairo (nach Daressvs Lesung), aus dem Grabe Ramses’ V1.: »Im Jahre 7, am 28. Tage des a ne| war man 2, Dr, RK Rall? ®&. Die nn jauchzten vor ihr an vier ganzen Tagen des rk zusammen mit ihren Kindern und ihren Frauen. « NN Ss an dem großen Feste des 2 8. Pap. Turin pl.98, II, 5; Tagebuch der Nekropole aus Dyn. 20: »Am 15. Tage des dritten Wintermonats, dienstfrei, N pCt | 9. Pap. Turin, unveröffentlicht, Tagebuch der Nekropole aus Ende Dyn. 20: »Am ıı1. Tage des dritten Sommermonats, dienstfrei, .... GR Be 0 SBZMFFTDNE ı0. Ostrakon 5637 London (Inser. in the Hier. Char. XV): »Am ı3. Tage des dritten Sommermonats NelulnN alle Ss In 346 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März. 'ı1. Pap. Turin, unveröffentlichtes Journal der Nekropole unter Ramses IX.: »Der Garten [des Königs] 10,80€ DEE N) > — N ir ı2. Pap. Turin, unveröffentlicht (Rückseite der Liebeslieder), Ge- ständnisse von Dieben ae ee IV»: GDRD —)t| CHART 7 GGG sem ne Sy Schon Hr. Darzssy hat im Index des Ostrakabandes des Catalogue general die betreffenden Kairiner Ostraka unter Amenophis I. aufge- nommen, und auch Hr. GArDInEr ist nach mündlicher Mitteilung auf Grund der Kairiner Stücke zur gleichen Ansicht gekommen. Und das ist zweifellos richtig, denn wer das hier zusammengestellte Ma- terial überblickt, der sieht, daß der »König Amenophis« dieser Ne- kropolenleute der Dynastie 20 nirgends ein lebender Herrscher ist!, sondern eine Gottheit, der alte König Amenophis I., der ebenso wie seine Mutter zum Schutzpatron der Nekropole- geworden war”. Was sich über ihn ergibt, ist also: Er heißt entweder nur » Amenophis« ohne jeden Titel (1. 5) oder I (2. 3.4. 6. 7.8.9. 10. 12); zweimal hat er das Beiwort »der N Herr der Stadt« (2. 7), einmal das allgemeinere »der große Gott« (11). — Wenn er vorher genannt ist, heißt er weiterhin einfach »der Gott« (2.4). Er hat allerlei Festtage, die den Arbeitern willkommene Muße bieten: ein viertägiges »großes Fest« am Ende des ersten Winter- monats (7), eines am ıı. und ı3. des dritten Sommermonats (9. 10), eines am 29. und 30. des ersten Überschwemmungsmonats (5. 6). (Vgl. auch 8.) Er entscheidet bei Streitigkeiten der Arbeiter, über ein Grab (1), ein Haus (2), eine Erbschaft (3) oder Möbel (4). Der Klagende »tritt vor ihn« (1) oder »zeigt ihm an« (2.4); die Entscheidung erfolgt durch »sagen« (2), durch »einen Brief« oder durch ms (4). Dieser letztere Ausdruck An gibt dann den Schlüssel zum Verständ- nis des Ganzen, denn er ist bekanntlich der technische Ausdruck für das ! Bisher hatten wir diese Londoner Ostraka und den Papyrus Boulaq ro wegen des darin genannten »Königs Amenophis« in Dyn. 18 gesetzt und sie als älteste Beispiele vulgärer Sprache angesehen. Das fällt nun hin. Sie gehören einfach in Dyn. 20, wo- hin wir sie auch gewiß gesetzt hätten, hätte uns nicht der Königsname irregeführt. 2 Vgl. über ihn meine »Ägyptische Religion« S.g2. Charakteristisch ist auch, wie oft sein Bild auf den Steinsplittern aus der thebanischen Nekropole aufgezeichnet ist; vgl. die Nrn. 25005. 25011. 25111. 2518gbis in Daressys Katalog der Ostraka. Sein Name steht außerdem auf 25029. 25032. 25200. un Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 347 Orakelgeben der Götter; König Amenophis I. richtet die Nekropolen- leute durch sein Orakel. Und das ist für die Religionsgeschichte ein wesentliches Ergebnis. Ich habe in meiner »Ägyptischen Religion«° 186 f. zusammen- gestellt, was mir über die Anfänge des Orakelwesens bekannt ist; das älteste dort aufgeführte Beispiel einer Entscheidung in Rechts- sachen (Pap. Turin 126) stellt sich jetzt auch als ein Orakel unseres Amenophis heraus, denn wenn ein »Schreiber der Nekropole die Briefe vor diesen großen Gott legt, damit er sie richte mit schönem Gericht«, so ist der Gott natürlich der der Nekropole. Das älteste geordnete Orakelwesen, das wir kennen, ist somit das der thebanischen Totenstadt, das schon im Anfange der 20. Dynastie für das dort lebende Volk eine Macht ist, die freilich, wenn ich die Andeutung im Pap. Boulag Nr. 10 (oben 3; der Gott verleiht die Erbschaft INGE recht verstehe, nicht ohne Beziehung zu II den Vorgesetzten der Arbeiter ist. Erst unter dem Priestergeschlecht der 2ı. Dynastie beginnt dann auch der große Amon Re in Theben dieses Geschäft zu betreiben, wenigstens für Personen höheren Standes; ob er sieh auch wie der Amenophis der kleinen Leute angenommen hat, läßt sich aus unserm Material nicht ersehen. Später hat dann das Orakelwesen in Ägypten bekanntlich einen großen Aufschwung genommen. Ausgegeben am 14. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckesei. weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht. so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. . Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschatftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinestalls 10 Zeilen überschreiten. Die nieht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeiclinet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Abhandlungen aus dem Jahre 1907 . . . . Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . » Mathematische Abhandlungen. . . Abhandlungen aus dem Jahre 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . . . Philosophisch-historische Classe . . . . » Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . ” ” ” » ” Dieıs: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . Mürzer: Uigurica . . . ade WaıLpevyer: Der Processus retromastoideus . . . Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . Scauzs, W.: Gedächtnissrede auf’ Richard Pischel. BrancA: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . Rt Dizıs: Beiträge zur INA pe des Oceidents und Orients. I... : 2 22.2...» Srruve: Beobachtungen des alone Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » BrancA: Tossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . ». 2 2 2 22 2.2000» KEkuLE von StrADonıTZ: Die Bildnisse des Sokrates . von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff al re DI Ne 3 c Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im teelandischten Schriftihum ee RN Pre 8 EEE Loors: Das Glaubessbekenntntss den Hombukiandne von Sardica TEE ee RE vos Wıramowırz-MoELLENDORFF: Nordionische Steine . Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- sehehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf‘ Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen der Akademie, SE Eee. 2. ML » Philosophische und historische Abhandlungen Pe EN ee ne Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und 1909. Diers: Bericht über den Stand des en Corpus medicorum antiquorum u.5.w.. . fl 4.— = - - SE. 290 2.— 2.— ” ” IE N A Fa a ri 9 2.50 1.— 4.— a or oe 2.— et N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becx#: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . K. Gorsanovi6-KRAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen us N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Yeti Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beexn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. Wıecann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Fönlentin Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen er L. Jacossoun: Über die Kerne des menschlichen Rickenmarks ERS 2 a B. SEUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- „Ausgabe on 3 Ay: M rip, v1. M. Coxrar: Arbor inris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation IR L. Jacogsonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . 6 A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven Ab yasıchan Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs . » »... Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. Toster: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe . Scaortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver- bunden sind . Braxpr: the Cock in the North . . Hernmert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der Schwerestörung vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ER Orra: über einige Krebsfragen 3 H. Samter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B Enger: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen Ostasiens K. Gorsanovic-KRANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) . RN Sonderabdrucke. ]. Halbjahr 1910. Frogenıus: über den Frruar’schen Satz Frosenius: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrzen \) " "ten. . Rugens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum . . » 2 2. 2 2 2 20. Bericht über die öflentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . B Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer er- und Heilungsacten in der Kirche W. Goruan: sh ineeR über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen a) Ungarn) . - A a tal, R. Meister: kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und m Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe - Scuottkv: die geometrische Theorie der Arer’schen Functionen vom Geschlechte BE Frosenıus: über den Fermar’schen Satz. II. 3 Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge ı von , Festigkeitsbeanspruchung, en Herrwıe: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier Penck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Linpemann: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Nernst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. J. Hzee: das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) & Tuoxsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu ‘Taf. III) F. C. Anpreas: zwei soghdische Exeurse zu Vırneım Tuonsen’s: Ein Blatt in türkischer Bunenachn ift Ruzxer: über Compensation und Summation von funetionellen Leistungen des Körpers. Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Br £ a Ce 3 rer M 12.— & we SITZUNGSBEIICHTN Ka BR n 4 j f en ” u } 42 X Sy san Pr aa > T " N ”. je 1 54 ’ % 3 Ku > 3 5 E: n ee EN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. . x ! J N; N 4 Ai a v 4 * , Ä Ri ı { Aus dem Reglement für die Redaection der akademischen Drucksehriften. Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 41.1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sirzungsberichte er Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und »Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das drucktertige Manuseript zugleich einzulietfern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. Ss4. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Ovriginal- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu richten. dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über’ die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Sceeretariat geboten. Aus $5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern. welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden, Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie, (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) Aus $ 6. i Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripte müssen, wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manneeripte vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach Möglichkeit nieht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche Correeruren Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, A die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. Aus $ 8. h Von allen in.die Sitzungsberichte oder Amen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des he- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. VonGedächtnissreden der ebentalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die, Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. B 9 Ri Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberiehten erhält ein Verfasser. weleher Mitglied“ der Akadenkel ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- excmplare; er ist indess bereehipn zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu. der Genehmigung der ne Akademie oder der be- treffenden (OR — Niehtmitglieder erhalten - 50 Fre, exemplare und diwfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. Von den Sonderahdrucken aus den Abhandlungen er- welcher Mitglied der Ak: idemie ist, hält ein Verfasser, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zah von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er «diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an gezeigt hat: wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdiucke zur Verrheilung zu erhalten, so bedarf’ es dazu der Genehmigung der en Akademie oder der ho- treffenden er — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre, Kosten abziehen lassen. $ 17. Eine für die nE A ensechen Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- 349 SITZUNGSBERICHTE 1910. X\X. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 14. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Liesıschn las über die Rückbildung des krystalli- sirten Zustandes aus dem amorphen Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien. Die thermometrische Untersuchung der Licht- und Wärmeentwicklung beim Er- hitzen pyrognomischer Mineralien ergab in Verbindung mit der optischen Prüfung dieser Stoffe vor und nach dem Glühen, dass der Energieverlust mit der Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen Zustande verknüpft ist. 2. Das correspondirende Mitglied Hr. Lunwıse in Bonn sendet eine Mittheilung ein: Notomyota, eine neue Ordnung der See- sterne. (Ersch. später.) 3. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von Hrn. War- DEYER in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März vorgelegten Abhandlung des Hrn. Enwarn Maroxe: Über die Kerne des menschlichen Diencephalon in den Anhang zu den Abhandlungen 1910. 4. Vorgelegt wurden von Hrn. Conze der Band III, 2 der Alter- tümer von Pergamon, enthaltend die Altarskulpturen, von Hrn. WınxE- FELD, von Hrn. BRUNNER die 4. Aufl. seiner Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte. Leipzig 1910. Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der physikalischı- mathematischen Classe Hrn. Anexanper Acassız in Cambridge, Mass. Ende März durch den Tod verloren. Sitzungsberichte 1910. 21) 350 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. Über die Rückbildung; des kristallisierten Zustandes aus dem amorphen Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien. Von Th. Liegıscu. E Das für pyrognomische Mineralien charakteristische Verglimmen beim Erhitzen ist von H. Rose' schon in den Jahren 1843, 1847 und 1858 thermometrisch untersucht worden. An dem klassischen Vertreter dieser Mineralgruppe, dem Gadolinit von Ytterby, ermittelte er mit einem Luftthermometer, daß die Lichterscheinung »durch eine plötz- liche Entwickelung von Wärme bedingt wird und daher ein wirk- liches Erglühen ist«; die Temperatur, bei der die Liehtemission er- folgte, lag zwischen den Schmelztemperaturen des Zinks und des Silbers’. Dagegen gelang es H. Rose nicht, am Samarskit von Miask Aufschluß über die Ursache der hier erheblich schwächeren Licehterscheinung zu gewinnen, denn ein Freiwerden von Wärme war mit jenem Thermometer nicht nachzuweisen. Mit den jetzt zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln der elektri- schen Öfen und der thermoelektrischen Temperaturmessung ist es leicht, den Verlauf der Temperaturerhöhung beim Erhitzen relativ geringer Mengen fester Körper genauer zu verfolgen. Auf solche Weise läßt sich feststellen, daß es sich beim Erglühen pyrognomischer Mineralien stets um eine Temperaturstrahlung handelt. Porzellantiegel wurden mit etwa 20 g der gepulverten Mineralien beschickt und freistehend in einem elektrischen Ofen unter Einhaltung annähernd konstanter Bedingungen erhitzt. Zur Bestimmung der Tem- ! H.Rose, Poce. Ann. d. Plıys. 59, 479; ı843 (Gadolinit). 72, 469; 1847 (Sa- marskit). 103, 311; 1858 (Gadolinit und Samarskit). 2 Nach F. Horsorx und A. L. Day, Ann. d. Phys. (4) 2, 505; 1900 liegt die Schmelztemperatur des Zinks bei 419°, die des Silbers unter Ausschluß der Luft bei 961.5°. Liesıscn: Pyrognomische Mineralien. 351 peratur $, des Ofenraumes in der Nähe der Tiegel und der Tem- peratur $, im Innern der Tiegel dienten zwei Platin-Platinrhodium- Thermoelemente, die durch Vermittelung eines Umschalters an ein mit Volt- und Temperaturskala versehenes Millivoltmeter gelegt waren. Die Werte von $, wurden von 10 zu 1O Sekunden abgelesen. Zur Be- stimmung von S, genügte eine kleinere Anzahl von Ablesungen. Die Geschwindigkeit der Erhitzung betrug in der Regel etwa 30° pro Minute. Gadolinit von Ytterby (Fig. 1ı-—4). Unter den thermometrisch geprüften pyrognomischen Mineralien ist der Gadolinit von Ytterby dadurch ausgezeichnet, daß durch die 7100° 600° 300 600 300 7200 7500 1800 Sekunden 298 352 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. 100° 2000? — 900° 800?H- 600° 500° 400° 300° 300 600 300 7200 7500 1800 Sekunden Wärmeentwickelung beim Erglühen die Temperatur $, des Minerals über die Ofentemperatur S, erhöht wird. I. Unmittelbar vor dem Verglimmen stieg die Temperatur im Tiegel $, nach je 10 Sekunden um 4°. Durch die Wärmeentwicklung beim Verglimmen wurde in demselben Zeitintervall $, von e= 750° bis /f = 1080°, also um 310° erhöht. Dabei betrug die Ofentemperatur >, nur 810°. Die Abhängigkeit der Temperaturen $, und $, von der Dauer der Erhitzung ist in Fig. ı graphisch dargestellt; die zugehörige Tabelle enthält eine Auswahl der Ablesungen. 2. Als ein Tiegel in den schon auf etwa 800° erhitzten Ofen gebracht wurde, begann das Verglimmen in den am Rande des Tiegels sten Liesiscn: Pyrognomische Mineralien. 353 liegenden Körnern. Nachdem es bis zum Thermoelement fortgeschritten war, wurde in einem Zeitraume von 30 Sekunden ein Temperatur- anstieg von e = 572° bis f = 1019°, also um etwa 450° angezeigt. Die gleichzeitige Erhöhung der Temperatur des Ofens betrug nur 32° (Fig. 2). 3. Nacheinander wurden aufgenommen die Erhitzungskurve Fig. 3, die zugehörige Abkühlungskurve und die der erneuten Erhitzung des- selben Materials entsprechende Kurve Fig. 4, wobei, wie die graphische Darstellung zeigt, die Erhitzungsgeschwindigkeit annähernd die gleiche war wie zuvor. Weder bei der Abkühlung noch bei der Wieder- erhitzung traten mit Wärmetönungen verbundene Zustandsänderungen ein. — In Fig. 3 ist bemerkenswert, daß der Abfall fgyA der Kurve für S, unter die Kurve ac für $, herabreicht. 4. Das Schmelzintervall der Mischkristalle des Gadolinits liegt bei etwa 1400°. In der rasch abgekühlten Schmelze erblickt man unter dem Mikroskop Aggregate doppeltbrechender Nadeln. Tabelle zu Fig. ı. Temperatur Dauer der Erhitzung in Sekunden im Ofen % | im Tiegel $- o L3I0 [77 28° d 100 278 62 200 410 | 150 300 534 | 278 ne 628 I 500 702 | 586 600 762 | 66 650 788 | 733 660 794 I 738 670 798 | 142 680 803 | 746 690 807 750 e 700 8ıı | 1060 710 | 1048 720 1028 730 | 1014 740 | 1000 750 288 800 952 850 936 830 934 g 900 890 934 1000 gIT 950 1100 930 972 1200 952 e 996 h 354 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. Tabelterzu! Fiz%2. Dauer der Erhitzung Zeug in Sekunden im Ofen & | im Tiegel $- B 786° a | 238° d 50 36 | 479 60 876 | 526 rn | | 572 e 80 897 | 2013 90 907 | | 1016 100 918 1019 J . 926 1012 120 934 1009 130 940 998 140 946 ‚994 150 949 990 160 953 8 9 170 958 990 | 200 973 | 994 | 250 986 1003 h Tabelle zu Fig. 3. Temperatur Dauer der Erhitzung - |! in Sekunden im Ofen & im Tiegel $- o 80° a 26° d 100 160 | 55 200 250 117 400 432 | 298 600 574 | 495 800 680 | | 622 | 1000 752 | 701 | 1060 7 | 718 | 1080 779 727 e 1090 | | 1010 | 1100 | | 1018 7 1110 | | 1008 | 1120 997° | 1140 | 970 | 1200 g9Io 1330 866 860 | 1450 878 | 854 g 1600 896 ® 861 h Samarskit von Miask (Fig. 5). Beim Erhitzen ist nur ein schwaches Verglimmen wahrzunehmen. Gleichwohl tritt in der Erhitzungskurve die dabei stattfindende Wärme- entwicklung in dem Anstiege von e= 452° bis f= 622° in etwa Liesısch: Pyrognomische Mineralien. 355 ı00 Sekunden deutlich hervor. Ihr Betrag ist indessen so gering, daß sie in der Versuchsanordnung von H. Rose übersehen werden konnte. Öfentemperatur 698°— 742°. Tabelle zu Fig. 5. Dauer der Erhitzung Temperatur in Sekunden gr Ofen I im Tiegel >- Aeschynit von Miask (Fig. 6). Einige Stücke verglimmten lebhaft. Aber auch hier war die Wärmeentwicklung sehr gering; sie bewirkte in etwa 130 Sekunden einen Temperaturanstieg von e = 727° bis f = 823°, auf den ein ge- ringer Abfall fg folgte. Ofentemperatur 844°— 390°. R 7000° 900° 356 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. Tabelle zu Fig. 6. Dauer der Erhitzung Temperatur in Sekunden oe | im Tiegel $; o | 178° tz | rin d 800 738 | 508 900 774 573 1000 805 636 1100 834 | 706 1120 839 718 | 1140 844 727 e 1160 848 | 736 1180 854 | 742 1300 885 825 1310 888 | 827 | 1320 890 828 IE 1340 894 | 827 1350 896 826 lg 1380 902 826 | 1400 904 828 1600 942 865 1800 974 c 905 h Pyrochlor von Miask (Fig. 7). An den schwach erglühenden Kristallen war eine Wärmeentwicke- lung deutlich nachweisbar; sie bewirkte in etwa 70 Sekunden eine Temperaturerhöhung von e = 500° bis f= 646°. Ofentemperatur 717° DIS @7LS: Tabelle zu Fig. 7. Dauer der Erhitzung ee in Sekunden im Ofen & | im Tiegel $- o 254° a 223 | d 600 678 432 | 650 704 473 670 712 489 680 Ta 500 e 690 122 | Ben 700 726 | 540 710 732 | 580 720 738 | 620 730 143 | 638 740 747 644 750 751 | 646 J 770 758 644 g 790 764 645 800 mo | 646 850 786 658 900 1 804 c 674 | A u ah ee we N u 18 Liesiscn: Pyrognomische Mineralien. 857 Euxenit von Arendal (Fig. 8). Schwachverglimmende Bruchstücke ergaben in etwa 70 Sekunden die Werte e = 430° und f= 586°. Öfentemperatur 680°—7 14°. Tabelle zu Fig.8. Diner den Krhikemg Temperatur in Sekunden im Ofen | im Tiegel $- o 134° | a | 19° | d 650 6 | 405 680 680 | 430 g 700 692 | 466 720 700 | 504 740 708 579 750 714 | 586 J 760 718 585 780 726 582 9 790 730 | 534 800 736 | 586 850 756 | 601 1600 956 e | 880 L Tritomit aus Syenit am Langesundfjord (Fig. 9). Verglimmt relativ lebhaft. In etwa 80 Sekunden stieg die Tem- peratur von e= 610° auf f= 712°. Ofentemperatur 753°—783°. Tabelle zu Fig. 9. Dauer der Erhitzung Temperatur in Sekunden im Ofen 3 im Tiegel $- n m ° 338° a 5a nd 600 710 522 | 700 748 | 592 | 120 13 | 610 ö 760 19 | | 780 776 103 | 800 183 712 Bi 820 791 a 830 795 ZL.O) | 850 800 709 I 900 816 716 1500 942 Im® 874 h I | ww S7| [0 2) Gesammtsitzung vom 14. April 1910. Orthit von Ytterby (Fig. 10). Eine Lichterscheinung war nicht zu bemerken. In Übereinstim- mung hiermit zeigt die Erhitzungskurve nur ein sehr allmähliches An- steigen von e= etwa 600° bis zur Ofentemperatur. 2000° Ein Jntervall - 300 Sekunden Tabelle zu Fig. ıo0. Dauer der Erhitzung u: in Sekunden im Ofen im Tiegel $- | o 202° a 98° d 500 722 | 600 5 550 Ir 642 600 777 I 700 826 750 800 878 | 857 900 912 | 332 1000 939 e | 939 h I. Ein Teil der pyrognomischen Mineralien gestattet in dünnen Schliffen eine optische Untersuchung der durch das Glühen hervorgerufenen Zustandsänderung. Aus den Beobachtungen von A. DES ÜLoIZEAUX', ! A. pes CrorzEaux et A. Damour, Ann. chim. phys. (3) 59, 357; 1860. A. es Croızeaux, Manuel de miner. 1, 39, 255; 1862. 2, XI, 247; 1874—93. nn ee a —— Liesiıscn: Pyrognomische Mineralien. 359 W.C. Brösccer', W. Prrerssox® und G. T. Prior* ergibt sich, daß in diesen Körpern außer Vorgängen der Verwitterung eine allmähliche Umwandlung des ursprünglich kristallisierten Zustandes in den amorphen Zustand unter Erhaltung der idiomorphen Kristall- begrenzung stattgefunden hat. Am besten bekannt ist in dieser Hinsicht der Gadolinit. W. Pr- TERSSON fand, daß zwischen dem amorphen Gadolinit von Ytterby und dem zwar schon veränderten, aber noch anisotropen Gadolinit von Hitteroe Verschiedenheiten in der chemischen Zusammensetzung nicht vorhanden sind. Durch Glühen wurde der sehr lebhaft ver- glimmende amorphe Gadolinit in den kristallisierten Zustand derart zurückgeführt, daß sein optisches Verhalten wieder der ursprünglichen Kristallform entsprach. Diese Umwandlung trat erst beim Verglimmen ein, denn als ein Stück nur so lange erhitzt wurde, bis eine Hälfte verglimmt war, zeigte sich im Dünnschliffe nur diese Hälfte doppelt- brechend, der Rest blieb isotrop. Die Grenze zwischen den beiden Gebieten war scharf. In dem nicht verglimmenden anisotropen Gado- linit wurde durch Glühen nur die Stärke der Doppelbrechung erhöht. Mit diesem Befunde stehen die Beobachtungen über die Ver- schiedenheiten in dem thermischen Verhalten der beiden Arten des Gadolinits im Einklang. Denn eine bis 980° verfolgte Erhitzungs- kurve des doppeltbrechenden Gadolinits von Hitteroe ergab abweichend von Fig. ı bis 3, daß die Kurve für die Tiegeltemperatur $, ebenso gleichförmig anstieg wie die Kurve für die Ofentemperatur S,. Dieser Gadolinit verhält sich also beim Erhitzen wie der geglühte und da- durch wieder in den anisotropen Zustand übergeführte Gadolinit von Ytterby (vgl. Fig. 4). Bisher ist nur an den pyrognomischen Mineralien eine nicht durch einen Schmelzvorgang bewirkte Umwandlung des kristallisierten Zustandes in den amorphen Zustand und die damit verbundene Er- höhung des Energiegehaltes festgestellt worden‘. Der Energieverlust bei der durch Glühen erzeugten Rückbildung des kristallisierten Zustandes entspricht der Energieabgabe bei der Entglasung unter- kühlter und amorph erstarrter Schmelzen’. ı W.C. Bröcser, Zeitschr. f. Krist. 16, Allg. Teil 175, Spez. Teil 110, 174, 495; 1890. 25, 427; 1893. Vidensk.-Selsk. Skrifter. Math.-naturw. Kl. Kristiania 1906. Nr. 6, 33, 102, II6, 144, 156. 2 W. Peversson, Geol. Fören. Förhandl. Stockholm. 12, 275; 1890. G. T. Prıor, Mineral. Mag. 10, 234; 1394. Auf experimentellem Wege ist eine derartige Umwandlung noch nicht gelungen. Vgl. die thermometrischen Beobachtungen über Entglasung von W. GuERTLER, Zeitschr. f. anorg. Chem. 40, 268; 1904 und A.L. Day and E.T. Arren, Carnegie Insti- tution of Washington. Publ. Nr. 31, 1905. Zeitschr. f. phys. Chem. 54, 1; 1900. 3 4 5 360 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. II. Auf die Volumenänderungen bei der Zustandsänderung des (Gadolinits und des Orthits hat Tu. Scherrer! schon in den Jahren ı840— 1844 hingewiesen. H. Rose” stellte 1841— 1858 eingehendere Untersuchungen darüber am Gadolinit, Orthit und Samarskit an. Zunächst ergab sich, daß nicht nur verschiedene Stücke dieser Mineralien von demselben Fundorte, sondern sogar verschiedene Bruch- Zunahme der Dichte durch Glühen. Dichte Mineral Beobachter vor dem Glühen | nach dem Glühen Gadolinit, Hitterö 4.35 4.63 SCHEERER 1840 » » 4.51 4-73 \ » » 4-47 | 4.62 PETERsson 1890 » » 4-36 | 4.61 J Gadolinit, Ytterby 4.097—4.226 4.287 —4.456 » D 4.108 | 4.319 | 4106 | 12 .H. Rose 1858 4.206 | 4.299 4.190 4.316 4.157 | 4.299 » n 4.29 | 4.52 PETERsson 1890 Gadolinit, Fundort ? 4.289 | 4.371 Rausay u. TrAvers 1898 Orthit, Fille-Fjeld 3.65 3.94 A Orthit, Jotun-Fjeld 3.54 | 3.76 } Scnzxnen 1279 Orthit, Hitterö 3.50 3.60 SCHEERER 1842 3.450— 3.456 3.505 H. Rose 1843 = 3.496 | 3597 2 3-485 3.617 » 3.470 | 3.523 SCHEERER 1844 » 3.452 | 3.580 = a 3-432 | 3-507 Aeschynit, Fundort ? 4.685 | 4.793 Ransay u. TRAvERS 1898 Abnahme der Dichte durch Glühen. Dicht Ders Beobachter vor dem Glühen | nach dem Glühen Samarskit, Miask H. Rose 1841 H. Rose 1847 Ranmsay u. TrAvers 1898 5-489— 5.485 5.715 5.3735 Fergusonit, Fundort? 5.375 ! Tu. ScHEERER, Pose. Ann. d. Phys. 51, 493; 1840. 56, 485; 1842. 636; 1844. ®2 H. Rose, Pose. Ann. d. Phys. 52, 591; 1841. 59, 102, 481; 1843. 469; 1847. 103, 314; 1858. 61, 72, ; £ - © Liesiscn: Pyrognomische Mineralien. 361 stücke eines größeren Stückes Abweichungen in den Werten des spe- zifischen Gewichts darboten. Nach den mikroskopischen Beobachtungen von W. Prrersson am Gadolinit ist es nicht zweifelhaft, daß die Ur- sache in Einschlüssen von Fremdkörpern und in verschiedenen Graden der Verwitterung zu suchen ist!. Ferner wurde festgestellt, daß durch Glühen im Gadolinit und Orthit eine Zunahme, im Samarskit dagegen eine Abnahme der Dichte eintritt. Die vorstehende Tabelle gibt eine Übersicht der nume- rischen Werte unter Hinzufügung der späteren Dichtebestimmungen von W. Prrersson” am Gadolinit und von W. Rausav und M.W. Travers” am Gadolinit, Aeschynit und Fergusonit. Ähnliche Verschiedenheiten im Vorzeichen der Differenzen, die aus den Werten der Dichte für den amorphen und den kristallisierten Zustand gebildet sind, wurden beobachtet an Stoffen, die durch Unter- kühlung ihrer Schmelzen Gläser liefern. Während die überwiegende Mehrzahl dieser Körper im amorphen Zustande eine geringere Dichte besitzt als im kristallisierten, ist das umgekehrte Verhalten z. B. in folgenden Fällen nachgewiesen worden: Dichte Beobachter Verbindung amorph | kristallisiert As 0; 3.681— 3.716 | 3.646 12.5° | Cr. Wimerer® Sr (BO.). 3.254 #0.002 | 3.141#0.005 | 20° |]. A Ca(BO,)2 2.771 # 0.001 | 2.696 # 0.002 20° az Na2B, 07 2.37 2.28 Day und Arten® IV. Nachdem W. Ransay 1895 entdeckt hatte, daß gewisse Mineralien beim Erhitzen neben anderen Gasen auch Helium abgeben, fanden W. Rausav und M. W. Travers’ 1898, daß im Fergusonit° die Ent- wicklung dieses Gases unter Erglühen stattfindet. Da hier die Wärme- ' Bedeutende Verschiedenheiten in den Werten des spezifischen Gewichts sind am Fergusonit aus Llano County in Texas von W. E. Hınven and J. B. Mackınrosn, Amer. Journal of Sc. (3) 38, 474; 1889, und am Fergusonit von Rakwana auf Ceylon von G. T. Prior a. a. OÖ. beobachtet worden. 2 W. PErersson, a.a. 0. ® W. Ranmsay und M.W. Travers, Proc. Roy. Soc. London. 62; 1898. Zeitschr. f. plıys. Chen. 25, 568; 1898. * Cr. Wınkter, Journ. f. prakt. Chem. (2) 31, 247; 1885. ° E. Bauer in G. Tammann, Kristallisieren und Schmelzen. Leipzig 1903, 50. ° A.L. Day and E.F. Arren, a. a. O. 30. 7 W.Rausay and M. W. Travess, a. a. 0. ® Angabe des Fundorts fehlt. 362 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. entwicklung mit einer Verminderung der Dichte verbunden ist, vermuteten sie, daß die Verluste an Energie und an Helium mitein- ander verknüpft seien. Poren waren in dem dichten Mineral nicht wahrzunehmen. Sie glaubten daher schließen zu müssen, daß das Helium in einer chemischen Verbindung vorhanden sei. Wenn dies richtig ist, muß die Verbindung eine endotherme sein. Da indessen jener Fergusopit nieht vor und nach dem Glühen optisch geprüft und die Beobachtung von G. T. Prıor', daß Fergusonit von Rakwana beim Erglühen aus dem amorphen Zustand in den kristallisierten übergeht, nicht berücksichtigt wurde, blieb die Möglichkeit einer Zustandsänderung des Fergusonit beim Erglühen außer Betracht. Spätere Untersuchungen haben gezeigt, daß das in radioaktiven Mineralien aufgespeicherte Helium während des Erhitzens schon bei Temperaturen zu entweichen beginnt, die weit unter den Temperaturen des Erglühens liegen. Auch durch mechanische Zerkleinerung kann (die Entwieklung von Helium herbeigeführt werden. Nach J. A. Gray’ beginnt sie im Thorianit von Ceylon bei einer Teilehengröße von etwa 0.01 mm und ist um so stärker, je weiter die Zerkleinerung getrieben wird. Bei einer Teilchengröße von etwa 0.003 bis 0.001 mn sind 28 Prozent Helium frei geworden. Aus einem Versuch von R. J. Strurr” folgt, daß das Entweichen des Heliums nicht durch die beim Pulvern erzeugte Wärme verursacht wird. Da Ransav und Travers fanden, daß Gadolinit und Aeschynit', von denen nur der letztere Helium, und zwar in sehr geringer Menge, enthielt, beim Erglühen ihre Dichte vergrößern, nahmen sie im Wi- derspruch mit bekannten Tatsachen an, daß diese Mineralien in eine andere Klasse gehören als der Fergusonit. Im allgemeinen entspricht die IHeliummenge in einem diehten Mineral den Mengen der darin vor- handenen radioaktiven Elemente’. Demgemäß sind in dem typischen Vertreter der pyrognomischen Mineralien, dem Gadolinit, radioaktive Erscheinungen nur in äußerst geringem Grade beobachtet worden‘. K. A. Hormann und F. Zerean’ fanden, daß Gadolinit von Saetersdalen GAS PEIOR, 38370: 2 J. A. Gray, Proc. Roy. Soc. London. (A) 82, 301; 1909. ® R.J. Sırurr, Proc. Roy. Soc. London. (A) 82, 166; 1909. Angaben der Fundorte fehlen. 5 R. J. Sırurr, Proc. Roy. Soc. London (A) 80, 572; 1908. %$ Die Angaben von R. J. Sıruwr, Proc. Roy. Soc. London (A) 76, 81; 1905, über den Gehalt des Gadolinits von Ytterby an Uranium, Thorium und Helium kommen nicht in Betracht, da es zweifelhaft ist, ob das untersuchte Mineral wirklich Gadolinit war. Vgl. die Analysen von ©. W. Bromsıranp und G. Waruin, Lunds Universitets Arskrift 1888, 24, und von W. PETERSsonN, a. a. O. ? K.A. Hormann und F. Zersan, Ber. deutsch. chem. Ges. 36, 3093; 1903. E te m nnd u a — We Liesısch: Pyrognomische Mineralien. 363 beim Verglimmen nur Wasserdampf entwickelte, und daß weder das Mineral noch seine Bestandteile, insbesondere die aus ihm in geringen Mengen abgeschiedene Thorerde, auf eine photographische Platte oder ein Elektroskop in wahrnehmbarer Weise einwirkten. Nach den Mes- sungen von V. Morırz Gorpschnivr' ist die Radioaktivität der Gado- linite von Hitterö und Vaadne in Saetersdalen äußerst klein. Als Ergebnis kann also der Satz ausgesprochen werden: Der Energieverlust beim Erglühen pyrognomischer Mineralien ist nicht verknüpft mit der Abgabe von Helium, sondern mit der Rückbildung des kristallisierten Zustandes aus dem amorphen. V Thermolumineszenz des Flußspates. Als Zersetzung einer Heliumverbindung unter Licht- und Wärme- entwicklung ist von J. Tuousen” 1398 die ungewöhnlich starke 'Ther- molumineszenz des rotbraunen Flußspates gedeutet worden, der auf der Kryolithlagerstätte von Ivigtut in Südgrönland vorkommt. Dieses Mineral enthält neben Fluorealeium auch Fluorverbindungen der Üe- rium- und Yttriumgruppe (Yttrocerit). Qualitative Versuche, zu denen 1904 quantitative Bestimmungen traten, ergaben, daß durch Glühen Gase entbunden werden, unter denen spektralanalytisch Helium fest- gestellt wurde. Dagegen konnte in dem zum Vergleich herangezogenen grünen Flußspat aus England, der beim Erhitzen ebenfalls eine starke Lichterscheinung zeigt, eine Entwicklung von Helium nicht nachge- wiesen werden. Vor kurzem hat J. Strurr” den grönländischen Flußspat auf Ra- dium geprüft, aber nur unbedeutende Mengen gefunden. Dagegen lieferte eine Lösung des Minerals reichliche Mengen von Thorium- emanation. Srrurr ist daher der Meinung, daß in diesem Falle der Heliumgehalt in Beziehung stehe zu einem Gehalt an Thorium. Die Lichtemission des Flußspates ist wesentlich verschieden von dem Verglimmen pyrognomischer Mineralien. Schon eine mäßige Er- wärmung von Bruchstücken eines Flußspatkristalles bewirkt, daß jedes Stück in seiner ganzen Ausdehnung leuchtet. Ein Fortschreiten des Leuchtens, wie es beim Verglimmen beobachtet wird, ist nicht wahr- ! V. Morırz Gordschnipr, Zeitschr. f. Krist. 45. 494; 1908. 2 J. Tuousen, Zeitschr. f. phys. Chem. 25, 112; 1898. Bull. de l’acad. roy. des sc. et des lettres de Danemark. 1904, 53. — Vgl. B. Borssıro, Mineralogia groenlandica. Meddelelser om Groenland. Kjoebenhavn. 32, 104; 1905. ® J. Sırurr, Proc. Roy. Soc. (A) 80, 56; 1908. 364 Gesammtsitzung vom 14. April 1910. zunehmen. Nachdem die Lichterscheinung erloschen ist, kann sie durch stärkere Erhitzung wieder hervorgerufen werden. Zuweilen hört sie erst nach mehreren Erhitzungen vollständig auf. Eine an dem grönländischen Flußspat bis zu 900° verfolgte Er- hitzungskurve ergab an keiner Stelle eine meßbare Wärmeentwieklung. Dieses Verhalten ist nicht überraschend, da eine Umwandlung aus dem amorphen in den kristallisierten Zustand hier nicht stattfindet. Hrn. Dr. R. Nacken bin ich für seine Mitwirkung an den Beob- achtungen zu Dank verbunden. ie nn Liesisca: Über Silberantimonide. 365 Über Silberantimonide. Von Th. Liegısch. (Vorgetragen in der phys.-math. Classe am 18. März 1909 [s. Jahrg. 1909 S.477].) I. C. J. Sers unterschied auf dem Wenzelgange im Frohnbachtale bei Wolfach im badischen Schwarzwalde feinkörniges und großblättriges Antimonsilber. An dem von Ser erhaltenen Analysenmaterial er- mittelte M. L. Krarrorn' schon 1797, daß die durch ihre Struktur voneinander abweichenden Silberäntimonide auch chemisch verschieden zusammengesetzt sind, denn die feinkörnigen Aggregate enthielten 84, die großblättrigen nur 76 Gewichtsprozente Silber. Später (1802) fand Krarroru in blättrigkörnigem Antimonsilber von Andreasberg im Harz 77.52 Prozent Silber. Feinkörniges Antimonsilber ist an diesem Fund- ort seltener als zu Wolfach; es ist möglich, daß eine Analyse von C. F. Prarrner’, die 84.7 Prozent Silber und ı5.0 Prozent Antimon ergeben hatte, an solchem Material angestellt worden ist. Dann würden an beiden Fundorten je zwei Arten von Antimonsilber vorkommen, silberärmeres spaltbares mit etwa 77 Prozent und silberreicheres fein- körniges mit etwa 84 Prozent Silber. Zu Wolfach und zu Andreasberg tritt das großblättrige Antimon- silber zuweilen in Kristallen auf, die nach Form, Zwillingsbildung und Kohäsionseigenschaften dem rhombischen System angehören. Oft bieten sie infolge der Durchdringung mehrerer Individuen hexagonale Pseudo- symmetrie dar (Fig. ı). G. Rose” glaubte sich überzeugt zu haben, daß alle Silberantimo- nide rhombisch kristallisieren. Nach dieser Auffassung würden das reguläre Silber und das rhomboedrische Antimon eine Reihe von rhom- ı M._L. Krarrorn, Beiträge zur chem. Kenntnis d. Mineralkörper. 2, 301; 1797. 3, 175; 1802. 2 C. F. Raumerssgers, Handbuch der Mineralchemie. 1860, 30. Zeitschr. der Deutsch. Geol. Ges. 16, 622; 1864. 83 G.Rose, Das kristallo-chemische Mineralsystem. 1852, 45- Sitzungsberichte 1910. 30 366 Gesammtsitz. v. 14. April 1910. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 18. März 1909. Antimonsilber von Samson, St. Andreasberg. 37. First, 693 m unter Tage. — Schliff parallel zur Basis, geätzt. — Lin. Vergr. 10. bischen Mischungen bilden. Auch C. F. Rammersgere' nahm an, daß trotz der von ihm bestätigten Verschiedenheiten in der Zusammen- setzung der Silberantimonide lediglich isomorphe Mischungen vorliegen. Von besonderem Interesse sind die Untersuchungen von F. SAnDBER- GER” und Tn. Prrersen® über die Mineralien des Wenzelganges. In sorg- fältig ausgewählten Bruchstücken von Kristallen des großblättrigen Anti- monsilbers, an denen Einmengungen von gediegenem Silber nicht nachge- wiesen werden konnten, fand PrTErsen das spezifische Gewicht 9.611 und neben Spuren von Schwefel, Arsen, Eisen, Zink, Kupfer einen Gehalt von 70.17, 72.55 und 73.13, im Mittel 71.52 Prozent Silber. Eine Antimon- bestimmung lieferte 27.20 Prozent. Die Formel Ag,Sb verlangt 72.65 Prozent Silber und 27.35 Prozent Antimon. Das feinkörnige Antimon- silber erscheint nach SAnDBERGER gewöhnlich in knolligen Massen aus eckigen Körnern von #+ bis 2 mm Durchmesser. Da oft dicht daneben pyramidale Kristalle saßen und die Körner selbst einzelne regelmäßige Flächen zeigten, vermutete SANDBERGER, daß diese Körner durch gegen- ı C. F. Ranneısgers, Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 16, 618; 1864. Handbuch der Mineralchemie, 2. Aufl. 1875, 25. N. Jahrb. f. Min. 1897. II, 45. 2 F. SınDBERGER, N. Jahrb. f. Min. 1869, 290. 1870, 589. Untersuchungen über Erzgänge. 2, 257; 1885. 3 Ta. Perersen, Pocc. Ann. d. Phys. 137, 377; 1869. Liesısch: Über Silberantimonide. 367 seitigen Druck verzerrte pyramidale Kristalle seien. Aber weder diese Kristalle noch die feinkörnigen Aggregate wurden analysiert. Hervorzuheben ist noch die Beobachtung von SANDBERGER, daß großblättriges Antimonsilber von Wolfach einen schaligen Aufbau zeigt und von gediegenem Silber in sehr feinkörnigen Aggregaten umhüllt wird. Eine solche Schale vom spez. Gew. 9.95 fand PETERSENn zu- sammengesetzt aus 76.65 Prozent Silber und 23.06 Prozent Antimon. Es hat also hier eine Anreicherung und Ausscheidung von Silber statt- gefunden. II: G. T. Hrvcock und F. H. Nervirıe' haben ı897 in einer Unter- suchung über vollständige Erstarrungskurven binärer Legierungen von Silber oder Kupfer mit anderen Metallen die Temperaturen ermittelt, bei denen gemischte Schmelzen von Silber und Antimon zu kristalli- sieren beginnen. Sie fanden, daß dabei nur eine einzige Verbin- dung Ag,Sb entsteht; aus einer Schmelze, deren Konzentration 25 Atomprozenten Antimon entspricht, kristallisiert sie bei 560°. Das eutektische Gemenge dieser Verbindung und des Antimon enthält etwa 41.5 Atomprozente Antimon; die Bildungstemperatur liegt bei etwa 485°. Eine wesentliche Ergänzung erfuhr das Konzentrations-Temperatur- Diagramm der Silber-Antimon-Legierungen durch den von G. J. Pr- TRENKO” geführten Nachweis, daß aus den silberreichsten Schmelzen mit 100—85 Gewichtsprozenten Silber Mischkristalle entstehen. Die Zusammensetzung der gesättigten Mischkristalle entspricht sehr nahe der Formel Ag,Sb mit 15.6 Prozent Antimon. Die Existenz der Verbindung Ag,Sb hat Perrenko durch Beobachtung der Dauer der Kristallisation in dem von Ag,Sb und Sb gebildeten System bestätigt. Kurze Zeit vorher hatte auch E. Marrv’ aus der Bestimmung des spe- zifischen Volumens von fünf Silber-Antimon-Legierungen das Vorhanden- sein dieser Verbindung abgeleitet. NR Um die Kristallform der Mischkristalle zu ermitteln, wurden Schmelzen von geeigneter Konzentration möglichst langsam abgekühlt. In einer Schmelze mit 90 Gewichtsprozenten Silber begann die Bil- ı C.T. Heycock and F.H. Nevirze, Phil. Trans. R. Soc. London. Ser. A. 189, 25; 1897. 2 G.J. PFrrEnko, Zeitschr. f. anorg. Chem. 50, 139; 1906. ® E. Mary, Zeitschr. f. phys. Chem. 50, 200; 1904. 368 Gesammtsitz. v. 14. April 1910. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 18. März 1909. dung der Mischkristalle bei 851°. Die Oberfläche des Regulus war bedeckt von Gitterkristallen mit drei aufeinander senkrechten gleich- wertigen Wachstumsrichtungen (Fig. 2, 3). Dieselben Formen traten auf einem angeschliffenen und geätzten Durchschnitt des Regulus her- vor. Hiernach gehören diese Kristalle dem regulären System an. EFig. 2. Fig. 3. Lin. Vergr. 20. Lin. Vergr. 10. Eine Schmelze mit 84.38 Gewichtsprozenten Silber, deren Zu- sammensetzung also sehr nahe der Formel Ag,Sb entsprach, lieferte auf der Abkühlungskurve außer einem Knick bei 787° noch einen Haltepunkt bei 556°. Auf der Oberfläche des Erstarrungsproduktes waren wieder sehr deutliche reguläre Gitterkristalle wahrzunehmen. Aber auf einem Durchschnitte traten jetzt zwei Strukturelemente her- vor, nämlich primär ausgeschiedene gesättigte Mischkristalle in regu- lären Wachstumsformen und dazwischen eine Grundmasse, die von der bei 556° kristallisierenden Verbindung Ag,Sb gebildet wird. Daraus folgt, daß die Grenzmischkristalle etwas silberreicher sind als das Ausgangsmaterial. Silber und Antimon liefern also eine beschränkte Reihe von Mischkristallen mit derselben Kristallform, die das darin vorherrschende Silber besitzt. IV: Das Ergebnis der Synthese, wonach in dem binären System Silber- Antimon neben den Komponenten außer einer beschränkten Reihe von silberreichen Mischkristallen nur eine einzige Verbindung auftritt, ge- stattet die Analysen der in der Natur vorkommenden Silberantimonide Liesıscn: Über Silberantimonide. 369 zu deuten. Denn die Beobachtung zeigt, daß dieses System Umwand- lungen im festen Zustande infolge von Polymorphie der Komponenten oder ihrer Verbindung nicht erfährt und daß in die Zusammensetzung jener Mineralien das Lösungsmittel, aus dem sie abgeschieden worden sind, nicht eingetreten ist. Fig. 4. Fig. 5. Lin. Vergr. 6. Lin. Vergr. 8. Antimonsilber, St. Andreasberg. Schliffe parallel zur Basis, geätzt. Zwillingslamellen. In Fig.4 sind Einschlüsse von Bleiglanz sichtbar. Zur Untersuchung diente das im hiesigen mineralogisch-petrogra- phischen Museum vorhandene Material von Antimonsilber aus Andreas- berg. Die Struktur wurde durch Ätzung angeschliffener Flächen mit heißer verdünnter Salpetersäure oder kalter verdünnter Salpetersäure und Weinsäure festgestellt. Die Analysen und die Bestimmung der spezifischen Gewichte hat F. Späte ausgeführt. Neben Silber und Antimon waren stets Spuren von Arsen und Eisen vorhanden. Reguläres Antimonsilber von Andreasberg. Die Zusammensetzung: Silber 83.90, Antimon 16.17, Summe 100.07 Prozent entspricht sehr nahe der Formel Ag,Sb. Spez. Gew. 10.05. Ein Teil des Stückes, von dem das Analysenmaterial entnommen war, wurde geschmolzen. Die Abkühlungskurve zeigte wie bei dem synthetisch dargestellten Ag,Sb außer einem Knick bei etwa 756° noch einen Haltepunkt bei 556°. Das Erstarrungsprodukt war bedeckt mit regulären Gitterkristallen. Sitzungsberichte 1910. 3l 370 Gesammtsitz. v. 14. April 1910. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 18. März 1909. Rhombisches Antimonsilber von Andreasberg. Im ganzen wurden Bruchstücke von 7 Kristallen analysiert. Als Begrenzungsflächen traten nur stark geriefte Flächen aus der Zone der Vertikalachse und die Basis auf. Zu Messungen von Flächenwinkeln waren sie nicht geeignet. An der Oberfläche lagen zuweilen sehr dünne Schichten von gediegenem Silber. Die Struktur des Innern ergab sich durch Ätzung von Schliffflächen parallel zur Basis (Fig. 4, 5). Silber Antimon Summe Spez. Gew. 74.90 Prozent 24.75 Prozent 99.65 Prozent 9.82 75-86 24.30 100.16 9.79 76.83 23-35 100.18 9.80 74-41 25.52 99.93 9.63 75-39 24.63 100.02 9.81 (Fig. 4) 75.13 24.94 100.07 9.65 (Fig. 5) 75.38 24.12 99.50 9.81 Demnach sind diese Kristalle silberreicher als die Verbindung Ag,Sb. Berücksichtigt man die Beobachtung SAnDBERGERS über die Ver- witterung des Antimonsilbers, so liegt die Auffassung nahe, daß jene Kristalle ursprünglich die Zusammensetzung der Verbindung Ag,Sb besaßen, aber später unter dem Einfluß der Verwitterung, deren Spuren schon auf ihrer Oberfläche hervortreten, silberreicher geworden sind. Ausgegeben am 21. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. weise oder auch in weiterer Ansführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung .dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. 4 Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu - veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- _ tenden Rechtsregeln zusteht. so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist _ den Verfassern unbeschränkt gestattet. . Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. a Aus’$ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschäftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben a welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf’ 5—6 Druckzeilen beschränken, keinestalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichner, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. 'Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufg in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schritten ndgültig beschlossen wird. Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag soll, muss der Regel nach in der spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reiehsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte werden, mit «dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars verschen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Aben« wieder abholen lassen werte, wünscht jedoch die mit der Correetur betrante Revision zu lesen, so muss sie die Correerur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt: die Verfasser verzichten damit auf‘ Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden mi kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. gedruckt erscheinen Sitzung selber, Person sen, Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. > Abhandlungen aus dem Jahre 107 . . . . ‚Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . » Mathematische Abhandlungen. . . Be .. aus dem Jahre 1908: ER? Physikalisch-mathematische Classe . . . . _Philosophisch-historische Classe . . . . » = Nachträge zur aegyptischen Chronologie . Er: VER! ” ” ” ” ” ” Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Es: Bericht über den Stand des er enieche Corpus medicorum antiquorum u.5.w.. . «Fb Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embı "yonen ? en Dies: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orenerne: ae al an Noel ae „ STINE, DRShr ‚Suwvs: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » Abhandlungen der Akademie. a ee er a (ehe Ei, — » Philosophische und historische Abhandlungen N Aue Ri 8 ee) Er nee » 34.— 1907, 1908 und 1909. 4.— 2 $ 83 - 20 ee RANCA: Rossile Rluethiere und Erwerb des Rlusvermögens %. . . 22 2 une. nun BZ XEKULE von Stravonıtz: Die Bildnisse des Sokrates. . . . a en n L— von Wıramowırz-MOoELLENDORFF: Gedächtuissrede auf Adolf Kirchhof BE a 2 mEsn Gedächinissrede /außsEdnaärzellen ala. Sn a ve LA. SNer De Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftthum . » » 2 2 22... u Fu Mürrer: Uigurica . . . £ ET Te re, era > alle Loors: Das I eebeenmes der IH OMORSTANENIVOnWSardicH a ee DTDpErE Se VensErocessusgreizoniastoidenaen ee ee Be ever: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader - - > > 22 2 m nn nn nn. Lo Wıramowırz-MoELLENDORFF: Nordionische Steine. . ar se er Pe re Sn Scaurze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel 2 B er 1: ee]; . Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . . Becxn: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . . . Gorsanovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen . . . Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite. Abtheilung . Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . . Becxu: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . 3 L. Jacogsonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmärks eu re ee B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . A KVs AM 4—. VI M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation” L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . r A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven weniz von ebenen Kurven abweichen TOo2Z PREZ Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs . . ..» Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909. BraAxpL: the Cock in the North . Hernert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prart'schen Hypothese für das Gleichgewicht der Erdkruste und der Verlauf der ERWEISEN vom Innern der Continente und Oceane nach den Küsten . . . A. von LE Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuscriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und dv). h 2 Orr: über einige Krebsfragen . 2 E H. Sınter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). . Ener: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen Ostasiens K. GorJanovid-KRANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) als Träger prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XV]) FE 3 Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Fiopexius: über den Frruar'schen Satz Frogexıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rugess und H. Horrnaczer: Messungen im langwelligen ne Bericht über die öffentliche Sitzung, _vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harsack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gornas: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pees, Ungarn) . z R. Meister: kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und m Mürter-BresLau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe x ScHorikv: die geometrische Theorie der Aser’schen Functionen vom Geschlechte Er Frogenius: über den Fermar’schen Satz. I. x Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge ı von \ Festigkeitsbeanspruchungen Herrwis: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier Prxck: Versuch einer Klimaclassification auf plıysiogeographischer Grundlage Nersst, F. Korer und F. A. Liınpemanx: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Nersst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I. J. Here: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) Tuousex: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . F.C. Axpreas: zwei soghdische Excurse zu Vıruerm Tnonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Rurser: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers . Ervax: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Liesisch: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen "Zustande beim Erhitzen pyrognomischer” Mineralien I er Liesiscn: über Silberantimonide Er ad a ur a | o on wu mo 1818 Doom in 111838 MM 12.— 2, XXI XXI. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 5 AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. A ‚a r nn Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 21. April. (S. 371) N von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Über das ® der Ilias. (S.372) {a Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 21. April. (S. 403) I BT G. EserHarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. (S.404) Fr “l h 4 n AN N F zu / N ER - BARS) Fa BERLIN 1910. } s | VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. z IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften. Aus $1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu bemutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. sa. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jeasch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Secretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) 3 2 Aus $ 6. Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripte müssen, wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Correeiat an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach Mögliehkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern X j und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. , ns Aus $ 8. ‘ Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann. wenn die Verfasser sich Ener ekeh damit einverstanden erklären. Seh " Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- ee er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke. auf Kosten der Akademie weitere Exemplare . bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess rechtzeitig ‚dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noeh mehr Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden GE — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare, auf ihre Kosten abziehen lassen. Pa | L* Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen en hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Fre exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem | Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis zur Zahl von 100 (im g ganzen also 230) abziehen zu DE, r sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an-. gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr Abdrucke zur V' ertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden a — Nichtmitglieder ‚erhalten : 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzei ige bei dem redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare pre ihre Kosten abziehen lassen. 2 # $ 17. "r ’ % f Eine für die TARNon Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mitcheilung, darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- YUR a SITZUNGSBERICHTE 1910. DER XXI. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 21. April. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. Hr. von Wıramowırz-MorLıenvorrr las: Über das © der Ilias. H 345 bis K 579 ist in eine ältere Ilias eingelegt, in der A an A bis H 322 an- schloss. Der Dichter der Einlage wollte die Einzelgedichte Litai und Dolonie auf- nehmen und verfasste dazu den Schluss von H und das ©, alles mit starker Benutzung älterer Verse und Motive. Er ist jünger als Hesiodos. Sitzungsberichte 1910. . 32 372 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Über das © der Ilias. Von UrLrıch von WILAMOWITZ- MOELLENDORFF. Da: © führt den Namen xönoc mAxH, und das veraltete Wort könoc garantiert, daß man sehr früh gefühlt hat, wie sehr seine abgerissene Schlachtbeschreibung von der Art der Ilias abweicht; «önoc ist Gegen- satz zu ÖnöKAHPoc, Teneioc. Die Grammatiker haben an vielen Versen Anstoß genommen; aber aufgeben konnten sie das ganze Gedicht un- möglich, denn nur hier erleiden die Achäer die schwere Niederlage, die im | und K vorausgesetzt ist. So hat denn auch K. L. Kayser, der den Charakter des ©, seine Abhängigkeit von anderen Homerstellen und zugleich seine Abweichung von dem gewöhnlichen Stile zuerst treffend ins Licht gesetzt hat, gemeint, das Echte wäre ziemlich überall ver- drängt, worin liegt, daß etwas Echtes einmal dagewesen wäre', Später hat er gesagt, H © wären verfaßt, damit | aufgenommen werden könnte, hat diesen Gedanken aber nicht verfolgt”, und wenn er seit- dem auch öfter ausgesprochen ist, so kann er doch erst Frucht bringen, wenn seine Tragweite scharf bestimmt wird. Ich will zeigen, daß die Eindichtung, deren Grenzen auch erst festgestellt werden müssen, mit ihrer abgerissenen Erzählung und ihrer Unselbständigkeit bleiben muß, wie sie ist, daß aber der Dichter gewußt hat, was er wollte, nämlich von H über Iund K zu A und weiterhin eine Brücke schlagen, also daß er eine vorhandene llias um die beiden Einzelgedichte erweitern wollte. Damit soll es zunächst genug sein; wie die Ilias war, die so erweitert ward, braucht nicht weiter verfolgt zu werden, als zur Siche- rung dieses reinlichen Ergebnisses erforderlich ist. Nur der Bequem- lichkeit halber setze ich bei 8 489 ein, wo Lachmann sein neuntes Lied beginnt; in Wahrheit ist da weder ein Abschnitt noch auch nur ein Ruhepunkt. ! Homer. Abhandl. 81; der Aufsatz ist erst von Usener veröffentlicht, dessen Pietät gegen seinen Lehrer in diesem einen der wenigen Homerforscher in das ge- bührende Licht gestellt hat, deren Ergebnisse sich dauernd behaupten werden. 2 S.57. Es folgt ein noch unvollkommenes Verzeichnis der Entlehnungen. Man findet sie auch gut in der Ausgabe von LeAr, der zur Einführung in die Ilias brauchı- barsten, die ich kenne. von WırAmowrrz-MorRLLENDORFF: Über das © der llias. - 373 Die Nacht hat dem Kampfe ein Ende gemacht; »Hektor führte das Heer von den Schiffen fort an den Fluß, auf einen Ort, wo zwischen den Leichen der Gefallenen Platz war', und hielt eine Versammlung. ör sagte »ich hatte gehofft, nach Vernichtung der Schiffe und des ganzen Achäerheeres heimkehren zu können; aber die Nacht hat sie noch gerettet. Für jetzt also (n?n men; passen wir auf, wo der Gedanke kommt, auf den er so voraus deutet) wollen wir biwakieren und viele Wachtfeuer anzünden’, damit sie nicht wagen, sich bei Nacht davon- zumachen. In Ruhe sollen sie nicht auf die Schiffe steigen, sondern so, daß mancher noch zu Hause eine Wunde zu pflegen hat, auf daß auch anderen die Lust vergehe, Troia mit Krieg zu überziehen’. Die Herolde sollen in der Stadt den Befehl ausgeben, daß die Greise und Knaben (die männliche, nicht waffenfähige Bevölkerung, die so als Landsturm verwandt wird wie in Athen, Thuk. I ı05) auf den Mauern Alarmwache halten und die Frauen in den Häusern lebhaftes Feuer unterhalten‘, damit der Feind die Stadt nicht überfalle.. So wie ich das befehle, soll es geschehen. 1 491 EN KAGAPÜI, OEl AH NEKYWN AIEGAINETO XxGPoc; der Vers ist unentbehrlich, denn er gibt den Grund an, weshalb Hektor das Heer von dem Lager fortführt. Aber entlehnt ist er aus K 199, und er paßt eigentlich nur da. Denn da klettern einige Leute bei Nacht über den Graben auf das Schlachtfeld: die können sich einen Fleck suchen, wo keine Leichen liegen. Bei einem Heere von 50000 Mann ist das Suchen eines XÖPOC NEKYWN AlABAINÖmenoc ein Unding: Daß K hier benutzt ist, wird sich als ganz natürlich herausstellen. Wer es als selbständig und der llias fremd ansieht, kann sich schlecht damit abfinden. Der Dichter von K hatte wiederum Y 61 vor Augen. 2 Das Holz dazu sollen sich die Soldaten sammeln 507, während die Fourage aus der Stadt geholt wird.. Es wird. also vorausgesetzt, daß Holz zu finden ist; am Flusse war am Ende auf Büsche zu rechnen, wie deren im ®.erwähnt werden. In- dessen glaube ich nicht, daß der Dichter so weit gedacht hat. Sobald er es braucht, setzt er. das Holz voraus, wie in der Ebene die Schlacht unbehindert dureh die Terrain- schwierigkeiten hin und her wogt, aber gewaltige Steine sofort zur Iland sind, wenn sie der Krieger werfen will. a 8 MH MAN ACTOYAEI TE NEON ETTIBAleN ExHnol: das ist Wunsch, da hat Benrreys erisöcı keinen Platz, dagegen "hängt hiervon ab, Ann &c TIC TOYT@N re BEenöc Kal OIKAAE TIECCHI .... INA TIC- CTYFEHICI KAI Annoc, Das zweite ist klärlich final, und da rüttelt niemand an dem Konjunktiv, aber auch das erste öc bezeichnet die Modalität, wie sie auf das Schiff koınmen, im Gegensatze zu Acmoyael, kann also nur den Kon- junktiv erhalten. Aristophanes hat also irrig meccoı geschrieben; alles ist in Ordnung, nur das Vau hat keine Wirkung, ‘also keine Existenz. Denn wie ich einen Laut als gesprochen ansehen soll, der weder geschrieben ist noch sich fühlbar macht, begreife ich schlechterdings nicht. Das Bild, wie die Flüchtigen aufs Schiff springen und dabei eine letzte Wunde erhalten, hat Sophokles drastisch ausgeimalt, TToimenec 460. * Dies Feuer ist darauf berechnet, daß es die Achäer sehen, also die Stadt nicht für unbewacht halten. Die Stadt soll denselben Eindruck machen wie immer; Rauch kann bei Nacht nicht gesehen werden. Folglich bezeichnet Eni merAPoicı 520 nicht den Herd in einer Küche oder einem Zimmer, sondern einen Platz auf dem llofe, wo der Herd sehr wohl überhaupt liegen konnte. Meraron ist also das ganze Anwesen. Die Verwendung des Wortes durch die Architekten und Archäologen ist vielleicht praktisch, aber sie ist eine RKatachrese. Daß die Stadt in Sehweite des Lagers liest, ist klar. % 32* 374 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. MFBOC A ÖC MEN NTN YrIfc, EIPHMENOC EcTw. 525 TÖNn A’ Hoc TPpweccı Mee’ immoAAMoIc’ ÄrOPEYCW. Ich hoffe zu Gott, die Hunde zu verjagen, die der Teufel ins Land gebracht hat.« Halten wir hier zunächst inne. Ist nicht alles ganz untadel- haft? Ist nicht besonders gut das n?n men 502 in 524 aufgenommen, um das Korrelat 525 zu erhalten? Der Feldherr gibt am Abend die Befehle für die Nacht; die für den Angriff des nächsten Morgens zu geben, ist erst dann die rechte Zeit. Aber Aristarch verwirft die beiden Verse 524. 525, erstens weil Hektor am andern Morgen im A keine Befehle gibt; das ist für uns ganz einerlei; und dann stört ihn Yrıkc, das so niemals vorkommt, weder bei Homer noch später. Das macht auf die Neueren Eindruck. Ich sollte meinen, ein jüngeres Wort oder eine jüngere Bedeutung im Homer kann den Verdacht späterer Ein- lage erwecken, der freilich oft genug nicht den einzelnen Vers treffen wird; aber ein später verschwundener Wortgebrauch wird doch nur be- weisen, daß der Vers zu einer Zeit gemacht ist, wo er noch existierte. ArtapAsaToc und Arrapariointoc, was die Scholien für Yrırc setzen, ist frei- lich schlecht geraten. Der Sinn fordert »kai nYn Men eiphAcew TÄ NYN PHEÄNAI TIPOCHKONTA, ETTITHAEIA, Kalpıa«c. Wenn dafür Yrınc steht, so lernen wir, daß man zur Zeit dieses Dichters nicht nur ovYx Yrıkc mfeoc (He- rodot ı, 8 = Äroroc), wie gewöhnlich ovaen Yrıec sagte, sondern auch positiv. Wie sich gebührt, deutet Hektor in den letzten Worten an, worauf sich seine Befehle am andern Morgen beziehen werden, auf die heute unterbrochene Vertilgung der Feinde (498), und vielleicht konnte er so schließen; nur gerade die Zeitangabe »ich hoffe, sie morgen zu vertilgen« wird man wünschen und erwarten. Es folgt eine ganz andere Gedankenreihe »Aber (Ann A Toı) bei Nacht wollen wir Wache halten, morgen früh greifen wir an; ich will doch sehen, ob Diomedes mich zurückwerfen wird oder ich ihn erschlage. [Morgen soll er seine Manneskraft beweisen, aber ich denke, er und viele seiner Gefährten werden erschlagen liegen], morgen, wenn die Sonne auf- geht. Wenn ich doch so sicher unsterblich wäre, wie dieser Tag den Achäern Unheil bringt«.' Die eingeklammerten drei Verse 535—537 haben bei Zenodot gefehlt; Aristophanes (dessen Vorgang in allen solchen Fällen anzunehmen ist) hat sie nur als unecht aufgenommen; sie sind wirklich eine breitere Ausführung, unerträglich, weil der An- ! 540 —=N 827 ist den drei antiken Herausgebern offenbar ganz unbekannt ge- blieben. Das Glossem 528 fehlte bei Zenodot; man muß es fast übertriebene Vorsicht nennen, daß die beiden andern den Vers aufnahmen, da sie sich über seinen Wert nielit täuschten. von WıLamowriZz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. a5 griff bei Nacht erfolgen müßte, wenn Diomedes bei Sonnenaufgang schon erschlagen liegen sollte. Eine weitere unzulässige Konsequenz wäre, daß 541 Hae HmerH der folgende Tag sein müßte, während Hektor doch nur sagt, daß es morgen in dem Stile weitergehen wird, wie heute; darin, daß die Feinde heute geschlagen sind, liegt, daß es ihnen morgen schlecht gehen wird. »Ich wollte, mir wäre die Selig- keit so sicher, wie der Erfolg, den unser heutiger Sieg haben muß.« Aber auch, wenn die drei Verse verschwinden, paßt Ann’ A Toı nach oben gar nicht, und zu dem »ich will erfahren, ob er mich bezwingen wird oder ich ihn«, paßt wohl die Zeitbestimmung »morgen«, aber nicht Heniov Anıöntoc €c aYpıon. Damit ist gesagt, daß wir in 529—534 eine Dublette zu 523—527 haben, an sich gar nicht schlechtere Verse; aber daß jene allein nach unten gut anschließen, zeige der Augen- schein. “Enmomaı eYxömenoc' All T’ Ännoicin TE BEDIcın 527 EEZENAAN ENBENAE KYNAC KHPECCIGOPHTOYC 538 HenloY ÄNIÖNTOC Ec AYPION' Al TÄP Er@N WC 539 EIHN ABANATOC Kal ÄTHPAOC HMATA TIÄNTA, 541 WC Nn?n HmEepH Hae KAKON »Ereı APpreioicin. Es wird nun sehr kurz erzählt, daß die Troer Hektors Befehlen nachkommen, so kurz, daß man zweifeln muß, ob nicht die Erzählung zusammengestrichen ist”. »So saßen sie die Nacht über in gehobener ı “Enriomaı eYxömenoc Zenodot, EeYXxomAaı Enrriömenoc Aristarch. Die sklavische Aristarcholatrie bringt es fertig, dies zu verteidigen, also statt »ich hoffe, sie zu ver- treiben, indem ich zu Zeus bete,« ich bete, indem ich hoffe, sie zu vertreiben. B 597 CTEYTO EYXÖMENOC NIKHCEMEN ist eine von vielen Analogien. Der Sinn entscheidet; daß dem Vau sein Platz wird, kommt nebenbei heraus: das würde freilich nicht durch- schlagen. 2 Es wird über die Veranstaltungen in der Stadt (517—522) gar nichts gesagt, und wenn 547 Holz gesammelt wird, so befremdet, daß sich gleich anschließt KNicHNn A’ EK TIEAIOY ÄNEMOI $EPON OYPANOY EIcCw, denn KNIcH ist nie etwas anderes als der Duft der Speisen, die auf dem Feuer bereitet oder verbrannt werden. Bexker streicht den Vers; aber dann kommen die Leute gar nicht zum Essen und oi A& 553 schließt schlecht an, da das Subjekt dasselbe ist. Unsere Verszählung beruht auf der Ergän- zung der handschriftlichen Überlieferung aus dem Dialog Alkibiades II, die Barses vor- genommen hat. Der Verfasser des Dialogs gibt an, daß die Troer vor dem Lager kaimpierten (Emmayaın TiolelceAı, eine hellenistische Wendung; ich glaube, die Schrift ist in den ersten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts von einem Manne aus dorischem oder nordgriechischem Sprachgebiet verfaßt) und eine den Göttern unwillkoınmene Heka- tombe schlachteten. Das gehört hier nicht her, ist also aus einem kyklischen Epos; ein Sieg der 'Troer, der sie wieder vor das Lager brachte, ist mehrfach denkbar; Quintus VI 647 läßt sie nach einem Siege des Eurypylos dort AYnın eeceAal. Unsere Exzerpte der kleinen Ilias sind allzu kurz. Aber sehr glaublich ist, daß der Dichter von © hier wie in der Verfolgung Nestors durch Hektor die kleine Ilias benutzt. Unser Text des © aber ist unvollständig; der Hibehpapyrus, der © 53—65 so viel mehr enthalten hat, beweist, daß es vollere Reduktionen gab, wenn wir auch nicht genug 376 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Stimmung an dem Schlachtfeld' und brannten viele Feuer — folgt ein Gleichnis —; 1000 Feuer waren es, und im Scheine von jedem saßen 50 Mann’; die Pferde futterten neben den Wagen bis zum Sonnen- aufgang”. So hielten die Troer Wache; die Achäer beherrschte die aus den kleinen Fetzen gewinnen können, um zu sagen, ob die breitere Fassung den Vorzug verdiente. Es ist sehr wichtig, daß die Alexandriner mindestens am Schlusse des 8 einmal zu unrecht fortgeworfen haben, oder vielmehr Zenodotos hat den kürzesten Text, wie er es liebte, bevorzugt, und die beiden anderen haben ihn nicht ergänzt. Denn er hat die entscheidende Recensio gemacht, die nach ilım nur noch verbessert worden ist, wie ja im Altertum auf allen Gebieten der einmal gelegte Grund nicht mehr verlassen wird. Zenodot ist für Homer, was Aristophanes für Lyriker und Szeniker ist. Aristarch durfte nicht mehr recensui sagen, sondern nur recognovi, und erkannte das durch seine Zeichen, die auf Zenodot verwiesen, auch an. Dabei konnte er so viel leisten wie die, welche nach Lac#smann Catull Properz Lucrez herausgeben; um keinen Preis darf er es entgelten, daß in alter und neuer Zeit auch hervorragen(le Gelehrte sich sklavisch seiner Autorität gebeugt haben; Lacumann hat ja ganz Ähn- liches erfahren müssen. 1 ei TITOAEMOIO FESYPHI oder re®YPac ist überliefert; daß ein Zitat AnA aus Parallel- stellen hat, darf niclıt mitzählen. Den Akkusativ kann man kaum ertragen neben EATo; die resypaı TonemoY sind eine formelhafte Umschreibung für den Kampf, besser den Kampfplatz, Aloaoı TÖn »AnArron erklärt die mAaPAaocıc. Entstanden wird das so sein, daß die beiden lleerhaufen zwischen sich ein MmeTAIxMmion lassen, über das die TIPöMAxoI beim Angriff eine Brücke schlagen. Auf den Schlaelitenbildern der Ilias Ambrosiana sieht man es gut. Hier ist die reoypA eine, und an der, am Flusse neben ihr, lagern die Troer. Es ist die Ebene zwischen den beiden Festungen, Stadt und Schiffslager. 2 TIÄP A& EKÄCTWI EATO TIENTHKONTA CEAAI TIYPÖC AIBOMENOIO, SO die TTAPAAocıc; aber Zenodot las En A& EKACTWI, und ınan sitzt nieht an, sondern in dem Feuerschein. Wie so oft, hat sich die rraPAaocıc falsch entschieden, weil sie den legitimen lliat in der Diärese vor dem fünften Fuße nicht dulden wollte. eiato scheint mir am geratensten so zu schreiben, wie es lonier und Athener und ziemlich alle Griechen bis ins 4. Jalır- hundert geschrieben haben. Damit ist nicht präjudiziert, wie die erste Silbe zu spreelien war, die hier nicht einmal lang zu sein braucht. Wer aber meint, das könnte auch HaTo gelesen werden, kennt die ionische Schrift nicht; von attischer im Homer zu reden ist vollends nur durch Unwissenheit möglich. Erpeto H 434 für Hrpeto oder ArPEeTo zeugt nicht für MeTarpayYAmenoı, denn Y 287 wechselt ebenso noch in unsern Hand- schriften Arerpsen und Erepeen. 3 &YePonon HöA MIMNON, das ist eine alte Formel, in der die offene Form bewahrt ist, während hier sonst häufig HoYc kontrahiert stelit. Sie gehört der Odyssee an, I 48, P 597, © 319, T 342, dies der älteste Vers An&meina EYePonon HöA Alan. Natürlich ver- standen die Griechen später die Göttin auf sehönem Stuhle; daher kommt = 502 XxPY- cöeronoc 'Hoc vor, gebildet nach xPyYcöeronoc “HpH. Pindar gibt der Aphrodite und den Horen und den vergötterten Semeletöchtern das Beiwort eYeronoc; ob er sich diese Wesen sitzend dachte, ist doch fraglich. Wie kann das Morgenrot sitzen, auf das man wartet? Es scheint mir evident, daß nicht der erönoc, sondern die erönA gemeint sind, die X 448 Blumen sind, welche Andromache in ein Gewand webt. Die grammatische Gelehrsamkeit stelıt zu Theokrit 2,97, der das Wort wie Lykophron für ®APMmAKA braucht; so brauchten es die Ätoler, dagegen Thessaler und Kyprier wie Homer, die ersteren von eingewebten bunten Figuren (moıkiaaA IÖlA), die anderen von geblümten Gewändern. Bei Homer versteht jener Grammatiker P6aa. Was kann der PoAoAAKTY- aoc besser zukommen als schöne bunte Blumen, das zarte Gewölk, das ihre ersten Strahlen röten, oder auch ein buntes Gewand. W. Scaurze macht mich darauf aufmerksam, daß die Ushas in Rgveda suväsäh und ähnlich nach ihren schönen Gewändern heißt. von WıLamowrrz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 377 &yıa, die Gefährtin des kalten ®ösoc', auch die Tapfersten waren alle von schwerer Trauer getroffen — folgt ein Gleichnis —. Agamemnon ging schmerzbetroffen umher und trug den Herolden auf, die einzelnen ohne Lärm zur Versammlung (oder auf dem Sammelplatz; efc AropAn ist beides) zu rufen und war selbst am meisten geschäftig. Da versan- melten sie sich in gedrückter Stimmung, und er begann unter Tränen. « Mit der Schilderung der Achäer hat der Mann, der die Ilias auf 24 Bücher verteilt hat (ohne Frage Zenodot’) das | begonnen, für seine Zwecke ganz geschickt; aber ein Rhapsode wird hier schwerlich je innegehalten haben, und der Dichter hat mit vollem Bewußtsein die Stimmung der beiden Parteien parallelisiert. Dem dient am meisten das Paar der Gleichnisse. Der Stimmung der 'Troer entspricht die sonnenhelle Nacht, der der Achäer der schwere Seegang unter Nordwest- sturm (der Dichter rechnet natürlich mit seiner nordionischen Heimat)’. Denn daß die Gleichnisse so eingeführt werden, daß die Zahl der Feuer mit der der Sterne und der eymöc arizömenoc der Achäer mit dem von zwei Winden erregten Meere verglichen werden, zeigt nur, daß solche Verknüpfungen im Epos nicht mehr bedeuten, als eben die Bilder ein- zufügen, die der Dichter heranholte, um die Stimmung der Seele zu veranschaulichen, wofür ihm der unmittelbare Ausdruck versagte. Wer das nicht empfindet, nicht an der echten Lyrik empfinden gelernt hat oder besser aus dem eigenen Gefühle gegenüber der Natur nimmt, mit dem rechte ich nicht. Gerade in dieser Partie zeigt sich, daß der Verfasser des 8 den Ehrennamen eines Dichters trotz allem verdient. Den Agamemnon hat er bei seinem Auftreten weinen lassen, wie den Patroklos TT 3. 4; daß dem Könige, der reden will, eigentlich nicht wohl ein Tränenstrom über die Wangen rinnen kann, ist un- bestreitbar. Es korrespondiert aber mit dem glänzenden Auftreten 1 »YIa ist die Flucht, ein starker Ausdruck, META A&oyYc ®YrH. ®öBoc ist aber auch Flucht, und die beiden sind so ein schlechtes Paar. Wieder müssen wir sinnlicher den- ken als die Grammatiker. Die ®PYıA hält die Achäer, sie wird zur Person; der ®ösoc ist es ja auch sonst, als Diener des Ares; das ist ein Dämon, der ®6soc einjagt: er sitzt im Zentrum des hesiodischen Schildes 144. 2 Wir haben nun zwei Homerhandschriften aus der Zeit des Zenodot, die keine Bücher trennen, den Genfer Papyrus von AM und den Hibehpapyrus von XY (auch wohl H®, GrEnFert Hour S. 93); vielleicht kenne ich nicht alles. Dagegen kennt die TAPAAOocIc nur die nach den Buchstaben bezeichneten Bücher. Das zwingt zu dem Schlusse, der schon früher mit Sicherheit gezogen war, Hom. Unters. 369. ® 15 muß natürlich ebenso wie Y 195 BorpeHc im Versanfang bewahrt werden. BoPPAc ist ein Attizismus, den dem lonier aufzudrängen ein Hohn auf die Kritik ist, die sonst immer Attizismen vertreiben will. Daß die Ionier die beiden letzten Silben zusammenzogen, ist klar; wie sie die erste aussprachen, ist des Suchens wert; aber um die Aussprache handelt es sich allein. V. 7 ist Exeyan die richtige Lesart, nicht der Singular, denn die Winde, nicht die Woge, werfen den Seetang längs des Strandes aus. 378 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Hektors © 493—496, der sich auf seinen riesigen Speer stützt, dessen Erz und Gold funkelt. Diese Schilderung ist entlehnt aus Z 310, und da ist es prachtvoll, daß diese Trutzwaffe des Helden hervorgehoben wird, als er in das Gemach seines Bruders tritt, der sich die Schutz- waffen und den Bogen putzt. Sowohl im © wie im | hat Zenodotos die Schilderung des Redners nicht gehabt; das hat mich, wie ich ge- stehe, erst verführt, bis ich die parallelisierende Kunst des Dichters ebenso wie seine Abhängigkeit von anderen Iliasgedichten gleichermaßen erfaßte. Man darf jedoch nicht meinen, Zenodot hätte willkürlich selbst gestrichen, denn 23—31 hat er auch nicht gehabt, sondern statt ihrer einen knappen Übergang, und dadurch wird die ganze Rede Agamemnons unverständlich: so etwas wird niemand mit Absicht herbeiführen. Aga- nmıemnon sagt: »Ihr Fürsten, Zeus hat mich betrogen; er will, daß ich. mit Schanden heimziehe, er will es, der doch so manche Burg ge- brochen hat und noch brechen wird in seiner Allmacht!. Wohlan denn, fliehen wir, denn 'Troia erobern wir nie.« Ohne diese letzte offene Aufforderung ist die Rede inhaltsleer. Sie ist ganz und gar ein Auszug aus der großen Rede Bıro— 141, ja, man muß sagen, die ganze Erfindung stammt daher. Aber sie erfüllt ihren Zweck, und wenn 17 die Arreion HrATopec Aae meaontec an die Stelle der Hrwec Aanaol eerArrontec Aphoc, BIIO, getreten sind, so hat der Dichter mit’Be- dacht geändert, da ja Agamemnon durch persönliche Einladung nur die Arıcroı hat auf den Markt bescheiden lassen. Ebenso hat Aristarch 19 in dc TöTe men moı Yrrecxero eine bedachtsame Änderung des rpIn men in B erhalten: auf den allen Zuhörern bekannten Traum des B deutet dies röte. Also einerlei, ob entlehnt, die Verse passen her. Da kein Vornehmerer reden will, tut es Diomedes; er beginnt damit, daß auf dem Markte, also in der Beratung, ihm zustünde, dem Könige entgegenzutreten, und bittet ihn um Entschuldigung. Dann geht es aber mit ihm durch; er ist gereizt durch die ungerechten Vorwürfe der "ErimonHcıc, gehoben durch seine Arıcreia, erinnert an beides und weist den feigen Vorschlag entrüstet ab. »Fahre nur ab, deine eigenen Schiffe stehen ja dieht am Strande” (d.h. andere sind in die erste ! Mit Unrecht tilgen Aristophanes und Aristarch diese drei Verse 23—25. Es ist unbegreiflich, warum Zeus, der die Burgen zu brechen die oft bewiesene Macht hat, es diesmal nicht tut; aber er kann eben tun, was er will. Weil er doch sooft eine Burg gebrochen hatte, durfte Agamemnon einen solchen Erfolg hoffen. 2 43 nÄec A ToI Ärxı eanÄcchc EcTÄc’ Al ToI ErionTo MYKÄNHBEN MANA TIOANAI. Verkehrt streicht Aristarch den letzten Vers. Das Verbum ist gar nicht müßig, und die Unterscheidung der eigenen Abteilung von der ganzen Flotte noch weniger. Vorher ist EYMöc ETIECCYTAI ÜCTE NEeceAal gewiß »unhomerisch«, da öcTe nirgends so steht; aber nur die petitio prineipii einheitlicher Sprache berechtigt eine junge Konstruktion aus einem jungen Gedichte zu tilgen, wie Leurs Ar.? 157 will. von WıLAmowırz-MOoELLENDORFF: Über das © der Ilias. 379 Reihe aufs Land gezogen, O 654), fahrt alle ab: Sthenelos und ich bleiben hier, bis Ilios fällt: denn mit Gott sind wir gekommen. « Wieder ist der Parallelismus zu dem Schlusse in Agamemnons Rede deutlich, dem Schlusse »wir werden Ilios nie einnehmen« und die cyn vedı Ennnveötec sind die KHreccıeopHtoi des Hektor. Bewußte Kunst eines und desselben Dichters, bestimmter Stil zeigt sich durchgehends. Der Rede rufen alle viec Axaı@n Beifall; den Vers hat, wie wir sehen werden, derselbe Dichter schon H 403 gebracht, wo das ganze Heer versammelt ist'; hier sind es nur die Ärıcroı, aber da unter diesen auch die neoreroı sind (68), darf es passieren. Nun beginnt Nestor, macht dem Diomedes sehr kluge Komplimente, um sie gleich dadurch einzuschränken, daß er an seine Jugend mahnt’. Daher hätte er keinen positiven Vorschlag zu machen gewußt, was nun der Alte nach- holen will, und selbst Agamemnon sollte nichts dagegen haben. 63 »AoPHTWP ÄBEMICTOC ÄNECTIÖC ECTIN EKEINOC Öc TIOAEMOY EPATAI ETTIAHMIOO KPYÖENTOC' 4 AAN HA TOI NYN MEN TIEISWMEBA NYKTI MEAAINHI wir wollen essen und die Wächter sollen auf Vorposten ziehen. Das geht die Jungen an. Dann aber, Agamemnon, lade die rerontec zum Essen in dein Zelt; du hast die Mittel, sie zu bewirten, und da können wir uns beraten. Wir brauchen einen guten Rat; die Wachtfeuer des Feindes sind dieht bei den Schiffen; das macht bedenklich; NYZE A HA’ He AIAPPAICEI CTPATON HE CAWceI.« Fangen wir von hinten an. Der letzte Vers korrespondiert mit Hektors HMeEpH Hae KaKön eereı Apreioicn. Und so ist der ganze letzte Teil von Ann Atoı in schönstem bewußtem Parallelismus zu der Rede Hektors gebaut, Verordnungen über Verpflegung und Sicherung und, der ent- gegengesetzten Lage gemäß, Maßnahmen und Aussichten für die nächste Zukunft. Wer diese Reden von einander reißt oder ihre Symmetrie stört, spricht sich sein Urteil. Aber der Nestor, der mAnTA alizeraı, tut a das hier doch noch nicht; er fängt an, aber mit Ann’ A Toı biegt er ab. 2 H 382 findet der troische Herold die Aanaoi eepAriontec “ArHoc in der Ver- sammlung, also gerade der Ausdruck des B steht da, den der Dichter I ı7 geändert hat. 385 muß demnach die Anrede erkn#miaec Axaiol lauten, nicht Arıcrliec TTANAxAIÖn. Zwischen Varianten haben wir freie Wahl. 2 58 Diomedes könnte Nestors jüngster Sohn sein, örAöTATocC renehein; hier sind deren also ımehr als die beiden, die in der llias allein genannt werden, öfter allein vor- handen gedacht sind. Aber in der Odyssee hat er zahlreiche Söhne und wenn er K 170 sagt EICIN MEN Mol TTAlaec ÄMmYMonec, die er schicken könnte, so hat er mehr als zwei, denn den Thrasymedes, der auf Vorposten war, konnte er nicht schicken. Sicherlich werden unter den pylischen Geschlechtern Ioniens, z. B. in Kolophon, manche ihren Adel aur manche Nestorsöhne zurückgeführt haben. 380 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Doch das haben die Erklärer BT gut erklärt, er will nicht hier, son- dern nur vor den rerontec dem Agamemnon seine bitteren Wahrheiten sagen. Das bezweckt sein zweiter Vorschlag; wie er den König teils begütigend, teils bevormundend leitet, möge jeder sich überlegen, ehe er dem Dichter Übles nachsagt. Notwendigerweise mußte aber Nestor, ehe er abbog, die Richtung andeuten, in der das rernoc myewn lag. Das leistet die Sentenz, gerade so von fern andeutend, wie es herpaßt; aber die Modernen möchten sie auswerfen. »Wer nach Kampf in der eignen Gemeinde strebt, der scheidet sich selbst von Sippe, Recht und Haus.« Wenn das hier so allgemein gesagt wird, so ist jemand da, der dies für ihn selbst verderbliche Streben hat, oder doch, der sich davor hüten soll. Das kann nur Agamemnon sein; sein Handeln, die Vergewaltigung des Achilleus, muß als Streben nach &miakmioc T1ö- nemoc ausgelegt werden. Gewiß paßt das nicht genau; es macht den Eindruck, ein gewaltsam hergeholter Spruch zu sein!'. Nun, daß der Dichter fremdes Gut braucht, wissen wir; hier aber entschuldigt ihn die Verwendung hinlänglich: sobald es eine bekannte Sentenz ist, braucht sie nur so weit zu passen, daß verstanden wird, worauf sie zielt, wenigstens von dem Betroffenen verstanden. Vor allem aber, die Verse füllen ihren Platz: gut oder schlecht sind sie ganz unent- behrlich. Wenn man sie nur läßt wie sie ist, sagt die Rede Nestors genau so viel wie er hier sagen wollte und mußte, und in der an- gemessenen andeutenden Weise. Die Fortsetzung folgt im Zelte Aga- memnons nach dem Essen; denn ganz kurz wird abgetan, daß der König alles tut, wie der Alte verlangt hatte, auf dessen ersten guten Rat ausdrücklich verwiesen wird’. Die zweite Rede brauche ich nicht zu analysieren: es ist deutlich, daß sie bereits ganz zu den Litai ge- hört und deren Stil zeigt. Damit ist denn ausgemacht, daß der Dichter des © die Litai vorfand, zu ihnen überleiten wollte, also einfach ge- zwungen war, (dieser Nestorrede eine andere, also auch dieser Ver- sammlung im Zelte eine andere vorauszuschicken. Jede Erwägung, ! ekeinoc ist eine unionische Form, nur selten, wie Aristarch zugibt, um des Verses willen gebraucht; daß sie gerade jünger wäre, kann man nicht sagen. Anclhı Alkman hat sich eine dreisilbige Forın des Pronomens gestattet, die seiner Mundart noch. viel fremder war. Andererseits ist ein offener Genitiv in ErtlAHMIooO KPYÖENTOC erhalten, erhalten sage ich, denn hier ist die Lesung der Grammatiker emAaHmior ÖkPpydentToc ja wirklich nur falsche Deutung; attische oder ionische Schrift, sechstes oder viertes Jahrhundert, ist dafür einerlei. Der Fehler kehrt Z 344 wieder; die Stellen sind unabhängig. Es ist ein Ruhm für Pıyxe Knicer, daß er so etwas vor hundert Jahren durchschaute; jetzt muß es jeder tun, der griechische Schrift lesen kann; es reden freilich viele über Homer, die das nicht lernen woilen. 2 92—95 = H 323—326; dort geht kein guter Rat vorher, sind die Verse aber auch Werk eines Interpolators: der Dichter selbst konnte sich nicht so gedankenlos abschreiben. a u, von WıLamowrrz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 381 daß die doppelte Beratung besser zusammengezogen wäre, und vollends alle Streichungen scheinbarer Dubletten fallen hin, sobald man be- griffen hat: der Diehter des © arbeitet im Hinblick auf die Litai, die er aufnehmen will. Am Schlusse des I, als die Gesandten über Achills Weigerung berichten, tritt Diomedes wieder auf, 693ff., genau in derselben Weise wie im | (und H, wie wir sehen werden), zum Teil mit denselben Übergängen: unverkennbar ist das dieselbe Mache und desselben Dichters Hand. Er hat eben die Litai in seine Dichtung aufgenommen, und wenn danach Diomedes den Agamemnon mahnt, morgen das Heer vor den Schiffen aufzustellen und selbst in erster Reihe zu kämpfen, so leitet er zum A über, zur Aram&mnonoc Apıcteia. Wir haben einfach zu lernen, daß es zu seinem Stile gehört, dieselben Verse und dieselben Übergänge zu verwenden. Nun zurück zu der Aussetzung der Vorposten, | 79—88, die der Fürsorge Hektors für die Stadt, © 517 — 22, entspricht. Der Dichter hat möglichst kurz sein wollen; daher setzt er voraus, daß die sieben Kompagnien feste Abteilungen des Heeres sind, die ohne weiteres durelı den Befehl an ihre Führer in Aktion treten. Das zeigt schon Nestors Wort 66 »vnAKTÄPec A& EKACTOI AEZÄCEWN TIAPÄ TA®PÖN ÖPYKTHN TEIXEOC EK- Töc. Nur wenn es die Abteilungen bereits gibt, kann &xacroı stehen‘, und auch die Führer müssen bekannt sein, wenn sie mit KoYPoIcin MEN tagt” Eerirennomaı hinreichend bezeichnet sind. Sie marschieren denn auch 79 ab; die sieben Führer werden benannt, ihre Zahl und die Stärke ihrer Abteilungen angegeben. Es sind exatoctyec. Alles in der Ordnung; wir werden nieht pedantisch sein und fragen, wie sie bei der Verwirrung des geschlagenen Heeres so rasch ihre Leute gesammelt haben. Überlegen muß man sich nur, wie sie in dieser Versammlung sein können, worauf die Antwort ist, daß sie eben als Offiziere zu den Arıcroı gehören. Anderseits kann man fragen, wie Diomedes trotz seiner Jugend zu den rerontec gehören kann, die Agamemnon in sein Zelt ladet, worauf wieder die Antwort ist, daß dieser Titel den Rang, nicht das Alter bezeichnet. Der Dichter wird im Leben einen Rat gekannt haben, in dem mehr das rerac als das rArac die Teilnahme begrün- dete; in Sparta ist ja auch aus der repwxia erst die rerovcia geworden; übrigens will ich nichts dawider haben, wenn jemand lieber meint, der Dichter hätte sich den Widerspruch nicht klargemacht, da ja ein Kriegsrat ohne den tapfersten Helden undenkbar war. ! Danach muß 86 TIeenTo A& AöPrA EracTtoı stehen, handschriftlich nicht stark bezeugt, aber Lear hat es mit Recht aufgenommen, und daß Aristarch so hatte, darf man glauben, da AöPrA für ihn bezeugt ist. EkAcToc ist so schlecht wie Aöpmon; Ze- nodot hatte mit AAlTA eAnelan etwas ganz Unbrauchbares. 382 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Von den sieben Hauptleuten' erscheinen 'Thrasymedes und Me- riones im K; Aphareus, Deipyros, Askalaphos stammen aus den N 476, 541, 576. Zu dem letzten ist sein Bruder Ialmenos getreten, den wir nur aus dem Schiffskatalog B512 und dem Peplos ı9 kennen. Von einem Sohne des Ares aus Orchomenos hat es natürlich Sagen ge- geben, die uns nur nicht mehr vorliegen’. Lykomedes endlich kehrt in T 240 wieder, wo die Abteilung der koYpHTec, wie sie dort heißen, ebenfalls in Aktion tritt. Irgendein Zusammenhang besteht zwischen den Stellen, aber er ist nicht unmittelbar durchsichtig. Es versteht sich von selbst, daß die Vorposten hier nur ausge- setzt werden, weil sie im K in Aktion treten, also Nestors Rede und die Dolonie in dasselbe Gedicht gehören, denn daß die Aussetzung der Vorposten kein späterer Zusatz in ihr ist, hat sich gezeigt. Also ist es niemand anders als der Diehter des ©, der sowohl | wie K in sein Gedicht aufgenommen hat, nur mit diesem und in diesem sind sie erhalten. Denn daß sie beide nicht sein Werk sind, sondern jedes einen sehr charakteristischen besonderen Stil hat, bedarf keiner Aus- führung. Der Nachdichter hat nur hier ganze Gedichte übernommen wie sonst überall Verse und Versreihen; aber alles machte er damit zu seinem Eigentume. Das gilt für K genau so wie für I; keine Rede da- von, daß die Dolonie zu der Ilias selbständiger stünde als ein anderes Buch. Wenn ihr schon ein Gelehrter des Altertums angesehen hat, daß sie als Einzelgedicht verfaßt war, so soll dieser Mann alle Ehre haben, aber für seine Einsicht; was er uns gibt, ist eine Vermutung, die wir ebenso machen, hier wie anderswo, z.B. gleich bei den Litai. Aber weil es ein alter Grammatiker gesagt hat, erfreut sich die Aus- sonderung der Dolonie besonderer Anerkennung, so daß sie oft für Jünger als das übrige gehalten wird. Das ist falsch; da der Dichter des © sie aufgenommen hat, ist sie notwendigerweise älter als dieser. Es ist ja auch ganz unberechtigt, Differenzen in Stil und Sprache immer durch den Altersunterschied erklären zu wollen, als ob nicht die Herkunft des Dichters und der Ort, wo er lernte und wo er tätig war, ganz ebensogut solche Differenzen hervorrufen konnten. Also es ist einmal ein Dichter gewesen, der wollte die beiden Einzelgedichte Litai und Dolonie in die Ilias aufnehmen — sagen wir einmal so, da wir ja schon wissen, daß er auf BAE€E Bezug nimmt, ı H 339 steht eine Variante, die der Mauer rıYaAc Erıt’ AraPYlac gibt; 438, wo der Vers wiederkehrt, fehlt sie. eY Ärarylac ist wohl wirklich echt und die Zahl nach den Kompagnien der Wächter eingesetzt. ®2 Darauf, daß er in der apollodorischen Bibliothek unter den Freiern Helenas und unter den Argonauten, bei Quintus im hölzernen Pferde erscheint, möchte ich nichts geben. von WıramowrrZz-MoELLENDORFF: Über das © der Ilias. 383 durch die Litai auf den Inhalt von A, daß er A mit einbezog, Z und N kannte; weiteres wird bald zutreten. Erst durch die Aufnahme von | und K wird für die Ilias eine erste Niederlage der Achäer vor dem Tage, der mit A beginnt, notwendig. A weiß nichts davon; aber in I und K lagern die Troer siegreich vor dem Schiffslager. Man lese | 237—246 nach: da wird man in frischer Ursprünglichkeit die Situation kurz geschildert finden, die am Schlusse von © der Nach- dichter ausgeführt hat. | und K selbst zeigen, daß den Dichtern und dem Publikum als Tatsache bekannt war, die Troer hätten einmal das Achäerlager ihrerseits belagert. Auch im C 259 wird darauf Be- zug genommen, und zwar so, daß niemand denken kann, das Troer- heer hätte nur die eine Nacht biwakiert. Aber in unserer Ilias wird es nur im © erzählt und die damit gegebene Niederlage der Achäer ebenfalls. Folglich müssen wir prüfen, ob diese Niederlage ein Werk des Nachdichters ist, dessen Art wir nun einigermaßen kennen, oder ob etwas Älteres zugrunde liegt. Der entscheidende Erfolg der Troer steht © 335—349. »Zeus gab den Troern wieder Kraft, so daß sie die Achäer auf den Graben zu drängten. Hektor blieb den Fliehenden immer auf den Fersen, wie der Hund, der ein Wild hetzt', und erschlug immer den, der am weitesten zurückblieb. Und als sie unter vielen Verlusten über Graben und Palisaden gelangt waren, hielten sie sich bei den Schiffen auf, die Götter um Hilfe flehend’ "EKTWP A’ ÄMBITIEPICTPWPA KAANITPIKAC ITITTOYC Forro?c OIMAT &xun He BPoTonoIro? "APHoc”.« ! Hektor wird mit einem Hunde verglichen; das schließt nicht aus, daß hinter dem Eber oder Löwen eine Meute jagt, wie das der Natur entspricht, denn die Troer sind die Meute, von der der beste Hund dicht hinter dem Wilde bleibt, an dessen Hinterteil hochzuspringen versucht und aufpaßt, sooft es einen Seitensprung macht, einen Haken schlägt, wie man vom Hasen oder Fuchse sagt. Die Tierfriese der grie- chischen Malerei des 7. Jahrhunderts illustrieren das Bild, das der Dichter gibt; er wird sie vor Augen gehabt haben. Zuzugeben ist, daß Löwe und Eber nicht gut passen, namentlich der erste, der schwerlich gehetzt ward. Da wird der Scholiast BT recht haben, der annimmt, daß der Dichter die Achäer nicht mit Hasen oder Rehen vergleichen mochte. 2 342—-345 scheinen nach O ı—3 gemacht; 345—347 kehren O 367—369 wieder, aber in einem ganz ungeschickt eingeschobenen Stücke, das den Nestor im Hinter- grunde der Schlacht einführen will, um den Faden vom zweiten Teile des A über den Anfang des £ zur Patroklie zu spinnen. Dieses Stück benutzt das 8, O 376 = ® 244. Es kann aber sehr wohl erst nach den Verbindungsstücken in A und £ eingelest sein; O 367—380 läßt sich ebenso glatt ausscheiden wie O 659—673, wo Nestor die- selbe Rolle spielt, und dies muß unbedingt fallen. 3 FoProfc oIMAT’ &xwN ist uns nur durch Aristarch erhalten; die rmelcTaı TON AHMWAGN hatten wie Zenodot und unsere Handschriften OMMATA, begreiflicherweise, da man nur noch an den bösen Blick der Meduse dachte. Aber das oima oder die 384 Sitzung der philosophisch-historischen :Classe vom 21. April 1910. Damit ist ein dauernder Zustand erreicht; die Achäer wagen sich nicht mehr vor, Hektor aber fährt zwar vor der Befestigung hin und her, bedroht sie also, aber er greift sie noch nicht an. Wir müssen er- warten, daß dieser nächste Akt folgen werde. Aber der Dichter wech- selt den Schauplatz. Auf dem Olymp (der Ort ist nieht angegeben; das ist auch nicht nötig, falls nur die frühere olympische Szene 199 in denselben Zusammenhang gehört) bestimmt Hera die Athena, den Achäern zu Hilfe zu kommen trotz Zeus; sie fahren auch ab, aber Zeus schiekt ihnen Iris; sie gehorehen seinem Verbote, kehren um, und er bedräut sie noch persönlich, 397—484. AS5 EN A’ Errec’ WKEANÜI AAMTIPÖN ®Aoc Henlolo ENKON NYKTA MENAINAN EIT| ZEIAWPON APOYPAN’ TPwciIn MEN P’ AEKOYCIN EAY »Aoc, AYTÄP AxaAloic ACTTACIH TPIANICTOC ETIHAYBE NYE EPEBENNH' Mit diesen prachtvollen Versen' wird die könoc mAxH abgebrochen; es ist nichts weiter passiert, seit Hektor vor dem Graben hin und her fuhr. Wie lange das gedauert hat, wie das Gefecht von beiden Par- oimAaTA (TT 752, ® 252)- passen allein auf den Hektor, der längs des Grabens fährt, Wenn aber die Gorgo ein olma haben soll, so hat der Dichter die Gorgonen oder Keren oder wie man sie sonst nennen will vor Augen. welche die archaische Kunst im Laufschema als Verfolgerinnen -bildet, eben als Gorgonen gern hinter Perseus lıer: Wer an die denkt, findet das Bild prachtvoll. Ares ist zugefügt, obwohl der keine besondere Gangart hat. O 605 MmAineTo A’ bc ÖT’ “Aruc Eerxecnanoc A ÖnoöN TIYP zeist auch den Krieg, der in Ares eine Person ist, aber keine sinnlich anschauliche, der also wieder ein sinnlicheres Bild, hier ein elementares, zur Ergänzung neben sich erhält. ! Roserr, Studien zur Ilias 133 »Der Einbruch der Nacht wird 485—486 er- zählt, aber die folgenden Verse, so gut sie in den Zusammenhang passen, können wegen des verkürzten Dativs Axaiolc nicht für die Urilias in Anspruch ‘genommen werden. Zwischen 486 und 489 fehlt also einiges». Mit Schlüssen dieser Art wird ein Stück Urilias rekonstruiert A 264—574, © 485. 486, Lücke, | 80—83, Lücke, © 489 bis 511, 517—527, 542—549, 553. 554, Lücke, £ 9—ı3, Lücke, 27—29, 4I, 42. 43 zu einem umgedichtet, 44—48, 52—54, 61—63, | 16—22, E 69—74, | 27 usw. Es wird genügen, neben den Grundsatz, daß der gute Zusammenhang eine Überlieferung nicht sichert, dieses Ergebnis zu stellen; ich kann es nicht anders nennen als einen Cento mit Löchern. Alle diese Verse gehören in Wahrheit, wie seit Kayser und LacH#- mann anerkannt war, zu den jüngsten Stücken der Ilias. Gleichwohl lassen sie sich äüolisieren, wie der Erfolg zeigt. Dann zeigt er eben, daß dieses Experiment wertlos ist. In Wahrheit sind es übrigens keine äolischen Verse geworden, denn die lesbische Metrik zählt bekanntlich die Silben und kennt keine Zusammenziehung zweier Kürzen, außer wenn sie die ionischen Hexameter Homers nachbildet. Da mir diese jetzt wohl notorische Tatsache vor 25 Jahren ebenso bekannt war wie heute, habe ich die Xolisierung Homers seit ihrem ersten Aufkommen niemals ernst genommen. Das © erklärt Roserr S. 167 in der Ausdehnung 1—488 für ein einheitliches Einzellied; man könne es ohne Störung der Komposition herausschneiden, bis auf den Schluß, das Biwak. Ja, wie können denn die Troer vor dem Schiffslager biwakieren, die Achäer den Achilleus um Hilfe bitten, wenn die Schlacht des 8 fehlt? Für das große Epos unentbehrlich, ist ein solches Verbindungsstück als Einzellied einfach undenkbar. er _‘ von Wıramowr1z-MoELLENDORFF: Über das © der llias. 385 teien zuletzt geführt ward, erfahren wir nicht. Das wird durch den Hilfszug der Göttinnen verdeckt, mag der auch das Schlachtfeld nie erreicht haben. Der Szenenwechsel ist also sehr überlegt eingeführt; der Hörer wird nicht fragen, was auf Erden mittlerweile passiert, wenn vorher ein Dauerzustand angegeben ist und nachher die Nacht hereinbricht: es ist dann eben nichts bemerkenswertes weiter passiert. Aber ein Dichter, der so geschickt mit der Handlung auf zwei Schau- plätzen zu wirtschaften versteht, verfügt über eine Technik, die z. B. im A noch nicht erreicht ist, wo die eine Handlung stillsteht, während die andre erzählt wird. Kein Zweifel, daß © 335-——483 in einem Zuge mit dem Folgenden so gedichtet ist, wie wir es lesen, und niemals anders existiert hat. In diesen Versen gibt Zeus die Zukunft des folgenden Tages! an, korrelat zu den Hoffnungen des Hektor, morgen die Achäer zu ver- nichten und der Weisung des Diomedes | 706—709, daß die Achäer wieder vor das Lager rücken sollen, Agamemnon an der Spitze. Zeus sagt, Hektor werde nicht eher haltmachen, bis Achilleus sich erhöbe 475 HMATI TOI OTAN Oi MEN Em TIPYMNHICI MÄXWNTAI CTEINEI EN AINOTATWI TIEPIL TIATPÖKAOIO BANÖNTOC. Das gibt wirklich die Handlung des nächsten Tages an, an dem Patroklos fällt und Achilleus eingreift; aber es gibt sie nur im all- gemeinen an, ohne Beziehung auf eine bestimmte Stelle, ja sogar insofern anders, als C 232 die Leiche des Patroklos nicht bei den Schiffen: liegt, sondern jenseits des Grabens, von dessem Rande aus Achilleus seinen: Schlachtruf ertönen läßt. Aristarch hat auch bean- standet, daß #martı Töı sich nicht gut und wider den gewöhnlichen Gebrauch auf den nächsten Tag bezieht. Hierauf ist zu erwidern, daß Zeus viel größeren Eindruck macht, wenn er in orakelhafter Un- bestimmtheit dem Siege Hektors kein Ziel fixiert, vollends nicht so nahe, wie es wirklich war. Und weiter ist zu bedenken, daß der Diehter des ©, der das C nicht verfaßt hat, auf’ Hörer rechnet, welche zwar die Geschichte aus dem Epos, sagen wir aus C, im Gedächtnis haben, aber doch im allgemeinen, so daß sie nicht anstoßen, wenn die »fürchterliche Enge« zwischen den Schiffen, in welcher die Achäer von N bis TT kämpfen, mit ihren Kämpfen um die Leiche außerhalb des Grabens zusammengezogen wird. Ich halte es also für möglich, ! Höchst bemerkenswert, daß Zenodot 470 AAc statt HoYc las; Aristarch ver- warf es nur als'unhomerisch, kannte es also als griechisch, ohne Zweifel böotisch, wie es im Hesych verzeichnet steht. Da hat also AA neben Awc bestanden. Der Epiker hat gewiß hier wie 525 AoYc gesagt; aber wie kam in einen llomertext, den der Ephesier Zenodotos zugrunde legte, ein böotischer Provinzialismus? 386 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. daß der Dichter des 8 unser C las, d. h., ich halte seine Worte nicht für so schwerwiegend, daß ich auf sie hin eine andere Fassung des C forderte. Wie es in Wirklichkeit war, bleibt zu suchen. Hier genügt, daß das © bleibt wie es ist, daß es aber bis auf das Eingreifen des Achilleus hindeutet. Der Konflikt des Zeus mit den beiden Göttinnen ist dadurch her- vorgerufen, daß er ihnen verboten hatte, an dem Kampfe auf Erden teilzunehmen. Also gehört die Eingangsszene des ©, in der Zeus dieses Verbot erläßt', mit dieser späteren Szene zusammen. Also werden wir erwarten, daß auch was dazwischen liegt, dazu gehöre. Und in der Tat zeigt schon die Durchführung einer Doppelhandlung auf dem Olymp und auf Erden den einen Dichter, und die abgerissene Erzählung derselben den Dichter, den wir kennen. Zeus ist vom Olymp auf den Ida gegangen und beobachtet die Schlacht. Bis zum Mittag hat diese ohne Entscheidung hin und her gewogt (8 53—68; dies die Partie, die im Hibehpapyrus in breiterer Fassung vorlag); da be- fragt Zeus das Schicksal. Er setzt zwei KArec eanAToıo, eine für die Troer und eine für die Achäer, in eine Wage; pere A’aicımon Amar Axaıön”. Was sinkt, ist äußerlich die eine Ker; dafür steht, was sie bedeutet, »der der Aaica entsprechende Lebenstag«. Zeus vergewissert sich darüber, was geschehen muß; auf das eecoAaton beruft er sich auch 477. Zu seiner Befragung eines Orakels bedient er sich der KfPpec; das sind die Todesdämonen, die wir aus der Poesie, besser noch aus der alten Kunst kennen’; sie stehen nicht in einem inneren Ver- hältnis zu einer Person oder Partei, sondern Zeus gibt ihnen für seine Befragung der Zukunft diese Bedeutung. Der Dichter des © hat seine Kerenwägung aus dem X entlehnt, wo Zeus das Schicksal befragt, ob nun Hektor fallen müsse. Da sind es also Todeskeren für die beiden Helden, die um Ilias laufen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Keren schlechter zwei Heere als zwei einzelne Kämpfer bezeichnen sollten; nur ı 28—40, eine Widerrede Athenas, der Zeus mit unbegreiflicher Nachsicht ant- wortet, ist von Aristarch, vielleicht schon von Zenodot, mit Recht ausgesondert. Daß es fast lauter entlehnte Verse sind, schlägt nicht durch, wohl aber die Zerstörung der Wirkung, die sowohl die Drohungen des Zeus, wie das Schweigen der Götter, wie die Fahrt des Zeus auf den Ida macht. Auch ist die Absicht des Interpolators klar: Athena behält sich vor, den Achäern mit Rat zu helfen; das tut Hera 2ı8. Hätte der Dichter dafür eine Entschuldigung nötig befunden, so würde er sie der Hera in den Mund gelegt haben. 2 73. 74 hat Aristarch mit Recht entfernt; sie sind unbedacht nach dem ver- fertigt, was im X steht, aber hier nicht verwendbar war. ® In der Fassung des Hibehpapyrus folgten auf 65 die Verse C 535— 537, er- schien also die Ker in der Schlacht unten dicht vor der himmlischen Szene, in welcher Zeus zwei Keren braucht. Schwerlich war das original, vielmehr kamen einem Rhap- soden durch die Keren die Verse des C ins Gedächtnis. von WıLaAmowrrz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 387 das aicımon Hmap paßt allein genau auf den einen Helden, der wirklich stirbt, wirklich seiner Ker verfällt. Das beweist aber nur, daß die Entlehnung einer Versreihe auch üble Folgen hat. Eine Psychostasie wäre freilich für zwei Heere nicht denkbar; aber die Umbildung des Aischylos oder seiner epischen Vorlage hat doch weder für das X noch für das © Bedeutung, und die Sucht der Modernen, die in allem, was kreucht und fleucht, Seelen finden, kann vollends nicht ent- scheiden. Die metaphysische Spekulation, wie sich die Allmacht des Zeus zu dieser Befragung des Schicksals verhielte, hat die Dichter nicht beunruhigt. Sie wissen, was geschehen ist: weil es geschah, mußte es geschehen, mußte Zeus es nicht nur geschehen lassen, son- dern herbeiführen. Aber sie hatten den Zeus so dargestellt, daß ihm leid tat, was er herbeiführen mußte: er liebte den Hektor, und der Dichter des © wollte zum Ausdruck bringen, daß er auch die Achäer liebte. Darum erfinden sie etwas, was dem Zeus die Gewißheit gibt, nur hülfe es nichts, er müßte geschehen lassen was geschehen mußte. Damit ist kein blindes Schicksal erfunden. das neben und über den Göttern stünde, sowenig die entsprechenden Auslassungen der Tragiker zu der wahnschaffenen Theorie der Schicksalstragödie Berechtigung geben. In beiden Fällen findet sich der Dichter nur damit ab, daß das, was nun mal eingetreten ist, auch von keinem Götterwillen um- gestoßen werden konnte. Der Dichter des © also, nicht ein unvorstellbarer Interpolator, läßt den Zeus, obgleich er die Niederlage der Achäer längst voraus- wußte und wollte, doch erst einen halben Tag zögern und dann sich noch erst durch ein Orakel bestätigen, daß es Zeit ist, das Unvermeid- liche zu tun. Dann greift er ein; sein Donnern und Blitzen zwingt selbst die vornehmsten Helden zur Flucht: sie handeln unter Zwang, sind also moralisch entschuldigt. Nestor gerät in Gefahr; Dimedes, vom A bis zum | immer der Hauptheld, rettet ihn nicht nur, son- dern tritt dem Hektor entgegen und erschlägt dessen Wagenlenker. So stellt die Kraft des einen Achäerhelden trotz dem von Zeus ge- sandten Schrecken die Schlacht nicht nur her, sondern er würde die Troer in ihre Stadt gejagt haben wie Schafe in ihre Hürde, wenn nicht Zeus ihm einen Blitz dicht vor den Wagen geschleudert hätte, und auch dann weicht er erst den Mahnungen Nestors, und Zeus muß seinen Donner noch mehrfach wiederholen. Damit bekommt Hektor Oberhand und träumt sich schon an den Schiffen; die will er ver- brennen und die Achäer noch heute abend zur Abfahrt zwingen. Die Flucht des Diomedes über den rettenden Graben übergeht der Dichter, indem er eine olympische Szene einlegt; Hera möchte den Poseidon zum Eingreifen bewegen, wird aber abgewiesen. Mittlerweile sind die Achäer Sitzungsberichte 1910. 33 388 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. hinter den Graben zurückgedrängt, und Hektor würde die Schiffe verbrannt haben, wenn nicht Hera dem Agamemnon eingegeben hätte, die Seinen zum Widerstande zu mahnen und Zeus um Erbarmen an- zuflehen. Damit erzielt er ein günstiges Vogelzeichen, und die Achäer gehen wieder über den Graben, Diomedes voran. Man soll sich durch manche Anstöße in einzelnen Versen und befremdende Einzelzüge' nicht stören lassen, denn sie können die Hauptsache nicht beeinträchtigen. Hier ist überall derselbe Stil, hastig, zuviel fortissimo, im einzelnen unfrei, immer etwas xkönon. Der Par- allelismus zwischen Hektor und Diomedes, die beide nur durch das Eingreifen der Götter an dem vollsten Erfolge verhindert werden, ist unverkennbar, ganz wie nachher in den Reden Hektors und Nestors. Wie Hera erst helfen möchte, dann aus der Ferne wirkt, endlich per- sönlich eingreifen will, das ist berechnete Steigerung. Zeus muß sich freilich einmal umstimmen lassen, damit die Achäer nicht zu stark erliegen: das zeigt aber am meisten, daß er der eigentliche Akteur ist und durch das ganze Buch bleibt; es zeigt auch seine heimliche Neigung für die Achäer. Zu erzählen wußte der Dichter eigentlich nichts; ihm war eben nur das Ziel, Niederlage der Achäer, gegeben, und die Sympathie für diese ließ ihn das Mißgeschick nicht so aus- führen, daß einzelne sich unrühmlich betrügen. Wenn die Modernen sich daran stoßen, daß Odysseus auf Nestors Bitten nicht hört (als Folie für Diomedes*), so werden die Ionier noch weniger geneigt ge- wesen sein, neue Geschichten zu hören. die ihre Heroen bloßstellten. So sehen wir diese denn nur dem direkten Zwange des Zeus nach- geben; wo aber eine einzelne Handlung erzählt wird, gereicht sie ihnen zum Ruhme. Das ist hier die Rettung Nestors durch Diomedes; aber gerade diese ist bekanntlich der schönen Szene der kleinen Ilias nachgebildet, die wir durch Pindar (Pyth. 6 mit Scholien) kennen. Also die Abhängigkeit dieses homerischen von einem kyklischen Ge- dichte steht fest. Wie weit die Entlehnung aus der kleinen Ilias über das Motiv hinausging, können wir nicht sagen; nach der Art des ! Dazu rechnet man, daß im Lager ein Altar des Zeus mANomsAloc stelt 250; dabei ist nur zu notieren, daß der Dichter aus einer Zeit stammt, die solche Weihungen mit einer besonderen £rmikaHcic bereits kannte; mit Reclıt setzt Aristarch ein aimaA und erklärt, es wäre eine Singularität und kein Epitheton perpetuum, Kaeonıkön. Es könnte einen Anhalt für die Heimat des Dichters abgeben, wenn wir die EmikaHcic irgendwo fänden. Ähnliches verzeichnet Rogerr, Myth. 142, z. B. aus Erythrai. ® Odysseus ist schon in dem späteren Epos zuweilen mit Gehässigkeit behandelt, was dann die Tragödie aufnimmt, als MAInömenoc, gegenüber Palamedes und Aias, na- mentlich beim Palladionraub, wo ihm wieder Diomedes gegenübersteht. Es ist wichtig, daraus abzunehmen, daß die Odyssee damals keineswegs kanonisches An- sehen besaß. “ ur von WırLamowrrz-MoELLENDORFF: Über das © der Ilias. 389 Diehters kann sie sich auch auf die Worte erstrecken'. Wenn Hektor hier weiß, daß Nestor einen goldenen Schild hat, Diomedes einen Panzer, den Hephaistos gemacht hat, so kann das erste schon dort gestanden haben, der Panzer, den dort Achilleus tragen mußte, auf Diomedes übertragen sein; aber was ist auch Wunderbares daran, wenn der Dichter des © selbst so etwas erfunden haben sollte? Freude hat er an den Rossen; er stellt die troischen, die Diomedes tags zuvor in € erbeutet hat, über die des Nestor: die Bedeutung des Nuanıoı ro? ist vergessen. Auch die troischen Rosse Hektors werden hier und nur hier besonders hervorgehoben, und das Seltsame berichtet, daß sie von Andromache Weizen und Wein vorgesetzt erhielten. Athe- tese schiebt es nur auf einen anderen Unbekannten. Weizen ist be- reits Übertragung menschlicher Nahrung, denn Pferde bekommen Gerste, auch hier 564; Weizen findet sich aber auch K 569. Davon ist der Wein eine Steigerung, die der Verfasser sich erlaubt hat, da ja die göttlichen Pferde auch Amsröcıon eiaar erhalten (€ 369, N 35); die des Thrakers Diomedes fraßen Fleisch. Dagegen haben die Grammatiker wohl mit Recht die Eigennamen der vier Pferde Hektors als Zusatz eines Rhapsoden entfernt, der die folgenden Duale nieht mehr ver- stand und ein Viergespann nach der Sitte seiner Zeit einführte. Auch die Form, zumal des cv, haben sie mit Recht beanstandet, und was will das Fliekwort ale in dem Verse ZAnse TE Kal cY Tlöarrpre Kal Alewn AAmne TE Ale. Alle Namen sind geborgt, nAmmoc aus der Odyssee, und zwar einem ihrer allerspätesten Zusätze v 216; daß zwar die Morgenröte ein Pferd »Lieht« haben kann, aber kein Mensch, hat der Rhapsode nicht ge- fühlt®. ! Nestors Diener Eurymedon, der hier 114 als bekannt neben Sthenelos (naclı €) eingeführt wird, mag eher daher stammen als aus A 620, das ihn als bekannte Figur verwendet. 2 Stammend von Poseidon oder vom mitleidlosen Herrn der Unterwelt, was dasselbe ist. Panionion? 29. 3 Roserr (Mel. Perrot 305) hat den Vers retten wollen, weil eine korinthische Vase die Pferde, welche homerische Heroen reiten, "OPiron EAneoc BAnıoc TTöaArroc A&own nennt. Davon kommen drei Namen im & vor, BAnıoc im T, Arion im Y. Die drei Gedichte soll also der Maler gebraucht haben. Aber wenn er doch T und Y brauchte, so hatte er daneben ® nicht nötig, da ZAneoc neben BAnioc auch im T, TTöaArroc neben AieH auch im Y 295 steht. Die einzige besondere Berührung zwischen der Vase und dem 8 liest darin, daß beide statt der Stute AleH den Hengst Aiewn einführen; aber die Malerei gibt immer Hengste, da mußte das Geschlecht gewechselt werden. Das schlägt also nicht durch. Und wenn verschiedene Helden auf diesen Ilengsten reiten, so ist die Erinnerung an die homerischen Verse bei dem Maler überhaupt ganz schwach; an das Viergespann Hektors kann er, bewußt wenigstens, unmöglich ge- dacht haben. 33* 390 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Eigentlich war das Ziel, das dem Dichter gestellt war, schon 212! erreicht, denn die Achäer sind schon da in derselben Lage wie 345 und im I. Aber einmal forderte sein Streben nach Parallelismus, daß auch Hektor beinahe über das, was Zeus ihm beschieden hatte, hinaus- ging, und dann fühlte er, daß der Schlachttag noch nicht voll genug war. Daher stimmen die Bitten des Agamemnon” den Zeus um, so daß er den Achäern Mut zu einem Vorstoße verleiht. Die Aufzäh- lung ihrer Führer wird ärmlich aus H geborgt (8 262—265 = H 164— 168). Diese bleiben aber untätig, was nur durch die Verwen- dung fremder Verse erklärlich wird. Dagegen folgt die Aristie des Teukros 267—334, ein ganz frisches, vorzügliches Stück, dessen Über- legenheit gegenüber dem übrigen © jedermann ins Auge springt. Die fremden Verse verschwinden nicht nur, sondern 331—334 sind hier ursprünglich, im N 420—423 entlehnt, aber von einem Interpolator, also aus © selbst’. Das Mißverhältnis innerhalb des © fordert Erklärung, findet sie aber nunmehr leicht, wo wir wissen, daß dieser Dichter ja die Litai und die Dolonie in sein Werk aufgenommen hat: er hat ein- fach eine Aristie des Teukros aus einer älteren Dichtung hergesetzt, weil sie ihm paßte. Sobald Hektors Steinwurf den Teukros kampf- unfähig gemacht hat, hört die frische Farbe der Poesie auf. Der Dichter des 8 konnte eben die Fortsetzung nicht brauchen, da half er sich, so gut er konnte: flugs gibt Zeus den Troern wieder Sieg, und die ! 213 ist ein schwerer Vers; TÖN A’ öcoN EK NHÖN ATIO TIYProY TA®POC Eepre TIAHBEN ist die rrAPAaocıc, und so las Aristarch; die Variante Epyke, TT 369, ist wertlos. Aber das Arıö bleibt unerklärlich. Zenodot wird also mit &k NHÖN Kal TIYProyY recht haben. Die Achäer sind, wie auch die alten Erklärer wollen, zwischen Graben und Befesti- gung zusammengedrängt. Dieser Raum, den wir uns so breit denken können, wie dem Dichter beliebt, wird bezeichnet als »das, was der Graben von der Seite der Schiffe und der Befestigung her abgrenzte«. rmYrroc kollektiv steht z 262, aber auch x 462 u.ö. 2 Bei der Ermahnung an sein Heer hält er TIoP®YPpeon MerA »Aroc in der Hand; das verstehen wir so wenig wie die Grammatiker, deren Bemerkungen in den Scholien stehen. Wie man von einer Fahne reden kann, ist mir unverständlich. Er mag wohl winken, daß sie zu ihm kommen und hören; aber wer hat eine Analogie? 3 Man kann dem Dichter des N nicht zutrauen, daß er einen Mann in die Leber geschossen werden und sofort sterben läßt, um ihn dann von zwei Kameraden aus der Schlacht führen zu lassen und dabei stöhnen. Es ist ein arger Mißgriff Aristarchs, das Stöhnen auf die Träger durch Konjektur zu übertragen; er kann an das © gar nicht gedacht haben. Lear verwirft nur einen Vers, 417, zuviel. Denn auf die Trotz- rede des Deiphobos folgt angemessen 417 Öc Esart’, Apreloicı A’ Axoc TENET’ EYEAMENOIO. 424 "laomeneYc A’ 0Y AÄrE MENOC META. Dazwischen ließ ein Rhapsode unbedacht den Antilochos für seinen Kameraden so sorgen, wie er es aus dem 8 von Aias im Gedächtnis hatte. Dabei vergaß er, daß der Ver- wundete hier schon tot war, und daß Antilochos eben mit Beutepferden zurückgegangen war, 400. EEE AFTER EURE WESEN EEE ULEB DZ I A 2 en = u AT DEREN DEE von Wıramowıirz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 391 Achäer werden auf den Graben zurückgeworfen (335). Solange Teukros agiert, ist die Erzählung voll von Namen, auch Fremdnamen', die nicht so leicht aus dem Handgelenk erfunden werden. Apollon greift zum Schutze Hektors ein (311): diese Hilfe hätte der Diehter des © selbst ganz anders behandeln müssen. Hier zerschmettert Hektor dem Teukros die Sehne des Bogens und lähmt seine Hand; im O 469 reißt dem Teukros, als er auf Hektor schießen will, die Sehne. Un- abhängig werden die beiden Szenen nicht sein; aber ich finde direkte Nachahmung auf keiner Seite”. Hektor verliert hier seinen Wagen- lenker und ersetzt ihn durch Kebriones, der diese Rolle in den fol- genden Teilen der Ilias bis zu seinem Tode durch Patroklos innehat. Damit ist die Szene vor den Kämpfen A—TT zeitlich festgelegt; aber wir sind nicht imstande zu ermitteln, ob nicht der Name des Kebriones erst von dem Dichter von © eingesetzt ist, der doch alle seine Vorlagen, indem er sie aufnahm, für seine Zwecke nach Gut- dünken formen konnte. Jedenfalls hat er nach dem Vorbilde der ! Insbesondere ist Topryeion, Sohn des Priamos von Kastianeira oder Kassiopeia aus Aisyme, schwerlich eine Improvisation. Ob AicYmH die thrakische Stadt ist, die als thasischer Besitz OicymH heißt, hängt an der Verläßlichkeit unserer grammatischen Tradition, deren Gewährsmänner nicht erhalten sind. Ich möchte dem trauen. Forryeiwn erinnert an die Ferrieec der Troas, die als Ureinwohner in äolischer und ionischer Gegend vorkommen. Er paßt also gut neben Kebriones, das zu Kebren gehört; die Stadt des Inneren würde befremden, wenn nicht dort, wie in Skepsis, eine sehr alte griechische Kolonie gewesen wäre, Herodotvita Homers 20, sehr alt, das will sagen: achtes Jahrhundert. 2 Teukros, Telamons Sohn, Bruder des Aias, ist kein Bastard bei Homer, wie die Alten wußten. Daß er es hier wäre, ist eine kritiklose Behauptung der Modernen, ‘da 289 bei Zenodot fehlte, und wie klappt hinter »mach deinem Vater Ehre, der deine Kindheit ernährt hat« der Vers nach »und dich, obwohl du ein Bastard warst, in seinem Hause aufzog«; mindestens würde das Pronomen ce nicht wiederholt sein. Teukros fehlt B—H, A, und von TT ab, außer den Athla; dann gehört noch M 336 der späten Iykischen Eindichtung an, d.h. Teukros kommt nur bei dem Kampf um die Schiffe vor. Er allein zeigt durch seinen Namen, daß der Stamm der Teukrer zur Zeit oder vor der Zeit der Dichter bestand; der Eigenname ist Volksname wie Epeios, über den Herm. XL ı75. Also wird ihn Telamon schon mit einem fremden Weibe erzeugt haben, ohne daß er darum nöeoc zu sein brauchte; der Name “HciönH ist in Wahrheit nur die Asiatin, zu den ‘Hcionflec gehörig; der Spiritus ist wie sooft sekundär und unverbindlich. Wir wissen nicht, wo Telamon, d.h. Aias, zu Hause war, nur natür- lich nicht in dem Aianteion, das in hellenistischer Zeit ein Dorf an seinem fiktiven Grabe war. Neben Aias steht sein Namensvetter, der Sohn des FıneYc oder "OrineYc, den man kaum von Finioc trennen kann; seine Benennung ’Olnfhoc TAxYc Yiöc wider- spricht der homerischen und auch der späteren Terminologie (W. Mrver, de Homeri patronymieis 23, Göttingen 07). Lokrer ist er nur N 712, denn der Schiffskatalog hängt davon ab; das ist eine absonderliche Stelle, da der Telamonier wider seine sonstige Art ein König mit stattlichem Gefolge ist. Es wirken also verschiedene verschollene Sagen nach, deren Niederschlag andererseits die hesiodischen Geschichten sind. Die beiden Aias zu identifizieren, halte ich für eine Ungeheuerlichkeit; eher kann der »Teu- krer« von dem ilischen Aias abzuleiten sein, nachdem dieser ein Lokrer geworden war. 392 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Teukrosszene vorher einen andern Wagenlenker' dem Hektor durch Diomedes erschlagen lassen; man sieht, Erfindsamkeit in neuen Mo- tiven der Erzählung ist ebensowenig seine Stärke wie Eigentümlich- keit der sprachlichen Formengebung. Auch die olympische Szene des Fingangs hat er dem Eingange des A, die Fahrt der Göttinnen dem € nachgebildet, was wohl keiner Ausführung bedarf. Das © beginnt mit einer Versammlung der Götter, die Zeus be- ruft; wer seine Befehle hört, wird entscheidende Ereignisse auf Erden erwarten, wie sie denn auch eintreten. Unmittelbar vorher, am Schlusse des H, setzt Zeus die Troer und Achäer die ganze Nacht durch Donner in Schrecken: das gehört offenbar zusammen, bewirkt auch bei dem Hörer den Eindruck, daß Zeus nun furchtbar eingreifen wird. Mit andern Worten: der Schluß des H läßt sich vom ® nicht trennen. Sehen wir zu, wie weit zurück dieser Zusammenhang reicht. H 344 wird mit demselben Verse wie © 489 eine Versammlung der Troer eingeleitet. Sie heißt Acını TerpuxYla; es gab also starke Aufregung und Lärm. Das wird indessen nicht ausgeführt, sondern nur eine Rede des Antenor mitgeteilt, der mit Hinsicht auf den vor dem Zweikampfe des Alexandros und Menelaos im T geschwornen Vertrag die Auslieferung der Helene und ihrer Schätze fordert. Alexandros weist das erste brüsk ab, erklärt sich aber zu dem anderen bereit. Priamos entscheidet N?N MEN AÖPTION EnEcee KATÄ TITÖAIN WC TO TIAPOC TIEP KAl ®YAAKÄC MNÄCACBE Kal ErPÄFOPBE EKACTOI”, H@een A "larloc ITw KoinAc Em NAac. Auch hier ist die Ähnlichkeit mit Hektors Rede im & klar, die Gegenüberstellung des nrn men und Aßeen, die sehr angebrachte Sorge für das Nachtessen der Truppen und für die Sicherheit der Stadt. Priamos ist freilich ein ziemlich machtloser König und Vater, denn er entscheidet nach dem Willen seines Sohnes; aber der Dichter be- lobt ausdrücklich seine Weisheit und seine gute Gesinnung. Wenn wir die Tetpuxyia Aropt in Betracht ziehen und die Gesinnung der Troer, die uns gleich Idaios verraten wird, so zeigt sich das darin, ! Selır seltsam ist, daß Zenodot den Mann, der ihn ersetzt und später von Teukros erschossen wird, 128 "EracinTönemoc genannt hat, 312 Arxerımönemoc. Doch wohl nur Variante in einem sleichgültigen Namen. Den ersten Wagenlenker nennt der Dichter vion YrrepeymoY OHBaloo “Hniortfa; man darf wenigstens fragen, ob die rrAPAaocıc mit dieser Auffassung der Stelle recht hat und nicht etwa Eniopeus Sohn des Hyperthymos aus Theben war. 2 Das ist leicht umgeformt nach C 298. 299, woraus nur folgt, daß auch jene Szene, der Konflikt zwischen Polydaımnas und Hektor, dem Nachdichter vorlag, was nicht wunderbar ist, da er ja X kennt, das jenen Konflikt ebenfalls voraussetzt. von Wıramowrrz-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 393 daß Priamos die Diskussion abschneidet, wozu die Aufforderung, jetzt zu tun, was der Moment erheischt, geeignet ist. Zuzugeben ist nur, daß der Dichter alles ganz kurz abtut und von der erregten Debatte keine Vorstellung gibt — seine Erzählung verleugnet ihr könon nicht. Idaios soll also den Achäern den Antrag des Alexandros über- mitteln; auf Annahme rechnet Priamos schwerlich, da er zugleich Waffenstillstand zur Bestattung der Gefallenen beantragen läßt. Idaios geht denn auch am andern Tage zu den Achäern und findet sie bei dem Schiffe Agamemnons versammelt. Eine Unterscheidung von Rats- und Volksversammlung wie im | war hier nicht notwendig, aber nichts hindert, die Fürsten bei dem Heerkönige zu denken wie dort, zumal wenn derselbe Dichter alles gemacht hat. Ihm war es, da er eilte, bequem, die Danaer versammelt sein zu lassen, statt Idaios vor Aga- memnon zu führen, der dann doch den Rat zusammenrufen mußte. In der Rede ist schon dem Demokrit aufgefallen, daß der Herold angesichts des Feindes den Alexandros verflucht (390), was dann andere durch ein a parte Reden zu vermeiden versuchten. Er gesteht auch zu, daß die Troer für die Auslieferung Helenas wären (393), was ausdrücklich nicht berichtet war. Offenbar wollte der Dichter seine kurze Erzählung ergänzen. Die Ablehınung geschieht durch Diomedes, durchaus in Formen, die wir kennen; Agamemnon formuliert das nur und gesteht den Waffenstillstand zu. Die beiden Versammlungen sind wieder ganz symmetrisch komponiert. Nun tadelt man, daß niemand sagt »ihr Troer habt ja euren Eid gebrochen; wir verlangen unser gutes Recht, und wenn ihr uns das weigert. wird Zeus euch strafen«. Gewiß, so konnte es der Dichter machen, und wenn er zwar die Troer, aber nicht die Achäer an den Eidbruch erinnern läßt, so erkennen . wir, daß er sehr eilfertig war; am Ende durfte er aber doch damit rechnen, daß weder Götter noch Menschen in der Ilias weiter von dem Eidbruche Notiz nehmen. Wer Erzählungen, die unter verschie- denen Voraussetzungen gedichtet sind, miteinander verbindet, wird nicht vermeiden, bald mehr hier, bald mehr dorthin gezogen zu werden. Die Stimmung der Troer gegen Alexandros ließ sich leicht aus dem [ ableiten; dasselbe lieferte auch den Antenor als Sprecher, doch kann hier leicht die nachhomerische Poesie noch Unkontrollierbares bei- gesteuert haben, deren Benutzung im © erwiesen ist; in ihr ging der Gegensatz der Antenoriden fast bis zum Verrate. Vielleicht ist auch die Bestattung der Gefallenen aus den Kyprien genommen, in deren Auszuge die nekpön Anaipecic hinter der Landungsschlacht erwähnt wird; doch das ist nicht auszumachen; bleibe denn dies Eigentum des Dichters. 394 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. Die Bestattung wird an dem nämlichen Tage vollzogen. Die Leichen werden auf dem Schlachtfelde verbrannt; wenigstens die Troer sind damit ganz zufrieden und verlangen nicht nach TYmsoc Te cTHaH te, sehen also von diesem r&erac eanöntun ab. Auch Holz beschaffen sich beide Teile an demselben Tage bequem: das findet sich hier so leicht wie © 547 zum Abkochen der 50000 Troer. Es ist ganz anders als im Y, wo eine große Expedition ins Gebirge geht, Holz für den einen Patroklos zu fällen, aber wenigstens am Abend zurückkommt; im N muß für die Bestattung Hektors ein Waffenstillstand von ı2 Tagen ausgemacht werden, und wird die Entfernung des Idagebirges ausdrück- lich hervorgehoben (602): da allein ist eine klare Vorstellung von der wirklichen Lage von Ilios zum Ida vorhanden. 433 wird, ohne daß der Eintritt der Nacht, die auf den Sonnen- aufgang 421 folgte, angegeben würde, die Zeit kurz vor Tagesanbruch bezeichnet; dann machen die Achäer einen Grabhügel und lehnen an ihn eine Befestigung mit ihren Türmen und Toren. Darüber wundern sich die Götter im Himmel, Poseidon namentlich ist erbost, weil das ein schöneres Werk werden würde als die Mauern von llios, die er mit Apollon gemacht hätte. Aber Zeus tröstet ihn; er könnte diese Befestigung ja später vernichten. Nun wird es Abend; die Mauer ist fertig; die Achäer werden sehr vergnügt, weil gerade ein Wein- schiff aus Lemnos eingelaufen ist, und zechen die Nacht hindurch, die Troer ebenso; aber Zeus erschreckt sie (beide Parteien) durch Donner usw. Mit dem © beginnt der fürchterliche Tag, der in un- serer Ilias bis zum C dauert. Es ist doch wohl ein löblicher Einfall, ihm die friedliche Szene der Bestattung und den lustigen Abend vor- auszuschicken. Beides ist wenig heroisch-homerisch, wird aber um so mehr dem Leben des Dichters und seiner Zeit entsprochen haben. Wer jemals im Felde oder auch im Manöver das Eintreffen eines un- erwarteten Marketenders erlebt hat, der freut sich an der zutreffenden Schilderung, wie die Soldaten sich um jeden Preis ein Maß Wein er- handeln, und wenn's eine erbeutete Kuh oder einen Kriegsgefangenen kostet. Die Grammatiker haben einen falschen Maßstab angelegt, wenn sie die AnapArıoaa als unhomerisch ausgeworfen haben, oder viel- mehr der Dichter sagte noch AnarArıoyc @c Kratalmoyc. Jung ist alles innerhalb der Ilias, gewiß, aber das ist nicht nur diese Szene, sondern alles, was dieser Dichter verfaßt hat. Davon zeugt auch der Sohn Iasons, Euneos, der den Wein aus Lemnos schickt: eingeführt hat ihn offen- bar derselbe Dichter, der © 230 davon weiß, daß die Achäer auf dem Zuge nach Ilios auf Lemnos haltgemacht haben‘. ! Dieser Aufenthalt in Lemnos wird dem entsprechen, den die Kyprien nach Tenedos verlegten. Ihnen wird das von wilden Tyrsenern besetzte Lemnos nicht melır von Wıramowrrz-MoELLENDORFF: Über das © der Ilias. 395 Das Gespräch im Himmel, das die Zerstörung der Mauer in Aus- sicht nimmt, deckt sich inhaltlich mit dem Eingange des M, borgt auch von dort zwei Verse (H 462. 463 nach M 31. 32). Es ist begreiflich, daß Zenodot mit der Athetese der himmlischen Szene bei seinen Nach- folgern Beifall fand, denn in der einen Ilias ist die Dublette nicht gut zu ertragen. Daraus folgt noch nicht, daß wir so urteilen müßten. Wir rechnen natürlich mit der Möglichkeit, daß die parallelen Stücke in zwei selbständigen Gedichten standen. Und so wie Zenodot sie vorgeschlagen hat, kann die Athetese nicht richtig sein. Das bemerkt ein kluges T Scholion 464, indem es darauf hinweist, daß 442 WC Oi MEN TIONEONTO KAPH Komöwntec Axaıol' 465 AYceTo A’ Henioc, TETENECTO A& Epron AxAlon nicht anschließen können. Sehr richtig; aber damit ist nur von einer Seite gezeigt, was sowieso nicht verkannt werden sollte, daß die Rede der Götter über die Mauer mit dem Mauerbau selbst zusammen steht oder fällt. Und sie fällt. Mich dünkt, ein anderer Anschluß lehrt es. 432 EN A& TIYPi TIPHCANTEC EBAN KOInAC ET NHAC, 466 BOY®ÖnEeoNn A& KATÄ KAICIAC KAl AÖPTION ENONTO. Damit ist das unerträgliche Übergehen einer ganzen Nacht beseitigt. Erst jetzt essen die Troer 477 an demselben Abend nach ihrer Tages- arbeit; so wie überliefert ist, sind sie dem Dichter für einen vollen Tag ganz entfallen. Bestätigung gibt eine andere Versreihe, die mit dem Mauerbau zusammenhängt und ihn mit sich in die Verwerfung zieht, 322—344. Da wird erzählt, daß Agamemnon die Fürsten nach dem Siege des Aias in sein Zelt zum Mahle ladet und dem Sieger ein Ehrenstück des Bratens gibt, ein untadelhafter Abschluß des Ge- dichtes vom Zweikampfe des Aias und Hektor'. Da setzt nun dies angemessen erschienen sein. Wenn dort ein lIasonsohn herrscht, so setzt das die helle- nische Ansiedelung voraus, die durch das AHmnion KAKöN vertrieben ward. Als Iason zu Hypsipyle, der Herrin der hohen Pforte, kam, war die Insel eigentlich so mythisch wie die der Kirke und Kalypso. Vgl. Gött. Nachr. 95, 231 (Hephaistos), Griech. Trag. III 169. ! Lacanmann hat das Siegesmahl verworfen, und sagt, es würde mit lauter ent- lehnten Versen erzählt. Aber das Schlachten und Braten erscheint uns nur trivial, weil wir es öfter lesen; das geschieht in notorisch späten Stücken, der Fahrt nach Chryse A 465—468, der Eberjagd des T 422—425; auch wenn H 321 als z437 wieder- kehrt, so borgt die Odyssee. Wirklich anstößig ist nur der doppelte Dativ 314, Tolcı AC BOFN Ieperce -—-—- Yriermeneiı Kronion.. Aber da ist eben B 402. 403 die Vorlage, und aus ihr hat nicht der Dichter, sondern ein Rhapsode, den die Wiederholung ver- führte, 403 als 315 eingeschwärzt. Nur im B hatte Agamemnon Veranlassung, dem Zeus zu opfern. Der Schmaus schließt das Gedicht vom Zweikampfe des Aias und Hektor vortrefflich ab, eine anmutige Improvisation ohne sagenhaften Gehalt. Den Versuch von W. Dercke, De Aiacis et Hectoris certamine singulari, Göttingen 1906, der verschiedene Parallelgediehte darin unterscheiden will, kann ich nicht billigen, ob- 396 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. unechte Stück ein. Nestor schlägt vor, am andern Tage nicht zu fechten, sondern die Toten zu bestatten, dicht am Lager, damit später die Gebeine nach Hause mitgenommen werden könnten, und dann sollte auch eine Mauer erbaut werden (die Verse sind dieselben wie bei der Ausführung), damit die Troer nicht in das Lager eindringen könnten. Von diesen Versen kann der Teil nicht ertragen werden, der sich auf die Bestattung bezieht, denn hier klingt es so, als stünde es in der Macht der Achäer, ob sie kämpfen wollten oder nicht; die Feinde bleiben außer Betracht. Nachher aber wird erst ein Waffenstill- stand geschlossen, und es geht die Anregung von den Troern aus: hier von den Achäern. Das kann nicht derselbe Mensch nebenein- andergestellt haben. Mit der Bestattung ist aber der Mauerbau un- lösbar verbunden, so daß das Ganze fallen muß, denn nur wenn wir wissen, daß die Befestigung geplant war, kann sie wie etwas Selbst- verständliches im Anschluß an die Bestattung erzählt werden. Es hat also erst ein späterer Rhapsode den berechtigten Anstoß genommen, daß die Mauer des M in den Kämpfen der ersten Schlachttage nicht vorhanden war, und dem durch seinen Zusatz abgeholfen; die Mittel lieferte ihm die Erfindung des M. Er hat aber noch etwas zugefügt, wodurch er sich mit der Sitte der homerischen Gedichte in den grellsten Widerspruch setzte, woran denn auch sehr viele Kritiker den späten Ursprung der Verse erkannt haben: die Beisetzung der Gebeine soll nur provisorisch sein, damit sie später in die Heimat überführt werden könnten. Das ist erst entstanden, als im Mutterlande die Gräber der vor Troia gefallenen Achäer gezeigt wurden, wie das für einzelne Helden die Epigramme des Peplos voraussetzen; das ist immer noch etwas anderes als dieses rmonvyAnarıon, wie es die Scholien 335 geradezu nennen. Aber gerade ein solches war in Argos vorhanden (Pausan. II 20,6, der es ein Kenotaph nennt)‘. Erst im Mutterlande kann der Zusatz entstanden sein, einer der spätesten in der Ilias und sicherlich kein athenischer, denn dort gab es kein entsprechendes Monument. Aber war nicht der Dichter des © selbst genötigt, die Mauer bauen zu lassen, da er sie doch |167 nennt, obwohl K, das er vor- bereitet, nichts von ihr sagt, und abgesehen von © 213 seinen Hek- tor 177 rufen läßt »da haben die Toren sich Mauern gebaut, die zu nichts taugen; mich werden sie nicht aufhalten, und meine Rosse wer- wohl das konsequente Denken des Verfassers Anerkennung verdient. Der Maßstab der Beurteilung ist von außen an die Dichtung herangebracht und läßt es sie entgelten, daß sie ihm nicht genügt. ! Wenn Aischylos Ag. 441 davon redet, daß von den Helden nur die Waffen und die Asche heimkelhre, so braucht man an keine Gelehrsamkeit zu denken; der Diehter folgt der Sitte seiner Zeit. von WıLAmowrız-MoELLENDoRFr: Über das © der llias. 397 den leicht über den Graben springen«. Ist das nicht eine Beziehung auf den Bau im H? Es kann so aussehen; aber notwendig ist es nicht. Man denke sich einmal H® fort, so daß der erste Schlachttag sich in der Ebene und vor der Burg Ilios abspielt, dann A folgt und M mit der Angabe einsetzt »nun hielt auch Graben und Mauer nicht mehr, die sich die Achäer gemacht hatten«. Dann erfahren wir hier zuerst etwas von der Befestigung, ertragen das aber leicht, weil wir uns sagen, daß bisher die Schlacht eben weiter landeinwärts gefochten ward, und Graben und Mauer beim Ausrücken der Achäer nicht er- wähnt zu werden brauchten. Nun kommt ein Nachdichter, der das, was in Wahrheit M neu einführt, als gegeben mitrechnet: er wird nicht nur Graben (den er auch in K fand) und Mauer erwähnen, sondern von dem Motive Gebrauch machen dürfen, daß Hektor die Mauer höhnt, als er sie zuerst anzugreifen in die Lage kommt. Gewiß ist dadurch für den, der nun das Ganze übersieht, die Diskrepanz gesteigert; da- rum ist auch bald ein Rlıapsode gekommen, der sie durch die Ein- fügung des Mauerbaus zu beseitigen versuchte, wobei er wieder andere Anstöße hervorrief. Wenn er die Befestigung sich an den Grabhügel lehnen läßt 435, so ist das eine seltsame Vorstellung; und wenn wir hören, daß die Götter die Zerstörung der Befestigung vorhaben, die demnach jetzt spurlos verschwunden ist, so liegt es nahe zu fragen, ob das von dem Grabhügel auch gilt. Man könnte denken, der Ver- fasser kannte einen Hügel am Hellespont, wie deren jetzt viele da- stehen, und lokalisierte die verschwundene Befestigung durch diesen. Aber das läßt sich schwerlich zur Evidenz bringen. Der Dichter von © steigert die Masse der Kämpfenden ins Un- gemessene; die 50000 lagern am Flusse seitlich von der Ebene zwischen Stadt und Lager, so daß Gefahr ist, die Achäer könnten un- bemerkt die Stadt überfallen. Deren Entfernung ist dabei ganz ge- ring, wie der Marsch des Idaios lehrt, der zwischen Dämmerung und Sonnenaufgang hin und her geht, H 381. 421. Auch durch die Gefahr eines Überfalls der Stadt, während das Heer am Flusse lagert, rückt Ilios näher an das Meer, als es wirklich liegt. Der Fluß geht in einiger Entfernung vom Lager ins Meer, und die Stadt liegt auf demselben Ufer. Keine Möglichkeit, daß die Heere bei dem Kampfe, der bald bis an die Mauern der Stadt, bald bis an den Graben vor den Schiffen dringt, einen Fluß zu passieren hätten; aber die Furt, von der im £ und Q die Rede ist, existiert ja auch nur da: es ist unverzeihliche Willkür, sie anderswo einzuschwärzen. Wer sich eine Karte ansieht, die den gegenwärtigen Zustand oder den der Zeit des Strabon-Deme- trios gibt, findet denselben Lauf des Skamandros. Der Dichter hat also im allgemeinen die Vorstellung von dem Gelände, die eine Fahrt 398 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. durch den Hellespont gibt, aber nur die allgemeinsten Grundzüge sind ihm gegeben, mit den Entfernungen und Größenverhältnissen schaltet er frei; auch hier wird er allein von den Gedichten abhängen, die ihm vorlagen. Er ist ein Spätling, abhängig nicht nur von den anderen Teilen der Ilias, sondern auch von der kleinen llias, vielleicht den Kyprien; wie mich dünkt und z. B. auch von ROBERT angenommen wird, nimmt er auch auf die Theogonie des Hesiodos Rücksicht, durch den die Lage von Himmel, Erde und Tartaros und die Bestrafung der Titanen populär gemacht sind'. Älter als das siebente Jahrhundert kann ein solches Gedicht nicht sein; dieser Homer ist wirklich ein Zeitgenosse des Archi- lochos und Terpandros gewesen, wie Theopompos den Homer ange- setzt hat. Dazu stimmt die sprachliche Form. Ich zähle die vielen Jungen Vokabeln und Konstruktionen nicht auf, die sich über diese ganze Partie hinziehen und zu zahllosen Versuchen geführt haben, die normale homerische Form mehr oder minder gewaltsam durch- ! Von den Stellen, die Rzach unter seinem Hesiodtexte aus H® notiert, ist von Bedeutung nur Theog. 720 ff. Sie muß aber erst in Ordnung gebracht werden, Über- liefert ist in D (Besseres haben wir hier nicht) 720 TÖCCoN ENnepe’ YrIÖ TÄC OcoN OYPANÖC ECT’ ArIO TAIHC 721 TÖCCoN TAP T’ ÄTIÖ TÄC Ec TÄPTAPON HEPÖENTA 722 ENNEA TÄP NYKTAC TE KAlI HMATA XÄNKEOC AKMWN 725 €K TAIHC KATIÖN AEKÄTHI €c TÄPTAPON IKOI. Dazu steht am Rande vor 723 OYPANÖBEN KATI@N AEKATHI [A] €c FAIAN IKoNITO Icon A’AYT’ Amd TÄC &c TAPTAPON HEPÖENTA. 724 ENNEA A’AY NYKTAC TE KAl HMATA XANKEOC AKMUN Es ist klar, daß 723. 24 durch Schreiberversehen ausgelassen sind, in einer Anzahl der geringeren Handschriften stehen sie an ihrem Platze, und so bezeugt sie der Arat- kommentar S. 319. Ebenso klar ist, daß der zwischengestellte Vers Variante zu 721 ist; die geringen Handschriften lassen ihn weg, einzelne aber haben aus ihm A’ AY, eine auch Icon 721 aufgenommen. 72I ist nun an seinem Orte unerträglich, wird daher auf Ruungens Mahnung gestrichen. Was ist er aber, was will er? Er ist eine Variante zu 724.25. Die beiden Fassungen besagen »so weit unter der Erde wie der Himmel von der Erde entfernt ist, denn ein Ambos fliegt vom Himmel neun Tage und kommt am zehnten auf die Erde«, dann folgt a) und neun Tage fliegt ein Ambos von der Erde und kommt am zehnten in den Tartaros; b) und eben so weit (Icon A’AYTe) ist es von der Erde zum Tartaros. Da beides gut ist, kann man wählen; ich hatte mich schon früher für die kürzere Fassung entschieden, und nun scheint mir © durchzuschlagen. Da steht nicht nur 16 TÖccon Enere’ Alaew OcoN OYPANÖC EcT’ ATIö TAIHc, sondern auch 13 &c TÄPTAPON HepdenTA: das fand der Dichter also in seiner Vorlage, und daß er der spätere ist, zeigt schon die Steigerung, daß er den Tartaros noch unterhalb des Hades ansetzt. Sein Vers ı5 stammt aus Theog. 8ı1: er las also diese Schilderung des Ur- grundes, nicht die jetzt nicht olıne Schein bevorzugte Parallelfassung 736 ff. Nach dieser Stelle sind die übrigen Übereinstimmungen Hesiods mit der Eindichtung der Ilias zu beurteilen. Übrigens finden sich mit | bei Hesiodos, ganz späte Stücke abgerechnet, gar keine nennenswerten Berührungen, wohl aber mit K. von WıLAmowrız-MOELLENDORFF: Über das © der Ilias. 399 zuführen. Das gelingt ja doch nicht; sprachlich ist die Ilias gerade so wenig eine Einheit wie inhaltlich, und die Normalisierung, die von den Rhapsoden allmählich vorgenommen ist, schadet am Ende weniger als alle späteren Versuche gleicher Art. Da der Dichter so sehr viel fremde Verse herübergenommen hat, erscheinen hier und da alte Sprach- formen wie emiaHnmioo, während er selbst AoPc Axarıoic Aenein sagt. Neologismen wie Amel nekpolcı für Tiepl TON nekpon H 408 sind am bezeichnendsten. Mich dünkt, wenn man ihn als das nimmt, was er ist, einen Rhapsoden des siebenten Jahrhunderts, einen Vertreter der letzten Phase der heroischen Epik Ioniens (im Mutterlande blühte sie noch bis an die Perserkriege), wird er auch sprachlich erst verständ- lich und damit auch interessant. Und daß die Ilias ein nachhesiodisches Stück enthält, ist höchst merkwürdig; ich kann auch in der Odyssee ein solches Stück zeigen. Es hat sich ergeben, daß die Eindichtung H 345 beginnt; wenn wir die Interpolation 323—344 fortdenken, schließt sie untadelhaft an H 332 an; aber das Gedicht vom Zweikampfe des Aias und Hektor ist nicht mehr von dem Dichter des ©, der es vielmehr ausschreibt (8 262 ff. = H 164 ff.); auch den verschiedenen Stil wird nicht leicht jemand verkennen. Man könnte also höchstens denken, dieser hätte H ebenso in sein Epos aufgenommen wie | und K, was dann min- destens für B—H gelten müßte, da diese ja zusammenhängen und alle in H®| benutzt sind. Indessen findet sich in ihnen nirgend ein Verbindungsstück von dem nun wohl hinlänglich deutlichen Charakter des 8. Gerade wenn man den Eingang des Z, ı-—ı18, der ja nach dem Motive des H den Helenos einführt und überhaupt nur als Füllsel verstanden werden kann, mit dem © vergleicht, springt der Unter- schied ins Auge: da drängen sich Einzelkämpfe voll von Personen und Ortsnamen. Es ist auch nichts in B—-H, was so sehr den Stem- pel der späteren sekundären Entstehung trüge. Daraus ergibt sich der Schluß, daß der Dichter von ®, der H fortsetzt, IK einlegt und am Ende des | den Anfang des A direkt vorbereitet, sein Werk zwi- schen H und A geschoben hat. Und in der Tat, die Handlung geht dann vortrefflich weiter. Der erste Schlachttag hat mit dem Zwei- kampfe des Aias mit Hektor geendet; der zweite folgt, wie man das erwarten muß. Das A beginnt freilich ohne auf irgend etwas zurück- zugreifen; aber darum folgt es gerade so gut auf H wie auf K. Ob vor 'Hüc A’ ex nexewn Trap’ Arayo?% Tiewnolo Wrnvro steht K 578 ACITINWI ESIZANETHN, ATIO A& KPHTÄPoc ABHnHi TIAEIOY Ä®YCCÄMENOI AEIBON MEAIHAEA OINON. oder H 321 400 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. AAINYNT OYAE TI OYMöCc EAECYETO AAITÖC EICHC, NOTOICIN A ÄATANTA AIHNEKEECCI TEPAIPEN Hpwc ATPeEiaHc EYPY Kpeiwn ÄrAMEMNWN. ist einerlei: in einem Zuge kann weder dies noch jenes vorgetragen worden sein, und wenn eine Pause eintritt, ist beides gleich gut!. Doch will ich gern glauben, daß der Dichter des © oder auch der Interpolator der Verse 323—344 einen gleichgiltigen Übergang ge- strichen hat, in dem die Schmausenden zu Bette gingen. Mehr könnte niemand verlangen. Indem wir die Eindichtung als solche erkennen, ergibt sich uns eine llias, ein Epos, das sie voraussetzt, A bis H 322, A bis irgend- wie zum 'Tode des Patroklos. Der Zweck der Eindichtung war die Aufnahme der beiden Einzelgedichte | und K, und da diese eine Nie- derlage der Achäer voraussetzen, mußte diese neu gedichtet werden. Solche Eindichtungen kennen wir aus den hesiodischen Epen und be- sitzen noch den Schild des Herakles”; in der Ilias selbst ist der Schiffs- katalog derart’. Die Einzelgedichte I und K sind selbst nicht etwa alt, so daß sie die Entstehung des Epos überhaupt durch Zusammen- fügung bewiesen, sondern setzen in Handlung und Charakteren eine Ilias voraus, neben der sie entstanden sind. Schwerlich sind sie viel älter als ©, aber beide in anderen Gegenden entstanden, man möchte sagen, in anderen Dichterschulen; da wir sie nur durch den Verfasser von © besitzen, muß einmal verfolgt werden, inwieweit er sie über- arbeitet hat‘. Unabweisbar ist es, auf den zweiten Teil der Ilias einen Bliek zu werfen, da dieser ja die Eindichtung © bis K nicht kennen darf, wenn diese richtig beurteilt sein soll. Von © und K gilt das; aber die Gesandt- schaft an Achilleus ist zwar dem A und TT unbekannt, im T dagegen ! Eine solche Pause kann man doch kaum zwischen X und Y leugnen, die doch zueinander gehören. ÖC EOATO KAAIOYC’, ETTI AC CTENÄXONTO FYNAIkEc. ÖC Ol MEN CTENAXONTO KATÄ TITÖAIN- AYTAP Axaloı. ?2 Ich habe diese Eindiehtungen Herm. XL ı21— 123 behandelt; sie dünken mich für die Analyse der homerischen Gedichte überaus wichtig. ® Die Auslösung des Kataloges ist nicht ganz einfach; ich habe die Untersuchung abgeschlossen. Das Gedicht mag Vorlagen benutzen, aber so wie es ist, ist es für den Ort bestimmt, an dem es steht. * Sie können natürlich auch schon vorher ınanche Umgestaltung erfahren haben, wie für das I walırscheinlich ist; für das K versucht es eine scharfsinnige Abhandlung von W. WırrEe (Studien zu Homer, Frankfurt a. O. 1908) zu erweisen, die indessen dem Charakter des Gedichtes nicht gerecht wird. Es zeigt sich, wie notwendig indi- vidualisierende Interpretation des Homer ist. Chorizonten dürften am wenigsten mit einer konventionellen »homerischen« Weise in Stil und Sprache operieren. von WıiLAmowrrz-MoELLENDORFF: Über das © der Ilias. 401 redet Agamemnon von den Geschenken, die tags zuvor Odysseus dem Achill angeboten hatte (140. 194); ganze Versreihen sind dem | ent- lehnt, und wer Stilgefühl hat, muß empfinden, daß der Dichter des T, ein sehr viel geschickterer Dichter' als der des ©, sich ganz be- sonders an der Redekunst des | gebildet hat. Das streitet also mit der Annahme einer Ilias, die das I noch nicht hatte. Gewiß, wenn diese nämlich bis zum T reichte. Allein das T hängt unlöslich mit dem C zusammen, genauer mit dem C, welches die "Oraoroia ein- schließt, einerlei ob diese einmal selbständig war. Wir müssen also die Gesandtschaft uns so denken, wie sie dort 448 erzählt wird, die Ratsherren wären zu Achilleus gekommen, als die Troer das Heer zwischen die Schiffe drängten, und er hätte statt seiner den Patroklos geschiekt. Das entspricht nicht dem | und ist mit dem TT unvereinbar. Daraus folgt einmal, daß TT mit diesem CT nur gewaltsam vereinigt ist, zweitens, daß der Dichter von CT zwar das | vor Augen hatte, aber in sein Gedicht nicht aufnahm, vermutlich, weil er die Geschichte überhaupt nicht von so weit her erzählte, so daß er sich die Voraus- setzungen, obgleich er die Hauptmotive behielt, ganz nach Gutdünken ausmalen konnte. In Wahrheit also bestätigt sich die Selbständigkeit des Einzelgedichts I. Die Ilias, welche von dem Dichter des © er- weitert ist, hat das T nicht mehr umfaßt; Zeus prophezeit ja auch nur, daß Achilleus eingreifen wird, wenn Patroklos erschlagen liegt (8 473). Das führt zwar bis zu dem Schlusse der Patroklie, also bis in das C, aber nicht in das C der "Onnonoia, denn diese ist erst dureh späte grobe Flicken mit der Patroklie verbunden. Es kann sehr wohl neben einer solchen Ilias ein Gedicht bestanden haben, das erst nach dem Tode des Patroklos begann. In welchem Verhältnisse diese beiden Gedichte zueinander standen, ist in abstraeto gar nicht zu bestimmen; daß der Dichter des © sie beide benutzt, beweist ja nicht, daß sie bereits zu einem Epos zusammengezogen waren; sie konnten sogar einander inhaltlich zum Teil decken. Wenn es überhaupt gelingen soll, das Werden der Ilias aus dem Zustande, in dem sie vorliegt, zu erschließen, so muß mit dem Ab- tragen der jüngsten Schichten begonnen werden. Alle Hypothesen über das, was zugrunde liegt, sind bei dieser Untersuchung fernzuhalten; die Vergleichung mit einer methodischen Ausgrabung drängt sich auf. In ! Herm. XXXV 561; auch hier darf sich die Erkenntnis des einheitlichen Auf- baues nicht durch kleine äußere Anstöße beirren lassen, wie sie z.B. LeAr gar nicht ohne Grund an der schönen Rede der Briseis 237—300 nimmt. Bei der Überlieferung des Epos ist eine Trübung einer einzelnen Stelle, die wir nicht beseitigen können, gar nicht wunderbar; aber nur zu viele sind geneigt, ein ganzes Gedicht preiszugeben, wenn ein Wort gegen Sprache oder Versbau verstößt. 402 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 21. April 1910. den Litai und der Dolonie liegen Einzelgedichte von bescheidenem Umfange vor; so etwas hat es also gegeben. Das ist freilich nichts Wunderbares; die Aspis und die Erga sind ja auch da und die Hymnen ebenfalls. Ein Gedicht, das vom A bis zum Zweikampfe des H und weiter vom A bis zum "Tode des Patroklos und dem Eingreifen des Achilleus reichte, war auch schon gegeben, also kein Einzellied, son- dern ein älteres Epos, das durch den Dichter von © nur erweitert ward. Wie sich das Einzellied, die Rhapsodie, die für den Vortrag in einem Zuge berechnet ist, zu dem Epos, das aus mehreren Rhapsodien besteht, historisch und als Kunstform verhält, wird sich finden, wenn geduldige Forschung Schritt für Schritt in die Tiefe geht. Der gefälligen Kon- struktionen a priori haben wir übergenug; es hat sich aber gezeigt, daß sie sich auf die Dauer nicht einmal als gefällig bewähren. Die Analogien der Epik anderer Völker zeigen uns, was es alles geben kann: darin liegt ihr hoher Wert. Was es bei den Ioniern wirklich gegeben hat, können wir unmöglich anderswoher erfahren, und wenn es bei den Griechen nur das gäbe, was auch anderswo zu holen ist, so lohnte sich die Mühe nicht, ihnen die Lebensarbeit zu widmen. Ausgegeben am 28. April. BR.“ 403 SITZUNGSBERICHTE _ 1910. DER xXıxu. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 21. April. Sitzung der physikalisch-matlıematischen Olasse. Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. l. Hr. Rugens berichtete über gemeinsam mit Hrn. E. Hasen an- gestellte Versuche, welche die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Temperatur im kurzwelligen ultrarothen Spec- trum betreffen. (Ersch. später.) Die Untersuchung bildet eine Fortsetzung der vor Jahresfvist vorgelegten Ab- handlung der beiden Verfasser über die Abhängigkeit des Emissionsvermögens der Metalle von der Temperatur für lange Wellen. Die neuen Versuche beschäftigen sich vorwiegend mit dem an das sichtbare Gebiet angrenzenden Theil des ultrarothen Spec- trums. Sie führen zu dem Ergebniss, dass in dem kurzwelligen ultrarothen Spectrum bis etwa ?=3% die Änderung des Emissionsvermögens für die untersuchten sechs Metalle sehr klein ist und verschiedenes Vorzeichen besitzt. Von dieser Stelle des Speetrums an verläuft die Änderung stets in dem von der Maxwerr’schen Theorie geforderten Sinn und erreicht bei A= 51 nahezu den aus dieser Theorie sich er- gebenden Betrag. 2. Hr. Nersst legte eine zweite Mittheilung des Hrn. Prof. G. EBeruArD in Potsdam vor über das Vorkommen des Scandiums, als Bericht über die mit akademischen Mitteln im Jahre 1909 ausge- führte Untersuchung. Durch die spectrographische Untersuchung hat der Verfasser den Scandium- gehalt einer weiteren Anzahl von Gesteinen und Mineralien festgestellt und die im ersten Theile gezogenen Schlüsse über die allgemeine Verbreitung des Scandiums auf der Erde voll bestätigt gefunden. Weiterhin konnten wieder einige seandiumreiche Mineralien namhaft gemacht werden. Das specielle Studium des Scandiumvorkommens in dem Zinnwalder Granit und seiner Mineraliengesellschaft liess erkennen, dass dieses Element durch die pneumatolytischen oder hydrothermalen Processe, welche im Ge- folge von Graniteruptionen aufzutreten pflegen, reichlicher aus dem Erdmagma an die Oberfläche gebracht wird. Sitzungsberichte 1910. 34 404 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. Über die weite Verbreitung: des Skandium auf der Erde. I. Von Prof. Dr. G. EBERHARD in Potsdam. (Vorgelegt von Hrn. Nerssr.) Obwohl im ersten Teile' dieser Untersuchungen als Beweis für die allgemeine Verbreitung des Skandium schon eine größere Zahl über die ganze Erde verteilter Orte genannt war, in deren Gesteinen sich dieses Element nachweisen läßt, schien es doch zum mindesten wert- voll, diese Vorkommen zu vermehren und außerdem weiter nach sol- chen Mineralien zu suchen, die Skandium in größerer Menge enthalten. Als besonders geeignet für die Lösung dieser zwei Aufgaben mußte nach den früheren Versuchen vor allem die Verarbeitung von Zinn- ° und Wolframerzen angesehen werden, da sich gezeigt hatte, daß Skan- dium besonders häufig in diesen Erzen, und zwar vielfach in reich- licherer Menge, enthalten ist und da diese Erze sich außerdem in fast allen Erdteilen finden. Dank dem großen Entgegenkommen, wel- ches ich von allen Seiten erfuhr, war es. möglich, die Erze fast aller Zinnlagerstätten der Erde auf ihren Skandiumgehalt hin zu prüfen. In der folgenden Tabelle, welche sich direkt an die im ersten Teile veröffentlichte anschließt, sind alle in den zwei letzten Jahren spektro- graphisch untersuchten Mineralien und Gesteine aufgeführt. Wie man aus dieser Tabelle ohne weiteres ersieht, werden die Schlüsse, die im ersten Teil gezogen worden waren, durch die Vergrößerung des ge- prüften Materials durchaus bestätigt. Es fanden sich auch wieder einige Mineralien mit größerem Skandiumgehalt”, so der Äschynit und der Zinnstein von Embabaan, Swazieland (641, 730, 731, 732), der Monazit (643) und einige Varietäten des von Ürookes als skandium- reich erkannten Wiikites (648, 650, 653, 655) von Impilacks in Finn- land, der Wolframit von Sadisdorf (676) und der Zinnstein der Ta- kayama-Mine (742) in Japan. ! Sitzungsberichte 1908, S. 851. 2 Chemisch nachweisbar wird das Skandium nur in den Mineralien sein, welche in der Tabelle mit Is-st oder st bezeichnet sind. G. Esernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 405 a ul DEE „0 Du SL 0 Ben 2 Zu a 3 u 367 | Alnöit, biotitreich; Stornäset, Alnö, Norwegen (Dr. Fınckn). s -- 368 » zersetzt; Bails Coppyes, Deutsch-Südwestafrika (Dr. Fınckn) s _ 369 | Amphibolit aus Gabbro; Njambo, Deutsch-Ostafrika (Dr. Fınexn) . Is — 370 » (Plagioklas-); unweit Djabotaure am Fupabo, Togo (Dr. Nah) (oe nk oe 3.4 lesen Kae To EEE ls _ Apatit, kristall.: 371 Verwerfungskluft des EnSerEIDERn Mariaschein bei Sraupe | (Pu. Schitter) a Me I 372 aus einer Druse, ann i. Erzgel, (Dr. SeeonEn) | — Y.2 Arkosesandstein: 373 Brandberg bei Altenberg i. Erzgeb.. 6 s _ 374 südwestlich von Bärenburg bei Altenberg i. ra s? Y Arsenkies: 375 (geröstet) derb; böhmische Halden, Zinnwald s? N 376 » in Greisen eingesprengt; böhmische Falden, Zu wald Eee nei : s? 2 377 (geröstet); Halde eines Feldes beim Schükzenhans von Alten: berg i. Erzgeb. . IM re — 378 | Arsenikalkies (geröstet); A en Pinge bei un i. Le (Ps. ScHiLter) _ _ Basalt: 379 Nephelinbasalt; Kreuzgalgenberg bei Altenberg i. Erzgeb. . s-Is — 380 » Pöbeltal bei Altenberg i. Erzgeb. . < s-Is = 381 » (zersetzt, zinnhaltig); Blaue Kluft, zusptsens, Mariaschein bei Graupen (Pn. Schirzer) s -- 382 Nephelinbasalt (zersetzt); Blaue Kluft, Luxergang, raschen bei Graupen (1909) (Pr. Scnirter) . Kher s — 383 Hornblendebasalt; Telluitz i. Böhmen . s-Is N? 384 Magmabasalt; Tellnitz i. Böhmen _ Nie 385 Melilithbasalt, jungvulk.; isolierter Blase in den Base. nedebene, nördlich von Gurui, Deutsch-Ostafrika (Dr. Fırckn) s-Is —_ 386 Leueitbasanit } anstehende Laven vom Südfuß des Karissimbi, s —_ 387 » Kiwusee, Deutsch-Ostafrika (Dr. Fınck#). | s — 388 | Beryll; Orijärvi, Kisko, Finnland (Dr. Prrra, Helsingfors) . s-Is — Blaugrund: 389 Kimberley, Südafrika (Dr. Fırexn) . o s? Na 390 Gibeon, Deutsch-Südwestafrika (Dr. Fınck#) s? Y? Bleiglanz: 391 (mit Fluorit, Kupferkies, Zinnstein, Zinkblende verwachsen); Luxergang, Mariaschein bei Graupen (Pu. Scuitter) . 2 — 392 (aus Kalkspatgang); Perranporth, Cornwallis _ Y 393 | Brauneisenstein; Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald Imee Eısen- TRAUT) . er R - s-Is N% 394 , Braunspat; Luxergang, Mariaschein bei aupeh (Pı. Sea) 5 — _ 395 , Columbit: Orijärvi, Kisko, Finnland (Dr. Perka) s? Bez 396 | Cordieritfruchtschiefer; Pillmannsgrün, Vogtland (Dr. Scuröper) . s-Is Y 397 | Cordierithornfels; Bergen, Vogtland (Dr. Scuröper) s _ 398 | Cossyrit; Pantelleria (Dr. Fınckn) Re: 2 Y 399 | Diabas, porphyrisch GEB Ehe): Georgental bei Klingetal i. Erzgeb. (Dr. Schröper) 2 s - 34* 406 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 Diabas- (Olivin-); östlich von Njambo, Deutsch-Ostafrika (Dr. Fısck#) Dioritschiefer; a bei Schönlind i. EipeleT. Dr SCHMIDT- Wunsiedel). . . - Eisenspat; Ivigtut, Grönland Elvan; Camborne, Cornwallis (Oberbergrat Beck) » turmalinführend; Wheal Busy, Cornwallis aan Base) Essexitporphyrit, TEE Bragernäs, Drammen, Norwegen (Dr. Finck#) Ba ae Wen) Bee A Essexitporphyrit, einsprenglinsarm ;Holmestrand, Norwegen (Dr. Fınck#) Essexitporphyrit el Soeteren bei ur Nee DE Fıneka). . . EEE Fahlerz (Arsen-), derb, in Greisen; N raner ee Zinnwald ee » stark zersetzt (malachit- and kupferlasuhalig); Vereinigt Zwitterfeldfundgrube, Zinnwald » verwittert; Neuschacht, Zinnwald . Feldspat; Nuolaniemi, Finnland (Prof. Rausav, Helsingfors) . » in grünes, sekundäres Silicat verwandelt; Paavola, Finnland (Prof. Rausay, Helsingfors) ehe Fluorit, dunkelrotbraun; Ivigtut, Grönland (Oberbergrat Beck) . » rot; Ivigtut, Grönland (Oberbergrat Beck) Gabbro (Flaser-); Penig i. Sachsen » Fupabo, Mitteltogo (Dr. Fısckn) Glimmer: Eisenlithiumglimmer, grau; aus dem Granit von lenken i. Erzgeb., Römerschacht . » schwarz; aus dem Zwitter von Altenberg i. Erzgeb., Römerschacht . n Paradiesgrube (Schellerhauer Ber in Altenberg i. Erzgeb. ” aus einem Quarzgang; Halde südwestlich vom Pfarrbusch von Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. » Luxergang, Mariaschein bei ap u. SCHILLER) porphyıisch, aus das Granit ansgeschie- den; Heinzengut bei Eibenstock i. Erz- geb. (Dr. Schröper) : » aus dem Greisen vom Geyersberg, Franz- schacht, Geyer i. Erzgeb. R Zinnwaldit aus einerDruse; Rautenkranzi. Erzgeb. (Dr. Sereöneh) stark zersetzt, talkig; Zinnwald, Gnade-Gottes- Ba (Ing. EIsentrAur) u » Kupfergrube von Sadisdorf i. N ” Pinge zu Sadisdorf i. Erzgeb. Muskowit; Salband eines Quarz -Turmalin „Wolfranitganges, Tirpersdorf i. Vogtland (Dr. Schröper) L » Black Hills, Re S.A. e= SER: Galiun- haltig) . » Los Condores, Sn ds En Tai, Argentinien (Oberbergrat Beck) 3.06 5 Biotit; Gurui, Nordostseite des großen parasitären ee Deutsch-Ostafrika (Dr. Fincku) er s-Is s-Is s-Is s? HH 3: mi G. Ezeruarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 407 Glimmer: \ 432 Meroxen; aus Melilithbasalt; südöstlicher Bone des el | Deutsch-Ostafrika (Dr. Fıncknm) . . . . 2 | s? _ 433 schwarzer; Nuolaniemi, Finnland (Prof. Ranerr)), une Is-st 24 434 aus Pegmatit; westliche Verberze von lesen, Deutsch-Ost- | afrika (Dr. Fnekn) . . ol - Ä 435 aus Pegmatit; Henpifindoreden elinmkreimn Miskanz (Deutsch: | Ostafrika (DrfEiscen)) a an: SE RE | AT: _ 436 | Glimmerdiorit ne Löwenhain bei Altenberg res: Halde Gottes Segen. . . Ro e s — 437 | Glimmerschiefer verzwittert; ee Westaustralien (net Krusen)s (galliumhaltie)e 2 ve een: | = — Gneis: 438 Zinngraben bei Schneeberg i. Fichtelgeb. (Dr. Scumior). . . = _ 439 Laaser Berge bei Strehla a. d.Elbe . . . . ER s _ 440 (unterer); Preißelberger Pinge bei Graupen . . ....| 8? —_ 441 (oberer, dicht); Jagdweg bei Altenberg i. Erzgeb. . . 2 s — 442 (Grauwacke, gn?); Heckenflüßchen bei Altenberg i. Eresb, s — 443 (oberer); Büttners Vorwerk bei Altenberg i. Erzgeb. | s Y 444 (unterer); Zinnwald, Halde bei der Kirche . | s N 445 (bei der Eruption des Quarzporphyrs mit emporgerissen); Zinn- | wald, Niedervereinigt Zwitterfeldfundgrube!. . . 2... s Ne 446 (Muskowitgneis, dicht); Sadisdorfer Bien) Erzgeb. . . s? — 447 (Muskowitgneis, a me); ir: bei Altenberg i. Erzgeb.. . s? NE 448 (Muskowitgneis) ; Mühldußweg bei Altenberg i i. Erzgeh,. SE — y% 449 (Muskowitgneis); Halde nördlich vom Pfarrbusch in Bärenstein ‘ 450 bei Altenberg i. Erzgeb.. . . . s? -- 3 (Muskowitgneis, nicht frisch) ; Weiseritztalbeiältenbergt. Bizgeh. —_ —_ i 451 (Muskowitgneis, sehr frisch); ae in AL Anal x fürstfundgrube Ey fr: — N% ' 452 (Eruptivgneis); zwischen Dean Einsiedel ae Netdork im } Eizreba 00 0.0) s NZ N 453 (Augengneis); zwischen Dealeeik Einsiedel und Nano Frzgeh. E N: R 454 (Gneis an einem Erzgang ae: Bee Sachsen, Lud- n wigschachtt . . . . s _ # 455 (Grauatglimmertels, granatreich); Mühllußweg bei Altenberg | 13 INEILZEebe ee ar 2 s NT ® 456 (Gneis serizitiert, zinn- und Kupfer); Breiberg N | sen, Himmelfahrtfundgrube . . . . | s Di 457 | Gneisglimmerschiefer; Krebsberg bei Ehrenfriedersdorf i. Be . 2) _ - 458 , Granat (Mangan-) aus Pegmatit; Groenfontein, Be a Gen | Südafrika (S. Prıs) . BuaDu ER | s? Y4 459 ” ” » ” Dane Dan) Deutsch-Ostafrika Da: | Fınck#) . . | ya Granit: | 460 Lithiumgranit (mittelkörnig, nicht frisch); bölmische lalden, N Wa ER ER Eee ra Br] s Nor 461 » (glimmerreich, fast frisch) ; bölimische Holden, Zinn wald san ar s Yap 462 » (mittelkörnig, fast frisch); Hahraische, Elalden, An he. ler re eos ken. un: ok s Nu ! Durch pneumatolytische Prozesse bei der Eruption hat dieser Gneis seinen Natriumgehalt gänzlich verloren. 408 Sitzung der physikalisch-matliematischen Classe vom 21. April 1910. 463 464 465 Granit: Lithiumgranit (inittelkörnig) , Gnade-Gottes-Grube. Zinnwald. (feinkörnig, glimmerarm, nicht eh Neu- schachthalde, Zinnwald . (mittelkörnig, fast fr isch); Nenschasbbalie Zinn- wald (kaolinisiert, direkt am Flöz Enlesend); Be Gottes-Grube!, Zinnwald (nseagı EısEx- TRAUT) (kaolinisiert, veilerab Von Flö2): Gnade! Gottes- Grube!, Zinnwald (Ingenieur EısentrAur) (Stockscheider); Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald (Ingenieur EısentrAur) . © - (Apophyse in den Quarzpor BR): Gnade- Gottes- Grube, Zinnwald . . (Apophyse in den Quaraporplyn) Znumald: St.. 5 Michaelis-Fundgrube . (Apophyse in Ei Quaraporphy); Zinnwald, Rösselhalde . . en Qnarsporphyn); Ziinwall Neu schacht (Apophyse in aan Quarzporphyn); Zinmwald, Gnade-Gottes-Grube . . Pinge Sadisdorf i. Erzgeb. (dieses Stück « erwies sich als lithiumfrei) (mittelkörnig, porphyrisch; Er No Ehrhardt. | schen Haus); Pinge, Altenberg i. Erzgeb. (mittelkörnig mit porphyrischen Quarzen); Süd- westseite der Pinge, Altenberg i. Erzgeb. (mittel- bis arobkämien; Finger Seaerz % Erzgeb. 3 (kleinkörnig, A ee Rnerschacht, Allen. berg i. Erzgeb. . (feinkörnig, porphyrisch) ; Barddiergrabe bei NE tenberg i. Erzgeb,. (Schellerhaugranit) . (mittelkörnig); Paradiesgrube bei AualeE i. Erzgeb. (Schellerhaugranit).. (feinkörnig, porphyrisch) ; Bärenfels bei Alten- berg i. Erzgeb. (Schellerhausgranit) . (grobkörnig); Steinbruch bei Hotel Stadt Bären- burg bei Altenberg i. Ban Salz granit). (mittelkörnig, nieht frisch) ; Parbikehvon Bir: stein bei Altenberg im Erzgeb. (kleinkörnig); Pfarrbusch von Bärenstein bei | Altenberg i. Erzgeb. . kleine Kuppe zwischen Altenberg ang Zionwald (mittel- bis feinkörnig); Bahra bei Beresiscnd Eisoldtscher Steinbruch . : Wunsiedel i. Fichtelgeb. r alte Zinngruben, Wunsiedel i. Fichtelgeh Dr. SchuipT) .» alter Schacht a Vinshangwerkes von Schön- lind bei Weißenstadt i. Fichtelgeb. (Dr;Scnuupr) (glimmerarm); Geyersberg iR ranzschach), oe er i. Erzgeb. (lithiumfrei) ; südlich der Preißelherger Pinge hei Graupen i. Erzgeb. . ı Diese zwei Gesteine sind wohl als sehr kaolinreiche Greisen anzusehen. Es Y > zu 2m iz: # Ay G. Egeruard: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. Granit: (lithiumfrei, ESBERN er we bei Gr En | wphirzpreb.iure . ee (lithiumfrei, leinkörnig, glimmer um); BeoiBalherper Pinge bei Graupen i. Erzgeb. (kleinkörnig, \AimbeNEN Preißelberger Einpa bei Graupen i. Erzgeb. . Wehrsdorff, Lausitz . Bergen i. Vogtland Mittweida i. Saclısen . Tellnitz i. Böhmen & Niedergrund an der Elbe, Albertusf; Isen Marktleuthen i. Fichtelgeb. Berbersdorff bei Roßwein i. Sachsen Liskeard, Cornwallis (Oberbergrat Beer) . & (Grenzstück vom Kryolith); Ivigtut, Grönland (Prof. Var zwischen Covilha und Fundäo, Beira beixa, Portugal Dr Fınekn) (aus der Nähe der Woltramitgruben); Bei beika; Portugal | (Dr. Fınckn) . R Mikrogranit Knorphyrischj; erbeiborger Bingo, bei Ben ß WORDEN: aaa, Preißelberger Pinge bei Graupen A E e Turmalingranit; Selb i. Fichtelgeb. Granitapophyse in Gneis; Halde nen Klisenberg id Mückentürmehen bei Graupen . Gneisgranit (Salband des Pan) Eababaaı, Sw aarelknd (Prof. MorEnGRAATT) . h Granit? Hangendes des Tin- Ser Naranen, Tin Mine, Ha zaribagh, Indien (Pır. ScuiLter) : Granitporphyr: (granitisch); Römerschacht, Altenberg i. Erzgeb. (biotitreich) ; zwischen Schellerhau und Bärenfels bei Akt ha i. Erzgeb. . : (Varietät); Preißelberger Poge bei. Genen Greisen: pneumatolytisch, umgewandelter Granit, (hellgiün); Römerschacht, Altenberg i. Erzgeb.. (sehr zinnsteinreich); Römerschacht, Altenberg i. Erzgeb. (mittelkörnig) ; Sue beim Ehrhardschen Haus, Bes, in Alten- berg i. Erzgeb. B (grauschwarz); Pinge in Altenberg i. Erzgeh. (graugrünschwarz, normales Ba nel); Römerschacht in Altenberg i. Erzgeb (mittelkörnig); keine Greisenkuppe bei ana i. Erzgeb. (glimmerreich); Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald. (porphyrische Orthoklase haltend); Pinge Sadisdorf i. ige, (feinkörnig, zinn- und kiesreich) ; Kupfergrube Sadisdorfi. Erzgeb. (topas- und kiesreich); Pinge Sadisdorf i. Erzgeb. (völlig umgewandelter DNS IEER Se; zucE Sadis- dorf i. Erzgeb. (feinkörnig, fast dicht) ; een Sadisdorf i. Bee, (porphyrische Quarze haltend); Pinge Sadisdorf i. Erzgeb.. (Granit teilweise in Greisen de PinpaS Sadisdorf i. Erzgeb. . Rs SR. ll. nn ) 410 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. | Greisen: | 529 (sehr topasreich); Mahlerzug östlich der Zu ne bei i Graupen (Pa. Schitter) . . & —_ Y 530 (sehr topas- und malachihalig); Zwichenpinge bei Graupen | (EiISCHtEEER) . —_ —_ 531 (sehr topasreich, grau) ; Zwiekenpioge bei Granpen (Pa. Sean) —_ _ | 532 (sehr topas- und men) rer bei Br f (ERSSCHITEER) EEE . —_ — | 533 (feinkörnig); südlich der Preißelberger Pinge bei Gran e s — | 534 (klein- bis mittelkörnig); Preißelberger Pinge bei Graupen . — N i 535 (sehr zinnreich) ; Preißelberger Pinge bei Graupen (Pa. Scuitter) — I j | 536 Sr ae bei un i. Be Es i hauer Greisen) . . s 2 \ 537 (mittelkörnig) ; Feldhalde en ee von Altenberg | (Schellerhauer Greisen) . . s — . 538 (feinkörnig mit porphyr. Gun: Feldhalde Bein Schützen. haus von Altenberg (Schellerhauer Greisen). . . . . . s NY 539 (glimmerreich); Pöbelknochen bei Schellerhau (Oberbergrat Beck) —_ N4 | 540 (stark zinnsteinhaltig, Erz); Paradiesgrube bei Be (rel; i lerhauer Greisen) (Oberbergrat Beck) . . ls-st N% j 541 (mittelkörnig); zwischen Bärenfels und Scheilerhan a s? NL | 542 (mittelkörnig); Pfarrbusch Bärenstein bei ar i. Eizgeh s-Is % 543 (kleinkörnig) ; " » » s? Y: 544 Bahra bei Berggießhübl, Eisoldtscher Steiner N RO Is r% 545 (Granit zum Teil in Greisen verwandelt); Hirschenstand Ber Frühbuß i. Erzgeb. (Hr. Hävusrer, Teplitz) . . . Er: — = 546 (Zwitterband); Hirschenstand bei Frühbuß i. Erageh Ar. Häusrer, Teplitz).. . . — — 547 (grobkörnig); Hirschenstand bei Fr ühbußi. Brzgeh dir Han, Replitzy er — == 548 (mittelkörnig); Hranzschacht en: den Eh i. Erzgeb. —_ — 549 (aplitische verzwitterte ep); Franzschacht, Be berg bei Geyer i. Erzgeb. . . — n— 550 (mittelkörnig); Auer Shera hei Hibenetoekn Be (Dr. Soaanee) — — 551 (Turmalingreisen); Sauschwemme bei Johanngeorgenstadt i. | Erzgeb. (Oberbergrat Beck) . . . . . 0 — = 552 (mittelkörnig, reich an Zinnstein, Wolframit ond Kissen): | Schlaggenwald i. Böhmen . . NEE. -- = | 553 >. an Zinnstein); Glen in Böhm } ® —_ == | 554 ” St. Mauritius bei Abertham i. ER 5 s? — | 555 Potzelschiht bei Wunsiedel i. Fichtelgeb. (Dr. Scanior) . . _ == | 556 ” ” ” ” ” ” » Wen — — 557 (glinmerreich); ebenda (Dr. Scumior) . . Bo — = | 558 (kupferkiesreich, lithiumhaltig); Weißenstadt i. Fichtelgeb. | (Oberbergrat Beck) . . . hr. — = 559 (lithiumreich); Bunnymine, St. Ruta ln RT = 560 (lithiumfrei); Luxullian, Cornwallis . . . . ar ee äte s? = | 561 (Turmalingreisen); Fundort unbekannt, N ner — = 562 "ithiumfrei); Carrock Fell, Cumberland . . . .... s? = 563 (aus Granitgneis entstanden); Pitkäranta, Finnland (Dr. Irestenr)" Se, a >= | 564 (aus Pegmatit entstanden); Pitkäranta, Finnland (Dr. Trüsrepr) -- — h | 565 (?); Zentrum des Tin Lode, es Tin = Patzer 4 Indien (Pır. Scuiuzer) . s? Y4 566 (ivigtithaltig) ; Ivigtut, Grönland (Oberbergrat Baia) I: — ng _. u EU at Zoe G. EseruAarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. 11. 579 583 584 589 590 592 593 594 595 596 597 Greisen: (kleinkörnig, zinnreich) ; De: Transvaal, Südafrika rof MOoLENGRAAFF) so (kleinkörnig, zinnarm) ; Viaklagte, er Südafrika (S. Pers, Hamburg) SER (pegmatitisch, zinnreich); Vileklangter eansyänl (se Fund: stelle) (S. Pers, Hamburg) . (aus Mikrogranit entstanden, erkgrischt ühinmfrei); Osisce der Pinge, Altenberg i. Erzgeb. Een 75 & (aus Mikrogranit entstanden, topasreich, Kahiumrei); Od der Pinge, Altenberg i. Erzgeb. rer: (aus Mikrogranit entstanden, felsitisch, öinnräich, Tambei Ostrand der Pinge, Altenberg i. Erzgeb. (Sämtliche Alkalien sind bei der Imprägnation verloren " worden) . 5 (aus Mikrogranit a anlı lithiumfrei); Halde südwestlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (aus Mikrogranit entstanden, lithiumfrei); Michaelisfundernts nördlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (aus Mikrogranit entstanden, lithiumfrei); Halde nördlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (aus Mikrogranit entstanden, porphyrisch, zinnreich, Lithium | haltig); Preißelberger Pinge bei Graupen Hornblendeporphyrit: Kaufbach bei Potschappel, Sachsen Hornblendeschiefer: Fritzchens Kuppe bei Altenberg i. Erzgeb. Hornstein: (Gangstück); Halde am Franzosenstein bei Zinnwald (naeniou EisENTRAUT) . A BER (titanhaltig) ; Nordostrand dan Be Alenbere Elisabethstollen bei Oberwildental, Erzgeb. (Dr. Sennöneh)) Jaspis: Fuß des Geisingberges bei Altenberg i. Erzgeb. . Kalkspat: (Gangstück) Perranporth, Cornwallis . Kaolin: Zinnwald, Vereinigt Zwitterfeldfundgrube . Kupfererze: Kupferglanz; Bottalackmine, Cornwallis (Pr. Scuitter) . Kupferkies; m ee) böhm. Halden, Zinn- wald i Kupferkies und es Vorwadheen, Zannald) Halde Denn Franzosenstein (Ingenieur Eısextraur) . Kiese (abgebrannt) ; Mückenberger Pinge, Graupen (Pır. Sc neh) Kupferkies, mit Bleiglanz verwachsen, aus einem Seas; Hohe Eule bei Niederpöbel i. Erzgeb. Kupferkies in Dr San Gang) Granpen | (Pu. ScHiLLErR) Kupferkies, geröstet., Mückenhonger Bine ei Graupen (Pu. ScHitLer) 2 Kupferkies (mit Gesten), Ben bei Karharinaberg, in | Böhmen (Pr. Schitter) Kupfererz (malachit- usw., ainnbaltig), ander unhekannk N South Wales, Australien (Pa. Scnirter) Kupferkies, mit Wolframit innig verwachsen, silberweißes all; | glänzendes Mineral, Zinnwald, böhm. Halden - Kupfererz (imprägnierter Schiefer?), Perranporth, Konrgallien Kryolith, schwarz: Ivigtut, Grönland (Oberbergrat Beck) Lamprophyr: Preißelberger Pinge bei Graupen (Pr. Scrttrer) 41l NG Y 412 a en a [o} + Sitzung der physikalisch-matliematischen Classe vom 21. April 1910. \ Leueittheralit: Auswürfling des Nanilagira, Var Deutsch- Ostafrika (Dr. Fıncku) . Magnetit: (zwei Proben, etwas zinnhaltig); Lupikko, Finnland (Dr. PETRA) PREr N AT lo Malachit: (gesteinhaltig); Römerschacht, Scaaipr) a TE Altenberg (Bergverwalter | Molybdänglanz: Feldhalde beim Schützenhaus von Altenberg Mahlerzug bei der Zwirkenpinge, Sn (Pn. ScHILLER) | Nakrit: (aus einer Druse, thiumhaltig); Rautenkranz i. 1. Eragel (Dr nurze | Nephelinit: (apatitreich):; Nordabhang des Okdinge an Deutsch- Ostafrika (Dr. Fınckn) Nephelinit: (perowskitführend) ; Nee: des Online Teueg: Deutsch-Ostafrika (Dr. Fısckn) . o Nephelinleueitit: Lava vom DIEBE RIESE, Deutsch- Ostafrika (Dr. Fısckn) . & U Orthoklas: (aus Stockscheider, zinnreich), Gnade Gottes Grube, Zinnwald (frisch, aus einem Flötz, ne A nen Zinnwald . (grünes, sekundäres, en Silikat auf Orthoklas), böhm. Halden, Zinnwald B n Phyllit (Granat-); Fritzchens Kuppe bei Altenberg i. Erzgeb. . Porphyre: Gangporphyr; Kupfergrube Sadisdorf i. Erzgeb. Gangporphyr (quarzarm, feiukörnig); St. Michneliafatdernber nordöstlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg Gangporphyr (quarzarm); St. Michaelisfundgrube, nordöstlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg Gangporphyr; Steinbruch in Becherbachtäil bei en Gangporphyr (etwas zersetzt, A Bahnhof Moldau i. Böhmen Gangporphyr (felsitisch); Forsthaus Mückenberg bei Gralpen | karbonischer Porphyr; Schellerhau bei Altenberg i. Erzgeb. Quarzporphyr; Tautenhain bei Geithain i. Sachsen 5 Rochlitz i. Sachsen . s » Dornreichenbach i. Sachsen . R Wendischliain bei Leisnig i. Sachsen . Edle Krone bei Tharandt. Bahnhof Grimma i. Sachsen . (Pyroxen-); Grinıma i. Sachsen. (Teplitzer); Pseudobrookitgestein: Pyknit: Pyknitschiefer: (lithiumhaltig); Saubach bei Schneckenstein i. Erzgeb. (Dr. Scuröper) 2 a ee Zee Katzenbuckel, Odenwald (Dr. Fıscxn) . (lithiumhaltig); Vereinigt Zwitterfeldfundgrube, Zinnwald Pyrit, derb: Pyrit, kristall.: (zersetzt, Salband eines Durau) Hiltenschacht, Tirpersdorf im Vogtland (Dr. Scuröper) Ei Hiltensehacht, Tirpersdorf im Vogtlaud (Dr. Schröver) Steinbruch anı Preißelberger Pinge bei Gamer | s? s? PRFER U U EEE — st G. Epernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 413 631 |, Pyroxenit: Tschadberg, Lamatischigebirge (Dr. Fısckn) . | s _ $ Rhombenporphyr: | 632 (pneumatolyt. umgewandelt); EibR, imandantiare, Deutsch- .| Ostafrika (Dr. Fıscku) . . | - N“ 633 (Nephelinrhombenporphyr, av); Y Bank Bei Te Süd- | norwegen (Dr. Fıncku) | = Ye I 634 (jungvulk.); Kibo, Kilmandschar, Ngombere 1 Bach, Deutsch, | | Ostafrika (Dr. Fıscku) ll — 4 Roteisenstein: 635 Einpep Altenberosis Erzppby sa aa N: — 636 (Eisenglanz); Altenberg i. Erzgeb. . . . . 5 _ _ 637 Eisenzeche Segen Gottes, Pöbeltal bei ee: i. rageb. “| — || 638 | aus der Zkonsednie von Hrn. Rıezz-Brasilien . . . . | — _ Scheelit: 639 Otomezaka, Kai, Japan (Prof. KruscHh) . . . . 2... _ »% 640 Schlaggenwald i. Böhmen (Pr. Scmuter). . » 2 2.2.0. — Seltene Erden führende Mineralien: 641 Äschynit (?), alluvialer: Embabaan, Swazieland (S. Prıs) . . st! Y% 642 Monazit, alluvialer: Embabaan, Swazieland (S.Pzıs) . . . _ —_ 643 Monazit, Impilacks, Finnland (Dr. Petra) . . ». 2... st! Y 644 Sipylit, Fundort unbekannt (Prof. Dennis) . . ». 2... — NY I 645 Plumboniobit, Morogoro, Deutsch-Östafrika (Dr. Fınckn) . . s NZ 646 Plumboniobit, Erden: Morogoro, Deutsch-Ostafrika (Dr. Hauser) s IN 647 Wiikit, braun (Nr. 31); Lokantaari, dep ee) Finn- | land (Dr. Borsströnm, Helsingfors) . . | Is IV 648 Wiikit, schwarz, glänzend (Nr. 30); Tokan Kirchspiel Yin. ’ pilacks, Finnland (Dr. Borssrröm, Helsingfors) . . . st! NY : 649 Wiikit, dunkelgrau (Nr. 22); Nuolaniemi, er Dief Impilacks, Finnland (Dr. Borsströn) . . ls N | 650 Wiikit, schwarz, matt (Nr. 32), Tan Kirchspiel Ip ; lacks, Finnland (Dr. Borssrrön) . . . st! 2% 651 Wiikit, gelb (Nr. 20); 2 Proben, Naolaniemi Kirchspiel pin lacks, Finnland (Prof. Rausay, Dr. Borsström, Helsingfors) NG 652 Wiikit, braun; Nuolaniemi, Kisuae) eu Finnland | b (Prof. Ransay) . ! Is NY 653 Wiikit, schwarz, matt; Hundort bekennt Finnland (Dr. Pitaa) st! N i 654 ” ” BT Fundort unbekannt, Finnland Se 3 Pemma)e > Is WE | 655 Wiikit, schwarz, An Dia; Fundort unbekannt; im: | land (Dr. Prıra) . . Sl ist! IV 656 ° Wiikit, braun; Impilacks, Finnland (Nachlaß von Dann) alles N 657 Wiikiterden; Fundort unbekannt, Finnland (Prof. R. J.Mever) | Is N 658 | Shonkinit: Katzenbuckel, Odenwald (Dr. FınekHn) . . .» 22.2.1. — Y 659 | Skapolit: Laurienkari, Turku, Finnland (Dr. Peıra) . ». 2...) 08 NY 660 | Steatit(?): Soengei Leat, Bangka (Pr. ScmmierR) . . 2.2... Bi —_ 661 | Stolzit: Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald (Ingenieur Eısentraun) . . | — —— Trachyandesit: 662 (anstehende Lava); Fe Donner rlunne, Deutsch-Ostafrika | (Dr. Fınckn). . . EN er Nr 663 Kibo Westbarranco, Denisch: Ostafrika Dr. re ES En — ng > 414 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. Trachydolerit: Fuß der Ostgruppe der Nrmserllens, Deutsch-Ostafrika (Dr. Fınckn) . & (Typus Eisexithornhynt), "Kibo Westbarranc, Deutsch-Ost- afrika (Dr. Fırckn) E (Trachytoider Trachydolerit); Ribo Kiimandschar, Deren. Ostafrika (Dr. Fınckn) e (Trachytoider Trachydolerit); Südseite ads Bragernäs Re Bil Drammen, Norwegen (Dr. Fınck#) uno = Triplit: Geyersberg bei Geyer i. Erzgeb. . Tuff, karbon. (CO 2): Abendleithenweg südwestlich von le bei Altenberg i. Erzgeb. . RS te & Turmalin krist.: Wildental bei Eibenstock i. Erzgeb. (Dr. Scuröper) Turmalinschiefer : Gertrudfundgrube, Tirpersdorf i. Sachsen (Dr. Scuröper) aus den Seifen von Sauschwemme, Auersberg bei Eibenstock im Erzgeb. (Dr. Scuröper) . Wolframit: südliche böhmische Halden, Zinnwald (zinnreich) . St. Michaelisfundgrube, Zinnwald (zinnarm) . Geyersberg bei Geyer i. Erzgeb. Kupfergrube Sadisdorf i. Erzgeb. Vitistollen bei Graupen (Pr. Schiczer) B Abendsternstollen bei Graupen (Pu. Scaitter) . Luxergang, Mariaschein bei Graupen (Pr. Scnirrer) . Tirpersdorf i. Sachsen (Dr. Scuröper) . Neudorf i. Harz Felsöbanya, Ungarn . Rib di Bodiläo, Beira beissa, se Earl, Portnga Prof Krusch) Los Condores, Sion de San Luis, Argentinien Oberhergrat Beck) . c a 3 Perranporth, ee Zinkblende: Böhm. Halden, Zinnwald (indiumreich) . (im Quarzgang) Halde des TOBANBOSmAeSPRIEFNR SS, Graupen (Pu. Scnitter) e ER. 5 2 Orijärvi, Kisko, Hinnland 2 er ah ee Pitkäranta, Finnland . . . A ec Ivigtut, Grönland (Dee Be ER ee New-House Utah, U. S. A. (gesteinhaltig) ; Friedensville, Peuaslvonfenl U; S. Au Zinnkies: (reinst); böhm. Halden, Zinuwald a (in Bleiglanz); Vereinigt Zwitterfeldfdgr., Tai Zinnstein: (kristallisiert); Vereinigt Zwitterfeldfdgr., Zinnwald . (aus Flöz im Quarzporphyr); Hansaflöz, Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald (Ingenieur EısentrAur) (im Quarzporphyr selbst gewachsen); Dee Ge Grube, Zinnwald (Ingenieur EisentrAur) Y y y NG BrEn G. EsernArn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. I. 415 Zinnstein: | 698 (ausgeschlämmt aus Zwitter); Brulere, Römerschacht Dar verwalter Scaumior) . . Is 4 699 (ausgeschlämmt aus Zwitter); Küpferer abe Sedisdorfi, Erzgeb. Is-st —_ 700 (derb); St. Michaelisfundgrube, Pfarrbusch von Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (Öberbergrat Beck) . . - e= — 701 (derb); Hiobstollen, Pfarrbusch von Bärenstein bei N apere im Erzgeb. (Oberbergrat Beck) . . - BES Is x 702 (Kristall); Sauberg bei Ehrenfriedersdorf i. et alles s? _ 703 (Kristall); Hirschenstand bei Frühbuß i. Brzeeh. u: Häuster, epliiz)es. 0. — — 704 (Kristall): Behlaggenwall i. "Böhmen (Dr. as München) > s —_ 705 (Kristall); Arsenopyritgang im Du Mariaschein bei Graupen (Pu. Schitter) . . De 008 s? —_ 706 (aus Greisen); Zwiekenpinge bei Feranden (Pr. Sara) . Is N 707 (derb); Luxergang, Mariaschein bei Graupen (Pr. Scuurer) . s —_ 708 (Kristall; auf Suaunorehr): u eeneies Bue bei Gr ep (Pa. Schitter) . - s _ 709 Quarzflacher Gang, Dröimichler Sohle, Geangen (Pa. Ken) ls _ 710 » » Josefistrecke, Graupen (Pr. Scuuzer) . . ls —_ 7ıı Blaue Kluft II, Martinistollen, Graupen (Pn. Scauter) . . .» Is —_ 712 »Buche«-Tagesschacht, westlich vom Abendsternstollen ge fundener Gefährte, Graupen (Pr. Schiıer) . . : s Y 713 Kreuzung des Abendsternganges mit eineni Gefährten an Her blauen Kluft, Graupen (Pn. Scaitrer) . . . ; ls —_ 714 Kreuzganger Flache, Josefistrecke, Graupen (Pr. Shanten) : —_ — 715 Trum aus dem Felsitporphyrzug zwischen Forsthaus und Gast- haus Mückenberg, Graupen (Pr. ScmuteR) . 2.00.» s 716 Schächengefährte, Josefistrecke, Graupen (Pr. Scniuzer) . . s — AT Unverhofltgang, Josefistrecke, Graupen (Pn. Scuitzer) . . ls-st 718 Brandgefährte, Sohle des Dreimichler Schachtes, en (Pr. Schuster) . » s N 719 Zinnsand (nach Entfernung des Quarzes ind Magnetites), Weißenstadt i. Fichtelgeb., Graupen (Dr. Scnmipr) . . . ls _ 720 (kristall. in stark en aa Penzance, Cornwallis (Pn. ScHitteR) . . - > s — 721 (mit Kupfererz und Gestein Ten acten); Phönixgrabe "bei Callington, Cornwallis (Pu. Sommer) . . .» » - 320 — — 22 Bottalack Mine, Cornwallis (Pu. Scaitter) . an Is — 723 Drattenwall bei Tavistock, Cornwallis (Pr. EN er ls _ 724 (mit Turmalin verwachsen), Great Wheel a Helston, Corn- wallis (Ps. Scitter) . . Eh Bao oO Or —_ u 725 (braun), Pitkäranta, Finnland (Dr. Br hi); NE — -- 726 Lupikko, Finnland (Dr. Perra) . . re ena == _ 727 Montebras (Creuse), Frankreich (Pr. a eh seele s? —_ 728 Campiglia Marittima, Italien (Prof. Lort) . . 2... u = 729 La Estaneira, Spanien (Prof. Kruscn). . . ge 2 730 Embabaan, Swazieland, Südafrika (Prof. MoLEnan rs). x Is-st Mr 731 (aus Pegmatit), Embabaan, Swazieland, Südafrika (Prof. Moren- GRAAFF) . > Is-st Sa 732 (Eluvialzinn), Meerudn, Snasteland, "Südafrika (S. Prrs)) eb: st! Ne 733 (in Turmalin), Farm Hartebeestfontein bei Boaiberer Water- bergdistrikt, Südafrika (S. Pris) . . = —_ 734 (in Pegmatit?), Farm Enkeldoorn, 10 Meilen westlich von Vlaklaagte, Südafrika (S. Peıs) . . - _ _ 735 (mit Kupferkies, Bleiglanz in nl Zaniplas bei Groen- fontain, Südafrika (S. Pzıs) . - 2 LG _ _ 416 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. 736 737 | 756 767 768 Zinnstein: (in Turmalin), Appingendam, nördlich von ee Süd- | afrika (S. Prıs) . (aus den Pipes), (Groentantein, Pietpotgicterr nstdimerk, Sd- afrika (S. Pers) . 3 (kristall.), Onongebiet, Transbaikalien (Ps. Scmurer). (aus kaolinisiertem Granit); Li Tschin Ho’s Mine bei Sapene; Perak, malai. Staaten (Prof. Krusch) (in Steinmark); Kampar, Perak, malai. Staaten (Prof. Kavsck) Takayama-Mine, Japan (Prof. Krusch) Soengei Leat, Bangka (Ps. Schizter) . Fundort unbekannt, Alaska (Dr. Weiısz) Black Hills, Dakota, U.S. A. (Pu. Scmurrer) . (kristall.); Ivigtut, Grönland (Prof. Ussınc) . (nieriges Zinnerz); Seifen von Tara ee ee Mexiko (Oberbergrat Beck) Sn IE Fundort unbekannt, Chile (Ph. Sonnzea)). Lanzelot-Mine, Herbertondistrikt, Nord- Oresnsland, Australien (Prof. Krusch) : Sidney, New South Wales, Austrahen (Ph. SEN Fundort unbekannt, New South Wales, Australien (Pa. Se aus den Seifen von Greenbushes, Westaustralien (Prof. Kruscn) »Brown Face«, Mt. Bishoff, Tasmanien (Prof. Kruscen) . (kristall.); Lottah-Mine, Tasmanien (Pa. Scumtrer) Zirkon aus dem T'horianit, Ceylon Zwitter, pneumatolytisch umgewandelter Gneis: (unterer Gneis aus der Nähe eines Zinnerzganges); Halde süd- westlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (unterer Gneis, Zwitterband); Halde südwestlich vom Pfarr- busch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (unterer Gneis, chloritisiert, weitab vom Granit); Halde dor lich vom Pfarrbusch Ben bei Altenberg i. Erzgeb. . (unterer Gneis, stark mit Lithium imprägniert, aus der Nähe des Granits); Halde nördlich vom Pfarrbusch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. ., P (Muskowitgneis, verkieselt, zinnreich); Halde nördlich vom Pfarr. busch Bärenstein bei Altenberg i. Erzgeb. (unterer Gneis, chloritisches Zwitterband), Halde Segen Gottes zwischen Löwenhain und Fürstenau bei Altenberg i. Erzgeb. (unterer Gneis, chloritisiert), Rabenhübl bei Löwenhain bei Altenberg i. Erzgeb. Pe 6 (unterer Gneis, hornsteinartig); Halde Segen Ca en Löwenhain und Fürstenau bei Altenberg i. Erzgeb. Altenberg i. Erzgeb. i (unterer Gneis, verkieselt, nicht ganz EG von Ale Gneis); Rabenhübl bei Löwenhain bei Altenberg i. Erzgeb. (unterer Gneis, chloritisiert, Teil eines en zinn- und kieshaltig); Halde Segen Gottes zwischen Löwenhain und Fürstenau bei. Altenberg i. Erzgeb. . A (Muskowitgneis, verkieselt, lithiumhaltig) ; südlich vom Kahle- berg bei Altenberg i. Erzgeb. . ma (Muskowitgneis, verkieselt, lithiumfrei) ; Abendleithenweg, süd- westlich von Bärenburg. bei Altenberg i. Erzgeb. (Zinnsand), Kuilsriver bei Kaneladk, Südafrika (Prof. Kaiser) (unterer Gneis, Zwitterband); Rabenhübl bei Löwenhain bei I s? SU un G. Epernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde, II. 417 OERBEREE3EBDLOEBEEEE ERENTO a En 18 an nl 2 Sn du u Zn Bi a 2 0 Ze 2 a A oa 57 Zwitter, pneumatolytisch- umgewandelter Gneis: (Muskowitgneis); Pinge in Sadisdorf i. Erzgeb. . .-. s Y ( ” Zwitterband); Pinge in Sadisdorf i. Era: a > Kupfergrube Sadisdorf i. Erzgeb . . . . s Y stark lithiumhaltig, aus derN: und Gr u Kupkerkrübe Sadisdorf i. Erzgeb. . . . A NE (unterer Gneis); Halde zwischen Klösenberg und Mückentärm- chen, Graupen i. Böhmen . . . . ai s N? (unterer Gmeis, teilweise a R Preißclherger Pinge, | Graupen i. Böhmen . . — -— (unterer Gueis);- Pinge Telasehberg e oe i. Böhmen aRres? —_ » stark lithiumhaltig); En beim Mücken- | fälsnchen, Graupen i. Böhmen . . — | _ (unterer Gneis, an SDRBR uiegend); Pinge Klösenberg Graupen i. Böhmen . . s = (unterer Gneis, an Zinnsteingang anlie gend); Teer Gang, EN | schein, Graupen i. Böhmen . . . |. s-Is = I} (unterer Gueis, Jithiumreic h); Preißelber ger Bes Bi Graupen i. Böhnen . . a alas? _ (unterer Gneis, lithiumreich); VerwerfungsklufidesLuser Ganges, Mariaschein, Graupen i. Böhmen (P». Scmrter) . » | s D Zwitter, pneumatolytisch unıgewandelter Gneisglimmerschiefer: Sauberg bei Ehrenfriedersdorf i. Erzgeb. . . ». ». .»..| — | = (stark verzwittert und an), ee bei Ehren- | friedersdorf i. Erzgeb. . . . - Sch eh \: — + Zwitter, pneumatolytisch ungewandelter ER (zinnreich, lithiumfrei); Nähe der Kirche von Zinnwald . . s N obere Pinge, Altenberg i. Erzgeb. . . » ». . 2 2... s N“ Preißelberger Pinge, Graupen i. Böhmen . . I Nor (topasreich) ; Bu bsee Eine, en 1 Bohren 1 (Pa. SCHILLER) . » 5 ls — (verkieselt); Halde südlich von Anleaere. i. Braga | Enge s? Di (reich. an Roteisenstein); Hoher Busch bei Geising i. Erzgeb. —_ _ (reich an Fluorit); Hoher Busch bei Geising i. Erzgeb.. . . — Y. Zwitter, pneumatolytisch umgewandelter karbon. Porphyr: (Zwitterband, lithiumhaltig); Bärenfels bei Altenberg i. Erzgeb. s _ (lithiumfrei); Schellerhau bei Altenberg i. Erzgeb. . . - - s? — (verkieselt);; zwischen Bärenfels und Schellerhau bei SHenbare U Birz eb EEE Se, s — Zwitter, pneumatolytisch umgewandelter Teplitzer Quarzporphyr: (topasreich, völlig umgewandelt); Guttenschacht, Zinnwald. . s? Y (lithiumfrei); Seo und, Ziunwald . . . . _ Y (lithiumfrei, völlig Be Send. Zinnwald (in | genieur EisEntrAuT) . . £ _ NH (zinnreich); Gnade-Gottes Grahe, Zinnwald Ingenieur Euer | TRAUT) . RT ; | s NL St. Fuchackb Firtderabe, Fiumwrälll . Se s Y (am Zinnflöz direkt auliegend, völlig ana che Icio. | reich); Nieder-Vereinigt-Feldfundgrube, Zinnwald . . . s-Iis || N (weiter ab vom Flöz, Struktur Aue): Nieder-V ereinigt- Feldfundgrube, Zinnwald . . . . RAR Ag sadkıı s-Is Y Franzosenstein bei Zinnwald (Ingenieur Hersreaue OU NE s? 37 Kleine Greisenkuppe bei Altenberg. . . s Ne (sehr topasreiehı); Raubsehloß zwischen Zinmwald u Graupen (ES SCHITTER) ER ea eE reihen Ahnen he, Aa ze Re ER NY ns 418 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. Tre ne Zwitter, pneumatolytisch umgewandelter T'eplitzer Quarzporphyr: 803 (an Granitapophyse anliegend); Gnade-Gottes-Grube, Zinnwald (Ingenieur EısentrAun) . . s? NY 804 (an a anoply, eo) St. _Michaelis- Eunderabe, Zinn wald : s ve 805 (an Grankabonbae Karen Ge Goes Grube, Zinnwald (Ingenieur Eısentwaur) . . s? NV 806 (verkieselt); Kahleberg bei Aesban: 1; Ergeb, un: s? Yı 807 (Zwitterband, lithiumfrei); Kahleberg bei Altenberg i. Bosch. - 2a N 808 (verkieselt und zersetzt); Kahleberg bei Altenberg i. Erzgeb. . s ya, | 809 (verkieselt); Bärenfels bei Altenberg i. Erzgeb.. . . . — — 810 (Quarz, Muskowit, Topas, Zinnstein Aa) Kahleberg be Altenbere 14 Erz eb. er s? Yy Zwitter, pneumatolytisch umgewandelter Gangporphyr: 811 (felsitisch); Halde zwischen re und Mückentürmchen bei Graupen. . . re —_ — 812 (felsitisch); Mückenberg Bei Ge) (Pr. Sekten] En ea s? Y | Zwitter, turmalinisierter und topasierter Quarzporphyr usw.: 813 (Quarzporphyrbreeeie); östlich vom Schneckeustein i. os (DLISCHRODER)L 38 E s? —_ 814 (Topasgangbreceie); westlich vom Schraekantein i. Brzgeh. (Dr. Schröder) . . - » : Is yı 815 (Turmalinschieferbreceie); Schusckensteint, regeh. (Dr. Scnnö- Dan). MUT. KR SEE SEE ER Ye 816 | Grubenwasser: (zinn- und Papiere). tiefer Martinistollen (Granpes) (Pa. ScnuuieR) . . . . ae . — _ | Schlacken: 817 (alte Zinnschlacke); St.-Michaelis-Fundgrube, Bärenstein- bei Altenberg i. Erzgeb. (Bergverwalter Scamipr) . . . - ls —_ 818 (Zinnschlacke, stark BRnRABEN alte Schlackenhaldenbei Se dorf i. Erzgeb. . . ls Nr 819 (Zinnschlacke, kupfer- nd Vhiomhalti); Ans Schlackenhalden | bei Sadisdorf i. Erzgeb. . . ls NY 820 (Zinnschlacke); Altenberg i. Be Be ln Is-st Yu | 821 (Zinnschlacke, Zinnwalder Erze); nn i. Den, Ge | verwalter Schupf!) . . - st Ne 822 (Zinnschlacke) ; Nicolaier Schmelzhütte bei Voitsdorf, Müglitztal (Pa. Schuter) . . Aare —_ —_ 823 (Zinnschlacke) ; Weißenstadt i. . Eichtelgeb. (Dr. EHE, Buie _ _ 824 (Zinnschlacke, kupferreich); Weißenstadt i. RarlEe: Or Scunipr und Dr. Hauser) . . —_ — 825 (Schlacke aus der Wolframstahl fabrik Bean), Hagen i. West. st > Ein Mineral, welches Skandium als wesentlichen, nicht bloß ak- zessorischen Bestandteil führt, hat sich auch diesmal nicht gefunden, denn der Wiikit kann als ein solches nicht angesehen werden, da Proben, die alle den Pegmatiten des Kirchspiels Impilacks entstammen und sonst durchaus identisch erscheinen, sich in bezug auf die Menge des Skandium gänzlich verschieden verhalten, z. B. 654 und 655. Sucht man nun aus den Tabellen diejenigen Mineralien aus, welche Skandium in chemisch nachweisbarer Menge führen, so zeigt sich, daß nnd G. Eseruarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 419 sie alle Graniten oder noch spezieller Pegmatiten (Norwegen, Schwe- den, Finnland, Elba, Swazieland usw.) entstammen, denn die Zinn und Wolfram führenden Erzgänge wie die von Zinnwald, welche ein durchaus pegmatitisches Aussehen haben, werden von den Geologen jetzt auch als pegmatitische Gebilde aufgefaßt'. Auf diesen Zusammenhang zwischen den Pegmatiten und dem reichlichen Vorkommen des Skandium, welcher mir früher entgangen war, machte Hr. Vernapsky” bereits 1908 auf Grund der ersten von mir publizierten Resultate aufmerksam. Das jetzt neu hinzugekom- mene, in obiger Tabelle gegebene Material bestätigt durchaus diese Ansicht. In welchen Mineralien der Pegmatite das Skandium sich kon- zentriert, hängt natürlich von den herrschenden Verhältnissen ab, so ist in den finnischen Pegmatiten das Skandium im Monazit (Phosphat), in einem kleinen Teile des Wiikites (Titanoniobat) und im schwarzen Glimmer (Nr. 433) abgeschieden, im Pegmatite des Swazielandes da- gegen im Zinnstein (SnO,) und im Äschynit (Titanoniobat), während der Monazit davon völlig frei ist. Wahrscheinlich ist es möglich, die Bedingungen für die Bildung skandiumreicher Mineralien noch weiter zu spezialisieren, wenn die Re- sultate, welche die Untersuchung der zahlreichen Zinn- und Wolframerze ergab, in Beziehung zu der im großen und ganzen bekannten Entsteh- ung der verschiedenen Zinn- und Wolframlagerstätten gebracht werden. Bei der Besprechung der Vorkommen des östlichen Erzgebirges, die allein mir in ‚ihren geologischen Einzelheiten für einen derartigen Ver- such genügend genau bekannt sind, werde ich auf diese Frage nochmals zurückkommen. Hier seien noch einige Bemerkungen zu den Tabellen angeführt. Es mußte vom chemischen Standpunkte aus auffällig er- scheinen, daß Skandium in mehreren sulfidischen Erzen enthalten ist, so in dem Bleiglanz (39), dem Kupferglanz (174), der Zinkblende (686), dem Arsenkies (375, 376), dem Fahlerz (408, 409, 410) von Zinnwald. Eine Untersuchung der betreffenden Stücke hat nun gezeigt, daß in diesen Fällen kein reines, sondern von Zinnstein, Wolframit oder Li- thiumglimmer (letzterer meist völlig zersetzt, so daß sich sein Skan- dium konzentriert hat) durchwachsenes Mineral vorliegt. Den Blei- glanz durchsetzten z. B. feine grünliche Adern von zersetztem Lithium- glimmer, der Arsenkies und das Fahlerz hatten sich um Stücke von zinnhaltigem Greisen abgeschieden. Lagen wirklich reine Stücke zur ı R.Becr, Lehre von den Erzlagerstätten, 1909. I. S. 272, 11. S. 54. 2 Vernapsky, Zur Frage über die Verbreitung des Skandium. Bulletin de l’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. 1908, S. 1273. Sitzungsberichte 1910. 35 420 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. Untersuchung vor, die übrigens selten in Zinnwald aufzufinden sind, so ist Skandium nieht nachweisbar (Zinkblende [318], Zinnkies [693], Bleiglanz [694]). Auch die sulfidischen Zinnerze von Bolivia (Fran- keit [326], Kylindrit [327]), der Zinnkies von St. Agnes (325) und der Kupferglanz (585) der Bottalackgrube in Cornwall, der zinn- und wolframführende Kupferkies' (539) von Niederpöbel, der zinnhaltende Arsenkies (8) von Altenberg, welche allesamt Gegenden mit reich- lich skandiumhaltigen Zinnerzen entstammen, sind skandiumfrei. Be- sonders interessant in dieser Beziehung verhielt sich Kupferkies (586), der in kleinen Körnern aus stark skandiumhaltigem Wolframit rein isoliert werden konnte. Dieser Kies sowohl als auch ein kleines Stück Erz, welches aus einer innigen Verwachsung von Kupferkies und Wolf- ramit bestehend, ein silberweißes Mineral (594) bildete, sind skandium- frei gewesen. Es hat sich weiter bei der vorliegenden Untersuchung gezeigt, daß Zinnerze aus Gruben, die auch reichlich sulfidische oder arsenhaltige Erze führen, meist skandiumfrei oder doch wenigstens skandiumarm sind. Während das Fehlen dieses Elementes in sulfidführenden Gruben vom chemischen Standpunkte aus erklärlich ist, ließen sich bisher keine Gründe dafür angeben, daß in den Zinnerzen, deren Entstehung mit dem pneumatolytischen Prozesse der Turmalinisierung verbunden ist, ebenfalls in den meisten Fällen Skandium fehlt. Das gleiche ist für die umgekehrte Erscheinung zu sagen, nämlich für die starke Anreicherung des Skandium im Holzzinn von Cornwall (334) und Bo- livia (328) gegenüber dem schwach skandiumhaltigen Zinnstein und den skandiumfreien Zinnsulfiden (325, 326, 327) derselben Lager- stätten. Nach diesen allgemeinen Untersuchungen über das Vorkommen des Skandium auf der Erde überhaupt war noch die Frage zu er- ledigen, wie sich nun dieses Element in einem der obengenannten skandiumreichen Gebiete verteilt. Als besonders geeignet hierfür mußte die Kette postdyasischer Granite angesehen werden, welche auf einer nahezu geradlinigen Spalte zwischen Graupen und Sadisdorf empor- gedrungen sind. Dieses erzgebirgische Granitgebiet ist nämlich dureh jahrhundertealten, noch jetzt umgehenden Bergbau in sehr voll- ständiger Weise aufgeschlossen, und weiter ist es durch die umfassenden ı Der Zinn- und Wolframgehalt deutet darauf hin, daß dieser Kupferkiesgang (Hohe Eule) ebenso seine Entstehung der Eruption des Sadisdorfer Granites verdankt wie die dortigen Zinn- und Wolframerzgänge, die ihrerseits wieder etwas Kiese führen. Solche Verwandtschaften lassen sich häufig nachweisen. Als besonders markante Fälle seien das reichliche Vorkommen von Zinn im gediegenen Wismut von Johanngeorgen- stadt und in dem Kupferkies von Katharinaberg angeführt. vn Pr EFT ae) > . et. DE i x Kr a c j G. Ereruarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 421 ausgezeichneten Arbeiten von J. Darmer und R. Beer! in geologischer Hinsicht in allen seinen Einzelheiten bekannt. Der Verfasser hat sich daher 1908 und mit Hilfe einer von der Akademie gewährten Reise- unterstützung auch 1909 mehrere Wochen hindurch in dieser Gegend ‚aufgehalten und reiches Material an Gesteinen und Erzen gesammelt. Am geologischen Aufbau dieser Gegend des Erzgebirges betei- ligen sich folgende Formationen und Gesteine: I. Gneisformation (unterer und oberer Gneis). II. Phyllitformation. II. Steinkohlenformation. IV. Ältere Eruptivgesteine (Teplitzer Quarzporphyr, Granitporphyr, Granit). V. Jüngere Eruptivgesteine (Basalt). Von diesen Gesteinen haben die verschiedenen Gneise, speziell die in Zinnwald selbst gesammelten (Nr. 444, 445), einen kleinen, durch- aus normalen Skandiumgehalt, der karbonische Porphyr, Tuff, Arkose- sandstein sowie der wohl hier hinzugehörende schwarze Granitporphyr von Schellerhau (Nr. 513) und ebenso die Gangporphyre einen vielfach“ kaum nachweisbaren, die Phyllite dagegen einen relativ hohen (s-sl). Bei dem Granitporphyr und ebenso dem Teplitzer Quarzporphyr scheint die vorhandene Skandiummenge vom Glimmergehalt abzuhängen; so ist der gänzlich glimmerfreie, granitische Granitporphyr (Nr. 512) ganz frei von diesem Element, aber selbst glimmerreiche Varietäten (Nr. 162, ı63) sind skandiumarm. Man kennt aber alle diese Gesteine (mit Ausnahme der Phyllite) in pneumatolytisch” veränderter Beschaffen- heit (Zwitter), und da zeigt sich, daß diejenigen Stücke Skandium etwas (meist freilich nur wenig) angereichert enthalten, die in der Nähe skandiumreicher Granite gefunden sind, gleichgültig, wie der Um- wandlungsprozeß verlaufen ist. Es wandert also Skandium eben- so wie Kieselsäure, Zinn, Lithium, Fluor usw. bei der Verzwitterung in die Gesteine ein. Man könnte freilich denken, daß durch die bei der Verzwitterung vor sich gehenden chemischen Prozesse nur eine Konzentration des ursprünglich schon im Gestein vorhandenen Skan- dium hervorgerufen wird; dies ist aber für die meisten Fälle sicher nicht richtig. Besonders instruktiv in dieser Beziehung ist das Ver- halten des Teplitzer Quarzporphyrs, der in Zinnwald kristallreich ent- wickelt ist und außer spärlich vorkommenden Nestern von Glimmer ! Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte des Königreichs Sachsen. Sek- tion ILQ und 120. 2 Ob pneumatolytische oder hydrothermale Umwandlung oder beide stattgefunden haben, ist zurzeit nicht zu entscheiden. Allein um Wiederholungen zu vermeiden, ist hier stets der Ausdruck »pneumatolytisch« gebraucht worden. 422 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. nur sehr wenig von diesem Mineral zu enthalten scheint, so daß sich Skandium nicht immer mit Sicherheit in dem ganz unangegriffenen Gestein nachweisen läßt und daher eine bei der Verzwitterung stattfin- dende Skandiumkonzentration von vornherein unwahrscheinlich ist. Nun habe ich äußerst stark umgewandelten Quarzporphyr (798),. der direkt an einem Zinnsteinflöz anlag, untersucht, und es fand sich, daß dieser nicht nur außerordentlich lithium- und zinnreich ge- worden war, sondern auch Skandium in relativ beträchtlicher Anhäu- fung enthielt. Würde hier diese Anhäufung dureh Konzentration eines ursprünglich im Gestein vorhandenen Minerales stattgefunden haben, so hätte ein weiterab vom Flöz entnommenes Stück (799), welches infolge bedeutend geringerer chemischer Einwirkungen die Quarzpor- phyrstruktur völlig beibehalten hat, skandiumärmer als das stark zer- setzte sein müssen. Dies war aber keineswegs der Fall. Weiterhin müßte der bis fast zur Unkemntlichkeit verzwitterte Porphyr vom Guttenschacht in Zinnwald (793), ebenso die sehr stark umgewandelten Stücke vom Seegrund (794, 795) wesentlich skandiumreicher sein als die viel weniger stark affizierten gut erhaltenen Stücke Nr. 796, 797. Der Skandiumgehalt ist aber im Gegenteil für Nr. 793, 794, 795 kleiner als für die Stücke Nr. 796 und 797. Noch beweiskräftiger ist es, daß der zwischen zwei sehr starke Umwandlungen zeigenden Zwitterbän- dern (348) befindliche und nur wenig angegriffene Quarzporphyr (208) die gleiche Skandiummenge aufweist wie diese Bänder. Es findet sonach bei der Verzwitterung des Teplitzer Quarzporphyrs, ja überhaupt bei einer Berührung desselben mit dem Granit (803, 804, 805), zweifellos eine Einwanderung des Skandiums von außenher statt, genau wie auch eine solche des Lithiums bekannt ist. Zwischen diesen beiden Elementen besteht sogar eine gewisse Analogie in bezug auf das Ein- wandern. Es sind nämlich fast immer verzwitterte Gesteine, ganz gleichgültig welcher Art, dann lithium- und auch skandiumreicher, wenn sie aus der Nachbarschaft eines Erzganges, einer Imprägnations- kluft oder des Granits selbst stammen, als wenn sie weiter ab von diesen Stellen gesteigerter pneumatolytischer Tätigkeit genommen wor- den sind. Hierdurch wird auch erklärt, daß der weitab vom Zinn- walder Granit befindliche verzwitterte Quarzporphyr des Seegrundes sowohl lithium- als auch skandiumfrei ist, der näher am Granit lie- gende (796, 797) beide Elemente, wenn auch nur schwach, enthält, während die Stücke aus der Nachbarschaft eines Zinnsteinflözes (798, 799) außerordentlich reich an Lithium und beinahe reich an Skandium sind. Enthält der einwirkende Granit überhaupt kein Skandium, so sind auch die umgewandelten älteren Gesteine, insbesondere der verzwitterte Quarzporphyr frei davon, wie z. B. der vom Raubschloß (802), welcher | Be. G. Esernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 423 seine Umwandlung dem skandiumfreien oder zum mindesten sehr skan- diumarmen Granit des Preißelberges bei Graupen verdankt. Auf wel- chem Wege die Einwanderung erfolgt, ist nicht zu sagen. Es wird fast allgemein angenommen, daß bei der Entstehung von Zinnerzlagern, speziell der Zinnwalder Gegend, fluorhaltige Gase oder Lösungen mit- gewirkt haben, und auch in dem verzwitterten skandiumführenden Quarzporphyr ist Fluor (als Fluorit) nachweisbar vorhanden, aber das Skandiumfluorid ist, wenigstens unter Laboratoriumsbedingungen, un- löslich und nur bei der sehr hohen Temperatur des Bogens verdampf- bar. Es kann daher bei der Imprägnierung mit Skandium die Ein- wirkung von Fluor nur als zweiter Akt der Imprägnation, etwa als Fixierung des bereits eingewanderten Skandium, angesehen werden. Beiläufig sei noch erwähnt, daß die Imprägnierung der Gesteine rings um den Zinnwalder Granit herum überhaupt nicht gleichartig ist; so war schon gesagt worden, daß sich Lithium und Skandium um so spärlicher absetzen, je weiter die Fundorte von Erzgängen oder dem Granit selbst entfernt sind. Im Gegensatz hierzu kann man das Sili- zium, das Fluor und das Zinn in viel weitere Entfernungen hin ver- folgen. Es ist z. B. bekannt, daß einige Zinngruben des schon öfter genannten Seegrundes bei Zinnwald eine gute Ausbeute an Zinn gaben, und auch der verzwitterte Granitporphyr (783) von Zimnwald, der lithiumfrei ist, enthält mehrere Prozent Zinn. Die Imprägnationshöfe um die anderen Granite dieser Gegend, be- sonders um den Bärensteiner Granit, zeigen noch größere Verschieden- heiten: Verkieselung, Chloritisierung, Verzwitterung mit Lithiumein- wanderung. Alle diese Prozesse können außerdem noch sowohl mit reichlicher als auch mit spärlicher Zinneinwanderung verknüpft sein. In den oben gegebenen Tabellen findet man zahlreiche Beispiele für diese höchst großartige und noch viel zu wenig studierte chemische Tätigkeit der Natur. Nicht wesentlich anders als die soeben behandelten Gesteine ver- halten sich die Granite zwischen Graupen und Sadisdorf. Es sollen spezieller hier nur die Verhältnisse besprochen werden, welche der Zinnwalder Granit bietet, da diese sich besonders gut verfolgen lassen und außerdem typisch für die Granite dieser Gegend sind. Der Zinnwalder Granit enthält selbst in den ganz frischen Par- tien, wie man sie meist nur noch in Apophysen (471, 472, 473) an- trifft, Skandium. Dasselbe ist in dem Glimmer und den Erzen des Granites enthalten, da es weder der Quarz (206) noch die Feldspate, speziell der zinnhaltige Orthoklas (607, 608) bei der spektrographischen Analyse erkennen lassen. Ob es im Glimmerminerale selbst vorkommt oder in den im Glimmer enthaltenen kleinen Erzpartikeln, konnte nicht 424 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. entschieden werden'. Wahrscheinlich ist aber letztere Annalıme richtig, da stark zersetzter Glimmer (425) gleichzeitig zinnreich und ziemlich skandiumreich ist. Die petrographisch verschiedenen Granitbildungen (z. B. 464, 465), welche in Zinnwald auftreten, zeigen keine wesent- lichen Unterschiede in der Skandiumführung, auch stärkere lokale Unterschiede scheinen nicht vorhanden zu sein. Verschiedenen Stellen des Granitmassivs entnommene Proben (460—473) sind vielmehr fast gleich stark infiziert. Der Skandiumgehalt des aus dem Zinnwalder Granit entstandenen Greisen hängt gleichfalls von dem Gehalte des Gesteins an Erzen (159) oder an Glimmer (521) ab. So sind Stücke, welche aus der Nähe eines Flözes (466) stammen, reicher als solehe, die weiter ab davon ent- nommen worden sind (467). Dieses deutet darauf hin, daß das Skan- dium, ebenso wie beim Granit, in den Erzen und eventuell im Glimmer enthalten ist. Gerade diese Mineralien verdanken aber ihre Entstehung der die Graniteruption begleitenden Ausstoßung metallführender heißer Lösungen oder Gase. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß das Skandium genau ebenso wie die anderen Metalle (Zinn, Wolfram) durch derartige Vorgänge aus dem Magma an die Erdoberfläche gekommen ist, um so mehr als man bei dem Studium des Quarzporphyrs zu dem- selben Schluß kam. Vermutlich wird übrigens auch in dem letztge- nannten Gestein das Skandium in dem Zinnstein und eventuell dem Lithiumglimmer gebunden sein. Leider ließ sich bis jetzt nicht ent- scheiden, in welcher Bindung dieses Element in den Erzen vorhanden ist, sonst könnte man noch weiter gehen. In den Erzen ist das Skan- dium ziemlich gleichmäßig verteilt, wie von verschiedenen Stellen ent- nommene Proben zeigen (295, 302, 673, 674 und 320, 321, 322, 695). Ausnahmsweise scheint es in dem Zinnstein eines Flözes im Quarz- porphyr (696) und in einer Zinnsteinkonkretion im Quarzporphyr selbst (697) — letztere stand nicht in Verbindung mit einem Flöz —, etwas spärlicher vorzukommen. Bei der Verwitterung des Wolframites kon- zentriert es sich in dem schließlich verbleibenden Wolframocker (306). Auch in einigen Erzen jüngeren Alters’, speziell im Scheelit, ist es reichlich vorhanden. Möglicherweise ist der Scheelit durch eine Um- wandlung des Wolframites entstanden, da man in Zinnwald Pseudo- morphosen des Scheelites nach Wolframit findet. ! Sadisdorfer (522, 524—528) und Altenberger (347, 517—519) Greisen zeigen, wenn sie (wie meist) mäßig zinnhaltig sind, die Skandiumlinien nur schwach, wenn sie aber zinnreich sind (523, 346), ziemlich stark. Auch in dem aus dem normalen Greisen beider Orte (698, 699) ausgeschlämmten Zinnstein treten sie stark auf. Diese Beob- achtungen zeigen, daß das Skandium dieser beiden Granite in der Hauptsache wenig- stens an den Zinnstein gebunden ist. ®2 Erläuterungen S. 92. rw wann m FE G. EBERHARD: Über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. 425 Über die Skandiumführung der anderen hierhergehörigen Granite sei nur das erwähnt, daß die Mineralien des Sadisdorfer Granites ebenso reich wie die Zinnwalder sind, weniger enthält der Zinnstein der Paradiesgrube im Schellerhauer Granit und der Zinnstein und Wolframit des Altenberger Granites und noch weniger der Zinnstein von Bärenstein. Die Verhältnisse der Graupner Gegend sind noch nicht genügend geklärt, die Erze einiger Gänge enthalten es nämlich in der Menge wie die von Altenberg, während die Erze anderer Lokalitäten fast frei davon sind, z. B. der Zinnstein der Preißelberger Pinge (708). Jedenfalls unterscheiden sich die Erze der Granite zwischen Grau- pen und Sadisdorf durch ihre Skandiumführung ganz einzigartig von denen der übrigen Granite des Erzgebirges (Geyer, Ehrenfriedersdorf, Abertham, Hirschenstand, Breitenbrunn, Schlaggenwald, Tirpersdorf) und des Fichtelgebirges'. In diesen ist nämlich Skandium höchstens nur in der Menge vorhanden, in welcher es auch sonst fast allgemein vorkommt. Man wird daher aus dieser Tatsache schließen müssen, daß die Granite zwischen Graupen und Sadisdorf einem einzigen Mag- maherd entstammen, auch wenn sie und ihre Imprägnationshöfe nicht eine so sehr große Ähnlichkeit untereinander zeigten. Die Ausführung der vorliegenden Arbeit ist nur durch Anwendung der direkten spektrographischen Untersuchung von Gesteinen und Mi- neralien möglich gewesen. Man wird sie stets da mit Vorteil an- wenden können, wo man schnell und ohne Mühe die qualitative Zu- sammensetzung eines Minerals oder Gesteins kennen lernen oder die- jenigen Bestandteile finden will, für die entweder gute chemische Re- aktionen noch fehlen (z. B. die Erdsäuren) oder die in zu geringer Menge, etwa als Mineralisatoren, vorhanden sind, als daß sie auf che- mischen Wege gefunden werden könnten. Die petrographische und noch mehr die chemische Analyse wird freilich nie durch die spek- trographische Analyse ganz ersetzt werden können”. Es bleibt mir nur noch übrig, allen den Herren, die meine Untersuchungen durch Überlassung von Gesteinen und Erzen förderten, ! Bei der Greisenbildung im östlichen Erzgebirge, von Markersbach an bis Geyer und Ehrenfriedersdorf inklusive, reichert sich stets (im Vergleich mit dem ursprüng- lichen Granit) Lithium an, bei den Graniten des westlichen Erzgebirges und des Fichtel- gebirges enthält der Greisen dagegen weniger Lithium als der Granit. ® Bei Ausführung der vorliegenden Untersuchung wurde die allgemeine Ver- breitung des Titan, Vanadium, Kupfer, Strontium auf der Erde konstatiert, weiterhin wurde gefunden, daß fast alle Eruptivgesteine des Erzgebirges, wenn sie auch nicht mit Zinnerzlagerstätten in Verbindung stehen, z. B. Gneise, Quarzporphyre, Granit- porphyre, selbst Basalte (letztere durch Einschmelzung älterer zinnhaltiger Gesteine) schwach zinnhaltig ‘sind. 426 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 21. April 1910. meinen Dank auszusprechen, vor allem Hrn. S. Prrs-Hamburg, Hrn. Zinnwerkbesitzer Pm. Scmitzer-Graupen, Hrn. Kgl. Sektionsgeologen Dr. M. Scuröper-Gera, welche mir große Suiten zur Verfügung gestellt haben. Ganz besondern Dank schulde ich Hrn. Oberbergrat Prof. Dr. R. Becx-Freiberg, der mir nicht nur wertvolle Stücke überließ, son- dern auch eine größere Anzahl von Gesteinen petrographisch bestimmt hat und überhaupt mich jederzeit in bereitwilligster Weise mit seinem fachmännischen Rat unterstützt hat. Ausgegeben am 28. April. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Br eise RN in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder \ rden. Sollte ‚eine dem zuwiderlaufende Veröffent- hung dem redigirenden Seeretar vor der Ausgabe in , akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so er die "Mittheilung aus diesen zu entlernen. y Wenn der Verkisser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu ve eröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. - — Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist assern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. itzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken egel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. au fi Aus $ 22. Br» Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschatftlichen Mitthei- ‚lungen und über ai zur Veröffentlichung geeigneten ge- s häf ichen Angelegenheiten. inter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen en in dieser Übersicht kurze Inhaltsang: ıben derselben, che die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- rortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in er Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. 2 Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden ] theiluneen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, 8 lie Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« gefügt. $ Vissens ehaftliche Mittheilungen fremder Verfasser den. in ne Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, eleher ve Aufnahme in die akademischen Schriften 2 b andlungen aus dem Jahre 1907 . . . . Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . A = Mathematische Abhandlungen. . . handlungen aus dem Jahre 1908: ar Physikalisch-mathematische Blase Philosophisch-historische Glassen ya fe | Nachträge zur aegyptischen Chronologie . » » » ” ULE VON STRADONITZ: er Philosophische und historische Abhandlungen BEL ER, 12 A ENO N händlungen Are dm ren 1906, 1907, eht über den Stand des ee adeniachen Corpus medicorum ano usw... AM 4— » ” Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwieri »ten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- siehert werden. eiten er a, ö * Aus ‚837. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. 0. Abhandlungen der Akademie. ER a ae is A AT N e.V 17.— ER EEE ee a RI un ur, BA 1908 und 1909. ae er el) ca: Si d alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? De ur _ Beiträge zur Farm Eee an des OccidentsgundgOrents. (Ina 2 a a TE er RE A E: Beobachtungen des Sahemkerabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » 2.50 ) Fossile Flugthiere und Erwerb des IhrsvermaBenan Sun TE, he Die Bildnisse des Sokrates . WırAnowirz-MoLLexo DoRFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff RT FE: ne 'Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . Uiguriea . . h £ Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftthum ee ee a a Re CieheusBekenntniks der Homousianer von Sardica re Pre SE NE N Ra EN DAT : Der Processus retromastoideus . . . Eedärbloissrede auf Eberhard Schrader . LZE W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. a eier ee ee, ee ie 5 Vıamowırz-MoELLENDORFF: INordionische Steine ve Wan ee 1.0 a, BR. 2.0 Re TH N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelination. Erste Abtheilung . H. Becxn: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta. . . K. Gorsanoviö-KrAnBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges "und die Fe denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen I: El N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abheilung Br O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . Bun “ H. Becxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik . . . . Tu. Wırsasxp: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . . a N Re ne 2 N L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarkei hs LE Ve Veran B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe ... . - een N Fr M. ConkAar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation a L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms. . - a A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen SIE Sitzungsberiehte der Akademie. Preis ‚des Jahrgangs" "= 1 sine.) a We Wir. 2 EEE ne Br Ze Er ee ER. . Be Sonderabdrucke. N. Halbjahr 1 1909. Hersert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das Gleichgewicht. aa Erdkruste und der Verlauf der rn oc vom Innern der Continente und Öceane nach den Küsten . . ES ER A. vox Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuscriptfragment iı in türkischer Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XII und Di a eu ya a een Mu le Orts: über einige Krebsfragen . an N ee Rd, H. Sıurer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B ee WRETE Esser: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des. tropisch nund extratropischen Östasiens . . eh K. Gorsawovid-Kranperser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) als Träger primitiver u male (hierzu Taf. XV und XVD) . . .. 2... ig Sonderabdrucke. ]. Halbjahr 1910. Frosenıus: über den Frruar’schen Satz Frosentus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rusens und H. Horısacer: Messungen im langwelligen Se en Berieht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 a MT ER Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910. . . . RE Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten i W.Gornax: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkir Ungarn) . - ee. ne ak R. Mae kyprische Sacralinschrift (hierzu "Taf. I und m De: Br ke ER Mürrer-BrestAu: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . Scnorrkvr: die geometrische Theorie der Aser’ schen Functionen vom Geschlechte 3. Frogentus: über den Fermar’schen Satz. I. . . RB Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge ı von \ Festigkeitsbeanspruchung en Herrwie: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier Pznck: Versuch einer Klimaclassifieation auf physiogeographischer Grundlage . . .* Nernst, F. Korer und F. A. Linnpemanx: Untersuchungen über die specil sche } “ Wärme bei tiefen Temperaturen. I. BR Nernst: Untersuchungen über die speeifische Wärme bei tiefen Temperaturen. u. ur J. Here: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm2313 6) EL Pe 9 Tuousen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . . ee F. C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vıruerm Taonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Rusxer: über Compensation und Summation von functionellen Lan des er A Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt 3 i Kr Lieeıscn: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem aimorphen "Zustande beim Ye or Kat lisl Do Fe a Mae Erhitzen pyrognomischer Mineralien. sie" 50 mung ea 0 FLEREReT- ee ee it Lirsiscn: über Silberantimonide . . De RE REDE ee en von WıLamowITz-MOoELLENDORFF: über das o der Ilias a Ka da G. Erernarn: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. RE —_ SIIZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN KADENIE DER WISSENSCHAFTEN. & ammtsitzung am 28. April. (S. 427) B: OsER: Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. (S. 428) x Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. (S. 435) ur und Rusens: Über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Tem- p peratur im kurzwelligen ultrarothen Spectrum. Mittheilung aus der Sitz. d. phys.-math. a v ai nn (S. 467) * ; \ RS j x & SIONIA A N DEN a S Y BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. in AB: IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. a, = N! Nu Hg k rs; “ v ar Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Drucksehr if ten. un | Aus $1l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten“ zwei fortlaufende Wersffentlichungen heraus: »Sitzungsberiehte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschatten«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die »Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzulietern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- _ hatt, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. s4. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeieiinnupen, photographische Original- aufnahmen u. auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so. kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zn richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der V; ervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzingsberichten 150 Mark, bei den Aphandlängen 300 Mark, so ist Vorberathung. durch das Seeretariat geboten. Aus $5. Nach der Vorlegung und Einreichung va vollständigen druckfertigen Manuscripts an de zuständigen Seceretar oder an den RS wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akadeimie. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf Kosten der Akademie weit ‚€ Exemplare bis zu "Zahl y zur Vertheilung zu erhalten, ‚so bedarf es dazu. Nas SIE d A Die an die Druckerei abzuliefernden ı Manuscripte ee H wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung ‚des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif‘ ansieht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde haben diese erste Coneerur an das vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung ae redi- 2 girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- A kosten verpflichtet. WR Ka ö Aus $ 8. I. 0. Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen ) t eilungen, Reden, } Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, ri wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im Druck 4 Seitenübersteigt, auch für ‚den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des ee treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. hr VonGedäehtnissreden werden ebenfalls Sonder: ibdru cke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann. wenn die Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. IE u Pr Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- exemplare; ‚er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemp are bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten nach weitere bis zur Zahl \ von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess. rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht & auf seine Kosten noch me { Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten. so. bedarf « es Ga R\ der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder d " be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 ) exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei d redigirenden Seererar weitere 200 ‚Ex mplare auf | Kosten abziehen lassen. Ve ws Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen « er hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ‚ohne weiteres 30 Frei- m exemplare; er ist indess berechtig u zu gleichem Zwe cke von noch 100 und auf seine (Rosen noch weitere bis“ zur Zahl von 100 (im ganzen also 2: 0) abzis chen zu lassen, f sofern er diess rechtzeitig dem rei ligir enden Seoretar an gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr R der Genehmigung der Gesammt-Akademie ‘oder der je- ‚treffenden Classe., — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger ee P redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare nz Kosten abziehen u 2 MER ur FaN = Ag 2 ni WA", rs n $ 17. LIE wa Age Eine Bor die een Schriften be- f stimmte wissens chaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- ; (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) L > EG er FU ke 3 det a £ # % r f . ji b w Pr 5 A: % x A .. er i = aM Te ö 7 4 ‚ in { PR Ne NA, + T \ Reg E e 1z IP f F Y p I , 3 ’ DE ee Ar. 427 SITZUNGSBERICHTE _ 1910. XXI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 28. April. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. Diers. l. Hr. Burvacn las über Sinn und Ursprung der Worte »Renaissance« und »Reformation«. (Ersch. später.) Entgegen der herrschenden Ansicht, »Renaissance« beruhe auf einem erst von Vasari für das Erwachen der italienischen Kunst durchgesetzten Ausdruck und bedeute die » Wiederherstellung antiker Cultur«, ergiebt sich, dass »Renaissance« wie »Reformation«, ursprünglich identische Begriffe religiösen Charakters, einerseits die innere Wieder- geburt oder Neugestaltung des Individuums, anderseits die ideale Umwandlung der (kirchlichen, politischen, socialen) Gemeinschaft bezeichnen, dureh Joachim von Fiore, den heiligen Franz und die Joachimiten in Umlauf gebraelit, von Dante, Rienzo und Petrarca bewusst auf das Weltliche ausgedehnt und auf Grund mittelalterlicher wie antiker chiliastischer und imperialistischer Traditionen von der Wiederkehr des goldenen Zeitalters fortgebildet sind. 2. Hr. Koser überreichte den Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. 3. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: von Hrn. Harvack Bd. 18 der von der Kirchenväter-Commission der Akademie heraus- gegebenen Griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahr- hunderte, enthaltend Tl. ı der Esra-Apokalypse (IV. Esra) hrsg. von B. Viorrer. Leipzig 1910 und sein eigenes Werk: Ein jüdisch-christ- liches Psalmbuch aus dem ersten Jahrhundert. Leipzig 1910; von Hrn. Koser: Monumenta Germaniae historica. Legum Sectio IV. Con- stitutiones et acta publica imperatorum et regum. Tom. 8, Pars ı. Hannoverae et Lipsiae 1910; von Hrn. Mrver seine Kleinen Schriften zur Geschichtstheorie und zur wirtschaftlichen und politischen Ge- schichte des Altertums. Halle a. S. 1910; von Hrn. von Wıramowırz F. und W. Frhrn. Hırıer von GAERTRINGEn, Familiengeschichte der Frei- herrn HırLer von GAERTRINGEn. Berlin 1910. Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten Erlass vom 6. April die Wahl des bisherigen correspondirenden Mit- gliedes der physikalisch-mathematischen Olasse Lord Rayırıs# in Witham (Essex) zum auswärtigen Mitglied derselben Classe zu bestätigen geruht. Sitzungsberichte 1910. 36 428 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. Jahresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. Von ReınnorLn Koser. An der 36. Plenarversammlung der Centraldireetion der Monumenta Germaniae historica, die vom 21. bis 23. April d. J. in Berlin tagte, beteiligten sich die HH. Prof. BressLau aus Straßburg i. E., Hofrat Prof. Luscnın Ritter von EBENGREUTH aus Graz, Prof. von OTTENTHAL und Prof. Reprica aus Wien, Geheimrat Prof. von RıEzLEer aus München, Geh. Hofrat Prof. StEınnevEr aus Erlangen, Prof. WERMINGHoFF aus Königsberg i. Pr. sowie die hiesigen Mitglieder Geh. Justizrat Prof. Brunner, Wirkl. Geh. Oberregierungsrat Koser als Vorsitzender, Geheim- rat Prof. ScnuÄrer, Geh. Hofrat Prof. von Sınson, Prof. Taner, der das Protokoll führte, und Prof. Zrumer. Am Erscheinen verhindert waren Hr. Geh. Regierungsrat Prof. HoLper-EesEr durch eine zur Kräftigung seiner Gesundheit angetretene Erholungsreise und Hr. Staatsarchivar Archivrat Kruscn in Osnabrück durch dringende Berufsgeschäfte und wissenschaftliche Arbeiten. Seit der Erstattung des vorjährigen Berichtes wurden ausgegeben: In der Abteilung Seriptores: Scriptorum qui vernacula lingua usi sunt tomi VI pars II, ed. J. SEEMÜLLER (enthaltend Vorrede, Register und Wörterverzeichnis zu der Österreichischen Chronik von den 95 Herrschaften). Sceriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi: Annales Xantenses et Vedastini rec. B. pr Simson. — Helmoldi Cronica Slavorum post Jon. M. LArpengerG rec. B. ScHmEIDLER. Ed. 1. — Johannis abbatis Vietoriensis liber certarum historiarum ed. F. SCHNEIDER. T. 1. In der Abteilung Leges: Constitutiones et acta publica imperatorum et regum. Tomi V pars prior ed. J. Scnwarm. — Tomi VIII pars prior ed. K. Zrumer et R. SaLomon. Fontes iuris Germanici in usum scholarum separatim editi: De- terminatio compendiosa de iurisdietione imperii auctore anonymo ut videtur Tholomeo Lucensi O. P. ed. M. Kramner. Koser: Monumenta Germaniae historica. Jahresbericht. 429 In der Abteilung Diplomata: Diplomata regum et imperatorum Germaniae. 'T.IV ed. H. BresstAv. Vom Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts- kunde: Bd. XXXIV Heft 3 und Bd. XXXV Heft ı und 2. Im Druck befinden sich sieben Quart- und drei Oktavbände. Der V. Band der Scriptores rerum Merovingicarum ist während des Berichtsjahres im Druck vom 54. bis zum 100. Bogen vorgeschritten und wird binnen kurzem erscheinen. Für den Schlußband ist das Manuskript, soweit es durch Hrn. Prof. Levısox beigesteuert wird, zum größten Teile druckfertig. Der Leiter dieser Serie, Hr. Archivrat Kruscn, ergänzte seinen unmittelbaren Anteil an Band VI mit Bearbeitung der Vita des Bischofs Bonitus von Olermont-Ferrand, auf Grund eines Ap- parats von 15 Handschriften, und der Vita des Bischofs Lambert von Maastricht. Die Arbeiten für die Merowinger-Serie wurden unterstützt durch die HH. Bibliothekare BurrAau in St. Omer, Fin in St. Gallen, Lorrıgver in Rouen und Warner vom British Museum, sowie durch die HH. Dr. Fasrıcıws in Darmstadt, Privatdozent Funasorı in Florenz, Rektor Dr. Jörres in Ahrweiler, Prof. Wırn. Mrver in Göttingen und P. Ponceter S.J. in Brüssel, der aus den Sammlungen der Bollandisten die Kollationen der Vita Boniti mit gewohnter Gefälligkeit zur Ver- fügung stellte. Soweit seine angestrengte Tätigkeit für den Abschluß der Mero- winger-Serie es gestattete, ist Hr. Prof. Levıson auch mit der Text- gestaltung des Liber Pontificalis beschäftigt geblieben. Eine Fortsetzung seines Berichtes über die englischen Handschriften erschien im Neuen Archiv XXXV, 2. Der Leiter der Gesamtabteilung Scriptores, Hr. Geh. Regierungsrat Prof. HorLper-Eeser hat im Zusammenhange seiner Ausgabe der Chro- nik des Minoriten Salimbene de Adam eine ausführliche Darstellung des Lebens Salimbenes in Angriff genommen und daraus zunächst eine Einzeluntersuchung (Salimbene und Albert Milioli) in der Fest- schrift für Karı Zeumer (Historische Aufsätze, Weimar 1910) veröffent- licht. Seinen Bericht über die von der Kgl. Bibliothek zu Berlin er- worbene, bisher völlig unbekannte Widukindhandschrift (saee. XII) enthält das zur Ausgabe fertige dritte Heft des XXXV. Bandes des Neuen Archivs. Der ständige Mitarbeiter Hr. Privatdozent ScHmEIDLER hat für das Neue Archiv eine weitere Studie zu Tholomeus von Lucca fertiggestellt, die eine Wiederherstellung der Gesta Florentinorum von 1080 bis 1278 bietet. Hr. Dr. E. Mürter prüfte die Handschrift des Chronicon monasterii Aldenburgensis maius (Oudenburg bei Brügge), deren Übersendung nach Berlin der Präsident des Großen Seminars zu Brügge, 36* 430 Gesammtsitzung vom. 28. April 1910. Hr. Kanonikus ©. CALLEWAERT, gütigst gestattete, und entnalım ihr einige in der Ausgabe von Van de Putte (1841) fehlende Abschnitte zur Geschichte des Klosters und des hl. Arnulf; von dem: Bericht des Abts Hariulf über seine Verhandlungen mit der römischen Kurie (1141) wird im Neuen Archiv ein verbesserter Abdruck vorgelegt werden. Für die Scriptores rerum Germanicarum übernahm Hr. Dr. Scnmeiper nach Erledigung der neuen Helmoldausgabe eine Neubearbeitung des Adam von Bremen, die, wie sich schon jetzt absehen läßt, textlich zahlreiche Verbesserungen zu bringen haben wird, zumal aus der Wiener Handschrift von etwa 1200, der Leidener von etwa 1100 und den vier neuen Handschriften, die Hr. Bibliothekar Dr. Bsörusö in Kopenhagen neben den sechs dort bereits durch Larrengere benutzten nachgewiesen hat. Die Ausleihung des Wolfenbüttler Codex verdanken wir Hrn. Oberbibliothekar Prof. Dr. Mivcnsack. Hr. Geh. Hofrat Prof. von Sınson wird seiner Ausgabe der Annales Xantenses et Vedastini eine neue Auflage der Gesta Friderici I. Ottos von Freising folgen lassen; die für die beiden ersten Auflagen unzureichend herangezogene Hand- sehrift von Seitenstetten hat der Bibliothekar und Archivar des Stiftes, Hr. Prof. Dr. A. Sarzer, uns bereitwilligst nach Berlin übersandt; die von Hrn. Privatdozenten Dr. Horneıster vorbereitete neue Ausgabe der Weltchronik Ottos wird im Laufe dieses Jahres im Druck beendet werden. Seine »Studien zu Cosmas von Prag« setzte Hr. Landes- archivdirektor Dr. Breruorz im XXXV. Bande des Neuen Archivs fort. Hrn. Prof. Umuirz in Graz ist auf einer seiner für die Zwecke der Annales Austriae unternommenen Rundreisen überall die wohlwollendste Förderung seiner Studien zuteil geworden; unser Dank gebührt in- sonderheit den hochwürdigsten HH. Äbten LeAnDEr Üzernv (Krems- münster), Joser SAILER (St. Florian), Amanpus Joun (Melk), ApALBERT Dunser (Göttweig), StErman Röszuer (Zwettl) sowie den hochwürdigen HH. Bibliothekaren und Archivaren PP. Frreprıcn Fırnrer (Admont), BepA LEuner und Dr. BernHuAarn Pösınger (Kremsmünster), Dr. KonkAn SCHIEFMANN (Linz), Dr. Justın WÖHRER, Leo Hıyternörzen und LroroLn ScHitter (Wilhering), Franz NAvER AsSENDORFER (St. Florian), Dr. Runorr SCHACHINGER (Melk), BEpa Wiınkter und Dr. Anauserr Fucus (Göttweig), BEnepiktT Hammer (Zwettl), Hermann PreırrerR und BERTHOLD ÖERNIK (Klosterneuburg). Dem im Berichtsjahre erschienenen ersten Band des Liber certarum historiarum des Abtes Johann von Vietring wird der Heraus- geber Hr. Dr. Scuseiver in Rom alsbald nach Fertigstellung des durch Hrn. Dr. Horueıster bearbeiteten Registers den Schlußband folgen lassen. Hr. Prof. Sermürzer in Wien hat mit der Veröffentlichung des zweiten Teiles von Bd. VI seine verdienstvolle, die Centraldireetion zu dauerndem Danke verpflichtende Tätigkeit für die Serie der Deutschen ——. 0 Koser: Monumenta Germaniae historiea. Jahresbericht. 431 Chroniken nunmehr abgeschlossen. Die jetzt Hrn. Dr. Mienen in Berlin übertragenen Arbeiten für die Sammlung der Aistorischen Lieder in deutscher Sprache aus der Zeit bis 1500 erfuhr wesentliche Förderung dureh die auf Veranlassung des Hrn. Geh. Regierungsrats Prof. Roerne angestellte Untersuchung des Hrn. Dr. Girzr über die historischen und politischen Gedichte Michel Beheims (Palaestra Bd. XCV)). Für die dureh Hrn. Geheimrat Prof. Brunser geleiteten Serien der Abteilung Leges hat Hr. Prof. von Scnwinp dem Neuen Archiv einen Auf- satz über das Verhältnis der Handschriften der Lex Baiuwariorum einge- sandt, und Hr. Geh. Justizrat Prof. Seexen ebendort (XXXV, 2) die Er- gebnisse seiner Untersuchungen über die Quellen des zweiten Buches des Benedictus Levita niedergelegt. Hr. Prof. Taer ließ den Druck der älteren fränkischen Placita beginnen. In dem unter Leitung des Hrn. Prof. Zruner stehenden Bereiche dieser Abteilung hat Hr. Dr. Kramer die Grundlage für die neue Aus- gabe der Lex Salica so weit hergestellt, daß der Druck in absehbarer Zeit beginnen kann; zuvor sollen noch zwei Untersuchungen über die Entstehungsgeschichte und die Textentwickelung des Gesetzes ver- öffentlicht werden. Der Serie der Concilia wird sich als Supplement- band eine Ausgabe der Streitschrift Karls des Großen gegen das zweite Konzil von Nizäa, der sog. Libri Carolini, angliedern, für deren Be- arbeitung Hr. D. Dr. Huserr Basteen gewonnen worden ist. Von der Serie der Constitutiones et acta publica regum et impera- torum hat Hr. Bibliothekar Dr. Scuwarn in Hamburg auch in diesem Berichtsjahr einen Halbband (V, ı) veröffentlicht, der sieh über die Anfänge des Doppelkönigtums Ludwigs des Bayern und Friedrichs von Österreich bis 1320 erstreckt. Der Druck des zweiten Halbbandes hat sich ohne Unterbrechung angeschlossen. Ihre Unterstützung liehen dem Herausgeber die HH. Dr. Hrrxe in München, Dr. Höxer und Privat- dozent Dr. Hırscn in Wien, Archivar Dr. Scnaus in Wiesbaden. Das Ergebnis der im vorigen Berichte erwähnten Reise des ständigen Mit- arbeiters der Abteilung Leges, Hrn. Dr. Saromosn, nach Wien und Italien war die vollständige Sammlung des italienischen Materials für die Constitutiones Karls IV. bis zum Römerzuge von 1355; den Druck des mit dieser Regierungsperiode einsetzenden Bandes VIII haben der Abteilungsleiter und Hr. Dr. Saromnon so rasch gefördert, daß der erste Halbband (bis gegen Ende 1347) soeben ausgegeben werden konnte. Hr. Geh. Regierungsrat Prof. Burnacu kam den Herausgebern mit dankenswerter Bereitwilligkeit darin entgegen, daß er ihnem mit Ge- nehmigung der Berl. Akad. d. Wiss. seine Ausgabe der Briefe des Cola di Rienzo noch vor der Veröffentlichung zur Benutzung für unsere Sammlung zugänglich machte. Für Zusendung von Urkunden 432 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. und Akten oder für Erteilung von Auskunft und Abschriften sınd die Herausgeber der Constitutiones zu Dank verpflichtet der Großherzoglich Luxemburgischen Regierung und dem Institut Granducal in Luxem- burg, dem Kgl. Preußischen Historischen Institut in Rom, dem k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, den staatlichen Archiven in Coblenz, Darmstadt, Dresden, Magdeburg, München, Schwerin, Stuttgart, Weimar, Wiesbaden, den fürstlichen Archiven in Donaueschingen und Wallerstein, den Stadtarchiven in Augsburg, Colmar, Mühlhausen i. E., Mühlhausen i. Th., Nürnberg und Straßburg i. E., dem Germanischen Museum in Nürnberg, der Biblioteca Mareiana in Venedig, der Kgl. Bibliothek in Hannover, den Universitätsbibliotheken in Göttingen und Heidelberg. Auch der hochwürdige Hr. Stiftsbibliothekar P. Ambros Törs in Osseg verpflichtete uns durch geneigte Zusendung einer be- sonders wertvollen Handschrift. Auf der Gräflich Nostizschen Biblio- thek in Prag gelang unter dem Beistand der HH. Prof. Rıyterrx und Privatdozenten Dr. ©. Fıscuer und D. SınÄr die Wiederauffindung des unter dem Namen Codex Nostizianus bekannten Prager Diplomatars. Die Sammlung der Tractatus de iure imperü saec. XIII. et XIV. selecti ist mit dem Erscheinen der von Hrn. Krammer besorgten Ausgabe der Determinatio compendiosa de iurisdictione imperü nunmehr eröffnet. Für die Vorbereitung seiner Ausgabe der Schriften des Marsilius von Padua konnte Hr. Prof. Orro in Hadamar einen ihm nach Rom er- teilten längeren Urlaub durch Heranziehung vatikanischen Materials ausnutzen. Als Hilfsarbeiter unterstützten Hrn. Prof. Zrumer im Betriebe der seiner Leitung unterstellten Serien der Leges die HH. Dr. ScnorrE und Referendar F. Saromon. Hr. Prof. Taner hat das Manuskript des zweiten Bandes der Diplo- mata Karolinorum für die Anfänge Ludwigs des Frommen der Druckerei übergeben und eine zusammenfassende Untersuchung über die Kanzlei dieses Herrschers dem Abschlusse nahegebracht. Als weitere Vorar- beiten veröffentlichte er »Forschungen zu Karolinger-Diplomen « (Archiv für Urkundenforschung II, 2) mit Nachträgen zu den Tironischen Noten, einer Erörterung der Konzeptfrage und einer Gesamtwürdigung der Osnabrücker Fälschungen, die auch sein Aufsatz »Zum Osnabrücker Zehntstreit« (in der Festschrift für Karı Zeumer) berührt. Der ständige Mitarbeiter Hr. Dr. E. Mürrer hat für die Hildesheimer Überlieferung aus einer Urkunde Heinrichs II. die als Vorlage benutzte verlorene erste Immunitätsverleihung Ludwigs des Frommen herausgeschält und mittels Diktatvergleichung auf den Sommer 815 datiert, womit der terminus ante quem für die bisher unbekannte Zeit der Bistumsgrün- dung gewonnen ist (Archiv für Urkundenforschung Il, 3). Zu dem u much r ” . * . [) Koser: Monumenta Germaniae historieca. Jahresbericht. 433 Apparat der Abteilung hat Hr. Dr. Hırscn Urkundenaufnahmen aus Nonantola beigesteuert. Nach dem Erscheinen des die Urkunden Konrads in sich schließen- den Bandes IV der Diplomata regum et imperatorum Germaniae richtete sich die Tätigkeit des Abteilungsleiters Hrn. Prof. BressLau und seines ständigen Mitarbeiters Prof. Wise in Straßburg ganz auf die Zu- rüstung des Druckmanuskripts für den fünften Band. Dank der gütigen Vermittlung der HH. H. Omont in Paris und p’ArBoıs DE JUBAINVILLE in Bar-le-Due war es Hrn. Bressrau gestattet, auf der Stadtbibliothek zu Verdun den literarischen Nachlaß der Erbin des Abbe CGrourr zu benutzen, der im vorigen Jahrhundert einen großen Teil der Archi- valien des Bistums Verdun und der dortigen Klöster in seinen Besitz gebracht hatte. Bis auf ein im Original noch nicht nachweisbares Diplom Heinrichs II. für das Maria-Magdalenen-Stift sind nunmehr für alle Verduner Salierurkunden die dem 18. Jahrhundert bekannten Über- lieferungen wiederaufgefunden worden. Für die Diplomata saec. X1I wurden die systematischen Forschungs- reisen fortgesetzt. Der Abteilungsleiter Hr. Prof. von ÖTTENTHAL in Wien besuchte Paris und Lille, wo auf dem Archiv des Departement du Nord die Gruppen von Vaucelles und vor allem von Cambrai (14 Diplome) in Betracht kamen; der Archivar Hr. Brucner gewährte für die Benutzung weitgehende Erleichterungen. Auf der Bibliotheque Nationale zu Paris wurden unter dem liebenswürdigen Beistande der HH. H. Onoxr und Pn. Laver neben einigen Kartularen für Cambrai die Originale und nach Möglichkeit auch die sonstigen Überlieferungen von Maastricht, Lure, Remiremont, St. Maximin, Verdun und Aqua negra bearbeitet. Hr. Privatdozent Dr. Hırscn erledigte auf einer neuen ober- italienischen Reise von Mitte September bis Mitte Oktober die Gruppen Verecelli (Bistum und Kapitel), Turin, Asti, Genua, Chiaravalla della Columba (Parma), Reggio d’Emilia (Kapitel und San Prospero) Nonan- tola (in Nonantola und Modena), San Giovanni in Perticeto (Bologna). Die Hauptarbeit während des Berichtsjahrs bestand für den Abteilungs- leiter und die beiden Mitarbeiter HH. Dr. Hırscn und Dr. SAmAnEk neben der weiteren Ausgestaltung des bibliographischen Repertoriums in der Verarbeitung des auf den Reisen und durch Zusendungen (aus München für die Gruppen Ebrach, Heilsbronn, Kirchberg, Langheim, Michelsberg, Passau; aus Magdeburg und Zerbst für Gottesgnaden und Nienburg) gewonnenen Materials. Die Drucklegung der Briefe des Papstes Nicolaus I. in Epistolae VI, 2 hat Hr. Dr. Prrers unter Leitung des Hrn. Prof. WermıneHorF so weit gefördert, daß die beiden ersten Abschnitte der systematisch gegliederten Ausgabe, d. h. die Briefe über die Eheirrung Lothars I. 434 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. und über die Streitigkeiten mit Hincmar von Rheims, im Reindruck vorlagen, während von dem dritten Abschnitt, den sogenannten orienta- lischen Briefen, die ersten Bogen abgesetzt sind. Die Briefe Hadrians II. werden an den Schluß dieses Bandes treten. Den Text des für Band VII bestimmten Registers Johanns VIII. hat Hr. Privatdozent Dr. Caspar nebst einer Untersuchung über die Stellung dieses Registers in der Gesehichte der Entwicklung des päpstlichen Kanzleiwesens druckfertig vorgelegt. Der Herr Präfekt des Vatikanischen Archivs, Monsignore Ucoumı, hat uns durch die gütige Erlaubnis der photographischen Re- produktion der Registerhandschrift zu Dank verpflichtet. Der zweiten Hälfte des VII. Bandes bleiben nach der Absicht des Abteilungsleiters Hrn. Prof. Taseı die römischen Quellen bis zum Ausgang des 9. Jahr- hunderts vorbehalten, vornehmlich die Briefe des Anastasius Bibliothe- carius, die Papstbriefe von Marinus I. bis Johann IX., die Traktate des Auzilius und Vulgarius. In der Abteilung Antiquitates haben sowohl der erzbischöfliche Bibliothekar Hr. Dr. Fastuinser in München, als auch Hr. Pfarrer Dr. A. Fuchs ©. S.B. in Brunnkirchen das druckreife Manuskript der von ihnen bearbeiteten Nekrologien der alten Passauer Gesamtdiözese bay- rischen wie österreichischen Anteils eingereicht; der Druck der Bände IV und V der Serie Necrologia wird somit nach der Rückkehr des Ab- teilungsleiters Hrn. Geh. Rat Horper-Esser von der Urlaubsreise als- bald beginnen können. Hr. Universitätsprofessor Dr. Srreexer in Berlin hat nach seinem im vorigen Herbst erfolgten Austritt aus dem Gym- nasialdienst sich dieser Abteilung als ständiger Mitarbeiter verpflichtet. An der Bearbeitung der Poetae Latini wird sich neben ihm und den HH. Prof. Enwarn in Gotha und Bibliothekar Dr. Werser in Zürich jetzt auch Hr. Dr. Pavr. Leusann in München beteiligen, und zwar für die in Band I—IV der Poetae aevi Carolini noch fehlenden metrischen Stücke, während Hr. Strecker sich die Vervollständigung der Rhythmen- sammlung vorbehalten hat. | Die ÖOentraldireetion dankt auf das wärmste dem Auswärtigen Amt des Deutschen Reichs und der Kgl. Bibliothek zu Berlin als den Vermittlern unseres ausgedehnten Handschriftenleihverkehrs, den HH. Beamten der Handschriftenabteilung und des Zeitschriftensaals der Kgl. Bibliothek, der Leitung des Preußischen Historischen Instituts in Rom, dessen Assistent Hr. Dr. Schseiper mehr als einer unserer Abteilungen seine Hilfe lieh, der Biblioth@que Nationale in Paris und insonderheit dem unermüdlich für unsere Interessen tätigen Hrn. H.Omoxr, endlich Hrn. Bibliothekar Dr. Jacogs für die sorgsame und ver- ständnisvolle Verwaltung der in unsern Besitz übergegangenen TRAUBE- Bibliothek. | | | | | Lupwıs: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. 435 Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. Von Hvsertr Lupwie in Bonn. Wie der Name Notomyota andeuten soll, sind die in dieser neuen Ordnung vereinigten Seesterne durch den Besitz einer besonderen Muskulatur der Armrücken ausgezeichnet, die sich in gleicher Ausbildung bei keinen anderen Seesternen vorfindet. An der Innen- seite der Armrückenhaut verläuft nämlich ein Paar von meistens sehr kräftig entwickelten Längsmuskeln, welche nicht wie die bei anderen Seesternen an der Armrückenwand vorkommenden Längsmuskelzüge aus der Scheibe herkommen, sondern erst im proximalen Bezirke des Armrückens, also außerhalb der Scheibe, ihren Ursprung nehmen und sich von dort bis zur Armspitze verfolgen lassen. Bald sind die beiden Muskeln je eines Paares nahe aneinander gerückt, bald durch einen größeren Abstand voneinander getrennt. Ihre Ursprungsstelle liegt, je nach den Arten wechselnd, stets in der Gegend der dritten bis achten oberen Randplatte. Im Verein mit den zwischen den ventralen Skelettstücken der Arme befindlichen Muskeln ermöglichen sie eine Auf- und Niederbewegung der ganzen Arme. Bei der kräftigen Aus- bildung der Rückenmuskeln werden dadurch schlagende, peitschende Bewegungen der Arme zustande kommen, vermittels deren die hier- hin gehörigen Seesterne offenbar in ähnlicher Weise kurze Strecken schwimmend zurücklegen können, wie das unter den Crinoideen die Comatuliden tun. Bei diesen Bewegungen werden die Scheibe und das basale Anfangsstück der Arme in Ruhe bleiben; der Angelpunkt der Bewegungen wird dem proximalen Ansatze der dorsalen Längs- muskeln entsprechen. Unmittelbar beobachtet sind diese Schwimm- bewegungen allerdings noch bei keiner einzigen Art, sondern nur aus dem Vorkommen und der Anordnung der besonderen dorsalen Längs- muskeln der Arme gefolgert. Die Möglichkeit, die Bewegungen der ganzen Arme am lebenden Tier festzustellen, würde aber vielleicht bei dem im nordatlantischen Gebiet auch schon in verhältnismäßig geringer Tiefe lebenden Pontaster tenuispinus gegeben sein. Sitzungsberichte 1910. 37 436 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mittheilung vom 14. April. Mit der Ansicht, daß die Notomyota im Leben die ganzen Arme rückwärts in die Höhe zu schlagen vermögen, steht im Einklange, daß die konservierten Tiere sehr häufig eine starke Aufwärtsbiegung der Arme darbieten. Ferner paßt dazu die Eigentümlichkeit, daß bei allen hierher gehörigen Arten die Rückenhaut der Arme dünn und nachı- giebig ist und die darin befindlichen Skelettstücke (Paxillen) distal von dem Ursprunge des Längsmuskelpaares niemals in festere Ver- bindung miteinander treten. Auch der Umstand, daß die oberen Rand- platten zu den unteren sehr häufig eine alternierende Stellung ein- nehmen, läßt sich mit jener Bewegungsweise der Arme in Zusammen- hang bringen. Endlich sind die Arme zu Schwimmbewegungen auch dadurch besonders geschickt gemacht, daß die Genitalorgane auf die Scheibe beschränkt bleiben, die radialen Blinddärme nur in die Arm- basis hineinreichen und die Atmungsorgane in Gestalt der Papulä ebenfalls sich in der Regel nur im Bereich der Scheibe und Arm- basis ausbilden. Aus dem Schwimmvermögen dieser Seesterne erklärt sich auch die schwache Entwicklung der Saugscheibe an den Füßchen- enden aller hierher gehörigen Formen und ihr fast ausschließliches Vorkommen auf weicher, schlammiger, lehmiger Unterlage, auf welcher sie für mächtiger entwickelte Saugscheiben keine rechte Verwendung haben würden. Das für die Ordnung kennzeichnende dorsale Längsmuskel- paar der Arme hat bei seinem ersten Bekanntwerden zu einem sonderbaren Irrtum Veranlassung gegeben. StuneEr (1883, 1884), der diese Muskeln zuerst, bei Cheiraster gazellae, gesehen hat, hielt sie nämlich für die Genitalorgane. Erst Sranen (1889) deutet sie bei einigen, leider nicht näher bezeichneten Arten seiner Gattung Pontaster als Muskeln, während Perrrıer (1894) sie bei Cheiraster mirabilis (= coro- natus jJuv.) nur als »faserige Bänder« bezeichnet. Von ihrer zweifel- losen muskulösen Beschaffenheit konnte ich mich bereits 1903 an Luidiaster (Cheiraster) gerlachei und dann 1905 an Pertinaster (Cheiraster) agassizü, Pararchaster spinuliger, Benthopecten (Pararchaster) pectinifer und cognatus überzeugen. Alle anderen neueren Untersucher von Seesternen haben diesen bemerkenswerten, eigenartigen Muskeln keine Aufmerk- samkeit geschenkt. Um so mehr verdient es hervorgehoben zu werden, daß sie auch bei dem seit 1846 bekannten und so vielfach untersuchten Pontasier tenwispinus in bester Ausbildung vorhanden, jedoch bis heute unbeachtet geblieben sind. Ich fand sie ferner bei Pectinaster eribrellum, P. filholi, P. hispidus, Luidiaster hirsutus, L. dawsoni, Cheiraster pilosus, Ch. niosicus, Ch. snyderi, Ch. granulatus, Gaussaster vanhöffeni, Benthopecten incertus und B. simplex, also ausnahmslos bei allen 18 Notomyota-Arten, die ich selbst zu untersuchen Gelegenheit hatte. Nimmt man dazu die a ä a - Lupwıs: DNotomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. 437 oben angeführten Angaben von Srtuper über Cheiraster gazellae und von PERRIER über Cheiraster coronatus, so sind die Muskeln nunmehr bei 20 von den 41 heute bekannten Arten der Ordnung bestimmt festgestellt. Man wird sie demnach mit Sicherheit als eine allgemeine, charakteristi- sche Eigentümlichkeit der ganzen Ordnung bezeichnen können, durch welche sie sich in Gegensatz zu allen anderen Seesternen setzt. Im übrigen besitzt die Ordnung eine Reihe von Merkmalen, die, jedes für sich genommen, auch bei diesen oder jenen anderen See- sternen vorkommen, aber doch in ihrer Vereinigung den zu den Noto- myota gestellten Formen einen einheitlichen Grundzug ihrer Gesamt- organisation geben. Die stets auf die Fünfzahl beschränkten Arme sind im Verhältnis zur Scheibe ziemlich lang. Die fast flache, mehr oder weniger dünne und biegsame Rückenhaut der Scheibe und der Arme besitzt überall mit Stachelehen oder Granula besetzte Skelettplättchen von der Ge- stalt gut entwickelter oder meistens mehr oder weniger rückgebildeter Paxillen, die sich auf den Armen niemals in ganz bestimmten Reihen ordnen, insbesondere keine deutliche Medianreihe bilden und unter- einander in der Regel in keinerlei festere Verbindung treten, sondern durelı Abstände voneinander getrennt bleiben. Auf der Scheibe aber lassen sich sehr häufig die primären Skelettplatten des Schei- tels (das Zentrale, die fünf primären Interradialia und die fünf pri- mären Radialia) alle oder zum Teil durch ihre relative Größe und durch ihre Stellung herausfinden. Die Papulä beschränken sich stets auf fünf radiale, in der Regel kleine und mehr oder weniger engumgrenzte Bezirke, sog. Papularien, von denen ein jeder unmittelbar an eine primäre Radialplatte oder deren Stelle angrenzt und sich von hier aus nur eine kurze Strecke weit in den proximalen Armabschnitt erstreckt. In den Papularien ordnen sich die einfach kegel- bis schlauchförmigen Papulä oft in mehr oder weniger deutliche Längsreihen und stehen stets einzeln, niemals zu Gruppen vereinigt, in den Skelettlücken. Die oberen und unteren Randplatten sind meistens länger oder doch ebenso lang wie breit, tragen gewöhnlich einen oberen und einen oder mehrere untere größere Stacheln (Randstacheln). Sehr häufig verschieben sich die oberen und unteren Randplatten so zueinander, daß sie eine mehr oder weniger alternierende Stellung aufweisen. Zwischen den aufeinanderfolgenden oberen und unteren Randplatten kommen echte, d. h. mit » Wimperstachelcehen« ausgestattete Wimper- rinnen niemals vor. Die Terminalplatte der Arme bildet stets für sich allein die Armspitze, ist kräftig entwickelt, stark gewölbt und auf ihrem distalen Bezirke mit einem pinselförmigen Büschel größerer Stacheln besetzt. Die Ventrolateralfelder beschränken sich auf die Fe De 438 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mittheilung vom 14. April. Scheibe und sind auch dort meistens nur in geringer Ausdehnung entwickelt; weit in die Arme hinein reichen sie niemals. In der Regel lassen die Ventrolateralplatten eine deutliche Anordnung in eine oder mehrere Längsreihen erkennen, sind aber in der Zahl der in eine Längsreihe eintretenden Platten ganz unabhängig von der Zahl der das Feld begrenzenden Adambulacralplatten und unteren Randplatten. Bei den meisten Arten stoßen von der dritten, vierten, fünften oder sechsten, bei einigen erst von der siebenten oder achten Adambula- eralplatte an die Adambulaeralplatten unmittelbar an die unteren Rand- platten. Bei jungen Tieren fehlen die Ventrolateralplatten anfänglich gänzlich, wie ich das z. B. bei Cheiraster snyderi und bei Benthopecten pectinifer und incertus feststellen konnte und auch Stapen (1589) bei Benthopeeten antarticus und B. simplex (= armatus Swapen) beobachtet hat. Die Zahl der Ventrolateralplatten und die Ausdehnung des von ihnen eingenommenen Feldes nimmt, wie bei anderen Seesternen, mit dem Alter des Tieres zu. Die Adambulacralplatten übertreffen an Zahl immer die unteren Randplatten: meistens kommen auf zehn untere Randplatten im Bereiche des proximalen Armabsehnittes 13— 18, seltener nur ıı oder ı2 oder 18-—-24 Adambulacralplatten. Der am- bulacrale Rand der Adambulacralplatten ist mehr oder weniger konvex oder stumpfwinkelig und mit einer Reihe von gewöhnlich stäbehen- förmigen Stacheln besetzt. Auf der ventralen Oberfläche der Platten zeichnen sich ein oder zwei oder drei, dann in einer Querreihe ste- hende Stacheln durch stärkere Ausbildung aus, die im folgenden als »Subambulaecralstacheln« im engeren Sinne benannt werden sollen. In ähnlicher Weise wie die Adambulacralplatten sind die Mund- eckplatten bewaffnet; von den Stacheln ihres ambulacralen Randes ist der innerste oder auch sein Nachbar fast immer durch größere Dicke und Länge ausgezeichnet. Die Madreporenplatte liegt stets frei, überwächst niemals benachbarte Paxillenbasen und stellt immer eine besondere, selbständige Platte dar, welche sich unmittelbar an den distalen Rand der betreffenden primären Interradialplatte anlagert. Pedicellarien können ganz fehlen, namentlich bei jüngeren Tieren; sind sie ausgebildet, so haben sie entweder eine zweiklappige oder büschelförmige oder, was häufig ist, eine kammförmige Gestalt und stehen im letzteren Falle immer über je zwei Skelettplatten. Eine Afteröffnung ist bei allen vorhanden. Die Füßchen endigen mit einem immer nur kleinen und unansehnlichen Saugscheibchen. Bezüglich der inneren Organe stimmen alle Mitglieder der Ord- nung ebenfalls in einer Reihe von Punkten miteinander überein. Super- ambulacrale Skelettstücke fehlen stets. Die gesondert entsprin- senden radialen Blindldärme sind immer von auffallender Kürze; kann. Lupwıc: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. 439 sie reichen entweder gar nicht bis in die Arme oder nur in deren basales Anfangsstück; in der Regel hören sie auch im letzteren Falle so bald auf, daß sie die Ursprungsstelle des dorsalen Längsmuskel- paares nicht oder kaum erreichen; nur bei Zwidiaster hirsutus über- schreiten sie diese Stelle um ein weniges. Interradiale Blinddärme sind vorhanden, aber von unbedeutender Größe. Meistens sind deren zwei ausgebildet in Form von einander gegenüberliegenden, melhrbuch- tigen, nur wenige Millimeter langen Säcken, so z. B. bei Pontaster temi- spinus, Pectinaster agassizü, Laudiaster hirsutus, Cheiraster piosus; selte- ner sind vier, wie bei Pararchaster spinuliger, oder gar fünf, wie bei ben- thopecten pectinifer, entwickelt, aber auch dann nur 2—3 mm lang. Kalkkörperehen inder Wand des Magens, der Blinddärme und der Ge- nitalschläuche kommen niemals vor. Auch die interbrachialen Sep- ten bleiben stets unverkalkt und dünnwandig. Die Porıschen Blasen sind bei den darauf untersuchten Arten: Pontaster tenuispinus, Peetin- aster agassizli, Luidiaster hirsutus, Cheiraster pilosus, Gaussaster vanhöffeni so verteilt, daß der Interradius des Steinkanales keine und jeder an- dere Interradius eine besitzt; nur bei Pararchaster spinuliger fand ich auch im Interradius des Steinkanals eine Porische Blase. Die Tırnr- mannschen Körperchen sind nur klein und unansehnlich, so z.B. bei Peetinaster agassizü, Luidiaster hirsutus, Cheiraster pilosus, Pararchaster spinuliger; besser entwickelt sind bei Gaussaster vanhöffeni und Bentho- pecten pectinifer. Die Genitalorgane bilden niemals eine in die Arme reichende Reihe von Büscheln, sondern beschränken sich stets jeder- seits von den interbrachialen Septen auf ein einziges, in der Scheibe befestigtes Büschel von Schläuchen. Ausgebildete, deutoplasmareiche Eier konnten bei vier Arten: Pectinaster agassizü, Luidiaster hirsutus, Cheiraster pilosus und Benthopecten simplex in den Genitalschläuchen nachgewiesen werden und zeichnen sich in allen vier Fällen durch ihre ansehnliche Größe von 0.65—0.9 mm aus, was deutlich darauf hin- weist. daß die Notomyota wahrscheinlich alle eine »abgekürzte« Ent- wicklung ohne frei schwimmende Larvenstadien besitzen. Inhalt der Ordnung. Bis zum Jahre 1575 war von allen hier- hin gehörigen Seesternen nur Pontaster tenuispinus bekannt, der da- mals zur Gattung Archaster gerechnet wurde. In dieselbe Gattung wurden auch die wenigen Arten gestellt, die bis zum Jahre 1883 ent- deckt wurden, nämlich Peetinaster echinulatus (Perrıer 1875), Zaidi- aster darsowi (VerriLL 1880) und Benthopecten simplex (PERRIER 1881). Nun aber mehrten sich durch die Tiefseeforschungen die Arten, an- fänglich noch langsam, dann von 1889 an in rascher Folge, so daß 440 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mittheilung vom 14. April. wir deren heute im ganzen nicht weniger als 4I (darunter 4 neue) unterscheiden können. Da ihre Zurechnung zu Archaster sich gleich- zeitig als völlig verfehlt herausstellte, mußten neue Gattungen er- richtet werden, die hier in chronologischer Reihenfolge mit Angabe der typischen Arten aufgezählt werden sollen. Cheiraster Studer 1883; Ch. gazellae'. Luidiaster Stuper 1883; L. hirsutus. Benthopecten VerriLL 1884; B. spinosus. Pontaster Stapen 1885; P. tenuispinus. Pararchaster Stapen 1885; P. pedicifer. Pectinaster Perrıer 1885; P. filholi. Acantharchaster VERRILL 1894; A. dawsoni. Marcelaster KoEHLErR 1907; M. antarctieus. Gaussaster Lupwie n. g.; @. vanhöfeni. Bemerkungen zur Geschichte der Aufstellung, Abgrenzung und systematischen Stellung dieser Gattungen. 1. Cheiraster. Die Gattung wurde durch ihren Begründer STuDEr (1883 und 1884) bei den Archasteriden untergebracht. Ebendorthin stellte sie Prrrier (1885). Stanen (1889) führt sie unter seinen » Arch- asteridae incerlae sedis« auf. Perrier (1894) hat sie bestimmter zu um- grenzen und von der unterdessen von SLADEN aufgestellten Gattung Pontaster zu unterscheiden versucht. Diese zunächst auch von mir (1903) und jetzt noch von KorHLEr (1909) festgehaltene Trennung stieß aber auf Schwierigkeiten, welche mich (1905) und mir beistimmend Fısner (1906) veranlaßten, die Gattung Pontaster mit Cheiraster zu ver- einigen. Eine bestimmtere Stellung im Systeme gab Prrrıer (1894) der Gattung Cheirasier, indem er sie neben Pararchaster, Pontaster und Peclinaster in die von StApEn in der Familie der Archasteridae aufge- stellte Unterfamilie der Pararchasterinae einordnete. Bei Fısner (1906) dagegen erscheint Cheiraster in der von VerriLL (1894 und 1899) von den eigentlichen Pararchasterinae abgetrennten Unterfamilie der Pon- tasterinae. 2. Luidiaster. Bei ihrer Aufstellung wurde die Gattung durch STuUDEr (1883 und 1884) irrtümlich, wie wir sehen werden, zu den Astropectinidae gestellt. Bei Sranen (1889) wird sie aber schon unter seinen » Archasteridae incertae sedis« aufgezählt und ihre nähere Be- ziehung zu Cheiraster und Pontaster richtig vermutet. Zweifelhaft blieb ' Die genaueren Literaturangaben lasse ich hier und im folgenden überall bei- seite; sie sollen in der ausführlicheren Darstellung meiner Bearbeitung der Seesterne der Deutschen Tiefsee-Expedition (Dampfer Valdivia) gegeben werden. ' | Lupwıs: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne. 441 aber diese Stellung, bis mir jetzt der sichere Nachweis ihrer Zuge- hörigkeit zu den Notomyota glückte. 3. Benthopecten. Diese von VerriLı (1884) errichtete Gattung wurde von ilım zunächst (1884 und 1835) bei den Archasteridae ein- gereiht. Später (1894) stellte er für sie in dieser Familie eine be- sondere Unterfamilie, Benthopectininae, auf, die er dann nach einigen Jahren (1899) als eine besondere Familie der Benthopectinidae völlig von den Archasteridae abtrennte. 4. Pontaster. Auf die anfänglich zu Astropecten, dann zu Arch- aster gerechnete Art ienuispinus Düsen und Korzs, welche die am längsten bekannte Art der ganzen Ordnung der Notomyota ist, gründete SLADEN (1885) seine Gattung Pontaster und stellte sie (1839) zusammen mit Pararchaster in seine Unterfamilie Pararchasterinae in der Familie der Archasteridae. Ihm schlossen sich Berı (1892) und Prrrıer (1894 und 1596) an. Verrir (1894) machte die Gattung zum Typus einer be- sonderen Unterfamilie der Pontasterinae, die er zunächst bei den Arch- asteridae ließ, dann aber (1899) zu den Plutonasteridae stellte, während Fısuer (1906) die Pontasterinae zu den Verriuıschen Benthopectinidae rechnet. Zugleich pflichtete Fısu£rr der von mir (1905) vorgeschlagenen Vereinigung der jüngeren Gattung Pontaster mit der älteren Gattung Cheiraster bei, während Prrrıer (1894) und früher auch ich (1903) so- wie neuerdings KorHtEr (1909) die beiden Gattungen auseinanderhalten. 5. Pararchaster. SLapen stellte die Gattung bei ihrer Begründung (1885) und später (1889) zu den Archasteridae und verband sie hier mit der Gattung Pontaster zur Unterfamilie der Pararchasterinae. Dem schloß sich Prrrıer (1894) völlig an, während Verrır (1895 und 1599) und Fisuer (1908) die Gattung Pararchaster lediglich als ein Synonym von Benthopecten VerriLn bezeichnen. 6. Pectinaster. Prrrıer stellte (1835 und 1594) seine neue Gattung Pectinaster neben Cheiraster und Pontaster zu den Archasteridae in die Unterfamilie der Stapenschen Pararchasterinae. In der Abgrenzung der Gattung von Cheiraster und Pontaster schließt sich Korutwer (1909) ganz an PERRIER an. 7. Acantharchaster. Bei ihrer Aufstellung wurde diese Gattung von VERRILL (1894) neben Pontaster in die von ihm damals in der Familie der Archasteridae neu unterschiedene Subfamilie der Pont- asterinae eingeordnet, welche inhaltlich mit meinen heutigen Cheir- asteridae zusammenfällt. Später (1899) finden wir bei VerriL die Pontasterinae als Unterfamilie bei seinen P/utonasteridae (neben den Mimasterinae und Plutonasterinae). Ich bin aber jetzt zu der Auffassung gelangt, daß Acantharchaster als selbständige Gattung nicht haltbar ist und mit Laudiaster vereinigt werden muß. "uopadoryuag "8 "121809. m4Dg "1 "19]5D85NDH "9 ".1995DJ29. 10 "S 1280.00) "V "1ospıpımT "€ "1SDUa] "7 “wöspuUog "1 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mittheilung vom 14. April. 442 ITS ap 2a FE ER 1 TE Er En re ualp[aILIS Sonpıumsadoyruasy II wout mu [edoy] op ur yıu= piojixed ypıpmop you uoyoyejduesyony A : :SIULIQJUNUeN uuep pun uspueılıoa jodoyy op ur uoLıef * * worpppypejg ueraayouı Yu = proppIxed yoıynap you uayayepdusyony ) -Jeoıpag ‘oyyepdpueyy usasjun pum ua1ogo uarerdum auto yıp ee uolyaF uamejjpoıpag !Sıddenomz ‘yoey uorıemmdeg pam [eypuIg uogoad weue nz s[eyleyog sop uayerdurung uep jJue sep “uoyppepeIg Wweus nu Mur suogsiow ua][IxeT De uraduefıeA 4ypıu uaggerdyospunp] op PIPWS opermepmgque aojsıouu ‘(gzueS) uoyarz ueyerdjeroge -ouo A !ujoyorg uafewepnqwegns z u uopyepdjewepnque -py yuueyoqun uaueppooıpag !Telpeyg upgo1s woum of yıu sppoyog sop uoyyerduemmg Suoyepdpueyy uo.tego ueysıo op gpeippsaequpeN dep um upayorzsuojixeg dorague] [oryosner weuge yımı ‘uogaunod uoyopoypezs[eiguoz auto apo yıru ‘puayags -jue gıporu‘dıddeg k hi uopxeg !Qyuyosgeuny uoperu uope]] ueaopur ne yone -19MZ uonepndeg &n E "1tophus ‘© = = = & "SNDUO.LOI - [ez) - z = "sdoun a =) ° > en =} >} S = "SHSDnU = S & (do) “© 10 < "snsopd —n ET EEE LEHRTE - * (umeyog MOs) uajyaF uaLejjesıpoT !uppypwIg uapeıoe] -nqume 9 Au uopepdjessepugwepy Supoypers uorsuapg EI jeumpusur aoyunep pun uoggoas aus Au uagpepdpurgg orsjum | =1592X10%, BZ Ta cRor E 3 t 5 Es Me= 3 y=- E s E,; Yı y' 600° 10.62 | 24.6 0.433 0.340 0.785 800 48.0 116.2 0.413 0.361 0.875 NS 1000 138.4 338.0 0.408 0.381 0.935 1200 311.5 733.0 0.427 0.400 0.937 1400 355.0 1333.0 0.413 0.413 1.000 400° 2.30 4.52 0.508 0.493 0.970 600 8.5 15.9 0.534 0.531 0.994 J 800 19.7 35-3 0.560 0.566 1.0II I u “ 1000 36.0 61.8 0.582 0.600 1.030 1200 57-6 93.1 0.619 0.628 1.014 1400 84.5 129.3 0.653 0.653 1.000 600° 1.50 6.67 0.225 0.226 | 1.004 800 2.12 11.7 0.232 0.241 1.041 A=6u 1000 4.40 17-6 0.250 0.255 1.020 1200 6.40 24.0 0.266 0.268 1.007 1400 8.63 30.7 0.278 0.278 1.000 enthält die Quotienten d’ —= —, welche als relative Emissionsvermögen E, des Metalls für die betreffende Wellenlänge bezeichnet werden können, da sie bis auf einen nur von der Wellenlänge, aber nicht von der Tem- peratur abhängigen Faktor mit den absoluten Werten des Emissionsver- mögens übereinstimmen. In der sechsten Spalte sind den beobachteten re- lativen Emissionsvermögen ö’° die nach Formel (2) berechneten Werte d gegenübergestellt. Auch hier begnügen wir uns mit der Angabe relativer Werte von d und wählen, um den Vergleich zwischen den beobachteten und berechneten Größen zu erleichtern, die Absolutwerte von Ö derart, daß für die höchsten in der Tabelle aufgeführten Temperaturen d und 0’ übereinstimmen. Die in der letzten Spalte der Tabellen VII und IX N N : ir EA se wiedergegebenen Quotienten y, = y sind daher für die höchsten Tem- peraturen stets gleich eins und müßten es auch für alle übrigen Tem- peraturen sein, wenn Formel (2) streng erfüllt wäre. Die Änderung des elektrischen Widerstandes mit der Temperatur wurde für die beiden unter- suchten Metalle zwischen 0° und 800° gemessen. Innerhalb dieses Temperaturbereichs ließ sich der Widerstand w, mit genügender An- näherung durch die Gleichung darstellen: w, = w(1+at+-ßP). E. Hasen und Rusens: Emissionsvermögen der Metalle. 479 Für Platin ergab sich <= + 3.64x 10°, für Platinrhodium BE X1O, — — go lower, — a WMORl? Diese Konstanten sind bei der Berechnung von d in den Tabellen VII und IX verwendet worden. Wie man sieht, ist die Übereinstimmung der Werte von d und d’ bei beiden Metallen für A=6u und A= 4u eine sehr vollkommene. [owe) Für A= 2u ist eine systematische Änderung des Emissionsver- mögens mit der Temperatur überhaupt nicht zu erkennen. Diese Versuche lehren also, daß sich der Übergang des »optischen « Temperaturkoeffizienten in den »elektrischen« bei den beiden unter- suchten Metallen zum größten Teil in dem Spektralgebiet zwischen A=2u und A=4Au vollzieht. Es ist oben ausgeführt worden, daß sich Emissionsversuche der beschriebenen Art nur bei wenigen Metallen anstellen lassen; dagegen ist es uns gelungen, durch Messung der Temperaturabhängigkeit des Reflexionsvermögens an einer Reihe von anderen Metallen unser Be- obachtungsmaterial zu erweitern. Bei geeigneter Versuchsanordnung bieten derartige Messungen keine besonderen Schwierigkeiten. Ver- wendet man eine intensive heiße Strahlungsquelle, z. B. eine Nernst- lampe, so ist in dem kurzwelligen Teil das Ultrarot für spektro- thermometrische Messungen reichlich Energie vorhanden und die Tempe- raturerhöhung der zu untersuchenden Metalle und Legierungen kann bei Reflexionsmessungen auf einige hundert Grad beschränkt bleiben. Jedoch tritt hier eine andere Schwierigkeit auf, welche darin besteht, daß die Messungen des Reflexionsvermögens einen außerordentlich hohen Grad von Genauigkeit erreichen müssen, wenn man aus den sehr geringen Änderungen dieser Größe auf die damit verbundenen, oft sehr erheblichen Änderungen des Emissionsvermögens zuverlässige Rück- sehlüsse ziehen will. Ein Beispiel möge dieses erläutern. Bei Zimmer- temperatur beträgt das Reflexionsvermögen R des Nickels für A=4u und nahezu senkrechte Inzidenz 92.0 Prozent. Erwärmt man den Nickelspiegel um 200°, so sinkt das Reflexionsvermögen um 1.2 Pro- zent, beträgt also dann noch 90.8 Prozent. Das Emissionsvermögen (100— RK) des Nickels aber ändert sich gleichzeitig von 3.0 auf 9.2 Pro- zent, d.h. um etwa 15 Prozent seines Betrags. Da es nun aber sehr schwierig ist, Reflektionsvermögen genauer als auf '/, Prozent zu be- stimmen, so folgt, daß die Retlexionsmethode in der früher von uns benutzten Form hier nicht angewendet werden kann. Weit günstiger gestaltet sich jedoch die Genauigkeit der Methode, wenn man statt einer einmaligen Spiegelung vielfache Reflexion an der zu untersuchenden Substanz eintreten läßt. Derartige Versuche haben wir in folgender Weise angestellt. 480 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mitth.d. phys.-math. Cl. v. 21. April. Die Strahlen einer Nernstlampe Z mit 3.5 mm dickem Faden, welche durch eine Akkumulatorenbatterie auf konstanter Glühtemperatur gehalten wurde, fallen bei aufgezogenem Klappschirm A auf die beiden parallelen Metallspiegel M und M’ aus der zu untersuchenden Substanz, zwischen welchen sie drei- oder viermal hin und her reflektiert werden, so daß sie im ganzen sechs bzw. acht Reflexionen an den Metallober- flächen erleiden. Nach Verlassen des Spiegels M treffen die Strahlen auf den Hohlspiegel B, welcher sie auf dem Spalt C unseres Spiegel- spektrometers UDHEF zu einem Bilde der Lichtquelle Z vereinigt. Die Metallspiegel M und M’ sind durch horizontale Querverbände aus demselben Material, aus welchem die Spiegel bestehen, zu einem nur an den Enden offenen rechteckigen Metallkasten fest verschraubt. Die Spiegel M und M’ befinden sich im Innern eines elektrischen Ofens A, welcher aus einem horizontal liegenden diekwandigen Kupferrohr mit daraufgewickelter Heizspirale bestand und auf seiner Mantelfläche mit mehreren Lagen von Asbest umwunden war. Die Grundflächen des zylindrischen Ofens waren durch 0.01 mm dicke Glimmerplatten ge- schlossen. Um eine recht günstige Ausnutzung dieser Glimmerfenster bei dem Ein- und Austritt der Strahlen zu bewirken und um einen möglichst geringen Inzidenzwinkel bei der Reflexion zu erzielen, wurde der Spiegelkasten in einer gegen die Achse des Ofens geneigten Lage im Innern desselben befestigt. Aus dem gleichen Grunde wurden auch die beiden Metallspiegel M und M’ in der in Fig. 4 angedeuteten Weise in ihrer Längsrichtung etwas gegeneinander versetzt. Die Temperatur im Innern des Ofens wurde mit Hilfe eines Thermoelements aus Silber und Konstantan gemessen. Um die Metallspiegel bei höherer Tem- peratur möglichst vor Oxydation zu schützen, wurde der Ofen mit trockenem Stickstoff gefüllt und während der Versuchsdauer ein kon- E. Hagen und Ruzens: Emissionsvermögen der Metalle. 481 stanter Strom dieses Gases durch den Öfen hindurchgeleitet. Diese Maßregel erwies sich als notwendig, weil das Reflexionsvermögen für die kurzen Wellen, mit welchen wir es hier zu tun haben, sehr stark von geringen Oxydschichten beeinflußt wird. Im Gebiete der großen Wellenlängen ist dies in viel geringerem Grade der Fall. Mit Hilfe der beschriebenen Versuchsanordnung gelingt es leicht, die Intensität an verschiedenen Stellen des Spektrums bei hoher und tiefer Temperatur des Ofens zu messen. Um hierbei von etwaigen Schwan- kungen in der Intensität der Nernstlampe unabhängig zu sein, haben wir folgende Anordnung getroffen: Der Ofen A mit den Metallspiegeln M und M’ war auf einem Schlitten befestigt, auf welchem sich noch ein zweites Spiegelpaar N und N’ aus Konstantan befand. Dieses wurde auf dem Schlitten so justiert, daß es durch Verschiebung des Schlittens bis zu einem Anschlag genau in die gleiche Stellung ge- bracht wurde, welche vorher das zu untersuchende, in dem Ofen be- findliche Spiegelpaar eingenommenhatte. Für jede Wellenlänge wurden nun bei den verschiedenen Temperaturen des Ofens in beiden Stellungen des Schlittens Ausschlagsmessungen vorgenommen. Da das außerhalb des Ofens befindliche Spiegelpaar NN’ stets auf Zimmertemperatur blieb, so war sein Retlexionsvermögen keinen Schwankungen unter- worfen, und es wurde jede Änderung in der Intensität der Lichtquelle mit Hilfe dieses zweiten Spiegelpaares erkannt und bei der Berechnung der Versuchsergebnisse berücksichtigt. Bezeichnen wir die in bezug auf die Schwankung der Lichtquelle korrigierte Intensität für eine bestimmte Wellenlänge bei Zimmertemperatur (f,) der reflektierenden Flächen mit &,, bei heißem Ofen (Temperatur Z) mit $, und setzen wir »nfache Reflexion an den Spiegeln voraus, so ergibt sich für die Reflexionsvermögen R, und R, bei den Temperaturen t, und t, die Relation R, = d, Ben R Das Verhältnis R erhält man hiernach mit der m fachen Genauigkeit, 2 mit welcher die Quotienten 5 sich bestimmen lassen. Die Fehler in D der Messung dieses Quotienten überschreiten selten ein halbes Prozent, wenn keine dauernden Veränderungen der reflektierenden Metalltlächen 6 R, eintreten. Das Verhältnis BR läßt sich mithin bei der von uns be- nutzten Versuchsanordnung auf etwa o.ı Prozent genau bestimmen. Versuche der beschriebenen Art haben wir mit Nickel, Stahl, Kon- stantan und Spiegelmetall (Braupes- und Schünemanssche Legierung 09) 482 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mitth. d. phys.-math. Cl. v. 2]. April. angestellt. Bevor wir jedoch an die definitive Ausführung dieser Ver- suche gingen, haben wir uns durch besondere Messungen davon über- zeugt, daß die thermische Änderung der selektiven Absorption und Reflexion der Strahlung dureh die Glimmerplatten G und @ so gering ist, daß sie die Resultate nieht merklich beeinflußt haben kann. Wir ließen zu diesem Zweck die Strahlung der Nernstlampe durch den elek- trischen Ofen hindurch auf den Spektrometerspalt fallen. Die Glimmer- fenster G und @ waren eingesetzt, die Spiegel M und M’ aber aus dem Ofen entfernt. Nun wurden bei kaltem Ofen an verschiedenen Stellen des Spektrums Ausschläge gemessen und die Beobachtungen wieder- holt, wenn der Ofen auf 326° erwärmt war. Hierbei wurde der üb- liche Klappschirm zwischen Strahlungsquelle und Öfen angeordnet, um die beobachteten Ausschläge von der Wärmestrahlung des Ofens un- abhängig zu machen. Über die gewonnenen Resultate gibt die folgende Tabelle X Aufschluß. Tabelle X. Einfluß der Glimmerplatten. Ausschlag beobachtet DU. G—B20% Die Ausschläge zeigen in den beiden Reihen nur so geringe Unter- schiede, daß wir die Schwächung, welche die Strahlen durch die Glim- merplatten erfahren, innerhalb der hier in Betracht kommenden Grenzen als unabhängig von der Temperatur ansehen dürfen. Bei der Ausführung der Versuchsreihen nach der in Fig. 4 dar- gestellten Methode waren wir besonders darauf bedacht, die Fehler zu vermeiden, welche durch eine dauernde Änderung der Spiegelober- flächen, hauptsächlich durch Oxydation bei den höheren Temperaturen, eintreten können. Wir haben deshalb unsere Versuchsreihen stets so eingerichtet, daß abwechselnd bei hoher und tiefer Temperatur des Ofens beobachtet wurde. Hierdurch ließen sich dauernde Verände- rungen der Spiegeloberflächen sofort erkennen. Die geometrische Justierung der Spiegel zeigte bei einer Erwär- mung auf 300° in dem elektrischen Ofen keine merkliche Änderung; Infolge der großen Dicke des Nernstfadens' und der erheblichen Breite ! Dicke des Nernstfadens 3.5 mm, Stromstärke 3 Amp. =, .e 5. € E. Hasen und Ruzens: Emissionsvermögen der Metalle. 483 des Bildes, welche diejenige des Spaltes um mehr als das 6fache über- traf, waren sehr merkliche Änderungen der Justierung nur von ge- ringem Einfluß auf die Größe der beobachteten Ausschläge. Die Ergebnisse unserer Beobachtungen an den vier untersuchten Metallen sind in den Tabellen XI bis XIV niedergelegt. Tabelle XI. Nickel. Ausschlag 6, beobachtet nach 6facher Reflexion unter 34° Inzidenz bei | 2= 306° | t=30° | t= 314° | t= 20° 0.78 u 30.3 0.17 | 2 0.1 £ 1.00 151.2 153.0 | 151.7 153-6 151.0 2.00 665.6 652.1 | 663.9 | 654.1 665.6 3.00 274-5 2574 | 275.0 | 259.9 276.3 4.00 163.1 146.7 | 163.1 | 146.2 | 164.0 5.00 74.3 | 62.1 | 74-0 | 61.8 74.8 Tabelle XI. Konstantan. Ausschlag &, beobachtet nach 6facher 2: Reflexion unter 34° Inzidenz bei t= 159° D—082 0.78 u 34.1 33.8 1.00 162.4 161.3 159.9 2.00 574-3 573-7 575-1 3.00 208.4 208.8 208.4 4.00 115.2 | 116.6 114.8 5.00 54-2 54.2 54:4 Tabelle XII. BranDEs- und Schünemanssches Spiegelmetall (Leg. 09). 64 Cu+34Sn+2Ni Ausschlag &, beobachtet nach 6facher % Reflexion unter 30° Inzidenz bei Glen 5.00 58.8 Sitzungsberichte 1910. 40 A84 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mitth. d. phys.-math: €. v. 21. April. Tabelle XIV. Stahl (ungehärtet). Ausschlag &, beobachtet nach 8facher R Reflexion unter 30° Inzidenz bei t=20° | t=150° | i=20° 0.78 u. 6.0 6.1 5-95 1.00 38.3 38.2 38.2 2.00 182.9 177-3 183.5 3.00 119.1 115.0 119.9 4.00 53.2 50.8 53.1 5.00 33.2 30:0 33-4 In allen Fällen ist die Abhängigkeit des Reflexionsvermögens von der Temperatur bei A= 0.78 u außerordentlich gering, wie man aus der nahen Übereinstimmung der #-Werte für diese Wellenlänge schließen kann. Bei dem Konstantan ist das Reflexionsvermögen für sämtliche Wellenlängen von der Temperatur fast unabhängig; es entspricht dies vollkommen seinem elektrischen Verhalten. Dagegen zeigen die BRAnDESs- und Schüneumanssche Legierung, Stahl und insbesondere Nickel, erheb- liche Temperaturabhängigkeit des Reflexionsvermögens, welche im all- gemeinen um so stärker hervortritt, zu je größeren Wellenlängen man fortschreitet. Bei der Branpes- und Schünemassschen Legierung sind die Temperaturkoeffizienten des Reflexionsvermögens für A=ıIu und A= 2u zweifellos positiv, d. h. die Reflexionsvermögen wachsen bei diesen Wellenlängen mit steigender Temperatur. Füri=3»,4u» und 54 dagegen verlaufen bei Nickel, Stahl und Spiegelmetall die beob- achteten Änderungen des Reflexionsvermögens in der von der elektro- magnetischen Lichttheorie geforderten Richtung. Um festzustellen, inwieweit die beobachtete Temperaturabhängig- keit des Reflexionsvermögens denjenigen Werten entspricht, welche sich aus Formel (2) unter Zugrundelegung der elektrisch gemessenen Tempe- raturkoeffizienten des Widerstandes ergeben, wurde folgendermaßen ver- fahren. Wir entnehmen aus den Zahlen. der Tabellen XI bis XIV die NLA ee R Verhältnisse R = V 5: ‚ indem wir aus den verschiedenen Reihen für 2 2 gleiche oder angenähert gleiche Temperatur Mittelwerte bilden und diese dem mittleren Temperaturwert zuordnen. Aus dem Verhältnis R, R, peratur /, wird dann das Retlexionsvermögen R, für die hohe Tempe- ratur £, berechnet. Sind R, und R, bekannt, so sind damit auch die und dem Absolutwert des Retlexionsvermögens R, für Zimmertem- E. Hasen und Rusens® Emissionsvermögen der Metalle. 485 Emissionsvermögen J, = 100—-R, und J, = 100—K, für die beiden Temperaturen f, und t, gegeben und ebenso das Verhältnis der beiden Emissionsvermögen n’ = 7. 1 Zur Berechnung der Größe n’ ist, wie man sieht, außer den be- oebachteten-Ausschlägen #; und $, auch die Kenntnis des Retlexions- vermögens R, für Zimmertemperatur /, erforderlich. Für Nickel und Konstantan ist diese Größe durch unsere früheren Arbeiten! bekannt. Für den von uns verwendeten Gußstahl dagegen sowie für die BRAnDES- und Scnünemanssche Legierung 09, welche von den früher von uns untersuchten Spiegelmetallen in ihrer Zusammensetzung etwas abweicht, mußte das Reflexionsvermögen für A= 0.78 bis 5“ neu bestimmt werden. Es geschah dies, indem wir die Strahlung unserer Nernstlampe vor ihrem Eintritt in das Spektrometer abwechselnd an der zu unter- suchenden Metalloberfläche und an einem Silberspiegel unter sonst gleichen Bedingungen retlektieren ließen. Der Quotient aus den in beiden Fällen beobachteten Ausschlägen ergab das Verhältnis der Re- tlexionsvermögen der beiden Metalle für die betreffende Wellenlänge. Aus dem bekannten Reflexionsvermögen des Silbers ließ sich dann das Reflexionsvermögen des untersuchten Metalls berechnen. Die Retlexion der Strahlung an den zu untersuchenden Spiegeln geschah meist unter einem Inzidenzwinkel von angenähert 30°. Nach Versuchen von Janın® und pe La Provostave und P. Desams” ist das Retlexionsvermögen der Metalle unter diesem Inzidenzwinkel für natür- liche Strahlung noch nahezu das gleiche wie bei senkrechtem Einfall. Auch unterscheidet sich bei einem Inzidenzwinkel von 30° das Re- tlexionsvermögen der Metalle für parallel und senkrecht zur Einfalls- ebene polarisierte ultrarote Strahlung nur um wenige Prozente, so daß wir hier von einer Berücksichtigung des Polarisationszustandes der reflektierten Strahlung Abstand nehmen und unsere für nahezu senkrechte Inzidenz erhaltenen Resultate mit genügender Annäherung auf den vorliegenden Fall übertragen dürfen. In den Tabellen XV bis XVII ist das Zahlenmaterial zusammen- gestellt, welches zur Berechnung des Verhältnisses n’ des Emissions- vermögens bei hoher und tiefer Temperatur für Nickel, Stahl und Spiegelmetall nach der in dem Vorstehenden gegebenen Darstellung erforderlich ist. Bei dem Konstantan erwies sich die Änderung des ! E. Hacen und H. Rusens, Ann. d. Phys. 8, S. 16, 1902 und Ann. d. Phys. ır, S. 881, 1903. ®2 Jautn, Ann. de Chim. et de Phys. (3) 19, S. 304, 1847. %® Deua Provosrave et P. Desarss, Ann. de Chim. et de Phys. (3) 30, S. 276, 1850. 486 Gesammtsitzung vom 28. April 1910. — Mitth..d. phys.-math. Cl. v. 21. April. Retlexionsvermögens mit der Temperatur für alle untersuchten Wellen- längen als so gering, daß sämtliche Werte von n" praktisch gleich ı sind. Tabelle XV. Nickllma== 8103, N02=102 74. == | % | 6, | r J. 2 R R J, R = t, = 21° |, = 310° | er | ee 5 I 3 Jr ? | | | 0.78u 30.2 | 30.1 69.2 69.20 | 30.8 30.8 1.000 — 1.00 151.1 | 153.3 | 72:5. | 72.64 27-5 27.36 0.995 1.565 2.00 665.6 k 653-1 83.5 | 83.25 16.5 16.75 1.015 1.585 3.00 2USA 1 258.6 88.4 87-48 11.6 12.52 1.079 1.596 4.00 163.5 | 1464 | 92.0 | 90.32 8.0 9.68 1.210 1.598 5.00 74-8 61.9 | 94-5 | 91.57 5-5 8.43 1.532 1.600 Tabelle XVI. BrRANDES- und Schünzmasnsches Spiegelmetall (Leg. 09); DO AAO CI OR - ® & a er J. | t ge = 250° ve R er £ EIKE J, x I 0.78 u 61.9 61.7 | 67.0 66.98 33-0 33-02 1.001 — 1.00 288.5 | 304.2 | ie 72.14 28.5 27.86 0.978 1.074 2.00 509.1 529.0 76.5 77-00 23-5 23.00 0.979 1.080 3.00 260.2 243-3 84.1 83.18 15.9 16.82 1.058 1.081 4.00 TO8.42 1 10230 | 728874. 87.55 | 11.6 12.45 1.073 1.082 5.00 58.8 55-3 | 89.3 88.41 | 10.7 11.59 1.083 1.083 | | Tabelle XVII. Stahl, ungehärtet; o,= 0.243, —heH a 6 Id 56, | | S 13 Ir | 5 R R, = = — EA ind “ n %: z£ : SE \ 0.78 u 5:97 6.10 | 58.9 | 59.06 41.I 40.94 0.996 — 1.00 38.2 8.2 62.2 62.20 | 37-8 37.80 1.000 1.1098 2.00 183.2 3 75-3 74:99 24.7 25.01 1.013 1.140 3.00 119.5 15. [887.9 81.51 18.1 18.49 1.022 I.I4I 4.00 53.2 50.8 86.0 85.50 14.0 14.50 1.036 1.143 5.00 33-3 3 88.8 87-64 11.2 12.36 1.104 1.145 An dem Kopfe einer jeden Tabelle ist der spezifische Widerstand (5, bzw. ©,) des Materials für die beiden in Betracht kommenden Temperaturen £, und /, angegeben. Unter Benutzung dieser Konstanten wurde das Verhältnis n der Emissionsvermögen bei hoher und tiefer E. Hasen und Rusens: Emissionsvermögen der Metalle. 487 Temperatur nach Formel (2) berechnet und den aus unseren Reflexions- versuchen abgeleiteten Werten von n’ in der letzten Spalte der Ta- bellen XV bis XVII gegenübergestellt. Wie man sieht, sind die be- obachteten Änderungen des Emissionsvermögens sowohl bei dem Nickel als auch bei dem BrAanpes- und Schüsemansschen Spiegelmetall für A= 5 u mit dem aus Formel (2) berechneten Werten in ziemlich guter Übereinstimmung. Bei dem Stahl hingegen beträgt die bir=5u experimentell festgestellte Zunahme des Emissionsvermögens mit der Temperatur nur etwa zwei Drittel des berechneten Werts. Aber auch bei diesem Material ist von A=4yu ab ein sehr rasches Anwachsen der Größe n’ mit der Wellenlänge zu erkennen. Als wichtigstes Ergebnis dieser Arbeit betrachten wir die Tat- sache, daß in dem kurzwelligen ultraroten Spektrum bis etwa A= 2u die Änderung des Emissionsvermögens mit der Temperatur für die untersuchten sechs Metalle sehr klein ist und verschiedenes Vorzeichen besitzt. Von dieser Stelle des Spektrums an verläuft die Änderung stets in dem von der Maxweırschen Theorie geforderten Sinn und erreicht bei A= 5 u in fünf von den untersuchten 6 Fällen den durch Formel (2) angegebenen Betrag. Für Reststrahlen von Kalkspat (A = 6.65 u) zeigen bereits alle untersuchten Metalle und Legierungen nach Größe und Richtung die aus der Maxwerzschen Theorie sich ergebende Abhängigkeit des Emis- sionsvermögens von der Temperatur, wie dies nach unseren früheren Messungen im Gebiet der langen Wellen allgemein der Fall ist. Da nach der elektromagnetischen Lichttheorie der Brechungs- exponent n und der Extinktionskoeffizient y eines Leiters, welcher keine dielektrischen Eigenschaften besitzt und nur durch galvanische Leitung absorbiert, mit dem Emissionsvermögen J für normale Inzidenz durch die Gleichung verbunden sind': 200 (3) I er so ist anzunehmen, daß auch die optischen Konstanten n und g von etwa 5u ab die von der Maxweızschen Theorie verlangte Temperatur- abhängigkeit aufweisen. ! Vgl. die zitierte Ableitung des Hrn. Pranck S. 279. Aus dieser folgt, daß die Gleichung (3) unter den gegebenen Voraussetzungen für » streng gilt, dagegen für g nur mit etwa derselben Annäherung wie Gleichung (2). Ausgegeben am 12. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1910. 41 E: : } weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- liehung dem redigirenden Seeretar vor der Ausgabe in hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- 'tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22, Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- * schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der w issenschaftliche »n Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, . welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen besehränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. ) . Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden _ _ Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, f bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« an , na EEE EEE werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. f zugefügt | "Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so: 97 Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretan oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivans verschen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in $$ 3 und & enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verziehten damit auf‘ Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nieht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Philosophisch-historische Classe . . . . » Einzelne Abhandlungen Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . BrancA: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embr VOnenD > Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Ockidentsfundn Oriöntsi ne. a.) ee ” ” » ” » » Srauve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . ». ». ». 2. 2 2 220m. KexuLe von Stranponıtz: Die Bildnisse des Sokrates . von Wıramowrrz-MoEttennorrr: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff EEE A EEE ERT, Dies: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schrifttum . - ©» 2 2. 22 200. Mürter: Uigurica . . DEN ‚ Warpever: Der Processus retromastoideus . . . _ Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . von Wıramowırz-NMoELLENDORFF: Nordionische Steine . u Scaurze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. » Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen ausademsahre 19077. 22 a B ER EEE EEE URN u NER ROÄEHE MON 2 We oe Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . » 2.2... EN ed 12.— » Mathematische Abhandlungen. . . EIERN REES ECN RAR ER a te » Philosophische und historische Abhandlungen ae er A 47237 — Abhandlungen aus dem Jahre 1908: ! Physikalisch-mathematische Classe . . . . 2 2 2 2.2. 2 REN, Sur aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und 1909. Diers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.8s.w.. . A Loors: Das Glanbensbekenntniss Kader) Homousianer von Sardica SB A ar Pre 22 4.— $ Hehe : EN a 2 » I. Erg 5 re und Berliner Refractor . 2 5. he ee 9 RE RE RE Pe NR ME En SR eu . m Di ur a ER RE er RE RRWE— N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis ro° südlicher Declination. Erste Abtheilung . . H. Beck: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . K. Gorsanovi6-KRAmBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und. die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen E N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite” Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becks: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. WıesAnn: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . a ae ea 9a L. Jacossons: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks . . . - - ER RN A B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . AV VI. M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation FR L. Jacogsonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . TH: A.Korx: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ehenen Kurven abweichen Ba >; Sitzungsberiehte der Akademie. Preis 'das' Jahrgangsı 0 0.00 Hl 2 2) Le Bl HER Sr He En ER Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1909. A. vox Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuscriptfragment in türkischer ‚Sprache aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ns SAN A FE Orr: über einige Krebsfragen . A RR: a a H. Sauter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). 2 Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und extratropischen Ostasiens . . K. Gorsanovid-Krasıperser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) a als Träger r prinitiver Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) . . ..... 5 ern Adern Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Frosensus: über den Frruar'schen Satz j Frogenius: über die mit einer Matrix vertauschbaren ee Be PER DE Lak: Ne 27 Rusgens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen en N lern ME a re ch (ass Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 BE ER A Ra een Harnack: Festrede, kechalien am 27. Januar 1910. . . . KEe Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gorran: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pees, Ungarn) . . N ER R. ee kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und m A 3 1— Mürter-Bresrau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . 2 Te LER Scaortky: die geometrische Theorie der Arzr’schen Funetionen vom Geschleche Sn Se Froszxius: über den Fernar’schen Satz. I. . et, Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Fastieketaheans uch re Rn Herrwis: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier . . . . Pxzsck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage . . . 2... Nersst, F. Korer und F. A. Lınoemann: Untersuchungen über die speecifische Wärme bei tiefen Temperaturen. 1. 2: Nerssr: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. J. Hrsg: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 23136) . . .» . 2... Tuonsex: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . F.C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vıraeım Tnonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrif Russer: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers. . . » Eryan: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt S R Lieeiscn: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen "Zustande: Hein Erhitzen pyrognomischer “Mineralien a I Bao. Lirsıscn: über Silberantimonide . A ar von WıLamowıtz-MoELLENDORFF: über das © der Ilias 5 G. EseruAann: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. Lupwis: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . - E. Hasen und Rurexs: über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit" der Tempe: ratur im kurzwelligen ultrarothen Spectrum BEE ee EEE a a .C j SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. | Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 12. Mai. (S. 489) ri H. Bückıns: Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zu- sammensetzung. (S. 490) J. Wontsemurs und M. Srrıca: Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft. (S. 520) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 12. Mai. (S. 525) BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften. Aus $ 1. ! Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus 8 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen « bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzulietern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Qlasse statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Ber zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Sceretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) Aus$6 Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseriptemüssen, wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus- reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen Nr Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfassen seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. { Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die Verfasser. Fremde "haben diese erste Correctur an das, vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correctur soll nach. Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern ‚und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- r \ girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei ar die Verfasser sind zur Tragung der ‚entstehenden Mehr- kosten verpflichtet. vr Aus $ 8. e Ib die Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden, Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, vn wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im ; Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder- abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be- treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden, Von@edächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die Verfasser sich Anedräcklich damit einverstanden erklären. - IR Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungehertähkent A j 072 erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei- . exemplare; er ist indess BE zu gleichem Zwecke N auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl Ä vi von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere Biss zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen, 4 1 sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an- | gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr i Apdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be- treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei- exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem redigirenden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. (u Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er- hält ein Vertasser, welcher Mitglied der Akademie ist, zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Tremplere bis zur Zahl von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere b s zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, sofern er (diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr # Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu 4 der Genehmigung der NEN: ‚oder der be- treffenden Kae — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei b exemplare und dürfen nach N Anzeige bei dem redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf ihre Kosten abziehen lassen. F i ns ' $ 17. ’ E Eine für die ar deutsche Schriften be- stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf in keinem Falle vor ihrer Ausgabe. an jener Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs- a f 4 Du th 489 SITZUNGSBERICHTE _ 1910. XXIV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 12. Mai. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender: Hr. ScHwENDENER (1. V.). l. Hr. Branca überreichte eine Arbeit des Hrn. Prof. Dr. Bückıne in Strassburg: »Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammensetzung.« Die mit Unterstützung der Akademie gemachte Untersuchung aller vulcani- schen Vorkommen der Rhön ist nun zum Abschluss gekommen. Es werden hier die Verbreitung der Basalte und Phonolithe sowie ihre chemische Zusammensetzung dar- gelegt. Die geologische Übersichtskarte der Rhön in 1: 100000 kann jetzt noch nicht erscheinen, da die Beschaffung einer geeigneten, das ganze Gebiet umfassenden topo- graphischen Unterlage Schwierigkeiten macht. 2. Hr. Orr# legte eine Mittheilung der HH. Dr. Juzıus Wonr- GEMUTH und Dr. MicHAEL Strich vor: » Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft.« In einem I. Theil wird der Nachweis geführt, dass es in der Milch ein pepto- lytisches Ferment giebt, welches vom Magensaft wenig angegriffen wird, dagegen ausserordentlich empfindlich ist gegen Temperaturen mässig hohen Grades. Es ist nieht unwahrscheinlich, dass in ihm die Erklärung der besseren Verdaulichkeit un- gekochter Milch zu suchen ist. Der II. Theil beantwortet die Frage, woher die in der Milch enthaltenen Fermente stammen, für das eine, die Diastase, dahin, dass zwar auch ein Übertritt aus dem Blute statthaben kann, dass sie aber im Wesentlichen ein Product der Milchdrüse ist. 3. Hr. Munk überreichte den Tome II der Travaux de l’Assoeia- tion de l’Institut Marey. Paris 1910. Sitzungsberichte 1910. 42 490 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Ver- breitung und ihre chemische Zusammensetzung. Von Prof. Dr. H. Bückıne in Straßburg im Elsaß. (Vorgelegt von Hrn. Branca.) Ume den basaltischen Gesteinen der Rhön werden auf den geologi- schen Spezialkarten, von denen bereits ı3 erschienen sind (24—31, 48—52 des Literaturverzeichnisses), nach ihrer mineralogischen Be- schaffenheit Feldspatbasalte, Nephelinbasalte, Nephelinbasanite, Nephelin- tephrite und Limburgite (Magmabasalte) und als besonders auffallende Abarten, entweder durch grobes Korn oder durch zahlreiche große Ein- sprenglinge von Hornblende (und Augit) ausgezeichnet, auch noch Do- lerite und Hornblendebasalte (Augitbasalte) unterschieden. Von den meisten dieser Gesteine kennt man jetzt, nach Voll- endung der geologischen Aufnahme, auch das geologische Auftreten; man weiß, ob sie Decken und Ströme oder gang- und schlotförmige Durehbrüche bilden oder ob sie sich als räumlich beschränkte Aus- scheidungen in anderen Eruptivgesteinen oder nur in Form von Aus- würflingen oder Bruchstücken in den Schlotbreecien und Tuffen finden; aber noch sehr unvollständig sind unsere Kenntnisse von ihrer chemi- schen Zusammensetzung, und doch kann man, ohne die chemische Beschaffenheit der Gesteine neben ihrem geologischen Auftreten und ihrem mineralogischen Aufbau zu kennen, in vielen Fällen nicht sicher entscheiden, welche Gesteinsabarten wirklich zusammengehören und innerhalb welcher Grenzen bei demselben geologischen Gesteinskörper die mineralogische und die chemische Zusammensetzung schwankt. Es kommt hinzu, daß viele der veröffentlichten chemischen Analysen sich auf Gesteinsmaterial beziehen, dessen mineralogische Zusammensetzung nicht genügend bekannt ist und dessen Fundort oft so ungenau be- zeichnet wurde, daß es selbst bei der besten Lokalkenntnis nicht möglich ist, ausfindig zu machen, welches Gestein zur Analyse verwandt wurde. Um nun einen einigermaßen klaren Überblick über die chemische Natur der verschiedenen Rhönbasalte und der mit ihnen zusammen u H. Bückıng: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 491 auftretenden Phonolithe zu erhalten, habe ich alle bisher bekannt ge- wordenen Analysen der Rhöngesteine zusammengestellt und die dabei zum Vorschein gekommenen besonders empfindlichen Lücken dadurch beseitigt, daß ich noch sehr viele Gesteine, die ich bei meinen fort- gesetzten Untersuchungen in der Rhön gesammelt habe, durch Hrn. Dr. Dürrreın hier habe analysieren lassen. Für die neuen Analysen wählte ich hauptsächlich Gesteine aus, welche in Form von Decken und Strömen oder in mächtigeren Durchbrüchen auftreten und geo- logisch und mineralogisch besonders interessant erscheinen. Zu der genaueren örtlichen Untersuchung wurden mir auch diesmal von der Berl. Akad. d. Wiss. aus der Humboldtstiftung die Mittel zur Ver- fügung gestellt; ich spreche ihr dafür meinen aufrichtigsten Dank aus. A. Feldspatbasalt. Feldspatbasalt findet sich besonders strom- und deckenförmig durch die ganze Rhön verbreitet, von dem Hahnberg (Blatt Oberkatz) und von der Geba (Blatt Helmershausen) im Nordosten über die Lange Rhön (Blätter Hilders und Sondheim) und die Wasserkuppe (Blätter I. Dolerit. I 2 3 | 4 5 6 7 Frauenberg Eirauenıbere Windbähl En Gipfel Ost- Ge) Sparhof bei ee en) | ang | Min | anti a Knarr | Knarr Wepeı. Weper Kxapr Knarr |vox GERICHTEN 15, 15 15, 22 32, 22 32,23 15, 36 15, 36 11, 24 1880 | 188o 1890 1890 1880 1880 1878 | a b STONT IR: 52.82 52.23 52.21 55:39) 152.45 [52:31 50.75 50.31 EDIDE 2.08 2.05 1.36 2.19 0.91 | 0.85 1.26 _ ALOE.» 12.51 12.21 14.62 16.81 14.83 | 17-13 14-15 13.55 AUS OR 9.07 10.10 10.77 9.87 8.32 | 8.13 8.28 10.79 HEOREAIn... 3.98 2.76 3.20 2.60 3.46 | 2.24 4.58 5.99 MnO ....| Spur Spur = Spur 0.48 CaOm 2. 8.08 7.13 8.72 6.03 7.88| 7.41 Hz TE NE ORE 4.74 5-47 5.02 2.22 5.60 | 2.65 6.61 2.88 NO. 2.58 3.83 1.77 0.83 4.75 | 5.66 2.67 4.24 R20,932% 2.44 2.15 0.55 0.62 | Spur | o.ı1 1.18 1.83 HEORP 0.75 0.75 0.09 1.07 er 1.03 0.91 BIOS 0.49 0.09 0.52 0.69 | Spur | 0.35 1.52 1.29 OR 0.21 0.32 0-70 10:93 0.34 | 0.44 0.97 = Summe ...| 99.75 99.09 99.02 | 100.25 [100.05 |99.22| 100.72 99.40 Spez. Gew. . 2.86 2.869 2.89 | 2.78 - — _ 2.88 492 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Gersfeld und Kleinsassen) bis zum Todemannsberg östlich von Brückenau und bis zum Dammersfeld und der Breitfirst bei Elm. In der nördlichen und östlichen Rhön ist er durchweg älter als der Nephelinbasalt, nur an der Breitfirst tritt auch ein jüngerer Feld- spatbasalt auf (11, 25; 12,4; 16, 158; 32, 9 und 37; 42, 599). Zum Teil ist er dicht, zum Teil deutlich doleritisch ausgebildet. Der Dolerit der Breitfirst (Analyse ı—5, Tabelle I), den Knapp (15) und Weoer (32) näher beschreiben (vgl. auch 12), zeigt ein be- sonders grobes Korn und ist durchweg arm an Olivin. Der genaue Fundort des analysierten Gesteins vom Sparhof (Nr. 5) ist von Knarr (15, 36) leider nicht angegeben; wahrscheinlich lagen ihm Proben des Dolerits vor, der am Südfuß des Sparhofer Küppels, nördlich vom Sparhof, unter dem blasigen Feldspatbasalt des Gipfels hervortritt. Ganz analog zusammengesetzt sind der Dolerit vom Windbühl bei Zeitlofs südlich von Brückenau, den Knarr (15, 36) analysiert hat (Ana- lyse 6), und der Dolerit vom Hopfenberg bei Schwarzenfels (Nr. 7). Den Dolerit vom Windbühl, den Günger früher einmal (5, S. 70 und 72) als Phonolith gedeutet hatte, der aber — auch seiner mineralogischen Zu- sammensetzung nach (22, 88 ff.) — ein typischer Dolerit ist, hat man wohl als einen Eruptivstock anzusehen. Der Dolerit vom Hopfenberg, den U. Dolerit. 8 9 10 | 11 12 13 Kalte Strutberg | Strutberg Reupers Gangolfs- | Gangolfs- Buche (Petriberg) (Mitte) bei Roth berg berg ScHNIDT SCHMIDT ScHuiDT SCHMIDT Scanipr HAEFCKE 38,35 38, 32 38, 31 38, 37 38, 40 33, 12 1902 1902 1902 1902 1902 1894 N | | | | SO ee 50.47 49.92 49.83 49-67 48.83 48.89 TIOSaR ee e 1.51 | 1.80 1.73 1.67 1.89 1.76 NL RR 12.41 13.39 13.20 I az 12.90 13.66 INHOh, Re 8.78 8.07 7:29 8.19 4.81 3.64 NO) 6 5 0 000 3.89 4.82 4-67 4.26 | 6.55 7-44 MO: re: —_ — — _ | —_ _ (BENO) a Bra A 10.19 10.68 11.57 9.38 9.89 8.68 NIEKOR 5 8 05 0 © 5.73 6.13 5.90 7-41 7.68 8.83 NSORS TI: 2.57 2.83 2.78 3.56 3.32 3.14 Nl0)5 a an om 1.19 1.11 1.31 | 1.35 | 17.43 1.20 FRORRERE 1.09 0.94 1.07 0.91 1.24 2.59 BROS a Se TEST 1.06 0.78 1.07 1.27 0.39 SOSSE ICH e= | _ En — — 0.07 a en rue Summe ..... 99.14 100.75 100.13 100.19 99.81 100.29 Spez. Gew 2.9093 | 2.9629 2.8919 2.8879 2.9376 2.876 H. Bückıng: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 493 SANDBERGER (11, 22 ff.) beschreibt und von GErIcHTENn (11, 24) analy- sierte, entspricht nach von Seyrrıen (42, Taf. 21) einem Durchbruch. Etwas ärmer an Kieselsäure, aber ein wenig reicher an Magnesia und Kalk, sind die älteren Dolerite, die, deckenförmig ausgebreitet, in und auf dem Braunkohlen führenden Tertiär der Langen Rhön liegen. Sie sind von verschiedenen Stellen des Blattes Sondheim durch Scaumr (38, 26 ff.) und Hazrcke (33, ı2) analysiert worden (Analysen S—ı3 in Tabelle II). Aus dem jüngeren Dolerit der Breitfirst sind auch die wichtigsten Gemengteile, und zwar der Feldspat — ein auf der Grenze zum Andesin stehender Labradorit (Ab, An,) —, der Augit und das Titaneisen, durch F. SANDBERGER bzw. PETERSEN (6a, 144ff.) und durch Weper (32, 12 ff.) isoliert und analysiert worden (vgl. Tabelle II). IH. Gemengteile des Dolerits der Breitfirst. Feldspat Augit Titaneisen 1 2 3 EN 6 DS ak: Südlich vom Taufstein Taufstein Taufstein Frauenberg aus aus aus . 5 2 Frauenber, N bei Heubach | frischem | zersetztem frischem | zersetztem auenberg | frischem | zersetztem Gestein Gestein Gestein PETERSEN Wepeı WeDeEL PETERSEN Wepeı 6a, 144 32, 12 32, 18 6a, 147 32, 18 1873 1390 1890 1873 1891 EEohe:n (a Summe ... Spez. Gew. . Von den für das unbewaffnete Auge dichten Feldspatbasalten, welche deckenförmig auftreten, wurden bis jetzt nur sehr wenige che- misch untersucht. Von Sevrrıep (34, 26) gibt eine Analyse (Nr. ı der Tabelle IV) von dem Feldspatbasalt, welcher auf dem Kreuzberg südwestlich vom Kloster unter dem Nephelinbasalt und dem Basanit 494 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. hervortritt und nach seiner Beschreibung eine Mittelstellung zwischen den Melaphyr- und Feldspatbasalten Borıckys einnimmt. Der dichte Feldspatbasalt (Nr. 2), der am Ilmenberg am Ostrand der Langen Rhön den Dolerit des Gangolfsbergs bedeckt (33, ıı), ist von Krüss und der Feldspatbasalt (Nr. 3) des Steinernen Hauses südlich vom Ilmen- berg, der eine sehr schöne säulenförmige Absonderung zeigt, aber nach seiner Lagerung doch wohl einer Decke zugehört — nicht einen Durchbruch darstellt —, von E.E. Schmp (2a, 231 u.2b, 306) ana- lysiert worden. IV. Feldspatbasalt. I 2 3 + 5 6 7 Kreuzberg | Ilmenberg De er Zornberg a Predigtstuhl VON SEYFRIED Kröss E. E. Scamp Knare Dürrrern | E.E. Scnumip | Dürrrero 34, 26 33, 12 2a, 231 15, 24 2a, 231 1897 1894 1853 1880 1910 1853 1910 (Cu, As, Sn) (Co, Ni, Mn) Summe ... Spez. Gew. . Von nahezu gleicher Zusammensetzung sind der von Knarr (15, 24) analysierte Basalt (Nr. 4) vom Schelmeneck bei Schwarzenfels, — ein glasreicher und feldspatarmer «dichter Feldspatbasalt (13, 103), der gangförmig im basaltischen Tuff auftritt (42, 595) —, der olivin- freie Basalt des Zornbergs (Nr. 5), der als ein breiter Durchbruch öst- lich vom Eierhauk bei Gersfeld erscheint und, da er in einzelnen Ab- arten einen mit Salzsäure gelatinierenden natronhaltigen Gemengteil besitzt, in den Erläuterungen zu dem geologischen Blatt Gersfeld (48, 31) ! Glühverlust. H. Bückıngs: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 495 als Tephrit bezeichnet worden ist, ferner der von E. E. Scmmm (2a, 231) analysierte Basalt »von der Felskuppe am Pferdskopf« (Nr. 6), der sich ebenfalls als ein breiter Durchbruch von dichtem Feldspat- basalt mit säulenförmiger Absonderung darstellt (44, 680; a.a. O. im Profil mit x bezeichnet), und ein Feldspatbasalt (Nr. 7) vom Predigt- stuhl westlich von der Rother Kuppe (Lange Rhön). Der zuletzt ge- nannte Basalt enthält in einer Grundmasse, die aus Plagioklasleisten, Titanaugit, Magneteisen und einer lichten Basis besteht, zahlreiche kleine (bis 3 mm große) Einsprenglinge von Augit, Olivin und ganz in Serpentin zersetztem Enstatit; er ist also in seiner mineralogischen Zusammensetzung ähnlich den Enstatitbasalten, wie sie Bauzr (35, 1026) aus Niederhessen beschrieben und TrenzEn (37, ı4) analysiert hat. In seiner chemischen Zusammensetzung unterscheidet er sich von dem Enstatitdolerit des Kottenbergs bei Ziegenhain durch einen ge- ringeren Gehalt an Kieselsäure und Tonerde und einen größeren Ge- halt an Magnesia und Kalk. B. Nephelinbasalt. Am weitesten verbreitet in der Rhön und in seinen Strömen und Decken am mächtigsten ist der Nephelinbasalt. Deckenförmig kommt er vor im Norden am Bleßberg, am Hahnberg, auf der Geba, am Dietrichsberg, am Baier oder Beyer (Blatt Lengsfeld), dann im Buch- wald bei Rasdorf, auf der Langen Rhön, auf der Wasserkuppe, am Dammersfeld, auf dem Kreuzberg und südlich von da am Todemanns- berg. Allenthalben erscheint er hier als der jüngste, zuletzt zur Erup- tion gelangte Basalt. Nur ganz im Südwesten, am Stoppelsberg bei Oberzell-Brückenau, ist er von Dolerit und Feldspatbasalt durchbrochen worden (12, 4; 32, 9 u. 37, u. 42, 599). Chemische Analysen des deckenförmig ausgebreiteten Nephelin- basaltes liegen von folgenden Orten vor (Tabelle V und VD): Nr. ı. Von der Höhe der Geba (Blatt Helmershausen); die Ana- lyse wurde 1887 von G. Lmek ausgeführt, ist aber bisher noch nicht veröffentlicht worden. Nr. 2. Vom Beyer (oder Baier) bei Dermbach; a von E.E. Scan (2a, 231); b von Brepemann (9, 15). Nr. 3. Pietzelstein (Blatt Spahl), analysiert von Mörrer (23, 116). Nr. 4. Schafruhe (Kellersbrunnen) nordöstlich vom Hohen Polster auf der Langen Rhön, analysiert von HArrckE (33, 12). Nr. 5. Sumpfkuppe (Ilmenberg), westsüdwestlich von Roth, am Ostabhang der Langen Rhön. Analyse und mikroskopische Untersuchung von Pn. Scanivr (38, 13). Vielleicht ist nicht der Ilmenberg westlich, 496 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. V. Nephelinbasalt. I 2 3 4 5 Höhe Br Deren em | Schafruhe [erroi a b Liner E.E. Schau | BrREDEMAnN MÖLLER HAEFCKE Schnipr 2a, 231 On 23, 116 33, 12 38, 13 NET 1853 | 1874 1887 1894 1902 SO 39.52 39-42 38.95 41.80 38.08 41.52 IKKOR ac 3-01 = 0.61 2.15 3.15 0.81 INIOL Seo 12.70 11.25 10.65 12.43 11.44 13.99 Ber Os Ser. Zt 17-37 12.92 6.2 7.18 8.32 EaOr er 8.92 — 2.79 4.84 6.55 5.28 Mae — = Spur _ _ — VOR 12.36 16.08 15.46 10.88 13.08 13.61 NEO 12.2 11.14 10.91 13.62 12.11 7:74 NLORTEE. 3.41 3.29 2.62 ; 3.40 2.28 3.98 KAOmER 1.21 0.41 1.13 1.71 1.24 1.63 HROmT.® 1.68 1.70 3.14 2] 3.98 1.47 EOS _ 1.02 Spur 0.54 2.01 (lo ooo.c 6 = _ Spur Spur E — COLE _ _ _ 0.65 — _ SOSE: — _ — 0.13 0.10 -— 7 zZ 0.94 Summe ... 100.29 100.66 100.20 I01.OI 99.73 100.36 Spez. Gew. . 2.958 3.058 3.0II 3.071 3.045 (Glühverlust 1.61) sondern ein Basaltdurchbruch östlich von der bayrisch-weimarischen Landesgrenze gemeint. Nr. 6 (Tabelle VI). Kreuzberg. Analyse a von E. E. Scumm (2a, 231); b von BrEDEmAnN (9, 18) und c von von SEYrRIED (34, 17); letztere bezieht sich auf den Basalt vom Johannisfeuer am Kreuzberg. Der » Nephelinit«, welchen Lex (22, 53) im Jahre 1886 im Höhl- wald bei Frankenheim (Lange Rhön) auffand und analysierte (Nr. 7 der Tabelle VI), ist kein geologisch selbständiges Gestein. Er findet sich nur in Form von aderartigen Ausscheidungen von # em Dicke in dichtem Nephelinbasalt (46, 161). Von dem Nephelinbasalt, der am Bauersberg bei Bischofsheim mit dem Braunkohlen führenden Tertiär in Berührung tritt, hat Sınser (14, 23) eine Analyse (Nr. 8) gegeben, die aber einen auffallend hohen Alkaligehalt (12.99 Prozent, wovon 3.53 Prozent K,O) aufweist; sie bezieht sich deshalb vielleicht gar nicht auf den normalen Ne- phelinbasalt, wie er oberhalb des oberen Tagebaues des Braunkohlen- bergwerkes ansteht und das Hangende des Braunkohlen führenden H. Bückıng: Die Basalte und Plhionolithe der Rhön. 497 VI. Nephelinbasalt. 6a 6h 6c 7 8 9 Kreuzberg Kenbach Bauersberg | Dreistelz \ (Nephelinit) E.E. Scumm | Brepemann |von Seyrrıeo | Lenk SINGER Lenk 2a, 231 9, 18 34, 17 22,54 14, 23 22, 60 1853 1874 1897 1887 1879 1887 anal Su Lagte Summe ...- 102.79 100.58 100.50 99.58 100.33 100.69 Spez. Gew. . 3.127 3.079 3.145 2.910 2.89 3.114 Tertiärs bildet (50, 40). Eine Kontrolle war mir leider noch nicht möglich. Auch der Nephelinbasalt (Nr. 9) vom Dreistelz südlich von Brücke- nau, den Lenk (22, 60) analysiert hat, zeigt bei niedrigem Gehalt an Tonerde, was Lenk auf die geringe Beteiligung des Nephelins zurück- führt, auffallend viel Natron. Gerade letzteres deutet wiederum auf einen großen Gehalt an Nephelin oder eines nephelinartigen Gemeng- teiles hin; Lenk ordnet ja auch den Basalt bei den durch »verhältnis- mäßig viel Nephelin« ausgezeichneten Nephelinbasalten ein. Das Hand- stück vom Dreifels, welches ich besitze (vom trigonometrischen Punkt 660.3), entspricht einem normalen Nephelinbasalt mit viel Olivin, der schon makroskopisch erkennbar ist, und mit braunem Biotit, der bei der mikroskopischen Untersuchung sofort auffällt. Ein Nephelinbasalt, der am Rosengärtchen südlich von Heubach (Blatt Oberzell) den mittleren Buntsandstein durchbrochen hat (32, S. 33 u. 42, Taf. 21), ist von TicHAuer analysiert worden. Die Ana- lyse gibt 45.19 Prozent Kieselsäure an und 4.09 Prozent Kali neben nur 2.04 Prozent Natron und weicht auch sonst so sehr von der eines ! Glühverlust. 498 normalen Nephelinbasaltes ab, daß man sie ohne weiteres nicht ver- werten kann. Vielleicht ist eine sauere Ausscheidung aus dem Ne- phelinbasalt zur Analyse verwendet worden. Sitzung der physikalisch-ımathematischen Classe vom 12. Mai 1910. C. Nephelinbasanit. Nephelinbasanite kommen hauptsächlich in der südlichen und in der mittleren Rhön deckenartig ausgebreitet vor, so am Kreuz- berg und im Bereich der Schwarzen Berge südlich vom Kreuzberg, am Dammersfeld, am Eierhauk, an der Wasserkuppe, am Ellenbogen und auf der Langen Rhön, auch am Abtsberg und am Höhn nördlich von Fladungen. In der nördlichen Rhön treten sie am Rößberg südlich von Geisa, am Buchwald und am Hübelsberg westlich von Geisa, am Appelsberg bei Eiterfeld und an mehreren anderen Orten auf, erlangen aber hier nicht mehr die Bedeutung wie in der südlichen Rhön. Wo VII. Nephelinbasanit. I 2 3 4 5 6 Kreuzberg 2 i , Barnstein bei sudwestl; Ellenbogen Linzberg (Leimkopf‘) Oberriedenberg i ae vom Kloster | Kyarwıttert) Kuppe Südostseite A 738 Sen von Sevrrıep | E. E. Scnmip MÖLLER MörLer SOELLNER LAUFER 34, 20 2a, 231 23, 102 23, 105 36, 53 10, 69 1897 1853 1887 1887 _ 1900 1878 SO 41.18 42.50 42.68 44.10 41.70 47-44 TO 0.50 — 2.48 2.46 —_ 1.96 Al,O; 17:94 11.84 15.02 12.80 14.52 13.44 Fe,O; 9.81 19.13 795 5.43 9.59 8.80 Room 1.16 — 6.09 13 2.80 2.92 Dorn oe — _ 0.21 0.18 — Spur (BEROWELEFEER © 12.38 10.88 9.77 10.57 12.90 10.96 MeiOFESeET 11.18 9.37 4.99 10.66 11.88 9.38 Na,0 3.15 2.82 4:97 2.84 4.83 3.50 KON. 0.93 1.84 1.42 1.24 2.50 1.51 EHEORESERE: 12.03 2.16 3.61 3:90 —_ sg PAUSE: - —_ _ 0.55 _ 0.74 Ola aoao: — _ Spur 0.17 = Spur (CO), a a0 are — Spur 0.46 0.36 —_ 0.19 SOSE == —_ — 0.09 —_ 0.25 Sor == = 2.30 = 0.71 = — Summe ... | 100.26 100.54 101.95 101.79 100.72 102.42 — = 13.25 13.07 = — Spez. Gew. 3.064 3.029 2.925 2.956 _ = ! Glühverlust. nn H. Bückıns: Die Basalte und Plıonolithe der Rhön. 499 Nephelinbasanit mit Feldspatbasalt und Nephelinbasalt zusammen vor- kommt, wie an der Wasserkuppe, am Dammersfeld, am Kreuzberg, im Gebiet der Schwarzen Berge, ist er jünger als der Feldspatbasalt und älter als der Nephelinbasalt. Von seiner Beziehung zum Phono- lith ist weiter unten (S. 511) die Rede. Chemische Analysen liegen vor von den Basaniten vom Kreuzberg (Nr. ı, Tabelle VII), der durch vos Seyrrıep näher untersucht worden ist (34, 20), und vom Ellenbogen (Nr. 2), den E. E. Scumm (2a, 231) im Jahre 1853 analysierte zu einer Zeit, als es noch nicht möglich war, die beiden äußerlich so ähnlichen Basalte, den Nephelinbasalt und den Basanit, der, neben und unter dem Nephelinbasalt gelegen, mit diesem zusammen die höchsten Teile der Kuppe bildet (zu vergleichen geolog. Blatt Hilders, 51), voneinander zu unterscheiden. Es schließen sich hier an die Analysen (Nr. 3 u. 4) des Basanits vom Linzberg (Leimkopf‘) bei Hofaschenbach (Blatt Spahl), die MöLLer (23, 102 u. 105) gibt. Sie beziehen sich aber nicht auf ein decken- artig ausgebreitetes Gestein; der Basanit durchbricht vielmehr am Linzberg den von MöLtEr (23, 85 ff.) als Tephrit beschriebenen Phono- lith in einem zylindrischen Stiel von elliptischem Querschnitt (400 auf ı5o m). Das olivinärmere Gestein der Kuppe (Nr. 3) geht nach Süd- osten hin in einen olivinreicheren Basanit (Nr. 4) mit höherem Ma- gnesiagehalt über. Von den von SoELLNER (36, 53) analysierten Gesteinen der Schwarzen Berge gehört hierher der Basanit vom Barnstein, trigonometrischer Punkt 738, bei Oberriedenberg (Nr. 5), der einen Durchbruch darstellt und neben Nephelin noch Melilith führt. Durch einen größeren Reichtum an Kieselsäure ist nach der Ana- lyse von Laurer (10, 69) der Basanit (Nr. 6) ausgezeichnet, welcher am Hundskopf südlich von Salzungen den Buntsandstein durchsetzt (16, 168 u. 29). D. Nephelintephrit. Nephelintephrite sind in der nördlichen Rhön von vielen Stellen der Meßtischblätter Friedewald (24), Eiterfeld (26), Geisa (27), Lengs- feld (28) und Spahl (52) bekannt und finden sich auch in der mitt- leren Rhön mehrfach im Bereich der Blätter Kleinsassen (49) und Gersfeld (48). Das südlichste Vorkommen ist das vom Käuling am Kreuzberg. Deckenreste liegen anscheinend nur in den Vorkommen vom Rückersberg und Wieselsberg (Blatt Eiterfeld), vom Kleienberg bei Rasdorf (Blatt Geisa), vom Hozzelberg zwischen Walkes und Obernüst und vom Sucheuberg (Blatt Spahl) und am Kreuzberg im Süden vor; 500 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. alle die übrigen Vorkommen erweisen sich als mehr oder weniger um- fangreiche Durchbrüche. In den letzteren kommt er zuweilen mit Phonolith, Feldspatbasalt, Basanit und Hornblendebasalt in Berührung unter Verhältnissen, die ihn jünger als Feldspatbasalt und Phonolith und etwa gleichalterig mit Basanit und Hornblendebasalt — und dem- nach älter als Nephelinbasalt — erscheinen lassen. Man kann zwei, nach Aussehen, mineralogischem Bestand und chemischer Zusammensetzung wohl unterscheidbare Typen aufstellen, die nach Rosenguscn’s Vorgang (53, 450 u. 45, 1392) als basaltoide und als phonolithoide Nephelintephrite zu bezeichnen sind. Die ersteren, meist dunkelen, äußerlich basaltähnlichen Tephrite stehen in ihrer Struktur den Nephelinbasaniten nahe und sind nur durch das Fehlen des Olivins von ihnen unterschieden; die anderen, in der Regel hellgrauen und plattig abgesonderten Gesteine nähern sich in ihrer Struktur den Phonolithen, und zwar den feldspatreichen trachytischen oder andesitischen Phonolithen, wie sie im Gebiete des Blattes Spahl (52, S. 27 u. 28) so verbreitet auftreten. VII. Nephelintephrit (basaltoider). I 2 3 4 5 Rückersberg Tannenfels Hoherod Suchenberg Bildstein bei (Blatt (Farrod) bei Gipfel bei Eiterfeld Rleinsassen) Hofbieber (Blatt Spahl) | Poppenhausen DürrFELD DüÜrrFELD DürrrELp DüÜRRFELD DÜRRFELD 1910 1910 1910 1910 1910 STORE ARE 45-46 44.37 45.25 45.67 48.78 au, 2.0 or 1.50 3-75 2.78 1.57 1.99 ATILOS 22.20 17:49 17.69 17-84 19.39 ResORmae. 6.95 7.48 7.76 9.54 6.29 INOPR ao dr 4-19 3-39 4.62 4.04 3.41 CHOR 9.57 10 98 988 9.78 8.72 MORE 3.07 | 5.21 3.68 3.85 4.05 Na OR 3.38 | 2.56 2.87 3.88 4.09 oo 1.49 0.62 2227 1.44 1.53 076 328 2.36 1.97 1.75 Basaltoide Tephrite sind die Gesteine vom Rückersberg bei Eiterfeld (17, 604, Tabelle VIII, Nr. ı), vom Tannenfels südlich von Eck- weisbach (Blatt Kleinsassen) — Nr. 2 —, früher von GÜnsEL (3, 70) zum Phonolith gestellt, und vom Hoherod (Farrod) nördlich von Hof- bieber (Nr. 3) — letzteres ist von BLANCKENHORN (41, 608) irrigerweise als Phonolith bezeichnet worden. Auch das Gestein vom Gipfel des H. Bückıneg: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 501 Suchenbergs (Blatt Spahl), das vereinzelte, relativ große Kristalle von Melilith enthält, ist nach seiner Struktur (47, 199) und chemischen Zusammensetzung hier einzureihen (Nr. 4 der Tabelle VIII); dagegen bildet das gleichfalls dunkele Gestein vom Bildstein bei Poppenhausen (Nr. 5), welches neben Hornblendebasalt ansteht und durch vereinzelte große Einsprenglinge eines sanidinartigen Feldspats und durch kleine Einsprenglinge von Nosean und einer unter Bildung von Rhönit stark resorbierten Hornblende ausgezeichnet ist, bereits den Übergang zu der Reihe der phonolithoiden Tephrite. Zu den phonolithoiden Tephriten gehört das früher als Phono- lith (18, S.9) gedeutete Gestein vom Nordostabhang des Kreuzbergs und von dem weiter östlich gelegenen Käuling. Mönı hatte schon 1873 (7, 449 ff.) dieses Gestein als einen »Hauynbasalt« mit » Nephelinglas « beschrieben; es wurde 1837 von Scarıpr (22, 36) analysiert (Tabelle IX, 6a) und später, 1897, von VON SEYFRIED (34, 26 ff.) näher untersucht und wiederum analysiert (6b). Es sind ferner hierher zu stellen die Gesteine vom Hozzelberg bei Walkes (Blatt Spahl) am trigonometrischen Punkt 623 (Nr. 7), vom Kirschberg bei Rasdorf (Nr. 8), vom Dedges- stein (Blatt Spahl) — Nr.9 — und vom Steinhauk zwischen Obernüst und Mahlerts (Blatt Spahl) — Nr. ı0a und ıob. IX. Nephelintephrit (phonolithoider). 6a 6b 7 9 Hozzelberg|Kirschberg | Dedges- 10a | ıob Steinhauk Kreuzberg (Käuling) (Spahl) bei stein bei Obernüst A 623 Rasdorf (Spahl) (Spahl) SCHEIDT |voN SEYFRIED | Dürrrern | Dürrrern | DürrrELp DürrFELD 22, 36 34, 3 33 1910 1887 1897 Summe ... Spezif. Gew. ! Glühverlust. x 502 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Den Tephrit vom Kirschberg bei Rasdorf habe ich 1830 (16, 1 59f.) beschrieben, zugleich mit den Tephriten vom Kleienberg und von Leim- bach bei Eiterfeld. Ich habe schon damals auf die in dem Gestein vom Kirschberg so häufigen Einsprenglinge der sogenannten Pseudo- kristalle von Hornblende aufmerksam gemacht. »Sie bestehen hier aus einem Gemenge von vorwaltendem Magnetit, von Apatit, Plagioklas und Nephelin, also aus Mineralien, die sämtlich auch in der Grundmasse vorkommen, und äußerst winzigen, gleichsam als Bindemittel der ge- nannten Gemengteile vorhandenen, braunen Lamellen eines Mine- rals, das zufolge eines Pleochroismus und der geringen Auslöschungsschiefe, welche sämtliche prismatischen Durchsehnitte zeigen, als Hornblende gedeutet werden muß.« Dieses ist die später von SOELLNER (43, S.481 u. 541) als Rhönit bezeichnete, mit dem Änigmatit verglichene Hornblende. Auch SommerLan hat 1832 diese Gebilde als Hornblende bestimmt (19, 17). Das Gestein vom Dedgesstein ist auf dem geologischen Blatt Spahl als Phonolith ausgeschieden und in den Erläuterungen zu diesem Blatt (52, 28) als tephritischer Phonolith bezeichnet worden. Der Tephrit vom Dedgesstein hat das Aussehen eines dunkelgrauen trachytoiden Phonoliths und ist als soleher — wegen seines Gehaltes an Mikro- lithen von triklinem Feldspat »einen Übergang vom Phonolith zum Tephrit« darstellend — von Karınarpr (47, 193 ff.) ausführlich be- schrieben worden. Einsprenglinge von sanidinartigen Feldspäten und von einzelnen, zum Teil unter Ausscheidung von Rhönit umgewandelten Hornblenden, auch vereinzelte kleine Noseankristalle liegen in einer Grundmasse, die vorwiegend aus fluidal geordneten Plagioklasleisten und kleinen Mikrolithen von Ägirinaugit besteht und nur spärlich Nephelin enthält. Dem Tephrit vom Dedgesstein schließt sich auf das engste das Gestein vom Steinhauk zwischen Mahlerts und Obernüst an. Auch dieses ist auf dem geologischen Blatt Spahl (52, 28) als tephritischer Phonolith ausgeschieden worden. Es hat eine dunkele Farbe und basal- tisches Aussehen. Bei näherer Betrachtung erkennt man zahlreiche kleine Einsprenglinge von sanidinartigem Feldspat (Anorthoklas), stark resorbierter Hornblende, Ägirinaugit, Titanit und Nosean. Die Grund- masse besteht aus einem Gewebe von fluidal geordneten kleinen Plagio- klasleisten und Mikrolithen von Ägirinaugit, zwischen denen eine blaß- bräunliche Basis deutlich hervortritt. Nephelin ist nicht wahrzunehmen. Das Gestein ist somit durch das Auftreten einer Basis und durch das Fehlen deutlich individualisierten Nephelins von dem Tephrit des Dedgessteins unterschieden; es würde nach der früher von mir (16, 154) vorgeschlagenen Nomenklatur als Tephritoid zu bezeichnen sein, und H. Bückıne: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 503 zwar als ein Tephritoid, in dem der Nephelin durch reichlich auf- tretenden Nosean so vollkommen ersetzt ist, daß die chemische Zu- sammensetzung des Gesteins ganz die gleiche ist wie die normaler phonolithoider Tephrite. Ganz ähnliche Gesteine hat J. E. Hısscn aus dem böhmischen Mittelgebirge beschrieben und als basaltoide Hauyn- tephrite bezeichnet (Tscrermaxs Mineralog. u. petrograph. Mitteilungen XV, S. 257ff.; XVII, S.61; XXI, S. 533 usw.). Die chemische Zu- sammensetzung des Hauyntephrits (Trachydolerits) vom Dobrankatal südöstlich von Tetschen (Tscuernmaxs Mitt. XV, S. 258) kommt der der Tephrite vom Käuling, Dedgesstein und Steinhauk sehr nahe. Charakteristisch ist sowohl für die basaltischen als die phonoli- thischen Tephrite der hohe Tonerdegehalt. Bei den letzteren ist der Eisengehalt im allgemeinen niedriger als bei den ersten; dagegen sind die phonolithischen Tephrite reicher an Kieselsäure und im allge- meinen auch an Alkalien, was durch das Auftreten alkalireicherer Feld- späte veranlaßt wird. E. Hornblendebasalt und Trachydolerit (Basaltit). Die durch zahlreiche große Einsprenglinge von Hornblendekri- stallen ausgezeichneten Hornblendebasalte kommen in typischer Ausbildung nur in Eruptionskanälen von geringem Umfange, nicht in Form von Decken, vor. Ihre Verbreitung beschränkt sich hauptsäch- lieh auf die mittlere und nordwestliche Rhön; hier treten sie aber, wie ein Blick auf die geologischen Karten Spahl, Kleinsassen und Gers- feld und in die zugehörigen Erläuterungen (52, 49, 48) lehrt (zu ver- gleichen auch 47, 205 ff.), in großer Zahl auf. Sie durchsetzen an verschiedenen Stellen den Feldspatbasalt, hier und da wohl auch den Basanit und den Phonolith, nirgends aber den Nephelinbasalt. Sie sind demnach anscheinend gleichalterig mit dem Tephrit, den sie auch an vielen Orten begleiten. Nach ihrer mineralogischen Zusammenset- zung sind sie den Basaniten, den Feldspatbasalten und den Tephriten (zum Teil auch den Limburgiten) anzureihen; Rosengusch (53, 440 u. 45, 1361) rechnet sie zu seinen Trachydoleriten. Analysiert sind bisher nur die drei Vorkommen vom Todtenköpf- chen bei Gersfeld (Tabelle X, Nr. ı), von Sparbrod bei Gersfeld (Nr. 2) und vom Kirschberg bei Rasdorf (Nr. 3) durch Sommerran (19, 159 ff.). Die beiden ersten sind nach ihrem Mineralbestand als Nephelinbasanite zu bezeichnen (48, S. 32), «das dritte als Feldspatbasalt (19, S. 168). Letzteres findet sich nicht zusammen mit dem oben erwähnten Te- phrit, der am Nordabhang des Kirsehbergs ansteht, sondern nur in losen Blöcken am Südostablang des Berges. 504 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. X. Hornblendebasalt. I 2 3 Todtenköpfehen Sparbrod Kirschberg bei Gersfeld bei Gersfeld bei Rasdorf SOMMERLAD SOMMERLAD SOMMERLAD 19, 159 19, 159 19, 160 1883 1883 1883 SO ER Die Titansäure wurde erst nachträglich aus den bei der Analyse gewonnenen Mengen von SiO,, Al,O; und Fe,O; abgeschieden und von jenen Mengen nicht in Abzug gebracht. Auch die Phosphorsäure wurde erst nachträglich bestimmt. Fast in allen bis jetzt untersuchten Hornblendebasalten ist die Hornblende, wenigstens in den kleineren Kristallen, stark magmatisch korrodiert und unter Ausscheidung von Magneteisen und Augit in oft regelmäßig angeordnete Mikrolithe von Rhönit umgewandelt (19, S.ı55ff. und 43, S.540ff.. Auch in der Grundmasse sind bei dem Zerfall der Hornblende, also auf ihre Kosten, in der Effusionsperiode des Gesteins Rhönitkörner entstanden, die bei hypidiomorpher Um- grenzung zu den jüngsten Bildungen der Effusionsperiode gehören. Überhaupt kommen in fast allen Rhöngesteinen, in welchem sich Ein- sprenglinge von basaltischer Hornblende finden, also in vielen Te- phriten, Basaniten, Feldspatbasalten, Nephelinbasalten, Limburgiten und Phonolithen, auch Mikrolithen von Rhönit vor. Ich möchte deshalb diesem Mineral, das sich nur unter besonderen Bedingungen in der Effusionsperiode des Gesteins aus anderen intratellurisch entstandenen Gemengteilen herausbildet, nicht die gleiche klassifikatorische Bedeu- tung zuerkennen wie dem Mineral, bei dessen Zerfall es erst entsteht, und möchte es also nicht wie RosenguscH (45, 1343 und 53, 438) als »eine Art Leitmineral für die Effusivformen der essexitischen Magmen « oder als »für die Trachydolerite charakteristisch « bezeichnen. Wohl 505 aber dürfte es sich empfehlen, die durch ihre großen Einsprenglinge von Hornblende (und oft auch noch von Augit) gut gekennzeichneten Hornblendebasalte, die gerade in der mittleren Rhön so weit verbreitet vorkommen (vgl. 47, S.195 u. 205 ff. sowie 52, 49, 48), der Gruppe der tephritischen oder basaltischen Trachydolerite als eine Unterab- teilung zuzurechnen. Freilich paßt die Bezeichnung »Trachydolerit«, wenn man auf die ursprüngliche Definition Asıcns zurückgeht, nicht auf solche basische Gesteine. Asıcm wollte den Namen Trachydolerit Gesteinen geben, in denen neben Alkalifeldspaten (Orthoklas und Albit) und Hornblende kieselsäureärmere Feldspate (Kalknatronfeldspate) und Augit auftreten, die also eine Zwischenstellung zwischen Trachyt und Dolerit (oder Phonolith und Hornblendebasalt) einnehmen. Derartig basische Gesteine, wie sie in den Hornblendebasalten der Rhön (Ta- belle X) und in den weiter unten (S. 507) erwähnten hornblendefreien basaltischen Gesteinen (Basanitoiden, Tephritoiden usw., vgl. Tabelle XII) vorliegen, könnte man deshalb vielleicht passender mit dem sonst nicht mehr gebräuchlichen Namen »Basaltit« bezeichnen. Die basaltische Hornblende, welche in den Hornblendeba- salten in so großen Kristallen vorkommt, hat, ebenso wie den mit ihr zusammen auftretenden Augit, Fräulein Garkın auf meine Veran- lassung hin genauer chemisch untersucht (54). Die Tabelle XI gibt unter I, 2 u. 3 die Zusammensetzung der Hornblende aus den Horn- blendebasalten von Sparbrod und vom Todtenköpfehen bei Gersfeld sowie vom Kleinen Suchenberg (Blatt Spahl). Unter Nr.4 u. 5 sind H. Bückıns: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. XI. Hornblende, analysiert von Frl. Garkın, 1908. I 2 3 4 5 6 7 Todten- Kleiner Ge- Kleine Kuppe| Silberhauk | Pferds- ud köpfehen | Suchen- | hülfens- ı200o m |beiLiebhards| kopf = bei berg berg bei | nordwestl. (Blatt (Tuff der Gersfeld Gersfeld (Kl. Spahl)| Rasdorf Spahl | Kleinsassen) | Südseite) An er.) e wel wel Summe 101.07 100.28 100.81 100.54 100.61 100.32 100.19 Spez. Gew 3.223 | 3.231 3.198 3.212 3.207 3.235 22 Sitzungsberichte 1910. 43 506 die Werte für die Hornblende mitgeteilt, welche aus Hornblendeba- saltbomben stammen, wie solche in den Schlotbreeeien am Gehülfens- berg bei Rasdorf und an einer kleinen Kuppe 1200 m nordwestlich von Spahl angetroffen werden; Nr. 6 bezieht sich auf die großen Hornblendekristalle aus der Schlotbreceie am Silberhauk bei Liebhards, Nr. 7 auf die Hornblendekristalle im Tuff des Pferdskopfs (44, 674; in der Figur 2 dort mit a, bezeichnet). Alle diese Hornblenden haben annähernd die gleiche Zusammensetzung; besonders charakteristisch ist ihr Gehalt an Alkalien. Auch die großen Augitkristalle aus den Hornblendebasalten von Sparbrod und vom Todtenköpfchen bei Gersfeld (Tabelle XI, ı u. 2) sowie vom Gehülfensberg (Nr. 3) und aus den Schlotbreceien und Tuffen von Liebhards und vom Pferdskopf (Nr. 4 u. 5) haben an- nähernd die gleiche Zusammensetzung. Sie weicht nicht sehr von der Zusammensetzung des Augits in den Doleriten der Breitfirst (vgl. oben Tabelle II, Nr. 4 u. 5) ab, wohl aber von der des augitischen Gemeng- teiles im Tephrit vom Käuling, den von Servrrıen (34, 29 ff.) isoliert und analysiert hat (Tabelle XH, Nr.6). Der Ägirin-Augit des Tephrits ist auffallend reich an Tonerde; er enthält mehr Alkalien und weniger Magnesia und Kieselsäure als der gemeine basaltische Augit. In Tabelle XII ist unter Nr. 7 noch die Analyse des Rhönits aus dem Nephelinbasanit der Platzer Kuppe nach SoELLNER-DITTRICH Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. XI. Augit und Rhönit. 6 2 3 4 5 7 4 : : ı Rhönit Augit Eh Sucht Augit Sue Aue . , aus Nephelin- \ odten- | Gehülfens- & Pferds- aus Tephrit 5 ; Sparbrod hon Es Liebhards konf nk basanit der N 5 12 vom Aaulng | Platzer Kuppe GALKIN GALKIN GALKIN GaALKın Garkın |voN SEYFRIED Dirreicn 1908 1908 1908 1908 1908 wir ee SHOT 48.24 48.14 47.76 45.52 48.13 44.15 24.42 110, 1.44 1.36 1.24 2.05 1.62 — 9.46 Al,O; 4.52 6.21 4.21 5.48 5.96 12.11 17.25 Fe, O; 6.54 TE! 7.28 7.42 5.74 _ 11.69 Boom 3.26 2.52 2.65 2.96 3.84 9.16 11.39 MnO — — — _ _ _ Spur Gore 21.81 22.09 22.18 22.48 22.15 20.50 12.43 MgO 12.91 10.31 12.12 12.09 11.35 9.80 12.62 Na,0 0.80 0.71 1.60 0.91 1.42 3:43 0.67 KAORSZRE 0.36 0.43 0.34 0.35 0.39 0.85 0.63 EOS ER 0.11 0.31 0.13 0.37 0.18 —_ _ P,O; 0.36 0.12 0.71 0.52 0.71 — —_ Summe ... 100.35 | 99.93 100.22 100.15 101.49 100.00 100.56 Spez. Gew. . 3.402 3.414 3.435 3.298 3.287 3.46 3.58 H. Bückıneg: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 507 (43, 498) beigefügt. Ein genauerer Vergleich mit den Analysen der Hornblende und des Augits in den Tabellen XI und XII lehrt, wie dies auch von Frl. Garkıy (94, 716 ff.) näher ausgeführt wird, daß bei ler magmatischen Resorption der Hornblende neben Augit recht wohl Rhönit oder ein dem Rhönit ähnliches Mineral und Magneteisen sich bilden können. Dabei wird aber häufig — zumal unter dem Einfluß des noch nicht erstarrten Magmas — auch noch ein anderes, eisen- armes, aber an Tonerde und Alkali reicheres Mineral entstehen, etwa ein Feldspat, der ja auch unter den Umwandlungsprodukten der Horn- blendeeinsprenglinge beobachtet worden ist. Übrigens wird sowohl von SOELLNER wie von GALkın darauf hingewiesen, daß die Mengen des Rhönits und des Magneteisens sowohl in den Neubildungen aus der resorbierten Hornblende als auch in der Gesteinsgrundmasse im umgekehrten Verhältnis zueinander stehen. Zu den tephritischen oder basaltischen Trachydoleriten bzw. Basaltiten kann man weiter noch diejenigen Nephelinbasanite und basaltischen Tephrite und Limburgite zählen, welche in ihrer Grundmasse reichlich Rhönit enthalten, der bei der Korrosion oder vollständigen Resorption der früher vorhandenen Hornblendeeinspreng- linge entstanden ist, oder welche durch zahlreiche Einsprenglinge eines Minerals der Hauyn-Sodalithreihe sich als alkalireicher erweisen als die gewöhnlichen Glieder dieser Gruppen. Beispiele Rhönit führen- der Basanite und Limburgite, die als Basaltite bezeichnet werden können, sind der Basanit des Durchbruchs vom Südabhang der Platzer Kuppe östlich von Brückenau (43, 515) und der infolge seines — wenn auch geringen — Gehaltes an Plagioklas und Nephelin den Basaniten nahestehende Limburgit von dem Durchbruch auf der Südwestseite des Lösershages (trigonometrischer Punkt 766) bei Oberbach (43, 511), die beide von Professor Dirrricn analysiert worden sind (Tabelle XIII, NLITE.22)). Als einen Repräsentanten eines Nosean führenden Limburgits, der hierhergehört, möchte ich den früher von mir (17,606) und dann von Sommertan (19, 169) erwähnten Hornblende führenden Limburgit vom Bilstein bei Lenders (Blatt Lengsfeld) nennen. Außer den von Sommerran aufgezählten Einsprenglingen von Hornblende, Augit und Olivin erkennt man bei der mikroskopischen Untersuchung auch noch solche von Nosean (oder Hauyn) in großer Menge. Es gehören ferner noch zu den Basaltiten diejenigen basaltischen Gesteine, die sich in ihrer mineralogischen Zusammensetzung den Nephelinbasaniten und Nephelintephriten anschließen, aber den Nephe- lin nicht deutlich individualisiert enthalten, sondern als Vertreter des- selben eine mit Salzsäure leicht gelatinierende natronhaltige Basis oder 43* 508 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. XIM. Basaltit (Trachydolerit). I 2 3 4 5 Platzer Kuppe Lösershag Dachberg TER: r 5 Südseite Südwestseite bei Rasdorf Wolkorzberg Ulmenstein Dittrich Dittrich Lange Lenk MöLtEr 43,515 43, 511 21,9 22,75 23, 112 1907 1907 1887 1887 1887 SIE WE 41.03 42.55 41.71 40.73 43.18 TiO, 2.43 2.59 2.77 0.46 2.16 AL,O; 11.07 10.75 15.80 20.70 13.43 Fe,0; 4.65 4.92 5.59 4.26 5.06 He Owerae 7.05 6.60 7.64 8.38 6.41 MnO Spur —_ 0.16 = _ GO 10.59 10.80 10.30 10.78 10.39 MgO 15.75 15.51 4.85 5.32 11.79 Na,0 1.71 2.94 6.08 7.28 3.05 a0. ara 1.00 0.60 ei leljerienieh« Summe ... Spez. Gew. . statt dieser oder neben dieser ein Mineral der Hauyn-Sodalithreihe führen. Derartige Gesteine sind früher von mir (16, 154) als Basa- nitoide und Tephritoide unterschieden worden. Die Basanitoide treten in der nördlichen Rhön deckenförmig an der Stoffelskuppe bei Roßdorf (Blatt Altenbreitungen — 16, 171, u. 29) und auf Blatt Geisa (27) am Hubenberg bei Buttlar, am Stall- berg und Morsberg bei Rasdorf auf; auch die Durchbrüche am Schorn und ı km südlich von Bremen (Blatt Lengsfeld) gehören hierher (17, S. 605). Da sie mit anderen basaltischen und mit phonolithischen Gesteinen nicht in Verbindung stehen, läßt sich über ihre Beziehun- gen zu diesen nichts Sicheres sagen. Vermutlich haben sie das gleiche Alter wie die Tephrite und Basanite. Rınse (21, 4ff.) hat ein diesen Basalten anzureihendes Gestein vom Dachberg bei Rasdorf als glasreichen Plagioklasbasalt beschrieben ! Glühver-lust. ——. nt mn H. Bückıneg: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 509 und durch Lance analysieren lassen (Tabelle XIII, Nr. 3). Das Gestein enthält verhältnismäßig viel Natron und Tonerde, aber bei offenbar zurücktretendem Olivin wenig Magnesia. Ein Tephritoid ist das Gestein vom Steinhauk bei Mahlerts, das ich bereits oben (S. 502) bei den Tephriten besprochen und wegen seiner von der größeren Zahl der analysierten Rhönbasaltite abweichen- den chemischen Zusammensetzung lieber den phonolithischen Tephri- ten angereiht habe. Bezeichnet man basaltische Gesteine von solch basischem Charakter, wie ihn die analysierten Typen der Tabelle XIII besitzen, als Basaltite und stellt man, wie ich es getan habe, das Gestein vom Steinhauk zu den phonolithischen Tephriten, zu welchem es wegen seines größeren Gehaltes an Kieselsäure, Tonerde und Alkali sehr gut paßt, so sind die Basaltite der Rhön gegenüber den Tephri- ten durch einen geringeren Gehalt an Kieselsäure, Tonerde und Al- kalien und durch einen beträchtlich höheren Gehalt an Magnesia, Kalk und Eisen sehr gut charakterisiert. Wegen seines relativ hohen Alkaligehaltes kann wohl auch der von Lenk (22, 75) näher untersuchte und analysierte Basalt vom Vol- kersberg bei Brückenau (Nr. 4) zu den Basaltiten und speziell in die Nähe des Basanitoids vom Dachberg gestellt werden. Auch in diesem Gestein, das bei hypokristallin-porphyrischer Struktur sehr reich an fluidal geordneten Plagioklas- und Augitmikrolithen, aber arm an Olivin ist, kommt der Nephelin nicht in deutlichen Kristallen vor; er scheint vielfach vollständig durch radialfaserige und büschelförmig gruppierte Zeolithe ersetzt. Splitter des Gesteins geben mit Salzsäure leicht eine dicke Gallerte, in der sich zahlreiche Chlornatriumkriställchen aus- scheiden. Lenk hat das Gestein zu seinen Nephelin führenden Feld- spatbasalten, SANDBERGER (18, S. 10) kurzweg zum Feldspatbasalt gestellt. Nach der Beschreibung von Mörter (23, 106 ff.) gehört hierher auch der Basalt von dem Durchbruch am Ulmenstein nördlich von Linz- berg bei Hofaschenbach (Blatt Spahl). Mörzer bezeichnet das dichte, schön säulig abgesonderte Gestein als einen Nephelinbasanit, der bei zurücktretendem Nephelin und Plagioklas sich einem Limburgit nähert. Ich habe in den von mir gesammelten Stücken keinen Nephelin beob- achtet, aber auch ich kann zwei Varietäten unter diesen unterscheiden, indem die einen einem feldspatarmen, an bräunlichem Magma reichen Feldspatbasalt, die andern einem feldspatfreien, augitreichen Limburgit entsprechen. In der chemischen Zusammensetzung (Nr. 5), die MÖLLER (23, 102) gibt, nimmt das Gestein eine Mittelstellung zwischen den Nephelinbasaniten und Limburgiten ein und schließt sich auch an die Basaltite an. 510 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. F. Limburgit (Magmabasalt). Limburgite sind durch die ganze Rhön verbreitet. Sie er- scheinen fast durchweg in Form von Gängen und in zylindrisch ge- stalteten Durchbrüchen; selten sind sie deckenartig ausgebreitet, wie z.B. am Öchsen bei Vacha, am Geiskopf (Dietrichsberg) bei Lengs- feld, am Schleitberg bei Geisa, am Auersberg und Buchschirmberg bei Hilders sowie an der Eiskante zwischen Batten und Frankenheim auf der Rhön. Hier und da tritt der Limburgit mit Feldspatbasalt und Basanit zusammen auf. Wo er mit Nephelinbasalt in Berührung kommt, wie am Dietrichsberg (Geiskopf), am Leichelberg bei Oberkatz, am Buch- schirmberg und an der Eiskante bei Hilders, am Bauersberg bei Bischofsheim und am Stoppelsberg bei ÖOberzell-Brückenau (32, 34), erscheint er älter als dieser. Nur am Rhönkopf, nördlich von Leubach bei Fladungen, scheint ein Limburgit den Nephelinbasalt zu durch- brechen; doch liegen hier die Verhältnisse, mangels genügender Auf- schlüsse, nicht ganz klar und außerdem ist der Limburgit hier ein solcher 2. Art, läßt sich also als ein Magmabasalt von der Zusammen- setzung der Nephelinbasalte betrachten (51, 42 und 46, 166). Herr Dürrrerp analysierte auf meinen Wunsch zwei Limburgite (Tabelle XIV), einen aus einem kleinen Stiel im Muschelkalk zwischen Dörnberg und Suchenberg (Blatt Spahl) und dann (Nr. ı) den Lim- burgit, welcher am Hundskopf bei Lengsfeld den mittleren Buntsand- XIV. Limburgit (Magmabasalt). I 2 Hundskopf | Dörnberg- bei Suchenberg Lengsfeld | (Blatt Spahl) DÜRRFELD DürrFELD 1910 I9IO 41.90 41.14 2.28 2.07 13.83 14.28 6.27 5.14 4:59 6.23 11.40 12.28 13-17 11.05 2.21 2.87 0.34 0.80 3.87 4.71 99.86 100.57 H. Bückıng: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 511 stein durchbrochen hat. Der letztere (16, 185) enthält eine lichte, der erstere (47, 217) eine bräunliche Glasbasis. Die chemische Zu- sammensetzung beider Limburgite ist sehr ähnlich der der Nephelin- basanite vom Linzberg, Barnstein und Platzer Kuppe (s. oben Ta- belle VII, 3,4 und 5 sowie Tabelle XII, ı) und des zu den Basaltiten gestellten Limburgits vom Lösershag (Tabelle XIII, 2). Der ziemlich hohe Glühverlust bzw. Wassergehalt ist, da möglichst frisches Material zur Analyse gelangte, wohl in dem Vorwiegen des Glases in der Grund- masse begründet. G. Phonolith. Die Verbreitung der Phonolithe in der Rhön beschränkt sich auf das Gebiet zwischen der Nordgrenze der Blätter Hünfeld und Spahl und der Südgrenze der Blätter Weyhers und Gersfeld. Das östlichste Vorkommen von Phonolith ist das vom Stirnberg in der Nordwestecke des Blattes Sondheim, das südwestlichste liegt an der Dalherdakuppe, wo der Phonolith den Nephelinbasanit durchbrochen hat. Westlich von der Linie, die von der Dalherdakuppe über Lütter nach dem Stein- hauk bei Dietershausen und von da nach Hünfeld gezogen wird, ist Phonolith in der Rhön nicht mehr beobachtet worden. Wie ich früher (44, 679 ff.) ausgeführt habe, liegt der Phono- lith an der Wasserkuppe, ein feldspatreicher, trachytisch-andesitisch struierter Phonolith, der zahlreiche bräunlich zersetzte Noseankristalle enthält, deekenartig über Feldspatbasalt ausgebreitet und wird von Nephelinbasanit und Nephelinbasalt bedeckt. Es findet sich aber im Westen der Wasserkuppe — am Pferdskopf und an der Eube — auch noch ein älterer Phonolith von ganz gleicher Struktur; derselbe kommt jedoch nur als Einschluß in einer Breceie vor, welche unter dem vor- her erwähnten Feldspatbasalt der Wasserkuppe gelegen ist. Auch am Großen Ziegenkopf bei Schackau hat ein Phonolith, der hier aber dem nephelinitoiden Phonolith der Milseburg und des Stellbergs gleicht, die Schlotbreeecie von Schackau durchbrochen, und diese schließt wieder- um, ganz wie die Breecie am Pferdskopf, Stücke von trachytischem Phonolith ein. Und während an der Dalherdakuppe ganz im Süden des Phonolithgebietes der trachytische Phonolith die dort vorhandene Basanitdecke durchbrochen hat, wird anderseits am Südabhang der Tannenfelskuppe (Blatt Kleinsassen) und an der Kleinen Nalle bei Gers- feld ein trachytischer Phonolith von Feldspatbasalt durchsetzt, der doch in der Rhön älter als der Basanit zu sein pflegt, überhaupt das älteste unter den dichten basaltischen Gesteinen ist (44, 697). Nimmt man dies als feststehend an, so würde der Phonolith der Kleinen Nalle und am Tannenfels zu dem ältesten Phonolith zu rechnen sein. 512 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Jedenfalls muß man wenigstens zwei verschiedenalterige Phono- lithe in der Rhön unterscheiden. Der ältere Phonolith war mit Sicher- heit bis jetzt nur aus den älteren Breecien von Schackau und von dem Pferdskopf bekannt; zu ihm muß auch der Phonolith vom Süd- abhang des Tannenfels und von der Kleinen Nalle gestellt werden, vielleicht auch der unter dem Feldspatbasalt des Steinkopfs und des Stirnbergs bei Wüstensachsen (auf Blatt Sondheim) hervortretende Phonolith. Letzterer entstand wohl annähernd gleichzeitig mit den Phonolithbomben, die man in den basaltischen Tuffen und Breccien an der Basis des Braunkohlen führenden Tertiärs bei Wüstensachsen und Hilders antrifft (50, 33 u. 5l, 33). Der jüngere Phonolith gelangte erst nach der Eruption des Feldspatbasaltes und während der Bildung der Basanite — an der Wasserkuppe vor und an der Dalherdakuppe nach deren Erguß — zum Durchbruch. Zu ihm gehört der decken- artig ausgebreitete Phonolith des Pferdskopfes und der Wasserkuppe, auch der Phonolithdurchbruch der Dalherdakuppe und des Großen Ziegenkopfs, wahrscheinlich auch der Phonolith der Milseburg, des Hohlsteins (Fuchssteins) und des Kesselkopfs (Blatt Kleinsassen), sowie des Rößbergs, Seelesbergs und Habelsteins (Blatt Spahl). An den drei XV. Phonolith. I 2 3 4 5 ; Ebersber. Ebersberg Milseburg Pferdskopf Pferdskopf (Abhang) (Gipfel) Eee RAMMELSBERG GMELIN Rammeısgere | E. E. Schmp 4,752 4, 752 1, 360 4, 752 2a, 236 1862 1862 1828 1862 1853 Summe ... Spez. Gew. . ! Nachträglieh bestimmt: Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Gesellsch. XX, 1868, S. 542. H. Bückıne: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. Sjler zuletzt genannten Bergen tritt er in mehr oder weniger großen, von der Erosion verschont gebliebenen Überresten unter Basanit oder Nephelinbasalt hervor. Nach ihrer Struktur lassen sich die verschiedenalterigen Phono- lithe jedenfalls nicht unterscheiden. Auch in ihrer chemischen Zu- sammensetzung zeigen die nephelinreichen Phonolithe, wie sie an der Milseburg, dem Stellberg, dem Großen Ziegenkopf, der Stein- wand usw. auftreten — es liegt nur von dem Milseburggestein eine Analyse vor, die durch Ramnmeisper6 bzw. R. Scuepky (4, S. 750 ff.) ausgeführt wurde (Tabelle XV, ı) —, keine beträchtlichen Abweichun- gen gegenüber den trachytoiden Phonolithen. Von letzteren existieren zahlreiche Analysen, so vom Pferdskopf (Nr. 2 u. 3) von RAMMELSBERG (4, 752) und von Gmerin (l, 360), der, mehr als 30 Jahre früher, etwa 4 Prozent mehr Kieselsäure und 3+ Prozent Kalk und 2 Prozent Wasser weniger als RAmmELsBERG gefunden hatte, und vom Ebersberg (Nr. 4 u. 5) durch Ranmmeısgers (4, S. 752) und durch E. E. Scaunminp (2a, 236). Rammersgere fand im Phonolith vom Ebers- berg etwa 4 Prozent Kieselsäure weniger als Scumm, auch 4 Prozent Tonerde weniger, fast 5 Prozent mehr Kalk und viel weniger Natron; er bemerkt von Scnmis Analyse mit Recht (4, S. 756): »Ein so großes Übergewicht des Natrons hat überhaupt sonst niemand in einem Phonolith gefunden. Ist es denkbar, daß am Ebersberg Ab- änderungen so verschiedener Art vorkommen?« Das von E. E. Schmp analysierte Stück war oben in der Nähe des Gipfels, das von RAmNELSBERG untersuchte Stück am unteren Abhang geschlagen. Neuere Analysen (aus dem Jahre 1910) von den trachytischen Phonolithen des Kalvarienbergs bei Poppenhausen und der Dalherda- kuppe rühren von den HH. Dürrreın und Drexer her (Tabelle XVI, Nr. 6, 7 u.8). Sie zeigen eine recht gute Übereinstimmung mit den Analysen des Phonoliths vom Pferdskopf und vom Ebersberg durch RAMMELSBERG; aber auch in ihnen ist, wie bei den meisten Rhön- phonolithen, der Gehalt an Natron größer als an Kali. Nur der trachytische Phonolith von Abtsroda (Blatt Kleinsassen)' enthält nach ! Ob der Phonolith wirklich von Abtsroda selbst stammt, ist nicht sicher. Das analysierte Stück rührte von dem Öberforstrat Hunpesuagen her und trug die Be- zeichnung Abtsroda. Gurrın bemerkt aber in den Naturwiss. Abhandl. (1, S. 148), daß das frische Gestein dem des Pferdskopfs sehr ähnlich ist und das Stück entweder von dort oder, was ihm wahrscheinlicher dünke, von einem ganz nahe bei Abtsroda gelegenen, von dem Pferdskopf durch Muschelkalk, Sandstein und Basalt getrennten Phonolithvorkommen stamme. Zwischen Pferdskopf und Abtsroda liegen nur die beiden Plhonolithvorkommen, die an der Straße von Sieblos nach Abtsroda im Bereich des mittleren und oberen Buntsandsteins aufigeschlossen sind (zu vergleichen die geolo- gischen Blätter Kleinsassen und Gersfeld 49 u. 48). 514 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. den Analysen von C. G. Gmerin (1, 360) sowohl in frischen Stücken (Nr. 9) als in der dicken gelblichweißen Verwitterungskruste (Nr. 10), die man auf den Blöcken beobachtet, auffallend viel Kali und be- trächtlich mehr als Natron. Auch der noseanreiche Phonolith (44, S. 686) vom Linzberg bei Hofaschenbach (Blatt Spahl), den Mörter (23, S. S4ff.) als Nephe- lintephrit beschrieben und analysiert hat (Tabelle XVI, Nr. ı ı), weist XVI. Phonolith. 6 7 | 8 9 10 11 E h Dalherdakuppe Abtsroda Linzbere Kalvarienberg 0 ö 3 5 £ $: in Zersetzung .n R bei Hof- Poppenhausen frisch : frisch verwittert begriffen aschenbach Dürrrzıo DreEner GMELIN MörreEr 1, 360 23,97 1910 | 1910 1828 1828 1887 Summe ... 99.32 99.10 98.25 99.48 101.71 101.79 (!1.85) Spez. Gew. . — —_ u 2.623 2.651 2.624 wiederum mehr Natron als Kali auf und schließt sich in seiner chemischen Zusammensetzung (nicht den kalkreicheren Tephriten, son- dern) den trachytischen Phonolithen vom Kalvarienberg bei Poppen- hausen (Nr. 6) und Pferdskopf (Nr. 2) an. Ebenso gehören die Phono- lithe (Tabelle XVII, Nr. ı2, ı3, 14), welche sich im Tuff des Weißen Wegs bei Rasdorf finden (44, S. 695) und von Rınse (21, S. 16 ff.) als Nephelintephrit beschrieben wurden, zu den trachytischen Pho- nolithen. ! Glühverlust. H. Bückıns: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 325 Auch von den saueren und basischen Ausscheidungen der Phono- lithe, wie sie sich als sogenannte Sanidinite im Phonolith vom Alsch- berg bei Friesenhausen (Blatt Fulda), hier Titanit, Chabasit und Analeim führend, und vom Kesselkopf bei Unter-Rupsroth (Blatt Kleinsassen), auch als Auswürflinge in der Tuffbreeeie von Schackau, oder als Buchonit im Phonolith des Kalvarienberges bei Poppenhausen (44, S. 637 ff.) finden, liegen einige Analysen vor. Der »Sanidinit« vom Alschberg (» Alsberg bei Bieberstein«) hat nach Bunsen (3, 67) die unter Nr. ı5 mitgeteilte Zusammensetzung, die von der der Sanidinite des Laacher Sees nicht sehr abweicht. Der Buchonit, den man bisher ziemlich allgemein den Nephelin- tephriten zugerechnet hatte, ist durch von GERICHTEN (6b, S.ı2) und durch Mönr. (8, 941) analysiert worden (Nr. 16 und 17), und einen durch zahl- reiche bis 8 mm große Einsprenglinge von schwarzer Hornblende und von sanidinartigem Feldspat ausgezeichneten trachytischen Phonolith, der sich in der Tuffbreceie von Schackau findet, hat auf meinen Wunsch Hr. von Sryrrıen im Jahre 1896 analysiert (Nr. 18). XVN. Phonolith. 12 13 14 15 16 17 18 Dachberg bei Rasdorf Alschberg u eig Schackau- (aus dem Tuff anı weißen Weg) (Sanidinit) (Bukhonit) Ziegenkopf KNoEVENAGEL Deike£ BückımG Bunsen vonGericHtEN| Mönt |von SEYFRIED c ; e 66, 1 21, 20 21,21 42, 695 3,67 (6 he XLvn 8,941 1896 1887 1887 1875 1861 1873 1874 SO Te 66.74 61.01 56.94 63.40 45.84 45.18 49.55 BIO eat re 0.53 0.45 0.55 - = En E= BROS: 2... 16.91 18.45 19.16 20.20 10.18 10.42 25.01 HEROS 0. 1.95 2.09 4-24 — 14.32 14.00 4:04 EOS 0.62 0.80 _ 3.89 6.42 ARTS 3.51 IMORS 0.08 Spur 0.13 -- _ Spur — RAOn 1.19 1.91 1.98 1.66 8.40 7.82 8.30 MEORZ ER... 0.15 0.94 0.41 0.38 1.47 1.63 3.03 INN OBENE N. 6.55 7-33 883 8.39 8.77 9.84 4-52 NO) ort ale 4-11 4.75 6.87 3.54 3:96 3.72 4.21 EBHOS er 2.08 3.09 10.85 0.36 1.21 0.72 — SO oo 0.10 0.03 _ —_ u — —_ BIOS een: Spur Spur — — 0.66 1.64 — z= 0.40 x = 0.40 Summe. .... 101.41 101.25 99.96 101.82 101.23 102.10 102.17 (1.72) (12.97) Spez. Gew.. 2.538 2.562 — 2.85 2.843 _ ! Glülverlust. 516 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Das zuletzt genannte Gestein, das bei seinem Reichtum an Horn- blende und seiner dichten grauen Grundmasse äußerlich an Amphibol- andesit erinnert, ist bis jetzt nur in Form von Auswürflingen in der Breccie von Schackau, sonst nirgends in der Rhön, gefunden worden. Bei der mikroskopischen Untersuchung erkennt man, daß neben den größeren Einsprenglingen von schwarzer bzw. brauner Hornblende und von sanidinartigem Anorthoklas auch noch solche von grünlichem diop- sidartigem Augit und von Magnetit sowie mehr vereinzelt solche von Biotit und von Apatit auftreten. Die größeren Anorthoklase sind im Innern reich an Einschlüssen von Hornblende, Apatitnadeln, Magnetit, Grundmasse und bräunlichem Glas und erscheinen dadurch meist im Zentrum getrübt. Die Grundmasse besteht aus oft radial, seltener fluidal geordneten Leistehen von Sanidin und kleineren stabförmigen Mikrolithen von Ägirinaugit, die sich zu Bündeln und Büscheln gruppie- ren, und aus Kriställchen von Nephelin. Auch Mikrolithen von brauner Hornblende von etwa denselben Dimensionen wie die Sanidinleisten sind in einzelnen Stücken recht reichlich vorhanden; wo dies der Fall ist, treten die Augitmikrolithen mehr zurück. Als sekundäres Mineral ist Caleit sehr verbreitet; er durchtränkt die Grundmasse und hat sich besonders an der Peripherie der größeren Einsprenglinge angesiedelt. Wie aus den vorhergehenden Ausführungen ersichtlich ist, lassen sich unter den basaltischen und phonolithischen Gesteinen der Rhön auch nach ihrer chemischen Zusammensetzung recht verschiedenartige Gruppen unterscheiden. Viele von diesen hat die Rhön mit dem böhmi- schen Mittelgebirge gemein; doch fehlen in ihr die Leueit führenden Gesteine vollständig (16, 150) und auch lakkolithische Bildungen sind nicht aufgeschlossen; sie vermag daher bei weitem nicht eine solche Mannigfaltigkeit der Gesteinstypen aufzuweisen wie jene. Aber hier wie dort wechselten wiederholt Eruptionen von sauren und basischen Gesteinen miteinander ab. Besonders kann man in beiden Gebieten ältere und jüngere Phonolithe unterscheiden, die durch mächtige Ströme und Decken von basaltischen Gesteinen voneinander getrennt sind. Während aber in Böhmen die Reihe der Eruptionen mit der der jün- geren Phonolithe (und bereits zur Oberoligocänzeit) abschließt, folgen in der Rhön nach diesen (hier anscheinend erst in der Untermiocän- zeit geförderten) Gesteinen noch ansehnliche Ergüsse von Nephelin- basalt; in der südlichen Rhön haben sich dann über letzteren als Jüngste vulkanische Bildungen noch mächtige Dolerite und Feldspat- basalte ausgebreitet. H. Bückıng: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 517 Gerade von den basaltischen Gesteinen sind in der südlichen, mittleren und östlichen Rhön recht ansehnliche Decken erhalten ge- blieben; dagegen hat in der nördlichen und in der westlichen Rhön, wo die Phonolithe einst eine größere Verbreitung besaßen, die Ab- tragung einen außerordentlich großen Umfang erreicht: die früher zusammenhängende vulkanische Decke ist dort zum größten Teil ver- schwunden und der geologische Bau des triadischen Untergrundes tritt klar und deutlich hervor; auch mehrere Hundert Eruptionsstiche von Basalt und Phonolith sowie zahlreiche von vulkanischen Brecceien erfüllte Ausbruchsröhren der verschiedensten Dimensionen sind bloß- gelegt (52, 25; 49, 25; 48, 29). Die genauere geologische Aufnahme hat hier nun ergeben, daß die zum Teil recht beträchtlichen Störungen (Verwerfungen, Graben- und Muldenbildungen) ihrer Hauptsache nach bereits vor der Ab- lagerung des Miocäns vorhanden waren, und daß später nach der Bildung der tertiären Sedimente und nach der Eruption der Basalte besonders tiefeingreifende Veränderungen in dem Bau des Unter- grundes sich nicht mehr vollzogen. Daß die Eruptivgesteine auf ihrem Weg aus der Tiefe den wirklich nachgewiesenen oder vermuteten Verwerfungsspalten gefolgt seien und sie hier und da erweitert und vertieft hätten, wie man früher an- nahm, hat sich nicht als richtig erwiesen (50, 42; 5l, a3; 52, 32); im Gegenteil, es ist mehr und mehr wahrscheinlich geworden, daß jene Spalten gar nicht bis in die Tiefe niedersetzen, in der sich der vulkanische Herd befinden mag (39a, 307 und 44a, ıı). Vulkanische Durchbrüche sind nur in ganz vereinzelten Fällen auf oder in der Nähe von Verwerfungsspalten erfolgt; die Mehrzahl derselben be- findet sich seitwärts von den Störungsgebieten. Literatur. 1. 1828. C. G. Gmerin, Chemische Zerlegung des Klingsteins oder Phonoliths. PoGsEnporrrs Annalen XIV, S. 357 ff. — Ausführlicher in den Naturwissenschaftl. Ab- handlungen, herausgegeben von einer Gesellschaft in Württemberg. Stuttgart, II. Bd., S. 133— 162. 2. 1853. E.E. Scumiv, a) Über die basaltischen Gesteine der Rhön. Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Gesellschaft V, S. 227 ff. —, b) Chemisch-mineralogische Mitteilungen. PoGGEnDorFFS Annalen 89, S. 291 ff. 3. 1861. Bunsen, Mitteilung, vgl. Jusrus Rorn, Die Gesteinsanalysen, Berlin, S.67. 4. 1862. C. Raumersgers, Analysen einiger Phonolithe aus Bölımen und der Rhön. Zeitsch. d. Deutsch. Geolog. Gesellschaft XIV, S. 750fl. 518 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. 5. 1865. ©. W. Güuser, Die geognostischen Verhältnisse des fränkischen Trias- gebiets. Bavaria, IV. Bd., XI. Heft, S. 64 ff. 6. 1873. F. Sanneerser, a) Über Dolerit I. Die konstituierenden Mineralien. Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d. Wiss. III, S. 140 ff. —, b) Weitere Mitteilungen über den Buchonit. Ebenda S. ııfl. 6c. —, |. Rora, Beiträge zur Petrographie, Berlin 1873. 7. —, H. Möar, Mikromineralogische Mitteilungen. Neues Jahrbuch für Mine- ralogie, S. 449ff. 8. 1874. Derselbe, Zusammenstellung, mikroskopische Untersuchung und Be- schreibung einer Sammlung typischer Basalte. Ebenda S. g41ff. 9. —, O.Brevemann, Über Basalte der Rhön. Inaugural-Dissertation, Jena. 10. 1878. Lauren, Beiträge zur Basaltverwitterung. Zeitsch. d. Deutsch. Geolog. Gesellschaft XXX, S. 67 ff. 11. —, F. Sınpserger, Über Basalt und Dolerit bei Schwarzenfels. Neues Jalrb. für Mineralogie, S. 22 ff. r2. —, H. Bückıns, Über Augitandesite in der südlichen Rhön und in der Wetterau. Tschersars Mineralog. u. petrograph. Mitteil. I, S. ı ff. 13. —, H. Bückıng, Über Basalt vom südöstlichen Vogelsberg und Schwarzen- fels in Hessen. Ebenda S. ıor ff. 14. 1879. S. Sınger, Beiträge zur Kenntnis der am Bauersberge bei Bischofs- heim vor der Rlıön vorkommenden Sulfate. Inaugural-Dissertation, Würzburg. 15. 1880. Fr. Knapr, Die doleritischen Gesteine des Frauenbergs bei Schlüchtern in Hessen. Inaugural-Dissertation, Würzburg. 16. —, H. Bückıne, Basaltische Gesteine aus der Gegend südwestlich vom Thüringer Walde und aus der Rhön. Jalırb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1880, S. 149 ff. 17. 1881. Derselbe, Über basaltische Gesteine der nördlichen Rhön. Ebenda für 1881, S. 604 ff. 18. —, F. SAnDBERGER, Zur Naturgeschichte der Rhön. Gem. Wochenschrift, Separatabdruck S. 1—20. 19. 1883. H.Somsmertad, Über Hornblende führende Basaltgesteine. Neues Jahrb. für Mineralogie, Beilagebd. 2, S. 139 ff. 20. —, K. Prrzorn, Petrographische Studien an Basaltgesteinen der Rhön. Inaugural-Dissertation, Halle a. S. 21. 1887. F. Rınne, Der Dachberg, ein Vulkan der Rhön. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1886, 2. Abt., S. ı ff. 22. —, H. Lenk, Zur geologischen Kenntnis der südlichen Rhön. Inaugural- Dissertation, Würzburg. 23. —, E. Mörrer, Petrographische Untersuchung einiger Gesteine der Rhön. Neues Jahrb. für Mineralogie 1838 I, S. Sı ff. 24. 1888. A.von Kornen, Erläuterungen zur Geolog. Spezialkarte von Preußen. 36. Lieferung. Blatt Friedewald. 25. —, Desgl. Blatt Vacha. 26. —, Desgl. Blatt Eiterfeld. 27. —, Desgl. Blatt Geisa. 28. —, Desgl. Blatt Lengsfeld. 29. 1889. H. Bückıng, Erläuterungen zur Geolog. Spezialkarte von Preußen. 37. Lieferung. Blatt Altenbreitungen. 30. —, Desgl. Blatt Oberkatz. 31. —, Desgl. Blatt Helmershausen. 32. 1892. R. Wever, Über das Doleritgebiet der Breitfirst. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1890, Bd. XI, 2. Abt., S. ıff. (Als Dissertation 1890 erschienen.) H. Bückıns: Die Basalte und Phonolithe der Rhön. 519 33. 1894. H. ProsscnoLpr, Über den geologischen Bau des Zentralstocks der Rhön. Ebenda -für 1893, Bd. XIV, S. ı ff. 34. 1897. E. von Seyrrıed, Geognost. Beschreibung des Kreuzbergs in der Rhön. Ebenda für 1896, Bd. XVII, 2. Abt., S. 3fl. (Als Dissertation 1897 erschienen.) 35. 1900. M. Baver, Beiträge zur Kenntnis der niederhessischen Basalte. Sitzungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. Berlin XLVI, S. 1023 ff. 36. 1901. J. SoELLNER, Geognost. Beschreibung der Schwarzen Berge in der südlichen Rhön. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1901, Bd. XXI, S.r ff. 37. 1902. (. Trenzen, Beiträge zur Kenntnis einiger niederhessischer Basalte. Neues Jahrb. für Mineralogie II, S. ı fl. 38. —, Pu. Scamipr, Beiträge zur Kenntnis der basaltischen Gesteine der Gegend von Roth anmı Ostabhang der Rhön. Inaugural-Dissertation, Erlangen. 39. 1903. M. Bauer, Vorläufig. Bericht über weitere Untersuchungen im nieder- hessischen Basaltgebiet. Sitzungsber.d. Kgl. Preuß. Akad.d. Wiss. Berlin XLIV, S.992 ff. 39a. —, H. Bückıng, Über die vulkanischen Durehbrüche in der Rhön und am Rande des Vogelsbergs. Gerlands Beiträge zur Geophysik. Leipzig VI, S. 267 ff. 40. 1905. A. Osann, Beiträge zur chemischen Petrographie, 1I. Teil, Stuttgart. 41. 1906. M. Branckennorn, Zur Kenntnis der vulkanischen Erscheinungen und der Stratigraphie am Nordwestrande der Rhön. Jalırb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1904, Bd. XXV, S. 600ff. 42. —, von SeYrFrıed, Zur Kenntnis der vulkanischen Gebilde und der Tektonik im Südwesten der Rhön. Ebenda für 1904, Bd. XXV, S. 592 ff. und Taf. 2r. 43. 1907. J. SoELLNER, Über Rhönit, ein neues änigmatitähnliches Mineral usw. Neues Jahrb. für Mineralogie, Beilagebd. 24, S. 475 ff. 44- —, H. Bückıns, Über die Phonolithe der Rhön und ihre Beziehungen zu den basaltischen Gesteinen. Sitzungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. Berlin XXXVI, S. 699. 44a. —, Derselbe, Über einige merkwürdige Vorkommen von Zechstein und Muschelkalk in der Rhön. Festschrift zum 70. Geburtstag von A. v. Kornen. Stutt- gart, S. ıfl. 45. 1908. H. Rosengusc#, Mikroskop. Physiographie der massigen Gesteine. 2. Hälfte. Ergußgesteine. 4. Aufl. Stuttgart. 46. 1909. W. Wacner, Geolog. Beschreibung der Umgebung von Fladungen vor der Rhön. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt für 1909, Teil II, S. 1og ff. (Als Dissertation 1910 erschienen.) 47: — F. Karınaror, Geolog. Beschreibung der Umgegend von Spahl in der Rhön usw. Ebenda für 1909, Teil ll, S.ı75ff. (Als Dissertation 1910 erschienen.) 48. —, H. Bückıns, Erläuterungen zur Geologischen Karte von Preußen usw. Lief. ı7ı. Blatt Gersfeld. Erschienen 1910. 49. —, Desgl. Blatt Kleinsassen. 50. —, Desgl. Blatt Sondheim. 51. —, Desgl. Blatt Hilders. 52. —, Desgl. Blatt Spahl. 53. gro. H. RosenguscH, Elemente der Gesteinslehre. 3. Aufl. Stuttgart. 54. —, X. Garkın, Chemische Untersuchung einiger Hornblenden und Augite aus Basalten der Rhön. Neues Jahrb. für Mineralogie, Beilagebd. 29, S. 681ff. Erschienen 1910. 520 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft. Von Dr. JuLıus WOHLGEMUTH und Dr. MıicHAEL STRICH. (Aus der experimentell-biologischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Kgl. Universität Berlin.) Vorgelegt von Hrn. Orrn. I. Das das Sekretionsprodukt der Milchdrüse eine Reihe von Fer- menten in sich birgt, ist eine seit langem bekannte Tatsache. So weiß man, daß die Milch der meisten Tiere kohlehydrat- und fett- spaltende Fermente besitzt und außerdem eine Oxydase. Reduktase und Katalase aufzuweisen hat. Nur bezüglich eines in der Milch vor- kommenden eiweißspaltenden Fermentes sind alle bisherigen Unter- suchungen noch so gut wie ergebnislos verlaufen. Und doch müßte die Feststellung eines Fermentes gerade dieser Wirkungsart in Rück- sicht auf den Eiweißabbau im kindlichen Darmtraktus von ganz be- sonderem Interesse sein. Was bisher über die Existenz eines proteolytischen Fermentes in der Milch mitgeteilt ist, kann nicht den Anspruch darauf machen, als absoluter Beweis hierfür zu gelten. So hat die sogenannte Kase- ase von Ducraux, welche die Eigenschaft besitzt, das vom Lab ge- bildete Kaseinkoagulum aufzulösen, und bei der Käsereifung eine wich- tige Rolle spielt, sich nicht als ein originäres Milchferment erwiesen, sondern als das Produkt einer bestimmten Milchbakterienart. Und ähnlich ist es dem von Bascock und Russer falscherweise mit Galak- tase bezeichneten Ferment ergangen, das ebenfalls bei der Käsereifung eine Rolle zu spielen scheint. Auch die Annahme von SPOLVERINI, daß die Milch Pepsin und Trypsin enthält, hat sich als trügerisch erwiesen, und ebenso können die Versuche von Moro mit Fibrinflocken nicht als beweisend dafür gelten, daß in der Milch ein proteolytisches Ferment enthalten ist. Bei diesem negativen Forschungsergebnis so vieler Autoren schien es uns von vornherein wenig aussichtsvoll, die Untersuchungen in J. Woutgenvru und M. Serien: Über die Fermente der Milch. 521 der nämlichen Richtung fortzusetzen. Mehr Aussicht auf Erfolg war zu erwarten, wenn man —- statt nach einem native Eiweißkörper spaltenden Ferment zu suchen — sich bemühte, ein anderes vom Typus der von Enır Fischer entdeckten peptidspaltenden oder, wie ÄBDERHALDEN sie nennt, peptolytischen Fermente in der Milch zu fassen. Das ist uns in der Tat gelungen. Als Objekt für den Nachweis eines peptolytischen Fermentes in der Milch wählten wir von den durch die Synthese bisher zugäng- lichen Peptiden das Glyeyl-tryptophan. Die Versuche wurden meist so ausgeführt, daß ein genau gemessenes Quantum Milch (1 ccm) mit einer genau gemessenen Menge (I ccm) einer etwa 1.oprozentigen Glyceyl- tryptophanlösung versetzt und das Gemisch unter Toluol auf 24 Stun- den in den Brutschrank gestellt wurde; gleichzeitig wurde eine Kon- trolle mit gekochter Milch angesetzt. Nach Ablauf der Frist wurde dann festgestellt, ob eine Zerlegung des Peptids in seine beiden Kom- ponenten stattgefunden hat oder nicht. Das geschah in der Weise, daß wir die Bromreaktion auf freies Tryptophan anstellten. Fiel diese positiv aus, so war damit bewiesen, daß die Glyeyl-tryptophanverbin- dung gesprengt worden war. Die Kontrollen mit gekochter Milch waren selbstverständlich stets negativ. Auf diese Weise gelang es uns, nachzuweisen, daß die Milch von der Frau, von der Kuh, der Ziege, dem Kaninchen und dem Meerschweinchen ein peptolytisches Ferment enthält. Besonders reich an peptolytischem Ferment scheint die Frauenmilch und die Kaninchenmilch zu sein; aber auch Kuh- milch gab stets ein positives Resultat, mochte man Vollmilch oder Magermilch zum Versuch verwandt haben. Bezüglich der sonstigen Eigenschaften des Fermentes ist zu sagen, daß es gegen Temperaturen mäßig hohen Grades außerordentlich emp- findlich ist; schon 15 Minuten langes Erhitzen auf 65—70° C. ver- nichtet es völlig. — Wirksamen Magensaft gegenüber ist es ziemlich resistent; so behält Milch, mit der Hälfte ihres Volumens mit peptisch wirksamen Magensaft von der Azidität 50 zusammengebracht und bei einer Temperatur von 38°C. 15— 30 Minuten lang gehalten, fast un- verändert ihre peptolytische Kraft. — Wenn man Milch labt und das Gerinnsel und die Molke getrennt untersucht, so findet sich das Fer- ment zum allergrößten Teil in dem Gerinnsel, während die Molke höchstens Spuren davon enthält. Das Vorkommen eines peptolytischen Fermentes in den am meisten zur Verwendung kommenden Milchsorten dürfte nicht allein theoretisches Interesse beanspruchen, sondern im Hinblick auf die Rolle, welche die Milch besonders im Haushalte der Säuglingsernährung spielt, auch von einigem praktischen Interesse sein. Sind wir auch weit davon entfernt, Sitzungsberichte 1910. 44 522 Sitzung der plıysikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. diesem Ferment einen hervorragenden Einfluß auf den Verlauf der Milch- verdauung im Magendarmtraktus beizumessen, so ist doch die Annahme, daß seine Gegenwart unterstützend auf den tieferen Abbau der Eiweiß- körper (Peptide) im Darm wirken kann, nicht von der Hand zu weisen. Bereits Brurıne hat vor längerer Zeit sich in ähnlichem Sinne geäußert und die Vermutung ausgesprochen, daß in der rohen Milch vielleicht irgendwelche fermentartigen Stoffe unbekannter Natur, denen er den Namen »Zymasen« beilegte, enthalten sind. Diese Hypothese BEnrines dürfte nun in unsern Untersuchungen eine experimentell gesicherte Stütze gefunden haben. n. Woher die Fermente der Milch stammen, ist eine bis heute noch nicht geklärte Frage. Während die einen glauben, daß sie auf dem Wege der Transsudation aus dem Blute in die Milch gelangen, be- trachtet man andrerseits den verschiedenen Fermentgehalt der einzelnen Milcharten als die Folge ihrer verschiedenen Eiweißzusammensetzung. In keinem Falle kann man sagen, daß für eine der beiden Behaup- tungen irgendein einwandsfreier Beweis bisher erbracht worden ist. Es schien uns darum wertvoll, diese Frage einer erneuten Be- arbeitung zu unterziehen. Wir waren uns von vornherein klar, daß, wenn wir eine Entscheidung treffen wollten, wir entweder so vor- gehen mußten, daß wir in der Milch nach einem Fermente fahndeten, das sich im Blute nicht findet, oder daß wir zum Objekt der Unter- suchung ein Ferment wählen mußten, das im Blute sowohl wie in der Milch vorkommt, und dessen Mengenverhältnisse man mit einer bequemen Methode zu messen imstande war. Da aber vorauszusehen war, daß man auf dem erstgenannten Wege unüberwindlichen Schwierig- keiten begegnen würde, so schlugen wir den zweiten ein und wählten als Maßstab für den Fermentgehalt der Milch und des Blutes die Diastase, zumal uns für deren Bestimmung ein bequemes quantitatives Verfahren in der Methode von WoHLsEmUTH zur Verfügung stand. Zunächst orientierten wir uns, welche Tierarten in ihrer Milch ein diastatisches Ferment enthalten, und fanden in Übereinstimmung mit den bisherigen Erfahrungen in der Milch des Hundes, des Kanin- chens und des Meerschweinchens stets Diastase, während sich in der Kuh- und Ziegenmilch niemals Diastase nachweisen ließ. Die größten Mengen enthält die Milch des Hundes, dann folgt das Kaninchen und dann das Meerschweinchen. Gruppieren wir aber diese drei Tier- arten nach dem Diastasegehalt des Blutes, so bekommen wir folgende Reihenfolge: Meerschweinchen, Hund, Kaninchen. Es scheidet also das Meerschweinchen trotz der größeren Quantitäten an Diastase im J. Woatsenvrs und M. Srrıca: Über die Fermente der Milch. 523 Blut weit weniger Diastase in seiner Milch aus als der Hund, ja sogar noch weniger als das Kaninchen. Schon aus diesen Befunden allein geht hervor, daß jene Hypothese, wonach jedes Tier von dem Ferment, an dem es besonders reich ist, einen Teil an die Milch ab- gibt, nicht ohne weiteres zutreffen kann. Noch viel deutlicher tritt das zutage, wenn wir beim Menschen die entsprechenden Verhältnisse näher ins Auge fassen. Wir haben unsere Untersuchungen so ausgeführt, daß wir von ein und derselben Mutter Milch, Blut und Urin entnahmen und auf ihren Diastasegehalt untersuchten. Dabei stellte sich heraus, daß die Menge der in der Milch enthaltenen Diastase die des Blutes sowohl wie die des Urins um mehr als das 100fache übertraf, ja, in manchen Fällen beobachteten wir Diastasewerte in der Milch, welche die des Blutes sogar um (das 200fache überstiegen. Diesen kolossalen Werten begegneten wir vor- wiegend in dem Stadium der ersten Laktationsperiode. Auch Colo- strum haben wir in mehreren Fällen untersucht und mit dem Blut und Urin desselben Individuums verglichen und hier womöglich noch größere Unterschiede gefunden. In späteren Laktationsperioden nehmen die Werte für die Milehdiastase zwar erheblich ab, doch übertreffen sie immer noch die Diastasewerte des Blutes um das 3- bis ıofache. Wenn wir aus diesen Befunden einen Schluß auf die Herkunft der Diastase in der Milch ziehen wollen, so können wir wohl sagen, daß sie keinesfalls nur aus dem Blute stammt, sondern daß der bei weitem größte Teil ein Produkt der Tätigkeit der Brustdrüse ist. Wäre das nicht der Fall, sondern stammte sie ausschließlich aus dem Blut, so wäre einmal nicht einzusehen, warum beispielsweise im Harn die Werte stets in ziemlich gleichen Grenzen bleiben und nicht auch bisweilen erheblich ansteigen. Sodann aber wäre — und das scheint uns das Entscheidende zu sein — gar nicht zu erklären, aus welchem Grunde Kuh- und Ziegenmilch niemals Diastase enthalten, obwohl doch das Blut dieser Tiere ungefähr den gleichen Gehalt an Diastase hat, wie das der Frau, es sei denn, daß man die gezwungene Annahme machen wollte, die Brustdrüse bestimmter Tierarten habe ein spezielles Absorptions- und Aufspeicherungsvermögen für die Blutdiastase. Wir kommen demnach zu dem Schluß, daß die Diastase der Milch vor- wiegend in der Brustdrüse selbst produziert wird, und glauben weiter folgern zu dürfen, daß auch für die übrigen Fermente die Brustdrüse als deren Bildungsstätte anzusehen ist. Dabei soll aber keineswegs bestritten werden, daß nicht mitunter doch Fermente aus dem Blut in die Milch übertreten können. Im Gegenteil, wir sind sogar selber in der Lage, hierfür folgenden ex- perimentellen Beweis erbringen zu können. 524 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 12. Mai 1910. Wenn man einem Tier die Ausführungsgänge des Pankreas unter- bindet, so staut sich zunächst das Pankreassekret in der Drüse, tritt dann aber in das Blut über und bewirkt eine gewaltige Steigerung der Diastase im Blut. Diese von dem einen von uns gemachte Beob- achtung schien am geeignetsten, den Übertritt von Fermenten aus dem Blut in die Milch experimentell zu erzwingen. Wir unterbanden also einer Hündin, die sich in dem ersten Stadium der Laktation befand, die Ausführungsgänge des Pankreas und prüften nun täglich den Dia- stasegehalt der Milch sowohl, wie den des Blutes und den des Urins. Dabei zeigte sich, daß zunächst im Blut und im Urin und kurz dar- auf auch in der Milch die Diastasewerte ganz beträchtlich anstiegen, doch konnte man deutlich beobachten, daß der Anstieg im Blut ein viel höherer war als in der Milch. Diese Steigerung des Diastase- gehaltes der Milch hielt so lange an, als auch die Diastase im Blute vermehrt war, und sank wieder auf den Anfangswert zurück, je mehr sich auch der Blutdiastasegehalt der Norm näherte. Diese Wirkung der Pankreasgangunterbindung haben wir bei drei Hündinnen stets in der gleichen Weise feststellen können. — Es ist also in der Tat die Möglichkeit vorhanden, daß bei einer kolossalen Überschwemmung des Blutes mit Fermenten dieselben in die Milch des betreffenden Tieres übertreten können. Diese Beobachtung ändert aber nichts an der vorhin festgestellten Tatsache, daß die Fermente der Milch vor- wiegend anzusehen sind als ein Produkt der Brustdrüse. Ausgegeben am 26. Mai. u ei ee a 525 SITZUNGSBERICHTE 1910. xXXV. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. VAuHreEn. *j. Hr. Dresser las: Über eine bisher unbekannte Silber- münze des Arsakiden Mithradates II. Aus einem unter dem Partherkönig Orodes I. umgeprägten Tetradrachmon des Berliner Münzcabinets lässt sich mit Hülfe einiger ähnlichen Stücke die erste sichere Prägung des parthischen Prätendenten Mithradates III. wiederherstellen und damit auch sein Bildniss gewinnen. Die dürftigen Nachrichten über Mithradates werden geprüft. Durch die neue Münze werden diese zum Theil ergänzt und die bisherigen Zuthei- lungen an Mithradates umgeworfen. 2. Hr. Erman legte vor den von den HH.H.Sc#Ärer und H. Junker erstatteten Bericht über die von der Akademie in den Wintern 1908/09 und 1909/10 nach Nubien entsendete Expedition. (Ersch. später.) Ausgegeben am 26. Mai. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei Sitzungsberichte 1910. 45 = Me SD LE a ea ne weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 2]. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22, Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- so veröffentlichen ist antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinestalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Sehriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27 Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruekerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Am- sie Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1908: P Physikalisch-mathematische Classe . . . - Philosophisch-historische Classe . . . . - Abhandlungen. Jahrg. 1909: Physikalisch-mathematische Classe . . . - Philosophisch-historische Classe . . . » - Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und NEN EHE EEE EL RE EN A a WERTET RR WE Mt 11.50 » 17.— 1909. Dirrs: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medieorum EnSuNoRU usw... AM L— Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . . . i . a ek Bart _ Branca: Sind alle in Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? ae. 2, Dies: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. u ET RIHIEN EER © ER Sıruve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refraetor. . » 2.50 Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 2 2 ne en nun U— 4 KekuLE von STRADoNITZ: Die Bildnisse des Sokrates. . . . - SE ER MER DH a A Areas: von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff TER a a a _ Dıieıs: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . Por. , TE An SR En Ant a Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altıländischen, Schriftthumy le ab ee Mütter: Uigurica . . . Ä ZEN, e BE a BE RA ER Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer VondSardica KT En Re m _ Warperer: Der Processus retromastoideus . » » «2 2 2 200. BIT. Mrd _ Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . . 5 ET EN ECHER 1. VON WiLAmowıTz-MoELLENDORFF: Nordionische Steine. . . . - a Ye; la "W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste au = H. Beckn: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . K. Gorsanovi6c-KrANMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen Ba: N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beck: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. WıEsAnn: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Kain Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . > A te Ser Ar L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Rückennarkee As B. SeurrErT: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe le & E M 1% VI. M. Conrkar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ERS. De" L. Jacossoan: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms. . i ce A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen ee. Sitzungsberichte der Akademie. Preis«des Jahrgangs ®. nn. Se 2 Lee Da Be en BET er Se Br Sonderabdrucke. ]I. Halbjahr 1909. Enger: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des Ace und extratropischen Ostasiens E K. Gorsanovid-Krasigerser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) als Träger prinitiver Merk- maley(bienzus Mar XV nd ERSVIl) Doreen Be Ra Sonderabdrucke. ]. Halbjahr 1910. Frosenıus: über den FrrmAar’schen Satz Frosentus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen 6 Rusens und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen Speed BE N Se N Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 MR ARE De = Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . - Harnack: ‘das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsaeten in der Kirche: W.Gorran: Unter ET über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen Ce Ungarn) s Rn AT R. Meister: kyprische” Sacralinschrift (hierzu Taf. I und m RL Rn Mürrer-Bresrau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . AH LE ScaottkvY: die geometrische Theorie der Arrr’schen Functionen vom Geschlechte ER Frosentus: über den Fermar’schen Satz. II. > es Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge v von , Festigkeitsbeauspruchung, ent er ar Herrwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier . . . . Penck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage . . . »... Nernst, F. Korer und F. A. Lispemann: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I. I ee re Nersst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II.) J. Here: das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (elm. 29136) . - ». » » 2... Tuomsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . F. ©. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vırnerm Tronser’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Russer: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers. . . Eruman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Liesiscn: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen Zustande beim Erhitzen. pynognomischer#Mineralien? 20, rn Ze ee Liesıscn: über Silberantimonide . . ER EN RE 2 EN ee von WILAMOWITZ-MOoELLENDORFF: über abe © "der Dias ER: A en = G. EserHArn: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. ar aa are Lupwıs: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . E. Hıcen und Rusenxs: über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Tempe- ratur im kurzwelligen ultrarothen Spectrum . . H. Bückıns: die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammen- setzung J. Wonzornurn und M. Sruien: Untersuchungen über die Fermente der "Milch und über deren. Herkunft . ee ae Se e S ER . zone Ze G XXVI XXVI. XXVIO XXRX. SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 4 Gesammtsitzung am 26. Mai. (S. 527) Adresse an Hrn. Leo Korxisszerser zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 22. Mai 1910. (S. 530) Adresse an Hrn. Aususr Toerer zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 25. Mai 1910. (S. 532) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 2. Juni. (S. 535) Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 2. Juni. (S. 537) G. Krönıe: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. (S. 539) Gesammtsitzung am 9. Juni. (S. 549) Harnack: »Ostiarius«. (S. 551) Adresse an Hrn. Jurivs vox WIEsser zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 3. Juni 1910. (S. 554) u ereun Pe MIT TAFEL IV. ECT, ä r aY of A y AR T C N ST TEN | "OCT 241910” \\ \ \ Q 5 BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften Aus $ 1. Die Akademie gibt gemäss $ 44,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen « bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. auf EN Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zn richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Secretariat- geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen en an den zuständigen Secretar "oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die endeten Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch N S.3 des Umschlags.) Aus 86. Dr die Wahl der Schriften enthalten. "Bei Einsendunr ai Fremder sind ie wat von da vorlegenden Dasselbe hat Sn zu et seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. nz Die erste er ihrer Mittheilungen besorgen di Verfasser: er haben diese erste se and Ai leichten Schreibyersiten. hinsaspehen, a Correermren Fremder bedürfen der Genehmigung des redi- girenden Na vor ger Eueen dig an enden Mchez ‚Aus Ss 5 NE oder a werden für die een wissenschatftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfan; Druck 4 Seiten übersteigt, auch fürden Buchhandel Sondeı abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des b treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben \ werde Von@Gedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabärucke Verfasser sich ansdrüeklich damit Be enten er Ss 9. i Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsb erhält ein Verfasser, v 072 auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis: von noch 100 und auf seine Kosten noch weiter S zur Zahl von 200 (im & ganzen also 350) abziehen zu lassen, sofern er diess Kane dem redigirenden Seeretar gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mu Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es daz der Genehmigung der ee Akademie oder treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 0 Frei exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei den redigirenden Secretar weitere 200 serie auf ihr. Kosten abziehen lassen. - Von den Sonderabdrucken aus den Abhandiengene hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei- exemplare; er ist indess Berrahueh zu gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zah Sr von noch 100 und auf seine Kosten noch weit bis ; zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu I: ‘3 Pe er u Beste dem redigirenden Secr ne und en Hi rechtzeitiger Kaee ‚bei redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf Keokren abziehen lassen. ‘ al Te in keinem Kalle > vor ihrer Area an 2 Stelle anderweitig, sei es auch, nur auszu, 527 SITZUNGSBERICHTE _ 1910. XXVI. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 26. Mai. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Warpever las über das Skelet einer Hundertjährigen. (Ersch. später.) Es werden die vergleichenden Gewichtsbestimmungen mitgetheilt und die inneren Architekturverhältnisse. soweit sie noch erkennbar sind, besprochen. 2. Hr. Rugens überreichte ein von dem verstorbenen ordentlichen Mitglied Hrn. Lanvorr hinterlassenes Manuscript: Über die Erhaltung der Masse bei chemischen Umsetzungen, dessen Aufnahme in die Abhandlungen die Akademie beschloss. Es handelt sich um eine ausführliche Bearbeitung der unter dem Titel: »Unter- suchungen über die fraglichen Änderungen des Gesammtgewichtes chemisch sich um- setzender Körper«, in den Sitzungsberichten der Akademie Jahrg. 1893, S. 301—334, Jahrg. 1906, S. 266—298, Jahrg. 1908, S. 354—387 erschienenen drei Mittheilungen. Das Manuscript ist von Hrn. Prof. Wırvy MarckwArn durchgesehen worden. 3. Die correspondirenden Mitglieder der physikalisch-mathemati- schen Classe Hr. Leo KornsıssBereer in Heidelberg und Hr. Ausust TOoEPLER in Dresden haben, ersterer am 22., letzterer am 25. Mai das fünfzigjährige Doctorjubiläum gefeiert. Die Akademie hat ihnen aus diesem Anlass Adressen gewidmet, deren Wortlaut unten folgt. 4. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: Heft 41 des aka- demischen Unternehmens »Das Pflanzenreich«, enthaltend die Garrya- ceae, Nyssaceae, Alangiaceae und Cornaceae, bearb. von W. WAnGERIN. Leipzig 1910; Lief. 18 des von der Akademie unterstützten Werkes OÖ. Tascnenger6e, Bibliotheca zoologiea II. Leipzig ı9ıo und Bd. 4, Lief. ı. 2 der Zoologischen und anthropologischen Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903— 1905 mit Unterstützung der Akademie (Humboldt- Stiftung) von LEONHARD ScHuLTzE. Jena 1910. 5. Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Akademie be- willigt: Sitzungsberichte 1910. 46 528 Gesammtsitzung vom 26. Mai 1910. durch die plıysikalisch-mathematische Classe: Hrn. EnsLer zur Fortführung des Werkes »Das Pfilanzenreich« 2300 Mark; demsel- ben zur Fortsetzung des Sammelwerkes »Die Vegetation der Erde« 2875 Mark; Hrn. F. E. Scuurze zur Fortführung seiner Untersuchun- gen über die Lufträume des Vogelkörpers 2000 Mark; Hrn. Srruve zu einer Bearbeitung der in den letzten Jahrzehnten angestellten Beob- achtungen der Uranusmonde 1500 Mark; dem Curatorium der Aka- demischen Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin zu den Kosten der Veröffentlichung der Ergebnisse der von der Stiftung veranstalteten Trinil-Expedition 2000 Mark: dem von dem II. Deutschen Kalitage für die wissenschaftliche Erforschung der norddeutschen Kalisalzlager ein- gesetzten Comite als vierte Rate 1000 Mark: der Zoologischen Station in Roscoff gegen Einräumung eines von der Akademie zu vergeben- den Arbeitsplatzes für die Dauer eines Jahres eine zweite Rate von 1500 Fres.; Hrn. Prof. Dr. Emin AßpernALDen in Berlin zu Versuchen über Ernährung mit vollständig abgebautem Eiweiss 1000 Mark; Hrn. Prof. Dr. AporLr BorsEerr in Bonn zu weiteren Untersuchungen über Radiolarien 1200 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. Orro H. Erpmanns- DÖRFFER in Berlin zu Untersuchungen über Contaet-Metamorphismus in französischen Gebirgen 1000 Mark; Hrn. Dr. Vıcror Franz in Frank- furt a. M. zum Besuch einer biologischen Station am Mittelmeer behufs Fortsetzung seiner Untersuchungen über Fischwanderungen 1000 Mark; Hrn. Prof. Dr. Kar, Haussmann in Aachen zur Untersuchung des Aache- ner magnetischen Störungsgebiets 600 Mark; Ilrn. Prof. Dr. ArrIEN Jonnsen in Kiel zur Untersuchung des auf den Inseln S. Pietro und S. Antioco gesammelten mineralogischen Materials 1000 Mark; Hrn. Dr. Orro Kauıscner in Berlin zur Fortführung seiner Untersuchungen über die Hörsphären des Grosshirns usw. 600 Mark; Hrn. Dr. Lupwıc Keimmack in Berlin zur Fortsetzung seiner zoologischen Seenunter- suchungen in den Dauphine-Alpen 600 Mark; Hrn. Privatdocenten Dr. Hans Knıer in Freiburg i. Br. zu Untersuchungen über den Einfluss der Schwerkraft auf die Orientierungsbewegungen von Pflanzenorga- nen 650 Mark; Hrn. Prof. Dr. Paur Kuckuck auf Helgoland für eine Reise nach England und Irland zum Abschluss seiner Bearbeitung der Phaeosporeen 500 Mark; Hrn. Prof. Dr. Orro Rurr in Danzig zur Fort- setzung seiner Untersuchungen über das Osmium 500 Mark; durch die philosophisch-historische Classe: Hrn. Koser zur Fort- führung der Herausgabe der Politischen Correspondenz Friedrich’s des Grossen 6000 Mark ; Hrn.von WıLamowırz-MOELLENDORFF zur Fortführung der Inseriptiones Graecae 5000 Mark; der Deutschen Commission zur Fortführung der Forschungen des Hrn. Burpacn über die neuhoch- deutsche Schriftsprache 4000 Mark; für die Bearbeitung des Thesaurus rin Gesammtsitzung vom 26. Mai 1910. 529 linguae Latinae über den etatsmässigen Beitrag von 5000 Mark hin- aus noch 1000 Mark; zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften der griechisch-römischen Epoche für das Wörterbuch der aegyptischen Sprache 1500 Mark; für das Cartellunternehmen der Herausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge als vierte Rate 500 Mark; für die Zwecke des Corpus insceriptionum Etruscarum 500 Mark. 6. Die Akademie hat auf den Vorschlag der vorberathenden Com- mission der Borr-Stiftung aus den Erträgnissen der Stiftung Hrn. Privatdocenten Dr. ReımnoLn Trautmann in Göttingen zu einer wissen- schaftlichen Reise nach Russland 1350 Mark zuerkannt. Die Akademie hat die correspondirenden Mitglieder der physi- kalisch-mathematischen Classe Hrn. Envarn van BENEDEN in Lüttich am 28. April, Hrn. SranısLao Cannızzaro in Rom am ı1. Mai und Sir Wiırzıan Hussıms in London am ı2. Mai, sowie das correspondirende Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn. Enıt Schürer in Göttingen am 30. April durch den Tod verloren. 46* 530 Gesammtsitzung vom 26. Mai 1910. Adresse an Hrn. L£E0 KoENIGSBERGER zum fünfzig- jährigen Doktorjubiläum am 22. Mai 1910. Hochverehrter Herr Kollege! Vo der fünfzigjährigen Wiederkehr des Tages Ihrer Doktorpromotion bringt die Akademie der Wissenschaften Ihnen, ihrem langjährigen verdienten Mitgliede, ihre Glückwünsche dar, indem sie dankend her- vorhebt, was Sie in der langen Zeit Ihres Wirkens für die die Wissen- schaft bewegenden Fragen und für das Verständnis der Männer ge- leistet haben, die vorbildlich gewirkt haben. Schon Ihre ersten Ar- beiten über die Transformation der Agerschen Funktionen begannen mit einer Erweiterung der Ideen von Aser und Jacosı, und zwar derjenigen Ideen, durch die Aseı und Jacogı zur Einführung der elliptischen Funktionen geführt waren. Durch die Entdeckung der Aszrschen Funktionen, die in ihren ersten Anfängen auf Jacosı zu- rückzuführen ist, traten, wie auch Ihnen deutlich wurde, neue, weit größere algebraische Schwierigkeiten auf. Es ist schon jetzt klar, daß man derselben nicht Herr werden könnte, wenn man das von Ihnen behandelte Transformationsproblem aus den Augen verlöre. Ihre weiteren zahlreichen, umfangreichen Arbeiten über Differentialgleichun- gen, über hyperelliptische Funktionen, das Asrrsche Theorem, die Grundgleichungen der Mechanik bezeugen, daß Sie stets Ihre Arbeits- kraft solehen Fragen widmeten, die Sie als prinzipiell wichtig er- achteten. Besonders aber ist die Akademie Ihnen dafür dankbar, daß Sie die Gestalten von Jacosı und HrıLnnorLtz, zweier ihrer Mitglieder, die auf die neuere wissenschaftliche Epoche von bestimmendem Ein- {luß gewesen sind, durch sehr eingehende und zuverlässige Biographien der Nachwelt deutlich vorgeführt haben. Auch das Persönliche ist von Wert, das Sie aus dem Leben der beiden Forscher mitteilen, von denen der eine, Hermnorrz, einem Teil von uns noch in lebendiger Erinnerung ist. Den wissenschaftlichen Bestrebungen nach stand Jacogı Ihnen näher, aber Hernnorrz nicht fern. Denn dieser Gelehrte, der in das Wesen der Naturvorgänge eindrang, war zugleich ein Ma- thematiker von freiem Blick, der geometrische und analytische Pro- Adresse an Hrn. Leo KoEniGsBeRGER zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 531 bleme kühn durehzuführen unternahm, wenn seine Ideen dies erfor- derten; die Verwandtschaft seines Denkens mit dem von GrErn, Rır- MmAnN und Bertram hat auch auf diejenigen seiner Schüler eingewirkt, die der reinen Mathematik zugewandt waren. Es ist deshalb nicht bedeutungslos, daß gerade ein Mathematiker das Leben von Hrımnortz ausführlich, in starken Bänden, beschrieben hat, und Ihre biogra- phischen Arbeiten sind, ebenso wie Ihre übrigen, als solehe zu be- trachten, durch die die mathematisch-naturwissenschaftliche Forschung gefördert wird. Ihr Ehrentag ist uns eine willkommene Gelegenheit, dies auszusprechen. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. 532 Gesammtsitzung vom 26. Mai 1910. Adresse an Hrn. Avsust ToEPLER zum fünfzig- jährigen Doktorjubiläum am 25. Mai 1910. Hochgeehrter Herr Kollege! Aa Ihrem fünfzigjährigen Doktorjubiläum bringt die Akademie Ihnen die herzlichsten Glückwünsche dar. Um fünfzig Jahre zurückdenkend werden Sie sich eines Mißgeschicks erinnern, welches Ihnen am An- fang Ihrer Laufbahn widerfuhr: der Zurückweisung Ihrer ersten phy- sikalischen Arbeiten seitens der Fachzeitschriften. Diese Tatsache er- seheint uns heute einerseits schwer verständlich, andererseits als ein Zeichen dafür, daß Ihr Blick weiter reichte als. der Ihrer Zeitgenossen. Handelte es sich doch um die Torruersche Quecksilberluftpumpe ohne Hähne und Schliffe und um die Torrrersche Schlierenmethode. Jene ist, was den Grad der zu erreichenden Luftverdünnung betrifft, noch heute unübertroffen, diese ist längst unter die klassischen Methoden aufgenommen; ihre Fruchtbarkeit ist besonders durch Ihre schönen Untersuchungen über die elektrische Funkenentladung erwiesen und hat sich durch die von Macn und Sarcuer vorgenommene Anwendung auf die photographische Fixierung der durch Projektile in der Luft eingeleiteten Vorgänge weiterhin glänzend bewährt. Es wird Sie in- teressieren, zu vernehmen, daß durch derartige Beobachtungen nach der Schlierenmethode neuerdings Dr. Rırrer zur Konstruktion von Ge- schoßformen geführt wurde, welche sich den älteren bedeutend über- legen zeigen. Der Wunsch, bei Ihren Funkenversuchen einen Ersatz für das Induktorium zu finden, dessen Gebrauch durch die damals erforder- lichen Bunsenschen Elemente unbequem war, führte Sie auf die Er- findung der Influenzmaschine. Den Ruhm dieser Erfindung teilen Sie mit Hrn. Wirnerm Howrz. Aber indem es von Anfang an Ihr Be- streben war, die Leistung der Maschine in bezug auf die Quantität der gelieferten Elektrizität zu steigern, gelangten Sie zu der viel- plattigen Type, welche in der Ausführung von Fr. Leuner als das beste auf diesem Gebiete Vorhandene zu bezeichnen ist. Der sich selbst erregende Apparat ist besonders für Versuche mit Kathoden- strahlen ein äußerst schätzbares Mittel, um einen Leiter auf kon- stanter Spannung gegen Erde zu erhalten, und in dieser Beziehung dureh iin En Adresse an Hrn. Aususr TorErLer zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 30) den Funkeninduktor nicht zu ersetzen. Daß die Influenzmaschine in ge- wissem Sinne als Vorläuferin der Dynamomaschine gelten kann, hat WERNER von Sıemens anerkennend hervorgehoben. Im Jahre 1863 übernahmen Sie die ordentliche Professur der Physik an der Universität Graz, wo Sie während einiger Jahre mit Lupwıs Borrzmann zusammenwirkten; damit war einer jener für die Wissenschaft so glücklichen Fälle gegeben, in welchen zwei einander er- gänzende Geister miteinander in Verbindung treten. Hier war die Frucht der Verbindung die wichtige Untersuchung über eine optische Methode, die Schwingungen tönender Luftsäulen zu analysieren; die Arbeit brachte u. a. das überraschende Ergebnis, daß Schallwellen, deren Amplitüde nur ein zehntel Wellenlänge grünen Lichtes beträgt, vom Ohr noch empfunden werden. Auch Ihre wertvollen Konstruktionen für Luftdämpfung bei Meßinstrumenten stammen aus dieser Periode. Es war damals die Zeit, in welcher der Aufschwung der auf Physik und Chemie gegründeten naturwissenschaftlichen Technik die Regierungen veranlaßte, den naturwissenschaftlichen Studien durch Erriehtung größerer Lehr- und Forschungsanstalten eine erhöhte Für- sorge zu widmen. Für die anderen physikalischen Institute ist das nach Ihren Plänen 1872 — 1875 errichtete Grazer Institut durch seine mustergültigen Einrichtungen vorbildlich geworden. Zu derselben Zeit vertieften Sie sich in theoretische Untersuchungen, indem Sie die Fourıersche Reihendarstellung willkürlicher Funktionen und die Gausssche Theorie der Fundamentalpunkte eines zentrierten Systems brechender Kugeltlächen in interessanter Weise verallgemeinerten. Auch nachdem Sie im Jahre 1876 den Grazer Lehrstuhl mit dem Dresdener vertauscht hatten, hörten Sie nicht auf, die Wissenschaft durch Auffindung neuer Methoden zu bereichern, unter welchen be- sonders die Drucklibelle und die Anwendung der Wage zur Bestim- mung der erdmagnetischen Horizontalkomponente die Aufmerksamkeit der Physiker in Anspruch nahmen. Gar mancher eifrige Forscher hat das Schicksal, daß die von ihm eingeschlagenen und mit größter Ausdauer verfolgten Wege sich als weiterführend nicht erweisen und daher nicht verfolgt oder bald ver- lassen werden. Sie, verehrter Herr Kollege, werden an Ihrem heu- tigen Ehrentage von dem erhebenden Bewußtsein getragen, daß Sie kräftig und dauernd Weiterwirkendes geschaffen haben. Möge es Ihnen noch lange vergönnt sein, sich an den Früchten der reichen von Ihnen ausgestreuten Saat zu erfreuen. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 16. Juni. he f shell j 935 SITZUNGSBERICHTE _ 1910. DER XxXXVi. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLeEn. l. Hr. Burvacn las über Sinn und Ursprung der Worte »Renaissance« und »Reformation« (Fortsetzung und Schluss). (Ersch. später.) Als wichtiger Vermittler des Gedankens der inneren Wiedergeburt und idealen Umformung wird Bonaventura gewürdigt, nit besonderer Rücksicht auf Dante. Die politische Seite des Begriffs der Reformation und Wiedergeburt wird in ihrer im- perialistischen Bedeutung verfolgt und die Gestaltung des Begriffs in der Divina Commedia dargelegt. 2. Hr. Lüners legte vor die aus der Boppstiftung hervorgegan- gene Schrift von Max Warseser, Der ältere Vedanta. Geschichte, Kritik und Lehre. Heidelberg 1910. Ausgegeben am 16. Juni. Bi 3 2a Be sr FTD RAR ad Bi: ei HMUKZ, 2 Man ar i v "aulyabe mi 1a) N Pi a THALDAM HA W ka wink R N) AL a. PRRENGT BRENNT? 9, nl u a } I " ARE) yik Ya 1 HIN UENOIBTT. j KARTE Al Banrgwilke DIE udnkes r ullN ar ei Et lad Sur ansteht ade Aa VE len jN | : a) u ni den Hol ia rn "ie a Bey et A area 1 AR a VE ee a re handen MET Er re ran ılEl ehe u MEER) por rar A an "eye a an, ) | ee PER ai irn di Par u al aunl an Re: EInmnLmE ran NaaHt ir, en) WER N j Pr I a MEET Te if er n ” Fe MM Te N vi i SITZUNGSBERICHTE 1910. DER XXVIH. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 2. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hr. F. E. Scaurze las über die Bronchi saceales und den Me- chanismus der Atmung bei den Vögeln. (Ersch. später.) Bei den Vögeln wird der Gasaustausch zwischen Blut und Luft in der Lunge nicht nur durch einfaches Einziehen und Ausstoßen der äußeren Luft bewirkt, wie bei den Säugetieren, deren Lunge mit blindsackförmig endigenden Respirationsräumen versehen ist, sondern es findet auch ein Durcehströmen der aufgenommenen Luft durch die allseitig kommunizierenden und in ihren letzten feinsten Enden sogar netz- förmig verbundenen Lufträume der Lunge sowie außerdem noch ein regelmäßiger Aus- tausch mit der in den großen Luftsäcken enthaltenen Luft statt. Für diesen letzteren Vorgang sind von wesentlicher Bedeutung die von dem Vortragenden entdeckten rückläufigen oder sakkalen Bronchen, welche sich bei fast allen untersuchten Vögeln an den drei hinteren Luftsackpaaren, also dem Sacceus abdominalis, postthoracalis und praethoracalis, bei den Ardeiden sowie bei Struthio, Rhea und Casuarius aber auch noch beim Saccus clavieularis finden. Dem paarigen vorderen Luftsacke, dem Saccus cerviealis fehlen solche Bronchi saccales stets. Wenngleich der bei den Säugetieren so kräftig ausgebildete Mechanismus der Zwerchfellatmung bei den Vögeln wegen der weit schwächeren Ausbildung der be- treffenden Muskulatur sehr zurücktritt, fehlt er doch keineswegs. Freilich bildet das Diaphragma bei den Vögeln kein Kuppelgewölbe wie bei den Säugetieren, wohl aber ein Tonnengewölbe, dessen Stützkanten für jede einzelne Lunge an der Ventralseite der Wirbelsäule einerseits und an der Rippenursprungslinie der betreffenden Reihe von Zwerchfellsmuskeln anderseits liegen. Durch Kontraktion dieser letzteren wird das mit der Ventralfläche der Lunge fest verwachsene Diaphragma flach ausgespannt, also die mit ihrer Dorsalfläche an dem stark gewölbten Rippenkorb befestigte Lunge er- weitert. Diese Wirkung der Zwerchfellmuskulatur kommt besonders dann zur Geltung, wenn durch die Bauchpresse die Ventralfläche der Lunge stark eingebaucht ist und nun bei der Flachspannung des Zwerchfells die Luftsackluft durch die betreffenden Ostien in die Lunge gepreßt wird. Eine direkte Erweiterung der vorderen (rostralen) Lungenpartie geschieht durch den M. sternipulmonalis, welcher vom Proc. lat. ant. sterni entspringt und dorsal zum Vorderrande des Ostium claviculare zieht. Weit kräftiger als durch alle diese Einrichtungen erfolgt jedoch die Dilatation der Lunge mittels Erweiterung des ganzen Brustkorbes durch folgende (Inspirations-) Muskeln: M. scealenus I und II, Mm. levatores costarum, M. serratus antieus major 538 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2. Juni 1910. und minor, Mm. intercostales, Mm. interappendiculares, Mm. sternieostales und M coraco-costalis. Die zur Expiration führende Verengerung des Brustkorbes wird bei ruhigem Atmen nahezu vollständig durch die Elastizität des nach der aktiven Dilatation in seine Ruhelage zurückkehrenden Thorax erreicht, kann aber bei kräftigem Atmen auch noch durch die Bauchpresse mittels des M. obliquus abdominis ext. und int. und des M. transversus abdominis jeder Seite sowie durch das Zurückziehen der Rippen mittels des M. serratus profundus jeder Seite verstärkt werden. G. Krönıs: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. 539 Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. Von Prof. Dr. G. Krönıs in Berlin. (Vorgelegt von Hrn. Warpever am 25. Juli 1907 [s. Jahrgang 1907 S.743].)! Hierzu Taf. IV. Seit den bahnbrechenden Untersuchungen MArcHAnps” über die ana- tomischen Blutbefunde an Kali chlorieum-Vergiftung Verstorbener, denen sich dann die intra vitam vorgenommenen Blutuntersuchungen expe- rimentell mit Kali chloriecum vergifteter Hunde angeschlossen hatten, kennen wir den groben Chemismus der im Blute sich abspielenden Vorgänge im allgemeinen recht genau. Wir wissen, daß durch das Kali chlorieum und eine Reihe anderer Stoffe (Pyrogallol, Nitrobenzol, Antifebrin, Phenacetin, Phenocoll, Lae- tophenin, Maretin usw.) das Oxyhämoglobin in das von Horrer-SEvter°® seinerzeit entdeckte Methämoglobin umgewandelt wird. Das Methämoglobin ist nach Hürser und Kürz! eine Verbindung von Sauerstoff und Hämoglobin, in welcher quantitativ genau so viel Sauerstoff enthalten ist wie im Oxyhämoglobin, sich jedoch darin vom Oxyhämoglobin unterscheidet, daß diese Verbindung eine bei weitem festere ist als im Oxyhämoglobin und nach Maßgabe dieser Festig- keit eine wesentliche Behinderung im Gasaustausch des Blutes bedingt. ' Die infolge großer technischer Schwierigkeiten ungewöhnlich verzögerte Her- stellung der Tafel sowie eigenes längeres Kranksein erklären die Verspätung der Publikation. ®2 MarcHann, Über die Intoxikation durch chlorsaure Salze (Vırcnows Arch. Bd. 77). — Derselbe, Über die giftige Wirkung der chlorsauren Salze zur Erwiderung an B. J. Srockvis in Amsterdam (Arch. f. exper. Pathologie u. Pharmakologie, Bd.22, 23). ° Hoppr-Seyrer, Zentralbl. f. d. medizin. Wissenschaften 1864, Nr. 53; Medi- zinisch-chem. Untersuchungen S. 378; Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. II, S. 149. * Hürner und Kürz, Zeitschr. f. physiol. Chemie. 540 Sitzung der phys.-ınath. Classe v. 2. Juni 1910. — Mitth. v. 25. Juli 1907. Der feinere Chemismus aber, der uns Auskunft darüber geben könnte, wie und wo diese Umwandlung des Oxyhämoglobins in Methä- moglobin vonstatten geht, war uns trotz all der bisher geleisteten Arbeit noch vollkommen verschlossen, und ich kann Kusker' nur bei- pilichten, wenn er der Ansicht Ausdruck gibt, daß erst eine bestimmte, noch unbekannte Veränderung an den roten Körperchen sich vollziehen muß, bevor die Methämoglobinbildung beginnt. Zur Zeit sei von einer vollen Erklärung des Vergiftungsbildes noch keine Rede. Für die Diagnose ist nach Kunken die: gewöhnliche spektroskopische Untersuchung noch ungenügend, da man mit ihr bis zu 40 Prozent Methämoglobin in einer Blutprobe übersehen könne. Unter diesen Umständen ist es gewiß angebracht, die mikrosko- pischen Vorgänge, obwohl auch sie nach den verschiedensten Rich- tungen hin bereits durchforscht worden sind (MArcnaAnD, Rızss, Enkuicn, Krösıs, Jacog u. a.), noch einmal näher ins Auge zu fassen, zumal ich einiges Neue zu bringen habe. Die mikroskopischen Vorgänge, die bei der Bildung von Methä- moglobin sich abspielen, bzw. ihr vorangehen, sind offenbar ver- schieden: das eine Mal berichtet Marcnann von Auflösungserschei- nungen, die er im Innern der roten Körperchen angetroffen, die begleitet waren von dem Auftreten eines dunkelroten, braunroten bis sepiabraunen Farbentons des Blutes, und in denen er die für das Methämoglobin charakteristischen Absorptionsstreifen zwischen C und D im Spektrum nachweisen konnte. Dann wiederum fehlen nach ihm trotz des spektroskopischen Nachweises angeblich jegliche Veränderungen in den Erythrocyten, oder die letzteren zeigen nur Falten- oder Kappenformen, während Auflösungserscheinungen gänzlich vermißt werden. Das Fehlen histologischer Veränderungen an den Erythroceyten ist nun trotz Drrrricn”, der das Methämoglobin »in den anscheinend in- takten Blutkörperchen « vermutet, meines Erachtens in hohem Maße auf- fallend, um so auffallender, als es ja doch die roten Körperchen sind, die das Material zur Methämoglobinbildung liefern. Es war deshalb von vornherein wahrscheinlich, daß zumal bei Anwendung der heutigen modernen Blutuntersuchungsmethoden gleichwohl Veränderungen sich demonstrieren lassen müßten, vorausgesetzt natürlich, daß die Vorgänge im Blut nieht derart leicht oder derart schnell abliefen, daß es nur ein Produkt des Zufalls wäre, wenn wir überhaupt Befunde erheben könnten. Gerade auf hämo-toxikologischem Gebiete haben uns die EurtıcH- schen Blutfärbungsmethoden viel Nutzen gebracht, und ich muß des- ! Kusker, Handb. d. Toxikologie. 1899. ®2 Drrvrrıca, Archiv f. exp. Pathol. Bd. 29. nn nt nn nn in > G. Krönıs: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. 541 halb eine toxikologisch-histologische Blutuntersuchung, die außer dem nativen Blutpräparat nicht auch das gefärbte Trockenpräparat be- rücksichtigen wollte, als nicht ausreichend erklären, bin somit auch nicht in der Lage, die bisherigen Blutuntersuchungen, die diesem Punkte nicht gerecht geworden bzw. nicht gerecht werden konnten, als vollgültig an- zusehen, ebenso wie ich auch umgekehrt eine Untersuchung, die nur das Trockenpräparat berücksichtigte, das native Blutpräparat aber un- berücksichtigt ließe, gleichfalls als nicht beweisend ansehen würde. Während nun fast alle bisherigen Beobachter (ausgenommen Kunker) die Methämoglobinbildung sich im Innern der roten Körperchen vollziehen lassen, während ferner vielfach in den Marcnanpschen Ar- beiten von intakt gebliebenen roten Blutkörperchen die Rede ist, reden hier die gefärbten Trockenpräparate, soweit meine eigenen und zum Teil auch fremde Beobachtungen reichen, doch eine andre Sprache. Man sieht in gefärbten Blutpräparaten, sei es, daß man Methylen- blau-Eosin-, Hämatoxylin-Eosin-, Triacidfärbung zur Anwendung bringt, erstens, daß tatsächlich sogar recht geringfügige histologische Ver- änderungen zu prägnantem Ausdruck gelangen können, zweitens, daß innerhalb der roten Körperchen selbst wohl niemals eine Bildung von Methämoglobin eintritt. Schon Marcnannp hatte, wie oben hervorgehoben, Falten- und Kappenformen der Erythrocyten beobachtet, sie indes als be- deutungslose Gebilde hingestellt, die mit der Methämoglobinbildung nichts zu tun hätten. Diese Gebilde sind nun auf Grund meiner Unter- suchungen über Maretinvergiftung' keineswegs als unwichtige Dinge zu bezeichnen. Wenn ich auch nicht beweisen kann, daß dieselben mit der Methämoglobinbildung in näherem Zusammenhang stehen, so vollzogen sich doch in meinem übrigens zur Heilung gelangten Falle schwerer Maretinvergiftung gerade unter diesem Bilde die sehr auf- fälligen Auflösungserscheinungen an den roten Blutkörperchen, während von der bekannten tropfenförmigen Auflösung des Hämoglobins nichts zu bemerken war. Sehen wir uns nun die beiden, den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegenden Abbildungen, in welchen ich die mikroskopischen Befunde in je zwei Fällen von Kalichlorieumvergiftung und je einem Fall von Phenacetinvergiftung” fixiert habe, näher an: i Von vornherein sei bemerkt, daß die Abbildungen von gefärb- ten Trockenpräparaten stammen. Die Präparation war die be- kannte übliche, d.h. das Blut wurde in dünnen Schichten auf Deck- U Krönıs, Über Maretinvergiftung (Medizinische Klinik. 1905, Nr. 26). ?2 Krönıs, Phenacetinvergiftung mit tödlichem Ausgange (Berl. Klin. Wochensehr. 1395, Nr. 46). 542 Sitzung der phys.-math. Classe v. 2. Juni 1910. — Mitth. v. 25. Juli 1907. gläschen ausgestrichen, getrocknet und zwei Stunden hindurch bei einer Temperatur von 120° vorsichtig’ fixiert. Dann wurden die ver- schiedensten Färbungen vorgenommen, vor allem aber Färbungen mit Methylenblau-Eosin (Fig. ı) sowie mit sauerem Hämatoxylin- Eosin (Fig. 2). Es ist nötig, die Art der Färbung hier besonders zu betonen, da, wie wir später erfahren werden, gewisse Differenzen im Aussehen der Körner und Klümpehen auf die Art der Färbung zurückgeführt werden müssen. Das Hämoglobin (Fig. ı) befindet sich in den verschiedensten Stadien der Lösung, d. h. Trennung von seinem Stroma; manche Figuren lassen die ersten Andeutungen erkennen, manche zeigen vorge- schrittene Stadien. Aber welchen Grad auch die Auflösung zeigen mag, überall sehen wir die Hämoglobintröpfehen und Klümpchen in schön roter Färbung, d.h. in der dem gesunden normalen Protoplasma zukommenden Eosinfarbe, nur in wohl etwas gesättigterem Ton’. Dieser Befund ist offenbar die Regel; sollte es Ausnahmen geben, so müssen sie extrem selten sein und können dann praktisch kaum in Betracht kommen. ! Zur Darstellung feinerer histologischer Vorgänge im Blut kann von den Fixa- tionsmethoden allein die Eurticusche Hitzefixation in Betracht kommen. Indes die Methode ist diffizil und erfordert viel Übung und Vorsicht, will man sich vor hämato- logischen Kunstprodukten schützen. Die einfache Erhitzung der Präparate auf der Kupferplatte gewährt diesen Schutz nicht, und so habe ich eine Verbesserung der Me- thode angestrebt. Die Verbesserung besteht in der Herstellung eines Heißluft-Sand- bades. Die Anordnung ist dabei so getroffen, daß 1. der eigentliche Heizkörper nicht die Flamme selbst ist, sondern vielmehr eine durch die Flamme erst zum Glühen. ge- brachte kleine Heizplatte, von welcher die Wärmestrahlen zunächst eine ı—2 cm hohe Sand- und dann eine noch etwas höhere Luftschicht durchdringen müssen, um zu den mit dem fraglichen Blut beschiekten Deckgläschen zu gelangen; daß 2. zur grundsätz- lichen Vermeidung einer Berührung zwischen Deckgläschen und Metall das Luftbad selbst ganz aus Glas hergestellt ist, desgleichen auch der zur direkten Aufnahme der Deckgläschen im inneren Zylinder des Luftbades aufgestellte Sockel; daß 3. zur Ermög- lichung einer guten Zirkulation der erhitzten Luftschicht zwischen Außen- und Innen- zylinder des mit Thermometer versehenen Luftbades reichliche Kommunikationsöffnungen an letzterem angebracht sind. ®2 Eurtıch bezeichnet das, was ich hier mit Bosrröm »Hämoglobintröpfehen « 'nenne, als »hämoglobinämische Innenkörper«. Ich bin einig mit ihm in der Anschauung, daß wir es hier mit Hämoglobin in widerstandsfähigerer Form zu tun haben, leite aber meinerseits diese gesteigerte Widerstandsfähigkeit nicht, wie Enrrica es tut, von einer chemischen Veränderung des Hämoglobins her, sondern lediglich von einer mechanischen Veränderung des Stromas. Es besteht dieselbe offenbar in einem festeren Zusammenschluß übriggebliebener Stromareste, die als Träger des Hämoglobins tinktoriell dann stärker in die Erscheinung treten müssen als inner- halb des intakten Stromas, das im Innern des roten Körperchens vermutlich über seinen elastischen Gleichgewichtszustand hinaus ausgespannt ist. G. Krönıs: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. 543 Daraus geht mit absoluter Sicherheit hervor, daß diese inner- halb des Zelleibs der Erythrocyten befindlichen roten Klümpehen nur Hämoglobin-, nicht aber Methämoglobinklümpehen sein können. Etwas anders aber liegt die Sache (Fig. ı) mit denjenigen Klümpehen, die wir außerhalb des Zelleibs der roten Körperchen antreffen. Im Blut- plasma sehen wir Klümpchen und Körnchen, die zum Teil durch ihr schön rotes Aussehen noch die reine Hämoglobinfärbung erkennen lassen und sich somit gleichfalls als extrazelluläre Hämoglobinklümpcehen dokumentieren. Ein Teil derselben scheint eine Zeitlang im Blute frei herumzuschwimmen, um alsdann in einem der großen drüsigen Organe (Leber, Milz, Niere) stecken zu bleiben oder ausgeschieden zu werden, ein anderer Teil aber wird von den weißen Körperchen aufgenommen und in den peripheren Schiehten derselben abgelagert. Hier in den weißen Körperehen nun, die mehr oder weniger Quel- lungserscheinungen darbieten, finden wir, und zwar in vakuoli- sierten Protoplasmalücken der Peripherie Ablagerungen dunkelgelbbrauner bis dunkelgraubrauner Körperchen von rundlich eekiger und rundlich ovaler Gestalt. Diese Körper- chen zeigen nicht unerhebliche Größenunterschiede, differenzieren sich aber intensiv von den schön rotgefärbten Hämoglobinklümpehen. Welcher Natur sind dieselben? Zunächst geben die Pigmente mit Ferrozyankalium und Salzsäure behandelt, keine Eisenreaktion und scheiden so von vornherein aus der Gruppe der Hämoside- rine aus. SArKkowsky, der die Präparate vom chemischen Stand- punkte aus einer sehr eingehenden Durchsicht unterzogen, schließt aus mehrfachen Gründen Hämatin aufs bestimmteste aus. Es bliebe somit — freilich unter Voraussetzung der Richtigkeit der SaLkowskY- schen Ansicht — nur das Methämoglobin übrig, das nach Form und Aussehen mit dem Methämoglobin, wie wir es gelegentlich in andern Organen antreffen (z. B. in den Methämoglobininfarkten der Niere), durchaus übereinstimmt, . und das mit mir auch Sarkowskv als im vor- liegenden Falle allein in Betracht kommend bezeichnet. In scheinbarem Widerspruch hierzu steht Fig. 2, das Bild eines mit sauerem Hämatoxylin-Eosin gefärbten Präparates: In der Peripherie der weißen Körperchen sehen wir hier teilweise meist stark ausge- laugte rote Körperchen selbst, dann wieder nur Hämoglobinklümpchen, beide in noch normaler oder nur leicht veränderter Hämoglobinfärbung. Dann folgen Körperchen, meist rundlich oder oval, welche die rote Hämoglobinfarbe in etwas verwaschenem Ton zeigen, weiter solche, deren Färbung bereits eine deutliche Mischung von rot und braun bzw. gelb erkennen läßt, und schließlich rein gelbe, ja bräunlichgelbe bis dunkelbraun gefärbte Klümpchen. Auch außerhalb der weißen Sitzungsberichte 1910. 47 544 Sitzung der phys.-math. Classe v. 2. Juni 1910. — Mitth. v. 25. Juli 1907. Körperchen sehen wir die gleichen Klümpchen, letztere aber meist umrandet und eingeschlossen von Protoplasmaresten, die bei genauerem Zusehen sich als von den weißen Körperchen losgesprengt erweisen. Alles in allem also, fließende Übergänge zwischen roten Blutkörper- chen, Hämoglobintröpfehen und gelbbraunen Pigmentklümpehen, oder mit anderen Worten: Derivate von aufgenommenen roten Körper- chen selbst oder von Hämoglobinklümpchen. Über die Natur dieser Derivate ins Klare zu kommen, ist zweifel- los nicht ganz leicht. Während schon die Farbe der in Fig. ı beschriebenen Körper- chen von vornherein eine weitgehende Übereinstimmung zeigt mit der aus der pathologischen Anatomie uns gut vertrauten Methämo- globinfärbung ganzer Organe, so ist die Färbung der hier in Rede stehenden Pigmentklümpchen doch eine andere. Sie ist heller, auch sind die Klümpchen größer, und ich muß mir somit in der Beur- teilung dieser Frage eine gewisse Reserve auferlegen. Immerhin ist folgende Deduktion maßgebend: Da wir das Hämatin und das Hämo- siderin mit Recht ausschließen, so kann trotz hellerer Färbung der Klümpehen gleichwohl nur das Methämoglobin in Betracht kommen. Aber es ist nicht das Methämoglobin wie es uns in Fig. ı entgegen- tritt, sondern ein offenbar verändertes Methämoglobin. Aber was soll hier verändernd auf das Methämoglobin eingewirkt haben? Während die färberische Einwirkung der beiden Farblösungen auf das Methämoglobin als solche, wenn überhaupt, wohl nur eine geringfügige sein dürfte, so anders der chemische Charakter des Farb- gemisches: Wir haben es nämlich in Fig. ı mit einer alkalischen Farblösung, (einer Eosinmethylenblau-Mischung) zu tun, in Fig. 2 da- gegen mit der sehr stark sauer wirkenden Enkrıcnschen Hämatoxylin- Eosinlösung. Wenn letztere nun freilich auch kaum imstande sein dürfte, an gut fixierten Präparaten gröbere histologische Veränderungen hervor- zurufen, so sind feinere Veränderungen jedoch, die hierdurch bedingt sein könnten, gewiß nicht von der Hand zu weisen. Ich stehe des- halb nieht an, anzunehmen, daß die bei fast gleicher Vergrößerung gezeichneten, aber in den Hämatoxylin-Eosin-Präparaten dennoch größer erscheinenden Pigmentklümpchen entweder als das Produkt ganz leichter Quellungserscheinungen aufzufassen sind, und auch die deutlich hellere Färbung der letzteren auf den gleichen Einfluß zurückzuführen ist, oder aber, daß wir es hier, was in jeder Hinsicht wahrscheinlicher, mit dem morphologischen Ausdruck des schon von Marcnann spektroskopiseh unterschiedenen alkalischen (Fig. ı) und saueren (Fig. 2) Methämo- globins zu tun haben, wobei mit der chemischen Umwandlung der Pig- mente zugleich Quellungszustände in denselben verbunden sein dürften. G. Krönıs: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. 545 Im übrigen muß ich auf kleine Differenzen in den Figuren ı und 2 hinweisen, auf Differenzen indes, die mehr oder weniger Sache des Zufalls sein dürften. Im Gegensatz zu Fig. 2 sieht man nämlich in Fig. ı weder rote Körperchen, noch auch Hämoglobinklümpchen inner- halb des Protoplasmas der weißen Körperchen liegen. Im großen ganzen sehen wir aber auch hier, wie die dunkelgelbbraunen bis tiefbraunen Klümpehen in ihren Dickenverhältnissen ebenfalls schwanken, indes von den schön rot gefärbten Hämoglobinklümpehen deutlich unter- schieden sind. Ob die in Fig. ı extrazellulär gezeichneten dunkel- braunen Methämoglobinklümpchen in Wirklichkeit so freiliegen, wie die Zeichnung sie schildert, will ich angesichts obiger Erörterungen nicht ohne weiteres bejahen. Möglich ist es immerhin, indes kann es auch sein, daß etwaige Protoplasmareste der weißen Körperchen färberisch hier so wenig hervortreten, daß sie nicht gesehen werden können, vielleicht auch, daß die protoplasmatischen Bestandteile der- jenigen Stellen, die die Klümpehen ursprünglich beherbergt haben, derartig zerfallen sind, daß jede Spur der Ursprungsstätte ausge- löscht ist. Was nun die Frage der Methämoglobinbildung innerhalb der Blutbahn anbelangt, so vollzieht sich dieselbe, wie ich glaube, in fol- gender Weise: Da eine Methämoglobinbildung meines Erachtens nur durch Läsion der roten Körperchen auf dem Wege der Aus- laugung des Hämoglobins zustande kommt, so müssen die roten Körperchen auch stets in dieser oder jener Form, wenn auch nur leichte Läsionen erkennen lassen, falls der Vorgang sich nicht in zu milder oder zu schneller Weise abspielt. Ist die Auslaugung eine derartige, daß das gesamte Hämoglobin des Körperchens in Lösung übergeht, so werden wir das Auftreten von Hämoglobinklümpchen natürlich ver- missen und Hand in Hand damit auch das Auftreten von Methämo- globinklümpehen. Es wird sich unter solchen Umständen der histo- logische Nachweis einer Methämoglobinämie als unmöglich erweisen, während umgekehrt der spektroskopische Nachweis mit Leichtigkeit gelingen wird. Aber auch das Umgekehrte wird vorkommen können, und kommt, wie ich selbst erfahren, tatsächlich vor: Handelt es sich nämlich um Auflösungsvorgänge der roten Körperchen geringeren Umfangs, so muß entsprechend der geringeren Bildung von Hämo- globinklümpchen der Übergang der letzteren in die Blutbahn quanti- tativ um so spärlicher ausfallen. Werden dieselben nun von den wei- ßen Körperchen aufgenommen, so kann sich innerhalb der letzteren der Übergang in Methämoglobin vollziehen und so histologisch der Nachweis einer Methämoglobinämie da ermöglicht werden, wo spektro- skopisch dieser Nachweis gänzlich fehlschlägt. Ein solches Beispiel 47* 546 Sitzung der phys.-math. Classe v. 2. Juni 1910. — Mitth. v. 25. Juli 1907. demonstriert Taf. IV, Fig. ı. Dieselbe stellt ein Kombinationsbild dar und zeigt u. a. eine — genau in der Mitte des Bildes gelegene — große mononukleäre, mit Methämoglobinklümpchen ganz vollgestopfte Zelle aus dem Blute einer mit Kali chloricum vergifteten weiblichen Person, in welchem weder Hrn. Geheimrat SarLkowskys noch meine eigenen sehr eingehenden spektroskopischen Untersuchungen auch nur andeutungsweise einen Methämoglobinstreifen zu entdecken ver- mochten. Ausgegeben am 16. Juni. Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Taf. IV. G. Krönıe: Der morphologische Nachweis des Methämeglobins im Blut. G. Krönıs: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut. 547 Fig. 1. Große mononucleäre etwas Große mononucleäre Zelle mit 'gequollene Zelle mit Vacuolen Vacuolen u.periph.gelagerten bildung u.zerstreuten kleineren Methaermoglobinklümpchen, Methaemoglobinklümpchen. 4 Mononucleäres Element stark mit Methaemao- globinklümpchen gefüllt Altttelstark haemoglo- binämisch ausgelaugtes rotes Hörperchen Extra cellulares Haernoglobin. FreiesMethaemoglobin. Normale rote Blutkörperchen. Mit Eosin tief'gefärbte, stark contrahierte Stromareste x Intensive Auslaugung Gequollene Zelle mit polständigerm i Haemoglobinklümpchen. Sehr große mononucleäre Zelle mit enormer Anhaufung von Methaemoglobinkörnern in einem Fall, in welchem spektroskopisch der Nachweis nicht gelang ig. 2. Vacuolär degenerierte weiße Zelle. Inder Vacuole ein vollkommen entlärbtes rotes Körperchen,in welchem nurnochein Haemoglobinklümpchen enhalten ist. Geguollene weiße Rörperchen, welche Klümpchen enthalten, ; en er gereronHne- Hochgradig vacuolär gequol: nlinzu Mof- lene weilse Zelle. Inder Va- Be Dririzeigen cuole ein etrvas aufgequol lener,ein Haemoglobin- klimpchen enthaltender Erythrocyt. Abgesprengte,von Pro- toplasınaresten umge- bene Methaemoglobin- Abgesprengte von klümpchen. Protoplasmaresters urmngebene Methaemo- globinklümpchen. Zwei dunkelbraune Met= haemoglobinklümpchen. Buckelförmig aufgeguollene protoplasmatische Randzone, ir Fechts helleres linksdunkt£es diffuser Weise mit Haemoglobin gefüllt. Haemoglobinklümpchen. 549 SITZUNGSBERICHTE 191%. XXIX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 9. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar!: Hr. WALDEYER. l. Hr. Rorruz las über Briefe der Sophie Laroche und Wieland’s an die Gräfin Elisabeth von Solms-Laubach. (Ersch. später.) Die 355 Briefe der Laroche reichen von 1783—1807, die 43 Briefe Wieland's, die. Ludwig Wieland nur sehr unzuverlässig, lückenhaft und in Auswahl veröffentlicht hat, von 1807— 1812. Besonderes Interesse haben die Culturbilder, die die Briefe der Laroche aus dem Leben des rheinischen Adels zur Zeit der Revolutionskriege und Napoleon’s geben. 2. Hr. Harnack legte eine Abhandlung vor unter dem Titel: »Ostiarius«. In der Abhandlung wird auf Grund einer jüngst entdeckten Inschrift gezeigt, dass »Ostiarius«, bevor es kirchliche Amtsbezeichnung wurde, bereits der Name für eine militärische Charge — und zwar für eine nicht ganz niedrige — gewesen ist. ‘ 3. Hr. Rugens legte eine Untersuchung vor über die Structur der y-Strahlen von Hrn. Privatdocenten Dr. EnGar Mryrr in Aachen. (Ersch. später.) Die theoretische Betrachtung lehrt, dass die sogenannten ScHwEinLer’schen Schwankungen des Sättigungsstromes, welchen man in einem von y-Strahlen getroffenen Lufteondensator beobachtet, sich bei theilweiser Abblendung des y-Strahlenbündels in verschiedener Weise ändern müssen, wenn die y-Strahlen Quanten-Charakter besitzen oder wenn sie von Impulsen herrühren, welche sich im Äther nach der Undulations- theorie des Lichts ausbreiten. Die Ergebnisse zahlreicher Schwankungsmessungen, welche der Verfasser bei verschiedener Blendung des y-Strahlenbündels ausgeführt hat, sprechen entschieden zu Gunsten des Quanten-Charakters der y-Strahlen, wobei jedoch die Frage offen bleibt, ob diese Quanten materieller Art sind oder nicht. - 4. Die Akademie hat dem correspondirenden Mitglied ihrer phy- sikalisch-mathematischen Classe Hrn. Juzıus von Wiesner in Wien zu seinem fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 3. Juni eine Adresse ge- widmet, deren Wortlaut unten folgt. 5. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: von Hrn. Koser ein neu ausgegebener Band der Monumenta Germaniae historica, Tom. V 550 Gesammtsitzung vom 9. Juni 1910. der Seriptores rerum Merovingicarum. Hannoverae et Lipsiae 1910; von Hrn. Hrrrwıs die 9. Aufl. seines Lehrbuchs der Entwicklungs- geschichte des Menschen und der Wirbelthiere. Jena 1910; von Hrn. Dırrs Bd. 2, Hälfte 2 der 2. Aufl. seiner Fragmente der Vorsokratiker, enthaltend den von Warruer Kranz verfassten Wortindex. Berlin 1910; endlich zwei Strassburger Inaugural-Dissertationen, welche Ergebnisse der von Hrn. Bückıng mit Unterstützung der Humboldt-Stiftung unter- nommenen geologischen und petrographischen Erforschung des Rhön- gebirges enthalten: F. Karınarnr, Geologische Beschreibung der Um- gegend von Spahl in der Rhön. Berlin 1909 und W. Wasner, Geolo- gische Beschreibung der Umgebung von Fladungen vor der Rhön. Berlin 1909. Die Akademie hat das ordentliche Mitglied der physikalisch-mathe- matischen Classe Hrn. Rogerr Koch am 27. Mai durch den Tod verloren. Harnack: »ÖOstiarius«. 551 „Ostiarius“. Von ApvouLr HArnAcK. In den »Texten und Untersuchungen zur Geschichte der altchrist- lichen Literatur« Bd. 2 H. 5 (1856) habe ich den Ursprung des Lekto- rats und der anderen niederen Weihen in der Kirche nachzuweisen versucht. Ich habe gezeigt, daß der Akoluth (»Sequens«) und der Pyloros (»Ostiarius«) erst kurz vor der Mitte des 3. Jahrhunderts nach- weisbar sind, aber auch nicht viel höher hinauf datiert werden dürfen, da Tertullian und Hippolyt sie noch nicht kennen. Die ältesten Zeug- nisse für sie finden sich in einem Brief des römischen Bischofs Cornelius an den Bischof Fabius von Antiochia vom Jahre 250 (Euseb., h. e. VI, 43,11) und bei Cyprian; doch nennt Cyprian (wahrscheinlich zufällig) den ÖOstiarius nicht. Er findet sich aber auch in einer glaubwürdigen Angabe des Liber Pontificalis in der Vita Xysti Il (zum Jahre 253): »post eum passus est .... Crescentius leetor et Romanus ostiarius«'. Daß das Amt des Ostiarius und des Akoluthen in der ältesten Geschichte der Kirche keine Vorstufen gehabt hat (anders die Ämter der Subdiakonen, Exorzisten und Lektoren), sondern aus neuen Be- dürfnissen der Kirche entstanden ist, habe ich ebenfalls in jener Ab- handlung gezeigt. Diese neuen Bedürfnisse mußten sich einstellen, seitdem es eigene Kirchengebäude gab (also seit der Zeit um das Jahr 200), welche Aufsicht, Pflege usw. erforderten, und seitdem sich die Würde des Bischofs und der Presbyter so gesteigert hatte, daß sie Diener bedurften. Indem sich aber diese Nötigungen einstellten, rückten die höheren christlichen Kleriker den heidnischen Priestern mindestens äußerlich näher, und die christliehen Gotteshäuser den heidnischen Tempeln. Die heidnischen höheren Priester besaßen schon längst ein Dienstpersonal und unter diesem »Calatores«, freie oder freigelassene Leute, nicht Sklaven (für den persönlichen Dienst jedes ! In der Vita des Papstes Gajus (233—296) heißt es dann im Lib. Pontif.: »hie constituit ut ordines omnes in ecelesia sie ascenderetur [sie]: si quis episcopus mereretur, ut esset ostiarius, lector, exorcista, sequens, subdiaconus, diaconus, presbiter.« Die Praxis läßt sich schon aus den Briefen Cyprians belegen. Sitzungsberichte 1910. 48 552 Gesammtsitzung vom 9. Juni 1910. Mitgliedes des priesterlichen Kollegiums je einen). Diesen »Calatores « entsprechen die kirchlichen » Akoluthen«. In den Tempeln aber gab es »Aeditui ministri«, welche das Gebäude zu öffnen und zu schließen, das Heiligtum zu reinigen, die befugten Personen zuzulassen hatten usw. Diesen Aeditui scheinen die kirchlichen »Ostiarii« zu entsprechen. Indem die Kirche, durch den Gang ihrer Entwicklung bestimmt, etwas den heidnischen Ämtern Analoges rezipierte, hat sie es aber abgelehnt, die neuen Ämter mit den für sie gebräuchlichen Namen zu bezeichnen: nieht Calatoren und Aeditui setzte sie bei sich ein', sondern Akoluthen und Ostiarii, beides Bezeichnungen, die meines Wissens in der Kultsprache nicht vorkamen oder jedenfalls dort nicht technisch waren. Sie entstammen also dem profanen Sprachgebrauch des Tages — wenigstens mußte man bisher so annehmen; denn weder für » Akoluthus« noch für »Ostiarius« ließ sich bisher neben der ganz allgemeinen eine bestimmte technische Bedeutung nachweisen: wie die Kirche einst die Bezeichnungen »Bischof«, » Presbyter«, »Diakon« für ihre Amtsträger ausgewählt hatte — sämtlich Bezeichnungen, die der heidnischen Kultsprache als technische fernlagen und deren Sinn bis dahin ein ganz allgemeiner war —, so hat sie auch jetzt nach den neu- tralen Worten »Akoluth« und »Ostiarius« gegriffen. Allein jüngst ist eine Inschrift publiziert worden, die da zeigt, daß das Wort »Östiarius« neben seiner allgemeinen (niedrigen) Be- deutung doch noch eine ganz spezielle und höhere besessen hat. Die Inschrift stammt nach Hrn. Casnart aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts, und dieses Datum läßt sie uns um so wichtiger erscheinen. Hr. V£ran, Architekt der historischen Monumente in Arles, hat »dans les bätiments de l’aneien college« folgende Inschrift entdeckt’: Me SEAT VERSEZEPERSIESEEIGO PrSP2SVESEEDSZEIRSVENGEINEER: ROOT ZEEETASNTASERTEEZVETFER RAIEO2ZOISTTZTFAGRSTLOERERSAGE F- FOPRAETITIIERE MEIN ESVEV PERSTINDIESLGCHRSTIENILOEEEEEFAZS TER IOUR VEMe, 2 EIRFASESTZET, Me PYAR=ESVEISN GIENEISEIBKOEIRE, OB-MERITA-ERGA SE-EIVS AMICO . INCOMPARABILI Le DEE Des: D ! Im 5. Jahrhundert (ältestes Zeugnis bei Paulin v. Nola, ep. ı) und später rezipiert die Kirche auch den Namen »aedituus«, weil er nicht mehr irreführend war. ? Acad. des Inser. et Bell.-Lettr., Compt. rendus ıg1o, Bulletin de Mars S. 106f. ee ne (WW 7 HarNAcK: »Östiarius«. 553 »Ostiarius« und »Primiserinius« begegnen uns als militärische Chargen auf Inschriften (auch in der Literatur fehlen sie) hier zum erstenmal, und zwar beim Präfeetus Prätorio (»Canalieularius« war bereits aus C.I.L. VI, 23ı und 1110 bekannt). Hr. Cacsar meint, es sei die Natur dieser Ämter (aus dem Namen) leicht zu bestimmen; allein für »Ostiarius« scheint mir dies doch nicht so einfach zu sein, zumal da die folgende Charge (»canalieularius«) ihrem Wesen und ihrer Kompetenz nach keineswegs völlig klargestellt ist. Uns muß es genügen, ı. daß »Östiarius« am Anfang des 3. Jahrhunderts — also kurz vor der Zeit oder in der Zeit, als die niederen Weihen in Rom aufkamen, und in Rom sind sie überhaupt zuerst aufgekommen — eine Amtsbezeichnung war, 2. daß es eine militärische Charge war, 3. daß es kein ganz niedriges Amt bedeutet hat; denn es hatte Stufen unter sich, sei es, daß die Reihenfolge in unserer In- schrift eine aufsteigende ist, sei es — was viel wahrscheinlicher — eine absteigende. Unmöglich also kann Östiarius nur soviel bedeuten wie einen niederen dienenden Pförtner; dem betreffenden Beamten müssen vielmehr die Pflichten und Rechte eines höheren Hausmeisters bzw. Kaserneninspektors zugestanden haben. Dies zu wissen, ist für die nähere Bestimmung des dunklen Amts des kirchlichen Ostiarius und für die Motive, die zur Rezeption des Namens geführt haben, von nicht geringer Bedeutung. Braucht man auch nicht notwendig anzunehmen, daß der Ostiarius des Präfeetus Prätorio bzw. die mili- tärische Charge das direkte Vorbild für den kirchlichen Ostiarius ge- wesen ist, so ist doch nunmehr erwiesen, daß das Wort bereits eine militärische Amtsbezeichnung gewesen ist, bevor es eine kirchliche wurde, und daß es nicht eine so niedrige Funktion bezeichnet hat, wie der nächste Sinn des Wortes sie zu fordern scheint. Damit scheint das Problem heller geworden zu sein, wie die Kirche die erste Sprosse auf der hierarchischen Stufenleiter mit dem Namen »Östiarius« be- zeichnen konnte. Der Ostiarius hatte gewiß auch in der Kirche so- wenig jemals sklavische Funktionen zu versehen gehabt wie der Osti- arius praefeeti praetorio im Heer. Sehr wichtig wäre es, wenn es gelänge, auch den Akoluthus (»Sequens«) als eine militärische Charge nachzuweisen. Daß »sacramentum« und »pagani« militärisch zu ver- stehen sind, darf als sicher angenommen werden. 554 Gesammtsitzung vom 9. Juni 1910. Adresse an Hrn. JuLıus von WIESNER zum fünfzig- jährigen Doktorjubiläum am 3. Juni 1910. Hochgeehrter Herr Kollege! Zn fünfzigjährigen Doktorjubiläum bringt Ihnen die Akademie, der Sie seit elf Jahren als korrespondierendes Mitglied angehören, ihre besten Glückwünsche dar. Sie gedenkt hierbei mit aufrichtiger An- erkennung der überaus fruchtbaren Forschertätigkeit, die Sie ein halbes Jahrhundert hindurch auf mikroskopischem wie auf experimentell-phy- siologischem Gebiete entfaltet haben. Als Sie im Jahre 1860 die Doktorwürde erlangten, hatte die Ana- tomie der Pflanzengewebe zwar bereits eine ziemlich hohe Stufe der Entwicklung und Durchbildung erreicht; es ist aber doch Ihr beson- deres Verdienst, die verschiedenen vegetabilischen Fasern und die Roh- stoffe des Pflanzenreiches zuerst einem umfassenden mikroskopischen Studium unterzogen und dadurch ein vielbenutztes Werk geschaffen zu haben, das in der vor kurzem erschienenen Neubearbeitung auch den heutigen strengeren Anforderungen gerecht wird und für botanische Bibliotheken geradezu unentbehrlich ist. Mit besonderer Vorliebe und bestem Erfolge haben Sie sich dann physiologischen Fragen zugewandt, von denen besonders die geotro- pischen und heliotropischen Krüämmungen, die Nutationsbewegungen, die Chlorophylibildung, der faktische Lichtgenuß der Pflanzen u. a. durch Ihre Forschungen eine wesentliche Klärung und Förderung er- fahren haben. Wer die neueren Fortschritte auf diesem Gebiete sich vergegenwärtigt und das heutige Lehrgebäude der Physiologie prüfend überblickt, wird an manchen Stellen die Bausteine erkennen, die Sie mit kundiger Hand eingefügt haben. Aber nicht bloß die Einwirkung äußerer Faktoren auf die ge- nannten Wachstumsbewegungen, mit deren Studium die Physiologie sich vorwiegend befaßt, war Gegenstand Ihrer Untersuchungen; Sie haben sich auch an das viel schwierigere Problem herangewagt, das Wachstum der lebenden Substanz, wozu auch die Zellhaut gerechnet wird, mit ihrer Elementarstruktur in Beziehung zu bringen und da- Adresse an Hrn. Jurıus von WIESnER zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 555 durch gewissermaßen verständlich zu machen. Ist auch eine endgültige, unanfechtbare Aufklärung eines so geheimnisvollen Lebensvorganges einstweilen kaum zu erhoffen, so erregte doch Ihr Versuch, dem Ziele näherzukommen, allgemeines Interesse. Ebenso erfolgreich wie Ihre Wirksamkeit als Forscher war auch Ihre langjährige Lehrtätigkeit. Zahlreiche Schüler, welche heute als Dozenten an Universitäten und höheren Schulen ihres Amtes walten, verehren in Ihnen ihren Meister und wissenschaftlichen Erzieher, dem sie im Verein mit uns und anderen Kollegen zum heutigen Ehrentage, dankbar und freudig gestimmt, ihre warme Teilnahme bekunden. Wir schließen mit dem herzlichen Wunsche, Sie noch lange in voller körperlicher und geistiger Frische zu den Unsrigen zählen zu dürfen. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften. Ausgegeben am 16. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Sitzungsberichte 1910. 49 ’ TE 7 Binieh I r ar & . a Zr MEER nn a EZ — weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung dem redigirenden Seeretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so t hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen den Verfassern unbeschränkt gestattet. Ans $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. ist 22. Aus $ Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben; welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in der Regel anf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinestalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt. in weleher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27. r Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mitrheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. so Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1908: Physikalisch-mathematische Clase . . . . Philosophisch-historische Classe . . . . . Abhandlungen. Jahrg. 1909: Physikalisch-mathematische Classe . . . . Philosophisch-historische Classe . . . . - Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Diers: Bericht über den Stand des en kadeiprekhen Corpus medicorum antiquorum u.8.w.. . Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . Branca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? re Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Occidents und Orients. L. 2. 22.2200» ng ” ” - » ” Srruve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger BraxcA: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . ». » 2 2 2 2 22.0» Kexure von Stranonıtz: Die Bildnisse des Sokrates . von WıLamowırz-MoELLEnDoRFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff . N De ee Dies: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schrifttum . . » 22.2.2... ee En er MöüLLer: Uigur Loors: Das cbenhekenneniss der ‚Honiousianer von SardicHt-M SERIE Bere ne Waırpever: Der Processus retromastoideus . . . Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . von WırasowıTz-MOoELLENDORFF: ScauLze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. . . Nordionische Steine . 1907, 1908 und M. 4.— Be BEAEN 2. et 2.— 2. — „ „ I I a ee und Berliner Refractor. . =» = 1.— a RE a N el ee u = a ee A N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becks: Die tibetische Übersetzung von Kälidäasas Meghadüta . K. Gorsanovi6-KrAnBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen a N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becke: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Bauern Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . = re HER Maya Rt. L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks abs. B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . an. M. CoxkAar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation” FR: SE: L. Jacossoan: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . . A.Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen er Sitzungsberichte der Akademie. Preistdes/Jahrgangs? ie’ who eig Sell ch te ar, DRS E a Sa en DL in Re Een Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909. K. Gorsanovid-KrAuBERGER: der Unterkiefer der Eskimos a als Dee PRTaeNET Merk- male hierzu Taf. XV und XV) . . . 2... Sur er Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Fropentus: über den Frruar’schen Satz Frosenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rugens und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen Speetrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 . Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen ee Ungarn) . TE Ra nn R. Ne kyprische” Saeralinschrift (hierzu "Taf. I und m h Mürrer-BrestAu: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . ScHoTrkvY: die geometrische Theorie der Anzı’schen Functionen vom Geschlechte 3 . Frogentus: über den Fermar’schen Satz. I. Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von , Festigkeitsbeanspruchun en Herrwic: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer En Prxck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Linpemann: Untersuchungen über die specifise 22 Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Nerxst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temporaturen, U. \ J. Hres: das Münchener Unceialfragment des Cassius Felix (elm. 29136) Tuonsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . F. C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vıraerm Tnousen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Russer: über Compensation und Summation von fünctionellen Leistungen des Körpers. Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Liesisch: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen "Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien M7.JE 5 Ss: Liesısca: über Silberantimonide von WILAMOWITZ-MOELLENDORFF: über das” (0) "der Ilias 5 er G. EseruAnn: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. IL. Lupwis: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . E. Hasen und Rupess: über die Änderung des Emissionsv; ermögens der Metalle mit der Tempe- ratur im kurzwelligen ultrarothen Speetrum : H. Bückıss: die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammen- setzung J. Wonzornurn und M. Sırier: Untersuchungen über die Fermente der "Milch und über deren Herkunft . G. Krönıs: der morphologische Nachweis des Methämoglobins im 1 Blut (hierzu Taf. ivy eiNe fie eo ea, is fe ie re M 12.— AM 0.50 S BER Sa Ber Ice cn vl I u XXX. XXXL SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 16. Juni. (S. 557) Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 16. Juni. (S. 559) Hannacx: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. (S. 560) H. ScuÄrer und H. Junker: Bericht über die von der Königlichen Akademie der Wissenschaften in den Wintern 1908/09 und 1909/10 nach Nubien Bene Expedition. (S.579) BERLIN 1910. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. r IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Aus $1l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei j fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaftene und » Abhandlung en der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «. Aus $ 2 Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertigeManuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. $ 3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Sehrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen _ von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. SA. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf‘ besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewiliehne beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Sceretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nieht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Secrelariat geboten. Aus $5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuseripts an den tan Sen Seeretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlaes.) ” \ Überschreitet dieser Anschlag für die Er Aus $ Ss Be Diean die Druckerei abzuliefernden Manuseriptem nüssen, : wenn es sich nicht bloss um glatten Text. handelt, aus reichende Anweisungen für die Anordnung. des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen 4 Fremder sind diese Anweisungen von dem von Iegenden 4 Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunelmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. Er, n Die erste Correetur ihrer Mittheilungen ee u Verfasser. Fremde haben: diese erste ‚Correetur a a : vorlegende Mitglied einzusenden. Die en ee Möglichkeit nicht über die Berichtigung | von Dru fehl lern ‚und leichten Schreibversehen hinausgehen g Imfängliche 1 Correeturen Fremder bedürfen der a girenden Seeretars vor der Einsendung die Druckerei, und die Verfasser sind zur Tragung der rn kosten Ren vi De Fer ! aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilun er Adressen oder Berichten werden für ‚die. Verfası wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfa Druck 4 Seiten übersteigt, auch für. den Buchhand treffenden Shicks der Sunset werden. VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonden me für den Buchhandel: hergestellt, indess ur dann, _ Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären $9 A FE B:37 ee ; S Von den Sonderabdrucken aus” BR Sitzungeberie erhält ein Verfasser, "welche u zu unentgeltlicher Vertheilung ohne exemplare; er ist indess berechtigt, zu, auf a der Akademie weitere Be Be hat; wünscht en auf seine a Abdrucke zur Ver! ‚theilung zu erhalten, der Genehmigung der Gesammt-Akaden treffenden Classe. — - Nichtmitglieder exemplare und dürfeı er redigirenden Seeretar weitere 200 Kosten abziehen lassen. “il % Von den oe aus d von noch 100 und auf seine no ! is zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu u lassı 1, sofern er diess rechtzeitig dem redigir nden Seeretar an- gezeigt hat; wünscht er auf seine ar ; Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf “der Genehmigung der Gesammt-Akademie er treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei exemplare und dürfen nach recht: itig: redigirenden Seeretar ‚weitere 100 E Kosten abziehen lassen. au Keen der Akademie weitere ve zur Be Stelle es sei 557 SITZUNGSBERICHTE 1910. DER XXX. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 16. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Hauseri und das geologische Alter des Ersteren. An dem bei Kranz in Bonn käuflichen Gypsabguss des H. Moustieriensis ist der Unterkiefer wesentlich kürzer als der Oberkiefer; die Prognathie kann also nicht so stark gewesen sein wie sie der Gypsabguss zeigt. Die mit Pithekanthropus vergesell- schaftete Wirbelthier-Fauna von Trinil besitzt einen alterthümlichen Habitus durch ihre ausgestorbenen Arten. Das braucht aber noch nicht nothwendig ein pliocänes Alter zu erweisen, wie das ganz analoge Verhalten der trotzdem diluvialen Pampas-Fauna dartut. Noch weitere vergleichende Untersuchungen auf Java dürften nöthig sein, bis die Altersfrage der Trinil-Fauna sicher entschieden ist. Ausgegeben am 23. Juni. Sitzungsberichte 1910. 50 559 SITZUNGSBERICHTE 1910. DER AÄXAT. KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 16. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. Vorsitzender Secretar: Hr. VAHLeEn. *]. Hr. SchÄrer machte Mittheilungen aus dem ersten Bande der von ihm verfassten zweibändigen » Deutschen Geschichte «, die im Herbst erscheinen wird. Sie betrafen die Verbindung des fränkischen Reiches mit dem Papsttum, wie sie besonders im Übergang des Königtums von den Merowingern auf die Karolinger und in der Kaiserkrönung Karls des Grossen sich darstellt, und die Verbindung der Kaiser- krone mit dem Deutschen Reich unter Otto I. in ihrer Bedeutung für den staatlichen Zusammenschluss der deutschen Stämme. 2. Hr. Harnack las über das Problem des zweiten Thessa- lonicherbriefs. Die Lösung des Problems wird in der Annahme gefunden, dass der 2. Brief von Paulus gleichzeitig mit dem ersten bez. unmittelbar nach ihm nach Thessalonich ge- richtet worden ist, aber nicht der Gesammtgemeinde galt, sondern der kleinen juden- christlichen Minorität der Erstbekehrten, die mit der heidenchristlichen Majorität noch nicht vollkommen verschmolzen war. 3. Hr. Ep. Meyer überreichte seine »Geschichte des Altertums«. ı. Bd., ı. Hälfte. Dritte Auflage. Stuttgart und Berlin 1910. 50* 560 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. Von Apvour HARrNnAcK. Die eingehenden Untersuchungen des 2. Thessalonicherbriefs haben das Problem, welches derselbe bietet, noch immer nicht so gelöst, daß sich die Zuversicht zu seiner Echtheit überall durchgesetzt hätte, und auch solche, welche die Echtheit für überwiegend wahrscheinlich halten, lassen ein drückendes Fragezeichen bestehen; man vergleiche die Ein- leitung in das Neue Testament von JÜLıcHER (1906) S. 49—56. Die neue Stufe der Kritik begann, nachdem BornEMmANN in seinem ausführlichen Kommentar die Echtheit wieder gerechtfertigt zu haben schien (1894), mit den Untersuchungen von Horrzuann (Ztschr. f. NTliche Wissensch. Bd.2, S.97ff., 1901) und Wrepe (Texte und Unters. Bd.24,H.2, 1903). Ihnen gesellte sich Horımanv (Ztschr. f. NTliche Wissensch. Bd. 5, S. 28ff., 1904) zu. Diese drei Gelehrten haben die Echtheit des Briefs aufs nachdrücklichste bestritten. In dem neuesten Kom- mentar von Dogscuürz (1909) ist die Echtheit zwar wieder zuversicht- lich behauptet, aber auch er spricht von »unleugbar vorhandenen Schwierigkeiten«, und man muß dem noch hinzufügen, daß er dem Gewicht des von WrepeE geltend gemachten Hauptarguments gegen die Echtheit nicht voll gerecht geworden ist. Die Bedeutung der Wreveschen Untersuchung (vgl. auch Hourz- MANN) liegt zunächst darin, daß er den früheren Hauptangriffspunkt gegen die Echtheit des Briefs (e. 2: den Abschnitt über den Antichrist) aufgegeben hat. Man darf sagen, daß dieser Punkt, nachdem ihn nun auch Dogscnürz sachgemäß beleuchtet hat, ein für allemal beseitigt ist. Man darf noch mehr sagen: in ce. 2 liegt sogar ein sehr starkes Argument für die Echtheit, und Wrrpr selbst hat das am wenigsten verkannt. Ohne durchschlagende Bedeutung sind ferner die sprachlichen und begrifflichen Argumente, die WrepeE in großer Zahl (sowohl an sich als im Vergleich mit dem ı. Thessalonicherbrief) geltend zu machen versucht hat. Was er hier ausgeführt hat, war größtenteils schon von BorNEMmANN u. a. im voraus widerlegt, hatte an sich wenig Be- weiskraft und ist von Dosscnürz aufs neue gewogen und zu leicht befunden worden. Auch das Argument, das von den vier Stellen hergenommen ist, an denen von einem Briefe die Rede ist (2,2; 2, 15; RE Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 561 3, 14; 3, 17), ist in seiner Allgemeinheit ohne Belang; ob eine einzelne Stelle negativ ins Gewicht fällt, darüber wird unten zu handeln sein. Um so wuchtiger und entscheidender aber erscheint das Argu- ment, auf dessen Nachweis und Durchführung Wrepe die größte Kraft verwendet hat, das Verhältnis zum ı. Thessalonicherbrief. Die Ab- hängigkeit des 2. Briefs von diesem ist so eigenartig — auch das Verhältnis von Ephes. zu Coloss. bietet hier nur eine ganz unvollkom- mene Parallele —, daß eine psychologische Möglichkeit, der 2. Brief sei einige Monate nach dem ı. von demselben Verfasser an die- selbe Gemeinde geschrieben, nicht zu bestehen scheint. Er müßte, ohne sich innerlich auf Geist und Art seines ı. Briefs zu beziehen, ihn in ganz kleinlicher Weise wörtlich ausgebeutet haben! Er müßte die Frische und Herzlichkeit dieser Gemeinde gegenüber, von der der ı. Brief ein so lebendiges Zeugnis ablegt, in hohem Maße verloren und doch die Worte des ı. Briefs, also das Phlegma, in einer fast un- begreiflichen Geistesarmut entliehen haben! Nicht in der einfachen und weitgehenden Abhängigkeit des 2. Briefs vom ı.an sich steckt also das Problem — obgleich auch dieses leichter im Sinne eines literarischen gedeutet werden kann —, sondern in dieser Abhängigkeit trotz deut- lich geänderter Stimmung gegenüber derselben Gemeinde. Der 2. Brief hat den ı. in zahlreichen Partien zum Hintergrund und verschweigt und verleugnet ihn dabei in seiner Gesamthaltung! Er steht diesem Briefe so nahe, daß man ihn aus literarkritischen Gründen, um ihn zu halten, zeitlich ganz eng mit ihm verbinden muß, und er verschweigt ihn und steht ihm zugleich innerlich recht fern! Hier liegt die kapitale Schwierigkeit. Die Kritiker Wrepes haben sie, mit Ausnahme JüLıchers, nicht in ihrer ganzen Kraft empfunden. Man wird die Entscheidung dieses Gelehrten billigen können, wenn er schreibt: »Eine ‚Erklärung‘ für alles (d. h. für diese komplizierte Schwierigkeit) hat noch keine der kritischen Hypothesen gefunden; wenn aber Rätsel doch übrigbleiben, so wage ich vorderhand es noch mit der Tradition zu halten, indem ich für möglich erachte, daß ein persönliches Moment den Apostel bestimmt hat, hier ein so wundersames Schweigen zu beobachten. Sein Berichterstatter über die nach Absendung von I. Thess. in der dortigen Gemeinde ausge- brochenen Unruhen wünschte vielleicht dringend, nicht verraten zu werden; Paulus brachte das nicht fertig, wenn er sich auf seine frühere schriftliche Kundgebung berief; so entschloß er sich lieber, dem ı. Brief eine halboffizielle authentische Interpretation nachzusenden, die doch nicht den Vorwurf erhob, daß Unverstand oder Böswilligkeit einiger Thessalonicher solche Auslegung — wo selbstverständlich der ‚Stim- mungsgehalt‘ schlechter wegkam — nötig gemacht hatten« (S. 55£.). 562 Sitzung der philosophisch-historischen Olasse vom 16. Juni 1910. JüLıcHer folgt hier der methodisch meines Erachtens ganz rich- tigen Erwägung, daß man die Echtheit eines Schreibens nicht preis- geben dürfe, welches, wenn uns nicht zufällig auch der ı. Thessa- lonicherbrief erhalten wäre, schwerlich beanstandet würde. Die großen psychologischen und literarhistorischen Schwierigkeiten, die bestehen bleiben, wären nur dann der Echtheit des Schreibens tödlich, wenn sich eine Situation schlechterdings nicht erdenken ließe, die ihre Lö- sung brächte. Jürıcher ist aber gegen WrenpE der Meinung, daß die Fülle des Möglichen hier wie überall im konkreten Leben so groß ist, daß wir uns bescheiden müssen, und er hat selbst eine Möglich- keit angegeben, durch welche die Schwierigkeiten sehr erleichtert werden. Befriedigend ist freilich dieser Fingerzeig nicht, und WrEDE würde ihn mit Recht nicht gelten lassen. Aber es gibt meines Erachtens eine Hypothese, die bisher, soviel ich sehe, niemals in Rechnung ge- zogen ist, und die doch das Rätsel des 2. Briefes wirklich zu lösen vermag. Um diese Hypothese vorzubereiten, stelle ich die anerkannten, hier einschlagenden Tatsachen zusammen: (1.) Der ı. Brief setzt die Gemeinde zu Thessalonich als eine ganz heidenchristliche voraus und gibt ihr das Zeugnis, daß sie dieselben Leiden von ihren Stammesgenossen zu erfahren bekommen habe, welche die Gemeinden in Judäa von den ihrigen erlitten haben. (2.) Der ı. Brief ist durchwaltet von persönlicher Herzlichkeit und innigster Freundschaft. (3.) Der ı. Brief läßt Rückblicke auf das A.T. und überhaupt Alttestamentliches so gut wie ganz vermissen. (4.) Der ı. Brief ist an die ganze Gemeinde gerichtet und ge- denkt auch der Gemeindevorsteher, ihrer berechtigten Forderungen und ihrer Pflichten. (5.) Am Schluß des ı. Briefes (5, 26.27) trägt Paulus in bemer- kenswerter Weise Sorge, daß der Brief wirklich allen zur Kenntnis komme; nicht nur heißt es: »Grüßet alle die Brüder mit heiligem Kuß«, sondern auch: »"Enorkizw YmAc TÖN KYPION ÄNAFNWCEÄNAI TAN ETTICTO- AHN TIACIN TOIC Anenooic.« Wer so schreibt, hegt aus irgendwelchen Ur- sachen Besorgnis, daß einigen — und nicht aus Zufall — der Brief unbekannt bleiben könnte. (6.) Der 2. Brief läßt, ohne unfreundlich zu sein, den herzlichen Ton und die innige Freundschaft des ı. vermissen. Er schlägt sogar 3, 12ff. einen etwas strengen Ton an'!. Er ist, wie Bornemann mit Recht sagt: »offiziell und feierlich«, s. auch das öseinomen 1,3; 2,13. ! Vgl. überhaupt das ganze 3. Kapitel, in dem sich rrAPArr&nnein viermal findet. Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 563 (7-) Der 2. Brief charakterisiert die Adressaten nirgends als Heiden- christen. (8.) Der 2. Brief ist sehr stark alttestamentlich gefärbt‘, und legt es nahe, jüdische Voraussetzungen bei den Adressaten zu vermuten. (9.) Der 2. Brief »hat der Gemeinde abgesehen von 3,6.13 bis 15 — schlechterdings nichts Neues zu sagen. Im allgemeinen ver- steht es sich von selbst, und bei den beiden auffallenden Punkten wird es noch ausdrücklich hervorgehoben (2,5; 3,6ff.ı0), daß die Ge- meinde schon über alle diese Dinge hinreichend und bis in die Einzel- heiten während der persönlichen Anwesenheit des Apostels instruiert ist« (BoORNEMANN, S. 466). (10.) Wo der 2. Brief auf einer Kunde von der Gemeinde beruht, ist durch nichts angedeutet, daß das eine andere Kunde ist als die, auf welcher der ı. Brief fußt (s. II, 3,9; vgl. auch 2,2; 2,15; 3,6ff.). Es kann eine weitere neue Kunde sein, aber näheres ist nicht mitge- teilt; daher ist es wahrscheinlicher, daß es dieselbe ist. (11.) Der ı. Brief ist im 2. nur dann vorausgesetzt, wenn die Stellen, wo ein Brief erwähnt ist (s. o.), auf ihn gehen. Das ist 2,2 möglich und (s. u.) auch 2,15; dagegen geht 3,14 auf den 2. Brief und 3,17 erscheint zunächst neutral. Das Verhältnis des 2. Briefes zum 1. ist sehr undurchsichtig und rätselhaft, wenn beide dieselbe Adresse haben. (12.) Die eigentümliche Verwandtschaft bzw. Abhängigkeit des 2. Briefes von dem ı. läßt sich, wenn sie von einem Verfasser sein sollen, nur dann — aber auch dann nicht völlig befriedigend — erklären, wenn sie gleichzeitig, d.h. unmittelbar nacheinander geschrieben sind; sind sie das nicht, so erscheint die Annahme einer literarischen Ab- hängigkeit, d.h. die Arbeit eines Pseudopaulus fast unvermeidlich; aber diese Annahme erscheint anderseits durch den paulinischen Cha- rakter des Schreibers und durch die Unmöglichkeit, der Fälschung einen verständigen Zweck abzugewinnen, unerlaubt. (13.) In dem 2. Brief werden keine Vorsteher genannt, auch wird nicht eingeschärft, der Brief solle zur Kenntnis aller kommen. Der Unterschied von oi Aaeneol mÄnTec und oi Aaeneol (s. Brief I) fehlt hier. ! Diese Beobachtung hat namentlich Bornemann (S. 460 ff.) sehr ausführlich und zutreffend begründet und Wrepe hat ihm (S. 74) beigestimmt. Bornemann schreibt: »Es gibt im N.T., abgesehen von der Apokalypse und dem Jakobusbriefe ..., kein ein- ziges Buch, welches so sehr ATliche Art an sich trüge, wie der 2. Thessalonicherbrief.« Die ATliche Haltung des 2. Briefes im Vergleich mit dem r. läßt sich bis ins ein- zelne in jedem Kapitel verfolgen. Hierher gehört der eigentümliche Gebrauch von »KYPIoc«, die ÄnHaelA 2,10.12.13 (der Begriff fehlt im ı. Brief) und sehr viele ähnliche Details. Von seinem TrAPAAaSöceIc (TAPAAocIc) spricht Paulus zweimal in dem Brief, sonst in allen übrigen Briefen nur noch I. Cor. ı1, 2. Das ist ein jüdischer Sprachgebrauch. Die ganz ATliche-jüdische Färbung in ı, 5—ı2 (die messianische AözA) und 2, 2— 12 liegt am Tage. Von »jüdischer Gebetssprache« spricht auch Dosscnürz S. 43. 564 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. Dieser Tatbestand läßt meines Erachtens nur eine Lösung zu: der 2. Thessalonicherbrief ist gleichzeitig mit dem ı. (d.h. unmittel- bar nach demselben) an eine besondere Gruppe innerhalb der Christen- heit Thessalonichs geschrieben, für die auch der ı. Brief in zweiter Linie mitbestimmt war, die aber um ihrer Sonderstellung in der Christen- heit der Stadt und der ihr eigentümlichen Gefahren willen ein eigenes Schreiben bedurfte. Diese Gruppe war ein kleiner Kreis von geborenen Juden, der mit der Hauptgemeinde im sozial-kirchlichen Leben noch nicht voll- kommen verschmolzen war, ohne eine ablehnende oder gar feindliche Stellung zu ihr einzunehmen. Paulus, der auch sie bekehrt hatte, stand ihr persönlich und herzlich nicht so nahe wie der heiden- christlichen Gemeinde, in der er sich heimisch gemacht hatte, hatte aber prinzipielle Bedenken ihr gegenüber nicht, da sie das Recht der Heidenmission voll anerkannte und auch sonst in ihrer religiösen Hal- tung und Entwicklung auf dem richtigen Wege war. In der Adresse des Briefes muß der Kreis, um den es sich in der Christenheit 'Thessalonichs handelte, genannt gewesen sein; als aber der Brief der paulinischen Sammlung einverleibt wurde (oder schon früher), wurde er mit einer sehr geringen Änderung der Adresse als 2. Thessalonicherbrief bezeichnet. Diese Hypothese scheint mir die lastenden Schwierigkeiten, welche die Bestimmung und das Verständnis des 2. Briefes bisher ge- drückt haben, wesentlich zu beseitigen. Gehen wir den Brief unter Vor- aussetzung dieser Annahme durch. Vorher aber sei noch darauf hinge- wiesen, daß nach Act. 17,4 in Thessalonich eine kleine Zahl von Öhristen aus den Juden und eine viel größere aus den Heiden gewonnen worden ist‘, und daß die gleichzeitige Ent- sendung zweier Briefe an einen Ort durch Coloss. und Philem. ge- deckt ist”. ! Act.17,4 (Thessalonich): Kal TINec &£ AYTOn [scil. TAN ’lovAAlon] ErreiceHcan Kal TIPOCEKAHPWEHCAN TO TIAYA@ KAl TO CinÄ, TÖN TE CEBOMEN@N "ENAHNDN TIAHEOC TIONY, TYNAI- KÖN TE TÖN TIPOT@N OYK önlral. Diese Tatsache und die Auseinanderhaltung der beiden Gruppen in den Acta ist sehr wichtig. 2 An sich braucht natürlich eine solche Möglichkeit keine besondere Beglaubigung; immerhin aber ist es interessant, daß die Analogie von Coloss. und Philem. vorliegt. Dieser Brief ist nicht nur an Philemon in Kolossä gesandt, sondern zugleich auch an seine Hausgemeinde, und er schweigt vollständig über den gleichzeitig an die große Gemeinde geschickten Brief, als wäre er nicht vorhanden. Da ich eben den Philemonbrief erwähne, so möchte ich einer evidenten Konjektur gedenken, die mir vor zwei Jahren ein Student vorlegte, dessen Name mir leider entfallen ist. In v. 23f. ist zu lesen: AcrAzertal ce "ETTA®PÄC, Ö CYNAIXMAAWTÖC MOY EN ÄXPICT®, IHcoYc [nicht “IHcoY, vielleicht aber "IHcoY, ‘IHcoYc], MAPKoc, APICTAPXoc, AHMAÄc, AoYkÄc, ol CYNEPrOI MmoY. Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 565 Paulus hat den ı. Brief an die ganze ihm so teure Christenheit in T'hessalonich (Heiden- und Judenchristen) diktiert. Er hat am Schluß die Erteilung des Bruderkusses ausdrücklich an alle gewünscht und die Adressaten beschworen, den Brief alle Brüder lesen zu lassen. Aber er empfand, daß das nicht genug war. Die kleine Minorität von Judenchristen, die sich in Thessalonich befand und die auch seine Schöpfung war, stand als eine Gruppe für sich in und neben der großen Gemeinde". Wenn er ausdrücklich anordnen mußte, daß auch sie von dem Schrei- ben Kenntnis erhalten solle, so ist klar, daß sie in den Versammlungen mindestens nicht regelmäßig zugegen war, in denen solche Briefe ver- lesen wurden. Aber konnte er auf Grund seiner feierlichen Anord- nung auch sicher sein, daß das Schreiben zu ihr kommen werde, so mußte er sich doch sagen, daß dasselbe sie weder ganz befriedigen werde, noch daß es auf die besondere innere Situation eingehe, in welcher die Minorität sich im Unterschied von dem heidenchristlichen Hauptteil befand. Es konnte sie nicht ganz befriedigen; denn absicht- lich oder unwillkürlich hatte Paulus den ı. Brief so geschrieben, als ob die Gemeinde ganz aus Heidenchristen bestünde, und peinlich mußte es die Minorität berühren, daß der Brief in seinen Ermahnungen einen streng heidenchristlichen Horizont innehielt. Er warnt vor der heid- nischen Schoßsünde, der Hurerei; er ermahnt zur eYcxHMmonia TIPöC ToYc €zwu; er bekämpft den Irrglauben, der einem geborenen Juden schwer- lich kommen konnte, daß die entschlafenen Christen um ihre Hoffnung bei Christus zu sein betrogen seien, und er schärft die Wachsamkeit im Hinbliek auf die plötzlich eintretende Erscheinung des Herrmtages ein; dieses bevorstehende Ereignis war Judenchristen ganz geläufig, aber die Heidenchristen konnten diese sie befremdende Botschaft leicht vergessen oder in den Wind schlagen. Alle diese Ermahnungen hatten Judenchristen nicht oder nicht in dem Maße nötig wie die Heiden- cehristen; dagegen wurden sie von anderen Fragen bewegt. So entschloß sich der Apostel einen 2. Brief zu schreiben (über- bracht durch denselben Boten oder einen gleich folgenden), der »den Wenigen aus den Juden« galt. Wir bewundern hier die apostolische Weisheit: der ı. Brief ist an die Gesamtchristenheit in Thessalonich gerichtet; aber er soll auch der judenchristlichen Minorität zur Kenntnis kommen; so sollte er an seinem Teile dazu beitragen, die beiden un- ! Zu den Judenchristen in Thessalonich gehörte — anders Zaun — Aristarch (Coloss. 4,10; Philem.24; Act. 19, 29; 20,4; 27, 2), der den Paulus nach Jerusalem und Rom begleitet hat. Wenn neben ihm als Repräsentant der Gemeinde von Thessalonich bei Überbringung der Spende nach Jerusalem noch ein Zweiter, nämlich Secundus, erscheint (Act. 20, 4), so liegt die Annahme nahe, daß dieser die Heidenchristen Thessa- lonichs vertreten hat. Daß Iason, bei dem Paulus in Thessalonich Wohnung genommen hat (Act. 17,5 ff.), Judenchrist war, ist nicht ganz sicher, aber wahrscheinlich. 566 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. gleichen Hälften näher zusammenzuführen und sie durch einen Liebes- eruß und -kuß zu verbinden. Aber außerdem erhält die Minorität ihr besonderes Schreiben, weil die Empfindlichkeit wohlgesinnter Juden- christen besonders zu schonen war und sie in dem Hauptbriefe zu kurz gekommen waren'. Der Brief beginnt (nach der korrigierten Adresse, s. 0.) mit der üblichen Danksagung, in der die Töne des ı. Briefs wiederklingen, die aber etwas feierlicher (anderseits minder persönlich) gehalten ist. Es ist, als ob sich Paulus, indem er diesen Brief beginnt, nicht in einen freien Gottesdienst, wie wir ihn aus Korinth kennen, sondern in eine Synagoge versetzt fühlt und als Liturge spricht: eYxarıcrein öseinomen — Aaensoi gleich im Eingang — xKaeWc ÄzIÖN ECTIN — YITIEPAYEÄNEI — maeonAzeı. Die Minorität steht in bezug auf Glaube, Liebe’ und Stand- haftigkeit in den Leiden in der Schätzung des Apostels hinter der Majorität nicht zurück. Das mußte zum Ausdruck kommen und auch das En Ymin EnKaYxAceal EN TAIC EKKAHCIAIC TO? eo? (v. 4, vgl.1, ı, 7—9). Was bei der gewöhnlichen Hypothese in bezug auf die Adressaten wie eine schwache und unnötige Wiederholung erscheint, erscheint bei der unsrigen als ein notwendiges Zeugnis’. ! Man könnte einwenden: darf man sich für irgendeine paulinische Gemeinde vor- stellen — sei es auch nur für ihre Anfangszeit —, daß sich in ihr Juden- und Heiden- christen nicht sofort zu einer gottesdienstlich, kirchlich und sozial geschlossenen Ge- meinde zusammengetan haben? Hierauf ist zu erwidern: das Umgekehrte ist für die Anfangszeit das allein Denkbare und Zutreffende. Überall, wo Christen aus den Heiden und aus den Juden in einer Stadt gewonnen waren — man erinnere sich an Galat. 2, ır ff. —, mußte eine Übergangszeit in bezug auf die Formen des gottesdienst- lichen, kirchlichen und sozialen Lebens eintreten. Paulus hat nicht verlangt und konnte es nach seinen Grundsätzen gar nicht verlangen, daß die geborenen Juden mit einem Schlage ihre ganze väterliche Sitte aufgaben und sich vorbehaltlos der heiden- christlichen Gemeinde einreihten. Es mußte zunächst genügen, daß sie die Heiden- christen als christliche Brüder anerkannten und in eine gewisse Gemeinsamkeit des Lebens mit ihnen traten. Die paulinischen Briefe sind freilich über diesen Punkt außerordentlich schweigsam; aber aus diesem Schweigen zu schließen, daß es in den paulinischen Gemeinden kein Problem und keine Entwicklung in bezug auf das ge- meinschaftliche Leben von Juden- und Heidenchristen gegeben hat, vielmehr die volle Einheit mit einem Schlage peremptorisch vom Apostel hergestellt worden sei, ist ganz verkehrt. Gewiß wird es der Apostel selbst noch in manchen Gemeinden erlebt haben, daß Juden- und Heidenchristen wirklich und restlos zusammengeschmolzen sind — der Epheserbrief‘ scheint mir in dieser Hinsicht bedeutungsvoll zu sein —, aber »ab initio sie non erat«. ®2 Die starke Konstatierung des ausnahmslosen rIneonAzein der Liebe (H ArATIH ENÖC EKACTOY TIÄNTW@N YMON eic AnAaHnoYrc) scheint auch bei einem kleinen Kreise von Adressaten besser gegen den Vorwurf der Übertreibung geschützt zu sein, als wenn die ganze Gemeinde die Adressatin sein soll. Doch will ich hierauf kein Gewicht legen, obschon auch das eic Anntnove statt eic TIÄNTAC zu denken gibt. ® Das stark betonte aYToYc HmAc (1,4) hat die Ausleger in Verlegenheit gesetzt. Kann es nicht unter Voraussetzung unserer Hypothese bedeuten: »sogar wir, nämlich die Heidenapostel, die sonst Judenchristen zu rühmen selten Gelegenheit haben«? Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 567 Alsbald wendet sich der Apostel (1, 5—ı0) »zu einer Belehrung über die Bedeutung der Leiden im Lichte des Vergeltungsgedankens« (Dogscnürz). Ist diese Darlegung an sich schon geborenen Juden ge- genüber besonders passend, so erhält sie einen spezifisch jüdischen Ton durch den »prophetisch-apokalyptischen Farbenauftrag« (Houtz- MANN), d.h. durch eine Kolorierung, die der ı. Brief vollkommen ver- missen läßt. Nicht erst in e. 2, sondern schon in e.ı ist deutlich, daß die Adressaten in einer apokalyptischen Welt leben und weben — in vollem Unterschied von der heidenchristlichen Hauptgemeinde, der sogar noch das Einfachste, die plötzliche Wiederkehr Christi und die von ihr geforderte Wachsamkeit, eingeschärft werden mußte. Diesen Adressaten aber soll mit dem Vergeltungsgedanken, dem Hinweis auf die AmokAnyYic TO? Kypiov ’IHcoF ÄTT OYPANO? MET’ ÄrTENWN AYNÄMEWC AYTOT en riypl enoröc und den Tag des Herrn nicht etwas Neues gesagt, sondern Trost in ihren Leiden gespendet werden. Fast allzu jüdisch klingen die Worte: Toic enigovcın YmAc eniYin Kal YMIN TOIc EenIBOMENOIC ÄNecın, SOWIE die anderen — als Trost gespendet! —: ofrınec AikHNn TIcoYcın Öneeron AIONION ATIO TIPOCWIIOY TO? KYPiov Kal AO TÄC AdEHc TÄC icxYoc AYToY, OTAN ENEH ENAOZACEÄNAI EN TOIC ÄFIOIC AYTOF KAl BAYMACEAÄNAI EN TIÄCIN TOIC miereycacın‘. Paulus ist hier bis zum äußersten den Stimmungen ent- gegengekommen, die in Judenchristen lebten, und hat einen förmlichen Cento alttestamentlicher Gerichtssprüche sub specie Christi zusammen- gestellt, wie er sich sonst nirgends in seinen Briefen findet und den man auch nicht öfters wiederholt sehen möchte: »tröstet euch in den Leiden; denn eure Bedränger werden die Rache Gottes reichlich er- fahren!« Dabei ist die ganze Periode in ihrer außerordentlichen Länge und Stilisierung so echt paulinisch, daß sie als Muster paulinischer Diktion bezeichnet werden kann. Läßt das erste Kapitel schon ahnen oder vielmehr deutlich er- kennen, daß die Adressaten in der messianischen Apokalyptik leben, so bringt das zweite den vollkommenen Beweis dafür. »Keine überspannte Erwartung« — das ist der Inhalt der Darlegung ce. 2, 1—ı2. Wenn sie v. 2 eingeleitet wird durch die Mahnung, sich nieht irre machen zu lassen MmATE AIÄ TINEYMATOC MÄTE AIA AörOY MÄTE Al ETIICTOAÄC Üc Al’ HMON”, wc OTI ENECTHKEN H HMEPA TOY KyYpiov, so mag Paulus an den Hauptbrief, der soeben abgegangen war, mit gedacht haben, aber mehr läßt sich * zunächst nicht sagen. Es kann sich auch so verhalten, daß Paulus, ! Man beachte das rrAcın. Der bisher so dunkle folgende Satz wird jetzt auch klar: Unser (des Heidenapostels) Zeugnis ist (uns) anvertraut worden in bezug auf euch (die geborenen Juden)! Das ist wirlich des Staunens wert! ® Ich beziehe &c Al Hmön mit Dosschürz auf alle drei vorher genannten Sub- stantiva. 568 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. ohne Bestimmtes zu wissen — aber wissend oder ahnend, daß man sich auf Worte von ihm beruft oder berufen wird —, jede Begrün- dung überspannter Erwartungen, die sich auf ihn bezogen, bestimmt abschneiden wollte, indem er sich diese Interpretation für alle seine Kundgebungen verbittet. Davon, daß Paulus wußte, daß unechte Worte oder Briefe von ihm in der Gemeinde umliefen, kann nach dem Wortlaut der Stelle keine Rede sein; aber wie vieles wird Paulus gesagt haben, was überspannten Erwartungen zur Unterlage dienen konnte! Auch noch in dem Hauptbrief, den er soeben geschrieben, hat er nicht umhin gekonnt, der Gemeinde die Plötzlichkeit des Tages Christi und die Wachsamkeit einzuschärfen. Auch das konnte benutzt werden! Unsere Hypothese aber, der 2. Brief sei an die judenchrist- liche Minorität in Thessalonich gerichtet, bleibt völlig unbetroffen, mag man nun a! µnäc auf den ı. Brief beziehen oder so allge- mein fassen wie AıA TIneYmatoc und AıA nörov. Dagegen ist die An- nahme nur scheinbar einleuchtend, die Ausführungen in c. 2 seien eine Folge jener Ausführung im ı. Brief, in der Paulus gesagt, der Herrntag komme wie ein Dieb in der Nacht, und zur Wachsamkeit ermahnt hat. Abgesehen davon, daß der ı. Brief selbst von xrönoı und «aıpoi spricht und damit den Herrntag in eine Mehrzahl von Er- eignissen einstellt, ist es eine recht unwahrscheinliche, grobe Annahme, daß die ganze Gemeinde durch die Ausführungen in I, 5, ı ff. in ihrer Stimmung völlig umgeschlagen sei. Das Aufregende, was jene Verse enthalten, ist in Wahrheit durch den Kontext für die Gemeinde selbst (der das Zeugnis erteilt wird, sie sei Licht und nicht Finsternis) so abgemildert, und der Schluß der Darlegung lautet so beruhigend', daß man schwer begreift, wie durch diese Ermahnung ein totaler Um- schlag — caneveAnaı Arıö To? noöc und eroeicea — erfolgen konnte. Bei unserer Hypothese ist alles klar: Die große Gemeinde stand allem Apokalyptischen ganz fern; eben deshalb bedurfte sie einer Belehrung über die entschlafenen Christen und mußte sogar noch auf das große Hauptstück der christlichen Eschatologie, den Tag des Herrn, hinge- wiesen werden. Die kleine judenchristliche Minorität dagegen lebte im Apokalyptischen; ihre überspannten Erwartungen, die zum Verlust der ruhigen Überlegung und zu Furcht und Schrecken zu führen “ drohten, mußten gedämpft werden. Nicht mehr sicher entscheiden läßt es sich, wie bemerkt, ob der Apostel von dem Hauptbriefe, der ja auch zur Kenntnis der Minorität kommen sollte, eine Steigerung jener Erwartungen befürchtete und ihr daher in weiser seelsorgerischer I], 5.11: AIö TIAPAKANEITE ÄNAHNOYC Kal olkoAoMeite EIC TÖN ENA, KABUC Kal TIOIEITE. Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 569 Voraussicht begegnen wollte, oder ob er ganz allgemein und ein für allemal erklärt hat, daß weder seine pneumatischen Worte noch seine Lehrdarlegungen noch seine Briefe zur Unterlage für überspannte Er- wartungen gemacht werden dürfen (doch s. u. zu 2,15). Die Ausführung in e. 2, 3—ı2 hat die ganze jüdische Apoka- lyptik zu ihrem Hintergrund. Es braucht hier auf sie nicht näher eingegangen zu werden. Darauf aber ist sehr bestimmt der Finger zu legen, daß dieser Abschnitt nur für »Kenner« geschrieben ist, d.h. für Leute, denen der große Zusammenhang, aus dem er stammt, be- kannt war. So heißt es ja auch v. 5: oY mnHmoneYerte OTI €rı @N TIPÖC YMmAC TAFTA ©neron YMiN: KAl NIN TO KATEXoN OlaArte. Ist es wahrschein- lich, daß dieselben Leute, die noch der Erinnerung daran bedurften, daß der Tag des Herrn unerwartet komme, in diese ganze Apokalyptik eingeweiht waren, in ihr lebten und durch sie in Gefahr standen, ihre ruhige Überlegung zu verlieren? Müssen es nicht andere Kreise sein, denen I, 5, ıff. und II, 2,1ı—ı2 galt? Läßt sich der schnelle Übergang aus der einen in die andere innere Situation wirklich be- greiflich machen? Selbst wenn der Apostel auch zu den Heiden- christen von dem Antichrist im Tempel. von dem «Atexwn usw. ge- sprochen hat — wie denkt man sich die Apperzeptionsfähigkeit grie- chischer Kleinbürger, die noch eben trotz aller eschatologischer Unter- weisung der elementarsten Belehrung in bezug auf das Ende bedurften und nun, in Schrecken gesetzt, mit den sublimsten Zukunftserwägun- gen beruhigt werden? Möglich ist das ja, aber wahrscheinlich ist es nicht. Viel wahrscheinlicher ist, daß in II, 2 ein anderer Kreis von Adressaten vorausgesetzt ist als in I, 4.5. Der kleine Abschnitt 2,13 — 17, der in seinem Eingang 1,3 wieder aufnimmt, steht noch immer unter dem Zweck, die aufgeregte juden- christliche Gruppe vor dem caneveAnaı Arıö ToY noöc und dem eroeiceaı zu bewahren. Es geschieht das, indem der Apostel sie an die Sicher- heit ihres Heilsstandes erinnert. Er redet sie dabei in deutlicher Be- ziehung auf Deuter. 33, 12 als Aaeneol Äirarmnmenoı Yrıö Kypioy an. Wenn er aber sagt: »Wir müssen Gott allezeit danken«, OrTı einato YmAc d seöc ATTAPXHN EIC CWTHPIAN .. . EIC Ö KAl EKÄnecen YMAC AIA TOY EYarrenioY HMON, so sind die Adressaten hier als Erstbekehrte bezeichnet, d.h. als die Erstbekehrten des Apostels in Thessalonich; denn die ganze Christenheit daselbst konnte in keinem Sinn als amapxf bezeichnet werden. Damit ist die wahre Adresse un- seres Briefs (die wenigen Juden, die zuerst in der Stadt be- kehrt worden sind) aus dem Briefe selbst gewonnen. Die nähere Begründung dieser Beobachtung siehe in Exkurs I. Die Frucht der Erwählung und Berufung wird mit einem Ausdruck aus der messia- 570 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. nischen Gedankenwelt bezeichnet: rrerımoikcic AÖzHc TO? Kyploy Hmon IHco? Xrıcro?. Die nun folgende Mahnung blickt auf 2, 2 zurück. Dort hieß es, die Leser sollten sich nicht erschrecken lassen AıA tIneYmaToc Ä Alk rnöroy A Al ErmctoaAc wc Al Hmön, hier heißt es umgekehrt, sie sollen die maraaöceıc festhalten, Ac EaıaAxeHTe EITE AIÄ nöroY Elite Al EmicTonAc Hmön. Auch hier kann man nicht zur vollen Sicherheit kommen, was unter dem Brief gemeint ist — nur das ist hier sicher, daß kein hypothetischer Brief verstanden werden kann. Am nächsten liegt es gewiß, an den gleichzeitig abgesandten ersten Brief zu denken, der den Adressaten zur Kenntnis kommen sollte und der zahlreiche Er- mahnungen, Anweisungen und Lehren enthielt. Daß für diese der Ausdruck rmaraadceıc Ac EaiaAxeHte gebraucht wird, ist gegenüber den judenchristlichen Adressaten besonders passend‘. Doch ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß der Apostel den vorliegenden Brief selbst meint. Der Abschnitt schließt mit einer Fürbitte — ganz wie I, 3, ı ıff. —, die den Schluß des Briefs anzuzeigen scheint, aber es folgt in e. 3, ıf. — ganz wie I, 4, ıff. — noch ein neuer, mit TO noımön eingeführter Abschnitt. Man sieht, daß Paulus den eben niedergeschriebenen ı. Brief noch in festem Gedächtnis hat und sich seinem Aufbau in dem neuen Briefe anpaßt, so daß er dem Hauptbrief mit Absicht mög- lichst gleichgestaltet ist. Zunächst aber erfolgt — darauf ist man nicht gefaßt, zumal da 3, 3—5 fast zu einer Dublette zu 2, ı6. 17 wird — die Aufforderung an die Leser zur Fürbitte für die Ausbreitung des Evangeliums und für den Apostel sowie die eigene Fürbitte. In jener Aufforderung” ist es charakteristisch, daß nur an die Hemmung ge- dacht wird, welche die Juden dem Apostel bereiten; denn daß der ungewöhnliche, vielleicht auf 1. Makk. 14, 14 zurückblickende Ausdruck — er ist wiederum alttestamentlich (Jes. 25,4) gefärbt — : Ina Pyrce@men ATIO TON ÄTÖTI@N KAl TIONHPÖN AN@POTION nur auf diese geht, wird mit Recht von den besten Auslegern behauptet. Auch der resignierte Satz: oY TÄnT®Nn H micric hätte sich dem Apostel schwerlich entrungen, wenn er statt an die Juden an die Heiden hier gedacht hätte. Alttestament- lich ist auch noch v. 5: 5 KYPıoc KaTeyeYnaı YM@Nn TÄC KAPAIAC. ! Ist 2,15 die Beziehung auf den r. Brief überwiegend wahrscheinlich, so ist sie auch bei 2, 2 anzunehmen. Da Paulus im r. Brief ausdrücklich anweist, ihn auch der judenchristlichen Minorität mitzuteilen, so kann es nicht auffallen, daß er sich in dem Briefe an sie auf das Hauptschreiben bezieht. ® Man beachte die beiden ATlichen Bilder: ina 5 Aöroc ToY KYPloy TPEXH Kal AOEZÄZHTAI. ® Nahe liegt die Vermutung, daß in dem Abschnitt 2, 16—3,5 Erhebliches ge- striehen worden ist. Die Dubletten 2, 16. 17 und 3, 3—5 folgen sich zu rasch; aber näher vermag ich diese Vermutung nicht zu begründen. Harsack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 571 Nach diesem Zwischenstück folgen nun als zweites Hauptstück des Briefs auf die Disziplin bezügliche Anordnungen (3, 6—16) oder vielmehr: es handelt sich um eine einzige Gefahr, die in nachdrück- licher apostolischer Sprache aufgedeckt und bekämpft wird. Die Ver- wandtschaft mit I, 4, ı1.ı2 und 5,14 ist ‘deutlich, aber mit der An- nahme einer verschärften Wiederholung gerät man in Verlegenheit. Mit Recht sagt Dosgscnhürz: »Unklar ist, was zu dieser verschärften Wiederholung geführt hat. Die Exegese erklärt meist unter der Vor- aussetzung, daß die im ı. Brief gegeißelten Mißstände [der Ausdruck ist viel zu stark] schlimmer geworden seien; das ist freilich nirgends angedeutet, wie denn überhaupt mit keinem Wort auf den ı. Brief, sondern nur auf frühere mündliche Belehrung hingewiesen wird; andere nehmen den »Kirchenzuchts«ton hier als Zeichen der Unecht- heit, der Abfassung in viel späterer Zeit mit entwickelter Diziplin. Ebensowenig ist eine Verbindung dieser Unordnungen mit der Parusie- Erwartung angedeutet, so daß man sie von der gemeinen Vis inertiae im Menschen erklären könnte, während die meisten annehmen, die gesteigerte Erregung habe die sittlichen Mißstände verschlimmert. Dieser Einfluß der eschatologischen Stimmung auf das sittliche Ver- halten ist aber hier ebenso wie im ı. Brief aus der Verbindung, in der beide Motive beide Male vorkommen, zu erschließen. « Die wesentliche Schwierigkeit scheint gehoben zu sein, sobald man annimmt, daß die Gefahr eines mehr oder weniger frommen Müßiggangs im heidenchristlichen Teile der Gemeinde zwar vorhanden, aber für ihn doch nicht charakteristisch war, während sie in der kleinen judenchristlichen Gruppe bedeutend stärker um sich gegriffen hatte. Dabei ist die Entscheidung, ob sie mit der eschatologischen Stimmung zusammenhing oder nicht — es liegt nicht so nahe, die Frage zu bejahen —, für unsere Zwecke belanglos. Es genügt zu konstatieren, daß an diesem Punkte ein starker gradueller Unterschied zwischen den beiden Teilen der Christenheit in Thessalonich bestand. Das Akovomen in v. ıı erledigt sich bei dieser Unterscheidung auch in der einfachsten Weise: nicht um eine neue Kunde handelt es sich, die der Apostel aus Thessalonich zwischen der Abfassung des ı. und 2. Briefs erhalten hat, sondern die Nachricht gehört zu den anderen, die ihm vor Abfassung beider Briefe zugekommen sind. Indem Paulus aber den verderblichen Müßiggang bekämpft, dem er einst in mündlicher Rede schon vor- gebaut hatte (v. 6 u. 10), verweist er erstlich wieder auf die Para- dosis, die sie empfangen haben (v. 6), sodann (v. 7ff.) mit Selbst- bewußtsein auf sein eigenes Vorbild (wie im ı. Brief), drittens unter ausdrücklicher Anrufung der Autorität Jesu Christi indirekt (v. 8. 10 und 12) auf Genes. 3,19. Jeder Judenchrist mußte sich bei den ab} | 12 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. Worten: ei TIc oY e&neı EprAzecaAl, MHAC EceieTw UMÄ EPFAZÖMENOI TON EAYTÖN ÄPToN Eceiwcın, ohne weiteres an diese Stelle erinnert fühlen; ob auch der Heidenchrist, das darf man wohl fragen. So stark aber hat sich das Übel schon eingenistet, daß der Apostel die Möglichkeit ins Auge faßt, die Müßiggänger würden der Mahnung kein Gehör schenken (6 nöroc Hm@n AA TÄc ErmicronAc ist natürlich der vorliegende Brief selbst). In diesem Falle ordnet er Kündigung des Verkehrs gegen- über dem Widerspenstigen an (v. 14); indessen habe derselbe noch immer als Bruder zu gelten, der durch fortgesetzte Ermahnungen ge- bessert werden soll (v. 15). Das kleine Rätsel, welches über dem 17. Vers schwebt (‘O Acrrac- Mmöc TH EMA xeıpi TTaynoY, 6 EcTIN CHMEION EN TIÄCH EmtIcTonÄ' oYTWc TPAeW), bleibt im schlimmsten Falle dasselbe, ob man nun unsere Hypothese zugrunde legt oder der Annahme folgt, beide Briefe hätten eine iden- tische Adresse. Doch löst sich das Rätsel meines Erachtens viel leichter, wenn Paulus gleichzeitig zwei Briefe in dieselbe Stadt abgehen ließ; da lag die Möglichkeit nahe, die Echtheit des einen zu bestreiten (siehe unten). Wir haben die Analyse des 2. Briefs unter der Voraussetzung der besonderen Adresse an die Judenchristen in Thessalonich und der wesentlichen Gleichzeitigkeit mit dem 1. Brief vollendet und im einzelnen schlechterdings nichts gefunden, was diese Voraussetzung zu wider- legen geeignet ist, vielmehr schien alles für diese Hypothese zu sprechen; nur die überlieferte Adresse bedurfte einer kleinen Korrektur, die rich- tige Adresse fanden wir in 2, ı3. Aber auch an der Adresse des Epheserbriefs ist korrigiert worden, und daß die des Hebräerbriefs ganz weggefallen ist, ist eine fast unvermeidliche Annahme. Gibt es nun wirklich keine Einwürfe gegen die vorgeschlagene Hypothese? Gewiß kann man allerlei einwenden: Der judenchristliche Charakter eines Teils der Christenheit in T'hessalonich und seine eigen- tümliche Selbständigkeit müsste mit dürren Worten angegeben sein, hier dagegen könne er im besten Falle nur erschlossen werden; für das schwierige Verhältnis der beiden Teile der Gemeinde seien spezielle An- weisungen im Briefe zu erwarten; Eigentümlichkeiten des Judenchristen- tums müßten noch schärfer hervortreten ; alle von WREDE nachgewiesenen Eigentümlichkeiten in dem Abhängigkeitsverhältnis des 2. Briefs von dem ı. seien auch durch die neue Hypothese nicht zu erklären, usw. Ich ent- ziehe mich dem Eindruck dieser Erwägungen nicht', aber wenn es ge- wiß ist, daß der 2. Thessalonicherbrief nichts Unpaulinisches enthält, daß ! Dagegen fällt meines Erachtens der Einwurf, Paulus könne nicht gleichzeitig 1, 5. ı ff. und II, 2, ı ff. geschrieben haben, nicht ins Gewicht. Die beiden Stellen wider- sprechen sich keineswegs, zumal wenn sie an verschiedene Gruppen gerichtet sind. =) Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. BYE) aber anderseits seine Echtheit nur gehalten werden kann, wenn er zeit- lich ganz oder fast mit dem 1. zusammenfällt, so ist der einzige Ausweg der, daß er innerhalb der Christenheit Thessalonichs eine andre Adresse hat als der erste. Will man diese Adresse aus irgendwelchen Gründen als judenchristliche nicht gelten lassen, so mag man ohne nähere Be- stimmung an eine ExKkaHcia KAT oiklan in Thessalonich denken; aber es scheint mir, daß dabei wesentliche Züge des Briefs verwischt werden. Erhebt sich nun bei der Annahme, der 2. Brief sei an einen Teil der Christenheit in Thessalonich gerichtet', auch nicht eine einzige positive Schwierigkeit aus dem Wortlaute des Briefs selbst, so dürfen Er- wägungen darüber, was passenderweise in einem solchen Briefe stehen müßte, nicht ins Gewicht fallen. Man darf doch nicht vergessen, daß den Adressaten das meiste von dem bekannt war, was wir vermissen, das manches dem mündlichen Wort des Überbringers des Briefs vor- behalten sein konnte, daß die inneren und äußeren Beziehungen des jJuden- und heidenchristlichen Teils der Gemeinde zur Zeit auf einen Beharrungspunkt gekommen sein konnten, der jede Besprechung un- nötig oder unratsam machte, und daß endlich das, was wir zu hören wünschen bzw. fordern, aus einer sehr unvollkommenen Kenntnis der Verhältnisse stammt’. Ich glaube daher, die hier vorgeschlagene und durchgeführte Hypothese für wohlbegründet halten zu dürfen, wenn ihr auch ein schlagendes äußeres Zeugnis fehlt’, ja es ist mir sogar nicht unwahrscheinlich, daß Wrepe seine Kritik der Echtheit des Briefs revidiert hätte, wenn er auf die Möglichkeit einer verschiedenen Adresse des ı. und 2. Briefs innerhalb der Gemeinde von Thessalonich aufmerk- sam geworden wäre. Ist aber die Hypothese beifallswert, so erhalten wir über das Verhältnis von Judenchristen und Heidenchristen in den pauli- ! Daß der Brief an eine ganz andre Gemeinde, etwa an die von Beröa gerichtet sei, ist eine undurchführbare Annahme, wie nicht erst gezeigt zu werden braucht. Auch wäre in diesem Falle nicht abzusehen, warum man die richtige Adresse korrigiert hat. ®2 Daß nicht alle von WrREDE nachgewiesenen Eigentümlichkeiten des Abhängig- keitsverhältnisses des 2. Briefs vom 1. durch die neue Hypothese ihre Erklärung er- halten, ist zuzugestehen; aber jeder kann sich leicht überzeugen, daß die Haupt- schwierigkeiten erledigt sind, wenn der 2. Brief dem r. auf dem Fuße gefolgt ist und wenn Paulus nicht nur unwillkürlich, sondern auch absichtlich — wie wohl verständ- lich — jenen Brief diesem möglichst gleich gestaltet hat. Übrigens hat Wreve in der Art, wie er den 2. Brief aus dem ı. abgeleitet hat, auch des Guten zuviel getan. ® Aber ATIAPXH c. 2, 13 scheint mir ein einem äußeren gleichwertiges Zeugnis zu sein, und auch die einzigartige alttestamentliche Färbung sowie die Tatsache, daß sich nur in unserem Briefe unter allen paulinischen Schreiben eine so ausführliche jüdisch-apokalyptische Darlegung findet, wie c. 2, 1—I2, kommen einem äußeren Be- weise nahezu gleich. Man hat früher ein wichtiges Argument gegen die Echtheit des Briefs in dieser Diatribe gesehen; nun erklärt sich auch diese Singularität aus der Singularität unseres Schreibens als eines Paulusbriefs ausschließlich an Christen aus den Juden. Sitzungsberichte 1910. 5l 574 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. nischen Gemeinden, über die Stellung des Apostels zu jenen und über verwandte Fragen der Missionsgeschichte neue direkte und indirekte Aufschlüsse. Wir lernen ferner im 2. Thessalonicherbrief eine Urkunde schätzen, die nicht mehr als seltsam gefärbte und schwer begreifliche Wiederholung des ı. Briefs erscheint und daher (außer e. 2, 1—12) nur geringe Beachtung verdient, sondern die als paulinisches Schreiben an eine judenchristliche Minorität ihren selbständigen und einzigartigen geschichtlichen Wert besitzt. Mit einem Schlage erhält der 2. Thes- salonicherbrief, wenn man ihm als Adresse die ExkaHcia OeccAnonik&wn TON Ex TAc rrerıromAc (oder ähnlich) vorsetzt', seine bisher verkannte Hy- postasie zurück und reiht sich den andern paulinischen Gemeindebriefen würdig an, denen er zwar nicht an lehrhaftem und spekulativem Ge- halt, wohl aber als geschichtliche Urkunde —- Paulus und das Juden- christentum in seinen eigenen Gemeinden! — gleichkommt. Die Andeu- tungen, die in diesem Sinne in der vorstehenden Abhandlung gegeben sind, müssen nun ausgeführt und in einen größeren geschichtlichen Zu- sammenhang gestellt werden. Ist es doch der einzige Fall, der uns lehrt, wie sich Paulus als apostolischer Seelsorger verhalten hat, wo in einer Gemeinde Judenchristen neben Heidenchristen, noch nicht ver- schmolzen, nebeneinander gestanden haben’. Zum Schluß bin ich dem Andenken Wreoes eine dankbare Er- klärung schuldig. Wenn er nicht seine Untersuchung über den 2. Thes- salonicherbrief geschrieben hätte, wäre die meinige nie verfaßt worden. Er hat, tiefer als irgendein Gelehrter vor ihm in das Verhältnis des 2. Briefs zum ı. eindringend, mit unvergleichlichem Scharfsinn und siegreich gezeigt, daß die Echtheit des 2. Briefs nicht (oder doch kaum mehr) gehalten werden kann, wenn er einige Monate nach dem ı. an dieselbe Gemeinde geschrieben sein soll, vielmehr setze die Abfassung durch Paulus voraus, daß der Brief geschrieben sein muß, als Paulus ! Daß der Brief bereits nach wenigen Jahrzehnten einfach als zweites Schreiben an die Thessalonicher bezeichnet worden ist (weil es keine Judenchristen mehr gab), ist nicht auffallend und bedarf keiner Erklärung. Die an der Adresse vorzunehmende Änderung war ja ganz gering. ® Wie Wichtiges läßt sich bereits der Tatsache entnehmen, daß Paulus es für nötig erachtet hat, einen wesentlichen Teil des ı. Briefs für die judenchristliche Mino- rität einfach zu wiederholen, obgleich auch sie diesen Brief lesen sollte! Es folet hieraus sofort, daß jene Minorität mindestens nicht regelmäßig der heidenchristli- chen Gemeindeversammlung beiwohnte, daß sie vielmehr ihre eigene Versammlung und sozusagen ihr eigenes »Archiv« hatte. Da ferner Paulus die umgekehrte Weisung nicht erteilt, die Majorität solle auch den an die Judenchristen gerichteten Brief lesen, so ergibt sich, daß der Apostel das Besondere, was er diesen zu sagen hatte, für die Majorität nicht für geeignet hielt. Das ist wohl begreiflich: das religiöse und ge- schichtliche Verständnis der Judenchristen reichte weiter als das der Heidenchristen (II, 2, 1—ı12). Umgekehrt erscheint doch die heidenchristliche Gemeinde als die Ge- meinde von Thessalonich und die judenchristliche Minorität als ihr Annex. Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. 575 noch sozusagen in den unmittelbaren Nachwehen der Produktion des ı. Briefs stand; da aber eine solche Dittographie vollends unglaublich sei, bleibe nur das Urteil auf Unechtheit übrig. Diese Darlegung war überzeugend; aber überzeugend war und blieb auch anderseits der Eindruck von der Unerfindbarkeit und Echtheit des Briefs (keine An- stöße, sobald man den ı. Brief wegdenkt), und sie wurde durch die Tatsache gesteigert, daß es auch dem Scharfsinn Wreves nicht ge- lungen war, die Absicht und den Zweck der Fälschung, sei es auch den bescheidensten Ansprüchen gegenüber, begreiflich zu machen. Hier war also ein vollkommener Widerspruch gegeben; aber eben deshalb, weil der Widerspruch ein vollkommener war, mußte eine ganz neue Lösung gesucht, d. h. es mußte die bisherige selbstverständliche Grund- lage der Kritik in Zweifel gezogen werden, daß der ı. und 2. Brief an dieselbe Adresse gerichtet seien. Sobald man nun beachtete, daß die Christenheit in Thessalonich aus einer kleinen jüdischen Minorität und einer größeren Anzahl von Heidenchristen (nach der Apostelgesch.) bestand, daß der 2. Brief im Unterschied vom 1. ein sehr starkes alt- testamentlich-jüdisch-apokalyptisches Gepräge aufweist, und daß Paulus unmöglich derselben Gemeinde das Gesagte in ganz anderer Klang- farbe sofort wiederholen, aber noch weniger Widersprechendes schreiben konnte, war die Lösung gegeben: der Brief stammt von Paulus, ist wesentlich gleichzeitig mit dem ı. (jedoch nach ihm) verfaßt und durch denselben Boten (oder durch einen, der diesem auf dem Fuße folgte) überbracht worden, aber er galt nicht der Gesamtgemeinde in Thessalonich, sondern ihrem judenchristlichen Bestandteile, der Anarx# Ton Oeccanonikeun, die auch in dem Briefe selbst genannt ist. Exkurs I (zu I. Thess. 2, 13f.). "Hmeic AE& ÖBelnomen EYXAPICTEIN TO Bew TIEPI YMON, AAEAGOl FÄFATIH- MENOI YTIO KYPIOY, OTI EINATO YMAC Ö BEÖC AÄTTAPXHN EIC CWTHPIAN ... eic Ö KAI EKANnEcEN YMÄC AIA TOY EYArTEenioY HMÜN. Arrapx#An ist nach BGP und anderen gewichtigen Zeugen mit Lac#- MANN, B. Weiss (Westcorr-Horr in marg.) zu lesen; denn es ist die schwierigere LA; Ar ArxAc dafür einzusetzen (die Vertauschung findet sich auch sonst) lag hier besonders nahe, da ArrarxAn nicht leicht zu verstehen war und Ar ApxAc neben einato gefordert schien. Daß Arıarxin gelehrte Konjektur sei (Dogscnürz), leuchtet gar nicht ein; BORNEMANN verwirft es, »weil der geschichtliche Tatbestand diese LA auszu- schließen scheint«. Eine lehrreiche Bemerkung, von der unten Ge- brauch gemacht werden wird. Wrepe ist merkwürdigerweise hier ganz schweigsam gewesen. 51* 576 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. Mit 2,13 kehrt Paulus wieder zum Anfang des Briefes zurück (1, 3: eYxAaPıcTein öselaomen KTA.) und beginnt ihn gleichsam von neuem. Er redet daher auch die Adressaten aufs neue an. In solchen Fällen stellt sich leicht eine Bemerkung über ihren Zustand oder eine ge- schiehtliche, sie betreffende Charakteristik ein. Das letztere ist hier geschehen: »Gott hat euch als die Ersten zum Heil erwählt.« Wie überall bei Paulus ist Amarx# als Bezeichnung von Personen rein zeit- lich zu verstehen. Röm. 16, 5 heißt Epänetus Amarxk TAc Aclac eic Xrıctön, 1. Kor. 16, 15 heißt das Haus des Stephanas Armapxh TAc Axalac, I. Kor. 15, 10. 23 wird Christus Arapx# der Entschlafenen genannt. Also ist unsre Stelle zu paraphrasieren: »Gott hat euch als die Ersten, d.h. früher als die anderen, zum Heil sich erwählt, wozu er (eic ö partikelartig, s. Brass) euch auch durch unser Evangelium berufen hat.« Bei den Worten einaro AraprxAn hat Paulus schon an das folgende EXA- necen gedacht, zu welchem ArarxAn eigentlich gehört. Aber inwiefern konnte Paulus sagen, seine Adressaten seien die Erstbekehrten? Die Christen in Thessalonich in ihrer Gesamtheit waren das nicht, auch wenn man nur an Europa denkt, denn die Mission in Philippi war vorangegangen. Daher bemerkte Borsemann, der geschichtliche Tatbestand schließe die LA Ararx#n aus» und Dos- SCHÜTZ ruft ahnungsvoll, aber ablehnend — aus: »Als ob YmAc nur die Erstbekehrten in Thessalonich, nicht die Gesamtgemeinde wären!« Nun aber hat sich aus einer Reihe von Erwägungen er- geben, daß der 2. Brief nicht an die Gesamtgemeinde Thessalonichs gerichtet sein kann. Unsere Stelle aber — ihre Bedeutung habe ich erst erkannt, als ich die neue Hypothese längst ohne sie gewonnen hatte — fordert geradezu die Spezialisierung der Arırx# auf einen bestimmten Kreis in Thessalonich; denn die Beziehung auf die Ge- samtgemeinde ist unmöglich‘. Der zu supplierende Genitiv Tün Oec- canonikeon (wie TAc Aciac, TAc Axalac usw.) brauchte hier nicht zu stehen, weil er sich ganz von selbst ergab. Unser Brief sagt mit- hin selbst, daß er nicht an die ganze Christenheit in Thessa- lonieh, sondern an die Erstbekehrten daselbst gerichtet sei, und daß das Judenchristen waren, ergibt sich sowohl aus dem Gang der Mission in der Stadt als auch aus der Klang- farbe des Briefes. Also enthält unser Brief doch noch jetzt an versteckter Stelle die wirkliche Adresse. Die beiden Briefe bieten somit drei Stellen, die ! Sehr wichtig ist es auch, die genaue Parallelstelle im ersten Brief (1,4) zu vergleichen. Hier steht Exnor# Ymön, dafür hat Paulus im 2. Brief absichtlich ATAPXH eingesetzt. Also sind die Adressaten des ersten Briefs nicht »die Erst- bekehrten« wie die des zweiten! Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs. DTM darauf hindeuten, daß die Christenheit in Thessalonich noch keine organische Einheit gewesen ist, als Paulus sie verfaßte, sondern noch in zwei Gruppen getrennt war, die zwar im Glauben auf einem ge- meinsamen Boden standen, aber keine enge Fühlung untereinander besaßen und von Unbrüderlichkeit und Mißtrauen gegeneinander nicht frei waren. Die erste Stelle steht I, 5, 27. Aus ihr geht hervor (vgl. B. Weıss), daß Paulus Grund zu dem Verdachte hatte, daß sein Brief nicht allen bekanntgegeben würde, d.h. also: es war eine Gruppe vorhanden, der gegenüber die große Gemeinde es an Brüderlichkeit fehlen ließ und mit der sie nicht alles teilte, weil sie sich nicht als volle Einheit mit ihr fühlte. Die zweite Stelle ist die unsrige; sie determiniert jene Gruppe als die der Erstbekehrten in der Stadt, und daß diese geborene Juden gewesen sein müssen, ergibt sich aus der Missionsgeschichte, aus der Haltung des 2. Briefs und aus der Er- wägung, daß eine andere Scheidewand zwischen den Erstbekehrten und den Späterbekehrten als die Nationalität unerfindlich ist. Diese Gruppe bedeutete in zeitlichem Sinne für Thessalonich, was das Haus des Stephanas für Korinth bedeutete; aber ihr wirkliches Verhältnis zur Gemeinde war ein ganz anderes; denn als Gruppe geborener Juden stand sie neben der Gemeinde, und auch das Verhältnis des Apostels zu ihr war nicht so herzlich wie zur Hauptgemeinde. Die dritte Stelle ist II, 3, 17; sie muß mit I, 5, 27 zusammengehalten werden: die heiden- christliche Gemeinde mußte ermahnt werden, auch den Judenchristen den Hauptbrief mitzuteilen, und diese werden — so vermutet Paulus — jenen gegenüber mißtrauisch sein, ob das wirklich vom Apostel stammt, was ihnen als apostolisch mitgeteilt wird. Merkwürdige Span- nungen, die aber doch nicht unverständlich sind, wenn man sich er- innert, wie das Verhältnis von Juden und Heiden in den Griechen- städten war, und wenn man erwägt, wie unwahrscheinlich die Vor- stellung ist, der christliche Glaube habe überall mit einem Schlage alle Spannungen und alles Mißtrauen zwischen den alten Gegnern zu beseitigen vermocht! Exkurs Il. Ich habe es in der Untersuchung offen lassen müssen, ob der 2. Brief zusammen mit dem ı. durch denselben Boten nach Thessa- lonich gesandt oder ob er ihm nach kürzester Zeit gefolgt ist. Auch beim Abschluß der Untersuchung vermag ich eine sichere Entschei- dung nicht zu geben, neige mich aber der letzteren Annahme zu. Es spielt hier das Problem der Stellen des 2. Briefes hinein, in denen Briefe erwähnt werden; auch über dieses Problem vermag man nicht 578 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 16. Juni 1910. ganz ins klare zu kommen. Es läßt sich folgender Gang der Dinge denken: Paulus schrieb den ı. Brief, ordnete in ihm an, daß auch die judenchristliche Minorität ihn lesen sollte und sandte ihn ab. Wenige Tage darauf sandte er dem ı. einen besonderen Brief an die Minorität nach auf Grund der Erwägungen, daß der ı. Brief der Mi- norität nicht gerecht geworden sei, daß sie die Ehre eines besonderen Schreibens verdiene und eine besondere seelsorgerische Zusprache nötig habe, wohl auch, daß der ı. Brief sie durch eine Stelle beunruhigen könne. Er faßte den Brief dabei absichtlich so ab, daß er mutatis mutandis als ein Parallelschreiben zum ersten erschien, den er bereits als der Minorität bekannt voraussetzt und durch solche Voraussetzung beglaubigt. Dennoch hielt er es am Schlusse des Schreibens nicht für überflüssig, etwaigem Mißtrauen durch die Bemerkung über die Unter- schrift seiner Briefe zu begegnen. So erhält man ein glaubhaftes Bild vom Gange der Dinge; aber dieser Gang kann auch ein etwas anderer gewesen sein: Paulus kann beide Briefe gleichzeitig abgesandt und dabei vorausgesetzt haben, die Minorität werde den für sie be- stimmten Brief erst nach Kenntnisnahme des ersten erhalten und lesen. Die hier übrig bleibende Unsicherheit vermag jedoch die Erkenntnis nicht zu trüben, daß die beiden Briefe verschiedene Adressen haben. Il. SchÄrer und H. Junker: Bericht über die Nubien-Expedition. 579 Bericht über die von der Königlichen Akademie der Wissenschaften in den Wintern 1908/09 und 1909/10 nach Nubien entsendete Expedition. Erstattet von den HH. H. Scuärer und H. Junker. (Vorgelegt von Hrn. Ervan am 12. Mai 1910 [s. oben S. 525].) Diovch die Erhöhung des Staudammes bei Assuan um 7 m, mit deren Ausführung in den letzten Jahren begonnen ist, werden weite Strecken des nördlichen Nubiens einen großen Teil des Jahres hindurch unter Wasser gesetzt werden. Von den zahlreichen Tempeln dieser Gegend werden viele, die bisher noch nie vom Wasser erreicht wurden, bei dem höchsten Stande der Stauung mehrere Meter tief im Wasser stehen, z. B. der große Tempel von Kaläbsche etwa 3, der von Dakke etwa 2 m. Vor allem werden die Tempelanlagen auf der Insel Philä, von denen jetzt schon bei Hochwasser nur die Säulenhalle des großen Tempels nicht von stehendem Wasser bedeckt ist, bis unmittelbar unter die Kapitelle vom Wasser bespült werden. Wie man auch über die Maßregeln denken mag, durch die man versucht hat, die Gebäude als solche widerstandsfähig gegen die Fluten zu machen, so ist doch sicher, daß die Inschriften und Darstellungen, mit denen ihre Wände bedeckt sind, dem Verderben geweiht sind. Man bemerkt heute schon, wie die Oberfläche der Mauern am Fuße des großen Tempels von Philä an einigen Stellen mürbe wird und wie z.B. an der Rückwand der großen südlichen Kolonnade sich große Stücke loslösen. Diese inhaltlich wertvollen Urkunden der Wissenschaft zu retten, dazu wollte die Königliche Akademie der Wissenschaften zu ihrem Teile beitragen durch die Expedition, die sie in den Wintern 1908/09 und 1909/10 nach dem nördlichen Nubien entsandt hat. Das Unternehmen wurde dadurch ermöglicht, daß die Königliche Staatsregierung und der Preußische Landtag besondere Mittel bewilligten. Unter Oberleitung des Hrn. Ermax wurde es vorbereitet und im ersten 550 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. Arbeitsjahre geführt von Hrn. H. Schärer, im zweiten geleitet und abgeschlossen von Hrn. H. Junker. Die Weisungen, die den Expeditionsleitern übergeben wurden, bestimmten die Ziele folgendermaßen: »a) Die Gewinnung von mechanischen Abbildern sowie von Abschriften oder Zeichnungen der Inschriften des unteren Nubiens, vor allem derer, die durch die Erhöhung des Staudammes bei Assuan in ihrer Erhaltung oder in ihrer. Erreichbarkeit gefährdet erscheinen. Und zwar sind in erster Linie die hieroglyphischen Inschriften der griechisch-römischen Zeit zu sichern. Die übrigen hieroglyphischen, die hie- ratischen, demotischen, koptischen, griechischen und sonstigen Inschriften sind erst zu berücksichtigen, wenn anzunehmen ist, daß durch den Aufwand an Zeit und Geld nicht die Hauptaufgabe geschädigt wird. b) Die Gewinnung von treuen Kopien der altnubischen Sprachdenk- mäler. Doch darf dabei über die Südgrenze des zweiten Katarakts durch Reisen erst hinausgegriffen werden, wenn alle anderen unter a genannten Ziele der Expedition erledigt sind. Dagegen ist das Studium der Sprache und der Sitten der heutigen Barabra von Anfang an eine der Aufgaben der Expedition, soweit dadurch die Erreichung der Hauptziele nicht beeinträchtigt wird. « Der folgende Bericht zeigt, wie weit die gesteckten Ziele erreicht worden sind. A. Verlauf der Expedition. Im Sommer 1908 traf die Expedition, die aus den HH. Scnärer und Junker sowie dem Photographen Hrn. F. Koch bestand, am 22. August in Kairo ein, wo eine Woche mit der Abfertigung des Gepäckes verging. Am ı. September war man in Assuan, aber erst am 5. September konnte die Expedition nach der Insel Philä, ihrem ersten und wichtigsten Arbeitsplatz, übersiedeln. Einige Tage kosteten dann noch die recht umständlichen Einrichtungsarbeiten. Am 16. Dezember, nach hunderttägiger Arbeit, mußte die Insel verlassen werden, nachdem schon einige Zeit vorher das bereitliegende Hausboot (Dahabije) hatte bezogen werden müssen, da infolge der einsetzenden Stauung das Wasser außerordentlich schnell stieg. An dem genannten Tage wurde die Fahrt nach Süden ange- treten mit der Dahabije und zwei Lastbooten. Diese Fahrt sollte vor allem dazu dienen, einen genauen Überblick über das Arbeitsfeld des nächsten Jahres zu gewinnen. Die Lastboote, die die eingeborenen Arbeiter und das große Gepäck trugen, wurden nur bis Dendür mitgenommen. Unter Aufsicht des — nn Les H. ScuÄrer und H. Junker: Bericht über die Nubien-Expedition. 581 in Philä geschulten Vorarbeiters nahm die Mannschaft von den Reliefs des Tempels von Dendür Papierabdrücke, und die Boote kehrten von dort nach Schelläl zurück. Die Leute erledigten unterwegs noch im Tempel von Deböd die Abklatscharbeit. Die gewonnenen Abklatsche wurden zur Revision im nächsten Jahre verpackt. Die Fahrt der Dahabije dehnte sich bis nach Wadi-Halfa am zweiten Katarakt aus. Bis Maharraga, dem alten HHierasykaminos, wurden sämtliche Tempel untersucht. Darüber hinaus kamen nur die Stätten Ämada, Ibrim und Wadi-Halfa wegen ihrer mittelnubischen und meroi- tischen Inschriften in Betracht. Die Fahrt nach Süden hatte ungewöhnlich stark unter widrigen Winden zu leiden, so daß Wadi-Halfa erst am 3. Januar 1909 erreicht werden konnte. Der 4. und 5. Januar wurde für einen Ausflug zu Kamel nach den christlichen Heiligengräbern bei Gemmäi auf dem Westufer des zweiten Katarakts benutzt, und am 7. wurde die Heim- reise angetreten. Da die Windaussichten für eine Fahrt nach Norden in Nubien an sich schon gering sind und sich nun auch noch als besonders schlecht erwiesen, wurde am 9. die Hilfe eines Frachtdampfers angerufen, mit dessen Kraft die Dahabije dann in ı4 Tagen wieder bei Philä eintraf. Dort wurden die Lastboote aufgenommen, und die Dahabije lag am ı1. Januar abends vor Assuan. Die Lastboote trafen, durch Wind aufgehalten, erst am nächsten Tage dort ein. Eine Woche ging mit dem Packen und dem Verstauen des Ge- päckes darauf, das teils in einem trocknen oberen Raum des großen Tempels von Philä, zum größten Teil aber in Assuan untergebracht wurde, und am 17. gingen die HH. Junker und Kocn mit der Dahabije weiter nach Norden, um die noch überschüssigen Platten, die Miets- zeit der Dahabije und die Dienstzeit des Hrn. Kock zu Arbeiten im großen Horustempel von Edfu auszunutzen. Hr. ScuÄrer blieb in Assuan, um seine Arbeiten in der neu- nubischen Sprache zu einem gewissen Abschluß zu bringen. Am 27. Januar war die Expedition in Edfu wieder vereinigt. Am folgenden Tage wurden die Dahabije und die Leute entlassen, und am 6. Februar konnte die Expedition in Kairo für dieses Jahr aufgelöst werden. Im Sommer 1909 bestand die Expedition außer ihrem Leiter Hrn. Junker aus dem Photographen Hrn. Kock sowie Hrn. P. Tımur, Hauptmann und Kompaniechef im Infanterieregiment Nr. 55, der auf 582 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. Antrag der Königlichen Akademie der Wissenschaften durch Aller- höchste Kabinettsorder zur Teilnahme an der Expedition beurlaubt worden war. Diesmal waren die Mitglieder am 26. August in Kairo versammelt, am 4. September traf man in Assuan ein, um drei Tage darauf nach Philä zu gehen. Die Einrichtung nahm, da alles vom vorigen Jahre vorbereitet war, nur kurze Zeit in Anspruch, nach zwei Tagen schon konnte mit der Arbeit begonnen werden. Die Insel wurde nach rund So Tagen am 24. November verlassen, nachdem die Arbeiten, die auch die Tempelreste der benachbarten Insel Bigge umfaßten, beendet waren. Es war nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres auf die Benutzung einer Dahabije verzichtet worden. Ein mit Hilfe von Brettern und Segeltuch aus dem Expeditionsmaterial wohnlich ein- gerichtetes Lastboot trug die Expeditionsmitglieder, ein zweites das große Gepäck, ein drittes die eingeborenen Arbeiter. Am 25. morgens landete man in Deböd, das noch am selben Tage um Mittag nach Beendigung der photographischen Aufnahmen sowie Revision und Beschriftung der im vorigen Jahre gemachten Abklatsche wieder verlassen wurde. Am Abend wurde Kaläbsche erreicht. Am 6. Dezember waren auch hier die Arbeiten beendigt, die durch die vollkommene Auf- räumung aller Trümmer im Tempel außerordentlich erleichtert wurden. Am Abend des 6. Dezembers begann die Einrichtung in Dendür, und da hier die Verhältnisse ebenso lagen wie in Deböd, konnte die Expedition schon am Abend des 7. weiter nach Süden gehen. Am Vormittag des 8. traf man in Dakke ein, das bis zum Abend des 12. Dezembers erledigt war. Mannschafts- und Lastboot wurden nach Schelläl zurückgeschickt, und auch Hr. Junker begab sich am Abend des ıı. mit dem Dampfer nach Schelläl, um die Verpackung des Materials zu leiten und zu neunubischen Sprachstudien. Hr. Kocn segelte am Abend des ı2. weiter nach dem jüngst freigelegten Es-Sebü‘, wo ein längerer Aufenthalt zu einigen Auf- nahmen und vor allem zum Entwickeln von Platten verwendet wurde. Auf der Rückreise wurden die wenigen in Maharraga nötigen Aufnahmen erledigt. Aber erst am 23. Dezember wurde Philä wieder erreicht. Nun wurde die Verpackung des Materials abgeschlossen, dessen letzte Stücke am 4. Januar 1910 dem Spediteur übergeben werden konnten. Die letzten Arbeiten wurden durch Hrn. Koch besorgt, da Hr. Junker schon einige Tage vorher, durch einen Termin zu anderer Arbeit gebunden, nach Kairo gefahren war. H. Scuärer und H. Junker: Bericht über die Nubien-Expedition. 583 B. Ergebnisse der Expedition. Die Ergebnisse der Expedition enthalten den Weisungen gemäß in erster Linie mechanische Kopien der hieroglyphischen Inschriften und Darstellungen. Dazu kamen gelegentlich Handkopien der In- schriften. Die demotischen, griechischen, meroitischen und mittel- nubischen Inschriften sowie die neunubischen Sprachstudien bilden einen besonderen Abschnitt. I. Die Hauptarbeit. a. Photographische Arbeiten. Bei den photographischen Aufnahmen wurde vor allem darauf gesehen, daß die Reliefs in möglichster Deutlichkeit wiedergegeben würden. Es sind deshalb fast nie mehrere Darstellungen zusammen- gefaßt, sondern nach Möglichkeit nur die einzelnen für sich auf je eine Platte gebracht worden. Große Darstellungen und Inschriften sind wieder in sich zerlegt worden. Jede Wand ist also aus vielen Teilaufnahmen zusammengesetzt, für deren Ordnung, wo es nötig schien, eine Gesamtaufnahme dient. Die verwendeten Plattengrößen sind 21x27 und 13x18 cm. Jede Platte ist numeriert, mit Angabe des Ortes versehen und inventarisiert. Unverzeichnete Bilder zu erzielen war oft nur unter großen Schwierigkeiten möglich. Dabei haben vor allem die aus Deutschland mitgenommenen Gerüste geholfen. Ohne sie hätte die Aufgabe nicht gelöst werden können. Es waren Gerüste gewählt worden, die die Berliner Firma L. Altmann aus ihren Vorräten geliefert hat und die wegen ihrer vielseitigen Brauchbarkeit, der Leichtigkeit, mit der sich aus den Teilen die verschiedensten Formen, vom langen Laufbrett bis zum freistehenden Turm, herstellen lassen, ihrer Einfachheit und des verhältnismäßig geringen Gewichts für alle ähnlichen Zwecke empfohlen werden können. Umständliche Bauten aus Segeltuch mußten oft Reflexe und schädliches Nebenlicht abhalten. Viele Aufnahmen wurden mit Ma- gnesiumlicht und weißen Leinwandblendern hergestellt. Vor allem aber wurde mit dem größten Nutzen Spiegelung, die oft über drei bis vier Spiegel ins Innere der Räume Sonnenlicht brachte, verwendet. Die Platten sind sämtlich noch während der Reise entwickelt. um etwa Mißlungenes wiederholen zu können. Auch einzelne Probe- abzüge wurden gemacht. 584 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. Als Dunkelkammern konnten dabei auf Philä, in Kaläbsche und Dakke kleine unbeschriebene alte Räume benutzt werden. Nur in Es-Sebü“ wurde ein tragbares Dunkelzelt angewendet. Es sind in der beschriebenen Weise die folgenden Tempel Wand für Wand ausphotographiert worden: ı. Philä ganz, bis auf einige Felder der Säulen in der großen Halle hinter dem ı. Pylon und einige ganz zerstörte in der langen Südkolonnade. Aber diese Teile sind durch Abklatsche und Hand- kopien gesichert. Es handelt sich auf der Insel um folgende Tempel: Tempel des Nektanebos an der Südspitze. Die südliche lange Kolonnade, Säulen und Rückwand. Tempel des Arsnuphis. Tempel des Imhotep. Das Tor des Philadelphus. Der sogenannte Kiosk. Der große Isistempel, und zwar: der große Pylon, der Vor- hof mit seiner östlichen Kolonnade und den an sie an- stoßenden Kammern, das sogenannte Geburtshaus mit seinen äußeren Säulengängen, der zweite, kleinere Pylon, die große Säulenhalle, die hinteren Tempelräume und die Osiriszimmer auf dem Dache. Endlich die ganze Außenseite des Tempels. Der sogenannte Hathortempel. Das sogenannte Hadrianstor, westlich vom großen Tempel. Die herumliegenden einzelnen Blöcke beim Arsnuphistempel, dem Hathortempel, dem zerstörten Harendotestempel und den koptischen Kirchen (für Philä rund 1600 Platten). 2. Bigge. Alle Darstellungen und Inschriften der Tempelruine (rund 40 Platten). Deböd. Der ganze Tempel (rund ı5 Platten). Kaläbsche. Der ganze Tempel (rund ı80 Platten). Dendür. Der ganze Tempel (rund 35 Platten). Dakke. Der ganze Tempel (rund 84 Platten). Meharraga. Die wenigen Reliefs (2 Platten). Es-Sebü‘. Ausgewählte Aufnahmen (12 Platten). oaN Au $ ww Dazu kommen rund 25 einzelne Aufnahmen in Ämada, Gebel Adde, Ibrim und Gemmaäi, die sich meist auf mittelnubische Inschriften beziehen, und endlich rund 50 Aufnahmen von Volkstypen und Ähn- lichem. H. Scrärer und H. Junger: Bericht über die Nubien-Expedition. >85 Im ganzen sind also über 2000 gelungene photographische Platten vorhanden. Erwähnt mag sein, daß am Ende des ersten Jahres die photo- graphische Ausbeute des Winters fast vernichtet worden wäre, da das Schiff voll Wasser lief. Die völlig durchnäßten Platten sind nur durch die Gewandheit des Hrn. Kocu gerettet worden. Eine einzige unwesentliche blieb unbrauchbar. b. Abklatscharbeiten. Für die Papierabdrücke wurde das relativ beste Abklatschpapier verwendet, das auf Veranlassung des Hrn. Eurıss& von einer Straß- burger Firma geliefert wird. Auch dies genügt nicht in jeder Be- ziehung, aber trotz vieler Erkundigungen und Versuche ist uns kein besseres bekannt geworden. Zu den allgemeinen Hindernissen des Abklatschens von ganzen Wänden, wie z. B. dem besonders auf Philä recht starken Winde, gegen den wir uns öfter durch weit ausgespannte Zelttücher und Segel zu schützen suchten, kamen noch einige besondere Schwierigkeiten. An den Tempeln der Insel Philä, die ja schon mehrere Jahre hindurch überschwemmt werden, ist die Ilochwassergrenze überall durch eine eigentümliche braunrote Färbung des Steines markiert. Durch uns unbekannte Bestandteile des Steines oder des Wassers wird an solchen Stellen das Abklatschpapier nicht nur braun gefärbt, sondern auch wie mit Öl getränkt, so daß es sich so gut wie gar nicht trocknen läßt. Selbst wenn wir es durch Ausbreiten in der Sonne vorübergehend getrocknet hatten, nahm es im Schatten bald wieder die frühere ölige Feuchtigkeit an. Die unterhalb dieses breiten braunen Streifens liegenden Mauer- teile, besonders aber die Säulen der langen südlichen Kolonnade, setzten dem Abklatschen wieder in anderer Weise Widerstand ent- gegen. Die kleinen, an diesen Stellen während der Überschwemmung abgelagerten Algen verbanden beim Schlagen das Papier fest mit dem Stein, so daß der Abklatsch oft nur unter Verlusten sich los- lösen ließ. Da dieses Festhaften besonders in den ebenen Flächen zwischen Darstellungen und Inschriften auftrat, so wurde hier ein Verfahren angewendet, das sonst nur bei ganz großen Reliefs sowie solchen verwendet wurde, die viele Farbenreste zeigten: es wurden nur die Inschriften abgeklatscht, für die Darstellungen trat die Photo- graphie ein. Jedes einzelne Abklatschhlatt ist mit der nötigen Marke, die seine Herkunft bezeichnet, versehen. 'T'ransportiert wurden die fer- 586 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. tigen Blätter in verlöteten Blechkisten, die wieder in Holzkisten ein- gepaßt waren. Die Abklatscharbeiten umfaßten: ı. Philä ganz, mit Ausnahme der Außenwände des großen Tempels und der Architrave der großen Halle. 2. Bigge. Die Tempelreste der Insel ganz. 3. Deböd ganz. 4. Kaläbsche ganz, soweit es nicht die erhaltenen Farben verboten. 5. Dendür ganz. 6. Dakke ganz. Im ganzen sind etwa 8000 Bogen Abklatschpapier verbraucht worden. ec. Handkopien. Abschriften von Inschriften wurden nur in beschränktem Um- fange hergestellt und nur an Stellen, bei denen im ganzen weder von der Photographie noch vom Abklatsch ein genügendes Resultat zu erwarten war, z.B. bei dem ganzen Tempelchen des Nektanebos, den Säulen der langen Kolonnade und den Säulen der großen Halle sowie Teilen des Arsnuphistempels, sämtlich auf Philä. II. Die Nebenarbeiten. Es erwies sich sehr bald, daß die in den Weisungen vorgesehenen Nebenarbeiten stark zurücktreten mußten, wenn, bei der Begrenzung der Expedition durch die verfügbaren Mittel, die Hauptarbeit nicht Schaden leiden sollte. Es konnte aber doch noch wenigstens ein Teil geleistet werden. a. Die griechischen Inschriften. Die griechischen Inschriften sind von der Expedition nicht be- arbeitet worden. Einiges wurde von selbst beim Photographieren und Abklatschen mitgegriffen. Vor allem aber hat Hr. Dr. F. Zucker, der auf ı4 Tage während der Arbeit in Philä unser Gast war, die dort vorhandenen griechischen Inschriften mit der Lerrsıusschen Publi- kation verglichen oder neu abgeschrieben. b. Die demotischen Inschriften. Von den demotischen Inschriften sind die eingemeißelten fast sämtlich abgeklatscht und zum großen Teil photographiert. H. Scuärer und H. Junker: Bericht über die Nubien-Expedition. 587 In vortrefflichen Abklatschen und Photographien eroßen Maßstabes oO > besitzen wir so z. B. die bilinguen, hieroglyphischen und demotischen 3 s!yI ptolemäischen Erlasse an der östlichen Außenwand des Geburtshauses. Von den nur mit Farbe geschriebenen konnte nur ein geringer Teil photographiert werden. ec. Die meroitischen (altnubischen) Inschriften. Die auf Philä und in Dakke vorhandenen meroitischen Inschriften sind sämtlich photographiert und abgeklatscht, darunter eine ganze Reihe bisher nicht veröffentlichter. Die Hoffnung, im Tempel von Wadi-Halfa die von ScHÄrer im Jahre 1900 dort beobachteten zahlreichen meroitischen, mit roter Farbe geschriebenen Graffitti diesmal kopieren zu können, erwies sich als eitel.e. Die Inschriften, die seit Jahren schutzlos der Sonne preis- gegeben waren, sind in der Zwischenzeit so gut wie völlig verblaßt. In Ibrim konnten zwei ebenfalls im Jahre 1900 festgestellte, noch unveröffentlichte Malereien photographiert werden, die durchaus den Stil der sonst nur viel weiter südlich vorkommenden meroitischen Reliefs zeigen. d. Mittelnubische Inschriften. Dieser Teil hat am meisten unter der Ungunst der Verhältnisse gelitten. Es konnte festgestellt werden, daß die langen eingemeißel- ten Inschriften, die das Tempeldach von Ämada, einst den Fußboden christlicher Kapellen, bedecken, fast sämtlich nubisch sind, während sie bisher für griechisch galten. Doch sind die Inschriften so schlecht er- halten, daß längere Zeit nötig gewesen wäre, sie zu kopieren, als uns zur Verfügung stand. So gut es ging, wurden Photographien genommen. Ähnlich erging es mit den Inschriften in Gebel Adde und denen in den Grabkapellen von Gemmai und dem Tempel von Es-Sebür. e. Neunubische Sprachstudien. Die neunubischen Sprachstudien erstrecekten sich fast ausschließ- lich auf den nördlichsten, Kenüsi genannten Dialekt, einerseits weil die Expedition sich in seinem Gebiet bewegte, anderseits weil ge- rade dieser Dialekt durch die künftige Überschwemmung des Landes und die damit verbundene Verdrängung und Zerstreuung der Bevölke- rung am meisten in seiner Reinheit bedroht ist. Wir konnten rund 600 kürzere und längere freie Sprachproben sammeln, deren Inhalt sich auf die verschiedensten Seiten des Lebens bezieht und daher auch kulturgeschichtlich von Interesse ist. 288 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. Daneben aber besitzen wir eine vollständige Übersetzung der vier Evangelien und der Apostelgeschichte in dem eigenhändig mit lateinischen Buchstaben geschriebenen Text des Übersetzers Samuku (Serımäs) (Auı Hısstv aus Abu-hör, drei von den genannten Schriften auch in unserer Niederschrift nach dem Diktat des SamuEr. Im nubischen, mit arabischen Buchstaben geschriebenen Text haben wir Geschichten eines Erzählers Muxsı aus Schelläl. Dem Studium der mittelnubischen, auf der Königlichen Bibliothek zu Berlin befindlichen Bruchstücke des Neuen Testaments sollen zwei Übersetzungen dieser Textstellen dienen, die eine in den Dialekt von Abu-hör von Sanmu®r in seiner lateinischen Niederschrift, die andere in den Fiadikadialekt in dem arabisch geschriebenen Manuskript des Verfassers Monammen (Agpo Hamapün aus Ermenne und einer genauen phonetischen Nachschrift von Dr. Aser in Kairo. Zum Schluß gelang es nach manchen vergeblichen Versuchen Hrn. Junker, auch Sprachproben von einem der südlichsten Dialekte aus dem Gebiet der noch negerhaften Nöba aus Kordofän zu gewinnen. Der Gesundheitszustand der Expeditionsteilnehmer war bis auf die unvermeidlichen Störungen, die mit starker körperlicher Arbeit in der heißen Zeit verbunden sind, im allgemeinen gut, doch war schließlich Hr. Tınne leider durch wiederholtes Unwohlsein gezwungen, die Expedition kurz vor dem Abschluß der Arbeiten auf Philä zu ver- lassen. Er kehrte am 21. November nach Kairo zurück. Während des Aufenthalts auf Philä hat uns und unseren Leuten Hr. Dr. Frönrıcn von der protestantischen Sudanpioniermission öfter seinen ärztlichen Beistand geleistet. Daß die Expedition ihr Hauptziel erreichen konnte, dankt sie allseitiger Unterstützung und freundlichem Entgegenkommen. Vor allem hat Hr. Generaldirektor Masrero ihr überall die Wege geebnet und Hr. A. Wrıcart, Chefinspektor der Altertümer des Landes, durch Anweisung der Unterbeamten und wiederholte persönliche Bemühun- gen tatkräftig geholfen. Das vorgesetzte kgl. Ministerium und das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht zu Wien haben den beiden Leitern der Expedi- tionen bereitwilligst Urlaub gewährt. Die Königlich Preußische Militärverwaltung hat durch Beurlau- bung des Herrn Tımme wieder ihr Interesse für wissenschaftliche Auf- innen Be. H. ScHärer und H. Jusxer: Bericht über die Nubien-Expedition. 589 gaben bewiesen, und die deutschen Behörden in Kairo, die diploma- tische Agentur wie das Konsulat und auch das Kaiserlich Deutsche Institut für ägyptische Altertumskunde, haben den an sie herantretenden Wünschen der Expedition stets Gehör geschenkt. Dadurch, daß der größte Teil der im Lande noch lagernden Aus- rüstung der Expedition der Universität Chikago von uns übernommen werden konnte, ist uns die Arbeit vielfach erleichtert worden. Wir sind der Universität und dem Leiter ihrer Expedition, Hrn. J. H. BrEeAsTen, dafür zu besonderem Dank verpflichtet. Den Herren der protestantischen Mission in Assuan haben unsere neunubischen Sprachstudien es zu danken, wenn wir trotz der Kürze der Zeit, die uns dafür zur Verfügung stand, so reiches Sprachmaterial mitbringen konnten. Die Mission hat uns den als eingeborener Helfer in ihren Diensten stehenden Samv£r “Arı Hısstn zu unseren Arbeiten zur Verfügung gestellt. Auch die Herren der dortigen katholischen Mission haben in vielen Fällen der Expedition freundlich geholfen. P. Huger aus Omm- Durmän sind wir für einige Aufzeichnungen aus dem Dialekt vom Gebel Delen in Kordofän verpflichtet. Die Herren G. Bes£epıte und G. A. Rrısser haben uns manchen guten Rat gegeben. Nicht zum wenigsten aber haben wir Frl. M. Nev- reLp in Assuan herzlich zu danken für stets bereite und aufopfernde Hilfe in mancher Verlegenheit. Es erwies sich am Schluß, daß die verfügbaren Mittel gerade für das Geleistete ausreichten, keine Woche länger hätte die Expedi- tion dauern dürfen. Das Hauptziel der Expedition hat durchaus erreicht werden können. Alle Inschriften und Darstellungen der oben aufgezählten Tempel sind mindestens in einem der beiden, die meisten sogar in beiden mechanischen Verfahren gesichert. Es existiert also nun in Berlin ein Archiv, in dem die Darstellungen und die hieroglyphischen Inschriften der dem Untergang entgegengehenden nubischen Tempel der Nachwelt und dem Studium erhalten bleiben. Besonders wichtig erscheint es, daß auf diese Weise die Inschriften der Insel Philä ge- rettet worden sind, die sich über die ganze Zeit von Ptolemäus I. bis zum Schluß der Kaiserzeit erstrecken und bei der Lage der Insel zwischen Ägypten und Nubien mancherlei Eigentümliches haben. Die Tempel von Deböd und Dakke haben uns die Inschriften der selb- ständigen, aber ganz unter ptolemäischem Einfluß stehenden Äthiopen- könige der Ptolemäerzeit erhalten, und auch religionsgeschichtlich bergen alle Tempel, besonders die von Philä, aber auch die von Dendür und Kaläbsche und Dakke, wichtiges Material. Sitzungsberichte 1910. 52 590 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 16. Juni 1910. — Mitth. v. 12. Mai. Hr. Maler E. RexnAausen, der auf eigene Kosten die Expedition begleitete, hat auf Grund von Photographien der Expedition und unter Kontrolle des Hr. Junker getreue große Kopien der Blüten- kapitelle in der großen Halle hergestellt, die durch ihn zu beziehen sind, so daß auch diese schönen Architekturteile in ihrer farbigen Wirkung festgehalten sind. Sie werden später gerade auf der Wasser- fläche liegen und ihre Farben sicher verlieren. An eine Veröffentlichung der gesammelten Ausbeute der Expedi- tion an Inschriften ist vorläufig nicht gedacht. Sie soll hier in Berlin jedem wissenschaftlichen Arbeiter zugänglich sein, und es wird, wie es in einigen Fällen bereits geschehen ist, jedem gestattet sein, von den photographischen Platten zum Studium auf seine Kosten Abzüge herstellen zu lassen. Die Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften für das Wörter- buch der ägyptischen Sprache hat bereits begonnen. Das nubische Sprachmaterial wird in den Schriften der Akademie veröffentlicht. Ausgegeben am 23. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Ri weis e oder auch in weiterer Ausführung, in a ul Ber Sprache veröffentlicht sein Puder 4 n ehernischien Schriften zur RER kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. 4 Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- ‚schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. AL Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. . Aus $ 22. hr Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die ' in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- ‚schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, B welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. - Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden theilungen werden mit vorgesetztem Stern, bezeichnet, den: für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« Aal Wissenschaftliche ne nal? en in welcher deren Aufnahme in die N Sehrilten endgültig beschlossen wird. Abhandlungen. Jahrg. 1908: Physikalisch-mathematische Classe En ich Anstarinche Glassepy an 1,9272. Abhandlungen. Jahrg. 1909: _Phy sikalisch-mathematische Classe . . . - ERtsschfichhistorische Glasse A. u. Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . 4 ” ” ur n ” ” "Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . MürLrer: Uigurica . . e BIER Warpever: Der Processus retromastoideus . . - Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . Scauuzz, we: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, Dıers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.3.w.. . M d.— BraxcA: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . - Dıiers: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. L. .» 22. .n 2 } "von WiLAmowıTz-MoELLENDORFF: Nordionische Steine . Aus $ 27 Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entspreehen. Die Reiehsdruekerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- siehert werden. Aus $ 37 Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten. n _ Abhandlungen der Akademie. 1907, 1908 und 1909. > een ae) . ur Helzıa fuer Te SEE TE En TEEN ER hen _ Srruyve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refraetor. . - 2.50 BrancA: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . -. . . 2 2 20er a KEKULE VoN STRADoNITZ: Die Bildnisse des Sokrates . _ Von Wıramowırz-MoeLLENDoRFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff Pau FE Aa A Sr . Us Wut Fund Ads a je ie . Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen! Schriftihum «(I 0. a en Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer von Sardica TAN ERNEST I Baer Ei engeren te Hei tgafigıs » 2 en, LI N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . H. Becx#: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . 5 K. Gorsanovi6-KrAnBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Beocxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Tr. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks iR ler Re Re B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland- -Ausgabe . . . AP ER N M. ConrkAar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation Sa SE L. Jacossoan: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909. K. Gorsanovic-KrAMBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Groningen als sr Prinires Merk- male (hierzu Taf. XV und XVI) San 3a Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Fropenıus: über den Frrmar’schen Satz Frosgenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen Rugens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum . . x 2 2 2 2 2.0. Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 e Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W. Gorsan: ES LEEN über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pees, Ungarn) 3 Leto U NER Ne De Er R. et kyprische Saeralinschrift (hierzu Tat.I und m SR EN a a > Mürter-Bresrau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe a ScHorikyY: die geometrische Theorie der Agrr’schen Functionen vom Geschlechte 3 Frogensus: über den Fermar’schen Satz. I. Marrens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge v von , Festigkeitsbeanspruchun en Herrwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Ei Prnck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Linpemann: Untersuchungen über die speei SR Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Nernst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. J. Hrzs: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) Tuonmsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) . . F. C. Anpreas: zwei soghdische Exeurse zu-Vırgerm Tuomsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Russer: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers . Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Lieeiscn: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen "Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien Be ET ER TE a ER Liesisch: über Silberantimonide & von WıLamowITz-MoELLENDORFF: über das” [0] "der Ilias gs G. EserHArn: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. II. Lupwıc: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . E. Hasen und Rurens: über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Tempe- ratur im kurzwelligen ultrarothen Spectrum . . H. Bückms: die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammen- setzun . J. oe und M. Srrien: Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft . . ee G. Krönıs: der morphologische Nachweis des Methämoglobins im 1 Blut (ern Tat. tv) Harnack: das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs B A 12.— M 0.50 BEE u u Sera [>u o s n | bean? a XXXL. SITZUNGSBERICHTE “ ;, DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN A 2 re j RW Gesammitsitzung am 23. Juni. (S. 591) Somwanz; Beispiel einer stetigen Function reellen Argumentes, für welche der Grenzwerth des ae _ Differenzenquotienten in jedem Theile des Intervalles unendlich oft gleich Null ist. (S. 592) Bunpach: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Refor BDaugn: (S. 594) E 1 iR: Mevenı ‚Über die Struetur der 7 y-Strahlen. R 647) . ’ ö BR . Ar > k E h \ 4» ö j I N ee Rn NN N Yongan N ei 2 hl uk a ng a ER u —— ACHT; g] N ’ hr 4 a zu E BERLIN 1910. re vamıao DER R KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Ä IE IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. ” j ‚‘ fi m. a R Fa » Fin hy > = t wiY FE „#5 er, i Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Drucksehrifte Aus $1. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht- mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. 83. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Qlasse statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. 84a. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $ 5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen «, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) j Correcturen tr Bauer der Genehmigu Aus $ & und die Wahl der Schriften ER Bei Einsendunge Fremder sind diese ‚Anweisungen von „dem ee und leichten Schreibversehen de und die Vertdacr sind zur ng der entstehen kosten verpflichtet. u For Aus $ 8. s af Von allen in die N, oder Abh ıdlung. Kaas oder Berichten werden für die, Verf: wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchha abdrucke Bi die alsbald A Ka auf Kosten der Akademie weitere Freinhlar) bis von noch 100 und auf seine Kosten noch zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abzie sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden 'Seer jar anı gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosteı och ve Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, s der Genehmigung der Gesammt-Akadem: treffenden Classe. — Nichtmitgliede exemplare und dürfen nach rechtzeiti redigirenden Secretar weitere 200 I Kosten abziehen lassen. „Von den en aus den zu une eng | ‚ohne weiteres 30 exemplare; er ist indess berechtigt, zu ‚gleichem Zwecke auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis von noch 100 und auf seine Kosten noch ‚we gezeigt er wünscht er auf eine Kon noch Abdrucke zur Ver theilung zu erhalten, so beda, ) der Genehmigung der Gesammt-Akademie ‚oder der be- treffenden Classe.. _ Die EnadeD 30 | Frei- redigirenden Bear weitere 100 Exemplare 1 Kosten abziehen lassen. . Ss 17. in keinem Falle vor es an je Stelle anderweitig, sei es auch nur a 591 SITZUNGSBERICHTE 1910. XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 23. Juni. Gesammtsitzung. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. l. Hr. Scuwarz las: Beispiel einer stetigen Function reellen Argumentes, für welche der Grenzwerth des Differenzen- quotienten in jedem Theile des Intervalles unendlich oft gleich Null ist. 2. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: Bd. II (Systemati- sche Arbeiten) der Wissenschaftlichen Ergebnisse der Reise in Ostafrika, welche Prof. A. Vorsrzkow in den Jahren 1903— 1905 mit Mitteln der Hermann und Euise geb. Hrckmann Wentzer-Stiftung ausgeführt hat. Stuttgart 1906 —ıo und Ammiani Marcellini rerum gestarum libri qui supersunt rec. CGarorus U. Crark. Vol. I. Berolini 1910, bearbeitet mit Unterstützung der Akademie. Sitzungsberichte 1910. 53 592 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. Beispiel einer stetigen Function reellen Argu- mentes, für welche der Grenzwerth des Differenzen- quotienten in jedem Theile des Intervalles unendlich oft gleich Null ist. Von H. A. ScuwARrz. Wenn von einer Function © — %(£) bekannt ist, ı. dass dieselbe in dem Intervalle a< £&= F Ymın = m> 2 n=0,1,2:.-.-.% so stellt £ eine Funetion Y(x) des reellen Argumentes « dar, welche folgende Eigenschaften hat: 1. die Funetion = (x) ist endlich, stetig und eindeutig für alle Werthe von x zwischen 0 und |; 2. die Function wächst beständig gleichzeitig mit ihrem Argu- ment; en ; Ar: a R der Differenzenquotient Az st beständig grösser als 7; Os 4. für jeden rationalen Werth — von x, dessen Nenner eine Potenz von 2 ist, ist gleich co, wie aus der Betrachtung des dem Werthe n = gq entsprechenden Gliedes der Reihe für £ hervorgeht. Hieraus ergibt sich, dass auch umgekehrt die Grösse » als eine endliche, stetige und eindeutige Funetion der Grösse £ betrachtet werden kann, weil zu grösseren Werthen von x stets grössere Werthe von £ gehören und umgekehrt. Bezeichnet man diese Funetion mit = x(8), so besitzt dieselbe alle im Eingange angeführten Eigenschaften ohne constant zu sein. 53* 594 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. Von KonrAp BURDACH. (Vorgetragen am 28. April und 2. Juni 1910 [s. oben S. 427 und S. 535].) Das ich heute hier vor Ihnen spreche, hat eine betrübende Ursache: die erneute Erkrankung unseres Collegen Zimmer. Es liegt mir fern, als ein vollwertiger Ersatz seiner temperament- vollen, mit ungeheurer Energie und gelehrter Wucht vorwärtsdrängen- den Art gelten zu wollen. Doch habe ich Ausschau gehalten nach einem Thema, das bei allgemeinerem, auch die Herren Collegen von der naturwissenschaftlichen Klasse vielleicht anziehendem Interesse mir gleichzeitig Gelegenheit böte, neue Ergebnisse eigener Forschung’ mit- zuteilen und zugleich ein Beispiel zu geben für die Methode und Ziele eines Gebietes der deutschen Sprachwissenschaft, wo als Auf- gabe nicht gestellt wird die Analyse von Lauten und Formen, nicht die Statistik, Beschreibung, Erklärung und Charakteristik von gram- matischen oder stilistischen Erscheinungen, sondern die Geschichte von Worten, von ihren Bedeutungen, ihrem Wert und ihrer Macht im geistigen Leben der Nation. Einen Ausschnitt aus einem Kapitel der deutschen Wortgeschichte will ich vorlegen. Ich sage der deutschen Wortgeschichte und doch ! Was ich hier in engem Rahmen und mehr andeutend zusammenfasse, stammt aus einem weiteren Kreis zusammenhängender Untersuchung über die Anfänge der Renaissance. Diese Untersuchung ging von Rienzo aus und wuchs hervor aus meiner Einleitung zu der von ınir im Verein mit Paur Pıur bearbeiteten neuen Ausgabe seines Briefwechsels. Während des Sommers und Herbstes 1909 in der Hauptsache abge- schlossen, wird sie, da sie die Grenzen, die der Einleitung zu einer Edition gesteckt sind, weit überschreitet, erst nach dem in Kürze zu erwartenden Erscheinen der beiden Bände des Rienzo-Briefwechsels ans Licht treten: als erster Band der ersten Abteilung meines im Auftrage der Akademie herausgegebenen Gesamtwerks “Vom Mittelalter zur Reformation. — Der obige Abdruck bewahrt den freieren Charakter des mündlichen Vortrags, ordnet nur die Reihenfolge der einzelnen Teile etwas besser und behält größere Reichhaltigkeit der Darstellung jener späteren, umfassenderen Pu- blieation vor. we Burvach: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 595 werde ich von zwei Fremdworten reden. Denn wenn die deutsche lexikalische Forschung früher lange die Fremdwörter ausschloß oder nur sehr bedingt und in engen Grenzen zuließ, hat sich heute die Er- kenntnis durchgesetzt und ist nun wohl gegen alle Anfechtung ge- sichert: auf die importierten und sich äußerlich noch als Fremdlinge verratenden Worte in einer Darstellung der deutschen Sprachgeschichte verzichten, wäre ebenso kurzsichtig, als wollte die deutsche Litteratur- geschichte über die aus fremden Litteraturen eingedrungenen littera- rischen Stoffe, Motive, Stilrichtungen sich ausschweigen. Ich will sprechen von den beiden Worten Renaissance und Re- formation. Es sind zwei Worte von wahrhafter Weltbedeutung. Ich möchte das erste Aufkommen und die Geltung dieser Worte im Be- wußtsein der gebildeten Kreise Europas und damit auch den An- schauungskreis beleuchten, aus dem sie in Deutschland Leben ge- wannen. Was ich biete, ist also streng genommen nur die Vorge- schiehte der beiden deutschen Fremdworte Renaissance und Refor- mation, die sich abspielt auf internationalem Boden: im Bereich der lateinischen Sprache. Aber die Entwicklung, welche sich in dieser Vorgeschichte der beiden Worte vollzieht, bleibt durchaus maßgebend auch für ihr Leben und ihre Wirkung im Bezirk der deutschen Geistes- welt und ihres deutschen sprachlichen Ausdrucks. k. Was heißt Renaissance? Endlich haben sich auch die Historiker (besonders C. Neumann, W. Görtz, Branpdı, FESTER, WERNLE, HERMELINK) zur Beantwortung dieser geschichtlichen Frage die rein philologische Frage vorgelegt: Woher stammt das Wort Renaissance? Was be- deutet es? Sehon seine Form führt darauf, daß der in Deutschland durch Jacop Burckuarpr in die wissenschaftliche Terminologie und dann auch in die Sprache der allgemeinen Bildung eingebürgerte Ausdruck von den Franzosen gekommen ist. Offenbar hat er ihn und den zugrunde liegenden Begriff übernommen aus Jures MicHELers anre- gungsvoller Histoire de la France, deren siebenter Band 1855 heraus- kam mit dem Titel: Histoire de France au seizieme siecle. Renaissance. Hier erscheint das Wort als la renovation des etudes de Pantiquite. Hier steht aber gleich im ersten Paragraphen der Indroduction (S. 6) auch der tiefer und weiter greifende Satz: dem Zeitalter der Renaissance gehöre mehr als allen früheren la decouverte du monde, la decowverte de Thomme. Das fragwürdige Stichwort also, das später immer wieder auftaucht, wo man das innerste, menschliche Ziel und den Ertrag der 596 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Renaissance bezeichnen will, und das wohl jetzt ziemlich allgemein als Erfindung Burckhardts gilt, obgleich er selbst auf die Entlehnung hinwies'. Und gleich danach heißt es bei Michelet: Z’Romme s’y est retrouve lui-meme. Auch schon vorher war das Wort renaissance im Französischen vollkommen geläufig, in der Verbindung /a Renaissance des arts angewendet auf die bildenden Künste, und im 18. Jahrhundert in mehrfachem Gebrauch: bei Voltaire als renaissance des leitres Jusqu’alors meprises von der Zeit Franz I., also von der Blütezeit der französi- schen Renaissance, bei Montesquieu als renaissance de notre droit frangais. Es bedeutet da, bezogen auf ein bestimmtes Objekt, wenig mehr als Wiederaufblühen, Wiederherstellung, neuer Aufschwung. Diese Feststellungen und diese Erkenntnis hätten die Historiker, die sich um das hier vorliegende wortgeschichtliche Problem neuer- dings bemüht haben, im wesentlichen schon entnehmen können einem vor mehr als einem Jahrzehnt zwei Mal gedruckten Aufsatz des Meisters lexikalischer Forschung, RunoLr Hırpesrannp”. Allerdings die Heimat des Begriffs blieb noch zu bestimmen. Denn in Frankreich ist nur die jetzt bei uns herrschende Form des Worts geprägt und in Um- lauf gesetzt worden. Die Quelle der Metapher ist das Khansane Und als ihr Ver- breiter gilt bisher VAsarı, der erste Biograph der italienischen Künstler, zugleich der erste Geschichtsschreiber der italienischen Kunst. Nach einem bestimmten Begriff künstlerischer Entwicklung, den er aus der Geschichte der antiken Malerei abstrahiert hat und in den Vorreden seines Werks darlegt, will er die Geschichte der italienischen Kunst erzählen von ihrer Wiedergeburt bis auf das Jahrhundert, in dem er lebt: della rinascita di queste arti sino al secolo che noi viviamo. Und seine Übersicht über die Weltgeschichte der Kunst im Proömium unterscheidet ‘ihre Vervollkommnung (in der Blütezeit des griechisch- ! Burcksarpı, Die Kultur der Renaissance in Italien® 2, S.25 Anm. 2. ® Ruporr Hırpegranv, Zur sogenannten Renaissance: Zeitschrift für den deut- schen Unterricht. Leipzig 1892, Band 6, 377fl. (wiederholt: Ruporr Hırpesrann, Bei- träge zum deutschen Unterricht. Leipzig 1897, S. 284ff.). Es fällt auf, daß Hilde- brand nicht scharf die italienische Herkunft des Begriffs ausgesprochen, auch den Beleg aus Vasari, den er bei Burckhardt (Geschichte der Renaissance in Italien S. 21) finden konnte — ich selbst hatte seiner Zeit, als er mich um quellenmäßige Nachweise bat, brieflich oder mündlich auch auf dieses Buch hingewiesen — nicht hervorgehoben hat. Aber sein damals bereits weit vorgeschrittener leidender Zustand nötigte ihn, derlei Untersuchungen ohne alles Rüstzeug meistens auf dem Krankenlager zu dictieren. — Nachdem die obige Darlegung vor der Akademie vorgetragen war, eınpfing ich durch Branvıs Güte als Gegengabe für den gedruckten Bericht darüber den zweiten Abdruck seiner Göttinger Kaisergeburtstagsrede "Das Werden der Renaissance’. Göt- tingen 1910. Darin ist Hildebrands Aufsatz S.2ı in der Litteraturübersicht nachge- tragen, ohne daß daran eine Bemerkung geknüpft wird. an! Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 597 römischen Altertums), ihren Verfall (seit Constantin und Silvester) und ihre Restauration oder richtiger gesagt ihre Wiedergeburt‘. Also lange schon vor dem Einbruch der Barbaren, meint er, begann der Verfall. Die Goten und Langobarden vollendeten nur die Zer- störung. In der Folgezeit lebte in Italien die Kunst allein durch die armselige plumpe und harte Malerei byzantinischer Künstler, bis endlich um die Wende des ı3. Jahrhunderts zwei große Florenti- ner Maler Cimabue und Giotto mit den griechischen Meistern wetteifernd diese übertrafen. Durch jene beiden wurde ‘die griechische Manier gänzlich ausgelöscht und daraus eine neue geboren’. Giotto, ‘der die fast erstorbene Kunst wieder erweckte und erhob’, erreichte seinen Vorrang, indem er die Natur nachahmte und die Bahn brach, lebende Personen zu zeichnen, was mehr als zweihundert Jahre hin- durch nicht geschehen wäre. ‘Er ersann immer Neues und schöpfte aus der Natur, weshalb er mit Recht verdient, ein Schüler der Natur und nicht eines Andern genannt zu werden.’ Schüler der Natur und keines Andern! Ohne Meister groß ge- worden, aus sich heraus! Kein Wort hier‘ von einer Entdeckung oder Wiederbelebung antiker Kunstwerke und dennoch Cimabue und Giotto Urheber der rinascita! Hat also der Maler und Baumeister Vasari sich die Kunst der Renaissance etwa gar nicht als Renaissance im Sinne der heut verbreiteten Meinung, hat die Kunst der Renaissance selbst sich nicht als Wiederherstellung oder Wiederbelebung der antiken Kunst und Cultur gefühlt? Diese Frage ist in der Tat bejaht worden. Man hat seit einiger Zeit mehrfach mit verschiedenartiger Motivierung und zunehmender Bestimmtheit die Ansicht ausgesprochen und begründet, in dem großen Schauspiel, das wir Renaissance nennen, spiele die Wiederentdeckung oder Wiederbelebung der antiken Kunst, der antiken Wissenschaft, nur eine secundäre oder eine episodische Rolle. Vielmehr soll es sich im Grunde um eine internationale gemein-europäische Kulturbewegung handeln, die aus langsam herangewachsenen geistigen Wandlungen allerorten spontan sich hervordränge und deren Wesen man gern mit Stichworten umschreibt, wie Vertiefung und Erregung des Seelen- lebens, Befreiung des Individuums, Erwachen des Persönlichkeits- gefühls, Richtung auf die Natur und die Erfahrung, realistischer Kunststil und dergleichen. In wie weit solche Ansicht berechtigt, in wie weit sie irrig sei, wird sich vielleicht aus den nachstehen- den Betrachtungen ergeben. ! Ich sehe hier davon ab, daß Vasari in der zweiten Ausgabe seiner Biographie 1568 die Darstellung des Anfangs der rinascita insofern verschiebt, als er nun auch dem antike Sculpturen nachahmenden Niccoloö Pisano eine Mitwirkung dabei zuweist. 598 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Aus welcher Sphäre stammt denn überhaupt das Bild von der “Wiedergeburt‘, von der zweiten oder Neugeburt? Offenbar nicht aus Wirklichkeitsbeobachtung. Vielmehr aus der Welt der Phantasie, genauer der Mythe, der religiösen Anschauung. Das hat mit dem ihm eigenen sichern Takt für wortgeschichtliche Probleme Runorr Hırpegrann bereits in der angeführten Abhandlung ausgesprochen. Es handelt sich um “Erneuerung von etwas Lebendigem, dessen Leben in Verfall kam, sei es durch Alter, Krankheit, Entartung’. Das Märchen vom Jungbrunnen stellt dergleichen Vorgänge dar. Und HırpesrAnn weist auf die Palingenesie der altgriechischen Mysterien, der Paulini- schen und Johanneischen Ideenwelt hin. Er vermutet, der Begriff habe im religiösen Gebrauch vorbereitet und verbreitet vorgelegen, als man von einer Wiedergeburt mit Beziehung auf die antike Kunst zu reden anfing. Der neue Begriff trat als eine neue Anwendung des schon geläufigen neben diesem auf: neben der Wiedergeburt aus Christo oder dem heiligen Geiste oder sonstwie eine Wiedergeburt aus dem Geiste des Altertums, der alten Kunst. Das ist höchst einleuchtend und hat mich vor Jahren, da Hırpesranp hierüber mit mir sprach, sofort überzeugt. Berührte es sich doch mit der Tendenz und den Grundgedanken meiner eigenen Untersuchungen über das allmähliche Hervortauchen der Renaissance aus dem mittelalterliehen Geist, die ich 1891 gerade im Oentralblatt für Bibliothekswesen veröffentlichte (er- weitert wiederholt unter dem Titel “Vom Mittelalter zur Reformation’. Halle a. S. 1893), und schien es doch auch jener Auffassung entgegen- zukommen, die Henry TnopE in seinem fortreißenden Buch über Franz von Assisi bereits sechs Jahre früher begründet hatte: der künstlerische Aufschwung der Renaissance stamme aus der religiös-menschlichen Erregung des seraphischen Erweckers neuer Frömmigkeit. Aber frei- lich, den historischen Nachweis dieser bestechenden Bedeutungsent- wicklung blieb HırpEsgrann schuldig. Nicht einen einzigen Beleg aus der entscheidenden Zeit bringt er bei, nicht einmal den aus Vasari. Ein lehrreiches Zitat aus einer deutschen Komödie vom Ende des 16. Jahrhunderts kann diese Lücke nicht ergänzen. Auch ich ver- mochte, als HıLpzgranp mit mir darüber verhandelte und meine Hilfe erbat, keinen quellenmäßigen Nachweis zu führen, so vertraut mir der mystische Gedankenkreis von der Verjüngung oder Wiedergeburt schon damals war aus Goethe, namentlich aus dem Epimenides und dem West-östlichen Divan (vgl. meinen Aufsatz über das Ghasel vom Eilfer, Goethe-Jahrbuch Band ıı, 1890, S.ı3fl.). Erst nach Hıre- BRANDS Tod ist mir auf Grund meiner umfassender und tiefer gewor- denen Studien über die Geschichte der religiösen Phantasie und der politisch-nationalen Weltanschauung des Mittelalters, die namentlich Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 599 an Walther von der Vogelweide und die Longinus- und Gralsage anknüpften, der volle Zusammenhang klar und das Beweismaterial bekannt geworden. Ich löse jetzt ein, was ich damals dem fragen- den Hırpesrann schuldig bleiben mußte. Es wird sich dabei zeigen, daß seine so gänzlich übersehene' Vermutung zutrifft, daß sie aber eine unendlich viel größere Tragweite besitzt, als er geahnt hat. ) der Man hätte bei der Suche nach dem Ursprung des Begriffs Re- naissance schärfer als man es getan auf Machiavelli achten sollen. Zwar daß Vasari mit dessen Constructionen der Weltgeschichte über- einstimmt, ohne ihm ganz zu folgen, hat man längst gesehen. Machiavellis Periodisierung der politischen Geschichte macht den Einfall der Bar- baren in Italien, die Bekehrung des römischen Kaisers zum Christen- tum und die Verlegung des Kaisersitzes von Rom nach Üonstanti- nopel, die Schwäche der italischen Beamtenschaft zum Wendepunkt”. Und er setzt dem Verfall des Imperium Romanum als gleichzeitige notwendige Folge gegenüber das Aufsteigen und Wachsen der römi- schen Kirche. Aber für die geschichtliche Bedeutung des Begriffs Renaissance blieb bisher unbemerkt der wichtige Abschnitt der Istorie ‚Jfiorentine über die Revolution des Rienzo (1, 31 ed. Fanfani e Passe- INT L..S. 51): “In diesen Zeiten erfolgte zu Rom eine denkwürdige Begebenheit, daß ein gewisser Niecolo di Lorenzo, Kanzler auf dem Kapitol, die Sena- toren aus Rom verjagte und sich unter dem Titel eines Tribunen zum Haupt des römischen Staates machte und diesen in die antike Form zurückführte (nel antica forma ridusse) mit einem so mächtigen Eindruck von Gerechtigkeit und Tugend, daß nicht nur die benachbarten Orte, son- dern ganz Italien Gesandte an ihn schickten, dergestalt, daß die alten Provinzen (die übrigen europäischen Länder), als sie sahen, daß Rom wiedergeboren sei (vedendo come Roma era rinata), mit den Köpfen auffuhren und einige, durch Furcht bestimmt, andere aus Hoffnung, ihm Ehre erwiesen.’ Dies ist meiner Ansicht nach das klarste und sicherste Zeugnis aus der Zeit der italienischen Hochrenaissance über das Aufkommen des internationalen Begriffs der Wiedergeburt und über den Eindruck ! Merkwürdig ist es, daß sie so lange unbeachtet bleiben konnte, noch merk- würdiger, daß der von ihr gewiesene Weg auch dann nicht erkannt wurde, als man bemerkte, wie das Bild von der Renaissance auf die religiöse Erneuerung in den Kreisen der kirchlichen Reformfreunde Deutschlands und der Niederlande zu Anfang des 16. Jahrhunderts angewendet worden ist. Darin sah man unbegreiflicherweise eine secundäre Übertragung. 2 Ebenso schon vor ihm Giovanni Villani: s. Frıenrıch von Bezorn, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 8 (1892), S.47 und H. Graverr, Sitzungsber. d. K. Bayer. Akad. d. Wiss. Philos.-philol. u. hist. Cl. ıgoı H.2, S. 269 und Anm. 1. 600 Gesammtsitzung von 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. auf die europäische Bildungswelt, den er wiedergab. Etwa dreißig Jahre älter als die erste Ausgabe des Buchs von Vasari. Wies uns Vasaris Bild in die künstlerische Sphäre, so zeigt Machiavelli, daß die Vorstellung schon früher im Politischen leben- dig und wirksam gewesen war. Vasaris Terminologie hat etwas Ab- straktes, Blasses, Unursprüngliches. Er bezeichnet die neue italienische Malerei des “aus der Natur schöpfenden’ Giotto als Wiedergeburt. Aber es ist nicht recht deutlich, was denn nun eigentlich wieder, d.h. zum zweitenmal geboren worden ist. - Und die Voraussetzung für seinen Ausdruck ist, daß er die antike, d.h. die alte römische wie die alte griechische Kunst und die gesamte italienische Kunst als eine ununterbrochene Lebenseinheit auffaßt und daß seine pragmati- sche Geschichtsbetrachtung sich gründet auf die Gleichsetzung von Kunstentwicklung und von Geburt, Wachsen, Altern und Sterben der menschlichen Körper. Viel verständlicher ist das Bild des Machiavelli. Eine politische Continuität zwischen dem alten Rom und dem mittel- alterlichen war stets, wenn auch nur in gewissen Namen und Titeln, in poetischen und künstlerischen Traditionen und Bildern, aufrecht- erhalten worden. In den Gedanken der Lebenden war jedenfalls das gesunkene Rom der Gegenwart immer noch eine, wenn auch noch so klägliche Umformung, Schwächung, Entstellung des alten Rom. Trotz allem und allem, trotz dem Wust und Schutt der Jahrhunderte — Rom stand immer noch da wie ein persönliches lebendes Wesen. Sein Leben war das der Ohnmacht, des äußeren und inneren Zusammen- bruchs. Aber es atmete doch. Es konnte immer wieder neue Kräfte gewinnen, wieder jung werden, “wiedergeboren werden’. Machiavellis Bild für die Umwälzung des Rienzo ist nun aber mehr als Wiedergabe seiner oder seiner Zeitgenossen persönlichen Auffassung davon. Es deckt sich vielmehr dem Sinne nach mit dem urkundlichen Ausdruck, den Rienzo selbst in seinen Manifesten und Briefen wie in den gewichtigen Ceremonien seiner Erhebung für seine Tat und seine Bestrebungen immer wieder angewendet hat. 3. Rienzo betrachtete seine Tat zunächst als Befreiung der Stadt Rom vom Joch der Tyrannen, d. h. der römischen Barone. Er nennt sich nach seiner Erhebung zum Tribunen Nicolaus Severus et Clemens, libertatis pacis dusticieque Tribunus et sacre Romane reipublice liberator oder meist liberator illustris (Briefwechsel! Nr. 7 (8), 2ff. S. 17; Nr.9, ıff. S. 28; ! Alle Citate aus Rienzos Briefen und den ihn betreffenden Urkunden nach der oben S. 594 Anm. erwähnten neuen kritischen Ausgabe. en * - . £ Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 601 Nr. ı1, ıff. S. 30; Nr. 14, 123ff. S. 41): in Briefen an die Städte und Machthaber Italiens, an den Vizekönig von Sizilien. Ja, er nennt sich so auch in einem Brief an den Papst (Briefwechsel Nr. 15, 201ff.). Und die Städte Italiens geben ihm in ihren Antworten dieselben hohen Titel. Aber von vornherein fühlt und bezeichnet er sich als Werkzeug des Heiligen Geistes, als Diener der Kirche und des Papst- tums, freilich der idealen Kirche und des idealen Papsttums, wie er es ersehnte und träumte. Und als seine politischen Bestrebungen weitergreifen, das nationale Bündnis und die Selbständigkeit von ganz Italien, die Neuordnung des erledigten Imperiums umfassen, als er Rom zur Hauptstadt der Welt erklärt, die Freiheit Italiens, die Sou- veränität des römischen Volkes und sich als dessen Beauftragten proclamiert, da läßt er sich in umständlichem religiösen Ceremoniell zum Candidaten und Ritter des Heiligen Geistes weihen, nimmt nun neben diesem Titel (candidatus Spiritus Sancti miles) zu dem früheren liberator Vrbis noch den stolzeren Zelator Ytalie, amator orbis an und steigert den Tribunustitel durch den Zusatz Augustus zu imperialem Rang (Erlaß vom ı. August 1347, Briefw. 27, ııff. S.ıoı). Das Ritterbad in der Porphyrwanne des Baptisteriums der Lateranischen Basilica, darin nach der Sage Constantin die christliche Taufe empfing, soll ihn dem Begründer des christlichen Kaisertums an die Seite stellen, wie der Titel Augustus, den er am ı. August in Erinnerung an den kaiserlichen Ursprung dieses Monatsnamens sich beilegt, ihn dem Gründer des antiken Prineipats, Oetavianus, nahebringen soll. Ein unablässiges Wachrufen der alten großen geschichtlichen Er- innerungen, ein andächtig leidenschaftliches Studium der antiken Autoren, des Livius, Virgil und anderer, der antiken Ruinen und Inschriften, gibt zu alledem den Anstoß. Wie er nach seiner Ab- dankung als Gefangener König Karls IV. an diesen schreibt (Briefw. 50, ı84ff. S. 204), hat er sogleich bei Übernahme des städtischen Notariatsamts, alle andern Interessen hintansetzend, sich allein der Lectüre alter kaiserlicher Angelegenheiten und den geschichtlichen Darstellungen des Lebens hervorragender Männer gewidmet: alüs om- nibus studüs aspernatis soli leccioni rerum imperialium antiquarum et pro- bissimorum virorum memorie dedi curam. Der Cultus des heiligen römi- schen Volks (sacri Romani populi), der heiligen Roma (sacre Romane reipublice, sancle Vrbi et populo), der erlauchten Stadt (alme Vrbis), das inbrünstige Verlangen, die einstige nationale Größe Roms und Italiens wiederherzustellen, der brennende Durst, sich durch Ehre, Anerkennung und Ruhm vor der Masse auszuzeichnen (50, 179 ff. honorem laudem et gloriam pre ciues alios preparare), das stolze Selbstbewußtsein seiner ümmortalis fama, die ihn nicht lange im dunkeln dulde, das auch der 602 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Gefangene nie verliert (Briefw. 49, 16 S.ıg92) — gewiß sind das alles treibende Kräfte im Leben und Wirken Rienzos und seiner Anhänger, seiner Bewunderer, zu denen bekanntlich auch Petrarca gehörte. Aber von Anfang an gärt in diesem Revolutionär ein tiefer religiöser Drang, ein starker mystischer Glaube. Es ist ein gründlicher Mangel an jener dem Historiker unserer Tage so gern nachgerühmten Voraussetzungs- losigkeit, ein verhängnisvoller Anachronismus moderner Kurzsichtig- keit, wenn man Rienzo diese Mischung antikisierender und christlich- asketischer Begeisterung vorwirft und ihn deswegen zu einem arm- seligen Phantasten oder gar einen Narren und Geisteskranken stempelt. Gerade diese Durchdringung einer ‚mystischen Andacht zu der ent- schwundenen antiken Herrlichkeit mit einer gleich mystischen An- dacht vor den tiefsten Geheimnissen und Köstlichkeiten des durch eine entartete Kirche verunstalteten Christentums ist die eigentliche Lebensquelle jener ganzen Zeit. Rienzos Auftreten hat etwas Ephemeres. Sieben Monate ist der obscure Notar Herr von Rom und der gefeierte Held des nach Ein- heit und Frieden lechzenden Italiens. Aber diese kurze Zeit der Macht hat auf die Gemüter der Mitlebenden gewirkt wie der Anbruch einer neuen Epoche. Oder vielmehr: wie der Anbruch jener neuen Epoche, nach der die Besten wie die Masse sich sehnten, die man erhofft und erträumt hatte so lange Jahre in der allgemeinen Wirrnis, Zer- rissenheit und Friedlosigkeit. Das Bewußtsein, daß aus den alten ewigen, verschütteten Quellen des Lebens, aus dem Ursprünglichen des Menschentums, von dem man weit abgetrieben worden ist, ein großes Neues, eine Umwertung, eine Wandlung kommen müsse und daß sie nahe sei, sich vorbereite und vollziehe, ist die Wurzel der Cultur- bewegungen, die wir Renaissance und Reformation nennen. Grenzen- lose Erwartung der Seelen — das ist der Grundzug des 14. Jahr- hunderts. Eine neue Ära soll mit dem Tribunat Rienzos beginnen. Er zählt in seinen Erlassen fortan — nachweisbar seit dem ı. Juli 1347 — die Jahre nach dem großen Ereignis vom Mai 1347, der Befreiung des römischen Staates: liberate Rei publice anno primo (an den Vize- könig von Sizilien Briefw. 14, ı21f. S.41ı; an Papst Clemens VI. Briefw. 15, 199f. S.49; an italische Städte Briefw. 16, 22-8. 50, 19, 21 S.60, 21,41 S.62; an einen Freund in Avignon Briefw. 19, Z. 143 S. 59; an Petrarea Briefw. 25, 3ıf. S. 86). Und Petrarca jubelt dem zu: magnificentissime subscribis. Er wittert darin mit Entzücken die Wiederaufnahme der alten römischen Annalen, die seine Africa be- deutsam hervorgehoben hatte (Briefw. 24, 50 S. 84 und Anm.). Ja, er stellt Rienzo auf eine Stufe mit den Männern, welche die größten i ; » Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 603 Umsehwünge der römischen Geschichte hervorbrachten: Salue noster Camille, noster Brute, noster Romule (Briefw. 23, 261ff. S. 75). Die Tat Rienzos also gleichgesetzt mit der Wiederherstellung des verbrannten Rom, ja mit der Gründung und ersten Umwallung Roms! Rienzos politische Erfolge hatten Vorgänger. Der bekannteste ist Arnold von Breseia. Aber auch im 13. Jahrhundert, ja fast un- mittelbar vor Rienzos Auftreten hat es an solchen nicht gefehlt. Trotz- dem bekennt und fühlt er sein Unternehmen und seinen Triumph als etwas ganz Neues. Und die Zeitgenossen empfanden ebenso. Niemals wird des verbrannten Ketzers Arnold gedacht, obgleich Reste von dessen Jüngern im damaligen Italien immer noch leben mochten. Auf ‘gänzlich ungewohntem Pfade’ scheint Petrarca diese Erhöhung er- reicht (Briefw. 47, 23 S. 183), und auch nach dem Untergang Rienzos scheint ihm seit dem Ursprung der Welt kaum etwas Größeres ver- sucht worden zu sein als dieses Unternehmen, das, falls es dauernden Erfolg gehabt hätte, mehr für ein Werk Gottes als für ein mensch- liches hätte gelten müssen (Briefw. Teil 2 Anhang 61, 253ff.). Es ist nun sehr zu beachten, mit welchem historischen Bewußt- sein Rienzo selbst seine Revolution in den großen Zusammenhang der Weltgeschichte einreiht. Wiederholt betont er König Karl IV. und seinen Beamten gegenüber: seit fünfhundert Jahren oder mehr habe er zum ersten Mal wieder die römische Freiheit geschützt (an Karl IV.: Briefw. 50, ı88ft. S. 204, 259ff. S. 206; an Erzbischof Ernst von Prag: Briefw. 57, 244ff. S. 240). Es wird sich später zeigen, welche tiefe, selt- same Bedeutung diese Zahl für die damaligen Menschen hatte. Sie führt zurück in die Zeit etwa Karls des Großen und seiner ersten Nachfolger. Und in seinem letzten erhaltenen Rechtfertigungsschreiben an Papst Clemens VI. rühmt Rienzo sich, für Rom mehr erreicht zu haben als Bonifaz VII. und König Karl I. von Anjou. Diese große Revolution, die eine neue Epoche einleiten, die eine Erneuerung alter Blütezustände, eine Auffrischung abgestorbenen Lebens sein soll, bezeichnet Rienzo durchaus als Werk der göttlichen Gnade und des Heiligen Geistes. Und er wendet darauf das alte religiöse Bild von der Wiedergeburt an. Er legt seinen Staatsstreich auf das Pfingstfest, auf den Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes. Er betrachtet sein Werk, die Ver- treibung der Tyrannen und die Wiederaufrichtung des Tribunats des römischen Volkes, in seinem an Karl IV. gerichteten Rückblick (Briefw. 50, 258ff. S. 206) als die von Gott gewollte Erfüllung der in der Pfingst- messe ertönenden Worte (Psalm 67, 2. 103, 30): #t sie vero illo die Penthe- costes impletum extitit verbum ülud quod eadem die ad honorem Sancti Spiritus decantatur: “Exurgat Deus’ etc. et iterum : “Mitte Spiritum Sanctum tuum et 604 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. renouabis faciem terre” Denn er vertrieb die Barone ohne Schwert- streich und es blieb zurück Rom, aber mit erneuertem Antlitz: re- manente Romane terre facie renouata. Er betrachtet jedoch seine Revo- lution zugleich als eine Erneuerung der Kirche. Sancto Spiritu ope- rante die sua restituta est terre facies, ymmo ipsa Romana Eeclesia renouata. ‘Niemals — versichert er dem Erzbischof von Prag — war für die Krankheit, ja für den Todeskampf der Kirche mehr die Heilung und Wiederlebendigmachung im Geist der Liebe (sanitas et reuiuificacio in caritatis spiritu) so notwendig wie heute’ (Briefw. 57, 767 ff. S. 260). Und noch schärfer zieht er die kirchliche Consequenz in dem großen Brief an Karl IV., wenn er seine Forderung einer allgemeinen Reformation der Kirche begründet mit der Berufung auf die täglich in den soge- nannten Votivmessen des Heiligen Geistes gesungene Bitte, die sich mit den angeführten Worten der Pfingstmesse deckt, und nun den Text vollständig ausschreibt: “Mitte Spiritum Sanctum tuum et creabuntur, et renouabis faciem terre’, et“Veni, ereator Spiritus, reple tuorum corda fidelium, et tui amoris in eis ignem accende’ (Briefw. 58, 666ff. S. 313f.). “Welche renovacio terre fordern wir’, ruft er unwillig aus, “das Umbrechen der Erde durch den Pflug oder die Erneuerung der Kirche durch die Werke und die Saat der Liebe’ (ut Keclesia Dei... renouetur operibus et semine carilatis)? Mit solchen Votivmessen des heiligen Geistes hatte Rienzo einst aber auch seine rein politischen Akte begleiten lassen (s. Briefw. 40, 51 S. 146). Und bei der größten und folgenreichsten politischen Hand- lung, der christliehen Weihe als Miles Candidatus Spiritus Sancti und der, antike Triumphal-Riten nachbildenden Krönung und der An- nahme des Augustus-Titels hatte er das Symbol der Wiedergeburt an seiner eigenen Person dargestellt, indem er in der Taufwanne des Kaiser Constantin das Ritterbad empfing und dieses ausdrücklich als Taufbad bezeichnete: in concha ... domini Constantini, imperatoris christianissimi et Augusti, baptismum et lauacrum glorie militaris accepimus (Briefw. 27, 5f., dazu der Bericht des Cochetus de Chotitis Anh. 8, 36 S. 23 und Anm.). Als Tribunus Augustus von Rom, d. h. als der, auf den das römische Volk die wiedergeborene Souveränität des römischen Staates delegiert hat, vollzog er das Taufbad in der Wanne Constantins mit antikisierendem Ceremoniell. Und das römische Volk selbst glaubte er durch den Heiligen Geist, der ihn zu seiner politischen Tat ge- trieben, gleichfalls neu geboren: toto populo de singularitate animi et de insolita periculi presumpeione vehemencius stupescente, cepit vigor eorum mortuus quodammodo respirare (an Karl IV., Briefw. 50, ı96ff. S. 204). Diese Vorstellungen verdichten sich ihm zu einer ganz bestimmten Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 605 mystischen Theorie, die er wieder dem deutschen König vorträgt. Er glaubt an ‘die beständige Herabkunft des Heiligen Geistes und die fortwährende Erneuerung der menschlichen Seelen durch ihn’: "So oft nämlich bedürfen wir der Erneuerung des Geistes, als wir alt und greis werden in Sündenschuld und so oft ist uns die Entzündung des Feuers der Liebe zuträglich, als diese Liebe in den Seelen unter der Übermacht unserer Ungerechtigkeit erkaltet. Und da ja heute mehr denn jemals in der vor Sünde alt und grau werdenden Welt die Wärme der Liebe nachließ, wie der Lebensgeistin einem Kranken, deshalb erscheint die neue Entzündung des spiritualen Feuers und die spirituale Erneuerung in uns wie eine Erleuchtung im Dunkeln um so notwendiger’ (Briefw. 58, 686ff. S. 315)'. Aber, so fährt er begeistert fort, es drohe dem Auserwählten, durch den nicht nur die Christenheit, sondern auch die Ungläubigen im katholischen Glauben und Geist erneuert werden sollen (populum ... infidelem in fide ca- tholica et spiritu renouandum), von den heuchlerischen Mächtigen im Namen der falschen Liebe der Tod. Die Erneuerung, die Wieder- geburt zeigt sich hier deutlichst in ihrem eigentlichen Wesen: nicht um ein bloßes Zurück zu vergangener Reinheit handelt es sich, nicht um Wiedergewinn verlorener Güter, nicht um Wiederherstellung, nicht um eine zweite unveränderte Geburt dessen, was schon einst da war. Durch die Wiedergeburt soll ein neues, erhöhtes, ideales Leben ge- boren, eine neue ideale Form des Lebens geschaffen werden. Die Heiden sollen als neue Menschen geboren werden, indem sie der Geist des Christentums, den sie bis dahin ja noch niemals besessen hatten, umwandelt und erhöht. Schwärmerische religiöse Träume, die ohne Frage durch die Ideen des ealabrischen Propheten Joachim von Fiore und seiner Nachfolger in den Spiritualenkreisen der Franeiskaner und Dominikaner bestimmt sind. Und gewiß redet Rienzo hier auch im Banne und mit den Formeln der Spiritualen-Eremiten des Apennin, unter denen er nach seiner Abdankung gelebt hatte und als deren Emissär er geradezu bei Karl IV. erscheint. Aber seine politischen, nationalen, religiösen Grundgedanken bewegten sich schon bei seinem ersten öffentlichen Auftreten in derselben Bahn. Das Ziel seiner Bestrebungen nennt er immer wieder ein renovare und reformare, renovatio und reformaltio \ Tociens enim renouacione Spiritus indigemus, quociens inueteramus et senescimus in peccatis; tociens amoris sui oportuna est ignis accensio, quociens superhabundantibus iniquitatibus nostris ipsa animarum caritas refrigescit. Et quoniam hodie plus quam nun- quam in peccatis semescente et canescente iam mundo caritatis calor defecit, vt- pote vitalis spiritus in infirmo, ideirco noua spiritualis ignis accensio et spiritualis in nobis renouacio tamquam illuminacio in obscuro plus noscitur oportuna. 606 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Roms, Italiens, bald auch der christlichen Welt. Gleich seine ersten politischen Manifeste enthüllen das in programmatischer Formulierung. Und er wird nicht müde, diese Schlagworte zu wiederholen. Jesus Christus rief — so verkündet sein Erlaß an Viterbo (24. Mai 1347), sein Rundschreiben an die Städte und Fürsten Italiens (7. Juni 1347) — auf Bitten der Apostel Petrus und Paulus und zum Trost der Römer, der römischen Provinz, der Rompilger, aller Christen durch die In- spiration des Heiligen Geistes das römische Volk zurück zur Einheit und Eintracht (Romanum populum inspiracione Spiritus sancti ad vnitatem ei concordiam reuocauit), es verlieh dem Tribunen Roms die volle Macht und Autorität, den Friedensstand des römischen Staates zu refor- mieren und zu bewahren (potestatem et auctoritatem reformandi et con- seruandi statum pacificum), und der Erwählte nahm mit ergebenem Herzen den Auftrag an zur Reformation und Erneuerung der Ge- rechtigkeit, der Freiheit, der Sicherheit und des Friedensstandes der Stadt Rom im Einklang mit der Ordnung der antiken Gerechtigkeit durch die Kraft einer gerechten, tapfern, maßvollen Militärgewalt (ad reformacionem et renouacionem iustieie, libertatis et securitatis statusque pacifici prefate Romane Vrbis — secundum ordinem antique iustieie per virtutem iuste fortisgue milicie moderate Briefw. 7 (8), goff., 129ff. S. 2ıf.). Der Brief an Viterbo schließt noch mit dem begrenzten Wunsch: libertas pax et iusticia per totam Romanam provinciam reformetur, das Rund- schreiben steigert das schon: libertas pax et üusticia per totam sacram Italiam protinus reformentur. Nicht bloß das mächtige Florenz lädt er ein ad reconciliationem totius sacre Ytalie -et antique amicitie re- nouacionem inter sacrum Romanum populum, vos et ipsam sacram Yta- liam vniuersam (11, 9ff. S. 30). Auch den Vizekönig von Sicilien bittet er mit Berufung auf antike Erinnerungen, auf die Bände alter Bücher, daß er die einstige Verbindung zwischen Rom und der Siculana pro- vincia wieder befestige und erneuere (refirmet et renouet 14, 76ff. S. 39). Als der Papst ihm bereits feindselig gesinnt ist, beteuert er (17. September 1347) noch: Das Volk der Stadt Rom, das so lange in der Finsternis tyrannischer Unterjochung wandelte, ist, da Gott sein Licht und seine Wahrheit entsandte, zum Licht der Freiheit, des Friedens und der Gerechtigkeit wundersam zurückgeführt und die Herrin der Völker, die heiligste der Städte, gesäubert von den Räubern, deren Höhle sie war, offenbar reformiert (dinoscitur reformata: 43, 22 ff. S. 160). Aus einer dunkeln Räuberhöhle hat sie sich verwandelt in eine lichte Stätte des Friedens und der Freiheit — das drückt hier das Wort reformata aus, wie er ein andermal (63, 259) davon spricht, das von den T'yrannen ‘deformierte und unterdrückte Volk zu reformieren und zu be- freien‘, d.h. in die seiner Natur gebührende ideale Form zu bringen. . r * pr ” - Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 607 Und gleichzeitig, um die Öeremonie seines Ritterbades gegen den Vorwurf der Blasphemie zu verteidigen, vergleicht er seine Refor- mation des römischen Staates, seine Reinigung und Neuordnung der Rechtspflege Roms mit dem Erneuerungsbad der Taufe Constantins. Was dem vom Aussatz des Heidentums zu reinigenden Kaiser zustand, das solle ihm, dem Christen, der Rom und Roms Volk vom Aussatz der tyrannischen Herrschaft der Barone gereinigt hat, nicht erlaubt sein (43, 70ff. S.ı63)? Hier faßt er also seine Reformation als einen Akt des reinigenden, weihenden Bades und das Volk, die Stadt Rom, die bürgerliche und staatliche Gemeinschaft als das Wesen, dem die Reinigung, die Erneuerung zu Teil wird. In demselben Brief aber (S. 170 Z.2ı6ff.) wendet er das Bild noch nach einer andern Seite. Da wird er selbst gleich dem “christlichsten Constantin’, «lem ersten Dotator der Kirche, wie jener vom Aussatz des Unglaubens gereinigt, so er den Aussatz der Tyrannei austreibend, jener die Kirche als weltliche Macht «durch seine Schenkung begründend, er die Kirche von ihren Erwürgern befreiend: “und in Wahrheit lebte nun in Römischen Landen die Kirche wieder auf (Zcelesia respirauit)'. Als Flüchtling in Prag füllt er das Bild gar mit doppeltem Inhalt: “Wer weiß — schreibt er an den König —, ob Gott nicht einen Menschen hat schaffen wollen, der im Lateranischen Hause (es Johannes Bap- tista (im Baptisterium der Johannes dem Täufer geweihten Latera- nischen Basilica) und in der kaiserlichen Quelle öffentlich getauft, der allen Völkern angenehm und erwünscht war, damit er Euch, wie der Baptista Christus, ein wegbereitender Vorläufer sei (preuius et precursor) zur Abwaschung der Flecken des Imperiums (ad lauandum imperii maculas), wie einst in derselben Quelle der Taufe des Constantin Silvester den Constantin abwaschen wollte. Befleckt ist wahrlich zu lange schon das Imperium durch viele Flecken und sie werden nur durch ein göttliches und menschliches Bad abgewaschen werden können’ (Briefw. 50, 345ff. S. 209). Dieses lauacrum diuvinum et humanum nennt er in einem früheren Brief an Karl IV. (49, 46ff. S.ı93) "die von Gott beabsichtigte, von vielen Spiritualen vorhergesagte universale Refor- mation’ (Deus intendit ad vniuersalem reformationem, a multis viris spiri- tualibus iam prediclam), die ein von Gott erwählter heiliger Mann im Verein mit dem erwählten Kaiser für den Erdkreis durchführen werde (eletus a Deo vir sanctus ... vna cum eleclo imperatore orbem terrarum multiplieiter reformabunt). Mit glühenden Worten malt dann der an den Erzbischof von Prag gerichtete Verus Tribuni libellus contra scismata et errores seine göttliche Berufung. Auch die von Gott verhängte Er- niedrigung wird ihm zum Guten ausschlagen. ‘Gott wollte, daß ich nach dem Fall mich um so mächtiger erhebe und daß — nach dem Sitzungsberichte 1910. ; 54 608 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Psalmwort (Ps. 102, 5) — gleich Adlern meine Jugend sich erneue‘. Er hofft die zweite innere Wiedergeburt für sich selbst, weil in den Tagen seiner Überhebung während des Tribunats ein ihm wohlgesinnter Mönch ihm strafend und zürnend das Wunder vorgehalten hat, das Gott durch ihn an jenem Pfingstfest vollbrachte, indem er das wieder- spänstige und zerrissene Volk durch den heiligen Geist einigte und so das Angesicht der Erde erneute’ (Briefw. 57, 500ff., 525 ff. S. 520f.) 4. Rienzos Wollen und Vollbringen enthält politisch-nationale, soeia- listische, religiös-kirchliche und humanistische Bestandteile. Sie von- einander zu schälen und ihre gegenseitige Lagerung festzustellen, davon sehe ich hier ab. Genug, daß sie als ein blendendes, aufregendes und erweekendes Ganze von wunderbarer Mischung gerade in Deutsch- land zündeten, wo die Persönlichkeit des flüchtigen Tribunen das größte Aufsehen machte, und zumal im Königreich Böhmen, am Hofe Karls IV., wo man die lodernden Ergüsse des unermüdlichen Brief- schreibers mit der Gier des Schreckens und der Bewunderung lesend und abschreibend verschlang'. Die neuen Weltbegriffe der Wieder- geburt und der Reformation haben deutsche Geister und Herzen in der Person und den Episteln des gefangenen Befreiers von Rom mit ungeheurer Auftriebskraft gepackt. Die Stichworte der neuen Epoche hat man in Deutschland aus dem feurig beredten Munde dieses magisch wirkenden Menschen vernommen. Die im voranstehenden Abschnitt gegebene Übersicht, die das Leben jener Stichworte in den Erlassen und Briefen des Tribunen aufzeigte, soll nicht vollständig sein. Sie ergibt indessen mit ge- nügender Sicherheit dreierlei. Die beiden Bilder, in denen sich die Begriffe "Renaissance und "Reformation’ ankündigen, gehen ineinander über, ja sie sind eine Einheit. Nirgends kann sich das greifbarer ausprägen als in folgendem Satz des ersten Briefes, den Rienzo nach einer vorangegangenen Besprechung mit dem deutschen König an ihn gerichtet hat, um seine politische und religiöse Mission auch schrift- lich darzulegen (Briefw. 49, 119ff., S. 196f.): Amor equidem reipublice magis quam ümperü me accendit, vt reformetur dustieia iam defuncta. Epi- grammatischer läßt sich der durchgehende Grundzug seines Wollens und Wirkens, den man weder leugnen noch verdunkeln sollte, nicht zu einem Programm verdichten. Der Gedanke des national-römischen ! Über das handschriftliche Fortleben der Briefe Rienzos in Deutschland vgl. meine Einleitung zu der neuen, oben S. 594, Anm. erwähnten Akademie-Ausgabe seines Briefwechsels. 1 Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 609 Staates, der una Italia, wie er ihn, rückwärts gewandt der Zukunft vorkämpfend, sich idealisierte, stand ihm in der Tat allezeit höher als die versinkende Idee des Imperiums. In jenen Worten fließen nun, wie gesagt, die beiden Begriffe und Bilder zusammen: die schon er- storbene Gerechtigkeit soll reformiert werden. Es ist klar: hier steht reformetur im Sinn von renascetur, regenerelur, recreelur oder dergleichen, und anderseits: hier steht defuncta im Sinn von deformata. Diese Berührung, ja diese Identität der beiden Begriffe und Bilder im Gedankenkreis und Sprachgebrauch Rienzos, das ist das erste Ergebnis der obigen Übersicht. Das zweite ist — und auch dieses springt aus jenen eben be- sprochenen Worten hervor — die Wendung des Bildes aus der poli- tisch-religiösen Sphäre in das Ethische. Jene Wendung des Begriffs der Wiedergeburt und Reformation also, der in Deutschland wenigstens zunächst die Zukunft gehörte oder richtiger: der in Deutschland vor- läufig die höheren und die litterarisch gebildeten Kreise überwiegend zufielen und die den Humanismus hervortrieb. Das dritte Ergebnis meiner summarischen Musterung der Aus- drucksweise Rienzos ist: das Bild der Wiedergeburt in seiner natio- nalen, politischen, humanistischen Färbung und ebenso das Bild der Reformation in seinen Spielarten, sie tragen beide noch überall ihren religiösen Ursprung und ihren religiösen Kern zur Schau. So- weit dabei die humanistische Anwendung, d. h. die Hervorziehung der antiken Lebensformen, sittlichen Anschauungen, Kunst- und Schrift- denkmäler in Betracht kommt, werde ich das später noch im einzelnen erweisen. Beide Bilder enthüllen dem modernen Leser ihren vollen Gefühlswert, ihre mächtige Resonanz in den Seelen der Zeitgenossen erst, wenn man die Tradition überbliekt, aus der sie erwachsen sind und mit der sie durch festeste Fäden zusammenhängen. Letzten Endes liegt hier jener mystische Begriff der Wieder- geburt, des Neugeschaffen werdens, zugrunde, der in der antiken heid- nischen und in der christlichen sacramentalen Liturgie eine Rolle spielt. Es handelt sich dabei um die Vorstellung, der zufolge der Eintritt in das neue Leben nicht den Augenblick eines Sterbens nach einer Periode des Lebens, sondern den Zustand eines verkümmerten Lebens oder auch den eines annähernden oder völligen Totseins ablöst. Diejenige Vorstellung einer Wiedergeburt dagegen, die man Metempsychose oder Seelenwanderung nennt, nach der die einen sterbenden Leib verlassende Seele in einen anderen Körper, in einem anderen Wesen neuersteht, und diese Wanderung durch eine Reihe von neuen Leibern stufenmäßig fortsetzt, muß zunächst aus dem Spiel bleiben. Denn sie ist durchaus heidnisch und wird vom Christentum strengstens abgelehnt. Inwieweit 54* 610 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. später, d.h. am Ende des Mittelalters, auch sie Einfluß gewinnt auf christliche Geister, wird sich im weiteren Verlauf meiner Untersuchung herausstellen. Die neueren religionsgeschichtlichen Forschungen haben die sacramentale Bedeutung der Wiedergeburt in den durch das ganze römische Reich verbreiteten Mysterien des Attis- und Kybeledienstes, den 'Taurobolien, in verwandten Riten der Mithras- und Isisverehrung beleuchtet. Es ist der magisch-liturgische Akt der Weihe und Heili- gung in der Vereinigung mit Gott, in der erlösenden Gotteskindschaft, in dem Neugeborenwerden durch den sich opfernden und wieder- erstehenden, Unsterblichkeit schenkenden Gott, wodurch der Myste höhere Kräfte, Entsündigung, Unsterblichkeit erringt. Ohne Magie und Theurgie hatte Jesus in rein ethischem Sinne das Gebot der inneren Umwandlung aufgestellt durch das paradoxe Bild, daß nur, wer wieder wie die Kinder werde, in das himmlische Reich eingehe (Matth. 18, 3). Aus dieser Sphäre mystischer Religiosität stammt die Gleichnisrede im Johanneischen Evangelium, die teils in der bildlichen Paränese des alten Testaments, der Psalmen und der Propheten‘ (Ps. 102, 1.4.5. 103,'30. 50, 12,7 Ezeeh. 11,19. 30,25% teils in der realistischen Symbolik der Mysterienliturgien wurzelt. Nur wer von neuem geboren werde, könne das Reich Gottes sehen! Nur wer aus Wasser und dem Heiligen Geist wiedergeboren werde (Joh. 3, 3): Nisi quis renatus fuerit denuo \rennHeh Änween], non potest videre regnum Dei. Mit deutlichem Hinweis auf die Wassertaufe wird der Heilige Geist als Urheber der Wiedergeburt bezeichnet und für diese doppel- sinnig als Zeitpunkt die Aufnahme in das Reich Gottes bestimmt. Ent- schiedener war bereits im Matthäusevangelium (19, 28) die Wieder- geburt in die Parusie Christi verlegt: In regeneratione, cum sederit Filius hominis in sede ımaiestatis suae, sedebitis. Ebenso will es die escha- tologische Vision der Johanneischen Apokalypse (Apocal. 21,1): Et vidi caelum novum etterram novam et ego Johannes vidi sanclam eiwitatem Jerusalem novam. Et dixit qui sedebat in throno; "Ecce nova facio omnia’ (Jes. 43, 19). Bezieht sich hier die Wiedergeburt auf die Ge- samtheit und führt sie so das neue Jerusalem, eine neue Welt herbei, so wird doch wie im Johanneischen Evangelium (3, 3) auch schon von den Apostolischen Briefen die Wiedergeburt in das irdische Leben verlegt und als erlösendes Begegnis des christlichen Individuums aufgefaßt. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Sacrament der Taufe und auf den Opfertod des Gottes, also auf das von dem Sacra- ment der Eucharistie dargestellte Mysterium (Röm. 6, 4): Consepulti enim sumus cum ilo per baptismum in mortem, ut quomodo Christus surrezit «a mortuis per gloriam Patris, ita et nos in novitate vitae ambulemus; vgl. Eph. 5, 25 Christus dilexit ecclesiam et seipsum tradidit pro ea, ut ilam Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 611 sanctificaret, mundans lavacro aquae in verbo vitae; Col. 2,12; 2. Cor. 4, 10f. Allerdings reicht auch hier die letzte Wirkung des durch die Wiedergeburt erreichten Wandelns in neuem Leben in die äußerste Zukunft, in die Auferstehung. Ein anderes, dem Paulus zugeschriebenes Wort aber bezeichnet die Taufe als Erlösung durch die Gnade Gottes in dem Bild des Bades der Wiedergeburt und der Erneuerung des Heiligen Geistes (Tit. 3, 5): Non ex operibus iustitiae, quae fecimus nos, sed secundum suam misericordiam salvos nos fecit per lavacrum regenerationis et renovationis Spiritus sancti. Ohne ausdrückliche Verbindung mit religiösen Jenseitshoffnungen erscheint das Bild der Wiedergeburt im Epheserbrief (4,22: Renovamıni autem spiritu mentis vestrae et induite novum hominem) wie im Üo- losserbrief (3, 10: induentes novum |[hominem] eum, qui renovatur ... secundum imaginem eius, qui creavit illum). Noch blasser im zweiten Co- rintherbrief (5, 17): Si qua ergo in Christo nova creatura (vgl.Gal. 6, ı5) und im ersten Petrusbrief (1, 23): Renati non ex semine corruptibili, sed incorruptibili per verbum dei vivi. i Paulus hat aber bereits den innersten, menschlichen und dies- seitigen Kern dieses mystischen Gleichnisses in einem knappen Spruch ausgeprägt, der in seinem Gebot eines täglichen Neuwerdens, abge- sehen von der scharf dualistischen Formulierung, dem "Stirb und Werde’ der sinnlich-geistigen Metamorphose Goethes nahesteht (2. Cor. 4, 16): Licet is qui foris est, noster homo, corrumpatur, tamen is qui intus est, reno- vatur de die in diem. Mag auch hier die Erneuerung begründet werden auf den Glauben an die durch Christus gesicherte Unsterblichkeit, so lebt in diesem Spruch doch unleugbar eine Kraft, aus der die moderne, die das Mittelalter überwindende Sittlichkeit Leben schöpfen konnte: und geschöpft hat. Und noch vollständiger auf die Bewährung im diesseitigen Dasein, auf den täglichen Wandel des Christenmen- schen gerichtet ist ein anderes Wort des Apostels (Rom. ı2, 2): Kt nolite conformari huie saeculo, sed reformamini in novitate sensus vestri, ut probetis, quae sit voluntas Dei bona et beneplacens et perfecta. In dieser Warnung vor der Anpassung an die Weltsünde und in dieser Mah- nung zur täglichen Umwandlung und Erneuerung des ganzen sittlichen und geistigen Menschen hat der Grundtext den Ausdruck metamopsoYcee TA ANAKAIN@cEI ToY noöc: "metamorphosiert euch in der Wiederverjüngung des Geistes’. Die Wiedergabe der Vulgata lehrt, daß reformari einem regene- rarti, renovari gleichsteht und etwa den Sinn hat: ‘in die dem religiösen, christlichen Ideal gemäße Form sich umbilden’. Es entspricht das auch dem antiken Gebrauch von reformare, über den später zu reden sein wird. Und wir erkennen hier die Grundlage für die bei Rienzo bemerkte Identität oder mehr Berührung der Ausdrücke reformare und renovare. 612 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Im Johanneischen Evangelium und im ersten Johanneischen Brief gelangt diese Paulinische Mystik an ihr Ziel. Die Wiedergeburt er- hält hier schon im Diesseits den Charakter eines überweltlichen Vor- gangs. Aus dem 'Geborenwerden von oben’ ergibt sich die Conse- quenz des 'Geborenwerdens aus Gott‘, des Seins in Gott, der Vergött- lichung. Jetzt treten die Stichworte ilü Dei, ex Deo nati, natus ex Deo, generatio Dei und für die wirkende Ursache dieser Gotteskindschaft und göttlichen Zeugung die carilas hervor: Joh. ı, ı2f. ı.Joh. 2, 29. 3, 1f.9. ASS ETEETER > Das Neue Testament vererbte die Vorstellung der Wiedergeburt in den Ausdrücken renasci, regeneralio, nova vita, renovari, renovalio einer- seits verbunden mit eschatologischen Paradieseshoffnungen und mit dem Glauben an die Wirkung der Sacramente (der Taufe, der Eucha- ristie), anderseits als Bild einer diesseitigen Vorstufe der jenseitigen Auferstehung und als sittlicehen Ausdruck der Gottesgemeinschaft. Und zwar wird, um es nochmals hervorzuheben, gleichbedeutend mit dem Bild der Wiedergeburt und Neuschöpfung das Bild des reformari, der reformatio, der Umsetzung in die ideale Form, gebraucht. In der Folgezeit hat das Sacrament der Taufe als ständigen dog- matischen Namen den Titel sacramentum regenerationis erhalten. Aber auch das jüngere Sacrament der Buße partizipiert an der Herbeifüh- rung der religiösen Wiedergeburt und heißt demgemäß das sacramen- tum resurgentium. Das Sacrament der Buße, welches bekanntlich wie nichts an- deres die äußerliche Macht des Priesters und der Hierarchie über die Welt gestärkt hat, war zunächst doch ein Antrieb unendlicher reli- giöser Vertiefung und einer ausgesprochenen Individualisierung der Frömmigkeit. In der Zeit seines Aufkommens und des ersten Jahr- hunderts seiner dogmatisch fixierten Wirksamkeit — es genügt, den Namen Hugo von S. Vietor zu nennen — hat es einen Strom reli- giöser Mystik in das kirchliche Leben ergossen, der seinen Höhepunkt im 12. Jahrhundert in Frankreich, im 13. in Italien, im 14. in Deutsch- land erreichte und besonders bei uns eine solche Fülle eigentümlichen Lebens und reichen sprachlichen Ausdrucks schuf, daß man in be- greiflichem, noch heute nicht überwundenem Irrtum die mystische Literatur in deutscher Sprache für ein nationales Gewächs gehalten hat, während sie von Grund aus eine internationale Kemütsdisposition, eine internationale Ausdrucksart der Sehnsucht nach der Gottheit enthält. In den tiefsinnigen Meditationen, die sich um das Sacrament der Buße schlingen, in der aufwärtsschwebenden, liebeglühenden Mystik nn Henne 1. * * . Lg ‘ Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 615 Bernhards von Olairvaux und der beiden Vietoriner, mehr noch, seit- dem der heilige Franz seine neue Lebensgemeinschaft auf die Buße und die Caritas gründete, steigt Augustins mystische Gnadenlehre wieder empor und entfaltet nun erst, seit dem 14. Jahrhundert, ihre volle befruchtende Kraft, die in Petrareca als Erweckerin des modernen Subjeetivismus sich betätigt. Die Menschheit — so spricht der am tiefsten schachtende Teufer des religiösen Brunnens — ist durch Adams Fall in Sünde und Tod verstrickt, aber sie ist erneuert, wiedergeboren durch Christus, den neuen Adam. Die Kirche ist es, die den einzelnen Menschen, der in ihre Gemeinschaft durch das Einweihungssaerament der Taufe aufge- nommen wird, zu einem Gliede macht an dem mystischen Leibe Christi und diesen Anteil sinnfällig und wirksam vermittelt durch das Sacra- ment der Communion. Aber neben dieser mittelbaren, durch die Kirche verbürgten Erneuerung besteht eine unmittelbare, persönliche der gläubigen Seele. Der in Sünden befangene Mensch ist ein Toter. Aber durch Gottes Gnade wird ihm, sofern er erwählt ist, ein neuer Wille geschaffen, wird er aus einem impius ein üıstus, indem der Heilige Geist an Stelle der bösen Begierde die gute ihm eingießt, das heißt die caritas. Diese inspiratio dilectionis ist die sehnende, bittende Liebe, der Glaube, der durch Liebe tätig ist. Und diese Umwandlung, diese iustificatio heißt renovatio. Auch die Taufe gibt ein /avacrum regene- rationis, in dem alle Sünden erlassen werden, auch die Eucharistie gibt ein Kleinod, die communio corporis Christi. Aber der Getaufte möge zusehen, ob er die caritas besitze und dann sprechen: ‘Ich bin ge- boren aus Gott’ (natus sum ex deo), ob er den Glauben habe, und dann dem Ruf verdienen: ‘Du hast gegessen’ (manducasti: das Brot des Lebens)‘. Erst die Wiedergeburt von innen heraus “in der Neuheit des Geistes’, die Erneuerung des inneren Menschen nach dem Bilde Gottes, seines Schöpfers, bringt den Zustand der Gotteskindschaft”. Die Wiedergeburt, die die Apostel und das Evangelium forderten, hat eine zweiseitige Natur. Sie enthält das Wesentliche der Recht- fertigung des Menschen, der Tilgung seiner Schuld, der in ihm wir- kenden göttlichen Gnade. Aber sie erscheint anderseits auch nach außen gekehrt als Entfaltung und Betätigung des neuen Geistes, der neuen Kraft, die in der Regeneration erwachsen. Beide Seiten, ! Vgl. And. Harnack, Dogmengeschichte3 3 (4. Cap. 2, 23), 145. 192 ff.; * 154. 205 ff. Loors, Grundriß der Dogmengeschichte* $ 50, 7.8 (S. 385 fl.). $ 51, 3d—5c (S. 402fl.). Schwane, Dogmengeschichte? Bd. 2 (Freiburg i.B. 1895), S. 544. ®2 Augustin, De peccat. merit. et remiss. 2, 7,9 (Migne 44, S. 156): Non advertunt, eo quosque fieri filios Dei, quo esse incipiunt in novitate spiritus etrenovari in inleriorem (renovare interiorem Var.) hominem secundum imaginem eius qui creavit eos usw. bis zum Ende des Abschnitts; charakteristisch auch z.B. Confessiones 13, 21, 30. 22, 32; 4, IT, I6. 614 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. sowohl die rein religiöse als die mehr sittlich-menschliche Wirkung der innerlichen Neuschöpfung, werden nun während des 13. und 14. Jahr- hunderts in Italien und in Deutschland gegenüber der rein dogma- tischen Formulierung lebendiger erfaßt. Daß alle Religion in dem inneren persönlichen Erlebnis ruht, tritt nun aufs neue vor die Augen und in das Bewußtsein der Menschen durch das Wirken zweier großer Erwecker. Joachim von Fiore in Calabrien und Franz von Assisi, sie stehen einander nicht bloß darum nahe, weil ihre Nachfolger und Schüler sie beide gemeinsam verehrten. Sie sind sich auch aus sich selbst innerlich verwandt. Beide zusammen bringen sie eine der größten Reaktionen, die das Christentum erfahren hat. Beide wenden sich ab von theologischer Gelehrsamkeit, von kirch- lieher Macht und Herrschaft, von hierarchischem Glanz, von Dogma und Buchstaben. Ungeschrieben ist Joachims Kvangelium aetermum, der lebendige Inhalt der echten Lehre Christi, das im erwarteten Zeit- alter des Geistes an die Stelle des äußeren Evangeliums treten soll. Aus dem Herzen allein quillt die neue Frömmigkeit, die Franz in opferwilliger Armut, in Demut und brüderlicher Liebe, in kindlicher Fröhlichkeit, dienend und predigend verbreitet. Aber diese neue Frömmigkeit, die Joachim und Franz verkünden und fordern, lebt nicht mehr allein in der religiösen Meditation, in Andacht und Gebet, nieht im Finstern, Formlosen, Abstrakten. Ihre eigentliche Quelle, die wahre Kraft ihrer Wirkung finden Joachim und Franz übereinstimmend in der Sphäre menschlicher Seelenäußerung, die hineinragt in das Gebiet lebendiger Bewegung, in das Spiel der Phantasie. Trotz aller Askese und Kasteiung, trotz ihrer Verachtung von Luxus und äußerem Glanz, von äußerer Schönheit und allem Schmuck wenden sich beide doch auch an gewisse ästhetische Kräfte und Bedürfnisse, räumen sie z. B. der Musik und der Poesie eine Macht ein, die einen Zug zum Rührenden, Zarten, ja zur lichten Heiter- keit verrät. In beiden steckt ein Stück vom Poeten, vom Sänger. Der wahre Mönch soll nichts sein Eigen nennen als die Harfe, Gott zu preisen Joachim kündet es und berichtet, ihm sei, was er früher dureh kein Studium habe ergründen können, in der Liebe zum heiligen Gesange während des Gesanges am Pfingstfest aufgeschlossen worden: das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit. Das sei ihm dabei im Bilde des zehnseitigen Psalters erschienen, und danach habe er seinem Buch den Namen gegeben. Der Ton dieses zehnseitigen Psalters soll’den Leser entzücken und zu Tränen rühren. Aber jeder äußere Ton schweige, wenn der innere Gesang anhebt, und vor der geistlichen Wonne schwinde die leibliche (Commentarius in Apocal. FT u Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 615 Bl.70 b 2, Psalterium decem chordarum Vorrede und lib. ı, dist. ı). In ähnlichem Sinne nennt Franz von Assisi sieh und seine Gefährten ioculatores Domini, d.h. "fahrende Sänger des Herrn’. Aber er be- ruhigt sich nicht, wie Joachim, in dem bloßen Bilde. Er setzt es in eoncrete Wirklichkeit um. Er will, daß seine Genossen nach der Predigt, unter der Führung etwa des Bruders Paeifieus, der früher ein ge- feierter höfischer Sänger gewesen war und "König der Verse’ geheißen hatte, die Laudes Domini, vor allem das ‘Sonnenlied’ zum Preise der göttlichen Schöpfung singen, so im Wetteifer mit der weltlichen Dich- tung die Menschenherzen zur heiligen, geistigen Fröhlichkeit (ad laetitiam spiritualem) aufrichten und dafür als Sängerlohn Almosen, die Unter- pfänder der vera paenitentia, einsammeln sollten (Speeulum perfectionis 9, 100 und 9, 59. 60 ed. Sabatier, Paris 1898, S. 197, 16 —ı98, 2, 199— 201, 2. 108fl.; Legenda trium sociorum ed. Mich. Faloei Pulignani. Fulginiae 1898, 8, $ 32. 33 S. 54). Beiden weist ihren Weg der Ruf: "Zurück zur Quelle christlicher Religion! Zurück zum Wortlaut des Gebots der Evangelien!’ Franz mahnt immer aufs neue, zu leben secundum formam evangelü oder se- cundum formam ab apostolis traditam et servatam, d.h. nach der vor- bildliehen, idealen Form des Apostolischen Lebens. Ihren bisherigen Wandel nach diesem reinsten Abbild der Vollkommenheit (perfectio) des göttlichen Urbilds umgestalten — das ist es, was Franz und die Seinen reformare, reformatio heißen. Christi Befehl der brüderlichen Liebe in Besitzlosigkeit, Buße, Demut gibt dem heiligen Franz die Norm für die Gemeinschaft der apostolischen Wanderprediger. Die pneumatische Lehre des Johanneischen Christus von der inneren Wieder- geburt im heiligen göttlichen Geist der Wahrheit gibt Joachim den Begriff des ewigen Evangeliums des Geistes und des künftigen Ordens der Gerechten, der Spiritualen. Einst gab es — so lehrt Joachim — einen schattenvollen Ort und einen dunkeln Himmel, das alte Testament, das Testament des Buchstabens, nur erhellt durch die Sterne, die Propheten, die den Geist Gottes in sich hatten. Dann folgte der zweite Himmel, die Zeit der Gnade, das neue Testament, erleuchtet vom Glanz des Mondes. Aber soll dieser Himmel schon das. Ende unserer Vollkommenheit sein? Mit niehten. Denn Paulus selbst hat ja die bereits in Christus Wiedergeborenen noch irdische Geschöpfe gescholten, die nicht fähig wären, die Gaben des göttlichen Geistes zu empfangen!. Diese Wiedergeburt durch das allen gemeinsame Sacrament der U Joachim Concordia veteris et novi testamentill, tract. I, Cap. 1. Venet. 1519 Bl. 6Yvb (nach dem Protokoll von Anagni hrsg. von DesırLe, Archiv für Litteratur- und Kirchen- geschichte des Mittelalters, 1, 1885, S.127): Sed num, quia secundum celum tante novimus esse dignitatis, ideirco dieimus esse in eo finem perfectionis nostre? Et ubi est illud, quod iam renatis in Christo inproperabat Paulus [1. Cor. 3, 1 f.], vocans illos homines et animales et quibus lac opus esset et non solidus cibus, dicens, animalem hominem non percipere ea que sunt spiritus dei [1. Cor. 2, 14]? Restat ergo, ut in tertio celo finem perfectionis nostre positum esse intelligamus, celo utique spiritualis intelligentie, que de utroque testamento procedit. 616 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Taufe genügt Joachim noch nicht. Er fordert eine Wiedergeburt höherer Art, für die Erwählten: die Wiedergeburt des dritten Himmels. Erst die Söhne jener Un- vollkommenen (nur Getauften), erst die, die in Christus werden neu geboren werden durch das ewige Evangelium, das im Geiste und deshalb nicht wie jedes Buchstaben-Evangelium zeitlich, sondern unvergänglich ist, werden einziehen in das gesegnete Land, darin Milch und Honig fließt!. Der erste Weltstand war unter dem Gesetz, der zweite, in dem wir leben, ist unter der Gnade, der dritte, den wir als noch bevorstehend erwarten, unter reicherer Gnade, jener Gnade, die nach dem Johannes-Evangelium (1,16) an Stelle der Gnade verheißen ward, nämlich des Glaubens und der Caritas. Der erste Weltstand war im Wissen, der zweite ist in der Weisheit. der dritte wird sein in der Vollkommenheit des Intelleets. Der erste in knechtischem Dienst, der zweite im kindlichen Dienst, der dritte in der Freiheit. Der erste in der Furcht, der zweite im Glauben, der dritte in der Caritas. Der erste im Licht der Sterne, der zweite in der Morgenröte, der dritte im vollen Tagesglanze. Der erste im Winter, der zweite im Frühling, der dritte im Sommer. Der erste brachte Nesseln, der zweite bringt Rosen, der dritte Lilien. Wie, nachdem der Perserkönig Cyrus vierzig Jahre vollendet hatte, den Juden volle Freiheit gegeben ward zum Wiederaufbau des von Nebukadnezar zerstörten Tempels in Jerusalem, so soll nach Vollendung von vierzig Generationen seit der Menschwerdung Christi den Gläubigen vollkommene Freiheit gegeben werden im heiligen Geiste, also daß man dann mit Recht Halleluja werde singen dürfen, weil die Geburt der Kirche (d.h. der wahren, der idealen Kirche) mitten in jener schwersten Heimsuchung am Ende des zweiten Weltstandes stattfinden. Alsdann werde der heilige Geist, der einst, bei der Ankunft Christi, vom Gottvater ausging, vom Sohn Gottes ausgehen (Concordia 5 Cap. 77, ed. Denirte S.ı12). Alsdann werden sich alle Juden und Heiden zum Christentum bekehren und es wird nach dem Johannes- Evangelium (10,16) eine Hürde sein und ein Hirt (Concordia 5 Cap. 51, nach dem Protokoll von Anagni herausgegeben von DENIFLE, a. a. OÖ. S. 113). In dieser Zeit der Herrlichkeit wird nach Ablauf der Prüfungen der Kirche, und nachdem sorgfältig der Weizen vom Unkraut gereinigt ist, gleichsam ein du. novus aus Babilon, d.h. aus der römischen Kirche, erstehen, ein universaler Papst des neuen Jerusalem, und ihm wird die Vollmacht verliehen werden zur Erneuerung der christlichen Religion (ad innovandam christianam reli- gionem), während der Herr der Heerscharen schon über die ganze Erde anfängt zu herrschen. Die Innovation der christlichen Religion durch das Universalpriestertum des dur novus im neuen Jerusalem wird nun das religiöse Leben der Gesamtheit zum Bessern umgestalten oder wie Joachim mit dem zukunftsschwangern Wort sagt: reformieren. ! Joachim In Apocal. Venetiis 1527, Bl. 95 ‘b (nach dem Protokoll von Anagni hrsg. von DENIFLE, a. a. O. S. 128): Filii autem eorum [jener vorher Genannten, die im Geiste sich noch nicht vollkommen aus dem Lande der Fleischlichkeit, Aegypten, befreien konnten], qui gignentur in Christo per evangelium eternum, quod est in spiritu — quoniam utique evangelium, quod est in littera, temporale non eternum, — ingredientur revera in terram bonam, in terram fluentem lac et mel. ®2 Concordia IV, Cap. 31, Bl. 56", (nach dem Protokoll von Anagni hrsg. von Denirt.e S. 105): In ecclesia incipiet generatio XLIT. vel hora, in qua Deus melius novit, in qua videlicet generatione peracta prius generali tribulatione et purgato diligenter tritico ab universis zizanüs ascendet quasi dux novus de Babilone universalis pontifex nove Jerusalam, hoc est sancte matris ecelesie, culus typo seriptum est in Apocalipsi VII [Apoe. 7,27: 'vidi angelum ascendentem ab ortu solis habentem signum dei vivi’ et cum eo reliquie ex- cussorum. Ascendet autem non gressu pedum aut immutatione locorum, sed quia dabitur ei ‚plena libertas ad innovandam christianam religionem et ad predicandum verbum dei incipiente iam regnare domino ewercituum super omnem terram. ni nn Burvaen: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 617 Die so entstehende neue, ideale Form des religiösen Lebens vergleicht Joachim mit concereter geschichtlicher Bezeichnung dem Zustand der ersten Christen im Aposto- lischen Zeitalter, zugleich aber erhebt er sie hoch darüber, indem er von der Zukunft eine Verdopplung des einstigen, in der Zeit der Prüfung verlorenen Besitzes der Kirche durch die Bekehrung der Juden und Heiden erwartet!. Und diese Re- formation, die das dritte, das Weltalter der Zukunft briugen soll, ist ihm im Grunde die gesteigerte Wiederholung jener Reformation, durch die zu Beginn des zweiten Weltalters Christi Menschwerdung den Unschulds- und Paradieses- zustand des ersten Menschen (Adams) wieder erschaffen hatte, der durch den Sündenfall zerstört war. vo Diese Erneuerung der christlichen Religion, die hier dem neuen dv, dem idealen Universal-Papst der Zukunft obliegt, erwartete man in gewissen Kreisen der Anhänger des heiligen Franeiscus von ihm. Schon die frühesten Legenden berichten, der Kardinal Johannes de Paulo (1205— 1216), der dem heiligen Franz den Zutritt zum Papst Innocenz im Jahre 1209 vermittelte, habe ihn jenem vorgestellt als einen Mann, der nach der Form des heiligen Evangeliums leben will, und durch ihn wolle, wie er annehme, Gott in der ganzen Welt den Glauben der heiligen Kirche neuge- stalten (reformare) °. Das wird zum zündenden Stichwort der Epoche. Freilich ein Stichwort mit höchst verschiedenem Inhalt, dem bald für die Gegenwart und irdische Zustände, bald für das erwartete Ende der Welt Gültigkeit zuerkannt wurde. Hier erscheint es aus- gegeben innerhalb der Kurie selbst. Diese Reformation, diese Erneuerung der kirchlichen Gemeinschaft und ihres religiösen Lebens soll aus der Wiedergeburt, der Erneuerung der Religiosität des In- dividuums fließen. Das ist der Kern des ganzen Gedankenkreises. Die "Erwählten Gottes’, die im Stande des Neuen Testaments leben, unterscheiden sich von den Söhnen Jacobs, die im Fleisch geboren sind, dadurch daß sie "zur Gerechtigkeit geboren und wiedergeboren sind durch Wasser und den heiligen Geist’ (nati sunt ad iustitiam, regenerati utique ex aqua et spiritu sancto: Joachim, Concordia II, traet. ı Cap. ı Bl. 6Y2). Seit dem Auftreten des Täufers Johannes gibt es diese spiritualen Söhne Gottes, die in ihm erzeugt sind durch .den heiligen Geist, der sich auf Christus herabließ in der Gestalt der Taube, und aus dem noch täglich die Söhne Gottes wiedergeboren werden (de quo et renascuntur quotidie qui sint filüi dei: Joachim Introduet. in Apocal. Cap. 5 Bl. 6a), ! Joachim Concord. 5, Cap. 86, Bl. ı14'b: [es ist die Rede von Daniel und Hioh, denen nach göttlicher Prüfung aller Schaden doppelt ersetzt wird] (Quod autem completa tentatione restituti sunt Job eiusdem numeri filü cuius fuerunt primi, et duplicata sunt omnia que possederat, significat reformari statum ecclesie in eum gradum et similitudinem, in quo fuit tempore apostolorum et letari in multitudine duorum populorum, hoc est Judeo- rum et gentilium. Etenim vsque modo sole gentes glorificant Christum, in illo autem die plenitudines Judeorum et gentilium. ®2 Joachim Cone. 5, Cap. 84, Bl. ıız"bf. (nach dem Protokoll von Anagni hrsg. von DENIFLE S.132): Primus itaque status pertinet ad patrem ... Secundus ad filium, qui assumere dignatus est limum nostrum, in quo jejunari et pati posset ad reformandum statum ‚primi hominis, qui ceciderat comedendo. Tertius ad spiritum sanctum, de quo dicit apostolus: "ubi spiritus domini ibi libertas [2.Cor. 3, 17] !! 3 Sancti Franeisei Legendam Trium Soeiorum ed. Mich. Faloei Pulignani. Fulginiae 18958 Cap. ı2 $ 48 S. 69: ‚Jnveni virum perfectissimum, qui vult vivere secundum formam sancti Evangeliüi et evangeliorum perfectionem in omnibus observare; per quem credo, quod Dominus vult in toto mundo fidem sanctae Eccleiae reformare. 618 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. ‚Juni. 6. Diesen mystischen Gedankengängen bleibt, wie man sieht, immer die bereits im Neuen Testament gegebene Zweiseitigkeit erhalten: die Wiedergeburt oder Umwandlung in die neue, ideale Form vollzieht sich entweder im Individuum oder in der kirchlichen Gemeinschaft. Beides kann zusammenfallen oder sich gegenseitig bedingen, wie es in der Vorstellung Joachims, mehr noch in deren Fortbildung durch seine Nachfolger, besonders in den intransigenten Franziskanerkreisen vielfach geschah. Aber man kann sagen: alle diejenigen, die der Frömmigkeit des heiligen Franz persönlich sich am nächsten hielten, haben immer das individuelle Element der Wiedergeburt, sie haben die Reformation des inneren Menschen stärker oder allein betont. Weil Franz selber darauf das Hauptgewicht gelegt hat, war es ihm möglich, mit der Kirche, wie sie Papst, Curie und Hierarchie dar- stellt, seinen Frieden zu schließen. Diejenigen Gruppen seines wie des verwandten Dominikanerordens, welche die andere Seite des Wiedergeburts- und Reformationsgedankens zur Richtschnur nahmen, stießen unausweichlich mit den Organen der irdischen Herrschaft, der Kirche und des Staates, feindselig zusammen. Denn die geschichts- philosophische Mystik des Propheten Joachim barg in sich Explosivstoffe ungeheuerster Kraft. Dieser calabrische Anachoret, dessen Entwicklung, wie ich für sicher halte, byzantinische und süditalisch-griechische Ein- flüsse bestimmt haben, geht aus von der kirchlich rezipierten, dog- matisch durchaus unanstößigen typologischen und eschatologischen Ausdeutung des alten und neuen Testaments. Er ist scheinbar ein treuer Schüler der alten Propheten und der Apokalypse, die auch von der Kirche als Autoritäten anerkannt waren. Aber er reißt die Scheidewand nieder zwischen Wirklichkeit und Himmlischem. Er pflanzt die Erfüllung to) und Wunder, die der Parusie voraufgehen, in die Gegenwart oder die Vorbereitung der letzten Dinge, die Schrecken doch wenigstens in eine fest datierte, nahe Zukunft. Und er gibt den prophetischen und apokalyptischen Bildern und Gleiehnissen mit erstaunlicher Kühnheit einen realistischen Sinn: er bezieht sie auf Dinge und Einrichtungen der bestehenden Kirche, der wirklichen Hierarchie. Ich zweifle nicht, daß Franz von Joachims erregender Prophetie, sei es auch nur indirekt, berührt gewesen ist. Aber diese Frage ver- schwindet völlig vor der ganz sicheren Tatsache: die von Franz ge- stiftete Genossenschaft der dem apostolischen Vorbild nachlebenden Minoriten und der auf ähnlicher Grundlage gegründete Orden der Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 619 Dominikaner ersehienen vielen ihrer Mitglieder, erschienen vor allem den draußen Stehenden als Erfüllung jener von Joachim angekündigten neuen Form des Mönchtums, jener perfecti spirituales, jenes ordo Justorum. Große Gruppen in den beiden Mendicantencongregationen eigneten sich die über Joachim hinausgehende Auslegung von dessen Schüler, Gerhard aus Borgo San Donnino, an und fühlten sich als den vom Calabresen verheißenen Orden der Auserwählten oder stellten sich ausdrücklich als solchen hin. Dadurch erst gaben sie dem Kvangelium aelernum die elementare Gewalt, die die Welt, Fürsten, Gelehrte, Frauen, Bürger, das ganze Volk, und was am folgenreichsten wurde, auch zahllose Conventikel der Frommen aufwühlten. Die furehtbaren kirchlichen, politischen, sozialen Kämpfe, die das Umsichgreifen des extrem gesteigerten Joachimismus seit der Mitte des 13. Jahrhunderts entfesselten, sind durch die neueren umfassenden Forschungen von Historikern und Kirchenhistorikern beleuchtet worden und allbekannt, wenn auch keineswegs im einzelnen genügend auf- geklärt. Davon will ich hier nicht reden. Nur das Eine sei gesagt: durch die Joachimitische Strömung wird innerhalb der beiden Bettel- orden die Spaltung zwischen den Laxen, der sogenannten Öonventualen- Gruppe, die mit dem bestehenden Kirchenregiment Frieden halten, und der radikalen Partei der Observanten oder Zelanten, die im Sinne des heiligen Franz eine tiefgreifende Reformation des Ordens und der Kirche fordern, unheilbar, und Angesichts dieser Spaltung stellen sich die Führer der weltlichen Vorwärtsbewegung Dante und Rienzo der Conventualen-Partei entgegen. Dante feiert im elften und zwölften Gesang des Paradieses Franziscus und Dominieus als die beiden Lichter, als die beiden fürstlichen Brautführer der Kirche bei ihrer Vermählung mit Gott und läßt den Conventualen durch Thomas von Aquino und 3onaventura schimpfliche Entartung vorwerfen (Parad. ı1, 28—-39). Rienzo erblickt sie als die Prediger im Geiste des Enoch und des Elias. der beiden zur Bestreitung des Antichrist Wiedererscheinenden, als die Stützer der zusammenbrechenden Kirche, die durch ihr Wirken das göttliche Strafgericht hinausschieben (Briefw. 49, 52 ff., S. 193 £.), ihre Convente dagegen als Herde weltlicher Üppigkeit und Verworfenheit (Briefw. 58, $ 15. 16, S. 291ff.). Das mystische Bild von der Wiedergeburt und der Reformation in seiner Zweiseitigkeit hatte das ganze Mittelalter durch gelebt. Aber es war verblaßt und erstarrt zu einer dogmatischen Formel der Sa- cramentenlehre. Nun, seit dem religiösen Aufschwung des 12. Jahr- hunderts, an dem auch die ekstatischen Frauen in den Niederlanden wie in Deutschland so tief beteiligt sind, seit Joachim, Franz, Domini- cus, seit dem schrankenlosen Emporfluten des religiösen Enthusiasmus 620 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. verwandelt jenes Bild sieh in den Ausdruck eines zuerst nur einzelne, dann auch weite Kreise erfüllenden Gefühls und Verlangens rein menschlicher Art, in das sich das Bedürfnis und die Darstellungskraft der Phantasie, der Sinne eindrängt. So wird es ein Stichwort für den bewußten Fortschritt im weltlichen Bereich: für das Politische und Soeiale, gleichzeitig auch für das Poetische und Künstlerische. Einer der wirkungsvollsten Vermittler des religiösen Gedankens von der Wiedergeburt und der Umwandlung in die ideale Form war der große Franziskaner Generalminister Bonaventura. Er hat die leiden- schaftlichen Gegensätze im Minoritenorden zwischen den der weltlichen Strömung der Kirche und dem Curialismus nachgebenden Laxen und den Zelanten zeitweise auszugleichen oder zu mildern verstanden. Er ist einer der gelehrtesten und scharfsinnigsten Theologen, gepanzert mit dem vollen Rüstzeug jener Gedankenbaukunst, die wir mit einem halb ehrfürchtigen, halb entsetzensvollen Schauer Scholastik nennen. Sein Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus ist voll profundem biblischem, patristischem, scholastischem Wissen und be- herrscht die dialektisch-syllogistische Methode in vollendeter Meister- schaft mit spielender Klarheit. Aber er, der Kenner und Schüler des Areopagiten, ist zugleich der Bahnbrecher der europäischen Mystik des ausgehenden Mittelalters, die, was meist ignoriert wird, ihre Quelle in Byzanz hat. Seine Predigten und seine erbaulichen Schriften haben das religiöse Leben des abwelkenden Mittelalters in unberechenbarer Weise befruchtet. Aus ihm nährt sich die deutsche Mystik, die Mystik der großen Dominikaner. Aus ihm nährt sich vor allem die Phantasie und die Empfindung der Künstler des 14.. und 15. Jahrhunderts: der Maler, der Dichter, der scenischen Dar- stellungen, der Publizisten und Epistolographen in Italien, in Frank- reich, in Deutschland, überall, wo christlicher Glaube seine Stätte hatte. Ich habe die Schriften des Bonaventura daraufhin durchgearbeitet und kann hier nur das Ergebnis andeuten. Mit gleich enthusiastischer Überzeugung erläutern und verherrlichen die Argumentationen seiner philosophischen Systematik im Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus wie seine mystischen Andachtsbücher und seine Predigten das Johanneische Herrenwort von der Neugeburt, das Paulinische (Eph. ‚ 23) Itenovamini spiritu mentis vestrae und das andere Pauluswort In novitale vitae ambulemus (Röm. 6, 12). Diese enthusiastische Überzeu- gung prägt zündende Bilder für die reformatio animae: durch ihren göttlichen Künstler mittels der Natur! geschaffen nach seinem Bilde, ' Dieser Gedanke, den auch Thomas Aquinas breit und tief entwickelt, bleibt die Grundlage für die Ästhetik der Renaissance. Auch Vasaris (s. oben S. 597) Lehre von der Naturnachalımung wurzelt darin. Wer hier “Natur im Sinne des modernen En Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 621 ist die menschliche Seele deformiert durch die Sünde; sie kann re- formiert werden, d.h. die gottähnliche Form wiedererhalten durch die Gnade. Aber es handelt sich dabei um ein Plus gegen den Ur- stand Adams vor dem Sündenfall. Nicht bloß der paradiesische Stand der Seele vor dem Sündenfall soll durch die Gnade wiederhergestellt werden. Das Mittleramt des geopferten Christus und des Heiligen Geistes verbürgt ein Größeres. Die Reformatio, auf die Bonaventura abzielt, ist eine Transformation höherer Art. Er eignet sich, um sie zu bezeichnen, die gewagte Formel Pseudo-Bernhardischer Mystik an: "Wer Gott mit inbrünstiger Seele liebt, der verwandelt sich in ihn.” Da haben wir das Übermenschentum', das man im Zeitalter der Renaissance so gern findet und so gern für antichristlichen, heidnischen Titanis- mus erklärt, jedoch als Ausfluß enthusiastischer mystischer Devotion! Aber tiefer noch ergreift ihn die andere Mahnung In novitate vitae ambulemus (Röm. 6, 12). Inmitten der menschlichen Not und Unbe- ständigkeit zeigt sie ihm die "Regel oder Form des heiligen Lebens’. Und nun öffnet seine rednerische Kunst die Schleusen der biblischen Metaphorik, um diese novitas vitae zu erheben. Mit strömender Fülle des Gefühls häuft er die Elemente dieses Neu-Werdens. Damit wir dem Gebot des Apostels folgen können, ist uns vielerlei nötig. Wir brauchen nova desideria aeternitatis. Wir brauchen nach dem Ezechiel- wort (Ez. 36, 26) den ‘neuen Geist’ und ‘das Herz von Fleisch’ an Stelle des versteinten Herzens. Wir brauchen die "neue Rede der Menschheit’ (nova eloquia seilicet veritatis), die neuen Zungen, die das Mareusevangelium (16, 17) nennt; die neuen Zeichen der Heiligkeit (nova signa scilicet sanctitatis), die der Epheserbrief (4, 23) beschreibt als Erneuerung des Geistes und Anziehen des neuen, nach Gott ge- schaffenen Menschen in der Gerechtigkeit und Heiligkeit der Mensch- heit. Wir brauchen ‘neue Beispiele der Liebe’ (nova exempla, seilicet caritatis), wie es das ‘neue Gebot’ des Johannes (13,34) einschärft. Wir brauchen ‘neue Loblieder auf Gott’ (nova praeconia, scilicet divinae laudes). Wir brauchen ‘neue Wettkämpfe der Mannhaftigkeit' (nova Empirismus oder Naturalismus verstünde, setzte sich ordentlich in die Nesseln. Und das gleiche gilt mit geringfügigen Ausnahmen für die ganze Renaissance, die eben nur ınodernem Anachronismus, d. h. nur der Aufklärung, dem Classizismus, dem Liberalis- mus, dem subjektiven Anarchismus neuer und allerneuester Cultvereine, deren Heilige ich nicht zu nennen brauche, für paganisch gelten kann. Die Antithese vom sinnlich- heitern Hellenentum und weltfeindlichen christlichen Nazarenertum ist eine Legende, mag sie auch Goethe, wenigstens zeitweise, geglaubt und verbreitet haben. ! Erinnern möchte ich an die verwandten Vorstellungen der niederdeutschen Begine, der Schwester Mechthild von Magdeburg, die in ihrem urmystischen “‘Fließenden Licht der Gottheit’, das wir leider nur in einer jüngeren oberdeutschen und in einer etwa gleichzeitigen lateinischen Übersetzung besitzen, mit solchem Hoch- gefühl redet von der “Königin Seele. 622 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. certamina, scilicet virilitatis). Wir brauchen neue Beseligungen (nova charismata, scilicet suavitate). Dieses vielfältige Echo des erweckenden Stichworts vom neuen Leben, das Bonaventura so ausklingen läßt und wieder hervorlockt, ertönt auch in den lateinischen und italienischen Gesängen der sehn- süchtig heißen Frömmigkeit Franziskanischer Kreise. Die gluterfüllte Trunkenheit dieser religiösen Lyrik ist seit den Tagen von GÖRRES und F. Scurosser oft genug bis in die allerjüngste Zeit lebendig dar- gestellt und in ihrer Fortwirkung auf die weltliche litterarische und künstlerische Production erfaßt worden. Thomas von Celano, der Dichter des Dies irae, feiert in seinen Hymnen das transformari in Fulgidum speciem, die transformatio in Jesum, die sanctitatis nova signa, die iura novae legis, den novus ordo und die nova vita, die Er- neuerung des evangelischen Standes. Er häuft die Wortstämme re- novare, restaurare, reformare, um die “unerhörte’ Kraft des Franziskus- lebens den Seelen der Hörer einzubrennen. Der Refrain jenes be- rühmten Liedes des schwärmerischen Revolutionärs Jacopone da Todi: In foco amor mi mise gibt den Grundton dieser mystischen Erotik voll realistischer Bildkraft und weltlicher Farben. Da ruft etwa — ich gebe eine zusammenziehende Umschreibung, die aber die entscheiden- den Worte bewahrt — die Seele im Zwiegespräch mit Christus: "Wie das Eisen in der Glut sich auflöst und wie die Luft von der Sonne deren Wiederschein aufnimmt, die dabei ihre eigene Form verlieren und in eine andere Figur übergehn, so verzehrt sich mein Geist in dir, gehüllt in Liebe; der eigenen Qualität verlustig hat er nun die Kraft, wie er geformt ist (como € formata), fruchtbare Werke zu schaffen, transformiert allein in dich, Christus, Du süßes Lieben.” Und auch dieser Zustand der Erhöhung, der Erhebung und Steigerung des Subjects, der mit genauer Anlehnung an die Liebesterminologie provenzalischer Minnedichtung geschildert wird, heißt nora vita. Im einem andern dieser Franziskaner-Lieder wird von der spiritualen Liebe gesagt: “Sie hat mich plötzlich erneut zum andern Menschen und weggedrängt die alten Gedanken und Kräfte.’ Mächtiger, menschlicher, irdischer, gesunder tönt das Echo dieses Rufs vom Neuen Leben in Dantes autobiographisch-allegorischer Um- 'ahmung seines Canzonenkranzes, den der breite Anfangsaccord er- öffnet Incipit Vita nova, der dem Ganzen den Namen gibt. Der Grund- gedanke dieses mit den Schleiern geheimster Empfindung und persön- lichsten Erlebnisses umwobenen Werks ist ja durchaus die innere Wandlung des Erzählenden: das Neuwerden durch die vergeistigende, läuternde Kraft der Liebe. Der Trieb zu solehem neuen Leben ist es, «ler den “süßen neuen Stil’ hervorbrechen läßt, in dem der alte Adam Burpack: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 623 des abgestorbenen Formelwesens verabschiedet und der neue poetische Mensch angezogen wird. Renaissance und Reformation sind nur scheinbar Naturkata- strophen. In Wahrheit hat sie ebenso ein unaufhaltsamer Wille, eine ungeklärte, aber ihrer Richtung gewisse Sehnsucht hervorgebracht, wie die Erhebung der deutschen Litteratur von Opitz bis auf Schiller. Die oft genannte Canzone Dantes Donne, ch’ avete intelletto d’ Amore, die er im Purgatorio (24. 49ff.) von dem Vertreter der alten Schul- poesie Bonagiunta als Muster der ‘neuen Dichtung’ (nuove rime), des dolce stil nuovo preisen läßt, soll nichts sein als Entlastung des Geistes (isfogar la mente) und wird in der Vita nuova (Cap. 19) mit Bewußt- sein analysiert als ein Produkt neuer Art, das der momentan-persön- lichen Lust zum Dichten so entkeimte, als ob die Zunge wie von selbst sich bewegte, das aber freilich zur reifenden Ausgestaltung mehrerer Tage des Nachdenkens bedurfte. Mit Stolz bekennt er sich den abgeschiedenen Poeten der welkenden erklügelten Kunst als ein Schaffender, der nur, wenn Amore, d.h. die himmlische Liebe, ihn anweht, und nur so wie sie ihm dietiert, wie sie in seinem Herzen redet (Cap. 24), Verse schreibt. Dante glaubt gleich Joachim von Fiore, den er als prophetischen Geist pries (Parad. 12, 140), gleich dem heiligen Franz, gleich den Joachimiten, den franziskanischen und dominikanischen Spiritualen an die Erneuerung der menschlichen Seelen. Nur sucht er sie nicht mehr wie jene ausschließlich in dem Verhältnis zu Gott. Er strebt nach dem neuen Leben in dem Einklang des Schönen und des Himm- lischen, in jener neuen Poesie, der das Licht der übersinnlichen Wahr- heit, Weisheit und Schönheit aufleuchtet aus der bunten Erscheinungs- fülle der Welt und der Menschen. Der poetische Ausdruck und die künstlerische Gestaltung dieses Strebens ist seine mystisch-biographische Dichtung, die er Vita nora nannte, und so verstanden, lösen sich alle Zweifel über den Sinn des Titels. Aber gleich den Joachimiten hofft er neben der reformatio interioris hominis auch auf die Reformation der Kirche, auf die baldige große Umwandlung alles Irdischen und er- wartet sie als sichere Notwendigkeit, bedingt durch eine bevorstehende Änderung der Conjunetion der Gestirne. Gleich den Joachimiten (s. oben S. 617) harrt er auf den duw novus und den papa angelieus, die das Imperium und die Kirche in idealer Form erneuern werden. Der poetische Ausdruck und die künstlerische Gestaltung dieser Erwartung ist sein großes Weltgedicht die Divina Commedia, bereits angekündigt in der Via nova und nur Erfüllung des dort im Schlußeapitel ge- gebenen Versprechens. Beide Schöpfungen stellen die höchste, die persönlichste und gefühlteste Kunst der Poesie in den Dienst des Sitzungsberichte 1910. 55 624 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Gedankens der Epoche: des doppelseitigen Gedankens der Wieder- geburt oder der idealen Umformung, einerseits der Individuen, ander- seits der Gemeinschaft. Man kann Dantes Comedia, folgt man streng dem Wortsinn, rein autobiographisch und lediglich als prophetische Vision auffassen. Da- durch rückt sie jenen zahllosen mystischen Visionen der früheren Zeit nahe, die nichts geben wollten als persönliche Ekstase und asketische Paränese, als Vorbereitung auf die letzten Dinge und das jenseitige Leben. Auch Dantes Gedicht handelt ja nur von den drei Reichen des Jenseits. Aber die eschatologische Prophetie, die schon bei Joachim infolge von dessen schwärmerisch chiliastischer Disposition überging in eine Kritik der Gegenwart und Wirklichkeit und in eine Ankündigung irdischer Dinge vor Untergang der Welt, wird bei Dante zur bloßen Allegorie persönlicher und allgemein menschlicher Schick- sale in Vergangenheit und Zukunft. Dante selbst hat Sinn und Absicht seines Poems bestimmt in dem Brief an Can Grande della Scala, mit dem er die Widmung des Paradieses begleitete: Finis totius et partis est, removere viventes in hac vita de statu miseriae et perducere ad statum felieitatis (Oxford-Dante® Ep. 10, 14 8. 417, Z. 268 f.). Und ganz ebenso spricht sich der Commentar von Dantes Sohn Pietro Alighieri darüber aus: Causa vero finalis est, ut ... vitiosos homines a vitüs remo- veat et remotos ad purgandum se ipsos dirigat (ed. Nannucei, Florentiae 1845, S. 8). Zur inneren Wandlung und zur Erreichung des Selig- keitsstandes will der Dichter der Menschheit den Weg weisen. Der geht aber — das spricht aus jedem Vers des Gedichts — nur durch das Innere des einzelnen Menschen. Auch der Gemeinschaft kann die Erneuerung der Kirche und des Imperiums nur erblühen, wenn die Individuen sich erneuen. Die Glückseligkeit, zu der Dante den Aufstieg weisen will, ist, soweit sie die menschliche Gemeinschaft in Kirche und Staat betrifft, jener ideale Zustand des Weltfriedens' in der Freiheit und Gerechtig- keit, den Dante verherrlicht und ersehnt in seiner Schrift De monarchia, im Oonvivio (Tract. 4, 4. 5. 9. 10. 16), in seinen Briefen an die Fürsten und Herren Italiens (Kpist. 5, Oxford-Dante® 5. 405, f.) und an Kaiser Heinrich VII. (Epist. 7, ebenda S. 409 ff.). Die politisch-kirchliche Er- neuerung, die Dante der Publieist, der Gelehrte, der Dichter seinem I Vgl. darüber u.a. z.B.: F. X. Kraus, Dante. Berlin 1897, S. 675fl. 721 ff.; HERMANN GRAVERT, Dante und die Idee des Weltfriedens. Akademie-Festrede vom 14. Dezember 1907. München, G. Franz, 1909; Franz Kaneers, Dantes Kaisertraum. Breslau, G. P. Aderholz, 1908 (Sonderdruck aus dem 86. Jahresber. d. Schlesischen Gesellsch. f. vaterländ. Cultur); auch VossLer, Die göttliche Komödie. Heidelberg 1907, passim. EEE . . . . 47 Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 625 Vaterlande und der Menschheit in großen unvergeßlichen und erhe- benden Bildern einpflanzen will, gestaltet seine Phantasie nicht allein aus biblisch-prophetischer Metaphorik, aus apokalyptischer Eschatologie oder ghibellinisch gewendeter joachimitischer Reformverheißung. Für sie schöpft er aus einem Strom nationaler Überlieferung. Für sie greift er in den nie ganz versunkenen Schatz alter heimischer Tra- ditionen der una Italia. Für sie öffnet er sich die Quellen antiker Überlieferung. Die aus dem Mittelalter ererbte Idee des dualistischen Weltimpe- riums, die Lehre von den zwei Schwertern, die Gott eingesetzt hat zum Regiment des Erdkreises, von Kaisertum und Papsttum, erfüllt sich Dante mit einem utopistischen Traum nationaler Herrlichkeit. Apokalyptisch geahnte Zukunft, bangende Hoffnung des nahen Endes überstrahlt der glühend leidenschaftliche Glaube an die Wiederkehr goldener Zeiten der Vergangenheit. Die Idee der Wiedergewinnung des irdischen Paradieses mischt sich ihm mit der Vorstellung, daß die Periode der primitiven Unschuld und des ewigen Friedens zurückkehre, von der die antiken römischen Dichter sangen. Dantes im Innersten religiöse und christliche Natur begreift man nur, wenn man Eins niemals außer Acht läßt: er will die christliche Religion seiner Zeit, ihre Ethik, ihre Kirche, ihren Staat, ihre Kunst, ihre Wissenschaft durch die Kraft seines Wortes hinaufläutern, steigern, verjüngen, erneuern in der Wiedergeburt ihrer echten Menschlichkeit durch einen Ausgleich zwischen Christentum und dem nationalen römi- schen Altertum. Der Gipfel der Menschheitsgeschichte, das in der Ge- schichte offenbarte irdische Paradies ist ihm die Zeit, da Augustus ein Jahrhundert der Bürgerkriege beendete durch das Weltkaisertum des Friedens, und zugleich durch die Geburt Christi die neue Weltkirche erstand. Diesen Gedanken hat Dante oft ausgesprochen. Es ist der Angelpunkt seines historischen Denkens und seiner reformatorischen Hoffnungen. Hierdurch nun wird Dante der Lehrer Petrarcas und Rienzos'. Hierdurch wird er der Schöpfer dessen, was man Renaissance nennt. Hierdurch legt er auch die Saat für jene nationalen kirchlichen Reform- bestrebungen, die in Wiclif, Huß, Luther und Zwingli am mächtigsten verwirklicht wurden. Hier liegt aber auch der Punkt, wo sich die Begriffe der Wiedergeburt und der Reformation zu differenzieren und zu scheiden anfangen, wo sie einerseits übergreifen auf das weltliche (Gebiet des Staats, der Wissenschaft, der Kunst, anderseits sich davon gesondert in eigentümlicher Art der religiösen Triebe bemächtigen. ! Die quellenmäßisen Nachweise muß ich der späteren Darstellung vorbehalten. 1 - I fe} 5* [S,} 626 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Um zunächst bei Rienzo zu bleiben, er ist durch und durch ein Schüler Dantes. Wie Dante sein Lebenswerk mit dem großen Römi- schen Jubiläumsjahr (1300) verknüpft, das die nationale Entwicklung Roms zur geistig-künstlerischen Hauptstadt der Welt inauguriert hat, indem er die Vision seiner Göttlichen Komödie in sein fünfunddreißigstes Lebensjahr verlegte, so geht auch Rienzos politisch-publizistische Wirk- samkeit aus von dem Römischen Jubeljahr, das für 1350 erbeten ward, und dreht sich lange Zeit darum. Wie in Dantes national-politischem Gedankenkreis, in seinen naiv idealistischen Zukunftshoffnungen die vierte Ekloge Virgils immer wieder als Unterpfand der Gewißheit ausgespielt wird', jenes Wort zumal von der Rückkehr der Jungfrau Astraea und den Saturnischen Zeiten des Glücks, der Einfalt und der Gerechtigkeit (Eclog. 4, 6), so beruft sich auch Rienzos ältestes politisches Manifest (28. Januar 1343), sein bis- her unbekannter Bericht an den Senat und das Volk von Rom über den Erfolg der römischen Gesandtschaft an den Papst und über die Wiedereinsetzung des fünfzigjährigen römischen Jubiläums, der die oben S. 594 Anm. erwähnte neue Ausgabe des Rienzo-Briefwechsels eröffnet, auf jene Eklogenverse, und noch 1351 wiederholt sie sein großes Rechtfertigungsschreiben an den mit dem französischen König verwandten Kardinal Guido von Boulogne (Briefw. 70, 262ff. S. 393), um seine politische Revolution, die auch in kirchliche Dinge übergriff, als die notwendige, durch die Geschichte vorbereitete, durch die edel- sten Geister und Patrioten Italiens ersehnte Wiedergeburt der Gerechtig- keit hinzustellen. In die mittelalterliche apokalyptisch-chiliastische Tradition von der Wiedergeburt oder Reformation der politisch-religiösen Gemein- schaft, wie sie die guelfisch gesinnten Joachimiten für die Ghibellinen Dante, Petrarca, Rienzo präpariert hatten, tritt jetzt ein antiker Zu- fluß. Es bedarf daher auch die Entwicklung und das Nachleben des antiken Gebrauchs der fraglichen Wortstämme näherer Betrachtung. ! Vgl. besonders das treffliche Buch von FErnınanD Pırer, Mythologie der christ- lichen Kunst. 1. Abteilung. Weimar 1847, S. 256ff. und desselben grundlegende Ab- handlung: “Virgilius als Theolog und Prophet des Heidentums in der Kirche’, Evan- gelischer Kalender. herausgegeben von F. Pırrr, 13. Jahrgang, Berlin 1862, S. 56 ff.; Zarperı, Virgils Fortleben im Mittelalter. Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Cl. Band 2, Wien 1851, S. 17ff.; T#woDor ÜREIZENAcH, Die Aeneis, die vierte Eeloge und die Pharsalia im Mittelalter. Osterprogramm des Gymnasiums in Frankfurt a. M. 1864, S. gff.; Kanpers, Die Sibylle von Tibur und Virgil, Historisches Jahrbuch 19 (1908), S. ıff., besonders S. 249ff., und Dantes Kaisertraum S. 31; außer- dem Briefwechsel des Rienzo Nr. ı, Z.8 Anm. S.1f. und Nr. 70, 265 Anm. S. 393. Be - . . e * ” 7 Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissanee und Reformation. 627 T. Oben (S.611) hatte ich mit Bezug auf die Vulgataübersetzung von Röm. 12, 2 gesagt, auch der antike Sprachgebrauch habe in den Worten reformare, reformatio eine prägnante Bedeutung im Sinne von "umwan- deln’ oder auch ‘in die richtige Form bringen’, “erneuernd umgestalten’ entfaltet. Ovid nennt den, um wieder kriegstüchtig zu werden, auf seine Bitte verjüngten Jolaus ora reformalus primos in annos (Met. 9, 399), Apuleius sagt von der in eine Eule sich verwandelnden Hexe Pamphila: magieis suis artibus reformatur (Met. 3, 22, ed. van der Vliet S. 62, 16). Doch heißt auch die bloß versehentliche Verwandlung des Lucius in einen Esel reformatio (ebenda 3, 24.25 S. 64, 11. 22). Sarapis enthüllt sich dem Begnadigten in eigener Gestalt, nicht in fremder: non alienam quampiam personam reformatus (ebenda ıı1, 30 S. 276, 28). Für die religiöse Wiedergeburt hat Apuleius ganz im Einklang mit der späteren christlichen Mystik den Ausdruck renatus: die Gottheit vermag quodam modo renatos ad nouae reponere rursus salutis curricula (ebenda ı1, 21 S. 268, 1ıgf.). Das steht ganz in der religiösen Sphäre der vita nova des Christentums. Die prägnante religiöse Bedeutung des Worts hat dann desLactanz ehristliches Gedicht vom Phoenix befördert. Die Sage von dessen freiwilligem Tod und Wiedererstehen ist wohl überhaupt die eigent- liche Quelle des Bildes der Wiedergeburt. Er allein schien ja diesen Vorgang auch in natürlicher Realität auf Erden darzustellen. Lactanz braucht von dem Wiedererstehen und der Wandlung des verbrannten Vogels die Worte: reformatur qualis fwit ante figura (De ave Phoenice V. 105), d.h. aus der Larve des eingesponnenen Wurms, der aus dem in der Asche zurückbleibenden Ei hervorging, ersteht in neuer Jugend der Phoenix wieder. Der Phoenix ist bereits bei Lactanz Symbol der Auferstehung Christi und der Auferstehung aller einzelnen Christen- seelen. Und das bleibt er im Laufe des Mittelalters. Der Phoenix gilt der antiken Vorstellung indessen auch als singuläres Beispiel einer Zeu- gung von innen aus sich selbst, ohne äußere, sexuelle Einwirkung (Ovid Metam. 15, 391{f.; Pomp. Mela 3, 8 [83] Phoenix semper unica pu- trescentium membrorum tabe concrescens ipsa se concipit alque ex se rursus renascitur, Claudian Carm. min. 27, 23ff. ed. Koch S. 234). Aber der Phoenix ist von alter, ja ältester Zeit auch Symbol für Entwicklungs- processe collectiver Wesen: der Dynastie, des Staates, der Gesellschaft, der nationalen Cultur. Denn nach früher, in Ägypten wurzelnder Tradi- tion, die auf astronomische Anschauungen und Legenden zurückgeht, ist sein Erscheinen, sein Untergang und Wiedererstehen Zeichen des Ablaufs einer großen Zeitperiode und des Anfangs einer neuen Ära, 628 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. einer Ära der Erneuung. Gerade für diese Wandlungen erscheint nun schon im antiken Sprachgebrauch nebeneinander und im Aus- tausch reformare, reformatio und renasci, renovari, regeneratio, reparatio, renovatio, wie es die Phoenixdarstellungen des Lactanz und Claudian bereits zeigen (vgl. auch unten S. 637. 642). Valerius Maximus spricht‘ von der Zeit, da Themistokles nach der Vertreibung des Xerxes ‘die Ruinen seiner Vaterstadt in den früheren Zustand reformierte‘. An diese Wendung erinnert unmittelbar Rienzos Lieblingstirade von der Reformation des status der römischen Republik, und er hat sie sicherlich auch bei Valerius gelesen. Aber der Zusammenhang lehrt, daß dieses "Reformieren’ des Themistokles mehr bedeuten soll als ein Wiederherstellen, als ein Zurückführen. Es handelt sich um die Vorbereitung von Mitteln für den hellenischen Prineipat, um eine Steigerung der Macht Athens, also um ein Fort- schreiten weit über den früheren zerstörten Zustand hinaus. Auf den Bezirk der wissenschaftlich-litterarischen Cultur engt der jüngere Plinius den Begriff ein: den hochgestellten Cneius Octavius Titinius Capito, den Verfasser von Lobgedichten auf ausgezeichnete Männer und eines biographischen Geschichtsbuches über das Ende berühmter Personen, rühmt er als Zierde seiner Zeit, als Verehrer der Studien, als Freund und Förderer der Gelehrten und Schriftsteller, und faßt dies Lob zusammen in dem Urteil: ipsarum denique litterarum dam senescentium reductor ac reformator (Epistul. 8, 12,7). Da haben wir genau den Begriff auch schon der litterarischen Renaissance, wie er später im 15. und 16. Jahrhundert fixiert wird. Die wissenschaftlieh-litterarische Öultur erscheint Plinius alternd, und in dem bewunderten Mäcen erblickt er den Mann, der mithilft, sie zu verjüngen. Das Wort reformator steht hier einem regeneralor ganz nahe und bezeichnet denjenigen, der die Umwandlung in den idealen Zustand der Jugend wieder herbeiführt. 8. Entscheidend für die Gestaltung der Begriffe der Wiedergeburt und Reformation in dem Zeitalter, das nach ihnen den Namen führt oder führen sollte, im 14.— 16. Jahrhundert, ist die romantische Re- ! Valerius Maximus Memorabil. 6, 5 Ext. $2 rec. Kempf 301, 5—ı2: Cum salu- berrimo consilio Themistocles migrare Athenienses in classem coegisset Xer.veque rege et copüs eius Graecia pulsis ruinas patriae in pristinum habitum reformaret et. opes clandestinis molitionibus ad principatum Graeciae capessendum nutriret, in contione di.wit habere se rem deliberatione sua prouisam, quam si fortuna ad effectum perduci passa esset, nihil maius aut potentius Atheniensi populo futurum. Pur Burvach: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 629 stauration altrömischer Zustände auf der neuen Grundlage des Welt- prineipats, die in der für Augustus bestimmten und von seinen poli- tischen Stimmungen inspirierten Poesie und poetisierenden Geschicht- schreibung den Ausdruck künstlerischer Schönheit gewann. Auf ihrem Grunde wogt ein Strom religiöser Sehnsucht nach idealer Lebens- erneuerung. Die Hoffnungen und die tiefsinnige Symbolik orphischer Mysterien, die Zukunftsbilder sibyllinischer Vatizinien mischen sich mit den ethischen und kosmologischen Ideen der Stoa und Platons. Der Gedanke der Wiederkehr, der Palingenesie der Welt nach vorauf- gehender Zerstörung, der Wiedergeburt der Menschen und der Staaten lebt in der Augusteischen Litteratur und in ihren späteren Nachbil- dungen. Daraus schöpfte die Zeit Dantes, Petrarcas und Rienzos ein neues, nationales Element des Vergangenheitseultus und des Zu- kunftsglaubens, das über die christlich-dogmatische Schranke der über- kommenen Begriffe von der Wiedergeburt und idealen Umformung hinausführt. Auch dieses antike Element, das nun aufs neue in die alten Begriffe und Worte einfloß, hatte religiösen Charakter. Aber er war freier, menschlicher oder erschien mindestens dem 14. Jahr- hundert so, weil er außerhalb des festen Systems der traditionellen Dogmatik stand. Es sind drei antike Vorstellungsgruppen, die aus der Augustei- schen und späteren römischen Litteratur den geistigen Führern der Re- naissance wirkungsvoll entgegentraten und ihnen die leitenden Begriffe formten. Der Glaube an die Rückkehr der Toten zu neuem Leben, der poetisch-geschichtsphilosophische Cultus des ägyptischen Wundervogels Phoenix und die Hoffnung auf die Wiederkunft des goldenen Alters. Nach einem Jahrhundert der Bürgerkriege wollte der Nachfolger Cäsars, der neue Princeps Augustus, ein Friedensfürst werden. Eine gewisse phantastische Stimmung lebt in seiner Politik. Ein Zug auf das Idyllische: die alte Grundlage römischer Macht, der Landbau lati- nischer Bauern, soll wieder gepflegt werden‘. Und ein religiöser Patriotismus gibt ihm allerlei fragwürdige, mehr oder minder gewalt- sam künstliche Wiederbelebungsversuche ein, läßt ihn alte Riten und Culte, z.B. die der Fratres arvales, aus der Vergessenheit hervorziehen. Aber aus dieser rückwärts gewandten religiös-socialen Romantik quillt der praktische Wille, die Zukunft zu sichern, und ein tiefer politischer Glaube an die Göttlichkeit des dem römischen Namen zugefallenen Weltregiments. ! Ich kann hier nicht ausführen, wie gerade das in der ganzen Renaissance fruchtbar wird. Bei Dante, Petrarca, Rienzo und in der Ethik ihrer Nachfolger und Fortbildner spielt der Cultus des Cineinnatus, die Andacht vor den primitiven Pflug- sitten, eine große Rolle. 630 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Diese Stimmung, diesen Glauben, diese Zukunftshoffnung hat die aufsteigende Renaissance des 14. Jahrhunderts am stärksten, und wohl selbst mehr noch als aus Livius, aus einer nicht gar großen Reihe von Versen der drei Augusteischen Poeten Vergil, Horaz, Ovid ein- gesaugt. Es sind Virgils vierte Ekloge, die schönen Verse vom Clitum- nus in den Georgica (2, 136— 176), die vor Jahren Hr. von Wiıra- mowırz stimmungsvoll übersetzt und mit sicherem historischen Blick gedeutet hat (Reden und Vorträge. Berlin 1901, S. 268), die Prophe- zeiung der römischen Welt- und Friedensherrschaft im sechsten Buch der Aeneis (6, 848— 853), die Hadesfahrt des Aeneas mit ihrem Ge- halt an orphisch-platonischen Vorstellungen im gleichen Buch, die ersten sechs Gedichte des dritten Buchs der Lieder des Horaz und dessen Säculargedicht, die 1339 Monusen in der Festrede zur erst- maligen akademischen Feier des Geburtstages Wilhelms II. meisterlich auf den Hintergrund der Geschichte stellte (Reden und Aufsätze. Berlin 1905, S. 169ff.), und endlich Ovids geschiehtsphilosophischer Ausblick am Schluß seiner Metamorphosen. Hier fand die werdende neue Zeit im Absterben des Mittelalters Stärkung ihrer Zuversicht auf die Wieder- geburt, die ideale Erneuerung und Steigerung ihres Lebens. Die vierte Ekloge, von deren Wirkung auf Dante und Rienzo ich schon oben (S.626) andeutend sprach, hatte das Mittelalter längst mystisch auf Christi Geburt bezogen, wie ihm überhaupt der schon dem Altertum als Weltweiser und Prophet geltende Vergil gleich der Sibylle zum Vorausverkünder christlicher Heilswahrheit geworden war. Aber Dante vermenschlicht diese theologische Allegorisierung, die schon Hieronymus getadelt hatte. Er macht die entscheidenden Verse von der Wiederkehr der Jungfrau Astraea zu einem Symbol politischer und in der Komödie auch zu einem Symbol künstlerischer Wiedergeburt. Auf dem fünften Sims des Läuterungsbergs holt die aufwärts schreitenden Genossen Dante und Virgil ein Schatten ein. Es ist Statius, der Dichter der Thebais und Achilleis. Er gibt sich zu er- kennen und erklärt das gewaltige, von Gloria in excelsis umbrauste Erbeben des Berges als Zeichen seiner im Fegefeuer vollendeten Läute- rung. Er ist entsühnt und darf Dante im Aufsteigen begleiten. Nun bekennt er sich als Schüler Virgils. Der Dichter der Eklogen und der Aeneis habe ihn geladen zuerst zum Trunk aus dem Quell des Parnaß und habe ihm auch zuerst zum christlichen Glauben hinge- leuchtet, wie einer, der im Gehen die Leuchte hinter sich hält, so daß er den eigenen Weg nicht sieht, aber den nach ihm Kommenden die Bahn hell macht. Als die entscheidenden Verse, die in ihm den inneren Umschwung, die Bekehrung zum Christentum hervorriefen, eitiert Statius: Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 631 magnus ab integro saeclorum nascitur ordo iam redit et virgo, redeunt Saturnia regna ; iam nova progenies caelo demittitur alto. In Dantes Übersetzung (Purg. 22, 70—72): ... Secol si rinnuova; Torna giustizia e primo tempo umano E progenie discende dal ciel nuova. Es ist wichtig, daß Virgils Eingangsvers Ultima Cumaei venit iam carminis aetas fehlt: dies eschatologische Element der sibyllinischen Weissagung schiebt er zurück, weil er hier ein Symbol braucht für irdische Läuterung der Menschheit. Und es ist nicht minder wichtig, wie Dante in seiner Übersetzung noch stärker als im Original den Begriff der Erneuerung der Zeit herausarbeitet. Per te poeta fui, per te cristiano — ruft Statius dankbar seinem Meister zu. Die Welt war schon erfüllt mit dem Samen des neuen Glaubens. Da trat dies Wort des Virgil in wunderbarem Einklang mit den christlichen Predigern Statius ans Herz und wandte ihn dem rechten Glauben zu. Statius bedeutet also eine Stufe der Entwick- lung über Virgil hinaus. Einen weiteren Schritt der inneren Annähe- rung der antiken Cultur an die neue Cultur des Christentums. Auf dem Gipfel des Läuterungsberges muß Virgil sein Führeramt niederlegen. Die Aufsteigenden haben ihr Ziel erreicht und treten in den herrlichen Pinienhain: das irdische Paradies, die Wiege der Menschheit. Jenseits eines den Wald durchströmenden Flusses geht einsam auf der Waldwiese eine schöne Frau, singend, blumen- pflückend: Matelda. Sie kündet den wunderbaren Ursprung des Wassers des Paradieses: aus einer Quelle fließt der Lethestrom und der Fluß Euno&. Am Lethe führt Matelda die Dichter stromaufwärts. Es erscheint die Prozession der Beatrice, zuletzt sie selbst aus einer Wolke von Blumen. Jetzt überfällt Dante der alten Liebe Macht: wie seit langen Jahren nicht, durchbeben seine Seele die Schauer göttlicher Flamme. Virgil entschwindet, weil er seine Aufgabe erfüllt hat und nun den Weg nicht weiter zeigen kann. Und der von ihm Verlassene weint ihm nach. Beatrice aber gibt sich zu erkennen und hält ihm, der in Tränen zerknirscht ist, sein vergangenes Leben vor. Sie gedenkt, wie einst ihr Anblick durch die göttliche Gnade ihm zuteil ward und ihm, dessen Anlage und Können nach dem über allen Menschen waltenden Gesetz durch das Kreisen der Sterne geleitet und bestimmt sei, ein neues Leben, eine erhöhte Kraft beschert, wie er in ihren Augen Licht gefunden habe, wie er dann aber, nach- dem sie aus dem Leben geschieden, abgefallen und auf falschen Wegen wandelnd, trügerischen Bildern gefolgt sei, sein Begehren an sterb- 632 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. liche Dinge gehängt habe. Sie verlangt nun, bevor er den Lethefluß überschreite, den Zoll der Reuetränen, das Eingeständnis seiner Schuld. Erschüttert antwortet Dante ein leises unhörbares Ja. Danach, nach diesem Sündenbekenntnis, taucht Matelda den in den Staub Gewor- fenen bis ans Kinn in das Wasser des Lethestroms und zieht ihn nach sich durch den Fluß, umschlingt sein Haupt und taucht es ein, so daß er das Wasser trinkt. Den so Gebadeten und durch den Trunk aus dem Flusse Gelabten empfangen die vier Cardinaltugenden, die älter sind als das Christentum, die schon als Sterne am Himmel glänzten, ehe noch Beatrice auf Erden ging. Und die tiefer sehenden drei christlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung schärfen seine Augen für den Anblick, der seiner harrt: das Bild der im Greifen gestalteten Gottheit. Tanzend singen die drei nach der Engelsmelodie: “Wende Beatrice, wende deine heiligen Augen auf deinen Getreuen, der so viele Schritte dich zu sehen wanderte, enthülle ihm aus Gnade deine zweite Schönheit, die er noch nicht sah, deine himmlische.” Da ent- schleiert Beatrice ihr Antlitz. Der Beglückte erlebt in einer symboli- schen Vision den Sündenfall, die Einsetzung des Kaisertums durch Gott, das die gefallene Menschheit zur irdischen Glückseligkeit, zum ver- lorenen Paradies zurückzuführen bestimmt ist, die Verbindung zwischen Reich und Kirche, zwischen Papsttum und Kaisertum. Dann aber schaut er mit Entsetzen in einem grauenhaften apokalyptischen Bild Entwicklung, Verfall und Exil der Kirche: der blühende Baum des Reichs und der Wagen der Kirche vom Blitz getroffen, der Sitz des Wagens vom Adler (Constantin) in verhängnisvoller Freigebigkeit mit eigenen Federn beschenkt, von den Ungetümen kirchlicher Sünden entwürdigt, schließlich auf dem Wagen die Hure der Apokalypse, das entartete Papsttum, von ihrem Buhlen, dem Riesen (Frankreich), ge- peitscht und in einen fernen Wald verschleppt (nach Avignon). Den Dichter in seiner Verstörung tröstet Beatrice. Sie weissagt eine bessere Zukunft. Gott wird den Retter senden, den Messias- kaiser. Dante bekennt, die geschauten Bilder nicht deuten zu kön- nen, und auch Beatrices Worte übersteigen seine Sehkraft. Die Schatten verbleichen; es ist Mittag. Da führt auf Befehl Beatricens Matelda den Dichter zum zweiten Paradiesesfluß Euno&, und aus diesem trinkt er unersättlich: “Ich kehrte zurück von der heilig- sten Welle neugeschaffen, so wie neue Pflanzen, die erneuert sind mit neuem Laube, geläutert und bereit für den Flug zu den Sternen’ (Purg. 33, 143— 145): Rifatto sı come piante novelle Rinnovellate di novella fronda, Puro e disposto a salire alle stelle. en ni wer i 2 Ä h PAY Burpacu: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 633 Damit klingt das Purgatorio im irdischen Paradies aus: den Weg be- reitend für den höchsten Flug, empor zu den Sternen des himmlischen Paradieses. Dante hat hier die christliche Metaphorik des Bußsaeraments in poetischer Plastik gestaltet und durchdrungen mit antiken Zügen. Die früher (oben S. 612) besprochene bildliche Bezeichnung dieses Sacraments als sacramentum regeneralionis, als eine zweite Taufe, wird hier durch symbolische Handlung lebendig. Aus dem kirchlichen Sacrament bewahrt er die Form des Sündenbekenntnisses und der Entsündigung durch das Bad; die Lethequelle gibt dem Reuigen Ver- gessen seiner Sünden. Aber dann folgt etwas Freieres, Menschlicheres. Durch den Trunk aus der Quelle der Erinnerung an das Gute (Euno£) erhält er die Fähigkeit der eigenen Betätigung‘. Die Symbolik des Taufbades in der Wanne Üonstantins, wie sie Rienzo politisch ausdeutete (s. oben S. 601. 604. 607), begreift man nun erst in ihrer vollen Wirksamkeit. Auch auf die gerade damals mächtig in Schwung kommende weltlich-höfische Ausnutzung der alten christlichen Eintauch-Ceremonie in dem Ritterbad der neuerstehenden ritterlichen Gesellschaften muß hingewiesen werden’. In den Bilder- handschriften König Wenzels von Böhmen, des unglücklichen Sohnes Karls IV., klingt diese Symbolik liebenswürdig künstlerisch nach’. Aber in Dantes Purgatorio leben antike Phantasieschöpfungen auf. Wohl kennt die christliche und jüdische Paradiesessage', die gerade auch hier, z. B. in dem Baum des Kaisertums, Motive dem Dichter geliehen hat, vier Paradiesesströme, und wohl bringt sie auch die ! Vel. im allgemeinen über die zahllosen Probleme, die hier dem Verständnis sich in den Weg stellen, Kraus, Dante S. 480fl. Auf das Einzelne näher einzugehen kann ich mir um so eher versagen, als auch Kaurers, wie er mir nach Empfang des gedruckten Berichts iiber meinen Vortrag vom 28. April d. J. brieflich mitteilte, von ganz anderem Zusammenhange ausgehend, die Matelda-Episode in ähnlichem Sinne zu behandeln beabsichtigt. ® Vgl. De ludo Schachorum sive de moribus hominum von dem frater Jacobus de Z..., nach dem Cod. Estensis von 1380 bei Muratori Antiquitat. Diss. 53, Quartaus- gabe XI, S. 165 #: (Beschreibung des Ritterbads) Hi dum accinguntur, balneantur, ut novam vitam ducant et mores. Im orationibus pernoctant a Deo postulantes, per gratiam eius donari, quod eis deficit a natura. ® Francesco Reoı, Bacco in Toscana colla anuotazioni aceresciute. Firenze 1691, S. 144ff., Murarorı, Antiquitates Dissert. 53, XI, 163ff.; Jurıus von ScaLosser, Die Bilderhandschriften König Wenzels, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserrhauses, Bd. 14 (1892), S. 299ff. 4 Außer den grundlegenden Forschungen von Fern. PırEr und WırueLm MEyER nenne ich hier nur die wissensreiche Monographie von Arıuro GrAr, Il mito del paradiso terrestre: Miti, Leggende e Superstizioni del Medio Evo. Torino 1892, Vol. r, S. ıfl. sowie die reichhaltige und fördernde Arbeit von Franz Kanrers, Mittelalterliche Sagen vom Paradiese und vom Holze des Kreuzes Christi. Köln 1897. 634 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. Bilder vom Baume des Lebens, vom Lebenswasser in Verbindung da- mit. Aber die Quellen der Matelda verraten durch Namensform und Wirkungsweise ihre Herkunft aus anderer Sphäre. Die Lethe war aus den bekanntesten römischen Dichtern geläufig, ihre Bedeutung in der Unterwelt für die Rückkehr der geläuterten Seelen ins Leben konnte Dante aus dem sechsten Buch der Aeneis schöpfen, das für die Con- ception der Komödie’ so viel hergegeben hat. Aber das Nebenein- ander und die Antithese von Lethe und Euno& läßt sich aus Vergil nicht ableiten. Wir kommen notwendig auf orphische' Lehren von den beiden ‚ Quellen im Hades: des Vergessens (Lethe) zur Linken und der Er- innerung (Mnemosyne) zur Rechten, die der Myste trinken muß, um, sei es aus dem Leben geschieden, in eine neue irdische Existenz ein- zutreten oder auch die Gefilde der Seligen zu erreichen, sei es im Leben selbst durch sacramentale Akte sich Entsündigung, Kräftigung, erhöhtes Dasein zu erringen. Von dem Bericht des Pausanias über das Orakel in der Höhle des Trophonios zu Lebadeia (IX, 39, 8), wo beide Namen vorkommen, kann Dante nichts gewußt haben. Bei Plinius (N. Hist. 31, 15) aller- dings fand er die Geschichte in äußerster Kürze wieder, aber die Namen nur angedeutet: In Boeotia ad Trophonium deum iuxta flumen Ercynnum e duobus fontibus alter memoriam alter oblivionem adfert, inde nominibus incentis. Auch bei Isidor (Origines XII ı 3,4, Migne 82, S. 482) mochte er auf eine Notiz darüber stoßen. Eine andere, höchst merk- würdige Spur scheint unmittelbar auf die alte orphische Tradition zu- rückzuführen, bleibt aber unsicher. Auf einem der aus süditalischen Gräbern stammenden Goldtäfelehen, die der Seele des Verstorbenen poe- tische Verhaltungsmaßregeln für den Weg zum Hades und den Aufstieg in das andere Leben, in die ersehnte Sphäre, Elysium, erteilen, hat man eine fragmentarische Stelle (die sichtbaren Buchstaben e..oıac) ergänzt zu Evnolac und so hier die Kptinn EYnolac zur Rechten erhalten, die sonst Kpänh MnHmocvnHc heißt”. Man erinnere sich der Anrufung, die auf einem Goldtäfelchen in der Nekropolis der Via Ostiensis bei S. Paolo gefunden ward (Dies, Ein orphischer Reisepaß, Philotesia, Festgabe für Kleinert, Berlin 1907, S. 46): ! Vgl. Erwın Ronpe, Psyche. Freiburg-Leipzig 1894, S. 678 Anm., 290 Anm. 2; ALBR. Diererica, Nekyia. Leipzig 1893, S. 90 fl. ? Kaiser, Inseriptiones Graecae Vol. XIV, Inseript. Italiae et Siciliae. Berlin 1890, Nr. 642; vgl. J. A. Stewart, The Source of Dantes Euno&. The classical Review Vol. 17. London 1903, S.117 (und Jane E. Harrison ebenda S. 58); Paropr, Bullettino della Soeieta Dantesca Italiana Nuova Serie, Vol.ı1 (1904), S. 238f.; Francesco d’Ovidio, Il Purgatorio. Milano 1906, S. 429f.; H. Dırrs, Die Fragmente der Vorsokratiker”. Berlin 1907, Bd. 2, S. 48ı (Nr. 66 B 20). > er DO u ” ‘ Burpacı: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 635 Rein aus der Reinen Gemeinde, so mahnt die Seele der Toten Euch, o Götter der Schatten, Persephone, Eukles, Eubuleus! Schaut, der Mnemosyne Gabe besitz ich, die Menschenbesungne! Komm, Cäcilie, du bist durch Gesetz nun Göttin geworden. Da wird die chthonische göttliche Dreieinigkeit Persephone, Eukles und Eubuleus um die Zulassung zum Elysium gebeten. Der Name Eynoıa stünde mit diesen Namenbildungen ganz wohl im Einklang. Im höchsten Maße beachtenswert ist auch, daß Dante seine Matelda einführt als ein Ebenbild der Proserpina (Purg. 28, 50). Denn Per- sephone ist in dieser orphischen Cultpoesie durchaus die Gebieterin, die den Aufschwung zu der ersehnten Sphäre vermittelt: "Gott bist du aus einem Menschen geworden ... Heil, Heil Dir, wenn du zur Rechten wandelst nach den heiligen Auen und Hainen der Persephoneia’ (Dıeıs S. 44£.). Es bleibt bisher dunkel, auf welche Weise Dante diese orphischen Motive sich angeeignet haben könnte. Wenn er auch des Griechischen nicht ganz unkundig gewesen ist, so kann doch keine griechische Quelle ihm diese Eindrücke zugeführt haben. Eher ließe sich an altrömische Grabinschriften und Grabbilder denken‘. Wahrscheinlicher wäre, daß eine mittelalterliche oder patristische Schrift ihm eine anschauliche Kunde von diesen Dingen brachte. Wie dem auch sei, mit vollstem Bewußtsein vereinigt Dante hier christliche und antike Mysterienbilder, um die unaussprechliche Um- wandlung und Erneuerung des Menschen faßbar zu machen. Matelda selbst läßt er (Purg. 28, 139) es aussprechen, daß die antiken Poeten wohl schon auf dem Parnaß, als sie das goldene Weltalter besangen, von diesem Elysium geträumt hätten, für das ein Bad und ein Trunk der Lethe und der Euno&@ reif machen. Und mit tiefem Sinn stellt Dante als Hüter an die unterste Stufe seines Purgatorio-Berges Üato, den Typus antiker stoischer Sittlichkeit. In jenen ergreifenden Schlußscenen seines Purgatorio häuft Dante förmlich die symbolischen Bilder für den tiefen Grundgedanken seiner Komödie, die Erneuerung, Wiedergeburt, ideale Umformung und Er- höhung des Menschen und der Welt in Kirche und Staat. Neben dem Buß- und Taufsaerament christlichen, dem orphischen Lethe- und Euno&- Saerament heidnischen Ursprungs, ergreift er uralte Motive imperia- listisch-chiliastischer Prophetik, die ihm, mögen sie auch aus weit zu- ! Ich verweise z. B. auf die Darlegung von Ernst Maass (Orpheus. München 1895. S. 207 ff.) über Inschrift und Bild des Vincentiusgrabes in Rom. — Auch die Alkestis als typische Figur auf Grabdenkmälern (ebd. z1gf. 243. 238ff.), die Psyche als Bringerin des Styxwassers (Apuleius Metam. 6, 13. 14) sind in diesem Zusammen- hang bemerkenswert. 636 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. rückliegender orientalisch-griechisch-römischer Vergangenheit stammen, natürlich nur mittelalterliche Überlieferung zugeführt hatte. Diesen poetischen Synkretismus vermag er durch die Größe und Kraft seines Gefühls und seiner Anschauung zu einer lebensvollen Einheit zu ge- stalten, der religiöse Grundzug all dieser Erfindungen bleibt gewahrt. Aber Dante säcularisiert sie. Sein Purgatorium ist ein Spiegelbild menschlich diesseitigen Aufsteigens einer in irdischem Streben sich vollziehenden Läuterung. Die dogmatischen Schatten und Abstrak- tionen sind aufgelöst in Licht und Körper. Ganz so wie es die ältesten Commentare der Komödie verstanden haben. Das altchristliche, von Joachimitischer Prophetie grenzenlos gesteigerte Theologumenon der Wiedergeburt wird hier ein poetisch-sinnliches Gleichnis eines sitt- lichen Strebens, das, in der menschlichen Seele wurzelnd, ins Gött- liche hineindringt. Wichtigste Elemente aus der Stimmung der jungen Renaissance haben wir beisammen in Ovids Metamorphosen. Er läßt am Schluß den weisen König des alten Latium, Numa, bevor er die Zügel der Regierung ergreift, hinausziehen nach Croton und dort die Lehre des tiefsinnigsten Denkers Pythagoras in sich auf- nehmen. Es ist ein halb elegischer, halb skeptischer Rückblick auf die gesamte Weltgeschichte, eine Meditation über die Gesetze alles irdischen Wesens. Die Rückkehr empfiehlt er zu dem auf Acker- und Fruchtbau sich gründenden Leben, zu der vegetarischen Kost des goldenen Zeit- alters, da man sich aller blutigen Nahrung enthielt und den Tieren überließ, sich mit Fleisch zu sättigen, da es weder Vogelschlingen noch Fischangeln gab, da man lauernden Trug nicht kannte, da die Welt voll Frieden war. Er spricht, weil ein Gott seinen Mund öffnet, und kündet Großes, von Früheren Unerspähtes und lange Verborgenes. Das ist dasselbe stolze Selbstgefühl des auf den Weltlauf und seine Geschichte herabbliekenden Weisen und Sehers, wie es bei Dante und Petrarca, religiös-christlich gebunden schon bei Joachim von Fiore er- scheint. Der Grundzug der jungen Renaissance ist die Erkenntnis des ewigen Wandels aller Dinge, der menschlichen Vergänglichkeit und als Trost daneben die Gewißheit, daß menschliche Größe doch fortlebt im Ruhm, fortlebt auch in Umbildungen. Das Zeitalter, in dem der geschichtliche Sinn sich freier entfaltet, mußte tief getroffen werden von den weitfaltigen, volltönenden, bilderreichen Worten, die Ovid ‚in innerer Ergriffenheit findet, um die Unbeständigkeit und den Wechsel der Welt darzustellen. “Alles ändert sich, aber nichts geht zu- Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 637 grunde’ (Met. XV, 165). Die Zeiten gleiten unablässig dahin wie ein Strom und sind doch immer neu (184: ef nora sunt semper). Die vier Lebens- alter des Menschen, die vier Jahreszeiten, die vier Elemente: nichts verbleibt in derselben Erscheinung; die Natur, die Erneuerin der Dinge (rerum novatrix natura), schafft (reparat) immer wieder andere Gestalten. Aber nichts in der weiten Welt geht verloren: es wandelt sich nur und erneuert seine Form (255: variat faciemque novat). Geboren werden heißt nur anfangen anders zu sein als vorher und sterben aufhören dasselbe zu sein. Wir selbst unterliegen rastloser Veränderung: nec quod fuimusve sumusve, cras erimus (215£.). Die Zeiten wandeln sich, ja selbst die Gegenden. Dem goldenen Zeitalter folgte das eiserne. Aus Wogen stiegen Länder hervor. Ebenen machte der herabstürzende Strom der Gewässer zu Tälern, Sumpf ward trockene Sandfläche und dürstender Boden zu feuchtem Sumpf, festes Land zu Inseln und Inseln wuchsen zusammen mit dem Festland. ‘Neue Quellen rief hier die Natur hervor, andere wieder verschloß sie dort’ (270). Flüsse strömen plötzlich durch Erdbeben aus der Tiefe hervor und versiegen dann wieder. Der Lycus in Phrygien und der Erasinus in Argolis verschwinden eine Strecke unter der Erde und kommen dann wieder hervor. Und dafür braucht er nun das Bild der Wiedergeburt: alioque renaseitur ore (274). Die Consequenz, die Ovid den Sprecher dieser Betrachtungen aus alledem ziehen läßt: die Lehre von der Seelenwanderung, trat für den christlichen Leser zunächst in den Hintergrund und blieb vorläufig unbeachtet. Um so stärker wirkte in diesem Zeitalter der Erwartung und des Rückblickens die Lehre von der ewigen Erneuerung der Dinge, das Bild von den versiegenden und wiedergeborenen Flüssen. Am meisten aber wirkte, was auch für Ovid der eigentliche Ziel- punkt war: das Contrastbild zu den tausend Belegen für den Übergang in neue Formen, der Phoenix, der einzige, immer lebendige und immer nur als einzelner vorhandene, und die Deutung seiner in fünfhundert- jährigen Perioden sich vollziehenden Zerstörung und Wiedergeburt auf die ewige Dauer Roms und seine Verjüngung in gesetzmäßigen Zeit- absehnitten (391 ff.). Allein der Phoenix ist ein Beispiel eigener Kraft, die sich nur aus sich selbst erneut, das Beispiel wirklicher Wieder- geburt: Una est, quae reparet seque ipsa reseminet, ales Indenjerunt es ee ale Corpore de patrio parvum phoenica renasci. Troja, Sparta, Mykenä, Theben — sie fielen. Aber die darda- nische Roma am Tiber wechselt die Gestalt durch Wachstum und wird dereinst das Haupt des Erdkreises sein: so haben Seher und Orakel 638 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. es vorausverkündet (434—-436). Sie, die Stadt der phrygischen Enkel, wird so groß sein, wie keine ist, noch sein wird, noch in früheren Jahren geschaut ward. Durch lange Jahrhunderte werden ihr große Männer Macht erobern: zur Herrin der Welt (dominam rerum) soll sie der Sohn des Julius Cäsar machen. Julius Cäsar, der Sieger und Friedenstifter, das ist der neue Asklepios, der neue Heilbringer Roms. Ihm aber folgt sein über- strahlender Sohn, der als Augustus, wie Jupiter im Aether über das dreifache Reich der Welt gebietet, so die Erde beherrscht. So vergöttert Ovid die Retter des wankenden römischen Staats aus der Brandung der Bürgerkriege, die Gründer des römischen Im- periums und des Weltfriedens.. So schenkt er ihnen, gleich diesem Imperium, selbst die Unvergänglichkeit. Das ganze Mittelalter hat diesen stolzen und bei aller höfischen Schmeichelei auch uns bewegenden Worten ehrfürchtig gelauscht. Die Zeit aber, da aus der Gärung vermodernder Gewalten, aus Zusammen- bruch und wilder Verwirrung in allen Landen, jedoch zumeist in dem zerfleischten Italien, Sehnsucht und Angst, Verzweiflung und Hoffen aufschrie nach neuem Licht, nach neuem Leben, nach neuer Liebe, nach neuen menschlichen Daseinsformen und neuer menschlicher Kunst, und alles dies allein erwartet von Frieden, Einheit und Gerechtigkeit des politischen, kirchlichen, socialen Lebens, mußte hier den Aus- druck von eigenen Gedanken und Empfindungen erkennen. An die antiken Vorstellungen von der regelmäßigen Wiederkehr fünfhundertjähriger Phoenix-Perioden und der damit verbundenen dynastisch-politisch-socialen Blütezustände, die als Erneuerungen oder Abbilder des in die Urzeit verlegten märchenhaften goldenen Zeitalters galten, knüpft auch Dantes dunkle, vielumstrittene Allegorie vom Veltro, dem Erretter vor der Wölfin (Inf. 1, 101, Purg. 20, 10—15) und vom Boten Gottes (Messo di Dio), dem Besieger der mit dem Riesen buhlenden Dirne (Purg. 33, 43 ff.). Ob diese beiden Bilder ein und dieselbe Persönlichkeit oder Gestalt der Zukunft meinen, oder ob sie zwei verschiedene Wesen bezeichnen, kann hier außer Spiel bleiben. Es ist klar: Dante spricht hier von der erwarteten Reformation und Erneuerung des Imperiums und der Kirche, des weltlichen und geist- lichen Regiments auf Erden. Er nennt den erhofften “Boten Gottes’, den Regenerator Italiens un cinquecento diece e cingue. Man verweist auf die Apokalypse des Johannes (13, 18), wo von dem furchtbaren Tier mit zwei Hörnern, das wie ein Drache spricht und die Befehle des vor ihm erschienenen anderen schrecklichen Tieres mit zehn Hör- nern und sieben Köpfen vollzieht und die Bewohner der Erde ver- führt, jenes anzubeten, gesagt wird: “Wer es versteht, der berechne Burvacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 639 die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl. Und seine Zahl ist 666.° Aus dieser Stelle kann indessen nur die Methode der Benennung durch eine mystische Zahl stammen. Sonst hat das apo- kalyptische Ungetüm seiner Bedeutung nach mit dem am Schluß des Purgatorio so inbrünstig gefeierten rettenden Idealkaiser der Zukunft, dem Kaiser der kommenden Wiedergeburt, nichts gemein. Schon die ältesten Commentatoren verstanden Dantes Zahl nach den römischen Zahlzeichen DXV mit einer Metathesis als DVX, d.h. Dux. Eine solche Spielerei, die uns befremdet, kann man unbedenklich Dante zu- trauen. Die Versetzung des cingue hinter diecee an den Schluß des Verses mag im Reim (propingue) ihren Grund finden. Nicht jedoch kann ich Dante zutrauen, daß damit die Veranlassung und der Ur- sprung des Bildes aufgeklärt sei. Die Zahl 515 ist vielmehr eine Umformung der aus dem Altertum überlieferten Zahl der Phoenixperiode. Nach 500 Jahren, anderen Dar- stellungen zufölge nach 540 Jahren (Manilius bei Plinius Nat. Hist. X 4) oder nach 1461 Jahren (Taeitus Ann. VI 28), erscheint der Phoenix, um sich zu verjüngen. Früh wird auch der längere Termin auf tausend Jahre abgerundet: Plinius N. Hist. 29, 29, Lactanz V. 59, Martial Epigr. V 7, Ausonius, ÖClaudian. Die Frage der Priorität einer dieser Fristen und ihre ursprüngliche astronomische Bedeutung bleibe hier beiseite. Genug, die christliche Auffassung begünstigt im Einklang mit dem ur- alten Theologumenon vom tausendjährigen Reich die größere Phoenix- periode. Dante aber folgt der antiken Tradition des Hekataeus von Milet und Herodot, wie er sie bei Ovid findet (Metam. 15, 395 ubi quingue suae complevit saecula vitae). Er nennt den Phoenix einmal scheinbar nebenbei in einem Vergleich (Inf. 24, 107 Che la Fenice more e poi rinasce, (Juando al cinquecentesimo amno appressa) und folgt da genau dem Bericht des Ovid. Die Verse stehen in der schauerlichen Schilderung der Schlangenbolge, wo die verdammten Diebe gemartert werden: den verruchten Vanni Fucei aus Pistoja sticht immer wieder eine Schlange, so daß er in Flammen aufgeht und verbrennt, aber aus der Asche ersteht er stets sofort in neuer Gestalt zu wiederholter Qual. Der Sinn dieses hier uns zunächst wie Flickwerk anmutenden Bildes wird erst klar aus dem Contrast. Die Gerechtigkeit und Strenge der göttlichen Allmacht soll es offenbaren: Unsterblichkeit in ewiger Pein für den Verdammten, wie sonst das gleiche Phoenixbild Unsterblich- keit in ewiger Freude für den Erlösten verkündet. Aber das Phoenixbild taucht an viel bedeutsamerer Stelle, an einem der erhabenen Gipfel des Werks, in den Schlußgesängen des Purgatorio noch einmal auf und gibt hier einen unendlich tiefen Hintergrund für die weite Perspeetive des Ganzen. Sitzungsberichte 1910 56 640 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. ‚Juni. Hier, wo Dante eben erst (Purg. 29, 118) in der Vision des Sieges- wagens der Kirche auf Ovids Schilderung des Sonnenwagens Phaötons (Metam. 2, 105 ff.) hingewiesen hatte und bald nachher (Purg. 33, 47 ff.) an Ovids und seiner Verfälscher Darstellung der Themis (Metam. 1, 321. 7, 759, 762) sich anlehnt, benutzt er auch die Züge, die der Dichter der Metamorphose, wetteifernd mit Vergil und Horaz, aufgenommen hat in das romantisch sentimentale Bild der Augusteischen Restauration des goldenen Alters, in das Bild des Friedenskaisers, der die Welt mit star- ker und gerechter Hand ordnet und regiert. Mit gutem Grunde geschieht das gerade an dieser Stelle der Commedia. Das irdische Paradies, das einst verloren, das der entsündigte und neugeborene Mensch Dante, der natürlich die strebende Menschheit vertritt, wiedergewinnen soll, gilt es hier in den Schlußgesängen des Purgatorio zu malen. Mit dem irdischen Paradies aber verflicht sich, wie wir sahen (oben S. 634f.), in Dantes Phantasie das antike Elysium und an die auf dem Parnaß träumenden antiken Dichter. Wieder schwebt hier gerade Ovids Schilderung in den Metamorphosen (1, 89ff.) vor. Im Elysium hat nun aber nach Ovids 3ericht (Amor. 2, 6, 54) der Phoenix seinen Wohnsitz'. Und auch’ zu dem geheimnisvollen verdorrten Baum, den die Procession des mystischen Wagens, dem Diehter und seinem Begleiter voranschreitend, aufsucht (Purg. 32, 37. 52ff.) und der, als an ihn die Deichsel des Wagens gefügt wird, aufs neue zu grünen anfängt, führt eine Brücke aus dem antiken Vorstellungskreis des Phoenix. Nach Plinius (Hist. Nat. XIII, 42) gibt es von der fruchttragenden Palmenart der syagri nur einen einzigen Baum, nach ihm habe der Vogel Phoenix seinen Namen, weil er auf und mit ihm starb und wiedergeboren wurde (cum phoenice ave putatur intermori ac remasci se ipsa). Der Baum, der sich dem Phoenix gleich verjüngt in dieser Vision Dantes, ist zunächst der Baum des Paradieses, von dem Eva aß und der den Fluch in die Welt brachte. Seine allegorische zweite Be- deutung, unendlich umstritten, ist, wie schon einige der alten Kom- mentatoren erkannten, Rom. Darauf führt die Bezeichnung vedova frasca (Purg. 32, 50). Es ist nach dem Dante geläufigen und von Rienzo übernommenen Bilde das verwitwete Imperium: Rom ohne Papst und ohne Kaiser, ohne geistlichen und weltlichen Gemahl. Von diesem verdorrten Baum des Imperiums, dessen sichtbarer Sitz natürlich für Dante die Stadt Rom war, hofft er in seiner Vision, daß er sich erneuere (si rinnovella Purg. 32, 55) wie die irdischen Bäume zur Zeit des Frühlingsäquinoctiums, wenn die Sonne in dem ! Auch Lactanz schildert des Phoenix Wohnsitz mit den Motiven des Paradieses und läßt ihn sich dort in der Lebensquelle baden. vr . . . ar Burvaca: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 641 hinter dem Tierkreiszeichen der Fische folgenden Sternbild des Wid- ders steht. Für Dante ist diese astronomische Bezeichnung viel mehr als eine bloße Genauigkeit der Zeitbestimmung. Sie fließt aus der tief in ihm wie in seinen Zeitgenossen wurzelnden Überzeugung', daß die erhoffte große Erneuerung oder Wiedergeburt der christlichen Welt abhängig sei von der Gonstellation der Gestirne. Auch darum wählt er das alte Phoenixbild. Denn in diesem ist durch die wandlungsreiche Tradition der Völker und der Jahrhunderte, die an seiner Umbildung und Verbreitung gearbeitet haben, der ursprüngliche astronomische Sinn nie ganz verloren gegangen. Es ist ein Bild gesetzmäßiger Pe- rioden geschichtlicher Blütezustände, jener Gesetzmäßigkeit, die Villani ebenso wie Vasari annahmen, von der auch Rienzo fest überzeugt war, als er König Karl IV. die Prophezeiungen des Spiritualen-Eremiten Angelus enthüllte und sie durch die astrologische Weisheit des Cyrilli- schen Orakels stützte, als er sich selbst für den längst erwarteten novus dux, den Königssohn, den pauper und puer hielt, der als Helfer und Vorläufer neben Kaiser und Papst oder wohl gar allein die Refor- mation und Wiedergeburt des Reichs herbeiführen solle. 9. Die zuerst von Aurren BASSERMANN” ausgesprochene Erkenntnis, daß dem rettenden Dux, den das Purgatorio für die Weltregeneration ver- heißt, die antike Vorstellung vom Phoenixjahr zugrunde liege, läßt sich stützen aus jener auffallenden, oben (S. 603) hervorgehobenen Zeitbestim- mung, die Rienzo für sein Tribunat gibt. Ein schweres Unternehmen, das fünfhundert Jahre zuvor kein Römer versucht habe, behauptet er am heiligen Pfingsttag gewagt zu haben (Briefw. 57, 244ff. S. 240), und unter Berufung auf römische Chroniken schreibt er im Jahre 1350 an Karl IV. noch genauer, seit fünfhundert und mehr Jahren (per quingentos amnos et vltra 50, ı88ff. S.204) habe kein Römer gewagt, das römische Volk gegen die Tyrannen zu schützen. Er denkt an Papst Leo IV., ! Das haben besonders die oben S. 599 Anm. 2 angeführten Untersuchungen von BEzoLps und GrRAVERTs nachgewiesen. ? In den Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte, hrsg. von Max Koch, 8. Band, Berlin 1908, S. 5ff. Ohne sein Verdienst im mindesten verkleinern zu wollen, möchte ich bemerken, daß ich durch Erwägung der oben besprochenen Zeitangabe Rienzos über die Erneuerung des Tribunats zu derselben Auffassung geführt worden bin ohne Kenntnis seines Aufsatzes. Auch die Vermutung, es sei Dantes DXV einfach verlesen aus dem DXL des Plinius (N. Hist. X 4) hatte sich mir aufgedrängt und trotz Inferno 24, 108 kann sie sehr wohl richtig sein. Eine andere Erklärung versucht Kampers Dantes Kaisertraum S. 21 ff. 56* 642 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. der, Römer von Geburt, 847 vom römischen Volk ohne vorherige Be- fragung des Kaisers gewählt war und das von den Sarazenen fürchter- lich verwüstete, durch Feuersbrunst und Erdbeben heimgesuchte Rom wiederherstellte und befestigte, durch eine Liga mit Amalfi, Gaeta, Neapel und Reorganisation der Militärkräfte die Mauren besiegte und auf vatikanischem Gebiet die Civitas Leonina gründete. Seinen Ruhm kündeten die Tor-Inschriften der neuen Gründung, und zugleich feierten sie das wiedererstandene Rom: Roma capud orbis splendor spes aurea Roma, die Eintracht zwischen dem guten Papst Leo und dem er- habenen Fürsten Lothar und wünschte beiden Gottes Geleit zur Burg des Pols, d.h. zum himmlischen Jerusalem, das auch Rienzo und Petrarca noch mit ihrem idealen Rom verglichen oder vermischten (s. Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom‘ 3, Soff.). Diese Ereignisse schwebten Rienzo vor und die seitdem verflossenen fünf Jahrhunderte, eine Phoenixperiode, schienen ihn zum rettenden Idealfürsten, zum Er- neuerer Roms, zum papa angelicus zu prädestinieren. Rienzo kannte ohne Zweifel auch den antiken Kult der Roma aus Münzen, wo sie thronend oder schreitend dargestellt wird mit der Vietoria auf der Rechten oder gekrönt von Pax und Felieitas. Er kannte gewiß auch die Aufschrift dieser Münzbilder: Roma Renascens unter Galba und Nerva, Roma Aeterna (seit Hadrian), Invicta Roma Aeterna, Feliv Roma, Renovatio Urbis Romae, Roma resurgens (Richter, Roschers Lexikon der griech. und römischen Mythologie 4, 154f.). Und ebenso hat Rienzo sicherlich auch einige der alten Phoenixmünzen gekannt: etwa die zu Ehren Trajans nach seinem Tode geprägte, die Goldmünze Hadrians mit der Aufschrift Saeculum Aureum (Trajan mit den Abzeichen der Aeternitas, einen Phoenix auf der Weltkugel haltend), die Münze des Antoninus Pius mit dem strahlenkranzgeschmückten Phoenix und der Reversaufschrift AIQN, die Bronzemünze Constantins des Großen, auf der vor dem sitzenden Kaiser aus dessen Hand sein Sohn stehend eine Kugel empfängt, darauf ein Phoenix steht mit einem Strahlenkranz als Zeichen der Weltherrschaft, die Münzen des Constans I. mit der Reversaufschrift Felix Temporum Reparatio und dem Bilde des Phoenix im Strahlenkranz und der Vietoria am Ruder eines Schiffes (Türk, Roschers Mytholog. Lexikon 3, 3466 ff.). Die parallelen litterarischen Kundgebungen waren natürlich Rienzo gleichfalls vertraut: Martials Verse von der nova Roma unter Domitian, die gleichwie Brände das Phoenix-Nest erneuern (re- notant), so die velerem senectutem ausgezogen habe (Epigr. V 7), oder des Florus Enkomion auf Trajan (Epit. I ı, 8): sub Trajano prineipe . senectus imperü quasi reddita iuventute reviruit. Nach mittelalterlicher Vorstellung, die uns im ı2. Jahrhundert Johannes von Salisbury überliefert, sollte Constantins Gründung der wid u u rn ie ae - Le En De 67 BRRIEN ee ee de erneut ee ie Ze Be u Bi Their u ee Ze er De u. r . . ? € Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissanee und Reformation. 643 nova Roma, d.h. Constantinopels, erfolgt sein als Erfüllung einer neuen Erscheinung des Phoenix, d.h. als Ausdruck der Vollendung einer Ära und der Wiedergeburt neuen Lebens, des Beginns einer neuen Ära. Rienzo, der durch Roms Befreiung aus der Gewalt der Barone, durch‘ die Wiederherstellung der Rechtspflege und der Sicherheit im römischen Staat, durch die Proclamierung der Idee eines national ge- einten Italiens ein neues Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit und der religiösen Reinigung heraufführen wollte, betrachtete sich ge- wissermaßen als Erben Constantins: in seiner Taufwanne im Baptiste- rium der Lateranischen Basilika nahm er das Bad, durch das er sich zum Gandidaten und Ritter des Heiligen Geistes weihen ließ. Er be- trachtete sich als Erben Constantins, aber auch als seinen Gegenspieler: als den nationalen Erneuerer des alten, römischen Roms gegenüber der griechisch-orientalischen nova Roma am Bosporus. Zwischen dem Tribunat und der Nachahmung der Taufe Constan- tins liegt eine staatsrechtliche Kluft. Fraglos war Rienzo sich nicht klar, in welcher Form die Einheit Italiens und die Erneuerung der Welthauptstadt Rom ihre Spitze finden sollten. Päpstlicher Bevoll- mächtigter, Delegierter der Volkssouveränität, Princeps Augustus mit der potestas tribunicia, italienischer Nationalkaiser, Gehilfe des deutschen Kaisers und daneben doch auch Erbe der geistlichen Gewalt, Vertreter des papa angelicus, Ritter-Candidat' des Heiligen Geistes — gewiß eine bunte politische Musterkarte! Und doch war die Grundtendenz immer dieselbe: regeneratio Romae, regeneratio Italiae. Als er das Tribunat erneute und sich Augustus nannte mit Be- rufung auf Octavian, wußte er, daß der römische Prineipat, den Cäsars Nachfolger errichtete, sich gründete auf der potestas tribunicia. Was er, der sich als Gottgesandter, als Kaisersohn fühlte, erstrebte, war die Erneuerung Roms und damit Italiens auf nationaler Grundlage, eine Regelung des Imperiums, die von der byzantinischen Monarchie, wie sie Constantm angebahnt hatte, sich entfernte. Der römische Staat stand ihm immer höher als das Imperium, konnte er mit Recht an Karl IV. schreiben (s. oben S. 608f.). Und darum vermochte er schließ- lich auch im Auftrag Karl IV. die mittelalterlichen imperialistischen ghihellinischen Staatstheorien Petrarcas ironisch abzufertigen (Briefw. 71, S. 406ff.). Verdienstliche Forschungen der letzten Jahrzehnte haben gerade die Macht, die weit zurückliegenden Ursprünge und das lange Nach- ! Der Titel candidatus spiritus Saneti berulit wohl auf Nachbildung eines antiken Priestertitels aus dem Cult des Juppiter Dolichenus auf dem Aventin (s. darüber meine Erörterung im Kommentar zum Briefwechsel des Rienzo). 644 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. wirken dieses Glaubens an die siderische Bedingtheit der großen ge- schichtlichen Umwälzungen, insbesondere des Wandels der geistigen Cultur, in helles Licht gestellt. Dieser Glaube behauptet sich im all- gemeinen durchaus neben und mit der Annahme einer göttlichen Welt- regierung. Er durchdringt die gesamte Entwicklung jener uralten Sagengebilde, die mit phantastischem Prophetentum das erwartete oder gefürchtete Weltende, aber auch die kommende Weltentwicklung an heroische Idealgestalten, Herrscher oder Heilige, anknüpfen. Mit reichem Erfolg sind von ZEZSCHWITZ, VON GUTSCHMID, RIEZLER, DÖLLINGER, VON BEZOLD, GRAUERT, KAMPERS, HoOLDER-EGGER, W ADSTEIN, SACKUR, VOSSLER und andere den verschlungenen Gängen dieser eschatologisch-chiliastischen, doch auch imperialistischen Traditionen von dem Kaiser der Endzeit, dem letzten erliegenden oder siegenden Welt- und Friedenskaiser, auch wohl Bettlerkaiser, von der Wiederkunft Christi, von der dynastischen, politischen, religiösen oder nationalen Erhebung und idealen Neuge- staltung des Weltreichs gefolgt durch den weiten Weg, den die geistige Bildung der uns bekannten weltgeschichtlichen Culturvölker gezogen ist. Für Dantes Commedia hat neben KaAnrers, dessen Arbeiten den ganzen ungeheuren Verlauf umfassen', zuletzt Bassermann mit Scharf- sinn und Gelehrsamkeit die Ergebnisse dieser Kaisersagen-Forschung herangezogen und verwertet”. Das ganze Mittelalter hindurch leben diese chiliastisch-imperia- listischen Ideen. Allerdings wandeln sie sich nach Zeiten und Ländern. Aber hinter allen steht die unauslöschliche Erinnerung an die über- irdische Größe Roms, seiner Weltmacht und seiner Cultur, die ihrer- seits nur das Erbe war der hellenistischen und orientalischen Welt- herrschaft und Weltbildung. Und mit dieser Erinnerung lebt immer wieder die Sehnsucht auf, die verlorene Herrlichkeit dieser versunkenen Welt aus sich selbst nachzuschaffen: eine nova Roma zu gründen. Der Schatz menschlicher Cultur, der glänzende Ertrag so vieler Jahrhunderte weltgeschichtlicher Bemühungen konnte nie entschwinden. Er sinkt wohl tief und tiefer in dem Gewoge des Lebensdranges Jugendlicher, vergangenheitsloser Völker. Aber er steigt immer wieder von Zeit zu Zeit, wenn die Constellation es gestattet, empor. Mit ver- schiedener Kraft und Dauer. So hat man — das Wort Renaissance, in ' Wie er mir mitteilt, will er zunächst noch einmal die karolingische Periode behandeln. * Im großen und ganzen erfolgreich. Einzelnes freilich wird man bezweifeln und berichtigen müssen. Am unglücklichsten sind die Versuche, in den internationalen, aus dem Orient und der griechisch-römischen Culturwelt stammenden Phantasie- produkten auch Elemente urgermanischen Heidentums aufzufinden. I Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. 645 seiner jetzt gewöhnlichen Bedeutung: “Wiederbelebung der antiken Cultur’ verstehend — mehrere byzantinische Renaissancen, eine irische, eine altenglische, eine karolingische, eine ottonische, eine staufische Re- naissance, eine Renaissance im Frankreich des 12. Jahrhunderts (Schule von Chartres; französische Plastik), eine cassinesisch-römische Renais- sance seit dem Ende des ıı. Jahrhunderts, eine normannische Renais- sance im 12. Jahrhundert. Es gibt eine Renaissance in der Jurisprudenz, in der Philosophie, in der Medizin und Naturwissenschaft wie in der lateinischen Schulpoesie. Weil man das sich nicht klargemacht hat und auch heute immer noch nieht klarmachen will, sucht man mit soleher fast komischen Angst nach dem Anfang der Renaissance und findet immer neue Vor- stufen für sie, immer neue Protorenaissancen und allererste Renaissancen. Wiederholt habe ich es ausgesprochen, wie diese Erscheinungen zu beurteilen sind und wie zu jenen verschiedenartigen Renaissancen an allen Ecken und Enden Europas sich die Renaissance KAT &zoxAn verhalte: die national-italienische Culturerneuerung (s. meinen Aufsatz über den Satzrhythmus der deutschen Prosa, Sitzungsberichte 1909, S.530f.). Die Antike wiederzugewinnen, hat man immer und in allen Ländern zuzeiten versucht. Das Charakteristische der eigentlichen Renaissance ist nur, daß in ihr die Rückeroberung antiker Cultur eine Selbsterneuerung und Selbsterhöhung, eine nationale Selbstbesinnung und Selbsterkenntnis war. Die eigentliche Renaissance wächst aus dem innersten Lebenskern des italischen Volks. Sie tritt in Kraft (nach längerer Vorbereitung seit dem ıı. Jahrhundert) in der Zeit, wo das antike Erbe aufhört, als europäisches lebendiges Gemeingut des alltäglichen Gebrauchs empfunden zu werden, wo man anfängt, es als ein Element und als Quelle der Andacht und Ehrfurcht, als Denkmal reinerer, menschlicherer Jugend, als ein Rüstzeug für die sittlich-religiöse Erhebung zu betrachten. Als das Imperium Romanum dem Tod verfallen, da proclamiert Rienzo als Schüler Dantes unter dem Jubel Petrarcas die Reformation und Regeneration der Stadt Rom und damit ein neues Imperium Romanum. Das ist die Renaissance, die einen neuen Begriff der Menschheit, der Kunst, des litterarischen und wissenschaftlichen Lebens schafft, die eine neue Weltherrschaft begründet: die Weltherrschaft eines geistigen Ideals über den Formeln der erstarrten Dogmen. Nicht im Gegensatz zu der christlichen Re- ligion, sondern aus der Vollkraft eines religiösen Aufschwungs. Die spätere Trennung der weltlichen und der kirchlichen Refornı- bewegung, d. h. die Differenzierung und Scheidung von Renaissance und Reformation vollzieht sich allmählich. Sie zu verfolgen und die langsame Säeularisierung des Gedankens der Wiedergeburt aufzuweisen 646 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mitth. vom 28. April und 2. Juni. an Petrarca, Boccaccio und allen Nachfolgern geht über den Rahmen dieser Untersuchung‘. Die Grundrichtung, die ich mich bemüht habe klarzustellen, bleibt indessen. Und die Bilder vom Altern und Wieder- jJungwerden der Zeit und von der Wiederkehr des goldenen Welt- alters, sie drücken auch noch in den Tagen Leos X. und Melanchthons die innerste Stimmung der Renaissance aus, die niemals ganz vergißt, das zu erstreben, was man so oft gedankenlos ausgesprochen hat und was doch einen so tiefen und wahren Sinn wiedergibt: die Humaniora, d.h. mehr Mensch zu sein. ' Auch muß ieh mein reichhaltiges Material für die speziell staatsrechtliche und allgemein juristische Bedeutungsgeschichte der Worte reformare, reformatio der späteren Darstellung vorbehalten. E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen, 647 Über die Struktur der y-Strahlen. Von Dr. Ensar Meyer in Aachen. (Vorgelegt von Hrn. Rugess am 9. Juni 1910 |s. oben S. 549].) $ı. Über die Natur der y-Strahlen bestehen verschiedene Hypo- thesen. Allgemein faßt man wohl die y-Strahlen als qualitativ nicht verschieden von den Röntgenstrahlen auf, und damit gelten die An- schauungen, die man sich über die Natur der Röntgenstrahlen gebildet hat, auch für die y-Strahlen. Die größte Beachtung hat wohl die Theorie gefunden, die die y-Strahlen als elektromagnetische Impulse ohne periodischen Charakter im Äther betrachtet, entstanden durch Be- schleunigung von Elektronen. Demgegenüber hat nun schon früher Pascnen' und neuerdings W.H. Brase” die y-Strahlen als eine korpuskulare Strahlung ange- sproehen. Ersterer faßt sie auf als Elektronen von nahezu Licht- geschwindigkeit, letzterer als neutrale Doppelteilchen, entstanden durch Zusammenlagerung eines «- und eines $-Teilchens. Schwer in Ein- klang zu bringen mit dieser Theorie von Bras« sind wohl die Ver- suche über die Polarisation der Röntgenstrahlen. Nimmt man die nicht unbegründete Hypothese als richtig an, daß einerseits y- und Röntgenstrahlen, anderseits Röntgenstrahlen und sehr kurzwelliges Licht wesensgleich sind, so läßt sich auch die Licht- quantenhypothese (Emsrem, Stark) auf die y-Strahlen übertragen®. Danach bliebe die elektromagnetische Energie eines »y-Quantums« in einem kleinen Volumen konzentriert und pflanzte sich nur nach einer bestimmten Richtung hin fort. Die Polarisationsversuche wären mit einer solchen Auffassung im Einklang. Eine ähnliche vermittelnde Stellung, wie sie die Lichtquanten- theorie zwischen der Impulstheorie und den Korpuskulartheorien ein- ! F. Pascaen, Ann. d. Phys. (4), 14, 164, 1904; 14, 389, 1904; Phys. Zeitschr. 5, 563, 1904. 2 W.H. Brass, Phil. Mag. (6), 14, 429, 1907; Nature 77, 270, 1908, — und J. P. V. Mivsen, Trans. Roy. Soc. of South Australia 32, 1908. ®> Vgl. z.B. E. von Schweipter, Phys. Zeitschr. 11, 225, 1910. 648 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. ‚Juni. nimmt, stellt auch die Auffassung von J. J. Tuomsox' dar, die darauf basiert, daß angenommen wird, die von den Elektronen ausgehenden Faravavschen Kraftröhren hätten wirkliche reale Bedeutung. Die Tnousonsche Theorie unterscheidet sich von der aus der Liehtquanten- hypothese folgenden Anschauung auch dadurch, daß nach ihr die Energiedichte mit der Entfernung von der Strahlungsquelle abnimmt. Betrachtet man nun auf Grund dieser Hypothesen den Elementar- prozeß der y-Strahlaussendung, so zeigt sich, daß sämtliche Auffassungen folgendes gemeinsam haben. Die Strahlungsenergie wird nicht mit gleicher Dichte nach allen Richtungen hin in den Raumwinkel 4 r ein- gestrahlt, sondern es gibt bevorzugte Richtungen maximaler Energie- dichte. Im besonderen: nach Pascnen, BrAG6, Einstein und STArk würde die gesamte Energie nur in eine bestimmte Richtung gesandt, nach Tmomson in einen Raumwinkel, der klein gegen 4” ist. Daß man auch nach der Impulstheorie zu einer ähnlichen Auffassung gelangt, hat SommERFELD” gezeigt (vgl. weiter unten). Der Kürze halber soll dieses Verhalten als anisotrope Struktur der Strahlung bezeichnet werden, im Gegensatze zu isotroper Struktur, bei der die Energie gleichmäßig über den Raumwinkel 47 verteilt wird. $ 2. Um experimentell entscheiden zu können, ob die y-Strahlung isotrope oder anisotrope Struktur besitzt, denken wir uns eine y-strah- lende Substanz in einem Punkte A des Raumes. Um A sei eine Kugel- fläche vom Radius A beschrieben, und es sei auf der Kugel ein Flächen- stückehen von dem Inhalte F abgegrenzt. Nehmen wir Anisotropie der Strahlung etwa in dem Betrage als vorhanden an, wie sie nach den Korpuskulartheorien auftritt, so wird, falls bei dem einzelnen Elementarprozesse jede Richtung für die Aus- sendung des Energiebetrages gleich wahrscheinlich ist, die sich in F pro Zeiteinheit bemerkbar machende Anzahl Elementarprozesse Z pro- portional / und umgekehrt proportional A? sein. Hat man es dagegen mit Isotropie zu tun, so wird jeder Ele- mentarprozeß in A,'der mit der Aussendung von y-Strahlung verknüpft ist, eine Wirkung (sei es eine Phosphorescenz-, eine lonisationswirkung od. dgl.) in # erkennen lassen. Die Anzahl der pro Zeiteinheit in F stattfindenden Wirkungen muß dann unabhängig von F und von R sein (nur die Intensität der Wirkungen, z. B. bei Ionisation, hinge von F und R ab)’. ı J. J. Tuoxson, Cambridge Proe. 14, 540, 1908; Phil. Mag. (6) 19, 301, 1910; ferner N. R. Canuesgerr, Modern Electrical Theory, Cambridge, University Press 1907, S. 319. ® A. SonMErFELD, Phys. Zeitschr. 10, 969, 1909. An Stelle von F kann man natürlich auch den durch F und R bestimmten Raumwinkel betrachten. } E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 644 Es kommt also darauf an, die Anzahl der pro Zeiteinheit in # eintreffenden y-Wirkungen zu zählen und zu untersuchen, ob diese Anzahl abhängt von der Größe F bei konstantem A oder von R bei konstantem F. Die Struktur der Strahlung nach der Impulstheorie bedarf noch der Erörterung. Man hat es, wie erwähnt, nach SomneErreuo bei dieser Theorie nicht mit Isotropie zu tun. ScHweiner hat aber a. a. OÖ. be- rechnet, daß der Unterschied zwischen der korrekten Theorie und der Annahme isotroper Kugelwellen nicht groß ist. Scuweipter findet, daß, wenn nach den Korpuskulartheorien durch F nur ı Prozent der über- haupt von A ausgehenden Strahlen hindurchgehen, es nach der exakten Impulstheorie 80 Prozent, bei isotropen Kugelwellen 100 Prozent tun. Hiernach könnte es scheinen, als ob mit einem Nachweise starker Anisotropie die Impulstheorie widerlegt wäre. Dem ist aber nicht so. SCHWEIDLER legt nämlich seinen Berechnungen die SommErreuoschen Annahmen zugrunde, die sich speziell auf Röntgenstrahlen beziehen. Diese Annahmen sind geradlinige Bremsung sowie ein Bremsweg von der Größenordnung der molekularen Wirkungssphäre. Ferner soll sich bei der Bremsung die Elektronengeschwindigkeit v zwischen den Gren- I A ” zen v=o und vo= _c ändern (e Lichtgeschwindigkeit). Es ist aber wohl nieht von der Hand zu weisen, daß man auf Grund der SomnEr- reroschen Überlegungen mit anderen Annahmen, die spezieller auf den Prozeß der y-Strahlaussendung beim Radium zugeschnitten sind, auch zu einer größeren Anisotropie der Strahlung kommen kann, als sie von SONMERFELD für die durch Kathodenstrahlen erzeugten Röntgen- strahlen berechnet wurde. $ 3. Als einfachste Methode der Zählung wurden die zeitlichen Schwankungen der radioaktiven Strahlung, die sogenannten ScHWEIDLER- schen Schwankungen, benutzt‘. Ist Z die mittlere Anzahl der radio- aktiven Atome eines Präparats, die pro Zeiteinheit zerfallen, so ist die mittlere Abweichung e von diesem Werte Z ausgedrückt in Bruch- teilen des Normalwertes Z gegeben als: x I Eile WZ Mißt man also die radioaktive Schwankung e (Schwankung in der y-Strahlionisation) in F, so muß bei Isotropie e nahe unabhängig von F sein, da, wie oben ausgeführt, immer alle Z zur Wirkung ge- ! E. von ScHWEIDLER, Int. Congr. de Rad., Liege 1905, vgl. ferner meinen Bericht, Jahrb. d. Rad. u. Elektr. 5, 423, 1908; 6, 242, 1909. 650 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. o- o 5 I langen. Bei Anisotropie aber muß e = __— sein, d.h. gleich der rezi- 124 proken Wurzel aus der Anzahl zerfallender Atome Z’, die sich pro Zeiteinheit in F bemerkbar machen, oder da Z’ proportional F ist, muß e proportional Tr sein. $ 4. Bei der Ausführung‘ derartiger Versuche, die im folgenden beschrieben werden sollen, hat sich nun als Resultat gezeigt, daß tat- sächlich bei der y-Strahlung eine starke Anisotropie besteht. Der Klarheit halber soll nochmals gesagt werden, was unter dieser Aniso- tropie zu verstehen ist: Betrachtet man eine Yy-strahlende Substanz in einem Punkte A des Raumes und denkt sich um A eine Kugelfläche vom Radius A gelegt, so ist die in einem bestimmten Zeitmomente in der Oberfläche der Kugel liegende Energie nicht gleichmäßig über diese verteilt, sondern auf bestimmte kleine Stellen (patches, wie Tmonson” sie nennt) lokalisiert. Die Lagen dieser Konzentrationsstellen sind voll- kommen voneinander unabhängig’. Bezogen auf den einzelnen Ele- mentarprozeß der y-Strahlaussendung, sagt dieses aus, daß die von einem beschleunigten Elektron ausgestrahlte Energie nicht gleichmäßig in den Raumwinkel = 47 eingestrahlt wird, sondern entweder in einen solchen Raumwinkel, der klein ist gegenüber » = 47 (klein gegenüber den Abmessungen des verwandten Kondensators, vgl. weiter unten), oder aber die Energie bleibt in einem kleinen Volumen kon- zentriert und wird nur nach einer bestimmten Richtung hin ausgesandt'. Dieses ist der einzig bindende Schluß, der sich aus den Versuchen ziehen läßt, eine Entscheidung zwischen den verschiedenen Theorien der y-Strahlen ergibt sich nicht; so auch, um etwas Spezielleres her- vorzuheben: über die Volumenausdehnung des von einem Elementar- prozesse herrührenden Energiebetrages in Richtung des Strahles läßt sieh nichts aussagen. $ 5. Den Hauptteil der benutzten Versuchsanordnung bildet die Ionisationskammer C, von der Fig. ı einen schematischen Durch- ! Hr. E. von Scuweiprer hat in seiner Arbeit: »Zur experimentellen Ent- scheidung der Frage nach der Natur der y-Strahlen« (a. a. ©.) dieselbe Idee (ohne aus- geführte Versuche) angegeben, die ich in der vorliegenden Arbeit ausgeführt habe. ös sei mir gestattet zu bemerken, daß ich mich schon bei der Ausführung der end- gültigen Messungen befand, als die Arbeit von Hrn. von SchwEipLer erschien. ® J. J. Tuomson, Cambridge Proc. 14, 540, 1908. ®° Mit andern Worten: Die Konzentrationsstellen sind nach dem Gesetze des Zufalls über die Kugeloberfläche verteilt. * Ob zwei diametral entgegengesetzte Richtungen oder Raumwinkel vorkommen können, mag dahingestellt bleiben. E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 65 Fig. 1. schnitt in richtigen Größenverhältnissen gibt. A ist eine 0.8 cm dieke Halbkugel aus Blei, die innen und außen zur Herabsetzung der auftretenden Voltaeffekte mit ı mm dieken Messinghalbkugeln belegt ist; der innere Radius beträgt 7 em. A wird von dem gut polierten Bernsteinstück G (2 cm Radius, 2 cm Höhe) getragen und besitzt eine durch den Bernsteinpfropfen H isolierte Zuleitung, die mit einem Quadrantenelektrometer (vgl. Fig. 2) verbunden werden kann. B ist eine mit A konzentrierte Halbkugel aus ı mm dieckem Messingblech 652 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. Br Ss = Illlllllilmo = xQ „> oO 72 S 2 N DS“ = BE 4 = H SS ? = SI: 3 S S = a ae ER [=] Fig. 2 zn 3, ——) 0, Se F db I EZ 0 IIj\IljI->> E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 653 und 4 em äußerem Radius; sie wird vermittels 3 Ebonitstücke e (2 em Höhe) von dem 3 mm dicken Messingdeckel D des sehr stabil ge- bauten Schutzkastens Ä getragen. B besitzt die isolierte Durchführung ın. Der Deckel D hat in der Mitte eine Öffnung von 3 em Radius, die durch einen kurzen Messingzylinder (Höhe 2 em) und eine angesetzte Messinghalbkugel (Radius 3 em, Dieke ı mm) in der aus der Figur ersichtlichen Weise geschlossen ist. Der freie Abstand zwischen A und B beträgt 3 cm. Das Radium Ra (16.5 mg reines RaBr,) befindet sich in einer der bekannten, mit einer dünnen Glimmerplatte verschlossenen Ebonit- kapsel; es wird von dem Gestänge SSS in der aus der Figur zu ersehenden Weise getragen und kann in beliebiger Höhe festgestellt werden. Die Lage des Präparates wurde so justiert, daß es möglichst im Zentrum der Kugeln A und B lag, ein Anschlag p sorgte dafür, daß diese Stellung auch nach einem Hochziehen des Präparates wieder eingenommen wurde. In die mittlere Vertiefung des Deckels D konnten nun verschiedene Bleiblenden P eingesetzt werden, die die Strahlen des Aa auf einen gewissen Raumwinkel beschränkten. Es waren zylindrische Bleiklötze von etwa 6 cm Durchmesser, die eine zentrische Bohrung von 22.5 mm besaßen, um die Radiumkapsel aufzunehmen. Vermittelst eines über- stehenden Randes werden die Blenden von einem stabilen Holzgestell, dessen Durchschnitt bei FF angedeutet ist, getragen. Das Gestell FF war auf derselben schweren Grundplatte festgekittet, die auch die ganze Ionisierungskammer trug. Unter Blende I ist im folgenden diejenige verstanden, die mit ihrem unteren geraden Rande mit der Radiumkapsel abschloß, also die Strahlen in einen Raumwinkel von fast 180° eintreten ließ. Die anderen Blenden, bezeichnet mit II und III, besaßen verschiedene Verlänge- rungen von der Art des in Fig. ı eingezeichneten punktierten Stückes. Die beschriebene Ionisationskammer stellt also einen Kugelkon- densator dar, in den die Strahlung eines Radiumpräparates, auf ver- schiedene Raumwinkel begrenzt, eintreten kann. Da die Strahlung bis zum Kondensator außer der dünnen Glimmerplatte 2 mm Messing zu durchdringen hatte, so waren fast nur die y-Strahlen wirksam. Auch hatte eine Zwischenschaltung einer ı.2 mm dicken Bleiplatte direkt vor das Präparat auf die Versuchsresultate keinen merkbaren Einfluß, was der Fall hätte sein müssen, falls durch die 2 mm Messing noch &-Strahlen in nicht zu vernachlässigender Menge hindurch- gegangen wären. Man muß nun in dem Kondensator C bei den verschiedenen Öffnungswinkeln zweier Blenden die Schwankungen der lonisation 654 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. ‚uni. und damit die zeitlichen Schwankungen der radioaktiven Strahlung des Präparates messen und sehen, ob ® sich mit der Blendenöffnung ändert oder nicht. $6. Die zur Messung der lonisationsschwankungen angewandte Anordnung, eine Nullmethode, ist in Fig. 2 schematisch dargestellt. Die Elektrode A der lonisierungskammer C, die im folgenden Elek- trometerkugel genannt werden soll, war mit dem einen Quadranten- paare Q, eines Dolezalekschen Elektrometers ZE verbunden, dessen anderes Quadrantenpaar (@, geerdet oder auf ein bestimmtes Potential gebracht werden konnte. Dazu diente der Widerstand X, von 5000 Ohm mit Laufstöpsel, der Umschalter U,, der Akkumulator By und das Voltmeter V,. Diese Vorrichtung wurde seltener zur Kompensation des Elektrometerausschlages benutzt, hauptsächlich zur Empfindlich- keitsbestimmung von E. Die Nadel von Z wurde von der Batterie By (100— 240 Volt) durch den Widerstand W, (10° Ohm) aufgeladen. Gleichzeitig lag Q, durch den Schlüssel S, an dem einen Ende eines Bronsonwiderstandes BW. Das andere Ende von BW war geerdet oder konnte auf ein bestimmtes Potential gebracht werden. Hierzu diente ein sehr guter Wolfscher Widerstand AR, von 110000 Ohm, der Umschalter U,, die große Batterie 3, von S2 Volt und 145 Am- perestunden Kapazität und der Schlüssel S;. Die »Spannungskugel« B der Ionisierungskammer C wurde von der Hochspannungs-Akkumulatorenbatterie D, aus durch den Amylalkohol- widerstand W, auf 1000— 2000 Volt geladen. Durch diese Spannung wurde nahe Sättigungsstrom erreicht, so stieg der Strom bei Erhöhung des Potentials von 1000 auf 2000 Volt um nicht 3 Prozent. Ein Braun- sches Elektrometer V, diente zur Kontrolle der Spannung, Durch 8, konnte Q, geerdet werden. Das an BW angelegte Potential wurde so abgeglichen, daß der durch € fließende Strom kompensiert wurde, Q, also nahe das Poten- tial Null hatte. Das Elektrometer £ zeigte dann nur die Schwankungen des Ionisationsstromes an. Um den Gesamtstrom zu messen, wurde durch $, der Bronsonwiderstand abgeschaltet und Q, mit einem EBlliot- schen Glimmerkondensator (meistens o.2 Mikrofarad) verbunden. Der Strom ergab sich durch die Zeit, die der Kondensator gebrauchte, um sich um ein bestimmtes Potential aufzuladen. Dicke Bleischirme Pb Pb dienten dazu, die Meßanordnung vor etwa aus X noch austretenden y-Strahlen zu schützen. Alle in Betracht kommenden Leitungen waren durch geerdete Schutzröhren geführt. Über die Empfindlichkeit der Methode mögen folgende Zahlen orientieren. Der Bronsonwiderstand hatte, am 21. Mai 1910 gemessen, einen Widerstand von ungefähr $-10'° Ohm (bei etwa 0.5 Volt ange- a a Or E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 655 legter Spannung). Bei einem Gesamtstrome von 7.5.10” Ampere, wie er etwa bei Blende I auftrat, entsprach also, bei einer Elektrometer- empfindlichkeit von 3150 Skalenteilen pro Volt, ı Skalenteil Elektro- meterausschlag einer Stromschwankung von 0.005 Prozent. $7. Trotzdem A aus einer 0.8 cm dicken Bleikugel bestand, gingen noch y-Strahlen durch A hindurch und machten die Luft zwischen A und X leitend. War dann A mit Erde verbunden, so hatte man zu BW noch einen Nebenschluß, der aber natürlich seine Größe auch mit der verwandten Blendenöffnung änderte. Hierdurch änderte sich dann auch die Empfindlichkeit der Methode zur Messung der Schwankungen, die proportional dem zwischen Q, und Q, liegenden Widerstande ist. Legte man an Ä dasselbe Potential an wie an BW, wie es die Figur zeigt, so blieb die Empfindlichkeit doch nicht kon- stant. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, wurde das folgende Ver- fahren benutzt, das auch gleichzeitig davon freimachte, daß der Bron- sonwiderstand nicht mehr exakt dem Ohmschen Gesetze folgte‘. Q, wurde noch mit der Elektrode Z einer zweiten Ionisierungskammer ZC verbunden. Die andere Elektrode M wurde über den Amylalkohol- widerstand W, durch Batterie By, auf 1250 Volt geladen. lonisiert wurde durch ein in konstanter Stellung gehaltenes Poloniumpräparat Po; durch einen Schieber T konnte die mit Drahtnetz bedeekte Öffnung der Kammer geschlossen und so die «-Strahlung von Po abgeschnitten werden. Durch diese Schaltung war es möglich, bei jeder beliebigen Blendenanordnung einen konstanten Zusatzstrom Ai in ZU zu erzeugen. Die den Aö entsprechenden Elektrometerausschläge waren dann ein Maß für die Stromempfindlichkeit der Anordnung, und man konnte leicht die gemessenen absoluten Beträge der Schwankungen e bei ver- schiedenen Blenden auf gleiche Empfindlichkeit umrechnen. $ 8. Der Einfachheit halber wurden die Messungen so angeordnet, daß man einen möglichst exakten relativen Vergleich der Schwankungen bei verschiedenen Blendenöffnungen ziehen konnte. Dazu diente fol- gende Überlegung. Setzt man eine anisotrope Struktur der y-Strahlen voraus, so ist der Sättigungsstrom i, wenn € die von jedem Energiebetrage, der von einem Elementarprozesse herrührt, in der Ionisierungskammer gebil- dete Anzahl Ionenpaare bedeutet (seien es direkt im Gase gebildete Ionen oder auf dem Umweg durch die an den Elektroden erzeugten Sekundär- strahlen) 0-—202e: ! Es war nämlich nicht möglich, einen Bronsonwiderstand herzustellen, der bei ge- nügender Größe (wegen der Einpfindlichkeit der Methode) für die in Betracht kommen- den Stromstärken genau dem Ohmschen Gesetze folgte. Sitzungsberichte 1910. 57 656 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. Dabei bedeutet e das elektrische Elementarquantam und Z’ die sich pro Zeiteinheit in dem Kondensator bemerkbar machende Anzahl Elementar- prozesse. Es ist dann die prozentische Schwankung: I Vz. ee oder die beobachtete Stromschwankung e ihrem absoluten Betrage nach: ee NR: Für zwei verschiedene Blenden I und II, also zwei verschiedene Raum- winkel, ergibt sich daher: ErkHl GeyZE % en CeVZ dı d.h. bei anisotroper Struktur müssen sich die absoluten Beträge der Schwankungen verhalten wie die Wurzeln aus den Sättigungs- stromstärken. Setzen wir dagegen isotrope Struktur als richtig voraus, so ergibt sich folgendes. Bezeichnet man mit X die durch einen y-Impuls im Kondensator überhaupt erzeugte Anzahl Ionenpaare (sowohl direkt im Gase als auch durch Sekundärstrahlen gebildete Ionenpaare), so ist der Sättigungsstrom in diesem Falle gegeben als MO ZER wo jetzt Z die pro Zeiteinheit überhaupt stattfindende Anzahl der Ele- mentarprozesse bedeutet. Der absolute Betrag der Stromschwankung wird daher: KZe a — Vz Nun ändert sich natürlich X mit dem Raumwinkel, unter dem die y-Impulse in den Kondensator eintreten. Bei zwei verschiedenen Blen- denöffnungen hat man daher: € ir KıeVZ K, % & KueVZ Kı Yı = Ke VZ Ö d.h. bei isotroper Struktur sollten sich die absoluten Beträge der Schwankungen direkt wie die Stromstärken verhalten. $9. Die Ausführung der Messung geschah in folgender Weise. Nachdem für Blende I der Gesamtstrom durch die Aufladezeit der Kapazität # (meistens o.2 Mikrofarad) auf ein bestimmtes Potential E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 657 ' von e ıoo mal die Stellung gemessen war, wurde zur Berechnung der Elektrometernadel in Zeitintervallen von 5” abgelesen. Darauf wurde durch Wegziehen des Schiebers T der Zusatzstrom zugeschaltet und nun 60 Beobachtungen derselben Art angestellt. Darauf wurden wieder 100 Ablesungen ohne Zusatzstrom gemacht. Das Gesamtmittel der Elektrometerablesungen aus Reihe I und Reihe III weniger dem Mittel aus Reihe II ergibt dann den Zusatzstrom Ai, gemessen in Skalen- teilen Elektrometerausschlag. Darauf wurde Blende I gegen eine an- dere Blende ausgetauscht und eine ganz analoge Meßreihe ausgeführt. Aus den e-Werten vor und nach Messung des Zusatzstromes wurde das Mittel genommen. Ist & die Schwankung bei Blende Il, &; die Schwankung bei Blende II, Ai, der Zusatzstrom » » I, Aö, der Zusatzstrom » Su NL, i; der Gesamtstrom » » I, &, der Gesamtstrom » > so ist die Schwankung s; bei Blende I umgerechnet auf dieselbe Empfind- lichkeit der Messung wie bei Blende II: EB —. ; ‘ Ar Es fragt sich nun, ob: & in EIER, -ı. ist (anisotrope Struktur) oder ob =r7 ist (isotrope Struktur). Eu Aı &ı 1 $ıo. In den folgenden Tabellen ı und 2 sind die Resultate bei verschiedenen Blenden eingetragen. Die Bezeichnungen der einzelnen Rubriken sind nach dem Gesagten ohne weiteres verständlich, die e sind ausgedrückt in Teilen der Elektrometerskala, £E£ bedeutet die Tabelle ı. BlendeIl und l. : Er ü nu Ai, ? ; Datum eı Er = : > EE ir du eu Di VE Aiır 15. 3. I9IO 16.5 16.0 1.03 1.36 1.17 as 3920 | 0.0206 0.0151 16. 3 10.6 11.3 0.94 1.45 1.20 1.20 2614 0.0146 | 0.0101 173 12.3 9.6 1.28 1.42 1.20 1.13 2594 0.0139 0.0098 ZUR 13-4 15.2 0.88 1.40 1.18 1.11 3133 0.0171 0.0122 DPERSE 12.4 11.9 1.04 1.43 1.20 1.08 3109 0.0171 0.0120 23.3 KL 14.5 0.81 1.39 1.18 1.18 3128 0.017I | 0.0123 28. 3 12.8 12.0 1.07 1.40 1.18 1.15 3109 0.0168 0.0120 30. 3 12.5 12.5 1.00 1.45 1.20 1.10 3089 0.0168 0.0116 Mittel.... ! Über die Berechnung von = vgl. meinen Bericht a.a. O. 658 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. Tabelle 2. Blende I und Il. er in im | Ad - ei u ü Ai x k Datum eiT ey = EE Ü Dis: Mittel.... Elektrometerempfindlichkeit: Skalenteile pro Volt. Die Zahlen in den Kolumnen für die Gesamtströme sind die reziproken Werte der Auf- ladezeit in Sekunden, sie sind nur proportional den Strömen‘. Wie man sieht, stimmen die Werte für das Verhältnis der Schwan- kungen nahe überein mit der Wurzel aus dem Verhältnis der Ge- samtströme, was für die anisotrope Struktur spricht. Allerdings sind ja die Messungen mit erheblichen Fehlern verknüpft. Die einzelnen e-Werte sind immer aus 200 Beobachtungen berechnet und haben eine (renauigkeit von etwa 15 bis 20 Prozent. Die Mittelwerte sind natürlich bedeutend genauer. Der Mittelwert von Tabelle ı, zu dem über 4000 Beobachtungen verwandt sind, mag auf etwa ıo Prozent genau sein. $ ı1. Wie Beobachtungen mit noch kleineren Blenden zeigten, schirmten die Blenden nicht vollkommen ab, sondern es gingen auch noch y-Strahlen durch ihre Wandungen hindurch. Um dieses zu ver- meiden, wurde folgende Anordnung getroffen. Die » Elektrometerkugel« wurde in der Mitte durchgeschnitten, so daß zwei Quadranten ent- standen. Die einzelnen Teile wurden gut gegeneinander mit Bernstein isoliert. Bei konstantem Einsatze einer Blende wurde dann die Schwan- kung gemessen, wenn 1. beide Quadranten mit dem Elektrometer ver- bunden waren: e;, 2. wenn es nur der eine Quadrant war: &,. Man konnte so den Raumwinkel, in den die y-Strahlen in den wirksamen Teil des Kondensators eintraten, verändern. Eine Bestimmung mit dem Harusschen Kondensator zeigte, daß durch Ab- oder Zuschalten des einen Quadranten die gesamte Kapazität der Anordnung nicht merklich verändert wurde. Ebenso, wie in $ 9 beschrieben, wurden auch hier die Zusatzströme Ai, und Ai, gemessen. Unter e; ist verstanden: Aly Al, 4 Eee ! Nur solche Werte von i sind ohne weiteres miteinander vergleichbar, die bei derselben Elektrometerempfindlichkeit gemessen wurden. ee nn E. Meyer: Über die Struetur der y-Strahlen. 659 Tabelle 3 enthält die Resultate. Tabelle 3. Geteilte Elektrometerkugel. I . TEE . Datum | e& | en | re = V# a IEE| ir | Blende 6.4.1910 | 11.5 8.8 1.31 1.92 1.39 1.17 | 3094 | 0.0167 | 0.00868| Nr.I 7.4 er3:0, (98:7 1.60 1.93 1.39 1.15 | 3099 | 0.0174 | 0.00903 ” 8.4 14.0 | 8.8 1.59 1.89 1.38 1.21 3104 | 0.0174 | 0.00920 ” 8.4 16.4 | 97 1.69 1.89 1.38 1.18 | 3104 » » - 8.4. 15.2 | 10.5 1.45 1.89 1.38 1.18 | 3104 ” ” » 10.4 10.6 8.0 1.33 1.82 1.35 1.27 | 3985 | 0.0224 | 0.0123 D 10.4 ER:02 L3=G 1.36 1.82 1.35 1.30 | 3985 u ” n BT: 11.4 94 | 1.21 1.9I | 1.38 1.14 | 3094 | 0.0126 | 0.00660 | Nr. II Mittel = _ 1.44 1.88 1.38 — ; 723 ° h : 7 Das Gesamtmittel von —- stimmt wiederum recht gut mit We En überein, wie es bei anisotroper Struktur sein sollte. $ ı2. Auch nach einer Differentialmethode wurden dieselben Messungen ausgeführt. Es wurde zu diesem Zwecke auch die »Span- nungskugel« geteilt, der eine Quadrant in der Höhe verschiebbar an- gebracht und Spannungskugel und Elektrometerkugel so einander gegenübergestellt, daß ihre Teilungsschnitte einander parallel waren. Die eine Hälfte der Spannungskugel wurde auf +1000 Volt, die andere auf —ı000 Volt geladen, und der justierbare Teil der Kugel so ein- gestellt, daß der Gesamtstrom nahe Null war. Es wurden dann nach demselben Schema wie früher die Schwankungen gemessen, einmal, wenn nur die eine Hälfte der Elektrometerkugel mit dem Elektrometer verbunden war: &,, dann, wenn beide Hälften es waren: e,. Wie leicht zu ersehen, sollte bei isotroper Struktur e; = 0 sein, bei aniso- troper aber sollte, da die Ionisationen in den verschiedenen Teilen des Kondensators voneinander unabhängige Ereignisse sind: = Ep = RE e;=V2-e, oder “—V2= 1.41 sein”. En In Tabelle 4 sind die Werte zusammengestellt. Da das elektrische Feld im Kondensator € bei diesen Differentialversuchen eine andere, ! Bei diesem Versuche wurden die Ablesungen nicht von 5" zu 5" gemacht, sondern die Umkehrpunkte der Elektrometernadel beobachtet. ®2 Vgl. K. W. F. Koarrausch, Sitzungsber. der Wiener Akad. 115, Abt. IIa, 673, Ag 1906. Unter 7, ist verstanden: ey = ey* Ay 660 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. weniger günstige Form hatte als in den Versuchen von $ ıo und $ ıı, sind die Werte für e kleiner. In der Tabelle ist e in Zehntelskalen- teilen ausgedrückt. Tabelle 4. Differentialmethode. , Aiy eG 3 Datum ey eg Ki m EE ig 12.4 30 54 2.39 1.80 3949 13.4 20 23 2.23 1.15 3113 13.4 20 28 2.41 1.40 3098 14.4 19 26 2.52 1.37 4054 14.4 26 41 2.45 1.58 4004 15.4 24 29 2.66 1.21 3949 15.4 26 49 2.74 1.88 | 3979 16.4 19 26 2.53 1.37 3969 16.4 26 5I 2.61 1.96 3934 18.4 2 31 2.2 1.35 3939 En Wie man sieht, stimmt der Mittelwert — = 1.50 sehr gut über- Ey ein mit dem aus ‚der anisotropen Struktur folgenden Wert 1.41. Um es nochmals hervorzuheben: bei Isotropie sollte dieser Mittelwert Null sein. Zur Beurteilung der Genauigkeit mag angegeben werden, daß der Tabelle 4 über 5700 Beobachtungen zugrunde liegen. $ ı3. Man könnte nun den Einwurf erheben, daß die beob- achteten Schwankungen überhaupt nicht den y-Strahlen, sondern Schwankungen in den Werten der lonisierungskonstanten C bzw. X zuzuschreiben sind'. D. h. mit anderen Worten, die Schwankungen könnten herrühren ı. von Schwankungen in der Ionisation des Gases, als eines atomistisch konstituierten Mediums’, 2. könnten aber auch die Schwankungen hervorgerufen sein durch die korpuskular konsti- tuierte Sekundärstrahlung im Kondensator. Um diesen Einwurf zu entkräften, dienten folgende Kontrollversuche. Es wurden bei kon- stantem Öffnungswinkel der Blende I die Schwankungen gemessen, ı. wenn in die Elektrometerkugel eine eng anliegende Aluminium- halbkugel von 0.25 mm Dicke eingesetzt war und der Gasinhalt aus ' Die Schwankungen des Brosonwiderstandes kommen deswegen nicht in Be- tracht, weil der durch ihn fließende Strom nur ein kleiner Bruchteil seines Sättigungs- stromes ist. ® Etwa ähnliche Schwankungen, wie ich sie kürzlich bei der Stoßionisation be- schrieben habe. Vgl. E. Meyer, Phys. Zeitschr. 11, 215, 1gro. er E. Meyer: Über die Structur der y-Strahlen. 661 Luft bestand: e;, 2. wenn die Aluminiumkugel entfernt und der ganze Kondensator mit CO, gefüllt wurde: &,. Im ersten Falle hat man dem zweiten Falle gegenüber sowohl verminderte Sekundärstrahlung als auch geringere Ionisation des Gases. Es gelang auf diese Weise, die Ströme ijr:iz, im Verhältnis von etwa 1.9 zu verändern. Ein Versuch mit Einsatz der Al-Kugel, aber in beiden Fällen Luft, ergab m =1.26. Ist das in $ ıo bis $ ı2 angegebene Resultat richtig, so sollte man folgendes erwarten. Das Verhältnis der Schwankungen müßte, da die in dem Kondensator pro Zeiteinheit sich bemerkbar machende Anzahl Elementarprozesse dieselbe bleibt, gleich dem Ver- hältnis der Gesamtströme sein, denn es gilt jetzt: EN CaeVZ C, D F DONE ZETEON TEN Tabelle 5 gibt die Resultate. Die Bezeichnungen der einzelnen Rubriken sind ohne weiteres verständlich. Nur Kolumne ıı bedarf der Erläuterung. Es ist [2 I . Ey Ep !E — red. = —|[ 1.91-—.]. Er Er im ! SE rg > de Also —- ist in Kolumne ıı umgerechnet auf ein Verhältnis — = 1.91. ek tE Tabelle 5. Kontrollversuche. r Datum e'y - | VER - r eu ‚u } / “ar Ad EE ; | = Bemerkungen rn ty ?E Ze red. %E °E €E | ;;; l '19.4.19I0| 13.5 E 1.34 | 1.29 1.14 1.22 | 3999 | 0.0207 | 0.0161 1.98 in beiden Fällen Luft 22.4. 16.9 9.5 | 1.78 | 1.91 1.38 1.41 | 3909 \ 0.0303 | 0.0159 1.78 Luft — CO, =23.4. 18.7 8.5 | 2.20 | 1.91 1.38 1.22 | 3869 | 0.0298 | 0.0156 2.20 » —. 124.4. 17-4 9.2 1.89 1.84 1.36 1.38 | 3884 | 0.0290 | 0.0158 1.96 no —.n 225.4. 20.9 | 12.5 1.67 1.85 1.36 1.29 | 3884 | 0.0298 | 0.0161 1.72 nn —. 226.4. in beiden Fällen Luft | Mittel BR | — | _ _- — — — — — _ 1.92 | Der Mittelwert von = red.= 1.92 stimmt sehr gut mit dem E theoretischen Werte 1.91 überein. Die etwa durch die Gasionisation oder die Sekundärstrahlung auftretenden Schwankungen sind daher klein gegenüber den Schwankungen der y-Strahlen. Die Kontrollmessungen der Tabelle 5 sprechen auch deshalb sehr gewichtig für die Richtigkeit des gefundenen Resultates, weil die Größe der Fehlerquellen dieselbe ist wie bei den früheren Messungen; zum 662 Gesammtsitzung vom 23. Juni 1910. — Mittheilung vom 9. Juni. Vergleiche mit den früheren Versuchen sind in Tabelle 5 noch die Werte für = angegeben. E $ ı4. Zusammenfassung. Es liegt in der Natur der Schwan- kungsmessungen begründet, daß das Resultat bei der verhältnismäßig geringen Anzahl Beobachtungen (im ganzen wurden etwa 30000 Ab- lesungen gemacht) noch mit großen Fehlern (etwa 10 Prozent) behaftet ist. Trotzdem' glaube ich den Schluß ziehen zu müssen, daß man es bei der y-Strahlung des Radiums mit einer stark anisotropen Struktur (wie sie in $ 4 definiert ist) zu tun hat. Da das Gesetz — — V = nahe u I befolgt wird, so ergibt sich weiter, daß bei einem Elementarprozesse der y-Strahlaussendung die Ausdehnung des mit Energie gefüllten Vo- lumens, senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung der Energie, klein sein muß gegenüber den Abmessungen des Kondensators ©. Es wäre möglich, daß das angegebene Resultat nur Gültigkeit für den Fall hat, wenn die Entfernung zwischen Strahlungsquelle und Kondensator klein ist. Sobald mir wieder ein Radiumpräparat zur Verfügung stehen sollte, habe ich darauf bezügliche Untersuchungen geplant. Hr. Geheimrat Prof. Dr. H. Rugess hatte die große Liebenswürdig- keit, mir das in den beschriebenen Versuchen verwandte starke Radium- präparat zu leihen. Hierdurch wurde es mir ermöglicht, die Unter- suchung auszuführen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, Hrn. Rusens für seine Güte meinen besten Dank auszusprechen. ! Es sind bedeutend mehr Versuche, als hier der Kürze halber angegeben sind, angestellt worden. Diese sollen an anderer Stelle mit weiteren Einzelheiten veröffent- licht werden. Ausgegeben am 30. Juni. Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung antgeführt, in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27. Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seceretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den in $$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde, wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . Philosophisch-historische Classe . . . . . Abhandlungen. Jahrg. 1909: Physikalisch-mathematische Olassers su: Philosophisch-historische Classe . . . . . Einzelne Abhandlungen aus Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . Scaurze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. den Jahren 1906, Dies: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.8.w.. . 1907, 1908 und BrancA: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? a a Dizıs: BESTES zur ua heran des. ’Oceidents und Orients. L. . . 2. 2. 2 nn. en San: Bean eNnugen des Satnmstrabenten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . - 2.50 Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . ». . 2 2 nun 2 Kexure von Stravonırz: Die Bildnisse des Sokrates. . . a dene von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf N Pe Dies: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . IE Be ee aaa 2 Herusrer: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schrifttum . . 2. 222200.» do Mürrer: Uigurica . . . - . SE © TE er az ed, — Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homankianen vonsSardieat y in ee Sr a Warnever: Der Processus retromastoideus . . . ln OS De hr er a See 9 — Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . U EI IE E Mentehe ke RR von Wıramowırz-MoeLLendorrF: Nordionische Steine. . » 2 2 2 2 0 2 2 nn en ” Die: N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelination. Erste Abtheilung . . H. Becxe: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . - K. Gorsanovi6-KrAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen B N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . H. Becks: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik Ta. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks ER Nie hehe /lelihe B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . WERE NE M. Consart: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ar L. Jacossoan: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamns . . A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen H. vox Frırze: Die Münzen von Pergamon Sitzungsberichte der Akademie. Preis des Jahrgangs . . Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Frosenıus: über den Frrmar’schen Satz Frosextus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen) * "nee Rusens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910 Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . : Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.GorsAan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen jo Ungarn) . . eo en ss R. a kyprische” Stersinschnitd er "Taf. I Ta m 4 Mürter-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe ScHortkvY: die geometrische Theorie der Aper’schen Funetionen vom Geschlechte 3 . Frogentus: über den Fermar’scheu Satz. II. Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge ı von ‚ Festigkeitsbeanspruchun, en Herrwis: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer a Pexck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage Nernst, F. Korer und F. A. Lınpemann: Untersuchungen über die speeifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I. : Nersst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. \ J. Hees: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) Tuonusen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. II) 5 F.C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vırreım Tnonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift Ruexer: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers . Eruan: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Liesısch: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen "Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien ö Aa Heaae : Liesısch: über Silberantimonide vos Wırasowırz-MorLtenporrr: über das © der Ilias - ER: G. EsErHARp: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. IL. Lupwis: Notomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . E. Hagen und Ruzess: über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Tempe- ratur im kurzwelligen ultrarothen Speetrum . . H. Bückıns: die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung nl ihre ers Zusammen- setzun J. Ve und M. Sreier: Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft . . . G. Krönıs: der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut (iierzu Taf. iv) Harnack: das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation E. Meyer: über die Structur der y-Strahlen . . M 12.— wu su.. Sso2>>: an =) H 1910. XXX. 1 ____SITZUNGSBERICHTE DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Öffentliche Sitzung am 30. Juni. (S. 663) Warpever: Ansprache. (8. 663) Lünens: Antrittsrede. (S. 666) - Dirrs: Erwiderung. (S. 669) Verleihung der Lzizxız-Medaille. (S. 671) Akademische Preisaufgabe für 1914 aus dem Gebiete der Mathematik. (S. 671) RFURE Preisausschreiben aus dem Etrer'schen Legat. (672) __ Preis der Sreiser’schen Stiftung. (S. 673) is Preisaufgabe der Cnastorrex-Stiftung. (S. 674) a Epvarp GeERHARD-Stipendium. (S. 676) n 1 2 we er Di BERLIN 1910. j VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. Pula ws IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Es | & | | R pr; In Aus $l. Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften « und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«. Aus $ 2. Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die » Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka- demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel das druckfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht- ınitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen. S3. Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32, bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift ‚der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12Druckbogen von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand- lungen nicht übersteigen. Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung ‚der Gesammt-Akademie oder der betreffenden (lasse statt- haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver- muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde, so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang im Druck abschätzen zu lassen. Sa. Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original- aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch auf getrennten Blättern, einzureichen. Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be- treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln. Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren handelt — der Kostenanschlag eines ‚Sachverständigen beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er- forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark, bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung durch das Seeretariat geboten. Aus $5. Nach der Vorlegung und Einreichung des vollständigen druckfertigen Manuscripts an den zuständigen Secretar oder an den Archivar wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit- glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes ' in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«, so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die Gesammt-Akademie. (Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) KEN Dee Ar HN Aa WR . R } ie F Pad te . a 1 EEE ru . s ‚ 2 Dur ‘ Lt pP u E a ; A E D A A auf Kosten der Akademie weitere ‚sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden eeretar an- Aus $ 6, En .n ; Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripten müsse wenn es sich nicht bloss um ‚glatten Text handelt, aus reichende Anweisungen für die Anordnung“ des Satzes und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen n. Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegende Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen. Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasseı seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansicht. Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen Ver ge haben diese erste Kozeenz an und leichten Schreibverschen hinausgehen. aaa Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung dı e girenden Secretars vor der Einsendung an die und die Verfasser sind zur Tragung der entsteh kosten verpflichtet. Aus $ 8. % Se Von Bin in die Sitzungsberichte ‚oder Be abdrucke here die Fr en des Se treffenden Stücks ‚der ER ee werden Verfascer sich en un einverstan len © ren, E2 $2. - 57 Wi p EX ö | Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberi hten I erhält ein Verfasser, welcher Mitglied d zu unentgeltlicher Vertheilung ohne ı exemplare; er ist indess berechti i a7 eiteres 50 Frei- gleichem Zwee ce von ‚noch 100 und auf ) zur Zahl von 200 (in ganzen also 3 gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten. 2 N Abdrucke zur Vertheilung z der Genehmigung der Gesammt-Akademie ode treffenden Classe. — Pichkuuigliener erhalten redigirenden See weitere 200 Exemplare auf Kosten abziehen lassen. Ä » Von den Sonderabdru ken a ee er ist Ba Veretig St, zu gleichem an auf Kosten der Akademie weitere ;xemplare er, : von noch 100 und auf seine Kosten noch wei sofern ‚er diess rechtzeitig dem ee gezeigt hat; wünscht er auf ‚seine Kosten .noc Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, der Genehmigung ‚der Gesammt-Akad treffenden Classe. — Nichtmitglieder exh eeenge Seeretar weitere 100 Exem ars Kosten abziehen. lassen. oa ä Eine für die RR stimmte wissenschaftliche Mittheil in keinem Falle vor ihrer Ausgabe a Bi Stelle anderweitig, sei es auch nur Aauszugs- 663 SELZENGSBERICHTE 1710 XXX. DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 30. Juni. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leissizischen Jahrestages. Vorsitzender Secretar: Hr. WALDEYER. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit folgender Ansprache: Das Jahr, mit dem die erste Dekade des angebrochenen Säkulums ihr Ende erreicht, weckt, wenn wir um ein und zwei Jahrhunderte den Blick zurückwenden, bedeutungsvolle Erinnerungen, nieht nur für unsere Akademie, sondern auch für deren Mutterland, unser Preußen. Ich habe zur Eröffnung der heutigen Festsitzung, die wesentlich dem ehrenden Gedächtnisse unserer seit dem letzten Leissıztage aus dem Leben geschiedenen Mitglieder gewidmet sein wird, nur eine kurze Spanne Zeit zur Verfügung, denn der Tod hat öfters als seit langem seine Opfer aus unseren Reihen gewählt. So möchte ich denn in Kürze bei diesen Erinnerungen verweilen. Da sie erhebender und freudiger Art sind, mögen sie auch die wehmütigen Empfindungen, die das Ge- denken an die Abgeschiedenen wecken muß, milder stimmen. Am Leissiztage soll unser wissenschaftlicher Stifter nicht vergessen sein. Blieken wir zweihundert Jahre zurück, so kommen wir zu dem Jahre, in welehem zwar nicht sein bedeutendstes, aber vielleicht seiner- zeit am meisten verbreitetes und gelesenes Werk, die Theodicee, erschienen ist. Sie wurde zuerst 1710 in Amsterdam verlegt. Für uns hat das Werk noch ein besonderes Interesse, als es wohl wesent- lich auf Veranlassung der ersten preußischen Königin, der geistreichen SOoPHIE CHARLOTTE, zur Herausgabe gelangt ist. Leısnız spricht sich in einem Briefe an den schwedischen Kanzler des Herzogtums Zwei- brücken, DE GREIFFENCRANZ, selbst dahin aus, daß das im wesent- lichen gegen den berühmten französischen Freidenker Bavrr, den Zeit- genossen von Leıizniız, gerichtete Werk aus Gesprächen mit der Königin über die Bayteschen Bücher entstanden sei. Es heißt in dem aus Sitzungsberichte 1910. 58 664 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. Hannover vom 2. Mai 1715, also kurz vor Leisnızens Tode, datierten Briefe: « Je vous dirai, Monsieur, que la feue Reine de Prusse a donne occasion A cet ouvrage, car etant quelques fois plusieurs mois d’este avec elle a Lizenbourg, maison de campagne pres de Berlin, qu’on nomme maintenant Charlottenbourg, Elle se faisait lire en ma presence des passages croustilleux des ouvrages de M. Bayır, qui contiennent mille choses curieuses et agreables, mais on il fait des objeetions contre la providence et contre d’autres articles de la Theologie na- turelle, et moy je tachais d’y repondre. Et comme mes reponses ne deplaisoient a Sa M“, elle voulait de temps en temps, que je les misse par eerit. Ü’etaient plusieurs lambeaux que jay cousus en- semble pour en faire un ouvrage & l’exhortation des amis qui en avoient connoissence. » Diese Entstehungsgeschichte erklärt, wie Leıwnız an anderen Stellen von dem Werke wie von einem »tissu« spricht und ihm beim Druck den bescheidenen Titel »Essai de Theodieee« gibt. Das Wort » Theo- dieee erklärt er selbst als »doctrine de la justice de Dieu«. In der Tat gipfelt ein großer Teil des Werkes in dem Versuche, die Einwände zu widerlegen, die man aus der Existenz des Üblen und Bösen in der Welt, namentlich des unverdienten Üblen, gegen die Vorstellung von der Allgüte und Allgerechtigkeit Gottes erhoben hat. Leissız selbst gibt in dem erwähnten Briefe, der in mehrfacher Beziehung recht interessant ist, an, daß das Werk von den verschie- densten Seiten und Konfessionen beifällig aufgenommen worden sei, und wir wissen aus den Berichten der Zeitgenossen, daß es seiner- zeit in allen gebildeten Kreisen mit großem Interesse gelesen wurde, denn zu Beginn des ı3. Jahrhunderts war die Beschäftigung mit re- ligiösen und philosophischen Fragen eine sehr lebhafte. Wir werden dadurch an die gleiche Erscheinung in unseren Tagen erinnert, in denen öffentliche Erörterungen und Kundgebungen solcher Fragen auf der Tagesordnung stehen und viel weiter gezogene Kreise erregen, als das früher der Fall sein konnte. Möchten nur — der Wunsch drängt sich wohl uns allen auf — diese Diskussionen und Kundgebungen von derselben Urbanität begleitet sein, wie sie die Polemik unseres großen Stifters auszeichnet! Aber ich möchte Lzisnızens Andenken nicht verlassen, ohne des Umstandes zu gedenken, daß auch gerade im Jahre 1710 seine ersten und einzigen Veröffentlichungen, die er der Akademie, seiner Schöpfung, zugewendet hat, in deren Publikationsorgane, den »Miscellanea Bero- linensia«, erschienen sind. Es sind zwölf kurze Mitteilungen; sie haben u EIER EEE TEE EHE WALDEYER: Ansprache. 665 erst jüngst in unserer letzten Frıeprıcnssitzung durch Hrn. Harvack ihre wohlverdiente Würdigung erfahren. Wir rücken unsere Betrachtung um ein Jahrhundert weiter vor, auf ı8Sıo. Dieses Jahr ist unzweifelhaft eins der bedeutendsten in der Geschichte Preußens, und zwar auf kulturellem Gebiete. Schöpfungen, zum Teil größter Art, zum Teil bescheidenerer Wertung, die heute noch in vollster Blüte stehen und sich kräftig weiterentwickeln, sind in diesem denkwürdigen Jahre mehrfach entstanden und zeigen. daß Preußen wieder erstarkt war und sich selbst wiedergefunden hatte, so daß auch ein reges geistiges Leben in dem äußerlich noch nieder- gehaltenen Staate zu pulsieren beginnen konnte. In erster Linie soll einer der wichtigsten organisatorischen Um- gestaltungen gedacht werden, die unsere Akademie erfahren hat, die Errichtung von vier Sekretariatsstellen, wie sie noch heute bestehen, statt der bisherigen einen. Die Akademie hat sich nicht selbst zu diesem bedeutenden Fortschritte in ihrer inneren Organisation aufge- rafft, sondern WırnerLm von HumsoLpt, dem wir in der Kulturentwick- lung unseres Staates so vieles verdanken, hat dabei, und zwar recht eindringlich, die Vorsehung gespielt. Wir danken es ihm heute. Aus der Wahl gingen als erste Sekretare der neuen Ordnung hervor: Paur Erman und Trarzes für die damals noch getrennten beiden Abteilungen der jetzigen physikalisch-mathematischen Klasse, AncırLox jun. und Sparpine für die gleichfalls noch getrennten beiden Abteilungen der heutigen philosophisch-historischen Klasse. Ihnen folgten — denn es mag gestattet sein, in diesem Jahre so mancher Zentenarerinnerungen auch unserer dahingeschiedenen Sekretare zu gedenken — in der phy- sikalisch-mathematischen Klasse: Excke, EHRENBERG, Kummer und Du Boıs-Reymonn; in der philosophisch-historischen: Burrmasn, SCHLEIER- MACHER, BÖCKH, WILKEN, VON RAUMER. TRENDELENBURG, Haupt, Gurtıus und Monmusen. Von den Erinnerungen an Leisxız und an die Vergangenheit der Akademie lenke ich den Blick auf die neuen kulturellen Schöpfungen, die in Berlin im Jahre ıSıo entstanden sind. Gewiß ist es nicht ohne Bedeutung und ein Symptom des wiedererstarkenden inneren Lebens, daß in diesem Jahre zwei medizinische Gesellschaften, welehe noch heute in voller Blüte stehen und eine gesunde Fortenwicklung zeigen, gegründet worden sind, die Hufelandische Gesellschaft und die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. An der Spitze beider standen Mitglieder der Akademie: Hurrrano bei der Gesellschaft, die seinen Namen trägt, Krarroru, der Ghemiker, und Ruvorent, der Ana- tom, bei der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Bis auf den heutigen Tag zählen beide Gesellschaften Mitglieder der Akademie 58* 666 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. der Wissenschaften zu den Ihrigen; es sei gestattet, bei der Gesell- schaft für Natur- und Heilkunde nur noch Jonannes MÜLLER zu nennen. Vor wenigen Monaten konnten beide Gesellschaften in voller Frische ihre Hundertjahrfeier begehen, gewiß ein Zeichen gesunder Gründung und gesunden Lebens! — Das Jahr 1810 ließ aber auch zwei der größten wissenschaftlichen Anstalten ihrer Art in der Welt entstehen, die Kriegsakademie als Schöpfung Scuarsnorsts und die Universität als Schöpfung WiırnerLm von Hunsorprs. Indem die Alten neben den Ares die Athene stellten, zeigten sie, daß sie sich wohl bewußt waren, wie zu dem rauhen, gewalttätigen Waffenhandwerk auch die Wissenschaft, und zwar an entscheidender Stelle, gehört. Indem Frieprıcn Wirnerm III. für beide Faktoren des Staates, für die Wehrkraft und für die Friedensarbeit, gleichzeitig höchste Stätten wissenschaftlicher Fortentwicklung schaffen ließ, wurde damit gleichsam sanktioniert, daß der Staat über dem einen das andere nicht vergessen soll. Und an dieser Stelle darf ich heute wohl daran erinnern, daß auch Mitglieder der Akademie der Wissenschaften Be- ziehungen zur Kriegsakademie hatten, unter anderen Leseune DirıcHt£t, und daß Morrke, in dem sich der Sinn der Kriegsgöttin gleichsam ver- körperte, mehrfach seinen Ehrenplatz in unserer Mitte eingenommen hat. Vor allem aber ziemt es uns den Blick zu der erhabenen Friedens- stiftung zu wenden, die auch unsere Friedensanstalt stets mit frischem Blute versorgt und verjüngt, zur Universität, zur Alma mater Friderica- Guilelma! Nur wenige Monde trennen uns noch von den Tagen, an denen sie ihre Hundertjahrfeier zu begehen sich rüstet. Wem mehr als uns wäre es liebe und heilige Pflicht, ihr dazu die Glückwünsche darzubringen. Unsere heutige Festversammlung ist die letzte, die wir vor der Zentenarfeier der Universität abhalten, und so darf es uns wohl anstehen, ihr zum guten und fröhlichen Gelingen der Feier einen Glücksruf voraufzusenden: Mein letztes Wort heute sei denn an sie gerichtet mit dem alten guten Spruche: Quod bonum felix faustum- que eveniat! Es folgte die Antrittsrede des seit der Leisnız-Sitzung 1909 neu ein- getretenen Mitgliedes Hrn. Lüpers, welche von Hrn. Dırrs beantwortet wurde. Antritisrede und Erwiderung. Antrittsrede des Hrn. Lüpvers. Eine indische Philologie besteht in Deutschland seit den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Was vor dieser Zeit geleistet ist, sind Versuche. Der Zufall entschied bei der Auswahl der Texte, und a een: IE TREE re rt ze Antrittsrede und Erwiderung. 667 man las sie weniger ihres Inhalts als der Sprache wegen. Erst die Entdeckung des Veda gab ein festes Ziel und schuf damit eine Wissen- schaft. Der Veda absorbierte alles Interesse. In ihm sah man das älteste Denkmal indogermanischen Geistes. Man glaubte an der Wiege unserer Ahnen zu stehen, das Stammeln der Söhne der Natur zu ver- nehmen, und fruchtbringenden Tag verheißend, schien sich die Morgen- röte einer neuen Wissenschaft, der vergleichenden Mythologie, zu er- heben. Auch die Schwierigkeiten der vedischen Sprache schreckten nicht. Mit Hilfe der immer mehr erstarkenden vergleichenden Sprach- wissenschaft glaubte man alle Rätsel spielend zu lösen. Es war die Jugendzeit unserer Wissenschaft, die Zeit, da man geneigt ist, etwas romantisch zu schwärmen und Riesenkräfte zu haben wähnt. Der Umsehwung begann gegen das Ende der siebziger Jahre. Unter den Männern, die ihn herbeiführten, sind mehrere noch am Leben. Ich will hier nur der beiden gedenken, die uns der Tod zu früh entrissen hat und die in erster Linie stehen, Grore Bünters und dessen, der mir in der stillen hügelumkränzten Universitätsstadt ein Lehrer und dann durch manche Jahre ein treuer Freund gewesen ist, Franz KıEr- HORNSs. Beiden war es beschieden, in Indien selbst die einheimische Wissenschaft kennen zu lernen, wie sie anderseits die Inder mit den Methoden europäischer Gelehrsamkeit bekannt machten und insbe- sondere zu Ausgaben klassischer Texte anregten. Die Wirkung blieb nicht aus. Sie zeigte sich einmal in der Erweiterung des Arbeits- gebietes; neben den Veda tritt nun die klassische und mehr und mehr die wissenschaftliche Literatur. Das tiefere Eindringen in diese Lite- ratur ist aber weiter vor allem auch der vedischen Forschung zugute gekommen. Es hat zu einer gerechteren Würdigung der Tradition geführt, die man bis dahin im besten Falle als überflüssig behandelt hatte. Auch jetzt noch ist der Kampf um Sayana nicht verstummt;: sein Zeugnis aber prinzipiell vor der Verhandlung als das »des schwach- sinnigen Guru von Srügeri« abzulehnen, werden jetzt wohl nur wenige wagen. Ein nicht minder wichtiges Hilfsmittel für die Deutung des Veda ist die klassische Literatur selbst geworden. Niemand wird heute mehr bestreiten, daß der Veda ein indisches Produkt und nur aus indischen Anschauungen heraus zu verstehen ist. Indisches Denken und Empfinden aber, das von dem unsern weltenweit verschieden ist, können wir nur durch ein intensives Studium der späteren Literatur erwerben. Nur hier, wo wir an der Hand der einheimischen Kommen- tare, die uns den Verkehr mit den Pandits ersetzen müssen, haar- scharf jeden Begriff bestimmen, jeden Satz in der vollen Bedeutung erfassen können, nur hier können wir das philologische Rüstzeug er- werben, das uns befähigen wird, dereinst auch den Veda zu bezwingen. 668 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. Das sind die Prinzipien, die aufs schärfste der Mann vertreten hat, als dessen Nachfolger ich in Ihre Mitte aufgenommen bin, und daß es mir vergönnt sein möge, in Zukunft in größerem Maße, als ich es bis jetzt gekonnt, sie als richtig zu erweisen, ist mein sehnlichster Wunsch. Bünter und Kırrnorn haben uns noch ein zweites Gebiet er- schlossen, ohne allerdings gerade in Deutschland viele Nachfolger zu finden, die indische Epigraphik. Man hat oft über den Mangel an Ge- schiehtsquellen, an genauen Daten in Indien geklagt, und stille Resi- gnation spricht aus dem bekannten Worte, daß alle chronologischen Ansätze in der indischen Altertumswissenschaft nur Kegel seien, die man aufstelle, um sie wieder umzuwerfen. Wir sind heute weniger pessimistisch. Die Geschichte Indiens steht auf den Steinen und Kupfertafeln geschrieben, von denen der Zufall und systematische Aus- grabung alljährlich neue zutage fördern, und mit ihrer Hilfe haben wir doch schon manche Landmarke einschlagen können, die unver- rückbar feststeht für alle Zeiten. Die politische Geschichte beruht fast ausschließlich auf den Inschriften, aber auch die Religions- und Literaturgeschichte zieht aus ihnen reichsten Gewinn. Die kurze In- schrift des Heliodoros, des Sohnes des Dion, der in Vidisa ein Ga- ruda-Banner errichtete, erhellt mit einem Schlage die Geschichte der Krsna-Religion im zweiten Jahrhundert v. Chr. Die Lebenszeit eines Dichters wie Magha, für die die Ansätze um mehr als 300 Jahre schwankten, ist erst durch eine Inschrift fest bestimmt. Und wie so manche Behauptung, so mancher bei der Lampe erklügelte Beweis wäre nie aufgestellt, wenn ihr Urheber sich die Mühe genommen hätte, vorher die Inschriften zu befragen. Die Kenntnis der Inschriften zu erweitern und ihre Ergebnisse für die Forschung zu verwerten, werde ich daher auch künftig als meine Aufgabe betrachten. Zu den Inschriften sind in neuester Zeit als unmittelbare Zeugen indischen Altertums die Handschriften getreten, die aus den Trümmer- stätten Zentralasiens wieder ans Licht kommen und von denen durch die Umsicht und Energie Pısc#rrs ein reicher Anteil auch zu uns gelangt ist. Das Geschick hat es Pıscuer nicht vergönnt, die Ernte selbst zu halten. Welche Bedeutung diese Handschriften, die Papyri Östasiens, für die indische Philologie einst gewinnen werden, läßt sich zur Zeit noch gar nicht übersehen. Ich will es als ein gutes Omen betrachten, daß der erste Fund, der mir selbst geglückt ist, die Geschichte eines der interessantesten Zweige der indischen Lite- ratur, des Dramas, um vier Jahrhunderte erweitert. Ich will hier nicht von den übrigen großen Aufgaben reden, die unserer Philologie vor allem auf dem Gebiete des Buddhismus, der Jaina-Religion und der Erforschung der indischen Volkssprachen ge- RD EEE EEE TEE IDEE DEZE VEEEZUNGZ GET 7 s a nn u N TREE + Antrittsrede und Erwiderung. 669 stellt sind; nur eines noch drängt es mich zu erwähnen, weil es mir seit Jahren am Herzen liegt, die kritische Ausgabe des Mahabharata, das, mehr als ein Epos, fast ein Kompendium des Glaubens und Wissens des indischen Mittelalters und nächst dem Rgveda das wich- tigste Literaturdenkmal ist, das Indien hervorgebracht hat. Bei dem Umfang des Werkes, der ungefähr das zwölffache der Ilias beträgt, bei der Vielfältigkeit der Rezensionen, in denen es uns überliefert ist, würde die Kraft des einzelnen dieser Aufgabe gegenüber erlahmen. Hier bedarf es des Zusammenwirkens vieler zu gemeinsamem Ziele, und dankbare Anerkennung zollen wir der tätigen Fürsorge, die uns die vereinigten Akademien haben angedeihen lassen. Dem Auge des einzelnen schwer übersehbar, dehnt sich die mehr als drei Jahrtausende umspannende indische Literatur, und weite Strecken sind von wissenschaftlicher Forschung noch kaum berührt. Da ist es begreiflich, daß der einzelne oft geneigt ist, sein Arbeits- gebiet eng zu umgrenzen. Die einheimische Wissenschaft sah und sieht darin noch heute ihr Ideal und eine Quelle der Überlegenheit über die westliche Wissenschaft. Wir wollen die Vorzüge dieser isolierenden Richtung auf‘ dem Gebiete des speziellen Sästra gern an- erkennen. Unser Ziel aber muß doch die Erkenntnis des indischen Kulturlebens in seinem historischen Zusammenhange sein, in seiner Gesamtentwicklung von Asoka bis Krsnaraya von Vijayanagara, vom Rgveda bis zum Bhagavatapurana. Ich habe mich bemüht, dieses Ziel nie aus den Augen zu verlieren, beim Studium wie beim Unterricht und bei eigenem Schaffen stets vom Besonderen zum Typischen, vom Kleinen und Kleinsten zum Großen vorzudringen. Wohl bin ich mir bewußt, dabei bis jetzt mehr ein Lernender und Empfangender als ein Geber gewesen zu sein. Um so mehr habe ich der Akademie für das Vertrauen zu danken, das sie mir durch meine Wahl erwiesen hat. Ich werde mich bestreben, es zu rechtfertigen. Erwiderung des Sekretars Hrn. Dikrs. Geehrter Herr Kollege! Als wir die Ehre hatten, in der Leıssız-Sitzung des Jahres 1903 Ihren Vorgänger, Rıcnarn Pıscner, als neueingetretenen Akademiker zu begrüßen, konnte niemand von uns ahnen, daß sein reiches Wir- ken in unserer Mitte so bald einen jähen, beklagenswerten Abschluß finden würde. Noch zittert der tiefe Schmerz um den herben Ver- lust in aller Herzen nach, aber er wird doch gemildert, wenn wir Sie, Ir. Lüners, an seiner Stelle sehen dürfen. 670 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. Auch Sie gehören wie Pıscner und Ihr spezieller Lehrer Kırınorn der Richtung der indischen Philologie an, welche die innigste Füh- lung mit der heimischen Tradition gesucht und gefunden hat. Aus- gerüstet mit den drei Kennzeichen der Göttinger Schule, mit der in- timen Kenntnis der indischen Gelehrtentradition, mit eindringendster Sprachkenntnis und mit der Beherrschung der epigraphischen Technik, die im fließenden Nebel der indischen Geschichte und Literatur immer mehr feste Punkte zu unterscheiden lernt, haben Sie durch Ihre For- schungen gezeigt, daß Sie trotz der unendlichen Differenzierung der indischen Literatur nach Dialekten und Gattungen Ihre Wissenschaft nicht nach indischem Vorbilde spezialisieren, sondern als eine orga- nische Einheit fassen wollen. Außer den Zielen, die Ihnen Ihre eigene Neigung setzen wird, verlangt die Gemeinschaft, in die Sie eingetreten sind, Ihre tätige Mithilfe auch für ihre allgemeineren Zwecke. So zur Bewältigung der erstaunlichen Turfanfunde, wo Ihrem Spürsinne sofort eine Entdeckung ersten Ranges gelungen ist, die Entzifferung von Dramenszenen in Sanskrit und Volksdialekten, die etwa fünf Jahrhunderte vor den bis- her bekannten ältesten Dramen Kalidasas liegen. Besonders wichtig aber wird Ihre Hilfe werden zur Bewältigung der gewaltigen Mahab- harata-Ausgabe, die von der Assoziation der Akademien in Aussicht genommen worden ist. Dank Ihren Spezialstudien und Vorarbeiten hat diese Unternehmung nunmehr Aussicht, in wirklich zweckentspre- chender und wissenschaftlicher Weise angegriffen und ausgeführt zu werden. Wenn Sie Sich am Schlusse bescheiden als Lernenden bei uns vorstellen, so gilt dies nach Solons Wort von allen Akademikern, auch denen, die nicht mehr, wie Sie, in des Lebens Akme stehen. Aber unsere Körperschaft begrüßt es gerade mit besonderer Freude, daß ihr neuestes Mitglied noch zwanzig Jahre zu dem jetzigen Durchschnitts- alter unserer ordentlichen Mitglieder zurückzulegen hat. Wenn die Akademien stolz darauf sind, daß ihr Wirken nicht durch die Begrenzt- heit der menschlichen Lebensdauer gebunden und beschränkt ist, so müssen sie auch dafür sorgen, daß in ihnen neben dem längst be- währten Alter auch der aufstrebenden Jugend stets ihr gebührendes Recht werde. Sonst droht diesen ehrwürdigen Instituten das Schick- sal des Tithonos. Indem wir also Ihre frische Jugendkraft, Hr. Lüpers, in unserer Mitte auf das freudigste willkommen heißen, hoffen wir zugleich, daß Sie nicht mehr allzulange unser jüngster Kollege blei- ben werden. ET ERAEERTT OREDRL EA TET TERN — EEE BASTOHE NN DAUER ERDE HE Leisnız-Medaille. — Preisertheilungen und Preisausschreibungen. 671 Hierauf wurden Gedächtnissreden gehalten von Hrn. Rusens auf Frıeprıcn Kontrauscn, von Hrn. van'r Horr auf Hans LAannporr und von Hrn. Rusner auf Roserr Kocı. Verleihung der Lei»xız- Medaille. Alsdann verkündigte der Vorsitzende, dass die Akademie die von Sr. Majestät dem Kaiser und König an Allerhöchstseinem Geburtsfeste am 27. Januar 1906 gestiftete Leisnız-Medaille zur Ehrung besonderer Verdienste um die Förderung der Aufgaben der Akademie verliehen habe a) in Gold: dem Herzog Josrri Frorımosn von LousAar in Paris: b) in Silber: dem Oberlehrer Professor Dr. Jonanses Borre in Berlin, dem Universitäts-Professor Dr. Karı Zruner in Berlin, dem Dr. ALsert von Le Coo in Berlin, dem Professor am Königlichen Albert-Gymnasium Dr. Jo- HANNES ILBERG in Leipzig, dem Oberlehrer Professor Dr. Max Werımann in Potsdam, dem Direetorial-Assistenten der Königlichen Museen in Berlin Professor Dr. Roserr KoLpewrv in Babylon und dem Professor an der Landwirtschaftlichen Akademie zu Bonn-Poppelsdorf Dr. GEerRHuARD HESSENBERG. Den HH. Borte, HrssenBErG, ILBERG, KoLpDEwEy, von LE (oo und Wervvann, welche an der Sitzung Theil nahmen, wurden die Medaillen von dem Vorsitzenden überreicht. Schliesslich erfolgten Mittheilungen, betreffend eine Akademische Preisaufgabe für 1914 aus dem Gebiete der Mathematik, das Preis- ausschreiben aus dem Erver’schen Legat, den Preis der Steiıner'schen Stiftung, die Preisaufgabe der CuArtorren-Stiftung und das Stipendium der EnvArn GERHARD-Stiftung. Akademische Preisaufgabe für 1914 aus dem Gebiete der Mathematik. Die Akademie stellt für das Jahr 1914 folgende Preisaufgabe: »Die Classenzahl des allgemeinsten Kreiskörpers soll berechnet und mit der Classenanzahl seiner Divisoren verglichen werden. « Der ausgesetzte Preis beträgt fünftausend Mark. Die Bewerbungsschriften können in deutscher, lateinischer, franzö- sischer, englischer oder italienischer Sprache abgefasst sein. Schriften, 672 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. die in störender Weise unleserlich geschrieben sind, können durch Beschluss der zuständigen Classe von der Bewerbung ausgeschlossen werden. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen, und dieses auf einem beizufügenden versiegelten. innerlich den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich zu wie- derholen. Schriften. welehe den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. Zurück- ziehung einer eingelieferten Preisschrift ist nicht gestattet. Die Bewerbungsschriften sind bis zum 31. Deeember 1913 im Bureau der Akademie, Berlin W 35, Potsdamer Strasse 120, einzu- liefern. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt in der Leisxiz-Sitzung des Jahres 1914. Sämmtliche bei der Akademie zum Behuf‘ der Preisbewerbung eingegangene Arbeiten nebst den dazu gehörigen Zetteln werden ein Jahr lang von dem Tage der Urtheilsverkündigung ab von der Aka- demie für die Verfasser aufbewahrt. Nach Ablauf der bezeichneten Frist steht es der Akademie frei, die nicht abgeforderten Schriften und Zettel zu vernichten. Preisausschreiben aus dem Errer’schen Legat. In der Leissız-Sitzung des Jahres 1904 (30. Juni) hat die Aka- (lemie für das Jahr 1910 folgende Preisaufgabe aus dem Erver’schen Legat ausgeschrieben: »Die Akademie verlangt Untersuchungen über die unsern Süss- wasserfischen schädlichen Myxosporidien. Es ist alles, was von der Entwicklung dieser Parasiten bekannt ist, übersichtlich zusammenzu- stellen und mindestens bei einer Species der vollständige Zeugungs- kreis experimentell zu ermitteln. « Bewerbungsschriften, welche bis zum 31. December 1909 erwartet wurden, sind nicht eingegangen: die Akademie will aber die Aufgabe unverändert, und zwar für das Jahr 1914, wiederholen. Der ausgesetzte Preis beträgt viertausend Mark. Die Bewerbungsschriften können in deutscher, lateinischer, franzö- sischer, englischer oder italienischer Sprache abgefasst sein. Schriften, die in störender Weise unleserlich geschrieben sind. können dureh Beschluss der zuständigen Classe von der Bewerbung ausgeschlossen werden. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen, und dieses auf einem beizufügenden versiegelten, innerlich den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich zu wie- Preisertheilungen und Preisausschreibungen. 673 derholen. Schriften, welehe den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. Zurück- ziehung einer eingelieferten Preisschrift ist nicht gestattet. Die Bewerbungsschriften sind bis zum 31. December 1913 im Bureau der Akademie, Berlin W 35, Potsdamer Strasse 1 20, einzuliefern. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt in der Leisnız-Sitzung des Jah- res IQ14. Sämmtliche bei der Akademie zum Behuf der Preisbewerbung eingegangene Arbeiten nebst den dazu gehörigen Zetteln werden ein Jahr lang von dem Tage der Urtheilsverkündigung ab von der Aka- demie für die Verfasser aufbewahrt. Nach Ablauf der bezeichneten Frist steht es der Akademie frei, die nicht abgeforderten Schriften und Zettel zu vernichten. Preis der Sreıner’schen Stiftung. In der Leisnız-Sitzung am 29. Juni 1905 hat die Akademie für den Steiser schen Preis zum dritten Male die Aufgabe gestellt: »Es soll irgend ein bedeutendes, auf die Lehre von den krum- men Flächen sich beziehendes, bis jetzt noch nicht gelöstes Problem möglichst mit Berücksichtigung der von J. StEıser aufgestellten Methode und Prineipien vollständig gelöst werden. « »Es wird gefordert. dass zur Bestätigung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Lösung ausreichende analytische Erläuterungen den geometrischen Untersuchungen beigegeben werden. « »Ohne die Wahl des Themas einschränken zu wollen, wünscht die Akademie bei dieser Geleeenheit die Aufmerksamkeit der Geo- meter auf die speeiellen Aufgaben zu richten, auf welche J. Steier in der allgemeinen Anmerkung am Schlusse seiner zweiten Abhand- lung über Maximum und Minimum bei den Figuren in der Ebene, auf der Kugelfläche und im Raume überhaupt hingewiesen hat.« ine Bearbeitung ist für dieses Thema indes auch diesmal nicht eingegangen, und die Akademie zieht die gestellte Preisaufgabe nun- mehr zurück. Den Statuten der Steimer'’schen Stiftung „gemäss will die Akade- mie den frei gewordenen Preis von Sechstausend Mark zur Anerken- nung hervorragender Arbeiten aus dem Gesammtbereich der Geometrie verwenden. Derselbe wird zuerkannt dem eorrespondirenden Mitglied der Akademie Hrn. Gaston Darsoux in Paris, Mitglied des Institut de France und ständigem Secretär der Academie des Sciences, für seine ausgezeichneten geometrischen Arbeiten. 674 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. Gleichzeitig stellt die Akademie für das Jahr 1915 folgende neue Preisaufgabe: »Es sollen alle nicht zerfallenden Flächen fünften Grades be- stimmt und hinsichtlich ihrer wesentlichen Eigenschaften untersucht werden, auf denen eine oder mehr als eine Schar von im allgemei- nen nicht zerfallenden Curven zweiten Grades liegt. « »Es wird gefordert, dass zur Bestätigung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Lösung ausreichende analytische Erläuterungen den geometrischen Untersuchungen beigegeben werden. « Für die Lösung der Aufgabe wird ein Preis von 7000 Mark aus- gesetzt. Die Bewerbungsschriften können in deutscher, lateinischer, fran- zösischer, englischer oder italienischer Sprache abgefasst sein. Schriften, die in störender Weise unleserlich «geschrieben sind, können durch Beschluss der zuständigen Classe von der Bewerbung ausgeschlossen werden. Jede Bewerbungsschrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen, und dieses auf einem beizufügenden versiegelten, innerlich den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich zu wieder- holen. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder deut- lich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. Zurück- ziehung einer eingelieferten Preisschrift ist nicht gestattet. Die Bewerbungsschriften sind bis zum 31. December 1914 im Bureau der Akademie, Berlin W 35, Potsdamer Strasse 120, einzulie- fern. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt in der Leisnız-Sitzung des Jahres 1915. Sämmtliche bei der Akademie zum Behuf der Preisbewerbung eingegangene Arbeiten nebst den dazu gehörigen Zetteln werden ein Jahr lang von dem Tage der Urtheilsverkündigung ab von der Akademie für die Verfasser aufbewahrt. Nach Ablauf der bezeichneten Frist steht es der Akademie frei, die nicht abgeforderten Schriften und Zettel zu vernichten. Preisaufgabe der CuAaRLoTTEN-Stiftung. (semäss dem Statut der von Frau CHARLOTTE STIEPEL geh. FrEIN von llorrrsartEen errichteten UHARLOTTEN-Sitzung für Philologie hat die Akademie in der Leissız-Sitzung am ı. Juli 1909 die folgende Preisaufgabe gestellt: »In den litterarischen Papyri sind so zahlreiche prosodische Zeichen an das Licht getreten, dass das Aufkommen und die Ver- breitung der griechischen Accentuation sich verfolgen lässt und die Preisertheilungen und Preisausschreibungen. 675 byzantinische Tradition, die im Wesentlichen noch heute herrscht, eontrolirt werden kann. Dazu ist die erste und nöthigste Vorarbeit, dass festgestellt wird, in welchen Fällen die antiken Schreiber und Correetoren die Prosodie bezeichnen, und wie sie das thun. Zur Ver- gleichung müssen mindestens einige sorgfältig geschriebene Hand- schriften des 9. und 10. Jahrhunderts herangezogen werden. Diese Aufgabe stellt die Akademie. Es bleibt dem Bearbeiter anheim- gestellt, inwieweit er die Lehren der antiken Grammatiker heran- ziehen will, oder andererseits Schlüsse auf die wirkliche Betonung und Aussprache machen. « Es sind drei Bewerbungsschriften eingegangen, die eine allerdings erst am ı. März, dem Einlieferungstermine, zur Post gegeben; die Akademie hat sie noch angenommen, wird aber in Zukunft in dem Ausschreiben deutlich aussprechen, dass die Bewerbungsschriften am ı. März in die Hände der Akademie gelangen müssen. Die Arbeit mit dem Motto »TönmA TIPHzIoc ArxA« kann schon wegen ihres Umfanges und der aphoristischen Behandlung des Themas nicht ernstlich in Betracht kommen. Die Arbeit mit dem Motto »rem tene, verba sequentur« hat aus vier besonders wichtigen Papyri das gesammte Material geordnet vorgelegt und auch sonst das Wichtigste verarbeitet, auch die grammatische Tradition herangezogen, und die zusammenfassende Darlegung zeugt von ebensoviel Fleiss wie eindringendem Urtheil, wenn sich der Ver- fasser auch selbst darüber klar ist, dass er in der verfügbaren Zeit nur Unfertiges und Provisorisches liefern konnte. Es werden sich noch manche Schlüsse und Behauptungen bei der nothwendigen Erweiterung und Vertiefung der Arbeit anders stellen. Ziemlich dasselbe gilt für den Verfasser der Arbeit mit dem Motto »Der kennt den Ernst der Arbeit usw.«. Aber seine Sammlungen sind so weit gediehen, dass er wirklich im Wesentlichen alle in antiken Büchern erhaltenen Accente bereits gesammelt und geordnet vorgelegt hat. Demgemäss erstrecken sich seine Beobachtungen und die Pro- hleme, die er aufwirft, weiter als in der andern Bewerbungsschrift, und wenn auch keine von beiden mehr als Vorarbeiten zu dem Buche lie- fert, das die von der Akademie bezeichnete Aufgabe lösen soll, so wür- den sie doch beide als genügend für die Zutheilung des Preises er- achtet werden können. Es ist wesentlich das Übergewicht des ge- sammelten Materials, was die Akademie bestimmt, der Arbeit mit dem Motto »Der kennt den Ernst der Arbeit« den vollen Preis, der mit dem Motto »rem tene« einen Nebenpreis in Höhe einer einjährigen Rate des Hauptpreises zuzuerkennen. 676 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni 1910. Die nach Verkündung des vorstehenden Urtheils vorgenommene Eröffnung der Namenszettel ergab als Verfasser der mit dem vollen Preise ausgezeichneten Arbeit Hın. Bersmarn Laum, Candidaten des höheren Schulamts, in Strassburg i. E. und als Verfasser der durch den Nebenpreis anerkannten Arbeit Hrn. Herrmann FLesge, Candidaten des höheren Sehulamts, in Hannover. Stipendium der Epvarn GERHARD- Stiftung. Das Stipendium der Epvarn GERHARD-Stiftung war in der LEıznız- Sitzung des Jahres 1909 für das laufende Jahr mit dem Betrage von 2400 Mark ausgeschrieben. Nach jenem Termin wurde noch ein weiterer Betrag von 2400 Mark verfügbar. Von dieser Summe von 4800 Mark sind insgesammt 4600Mark vergeben, und zwar sind zuerkannt worden: ı. Hrn. Museums-Direetor Dr. Jomanses Borntau in Kassel zur Fertigstellung seiner mit den Mitteln des Stipendiums ausgeführten Untersuchungen in Pyrrha auf Lesbos 600 Mark; 2. Hrn. Dr. Hrrgerr Koc# in Rom zu Reisen und Studien für eine Geschichte des archaischen Kunstgewerbes in Campanien 2000 Mark; 3. Hrn. Dr. Frırz Werer in Bonn zur Aufnahme der Malereien in der Neronischen Domus Aurea und zum Studium und zur Aufnahme alter Handzeichnungen nach diesen Malereien, besonders in Windsor und Eton 2000 Mark. Für das Jahr ıgıı wird das Stipendium mit dem Betrage von 2600 Mark ausgeschrieben. Bewerbungen sind vor dem 1. Januar ıgı1 der Akademie einzureichen. Nach $ 4 des Statuts der Stiftung ist zur Bewerbung erforderlich: ı. Nachweis der Reichsangehörigkeit des Bewerbers; 2. Angabe eines von dem Petenten beabsichtigten durch Reisen bedingten archäologischen Planes, wobei der Kreis der archäo- logischen Wissenschaft in demselben Sinn verstanden und an- zuwenden ist, wie dies bei dem von dem Testator begründeten Archäologischen Institut geschieht. Die Angabe des Planes muss verbunden sein mit einem ungefähren sowohl die Reisegelder wie die weiteren Ausführungsarbeiten einschliessenden Kosten- anschlag. Falls der Petent für die Publication der von ihm be- absichtigten Arbeiten Zuschuss erforderlich erachtet, so hat er den voraussichtlichen Betrag in denKostenanschlag aufzunehmen, eventuell nach ungefährem Überschlag dafür eine angemessene Summe in denselben einzustellen. Gesuche, die auf die Modalitäten und die Kosten der Veröffent- lichung der beabsichtigten Forschungen nicht eingehen, bleiben un- Preisertheilungen und Preisausschreibungen. 677 berücksichtigt. Ferner hat der Petent sich in seinem Gesuch zu ver- pfliehten: ı. vor dem 31. December des auf das Jahr der Verleihung fol- genden Jahres über den Stand der betreffenden Arbeit sowie nach Abschluss der Arbeit über deren Verlauf und Ergebniss an die Akademie zu berichten; 2. falls er während des Genusses des Stipendiums an einem der Palilientage (2ı. April) in Rom verweilen sollte, in der öffent- lichen Sitzung des Deutschen Instituts; sofern dies gewünscht wird, einen auf sein Unternehmen bezüglichen Vortrag zu halten: 3. jede durch dieses Stipendium geförderte Publication auf dem Titel zu bezeichnen als herausgegeben mit Beihülfe des Envarn GERHARD-Stipendiums der Königlichen Akademie der Wissen- schaften; 4. drei Exemplare jeder derartigen Publication der Akademie ein- zureichen. 7. Juli. Ausgegeben am Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. Branca: Sind alle Dıers: Beiträge zur Zncknngeliktersiur des Oceidents und Orients. L.. . .». 2 2... weise oder auch in weiterer Ausführung, in deutscher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- lichung dem redigirenden Seeretar vor der Ausgabe in den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen. Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen- schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel- tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein- willigung der Gesammt-Akademie. Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist den Verfassern unbeschränkt gestattet. Aus $ 21. Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken in-der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung. Aus $ 22. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei- lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge- schäftlichen Angelegenheiten. Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben, welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver- antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls 10 Zeilen überschreiten. i Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet, bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)« zugefügt. Wissensehaftliche Mittheilungen fremder Verfasser werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt, in weleher deren Aufnahme in die Aradenchen Schriften endgültig beschlossen wird. Aus $ 27 Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu- gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck- fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres Stück zurückgelegt. Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge- schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be- sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den n$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen. Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an- wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen Te wünscht jedoch die mit der Correetur betraute ee Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die Cörrechur länger als bis Dienstag Abend von der damit be- trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten, wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint. Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern, deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er- scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge- sichert werden. Aus $ 37. Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver- griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten, Abhandlungen der Akademie. Abhandlungen. Jahrg. 1908: Physikalisch-mathematische Classe . . . - Philosophisch-historische Classe . . . . . Abhandlungen. J ahrg. 1909: Physikalisch-mathematische Classe . . . . Philosophisch-historische Classe . . . . - aus Einzelne Abhandlungen Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . » ” wö ” ” STRUVE: Beobachtungen des a Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . den Jahren 1906, Diers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.8.W.. . «AL im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? u A ee ER a FOR. el SEINEN RAR Kal Er 6 onen oral Re EL Er ER En ae lei, » 17.— 1907, 1908 und 4.— ö RE © fe re 1200, 2.— m 2 » r 1, RE Er AT ze » 2.50 BrancA: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . » » 2 2 nenn nn n Br Kexure von Stranonızz: Die Bildnisse des Sokrates. . Se ee Er 1 voN Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff Be Ve u SE SE le — Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . N Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im Sltisländischen Schrithumug sl ee ee Mürter: Uiguria . . .. . R . MEER a Tee Ken Be a TE Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer vont Sardıca sa a eu 2 Warpeyer: Der Processus retromastoideus . - » 2 2 2 0 ee nenn 3.— Meyer: Gedächtnissrede Auf Eberhard. Schrader Bun Au 2 le Mar ‚von Wıramowırz-Moettennorrr: Nordionische Steine. . © » 2: 22mm nn nn ScHuLze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. . . ». 2 2 2 2 2 ne ne ee. N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelination. Erste Abtheilung .. M 5.— H. Becx#: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta. . . » 2» 2 2 22.22.» 450 K. Gorsanovi6-Kramzerger: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen . . . » 2 2 2 2 2... » 2,50 N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung » 4 O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikutsahri bei Turfan (Turkistan) . BAR » 5.50 H. Beoxu: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik . DE Su Tu. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen . . 2. 2: nn 2 nn ne. » 5.50 L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks a er. B. Seurrerr: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe ee EM IVL N RER: M. Conrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation . . . 2...» d— L. Jacossoun: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . SEE NE 6a 2 De Pe A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen . . . » 2— H. vor: Erınzer“DieiMünzen\vonwBersamon ı u ll Er ee 9.— ak? h: Sitzungsberichte der Akademie. 6 Breisydes Jahrgangs; et 0 5" tullle Men NE ee ER ns i Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910. Froenıus: über den Frruar’schen Satz 22 05 Frosenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen h ? a a nn . Ruszens und H. HorınaGen: Messungen im langwelligen Speetum . . » 2 2 2 2 2 2 2. Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 10 . . 2 2. 2 2 En nn ne. Hansackse Bestrede, gehalten kam .27..Januarıl 91072 Sa Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche W.Gorsan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs, Ungam)ri drin ol ee ee a Re R. ee kyprische, Sacralinschrift (hierzu "Tafslzund I), 2 Ser Mürrer-Beestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . . . ». » 2 2 2 2.0. ScHoTTkY: die geometrische Theorie der Ager’schen Functionen vom Geschlechte 3. . PROBENTUS: züber! den, Eirkmar’schen. Satz. Lern. ee N ee Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festigkeitsbeanspruchungen . . “ I Sa 9 ZODNDmsTc a ' ll. . EIER: es2295 oa. SS Herrwıc: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier . 0.50 Penck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage . . ..... 0.50 Nersst, F. Korer und F. A. Liınpemann: Untersuchungen über die specifische | > Wärme bei tiefen Temperaturen. I. Bi. in 2 Nersst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. I.) ne J. Here: das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (elm. 29136) . - » 2 2 2.2.2.2.» 050 Teonsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. IM) . . ». » 2.2.» 050 ö F. C. Anpreas: zwei soghdische Exeurse zu Vırarım Tnonsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift » 050 Rusner: über Compensation und Summation von functionellen Leistungen des Körpers . » 0.50 Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt . . . . 1 - =. Liesiscn: über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen Zustande beim Erhitzen pyrognomischer Mineralien. . u rsas 0 eee ee ee Liesisca: über Silberantimonide . . : 2» 2 2 2 2 2 2 0. 3 von WıLaAmowITz-MoELLENDORFF: über das ® der Ilias a SE Fr G. EzerHArn: über die weite Verbreitung des Scandiums auf der Erde. I.. . . Lupwıs: NVotomyota, eine neue Ordnung der Seesterne . . » 2 2. 2 2 nn 2 anne E. Hasen und Ruzens: über die Änderung des Emissionsvermögens der Metalle mit der Tempe- ratur. im kurzwelligen ultrarothen Spectrum. . 2 2 00 u win u ee ee H. Bückıns: die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung und ihre chemische Zusammen- EL A PP a Ro Le N ar Mae. J. Wonrermura und M. Srrrıcn: Untersuchungen über die Fermente der Milch und über deren Herkunft, ana N ee Ren ee ee N Re A NEE G. Krönıs: der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut (hierzu Taf.IV) . . . » HarnAck: das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs . » » 2 2 2 2 2 m 2 2. Burpaca: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation . .. 2... E. Meyer: über die Structur der y-Strahlen. . . » 22 2... ET ah et * ' Fi ll fi W u BE PN H het NE a * F ae AUFGE IE ab VE Sn me A en 4 1 3 9088 01298 97