* C/^^ SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN MADEMie DER WISSGlCHlFTEi PHILOSOPHISCH^HISTORISCHE CLASSE. NEUNUNDDREISSIGSTER BAND. -xx>^oo<^ WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN, BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1862. SITZUNGSBERICHTE DBIt PHILOSOPHISCH-HISTORISCHEN CLASSE DER KAIStCRLICHBN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. NEUNUNDDREISSIGSTER BAND. Jahrgang 1862. — Heft I bis V ?« -oOO^OOo- WIEN. AUS DER K. K. HOF- UND STAATSDRUCKKREI. IN COMMISSION UKI KARL GEROLD'S SOHN. BUCHHÄNDLER DER KAIS. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1862. As INHALT. Seite Siteung vom 2. Jänner 1862. Gindely, Meine Forschungen in fremden und einheimischen Archiven . . 3 Sitzung vom 8. Jänner 1862. Ficker. Zur Genealogie der Handscliriften des Schwabenspiegels ... 18 Sitzuug vom IS. Jänner 1862. Pfizmaier, Das Ereigniss des Wurmfrasses der Beschwörer 50 Sitzung^ vom 29. Jänner 1862. Sickel, Beiträge zur Diplomatik. II. Die Urkunden Ludwig's des Deutschen in den Jahren 839—876 103 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 179 Sitzung vom S. Februar 1862. Bonitz, Aristotelische Studien 183 Sitzung vom 12. Februar 1862. Feifalik , Untersuchungen über altböhmisehe Vers- und Reimkunst . . 281 Sitzung vom 26. Februar 1862. Pfizmaier , Die Antworten Tung-tschung-schü's auf die Umfragen des Himmelssohnes 343 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 383 Sitzung vom 12. März 1862. Müller Friedrich, Beiträge zur Lautlehre der neupersischen Sprache . . 389 Sitzung vom 19. März 1862. Zingerle , Über die bildliche Verstärkung der Negation bei miltelhoch- deutscheu Dichtern 414 Sitzung vom 2. April 1862. Fiedler, Beiträge zur Geschichte der Union der Ruthenen in Nordungern und der Immunität des Klerus derselben 481 Sitzung vom 9. April 1862. Mussaßa, Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen .... 325 Sitzung vom 23. April 1862. Kenner, Über das Müuzrecht und die Goldpräge der Könige der Axuraiten 334 Verzeichnisse der eingegangenen Druckschriften. (März und April.) . . 335 II Seit« Sitzung vom 7. Mai 1862. Pfizmaier, Die Könige von Hoal-nan aus dem Hause Han 573 Sitzung; vom 14. Mai 1862. V. Karajan, Berichte über die Thätigkeit der historischen Commission und der für Herausgabe der Acta eonciliorum saec. XV der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften während des akademischen Verwaltungsjahres 1860 auf 1861 619 Sitzung vom 21. Mai 1862. Feifalik, Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahr- hunderts . . 627 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 747 SITZUNGSBERICHTE [)RH IvAISEKLICHEN AKADEMIE DEII WISSENSi HAI TEN. P II I L (I S 0 P H I S C II - II I S T U K I S C II K C L A S 8 R. \\\IX. BA^Ü. I. HEFT. JAHRGANG 1862. — JANNER. SITZUNG VOM 2. JÄNNER 1802. (i e I e s e n : Meine Forsclntnqen in fremden und ein/ieimisc/ien Archiven. Von Dr. Anton Gindely. Nachdem ich mich ununterbrochen durch drei Jahre mit dem Studium in- und ausländischer Archive für die Zeit von 1600 — 1648 beschäftigt habe, erlaube ich mir der kais. Akademie der Wissen- schaftenden Antrag zu stellen, das sämmtliche von mir aufgefundene historische Material verölTentliclien zu wollen. Ich will mich hier desshalb näher über Umfang und Inhalt meiner Forschung aus- sprechen. Die europäischen Ereignisse des 17. Jahrhunderts bekamen ihren ersten Impuls von der Thätigkeit der calvinischen Partei in Deutschland, welche dem alten katholischen Staatsgebäude, so weit es noch bestand, den letzten Gnadenstoss geben wollte. Diese Partei, deren Haupt der Kurfürst von der Pfalz , deren eigentliche Seele aber der Fürst Christian von Anhalt war, stand in der Fremde vor- nämlich mit den Generalstaaten und mit Heinrich IV. in Verbindung. Sie selbst bekam die erste Veranlassung zur Action im Jahre 1605. Durch irgend welche Verbindung war der Kurfürst von der Pfalz zur Kenntniss der Thatsache gelangt, dass Spanien dem Erzherzog Albrecht auf den deutschen Kaiserthron verhelfen wolle, um hiedurch für die Vertheidigung von Belgien das deutsche Keich selbst ver- antwortlich zu machen. Drei Mächte hatten ein gleich grosses Interesse, diesen Plan nicht gelingen zu lassen, Frankreich, die Generalstaaten und endlich der Kurfürst von der Pfalz selbst, in dessen Planen eine künftige Säcularisirung der geistlichen Kur- 4 Dr. Oindely fiirsten lag und der also keine starke Macht in den Rheinlandeu auC- konimen lassen mochte. Zur Hintertreibung dieser Absicht Spaniens unternahm der Fürst von Anhalt eine Reise nach Frankreich im Jahre 1606, um Heinrich IV. aufzufordern, alles zur Verhinderung einer Wahl Albrecht's zu thuu. Dem König schien es aber etwas zu gering- fügiges, sich um dieses einzigen Zweckes willen in Thätigkeit zu setzen; sollte er etwas thun, so war dies aliein um den Preis, dass sich ihm die Protestanten verbanden das Haus Habsburg ganz vom Kaiserthron zu verdrängen und bei dem dabei erfolgenden allge- meinen Zusammenstoss Belgien zu gewinnen. Die gänzliche Beseiti- gung der Habsburger hielt jedoch Anhalt selbst für unmöglich und desshalb schlug er vor, durch Begünstigung eines Gliedes der Familie diese selbst zu verderben. Er hatte auf den Erzherzog Maximilian den dritten Bruder Rudolfs seine Aufmerksamkeit gelenkt, wollte diesem die Nachfolge im Reiche verschaffen und dadurch Zwiespalt zwischen den kaiserlichen Brüdern erzeugen. Dabei sollten Böhmen und Ungern Maximilian zu ihrem Herrscher wählen, damit durch eine solche Verletzung des Erbfolgerechts diese Länder später desto leichter völlig dem Hause Habsburg entzogen würden. Dieser Plan war sinnreich genug ausgedacht und konnte sicher das Verderben der deutschen Habsburger herbeiführen, wenn sich Maximilian willig dazu hergab, für eine ephemere Grösse sein Haus anzufeinden. Heinrich IV. ging darauf ein, nachdem er zugleich erklärt hatte, dass zur Durchführung aller folgenden Pläne die Einigung der deutschen Protestanten eine unerlässliche Bedingung sei. Die Anregung zur Begründung der Union ging also von Frank- reich aus; der Plan dieselbe unter der Directiou des Kurfürsten von der Pfalz zu gründen, wurde von dem Fürsten von Anhalt feurig aufgefasst und seine ganze Thätigkeit war jetzt auf dessen Durch- führung gegründet. In den Jahren 1606 und 1607 bereiste er alle protestantischen Höfe, um sie für diesen Bund zu gewiimen und zugleich suchte er durch den Kurfürsten von Mainz den Erzherzog Maximilian für die Rolle vorzubereiten , die ihm zugedacht war. Die ganze Sache nahm einen vielversprechenden Anlauf, da Erzherzog Maximilian die Hinweisungen auf den deutschen Thron freundlich aufzunehmen schien und durch die Thätigkeit des Kurfürsten von der Pfalz ausser Mainz auch Trier und Cöln gewonnen wurden, bei Meine Forscliiiiigeii in Ireindeii und eiiilieiiiiisciitMi Archiven. Ö der küiifligeii Kai.serwahl dem Erzherzog; Maximilian ihre Stimmen zu geben. Sie verbanden sieh biezn im Laufe des Jahres 1607 durcli einen Eid und Anhalt und Heinrich IV. schienen in ihren Bestre- l)ungen zu triumphiien. Dieser ganzen Angelegenheit gab jedoch Mathias durch sein Losschlagen eine andere Wendung. Durch seinen Zug nach Böhmen (1608) hatte er Rudolf zur Abtretung aller seiner Besitzungen ausser Böhmen, Schlesien und der Lausitz genöthigt und selbst auch auf dieses die Anwartschaft erhalten. Das sah nun Anhalt ein, dass er die Candidatur Maximilian's, eines Fürsten, der keine Länder besass und keine zu holVen hatte, nicht länger unterstützen könne und desshalb änderte er seine Thätigkeit den (Jmständen angemessen. Mathias hatte gegen Rudolf fast allein mit Hilfe der Protestanten obgesiegt; wenn er nun nicht nach dem Siege ihre Forderungen gewährte, so konnte er noch weit leichter die errungene Herrschaft verlieren, als er sie gewonnen hatte. Es trat wirklich der Fall ein, dass Mathias den österreichischen Protestanten nicht die verlangte Religionsfreiheit bewilligen wollte, während auch in Böhmen Rudolf durch gleiche Unnachgiebigkeit das ganze Land gegen sich aufregte. Bei diesen Wirren fasste Anhalt den Plan durch Unterstützung der Gährung in Österreiidi und Böhmen die Stände zu den äusser- slen Beschlüssen zu treiben und durch Gewinnung einer Partei unter ihnen sich selbst die böhmische Krone zu versclialTen. Desshalb reizte er die österreichischen Stände durch Tschernembl und Stahrenberg und verlangte, sie sollten sich abermals von Mathias losreissen (1609) und mit Rudolf neuerdings verbinden, dessen Herrschaft dann desto leichter abzuschütteln wäre. In Böhmen spielte er ein doppeltes Spiel; einerseits stand er mit den Häuptern der Stände, mit Rosenberg, Budowa und Thurn in Verbindung und reizte sie, gegen den Kaiser mit aller Gewalt aufzutreten, andererseits trat er in geheime Unterhandlungen mit dem Kaiser, dem er gegen einen bestimmten Lohn den Wiedergewinn der an Mathias verlorenen Länder versprach. Aus Hass gegen seinen Bruder ging Rudolf auf diese Anträge ein und Anhalt war es, der im Jahre 1609 förmlich die Ereignisse in Österreich wie die Züge auf einem Schachbrette lenkte. Nichtsdestoweniger nahmen die Dinge keinen solchen Verlauf, wie ihn Anhalt wünschte. Die protestantischen Stände in Österreich und Böhmen waren in ihrer Mehrzahl nicht geneigt das Äusserste zu 6 Dr. Gindely wagen, wofern nur ihren religiösen Forderungen Genüge geschali; sie gaben sich in Österreich zur Ruhe, nachdem Mathias das Ver- langte bewilligt hatte und so misslang zuerst der Plan ihn mittelst Rudolfs zu vertreiben, um mit dem letztern dann dasselbe zu thun. Desto aufmerksamer verfolgte nun Anhalt die Bewegung in Böhmen, da Rudolf den Majestätsbrief zu unterzeichnen sich weigerte, und heftete auf dies Land alle seine Hoffnungen. Das Jahr vorher (1608) war in Deutschland die Union zu Stande gekommen. Ihre Begründung fiel fast gleichzeitig mit dem ersten Zuge Mathias gegen Rudolf zusammen. Damals schon wollte sie Anhalt für seine Pläne benützen und schlug desshalb vor, sie solle in Böhmen interveniren und die Schlichtung des Streites zwischen den zwei Brüdern als Schiedsrichterinn übernehmen. Bei einer solchen Schlichtung konnte er mit Recht hoffen, dass der Gegenstand des Streites nicht den Kämpfenden, sondern den Schiedsrichtern und zwar ihm als dem ersten Anführer derselben zufallen würde. Da die Union jedoch auf diesen Vorschlag nicht eino^inff, so wollte Anhalt mit Hilfe der Böhmen selbst zu Stande bringen, wozu ihm seine natürlichen Freunde die Mitwirkung versagt hatten. In der Kühnheit bei der Conception seiner Pläne und in der Ausdauer bei ihrer Durchführung hatte er an dem berühmten Paolo Sarpi den einzigen ebenbürtigen Berather. Mit diesem Manne trat er im Jahre 1608 in Verbindung und beide begegneten einander auf halbem Wege. Sarpi's einziges Ziel des Lebens war die Ver- nichtung der päpstlichen Auctorität. Anhalt wollte die deutschen Habsburger um ihre Länder bringen, beide waren also natürliche Bundesgenossen. Durch einen Agenten Anhalf s, der in Venedig seinen Sitz hatte, schürte Sarpi das Feuer seiner Entschlüsse, ermuthigte ihn gegen Kaiser Rudolf loszuschlagen, mit Hilfe der Böhmen ihn gefangen zu setzen und selbst dann die Regierung des Landes in die Hand zu nehmen. Alles dies war wie aus Anhalt's Seele gesprochen, alles seinen Wünschen entsprechend. Die Sache gedieh zuletzt so weit, dass Anhalt, nach getroflenem Einverständ- nisse mit einigen höhmischen Häuptern das Commando des böhmi- schen Aufgebots (Juli 1609) übernehmen sollte, weil Rudolf hart- näckig der Religionsfreiheit die Anerkennung versagte. Was erfolgt wäre, wenn er die bewaflnete Macht des Landes in seiner Gewalt gehabt hätte, lässt sich leicht denken. Im äusserstcn Augenblicke Meine Korscliiiiigeii iii tieiiideii luul eiiilieimisdieii Archiven. 7 ^nb jedoch Rudolf nach und als Anhalt nach Prag kam, hatte er nnr das getäuschte Nachsehen, denn die Aufregung im Lande minderte sich plötzlich und nachhaltig. Davon, dass Anhalt in so entscheidender Weise die Fäden der ständischen Bewegung in Österreich in den Jahren 16t)8 — 1610 lenkte, hat man bisher keine Kenntniss geiiaht. Eben so wenig sind bisher irgend welche genügende archivalische Nachrichten über die nächsten Intentionen hei Gründung der Union und über deren Verhält- iiiss zu Frankreich bekannt geworden und noch weniger weiss man, dass der Kaiser im Jahre 1610 und am Ende des Jahres 1611 sich mit der Union in allem Fernst verbinden wollte, um mit ihrer Hilfe gegen seine Brüder aufzutreten und dass diese Verhandlungen zuletzt so weit gediehen waren, dass die Union Rudolf mit Geld unterstützte. Ich habe das darauf bezügliche und bisher vollständig unbekannte Material theils in Bernburg, theils in München aufgefunden. Das jetzige bairisclie Regentenhaus, einer pfälzischen Linie angehörig, vereinigte seiner Zeit die Besitzungen des bairischen und pfälzischen Hauses und damit auch die Archive derselben. So kömmt es, dass in München das für die Geschichte des 17. Jiihrhunderts wahrhaft unschätzbare Pfälzer Archiv zu finden ist, dessen Studium ich die Kenntniss der oben angegebenen Thatsachen danke. Das Bernburger Archiv enthält einen guten Theil der Correspondenz des Fürsten von Anhalt und ist namentlich ü\v dessen persönliche Pläne und Wünsche voll der wichtigsten Aufschlüsse. Der interessanteste Theil ist unzweifelhaft der, welcher über den Zusammenhang zwischen Anhalt und Paolo Sarpi Aufschlüsse gibt. Wer hat wohl bisher gedacht, dass Sarpi auf die Geschicke Deutschlands einen unmittel- baren Einfluss ausgeübt habe? Über Heinrich's IV. Verhältniss zu Deutschland habe ich das wichtigste auch in München und Bernburg gefunden; in Paris selbst hatte ich nach Berger de Xivrey , welcher die Correspondenz dieses Fürsten in den Documents inedits her- ausgab, nur eine verliälfnissmässig geringe Nachlese, inuner aber von Bedeutung, M'eil sie durch die Entdeckungen in Deutschland sammt und sonders in das rechte Liclit gesetzt werden. Es zeigt sieh auf die klarste und nnwiderleglichste Weise, dass Heinrich IV. vom Jahre 1605 — 1610 eine Politik verfolgte, welche von allee idealen Träumereien, wie man sie ihm theilweise beilegt, abs hend, das Verderben des Hauses liabsburg in Deutschland / O Dr. (; i II d e I y Italien und die Eroberung von Belgien zum alleinigen Zwecke hatte. Die Kenntniss der Zeit von 1600 — 1612 wird begreiflicher- weise erst vollständig, wenn man über das aufgeklärt ist, was die anderen katholischen Staaten, angeführt von Spanien, beabsichtigten und wenn man weiss, in welcher Stellung sieh Rudolf und Mathias zu denselben befanden. Das was die Wiener Archive und namentlich das Staastarchiv darüber bieten, ist bereits gutentheils bekannt geworden und es erübrigt nur noch eine wenn auch nicht uner- giebige Nachlese. Selir viel bleibt aber noch für eine richtige Auffassung des in Wien befindlichen Materials zu thun. Den Schlüssel zu demselben und Zugaben, die mehr als dreimal den Reichthum des Wiener Archivs übersteigen, bekömmt man in den Archiven von Brüssel, Simancas und München. Man wird dies leicht begreifen und zugeben, wenn ich sage, dass in München die Corre- spondenz der katholischen Liga, in Brüssel die Correspondenz Peter Vischer's, der als Gesandter des Erzherzogs Albrecht am Prager Hof weilte und tief in alle Vorgänge daselbst eingeweiht war, endlich in Simancas die Correspondenz der spanischen Gesandten aus Prag und Rom befindlich ist. Wer wusste es bisher, dass in Prag in der einfachen Zelle eines Kapuziners der päpstliche Nuncius, der spani- sche, belgische und bairische Gesandte, endlich die Häupter der l)ühmischen Katholiken ihre regelmässigen Zusammenkünfte in den Jahren 1608 — 1611 hatten, dass daselbst eingehende Berathungen über die katholische Liga gepflogen wurden, dass von da aus das Verhältniss Spaniens und Roms zu den österreichischen Angelegen- heiten theilweise bestimmt wurde. Die Relationen über das, was in dieser Zelle vorging, finden sich einzig und allein in Simancas und Brüssel. Ich bemerke, dass das spanische Staatsarchiv in Simancas das erste der Welt für die Zeit von 1500 — 1648 ist, dass bezüg- lich des 17. Jahrhunderts noch nie Forschungen in demselben von einem Ausländer angestellt wurden, und dass Inländer sich fast nur auf das Studium einiger Inquisitionsprocesse in dieser Zeit beschränkten. Das Studium dieser Archive gestattet über die Pläne des Erz- herzogs Leopold und sein Verhältniss zum Kaiser das letzte Wort zu sprechen, den Passauer Einfall als das Ergebniss langer Vorbe- reitungen und wohlbedachter Pläne aufzufassen und die Behauptung aufzustellen, dass in dem, was dabei vorging, nie und nirgends Meine Forscliiingeii in IVfiiideii und eiulieiniisclieii Areiiiv eii. 9 Zufalle vorgewaltet haben. Neben dem überrasclienilen Lichte, das Simaneas auf die Politik Rudolfs und Leopold's wirft, verbreitet sie aber ein noch überraschenderes über die spanische selbst. Es ist durch die Forschungen im Wiener Archive bekannt, dass Spanien in den Jahren 1616 und 1617 Ansprüche auf die österreichische Erbschaft machte und dieselben an Ferdinand gegen bestimmte Versprechungen cedirte. Aber schon im Jahre 1609 hatte der sclilimme Zustand der österreichischen Länder in Spanien die Absicht hervorgerufen, dieselben der deutschen Linie zu entziehen und dem zweiten Sohne Philipp's III. Don Carlos zuzuwenden. Dies waren nicht blos nebelhafte Pläne, sondern reiferwogene Absichten, für deren Realisirung alles Mögliche vom Jahre 1609 an gethan wurde, um derentwillen sich die spanischen Gesandten in Prag in Verhandlungen mit den Häuptern des Adels einliessen und für welche dadurch die Bahn geebnet werden sollte, dass Don Carlos mit Übergehung Mathias auf den deutsehen Kaiserthron gebracht werden sollte. Ich könnte ebensogut durch eine einfache Auseinandersetzung nachweisen, dass diejenigen, welche bisher die Geschichte von 1618 — 1620 schrieben, der Kenntniss der Zeit und ihres Ver- ständnisses gar sehr ermangelt haben. Nicht in Wien, sondern in München und Simaneas sind die wichtigsten Quellen zu finden, und das Kartengebäude, das man sich bei völliger Ignorirung dieser Fundgruben zusammenzustellen beliebt hat, wird bald genug in Nichts versinken. Von hervorragender Bedeutung sind aber die Aufschlüsse, welche die von mir beabsichtigte Ausgabe der Quellen für die Zeit von 1620 — 1640 liefern wird. In diese Zeit fällt die Thätigkeit Gustav Adolfs, Richelieu's, Wallenstein's, des Kapuziners Josepb, Bernhard's von Weimar, des Herzog - Grafen von Olivarez; und alle jene Ereignisse, welche für eine lange Zeit die Gestaltung Europa's bestimmten, erfüllten sich in ihr oder bereiteten sich vor. Dass für diese Zeit ebensowenig wie für die vorangehende und naclifolgende die Schätze der zwei ersten Archive Deutschlands, nämlich Wien und München, der Öft'entlichkeit übergeben wurden, ist bekannt, aber ebensowenig sind Frankreich und Spanien mit ihren Archiven dieser Aufgabe nachgekommen. Man sollte meinen, für Frankreicii habe die Tliätigkeit des Cardinais Richelieu die ] 0 Or. r, i i> (1 e i y ^ höchste Bedeutung und müsse mit einer Art zauherischer Gewalt französische Historilter zum Quellenstudium mahnen. Nichtsdesto- weniger haben es die Franzosen noch immer nicht zu einer Kennt- niss der diplomatischen Correspondenz Richelieu's gebracht. Einige nicht unbedeutende Sachen wurden bereits vor 200 Jahren edirt, vor 40 Jalrren veranstaltete man eine Edition von Richelieu's Memoiren, hiebei aber blieben die Leistungen stehen. Als unter dem Ministerium Guizot eine systematische Herausgabe der franzö- sischen Archivsehätze beabsichtigt wurde und mit der Collection des Documents inedits, wovon bereits viele Bände erschienen sind, thafsächlich Bedeutendes geleistet wurde, hat man auch die Lücke, welche die Zeit Richelieu's betrifft, gefühlt und auszufüllen gesucht und einen Gelehrten, Avenel, mit der Aufgabe Richelieu's Correspon- denzen zu ediren betraut. Diese Arbeit nun, von welcher bisher vier Quartbände, welche bis zum Jahre 1635 reichen, erschienen sind, gibt über Richelieu's diplomatische Thätigkeit keine solchen Aufschlüsse, als wir diese wohl mit Recht erwarten durften. Avenel nämlich fasste seine Aufgabe bei der Edition der Correspondenzen in der Weise auf, liass er nur jene Briefe edirte, welche Richelieu selbst betra- fen, also von ihm unterzeichnet oder an ihn adressirt waren. Ein Unterschied wird von ihm nur bei Briefen von und an den König gemacht, deren Edition Avenel gleicherweise besorgte. So lange der Cardinal nicht die Seele der französischen Staatsgeschäfte war, so lange hat es gewiss seinen guten Grund, wenn die Edition streng sich an die Person Richelieu's band. Von dem Momente aber, wo er die Seele der ganzen französischen Politik zu werden begann und erweislicher Massen dieselbe in ihren geringsten Details leitete, von dem Momente an kann einzig und allein die Edition der gesammten diplomatischen Correspondenzen ein Bild von Richelieu's Thätigkeit geben. In der Regel unterzeichnete Richelieu in der Glanzperiode seiner Thätigkeit nur Rriefe, welche an fremde Souveraine gerichtet waren, sehr selten Instructionen für die Gesandten; gewöhnlich wurden die letzteren ausser vom König nur noch vom Staats- secretär Houlhillier unterzeichnet. In gleicher Weise sind auch die Relationen der Gesandten, mit den seltensten Ausnahinen, an den genannten Staatssecretär gerichtet. Wenn man nun dies alles bei Seite lässt, wie dies Avenel that, kann man wohl in \V^ihrheit Mi'iiie F(ir,scluiii;ieii in l'iciiiilcii und oiiilieiiiiisclieii Ai cliiveii. 1 I Ijehaiipten, es sei die Corrospoiidenz Riclielieu's edirt worden und die Intentionen dieses Mannes seien genau gezeiehnel? An folgen- den Fällen zeigt sieh die Mangehaftigkeit der Avenel'sehen Edition bis in's Sehlagende. Von den Verhandlungen, welche durch den fran- zösischen Gesandten Charnace in den Jahren 1629 und 1630 niii Gustav Adolf geführt wurden, um diesen zu vermögen, gegen den Kaiser aufzutreten, und die denn doch um ihres Resultates willen von welthistorischer Bedeutung sind , hat Avenel gar nichts ver- öffentlicht, von den Correspondenzen des Kapuziners Joseph vom Regensburger Reichstag aus, wo durch französische Intriguen der Kaiser schmählich verrathen ward, bringt Avenel zwei Briefe, weil diese zufällig die Adresse Richelieu s und des Königs tragen. End- lich von den Correspondenzen mit Wallenstein, die denn doch von einer handgreiflichen Wichtigkeit sind, bringt Avenel nichts. Es genügen diese Angaben, um zu zeigen, dass durch Avenel's Edition die Kenntniss der diplomatischen Thätigkeit Richelieu's nicht im entferntesten in jenem Grade gefördert worden ist, wie man dies annehmen könnte. Nach diesen Angaben brauche ich wohl nicht hinzuzusetzen, dass es ein vorzüglicher Gegenstand meiner For- schung war, die gesammte diplomatische Correspondenz Frank- reichs vor Allem in den Jahren 1628 — 1642 auf das Genaueste zu studiren und dass ich alles das, was von Bedeutung war, copirte. Wenn die kaiserliche Akademie den Druck der von mir gesammel- ten Quellen ermöglicht, wird man endlich aus denselben erfahren, in welchen Verhältnissen Frankreich zur Zeit Richelieu's zu den i\käcliten Europa's und nauientlich zu Gustav Adolf und den deutschen Fürsten sich befand. Von der grössten Wichtigkeit werden die Publicationen ans dem spanischen Archive sein, theils wegen der eigenthümlichen Stellung dieses Staates zu dem Papste und Kaiser, theils wegen der Vollständigkeit des spanischen Staatsarchivs. In allen übrigen Archi- ven Europa's, soweit ich diese besucht habe, findet man nichts mehr wie die diplonuitische Correspondenz, also die Berichte der Gesand- ten und die ihnen erlheilten Instructionen, selten findet sich in denselben das Protokoll einer Staatsrathssitzung, welche über das Werden der Entschlüsse und über den Antheil, den die verschiede- nen Glieder eines Cabinets an denselben gehabt haben, Aufschluss gäbe. In Spaniei» fliesst diese so wichtige Quelle reichlich und I 2 Hr. Cindel y unuiiterbi-oclicn. Sänimlliche diplomatisclie CoiTespoiuienzen wurden sobald sie einliefen dem Staatsratli vorgelegt, welcher aus ehemaligen Gesandten und den ersten Würdenträgern der Krone, dann dem Generalinquisitor und dem Beichtvater bestand, und jeder einzelne von ihnen gab über das einzuschlagende Benehmen ein umständliches Votum ab. Das auf diese Weise zusammengesetzte und oft viele Bogen starke Protokoll wurde darauf dem König vorgelegt, der am Ende selbst seine eigene Meinung bald mit grösserer bald mit geringerer Umständlichkeit niederschrieb; es gibt königliche Gut- achten, welche 4 — 5 Blätter lang sind. Selten ist eines kürzer als eine Blattseite. Was für ein ungeheuerer Schatz in diesen Protokollen für die Kenntniss der Absichten und des Einflusses Spaniens auf das übrige Europa sich befindet, kann man sich denken; es sind die interessantesten Documente, die mir je in die Hand kamen, und glücklicherweise haben sie sich vollständig in Simancas erhalten. An diese Protokolle schliessen sich die Gutachten Olivarez', der unter Philipp IV. die Seele des spanischen Cabinets war, und die begreiflich von wo möglich noch grösserer Bedeutung wie jene sind. Von den Correspondenzen mit den verschiedenen Staaten sind die aus Rom und Wien die wichtigsten. Die römischen Correspon- denzen sind von staunenswerther Bedeutung und unter diesen vor Allem die Berichte aus den Conclaven. In Wien war der spanische Gesandte in alle Vorgänge auf das Genaueste eingeweiht, ohne seinen Beirath wurde namentlich von Ferdinand II. und III. nichts unternommen. Wenn man die österreichische Geschichte wirklich kennen lernen will und nicht willkürliche Combinationen anstellen oder es gar für vortheilhafter halten will, über das Wichtigste im Dunkeln zu bleiben, so muss man nach Spanien gehen und dort bludiren. Es ist dies leicht begreiflich, wenn man bedenkt, dass die wichtigsten Angelegenheiten in Wien mündlich verhandelt wurden und daselbst wenig oder keine Veranlassung vorlag sie zu verzeichnen. Der spanische Gesandte musste hierüber aber nicht nur auf das Genaueste referiren, sondern er bemühte sich auch Jahr aus Jahr ein über die wichtigsten Personen am Wiener Hofe Charakteristiken einzusenden, die von dem bedeutendsten Interesse sind. Ja in den wichtigsten Jahren des 30jährigen Krieges ist man nicht einmal auf die Berichte eines einzigen Gesandten angewiesen, denn vom Jahre 162G — 1630 befanden sich am Wiener Hofe .Meine Foi'scluiiifjeii in froimleii und cinlicimisclien Arcliivcn. 1 «> stets zwei spitiiisclie (Jesandto und vom .Jahre 1632 an sogar durcli längere Zeit vier. Jeder von ihnen war mit dem Stande der Ange- legenheiten genan hekannt und da unter ihnen fast stete Meinungs- verschiedenheit herrschte, ergänzen sich ihre Relationen auf das Vortrefflichste. Neben den vielen Funden in diesem Archive will ich nur noch über einen einzigen und zwar den bedeutsamsten etwas mittheilen. Man weiss es, wie unausgesetzt die Wallensteinfrage die Historiker Deutschlands und Österreichs beschäftigt und bald so, bald anders beantwortet wird. Bekannt mit den Versuchen Anderer, sieh Licht über diese Frage zu verschaffen, wusste ich auch, dass es Niemanden bisher gelang solches Material zu finden, welches endgiltig diese Frage entschiede. Der Verlauf meiner Forschungen braclite mich auch zu diesem Gegenstande und ich bescliloss so kritisch und so ungläubig wie möglich vorzugehen, um mir über die etwa aufge- fundenen Beiträge keine Illusionen zu machen. Wie erstaunte ich jedoch als ich, statt Weniges und Unwichtiges zu finden, in Paris und Simancas auf eine überaus reiche Quelle stiess. Dass die Pariser Archive in dieser Beziehung noch nicht von Franzosen durchforscht wurden, nimmt mich bei dem Stand ihrer Kenntnisse über Richelieu nicht Wunder, aber dass diejenigen Historiker in Deutschland, welche für die Unschuld Wallenstein's plaidirten, dies mit aller möglichen Sicherheit thaten, ohne sich doch in Paris genau umzusehen, muss als eine Insolenz bezeichnet werden. Nach dem Archive in Paris und Simancas stellt sich die Wallensteinfrage in folgender Weise heraus. Wallensteiii hatte nach seiner Absetzung zu Regensburg ent- schieden die Absicht, sich am Kaiser zu rächen und trat desshaib mit Gustav Adolf in Verbindung. Bevor er jedoch mit diesem zu einem Einvernehmen gelangen konnte, wurde er vom Kaiser hauptsächlich durch spanische Vermittlung zum zweiten Male zum Commando berufen. Bei der Übernahme desselben versprach ihm der Kaiser mündlich einen Kurhut und glaubte dies Versprechen durch die Abtretung der Pfalz, die noch immer von den Spaniern occupirt war, lösen zu können. Wallenstein gab sich mit diesem V'ersprechen, so lange Gustav Adolf lebte, zufrieden; er sah wohl ein, dass er von diesem selbst nicht günstigere Bedingungen für einen Verrath erlangen könnte. Kaum war jedoch Gustav Adolf todt, so verlangte Wallenstein, der Kaiser solle den Kurfürsten von Brandenburg 14 l»i-. (iindely wegen seiner Verbinduni; inil den Schweden ächten, ihm dessen Linid, überti-agen und dazu wollte er noch Pommern und Mecklen- burg erobern und damit verbinden. Spanien stützte diese Forderun- gen und trat noch überdies in einem geheimen Vertrag Ostfriesland an Wallenstein ab, der so einen norddeutschen Staat zu gründen die Absicht hatte. Es bedurfte nur eines zustimmenden Winkes von Seite des Kaisers — und er wurde hie für von Spanien unablässig bearbeitet — so war der Kurfürst von Branden- burg für immer aus der Reihe der deutschen Fürsten entfernt. Aber Ferdinand wollte um diese Zeit ernstlich den Frieden und gab desshalb zu dieser Combination seine Zustimmung nicht. Nun ver- langte Wallenstein , man solle ihm zu der angebotenen Pfalz noch Württemberg und Hessen geben und deren bisherige Besitzer ächten, allein auch hierin willfahrte Ferdinand nicht, trotzdem dass Spanien unablässig zu solcher Nachgiebigkeit rieth. — Alle diese Nachrichten schöpfte ich aus dem spanischen Archive, das begreiflicher Weise hierin von entschiedener Auctorität ist. — Es war ungefähr im Mai 1633, dass Wallenstein zu der Einsicht ge- langte, der Kaiser werde über das ursprüngliche Angebot der Pfalz nicht gehen und desshalb beschloss er durch französische Vermittlung zum Ziele zu gelangen. Es ist durch das eben Gesagte begreiflich, wesshalb Wallenstein bis dahin dem Kaiser gedient hatte und wess- halb er nunmehr sich von ihm abwendete. Über die nunmehr einge- leiteten Verhandlungen gebe ich absichtlich keine näheren Nach- richten, sondern verweise auf den künftigen Druck der Quellen. Das schliessliche Resultat war, dass Ludwig XIII. seine Zustimmung dazu ertheilte, dass Wallenstein Böhmen als sein künftiges Reich occupire und zur Zahlung von bedeutenden Subsidien sich ver- pflichtete. Von dem Beginn dieser verrätherischen Verhandlungen und ihrem weiteren Verlaufe hatte man in Wien fast gleichzeitig Nach- richt erhalten und nainentlich waren es die spanischen Gesandten daselbst, die zuerst Verdacht fassten. Als sie hierüber nach Spanien berichteten, war Olivarez darüber entrüstet, dass man Wallenstein verdächtige, bedrohte desshalb die Gesandten mit Abberufung und veranlasste den König zur Absendung des Grafen Onate nach Wien, damit dieser die anderen Gesandten controlire und nach Ermessen zur Bestrafung zurücksende. OFiate reiste im Herbst 1G33 nach \I('iiii> l'nrsclniii^cii in IVcimliMi iiiui ('iiilKMinisi'liiMi AicIiistMi. I O Wion, lim Wallenstoiii zu schützen, kaum aber da auj'elaiif^t, mehrten sich die Beweise gegen den letzteren, so dass er vorerst selbst zu forschen heschloss. Der Wachsamkeit der spanischen Gesandten und ihren Verbindungen mit der Umgebung Wallenstein's gelang es endlich im Jänner 1634 dem Beweise für den Verratli auf die Spur zu kommen. Mit diesem ging Onate unmittelbar zu Ferdinand II. und verlangte, dass gegen die Person Wallenstein's alle Massregeln getroffen werden sollten, um il'n unschädlich zumachen. Trotz der dringendsten Vorstellungen des Gesandten konnte sich aber Ferdinand zu nichts weiterem entschliessen als zu Anord- nungen, durch die das Heer gewonnen werden sollte; gegen Wallen- stein's Leben erliess er keine Ordre trotz des wiederholten Drängens der Spanier. Als nun VVallenstein in Folge der Vorgänge im Heere sich nach Eger wandte, übernahm daselbst der Commandant auf seine eigene Verantwortung hin die Execution. Onate schrieb hier- über an Philipp IV. am 3. März, am Tage, als die Nachricht vom Tode Wallenstein's nach Wien gelangte und sagt ausdrücklich, der Commandant habe die Execution ohne Autorisation vorgenommen. Diese Angabe ist wohl von entscheidender Wichtigkeit, denn der Gesandte, welcher dem Kaiser die ganze Tiefe des Abgrundes, in den er zu stürzen im Begriffe stand, gezeigt, und der mit ihm die Massregeln zur Abwendung der Gefahr berathen hatte, muss wohl darum gewusst haben, ob der Kaiser einen Befehl zur Hinrichtung Wallenstein's gegeben habe oder nicht. Es erübrigt nur noch über die Form und den Umfang der von mir beabsichtigten Quellenpublication etwas zu sagen. Sämmtliche von mir veranstaltete Forschungen denke ich ohne Unterschied der Archive unter Beobaclitung der chronologischen Ordnung an ein- ander zu reihen. Wichtige Actenstücke habe ich stets vollständig copirt, in der Regel dabei jedoch die ersten Zeilen weggelassen. welche die langen Titulaturen enthalten. Überall soll dies durch einige Puncte angedeutet werden. Von minderwichtigen Acten- stücken habe ich blos die bedeutenderen Stellen abgeschrieben und das übrige in einem kurzen Auszuge zusammengefasst. Endlich von der ganzen Ungeheuern Menge von Dediictions- und Streitschriften, von den selten nur einen Kern von Wahrheit enthaltenden Corre- spondenzen zwischen zwei verschiedenen Höfen habe ich nur Aus- züge verfasst und darin den Gegenstand angegeben, um den es sicji 1 6 Dr. (iindely limulelt, sobald dieses zuf Sieherstellung eines Datums oder sonst zur näheren Kenntnis der Ereignisse diente. Da ich von jedem Aetenstiicke, mag es nun vollständig copirt oder nur im Auszuge gegeben sein, stets nicht blos das Archiv angehen werde, wo sich dasselbe befindet, sondern auch den Fascikel oder Folianten, ja selbst die Seitenzahl desselben genau mittheilen will, so wird sich nicht ein einziges Actenstück oder Excerpt in meiner Quellen- sammlung befinden, über deren Authenticität man sich nicht leicht Gewissheit verschafTen oder zu dem ein zweiter Forscher nicht nach Belieben noch weitere Nachrichten in dem betrefTenden Fascikel finden könnte. Die ganze Quellensammlung soll einen Kanon für die Geschichte von 1600 — 1648 bilden und die Einwirkung jedes Staates auf die allgemeinen Ereignisse soll erschöpfend aus den verschiedenen Archiven dargestellt werden. Man wird noch immer in den von mir besuchten und anderen Archiven über die genannte Zeit neue und interessante Beiträge zu einzelnen Fragen finden, aber, dessen bin ich gewiss, nichts mehr was die allgemeine Auf- fassung alteriren könnte. Zum bessern Verständnisse und zum leichtern Gebrauche der Sammlung will ich in Einleitungen und Anmerkungen diejenigen Actenstücke genau bezeichnen, welche ihrem Inhalte nach zusammen gehören, um so ein mühsames Suchen Jedermann zu ersparen. Schliesslich muss ich bemerken, dass ich nicht die Absicht habe, in dieser Sammlung Actenstücke zu veröffentlichen, welche der böhmischen Sprache angehören, weil dieselben von einander gerissen zur allgemeinen Geschichtskenntniss wenig beitragen würden, während sie doch vereint für Böhmen von Werth sind. Ich denke sie desshalb vereint zu veröffentlichen und glaube, dass dies auf Landeskosten wird geschehen können, ich also nicht nöthig haben werde die Akademie in dieser Beziehung um eine Unterstützung zu bitten. Was den Umfang der Publication betrift't, so dürfte sich dieselbe auf 12 Bände belaufen, wenn ich das Format und den Druck der Fontes rerum austriacarum zum Muster nehme, und den Band zu mindestens 30 höchstens 36 Bögen berechne. Hierbei würden auf die Zeit von 1600—1612 etwa 2 Va Bände, auf die von 1612 — 1621 drei Bände, auf die von 1621 — 1628 ein Band, auf die von 1628—1637 3 i/j Bände und auf den Rest des dreissig- jährigen Krieges zwei Bände fallen. Meine Forschungen in fremden und einheimischen Archiven. 1 7 Dem Scliliisse der Arbeit gedenke ich ein Verzeichniss aller Quellenpiiblicationen über die Zeit von 1600 — 1648, mögen sie welcher Nation immer angehören, beizufügen, damit es auf diese Weise für die erwähnte Zeit nicht so sehr Geschichts- forscher als nur noch Geschichtsschreiber zu geben brauche *). 1) Der Verf. legte den Plan zur Herausgabe dieser Sammlung zuerst in der Sitzung vom 17 Juli d. J. vor. — Die Classe hat seitdem den Beschluss gefasst , die Herausgalic dieser Sammlung auf ihre Kosten zu iihernehmen. Silzh. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. I. H(t. 18 SITZUNG VOM 8. JÄNNER 1862. Die von dem wirkliehen Mitgliede dem hochwürdigen Herrn Prälaten von St. Florian Jodok Stiilz ühersandte Abhandlung: „Zur Geschichte der Herren und Grafen von Schaumberg" wird von der Classe für die Denkschriften bestimmt. Gelesen: Zur Genealogie der Handschriften des Schwahenspiegels. Von Dr. JuHus Ficker, Professor an der k. k. Universität zu Innsbruck. l In einer früheren, der kais, Akademie vorgelegten und in die Sitzungsberichte der philosopli.- historisch. Classe (XXIII, 115 ff.) aufgenommenen Abhandlung „über einen Spiegel deutscher Leute" gab ich Nachricht über die auf der Innsbrucker Universitätsbiblio- thek befindliche Handschrift eines Rechtsbuches, welches den ge- nannten Titel führt, unsere Kenntniss des RechtsstofTes selbst zwar nicht wesentlich erweitert, aber für die Einsicht in die Textgestal- tung unserer anderen Rechtsbücher, insbesondere des Schwaben- spiegels, von kaum zu überschätzender Wichtigkeit ist, falls anders meine dort entwickelten Ansichten über die Stellung dieser eigen- thiimlichen Form zu Sachsenspiegel imd Schwabenspiegel und die daraus gezogenen Folgerungen sich als stichhaltig erwiesen. Zur Genealojrio dpi- Ilanilsehrifloji lU-.s Scliwalieiispicgels. \ J) Da seit der Veröflontliclimig joner Arbeit nahezu fünf Jahre verflossen sind, niclit lange nachher die freigebige Unterstützung der kaiserl. Akademie es auch ermöglichte, den gesamrnten Text, M'ie ihn die Handschrift bietet, und damit das Hilfsmittel zu ge- nauerer Prüfung meiner Annahmen allgemein zugänglich zu machen, so dürfte sich immerhin schon mit einiger Sicherheit entscheiden lassen, was von jenen Annahmen als allgemein anerkannt gelten darf. Dahin wird nun wohl vor Allem das Hauptergebniss jener Ab- handlung zu rechnen sein, dass nämlich der Deutschspiegel auf dem Sachsenspiegel beruhe, selbst aber nächste Quelle des Schwaben- spiegels sei. Nachdem Home y er in einem Vortrage in der Sitzung der philosophisch-historischen Classe der kijnigl. Akademie zu Berlin vom 14. December 1857 ausdrücklich zugestimmt hatte, war bei dem Gewichte, welches eine Anerkennung durch einen hier so massgebenden Fachgelehrten beanspruchen durfte, vorauszusehen, dass jenes Ergebniss ziemlich allgemein als feststehend betrachtet werden würde; es ist anstandslos in seitdem erschienene allgemei- nere Darstellungen der Rechtsgeschichte aufgenommen, mehrfach bei gelegentlichen Anführungen in Einzelabhandlungen als nicht mehr zweifelhaft behandelt worden. Bedenken wurden freilich auch später wohl noch ausgesprochen, aber bis jetzt nicht näher begrün- det; so von Zoepfl in den Alterthümern des deutschen Rechts (2, 217). Ausdrücklichen Widerspruch fand es nur von einer Seite, wo eine gewisse Befangenheit des Urtheiles doch sehr nahe lag, weil mit der Richtigkeit meiner Ansicht einer schon bis dahin ziem- lich vereinzelt vertheidigten wissenschaftlichen Lieblingsmeinung der letzte Boden entzogen war. Die von v. Daniels in seiner Schrift: „Spiegel der deutschen Leute, Handschriftfund des Prof. Dr. Ficker zu Innsbruck. Berlin, 1858", geltend gemachten Gegen- gründe suchte ich in einer eigenen Abhandlung: „Über die Enf- stehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwaben- spiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck, 1859", zu wider- legen und meine eigene Beweisführung nochmals übersichtlicher zu wiederholen. Die seitdem erschienene Vorrede zum dritten Bande der Rechtsdenkmäler des deutschen Mittelalters (Berlin, 1860), ergibt nun allerdings wohl, dass v. Daniels auf seiner abweiehenden Meinung beharrt; da aber eine Widerlegung meiner Gegengründe von ihm bis jetzt nicht versucht wurde, so wird die blosse Behanp- 2» 20 ür- .1. F ick er «. tnu'^, diiss die Vergleichung des Textes selbst ihm seine erstgetsisstr Ansicht bestätigt habe, kaum hindern diirfen, hier davon auszu- gehen, dass jenes Hauptergebniss sich als stichhältig erwiesen habe. Dass damit die letzten, doch nur noch von Wenigen getheilten Zweifel über die Stellung des Sachsenspiegels zum Schwabenspiegel schwinden mussten, konnte von untergeordneter Wichtigkeit er- scheinen; wichtiger war es, dass sich auf jenes Hauptergebniss nun umfassende Folgerungen für die Textentvvickelung jener Rechts- bncher gründen Hessen. War diese für den Sachsenspiegel schon nach den früher be- kannten Hilfsmitteln im Allgemeinen genügend sichergestellt, so konnte der Deutsehspiegel hier wesentlich nur noch bestätigend und ergänzend eingreifen; und in dieser Richtung hat er denn nun bereits in Homeyer's Abhandlung: „Die Genealogie der Hand- schriften des Sachsenspiegels. Berlin, 18S9", und in der dritten Ausgabe des sächsischen Landrechtes (Berlin, 1861) erschöpfende Verwerthnng gefunden. Die kaum zu unterschätzende Wichtigkeit des Fundes lag aber darin, dass nun nach Nachweis der nächsten Vorlage für die noch zu keinem gesicherten Ergebnisse durchgeführten Untersuchungen über das Verhältiiiss der verscliiedenen Formen des Schwaben- Spiegels ein so sicher leitendes Hilfsmittel geboten war, wie es nur selten bei ähnlichen Forschungen zur Hand ist, vielleicht aber auch nirgends bei der grossen Zahl der Handschriften und ihren jedem Versuche einheitlicher Ableitung spottenden Abweichungen grösseres Bedürfniss war. Ich versuclite es nun, schon in jener ersten Ab- handlung auch in dieser Richtung den Fund zu verwerthen, so weit nächstliegende Hilfsmittel das gestatteten, die bekannteren Formen des Schwahenspiegels mit dem Deutschenspiegel zu vergleichen und mir darnach ihren genealogischen Zusammenhang zu vergegen- wärtigen; es ergab sich dabei das aulTallende, der bisherigen Auf- fassung entgegengesetzte Resultat, dass der herrschende Charakter der Textent Wickelung der einer V^erkürzung sei, wornach sich denn auch das verwandtschaftliche V'erhältniss der einzelnen Handschriften zur Urform und unter einander ganz anders gestalten musste. Mir selbst, so weit mich spätere Studien auf die Frage zurückführten, bot sich keine Veranlassung, von der früher gewonnenen Anschau ung abzugehen; eine abermalige Prüfung, wozu die Anfertigung Zur fioiiealog-ie der Hnndschririeii des Scliwiibenspiegels. ^ { der der Ausgabe des Oeutschenspiegels zugefügten Vci-gleicliuugs- tafelri aiinordern nuisste, veranlasste mich nur, ein mir selbst auf- gestiegenes untergeordnetes Bedenken ergänzend zu widerlegen während ich übrigens nur auf das frühere Ergebiiiss zurückweisen konnte (vergl. Vorrede XXVI). Eine genauere Prüfung dieses Ergebnisses auch durch Andere musste allerdings sehr wünschenswerth sein, da im Falle seines Stichhaltigkeit Vorfragen als gelöst betrachtet werden können, derei, Erledigung ein weiteres Vorschreiten auf dem schwierigen Gebiete der Textentwirrung des Schwabenspiegels wesentlich fördern muss. Sich einer solchen genaueren Prüfung durch Vergleichung trockener Zahlenreihen und einzelner Textesstellen zu unterziehen, dazu wird freilich selbst bei den Fachmännern nicht zu viel Neigung voraus- gesetzt werden dürfen, wenn ihre Studien nicht ohnehin in näherer Beziehung zum Gegenstande stehen. Eine solche war für Homeyer dadurch gegeben, dass er zuletzt vor der Auffindung des Deutschen- spiegels eine umfassende Classification aller Handschi-iiten des Schwabenspiegels versuchte (deutsche Piechtshücher 41 (f.), welche meinen eigenen Untersuchungen vorzugsweise zur Grundlage diente; war ihm demnach der Stoff, wie kaum einem andern gegenwärtig, so glaube ich es um so höher anschlagen zu müssen, wenn er mit einem Vorbehalte, dessen vollste Berechtigung ich selbst am wenig- sten je hätte bezweifeln mögen, meiner Classification zustimmt, in- dem er sagt: „Diesem Ausgehen von den volleren Formen, wie sehr es der bisherigen Anschauung widerstrebt, wird man doch, nachdem einmal die Stellung des Deutschenspiegels so wohl begründet worden, die Anerkennung im Ganzen nicht versagen dürfen. Das schliesst nicht aus, nach Massgabe der weiteren Durchforschung der Texte, die Gruppirung im Einzelnen zu bericlitigen und zu vervollstän- digen". (Monatsberichte der Berliner Akademie 1857, Seite 638.) Nähere Veranlassung zur Prüfung meiner Ansicht musste weiter für denjenigen vorliegen, welcher eine eingehendere Darlegung der Geschichte unserer Rechtsquellen versuchend, eine Entscheidung für oder gegen dieselbe nicht wohl umgehen konnte; und in dieser Richtung glaube ich besonderen Werth darauf legen zu müssen, dass Stobbe in seiner so umsiehlig und mit vollster Beherrschung der gesammten einschlagenden Forschung gearbeiteten Geschichte dei; deutschen Rechtsqnelleii (1, 349) keinen Anstand nahm, sich 22 D''- •' Ficker meiner Auffassung der Entwickelung des Textes des Sclnvabenspiegcls anzuschliessen. Im Allgemeinen hat sich aber doch die Specialforschung der letzten Jahre mit dem Schwabenspiegel weniger beschäftigt, als nach der durch die Auffindung des Deutschenspiegels gegebenen Anregung vielleicht zu erwarten gewesen wäre; und so hoch ich die Zustimmung der genannten Fachgelehrten auch anschlage, so dürfte sie doch kaum dazu berechtigen, meine Ansicht über die Genealogie der Texte des Schwabenspiegels in ähnlicher Weise als gesichert hinzustellen, als die über die Stellung des Deutschenspie- gels. Um so erfreulicher ist es mir, auf eine kürzlich erschienene Schrift hinweisen zu können, welche einige auf die Geschichte des Schwabenspiegels bezügliche Fragen mit grosser Umsicht und Gründlichkeit erörtert; und glaube ich allerdings den meiner Ansicht zuwiderlaufenden Ergebnissen derselben grossentheils nicht bei- pflichten zu dürfen, ist ihre Widerlegung der nächste Zweck dieser Erörterung, so wird das selbst im Falle des Gelingens meines Gegenbeweises dem Werthe einer Arbeit nur wenig Eintrag thun, welche auch ganz unabhängig davon erhebliche und, wie mir scheint, durchaus stichhaltige Ergebnisse bietet; und sollte es mir jetzt gelingen, meine Ansicht fester als früher zu begründen, so würde doch auch das in so weit ein Erfolg dieser Arbeit sein, als dieselbe bisher unbeachtete Umstände in den Kreis der Untersuchung hinein- zog und dadurch Anregung zu wiederholter Prüfung bot, für welche mir sonst die Veranlassung gefehlt haben würde. Die Schrift führt den Titel: „Beiträge zur Kunde des Schwabenspiegels von Dr. Paul La band, Privatdocenten der Rechte an der Hochschule zu Heidel- berg. Berlin, 1861". Nichts wird die Forschung auf diesem Gebiete mehr fördern können, als eingehende Untersuchung einzelner bisher ungenügend bekannter Handschriften und Feststellung ihrer Verwandtschafts- verhältnisse zu anderen Handschriften, in Vergleichung mit dem im Deutsclienspiegel vorgezeichneten Urtexte; die Gruppen werden sich dadurch schärfer scheiden, es wird sich ergeben, welchen Handschriften in den einzelnen Gruppen wegen ihrer grösseren An- näheiiing an den Urtext besonderes Ansehen beizulegen ist, welche vorzugsweise heranzuziehen sind, um nach ihnen über die Stellung der ganzen Gruppe zu anderen zu entscheiden. Eii\er solchen Auf- Zur Genealogie iler llaiidsehrifteii des Sclivvalienspiegels. 23 gäbe hat sicli Labaiid in dem umfaiigreichstea dritten Tlieile seiner Arbeit (S. 37 — 80) mit grosser Umsieht und einem die Mühe loh- nenden Erfolge unterzogen. Er gibt Naeliricht von der bisher nur ganz ungenügend bekatmten und nie benützten Übersehen Seh waben Spiegel- Handschrift zu Breslau (U.), vergleicht dieselbe mit dem Deutschenspiegel und den verschiedenen zugäng- lichen Texten des Schwabenspiegels und gelangt zunächst zu dem Resultate, dass U. mit der Lassberg'schen (L.), Telbanger'schen (T.) und der französischen Berner Handschrift (B.) eine näher ver- wandte, von den anderen bekannten Handschriften bestimmt geschie- dene Gruppe bildet. War diese Gruppe in ihrer schärferen Umgren- zung bisher nicht hervorgehoben, so ist ihre genauere Kenntniss von besonderem Werthe, weil sie sich einmal durch grosse Güte des Textes auszeichnet, weil weiter die in dieser Gruppe vertretene Form in vieler Beziehung als die normalste, für die Weiterentwicke- lung am meisten massgebende betrachtet werden muss, wie man auch immer ihren verwandtschaftlichen Zusammenhang mit anderen älteren Formen beurtheilen mag. Gerade hier war es nun zudem von besonderer Wichtigkeit, dass ein neues nächstverwandtes Glied, wenn es auch an und für sich von minderer Güte gewesen wäre, nachgewiesen wurde, da L. sehr unvollständig, B. übersetzt ist, wir also für umfangreiche Stücke des deutschen Textes sonst ledig- lich auf T. angewiesen sein würden. Aber nicht das allein; man wird nicht nur dem Verfasser darin beistimmen müssen, dass U. wenig- stens keinem der anderen Texte derGruppe nachsteht, sondern nach Erwägung alles dessen, was er hervorhebt, dürfte es kaum zu gewagt sein, U. geradezu als das beachtenswertheste Glied der Gruppe zu bezeichnen. Und diese Ergebnisse, welche wenigstens mir durch- weg als vollkommen gesicherte erscheinen, dürften weitere Unter- suchungen ganz wesentlich zu fördern geeignet sein. Was die früheren Theile der Arbeit betrifft, so beschäftigt sich der erste mit dem Ursprünge des Schwabenspiegels und sucht zu erweisen, dass derselbe ein Werk Bruder Bertold's von liegensburg und denmach vor 1272 verfasst sei. Diesem Ergebnisse beizustimmen, kann ich mich freilich nicht entschliessen; so beach- tenswerlh mir das über den Zusammenhang Bertold's mit dem Schwa- benspiegel Gesagte auch scheint, so wird, worauf ich zurückkomme, ein zwingender Grund, ihn für den Verfasser zu halten doch kaum darin 24 D''- J- Fickei- gefunden werden dürfen, wälirend ich andererseits glaube, an der bisherigen Ansicht, die Abfassung des Schwabenspiegels dürfe wegen der staatsrechtlichen Sätze nicht vor die ersten Jahre König Rudolfs gesetzt werden, auch nach Erwägung der vonLaband aufge- stellten Gegengründe festhalten zu müssen. Hier auf diese einzugehen würde auf fremde Gebiete führen und den nächsten Zweck der Arbeit nicht fördern; doch denke ich bei anderer Gelegenheit darauf zurückzukommen. Dagegen stimme ich der Beweisführung des Ver- fassers, dass das Verhältniss zum Augsburger Stadtrechte eine Ab- fassung nach 1276 nicht nöthig mache, bereitwilligst bei, wie ich das ja auch schon früher nur bedingt für diesen Zweck geltend machte (vergl. Sitzungsber. 23, 286). Nächste Veranlassung zu dieser Arbeit bot der zweite Abschnitt der Schrift, welcher sich mit der Genealogie der Schwaben- spiegel-Handsehriften beschäftigt, also mit dem von mir früher behandelten Gegenstande, bezüglich dessen mir selbst eine weitere Prüfung der Stichhaltigkeit meiner Ergebnisse besonders wünschens- vverth erscheint. Bei der grossen Aufmerksamkeit, mit welcher der Verfasser meine Untersuchungen verfolgt hat, der Umsicht, mit welcher er seine eigene Forschung durchführt, darf ich wohl besondern Werth darauflegen, dass er meinen Ergebnissen in so weit zustimmt, als auch er die grössere oder geringere Anlehnung an den Deutsch- spiegel als entscheidendes Kriterium für die grössere oder geringere Ursprünglichkeit der einzelnen Texte betrachtet und demnach meiner lediglich darauf gestützten Annahme beitritt, dass die Textentwicke- lung vorwiegend auf Verkürzung gerichtet gewesen sei und dass die vollere Form der Freiburger Handschrift (F.) unter allen bekann- ten Formen der Urschrift am nächsten stehen (S. 26, 34, 35). Meine Classification stützte sich nun aber nicht lediglich auf dieses Kriterium, sondern fasste auch noch andere Momente in's Auge, für welche das Verhältniss zum Deutschspiegel weniger massgebend war. Das Landrecht des Schwabenspiegels lässt sich nach seinen Quellen in drei Theile zerlegen. Der erste bis L. 117 beruht auf dem schon wesentlich zum Schwabenspiegel umgearbei- teten Deutschspiegel; der zweite bis L. 313 auf der im Deutsch- spiegei vorliegenden Übertragung des Sachsenspiegels; der dritte ist unabhängig vom Sachsenspiegel und Deutschspiegel nach an- Zur Genealogie der lliiiulschriften des Schwal)eiispiegels. «5 deren Quellen gearbeitet. Ich nahm nun an, der dritte Theil sei später entstanden, als die beiden ersten; weiter es sei auch für die Textentwickelung des dritten Theiles die Richtung auf Verkürzung gegangen. Daraus ergahen sich (vergl. Sitzungsber. 23, 264) vier Hauptentwickelungsstufen : 1. Theil 1. 2. vollständig. II. „ 1. 2. verkürzt. III. „ 1. 2. verkürzt; Theil 3. vollständig. IV. „ 1. 2. verkürzt; Theil 3. verkürzt. Die weiter von mir aufgestellten Nebenformen glaube ich hier nicht weiter berücksichtigen zu dürfen; ist die Stellung der Hauptformen anerkannt, so wird ihre Einreihung kaum erhehlichen Schwierigkeiten unterliegen, wenn auch die von mir versuchte sich nicht überall erprohen sollte, da bei manchen Gruppen die Ent- scheidungsmomente noch zu wenig zu übersehen sind. Laband nun erklärt sich gegen die Annahme einer spätem Ent- stehung des dritten Theiles, wodurch der Sclieidungsgrund für II. und III. entfällt; er bestreitet ferner, dass die Verkürzungen regel- mässig fortschreitend zugenommen haber), womit auch die Schei- dung zwischen III. und IV. unhaltbar wird (S. 34). Ist das richtig, so fällt allerdings meine Classification im wesentlichen; meine vier Haupt- stufen sind auf zwei zurückzuführen: I. Die Freiburger Handschrift, II. die verkürzten Formen, welchen Laband dann noch zufügt: III. die verkürzten, später aher mit neuen Zusätzen wieder ver- mehrten Formen (S. 3o), welche ich als spätere Entwickelung der vierten llauptstufe einordnete. Es fehlt dann für die ganze Masse der von mir als II. III. IV. geschiedenen Handschriften jedes Anzeichen grösserer Ursprünglichkeit, welches aus dem äussern Umfange her- genommen wäre; alles erscheint noch als ein buntes Gemisch sehr zahlreicher, nach den mannigfai'hsten Richtungen sich nähernder und wieder von einander entfernender Handschriften (S. 35), deren Entwirrung um! Gruppirung erst mit der Zeit von einer genaueren Untersuchung der Textgestaltung innerhalb der einzelnen Capite! zu erwarten ist, bezüglich deren der Verfasser zugibt, dass sie uns his jetzt noch ein völlig unentwirrbares Labyrinth darstellt (S. G7). 26 Dr. J. Ficker Damit würde also nicht allein meine Classification fallen, sondern auch die Möglichkeit, auf der von mir in's Auge gefassten Grundlage überhaupt zu einer genaueren Gliederung zu gelangen, während das auf dem vom Verfasser angedeuteten Wege erst nach langen Vorarbeiten in Aussicht stehen würde, [st diese Aussicht wenig tröstlich, so werden wir uns, wenn auch ungern, doch darin fügen müssen, wenn anders die Behauptungen des Verfassers stichhaltig sind; aber es wird darin jedenfalls eine doppelte Aufforderung liegen müssen, diese Stichhaltigkeit zu prüfen. Und ist mir der Stoff in- zwischen fremder geworden, möchte ein Anderer hier vielleicht grössere Unbefangenheit des Urtheils in Anspruch nehmen können, so werde ich mich dieser Aufgabe doch kaum entziehen dürfen, zumal der Verfasser selbst mich in zuvorkommendster Weise darum ersuchte. Zunächst glaube ich nun mehr im Allgemeinen auf einen Umstand eingehen zu müssen, bezüglich dessen mir scheint, dass Laband ihm vielfach fast unwillkürlich grössern Eintluss auf die Bildung seiner Ansicht gestattete, als bei unbefangener Erwägung zu rechtfertigen sein dürfte. Er beschäftigte sich mit einer Gruppe von Handschriften, welche nach meiner Ansicht einer verhältnissmässig späten Entwicke- lungsstufe angehören würden, während doch diese Handschriften nicht allein durch ihr Alter einen hervorragenden Platz einnehmen, sondern seine Forschungen für sie auch durchweg auf besondere Güte des Textes hinwiesen; bei diesen Ergebnissen schien es ihm ungerecht- fertigt, die grössere Vollständigkeit des äussern Umfangs allein als massgebend für die Einreihung hinzustellen (S. 34). Dem gegenüber wird nun doch zu betonen sein, dass das Verhältniss zwischen der Entwicklungsstufe der Hand- schrift und dem Alter und der Güte derselben keineswegs ein entsprechendes sein müsse. Für jede Entwicklungsstufe werden wir eine Stamnihandschrift annehmen müssen, welche uns selbst in der Regel nicht erhalten sein wird, sondern nur auf ihr beruhende Hand- schriften. Darnach wird sich meine frühere Classification für die vier Hauptstufen in folgender Weise auflösen lassen: Zur Geiieiilojjie «lec ll;iii(iseliiirU'ii iIcs .Srliw;iliciis(>iegels. 27 ßesässen wir die Stammhandschriften I. — IV., so müssten bei diesen allerdings Alter und Entwiekehingsstufe in entsprechendem Verhältnisse stehen; ebenso auch Entwickelungsstufe und Güte der Textgestaltung, soweit diese durch deren Ursprünglichkeit bedingt ist, da wir anneiimen müssen, dass jede weitere Vervielfältigung auch grössere oder kleinere Verschlechterungen des Textes mit sich bringt, und also etwa die aus III. abgeleitete Handschrift IV. alle Corruptionen von III., soweit diese nicht etwa, wie auffallende Schreibfehler, auch ohne Vergleichung mit anderen Texten leicht zu eniendiren waren, enthalten muss und ausserdem noch eigenthUmliche Corruptionen, mögen diese auch noch so gering sein; einen bessern Text als III. könnte sie nur haben in Folge eines Zurückgreifens auf I. oder IL, um nach ihnen die Corruptionen von III. wieder zu tilgen , ein so ungewöhnliches Verfahren, dass es ausser Rechnimg bleiben muss, so weit es sich nicht etwa für einen vereinzelten Fall ganz bestimmt erweisen lässt. Für die aus jenen Stammhandschriften abgeleiteten Handschrif- ten F. bis L. ist nun aber ein gleiches Wechselverhältniss in keiner Weise von vornherein anzunehmen. Diese können durch eine Reihe uiibekannterGlieder mit ihrer Stammliandschriftzusanmienhängen, und es kann auf dem Wege von I. bis F. der Text viel mehr corrumpirt sein, als auf dem Wege von I. bis L. , so dass L. trotz seiner nach dem äussern Umfange bestinunten späteren Entwickelungsstufe die Güte in den Einzelheiten des Textes vor F. voraus hätte, während dieses sich den äussern Umfang der Stammhandschrift bewahrt haben kann. Eben so wenig würde es dem angenommenen Zusanunen- 28 '^'■- J- Ficker liange widersprechen, wenn zufällig U. und li. alter wären, als alle uns erhaltenen Handschriften älterer Stufen; es kann ja auch der zwischen I. und F. liegende Zeitraum grösser sein, als der zwischen I. und L. Und für beides dürfen wir uns nicht mit einer blos theore- tischen Versinnlichung begnügen; es trifft ja thatsächlich zu für Stufen, welche auch Laband als ältere anerkennt. Die Innsbrucker Handschrift L, welche allein die Vorstufe des Deutschspiegels vertritt, ist nicht allein jünger, sondern unzweifelhaft auch cüriuni- pirter als L. oder U.; ebenso scheint die einzige Handschrift F. der ersten Stufe jünger zu sein als L. und U., und wir haben noch keinerlei Bürgschaft, dass die Vergleichung im Allgemeinen einen bessern Text ergeben wird. Es fragt sich nun, ob es trotzdem möglich ist, nach Massgabe der uns vorliegenden Handschriften auf die Beschaffenheit und den verw^andtschaftlichen Zusammenhang der verlorenen Stammhandschrif- ten zurückzuschliessen. Bei einer Vergleichung der vorliegenden Handschriften werden sich Eigenthümlichkeiten der verschiedensten Art aufflnden und darnach Gruppen näher verwandter Handschriften aufstellen lassen, und zwar so, dass einmal jede Einzelgruppe eine charakteristische Eigenthümlichkeit zeigt, andererseits sich aber auch wieder umfassendere Gruppen daraus ergeben, dass mehrere Einzelgruppen anderen gegenüber durch eine Eigenthümlichkeit als näher verbunden erscheinen, wobei sich, je nachdem wir verschie- dene Merkmale in's Auge fassen, auch die Gruppirung verschieden gestalten wird. Den näheren Zusammenhang jeder engern und weitern Gruppe müssen wir uns aber durch eine Stammhandschrift vermittelt denken, in welcher die Eigenthümlichkeit, nach welcher die Gruppe bestimmt wurde, bereits vorhanden war. Der Zusammenhang der verschiedenen Stammhandschriften unter sich wird sich aber nur dann darnach bestimmen lassen, wenn sich genügende Anhaltspuncte für die Entscheidung der Frage bieten, ob die massgebende Eigen- thümlichkeit schon der Urschrift angehörte, oder nicht. Die Ge- sammtheit aller Gruppen haben wir uns durch die Stammhandschrilt 1. oder die Urschrift des Schwabenspiegels verbunden zu denken. Zeigt nun lediglich die Gruppe F. eine Eigenthümlichkeit (Vorhanden- sein gewisser Capitel) , welche keine andere Gruppe mit ihr theilt, während sich das Vorhandensein derselben Eigenthümlichkeit in I. erweisen lässt, so müssen alle anderen Gruppen durch eine Stamm- Zur Genealogie der Handschriften des Schwal)enspieg'els. Cv liiuidsflirift II. verbmideii sein, für welche ehen das Fehlen jener ursprüngliclien Eigenthümliciikeit cliarakteristisch ist, welche wir desshalb aber auch auf eine spätere Entwickelungsstufe zu stellen haben. Dasselbe Verfahren lässt sich nun so lange fortsetzen, als genügende Scheidungsgründe vorhanden sind. Es wird auch umge- kehrt von der Ausscheidung jüngster Stufen ausgehen können, wenn es in einer Gruppe eine Eigenthüinlichkeit nachweist, welche allen andern Gruppen fehlt und auch der Urschrift gefehlt haben muss; so z. B. das Vorhandensein eines vierten Theiles in der Kraft'schen Handschrift (vergl. Sitzungsber. 23, 249). Welcher Art die Eigenthümlichkeiten sind, welche wir zunächst in's Auge fassen, ist an und für sich gleichgiltig, wenn sie nur geeignet sind, eine sichere Entscheidung in der angedeuteten Rich- tung zu ermöglichen. Verkürzungen und Erweiterungen , so weit dieselben nicht regellos in einzelnen Handschriften auftreten, sondern eine Gruppirung ermöglichen, werden gewiss den am leichtesten zu übersehenden und sichersten Anhaltspunct bieten, sobald wir, wie hier, in der Lage sind, über den Umfang der Urschrift mit Sicher- heit urtheilen zu können. Als für eine frühere Entwickelungsstufe entscheidende Eigenthümlichkeit betrachten wir jedes Mehr einer IIai\dschrift, welches in der Urschrift in derselben Einordnung vor- handen war, so dass die Annahme eines späteren Wiederzufügens ausgeschlossen scheint; ebenso jedes dem Urtexte entsprechende Weniger, von dem sich nicht annehmen lässt, dass es auch auf einer späteren, nicht durch den Urtext bedingten Kürzung beruhen könne. Es würde unzweifelhaft auch möglich sein, von den Einzel- heiten der Textgestaltiuig auszugehen, nach ihnen die Entwickelungs- stufen zu bestimmen. Die blosse Güte der Handschrift, der Umstand, dass ihr Text häufiger mit dem Urtexte stimmt, als der anderer Handschriften, wird dafür nicht entscheidend sein dürfen, wie wir bereits ausführten. Der Text einer Gruppe wird nur dann auf eine frühere Entwickelungsstufe deuten, wenn er wiederholt an Stellen mit der Urschrift stimmt, wo alle anderen Gruppen nicht blos abweichen, sondern an den abweichenden Stellen auch unter sich übereinstimmen, also insgesammt auf eine Stammliandschrift zurück- gehen, welche die Abweichung schon enthielt, während sie der Stammhandschrilt jener ersten Gruppe noch fremd war. Aber es 30 r>'- J. Ficker wird nicht zweckmässig erscheinen können, für die vorläufige Grnppirnng von der Textgestaltiing auszngehen, wenn jenes andere Mittel zu Gebote steht. Nicht allein, dass die Untersuchung unend- lich mühsamer ist, Trugschlüsse viel näher liegen; nach dem jetzigen Stande der Vorarbeiten stehen uns auch für die Textgestaltung viel weniger Hilfsmittel zu Gebote, als für den Umfang, welcher uns, so weit es der nächste Zweck erheischt, von einer ziemlich bedeu- tenden Anzahl von Handschriften bekannt ist. Die genauere Unter- suchung der Einzelheiten des Textes wird mit viel grösserer Sicherheit geführt werden können, wenn die Eutwickelungsstufen im. allgemeinen anderweitig schon festgestellt sind. Sie wird dann allerdings zunächst auch die Aufgabe haben, dieRichtigkeit der ander- weitig aufgestellten Genealogie nach dem angedeuteten Gesichts- puncte zu prüfen; zeigen sich Widersprüche, so wird sie zu Versuchen auffordern müssen , den mulhmasslichen Zusammenhang so zu modiliciren, dass er mit beiden Entscheidungsmomenten ver- einbar ist. Es wird dann aber weiter die Textgestalt dazu dienen müssen, die Gliederung weiter fortzuführen, als jenes andere Moment das erlaubte. Dass der äussere Umfang an und für sich auch ohne Berück- sichtigung anderer Entscheidungsgründe genügen kann, eine rich- tige, wenn auch noch wenig gegliederte Genealogie aufzustellen, wird nicht zu bezweifeln sein; die Richtigkeit der von mir darnach aufgestellten wird von der Stichhaltigkeit der Entscheidungsgründe in der angegebenen Richtung abhängen. Der Entscheidungsgrund für die Aufstellung einer ei'sten Stufe, das Vorhandensein einer Reihe von Capiteln in ursprünglicher Ein- ordnung in F., welche in allen anderen Handschriften fehlen, ist nicht bestritten. Eine zweite Stufe bildete ich auf den Grund hin, dass in S. und den verwandten Handschriften der dritte Theil fehlt, welcher in anderen Handschriften vorhanden ist, und weil ich glaubte annehmen zu müssen, der dritte Theil habe auch der ersten Stufe oder der Urschrift des Schwabenspiegels gefehlt. Gegen diese Annahme er- klärte sich Lahand (S. 28 ff.) und veranlasste mich dadurch zu einer wiederholten Prüfung, in Folge deren ich auch jetzt noch glaube an ihr festhalten zu sollen. Zur Genealogie der Hiindschriffeu des Schwabenspief^els. d 1 Die U r s p r ü n g 1 i c h k e i t des dritten T h e i I e s ist nicht von mir zuerst verneint, sondern schon früher von Homeyer (Rechts- büeher 40, 41) auf Gründe hin, welche mir zu genügen schienen. Gerade desshalb legte ich weniger Gewicht darauf, die schon ander- weitig ausgesprochene Annahme mit grösserer Strenge zu begrün- den; es schien beim ersten Berühren des Umstandes (vergl. Sitzungs- berichte 23, 235) zu genügen, mich zunächst auf die schon von Homeyer geltend gemachten und einige andere nächstliegende Gründe zu stützen; erst im Fortgange meiner Untersuchung ergab sich noch ein wichtiger weiterer Grund. Ich wiederhole und ergänze nun die Beweisgründe, suche das gegen die Stichhaltigkeit der ein- zelnen Vorgebrachte zu entkräften und versuche es dann, die Gegengründe zu widerlegen. 1. Von den bekannten Handschriften schliessen sechs, Hom. n. 232, 321, 330, 352, dann 236, 576 das Landrecht schon mit Capitel 313, ohne sich äusserlich unvollständig zu zeigen, da ins- besondere in den vier erstgenannten noch das Lehenrecht folgt. Dass rein zufällig mindestens sechsmal an derselben Stelle abge- brochen wurde, ist schwer denkbar. Die Übereinstimmung lässt sich allerdings dadurch erklären, dass nur ein Schreiber an jenem Puncte abbrach und die von ihm gefertigte Handschrift nun Stammhand- schrift für eine Gruppe unvollständiger Handschriften wurde; eben so nahe liegt aber auch der Gedanke, dass das Werk ursprünglich nicht weiter gereicht habe. 2. Letztere Möglichkeit wäre nicht ausgeschlossen, wenn auch alle uns erhaltenen Handschriften der Gruppe zufällig sehr später Zeit angehörten. Aber wenigstens eine von ihnen, die Innsbrucker Handschrift S. (n. 352) gehört ihrem Alter nach zu den beachtens- werthesten Handschriften des Rechtsbuches überhaupt. Ich gab schon früher an, sie dürfte spätestens im Beginne des vierzehnten Jahrhunderts geschrieben sein (vergl. Sitzungsber. 23,238); seitdem äusserte mir einer der competentesten Kenner, Merkel (welchem ich vor wenigMonden unsere Handschriften der Rechtsbücher zeigen konnte, während mir der Abschluss dieser dem Kreise seiner Studien so nahetretenden Arbeit verbittert «urde, durch die Nachricht von dem harten Verluste, welchen die Wissenschaft durch seinen Tod erlitten hat), er würde die Handschrift noch in das dreizehnte Jahr- hundert setzen; das von mir gegebene Facsimile, welches bei mehr- 32 t»'"- ■!■ Fickei- niilliger Übertragung wenig gelungen ist, lasse den älteren Schrift- cliarakter weniger erkennen, als die Handschrift selbst. Das schliesst nun freilich die Möglichkeit nicht aus, dass Schreiberwillkür schon bald nach Entstehung des Rechtsbuches mit 313 abbrach. 3. Viel beachtenswerther ist der Umstand, dass das Abbrechen bei 313 genau einem wichtigen inneren Textabschnitte entspricht. Es endet hier die Verarbeitung des Deutschenspiegels; das Fol- gende beruht auf anderen Quellen , wie sogar im Werke selbst in Capitel 331 angedeutet ist. S. zeigt demnach ein Weniger gegen- über anderen Handschriften in genauem Anschlüsse an die aner- kannte Vorstufe des Ganzen; wollen wir das nicht als ursprüngliche Kürze fassen, so müsste sich wahrscheinlich machen lassen, dass diese genaue Übereinstimmung sich auch bei späterer Verkürzung hätte ergeben können. Hier ein blosses Spiel des Zufalls annehmen zu müssen, wäre gewiss bedenklich; auch Laband (S. 30) scheint dazu nicht geneigt, meint vielmehr, eben jener Abschnitt hätte für einige Abschreiber Veranlassung bieten können , hier einzuhalten. Aber jener innere Abschnitt tritt äusserlich gar nicht hervor; er ergibt sich erst aus einer Vergleiehung mit dem Sachsenspiegel oder Deutschenspiegel oder aus der Rücksichtnahme auf eine erst im weiteren Verlaufe des Werkes folgende Notiz; und auch diese Einsicht, wenn sie vorhanden war, legte es doch kaum nahe, nur das Weitere für überflüssig oder minder werthvoll zu halten und es fallen zu lassen. Ein derartiges Vorgehen, von mehreren selbststän- dig wiederholt, scheint mir nahezu undenkbar; es kann freilich genügen, wenn es nur einmal bei Fertigung der Stammhandschrift massgebend war; und so unwahrscheinlich mir auch das ist, so will ich wenigstens die Möglichkeit nicht bestreiten. Ungleich wahr- scheinlicher ist aber doch gewiss die Annahme, dass der Verfasser, der doch zunächst mit einer Umarbeitung des Deutschenspiegels beschäftigt war, sein Werk, sobald er diese Aufgabe gelöst hatte, in Umlauf setzte. 4. In einer der Handschriften dieser Gruppe, Hom. n. 330, haben sich Bestaiidtheile der Vorstufe, des Deutschenspiegels er- halten, nämlich die Vorrede und zwei Gedichte des Stricker, welche in allen bekannten Handschriften fehlen, ausser in der die erste Stufe repräsenlirenden Handschrift F., welche die Gedichte enthält und die V' orrede enthalten zu haben scheint (vergl. Sitzungsber. 23,249, Zur Genenlogif Jer Ilaiidschriften des Suhwabeiispit'g'i'ls. OO vergl. „der Sj)iegel deutscher Leute", Vüit. XII.). Ks handelt sich hier allerdings um Stücke, weiche mit dem Rechtsbuche nur in losem Zusammenhange steilen, welche mehrfach ganz selbstständig ausgeworfen sein könnten; ihr Fehlen würde nicht hindern, einer Handschrift die erste Stufe zuzusprechen, wie es nicht auffallen kann, wenn sie auch den anderen Handschriften der Gruppe S. fehlen; auch in n. 330 sind die Gedichte bereits aus dem Text gerückt. Das Vorhandensein in einer nicht der Stufe I. angehören- den Handschrift muss aber doch darauf schliessen lassen, dass sie in einer Stammhandschrift II. noch vorhanden waren, dann erst aus- gelassen wurden und zwar von verschiedenen Abschreibern unab- hängig von einander, wie sich aus der Unsicherheit des Textes an der Stelle, wo eines der Gedichte ausgelassen wurde, zu ergeben scheint (vergl. Sitzungsber. 23, 166). Jedenfalls wird das Vorhanden- sein erweislich ursprünglicher ßestandtheile, welche allen anderen Handschriften fehlen, für die Wahrscheinlichkeit der früheren Ab- zweigung der Gruppe, welcher die Handschrift angehört, sprechen müssen. 5. Dieselbe Handschrift ist die einzige, welche das Könige- buch unvollständig und zwar genau mit dem Deutschenspiegel ab- brechend gibt; dasselbe kann in der im Anfange defecten Hand- schrift F. der ersten Stufe der Fall gewesen sein, in allen anderen Handschriften erscheint das Königebuch vervollständigt. Auch daraus lässt sich schliessen, dass es auf einer Stufe II. vollständig noch nicht vorhanden war, erst auf einer weiteren Stufe vervollständigt wurde, demnach jene ursprüngliche Unvollständigkeit ebenfalls für frühere Abzweigung der Gruppe S. spricht. 6. Weist uns manches auf eine Abzweigung der Gruppe S. auf der Stufe II. hin, so darf dem nach unserer früheren Ausführung die Textgestaltung im einzelnen nicht widersprechen. Bei der Richtig- keit unserer Annahme müssten zunächst alle Handschriften der Gruppe auch in ihrer Textgestallung ein gemeinsames, sie von den anderen Gruppen unterscheidendes Element zeigen. Das lässt sich hier nicht prüfen, da mir nur der einzige Text S. zur Hand, über keinen anderen Näheres bekannt ist. Aber auch S. allein, ohnehin das beachtenswertheste Glied der Gruppe, kann genügende Anhalts- puncte geben zur Beurtheilung des Verhältnisses zu andern Gruppen, Soll die von mir angenonunene Genealogie richtig sein, so muss Sit/.b. d. |.liil.-Uisl. CI. XXXIX. liJ. I. IIR. 3 34 D'- •'• Kicker sich zunächst zeigen, dass S. in seinem Texte Eigenthünilichkeiten zeigt, welche es mit ivciner iiUer (ihrigen Gruppen, welche wir durch III. verbunden denken, theilt. Dass das überaus häufig der Fall ist, ergibt sich schon aus dem, was ich früher über S. mit- theilte. Dass biebei S. immer den ursprünglichen Text bewahrt hat, ist nach den früheren Ausführungen nicht nöthig. Die in S. zahlreich vorhandenen Abweichungen von allen durch III. verbundenen Grup- pen sind vielmehr auf einen doppelten Ursprung zurückzuführen. Die einen sind zugleich Abweichungen von II., entstanden auf dem Wege von II. bis S.; hier können überall die Handschriften III. den ursprünglicheren Text bewahrt haben. Und S. zeigt unzweifelhaft sehr viele solcher Stellen, hat oft bedeutendere Abweichungen vom Urtexte, als sie die gewöhnliche gedankenlose Vervielfältigung der Handschrift mit sich zu bringen pflegt; bei der Vergleichung gewann ich oft den Eindruck, als sei hier die Hand eines nachdenkenden Abschreibers thätig gewesen, welcher seine Vorlage in vielen Ein- zelnheiten glücklich oder auch entschieden unglücklich zu bessern und zu ergänzen bemüht war. Diese Abweichungen sprechen weder für noch gegen die angenomnjene Stellung von S. ; sie brauchen nicht einmal Eigenthündichkeiten der Gruppe zu sein; andere Hand- schriften der Gruppe dürften sich vielleicht viel weniger abwei- chend darstellen. Soll aber die angenommene Stellung richtig sein, so muss sich unter den Abweichungen von S. auch ein weiterer Be- standtheil ergeben, in welchem nur S. mit dem Urtexte stimmt, während alle durch III. verbundenen Handschriften abweichen; denn wir müssen natürlich annehmen, dass sich auch auf dem Wege von II. bis III. manches Ursprüngliche verwischte, was auf dem Wege von II. bis S. erhalten blieb. Ich habe nun bereits in meinen früheren Mittheilungen darauf hingewiesen, dass S. eine Reihe von Lesarten mit dem Deutschenspiegel theilt, welche sich in anderen bekannten Texten nicht erhalten haben, und einige bezügliche Textproben gegeben. Gewöhnlich handelt es sieh dabei nur um einzelne Worte: so etwa, wenn S. mit Deutschenspiegel 74 munster schreibt, während L. 82 und alle zu W. 67 verglichenen Texte von der kirchen reden. Ich hebe noch eine Stelle aus, welche auch Laband (S. 50) zum Belege der Güte von U. aus diesem mittbeilt; der Schluss von L. 2 heisst in S. : Den sibenden herschilt hevet ein igelich man der niht uigen ist. und (der ein) e chinf ist. lehenreht f/eif wem niht Zur Genealogie der Handschriften des Sciiwabenspieg'els. 35 die vri. vor dem siebendem her schilt sint. swenne aber ez der herre der einem lihet. (der des siheudeu herschiltes niht enhat.) der hat als gut reht dar an. als der in dem sechsten herschilt vert. Im Vorhandensein des in einigen Texten fehlenden, aber durch den Deutschenspiegel als ursprünglich erwiesenen Satzes stimmt S. mit U. und anderen Handschriften. Das Eingeklammerte scheinen willkürliche Erweiterungen in S, zu sein. In vert weicht S. mit U, und den anderen Handschriften vom Deutschenspiegel ah; in vri vor stimmt es nur mit U. Aber nur mit dem Deutschenspiegel stimmt es nicht allein in dem Wörtchen sint, sondern insbesondere darin, dass es mit jenem Satze schliesst, wäbrend in allen anderen Handschriften noch etwas folgt (vergl. W. 5. n. 25). Und auch da, wo der Deutschenspiegel eine Prüfung nicht gestattet, seheint sich hie und da nur für S. der ursprüngliche Text zu ergeben; ich erinnere insbesondere an die beachtenswerthe Stelle über das Reichsvicariat im Lehenrechte (vergl. Sitzungsber. 23, 241). Auch ergibt sich oft nähere Verwandtschaft mit dem Texte der alten Drucke, welcher mit der ersten Stufe näher zusammenzuhängen scheint; doch würde nach dieser Seite hin ein Erfolg der Unter- suchung nur dann zu erwarten sein, wenn uns über den Text von F. Näheres bekannt wäre. So weit demnach das mangelhafte Material eine Prüfung gestattet, dürfte auch die Textgestaltung für ein frühes Abzweigen dieser Gruppe sprechen. 7. Die Annahme, dass der dritte Theil später hinzugefügt sei, würde die Erscheinung weniger auffallend machen, dass sich im dritten Theile ungleich bedeutendere Schwankungen des Textes zeigen, als in den früheren, dass insbesondere die Handschrift Z. eine Reihe späterer Capitel genau an den Beginn des dritten Theiles versetzt (vergl. Sitzungsber. 23, 236). 8. Die bisher aufgeführten Gründe müssen es gewiss im höch- sten Grade wahrscheinlich machen, dass einer älteren Form des Schwabenspiegels der dritte Theil noch fehlte. Ganz entscheidend scheint mir aber ein Grund zu sein, auf welchem ich allerdings schon früher hinwies (vergl. Sitzungsber. 23, 257), aber getrennt von den anderen Gründen, wie es der Gang meiner Darlegung mit sich brachte, wesshalb Laband ihn wohl nicht näher beachtete. Wir setzen F. auf die erste Stufe, weil es in den ersten Theilen eine Reihe vonCapiteln zeigt, welche in den anderen Haiids('!irif(en fehlen. 36 D'- J FiLker ^ obwohl sie nach Inhalt und Einordnung durch Sachsenspiegel und Deutschspiegel als ursprünglich erwiesen werden. Von diesen Capiteln finden wir nun aber eilf auch im dritten Theiie, was doch geradezu unerklärlich erscheinen müsste, wenn dieser ursprünglich wäre; der Verfasser hätte sich selbst in ein und demselben Werke abgeschrie- ben, ohne dass sich eine Veranlassung nachweisen Hesse. Veranlas- sung, sie in einen dritten Theil aufzunehmen, war erst dann geboten, nachdem sie in den ersten Theilen ausgefallen waren; dann aber niuss der dritte Theil einer späteren Entwickelungsstufe angehören. Dieser Grund würde mir nur etwa dann als nicht entscheidend erscheinen, wenn sich die Annahme begründen liesse, diese Capitel hätten dem dritten Theiie ursprünglich gefehlt, seien ihm erst später Avieder zugefügt; aber dagegen spricht nicht allein, dass der dritte Theil ohne einer Anzahl dieser Capitel gar nicht nachweisbar ist, son- dern insbesondere auch, dass die Handschrift F., in welcher wir zunächst einen solchen ursprünglicheren Text vermuthen dürften, auch einen Theil dieser Capitel hat, welche hier also in ein und derselben Hand- schriftdoppeltvorkommen. Finden wir nun wirklich eine Gruppe Hand- schriften, welchen der dritte Theil fehlt, so werden wir doch gewiss nicht anstehen dürfen, das als grössere Ursprünglichkeit zu fassen. Dieser Grund erscheint mir in Verbindung mit den früher besprochenen Anhaltspuncten so entscheidend, dass wohl nur Gegen- gründe, welche die Ursprünglichkeit des dritten Theiles unwider- leglich erweisen, uns bestimmen dürften, nach einer andern Erklä- rung jener Umstände zu suchen. Was nun Laband für die Ursprünglichkeit geltend macht, ist allerdings sehr beachtenswerth; aber unter seinen Gegengründen scheint mir keiner zu sein, welcher sich nicht entkräften liesse. Ich gehe sie durch, mit den minder wichtigen beginnend: 1. Fühlt meine Ansicht nothwendig zu der Annahme, dass in den einzelnen Handschriften die verschiedenen Theiie nicht immer auf entsprechender Entwickelungsstufe stehen, dass neben einem mehr ursprünglichen ersten und zweiten Theiie ein weniger ursprünglicher dritter Theil vorkommen kann und umgekehrt (Laband 28), so ist das wohl ein die Forschung erschwerendes Moment, wird aber doch nach der ganzen Sachlage nicht auffallen können. Kam das Werk mit dem Schlüsse 313 in Umlauf, wurde dann erst der dritte Theil hinzugefügt, so hg es sehr nahe, einzelne Zur fif'iiealogie der IIiiiKlscIirincii des Schwabeiispiegels. ol ältere Handseliriften später durch den dritten Tlieil zu vervollstän- digen, wobei natürlich die Entwickelungsstufe der verbundenen Texte sehr verschieden sein konnte. In dem Wunsche, das Werk vollständig zu haben, werden wir auch den Grund suchen müssen, wesshalb uns so wenige Handschriften der ersten Stufen erhalten sind; man wird in der Regel nur noch die vollständigen Hand- schriften vervielfältigt haben, 2. Auf das Bedenkliche, die datirte Handschrift L. vom Jahre 12S7 bereits auf eine vierte Entwickelungsstufe setzen zu müssen, wies ich seihst früher hin; aber mit Nothwendigkeit lässt das vielleicht nur einer Vorlage entnommene Datum nur auf ein Vorhandensein der Stufe H im Jahre 1287 schliessen (vergl. Sitzungsber. 23, 260). Ist aber weiter, wie ich denke und worauf insbesondere auch die noch spätere Stufe der Handschrift K. hinzu- weisen scheint (vergl. Sitzungsber. 23, 248), die ganze Entwicke- lung zu Augsburg, so zu sagen in ein und derselben Werkstätte vor sich gegangen, so können die Stufen sehr schnell gefolgt sein. Das Werk sollte oftenbar einem lange gefühlten Bedürfnisse abhelfen; der Verfasser oder die Verfasser werden sogleich auf Vervielfälti- gung bedacht gewesen sein , vielleicht selbst wieder andere Aus- gaben gemacht haben; es erscheint dann ganz erklärlich, wenn die Stufen nur durch kleine Zeiträume getrennt sind; ich würde mir unter dieser Annahme die ganze Entwickelung der vier Hauptstufen recht wohl auch auf ein Jahrzehent zusammengedrängt denken können. 3. Wichtiger ist die vom Gegner geltend gemachte Einheit des Styles im ganzen Werke, wohin insbesondere auch gehiu't, dass die Verwandtschaft mit Bertold von Regensburg sich nicht lediglich in den ersten , sondern auch im dritten Theile zeigt (Laband 33, 31). Laband (S. 7) hält nun überhaupt Bertold für den Verfasser des ganzen Schwabenspiegels und der von ihm hervorgehobene Umstand, dass die Verwandtschaft des Rechts buches mit seinen Pre- digten sich nicht auf wörtliches Abschreiben einzelner Stellen beschränke, sondern der Verfasser sich so sehr in die Gedanken und die Redeweise Bertold's eingelebt haben müsse , dass sie ihm fast unwillkürlich in die Feder kamen , ist gewiss sehr beachtens- werlh. Starb aber Bertold bereits 1272, während gewichtige 38 0'- J- Ficker ( Gründe es zu verbieten scheinen, die Entstehunoj oder doch Voll- endung des Schwabenspiegels soweit zurückzurücken, so wird sich doch die Frage anfwerfen müssen, ob sich jener Umstand nicht anderweitig erklären lässt. Dass die ganzen Sätze, welche wörtlich oder nahezu wörilich mit den Predigten stimmen, aus diesen von einem Andern abgeschrieben sein können, wird nicht bestritten und dieses Verhältniss dürfte doch eher gegen die Autorschaft Bertold's sprechen; es müsste auffallen, dass ein so gewandter Mann sich selbst so oft wörtlich ausgeschrieben, dass er in solchen Fällen nicht die ihm ohnehin geläufigen Gedanken ohne Zuziehung seiner Pre- digten und dann nothwendig in abweichenderer Form wiederholt haben sollte. Gewichtiger sind jedenfalls die Stellen, wo dem Ver- fasser die Ausdrucksweise Bertold's unwillkürlich in die Feder gekommen zu sein scheint. In unseren Tagen, wo sich die Schreib- weise des Einzelnen nach Hunderten verschiedener in der Mutter- sprache geschriebener Werke gestaltet, würde so etwas sehr auf- fallen, obwohl doch auch jetzt ein vorzugsweise gelesener Schrift- steller in dieser Piichtung sehr bestimmend einwirken kann. Was aber lag damals dem Verfasser, welcher in oberdeutscher Prosa schreiben sollte, vor, um seinen Styl zu bilden? Er kannte einen Tractat David's von Augsburg und entnahm diesem eine Stelle der Vorrede, ohne dass bisher auf sonstigen näheren Zusammenhang 1 hingewiesen wäre. Kann es irgend gewagt sein, anzunehmen, dass Bertold's Predigten vielleicht das einzige waren, was der Verfasser zur Hand hatte, um durch Studium desselben GeAvandtheit im Schrei- ben der Muttersprache zu erlangen? Und kann es dann befremden, wenn ihm Gedanken und Wendungen desselben häufig in die Feder kamen? Bei Erwägung des damaligen Bestandes der prosaischen oberdeutschen Literatur scheint mir dieser Gesichtspunct die Ver- wandtschaft genügend zu erklären, ohne dass wir Bertold selbst für den Verfasser halten. Damit will ich nicht gerade leugnen, dass Bertold, welcher gewöhnlich zu Augsburg lebte, in seinen Predigten ungewöhnliche Kenntniss rechtlicher Verhältnisse zeigt, den Deutsch- spiegel kannte, selbst im Schwabenspiegel ausgeschrieben wurde, der Entstehung des letzteren ganz fremd gewesen sei; diese war im Deutschspiegel schon vorbereitet, die Arbeit mag schon vor Bertold's Tode weiter gediehen, wenn auch nicht abgeschlossen gewesen sein, Bertold mag die Vorarbeiten wesentlich gefördert haben; alles da'^ Zur Geiiealogic der Handschriften des Schwabenspiegels. ou würde aber nur dazu dienen können, jenen Umstand auch bei Annahme eines andern Verfassers weniger auffallend erscheinen zu lassen. Ganz Ähnliches würde sieh nun auch geltend machen lassen zur Erklärung der Übereinstimmung in Styl und Ausdrueksweise zwischen dem ersten und dritten Theile, falls wir für diesen einen andern Verfasser annehmen müssten; es wäre gewiss nichts natür- licher, als dass er sich ganz in die Ausdrucksweise des Werkes, dessen Fortsetzung er unternahm, eiiigelesen hätte. Aber wir können von allem Gesagten absehen, können die Ein- heit des Verfassers für das ganze Vi^erk vollkommen zugeben, welche auch mir keineswegs unwahrscheinlich ist, können selbst, wenn nicht Anderes dagegen spräche, Bertold für den Verfasser des Ganzen halten, ohne dass dadurch die Ursprünglichkeit des dritten Theiles in dem Sinne, wie er für die Genealogie der Handschriften geltend sein muss, irgendwie erwiesen wird. Worauf es dafür ankömmt, ist nur die Beantwortung der Frage, ob der Schwuben- spiegel, als er bis zu dem Hauptabschnitte bei 313 vollendet war, schon in Umlauf kam, ob demnach die hier schliessenden Hand- schriften als früher abgezweigt zu betrachten sind. Es ist damit keineswegs ausgeschlossen, dass derselbe Verfasser nun auch den dritten Theil noch hinzufügte. 4. Am gewichtigsten nmss unzweifelhaft der Gegengrund erscheinen, dass sich im ersten Theile dreimal Verweisungen auf etwas finden, welches erst im dritten Theile folgt (Laband 32. 33). Ich gestehe, dass mir das vor näherer Vergleicluing bedeutende Zweifel an der Richtigkeit meiner Behauptung erweckte; um so bestimmter glaube ich jetzt auch diesen Gegengrund entkrälten zu können. Liesse sich vielleicht gegen die Nothwendigkoit der Beziehung gerade auf die bezeichneten Stellen des dritten Theiies noch ein oder anderes Bedenken erheben, so sehe ich davon ab und nehme an, die Beziehungen seien zweifellos. Eine Angabe des Verfassers, dass er auf einen Gegenstand später zurückkommen w^rde, dürfte sich unter folgenden Voraussetzungen entstanden denken lassen : — 1. Der Verfasser hat nur im Allgemeinen die Absicht, auf etwas zurückzukommen; wo, mag noch ganz ungewiss sein; die Absicht wird auch vielleicht gar nicht ausgeführt. — 2. Er hat bereits den 40 Dr. ^. Ficker ^^ Plan des Ganzen entworfen, weiss schon genauer die Stelle, wo er darauf zurückkommen wird. — 3. Er hat die späteren Theile, auf welche er sich bezieht, bereits ausgearbeitet, wird vielleicht dadurch erst daran erinnert, dass er Ähnliches schon früher besprach und sieht sich dadurch vor dem Abschlüsse des Ganzen veranlasst, im früheren Theile die Verweisung hinzuzufügen. Nur beim Zutreffen des dritten Falles wäre durch jene Bezie- hungen die Ursprünglicbkeit des dritten Theiles, wie wir sie hier zu fassen haben, erwiesen; dass derselbe aber gerade hier zutreffen muss, dürfte sich schwer begründen lassen; und bleiben die ersten Fälle auch nur möglich, so würde diese Möglichkeit genügen können, um dem Gegengrund entscheidende Beweiskraft gegenüber den so gewichtigen gegen die Ursprünglichkeit vorgebrachten Gründen absprechen zu dürfen. Bei dieser allgemeinen Erwägung dürfen wir uns aber hier nicht einmal beruhigen. Ein glücklicher Zufall ermöglicht es nämlich von zweien jener Citate zu erweisen, dass wohl nur der erste Fall, sicher nicht der dritte bei ihnen zutreffen kann. Laband selbst (S. 32) sagt von dem ersten jener Citate, dass es, „wie natürlich", im Deutschspiegel 41 fehle , scheint also ausdrücklich anzuer- kennen, dass die Beweiskraft fortfallen würde, wenn es auch in dem des dritten Theiles ganz entbehrenden Deutschspiegel vorkäme. Um so auffallender ist es, wenn er (wie ich mir Ähnliches einmal in der frühern Arbeit zu Schulden kommen liess; vergl. Lab. 14. n. 1) übersah, dass die beiden andern Citate, L. 47 und 32, sich nicht blos im Schwabenspiegel, sondern in genauester Übereinstimmung auch im Deutschspiegel finden, nämlich Deutschspiegel 45: als wir u-oJil gesagen hernahe, und Deutschspiegel 32 : die u'ir her- nahe wohl gesagen. Beim V^erfasser des Deutschspiegels deutet nun gCAviss nichts daraufhin, dass er auch nur die Absicht hatte, den Rahmen des Sachsenspiegels in der Weise zu übersehreiten, wie das im dritten Theile des Schwabenspiegels geschehen ist, wenn er jenem Rahmen auch noch so viel Selbstständiges einzufügen ge- dachte; hatte er überhaupt einen genaueren Plan entworfen, so ent- sprach derselbe schwerlich dem im vollständigen Schwabenspiegel durchgeführten; und hätte er ihm auch entsprochen, so würde sich doch immer höchstens der zweite Fall ergeben; der dritte Theil war jedenfalls nicht vorbanden, als jene Beziehungen geschrieben wurden. Zur Genealogie der llniidsclii-iften des Sehwaheiispieg'els. 4 1 Darnach wird es nun doch gewiss nicht mehr das mindeste Bedenken erregen können, weim wir annehmen, dass auch das auf den Verf;isser des Schwai)enspiegels zurückzuführende Citat W. 38 ilaz sagen wir uch baz hernoch von der e geschrieben wurde, ohne dass L. 377 II: „von der Ehe" schon vor Augen lag. Bedenken gegen die Ursprünglichkeit dieses Capitels, welches in den meisten Handschriften fehlt, möchte ich allerdings jetzt nicht mehr geltend machen, nachdem das Ansehen der Handschrift U. und andere Gründe dafür bürgen und ein frühes und mehrfach selbstständiges erfolgen- des Auslassen gerade hier sehr glaublich erscheinen muss; es ist das ein auch für die weiteren Untersuchungen über die Genealogie der Handschriften beachtenswerthes Ergebniss der Forschungen La- band's (vergl. S. 31, 4J), 46). Wollten wir aber selbst annehmen, es sei dem Verfasser des Schwabenspiegels sogar schon der Wortlaut dieses Capitels genau bekannt gewesen, als er jene Verweisung auf dasselbe schrieb, so würde das gerade bei diesem Capitel am wenig- sten dafür bürgen können, dass auch der dritte Theil selbst schon vorhanden war; fast vollständig den Predigten Bertold's entlehnf, war es seinem Bestände nach früher vorhanden, als der Schwaben- spiegel überhaupt; es durfte nur die Absicht bestehen, diese, viel- leicht schon bei den Vorarbeiten ausgehobenen Stellen Bertold's später zu verwerthen, um jene Verweisung selbst dann ohne Vor- handensein des dritten Theils zu erklären , wenn wir, was nur an und für sich nicht geboten scheint, annehmen wollen, dieselbe hätte nur unter Kenntniss des genaueren Inhalts des angezogenen Capitels erfolgen können. Ich glaube damit genügend erwiesen zu haben, dass Fehlen und Vorhandensein des dritten Theiles uns vollkommen berechtigen, dar- nach eine zweite und dritte Enlwickelungsstufe des Kechtsbuches zu scheiden. Ich habe rmn weiter eine dritte und vierte Hauptstufe geschie- den nach der ursprünglichen Gestalt des dritten Theils. Ich wies nämlich nach, dass in diesem manchen Handschriften eine grössere Zahl von Capiteln fehlt, welche da, wo sie säuHutlich oder theilweise vorhanden sind, immer in derselben Stellung erschei- nen und zwar in einer Stellung, welche sich fijr eine Reihe dieser Capitel als durcli die früheren Entwickelungsstufen bestimmt bedingt ergibt; dass sich demnach die gröss!en Unwahrscheinlichkeilcn 42 I^'- •'• F ick er ^ ergeben niüssten, wollten wir hier Erweiterung der volleren, nicht Verkürzung der weniger umfangreichen Formen annehmen (vergl. Sitzungsher. 23, 257). Laband scheint auch meine Beweisführung für den nächsten Zweck nicht für unrichtig zu halten, versucht es wenigstens nicht, sie zu widerlegen, zeigt nur im Allgemeinen eine Abneigung, die Verkürzungen als regelmässig fortschreitende zu betrachten und darnach ohne Rücksicht auf die Güte des Textes zu classificiren (S. 34). Ich darf mich nun wohl um so mehr begnügen, hier auf meine frühere Beweisführung und auf das oben über die Kriterien der Classification im Allgemeinen Gesagte zurückzuweisen, als eben die Untersuchungen von Laband es nun ermöglichen, jenem ersten einen enlspiechenden zweiten Entscheidungsgrund zur Seite zu stellen, bei dem die Stichhaltigkeit viel autTallender her- vortritt. Die ursprüngliche Gestalt des Lehnrechts konnte ich beim Mangel genügender Hilfsmittel für die Classification kaum ver- werthen; ich konnte die aus dem Landrecht gewonnene Eintheilung nur einigermassen dadurch stützen, dass die Handschrift E. der Gruppe in. a allen anderen Handschriften gegenüber ein Mehr zeigt, welches sich bestimmt als ursprünglich erweisen lässt (vergl. Sitzungsb. 23, 268). Die Verkürzungen einzelner Handschriften konnten als regellose betrachtet werden; insbesondere schien nichts auf eine dem dritten Theile des Landrecht ^ entsprechende regelmässig fort- schreitende Verkürzung in der Richtung von Hl. nach IV. zu deuten, da L. , die Norm für IV., in dem erhaltenen Theile bis 93 kein Minder anderen Handschriflen gegenüber zeigte. Das stellt sich nun anders, nachdem Laband überzeugend die enge Verwandtschaft von U. und L. dargethan hat, darnach auch U. als Norm dienen kann, und zugleich durch die Übereinstimmung mit dem gleichfalls nächst- verwandlen T. (Telbanger'sche Handschrift) Bürgschaft geboten ist, dass wir es mit keiner Eigenthümlichkeit der Handschrift U., sondern der ganzen Gruppe zu thun haben. Weitere Bürgschaft könnte dafür noch der gleichfalls nächstverwandte französische Text bieten, dessen Lehnrecht mir nicht zur Hand ist. Bezeichnen wir die nur in der Handschrift E. vorkonunenden, bei Lassberg als Laiidrecht 377 III, IV. gedruckten Capitel nach Massgabe ihrer Einreihung in E. mit 131 b,c, so fehlen in der Handschrift T. zwölf Abschnitte, welche unter Angabe der ihnen entsprechenden Stücke des Sachsenspiegels Zur Genealogie der Handschriften des Seliwabenspiegels. 4«> in den Handschriften E., Z., A. (Ambras), B. (Berger), F. (Frey- berg) unil U. in folgender Zahl vorkommen: Sachs. Lehenr. 68. §. 3. Schwab. Lehenr. 12i. E. Z. A. „ 69. §. 2. „ „ 128«. E. Z. A. B. F. „ 69. §.12. „ „ 1316. E. „ 70. „ „ 131c. E. „ 71. §. 1. . „ 132«. E.Z. „ 71. §.21. „ „ 143 6. E. Z. A. „ 71. §.21. „ „ 144«. E.Z.A. „ 71. §.22. „ „ 144 6. E.Z.A. B. F. U. „ 79. „ „ 155. E.Z.A. „ 80. „ „156. E. Z. „ 80. „ „ 157. E.Z. „ „ — „ „ 158. E. Z. Hier kann, wie auch Laband (8.71) zugibt, über die Ursprüng- lichkeit der ausgefalleneu Capitel gar kein Zweifel bestehen, da sie nicht allein auf Sachsenspiegel und Deutschspiegel beruhen, sondern überall genau an der dadurch vorgezeichneten Stelle vorkommen; die Verkürzung muss demnach eine regelmässig fortschreitende gewesen sein; wo sich eine grössere Zahl der Capitel findet, kann die Handschrift nicht auf einer Stammhandschrift beruhen, welcher diese Capitel schon fehlten ; in der von uns angenommenen Stamm- handschrift III. müssen alle vorhanden gewesen sein. Wollen wir von den geringeren Abweichungen, welche möglicher Weise auch zu- fällig in einzelnen Handschriften erfolgen konnten, absehen, so würde der verwandtschaftliche Zusammenhang in folgender Weise zu denken sein: III. a pTvfT ErFTuTTr Dieses Resultat stimmt wesentlich mit demjenigen überein, welches sich für den dritten Theil des Landrechtes ergab (vergl. Sitzungsber. 23, 258); dieser und das Lehenrecht scheinen dem- nach in den bezüglichen Handschriften auf entsprechender Knt- wickelungsstufe zu stehen; um zu entsclieiden, ob wir das über- haupt als das massgebende Verhältniss betrachten dürfen, wäre es 44 R'"- •'• Fifk«"'" ' freilich nöthig, den Umfang des Lehenrechtes in einer grösseren Anzahl von Handschriften genauer zu kennen. Die Untersuchungen von Laband (S. 72) ergeben nun aller- dings, dass in Z. innerhalb der einzelnen Capitel des Lehenrechts sich manches Mehr findet, welches als Erweiterung des Urtextes zu erweisen ist, während U. die kürzere ursprünglicheFassung bewahrte. Ichstimme diesem Ergebnisse vollkommen bei, glaube aber doch nochmals darauf hinweisen zu sollen, dass das nicht gegen den angenommenen Zusammenhang sprechen kann. Da Z. nicht gleich in. a zu setzen ist, kann es die mannigfachsten Abweichungen vom Urtexte enthalten, ohne dass auch III. a dieselben enthalten mnsste; nur das in allen abgeleiteten Handschriften Übereinstimmende, weiter das in jeder dieser Handschriften mit dem Urtexte Stimmende wird uns den Massstab für HI. « geben dürfen. Dagegen ist bei Vergleiehung mit dem Urtexte jeder Zusammenhang ausgeschlossen, welcher E. Z. und A. erst aus IV. ableiten würde, eine Form, welche dadurch bestimmt ist, dass ihr eine Reihe von Capiteln des Urtextes fehlt, welche in jenen Handschriften in ursprünglicher Einordnung vorkommen. Es ist nun aber wohl zu beachten, dass der Entscheidungs- grund für die Ableitung von IV. aus HI. nur den dritten Theil und das Lehenrecht trift't. Und für die ganzen Handschriften U. und L. muss das entscheidend sein; sie können erst geschrieben worden sein, als die Kürzung, welche III. und IV. scheidet, schon vorgenommen war. Wir wiesen aber schon früher auf die Möglichkeit einer Ver- bindung verschieden entwickelter Theile in einer Handschrift hin; es liegt, sobald nur anerkannt wird, dass der dritte Theil nicht ursprünglich ist, der Annahme nichts im Wege, dass die Form IV. dadurch entstand , dass man einer sehr guten Handschrift der Form II., welche nur die beiden ersten Theile ent- hielt, den dritten Theil aus einer schon verkürzten Handschrift der Form Ilf. zufügte. Und dass das wirklich der Fall war, ist mir wenigstens sehr wahrscheinlich. Dagegen scheint zu sprechen, dass in der Gruppe U. L. auch das Lehenrecht nur der Stufe IV. angehören kann, während es doch auf der Stufe II. schon vorhanden gewesen zu sein scheint (vergl. Sitzungsber. 23, lüi). Aber Anschluss des Lehnrechtes an das Landrecht ist in den Handschriften nur die Regel, welche häufige Aus- Zur tieiu'alKgie der lliiiulschrifteii des Schwitbeiispie^els. 4«) intlimen nicht ansschliesst; von 198 Handschriften des Landi-echtes liaben 31 das Leiinrecht nicht, in 3 geht das Lehnrecht dem Laiidrechte voran und von 178 Handschriften des Lehnrechtes haben 11 das Landrecht nicht; insbesonders fehlt das Lehnreclit aucli in 2 von den 6 Handschriften der Gruppe S., welche uns fiir II. die Norm gab (vergl. Homeyer, Rechtsbücher 172, SO). So hätte immerhin auch der Handschrift, weiche die Grundlage für IV. wurde, das Lehenrecht fehlen können. Oder, wäre es auch vorhanden gewesen, so wäre noch immerhin denkbar, dass man, nachdem man den dritten Theil einmal einer andern Handschrift entnommen hatte, sich nun auch an diese für das Lehenrecht hielt. Was mir jene Wahrscheinlichkeit besonders nahe legte, waren die Ergebnisse einer Vergleichung der Textgestaltung von S. mit anderen bekannten Texten. Eine vollständige Vergleichung derselben dürfte allerdings sehr lohnend sein; aber abgesehen davon, dass ich jetzt wegen Mangel an Zeit dieselbe nicht wohl unternehmen konnte , würde dieselbe doch wohl nur dann bedeutendere Erfolge versprechen, wenn auch über den Text der Freiburger Handschrift und wenigstens einer der S. nach ihrem Umfange nächstverwandten Handschriften so viel bekannt wäre, dass sich ein Urtheil über die Stellung der Texte zu einander gewinnen Hesse. Was ich bisher verglich, schien mir auf folgenden Zusammenhang zu deuten : 1. Ldr. I. II. 2. Ldr. III. Llir! L. U. Es fragt sich, ob der hier für den dritten Theil des Landrechts und das Lehenrecht aufgestellte Zusammenhang, welcher nach unseren früheren Ergebnissen für die gesammten Handschriften L. U. massgebend sein muss, auch für die ersten Theile des Landrechtes massgebend sein kann. S. zeigt im Texte die nächste Verwandt- schaft, so weit die bisher verglichenen Texte das erkennen lassen, mit Z.B. (Basel-Faesch, n. 18) und A. (Ambras), welche sämmtlich der dritten Gruppe angehören, da auch B. im dritten Theile noch cilf von den in IV. ausgefallenen Tapiteln hat (vergl. Homeyer, 46 I>r. J. Ficker ^ Hechtsbücber 43). Das würde nun allerdings an und für sich dem Zusammenhange 2. vollkommen entsprechen. Ebensowenig wird diesem an und für sich nach unseren früheren Erörterungen der Umstand widersprechen, dass L. U. vielfach einen ursprünglicheren Text erhalten liaben, als die uns vorliegenden aus II. und III. abge- leiteten Handschriften. Weiter steht nun aber S. oft auch in näherer Verwandtschaft mit U., wo die Texte der Stufe III. abweichen. Das ist jedenfalls bei Annahme des Zusammenhanges 2. nur bedingt möglich. Stimmen S. undü. in solchen Fällen mit dem Urtexte, was allerdings meisten- theils der Fall zu sein scheint (vergl. auch Laband, 66), so lässt sich das gemeinsame Abweichen von Z. ß. A. noch erklären, wenn wir sie durch ein III b, welchem diese Abweichungen zur Last fallen würden, näher verbunden denken. Würden dagegen Z. B. A. mit dem Urtexte stimmen bei gemeinsamen Abweichen von S. und U., so würde der Zusammenhang 2. nicht mehr statthaft sein. Für dieses letzterwähnte Verhältniss sind mir nun allerdings kaum genügende Haltpunkte aufgefallen. Dagegen scheint mir der Zusammenhang 2. dadurch ausgeschlossen, dass U. und L. häufig mit dem Urtexte stimmen, wo S. und Z. B. A. von demselben abweichen und zwar gemeinsam abweichen. Diese gemeinsame Abweichung kann nicht durch II. und III. vermittelt sein, da das zur Annahme einer künstlichen Wiederannäherung des Textes in IV. führen würde. Sie scheint vielmehr bestimmt darauf hinzuweisen, dass der Text der ersten Theile des Landrechtes in L. U. sich schon auf der Stufe II. abzweigte, während für S. und Z. B. A. noch eine sie näher verbindende Stammhandschrift dieser Stufe anzunehmen ist. Ergibt sich daraus der Zusammenhang 1., so finden durch diesen alle berührten Verwandtschaftsverhältnisse ihre genügende Erklärung. Mag nun eine genauere Untersuchung einen solchen Zusam- menhang bestätigen oder nicht, jedenfalls dürften diese Momente vor- läufig gewichtig genug erscheinen, um bei weiteren Forschungen von der Annahme verschiedener Textentwickelung für die ersten Theile des Landrechtes einerseits, für den dritten und für das Lehenrecht andererseits auszugehen ; das Nichtbeachten könnte verwirrend einwirken, während die Beachtung, sollte sich meine Annahme auch nicht bewähren , sich höchstens als libertlüssig erweisen könnte. Zur Genealogie der llandscliriften des Schwabeiispiegels. 4 i Meine vorläulige Gnippiriing wird sich durch die Einzeluiiter- siichung gewiss vielfach ergiinzeu und modificiren; schon jetzt sind einzelne Haltpunkte dafür gewonnen; im Allgemeinen aber scheint sie mir hinreichend begründet, um der weiteren Forschung als vorläufiger Anlialtspunct dienen zu können. Glaubte ich bei Veröffentlichung des Textes des Deutschspiegels (Vorw. IX) darauf hinweisen zu sollen, wie dringend nun das Bedürfniss nach einer genügenderen Herausgabe des Schwabenspiegels geworden sei , so ist es natürlich, dass diesem Bedürfnisse bei der Kürze der Zeit bis- her noch nicht genügt wurde; aber es ist mir auch nicht bekannt geworden, dass die Lösung der Aufgabe irgendwo bestimmter in"s Auge gefasst worden wäre. Und es ist das erklärlich; so schön und lohnend die Aufgabe, mit so grossen Schwierigkeiten ist sie ver- knüpft, Schwierigkeiten, welchen der Einzelne selbst unter den günstigsten Verhältnissen kaum gewachsen sein dürfte, welche die Lösung vielleicht noch in weite Ferne stellen, wenn nicht etwa gelehrte Körperschaften oder sonstige Gönner, welchen die Mittel zur Förderung solcher Bestrebungen zu Gebote stehen, sich ihrer annehmen sollten. Die Schwierigkeiten, welche sich einer so umfassenden und abschliessenden Lösung der Aufgabe, wie wir sie Homeyer für den Sachsenspiegel verdanken, entgegenstellen, schliessen aber doch nicht aus, dass hier sehr dankbare Aufgaben vorliegen, welchen auch der Einzelne vollkommen gewachsen sein dürfte, sei es, dass er sich bescheidet, nur der umfassenderen Lösung vorzuarbeiten, sei es, dass er eine vorläufige Lösung in engeren Grenzen versucht. Fast jedem, welcher sich mit einschlägigen Studien beschäftiget, wird eine oder die andere beachtenswerthe, aber erst unzureichend bekannte Handschrift zugänglich sein; und dass eine eingehendere Beschäftigung auch nur mit einer einzelnen Handschrift unter Zu- ziehung des allgemein zugänglichen Materiales zu sehr dankens- werthen Ergebnissen führen kann, hat eben erst die genauere Unter- suchung der Handschrift U. recht deutlich bewiesen. Und in dieser Richtung dürfte wohl vor allem der Wimsch auszusprechen sein, dass die Handschrift F. doch recht bald genauer untersucht werden möge. Aber auch die Aufgabe einer genaueren und umfassend eren Feststellung des genealogischen Zusammenhanges der beachtens- werthesten Handschriften dürfte die Kräfte des Einzelnen nicht über- 48 Dr. J. F i c k e r ^ steigen, insofern zu erwarten wäre, dass manche Facligenossen durch die nöthigen Mittheilungen über ihnen zugängliche Hand- schriften ihn gewiss vielfach gern unterstützen würden. Über das Vorhandensein und Fehlen der einzelnen Capitel in den Handschriften sind wir allerdings schon ziemlich ausreichend unterrichtet, ob- wohl auch in dieser Richtung noch manches zu vervollständigen wäre. Für den Nachweis des Zusammenhanges der Textgestaltung im Einzelnen genügt allerdings das allgemein zugängliche Material trotz der dankenswerthen Arbeit Wackernagel's noch in keiner Weise; und Abschriften oder Collationen ganzer Handschriften wird der Einzelne in genügender Menge sich schwer beschaffen können. In dieser Richtung nun, meine ich, dürfte ein vorläufig genügendes Resultat sich erreichen lassen durch Vergleichung einer geringeren Anzahl von ausgewählten Capiteln in möglichst vielen Handschriften; es dürften vielleicht genügen einige Capitel des ersten Theiles , bei welchen der Schwabenspiegel dem Deutschenspiegel möglichst nahe tritt; einige Capitel des dritten Theiles, wobei insbesondere L. 315, 316, 317 zu berücksichtigen sein dürften, da diese nicht allein in F. im zweiten und nochmals im dritten Theile vorkommen, sondern auch auf Sachsenspiegel und Deutschenspiegel beruhen; endlich einige Capitel aus dem Theile des Leheiirechtes, welcher in F. und S. vorhanden ist. In solcher Beschränkung dürften sich Abschriften oder Vergleichungen leicht in genügender Menge beschaffen lassen, und bei zweckmässiger Auswahl müsste das Ergebniss doch ge- nügen, den genealogischen Zusammenhang der Handschriften mit Sicherheit erkennen zu lassen und zu entscheiden, für welche Hand- schriften vollständige Benützung bei einer allen Forderungen ent- sprechenden Ausgabe geboten wäre. Aber auch eine Ausgabe des Rechtsbuches, Avelche sich ihr Ziel so eng steckt, dass der Einzelne der Aufgabe in nicht zu langer Frist gewachsen wäre, würde mir ein sehr dankenswerthes Unter- nehmen scheinen. Wird darauf verzichtet, die ganze Fülle der Text- gestaltung in erschöpfender Bearbeitung vor Augen zu stellen, wird zunächst nur im Auge behalten, einen Text des Rechtsbuches in ursprünglicher Vollständigkeit und Ordnung, wie ihn die vollsten Formen für die einzelnen Theile bieten, vorzulegen und unter Nichtberücksichtigung unwesentlicher Abweichungen bemerklich zu machen, in wie weit einige beaciitenswerthe Glieder der verschie- Zur Genealogie der Handschriften des Schwaheuspiegels. 49 denen Gruppen ein Mehr, Weniger oder Anderes zeigen, so dürfte, da einige der beachtenswerthesten Texte allgemein zugänglich sind, diese Aufgabe auch mit einem nicht sehr ausgedehnten handschrift- lichen Apparat leicht so zu lösen sein, dass den nächstliegenden praktischen Bedürfnissen ungleich mehr, als durch die bisherigen Ausgaben (vgl. Spiegel deutscher Leute, Vorr. IX.) genügt und die Vorarbeiten für eine abschliessende Lösung wesentlich erleichtert sein würden. Wenn ich dem Verfasser der Arbeit, welche die vorstehende Erörterung veranlasste, in einigen Punkten glaubte entgegentreten zu müssen, so fühle ich mich um so mehr verpflichtet, schliesslich nochmals darauf hinzuweisen, dass seine mühevollen Untersuchungen doch auch zu sehr dankenswerthen Ergebnissen führten und dass die ganze Arbeit nur den Wunsch nahe legen kann, er möge den einmal ergriffenen Stoff festhalten und sich ferner der Bearbeitung eines zwar schwierigen, aber doch auch lohnenden Erfolg verspre- chenden Gebietes der Wissenschaft widmen. Sit/.b. d. phil.-hist. a. XXXIX. Bd. (. Hft. 50 Dr. P f i / m a i e r ^ SITZUNG VOM 15. JÄNNER 1862. Der Classe wird vorgelegt der von Herrn Johann Kachelmann, Gerichls-Advocaten in Schemnitz, eingesandter Aufsatz: „Einfluss deutscher Heirathen ungarischer Könige auf die Cultur ihres Landes; — oder Tiroler in Ungarn". Gelesen: Dan Ereigniss des Wurmfrasses der Beschwörer. Von dem w. M. Dr. Pfizmaier. Zu den alten Büchern des Mittellandes findet sich ein Gegen- stand erwähnt, der, anseheinend von geringer Bedeutung, von uns vielleicht nur als dem Sprachgebrauche angehörend betrachtet werden würde, wenn derselbe nicht, vor den Augen der abergläu- bischen Furcht zu einem Schreckbild von riesigen Ausmessungen erwachsen, die Ursache eines blutigen und beklagenswerthen Ereig- nisses der Geschichte gewesen wäre. Schon in dem Buche der Verwandlungen findet sich das Wort ^^ Ku, welches, um einen gleichen Ausdruck für seine mannigfaltige Anwendung zu haben, durch ^^Wunnfrass" wieder gegeben werden kann. Dasselbe hat nach demSchue-wen die ursprüngliche Bedeutung „Eingeweidewürmer", über deren Entstehung man sich schon früh- zeitig abergläubische Vorstellungen gemacht zu haben scheint, indem zur Erläuterung des genannten Wortes gesagt wird : Man erzeugt den Wurml'rass auf folgende Weise: Man gibt die hundert Arten von Kerbthieren in eine Schale und lässt sie gegenseitig sich auf- Das Creigniss des Wurmfrasses der Beschwörer- 51 zehren. Diejenigen, welche übrig bleiben, sind der Wurmfrass. — In Übereinstimmung ist auch die Gestalt des Wortbildes, welches aus nn Ming „Schale" und d^ Tsch'hung ^,Kerbthier" zusammen- gesetzt ist. Der Arzt Ho (541 vor unserer Zeitr.), zu dem kranken Fürsten von Tsin gerufen, verkündet dessen Krankheit als den Wurmfrass. Von Tschao-meng befragt, was der Wurmfrass sei, gibt er zur Ant- wort: In dem Buchstabenschmuck bilden Schale und Kerbthiere den Wurmfrass. Die fliegenden Kerbthiere des Getreides sind ebenfalls der Wurmfrass. Es ist enthalten in den Verwandlungen der Tscheu: Das Weib bringt in Verwirrung den Mann. Der Wind macht fallen auf den Bergen. Man nennt dies den Wurmfrass, und die Sache ist ein und dasselbe. Der in dem Buche der Verwandlungen enthaltene Abriss ~^ Ku „Wurmfrass" besteht aus zwei Theilen. Der obere Theil ^^ führt den Namen H» Ken, „stillstehen" auch j,fest", hat die Gestalt einer umgestürzten Schale und bedeutet einen uiierwachsenen Mann. Der untere Theil ^^^ führt den Namen fE Siuen „ein- dringen", auch _„schwach", ,,niedrig", ist von Gestalt unten durch- schnitten und bedeutet ein erwachsenes Weib. In dem Abrisse des Wurmfrasses befindet sich das erwachsene Weib unten, der uner- wachsene Mann oben. Somit bringt das erwachsene Weib den uner- wachsenen Mann in Verwirrung. Daher steht Wurmfrass auch für „Verwirrung'^. Ausserdem bedeutet Siuen auch den Wind, weil derselbe überall eindringt. Ken bedeutet auch den Berg, weil dieser feststeht. Dem- gemäss gibt der Abriss den neuen Sinn : „Unter dem Berge weht der Wind". Wenn der Wind unter dem Berge weht, so verfängt er sich und wirft Bäume und Setzlinge zu Boden. Dies zum Verständniss der Worte des Arztes Ho. Nach dem Schue-wen sind die Geister derjenigen Menschen, deren Häupter nach der Hinrichtung auf Bäume gehängt oder deren Leichen ausgespannt worden, ebenfalls der Wurmfrass. In der früheren Geschichte wird der Wurmfrass nur ein einziges Mal erwähnt, indem das Sse-ki bei dem zweiten Jahre des Fürsten 4* t» 2 Dr. Pfiz maiPi- Te von Thsin (676 vor unserer Zeitr.) mit ganz kurzen Worten sagt: Man schützte sich durch Hunde vor dem Wurmfrass. — Zur Verdeutlichung dieser Stelle dient nichts anderes, als eine eben so kurze Angabe in den zeitberechnenden Blättern des Sse-ki, wo es heisst: Man stellte zur Schau Leichen von Hunden an allen Thoren der Hauptstadt. — Da Fürst Te, in seinem dreiunddreissigsten Lebensjahre zur Lenkung gelangt, schon in dem hier genannten zweiten Jahre seiner Lenkung starb, so ist sehr wahrscheinlich, dass man dessen Leben vom Wurmfrass bedroht glaubte und zur Abwehr dieses Übels den Geistern die Leichen von Hunden darbrachte. Erst gegen das Ende der Lenkung des Allhalters Hiao-wu begann der Glaube an den Wurmfrass der Beschwörer Einfluss auf die Ereignisse der Geschichte zu nehmen. Der genannte Ge- bieter, in seiner Jugend einem sehr weit gehenden Wunderglauben zugethan, ward in seinen letzten Lebensjahren die Beute einer nicht minder ausschweifenden abergläubischen Furcht und liess sich, als ein arglistiger Günstling diese Gemüthsstimmung zur Förderung ver- derblicher Anschläge benützte, zu Handlungen hinreissen, durch welche der Glanz einer vorausgegangenen ruhmreichen und in vieler Hinsicht freisinnigen Lenkung vollständig verdunkelt ward. Unter der Anklage, durch Hervorbringung des Wurmfrasses dem Allhalter nach dem Leben zu trachten, wurden unzählige Menschen, unter ihnen die höchsten Würdenträger und die zwei Töchter des Allhalters, in Untersuchung gezogen und hingerichtet. Als zuletzt die Anklage auch gegen dem zur Nachfolge bestimmten Sohn des Allhalters sich kehrte, entstand in Folge dessen Aufruhr, und ein durch mehrere Tage fortgesetzter erbitterter Kampf, in welchem mehrere Zehntausende fielen, tränkte die Gassen der Hauptstadt Tschang-ngan mit Blut. Der zur Nachfolge bestimmte Sohn und dessen Mutter, die erste Gemahlin des Himmelssohnes, nahmen sich hierauf das Leben, während die bei schweren Verbrechen übliche Ausrottung der Geschlechter selbst in dem Hause des Himinelssohnes als Strafe zur Anwendung kam. Der Enkel des Nach- folgers, der spätere Allhalter Hiao-siuen ward, ohgleich noch ein Kind von wenigen Monaten, ebenfalls in Anklagestand versetzt, in dem Gefängnisse mit Stricken gebunden und gleich seinen Altern und übrigen Verwandten zur Hinrichtung verurtheilt. Nur mit Mühe gelang es einem mitleidigen Angestellten der Gerichte, Namens Ping- Das Kreigiiiss des Wunnfiiisses ilcr IteM-liwöier. Qo ke, diesen SprÖssling vor den Mordwaffen der Diener der Gerichte ■/AI schützen und im Verborgenen aufzuziehen. Beinerkenswerth ist die damals gehegte Meinung von der Ent- stehung des Wurinfrasses, indem man den Angeklagten allgemein zur Last legte, hölzerne Bildsäulen von Menschen an den von dem Himmelssohne besuchten Orten vergraben und dabei Flüche und Verwünschungen ausgestossen zu haben, was mit dem auf das Wort- bild bezüglichen Erläuterungen nicht übereinstinmit. Die Verfolgung ward nach zwei Jahren eingestellt, indem der Allhalter sich von der Schuldlosigkeit seines Sohnes allmählich überzeugte, übrigens von Glauben an das Vorhandensein des Wurmfrasses der Beschwörer dem noch immer nicht abliess. In der Geschichte wird gemeldet, dass das Unglück des Wurm- frasses der Beschwörer in dem ersten Jahre des Zeitraumes Tsching-ho (92 vor unserer Zeitr.) seinen Anfang genommen und dass die Aussagen des Schirmgewaltigen Tschü-ngan-schi davon die Veranlassung gewesen. Aus anderen Nachrichten der Geschichte geht indessen hervor, dass schon im fünften Jahre des Zeitraumes Yuen-kuang (130 vor unserer Zeitr.), also achtundzwanzig Jahre früher, eine ähnliche, jedoch auf den Wohnsitz des Himmelssohnes beschränkte Untersuchung stattgefunden. Das Ereigniss wird in der Zeitgeschichte der früheren Hau einfach erwähnt und nur noch in den Nachrichten über die Gemahlinnen der Himmelssöhne mit einigen wenigen Einzelheiten wieder erzählt. In Bezug auf das eben genannte Ereigniss wird berichtet, dass y^ J]nJ3 Tschin-wu, Fürst von Thang-yi, ein Enkel des unter den Fahnen Hiang-yü's kämpfenden Heerführers Tschin-ying, mit 'Ij® Piao, einer Tochter des Himmelssohnes , vermählt gewesen. Die Fürstin von Thang-yi brachte es durch ihren Einfluss dahin, dass ilireTochter, die spätere erste Gemahlin von dem Geschlechte Tschin, an den zur Nachfolge in dem Hause der Hau bestimmten Sohn, den späteren Allhalter Hiao-wu, vermählt ward. Nach dem Lenkuugs- antritte des Allhalters Hiao-wu zur Allhalteriu und Königin erhoben, besass diese Tochter des Fürsten von Thang-yi durch zehn Jahre ausschliesslich die Gunst des Himmelssohnes, wobei sie, stolz auf ihr hohes Ansehen, übrigens kinderlos blieb. Nachdem sie erfahren, dass 54 D""- Pfizinaier ^ der Allhalter seine Gunst ^ ^ Tse-fu, der späteren ersten Gemahlin von dem Gesehlechte Wei, zugewendet, ereignete es sich öfters, dass diese beinahe gestorben wäre, was den Zorn des All- halters immer mehr anfachte. Ausserdem befasste sich die Gemahlin von dem Geschlechte Tschin mit der, wie angegeben wird, bei Weibern üblichen Hervorbringung des Wurmfrasses, ein Beginnen, welches man bald bemerkte. Im fünften Jahre des Zeitraumes Yuen-kuang (130 vor unserer Zeitr.) leitete der Himmelssohn in Selbstheit die bezügliche Unter- suchung. Das Mädchen Bß ^p Tsu-fo und noch Andere wurden angeklagt, im Auftrage der ersten Gemahlin des Himmelssohnes den Wurmfrass der Beschwörer hervorgebracht, an den Anbetungsorten den Geistern Gaben gereicht und dabei Flüche und Verwün- schungen ausgestossen zu haben. Sie wurden des Verbrechens der grossen Widersetzlichkeit und Buchlosigkeit schuldig erkannt und mit allen Betheiligten, im Ganzen dreihundert Menschen, hin- gerichtet. Das Haupt des Mädchens Tsu-fo ward auf dem Verkaufs- räume an einen Baum gehängt. Die erste Gemahlin von dem Ge- schlechte Tschin ward als solche abgesetzt, wobei ihr der Himmels- sohn durch einen Abgesandten ein mit folgenden Worten bemaltes Bohrbret zukommen Hess: Die erhabene Königin ward verlustig der trennenden Wände und gerieth auf die Abwege der Beschwörungen und Verwünschungen. Sie kann nicht in Empfang nehmen den Befehl des Himmels. Die Abdrucksmarke und das breite Band, die ihr gereicht worden, sind ungültig. Sie wird sich zurückziehen und wohnen in dem Gebäude von Tschang-men. In der Zeitgeschichte der früheren Hau wird das Ereigniss des Wurmfrasses der Beschwörer, dem gewöhnlichen Vorgange gemäss, mit wenigen Worten und in sehr gedrängter Kürze erzählt. Die Einzelnheiten wurden in den Nachrichten über die bei dem Ereignisse betheiligten Männer vorgefunden und in dieser Abhandlung, welche den Gegenstand möglichst vollständig beleuchtet, zusammengestellt. Das Ereiguiss des VVuiiiirra.ssc.s ilei' Beschworer. ^}j » Kang-sÜD-ho. g "B^ ^0* Kiing-siin-ho, dessen Jüiiglingsname ;^^ Hp Tse-schu, war in ^it: ^^ I-khiü i) , einem Kreise der damali- gen Landsciiaft Pe-ti (die nördliche Erde) geboren. Dessen Gross- vater )rn jL Hoen - sie war zur Zeit des Allhalters King Statthalter von pc] )|p Lung-si gewesen und hatte sich als Heerführer in dem Angritfe auf die abgefallenen Länder U und Tsu Verdienste erworben , wofür ihm das Lehen eines Fürsten von , ttij ^ Ping-khio zu Theil ward. Hoen -sie veröffentlichte ein Werk über die Stoffe des Lichtes und der Finsterniss in zehn Blich ern 2). Kung-sün -hung war in seiner Jngend ein Kriegsanführer zu Pferde, in welcher Eigenschaft er dem Heere folgte und sich mehr- mals hervorthat. Seit der Zeit, als der spätere Allhalter Wu zum Nachfolger in den Ländern der Han bestimmt worden, war Kung- sün-hung ein Hausgenosse dieses Fürsten, der ihn, nachdem er zur Lenkung gelangt , zuletzt zu seinem j^ yC Thai-po „obersten Hausdiener" erwählte. ^m ^a Kiün-ju, die Gemahlin Kung-sün-hung's, war die ältere Schwester der Allhalterin von dem Gesclileehte Wei , was die Ur- sache war, dass er zu den Günstlingen zählte. In dem Zeiträume Yuen-kuang (134 bis 129 vor unserer Zeitrechnung) ward er der Heerführer der leichten Wagen und bezog ein Lager in der an den Marken des Landes der Hiung-nu's gelegenen Stadt Ma-yi, von wo er ein Jahr später nach Yün-tschung auszog. Fünf Jahre nach seiner Ankunft in Ma-yi zog er als Heerführer der Wagen und Reiter mit dem obersten Heerführer Wei-tsing in's Feld und erwarb sich kriegerische Verdienste , für welche ihm das Lehen eines Fürsten von -^n [^ Nan-piao zu Theil ward. 1) Die (iegeiid des lieutig'en Kiiij^-yans i" Kaii-sfl, ehemals ein fremdländisches (Jehiel. 2) In der Bücherkunde der IViilieren Hnii (indet sieh iiber diesen (iegenslaiid ein Werk Kuiig-siin-hoeii-sie's in liinC/.chn Büchern. Oaseliisl is( hei dem Namen des \'erlassers das Wort Ll^ Hoen durch *jEfJ Hoen ei^et/.t. 56 Dr. Pf iz maier y Später rückte er »als Heerführer der Linken nach ^ /^ Ting-siang i), wo er keine Verdienste aufweisen konnte. Zugleich wurde er, weil das von ihm in seiner Eigenschaft als Lehensfürst dem Himmelssohne als Zoll dargebrachte Gold von Beschaffenheit schlecht war, in Anklagestand versetzt und zum Verluste seines Lehenfürsten- thums verurtheilt. Er rückte jedoch wieder als „vorübergehend schreckender" Heerführer 2) nach fS ^ U-yuen 3) , wo er auf einem Zuge durch ein Gebiet von zwei tausend Weglängen sich ebenfalls keine Verdienste erwarb. Acht Jahre später (103 vor unserer Zeitr.) ward er an der Stelle des mit Tode abgegangenen ^ ^ Schi-khing zum Landesgehilfen so wie zum Lehenfürsten von ^^ .^ Ko-yi ernannt. Um diese Zeit war man an dem Hofe von Han mit Geschäften überhäuft, und die grossen Würdenträger wurden häufig überwacht und zur Verantwortung gezogen. Seit dem Tode Kung-sün-hung"s (122 vor unserer Zeitr.) waren drei Landesgehilfen ^^ ^ Li-tsai ^ ^ ^ Yen-tsing-thi und /g J^ Tschao- tscheu in kurzen Zwischenräumen ihrer Verrichtung willen in Anklagestand versetzt worden und hatten sich selbst getödtet. Der oben genannte Schi-khing hatte es zwar seiner Behutsamkeit zu danken, dass er ein gutes Ende nahm, war aber dessen ungeachtet mehrmals zur Verantwortung gezogen worden. Als jetzt Kung-sün-ho zum Landesgehilfen ernannt ward, wollte er die Abdrucksmarke und das breite Band, die ihm in seiner neuen Würde gebührten, nicht annehmen. Er senkte das Haupt gegen den Boden und sprach weinend : Ich habe ursprünglich in einer seitwärts liegenden Kleinstadt das Satteln des Pferdes, Reiten und Pfeil- schiessen für mein Amt gehalten. Ich bin in Wahrheit nicht gewach- sen der Stelle eines hohen Dieners und Landesgehilfen. — Der Allhalter selbst, von seinem Gefolge umgeben, besuchte hierauf *) Dpi- lieiitig-e gleichnamige Unterkreis in Thai-yuen. 2) Dies eine der vielen Benennungen von Heerführern. ') Die Gegend der heutigen Kreise Yen-ngan und Yii-Iin in Selien-si. Dat Ereig'iiiss des Wurmfrasses der Beschwörer. ö7 Kuiig-siin-ho. Er war von dessen Geniiithszustand untjewöhiilich gerührt und sprach zu dem Gefolge unter Thränen: Helft mir den Landesgehilfen emporheben! — Aber Kung-sün-ho wollte durchaus nicht aufstehen, worauf ihn der Allhalter selbst emporhob und sich dann entfernte. Kung-sün-ho, der sich nicht anders zu helfen wusste, nahm endlich die Würde an und verliess sein Haus. Von dem Gefolge um die Ursache seiner Weigerung befragt, antwortete er: Indem ich huldige der oben befindlichen Weisheit und Erleuchtung, bin ich nicht würdig, genannt zu werden. Ich fürchte, dass ich auf dem Rücken tragen werde eine schwere Verantwortung, und hierdurch schwebe ich in Gefahr. f^ ^w King-sching, der Sohn Kung-sün-ho"s, war ander Stelle seines Vaters oberster Hausdiener des Allhalters geworden, und Vater und Sohn bekleideten jetzt zu gleicher Zeit die Würde von Fürsten und Erlauchten. King-sching, der sich als Sohn der älteren Schwester der Allhalterin viel zu Gute that, war stolz und über- muthig und richtete sich in seinen Handlungen wenig nach den Gesetzen. Beim Beginne des Zeitraumes Tsching-ho (92 vor unserer Zeitr.) hatte er einen für das nördliche Kriegsheer bestimmten Betrag von ein tausend neun hundert Mal zehntausend Geldstücken für sich selbst verausgabt und ward, nachdem dieser Unterschleif ent- deckt worden, dem Gerichte übergeben und in einGefängniss gesetzt. Um diese Zeit erschien eine höchste Verkündung des Inhalts, dass man nach einem gewissen 4j^ '-jhr ,|'- Pfi /. nia i e I- ^ ten des sechzigtheiligen Kreises) schickte der Nachfolger Li einen seinerGäste, den er mit dem zurBeghiubiguug diene nden Abschnitts- rohre des Alllialters versah, als Gesandten aus und Hess durch ihn Kiang-tsch'hung sammt dessen Genossen festnehmen. Unter diesen hegte blos Han-yue, Fürst von Ngan-tao, einen Zweifel, dass der Gesandte einen Auftrag von dem Himmelssohne habe und weigerte sich, dem Befehle zu gehorchen. Er ward jedoch von dem Gaste des Nachfolgers ohne weiteres getödtet. Der oberste Vermerker Tsch'hang-kung schlug sich durch und entkam, obgleich verwundet, nach Kan-tsiuen. Hierauf hiess der Nachfolger einen seiner Hausgenossen ohne V^erzug das Abschnittsrohr nehmen und bei nächtlicher Weile in die Säle*) des Wohngebäudes von Wi-yang so wie in das Thor des „langen Herbstes" 2^ treten. Nachdem man mit Hilfe der vornehmen Gesellschafterinns) ^E A^ I-hoa die Gemahlinn des Himmelssohnes von dem Vorgefallenen benachrichtigt, holte man aus dem inneren Marstall*) die Wagen hervor und liess in dieselben die Bogen- schützen einsteigen. Ferner bemächtigte man sich der Waffen des Rüsthauses und liess die Leibwachen des Gebäudes von Tscliatig-lo ausrücken, indem man in einem Befehle den Obrigkeiten verkündete, dass Kiang-tsch'hung sich empört habe. Demgemäss ward Kiang- tsch'hung enthauptet, der Beschwörer aus Hu öffentlich umherge- führt und in Schang-lin verbrannt. Der Nachfolger vertheilte hierauf seine Gäste, indem er ihnen die Stellen von Anführern übertrug, und nahm mit dem unterdessen herbeigekommenen Landesgehilfen Lieu-khie-li s) und anderen Heer- führern den Kampf auf. In der Haupstadt Tschang-ngan entstand grosse Verwirrung, und bald verbreitete sich die Nachricht, dass der zur Nachfolge bestimmte Sohn des Allhalters sich empört habe, was 1) Diese Säle waren von der ersten Gemahlinn des Himmelssohnes bewohnt. ^) lier „lange Herhst" ist der Nimie eines Amtes, welches einer der Ang-estelllen in dem l^aiise der ersten Gemahlinii des Himmelssohnes bekleidete. 3) Eine solche ward damals /^. rj^l Tsch"tiang-yü genannt und war dassellie hei der Allhalterin, was ein m j^: Sse-fschung „ein In dem Inneren Aufwartender" bei (lein Alllialter. 4) In dem inneren Marstall befauden sich die Wagen und Pferde der ersten .si's dci' Iteseliwöri'r. Öy die Ursache war, dass die Menge sieh Li-yuen nicht ansehliessen wollte. Die Kriegsmacht des Nachfolgers ward demgemäss ge- schlagen, er selbst entfloh und entzog sich für den Augenblick den Nachforschungen. Auf die Kunde von diesen Ereignissen war der Allhalter auf das Äusserste entrüstet. Die Niederen empfanden Trauer und Furcht, wussten jedoch keinen Rath. Auf den» Gebiete |^ ^ Khiuen- kuan i) lebte ein Greis, Namens rj^ Meu^). Derselbe übersandte dem Allhalter den folgenden Aufsatz: Ich habe gehört: Der Viiter ist gleichsam der Himmel. Die Mutter ist gleichsam die Erde. Die Söhne sind gleichsam die zehn- tausend Dinge. Wenn daher der Himmel gleichmässig, die Erde ruhig, so waltet zwischen den Stoffen des Lichtes und der Finsterniss Eintracht, und die Dinge gedeihen in Fülle. Wenn du Vater wohl- wollend, die Mutter zärtlich, so haben die Häuser ihre Bestimmung, und die Söhne sind ihrer Pflicht gedenk und gehorsam. Wenti zwischen den Stoff'en des Lichtes und der Finsterniss keine Ein- tracht waltet, so wird den zehntausend Dingen unzeitiger Tod und Schaden. Wenn zwischen Vater und Sohn keine Eintracht waltet, so zertheilen sich die Häuser und gehen zu Grunde. Wenn daher der Vater kein Vater, so ist der Sohn kein Sohn. Wenn der Gebieter kein Gebieter, so ist der Diener kein Diener. Dann mag immerhin vorbanden sein das Getreide, wie kämen wir dazu, es zu verzehren s)? 1) Kliiiifii-kuiiii gelnirte z\i deni friilien-ii Schaiig-tiiiig: , welches das heutige Tscliang-te in H(i-naii. ■-) Wie Sse-ku angibt, fühlt dieser Maiiii in '»ij 'Xl J Siün-yue's gedrängter Geschichte der Hau den Namen VXt 1\\\\. ■'^^ FJng-ku-meu. Da jedoch Pna.'i-ku in seiner Geschictite keinen Ciesciileehtsriainen angebe, so wisse man nicht, woher Siiin-jue den (ieschlechtsnamen Ling-kn lienonimen h3t>e. *) Die Worte dieses Satzes sind dem Lün-yii eutnonimen. In diesem Werke richtet Kin^, Küist von Tsi, eine Frage an Khnng-tse wegen der Lenkung. l\hnii^-tse antwoi tele : Der Gebieter sei der (lebieter, der Diener der Diener, dei' Vatei- der Vater, der Sotin der Sohn. — Hierauf erwiederte dei- Fürst von Tsi : Vorlrell'lich nnd wahr! Wenn der Gebieter kein Gebieter, der Diener kein Diener, der Vater kein Vater, der Sotm kein Sohn , dann mag man immerhin besitzen das Getreide, wie kämen wir dazu, es zu verzehren? — Der Sinn ist: Wenn das richtige VerhäUniss zwischen Vater und Sohn, (iehieter und Diener nicht zu Grunde gelec-t wird , so schweben die Länder in Gefuhr. Es mag dann noch so viele Vorratlishauser geben, man kann das darin belind- lichti (ietreide iiictit geniessen. 70 Dr. Pfiz III a ier Einst war Yü-schün die vollendete Tugend des Sohnes, aber er fand keine Anerkennung bei Ku-seu i). Hiao-ki ward verleumdet, Pe-khi ging in die Verbannung 2). Fragt man, warum Knochen und Fleisch, die nächsten Verwandten, Väter und Söhne einander miss- trauten: es war die Folge fortgesetzter Verkleinerung. Hieraus lässt sich ersehen, dass unter den Söhnen keiner, der kein guter Sohn, aber unter den Vätern gibt es einige, die nicht untersuchen die Befehle. Der erhabene Nachfolger ist der Sohn in erster Reihe von Han. Er ist der Gehilfe hei der Beschäftigung von zehntausend Geschlechtsaltern. Er schliesst in sich das Gewicht des Heiligthu- mes der Ahnen. Was die Verwandtschaft betrifft, so ist er der stamm- haltende Sohn des erhabenen Allhalters. Kiang-tsch'hung war nur ein Mensch der baumwollenen Kleider, ein geringer Diener der Durch- wege und Gänge. Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, brach- test ihn zur Berühmtheit und verwendetest ihn. Er trug in dem Munde den Befehl des Geehrtesten und trieb dadurch in die Enge den erhabenen Nachfolger. Er erfand und putzte heraus Verrath und Lüge, sämmtliche Verkehrtheiten mengten sich unter einander. Auf diese Weise ward der Weg der nahen Verwandtschaft abge- schlossen, versperrt, und man konnte auf ihm nicht verkehren. Wenn der Nachfolger aufstieg bei Hofe, so brachte er es nicht dahin, dass der Allhalter ihn empfangen hätte. Wenn er sich zurück- zog von dem Hofe, so wurden ihm Verlegenheiten bereitet durch aufwieglerische Diener. Er wurde nur verknüpft durch Schuld, aber hatte nicht die Möglichkeit, dies zu melden. Er konnte nicht bezäh- men den Zorn in seinem Herzen, er erhob sich und tödtete Tsch'hung. Voll Furcht und Bangen begab er sich auf die Flucht. Wenn der Sohn stiehlt die Waffen des Vaters und zu Hilfe kommt bei dem Unheil, so hat er sich nur gerettet. Ich vermesse mich, dafür zu halten, dass seine Absicht keine böse. Das Gedicht sagt: EI3 ^^ *) -tö ^3^ Ku-seu war der Vater de . Allhalters Schün. 2) Sse-kusag-t, d:iss die Namen p"*^ ^F^ Hiao-ki und ~j YP Pe-khi hereits früher erläutert worden, ohne jeilocli , wie es sonst zu geschehen pflegt, die hetref- fende Stelle angegeben. Da in dem Werke der früheren Han zweiundsechzig Bücher vorhergehen, so konnte über die genannten Namen, trotz längeren Suchens sowohl in diesem als in amleren Werken, von dem Verfasser nichts aufgefunden werde». Da» Ereignis» des Wiinnfiiisses der Bescliwöier. l 1 Es sumsen rings die grünen Fliegen, Sie bleiben sitzen auf der Hecke *). Bei dem (Jebieter leicht von Sinn Nicht Glauben die Verliiumdung wecke. Verläumdung thiitig ohne Ende, Mengt und verwirrt die vier Gelände. In vergangener Zeit hat Kiang-tscirimng verläumdet und getödtet den Nachfolger von Tschao: in der Welt ist Niemand, der nicht dav(»n gehört. Seine Schuld ist ganz gewiss gegründet. Du, vor dem ich stehe unter den Stufen , untersuchtest nicht weiter und zogest streng zur Rechenschaft wegen seiner Schuld den Nachfolger. Du schüttetest aus die Fülle des Zornes, Messest aufbrechen eine grosse Kriegsmacht und ihn aufsuchen. Einer der drei Fürsten befehligte in Selbstheit das Heer. Die Verständigen hatten nicht den Muth zu sprechen. Die scharfsinnigen Männer hatten nicht den Muth, Auseinandersetzungen zu machen. Ich habe gehört: Tse-siü trieb auf das Äusserste die Redlich- keit, und er verlor seinen Namen 2). Pi-kan trieb auf das Äusserste die Menschlichkeit, und er liess zurück seinen Leih s). Ein redlicher Diener erschöpft die Wahrheit, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Hinrichtung durch das Schneidemesser und die Axt, indess er kund- gibt, dass es seines Unverstandes Absicht, zurecht zu bringen den Gebieter und zu beruhigen die Landesgötter. Das Gedicht sagt: Man nehme den verläumderischen Menschen Und werf ihn hin den Hunden und den Tigern. Mögest du, vor dem ich stehe unter den Stufen, nur mit gross- müthigem Sinne, mit tröstenden Gedanken ein wenig untersuchen, welcher Art die rechte Verwandtschaft*). Mögest du nicht ungehal- ten sein, dass der Nachfolger nicht eilends abstellte Panzer und Angriffswaffen, mögest du nicht heissen den Nachfolger lange Zeit sich auf der Flucht befinden. Ich kann nicht bezähmen meine Unge- duld, möge man erlassen den Befehl eines Morgens, dass jener zu ') Mit den Fliegen, welche iimliei-siiininen und die (io^eiistiinde vernnn'inigen , indem. sie d:is Weisse in Schwär/, verwandeln, werden die Verläuiiider veryliclien. '■*) Da KonigFu-tschai ihn hinrichten liess, ward sein Huf getriiht, und er verlor seinen guten Namen. 3) Er ward auf Befelil des Königs Tseli'heu vdii Yin hingeiichtel. 4) Das Vei-hältuiss zwischen Vater und Sohn heissl die nahe Verwandlseliall dei' An^e- borenheil des Himmels. 7/& Dr. Pf iz ina ie r , warten habe wegen seiner Schuld unter der Thoiwarte von Kien- tschang i). Nachdem dieser Aufsatz an dem Hofe eingereicht worden, kam der Himmelssohn erst zur Besinnung. Unterdessen war der Nach- folger, der seine Flucht in östlicher Richtung fortsetzte, auf dem Gebiete von yjFj Hu ~) eingetroffen. Daselbst verbarg er sich in einer Gasse, Namens jye ^ Thsiuen-khieu ^). Der Hauswirth, bei dem er wohnte, war arm und pflegte Schuhe zu verkaufen, um den Nachfolger mit dem Nöthigen versehen zu können. Der Nach- folger hatte auf dem Gebiete von Hu einen alten Bekannten, den er. nachdem er erfahren, dass derselbe hinlänglich begütert sei, zu sich rufen liess. Dadurch ward jedoch der Aufenthaltsort des Nachfol- gers Li entdeckt und bald umringten die Angestellten der Gerichte das von diesem bewohnte Haus, um ihn festzunehmen. Der Nachfolger erkannte, dass er nicht mehr entkommen werde. Er begab sich in das Innere des Hauses, wo er die Thüre ver- schloss und sich erhängte. Ein junger Mann, Namens ^ ^j M^ Tsch'hang-fu-tschang, der zu den Kriegsleuten von H^ jjj '^""" yang gehörte, sprengte die Thüre mit einem Fusstritt, während ^^ ^ Li-scheu, der Vermerker des Befehlshabers von -;/r- ^fr Sin-ngan, hinzueilte, den Leichnam des Nachfolgers in seine Arme nahm und ablöste, |>^ nj^ ^l^ Kung-sui-ke, der Hauswirth des Allhaltersohnes, setzte sich zur Wehr und verlor das Leben. Zu gleicher Zeit wurden auch die zwei Enkel des Allhalters und Söhne des Nachfolgers, welche ihren Vater begleitet hatten, getödtet. Als der Allhalter sich bereits um seinem Sohn kränkte, erliess er eine höchste Verkündung, worin er sagte : Indem man bei seinen Handlungen zweifelt an den Belohnungen, hierdurch legt man an den Tag die Treue. — Er ernannte hierauf Li-scheu, der den Nachfolger *^) "S^ ^Pr Kien-tschang-, ein Wi)hngel)iiude der AUliHltei- von Hiiii, befand sich im Westen der Stadlinauern von T.schang--ngan. *) Dieses Gebiet entspricht dem heutigen Unterkreise Wen-hiang-, Kreis Ho-nan in Ho-nan. 3) Thsiuen-khieu heisst jetzt, wie Sse-ku ang-ibt, einFluss fünfzehn Weglängen südöstlich von der Hauptstadt des Unterkreises Wen-hiang. Das Grab des Nachfolgers l.i, welches m;iii in dieser Gegend zeigt, soll sich im Osten des Flusses 'l\pi\ Kien beiinden. Das Kreig'uiss des W'miiifrus.ses der Beseliwörev. 7 O von der Solinur losmachte und iliiii Hilfe bringen wollte, zum Le- hensfürsten VOM H-R Yü '), während Tsch*han.i^-fu-tschang , der die Thüre mit deniFusseeinstiess, das Lehen eines Fürsten von SM Ti 2) erhielt. Nachdem längere Zeit vergangen, ward die Hervorbringung des VV urmfrasses der Beschwörer von Vielen nicht geglaubt, und auch der Allhalter eikannte, dass Furcht und Schrecken die Beweg- gründe der Handlungen des Nachfolgers gewesen und dieser sonst keine andere Absicht gehabt habe. Zuletzt bestritt noch Tscli'he- thsien-thsieus) die Schuld des Nachfolgers Li, worauf der Allhalter, jetzt gänzlich veränderten Sinnes, Tsch'he-thsien-thsieu zum Landes- gehilfen erhob, hingegen sämmtliche Verwandte Kiang-tsch'hung's hin- richten und Su-wen, den Genossen Kiang-tsch'hung's, auf der über den Fluss VVei führenden Brücke des Thores %.^ Kuang verbrennen Hess. Derjenige, der in der Gasse Thsiuen-khieu gegen den Nach- folgern von den WalTen Gebrauch gemacht hatte, war anfänglich zum Statthalter der Landschaft „der nördlichen Erde " ernannt worden, später jedoch wurde derselbe sammt seinen Verwandten hingerichtet. Der Anhalter, von dem grössten Schmerze erfüllt, dass der Nachfolger unschuldig getödtet worden, liess auf dem Gebiete Hu das Prachtgebäude „der Sehnsucht nach dem Sohne" erbauen, wo zugleich auch die Erdstufe „der Erwartung und Sehnsucht", die der Geist des Nachfolgers besuchen sollte, hergerichtet wurde. In sämmt- licheri Ländern des Himmelssohnes hörte man mit gleich tiefem Bedauern die Kunde von diesen Vorgängen. Der Nachfolger Li hatte drei Söhne und eine Tochter. Die letztere war an den zur Nachfolge bestimmten Sohn des Fürsten von F^ ^Ping-yü*) vermählt. Nach dem Sturze des Nachfolgers wurden dessen Kinder so wie die übrigen Angehörigen desselben zu gleicher Zeit getödtet. Unter diesen wurden der Fürst von dem Geschlechte Wei (d. i. Wei-khang, F'ürst von Tsehang-ping) und die „vortrefF- i) Yii befindet sieh in dein Lande iiinerhalli des Flusses. *) Ti soll ein Liiterkreis gewesen sein, der jedoeii in der Liinderbeschreiiiung iiiclil vortioinnil. Nach den Blüttern der verdienstviilleii Diener von Han he/.og- Tschihang- fii-tschaiig, Fürst von Ti, seine Einkünfte von der Stadt Khiü-Iö. *) Tsch'lie-tlisien-thsieu ist weiter unten der Gej^enstand eines i)esoiideren Absclinittes. ■*) Dieses Lehenfürstenthum lag in der Landsclial't Ju-nun. 74 !>■■• Pfi^ma ier liehe jüngere Schwester" von demGeschleehte Sse, die Gemahlinn des Nachfolgers, im Süden der Stadtmauern von Tschang-ngan begraben. Der Allhalterenkel von dem Geschlechte Sse und dessen königliche Gemahlinn von demGeschleehte ^ VVang, ferner die Eukelinn des Allhalters wurden indem Garten von uH 1^ Kuang-mingi) begraben. Die zwei Enkel des Anhalters, welche den Nachfolger begleitet hatten, wurden sammt ihrem Vater auf dem Gebiete Hu begraben. Der Nachfolger Li hatte einen damals neugehornen Enkel, den Sohn des Allhalterenkels von dem Geschlechte Sse und der Königin von dem Geschlechte Wang, hinterlassen. Dieser Enkel, dessen Rettung, wie noch erzählt werden wird, mühsam gelang, ward später, achzehn Jahre alt, zur Würde des Himmelssohnes erhoben und ist der Allhalter Hiao-tsiuen. Als dieser Allhalter seiner Zeit die Lenkung angetreten, erliess er eine höchste Verkündung, worin er sagte, dass der ehe- malige Nachfolger auf dem Gebiete Hu begraben liege und weder eine Ehrenbenennung, noch einen nach dem Tode gegebenen Namen habe. Als die Zeit der jahrlichen Darbringung für die Geister der Verstorbenen herannahte, berleth man darüber, welche unter den nach dem Tode gegebenen Namen für den Nachfolger und dessen Angehörige zu wählen, ferner, welche „Städte", d.i. bewachende Häu- ser, für die Gärten, wo dieselben begraben lagen, zu bestimmen seien. Der mit dem Vorsteheramte in dieser Angelegenheit bekleidete Angestellte machte hierauf die bezüglichen Vorschläge, indem er an dem Hofe den folgenden Bericht erstattete: Nach den Gebräuchen ist derjenige, der einem Menschen nachfolgt, für diesen der Sohn. Daher erhalten Vater und Mutter, denen er entsprossen, nicht die Darbringung in dem Heiligthum. Dies ist der Weise, den Stamm- vater zu ehren. Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, bist der Nachfolger des Allhalters Hiao-tschao. Indem du darbringst die Gaben für den Geist des Ahnen, gibst du Gestalt den Gebräuchen und übersteigst nicht die Schranken. Du bist sorgfältig in deinen Handlungen und betrachtest, was der Allhalter Hiao-tschao gethan. Die aufgethürmte Anhöhe des früheren Nachfolgers des Allhalters befindet sich in Hu. Das Grabmal der vortrefflichen jüngeren Schwester 1) Der später mit dem Namen titj ^^ Fiing-ming belegte Kreis, der auf dem Gebiete des Himmelssohnes näclist der Hauptstadt Tschang-ngan gelegen war. Das Ei-eigniss des WiirmtVasies der Beschwörer. 75 TOii dem Geschlechte Sse befindet sich im Norden des Gartens der weiten Aussicht»). Die Anhöhe deines Vaters, des Allhalterenkels von dem Geschlechte Sse befindet sich im Norden der Aussenwerke von Kuang-niing. Das Gesetz für die nach dem Tode gegebenen Namen sagt: Der nach dem Tode gegebene Name ist die Fussspur der Handlungen. — kh in meiner Unwissenheit halte dafür, dass der nach dem Tode gegebene Name des Vaters lauten solle: der Allhalter Tao^). Die Mutter heisse: die Königin Tao. Beide seien gleichgestellt den Lehensfürsten und Königen. Für den Garten möge man einsetzen an der Stelle einer darreichenden Stadt dreihundert Häuser. Der nach dem Tode gegebene Name des frühern Nachfolgers des Allhalters heisse Li 3). Man möge einsetzen an der Stelle einer darreichenden Stadt zweihundert Häuser. Die vortreffliche jüngere Schwester von dem Geschlechte Sse heisse: die Gemahlinn Li. Man möge einsetzen ^ Wächter des Grabmals dreissig Häuser. Für den Garten möge man iisetzen die umgebenden Leibwachen des ältesten Gehilfen*), damit sie sich befassen mit der Bewachung gemäss dem Gesetze. Die schlagen Gassen des Gaues Wen ^) in Hu mögen vereinigt werden, damit sie bilden den Garten von Li«). Der Osten des weissen Eiiikehrhauses'') in Tschang-ngan sei der Garten der Königin Li. IIS ii *) Dieser (iiirteii gehörte, wie früher aiiijeg'ebeii worden, zu dem Wohiigebäude des Nachfolgers. '^1 L). i. der bedauernswürdige Allhalter. .\ach den (iesetzen für die nach dem Tode gegebenen Xameii erhült derjenige, der eines frühzeitigen und durch ungewölinliche Einflüsse herlieigefülirten Todes gestori)en, den Namen /|>fcp Tao „bedauernswiinlig". '') I>. i. der Widersetzliche. Nach den Gesetzen für die nach dem Tode gegebenen Namen erliält derjenige, der seine früheren Fehler nicht bereut hat, den Namen f^f^ L' , widersetzlich". *| Der yj^ '^ Tseh'haiig-scliing, „älteste Gehilfe" war ein Angestellter in dem Hause des zur Nachfolge bestimmten Allhallersohnes. Dieser Angestellte war den das Wohngebäude umgebenden Leibwachen vorgesetzt. ^) ^R ] l'^l ^Ven-hiang (der Gau Wen) ist noch heut zu Tage der Name eines bereits in eiller früheren Anmerkung erwähnten Uiilerkreises. '') „Der Garten von Li" ist die eigentliche Bedeutung des «lern Nachfolgei- Khiü beige- legten Namens Li-yuen. 'I ^T:p> R Pe-liiig, das weisse Einkehrhaiis. 76 Dr. F t'i ;£iii a ie r ^ Der Gau Scliingi) in Kuaiig-ining sei der Garten von Tao. Bei aliei werde der Begräbnissort verändert. Acht Jahre später machte der mit dem Vorsteheramte bekleidet Angestellte wieder den folgenden Vorsehlag: Die Gebräuche verlan- gen: Wenn der Vater ein Diener der Lande, der Sohn der Himmels Sühn, so erhält jener die Darbringung als Himmelssohn. Der Gartet von Tao 2) soll mit ehrender Benennung genannt werden: der All halter, der verstorbene Vater. Man erbaue ein Ahnenheiligthun und mache aus dem Garten die erhabene Anhöhe der Darbringung Man reiche daselbst zur angemessenen Zeit die Gaben. Man vermehrt das darreichende V^olk des Gartens bis auf volle eintausend sechs- hundert Häuser und bilde einen Kreis des Lichtes der Darreichung s) Man ehre die Gemahlinn Li und nenne sie: die Königinn Li. Mar bestimme einen Garten mit einer darreichenden Stadt. Man vermehrt ferner die Gärten von Li, einen jeden bis zu vollen dreihunder Häusern. Lieo - khie - li. ^^^ ^Ij Lieu-khie-li war der Sohn des Königs JI^ Tsing von Tschnng-san, eines zur Nachfolge nicht berechtigten älterer Bruders des Allhalters Hiao-wu. Die Umstände, unter denen er im öffentlichen Dienste vorrückte, sind, wie angegeben wird, nicht be kannt. Im Frühling des zweiten Jahres des Zeitraumes Tsching-ho (91 vor uns. Zeitr.) liess der Allhalter für ihn einen höchster. Befehl in Gestalt folgender Verkündung ausfertigen: Der höchste Vermerker, der frühere Landesgehilfe Ho stützte sich auf die alte Bekanntschaft*), machte sich zu Nutzen seine hohe Gewalt und that Unrecht. Er hob heraus die trefflichsten Felder, umVortheil zu bringen seinen Söhnen, jüngerenBrüdern und denGästen, Er nahm nicht Rücksicht auf die Menge des Volkes, er wusste nicht *) über die Lage des Gaues l^y Sching konnte nichts atifgefurideii werden. 2) j,Der Garten von Tao" ist der Verstorbene selbst, sowie der Nachfolger Li mit dem Namen Li-yuen „der (iarten von Li" benannt wird. 3) Fung-rniiig „das Liclit der Darreichung" heisst seitdem der oben genannte Kreis Kuang-niing. *) Kung-sün-ho war, wie früher angegeben worden, der Hausgenosse des A.llhalters Hiao-wu, als dieser noch der zur Nachfolge bestimmte Sohn gewesen. m (fL Itr Das Ereigniss iles Wiirmfnisscs der Beschwörer. 4 7 /,ii vermeliren das Getreide an den Marken <). Er machte der Beste- L'linng zugän*?lii'h die oberen Strömungen. Ich der Himmelssohn ertrug ilies lange Zeit. Er veränderte sich durchaus nicht. Da machte er die Landmarken zum Gegenstände der Anzieliung s) Er hiess die inneren Landschaften abkürzen die Arbeiten und verfertigen die Wagen. Er befahl ferner den Ackerslenten, selbst fortzuführen die Vorräthe. Er belästigte dadurch den Ackerbau , störte die Viehzucht, ""die trächtigen Pferde kamen zu Schaden, die Mittel des Krieges ^wurden vermindert. Er sandte iiernieder an die Angestellten nichtige Abgaben, die hundert Geschlechter gingen in die Verbannung. Er verfertigte ferner lügnerisch einen Aufsatz der höchsten Verkündung, indem er wegen Verrath fahnden Hess nach Tschü ngan-schi. Die ISache ward in dem Gefängnisse bereits geschlichtet auf die an- gemessene Weise. Ich ernenne Khie-li, den Statthalter der Landschaft Tscho, zum Landesgehilfen der Linken. Ich theile die Stelle des ältesten Ver- mt'rkers des Landesgehilfen in zwei Amisgebäude und warte auf die Erwählung aus den fernen Gegenden der Well*). In die Nähe ziehen die nahen Verwandten, das Vertrauen schenken den weisen Männern, ist der Weg von Tscheu und Thang. Ich belehne mit zweitausend zweihundert Thüren von Peng^) den Landesgehilfen der Linken \md ernenne ihn zum Fürsten von Peng. Lieu-khie-Ii wurde somit der Landesgehilfe von Han. Im Herbst desselben Jahres ereignete es sich, dass der Nachfolger Li den Ver- läumder Kiang-tsch'hung enthaupten liess und sich des Kriegsheeres der Hauptstadt bemächtigte. Bei dieser Gelegenheit drang eine bewaffnete Macht auch in das Amtsgebäude des Landesgehilfen. Khie-li 1) Er bewirkte, dass die an den Marken liegenden Kriegsvölker Mangel an Lebensmitteln halten, « tisste alier für die Vermebi img an (ietreidevorräthe nicht zu sorgen. ^) Dem Lanilesgebiifen wird hier zum Vorwnrle gemacht . dass er habsiiclitig gewesen und von Niederen (ieschenke angenommen habe. Er hätte daher bewirkt, dass das Volk die in ileii „oberen Strömungen" beiindlielien Leiter der Geschäfte bestach. 3) Kr suchte als VVoblthäler der an den Marken liegenden (jegenden zu erscheinen, ttoiiurch diese von seinem IS:iirien angezugen werden sollten. Er bewirkte dies, indem er, wie sofort angegeben wird, in dem Innern des Landes Wagen verfeitigen , durch ilie Ackerslente selbst das Getreide wegführen nnd damit die an den Marken liegen- den Gegenden veisorgen liess. ■*) Es wird so lange gewartet, bis sich ein weier Mann vorfindet, der dann /.um Landes- geliilfeii der IJr'cliten ernannt werden wird *+/ •'') Vcpy Peng war ein Kfi^is der Landschaft des östlichen Meeres. 78 Dr. Pfizinwier V entkam mit genauer Noth fiir sich selbst und verlor auf der Flucht die ihm für seine Würde verliehene Abdrucksinarke mit dem breiten Bande. Um diese Zeit hatte der Allhalter seinen Sommeraufenthalt in dem Wohngebäude von Kan-tsiuen genommen. Der älteste Vermer- ker des Landesgehilfen bestieg einen Eilwagen und brachte dem Hofe die Meldung von dem Vorgefallenen. Der Allhalter fragte, was der Landesgehilfe Ihue. Der Vermerker antwortete: Der Landes- gehilfe hält die Sache geheim, er hat es noch nicht gewagt, die Kriegsmacht ausrücken zu lassen. — Hierüber zürnte der Himmels- sohn und rief: Wenn die Sache schon so ruchbar, wie lässt sich da von Geheimhaltung reden? Der Landesgohilfe hat nichts von dem Geiste des Fürsten von Tscheu! Hat der Fürst von Tscheu nicht gestraft Kuan und Tsai i)? Hierauf übersandte der Allhalter dem Landesgehilfen eine mit der höchsten Abdrucksmarke verschlossene Urkunde, worin es hiess: Nimm fest und lasse enthaupten die Abtrünnigen, du hast dabei Belohnungen und Strafen. Die mit Rindern bespannten Wagen mache zu deiner Schutzwehr 2). Lasse nicht zusammentreffen die kurzen Waffen und nicht in grosser Anzahl getödtet und verwundet werden die Kriegsmänner und die Menge des Heeres. Verschliesse fest die Thore der Stadt und lass' es nicht dahin kommen, dass die Abtrünnigen heraustreten können. Der Nachfolger hatte, gleich nachdem auf seinen Befehl Kiang- tsch' hung hingerichtet und die Kriegsmacht in Bewegung gesetzt worden, das Gerücht verbreiten lassen, dass der Allhalter in Kan- tsiuen krank darnieder liege und dass, wenn eine Veränderung geschähe, verrätherische Diener die Absicht hätten, einen Aufruhr zu erregen. Hierauf kam der Allhalter selbst von Kan-tsiuen herbei und bezog das westlich von den Mauern der Hauptstadt gelegene Wohngebäude Kien-tschang. Daselbst befahl er in einer Verkündung, dass man die Streitkräfte der drei schützenden Landschaften und der nahen Kreise ausrücken lasse und wies den Würdenträgern, von denjenigen, deren Gehalt zweitausend Scheffel betrug, abwärts, ihre Stellen an. Der Landesgehilfe führte über sämmtliche Streit- kräfte den Oberbefehl. 1) Kiian-spliö und Tsai-schö waii'n die eigenen Oheime des Königs Tsehing von Tscheu. 2) Es wird aufgetragen, mit dem Keinrie aus der Kerne zw kämpfen und sich dabei durch Wagen zu schützen. l):is Ereisniss des Wurinfiiisses der Beschwörer. 79 Aber mich der Nachfolger schickte einen Gesandten aus, der den vorgeblichen Befehl des Himmelssohnes überbrachte, sämmt- liche in den Gefangnissen der Aintsgebäude von Tschang -ngan befindlichen Gefangenen freizulassen. Nachdem er hierauf die Waffen des Rüslhauses hervorgeholt, befahl er dem die Stelle eines „klei- nen Zugesellten" bekleidenden Schi-te und seinem Gaste tV- h-^ Tsch' hang-kuang, so wie noch anderen Gästen, sich an die Spitze der getrennten Heerhaufen zu stellen. Ausserdem entsandte er i'^ j/n Ju-heu, einen Gefangenen von Tschang-ngan, mit einem Abschnittsrohr, damit er die zum Theile unter dem Befehle des yj^ -M- Tschang-sehui i) stehenden , zum Theile in dem Fürsten- gebäude (il 'g' Siuen-khio lagernden Reiter des Landes Hu zum Aufbruche bewege. Diese Reiterscbaaren waren eben im BegrifTe, aufzubrechen, als der „aufwartende Leibwächter" ]^ ^ Mang-thung, der im Auftrage des Hiaimelsohnes nach Tschang-ngan geschickt worden, Ju-heu nachsetzen und ihn festnehmen liess. Mang-thung verkündete sofort den Kriegern von Hu, dass das Abschnittsrohr trügerischer Weise nachgemacht sei und dass sie dem Befehle nicht Folge zu geben liaben. Hierauf liess er Ju-heu enthaupten und zog mit den Reitern von Hu in Tschang-ngan ein. Er entsandte ferner die Rndervor- steher und stellte sie dem die Würde eines ufM \JW^ ~K Ta-hung- liü2), d. i. Obmannes der die fremdländischen Gäste empfangenden Leute, bekleidenden kV J^ &ui Schang-khieu-sching zur Verfügung. Die Absciniittsröhre von Han waren bisher von reiner rother Farbe gewesen. Da jedoch der Nachfolger seinen Gesandten rotlie Abschnittsröhre einhändigte, .wurden dieselben für Han verändert, indem man zum Unterschiede an deren oberen Ende einen gelben Kuh- scbweif anbrächte. Der Nachfolger beschied den zur Beaufsieht- giing des nördlichen Heeres bestimmten Gesandten ^ -j-|^ Jin- ngan zu sich, indem er ihm zugleich auftrug, die Krieger des 1) Der Hiao (niederer Heerführer) von Tsehan^-sehui befehligte die in den Diensten von Han stehenden Reiterschaaren der Hiiing-nu"s. Durch das hier gesetzte Tsehang- srhiii soll Hu, d;is Land i\er Hiiing-nii's, ausgedrückt werden. 2) Der Sinn des liier ^^enannten IVameii ist, da'ame des Gebäudes, in welchem die Mutter des uachfolfjenden All- halters Hiao-tschao zu wohnen pflegte. Das Kri'igiiiss des WuriiilVasses der Hesoliworer. öl letzten Willens und Ix^auftrugte sie in einer höchsten Verkündigung, den jungen Gebieter zu unterstützen und zu leiten. Der Anhalter Hiao-wu starb nach einer vierundfünfzigjährigcMi Lenkung in seinem einundsiebenzigsten Lebensjahre (87 vor unserer Zeilr ). Sein Nachfolger, der Allhaiter Hiao-tschao, war, als er zur Würde des Himmelssohnes gelangte, erst acht Jahre alt und nicht im Stande, in Sachen der Lenkung Gehör zu geben. In allen An- gelegenheiten der Lenkung ward daher ausschliesslich durch Ho- kuang entschieden. Thsin-thsieu benahm sich als Landesgehilfe ehrerbietig und ernst, wobei er scliätzenswerthe Eigenschaften an den Tag legte. So oft die Fürsten und Erlauchten des Himmelssohnes sich an dem Hofe versam- melten, sprach Ho-kuang zu Thsien-thsieu: Ursprünglich habe ich mit dir, o Gebieter und Lehensfürst, gemeinschaftlich in Empfang genommen das Vermächtniss des früheren Allhalters. Jetzt bringe ich zurecht das Innere, du, o Gebieter und Lehensfürst, bringst zu- recht das Äussere, Du solltest billiger Weise dabei belehren, über- wachen und bewirken, dass ich nicht allein auf dem Rücken trage die Welt. — Thsien-thsieu erwiederte: Wenn nur du, o Heerführer, auf ihr verweilst mit den Gedanken, so ist die Welt auch schon überaus glücklich. — Er weigerte sich, hierüber zu sprechen, und Ho-kiiang schätzte ihn desswegen besonders hoch. So oft sich etwas von glücklicher Vorbedeutung oder entschieden Günstiges ereignete, wurden dem Landesgehilfen wiederholt Lobsprüche und Belohnungen zu Theil. Zur Zeit des Allhalters Tschao wurden Länder und Häuser nur von wenigen Geschäften in Anspruch genommen, und der Wohlstand des Volkes begann allmählich sich zu vermehren. Im sechsten Jahre des Zeitraumes Schi-yuen (81 vor unserer Zeitr.) erschien eine höchste Verkündigung, in welcher befohlen ward, dass die in den Land- schaften undF'ürstetiländern beförderten „Weisen und VortrefTlichen", so wie die mit dem Verfassen von Aufsätzen und mit Lernen sich be- schäftigenden Männer darüber befragt werden sollen, worin die Leiden des Volkes ihren Grund haben. Auf diese Weise kam die Angele- genheit des Salzes und Eisens das erste Mal zur Sprache. Unter dem vorigen Allhalter waren nämlich die Einkünfte des Landes für den öffentlichen Bedarf nicht hinreichend, und es ward ein Gesetz er- lassen, dem gemäss Salz, Eisen und Wein nur von den Obrigkeiten 38 Dr. Pfizmaier erzeugt und verkauft werden durften. Unter dem Allhalter Tschao ward dieser Alleinhandel der Lenkung wieder aufgehoben, da es unwürdig erschien, sich mit dem Volke in einen Wettstreit um den Nutzen einzulassen. Tsch'he-thsien-thsieu starb, nachdem er zwölf Jahre Landesgehilfe gewesen, und erhielt nach seinem Tode den Namen: Lehensfürst 7p Ting. Thsien-thsieu war, als er die Stelle eines Landesgehilfen be- kleidete, schon hochbejahrt und ward von dem Allhalter mit unge- wöhnlicher Rücksicht behandelt. Wenn er an dem Hofe zu erschei- nen hatte, ward ihm gestattet, in einem kleinen Wagen in den Vor- saal des höchsten Wohngebäudes zu fahren. Die Zeitgenossen nannten ihn daher „den Landesgehilfen des Wagens", und er erhielt inFolge dessen den neuen Geschlechtsnamen fh Tsch'he „Wagen", mit dem er, der sonst Tien-thsien-thsieu geheissen, gewöhnlich Tsch'he-thsien-thsieu genannt wird. Ilg Schün, der Solin Thsien-thsieu's, folgte seinem Vater als LehensfiJrst von Fu-min und brachte es bis zu der Würde eines Statthalters von Yün-tschung. Derselbe unternahm zur Zeit des Allhalters Hiao-sinen (71 vor unserer Zeitr.) als Heerführer „des Tigerzahnes" einen Angriff gegen die Hiung-nu's. Dabei angeklagt, unerlaubter Weise Plünderungen und Gefangennehmungen verviel- fältigt zu haben, tödtete er sich selbst, worauf sein Fürstenthum eingezogen wurde. Sang-hung-yang, den der Allhalter Hiao-wu zugleich mit Tsch'he-thsien-thsieu zum Vollstrecker seines letzten Willens ernannt hatte, bekleidete noch durch acht Jahre das Amt eines obersten vermerkenden Grossen des Landes. In der Meinung, dass man in den Fürstenländern und Häusern den Alleinhandel einzuführen beab- sichtige, prahlte er mit seinen um die Abschaffung desselben erwor- benen Verdiensten. Zugleich wollte er seinen Söhnen und jüngeren Brüdern zu Ämtern verhelfen und betrachtete HÖ-kuang mit Miss- gunst. Als er sich hierauf mit ^ ^' J- Schang-kuan-khie und Anderen in eine Verschwörung einliess, ward diese entdeckt und er selbst (80 vor unserer Zeitr.) sammt seinen Verwandten hingerichtet. Das Ereigiiiss des \\ urmfrasses der Beschwörer. ö" Ping-ke. ■±^ p^ Ping-ke führte den Jünglingsnamen ^pP ^^ Schao- khiiig und war in dem Fürstenlande Lu geboren. Er verlegte sich auf die Gesetzabschnitte und Erlässe, und ward in Lu ein Vermerker für die Gefängnisse. Da er sich in seinem Wirkungskreise viele Ver- dienste sammelte, rückte er allmählich vor und brachte es bis zu einem Beaufsichtiger der Linken bei dem Beruhiger des Vorhofes. Gleich den meisten Angestellten seiner Zeit wegen einer Übertretung der Gesetze angeklagt, verlor er sein Amt. Er kehrte in seine Heimat zurück und ward ein Dienstthuender, der „den Geschäften für die Landstriche nachging" *). Als gegen das Ende der Lenkung des Allhalters Wu das Ereig- niss des Wurmfrasses der Beschwörer eintrat, ward Ping-ke in seiner Eigenschaft als ehemaliger Beaufsichtiger bei dem Beruhiger des Voi-hofes nach der Hauptstadt Tschang-ngan berufen. Daselbst erhielt er in einer höchsten Verkündung den Auftrag, die Unter- suchung wegen des Wurmfrasses der Beschwörer in den Gefäng- nissen der für die Gäste aus den Landschaften bestimmten Einkehr- häuser vorzunehmen. Um diese Zeit ward der spätere Allhalter Siuen, ein erst einige Monate altes Kind, dessen Name ^ >/pE Ping-ki, als Urenkel des Allhalters wegen des durch den Nachfolger von dem Geschlechte Wei erregten Aufstandes ebenfalls in Anklagestand versetzt und lag, mit Stricken gebunden, in dem Gefängnisse des Einkehrhauses der Landschaften. Beim Anblick dieses Kindes ward Ping-ke von Mit- leid bewegt. Da er überdies im Grunde seiner Seele erkannte, dass der Nachfolger kein eigentliches Verbrechen begangen, bedauerte er doppelt den unschuldigen Urenkel. Er wählte eine sorgfältige und zuverlässige Wärterin, der er den Auftrag gab, den Urenkel zu pflegen, indem er diesen zu gleicher Zeit an einem geräumigen und trockenen Orte des Gefängnisses unterbrachte. Ping-ke befasste sich durch eine Beihe von Jahren mit der Untersuchung des Wurmfrasses der Beschwörer, ohne jedoch in dieser Sache einen Ausspruch zu thun. Als endlich im zweiten Jahre ') Was dies eigentlich gewesen, konnte bisher nicht eniiittelt werden. gQ Dr-. Pfizmaier des Zeitraumes Heu-yuen (87 vor unserer Zeitr.), also vier Jahre nach dem hier erzählten Ereignisse, der Allhalter Wu sieh krank fühlte und zwischen den Prachtgebäuden der „ausgewachsenen Wei- denbäuine" und der „fünf Ulmen« 0 unstet umherzog, machten die Leute, weiche sich mit der Beobachtung der Luft beschäftigten, die Bemerkung: In den Gefängnissen von Tschang-ngan waltet die Luft des Himmelssohnes.— Der Ailhalter schickte hierauf einen Abge- sandten mit dem Auftrage, die Leute „des Anitsgebäudes der mittle- renHauptstadt"ä)an verschiedene Stellen zu vertheilen. Eine höchste Verkündigung befahl, sämmtliche in den Gefängnissen mit Stricken gebundene Menschen, gleichviel, ob sie etwas Leichtes oder Schweres verbrochen, rücksichtslos zu tödten. Ling-kö-jang 3), der Abgesandte für die Gäste des Inneren, erschien in der Nacht vor dem Gefängnisse des Einkehrhauses der Landschaften. Ping-ke verschluss das Thor und stellte sich dem Ab- gesandten, dem er den Eintritt wehrte, entgegen. Dabei rief er: Der Urenkel des Allhalters befindet sich hier! Dass andere Menschen, welche nichts verbrochen haben, sterben, darf nicht einmal geschehen, um wie viel weniger der eigene Urenkel! — Er vertheidigte sich bis Tagesanbruch, ohne dass der Abgesandte einzutreten iin Stande gewesen wäre. Ling-kö-jang kehrte zurück und brachte die Sache zur Kenntniss des Himmelssohnes, indem er im Wege der Beschuldi- gung über Ping-ke Bericht erstattete. Der Allhalter Wu kam jetzt -r-H fe 1) Das Pr:icht{;ebiiude >1\^ -^- Tschang--yan^, il. i. „die ausgewachsenen Weiden- ti'liiine" und /fvF -/y l'-tso, d. i. „die fünf Ulmen," befanden f'cli beide in di'in Kreise /•^ "^^ Tseheu-tschT, der noch heule diesen Namen fühlt und dessen Maujitstadt in ziemlich bedeutender Entfernung' wesllioh von Si-ngaii an dem Klusse Wei gelegen ist. 2) Das Amtsgebäude der mittleren Hauptstadt ist der Versammlungsort der Obrigkeiten der Hauptstadt des Uimmelssohnes. Im vierten Jahre des Zeitraumes Tsching-lio (89 vor unserer Zeitr.) errichtete der Allhalter Hiao-wu eine Schaar von eintausend zweihundert „in der Hand das Absciinittsrohr haltenden, die Obi'ijikeiten der mitt- leren Hauptstadt begleitenden Dienstmännern". Die Obliegenheit dieser Leute war, die mit dem Wurmfrass der Beschwörer sich beschäftigenden Menschen festzunehmen und über grossen VerraMi und Arglist zu wachen. Spiiter ward das mit dem obigen Namen belegte Amt wieder abgeschafft. *) Dieser Mann hatte, wie früher erzüliVl worden, auch den Landesgehilfen Lieu-khie-li aii'jezei'rt. Das Ereifjniss des Wiirmfrasses der Beschwörer. 9 1 ebenfalls zur Besinnung und meinte, dass der Himmel dies so veran- staltet habe. Er verkündete sofort allgemeine Verzeihung. Auf diese Weise hatten , wie bemerkt wird, die in dem Gefängnisse der Land- schaften mit Stricken gebundenen Menschen ihr Leben einzig Ping- ke zu verdanken, und in Folge dessen ward die Gnade desHinimels- sohnes allen Ländern innerhalb der Meere zu Theil. Der Urenkel war öfters so bedeutend krank, dass er beinahe nicht aufgekommen wäre. Ping-ke sorgte zu wiederholten Malen für die Pflege, die Herbeischaffung der Amme und die Verabreichung von Arzeneien. Zugleich sah er bei ihm nach und begegnete ihm äusserst gütig, indem er alles, was das Kind an Kleidern und Speisen bedurfte, aus eigenen Mitteln bestritt. Später ward Ping-ke Befehlshaber des Verkaufsraumes des Heeres bei dem „Heerführer der VV'agen und Reiter" i). Er ward hierauf versetzt und zum ältesten Vermerker bei dem „grossen Heerführer" befördert. Ho-kuang, der die letztgenannte Stelle bekleidete, schätzte ihn sehr hoch, und Ping-ke, zuletzt an dem Sitze des Hofes eintretend, gelangte zu der Würde eines Grossen „des glänzenden Gehaltes", in welcher Eigenschaft er in dem inneren Wohngebäude des Himmelssohnes Dienste verrichtete. Der Allhalter Tschao starb (74 vor unserer Zeitr.) ohne Hinter- lassung eines Sohnes. Der „grosse Heerführer" Ho-kuang entsandte Ping-ke mit dem Auftrage, den zur Nachfolge ausersehenen Ho, König von Tschang-yi, abzuholen. König Ho ergab sich, als er zur Würde des Himmelssohnes gelangt war, einem ausschweifenden Lebens- wandel und ward aus diesem Grunde wieder abgesetzt. Ho- kuang berieth sich mit dem Heerführer „der Wagen und Reiter'^ TS "^ j'P Tsch"hang-ngan-schi und sämmtlichen grossen Würdenträgern, wen man an der Stelle des Königs Ho einsetzen solle, hatte aber noch keinen Beschluss gefasst. In dieser Lage machte Ping-ke eine Meldung an dem Hofe, indem er dem Heer- führer Ho-kuang folgendes auseinandersetzte: Du, 0 Heerführer, hast gedient dem Allhalter Hiao-wu, hast empfangen als anvertrautes Gut die Wickelbänder, übernommen als Schutzbefohlenen die Welt. Der Allhalter Hiao-tschao ist frühzeitig 1) Diese Stehe bekleidete damals der Heerführer "/» ■ E 1— Schaiig-kuaii-ngau. qO Dr. Pfi zm s ier gestorben und hat keine Nachkommen hinterlassen. Die Länder innerhalb der Meere sind erfüllt von Bangigkeit und Knmmer, sie wollen schleunigst hören von einem nachfolgenden Gebieter. An dem Tage, MO man eröffnete die Trauer, hast du in Übereinstimmung mit der grossen Gerechtigkeit eingesetzt einen Nachfolger. Der- jenige, den man einsetzte, war nicht der rechte Mensch. Du hast wieder in Übereinstimmung mit der grossen Gerechtigkeit ihn abgesetzt. In der Welt war Niemand, der sich diesem nicht fügte. In der gegenwärtigen Zeit handelt es sich bei dem Befehle für die Landesgötter, für das Heiligthnm der Ahnen und sämmtliche Geborene um die einzige Erhebung, die zu bewerkstelligen durch dich, 0 Heerführer. Ich vermass mich, zuzuhorchen der Menge der Menschen und zu untersuchen, was sie sagen. Von denjenigen, die, hervorgegangen aus den Stammhäusern der Lehensfürsten, sich befinden auf den gereihten Sitzen ihrer Würde, ist noch nichts gehört worden unter dem Volke. Aber derjenige, der aufgezogen worden nach der hinterlassenen höchsten Verkündung, des Anhal- ters Wu Urenkel, mit Namen genannt Ping-ki, der sich beßndet in den Vorhöfen der Seite, in einem auswärtigen Hause i)> 'ch habe ihn in früherer Zeit, als ich in Folge eines Auftrages wohnte in dem Einkehrhause der Landschaften, gesehen als Knaben. Er ist gegen- wärtig achtzehn bis neunzehn Jahre alt. Er versteht die Kunst der richtschnurmässigen Bücher, besitzt vortreffliche Gaben. In seinem Wandel ist er ruhig, aber in seinem Masshalten voll Übereinstimmung. Ich wünsche, dass du, o Heerführer, es untersuchest in der grossen Berathung und es erwägest mit Hilfe des Wahrsagekrautes und der Schildlu'ötenschale. Wie sollte es angemessen sein, zu rühmen und bekannt zu geben? Mögest du ihn früher heissen eintreten und auf- warten 2). Mögest du bewirken, dass die Welt dies als etwas Offen- kundiges erfahre, dann erst mögest du es zur Entscheidung bringen durch das Rohrbrett 3j. Die Welt wäre dann überaus glücklich. •) Ein auswäi'tig'es Haus bedeutet hier ein nicht zu dem WohngebSude des Hiramels- sohnes gehörendes Haus des Volkes. Der Urenkel Ping-ki befand sich, nachdem er ÖMS Gefiin^rniss des Einkehrhaiises der Landschaften verlassen, in einem solchen aus- wärtigen Hause. „Vorhöfe der Seite" heissen die Wohnungen iur Seite des fürsl- lieheii Wohngebäudes, ein Ausdruck, der, wie angegeben wird, hier erst von Späteren hinzugefügt worden. 2) Er möge sich der Gemahlin des friiheien AlllKiilers vorstellen. 3) Das Rohrbreit des Wahr-sagers. Das Ereig:niss des VViirinlVasses der Beschwörer. yo Hü-kuang überblickte die Berathung dieser Angelegenheit und erhob den Urenkel des Allhalters zur höchsten Würde des Himmels- sohnes. Vs &\\ Lieu-te, der Zurechtsteller des Stammhauses ldli> 3^ J und Ping-ke wurden ausgeschickt, um den Urenkel aus den Vorhöfen der Seite abzuholen. Der Allhalter Siuen hatte, sobald er zur Lenkung gelangt war, Ping-ke die Würde eines Lehensfürsten des Landes innerhalb des Durchweges verliehen. Ping-ke war ein sehr gediegener Mann, der niemals mit seinen Vorzügen prahlte. Seit der Urenkel seine hohe Würde angetreten, beobachtete Ping-ke hinsichtlich des Geschehenen das tiefste Schweigen und sprach nicht ein Wort über das Gute, welches er früher erwiesen Aus diesem Grunde konnte auch Nie- mand an dem Hofe die Verdienste dieses Mannes bekannt geben. Als im dritten Jahre des Zeitraumes Ti-tsie (67 vor unserer Zeitr.) ein Sühn des Allhalters zum Nachfolger eingesetzt ward, erhielt Ping-ke die Stelle eines „grossen Zugesellten" des Nach- folgers. Nach einigen Monaten wurde er im Amte versetzt und zu der Stelle eines obersten vermerkenden Grossen befördert. Nachdem die Mitglieder des Geschlechtes '^^ Ho, unter ihnen 1^ ^^' Ho-yü, der Sohn des Heerführers Ho-kuang (66 vor unserer Zeitr.) wegen Verschwörung hingerichtet worden, machte sich der Allhalter in Selbstheit mit der Lenkung vertraut und überwachte die Geschäfte des obersten Buchführers. Um diese Zeit hiess ein in den Vorhöfen der Seite befindliches, zum Dienste einer Leibeigenen des höchsten Wohngebäudes verurtheiltes Weib, Namens öil Tsi, ihren früheren unter dem Volke lebenden Mann an dem Hofe eine Eingabe machen, worin auseinandergesetzt ward, dass sie sich einst als Amme um den Allhalter Verdienste erworben. Die Eingabe gelangte herab, und der Befehlshaher der Vorhöfe der Seite unter- suchte die Sache, indem er die Leibeigene TsT befragte. Diese führte in ihrer Aussage an, dass der damalige Abgesandte Ping-ke davon wisse. Der Befehlshaber der Vorböfe der Seite nahm Tsi mit sich und begab sich in das Amtsgebäude des obersten Vermerkers, wo er Ping-ke die Leibeigene zeigte. Ping-ke erkannte Tsi und sagte zu ihr: Du wurdest einst schuldig befunden, den Urenkel des Allhal- ters nicht sorgfältig gepflegt zu haben. Ich überwachte dich und Hess dich mit der Gerte schlagen: M'ie konntest du dir Verdienste OÄ Dr. Pfiz maier { erworben haben? Bios Hii-tsu aus Wei-tscbing i) und Ko-tsch1iing- king aus Hoai-yang haben Gutes erwiesen. Die hier genannten ^ ^j\ Hu-tsu und .^^p ^|j^ ^[] Ko- tsch'hing-king ») waren zwei begnadigte weibliche Sträflinge, welche zwar von den Halsringen befreit worden waren und die erdfarbenen Kleider ablegen durften, dagegen aber für die Dauer der ihnen ursprünglich zugemessenen Strafzeit bei den Obrigkeiten Dienste verrichten mussten s). Dieselben waren bei dem Urenkel abwech- selnd als Ammen und Wärterinnen verwendet worden. In abgeson- derten Berichten wurde jetzt dem Hofe gemeldet, dass Hu-tsu und deren Gefährtinnen den Allhalter als Kind gepflegt und sich dabei viele Mühe gegeben haben. In einer höchsten Verkündigung erhielt Ping-ke den Auftrag, Hu-tsu und Ko-tsch'hing-king aufzusuchen. Beide waren indessen schon gestorben, es lebten jedoch von ihnen Kinder und Kindes- kinder, denen reichliche Belohnungen zuTheil wurden. Eine höchste Verkündigung bestimmte, dass die Leibeigene Tsi begnadigt, zu den Menschen des Volkes gezählt und mit zehnmal zehntausend Geld- stücken beschenkt werde. Der Allhalter besuchte hierauf in Selbstheit die Leibeigene Tsi und fragte sie über die Vergangenheit. Erst jetzt erfuhr er, dass Ping-ke ihm einst Wohlthaten erwiesen und davon niemals etwas gesagt habe. Er hielt ihn in der vollsten Bedeutung des Wortes für einen Weisen und Hess eine an den Landesgehilfen gerichtete höchste Verkündigung ausfertigen, worin er sagte: Zur Zeit, als ich der Himmelssohn klein und unbekannt war, hat der verüierkende Grosse Ke mir dem Himmelssohne Wohlthaten erwiesen. Die Tugend dessen prangt in lieblicher Fülle. Sagt denn nicht das Gedicht: 'J J/tV ycq Wei-tscliinji: (die Feste des Flusses Wei) gehörte zu der Hauptstadt Tscliaii^-iigan und ist das alte llieii-y;iiig. 2) In der (»eschiclite des Anhalters Siiien heisst dieser letztere Name Tschao-tsch'hiug- kiiig:, indem daselbst der hier stehende Geschlechtsname ^\^ Kö durch jrW Tschao ersetzt wird. 3) Andere herichten, dass die Männer, welche ein leichtes Verbrechen begangen, zu einjührigem Wachdienst an den Marken des Landes verurtheilt wurden, während die Weiln'r, da sie ihrer Schwächlichkeit willen zum Wachdienst untaug-lich waren, bei den Übrij,'kpifcn ebenfalls in der Dauer eines Jahres Dienste verrichten mussten. Das Ereio'niss des Wurmfrasses der Beschwörer. 95 Keine Tugend ohne Lohn? Icli belehne Ke als Lehensfürsten von Po-yang. Zu seiner Stadt oehören eintausend dreihundert Thüren des Volkes. In dem Augenblicke, als Ping-ke in das Lehen eingesetzt wer- den sollte, verfiel er in eine schwere Krankheit. Der Allhalter ge- dachte Leute abzusenden , welche Ping-ke das Band mit der Ab- drucksmarke des Lehens anlegen und ihn auf diese Weise, so lange er noch am Leben war, mit dem Lehen betheilen sollten. Der All- halter war voll Betrübniss, dass Ping-ke von seiner Krankheit nicht aufstand. Dagegen drückte n^ -j^ j^ Hia-heu-sching, der „grosse Zugesellte" desNachfolgers, die zuversichtliche Erwartung aus, dass der Kranke genesen werde, indem er sprach: Dieser stirbt noch nicht. Ich habe gehört: Wer eine verborgene Tugend besitzt, wird gewiss theilhaftig der Freude daran, so dass diese sich erstreckt auf die Söhne und Enkel. Jetzt hat Ke noch nicht empfangen den Lohn und erkrankt schwer: dies ist nicht seine Todeskrankheit. — Indes- sen genas Ping-ke wirklich. Nach seiner Genesung richtete Ping-ke an den Allhalter einen Aufsatz, worin er sich entschieden weigerte, das Lehen anzunehmen und kundgab, dass es sich für ihn nicht zieme, eines Namens willen Belohnungen zu empfangen. Hierauf antwortete der Allhalter: Dass ich der Himmelssohn dich, o Gebieter, belehne, ist keineswegs eines eitlen Namens willen. Jedoch dass du, o Gebieter, hinaufreichst einen Aufsatz und zurücksendest die Abdrucksmarke des Lehens, hierdurch zeigst du oifenbar, dass ich, der Himmelssohn, keine Tu- gend besitze. In der gegenwärtigen Zeit gibt es in der Welt wenig Geschäfte. Mögest du, o Gebieter, ausschliesslich anstrengen den reinen Geist, untersuchen mit den Gedanken, anwenden dieArzeneien und dadurch dich festhalten. — Ping-ke verblieb somit Fürst von Po-yang. Fünf Jahre später (59 vor unserer Zeitr.) ward er an der Stelle des mit Tode abgegangenen ;j;Q ^W W^ei siang zum Lan- desgehilfen ernannt. Ping-ke war ursprünglich aus dem Stande der für die Gefäng- nisse bestimmten kleinen Angestellten hervorgegangen und verlegte sich erst später auf die Bücher der Gedichte und der Gebräuche, in deren grossen und allgemeinen Sinn er eindrang. Als er sich im Besitze der Würde eines Landesgehilfen befand, leistete er das Qß Dr. Pfizma i er Höchste in Freisinnigkeit und befleissi-te sich im Umgange der grössten Zuvorkommenheit. Wenn einer der zugetheilten Vermerker Sicheines Verbrechens schuldig machte, eine Bestechung annahm oder seine Pflicht nicht erfüllte, erhielt er ohne Schwierigkeit die Er- laubniss, sich aus Altersrücksichten zum Übertritt in den Ruhestand melden zu dürfen. Es ereignete sich niemals, dass ein Angestellter durch ihn in Untersuchung gezogen worden wäre. Ein Gast äusserte sich in dieser Hinsicht gegen Ping-ke: Du, o Gebieter und Lehensfürst, bist der Landesgehilfe von Han. Verräthe- rische Angestellte bringen zur Ausführung ihre selbstsüchtigen Vor- sätze, werden aber nirgends zur Verantwortung gezogen. Ping-ke antwortete: Dass dieses Versammlungshaus der drei Fürsten sich durch die Untersuchung der Angestellten der Gerichte einen Namen machen sollte, ich vermesse mich, dies zu verschmä- hen.—Die Männer, welche später an die Stelle Ping-ke's traten, be- trachteten die hier erwähnte Handlungsweise als einen alten Vor- gang. In dem Versammlungshause der drei Fürsten des Himmels- sohnes wurden hinfort die Angestellten nicht in Untersuchung gezo- gen, ein Gebrauch, der Ping-ke seinen Ursprung verdankte. Gegenüber den von seinem Amte abhängigen Obrigkeiten und den zugetheilten Vermerkern Hess es sich Ping-ke angelegen sein, deren Fehler zu verdecken und deren Vorzüge bekannt zu geben. Der bei Ping-ke mit dem Abspannen der Pferde betraute Angestellte war ein Freund des Weines und hatte sich öfters in seinem Amte Versäumnisse und Nachlässigkeiten zu Schulden kommen lassen. Die- ser Mann hegleitete einst Ping-ke auf einer von dessen Ausfahrten, wo er sich in der Trunkenheit über den dem Landesgehilfen be- stimmten Wagen erbrach. Der den Angestellten vorgesetzte Si-tsao (Gericbtsbeamte des Westens) zeigte dies an und verlangte, dass der mit dem Abspannen der Pferde betraute Angestellte aus dem Dienste entlassen werde. Ping-ke erwiederte jedoch: Wenn man wegen des Vergehens der Trunkenheit entfernen wollte einen Mann, was würde man diesen Menschen wieder ia sich fassen heissen? Möge es der Gerichtsbeamte des Westens nur ertragen. Es ist dies nichts weiter, als eine Verunreinigung der Matte von dem Waagen des Landesgehilfen. — Demgemäss ward der Angestellte nicht aus dem Dienste entfernt. Das Ereignis« des Wurmfrasses der Beschwörer. 97 Der hier erwähnte mit dem Abspannen der Pferde betraute An- gestellte war in einer der äussersten an den Marken gelegenen Land- schaften geboren und kannte genau die Art und Weise, wie man an den Versperrungen der Marken „Laufbefehle" i) aussandte und zur Kampfbereitschaft mahnte. Als er eines Tages in's Freie gegangen war, sah er zufällig, wie ein Stellreiter, in der Hand einen rothen und einen weissen Beutel tragend, mit einem von den Landschaften der Marken ausgesandten Laufbefehle dahergesprengt kam. Der mit dem Abspannen der Pferde betraute Angestellte folgte dem Stellrei- te'r bis zu dem öffentlichen Wagen, wo er die überbrachten Gearen- stände durchsuchte und herausnahm. Er erkannte sofort, dass die Kriegsgefangenen in die Landschaften Yün-tschung und Tai einge- fallen seien. Ohne Verzug kehrte er in das Versammlungshaus zurück und begab sich zu Piiig-ke, dem er seine Beobachtung mit- theilte. Zugleich äusserte er sich: Ich fürchte, dass in den Land- schaften der Marken, wo die Kriegsgefangenen eingefallen, die älte- sten Angestellten mit dem Gehalt von zweitausend SchefTeln solche sind, die leiden an der Krankheit des Alters und nicht verlässlich sind in Sachen der AngrifTswaffen und Pferde. Man sollte im Voraus bei ihnen nachsehen können. Ping-ke, der diesen Worten seinen Beifall zollte, berief den Gerichtsbeamten des Ostens und den die Marken beaufsichtigenden ältesten Angestellten zu sich, indem er ihnen auftrug, ihre Leute nach den Abtheilungen des Alters zu sondern und jedem seine Stelle anzuweisen. Ehe noch die Vorbereitungen beendet waren, wurden der Lan- desgehilfe und der oberste Vermerker in einer höchsten Verkündung zu dem Himmelssohne berufen, der sie über die Angestellten der Landschaften, in welche die Kriegsgefangenen eingedrungen, be- fragte. Ping-ke hatte eine Antwort bereit. Der die Stelle eines obersten Vermerkers bekleidende Grosse konnte, da er plötzlich zu einer Antwort gedrängt wurde, nichts Sicheres angeben und erhielt einen Verweis. Von Ping-ke hingegen m ard gesagt, dass er um die an den Marken liegenden Landschaften besorgt und seiner Ptlicht eingedenk sei, was er dem mit dem Ausspannen der Pferde betrauten, 1) Diejenigen, welche einen solchen Befehl erhielten, raussten iai Laufe herbeieilen, d. i. sclilemiigst gehorchen. Sitib. d. phil.-hist. Cl. XXXFX. Bd. I. Hft. 7 Qg Dr. P fi 7. m a i e r Angestellten zu verdanken hatte. Ping-ke sprach jetzt mit Nach- druck : Fiir einen Mann gibt es nichts , das er nicht in sich fas- sen kann. Bei den Gaben hat jeder etwas, worin er der Vorzüg- lichste. Gesetzt, dei- Landesgehilfe hätte nicht früher gehört die Worte des mit dem Ausspaimen d^r Pferde betrauten Angestellten, was für eine Kundmachung seiner Bemühungen hätte es wohl gege- ben? — Die zugetlieilten Vormerker hatten in Folge dieser Bege- benheit eine noch höhere Meinung von der Weisheit Ping-ke's. Als Ping-ke ein anderes Mal ausgefahren war, traf er auf einem gereinigten Wege») eine Schaar Menschen, welche unter sich in einem blutigen Streite begrilTen waren, so dassTodte und Verwundete den Weg bedeckten. Ping-ke zog an ihnen vorüber, ohne eine Frage zu stellen, worüber sich die zugetheilten Vermerker nur verwunderten. Indem er seinen Weg fortsetzte, traf er einen Menschen, der eine Kuh trieb. Die Kuh keuchte und streckte die Zunge heraus. Ping-ke Hess sofort die Pferde halten und gebut einem reitenden Angestellten, den Treiber der Kuh zu fragen, wie viele VVeglängen derselbe zurück- gelegt. Die zugetheilten Yermerker glaubten nur, dass der Landesgehilfe in diesem und in dem früheren Falle sich in der Sache des Fragesteilens verfehlt habe. Einer tadelte ihn aus diesem Grunde, worauf Ping-ke erwiederto: Wenn die Menschen des Volkes im Streite sich gegen- seitig tödten und verwunden, so haben der Befehlshaber von Tschang- ngan und der Aufseher des Kreises des Himmelssohnes dies zu ver- bieten und in Bereitschaft zu halten Verfolgung und Festnehmen. Am Ende des Jahres heurtheiit derLandessj^ehiife, was sie versäumt oder geleistet, erstattet Bericht an dem Hofe und lässt ergehen Beloh- nungen und Strafen, dies ist alles. Die grossen Hausdiener und Lan- desgehiü'eri machen si('h nicht vertraut mit kleinen Angelegenheiten, nicht mit demjenigen, um das sie auf den Wegen fragen müssten. Im Frühling gibt es wenig UrstofF des Lichtes. Die Wesen, die ver- wendet werden zu Geschäften, können sich noch nicht stark erhitzen. Ich fürchtete, dass die Kuh auf einem nahen Wege verwendet wurde in der Hitze und dass sie aus diesem Grunde keuche. In diesem Falle hätte die Luft der Zeiten das Mass nicht eingehalten. Ich fürch- tete , dass hierdurch Scliaden entstehen würde. Die drei Fürsten ') Wenn ilfi- lliiiMii'lssdl.n niisfiilirt, oder wt'iiii ;iii den Anhetungsiirl(>n eine D»rbriii-Il ^un^ stattfinilet. werden l'riilier die Wege gereinigt. I Das Ereig^niss (ies Wurmfrasses der Beschwörer. 99 bringen in den Vorbildern zur Gleichstimmigkeit die Urstoffe der Fin- sterniss und des Lichtes, es ist die Pflicht ihres Amtes, sich darum zu bekümmern. Aus dieser Ursache stellte ich die Frage. — Die zugetheilten Vermerker unterwarfen sich diesem Ausspruche und erkannten, dass Ping-ke die Sachen von ihrer grossen Seite auf- fasse. Im Frühlinge des dritten Jahres des Zeitraumes U-fung (55 vor unserer Zeitr.) erkrankte Ping-ke bedenklich. Der Allhalter sah in Selbstheit bei ihm nach und fragte ihn: Vl^enn für dich, o Gebieter, das Unvermeidliche eintreten sollte, wer ist dann derjenige, der dich ersetzen könnte? Ping-ke entschuldigte sieh anfänglich und sprach: Der Wandel und die Fähigkeiten sämmtlicher Diener sind dem erleuchteten Ge- bieter bekannt, Ich der unwissende Diener vermag hier nichts zu erkennen. Als der Allhalter in ihn drang, verbeugte sich Ping-ke und sprach: Tu-yen-nien, der Statthalter der Landschaft des westlichen Flusses, ist hellsehend in Sachen der Gesetzgebung. Er ist bewan- dert in den alten Angelegenheiten der Fürstenländer und Häuser. Er war vormals einer der neun Erlauchten durch mehr als zehn Jahre. Jetzt befindet er sich bei der Lenkung der Landschaften und hat den Namen eines fähigen Mannes. Yü-ting-kue, der Beruhiger des Vorhofes, befasst sich mit der Erörterung der angeschlagenen Gesetze, bringt in ein Gleichmass die Welt, so dass sie an sich nicht verderbt ist. Der oberste Hausdiener Tschin-wan-nien dient seiner Stiefmutter, erfüllt die Pflicht des Sohnes gewissenhaft, führt den Wandel der Tugend. Die Fähigkeiten dieser drei Menschen befinden sich zu meiner Rechten. Nur der Hohe mö^e dies untersuchen. Der Allhalter gab Ping-ke in Allem recht und willigte in dessen Vorschläge. Nach dem noch in dem oben angegebenen Jahre erfolg- ten Tode Ping-ke's ward der oberste vermerkende Grosse ^n Hoang-pa zum Landesgehilfen ernannt. Zugleich ward 4E 3iE yhj^ Tu-yen-nien, der Statthalter der Landschaft des westlichen Flusses, nach Tschang - ngan berufen und zu der Würde eines obersten yerjnerkenden Grossen befördert. Als dieser wegen seines Alters um die Versetzung in den Ruhestand bat und krankheitshalber auch wirklich seines Amtes enthoben ward, erhielt an dessen Stelle ■[QQ Dr. P f i z m n i e r 1^ ^ jX- Yü-ting-kue, der Beruhiger des Vorhofes, das Amt eines obersten vermerkenden Grossen. Als später (51 vor unserer Zeitr.) Hoang-pa starb, w^ard Yü-ting-kue an dessen Stelle zum Landes- gehilfen, der oberste Hausdiener ^ j^ []^ Tschin -wan-nien jedoch an der Stelle Yü-ting-kue\s zum obersten vermerkenden Grossen ernannt. Diese Männer fimden während ihrer Amtsthätig- keit rühmende Anerkennung, und der Allhalter rühmte auch Ping-ke als einen verständigen Mann. Ping-ke erhielt nach seinem Tode den Namen Fürst ^ Ting und findet sich als Fürst von |^ j^ Po^yang in dem Buche der- jenigen Lehensfürsten, welche zu den mütterlichen Verwandtschaften des Himmelssohnes gehörten oder der besonderen höchsten Gnade theilhaftig gewoiden. Ping-ke hatte zum Nachfolger in dem Lehenfürstenthume sei- nen Sohn Uli Hien. Dieser machte sich in dem Zeiträume Kan-lu (53 — 50 vor unserer Zeitr.) eines Verbrechens schuldig, indem er während der Darbringung in dem Ahnenheiligthume der Han zu dem Thore des Vorstehers der Pferde ritt, was als Unehrerbietigkeit ausgelegt wurde. Zur Strafe dafür ward er einer Lehensstufe be- raubt und zu einem Lehensfürsten des Landes innerhalb des Durch- weges herabgesetzt. Nachdem er hierauf in öffentliche Dienste ge- treten, brachte er es bis zu einem ^ij" 75-f Wei-wei ,,Beruhiger m w " ^ der Leibwachen" und Thai-po „obersten Hausdiener". In seiner Jugend gehörte Pinz-hien zu dem Stande der mit dem Namen W Tsao belegten Gerichtsbeamten. In dieser Eigen- Schaft nahm er einst an der Darbringung in dem Ahnenheiligthume des Anhalters Kao Theil. Als der dem Gottesdienste vorhergehende 'i'ag, an dessen Abende die Thiere der Darbringung besichtigt werden sollten, gekommen war, Hess Ping-hien die für die Feier bestinunteii Kleider hervorholen und von den Theilnehmern in Empfang nehmen. Der Landesgehilfe Ping-ke war hierüber sehr eizürnt und sprach zu seiner Gemahlin: Das Ahnenheiligthum ist ein Gegenstand von äusserster Wichtigkeit, alter Hien lässt es fehlen an Elnvrbieliuig und Aufmerksamkeit. Derjenige, der verlieren wird die Rangstufe meines Lehens, ist gewiss Hien.— Die Gemahlin Ping-kes [);is iM-L-igiiiss des Wuiiiifrisses der üescliwiiri'i'. IUI sprach indessen zu Gunsten iiires SoliiU'S, worauf auch der Vater die Sache auf sich beruhen liess. Der zweite Solm Ping-ice's hiess j^ Yü und bekleidete die Stelle eines mit dem Namen Schui-heng belegten „Beruliigers der Hau[)tstadt-' *). Der jüngste Sohn |& Kao war ein j^iT jt.^ Hiao- wei (niederer Heerführer) der mittleren Lagerwälle. Zur Zeit des nachfolgenden Allhalters Hiao-yuen machte ein Fünfmann der Kriegsleute 3), Namens ^^ Tsün, die folgende Ein- gabe, worin er einige bisher unbekannt gebliebene Einzelheiten aus dem Leben Ping-ke's zur Kenntniss des Himmelssohnes brachte: In meiner Jugend war ich ein kleiner Angestellter des Einkehr- hauses der Landschaften. Ich vermass mich, zu sehen den Allhalter Hiao-siuen, wie er als Urenkel des Anhalters sich befand in dem Gefängnisse des Einkehrhauses der Landschaften. Um diese Zeit sah der in den Gefängnissen untersuchende Abgesandte Ping-ke, was dem Urenkel des Allhalters widerfahren ohne dessen Schuld. Ke hatte ein menscbliches Herz, er war gerührt und weinte schmerzlich, er wählte die wieder Dienste verrichtende 2) Hu-tsu, damit sie pflege und beaufsichtige den Enkel*) des Allhalters. Ke schloss sich ge- wöhnlich an mich, den Diener Tsün und machte täglich zweimal die Aufwartung demjenigen, der lag auf dem Boden des Vorhofes s). Als später erging die höchste Verkündung mit dem Befehl, sich zu ver- theilen in den Gefängnissen, stellte sich Ke entgegen dem grossen Unglück. Er vermied nicht die strenge Strafe nach dem mächtigen Gesetze. Nachdem erfolgt die allgemeine Verzeihung, sagte Ke zu Schui- ju«), dem Gehilfen des Bewahrers, dass derEnkel des Allhalters *J Diese Stelle, mit welcher die AuMclit über die Ahf^iiben von den Teieiieii und (iiirteii verliuiuleii war, liatle auch Kiiiiig-tich'liiing l.ekleidet. ~) Dieser Mann hesass einst eine LelienssUife, deren er verlustig \\;ird nndliiL'raul' zu den fiendssensciiaflen von liint' Kriegsleulen f^elnirte. Kr lieisst dessliall) llj — 1 — Sse-U, „der Fünlinaiin der Kriegsleute." ") So liiessen, wie sthoii früher angedeutet worden, die zu ollentlichen Arheiteu ver- (irtheilteii Weiber, welche für die Dauer ihrer Strafzeit hei den Obrigkeiten Dienst*^ veirichleten. *) Von hier an wird statt „Urenkel" die Abkiii/.uny „Knkel" geset/.t. *) Der Urenkel war damals ein Kind, welclies noch In den Wiekelliändern lag. *J vtH -"^t Schui-ju ist der Kindesname des (iehilfen des (ieläiig-nissaufsehers. \Q^ Dr. Pf iz iiia ier ( sich nicht beHndea solle bei den Obrigkeiten *)• Er hiess Schui-ju bringen die Urkunde dem Aufseher des Kreises des Himmelssohnes, schickte den Enkel und gab ihm zugleich mit Hu-tsu das Geleite. Der Aufseher des Kreises des Hiramelsohnes nahm ihn nicht auf, und man brachte ihn wieder zurück. Endlich sagte Tsu: Meine Zeit ist erfüllt. — Als sie gehen sollte, hins der Enkel des Allhalters an ihr mit Liebe. Ke miethete mit seinem eigenen Gelde Tsu, hiess sie bleiben und mit Ko-tsch'hing- kin'' zugleich sich der Pflege unterziehen. Nach einigen Monaten schickte er sie fort. Später machte der sparende Mann des kleinen Inneren 2) die Meldung Ke und sprach: Hinsichtlich der Ernährung des Enkels des Allhalters gibt es keinen Auftrag der höchsten Verkündung 3). — Ke versoriite mit dem Reis und dem Fleisch, die er um die Zeit zu verzehren hatte, allmonatlich den Enkel des Allhalters. Ke war sofort eine Zeitlang krank. Er hiess ohne Verzug mich, den Diener Tsün, am Morgen und am Abend bitten und fragen den Enkel des Allhalters, ferner nachsehen und untersuchen, ob Decken und Matten trocken oder feucht. Er hiess mich Acht haben auf Tsu und Tsch'hing-king, damit sie nicht in der Dämmerung des Morgens oder in der Nacht sich entfernen von dem Enkel des Allhalters und umherwandelnd sich belustigen. Er überreichte ihm öfters süsse gebrechliche Sachen und Esswaaren. Hierdureh schloss er in die Arme den unversehrten göttlichen Geist und zog zur Reife heran die höchstweise Selljstlielt. Die Verdienste und die Wohlthat dessen haben bereits kein Mass. Wie sollte er damals im Voraus erkannt haben das Glück der Welt und getrachtet haben nach seiner Reloh- nung? In Wahrheit seine Menschlichkeit und Güte waren innerlich geknüpft in dem Herzen. Hat auch Kiai-tschi-tui sich abgeschnitten *) Es sei unrecht, dass der Urenkel des Hiinmelssohnes sich bei den Obrigkeiten des Einkehrhauses der Landschaften befindet. 2) -4— -^- Si-fu , „der sparende Mann ," hiess der Angestehte, der die Anfsicht über die Vorräthe hatte. Das kleine Innere sind die früher erwähnten „Vorhöfe der Seite". 3) Es gab keine höchste Anweisung- auf Vorräthe, welche zur Ernährung des Urenkels bestimmt wären. Das Kreig'iiiss des WurinfVasses der liesuliwürer. lOo das Fleisch, iiin am Leben zu erhalten den Gebieter'), es lässl sich hiermit nicht vergleichen. Zur Zeit des Allhalters Hiao-siuen reichte ich empor einen Auf- satz und meldete die Sache. Zum Glück gelangte der Gegenstand herab an Ke. Ke war bescheiden und getraute sich nicht, zu prahlen. Er zerschnitt und entfernte die Worte meines Aufsatzes. Er Hess es ausschliesslich zum Verdienste gerechnet werden Tsu und Tsch'hing- king. Tsu und Tsch'hing-king haben beide dafür erhalten Felder und Wohnhäuser, wurden beschenkt mit Geldstücken. Ke wurde belehnt als Fürst von Po-yang. Ich der Diener Tsün kam nicht dazu, gleichgestellt zu werden Tsu und Tsch'hing-king. Ich bin hoch- bejahrt, befinde mich in Armuth, mein Tod kann erfolgen zwischen Morgen und Abend. Ich war gesonnen, durchaus nicht zu sprechen, jedoch ich fürchtete, auf diese Weise zu bewirken , dass die Ver- dienste nicht bekannt werden. Hien, der Sohn Ke's, ward schuldig befunden, weil er unschein- bar von Schmuck. Man entiiss ihm das Lehen, und er ward ein Lehensfürst des Landes innerhalb des Durchweges. Ich in meiner Unverständigkeit halte dafür, dass man ihm zurückstellen sollte die Stadt seines Lehens, um zu belohnen seines Vorgängers Verdienste und Tugenden. Zur Zeit dieser Eingabe war Ping-hien, der Sohn Ping-ke's, bereits durch zehn Jahre oberster Hausdiener gewesen, in welcher Eigenschaft er sich mit den von ihm abhängigen Obrigkeiten grosser Unterschleife schuldig gemacht und Bestechungen im Betrage von mehr als tausendmal zehntausend Geldstücken angenommen hatte. Der den Gerichtsbeamten vorstehende Hiao-wei, der die Untersuchung einleitete, beschuldigte Ping-hien seihst des Verbrechens der Ruch- losigkeit und bat in der Meldung, welche er diesfalls an dem Hofe machte, um die Erlauhniss, den Angeschuldigten festnehmen lassen zu dürfen. Der Hiinmelssohn that indessen den Ausspruch: Der ehemalige Landesgehilfe Ke hat mir einst Wohltliaten erwiesen. Ich 1) Als der Kiirstensohn Tschuiiff-ni, der spiiteie Kürst Wen von Tsin, zur Zeit seiner Verbannung (037 vor unserer Zeitr.) durch Tsau reiste, wurden ihm die .Mund- vorräthe gestohlen. Er ward wegen .Mangel an Naliruug so kraftlos, dass er nicht fähig war, die Reise fortzusetzen. Kiai-tsrhi-tui, ein Begleiter des Fiirstensohnes, schnitt sich das Fleisch aus den Schenkeln und reiciile es seinem Gebieter als Speise, worauf dieser die Heise forlset/.eii konule. 104 Dr. P f i z m a i e r. Das Ereigfuiss des Wurmfrasses der Beschwörer. der Himmelssohn bringe es nicht über mich, seine Nachfolge zu unterbrechen. — Der Himmelssohn entsetzte hierauf Ping-hien seines Amtes und enlriss ihm von seiner Lehenstadt vierhundert Thüren des Volkes. Später ernannte er ihn wieder zu einem Hiao-wei des Festungsthores. Nach Ping-hien's Tode folgte dessen Sohn g Tschang indem Lehen des Landes innerhalb des Durchweges. Dieser Fürst brachte um die Zeit des Allhalters Tscliing die entschwundenen Verdienste des Hauses Fing zu neuer Geltung und wurde in Betracht der Wohl- thaten, welche sein Grossvater Ping-ke dem Hause Han erwiesen, noch höher geschätzt. Im ersten Jahre des Zeitraumes Hung-kia (20 vor unserer Zeitr.) erliess der Allhalter an den obersten Vermerker des Landes- gehilfen die folgende höchste Verkündung: Ich habe nämlich gehört: Belohnen Verdienste und Tugenden, fortsetzen die zerris- senen Fäden, hierdurch schätzt man hoch die Heiligthümer der Ahnen, erweitert den Weg der Weisen und Höchstvveisen. Ke, der ehemalige Fürst von Po-yang, hatte ein Verdienst durch die Wohl- thaten, die er einst erwiesen, und er ward eingesetzt in das Lehen. Jetzt hat für ihn die Darbringung in dem Heiligthum aufgehört: ich der Himmelssohn bedauere dies sehr. Dass Gutes auf Gutes gelange zu den Söhnen und Enkeln, ist die gemeinsame Angemessenheit der alten und der gegenwärtigen Zeit. Ich belehne Tschang, den Enkel Ke's, den Anführer der Leibwächter des Inneren und Lehensfürsten in dem Lande innerhalb des Durchweges, indem ich ihn einsetze als Lehensfürsten von Po-yang. Ich biete die Gelegenheit den Nach- kommen Ke's, dass sie, nachdem sie des Landes verlustig gewesen durch ZAvei und dreissig Jahre, die Reihe wieder fortsetzen. Ping-tschang vererbte Po-yang auf seinen Sohn und dieser wieder auf den Enkel. Zur Zeit der widerrechtlichen Besitzergreifung der Länder der Han durch Wang-mang wurden indessen diese Nach- kommen ihres Lehens verlustig. Reilräg-e zur Diplomatik. 105 SITZUNG VOM 29. JÄNNER 1862. Vorgelegt: B e i t r ä (/ e zur D i p / o m a f i k, II. Die L'rkiiudL'ii Ludwig's des Deutschen in den Jahren 83'J — 876. Von Dr. Th. Sickel. VORWORT. Diese zweiten Beiträge zur Diplomatik schliessen sich unmitteliiar an die unter gleichem Titel in dem Märzhefte 1861 der Sitzungs- berichte abgedruckte Arbeit an und führen aus, was dort schon als Plan vorgezeichnet war. Seit dem Erscheinen des ersten Heftes habe ich es ermöglichtr behufs allseitiger diplomatischer Untersuchung eine grosse Anzahl von Originalurkunden Ludwig's des Deutschen einzusehen. Unter etwa 140 auf uns gekommenen Urkunden dieses Königs bezeichnen die Herausgeber gegen 100 als Originale: von diesen habe ich jetzt 67, die in Wien, München, Kassel, S. Gallen, Zürich, Chur u. a. 0. aufbewahrt sind , selbst geprüft und halte mich daher jetzt für berechtigt auch von den äusseren Merkmalen eingehender als in den ersten Beiträgen zu handeln. Eine Folge dieser Untersuchung der Originale und überhaupt des fortgesetzten Studiums über diesen Gegenstand ist aber auch, dass ich schon jetzt manchen Nachtrag zu der früheren Arbeit und manche Berichtigung derselben zu geben habe. Zu meinem Bedauern hat darunter die einheitliche Behandlung des Gegenstandes und die Übersichtlichkeit über das Ergebniss meiner Untersuchungen vielfach gelitten, und diesem Ubelstande möglichst abzuhelfen, habe ich dem Ardiang II (in Anhang I theile ich zwei noch ungedruckte Urkunden 106 Dr. Si cke 1 Ludwig's mit), dem Verzeichniss der Diplome Ludwig's des Deutsehen eine grössere Ausdehnung zu geben für nöthig erachtet. Dies Verzeichniss soll die in ihrer Art treffliehen Böhmer- schen Regesten keineswegs ersetzen, sondern nur erganzen ; insofern enthalte ich mich auch der Inhaltsangaben, für die ich auf Böhmer's Werk verweise. Es soll nur die sämmtlichen mir bekannt gewor- denen Urkunden des ersten ostfränkisclien Königs, jedoch mit Aus- schluss der entschieden unechten, in der chronologischen Reihen- folge, welche sich aus meinen Untersuchungen ergeben hat, zu- sammenstellen. Und indem ich dabei den einzelnen Urkunden die in ihnen enthaltenen Daten, die Namen der Urkundenschreiber und Kanzler und die Angabe, ob die Diplome in Original oder Copie erhalten sind, beigefügt habe, ist einerseits was die von mir vorge- scblagene chronologische Anordnung iiauptsächlich bestimmt hat, so weit als in einer Tabelle möglich war, übersicliilich dargelegt worden und wird andererseits sofort ersichtlich, welche einzelnen Urkunden ich Jitzt anders beurtheile oder anders einreihe, als in den ersten Beiträgen. Hebarhardos adyicemWitgarii 859—860, advicem &rimaldi 860—870, advlcem liutberti 870 — 876. Chrisraon von constanter Form, wie bei B F 81o, findet sich in allen von Hebarliard selbst geschriebenen, zumeist auch in den in seinem Auftrag geschriebenen Diplomen. Formel I in früherer Fassung. Forme! II lautet jetzt regeliriässig wieder „diuina fanente gr.itia rex^)." Für die Formeln III und IV gibt es wie früher einige Fassungen , welche ohne besondere Unterscheidung gebraucht werden. Formel IX lautet in der Regel: „et ut haec auctoritas . . . firmior habeatur et per futura tempora a fidelibus nostris uerius credatur et diligentius obseruetur manu propria nostra subter eam firmauimus et anuli nostri inpressione assignari (sigillari — oder auch in activer Form) iussimus'-'. In den Originalurkunden trifft man für Formel X zumeist 2) an: ,,signum(>J) domnihludouuici Serenissimi ') Nur in Copien ausnahmsweise „dementia", wie B 819, Erhard 1, 21 und 27 u. s. w. '^) Unter den von mir geprüften unzweifelhaften Originalen macht nur das Diplom für -Mattbee eine Ausnahme. Beiträge iur DIplomatik. 107 regis". Seinen Namen schreibt Hebarhardus stets in dieser Weise ; Eberhardiis oder Euerhardus findet sich nur in Abschriften oder in angeblichen Originalen wie BO 792 oder Erhard 1.20. Er heisst bis BO 820 (17. August 867) „notarius", dann stets „cancellarius" i)- Unter den Vorstehern der Kanzlei führtWitgar den Titel „cancellarius", Grimald und Liutbert^). den Titel „archicappellanus**^; doch werden diese Titel nicht regelmäsig in der Formel XI angegeben. DieDatirung lautet: ^data ... anno ... regnidomni hludouuici serenissimi regis in Orientali francia regnante indictione . . . actum ... i. d. n. f. a." das anfangs noch häufige „anno christo propitio" wird gegen Ende der Kanzleiperiode selten sj. Von dem Subdiakon Walto*), der anfangs neben Hebarhard in der Kanzlei vorkommt, liegen nur drei Urkunden vor, so dass schwer zu sagen, ob er sich eines besonderen Formulares bedient hat; kleine Abweichungen lassen sich wahrnehmen s). Dasselbe gilt von Liutbrande), von dem in den Jahren 838 — 875 vier Urkunden ausgestellt sind und der sich einmal (BO 8öl) „diaconus" nennt. Auch von diesen Unterbeamten der Kanzlei wissen wir nur weniges. Hebarhard, meinte Heumann 7), habe wahrscheinlich 1) Nur in zwei l'rkunHen von 871. die jedoch mir in enlsciiieden fehlerliaflen Abschriften erhalten sind (bei Beyer no. 104 und 114), findet sieh noch der Titel notarius. 2) Liutpertus hal)e ich nur in BO 834 angetroffen ; die Copisten schreilien « ohl auch Liudbert. Liudbei d u. s. w. 3) Reg-nanlis in Abschriften wie B 819 , 8'i3 u. s. w. beruht nnr auf vermeintlicher Verbesserung. 4J So in BO 798 und B 793 aus Original. — Walrio in B 790. wo ich einen Schreibfehler im Namen annehme. *) BO 798, Formel IX: „de anulo nostro . . slg^illari"; B 793, Formel X: „s. d. (M) h. s. r." — Dann schreibt er in jener Uikunde „Frantia", und das erinnert an die von mir in allen Oritrinaleii gefundene Schreibweise seines früheien Amts- genossen Hadebert. Überhaupt gibt es allerlei, wenn auch unbedeutende ortho- graphische Eigenthümlichkeiten der einzelnen Schreiber, welche unter Umständen Beachtung verdienen und jedesfalls in den Drucken aus Originalen wiederzugeben sind. Ausser den beiden genannten schreiben alle anderen „Francia". Hadebert schreibt „Grimoldus" (ausgenommen nur das sehr verdächtige BO 784), die anderen „Grimaldus". Hadebert und Liutbrand; „irapressione" , die anderen „iii- pressione", Reginbert bedient sich beider Formen u. s. w. 6j Formel X in BO 786, 831: „s. (M) h. s. r."; ebenso B 83.i ; aber U 8ö4 (an- geblich aus Original) : „s. d. h. pii.ss W^alto und Baldo auf verschiedene Personen hinweist. — Endlich hat man ihn auch zusammenstellen wollen mit dem Waldo, dem Bruder Salomon's III., der in der Kanzlei Karl's des Dicken vom Notar (zuerst B 921 a. 880, zuletzt B 943 a. 882) zum Kanzler (zuerst B 946 a. 882) emporstieg und etwa 883 Bisehof von Freisingen wurde e). Zunächst haben wir aber unter Karl dem Dicken zwei oder gar drei Kanzleibeamte gleichen oder ähnli- chen Namens zu unterscheiden : jenen Freisinger Waldo, einen Notar Walto und vielleicht noch einen Notar Waldo'?). Denn ausser der ') Uiul eine zweite iiocli ung-eilruckte und in Neugai t 1, 42G nur erwähnte ürl^unile im SanffiiUener Stiflsiircliiv. 2) Wirtemi). Uikun.lenb. 1, 1 7:>, 176, 186, 199. — Diimmler Sl. Call. Denkmale in ) Uliler ihm-n vier, die der Periode bis 833 angehören und die als Formel II ent- halten: „diuina largiente gratia res baioariorum", so dass die andere Fassung sich nur auf Abschrifien stützt. -) Die frühere Angabe (S. 367), dass sich H 747 nicht auf ihn beziehen lassen wers im Recognitionszeichen „recoguoui et subscripsi" steht. An vielen Stellen der Ui'kuiiile hat eine jüngere Hand die verhlassten Buchstaben mit neuer Tinte überzogen und so auch die Datirungszeile. Doch ist „jul." noch von erster Hand zu sehen und kann davor nur „non"' gestanden haben; also ist die von mir früher (S. 378) vorgeschlagene Emendation nicht möglich, sondern es rauss einer der ersten Julitage für dies Diplom beibehalten werden. Es kommt dabei auch das Datum einer weitereu Urkunde Ludwig'« für Würzburg In Betracht, die mit anderen Kaiserurkunden vor etwa einem Jahre von Conizen aufgefunden und dann in das .Münchner Reichsarchiv übertragen worden ist. I<'h habe letztere leider noch nicht einsehen Können unil verdanke folgende Notizen über sie der Mit- theiliing Stumpfs. Dein Inliaile nach ist diese Urkunde eine Bestätigung und Nachliildung von B 334. Das Chrismon ist das des Reginbert. Unterzeichnet ist sie aber: „Comeatus notarius advicem Radleici recognoui et subscri|isi*. Formel XII lautet: „data HI Kai. iul. anno christo propitio XIII regni domni Hludouuiei glorio^issimi regis in orientali Fraiieia indictione VIII. actum Fraiiconofui t palatio Beiträge zur Diplomatik. 111 Schrift und Recognitionszeichen, dem auch die tironischeu Noten fehlen, etwas ab, ohne dass ich desshalb die Urkunde b(!anstanden zu müssen glaube. Vor Formel I in BO 791 fehlt das Chrismon, steht aber in der Comeatus eigenthüinlichen Gestalt vor Formel XI. Die Erklärung, die ich früher (Seite 381) in Bezug auf die Datirungszeile in B 791 gab, kann ich nach Einsicht des Originalstiickes nicht auf- recht erhalten: bei der Ausfertigung des unzweifelhaft von Comeatus geschriebenen Diploms muss diese Zeile ganz ausgelassen worden sein; das sinnlose Datum ist dann schon von einer Hand des IX. Jahr- hunderts hinzugefügt i). In fünf Originalendes Reginbert findeich die Schrift durchaus gleich und zwar sich schon mehr, als bei den bisher genannten Schreibern, der diplomatischen Minuskel nähernd. Wesentlich gleich sind auch seine Recognitionszeichen. In drei Fällen sind diese ohne alle tironische Noten; in BO 760 (und ganz ähnlich in BO 747) sind Noten eingeschrieben, die Kopp als diesem Schriftsystem nicht entsprechend verwarft). Wir kommen gleich auf diesen Gegenstand zurück. — Auch andere Ungleichmässigkeiten fallen in seinen regio, i. d. ii. f. a." Audi diesi- Ziffern siinl nicht ;jaU7. richtig, und je nachdem die eine oder andere geändert wird, wird sich 84i> oder 846 ergeben; in beiden Jahren ist ein Aufenthalt in Fraiiiifnrt um diese Zeit raügüch. Doch eiiipfielilt es sicli . die llrlten genomnien werden. Was end- lich den Namen des Hecognoscenlen Comeatus betrifft, so kann dieser, obschon seit 834 nur hier und in der Speirer Urkunde nachweisbar, doch recht wohl bis zum Eintritt Hebarhard's als Notar in der Kanzlei fungirt haben. Bezeichnend wäre dann, dass Formel XII in beiden Diplomen dem Formular Comeals genau ent- spricht (nüiulich mit „chi'isto propitio" und ohne d.is von Hailebert geliraiichte „regnaute"), dass aber die Zählung der Jahre nicht die frühere des (^.omeatus, sondern die des Hadehert ist. So spricht ein Merkmal für, das andere ge;;en die Echtheit sowohl der Loischer als der Speirer Irkunde; sie sind sicherlich bei dem Abschreiben verunecbtet, lassen sich aber nicht unbt'dingt verwerfen. *) Palaengraphia critica I, 432. «p J I 2 Dr. S i c k e I ^ Urkunden auf. Während er vor Formel I in ßO 7S3, 757, 758, 760 ij ein eigenthümliches Chrismon setzt — aus zwei langen vielfach ver- schluno-enen Parallelen bestehend, wie ich ähnliches in keinem Jahr- hundert angetrofFen habe — bedient er sich eines zweiten einfacheren vor den Formeln X oder XI (wie in BO 758) und einmal auch im Eingang von B 0 747. Wie ungleich er Formel X behandelt, mögen folgende Beispiele veranschaulichen: BO 753, 760: (Chr.) signum (M.) d. hlud. serenissimi regis. BO 757 Signum (M.) d. hlud. serenissimi regis. BO 758 (Chr.) signum d. (iM.) hlud. serenissimi regis. BO 7472) Signum d. (M.) hlud. gloriosissimi regis. Dazu kommen kleine Schwankungen in der Orthographie: in BO 760 schreibt er zweimal „hludeuuicus"; in BO 757 in Formel XII das damals ganz ungewöhnliche „acta"; in den andern bald „radlai- cus" bald „radleicus". Es stimmt das ganz zu der Ungenauigkeit des Reginbert in den Datirungen. Von Hadebert unterzeichnet habe ich acht Originale geprüft, zu denen noch eine »schlechte Abbildung BF 788 hinzukommt. Mit Ausnahme von BO 784, das besonders zu besprechen ist, sind alle diese Originale ganz von der Hand Hadebert's geschrieben. Sie beginnen sämmtlich mit Chrismon, das in etwas einfacherer Gestalt in BO 782, 785 auch vor der Unterschrift wiederholt wird. 1) Viir IJO 7.'>8 lialie ich f'ols^'-i'nde Berichtig'uiig-en zu dem schon früher (S. 383, n. 3) von mir lieaiisfiiiideten Abdrucke von Mohr aiizufiihi'eii. Formel XU lautet : „data il jdus junii anno christo propitio . . . reg-ni domni hludouuici gloriosissimi regis jii orieutali francia jndictione XII, actum driburin, jn dei nomine feliciter amen", ich habe i'uucte gcset/.t , wo, nachdem die ursprüngliche Zahl ausradirt «onlcn «ai-, eine Hand der letzten .lahrliunderte III eingesclialtet hat; soviel sich noch sehen lässt , hat vor der Rasur XV oder XVl dageslandeii. Nehmen wir jenes an, so entsprechen die ZifTern ganz der im Juni in Tribiir ausgestellten Verdener l'rkuiMlc in l'eriz's f i dliediiick 3, und es ergibt sich dann die Reihenfolge: a. 848: B 73Ö, 738, Verdeiier Urkunde: a. 849: B 7Ö7 n. s. w. — Weitere Berich- ligunsi zu BO 783 in Chur: in Formel II steht nicht wie bei Mohr „Providentia" sondern „c le m e n t ia" , was für die von Hadebert ausopfertigten Diplome noch durch l!0 782, 785, Erhard 1. 18. Wirt, ürkundeubnch 1, 149 bezeugt wird. Also lässt sich „Providentia" durch kein Original belegen und auch der de brauch von „dementia" beschränkt sich nach den Originalen a u f d i e Zeit Hadebert's. 2) Wider :dle Regel steht hier auch die Unterschrift des Kanzlers vor der des Köniu^s. Beiträge zur Diplomatik. 113 Wo sich Formel X findet, lautet sie „siuiiuin (M) hludouiiici Sere- nissimi regis". In Formel XI begegnet uns hier zum ersten Male, aber dann consequent, dass „et" nicht mehr durch Verlängerung des Balken in T mit dem signum recognitionis verbunden ist; nur in BO 781 enthält das letztere noch tironische Noten. — Zu den Verstössen in B 784, die ich früher (S. 394) hervorhob, habe ich nach Einsicht des als Original geltenden Diploms folgende hinzuzufügen. Die Schrift ist der in Hüdebert'schen Urkunden sehr ähnlich, aber nicht gleich: die Sicherheit des Zuges lässt jedoch auf einen geübten, so gut wie gleichzeitigen Schreiber schliessen. Das Monogramm ist erst nach dem Namen des Königs gesetzt. Während Hadebert seinen Namen stets mit einer Abkürzung (hadebtus) schreibt, ist er hier in allen Buchstaben zu lesen. Es heisst hier abweichend „aduicem grimaldi", dagegen richtig „in orientali frantia". Zunächst drängt sich die Annahme auf, dass wir es hier mit einer von Hadebert entworfenen, aber in der Originalausfertigung ganz von einem andern in der Kanzleischrift wohl geübten Mann geschriebenen Urkunde zu thun haben. Doch wäre das ein anderer Fall, als der schon aus der Zeit des Comeatus erwähnte (BO 746) oder als die aus der Zeit des Hebarhardus luich anzuführenden: denn in all diesen Diplomen ist doch die Formel XI (und eventuell auch X) von der Hand des recognoscirenden Beamten, während in B 784 nichts von Hadebert's Hand ist. Letzteres kommt nun aller- dings später vor und lässt sich schon unter Karl dem Dicken ziemlich häufig nachweisen: dann lautet aber, so viel ich bis jetzt aus Origi- nalen habe feststellen können, die Formel XI: „ille recognovit", d. h. es wird ausdrücklich gesagt, dass der für die Ausfertigung bestellte und in der Unterschrift genannte Beamte in diesem Fall die Formel XI nicht selbst und noch weniger die ganze Urkunde geschrieben hat i). Indem nun aber in Diplomen Ludwig's des 1) Es siod sich z. B. aus der Zeit Karl's des Dicken in der Schrift der g-anzeii Ur- kunden «jleich BO 929 und ein noch ungedrucktes Original in Sangallen, beide mit „Hebarhardus recognoui", ebenso BO 903, 9üä mit „Inqnirinus recognoui", BD 931 , 933 , 933 mit „VValdo recognoui" u. s. w. ; andererseits sind sich big Formel XI inclusive gleich ßO 904 mit „Hernustus i-ecogiioui" und BO 907 mit „Inquirinus recognouit" ; dagegen in der Schrift mit mnschluss von Formel XI von einander verschieden BO 903 mit „Inquiiinus recognoui" und BO 908 mit „Inqnirinus recogiiouit". Für diese gilt also : gleicher Schreiber, wenn derselbe Recognoscens in der ersten Person genannt wird; auch möglicher Weise gleicher SItzb. d. phil.-hist. Gl. XXXIX. Bd. I. Hft. 8 I j >i Dr. Silke! Deiilsc-heii diese Unterscheidung noch nicht gemacht wird und indem die wenigen Originale, in welchen die Recognitionszeile von anderer Hand als der des Recognoscens geschrieben ist, alle Bedenken erregen, nehme ich es für diese Zeit als Erforderniss der Echtheit an, dass Formel XI von dem in ihr genannten Beamten geschrieben sein muss. Dem gemäss lasse ich auch das so vielfach abweichende B 784 nicht als aus der Kanzlei hervorgegangene Originalausfertigung gelten, sondern sehe darin nur ein der angegebenen Zeit sehr nahe stehendes Schriftstiick, bei dem es luientschieden bleibt, ob ein echtes Diplom gleichen Inhalts oder nur irgend ein von Hadebert geschriebenes als Vorlage gedient hat. Ich gehe zu den von Hebarhard ausgefertigten Diplomen über, von denen ich fünfundzwanzig unzweifelhaft echte Originale eingesehen und von denen zwei als Facsimiles in Mabillon und in VValther bekannt sind. Die Mehrzahl derselben ist ganz von seiner Hand geschrieben in einer sehr reinen diplomatischen IMinuskel. Haben ihm andere bei der Reinschrift geholfen, so sind doch wenig- stens die Formeln X und XI von seiner Hand; Kennzeichen dieser Zeilen sind, dass er sich in der eigenen Unterschrift minder langer Buchstaben als in der ersten Zeile bedient, ferner ein Reeognitions- zeichenwie BF 81 S stets von gleicher Gestalt, das in der Regel nicht mehr graphisch mit „et" verbunden ist und das zumeist zwar noch Noten, aber solche die nicht mehr als tironisch bezeichnet werden können, enthält *)• Was den übrigen Theil der Urkunden anbetrifft, so ist er bald theilweise wieder von Hebarhard, bald von einer Schreiher, wenn der eine Kecognoscens in erster, der andere in drifter Person angefühlt wird; dagef;en verseliiedene Schreiber, wenn derselbe Recognoscens einiriiil in erster, das andere Mal in dritter Person genannt wird. WahrscheinJich hat il^r recognoscirende Kanzler damals, wenn er nicht („recoguoui") das ganze Diplom schrieb, nur die Datirungszeile geschrieben, was aber auch bei Verglei- clinug einer grossen Anzahl von Diplomen schwer festzustellen ist, da mau schon linier K^nl dem Dicken die Foi-mel XII zumeist in dei' gewöhnlichen Handschrif- • e inuskel sctireibl , welche die Unterscheidung der einzelnen Hände erschwert. Doch Hiiid ich bi-hei- Furmel XIl stets von gleicher Hand , wenn entweder die ganzen Urkuinlen von dem in erster Person redenden Recognoscens geschrieben waren, oder wenn in Urkunden, die mit Rinschluss von Formel XI von verschie- denen Händen wai-en , doch derselbe als Recognoscens, sei es in erster oder in driller Person, genannt war. ') Noch verbiiiideii mit l(ijii;ilik. ] | \) Kriterium für die Diplome gewinnen, insofern die Hebarhard'sclien Zeichen unter sich eine grosse Älinh'clikeit haben, so dass in dem noch näher zu besprechenden BO 794 auf den ersten Blick die ab- weichenden Noten auffallen. In diesem Sinne lohnt es sich denn auch noch bis in die Zeiten des ersten Otto, die Noten als Zubehör ieJ der Recognitionszeichen in den von gleichen Personen geschriebenen flil und ausgefertigten Diplomen zu vergleichen i). )• In Bezug auf die Datirung der von Ilebarhard und seinen Amtsgenossen recognoscirten Urkunden müssen wir die vor und die nach 870 ausgestellten unterscheiden. Für jene gilt die Regel fort» welche wir für die von Hadebert ausgefertigten Diplome festgestellt haben; nur verändert sich seit dem Beginne des neuen Indictions- cyklus am 24. September 867 das arithmetische Verhältniss beider Ziffern in: annus regni — 35 = indictio. Melir als zwei Drittheile der Urkunden fügen sich vollkommen in diese Regel. In den übrigen wird sich die eine und die andere Abweichung auf Fehler der Über- lieferung zurückführen lassen; aber es gibt auch von Hebarhard unterzeichnete Originale wie BO 799, 804, 813, deren ursprüng- liche Ziffern gegen die normale Zählung Verstössen und einfach auf Rechen- oder Sehreibfehler beruhen. Wenn wir nun bei Diplomen zweifelhafter Datirung immer darauf bedacht sein werden, aus dem Inhalt eine nähere und sicherere Zeitbestimmung zu gewinnen , so entsteht die Frage, ob wir für diesen Zweck auch die Angabe , in welches Kanzlers Namen die Urkunden unterfertigt sind und etwa anderweitig überlieferte Daten über das Itinerar des betreffenden Kanzlers benutzen können. Die Antwort hängt von der Beantwortung einer weitern Frage ab : müssen wir uns in dieser Zeit den Erzcapellan an dessen statt recognoscirt wird als bei der Ausfertigung der Urkunde gegenwärtig denken oder nicht? In jenem Falle w ürden anderweitige Nachrichten ij So weit icli Oiij-iiiiilu' aus der Kanzlei Lotliar's uml seiiiei' Nachfolger liis jet/.t habe einsehen Ivöiiiien , gilt auch für sie, ilass gaiu richtige iVoten in ihnen sel- tener werden und dass entweder g-ar keine Noten niehr*!n das üecotriiitions- zeichen g'esetzt worden, wie im Diplom Lotliai's I. BO öUT. oder dass die -Noten von der ri'i;elni;issiKen (iestalt inelir oder minder abweichen, wie im Diploin l.udwi"s II. i;u ü;;6 odei Lothar"» II. liO 712. 120 Dr. Sickel über den Aufenihalt des Kanzlers sehr wichtig und als Correctiv für in der Dalirung zweifelhafte königliche Urkunden zu benutzen sein; in diesem Falle wären sie für diesen Zweck bedeutungslos. Gerade bei dt-m init Grimaid's Namen versehenen Diplome drängen sich diese Fragen auf, indem etwa vierzig St. Gallener Urkunden von dem Aufenthalt des Abtes Grimald in seinem Kloster und in dessen Um- gebung Zeugniss ablegen •). »'so für seinen Aufenthalt am Hofe Alibis feststellen. So kann ßO 799 in Frankfurt am 7. October ausgestellt, für sich betrachtet, entweder zu 860 oder zu 861 gesetzt werden 2); da aber nach einer St. Gallener Praecarie Grimald am 3. October 861 in Wasserburg ist»), könnte B 799 eventuell nur zu 860 eingereiht werden. Ein anderer Fall jedoch scheint gegen die Voraussetzung zu sprechen, dass der oberste Kanzler bei der Recognition in seinem Namen gegenwärtig gewesen sein müsse. Man vergleiche BO 800 mit übereinstimmenden Ziffern: Mattahhofen 20. November 860 und Neugart no. 393 : S. Gallen 17. November 860, zwei wohl nicht mit einander verträgliche Itinerarsangaben für Grimald. In Wirklichkeit ist aber die Richtigkeit vieler der be- treffenden Neugart'schen Daten noch zweifelhaft*) und lassen sich 1) (n Neugart cod. dipl. Alemanniae. — Die Worte „monasterium ubi Grinialdus nunc abba praeesse videtur" kommen dabei selbstverständlich nicht in Betracht. Wenn aber die Urkunden gezeichnet sind „signum Grimaldi abbutis" , etwa auch noch mit dem Zusatz „qui haue ohartain fieri jussit", so lüsst sich daraus mit Gewiss- heit die Anwesenheit Grimald's folgern. ») Im Original: a. r. XXIX, iud. X; falls letzlere Zilfer in IX verändert wird = 860, falls jene in XXX = 861. Ich entscheide mich für 860, aber nicht wegen der Unterschrift in Grimald's ISamen , sondern weil es mir wahrscheinlich ist, dass eine an sein Kloster gemachte Schenkung von ihm in Person ausgewirkt ist und dass man insofern seine Anwesenheit am Ausstelluno-sort annehmen innss. S) Neucf-.rt 1, no. 404, wo ich 861 als richtige .Jahreszahl annehme, da die sonst noch zum Sonutagshuchstaben passenden Jahre 830 und 867 gar nicht zum über- lieferten Regierungsjalire stimmen. ♦) In der Kegel enthalten die damaligen S. Gallener Urkunden Monats- und Wochen- tag und Regierungsjahr. Im Allgemeinen ist nun , richtige Überlieferung voraus- gesetzt, in dieser Zeil stets mehr Werth auf die chronologischen Tagesmerkmale (Monatsdatum, Ferie und eventuell Mondalter) zu legen, als auf die Jahresangaben, da jene in den Klöstern täglich verkündet wurden, also den Urkundenschreibern bekannt waren. Insofern halte ich es für den ganz richtigen Weg , den Neugart /.uiiächst eingeschlagen hat, aus dem Monats- und Wochentag den Sonntagsbueh- stabeii zu entwickeln und die Jahre, denen er zukömmt, festzustellen. Wenn er aber im weiteren Verlaufe seiner Berechnungen die Regierungsjahre bald nach diesem , bald nach jenem Epocheiijahre , andererseits bald als dem bürgerlichen Jahre parallel laufend, bald als mit besonderem Epochentag versehen ansetzt, so Beitriig-e zur l)i|iloinatil<. | ^ | desshalb die aufgeworfenen Fragen, ob zur ZeitGrimald's der Ober- kanzler jedesmal bei Ausfertigung in seinem Namen zugegen sein musste, und ob es sich als allgemein giltige Regel hinstellen lässt, dass, weil ein Alibi für den Kanzler nachgewiesen worden ist, nicht an demselben Tage in der königlichen Kanzlei eine Urkunde in seinem Namen habe unterfertigt werden können, noch nicht mit Bestimmtheit beantworten. Eine neue Berechnung der Regierungsjahre kommt datm seit 870, seit dem Eintritt Liutbert's in die Kanzlei auf. Sie lässt sich allerdings in den Diplomen der ersten Jahre, wie sie bisher vor- liegen , nicht nachweisen, ist aber unverkennbar seit 873 von BO 834 an, es ist nämlich anniis regni — 30 = indictio. Sämmtliche von Hebarhard nach 873 ausgefertigte Originale, die ich eingesehen habe (10 Stück), bestätigen diese, auch von früheren Diplomatikern erkannte Regel. Ergibt sich nun als Ausgangspunct der neuen Zäh- lung das Jahr 838, so ist doch dasselbe schwerlich als eine Re- gierungsepoche in historischem Sinne zu betraciiten. Denn wollte man auch die Ereignisse dieses Jahres, die Auflehnung Ludwig's gegen den Vater u. s. w., als einen wichtigen Wendepunct in der Geschichte Ludwig's gelten lassen, so müsste immer noch erklärt werden, wie man plötzlich 22 Jahre später dazu kommen mochte, diesen Vorgängen eine bis dahin nicht betonte politische Bedeut- samkeit beizulegen ; ein innerer Zusammenhang zwischen den Ver- hältnissen von 838 und denen wie sie sich 870 gestalteten, ist aber in keiner Weise erkennbar. Wahrscheinlich hat also auch diese Zäh- lung, gleich der von Hadebert aufgebrachten, einen nur äusserlichen Grund : die Absicht die Berechnung möglichst zu vereinfachen i). halte ich solche Aiinalimen geradezu für absurti, narneiiUlcli insofern ein nnd der- selbe Schreiber heute nach diesem, tnene Vita und der gleichfalls dem XII. Jahrhundert ange- liörende sächsische Annalist anführen s), während der Verfasser der Translatio s. Vili*), der um 836 in Korvei lebte, also gut unterrichtet sein konnte, den Bischof Hathumar noch einer im Juli 815 in Pader- born stattfindenden Reichsversammhing beiwohnen lässt, womit die ebenfalls im IX. Jahrhundert verfasste Translatio s. Liborii^) überein- stimmt, welche Hathumar bald nach dem TodeKarl's des Grossen sterben lässt. Indem ich diese Angaben denen der späteren und abgeleiteten Quelle»; unbedingt vorziehe und demgemäss Hathumar's Tod frühestens in die zweite Hälfte von 815 setze, ergibt sich für das Ende der 48jälirigen Regierung des Nachfolgers Baturad etwa 863, und fällt ') Dass iuicli die Noten im Recogiiitionszeicliei» von denen HeliarliiinPs abweiclien, ist schon früher henierkf worden. 2) Mon. SS. 11, 107. 3j Mon. SS. 6, Ü76. *) Mon. SS. 2, 579. *) Mon. SS. 4, 149. — Auch Wail/. ;j, Uü n. 1 henierkt zn dem sehr verdienstvollen Werke Erhard's, dassinHhm die eehten und abgeleiteten Nachrichten nicht hinläng- lich niilerschieden worden sind. Beilrag'e zur Diplomnlik. 127 Sf omit jeder Grund weg gegen die Anniihme des den kjinzleimässig rielitigen Ziffern entspreelienden Jahres 859 füi* unsere Urkunde i). Zu welcliem Jiihre die Urkunde in Mon. Ifoic. 31, 08 zu setzen, hängt lediglich davon ab, welches der beiden in den Co[)ial- büchern überlieferten Monatsdaten angenommen wird. Bei Fest- haltung der anderen gleich angegebenen Ziffern, weist VIII kal. oct. (erster Tag des durch die Indiction bestimmten Jahres) auf 859, IX kal. oct. (letzter Tag) auf 860 hin. Für beide Jahre lässt sich ein Aufenthalt in Baiern um diese Zeit nachweisen 2); ich ent- scheide mich wegen BO 797 (Ranthesdorf, 1. October 8o9) für dieses Jahr. B 796 liegt nur in sehr verderbter Abschrift vor, in welcher abgesehen von den orthographischen Fehlern folgendes zu ver- bessern sein wird. Formeln IX und X sind etwa aus B 797 zu ergänzen. Formel XI ist, wenn „notarius" beibehalten werden soll, wie in dem Mattseer Diplom zu setzen. In der vielfach verstüm- melten Datirungszeile ist „indictione VIII . . . Bisestadt (zwischen Lorsch und Tribur) . ." zu lesen, was sich vollkommen in das von Prudentius angegebene Itinerar einfügt. Gegen BO 800 lässt sich, was innere und äussere Gründe an- betrifft, nichts einwenden 3); die Urkunde ist ganz durch von Hebar- hard geschrieben und trägt alle Merkmale seiner Abfassung und *) Im Archiv 11, 4ö9 ist angegeben, dass im IJlier copiarins Parlei-bornensis dieselbe Urkunde mit abweiciiender Monatsbezeichnung, nämlich XI kal. maias eingetragen ist; eine Datirung , auf die ich gar keinen Werth legen kann. Einmal, weil in dem noch erhaltenen Original XI kal. jun. steht, dann weil der vom Copisten begangene Fehler, dass die Tage der zweiten Hälfte eines Monats, welche nach den Kalendeii des folgenden Monats zu benennen sind , irrthiimlich mit der Be- zeichnung des laufenden Monats versehen werden, ziemlich häufig vorkommt. VecgI eiche folgende Stellen lier Scriplores: Chron. Hiigoiiis (,Mon. SS. 8, 403): die m. .lunii XIV quod est XVIII kal. Juiiii (statt Julii) ; Ann. Salisb. (SS. 0, 778) ad 1191 von einer am "23. Juni eingetretenen Sonnenfinsterniss : IX kal. Junii (statt .lulii); ibidem ad 1204: XVI kal. Apr. (statt Maji) ; Contin. Clau- stroneob. II ad 1211 von einer am 22. November eingetretenen Mondfinsleruiss : X kal. Nov. (statt Der., wie eine Handschrift richtig enthält); ferne»' den dop- pelten Felller der Gesta Alberonis (SS. 8, 2ö8) , welche ein t\ii(] dasselbe Ereig- niss einmal zu XVIII kal. Fein-, und dann zu XVIII .lan. ansetzen u. s. w. 2) Die erst fiir den 23. October 8S9 verabredete Baseler Zusammenkunft (Ann. Prudentii in Mou. SS. 1, 433) steht keinesfalls im Wege. 3j Denn zwei Sebreilifehlcr in dt'r zweiten Zeile : „per pelioues (petitiones) fide- lium nostrorum iiostro reieiiare iuuamine atque reg;ili lunimiue (lueri muiii- mine)" könntMi nicht den Ausschlag gehen. 4 0Q l*' '• S i c k e 1 seiner Schrift. DassPertzi) von einem verdächtigen Diplome spricht, wird darauf hinauslaufen, dass ihm seiner Zeit statt des Originals eine in demselben Archiv befindliche spätere Abschrift (etwa saec.X) vorgelegt sein mag. BO 799 passt vollkommen in das Formular Hebarhard'ss), gibt aber die Indiction um eins zu gross an 3). In Bezug auf die Mit- unterzeichnung durch die Prinzen (S. 393) habe ich hier nachzu- tragen, dass sich durch Prüfung der Originale zumeist genau be- stimmen lässt, ob die Mitunterzeichnung gleichzeitig oder nach- träglich stattgefunden hat. Zum Theil entscheiden Schwärze und Zug der Schrift, noch mehr aber die Stellung der einzelnen Unter- schriften: sind die Monogramme der Prinzen nicht gleich hinzuge- fügt, so schliesst sich die Kanzlerunterschrift unmittelbar an die des Königs an und erst auf sie folgen die nachträglichen weiteren Unter- schriften u. s. w. So nehme ich jetzt gleichzeitige Unterschrift, also auch Anwesenheit der Prinzen an bei BO 799, 805 und mit Aus- nahme von Arnulf bei BO 849, 850; entschieden später gesetzte bei BO 813, 851 *J. B 802 kann nur mit Verbesserung der Indictionsziffer s) zu 862 gesetzt werden, weil Bichardis hier schon als Karlomann's Frau genannt wird •*). BO 816 gibt mir Veranlassung nochmals auf die traditionelle Fassung der Urkunden hinzuweisen. Im Wesentlichen ist dieser Freilassungshrief Ludwig's des Deutschen auch im Wortlaut noch zurückzuführen auf das praeceptum denariale in Marculf 1, 22; aber es liegt doch eine neue aus der Zeit Ludwig's des Frommen stam- mende Bedaction dazwischen, wie sie uns in der von Carpentier •) Archiv 5, 323. Ihm ist dann Dümnilei- gefolgt : de Arniilfo rege 186. ') In Neiigart 1, 333, dem nnr Copie vorlag, ist zu verbessern : „Signum (M) domni h. s. r." — und „aniio . . . regni domni h. s. r. . . Franconofurt . " J»J Siehe Seite 120 n. 2. *) Unentschieden lasse ich es bei BO 782, wo übrigens Karlomann's Monogramm voransteht. — In BO 813 ist auch die Ankündigung: „nee non (»er manus Kar- lomanni rohorari fecimu-s" nachträglicher Zusatz. — In BO 83t, von Liutbrand geschrieben, ist die Unterschrift des Prinzen von Heharhard nachgetragen. — Die nachträglichen Subscriptionen des Königs Arnulf sind sehr kenntlich. *) Oass die Indiction um I zu klein angesetzt wird. Ijoniml in diesen Jahren wieder- holt vor: cf. 150 804. 808, B 813, 807. ») Hincmar iu .Mon. SS. 1, 438 zu 862. Beiträge /.iir Diplomalik. 129 »Mitziflerten Formelsiiminlun';^ ei-haltoii ist*). Die Worte „manu nostra itropria excutientes — valeat permanere bene ingenuus atque se- oiirus" laiitpii hier und in B 816, so weit als nur möglich ist, gleich. Aus der Kanzlei des Vaters sind aber die Formeln den Kanzleien iiller Söhne niifoetheilt, so dass auch unter diesen die gleichen Fassungen wiederkehren, wie in Bezug auf Freilassungsbriefe der Lothar's B 608 (Beyer 87), der KarPs des Kahlen (Bouquet 8, 624) II. a. zeigen; ein Jahrhundert lang lässt sich dieselbe Formel unver- ändert nachweisen 2). Dennoch brauchen siel) die Urkundenschreiber nicht selavisch an den überkommenen Wortlaut zu binden: sei es dass auch der Hergang je nach den Umständen modificirt wird, sei es dass sie bei gleichem Hergang nur das eine oder das andere Moment in der üblichen Fassung hervorzuht^ben nöthig erachten. So enthält der Freilassungsbrief Ludwig's für Hunroc s) nur den ersten Theil der gewöhnlichen Formel , während ein anderer, der gleich B 816 von Hebarhard an Grimald's statt ausgestellt ist*), des Fortschiagens des Denars nicht erwähnt, im übrigen aber wörtlich mit der üblichen Fassung übereinstimmt. Daher, so wichtig es auch für die Kritik der Diplome der späteren Karolinger ist, das Ver- hältniss derselben zu den überlieferten Redactionen in's Auge zu fassen, so lässt sich doch die in den meisten Fällen nachweisbare Übereinstimmung nicht als absolutes Erforderniss für die Echtheit der Urkunden hinstellen. Erhard I. Urkundenbuch n" 35. — Wer je ein Originaldiplom Ludwig's gesehen hat, kann das Stück, welchem Erhard seinen Ab- druck entnimmt und das er beschreibt, nicht als Original gelten lassen. Es genügt auf die Befestigungsart des Siegels, auf das Mono- gramm ohne S und ohne Voliziehungsstrich, auf die Sclireii)ung der Namen (Ludlhuunicus, EuerhardusJ hinzuweisen. Andererseits sind aber Fassung und Formeln gut, auch der Inhalt bietet nichts unge- wöhnliches dar, da das Recht die Äbtissinnen frei zu wählen auch 1) N** 44 in ßouqiiet 6, 656. — Hier findet sich auch schon das jüngere „manu- missi" statt „monsoarii"; cf. Waitz 2, 160. 2) S. Odo 888 in Mabillon 355; Ludwig- das Kind B 1210; Berengar B 1348; da/u Form. Saioinonis 85 u. s. w. — Ja selbst in den späteren Freilassungsbriefen (cf. die von Grimm Rechtsalterth. 180 angeführten Beispiele) sind noch einzelne Theile des alten Formulars erhalten. 3) Mon. Boic. 31, 72; „manu nostra propria . . . altsoluinius". *) Original in Zürich, gedruckt Züricher IVlittheil. VIU. p. 9. Sitzb. d. pbil.-bist. Cl. XXXIX. Bd. 1. Hft. 9 I OA Dr. S i f k e I K schon itndereii Fraucnklöstein zuerkannt wird '). Somit halte ich das Schriftstück für Copie eines echten am betreft'enden Tage in Ingel- heim für Hervort ausgestellten Diploms. In einer Abschrift sind weder die Namenveränderungen, noch die kleinen Abweichungen von den Formeln (wie vice Grimaldi) , noch der Fehler in den Ziffern (XXXIII statt XXXVI = ind. I = 868) anstössig. — Ähnliche Mängel, wenn auch in geringerer Zahl bietet Erhard 1, n« 27 dar, doch scheint noch erhaltenes Original vorzuliegen, welches nur ungenau abgeschrieben ist. In B 826 und 827 ist zu verbessern: a. r. XXXVIII = ind. III = 870. Im Jahre zuvor steht nämlich Ludwig zuerst im Felde gegen die Böhmen und liegt dann einige Zeit krank zu Regensburg. Dagegen sprechen die Angaben der Ann. Fuldenses 2) für 870: der König ist im Februar in Frankfurt, dann vom I . — 14. Mai in Bisestadt : in die Zwischenzeit passt der Aufenthalt in Tribur. B 831 und Eccard bist, geneal. princ. Sax. p. 21 a) sind um des Inhalts wegen, der dann auch die etwas abweichende Fassung erklärt, hervorzuheben, indem die Fälle ziemlich selten sind, in denen wie hier noch nicht alles, was als regelmässiger Inhalt der Immunität aufgezählt zu werden pflegt, zugestanden wird *). In B 831 findet sich kein Ausdruck, der sich auf Schenkung der Friedensgelder deuten Messe; es ist denen die unter der Immunität stehen nur das Hecht zugesprochen, mit dem Kirchenadvocaten vor dem gewöhn- lichen Gericht zu erscheinen &); etwas weiter gehen die Bestim- numgen der zweiten Urkunde"). 1) So in B 831 für Herisi und in Eiliard 1, n» 27 für Wunstorf. — In den Ordensregeln dieses Jitlirliinulerts finde icli dagegen noch keine Andeutung dieses Rechtes. '■^) .VIon. SS. 1 , 382, wo ich die Litmiie .lis das VVandelfest neiime. — In meiner fiiiliereti Aldiaiidluiig, p. 393, in der zweiten Note ist zu verhessern: „ob unter den (lies li'taiiiaruni . ."; der I'iunil, der dort stellt, bestürkt mich noch darin, dass >oii der dri-itiigigen Litanie die Rede ist. •■») Heide Diplome sind ineorrect aligedruekt. Namentlich ist in B 831 zu verbes- sern: „precatus est . . ut prefatum monasterium . . . suh nostrae munitatis liiitione et defensioiie siisciperemus" und „ut ssepe jam dicti monasterii . . . Iiiiriiiiies iion ali« modo a judioiariis potestatibus d i s t r i n g a n t u r nisi coram advoealo a noliis conslitulo". ■») Wait/. 4. 'i.')4 und 377. — Ausnahmen ib. 2Sö n. 1 , wo jedoch auch Lud. P. B. spur. 'i(l7 aiigelülirt ist. *) Wait/. 4, 38(1. ") Den Von l'jrliaid erwälinlen ihmicii Abiliiick dies(>s Di|>loms habe ich nicht ein- sehen kiiiinen. Heiträge zur Diploiiiatik. 131 Beyer a" 104 : selir fehlerhafte Ahschrift oder sogar Üher- arbeitimg, da der erzählende Theil ganz verworren und da die bei Schenkungen üblichen Formeln nicht angewandt sind *). Auf das Verhältniss zwischen dem Brief BO 836 und dem Diplom BO 834 habe ich schon früher (S. 379) aufmerksam gemacht 2). Ich habe hier nur nachzutragen, dass das Schreiben an Karl in Bezug auf äusserliche Merkmale (Chrismon, verlängerte Schrift der ersten und der Unterschriftszeile, diplomatische Minuskel, Besiegelung) allen anderen Diplomen gleichsteht 2). Daneben findet sich nun im Sangal- lener Archiv ein Schriftstück, das dem Inhalt nach als das ent- sprechende königliche Schreiben an die Grafen Ate und Odalrich erscheint (und das ich, weil der Wortlaut doch etwas abweicht, im Anhang abdrucke), dessen Merkmale es aber zweifelhaft lassen, ob dasselbe nur gleichzeitige Abschrift ist oder doch Originalausfertigung in minder feierlicher Form: es fehlen nämlich die Recognition und das Datum, die Schrift ist gewöhnliche Minuskel, das Stück ist nnd war nie mit Siegel versehen. B 838 halte ich für Erweiterung eines echten Diploms. Dass Grandidier von einem Original spricht, kommt bei der Unzuver- lässigkeit desselben nicht in Betracht. Der ursprünglichen Urkunde mögen folgende Theile angehören: „In nomine — nostram adiit excellentiam" ; „hanc nostrae aucforitatis praeceptionem fieri decre- vimus — ad finem usque rite deducatur"; „et ut hoc nostrae auctori- tatis praeceptum — feliciter amen". Die dazwischen liegenden Sätze schreibe ich späterer Umarbeitung zu. Gegen die Erzählung von dem Brand: „0 mnia munimina cartarum — igne concremata", dessen meines Wissens sonst nirgends Erwähnung geschieht, spricht schon 1) Gewisse Fehler dieser Abschrift, wie die Fassung von FI x, dass Hebarhard Notar genannt wird u. s. w., finden sich auch in der andern Prünier Urkunde bei Beyer nO 114. ^ 2) Den Inhalt erläutert sehr gut Waitz 4, 336. — Hinzuzufügen ist die technische Bezeichnung für diese Art von Eiden. Eine gleichzeitige Hand hat B 0 836 auf der Rückseite bezeichnet als „concessio Hludowici regis ad sanctum (Jalliim de juramento coacticio". Der St. Gallener Verfasser des Lebens Karl"s spricht auch von „juranientum coactum" und endlich bedient sich auch die Kanzlei Koii- rad's I. in B 123.j dieses Ausdrucks. 3) Verbesserungen zu dem Abdruck bei Neugart 1,383: Schluss des Briefes : „taliter hanc nostram jussionem adimplere sludete , sicut in vesfra confidimus iidelitate. Valete omnes feliciter in Christo'' ; und Dalirungszeile: „data V id. apr. a. XXXVl regni domni Hludowici . . . indictione VI. Kranconofurt pal. regio. In dei n. f. a." 9» < O •> Dr. S i o k e I das eitifiiche Factum, dass mehrere Strassbiirger Diplome der f*iii- heren Zeit erhalten sind, und dass in vielen Urkunden, sogar in dem an gleichem Tage ausgestellten B 837, der Vorlage älterer Diplome gedacht wird i). In dem zweiten Theil von B 838 beanstande ich 1. die Strafandrohung, von der ich später handeln werde und 2. den auf sie folgenden Satz: „concessimus . . qnoque . . episcopo Batoldo . . . ut in quacunque placuerit villa episcopii sui monetam statuat, quateiius pro mereedis nostrae augmento utilitati ipsius ecciesiae deserviat", den ich für interpolirt halte, weil sich aus der Zeit Ludwig's des Deutschen noch kein sicherer Beleg für die Verleihung des Münzrechts an ßisthümer oder Abteien beibringen lässt. Ich berühre hiermit eine Streitfrage, welche schon bei Gelegen- heit des bellum diplomaticum Lindauense von Conring, Tenzel u. a., sowie von den Numismatikern des vorigen Jahrhunderts lebhaft erörtert ist. Unter den Diplomatikern wurde die Discussion weniger zum Abschluss als zum Stillstand gebracht, indem Mabillona) die Echtheit des von Ludwig dem Frommen dem Bischof von Mans 836 ertheilten Münzprivilegiums (B 467) verfocht und damit einen Präcedenzfall für alle späteren Verleihungen der Art feststellte. Auch die neueren Numismatiker und Bechlshistoriker ») gehen in der Darstellung des Münzrechtes von dieser Voraussetzung aus und haben demgemäss viele der nächstfolgenden Münzprivilegien unbe- anstandet benützt. Nur dass die betreffenden Urkunden aus mero- vingischer Zeit nicht authentisch sind und dass die Münzgesetz- gebung Karl's des Grossen Vergabung dieses Rechtes an Bischöfe u. s. w. ausschloss, wird heute allgemein anerkannt*). Aber das Zeugniss der Urkunde für Mans ist noch nicht über allen Zweifel erhaben. Zwar sind die Formeln desselben allenfalls in Ordnung 5), aber der gleiche Umstand hat auch die in die acta epis- 1) Grandiilier 2, 194 verdreht desshiilb die Worte der Urkunde : „les arohives e'pis- copales . . . ayaiit e'te brulees eii 873 (?) ... p e ii de pieces eehapperent ii lu violence des flamines". 2) De re diplom. 220. — S. auch Heiiinann 1, 60, 203; 2, 39 und Chron Got- vvic. 124. 3) Am ausfiilirllchsleii handeln davon Müller deutsche Münzgeschichte 1, 14,') ff. und Wait/. deutsche Verfassunysgeschichte 4., 80 ff.; mit Recht drückt sich letzterer vorsichtig; aus. 4) Müller 102. Waitz 2, 534 und 4, 81. ») Nändich bis auf -jeringe Abweichungen in der Ankündigung der Unlerschrift und des Siegels, welche etwas verwirrt ist. Auch die Indiclion , welche in den von iieitriige zur Dii>loinaUk. 13«5 « copornm Cenomatinensium oder in die gesta Aldrici aufgenommenen Merovingenirkiinden nicht vor dem verdammenden Urtheil der Kritik scliützen können <). Sciion die Quelle, ans welcher dies Diplom stammt, macht dasselbe verdächtig 5 nur müsste in diesem Falle nicht der Bischof Aldericli, sondern einer seiner Nachfolger oder der noch im IX. Jahrhundert lebende Verfasser der gesta als Fälscher geda(,'ht werden. Andererseits ist es aber auch möglich dass Alderich durch Vorlage falscher Privilegien von Theoderich, Pippin und Karl, wie er sie in grosser Anzahl angefertigt hatte und welche auch in B 407 erwähnt werden, von Kaiser Ludwig aus- nahmsweise die V^erleihung des Münzrechtes erschlichen hat. Erst eine eingehende Untersuchung der späteren Urkunden der gesta Aldrici wird über die Echtheit des Münzprivilegiums entscheiden können. Von Ludwig dem Frommen ist ausserdem nur noch die Ver- leihung des Münzrechtes mit Genuss des Schlagschatzes für Corvey bekannt (B 439 a. 833. Erhard Urkunde 8), eine Urkunde, welche ich in der bisher vorliegenden Gestalt entschieden verwerfe 2). Dass in Westfrancien auch unter Karl dem Kahlen als Regel festgehalten wurde, dass nur königliche und zwar genau bestimmte Münzstätten die Münze ausprägen sollten, wird durch das edicfum Pistense vom Jahre 864 hinlänglich bezeugt 3). Dennoch gestattete der Könij; schon im nächsten Jahre eine Ausnahme zu Gunsten des Bischofs Erchenraus von Chalons. Die durchaus unverdächtige Ur- kunde*) knüpft geradezu an die Bestinmiungen der Verordnung von Hiriniiirnai'is ausg-et'ertigten Diplomen stets richtig angej^ebeu wird, stiinmt in dein Abdruck bei Baluze nicht, ist aber bei Bouquet verbessert. 1) Roth Benefiiialwesen 431 ff. ^j Anstiissig-er Schreibfehiei- in Formel II; ganz ungewöhnlich ist Formel IX; falscli ist die Namenforra Hirminniariis. — Mabillon 1. c. führt zum Beweise, dass der r Kaiser das Miinzreeht verliehen hat, noch eine Stelle der translatio s. Sebasliani an , die aber erst nach 900 geschrieben Ist, also zu einer Zeit, in der schein viele westfränkische Bisthiimer und Klöster dies Vorrecht eihalten halten und in der sich eine irrthümliche Ziirückdatirung leicht erklärt. Ohne sicheres urkund- liches Zeugniss kann diese Notiz nicht den Ausschlag geben. 3) Mon. LL. 1, 4».S und dazu Müller 113 ff. ••) Ziier.st veröffentlicht in der Hevne numismii(i(|ue de France 1S31 . p. 3H und erläutert von Bartheleiny. Es heisst darin: „et pro eleniosina . . . censuni (|ui exinde (de raoneta) exierit . . . canonicis tradinius ... et hoc . . . precepUini fieri . . . jussimiis per quod candem nionetam cum omni reddilu possidere valeal". j O Ä Dr. S i c k e I Pistres an und setzt es ausser Zweifel, dass es sich nicht um Verle- gung einer königlichen Münzstätte nach Chalons, sondern um eine bischöHiche Münze, deren Ertrag der dortigen Kirche zugewiesen wird, handelt. Es folgen noch unter demselhen Fürsten einige Münzverleihungen, gegen deren Inhalt wenigstens, nachdem ein Bisthum diese Begünstigung erhalten hatte, kein Bedenken oh- waltet. Im Reich Lothar's des Jüngeren lässt sich schon drei Jahre früher eine analoge Verleihung zu Gunsten von Prüm (B 700. — Beyer no 96) nachweisen; in der ganz unverdächtigen Urkunde heisst es: „ut ahhinc in antea in predicto loco . . . moneta ad bonos et meros denarios perficiendum fiat et nuUa pars publica inde telo- neum uel aliquam exactionem exigat, sed in utilitatibus eiusdem sancti loci ... in futuro perseueret". Es würde demnach nicht auffallen, wenn auch Ludwig der Deutsche dem früher Lothar d. J. gehörigen Strassburg und dem an der Grenze liegenden Worms (B 773) Münzprivilegien verliehen hätte. Nur, da wir es jedesfulls mit ganz neuem Vorrechte zu thun haben, ist die Kürze des Ausdrucks anstössig. Während nämlich die Verleihung der Münze für Chalons und Prüm besonders motivirt wird, in der Urkunde für Chalons, und ähnlich in vielen späteren Diplomen, auch die Modalitäten der ersten Einrichtung näher ange- geben werden, heisst es in B 773 nur: „monetam ad integrum . . . tradimus" und in B 838 wird noch die absonderliche Begünstigung hinzugefügt, dass der Bischof „in quacunque placuerit uilla epis- copii sui" Münze prägen lassen dürfe. Wichtiger ist dass sich gegen diese vereinzelt dastehenden derartigen Urkunden des deutschen Königs allerlei formelle Bedenken erheben. In Bezug auf B 773 wurden sie schon früher (S. 396 — 398) zusammengestellt. In B 838 ist es die Strafandrohung, welche Verdacht erregt, und dass die Verleihung des Münzrechtes sich an sie anschliesst, lässt auch diese als nachträglichen Zusatz erscheinen *)• Dass die Strafandrohung in dieser Strassburger Urkunde an- stössig ist, lässt sich auch nur nachweisen, wenn man in Bezug auf ») W:i.s Craiidiflier 2, lOö und in dun Noten zu p. CCLVII zur Vertheidigfun^ der l'i'knnile lieiliriiigt, ist zumeist durch die obige Erörterung' schon widerlegt; ich will nur noch hinzufügen, dass die von ihm angezogene Bulle Hadriau's (.lalle s|>. 320) gleichfalls falsch ist. Beitrüge /.iir l)i|)loiii;ilik. 135 die für die Dipiomalik dieser Zeit wichtige Friige, wann die könig- lichen Kanzleien angefangen hahen , solclie Androhungen in den Urkunden selbst auszusprechen, die Diplome aller Karolinger in Zusammenhang betrachtet. Die Diplomatiker des vorigen Jahrhunderts haben diese Frage nie in genügender Weise eröitert: sie haben zwar alle das Vor- kommen entsprechender Formeln in den Urkunden der ersten Karo- linger als Seltenheit bezeichnet, haben aber doch die betreffenden Stücke als echt gellen lassen und haben nicht genau festgestellt, bis zu welcher Zeit diese Formeln ungebräuchlich, von welcher Zeit an sie gebräuchlich gcAvorden sind ')• 1» Folge davon wird eine grosse Anzahl von Urkunden, welche um der Strafandrohung willen min- destens als interpolirt angesehen werden müssen, noch immer ohne Anstand benutzt. Muratori 2) allein hat über die Urkunden der in Italien herrschenden Kaiser die richtige Ansicht aufgestellt, ohne sich jedoch über den betreffenden Kanzleigebrauch der übrigen Karolinger auszusprechen. Scheiden wir zunächst aus was so oft mit dieser F'rage ver- mengt ist. — Die Verwünschungen u. s, w. (interminationes judicii divini, excommunicationis etc.) haben, falls sie in königlichen Diplomen vorkommen, denselben Zweck wie die Androhungen von Geldbussen, sind aber in den früheren Jahrhunderten nie Ausfluss der königlichen Gewalt, sondern werden stets von geistlichen Autoritäten ausgesprochen und werden höchstens durch die Königs- diplome bezeugt und bestätigt; sie können daher auch nur in Ver- bindung mit den Formeln in den Urkunden der Geistlichkeit befrachtet werden. — Man hat ferner Urkunden herbeigezogen, in denen das in jedem Diplom ausgesprochene Gebot des Königs etwas ausführ- licher, als in der Regel geschiebt, eingeschärft wird s) : das ist aber *) Mabillon de re dipl. lil). II, cap. Vlil, liesonders p. 102; im Allgeiiieiiieii vveidfeii von ihm die iiöiiig-liclieu Diplome nicht genug von püpstlichen, hisohölliehen nud Privaturltiinden geschieden; die für die ersten angefiilirten Beispiele iilterer Zeit sind alle nicht stichhaltig. — Heumann 1, 113, 23j, :10Ü, 301; 2, 191. — Beiden schreiht der Verfasser des Nouveau traite ö , 088 If. nach. — Kiiiuagalli delle islit. diplom. '227 ff. verwirft nur die Diplome lumhardischer und meriiviri- gischer Fürsten mit Strafandrohiingen ; über die der Kanilinger p. 400 s|iricht er sich nicht eingehend genug aus. 2) Dissertatio XVII: de fisco et camera regnm cpiscoporuui iliiciini ;iti|uc marchinniim italici regni — in den anliq. 1, 918 ff. ■^j So namentlich lleuniann. \^Q Dl- S i c k e 1 nichts als stylistische Ausführung und durchaus verschieden von der ausdrücklichen Androhung einer fest bestimmten Poen. — Von letzterer ist auch noch der allgemeine oder besondere Hinweis auf die Gesetze und die in ihnen enthaltenen Sirafbestimmungen i) zu unterscheiden. So hat es unzweifelhaft schon unter den ersten Karolingern Gesetze gegeben, welche die Verletzung der Immuni- tätsprivilegien mit hoher Busse belegten 2). Zwar ist keins der- selben in seinem Wortlaut auf uns gekommen 3), aber sie werden von Ansegisus erwähnt*) und die Urkunden berufen sich so oft und in so bestimmten Ausdrücken s) auf sie, dass man ihre Existenz nicht in Abrede stellen kann. Davon ist aber noch die Frage zu sondern und in der Diplomatik zu beantworten, von welchen Kaisern und Königen zuerst die Androhung einer bestimmten Geldstrafe in die Urkunden aufgenommen ist. 1) Wie in der Urliuade Ludwig's des Deiitseheii in Marlene coli. 2, 28: „ut nulliis juilex vel missus audeat pro ipsis deeimis doiia accipere, et si aliquis pro hoc subtraxerit, sicut in capitulari d o m n i f^enitoris nostri continetnr, ita qui fecerit emendare cogatur." 2_) Waitz 4, 2Ö6; nur lasse ich die angeführten älteren Diplome nicht als Beieg- sleüen gelten. 3) Das heisst keine Bestimmung, welche direct die Nichtbeachtung der Privile- gien betrifft. Die Bestimmung „de his qni inlVa iiiiiniinitiiteni confugiiint vel damnum aliquod ibi faciunt" in Mon. LL. 1, ii;} kann nur als analoge angeführt werden. Ebenso bezieht sich das Mainzer Capitulare von 831 in .Mon. LL. i, 412 auf die Immunitätsbesitzungen und nicht auf die Diplome. *) .VIon. LL. 1, 318: de observatione praeceptorum doniinicorura. — S. auch die capitularia spuria, Benedicti capitul. üb. 11 , §.116 in Mon. LL. 2, 79 u. a. a. O. ') Urkunde Lolhar's B ö82: „quiscuiique contra hoc nostrae immuiiitatis praecep- tuni i('e . . tentaverit . . seiat se eandem immunitatem compositurum". — Urkun- den Ludwig's II. B 636: .,si vero aliquis etc., sciat se seeundum legem in- fractie inimunitatis modis omnihus distringendum" ; B 638: „quod si quis etc., banuum immunitatis uoslrae hoc est triginta lihras argenti se oompositiirurn sciat"; BO 6ö6: „si quis antem etc., noverit se poena dampnandinn ad partein predictie ecciesiae emunitatem quam ceteris ecciesiis concessam liabeuius, hoc est triginta lihras argenti". — Urkunde Karl's (des Sohnes von Lothar) B 713 „quisqui.s vero etc., legibus puhlicis noverit se feriendum". — Ui-kunden Karl's des Dicken B 968; „si quis vero etc., immunitatis ejusdem ecciesiae ciil- pabiliter (1. culpahilis) habeatur" ; ähnlich B 991. — Urkunde Karl's des Kahlen B 1335: „quod si fecerit, dampnetur ita sicut decretum est in capitulo iiostro" ; soll »ich dies auf die Capitulaie des Königs von 844 (.Mon. LL. 1, 378) beziehen, so ist in diesen allerdings die Höhe der Strafe nicht ausdrücklich angegeben. Kine wie es scheint sehr bezeichnende Stelle, die Waitz 4, 238 n. 2, letzte» Cltat anführt, konute ich bisher nicht finden. Beitrüjje /.iii- l)i|ilipiii;ilil». 1 O 7 Prüfen wif zuiiäclist die Formeln. Keine der hierher gehörigen Sammlungen, von Marcnlf an bis auf Salomo III. von Konslanz, mit dessen Arbeit die Formehi der Karolingischen Zeit abscliliessen, enthält ein königliches Diplom, in welchem eine Androhung von Geldstrafe gegen die Verletzer des in der Urkunde enthaltenen königlichen Gebotes ausgesprochen wäre. Denn es hat doch ent- schieden eine andere Bedeutung, wenn in zwei aus der Kanzlei Ludwig's des Frommen stammenden Formeln, nändicb für Juden - Schutzbriefe, ein Poen von 10 Pfund Gold angedrobt wird: es ist dies, wie der Zusammenhang zeigt, ein für die Schutzjuden beson- ders festgestelltes \^'ergeld i). Was nun die Urkunden anbetrifft, so halte ich jede im Namen Karl's des Grossen und Ludwig's des Frommen ausgefertigte, in wel- cher eine Geldstrafe festgesetzt wird, für mindestens interpolirt. Die meisten der betreffenden Diplome sind aus mehrfachen Gründen zu beanstanden, und die wenigen, welche sonst nach Inhalt und Form keinen Anstoss geben, können gegenüber der grossen Anzahl gut beglaubigter Urkunden ohne solche Androhung so lange nicht als massgebend betrachtet werden, als nicht der Nachweis geliefert ist, dass sie in unanfechtbaren Originalausfertigungen vorliegen. In Diplomen Karfs findet sich die Strafandrohung in B. 98, 105, 1 07, 149, 178, 189, 115; aber bis auf die letzte sind sie alle aus mehrfachen Gründen zu verwerfen 2). Von Ludwig sind anzuführen B. 237, 303, *j Doiiqiiel 6, 649 (1. n" IJ'i, ö'i : „suprascriptos Hebraeos sul» inuiidelnirdo et licfeii- sione nostra .susi'ei)iinus. Qiiiciiiiqiie in iiiorte eoriim, (lUiiiudlii noliis (idele.s ex- titeriiit , coiisiliaverit auf aliqncm iiitprfecei'it , sciat se ad partem painlii noslji decem libras aiii'i persoluturum". Das pi-u'ceptiim n^ 3ö iibeiträj;t dann solchen Schulz (sicut ipsi .hidaeij auch aul' >'ichtjudeu. lomen Karl's des Grossen für Fnld erwähnt, namentlich in Dronke no, 158 und 248, die zwar auch von dem Abschreiber verderbt sind, aber doch der ganzen Fassung nach als echt angesehen werden müssen. Aus der zweiten dieser Urkunden geht nun noch ein weiteres über den damaligen Stand dieser Frage hervor. Wir erfahren aus ihr, dass auch dort Streitigkeiten über den Zehnt zwischen den Äbten und den Bischöfen entstanden waren, dass sie vor den Kaiser gebracht waren und dass dieser nun verfügte 1. dass das Kloster in dem ungestörten Genuss der freiwilligen Zehntschenkungen verbleiben solle ^j; 2. in Bezug auf die allgemeine Abgabe an die Kirche: „ut decime ad eccle- sias quas in propriis locis et uillis possident a seruis suis tan- tum et colonis persoliiantur, quin susceptio hospitum et pere- grinorum semper apud eos indesinenter habetur". Eine Entschei- dung, welche in ihrem ersten Theile durchaus den Privilegien von Zaeharias und Pippin, in ihrem zweiten Theile ganz den damaligen Gesetzen entsprach*) und auch von Ludwig dem Frommen in einer fast gleichlautenden Urkunde (Dronke no. 526) bestätigt wurde. iinperaloris", während Klieili;iri|iliiiiiiitik. 143 Auf den Fulder Zehnt beziehen sieh aber auch mehrere ent- schieden falsche Urkunden, unter denen hier besonders B 188 (Dronke no. 247) hervorzuheben ist. Das angebliche Original ist auf den ersten Blick als Fälschung zu erkennen; ans inneren Gründen kann es auch nicht einmal als Abschrift eines echten Diploms gelten. e I In ihm nun wird die ursprünglich auf die Unfreien und Colonen be- schränkte Zehntverpflichtung verallgemeinert und dem Kloster der volle Zehntgenuss von allen seinen Besitzungen zugesprochen : „ut de uillis ecciesiae S. Bonifacii, seruis etiam et colonis in illis manentibus . . . habeat . . alibas . . . potestatem decimas acci- piendas propter aedilicia perlicienda . . et ut nobis fideli- busque nostris ') pauperibus quoque et peregrinis tempore susceptionis usus necessarios possint praebere". — Das nächst- folgende in Original erhaltene und ganz unverdächtige Diplom, welches den Fulder Zehnt betrifft, ist von Konrad I (BO 1236) ertheilt und enthält nach Verleihung der Immunität ganz wie B spur. 188: „ut de uillis — possint praebere", jedoch mit der sehr verständliehen Variante: „et ut sibi fulelibusque suis, pauperi- bus ..." Derselbe Satz mit der gleichen Variante findet sich aber auch schon in dem Diplom Ludwig's des Deutschen, Dronke no. 614, und indem von den in der Zwischenzeit regierenden Fürsten keine auf den Zehnten bezügliche Urkunde überliefert ist, entsteht die Frage: ist jenes Karl dem Grossen zugeschriebene B spur. 188, welches die Zehntverpflichtung zu Gunsten des Klosters verallge- meinert, erst zu Konrad's oder schon zu Ludwig's Zeiten ange- fertigt und liegt etwa schon dem bei Dronke no. 614 abgedruckten Stücke ein echtes durch Fälschung einer Karolinischen Urkimde erschlichenes Diplom zu Grunde? Im Allgemeinen ist es allerdings schwer das Alter einer Fäl- schung aus den Schriftzügen derselben zu bestimmen, weil sich in demselben Masse, in dem es dem Fälscher gelingt das als Vorschrift gew^ählte alte Original nachzubilden , der Charakter der Schrift seiner Zeit verbirgt. Anders in diesem Falle. Es ist unverkennbar, dass dem Fälscher nicht ein Diplom Karl's des Grossen, sondern ein Diplom Ludwig's des Frommen als Vorlage gedient hat, und dass er •) Verijli'iclit' iilier iliese Hei-I(er(,'svfr|>fli('litiiiig' Wiiil/,. 4 14. Dr. S i <• k H I 144 die denselben entlehnten Bnchst-.iben mit verhältnissmässif? grosser Sicherheit nachgebildet hat, spricht für eine Zeit, in welcher die nierovingische diplomatische Schrift und speciell die den Originalen Ludwig's eigenthüniliclie Form noch in'ciit ganz von der späteren sogenannten karolingischen Schrift verdrängt worden wiir, d. h. für die Mitte des IX. Jahrhunderts. Verräth nun auch dieser Umstand die Absicht, zur Zeit der Fälschung auf Grund derselben eine Be- stätio-nng ihres Inhaltes zu erwirken, so spricht doch zweierlei o-egen die Vermuthung, dass diese Absicht schon zu Zeiten Ludwig's des Deutschen erreicht worden sei. Während gerade unter diesem König an verschiedenen Orten die Frage aufgeworfen wird, ob der allgemeine Kirchenzehnte bei Klostergütern dem betreffenden Kloster oder dem Bischof zusteht, finde ich sie überall in vermittelndem Sinne gelöst, so dass dem Kloster der Zehntgenuss von einem Tbeil seiner Besitzungen zugesprochen wird, von dem andern dem Bischöfe; nirgends aber wird eine so einseitige Entscheidung wie hier, ausschliesslich zu Gunsten des Klosters getroffen. Andererseits wenn eine solche Entscheidung schon unter Ludwig getrotTen wäre, so wäre es auch am Platze gewesen, ein so wesentliches Vorrecht dort mit aufzuzählen, wo im Allgemeinen alle Besitzungen und Bechte des Klosters bestätigt wurden : in den Immunitätsurkunden, welche das Kloster von den Nachfolgern Ludwig's erhielt; aber keine der Immunitäten für Fulda vor Konrad (s. S. 374) gedenkt des Zehnten. Ich folgere daraus, dass Fulda von Ludwig dem Deutschen kein dem Inhalt von Dronke no. 614 entsprechendes Diplom erhalten hat, dass zwar zu seiner Zeit, wie die Anfertigung von dem angeblichen Original B 188 beweist, das Kloster schon darnach gestrebt hat, sich in Besitz des Zehnten von allen Klostergütern zu setzen, dass diese Absicht aber erst erreicht ist mit Hilfe weiterer Fälschungen unter König Konrad. Die in Metz ausgestellten Diplome B 852 — 855 i) , so wie B 857, sind alle unter dem Vorbehalte, dass sich bei den Abschrif- ten mehr oder minder auffallende, aber aus anderen Urkunden leicht •) Wolil iille von Lititbraiid , dcssiMi Unterschrift auch in eine den Namen Lothar's an der Spitze tragende falsche Urkunde für S. Arnulf in Metz bei Bouqnet 8, .194 iibergeganp^en ist. Beiträge zur Diploinatik. 1 45 7,11 verbessernde Fehler und Veränderutigeii eingeschlichen haben, nach Inhalt und Fassung als echt zuzulassen *). Überhaupt wird die Kritik bei nur abschriftlich überlieferten Urkunden immer im Auge behalten müssen, wie nachlässig und wie wenig gewissenhaft manche Urkundencopisten des Mittelalters ge- wesen sind, und bei aller Strenge der Regeln, welche die Diplo- matik für die Originalausfertigungen aufzustellen bestrebt sein muss, wird bei Abschriften dem Urtheil des Forschers ein freier Spiel- raum gelassen werden müssen. Bis in"s Einzelne gehende, scharf ;ibgrenzende Bestimmungen lassen sich da nicht festsetzen, sondern nur allgemeine Regeln. Und was als eine der Hauptregeln Mabillon 3) zunächst für wirkliche oder angebliche Originale hinstellt: „non ex sola scriptura neque ex uno solo characterismo, sed ex omnibus simul de vetustis chartis pronuntiaudum", lässt sich auch auf die Abschriften übertragen; sie sind nicht nach einem Merkmale, sondern nach allen inneren Merkmalen zu beurtheilen, nach dem historischen und Rechtsinhalt, nach der stylistischen Fassung des letzteren und nach der Sprache überhaupt, nach den Formeln, nach den Angaben über Kanzler, Ausstellungsort, Datum u. s. w. Des weiteren entscheidet aber nicht allein die Anzahl der etwaigen Abweichungen von dem, was als Norm erkannt ist, sondern auch der Grad der Abweichung, wie wenn etwa in dem neunten Jahr- hundeit zugeschriebenen Diplomen RechtsbegrifFe, Titel, stylistische Wendungen vorkommen, die erst dem elften angehören u. dgl. Von diesen allgemeinen Regeln bin ich zunächst ausgegangen, indem ich in Bezug auf die von den Normen abweichenden Urkundenabschriften bei den einen ein echtes Diplom als Grundlage, die dann interpolirt oder anderweitig verunechtet worden ist, angenommen habe, andere als Fälschungen ganz verworfen habe. Besondere Gründe, welche sich zur Vertheidigung von Abschriften jener Art anführen Hessen, habe ich im obigen zumeist geltend gemacht. Dagegen habe ich in mehreren Fällen den speciellen Nachweis der Unechtheit zu liefern nicht mehr für nöthig erachtet, wenn Heumann 2. 222 — 238 dies ') Am aiistilssig'slen ist Hie Überaiheiliin^ des Datum in B SäS, wie sip aber vielen IJopialliüchern eigeiitliiimlicii ist und welche für siph allein nicht berechtigt . da» Dipliim zu verwerfen. 2) De re r. S i c k e I schon in genügender Weise gethau ')• l» J«'« Verzeichniss am Schliiss habe ich, was ich entschieden für Fälschung halte 2), nicht mehr aufgenommen, dagegen alle Urkunden, die wenn auch in der vorliegenden fehlerhaften Gestalt verdächtig, sich doch noch einigermassen vertheidigen oder ein echtes Diplom voraussetzen lassen s). Schon aus den bisherigen Erörterungen ergibt sich, welche Personen zur Zeit Ludwig's des Deutschen die künigl. Kanzlei bil- deten, zumTheil auch in welchem Verhältnisse sie zu einander standen. Aber diese Nachrichten für sich allein sind zu dürftig, als dass sich aus ihnen ein nur einigermassen anschauliches Bild von der dama- ligen Einrichtung der Kanzlei gewinnen liesse. Wir müssen zunächst zu Hilfe nehmen, was uns von der Geschichte der Kanzlei seit dem Beginn der Karolinger überliefert ist*). Und auch so wird noch <) Dort wird auch eine Urkunde für Lamspriiige besprochen, welche zuerst in Harenher"^ hisl. Oandersh. p. 91 und dann wieder von Lt-uckfeld antiq. Gandersh. p. 'i90 al)gediut'kt wurde und die identisch zu sein scheint mit einer von Waitz 4, 437 n:ich Leil.nK/.'.M-her Abschrift benutzten Urkunde. Zu Heumann's Ausstellungen ist nocii hinzu7,nfiig:eii, dass die Urkunde wiederholt von „principes" spricht. — Ist nun hier „Uomauoruni rex" u. a. sehr anstössi<^ , so finde ich in der p. 235 in li e u I s c h e r Übersetzung^ abgedruckten Urkunde für Ammer- liacli den Titel „Höiuisclier Kiinig" minder bedenklich, da dem wohl dein XV. Jahrhundert ang-ebörigen Übersetzer dieser Tilel ganz geläufig war, und da mit | Ausnahuie dieses Dehlers und der unrichtigen Datirung die ganze Fassung einen gnien Kindruck macht. Wiire die Datirung vollständig, so würde ich nicht an- stehen, diese Urkunde in das Verzeichniss aufzunehmen. 2) Ilahill gehören auch einige Urkundenfragmente in den Fulder Copialbüchern, zum Tlieil schon von Heumann nach Schannat aufgeführt, zum Theil erst durch Dronke liekannt gegeben. 3) Waitz führt im vierten Hand aus Pertz's Abschriften noch zwei sonst nicht bekannt gewüi-dene Urkunden I.udwg's d. D. an: S. 109 no. 1 für Herford und S. 2fi(! 110. I füi- rCpternach. Aus einer gütigen Mittheilung von Waitz erfahre ich aber, dass die letztere Urkunde aus Versehen Ludwig dem Deutschen zuge- schrieben ist und Ludwig dem Frommen zukommt; über das Hei-forder Diplom, dessen Datum u. s. w. ich gerne kennen gelernt hätte, konnte auch Waitz jetzt keine Aiiskinid ertlieilen. *) In der Hauptsache folge ich hier Waitz 3, 426, dessen Darstellung ich nur in eiiiein l'uiicte ergiiiizen zu müssen glaube, darin, dass ich die Titulaturen in den Diplomen von den sonst gebräuchlichen unterscheide. Will man für die Zeiten von rippin bis auf Ludwig den Frommen bis in alle Einzelheiten die Einrichtimg der Kan/.lei feststellen, so niuss jedenfalls eine eingeliende Revision aller Diplome Beiträge zur Diplomatik. 14T nianclie Lücke unausgefüllt, manche Frage unbeantwortet bleiben : die thatsächlicben Angaben werden hie und da mir durch Ver- muthungen ergänzt werden können. Die Referendare, denen unter den Merovingern unter anderen wichtigen Ämtern auch die Leitung der Kanzlei oblag, sind seit der Erhebung des neuen Königsgeschlechtes ganz verschwunden *); an ihrer statt übernimmt die Sorge für das Urkundenwesen eine Anzahl von Männern meist geistlichen Standes unter dem oflFiciellen Titel von Notaren. Anfänglich sind sie, wie es scheint, als Mitglieder der Kanzlei sich ganz gleich gestellt, aber schon unter Karl dam Grossen kommt nach und nachunter ihnen eine gewisse Rangordnung auf, der zufolge einer als oberster Notar, die anderen ihm vielleicht wieder in verschiedenen Abstufungen untergeordnet erscheinen. Werden sie ausnahmsweise Kanzler genannt 2), so doch nie bis zur Zeit Ludwig's des Frommen in eigentlichen kaiserlichen Urkunden s). Von den Urkunden Lothar's lässt sich wenigstens sagen, dass die Titel Kanzler oder Erzkanzler noch nicht in den Unterschriften an- gewandt werden*). Es verhält sich ganz ähnlich mit dem Titel vorausgehen, eine Arbeit, die ich mir ersparen zu können glaubte , weil es hier behufs der V'ergleiehung nur auf die schon von Waitz festgestellten Hauptziige ankommt. — Die früheren Arbeiten über diesen Gegenstand von Du Ciiesne, Mabillon , Mallinckrot, Heuniann und im Nouveau traile berücksichtige icii hier nur insoweit, als es nothwendig ist, einzelne irre führende Angaben zurückzu- weisen. *) Die Erwähnung eines referendarius in den Formeln Ludwig's des Froramen bei Bouqiiet 6, 647 berulit auf einem Lesefehler des ersten Herausgebers Carpentiei- ; nach Kopp 1, 333 ist die betrelfende tironische Note in vassallus aufzulösen. 2) „Cancellarius noster" im Capit. Kar. M. von 803 (Mon. LL. 1, 120) und in Cap. Hlud. et HIotb. von 823 (ib. 246, 293). — In einer Schenkung von Karl's Schwester fihisela (Fascimile in Mabillon 389, und dazu Kopp 1, 383): „Wiue- radus cancellarius ," im Recognitionszeichen wiederholt. — Für den seltenen Gebrauch des Wortes spricht auch,'- dass das Lexicon Tiron. Casselanum in seiner ursprünglichen Gestalt keine Note für dasselbe enthält. 3) Sämnitliohe Diplome, welche cancellarii oder gar archicancellarii unterzeichnen, sind falsch; so unter Ludwig dem Frommen Bouquet 6, 337 und Wirt. Urk. 1, 87. 4) Ein von Heurnann 1, 303 angeführtes Beispiel: „Ercamboldus regiae dignitati.s cancellarius" gehört gar nicht der Zeit Lothar's I. an, sondern ist einer l'rkunde Lothar's II. ß 697 entnommen. — B 391 und 596 mit „archicancellarius" in den Subscriptionen sind falsch. Dagegen halte ich „Agilmarus s. Viennensis ecclesiae episcopus et sacri palatii nostri archicancellarius" im Ccntext von B 382, a. 843 für nicht anstössig, da die ganze Urkunde unverdächtig und da ein jedesfall» ausserhalb der Kanzlei schon gebräuchliches Wort allmählich auch in die Kair^- leisprache eindringen konnte. 10' eines Obeitiofars: schon ein Notar KarPs des Grossen Rado wird einmal von dem Papst als „protonotarius" bezeichnet; dann heisst unter Liidwijr dem Frommen Hugo, der damals der gesammten Kanzlei vorzustehen s:!j. ß44; Bouquel 8, 4t.^. *) Klipp I. 398 Das.s der INdtHr seMist die Uikiinde geselirielien li;il, /e'i^i das Ori- !i;lii!il. — Klw;is anders ist die Arljeit verUieilt in H 494: Kupp 1, 40ü. öj Verlassungsgescliielile 3, 4'29— 437 Beitrag!; zur l)i|il()iiialik. 141) iiitlen» das Kauzleipersoiial zum grossen Theil , unter Ludwig deui Frommen wahrscheinlich ganz, aus Angehörigen des geistlichen Standes zusammengesetzt war, standen diese wie alle in der Pfalz lehenden Geistlichen unter der Aufsicht und Leitung des Hofcapellans. Ihm, erzählt uns der gewiss gut unterrichtete Hincmar »), war der oherste Kanzler beigegeben, dem kluge, einsichtsvolle und zu- verlässige Männer als Schreiber der königlichen Urkunden unter- geordnet waren. Beziehungen zwischen der Capelle und der Kanzlei sind jedesfalls in diesen Worten angedeutet, aber sie beruhen nur einerseits auf dem Personiilstand der Kanzleiangehörigen, andererseits auf dem Umstände, dass die Capielle zugleich Aufbewahrungsort der Urkunden, Archiv gewesen zu sein scheint. Aber auf die Amtsthätigkeit und Arbeit der Kanzler und Notare nimmt der Erz- capellan in der ersten Zeit noch keinen Einfluss. Hincmar zählt die Namen aller Obercapeliane seit Pippin. wie sie auch anderwärts überliefert sind, auf: der Presbyter Fulrad unter Pippin, die Bischöfe Angilram und Hildebold unter Karl dem Grossen, der Presbyter Hilduin und Fulco und der Bischof Drogo unter Ludwig dem Frommen; der letztgenannte bekleidete das Amt auch noch unter Lothar L «j Keiner dieser Namen nun lässt sich in den Unterschriften echter Urkunden nachweisen 3), ja auch in 1) in der epistola de ordiiie paliitii, fiir den westfiünkischeii Köni^' Kailm.tiiti 8.S1 o^eschrieben, in Walter corpus juris Germ. 3, 761 — 772. — S. iiiier diese Selirifl Waitz 3. 412, Note 1 und 431, Note 1. 2) ßouiiuet 8, 390 uiu 8ö3. 3) Seihst in falschen Urkunden ist es eine Seltenheit, einen dieser .Miinner oder einen anderen als Rrzcapellan in den Unterschriften angeführt zu finden. Die frühen' irrige Ansicht ist vielmehr dadurch entstanden, dass man Titulaturen (entweder den Titel Capellan für Ang^ehörige der Kanzlei oder den Titel Kanzler fiir Ange- hörige der Capelle), wie sie in Scriptoien oder nicht aus der königlicljeu Kanz- lei hervorgegangenen Urkunden vorkommen, ohne weitere Untersrrcliung den ofK- ciellen gleichgestellt hat. Du Chesne hatte sich noch ziemlich vor- Fehlern dieser- Art gehütet , und nur irrrter Karl denr Kalilerr rreirnt er Hchr-oin mit unter- den Erzkarrziern, wofür sich die freilich falsche l'rkirrrde in Burrqrret 8, S4;> anführen liess. — Du Gange vorzüglich hat die Vermerrginrg beider- Titel verschrrldct und ihm hat Mabiilon de re dipl. 114 rrachgeschrieberr trotz der richtigen Uenierkrrng: „rrrrllurn lamerr qui regüs irirperatorrisve lilteris archicapellarri rrorniue subscripserit invenio ante Carlornannum Italiaj regem«. — Mallinckrnt in seiner ganz rrnkiili- schen Arbeit ist dann noch weiter gegangen: er iriiirmt eirr und dasselbe Arrrl an. frir das es zwei Tilel gegeben Irabe. — Ähnlich .lie Diplomatiker des vorigerr Jahrhiirnlerts: Nuuveau Iraile .'i, öl; Krrnragalli islit. 1, 448 u. s. w. — Unter den I2Q Dr. Siokel den Diplomen, welche den Erzeapellanen selbst ertheilt werden und in denen sie als anwesend aufgeführt und mit ihren Titeln belegt werden i), findet sich keine Spur einer Theilnahme ihrerseits an der Abfassung und Ausfertigung der Urkunden. Etwas ganz anderes ist es, dass die Erzcapellane zuweilen in den Diplomen als Fürbitter „ambassiatores« 3) genannt werden, wie unter Ludwig dem Frommen Hilduin in ß 334, 337, 341, 392, u. s. w. 3). Fürbitter nämlich sind sie kraft der ausgezeichneten Stellung, weiche sie bei Hof einnehmen, kraft ihres Einflusses auf den König und dessen Entschliessungen, den sie aber je nach Um- ständen mit vielen andern theilen. So werden unter demselben Kaiser auch Graf Matfrid in B 337 (neben Hilduin) und in B 293, der Oberkanzler Hugo in B 478, ein mir sonst nicht bekannter Heliandus in B 324 als Fürbitter erwähnt»), und unter Karl dem Kahlen der Markgraf Hudolric in B 1667, der Abt Hilduin und der Graf Richard in B 1802, der Graf und Archi- minister Boso in B 1805, die Kaiserinn Richildis in B 1817 u. s. w. Diese Beispiele beweisen, dass es sich hier nur um Eijiflussiiahme auf die Entschliessungen, welche durch die Diplome bekundet wer- den, handelt, nicht um irgend welche Beziehung zu der Kanzlei. Der Erzcapellan hat also unter Pippin und den ersten drei Kaisern 5) mit der Abt\tssung und Ausfertigung der Urkunden durch neueren hat Wailly Clements de paleographie 212—222 den Irrthuni weiter ver- hreitet, namentlich in seiner Kanzlerliste, wo z. B. nnter Karl dem Grossen An- gilram und Hildebold mit aufgeführt werden, wo der Erzcapellan Ludwig's des Frommen Hilduin, der schon 830 abgesetzt und 840 als Abt von St. Denis ge- storben war, vermengt wird einerseits mit einem Oberkanzler Pippin's von Aqui- tanien (ef. B 2089, 2095, a. 846—848), andererseits mit jenem Hilduin, der seit 843 der Kanzlei des Kaisers Lothar vorstand und später in Diensten Karl's des Kahlen (Ann. Bertin. a. 869) erscheint. Nach diesen Beispielen kann man ermessen, wie unbrauchbar die Wailly' sehe Liste vollends in Bezug auf die ost- fränkische Kanzlei ist. i) Z. B. Hilduin in B SG'.I, Bouquet 8, 341, 342. 2) Mabillon 203. — Fürsprecher lasst sich nicht gut sagen, da dies Wort bereit« in Beziehung auf die Vertretung vor (iericht als technisch eingebürgert ist. 8) Kopp'l, 389 ir. dem ich auch die weiteren Angaben über die ambassiatores ent- nehme. 4) Auch ein Suizgardus in der ForiTiel bei Bouquet 6, 648. *) Für die Aufgabe, die ich mir hier gestellt habe, genügt es, die Organisation der Kaiulei bis auf Lothar zu verfolgen, und überlasse ich es anderen, den Nachweis analoger Entwickelung in den andern karolingischen Heicheu zu geben. Beiträge zur Diplomalik. 151 die Kanzlei nichts zu thiin. — Ich knüpfe zunächst an diesen Punct die Einrichtung der Kanzlei unter Ludwig dem Deutschen an. Auch unter König I^udwig waren die beiden Amter des Ober- capellans und Oherkanzlers anfänglich getrennt und wurden erst 8S4 in eines verschmolzen «j , in welchem Jahre Grimald zuerst im Cor)text Von B 77i Erzcappelan heisst und zugleich an seiner statt recognoscirt wird; zwei Jahre später (Neugart 1, 2S4) kommt es zuerst auf, dass dieser Titel auch in Formel XI aufgeiiomuien wird, ohne dass er jedoch in allen Diplomen an dieser Stelle gebraucht wird 2}. Sein Nachfolger Liutbert tritt gleich in das Doppelamt ein und führt in den Unterschriften nur noch den Titel Obercapellau. Die Verschmelzung der beiden obersten Würden hat aber noch keines- wegs die der Capelle und der Kanzlei zur Folge: das Persona! jener ist zahlreich, das Personal dieser wenigstens in Ostfranken nicht sehr gross, und so finden wir eine Anzahl von königlichen Capelianen genannt (Erchanfrid, Adelhelm, Baiding, Wichbert, Ermenricb, Gundram u. s. w,), die unseres Wissens nie in der Kanzlei beschäftigt waren. Mit der Vereinigung beider Ämter hängt nun noch eine weitere Neuerung zusammen. — Dass Gauzbald im Herbst 833 die Leitung der Kanzlei an Grimald abtritt, fällt allerdings mit dem Wechsel in ') Ich berielitig-e somit, was ich in den ersten Beitriijjeii p. IJoO n^*. 2 umi ji. o9y gesagt habe. — Üaiaiif, dass ehen der lietrelieiide Titel Verdaclit gegen ß 723 erregt, wurde icli erst durch Prof. Stumpf aufmerksam gemaclit. Gauzbald näm- lich, in dessen Namen alle Diplome bis 833 ausgefertigt sind, heisst in di'm nur abschriftlich erhaltenen B 733: „sacri palatii summns ca|)eli;inus" , als wären schon damals beide Würden vereinigt. Nacli Gauzbalil's Rücktritt aber sind beide Würden entschieden von einander gi'trennt; Grimald heisst bis 834 stets mir Oberkanzler und der Regensburger Bischuf Baturic wird in cliescr- Zeit (B 744, a. 844) als Erzcapellan genannt. Also niusste die schon einmal staltgehabte Ver- schmelzung beider Ämter wieder aufgehört haben, was auch mir unwahrscheinlich ist und wofür mir eine nur abschriftli<'h überlieferte Urkunde als Beleg nicht genügt, oder die Bezeichnung (iaiizbald als Krzcapellau in li 723 ist falsch. Imlein ich nun jetzt, nachdem ich die Rulwickeliing der betreffenden Verhällnisse unter den Vorgängern Ludwig' .s verfolgt habe, das letztere annehme, verwerfe ich doch desshalb nicht die Niederaltaielier ürkui de B 723, denn es erklärt sich leicht, dass ein Abschreiber zwei zu seiner Zeil gb-icbbedeutend gcwurdeiie Titel ver- wechselt lind hier eapellaiius statt cancellarius schreibt. 2) Kr fehlt in B)) 813, 81 j, 820, 821 ii. s w. In BO 781 sieht er. daneben wird aber tirimalil in den tironischen Noten auch nocli nach seiner amlereii Wüido als Abt bezeichnet. -j gO Dr. S i c k e 1 der Stellung des Königs, wie er sich auch in neuem Titel und in neuen Foimeln der Urkunden ausspricht, zusammen, so dass man auf die Vermuthung gerathen könnte, dass GauzbaJd die Kanzlei habe verlassen müssen, weil er nicht mit den damals vollzogenen politischen Veränderungen einverstanden gewesen sei ; aber er genoss nach wie vor das Vertrauen des Königs und wurde unmittelbar darauf mit einer wichtigen Sendung beauftragt i)- Auch Grimald ist seiner Stelle als oberster Kanzler nicht entsetzt, sondern wird nur anderweitig in des Königs Diensten verwendet, als er zwischen 837 und 839 Ratleic zum Nachfolger in der Kanzlei erhält. Soweit wir aus den Urkunden ersehen können, bekleidet dieser dasselbe Amt. Heisst er in der Regel „magister" 2), so entspricht das ganz der unter Ludwig dem Frommen gebräuchlichen Titulatur für die höheren Kanzleibeamten (wie Fridugisus, Hirminmaris u. a.); ist meine S. 116 ausgesprochene Vermuthung richtig, so wäre auch ihm der Titel Oberkanzler beigelegt worden. Somit erscheinen die drei ersten Leiter der Kanzler als vollkommen gleich gestellt. — Anders seit Grimald um 854 Erzcapellan geworden ist. Es fällt auf, dass die Urkunden zeitweise an seiner statt, zeitweise anstatt anderer, welche geringere Titel führen, recognoscirt werden. Die natür- lichste Erklärung dafür ist wohl, dass Grimald die ganze Zeit über (854 — 870) Erzcapellan gewesen ist und dass ihm zur Führung der Kanzleigeschäfte ihm untergeordnete, aber doch über den Notaren stehende Kanzler beigegeben worden sind: zuerst der Abt Baldric (854 — 855), dann der Kanzler Witgar (858 — 860), end- lich Heharhard (seit 868). Was wir bisher Vereinigung der beiden obersten Ämter nanntf^n, bestände demnach in dieser Zeit in Fol- gendem. Während früher dem Erzcapellan ein oberster Kanzler zur «) Tliei|ilonie, welche die Unterschrift .Maiii/.ei- Kr/.hischiife tragen, sind falsch, speciell die Ludwig dem Deutscheu zu- j;esehiieheiie Urkunde 15 776 mit „Witkarius cancellarius .idvicem Caioli archiepi- soopi". Da.ss „advicum Radhani" in den alleren Drucken von 15 76!), wohei an Hrabaii gedacht wurde, ein Lesefehlei- sei statt „Radleici" , tiat .-»clion Conring oensura diplom Lind. ;>60 hemcikl. 1 UA Dr. S i c k e I Königen mit Bestimmtheit nachweisen lässt, auch schon für die Zeit Liutberfs wahrscheinlich. Denn Liutbert war wiederholt, wie 872 als Führer der Expedition gegen die Böhmen und 874 gegen die Sorben, auf längere Zeit fern vom Hofe i), und es ist kaum denkbar, dass während seiner Abwesenheit die Ausstellung von Diplomen unterlassen worden sei. Auf eine Änderung der Art weist auch ein anderer Umstand hin. Bis 867 reco^nioscirt stets einer der unteren Kanzleibeaniten anstatt eines Oberkanzlers oder anstatt des Erz- capellans Grimald oder anstatt eines dem letztern untergeordneten Kanzlers. In den letzten Jahren Grimahi's dagegen und unter dem Erzcapellan Liutbert recognoscirt in ihrem Namen, wenige Diplome ausgenommen, Hebarhard als Kanzler, also mit einem neuen Titel, aus dem sich auch auf eine andere Stellung schliessen lässt *). Mir scheinen hier die Anfänge der späteren Ordnung s) zu suchen zu sein, dass der Erzcapellan zwar eine oberste Aufsicht über die Kanzlei führt (Erzkanzler), aber soweit es sich ausschliesslich um die Erle- digung der Kanzleigeschäfte handelt, nur noch seinen Namen hergibt und dass die Verantwortlichkeit für die kanzleimässige Geschäfts- führung auf dem Kanzler ruht, mag dieser nun selbst in den Urkunden als Recognoscent genannt werden oder ein ihm untergeordneter Notar. Ich habe wiederholt von höherem und niederem Kanzleipersonale gesprochen , denn eine solche ganz scharfe Unterscheidung glaube ich für die Zeit Lud wig's des Deutschen im Gegensatz zu der früheren machen zu müssen. Begann nämlich zuerst unter Karl dem Grossen eine Scheidung der Notare in höher und niederer gestellte und eine Theilung der Functionen, wie sie in der Recognition des einen anstatt des andern u. s. w. ausgesprochen ist, so sind doch dieselben unter Ludwig dem Frommen noch immer nicht ganz consequent durchgeführt. Hirminnuiris z. B. der selbst viele Diploine im Namen des Fridugisus ausfertigt, dictirt einmal (B. 489) dem recognos- cirenden Notar Bartholomäus. Und Helisachar unterfertigt für sich allein eine grosse Anzahl von Urkunden (in den Jahren 814 — 831), während dazwischen auch verschiedene Notare an seiner statt 1) Moll. SS. 1, 385 ff. ') Aiuli (iiiili- ich eist seit dieser Zeit . dass er Urkunden durch andere schreilie» liisst und sich nur auf da.s Schreiheu der Unterschrift beschrankt. ") Die sich aUerdin-s erst nach inaucheii Scliwaiikiiiie-en coiisoiidirt hat. Beitriine /.iir l)i|il()iiiiilik. loO 'Pit| recoj^iiosciren. Unter Ludwig dem Deutschen dagegen enthalten die Unterschriften regelmässig zwei Namen: die niederen Beamten geben stets den Namen des hohem Beamten, für den sie unterfertigen, an und die höheren recognoseiren nie seihst. Und abgesehen von Heharhaid, dessen Avancement wie wir schon sahen mit einer anderen Neuerung zusammenzuhängen sclieint, spricht sich die Scheidung auch darin aus, dass kein anderer aus der niedern Rang- stufe bis zur Würde eines Kanzlers emporsteigt. Auch muss hier noch einmal darauf hingewiesen werden, dass wir über die betreffen den Notare undDiakone kaum mehr, als dass sie zur Kanzlei gehörten, in Erfahrung bringen können, dass namentlich von keinem derselben nachgewiesen werden kann, dass er, wie es später so oft geschah, durch die Gunst der Könige zum Abt oder Bischof befördert sei '). Es ist möglich, dass damals die niederen Kanzleibeamten auch dem Geburtsstande nach von den höheren unterschieden waren und der Eigenschaften entbehrten , welche in jener Zeit Bedingung der Beförderung in höhere Würden waren -). Auch darüber ob unter dem niederen Personal selbst noch Bangunterschiede bestanden haben, lassen sich nur Vermuthungen aufstellen. Die Titel: Notar, Diakon und Subdiakon, welche hier in Betracht kommen, beziehen sich doch zunächst auf offenbar unter- schiedene Verhältnisse, und es konnte füglich einer, der dem geist- lichen Grade nach Diakon oder Subdiakon war, zugleich als Beamter der Kanzlei Notar genannt werden. So findet sich auch in einem Diplom Ludwig's des Frommen s) ein „Daniel notarius atque sub- diaconus" *), und unter I{arl dem Kahlen ein Jonas, der sich zumeist Notar nennt, dazwischen aber auch in B 1542 „diaconus" und in B 1594 „notarius atque diaconus*)." Doch sind dies nur Ausnahmen und in der Begel heissen unter den niederen Kanzleibeamten die einen stets Notare, die anderen ebenso ständig Suhdiakone oder ') Luitbraiid i'iliait alli'i-()iiigs ilas Kloster Faui-iidau gesi-lieiikl , ahoi- dline AI>1 zu werden; es findet nur ^ine Ülieitra;;uii!r des köiii^-^lidieu Klosters zu Nicssliiauch Statt, wie sie auch hei weltliclieii voikonmit: coiif. Miiratoii antii). (i, 301 tf'. ~) S. die Krzühlung des St. Galleuer Mönches in Mon. SS. 2, 7:54 und üüinmier .las Poniielhueh des H. Saloino no. I und XX VII und die ICrIäuteruug-eii p 88. ') I'. 494 und da/.u Kopp 1, 401. •*) Kheuso iu der Ivau/.lei f^othars : „Uructeniir suhdiaconii.s al\|iie notarius" in B 536, S40 u. s. w. *) Oder nislehertus notarius in B \ti9l und diaeonus in R 1631. J50 Dr. S i f k e I Diakoiie. Ferner gibt es einige Fälle, in denen ein zuerst Diakon betitelter von einem gewissen Zeitpunet an sich ebenso regelmässig Notar nennt, wie Hirmimnaris unter Ludwig dem Frommen *), so dass es sich um eine Rangerhöhung zu handeln scheint. Unter Ludwig dem Deutschen nun verdient es jedenfalls Beachtung, dass in seiner Kanzlei jeder seinen feststehenden Titel hat (abgesehen von dem Übergang vom Subdiakon und zum Diakon) , und dass zu jeder Zeit nur ein Notar, der als der höher stehende zu betrachten sein wird, gleichzeitig aber mehrere Dinkone neben dem Notar vorkommen. Deamach würde sich unter Grimald seit 854 und bis 868 folgen de Gliederung der Kanzlei ergeben: 1. höheres Personal: aJErzeapellan, b) Kanzler; 2. niederes Personal: a) Notar, b) Diakone und Sub- diakone; seit 868 und unter Liutbert: 1. höheres Personal: der Erzcapellan; 2. niederes Personal: a) Kanzler, b) Diakone und Sub- diakone. Es fragt sich noch, in wieweit sich unter König Ludwig der Arbeitsantheilder einzelnenKanzleiangehörigen unterscheiden lässt 2). Die Einwirkung auf die Entscliiiessungen des Königs, so gross sie gewesen sein mag s), schliesse ich hier aus, und rede nur von der Abfassung und Ausfertigung der Diplome von dem Augenblicke an, wo, wie es oft in den tironischen Zusätzen gesagt wird oder wie uns Ratpert *) von einemFalle erzählt, derKönig direct oder durch einen seiner Vertrauten den Befehl dazu ertheilte. Urkundenformeln lagen dann in den meisten Fällen schon vor und zwar in stylistischen Über- arbeitungen, welche theils in den späteren Jahren Karl's des Grossen, theils unter Ludwig dem Frommen vorgenommen waren. Ein oberster Kanzler konnte sie nicht geradezu abändern, sondern nur je nach Umständen ergänzen oder verbessern, so dass in dieser Richtung wohl auch der durch Geist und Bildung hervorragende Grimald keine grosse Thätigkeit wird haben entwickeln können. Was wir ihm dagegen wohl zuschreiben dürfen, ist das specielle Formular für die Diplome Ludwig's, welches seit den Ereignissen des Jahres 833, mit denen Grimald's Eintritt in die Kanzlei zusammenfällt, auf- ') Dia.'oriiis ziilet/.t in B 337 und von B 365 an iiotaiius. ') In Itei^ii- auf das Schii-ibfu habe ich die Fraj^e schon S. 109—113 erörtert. ») Vergleiche die Briefe des Lupus an den westfränkischen Ol.erkauitler Ludwig in Boiupiet 7, 488, 490, 492. *) .MoM. SS. 2, ()». Beitriif^e /.iir Diplomutik. 157 gestellt wurde tiiid das in neuer Iiivocation, lunieni Titel und neuer Zählung in Formel XII besteht. Auf die weiteren Unter- schiede in den Formeln, die wir früher kennen gelernt haben, kann aber der oberste Kanzler oder Ei-zcapellan keinen Einfluss ge- nommen haben, sondern sie gehen von den die Urkunden sehreihen- den Notaren oder Diakonen aus. Was z. B. den von Comeat recog- noseirten Urkunden eigenthümlich ist, iileibt sich gleich, ob er an Ratleic's oder an Grimald's Stelle unterzeichnet; ebenso wasHadebert speciell angehört, mag er unter Balderic, Grimald oder Witgar Stehen. Andrerseits, während die Kanzlei nach wie vor von Witgar geleitet wird, nimmt der nach Hadebert eintretende Notar Hebarhard einige kleine Abänderungen an dem Fornmlar vor. Ähnliches gilt von den Datirungen. Allerdings ist die Änderung der Ausgangspuncte der Zählung, wie wir sie während der Regierung Ludwig's zweimal (833 und 870) festgestellt haben, gewiss nicht ohne Zustimmung der damals neu eintretenden Oberkanzler vorgenommen worden. Und zum Theil wird dies auch von den für die arithmetische Zählung aufge- stellten Normen gelten, wie z. B. die Vereinfachung der Berechnung, die wir zuerst in den Urkunden Hadebert's wahrnehmen, etwa um dieselbe Zeit beginnt, da Grimald \\ieder die Leitung der Kanzlei übernimmt, und dann auch von Comeatus (in den allerdings zweifel- haften Urkunden des Jahres 858) und von Hebarhard bis 870 bei- behalten wird. Auch ist es wohl nicht zufällig, dass die Datirungs- fehler am häufigsten unter dem Oberkanzler Ratleic vorkommen: es erscheint dies als eine auch ihm zur Last fallende Nachlässigkeit. Dennoch schliesst auch in dieser Hinsicht die Eiiifliissnahme der Kanzler die Beeinflussung durch die Recognoscenten nicht aus. So ist doch eben unter Ratleic noch ein Unterschied wahrzunehmen: sein Notar Comeatus datirt in der Regel richtig, der gleichzeitig fungirende Reginbert datirt fast jedesmal falsch. Und Adalleod's und Hadebert's Zählungen sind fast ausnahmslos richtig, sie mögen die Urkunden in dem Namen dieses oder jenes Kanzlers ausfertigen. Also ebenso sehr der Datirungen als der Formeln wegen ist es, abgesehen von der Beurtheilung df-r Urkunden nach Kategorien, nach dem historischen oder Rechlsinhalt u. s. w., nothwendig bei der Prüfung der Diplome Ludwig's des Deutschen l>is in die Eigen- thnmlichkeiten der einzelnen Recognoscenten, ja eventuell der ein- zelnen Schreiber einzudringen. Dass die Diplomatik auf diesem 158 Dr. Siokel ^ Wege dahin gelangen kann, zunächst für die noch in Originalausferti- gungen erhaltenen Urkunden feste Kriterien aufzustellen, glaube ich in diesen Untersuchungen gezeigt zu haben; und muss auch zuge- geben werden, dass sich für die Beurtheilung der nur abschriftlich erhaltenen, bei denen die Möglichkeiten des Verderbnisses unbe- rechenbar sind, nicht gleich günstige Resultate erzielen lassen, so wird doch auch sie durch Erkenntniss jener Kriterien wesentlich gefördert und erleichtert werden. Anhang I. Schenkang Lodwig's des Deatschen an üattsee. Regensburg 8. Mai 860. (Nach (Iciii sehr beschädigten Original im Archiv des Chorherrenstiftes Mattsee. ^) (Chr.) In nomine sanctae et individuae trinitatis. Hludowicus divina favente gratia rex. Oportet igitur nos.quidivinosumus rn unere quodammodoeaeteris mor- talibus sublimati, ejus in omnibus parere praeceptis cujus munere praelati sumus, atque cujus praecellimus munere, lüca utique sibi consecrata per appetitiones fideliuni nostroruin nostro relevare juvamine atque rcgali tueri munimine. Quapropter comperiat omnium fidelium nostrorum praesentium scilicet et futurorum soller- tia, qualiter venerabilis episcopus noster Erciianfridus veniens in pro- cerum nostrorum praesentiam deprecatus est celsidudinem nostram, ut quasdam res proprietatis nostrae consistentes in comitatu Odolrici in proprium concessimus ad monasterium quod vocatur Ma-[thaseo2) quod est constructum] in honore [sancti Micha-] helis, cujus petitio- [nibus ab amorem s)] et servitium suum libenti animo auribus nostris ') Sowohl in Matlsee, als im k. k. Haus-, Hof- mul Staatsarchiv in Wien befinden sich im vorigen Jahrhundert, In welchem dit- Originalurkunde noch unbesehädigt gewesen zu sein soheint, iuij^eferligle Absehrifteu . denen ich die Ergänzungen entnebuie. 2) So in Mon. LI.. 1, 224. — Copie: Matheseum. 3) Copie und der Lücke entsprechend, während es gewöhnlich heisst: ob divinum amorem. Beiträgt' /.iir Diploiiiutik. I 59 accomodaiites decrevimus ita fieri. Et tradimiis ad praefatum monas- teriiim res q-[uas praedic-]tus iie-[nerabilis episcopus] deprecatus est celsitudinem [nostram , coii-]sistentes in comitatu Odolrici, id est mansos xx in loco qui dicitur Savariae vadiini et iiide inter Spra- zam etSavariam in summitatem montis et inde per circuitum inaquilo- nein usque in illum locum qui dicitui' Waehreini [et in-]de usque in summitatem illius montis qui dicitur VVangariorinn [niar-]cha et inde usque in summum moritem qui dicitur Witinesberc. Ea videlicet ratione u-[t qui-]cquid ab hodierna die et [deinc-]eps rector prae- scripti [monasterii de praescriptis rebus facere voluerit], pro utilitate fratrum ibi-[dem domino] faniulaatiuin per [hoc nostrae] auctoritatis praeceptum pleuius in dei nomine confirmatum nullo inquietante sed deoauxilianteperpetuistemporibus potestatemhabeat faciendi quicquid elegerit absque ali-[cujiis] contradictionn. Et ut haec auctoritas lar- gitionis nostrae inconcussam et invioiabilem obtineat firmitatem, manu propria nostra subter eam firmavimus et anuli nostri inpres- sione assignare jussimus. Signum (M) H l u d o w i c i s e r e n i s s i m i r e g i s. Hebar-[hardus nota-]rius advicem Witgarii reeog- novi et subscripsi. (S. recognitionis. — Sigillum.) Data VIII idus majas anno XXVIIi regni domni Hludowici Serenissimi regis in orientali Francia regnante, indic- [tione VIII, actum Re-] gane- [spurch civitate regia] , in dei nomine feliciter amen. — Rundschreiben Lndwlg's des Deutschen an die Crrafen Ato and Odalrich o. a. s. d. (Nach einer Pert^amenturkunde im St. (fallener Stifisarchiv.) In nomine sanctae et individuae trinitatis. Hluduwicus divina favente gratia rex Atoni et Odalriclio ceterisque comitibus nostris in- Alamannia consistentibus in domino salvatore salutem. Cognoscat in- dustria vestra quia Grimaldus ceterique fideles nostri nobis dixerunt, quod monasterium sanetiGalli confessoris Christi in quibusdam causis talem legem nunc inter vos non habeat, quaiem cetera monasteria et benefitia nostra habent. Et idcirco voiumus ut haec causa deinceps emendetur et idem monasterium talem legem habeat, quaiem cetera 160 IM- Sickel ^ moiiasteria et benefitia lial.ent, videlicet ut res illius, iibi iieeessitas exierit, cum sacramonto inquirantiir, qiiia eandem potestatem et domi- nationem super hoc monasterium habere voluinus, quaui super cetera tnonasteria et beiiefitia nostra iiabemiis. Si vero quislibet honio huiiic decreto et jussioiii nostrae contradicere presumpserit, illum vokiinus ut iu nostram presentiam venire facialis, ut nobis rationem reddat cur jussionibus iiostris contrarius existat: taliter hanc jussionem nostram adiniplete, qualiter grutiam iiosiram velitis liabere. — Anhang W, Vcrzeichniss «lor Irkanden Lndwig's des Ueotschen. Zur Erklärung: Für die Ausstellungsorte in dritter, die aus- (ertigenden Kanzleiheamten in achter und die über ihnen stehenden Kanzler in neunter Reihe sind die Namensformen, soweit ich Originale benützen konnte, diesen, sonst den je besten Drucken entnommen. Ne- ben den Namen der Kanzleiheamten sind die ihnen in den Unterschriften gegebenen Titel verzeichnet; etwaige Zusätze in Khunmern enthal- ten die ihnen entweder im Context oder in den tironischen Noten beigelegten Titel. In Copien angegebene Namen, Nansensformen oder Titel, welche von den richtig erscheinenden Formen abweichen, sind durch cursiven Druck gekennzeiclmet; nöthigenfalls ist die Berich- tigung in gewöhnlicher Schrift beigesetzt. — In der sechsten und siebenten Reihe sind die Regierungsjalire und Indictionen verzeich- net, gleichfalls jedesmal dem Original oder dem besten Drucke ent- nommen. Entsprechen sie den von mir aufgestellten Zählungsnormen, so sind gerade stellende Ziffern gewählt; schräg stehende dagegen, falls die Zahlen einer Emendation bedürfen, um das in fünfter Reihe eingetragene Ärenjahr zu ergehen. Hatte ich bei nicht überein- stimmenden Zahlen für die Regierungsjahre und Indictionen zwischen mehreren Ärenjahren zu wählen, jo habe ich doch in der Regel nur ein Jahr angesetzt, weil irgend ein in den vorausgeschickten Erör- terungen angeführter Grund für das einender gegen das andere Jahr sprach: diese Fälle sind dennoch an den schräg stehenden lateini- schen ZilVern solort zu erkemien. Lag dagegen kein zwingender Beiträge zur Diplomatik. 161 Grund vor zwischen zwei Ärenjahren zu entscheiden, so ist das zweite als gleichfalls möglich in Klammern beigesetzt. Ein paar ganz zweifelhafte Fälle sind durch Fragezeichen hervorgehoben. — In der zehnten Reihe ist, soweit als aus den Urkundenbüchern u. s. w. ersichtlich, angegeben in welcher Form die betreffende Urkunde auf uns gekommen ist, ob in Original oder Abschrift. Möglicher Weise ist aber das eine und andere Stück als Copie bezeichnet, das noch in Original erhalten sein mag, bisher aber nur incorrect abge- druckt wurde. Andererseits verzeichne ich auch Originale, die bis jetzt für die Drucke noch nicht benützt sind. Die hier zuweilen beigefügten kritischen Bemerkungen stützen sich auf die vorhergegangenen Unter- suchungen. — In der letzten Reihe gebe ich die seit der Veröffent- Hchung von Böhmer's Regesten erschienenen Drucke an, d. h. die hauptsächlichsten, da auf ausserdem hie und da vorkommende Wie- derholungen derselben Texte kein Werth zu legen ist. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXVIH. Bd. U. Hft. 11 162 Dr. S i <■ k e I Ordnungszahl der Urkunden nach chronologischer Ueihcnfolge . e S 2 c s = « = ^« Ausstelhingsort Monatsdatum Ären- jahr Re- gierungs- jahr In- diction 1 933 Reganesburg 6. October 830 i. XVII r. V IX 2 9S1 Randestorf 19. Juni 831 i. XVIII r. VI IX 3 Randestorf 19. Juni 831 i. XVIII r. VI IX 4 ««Ä Reginespurg 18. August 831 i. XVIII r. VI IX 5 9S% Otinga 27. März 832 i. XIX r. VI X 6 935 Reginesburg 6. October 832 i. XIX r. VII XI 7 Ostrehova 4. März 833 i. XX r.VII XI 8 Reginesburch 17. März 833 i. XX r. VII XI 9 987 Reginesburg 27. Mai 833 i. XX r. VIII XI 10 Regnesburch — -833 — il 7«§ Franconofurt 19. October 833 I XII 12 tÄ9 Franconofurt 7. Januar 834 I XII 13 930 Franconofurt 5. Februar 834 I XII 14 931 Serencia 30. Mai 835 II XIII 15 Wormacia 30. September 835 111 XIV 16 932 Ostrenhova 16. Februar 836 III XIV 17 933 Theodonis villa 26. Mai 836 III XIV Verzeichniss der Urkunden Ludwig's des Deutschen. 163 Ausfertigender Kauzleibeamter Kanzler, an dessen Statt ausgefertigt wird Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus dyaconus Adalleodus dyaconus Adalleodus diaconus Adalleodus dyaconus Adalleodus diaconus A dalfoldus diaconus Adalleodus diaconus Aduleodus diaconus Adalleodus diaconus Adalleodus diaconus Adaleoldus diaconus Gozbaldus [sacri palatii summus capellanus?] Gauzbaldus Gauzbaldus Gauzbaldus Giembaldus Gauzbaldus Gauzbaldus Gunzhaldus Gauzbaldus Gauzbaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus [summus cancel- larius] Grimaldus Grimaldus Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Copie Original in Wien Original Original in München Original jetzt in Berlin, fehlerhaft abgedruckt Original in München Copialbuch Copialbuch Original in München Copialbuch Original in S. Gallen Copialbuch Original in Fulda Original, schlecht abgedruckt Original in Karls- ruhe Original in München Copie Monumenta Boica 31, p. 38, n» 24. (Büttner) Franconia 2. 52. Mon. Boic. 31, p. 70, nö31. Mon. Boic. 31, p. 72, n0 32. Mon. Boic. 31 , p. 66, n0 29. Dronke cod. dipl. Ful- densisp.214,n0 486.- Facsimile in Heumann dere dipl. 2, tab. 1. Wirtembergisches Ur- kundenbuch 1, pag.109, n0 95. II» 164 Dr. S i c k e 1 H ^ Vj ^~ 18 19 20 21 22 23 24 2S 26 27 28 29 30 31 82 33 34 33 ll « V >^ Ausstellunjjsort Monatsdatiini 935 936 93 9 93§ 939 93« 953 950 940 Reganesburg Otingas Otingas Otingas Otingas Ohoberg, Ober- berg, Ohrenberg? Rosbah Patherbriinnen 951 Patherbrunnen 940 Heilicbrunno 943 Herulfusfeld Eherolvesfeld 941 Franconot'iirt 94« Reganesburg 90I Reganespurc 946 Reganesburg 94)^ Reganesburg Rcganesbureb 6. Januar 23. Februar 24. Februar 24. Februar 8. April 23, September 14. December 10. December 10. December 18. August 31. October 31. October 9. Januar 4. April 16. April 28. Juli 28. October 31. März Aren- jahr 837 837 837 837 837 837 839 840 840 ^-41 843 843 [842] 844 844 844 844 844 84Ii Re- gierungs- jahr In- diction IV IV IV IV IV IV VII VII VII VII XI XI XI XI XXVI XI XII XH XV XV XV XV XV XV IV IV VIII IV VII VII V VII VII VII VIII VIII V(Mv.eicliiiis.s der Urkiinilcii Ijulwi^'s 'If» Ueutsclieii. 165 Ausfertigender Kanzleibeamter Kanzler, an dessen Statt ausgefertigt wird Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Adalleodus (liaconus Adalleodus diaeonus Adalleodus diaeonus Adalleodus diaeonus Adalleodus diaeonus Adalleodus diaeonus Adalleodus diaeonus Dominieus notarius Dominieus notarius Dominieus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Comeatus notarius Reginbertus subdiaeonus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Rathleiciis Radleicus [summus cancel- larius?] Radleicus Ratleieus Radleicus [magister] Radleicus [magister] Rodollem Radleicus Radleicus Radleicus Radleicus Original in München Original in Wien Original inWien Or iginal inWien Copialbuch Copialbuch Original Facs- in bist. Abhandl. der bayr. Akad. (Geyer) 7, 309. Original in Müncben Original in Kassel Original in Kassel Ori ginal in Müncben Original in Mün- chen, Datirung von späterer Hand. Original in München Original in Fulda Mon. Boic. 31, p. 79, n0 3G. Erhard cod. dipI.West- faliae 1 , p. 12, nMS Erhard l,p. 11, n014. Facs. in Kopp's Nach- lass, jetzt in Wien. Siekel in Wiener Sitzungsber. 36, 399. Mon. Boic. 31. p. 94, no 43. Dronke, p. 246, n«552. 166 Dr. S i c k e 1 a " ■ N S = c 3 3 • 1. o c e % Ausstellungsort Monatsdatum Aren- jahr Re- g-ierungs- jahr In- diction 36 9t|9 37 38 9%5 39 954 40 953 41 955 42 959 43 44 959 45 96« 46 959 47 960 48 49 963 50 965 51 966 52 969 53 969 Rotachill Franconofurt Franconofurt Franconofurt Franconofurt Driburin Driburin Driburin Reganesburg Reganesburg Reganesburg Hadasbona Herifurd Radasbona Gerunesheim Reganesburg Reganesburg Reganespurg 15. September 845 29. Juni 846 5. Juli 846 11. Januar 847 [848] 4. September 847 [849J 6. Juni 848 12. Juni 848 14, Juni 848 8. März 849 15. November 850 [851] 26. December 830 [851] 22. März 851 [832] 8. December 851 16. Januar 852 23. Juni 852 18. Januar 853 11. Februar 853 21. Juli 833 XU XIII XIII XV XIV XV XV? XV XIV XVIII XIX XIX XIX XIX XIX XX XX XX VIII VII X VlII IX XU XII XII XV XIV XIV XV XV XV I IV I Verzeichniss der Urkunden Ludwig-'s des Deutschen. 167 Ausfertigender Kanzleibeamter Kanzler, an dessen Statt ausgefertigt wird Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Reo;inbertus Radiaicus Original in Wien subdiaeonus Comeatus Radieicus Original in München ungedruckt notarius Comeatus Radleicus Original in notarius [magister] München Comeatus Radleicus Copialbuch notarius Reginbertus Radiaicus Original in Wien Reginbertus Radleichus Original in cf. Zeitschrift für Ge- Karlsruhe schichte d. Oberrheins 11,6. Reginbertus Radleicus Original in Chur Mohr cod. dipl. Rhae- tiae 43. Reginbertus Radleicus Original Pertz Probedruck 3. Reginbertus Radiaicus Original in München Comeatus Radleicus Original in Wien notarius [magister] Comeatus Radleicus Original in notarius München Reginbertus Radleicus Original in diaconus München Coaneatus Radleicus Original Erhard 1, p. IS, n« 19. notarius Comeatus Riidleicus Copialbuch Mon. Boic. 31, p. 90, notarius n0 41. Regenbertus Radleicus Copialbuch diaconus Comeatus Radleicus Origina 1 in notarius [magister] München Comeatus Radleicus Original in notarius München Comeatus Radleicus Original in Geschiehtsfreund der notarius Zürich fünf Orte 8.3 mitFacs. Züricher Mittheilungen 8,3. 168 Dr. S i e k e 1 « r, "> • O L., ■ — o tu**- ö ? mm a* 1. « t- "" 'S 2 -«■ S g S a> 3 Ä BS Z '■° S4 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 6ä 66 67 68 69 70 '76S VVl V?« WV9 9§1 ?^80 9§§ Ausstellungsort Franconofurd Hulmam ülma Eipilingas Ulma Wormatia Potamo Potamo Potamo Potamo Potamo Radesbona Radesbona Regenesburc Franconovort Franconofurt Franehonolurt Moiiatsdatum 22. Mai 22. Juli 22. Juli 20. März 16. Juni 27. März 21. April 28. April 13. Mai 15. Mal 2. Juni 18. August 26. August 2. Februar 18. März 12. April Ären- jahr Re- gierungs- jahr 854 854 854 855 856 857 857 857 857 857 857 857 857 858 858 858 16. April 858 XXI? XXI XXI XXIII XXIV XXV XXV XXV XXV XXV XXV XXV XXVI XXVI XXVI XXVI XXVI Veiieii-liiiiss der Urkuiulcn lyiiilwifi's des Dtnüsi'lien. 169 Ausfertigender Kanzleibeainter Kanzler. an dessen Statt ausgefertigt wird Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Hiulebertus subdiaconus Coraeatus notarius Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Liutbrandus Gomeatus notarius Hadebertus subdiaconus Hadebertus subdiaconus Baidricus abbas Grinialdus[abbas, archicapellanusj Baldricus abbas Grimoldus archicappellanus Grimoldus archicapellanus Grimo'dus archicappellanus [abbas] Grimoldus archicappellanus Grimoldus archicappellanus Grimoldus archicappellanus Grimaldus archicapellanus Grimoldus archicappellanus Witgarius cancellarius Grimaldus archicapellanus Witgarius cancellarius Witgarius cancellarius erweiterte Ab- schritt Original in S. Gallen Copie Original Original in S.^Gallen Original in München Original in München Original in Karlsruhe Copie saec. IX in Zürich Original in S. Gallen Original inChur angebliches Origi- nal in Müneherr, verdächtig Original in S. Gallen Original in München Copialbuch, zwei- felhaft Ori'Mnal Original in Zürich Erhard l,p. 16, n0 21. Wirtemb.Urk., p. 14i, no 121. Muratori antiquitates It. 5, 959. — Ficker in WienerSitz. 14, 161. Erhard l,p. 17, nO 22. Neugart cod. dipl.Ale- manniae 1, 294, n« 364. aus Copialbuch in Mon. Boic. 31, p. 92, nO 42. und Zur. Mitth. 8, 5. Wirt. Urk. 1. p. 149, nO 127. — Dümge re- gesta Badensia71. Zur. Mitth. 8, S. Mohr cod. dipl. Rhaet. 43. Zur. Mitth. 8. 6. 170 Dr. S i f k e 1 'S» ^ « 71 72 73 74 73 76 77 78 79 80 81 82 83 84 8ö 86 87 = E V Ausstellungsort Sil §l!i 797 '99% 79G 999 §oo 99$ §oi §09 90« Monatsdatum Ären- jahr Franconofurt Franconovurt Atiniaco Franconovurt Franconovurt Franeonofurt Hostermontingon Ranthesdorf Reganesburc Reganesburch Gisestadt Bisestadt Franconofurt Matahhova Franconofurt Matahhove Franconofurt Hostermontinga 29. April 13. Juni 7. December 25. April 1. Mai 22. Mai 24.? Septem- ber 1. October 20. Februar 8. Mai 8. Juli 7. October 20. November 1. April 23. März 1. August 16. Juni 838 8S8 838 859 839 859 859 [860] 839 860 860 860 860 860 Re- gierungs- jahr In- diction 862 863 [862] XXVI VI XXVI VI XYI7 VI XXVII VII XXVII VII XXVII VII XXVIII VIII XXVIII VIII XXVIII Vlil XXVIII VIII XXVIII XIV XXIX I X XXIX IX 861 XXIX 862 XXX XXX XXXI IX X IX X Verzeichiiiss der l'rktiiidiMi l^iichvius des Deutschen. 171 Ausfertig-ender Kauzleibeaniter Kanzler, an dessen Statt ausg-efertigt wird Form, in welcher die Uriiunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Comeatiis Witgarius angeblich Original, Dümge reg. Bad. 72. — notariiis cancellarius " verdachtig Remling Speirer Urkun- denbuch i, S. Hadebertus Witü^arius Original Erhard l,p 18,n0 23. subdiaconus cancellarius Wnldo Witgarius Copialbuch subdiaconus Hadeberfus Witgarius Original Erhard i,p. 19,n0 24. subdiaconus cancellarius Evcrhardiis Witgarius angebliches Ori- notarius cancellarius ginal in München, gleichzeitige Ab- schrift Walto Witgarius Original in Berlin Erhard 1,p. 14,n'>i8. subdiaconus cancellarius Hebarhardu« Witgarius Copialbuch Mon. Boic. 31, p. 98, notarius n0 45. Hebarliardus Witgarius Original in Wien notarius Hebarhardus Witgarius angebl. Original notarius in München, gleich- zeitige Abschrift Hebarhardus AVitgarius Original in Sickelp 158 notarius Mattsee C . . Hebarhar- Wiffgravius Copie dus notarius Witgarius Hebarhardus Grinialdus Original in notarius archicappellanus S. Gallen Hebarhardus Grimaldus Original in Wien notarius archicappellanus Walto Grimaldus Original in Wirt. ürk. 1, p. 1S5, archicapellanus S. Gallen n" 132. Hebarhardus Grimaldus Original in notarius archicappellanus München Hebarhardus Grimoldus Copie notarius archicappellanus Hebarhardus Grimaldus Original in notarius archicappellanus München * 172 Dr. S i c k e I « _ ij io N c I» — « a' -r o = = ' = = 3-3 ^ = 1? =•■= ■ ;3 * ^ C u^ ^ Ol ?^ 88 89 90 91 92 93 94 93 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 I I fei) g C <5J ■^ cq §05 §06 §09 »13 §13 §o§ §15 §16 §1§ §19 §90 §31 §«« §33 §3% Aussfeliung'sort Reganesburc Reganesburch Reganesburc Mattahhove Altaha Franconofurt Franconofurt Reganesburc Reganesburc Franconofurt Franconofurt Reganesburc Reganespurc Reganespurc Wormp.tia Wormatia Engilabeni Reganesburc Monatsdatum Ären- jahr Re- gierung-s- jahr !n- diction 29. October 6. Januar 20. August 2. October 18. December 25. April 19. Juni 28. Juli 6. August 14. Juni 8. Juli 17. August 867 863 864 864 864 864 [863] 865 [864] 865 [864] 866 866 867 867 4. Februar 4. Februar 23. Mai 25. Mai 1. Juli 23. Juli 868 868 868 868 868 XXXII XXXII XXXII XXXIII XXXIII XXXIII XXXIII XXXIV XXXIV XXXV XXXV XXXV XXXVI XXXVl XXXVI 868 XXXVl" XXXIII XXXVI XU XII XII XIII A7/ XII XII XIV XIV XV XV XV Verzeichniss der Uikiiiuleii L«dwii;'.s iles Deutschen. 173 Ausfertigender Knnzleibeamter Kanzler, an dessen Statt ausgefertigt wird Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Hebarhardus notarius Eberhardus notarius Hebarhardus notarius Ebarhardits notarius Hebarhardus notarius Heberhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus notarius Hebarhardus canoellarius Hebarhardus cancellarius Heberhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Everhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Grimaldus archicappellanus Grimaldus archicappellanus Grimaldus archicappellanus Grimaldus Grimaldus Grimaldus archicapellanus Grimaldus archicapellanus Grimaldus Grimaldus archicappellanus Grimaldus Grimaldus archicappellanus Grimaldus Grimaldus Grimaldus Grimaldus archicapellanus Grimaldus archicapellanus Grimaldus Grimaldus Original in Zürich Copie Original in S. Gallen Copie Ori gin al in München Copialbuch Original Original in Paris Original in S. Gallen Original in München Original in S. Gallen Original in München Original in München Copialbuch Zur. Mitth. 8, 8. Copie angeblich Original, Interpol. Abschrift in Berlin Original in Zürich Dümge reg. Bad. 3 — Remling Speir. Urk. 1,7. Wirt. Urk. 1, p \m, n0 141. aus Cop. in Wirt. Urk. i, p. 167, no 142. Dümge reg. Bad. 4 — Remling Sp. Urk. 1,8. Erhard 1, p. 20,nO2JJ. ZüricherMitth.8, 9. — Facs.des Kecognitions- zeicbens inScheuohzcr alph. ex diplom. tab. 2. 174 r>r. S i (• k e 1 :s 2 j 0) Ol ü c - « ^ 5J 1. a, 5 5 er 3 — •— lOG 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 ^!S6 8«^ §39 §30 §31 §33 §3% §35 §3G §39 §3§ Ausstellungsort Franconofurt Tiiburias Aquisgrani Aquisgrani Franconofurt Franconofurt Triburias Triburias Franconoford Francofurti Franconofurt Franconofurt Franconofurt Franconofurt Aquisgrani Aquisgrani Aquisgrani Monatsdatupa 20. März 12. April 23. September 17. Oetober 1. November 13. Februar 13. Juni 15. Juni 14. Oetober 20. Oetober Ären- jahr 870 870 870 870 870 [871] 871 Re- gierungs- jahr In- dictiun 871 871 871 20. Oetober 871 1. Februar 9. Mi arz 9. April 10. Juni 12. Juni 12. Juni 873 873 XXXVII XXX VI/ XX XIV XXXIV XXXIX AXYLV 871 XXXII XXXI XXXIil XXII] XXXIII XXXVI XXXVI XXXVI 873 873 873 873 873 I XXXVI XXXVI XXXVl Yerzeicliiiiss dt-r Urkiiiiden l.ud\vi"'.s des Deutschen. 1 7 :> Ausfertigender Kanxleibeaniter Kanzler, an dessen Statt ausg-efertio-t wird Heberhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus notarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Everhardus cancellarius Ebarhurdus notarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus caneellarius Form, in welcher die Urkunde erhalten ist Grimaldus I Grimaldus | archicapellanus j Liutbertus archicappellanus Liutbertus Liutbertus archicapellanus Liutbertus Jirchieapellanus Liutbertus archicappellanus Lmdherhtiis archicapellanus Liutbertus archicappellanus Liutpertus archicappellanus Liutbertus archicappellanus Liutbertus archicappellanus Liutbertus archicappellanus Liutbertus archicappellanus Liutbertus archicappellanus Original Copialbuch Original Copialbuch Copialbuch Copialbuch Copie Original in Fulda angeblich Original, sehr fraglich fehlerhafte Copie verderbte Abschrift in Copialbuch Ori gina 1 in S. Gallen Copialbuch Original in S. Gallen Original? in S. Gallen wohl Copie Copie angeblich Original, stark interpolirte Abschrift In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Beyer Urkundenbuch der mittelrhein. Terri- torien 1, p. 117, n» 11 L Erhard 1, p. 20, n« 26. Beyer l,p. 118, no 112. Beyer 1, p.ll9, n'>114. Beyerl, p.ll9, n0113. Dronkel,p.273,n0 609 Erhard 1, p. 21, n0 27. Eccard bist, geneal. princ. Saxoniae 21 cf. Erhard reg. 418. BeyerLp. 107, nO104. Beyerl, p. 120, nMlS. Sickel p 159. Marlene coli. 2, 28. 176 Dl'. S i (■ k e 1 - ^ ^ " S S '-'- II K ä 2 - ^ - S ^ C 0- ^ 1" Ausstellungsort Moniitsdatum Ären- jahr Re- gierungs- jahr In- dietion 124 93» Aquisgrani 16. Juni 873 XXX VII VI 125 §51 Reganesburc 3. October 873? XXX VIII IX 126 S40 Augusburc 2. Februar 874 XXXVII VII 127 Franconofurt 26. Februar 874 XXXVII VII 128 §41 Triburias 4. März 874 XXXV VII 129 8*« Triburias — 874 XXXVII VII 130 §^13 Lobotenburc 4. Mai 874 XKXVII VII 131 §56 Franeofurt 26. Februar 875 XXXVIII Vlll 132 §«5 Franeonofurt 3. April 875 XXXVlll VIII 133 §46 Franconofurt 3. [April] 875 XXXVIII Vlll 134 §2t9 Franconofurt 3. [April] 875 XXXVIII VIII 133 §%§ Reganesburc 18. Mai 875 XXXVIII VIII 13G §2tO Triburias 11. August 875 XXXVIII VIII 137 §50 Triburias 11. August 875 XXXVIII VIII 138 §5% Metis 21. November 875 XXXVIII IX 139 §53 Metis 24. November 875 XXXVIII r. L. VI VIII 140 §5« Mettis 25. November 875 XXXVIII r. L VI IX 141 §55 Metis — 875 r.L.VIII IX 142 §59 Ingilinhciin 19. Juli 876 XXXVIII IX Veizeichniss der Urkunden Ludwig's des Deutschen. 177 Ausfertigender Kanzleibeauiter Kanzler, an dessen Statt ausgefertigt wird Form, in welcher die Urkunde erhalten ist In Böhmer nicht verzeichnete Drucke Hebarhardus cancellarius Liutbrandus diaconus Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Heberhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Heberhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Hebarhardus cancellarius Liutbrandus Liutbrandus Lutdrandus diaconus Eherhardus cancellarius Liudbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus Liutbertus archieappellanus Hiigbertus archicapellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archicapellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus archieappellanus Liutbertus Liiitherius archieappellanus Liutbertus archieappellanus angeblich Original, überarbeitete Copie Ori ginal in S. Gallen Original in München Original fehlerhafte Copie Original in München Copialbuch Original Original in S. Gallen Original in S. Gallen Original in S. Gallen Original in München Ol S. Gallen Erhard 1, p. 22, u0 28. Wirt. Urk. i, p. 177, n0 151. ungedruckt, Facs. in Walther lexicon diplom. tab. 3. Original in S. Gallen fehlerhafte Copie Copie Original überarbeitete Copie angeblich Original, fehlerhafte Copie Wirt. Urk. 1. p. 173, no 149. Wirt. Urk. 1, p. 176, no 15(t. Sitzl). d. liliil.-liist. Cl. XXXIX. 15.1. I. Hft. 12 Verzeiciliiiss der eingegangenen Druckscliriltei). 179 VKKZEllll\188 DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (DECEMBER 1861.) Archiv für die Geschichte der Republik Graubünden von Conrüdin V. Moor. 33. Heft. Cbur, 1861; 80. Austria, XIII. Jahrgang, XLVI, XLVIII. & XLIX. Heft. Wien, 1861; 80. Boletin bibliografico EspiiHoI. Ano II, Nr. 19 — 20. Madrid, 1861; 80. Gesellschaft, gelehrte Estnische, zu Dorpat, Verhandlungen. V. Band, 2. & 3. Heft. Dorpat, 1861; 80. — Sitzungsberichte vom 3 Mai, 7. Juni und 16. August 1861; 8«. Klopp, Onno, Tilly im dreissigjährigen Kriege. II. Band. Stuttgart, 1861 ; 80. Lenormant, Charles. Commentaire sur le Cratyle de Platoii. Athenes, 1861; 8". Pamätky. Dilu IV., oddeleni 2., sesit. 3. V Praze, 1861; 4». Pfeiffer, Franz, Das Buch der Natur von Konrad von Megenberg. Die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache. Stuttgart, 1862; 80. S 0 c i e t a s, Recfiu, Scientiarum Upsalcnsis. Nova Acta Seriei tertiae Vol. III. Upsaliae. 1861 ; 4«. — Arsskrift, II. Argängen. Upsala. 1861; 8". Society, Asiatic, ofBengal, Journal N. S. Nr. CVII. — Nr. H. 1861. Calcutta, 1861; 8«. — TheRoyal, ofLondon,Proceedings. Vol.XI, Nr. 4S 6: 46. London, 1861; 80. 130 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Society, The Royal Geographica! of London, Proceedings. Vol. V, Nr. 5, London, 1861; «<>. — Royal, of Literature ofthe United Kingdom, Transaclions. Se- cond Series. Vol. VI. London, 1859; S». Verein für Geschichte und Aiterthum Schlesiens, Zeitschrift. 111. Band, 2. Heft. Breslau, 1861; 8». — L & II. Bericht des Vereins /.ur Errichtung eines Museums für schlesische Alter- thümer. Breslau. 1859 & 1860; 4o. — Grünhagen, Colmar. Breslau unter den Plasten als deutsches Gemeinwesen. Breslau, 1861 ;4". — Wattenbach, W., 3IonumentaLHbensiaBresh\}, 1861; 4o. — serbisch-literarischer, zu Belgrad, Glasnik. I-X. und XIII. Jahr- gang. Belgrad, 1857 & 1861; 8». — historischer, für Niedersachsen, Zeitschrift. Jahrgang 1860. Hannover, 1861; 8«. — 24. Nachricht. Hannover, 1861; 8». — historischer, fiirNassau, Mittheilungen Nr. 1. Wiesbaden, 1861 ; go. __ Urkundenbuch der Abtei Eberbach im Rheingau, von K. Ri)ssel. 1. Band, 2. Heft. Wiesbaden, 1861; 8". SITZUNGSBERICHTE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE CLASSR. XXXIX. um. II. HEFT. JAHRGANG 1862. — FEBRUAR. 13 183 SITZUNG VOM 3. FEBRUAR 1862. Gelesen: Aristotelische Studien. Von dem w. M. H. Bonitz. f. Durch die Bekker'sche Ausgabe des Aristoteles ist für die Texteskritik der aristotelischen Schriften ein so bedeutender Schritt geschehen, als es der Umfang der dazu aufgebotenen Mittel und der Name des Herausgebers erwarten Hess; dafür kann jede Seite des Bekker'schen Textes , verglichen mit den früheren Ausgaben, Zeug- niss geben. Dennoch kann für die Aufgabe der Kritik, den aristote- lischen Text seiner ursprünglichen Gestalt möglichst anzunähern, Bekker's Recension und kritischer Apparat nur als Grundlage, nicht als ein wenigstens zeitweiser Abschluss betrachtet werden. Bekker hat mit der Schärfe seines Blickes und der Sicherheit seines Urthei- les aus der Menge der ihm zugänglichen Handschriften diejenigen herausgehoben und bei der Feststellung des Textes vorzugsweise benützt, die sich auch einer erneuten Prüfung als die glaubwürdig- sten erweisen ; aber diese Bevorzugung ist gegenüber der vorheri- gen Vulgata nicht immer mit der Strenge durchgeführt, welche dem wohlbegründeten Urtheile gebührt hätte. Ferner hat die bei der grossen Aristoteles-Ausgabe vorgenommene Theilung der Arbeit, dass die Herausgabe der Auszüge aus den griechischen Erklärern von der Feststellung des aristotelischen Textes getrennt wurde, die- sem Texte die Ergebnisse entzogen, die sich aus jener wichtigen Quelle gewinnen Messen. Endlich lässt ein eingehendes Studium des Aristoteles, welches besonders seit dem Erscheinen der Bekker'schen 13** t j o « H. H o n 1 t z Ausgabe, durch mannigfache Umstände gefördert, erhebliche Fort- schritte gemacht hat, durch strenge Aufmerksamkeit auf den Gedan- kengang des Schriftstellers und auf seinen Sprachgebrauch an nicht wenigen Stellen Verderbnisse der Überlieferung entdecken und öfters durch dieselben Mittel, welche zu ihrer Entdeckung führten, sie beseitigen. Nach diesen Gesichtspunkten bedarf der aristotelische Text noch erheblicher Revisionen und ist derselben auch, selbst ohne die höchst wünschenswerthe neue Vergleichung mancher Handschriften, schon mit den bisher vorhandenen kritischen Hilfs- mitteln fähig. Von denjenigen Emendationsversuchen, die sich auf der Grundlage dieser Hilfsmittel mir bei wiederholter Leetüre dar- boten, gedenke ich einige der Prüfung der Fachgenosseii vorzulegen, und zwar zunächst in diesem Hefte zu den ersten fünf Büchern der Physik des Aristoteles und zu der unter Aristoteles Namen überlie- ferten Schrift über Melissus, Xenophanes und Gorgias, oder wie der übliche Titel lautet, über Xenophanes, Zenon und Gorgias. Zur Emendatiiin des Textes der aristotelischen Physik nach der Bekker'schen Recension finden sich, abgesehen von einzelnen gele- gentlichen Bemerkungen (z. B. in Brandis' Geschichte der griech. Philosophie), Beiträge in Prantl's Symbolae criticae in Aristotelis physicas auscultationes (1843) und in dem Textesabdrucke, welchen derselbe Gelehrte seiner deutschen Übersetzung der Physik (1854) beigegeben hat; ferner in der wichtigen Abhandlung von Torstrik „die Authentica der Berliner Ausgabe des Aristoteles- , Philologus 1857. XII. S. 494—530. Dass die griechischen Erklärer der Physik, Themistius, Simplicius, Philoponus, für alle in Betrachtung gezoge- nen Stellen verglichen sind, versteht sich von selbst; wo ihrer nicht Erwähnung geschieht, habe ich eben in ihren Erklärungen nichts für die Texteskritik verwendbares gefunden. Von älteren Ausgaben habe ich die Sylburg'sche mit ihren kritischen Noten verglichen. Der Text der Physik in der Didofschen Sammlung stimmt fast über- all mit dem Bekker'schen überein; wo er von demselben abweicht, ist es erwähnt. Der Text der angeblich aristotelischen Schrift über Xenopha- nes, Zenon und Gorgias verdankt an vielen Stellen erhebliche Berichtigung den glücklichen Conjecturen von Bergk (Universi- tätsschrift von Marburg 1843). Eine die ganze Schrift umfas- senili' Textesrt'vision hat Mnllaeh gegeben (Aristotelis de Melisso, Ai'istutelischu Stutlieii. 185 Xenophaiie et Gorgia disputatioiies cum Eleaticorum pliilosophorum tVagmeiitis etc. Berl. 1845). Die neueste dieser Schrift speciell gewidmete Abhandlung, welche mit Rücksicht auf Zeller (griech. Philos. 2. Aufl. I. 374 ff.) und Überweg (Philologus VIII. S. 104 ff.) die Frage über die Autorschaft dieser Schrift von Neuem behandelt, (K. Vermehren, die Autorschaft der dem Aristoteles zugeschriebenen Schrift n£f>i c.evo'p etc. Jena. 1861) geht auf Texteskritik im Ein- zelnen fast gar nicht ein. In den nachfolgenden Beiträgen zu den ersten fünf Büchern der Physik und zu der Schrift über Xenoplianes etc. sind nicht alle dieje- nigen Stellen aus diesem Bereiche behandelt, die ich für verderbt halte und zu emendiren versuchte, sondern nur solche, deren Berich- tigung mir bei wiederholter Prüfung als gesichert erschien; die zur Emendation bestimmenden Gründe glaubte ich, wo sie nicht in unmit- telbarer Klarheit vorliegen, möglichst vollständig darlegen zu sollen. Zar Physik, A— E. Die Bedeutung, welche die Pariser Handschrift 1853, E nach der Bezeichnung im Bekker'schen Apparat, für die Constituirung des Textes der Bücher über die Seele hat, ist von Trendelenbiirg in der Vorrede zu seiner Ausgabe nachgewiesen, und zugleich hat durch Trendelenburg's erneute Collation der Handschrift , die an vielen Stellen durch die Authentica der Bekker'schen Ausgabe ihre Bestä- tigung findet (vergl. Torstrik im Philol. XII, 515 ff.) ihre Verwer- thung für die Texteskritik jener aristotelischen Schrift nicht wenig gewonnen. Nicht erheblich geringer ist der Werth dieser Hand- schrift für die Texfeskritik der Physik, und sie ist demgemäss mit Recht von Bekker bei Constituirung des Textes unverkennbar bevor- zugt. Aber an nicht wenigen Stellen hat Bekker, vermuthlich im Anschlüsse an die dem Drucke zu Grunde gelegte Ausgabe, ihre Lesarten verschmäht, obgleich der Zusammenhang oder der ari- stotelische Sprachgebrauch oder die aus den griechischen Conimen- tatoren ersichtliche Überlieferung ihren Vorzug erweisen kann. Einige derselben mögen zunächst erwähnt werden; es sind dabei absichtlich alle solche Fälle unerwähnt gelassen, in denen die Über- lieferung der Handschrift E nach keinem der bezeichneten Gesichts- puncte ihren Vorzug erweist, sondern ihn nur durch den einmal anerkannten Werth der Handschrift überhaupt verdienen würde. 186 H.Bon it. ^ Phys. a 2. 185 6 33. Die Besorgniss, in einen Widerspruch za gerathen, wenn sie das Eine zugleich zu Vielem machten (Iva fxrj noT£ . . . nolld sbai KrAÖjai tö I'v) , hat manche der älteren Philosophen dahin gebracht, die Verbindung des Subjectes mit einem von diesem verschiedenen Prädicate aufzugeben. Dieser Besorgniss setzt Aristoteles die Bemerkung entgegen: nolld oi rd övt« rj XÖ7W (oiov äXlo TÖ }£uyM dvai xai jULOuajxw, tw d' avrü ä/x^w • tcoAIo. apa Tö £v) 77 d'.xipiasi , uiGnep tö ö'Aov y.ai rd. ixsp-n, d. h. eine Vielheit sind die Dinge entweder dem Begriffe nach (z. B. etwas anderes ist der Begriff „weiss", etwas anderes der Begriff „gebildet", aber das- selbe eine Ding, etwa der Mensch, ist zugleich beides, weiss und gebildet, das Eine ist also eine Vielheit) oder durch Theilung. Über diesen Sinn der Worte, wie ihn schon die griechischen Erklärer richtig umschreiben und wie ihn Trendelenburg zur Erläuterung des aristotelischen Dativs bei dvoct verwendet (Rhein. Mus. 1828. S. 462) kann kein Zweifel sein. Aber wie ist tw avru) zu construiren? Man müsste iinäp-/ii dazu denken, tw 0" aürw vnä.p'/z>. äfxfji. Aber zu solcher Ergänzung gibt weder das Vorausgehende noch das Folgende Anlass — rd ovra noXld sc. sart, tö As-jxü dvai y.ai ixo-jaucb aXko sc. eart, TÖ £v dpa. noXkd sc iarl — es ist also mindestens ungleich wahrscheinlicher, dieselbe Ausdrucksweise auch in dem einen noch fraglichen dazwischen liegenden Gliede vorauszusetzen, und man wird sich daher nicht bedenken mit E zu schreiben: tö 0' äütö djuL^w. Aus den Umschreibungen und Erklärungen der griechischen Commentatoren lässt sich nicht mit Sicherheit ersehen , welche Schreibweise des Textes sie vor Augen hatten; davon, dass sie den Nominativ nicht gehabt hätten, findet sich keine Spur, und was The- mistius schreibt 16 6 töv a-jrrj^j zoütov ^tji/.pdzriv h [xiv slvat /.ard TÖ 6;rox£i/JL£vov , n'/Moi da xazd töv 'köyov steht wenigstens mit der durch die Lesart des E gegebenen Ausdrucksweise im vollen Ein- klänge. Entschiedener als an der vorliegenden Stelle, dürfte der Vor- zug der Handschrift E, bei gleichem Unterschiede ihrer Lesart von der der übrigen Handschriften, an einer nicht viel späteren sein, Phys. a 7. 191 a 2. Die Principien des Werdens, sagt Aristoteles, sind in gewissem Sinne zwei, vlri und eloog, in gewissem Sinne drei, vlri., aripr^atg und eidog, indem man an dem Stoffe die beiden Mo- mente begrifflich unterscheiden kann , dass derselbe der ganzen Ai'istotuiischt; Studien. 187 Mannigfaltigkeit von Veränderungen zu Grunde liegt (yln) und dass er die bestimmte einzelne Form, zu welcher er übergeht, nicht besitzt (^ariprjmg). wäre outs nXeioug rwv evavrtojv slvui. 6 17 oüx eart tö £7rt- fciveia ihoL>. tö kvj'/.'h ilvxi. 6. 1031 a 21 st ydp tö aÜTÖ, xat tö dv^p(i}K(xi sivcct y.cii tö asu/m äv.5poj;ra) tö aÜTÖ. Anal. post. a 5. 74 « 33 ei rcivrov r^v Tpryojvoj £'Ivaj x«? inonkzi/p'^. ß 6. 92 « 20 otov st 4 QQ H. B o n i t z TÖ xaxö iaTi rö diocipiTÜ dvoci 0- Beachtet man die in diesen und ähnliehen Stellen vollkommen constante Form des Ausdruckes und zieht noch überdies in Betracht, dass an mehreren derselben eine oder ein paar Handschriften den Artikel dem dabei stehenden Dativ des Nomen assimilirt und ebenfalls in den Dativ gesetzt haben , so muss man geneigt sein, selbst aus blosser Conjectur zu schreiben: irspov -^dp TÖ äv^poüTro) xou tö a|JLo6aw shai, y.ai tö äcrxT^/xaTiarw xai xa^J'V- (Vergl. die Paraphrase dieses Satzes bei Philoponus e 2 äXko 7äp, yv/atv, iarl tö av^pwyrw zhai xal äXko tö d/^ouaco.) Dies ist aber nicht Conjectur, sondern ist, nach Bekker's Angabe, die Überlieferung der Handschrift E , indem er zu seinem Texte sVspov 7äp Tä> dv^pdiKU» x.?, iXA' oüx vU xxi 70 -j/roxstfjisvov, und andere von Waitz a. a. 0. angeführte Stellen. Die im Vorigen bezeichnete Unterscheidung in der uXry, dass sie einerseits 6/roxstjisvov im eigentlichsten Sinne des Wortes, anderer- seits aTspnaig ist, kommt auch bei der Frage über Entstehen und Vergehen der vlrj in Betracht. Als ariprj'yig ist sie, eben durch das Eintreten der die tjrep/jtJtg aufhebenden Form, dem Vergehen unter- worfen. Hingegen als 6/TOxeijui.svov, als Substrat der Veränderung, ist die öXyj ohne Entstehen und ohne Untergang a 9. 192 a 27 w? os xard o6va|JLJv, ov xa3-* «uro (nämlich y^stpiraj), dlV äf^ccprov xai oc^iv-nTOv a.vöi'^-A.rt aürrjv zhcLi. e'tVe 70:^ iyiyvsTO , 6;rox£ra5at' rt 0£t TrpwTOv, TÖ i^ 0-j £vu;räpx^^^°? ' i'O^^o ^' ^^^'^ '^'^^^ '^^ 'f'^'^^?-, w7t' £(7Tat /-ptv 7£V£'7^at. ^£70) 7äp CXr/V tö npdTOv vTVoy.eiiJ.iVOv ixdaro), ^4 ou ybszcci n ivj7:äp-/_0'J'cog fxrj xara Gvfxßsßrixog. shs f^sipevoci xtX. Durch die Worte toOto '^' iartv aürrj 77 ^6c7tg kann dem ganzen Gedankengange gemäss nichts anderes gemeint sein, als: eben dies aber, nämlich ro np'JjTOv thai i^ ov ivunäpyovzog, ist das Wesen der CXrj. So ist die Stelle richtig vonThemistius und Simplicius verstan- den, Themistius 22 ^ ürt yccp yi^vszcci, {jKoy.tia^a.i zi oeX npSizov^ i^ ov iv'jnüpyo'jzog ybszat * zoOzo oi iaziv a\)Z-'q' cücjte npiv "^tvia^ai ioziv. Simplicius 55 b npog rovroig xcci zov öpta/xöv r^g vl-ng ä^iw/^a npoa'kocixßdvsi, e| oiv oeUvvat npdizüig ort dyivYizog r} C'Xrj ovzoig ' £t yiviTCci r, ukr,^ z6 di ytvoiievov nüv i^ unoxsiiiivou yberoci npöizou xa3-' oiOzo ivundp-x^ovzog, z6 oi. e^ od yivezcü zi npöizov xa^" ccOzo ivvKÜp- XovTcg, zoOzö iazt)^ v} vlrj , si ouv yivczcci vj iJAv;, iE, vXrig ybezai TcpoüKapyoboTig. eoziv äpa. >j vkr/ rzpiv •yevia^a'.. Diese Bedeutung aber „eben dies ist der Begriff, das Wesen der vhi" , welche wir in den fraglichen Worten erfordern müssen und welche die griechi- schen Erklärer in dieselben legen, lässt sich aus ihnen in ihrer jetzigen Schreibweise ohne willkürliche Ergänzungen nicht gewin- nen. Der Ausdruck erhält dagegen vollständige Klarheit, wenn wir die Lesart der Handschrift I, die sich auch im Lemma des Simplicius findet, aufnehmen: zoOzo (^' irjzlv cf.i)zf,q rj fvitg. (In der Ausgabe des Camotius steht zovzo 0' g'artv yj auzrjg ^6atg.) Nacii Enlwickelun^ seiner Theorie über die Principien des Werdens vAn eioog ozipr,aig geht Aristoteles zu der Nachweisung Aristotelische Studie». 193 über, dass durch sie alle die Schwierigkeiten sich lösen, welche die älteren griechischen Philosophen gefangen hielten, ou oi ii.ovayj2iC. ovTOi X'JSTai xoii -fj T(I)V äpj^atojv dnopia , Xiyoixsv (xsrci raöra. Phys. a 8. 191 a 24. Mit diesen Worten bezeichnet Aristoteles den Inhalt der nunmehr zu beginnenden Auseinandersetzung, er kündigt den- selben an. Für eine solche Ankündigung des Beabsichtigten ist an sich derConjunctiv,z.B. Aiyoüjjisv, der sprachlich zu erwartende Ausdruck, er ist zugleich durch die Überlieferung der Handschriften wohl gesi- chert. In den beiden ersten Büchern der Bhetorik z. B., in denen die Bekker'sche Ausgabe immer in den bezeichneten Fällen Xiy^xiixsv schreibt, geschieht dies grösstentheils ohne Angabe einer Variante (Rhet. 1368 h 5, 1372 a 5. 1373 b 27, 1382 b 29, 1387 a 6, 1390 b 16, 1392 a 8, 1393 a 26, 1396 6 21, 1397 «2) oder doch in Übereinstimmung mit der für jene Schi'ift entscheidenden Hand- schrift A'^ (1335 6 24, 1366 a 23) und nur zweim:.! im Wider- spruche zu A' (1360 b 2, 1380 6 35). Bei dem bekannten Schwan- ken der Hiindschriften zwischen o und w überhaupt findet sich nun für Aiy(tiixtv In den fraglichen Fällen häufig in einem Theile der Handschriften, manchmal selbst in den glaubwürdigsten, zuweilen in allen der Indicativ Xiyoixsv überliefert. Gegenüber solchem Schwan- ken wird aber der Conjunctiv noch durch zwei Umstände sicher- gestellt. Erstens finden sich in den vollkommen gleichartigen Fällen statt des Conjunctivqß des Präsens (für den der Indicativ nicht schon an sich als unmöglich erscheinen würde) Conjunctive von Aoristen, bei denen ein etwa vorkommendes Schwanken der Überlieferung zwischen oj und o gar keine Bedeutung hat, z. B. drzoiixvj (Rhet. 1358 a 32, 1359 b 18. 1366 « 33, 1369 « 3! . Ä 30. 1395 b 20, 1396 b 23), Xä;Bwfx£v (1358 a 33, 1360 b 7. 30. 13'.t7 a 1 ), ojsXcü- /x£^a (1368 b 28), o^^w/jisv (1373 b 1 , 1378 a 29), ö^a^w/xsv (1388 b 32), ^iopiaoii),vj (1356 b 26, 1397 a 3) oder andere zur Bezeichnung des zunächst zu behandelnden Gegenstandes dienende Ausdrücke, z. B. Xv/.Ti'jv itps^rig, ^ewpvjrsov, GxsKriov , dixipsTiov, diopiOTiov, inoixsvov av etyj dtsl^slv, u. a. Anderseits finden wir, dass den Indicativ Xs^o/Jisv, ^«juisv Aristoteles in einer bestimmten anderen, deutlich unterschiedenen Bedeutung gebraucht, nämlich nicht um eine Erörterung anzukündigen , sondern um sich auf einen sonst schon von ihm ausgesprochenen oder überhaupt als anerkannt voraus- gesetzten Satz zu berufen, vergl. z. B. 191 a 34 -nixslg ^t liyifxsv j 0;^ H. B <■ II i t z xtI. 189 b 32. Es kann hiernach keinem Zweifel unterliegen, dass an der angeführten Stelle 191 «24 die Lesart der Handschriften EI liyfjiy.sv das Richtige darbietet, und dass ebenso Pliys. oc 7 189 6 30 mit K allein zu schreiben ist dio' ouv -nixsig liyoiixsM npG)- Tov TztrA näoTig '^sviieoig sTZzl^övTsg slatt des liycixev im ßekker'schen Texte. (Die Syiburg'sche Ausgabe hat an beiden Stellen liyoifxsv.) — In der Wahl zwischen dem Indicativ und Conjunctiv an Stellen, wie die bezeichneten sind, zeigt beim Schwanken der Überlieferung in den Handschriften der Bekker'sche Text zuweilen eine auffallende Unfileichniässigkeit. So kündigt in der Schrift über den Him- mel im vierten Buche Aristoteles erst im Allgemeinen die Unter- suchung an über die Bewegung aufwärts und abwärts, über schwer und leicht, und über die damit zusammenhängenden Zustände (^ 3. 310 a 17 o'.d 7'. Tx fjAv avw fipsrcct zd oi x-äro) röjv aa)|u.ar&üv dd ■/.ccTO. tpv(jiVf rä oi /.ai ävo) xcci xätoj, jULsrä oi tocvtcc KtfA ßapiog x.at xovfo'jxaizüjv (JvixßaivovToiV nspi avTä 7Ta3"Vy jK-arw v, dtd Tiv' aiTlav iy.ocjTov yiv-Tai), sodann kündigt er, nach Abschluss eines Theiles dieser Abhandlung, den ferneren, in den obigen Worten schon bezeichneten, rä^ oi otcifjpdg /,cci zd gv p.ß cciyjvza Kspl aurd wieder besonders an d 4. 311 « 15. An beiden Stellen hat die Handschrift E den dem Zusammenhange allein entsprechenden Conjunctiv liywixEv, an der ersteren mit noch einer, an der zweiten mit den vier übrigen zur Vergleichung gezogenen Handschriften; an der ersteren schreibt Bekker rip-slg oi Xi-yo/jisv npüjzov ^ an der zweiten zdg dt §ia(popdg y.ai zd GDij.ßxbovza. izipi auzd vüv Xiy w- /xev. Es versteht sich von selbst, dass an beiden Stellen das von der Handschrift E dargebotene (auch in der Sylburg'schen Ausgabe aulgenommene) Ae'/w/jisv das einzig Richtige ist. Phys. a S. 188 a 36. Gegensätze zu Principien des Werdens zu machen, ist die allgemeine Überzeugung der älteren Philosophen. Die Richtigkeit dieses Satzes erläutert Aristoteles auf folgende Weise: Av^nriov oti KpQzov ozt Trävrojv röJv ö'vrtüv ovoiv oijzi ttoisTv Tzif'j-Azv vjz£ ndijyjiy zö zr/iv -bno zov z-r/ivzog^ o'Jdi yivzzai ozio'jv iE ÖTovoöy, äv [j/r, zig Äa;j.,3ävr) xarä i-Jixß-ßrjxög- nüig ydp av yivoizo zö A£'jx.6v £■/. iJ.o-j(JUO-J, nAnv ei p/rj cjup,ߣßrjxög dr, rw Xsuxo) ri rw juls- Xavj ZQ ixrjni.y.iv, dXkd Ivjy.i^j ixi-j ybzzoii £c o-j As-j/coO, /.xi zoüzo-j ov/. iy. nxvzög dlX ix. [xiAuvog r, rciv ixezacj. Das Weisse entsteht aus dem Nichtweissen, und zwar nicht aus jedem beliebigen Nicht- Aristotelische Studien. \ 95 weissen, z. B. einem Tone, einer Zahl, sondern aus einem solchen, (las, seiner Natur nach der Färbung fähig, eine der weissen entge- gengesetzte oder doch von ihr unterschiedene Farbe hat, ix iKslavog r, rcUv ixsTcc^v. Wenn man daher sagt , der Gebildete werde weiss ( rö X-uxöv yiv£(7^ai i/. ixowjr/.ov) , so hat man nur für dasjenige, dem rs in Wirklichkeit zukommt weiss zu werden, eine mit ihm zufällig verbundene Eigenschaft gesetzt , xccra avixßsßriy.og. Aus diesem in vollster Klarheit vorliegenden Gedankengange ergibt sich, dass, wenn xard 'yvp.ßsßrr/.og ix ixo-jar/.oü Xsv/.öv yivsTai, dann ixovauov als TJixßeßfiy.dg angenommen werden muss desjenigen, woraus an sich etwas Xevxov wird, also des ixri Acux.o v, sei dies nun [xiXocv oder f».£Ta£6 T{ ToO leuKOv xat ixilccvog. Also ist zu schreiben /rAyjv et jun^ <7-jlxßsßr4X.Qg slf) T(h ixYj "Xsv/.ü Vi TW {xilccv'. To [xovjiy.öv. Dass Simpli- cius diese Schreibweise vor Augen gehabt hat, geht aus seiner Um- schreibung hervor, 40 n ou yäp ix iiquguov, fT/ai, Xsuxöv yivsroci xa3' ocvTÖ, dilV cx /xeXavo?, -/.cctcc n'jixßsßr/xog ixivTOi O'Jo'sv xwXusf, örav Tvyri ov tö [j-OvatKOv /jieAav >7 /ji.yj Xsux ö v, i-jV ro rw/iv^ aXkä ro l).try.^ij. (Aus Theniistius 19 6 und Philoponus c 15 ist niclits siche- res über die ihnen vorliegende Textesgestalt zu erschliessen.) Es ist gewiss für den Werth der Textesüberlieferung , welche uns die Handschrift E gibt, kein unbedeutendes Zeugniss, dass sie rwt [xrt Iz-jy.di'. hat; denn dass bei der Verbindung mit tw ixilavi durch die disjunctive Partikel yj es sehr verführerisch für einen minder auf- merksamen Abschreiber war, das Gegentheil von zw ixilavi voraus- zusetzen, also TW Xvjxfh, das beweist am besten der ungestörte Be- sitz, in welchejii sich bisher dieser Fehler bei den Lesern der Physik behauptet hat. In gleicher Weise zeigt sich an einer nicht viel späteren Stelle a 7. 190 a C) die Übereinstimmung von E mit der den griechischen Erklärern vorliegenden Textesgestalt , während alle übrigen von Bekker verglichenen Handschriften in einen sehr nahe liegenden Schreibfehler verfallen sind. Aristoteles macht auf den Unterschied aufmerksam, der in dem sprachlichen Ausdrucke besteht, dass man nämlich in manchen Fällen sagt: dieses wird etwas, z. B. 6 Jcv^pw- nog ybeTOii ixouGuög , in anderen: aus diesem wird etwas, z. B. i^ dix'rjGou "ylyeTui. ixouGtxög, und benützt diese Thatsachen des Sprach- gebrauches zur Entwickelimg seiner Principien des Werdens. toO- Twv fh TO ixiv o'j fxövjv XiytTCii TÖfJs n. yiyvsG^ai. aXAa xat ix rovos, 196 H. Bonit. ^ orov i. p.r> ixouauoü t.ry,„.^ö?, rö d' ou Xsysra. ini nd.rusv. Die Verbin- dung TÖo£ Tt hat bei Aristoteles ihre ganz bestimmte terminologische Stelle, sie bezeichnet das bestimmte Etwas, das bestimmte Einzel- wesen' (vergl. oben S. 189). Dieser Begriff ist hier nicht zulässig; es handelt sich nur darum, ob man sagt, dass tööe oder dass ix roOdt 7i7V£Taf u. Man muss also vermuthen, dass rt nur durch ein Verse- hen in den Text gekommen ist, sei es durch die unwillkürliche Einwirkung der so häufigen Verbindung zo^s rt, sei es durch die Äliniichkeit des folgenden Wortanfanges 7c. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den griechischen Erklärern , deren Paraphrasen uns keine Spur eines töos n zeigen. Them. 20 b dXX ini fxiv rdjv Khiazoiv zö z65e fxövov yapisv vap zov äv^poinov yi^vsa^xi ixovauöv oxjy. £^ dv^pöinou 7t7V£cr3aj fxouauöv — , £;r' dX^wv de z6 sx roö^e ' oö^sisv av £ÜA07WT£pöv liyea^at v5 rö töos. Simpl. 46 a eiza zrjv )iccz;öj?. Von dort ist es durch einen üblichen Fehler des Ab- schreibens hier wiederholt. Auch hier bietet wieder E das Ursprüng- liche, denn „oty^g om pr E" bemerkt Bekker im kritischen Apparat. Phys. ß 1. 198 a 30. Mit einer recapitulirenden Aufzählung der vier Principien, uAv^, eloog, ro mvyjgccv^ to od svexa, verbindet Ari- stoteles eine Unterscheidung von drei philosophischen Disciplinen: otö rpsTg 7-'.0'j xai ip-dziov, d/X wg vj Qoog rt Örj^yj^cV 'A^r^va^s y.ai r, 'A^f;vyj3-£v dq (d/ißag. Der constante aristotelische Sprachgebrauch erfordert oig töv loyoy -ivai iva röv tö zi r,v zlvai li^ovza. Vergl. Top. a S. 101 6 39 i'^rt o' rjpog p.h lö'^og 6 z6 zi r,v sivai ar/iiaivoiv. y; 3. 153 a 15 st ydp iaziM öpog Aöyog 6 z6 zi -nv eivai TW npdyp.azi dr/AöJv. yj 5. 154 a 31 imid-rj 6p(.G(j.6g i'7zi Xoyog 6 zö zi r;V sfvat o-np.aivoiv. a 4. 101 Ä 21 y.ai xalsiG^oi tö p-iv zo zi r,v tvjo.'. arip.al-wj öpog. « 8. 103 6 10 s« jxiv ydp arip-aivti z6 zi rtV ilvai, opog. C 1- 139 a 33. 4. 141 b 23 i). Wenn wir dasselbe tö in der vorliegenden Stelle der Physik herstellen, so ist dies nicht blosse Conjectur, die übrigens nach der Beschaffenheit der beiden umgebenden Worte an sich sehr wahrscheinlich wäre, sondern beruht zugleich auf der Überlieferung der Handschrift E; Bekker bemerkt nämlich „tö E", so dass wir als Schreibweise desselben wj töv loyov dvai ha zö zi rtV dvai Xiyovza voraussetzen müssen; aber selbst in dieser offenbar fehlerhaften Überlieferung würde doch noch die Er- innerung an das Ursprüngliche erhalten sein. In ähnlicher Weise dürfte bald nachher eine offenbar falsche Lesart der Handschrift E dem ursprünglichen Texte näher liegen. 1) Dass eben so Eth. Nie. |3 6. 1107 «6 für TÖV \6-jO\> röv Ti v^v eivat H'^jo^^zx aus der Handschrift K'' lierzustelieii ist, rö-j Xd'/ov rov z o ri v^v Etvat Xf^ovra hat bereits Kri.-ehe bemerkt, .Jen. Lit. Zt«-. lg."}.-;. Nr. 220. 14* 200 H.Bonitz ^ als die von Bekker beibehaltene Schreibweise der übrigen Hand- schriften. Phys. 7 4. 203 a 34 sagt Aristoteles von Demokritos im Gegensatze zu Anaxagoras : A-nixöy.ptrog d' ovoiv hepov i^ iripov 7!7V£C7^at rcäv ;r;iCOTWV yv5!7£V all'' oju-wg 72 atirö tö xotvöv (JcD/J.a KävTOiv irsriv a.px^,^ ixs-^i-^si xuTd ixöpia. xai fjy;n\i.(XTi §tafipov. Statt avTÖ TÖ -/.oti^ov hat E aurwv ro KOivöv, offenbar falsch; aber beden- ken wir, dass, nach den Angaben Bekker's selbst zu schliessen (vergl. Torstrik, Philo). XII. S21) das Jota subscriptum in E nicht unter, sondern neben seinen Vocal geschrieben ist, so werden wir in a-Jrwv ein leichtes Verschreiben für aürcÖJ, d. h. ainui erkennen, in derselben Weise, wie in derselben Handschrift de gen. a 10. 328 b 2 svcipiarctig ein Verschreiben für tuopiarm ist. Der Vorzug dieses aürw vor dem kaum recht deutbaren «uro bedarf keiner wei- teren Nachweisung. Es ist die Weise des Aristoteles, widerlegende Folgerungen aus den Lehren früherer Philosophen in deren eigenen Gedankengang, in ihre eigene Seele hinein zu verlegen. Die Worte o^aw? 7£ ai)TO) tö zotvöv (jwjuia besagen das nämliche, wie ein (7'jp.- ßcäveiv, das in diesen Fällen so üblich ist: aXX' 6'|u.w? 7s ccdrib aup.- ßoiivti TÖ V.01.VOV aijjixci ndvroiv eboci a.p-/^'r,v. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass Simplicius und Philoponus auTw in ihren Texten lasen, indem sie den Inhalt des Satzes tö xojvöv (7cö|Lta ;rävTwv ioriv dpxh nicht als einen Ausspruch des Aristoteles , sondern als einen Gedanken des Demokritos ausdrücken, Simpl. 106 b (Schol. 362 b 28) TO) de Ay;/JLOxp(Tü) , -/.a^öaov tö xotvöv C7w/J.a tö rcZiv aTÖfxoiv iv TTävTwc eAc7£, Phil, k IS (Schol. 362 b 23) jjiiav ixivroi xoivi^v fvaiv vnori^r/'ji arhixazog rolg (jyriixaai näai. Phys. 7 5. 205 a 34. Um den Beweis zu führen, dass ein sinn- lich wahrnehmbarer Körper nicht unendlich sein könne (a 7 et hoi- yiTOLi. r, oüx e-uQiyzToci slvai ocLp-x änsipov aia^rj6)/J , nimmt Aristo- teles den Begriff des Wo, des Ortes oder Piaumes, zu Hilfe, und geht sodann von dessen Bestimmtheit und Begrenztheit auf Widerlegung der Annahme eines unendlichen Körpers über, a 30 si dk toöt' ddv- vciTO)/ xat nsn£pci(Jixivot oi röizo'.^ xai tö ö'Xov nenspdv^cci dvayxcäov d'%vaTOv -^dp jJLY) dnapri^stn töv TÖ;rov xat tö (7(bp.a' ovts ydp 6 Tonog 6 ndg ixiiCoiv , •?/ otov ivdiysrat tö aöijL/.« dp.a sivai' dixa ö' OUrJ' dnSipOV SGTO.'. TÖ <70J/Jl.a • OÜT£ TO G(ölJ.Ci /Jlcl^OV T; Ö XOTZOg " V? '^dp xcvöv total. Tl. ri awjULa oüoajmoö nrs^uxö? slvai. Dazu gibt Bekker die Varieiät an: „d\x.ti^(jiv , ouzt ro ri S oijzs nciTÖt. a\)i}.ßißr,yAg xtvsl- TCf'. ouTS TW äXXo T£ Toüv «UTOÖ, oXkcf. T&) aüxd y.'.''jzl'j^0!.'. KpcLTov, und a 32 rd di y.a^'' 7.(1x0 npGyzoy. Aus dieser Vergleichung, wenn es derselben noch bedurfte, geht zur Evidenz hervor, dass xar' dcAAo nur eine andere Bezeichnung für dasselbeEintheilungsglied ist, wel- ches y.arcc [xipog genannt ist, und ebenso ij.yi xar' ällo nur die nega- tive Umschreibung desselben Gliedes , welches durch npönotg bezeichnet ist. Diese beigefügten Synonymen dürfen nicht durch das Vorsetzen des Artikels zu coordinirten Eintheilungsgliedern ge- macht werden; es ist gewiss zuschreiben: £(jti oi noä iv i-Ksbotg 206 H. Bonitz ^ xal t6 -Karä Gufxßsß-nxdg xal ro xara {jJpog y.ai xät' ällo xai ro npöjzüig xai ixri xar äAXo'), obgleich nur für die Beseitigung des einen t6, nämlich vor ju.f; nar' äXAo, die Zustimmung der Handschrift F (so wie der Sylburg'schen und Didot'schen Ausgabe) sich findet. Die griechischen Erklärer halten sich den Worten des Aristoteles nicht nahe genug, um einen Schluss auf ihren aristotelischen Text zu ermöglichen. — An einer anderen, mit der vorliegenden ganz analogen Stelle bestätigen sie sogar den jetzigen Text. Wir lesen nämlich 06. 213 h 22 tlvai ^' e^aaav xat oi JlvS^a'^opZioi xsvöv, Y,ai sTzsiaiivai at^TcI) 2) toi ovpavü ix rov dmipo'J nvzüiK'xrog w? dva- TtviovTi xcci TO xsvöv, 0 Qiop'Zs.1 xv.q (puasig, öjg övrog roü y.svoO X^P'-' CjxoO rivog tcÖv ifi^rig y-cni rfig oiopiaztjig • Kai toöt' tivw. Kp(Lrov iv ToTj dpi^iiolg' z6 ydp xsvdv otopiCetv ryjv fOaiv xurojv. Hier sind ja doch yjjip'.aiJ.og und oiopimg nur verschiedene Namen für dieselbe angebliche Wirkung des xsvov, und es ist daher nicht zu begreifen. 1) In diesem Fülle liisst sich durch die blosse, der li;indschriftlichen Hestätigiing: nicht einmal g'äuzlieh entbehrende Beseitigung' des Artikels der Fehler entfernen, dass synonyme Ausdrücke desselben Tlieilungsgliedes zu verschiedenen coordi- nirten Theiliingsgliedern gemacht werden. Niuiit ein so einfaches Mitlei reicht für einen gleichartigen Fehler in den nächsten Zeilen aus 224 b 22 r.OK ixbj ouv y.a.ä^ axixd xtvjtrat, /.cd ttwc xari aviJ-ßsßrtXOi, xai ttw; xät' aXXo zt. xat TTWJ TÖ xvzd KpöiVQt), xal £7rl xtv&uvroj xal inl xtvoup.sv&'j. ö^),ov xrX. Für TTÖJJ TÖ auTÖ TipCizov hat PrantI richtig TzCii zu) avzo Trpwrov geschrie- ben, vergl. o 28. Aber nur drei Fälle sind es — wie so eben nachgewiesen wurde — , die Aristoteles vorher untersclieidet und nun recapitulirt xa^ a'J7&, xaT« ffupijSejSvjxoc, xar' olXXo. Dass für xa^'' avzo nur ein anderer gleichbe- deuleniler Ausdruck ist «uro n'pojTov beweisen Aristoteles eigene Worte 224 a 26 sCTTt i?£ d-/] ZI ö OUTE xarä (7uj/,|3£|3y;xöc xtvctrat c>u'rs zu) ä.Wo zi rwv auTOÖ, äXXä TW auTÖ xtvctff3ai ;:pojrov. xac roOr' sVrl ro xa.5'aür6 XtyyjTOV. .M;iu kann hiernach in den Worten "wc TW aUTO -pWTOv schwerlich etwas audeics , als eine au falscher Stelle in den Text geraiheue Erklärung /.u TTÖJi xa5 auTö oder eine Interpolation sehen, die ans dem Texte zu entfernen ist. Die griechischen Erklärer haben, was sie auch im Texte mögen gelesen und wie sich dasselbe zurecht gelegt haben, jedenfalls nur drei Theilungsglieder unterschieden. Theinistius 49 « Jrwj (/,£v oüv xa^'' oluzo xiveizai xai ttöj; xaTa (Tu(j.j3£i3v3xöj xat /rw, xaTa fj.&p[ov, xal ori vj xhriaig oux £V tw si^so xtX. Siiu[)li(ius 101 h 'Tu(;.;r£patv&;ji£voc; öe Xourov töv 0)^07 Xo-^ov , (?;' ou £Ö£i^£ Ti'va T£ sVti t« Tyj x[vy;(7£t ff'jvu7räp')(ovTa xal. oTi £v n'ä'7tv eVti to T£ xa3' auTO xaJ 7rpo')TOJC, xal e'ti zö xaTa (7u(Jij3£j3ryXoc xal xoTa ßi[joc, xal oTi T^ xlvvjCTii £v tw xtvoup.£'voj xal oüx £v tw £l'5£i xtX. 2) So schreibt mit Hecht Prantt statt des handschriftlichen , im Bekker'schen Texte beibehaltenen auTO. Aristotelische Slmlieii. 4i\)i wie ZU y^üyptaixoü rtvög dann das Synonyinon oiöpiotg mit dem Artikel gesetzt sein sollte, während unzweifelhaft zu sehreiben war w? ovTog rov xsvov ;(wpt(7/jL0ö rivog twv ifi^fig xai dtopiasoig. Vielleicht hat der Artikel vor iys^v;?, an welches sich für einen unaufmerk- samen Leser otopi'jifxig konnte anzuscliliessen scheinen, den Anlass zu dem Fehler gegeben, der übrigens sehr alt sein muss, da Simpli- cius 152 (} (Schul. 381 a 5) und Philoponus p 16 unverkennbar Tfig bereits in ihren Texten gelesen haben. — Nicht vollkommen gleich, aber nahe vergleichbar den so eben berührten Fällen einer unberechtigten Hinzufügung des Artikels ist es, wenn zwei Attribute zwar nicht synonym sind, aber erst in ihrer Verbindung dieselbe eine Wesenheit determiniren. Wenn wir a 9. 192 a 34 lesen: mpi oi. T-ng xcuTd ro zloog 5v ciUTü> t6 fjaixiv G(h{xa. xui alo^r,- TÖv, und Simplicius hat wenigstens bei der zweiten der angeführten Stellen (die Erklärung der ersteren schliesst sich nicht nahe genug an die aristotelischen Worte an) in seinem Commentare ata^y^roü ohne Artikel, 63 b toüto o' sivxi fn<7iv Örcsp zlpr,Ton in nccvrog avvs- QrccjcLi. fjaixoO xal (X'.a^r,Tov at^ixcczog. — Aus anderen als den bis- her geltend gemachten Gründen erweist sich die Hinzufügung des Artikels als unberechtigt in der Definition, welche Aristoteles Phys. ö 13. 222 6 12, im Verlaufe seiner Abhandlung über den Begriff der Zeit, von äpTi gibt: -/.ai tö aprt tö iy'^ug toO nccpovTog vöv, tö ixopiov TOV na.pzk^övrog. (In der Sylburg'schen Ausgabe y,a.i {j.6ptov statt tö ixöpiov.) So wie diese Worte in der Bekkei'schen Ausgabe geschrie- ben sind, geben sie zur Definition von äpTi zwei in Appositionsver- hältniss zu einander gestellte Bestimmungen, zo syyCg toO ny.pivTog vöv und TÖ ixöpi'jv toO jrscpsA^övTO?, deren keine für sich verständlich ist, vielmehr jede gerade durch den Artikel unverständlich wird. Dass vielmehr ursprünglich geschrieben war xcci tö äpTi tö eyyvg Toü nccpövrog vöv [Kopiov zoO noLpzk^övzog, beweist Aristoteles selbst; denn er schliesst durch y.cä diese Definition von äpri an ihr genau entsprechendes Gegenstück an, nämlich an die Definition von viorj, welche h T lautet: tö o' rj(5yj tö s-yy-Oj iazi zov napövzog vöv dzöfxou [».iyjg zoO }xiXAovzog -/^povou. Zur Bestätigung der Athetese des Arti- kels vor iiopiov dienen noch die Paraphrasen von Themistius und Simplicius, Them. 47 b xai tö apTj tö iyyjg zoO Tzapövzog vöv juiöptov zoO Kccpeläöyzog. Sinipl. 178 a y.ccl tö äpzi ^(^povixov fxopiov zhcü fOGi zoO Tzapsl-nlv^özog yjpivvj zt iyyvg zoü vOv zov ivsazOJzog. — Diesen Beispielen unrichtiger Zufügung des Artikels möge nun noch eines angeschlossen werden einer unrichtigen Auslassung des Arti- kels. Phys. ß 6. 198 a 12 vozepov dpa tö aÜTÖ/xaTOv xat rj zvyvj •/.ai voö y.at fiiatdig • war' et ozi [kaXioza zov OTjpavov aiziov z6 uvzö- ixcizov, dvä^x/j npözspov voöv -/.ai (pv'jtv aiziav shoci y.ccl äXXaiv noXköJv /.ai zoOrjs Kavz6g. Bekker folgt, indem er zoOoe nocvzög schreibt, der Handschrift E, die beiden andern zu diesem Buche von ihm verglichenen liiiil Aristotelische Studien. 209 Handschi'iften F und I (und so auch die Sylburg'sche Ausgabe) haben Tovos TOI) TravTÖg, und gerade die Neigung zur Weghtssung des Artikels mindert in dieser Hinsicht die Autorität der Handschrift E. An der vorliegenden Stelle kann der Artikel gar nicht entbehrt wer- den. Denn das Weltganze, das im Vordersatze ovpai xai i(^z^r,g siai to) töv ypovjv sivui auvsyri^ avvsysTg ok tw rag ■/.ivnasig. Diese Schreibweise, auf welche der Gedankengang mit Nothwendig- keit führt, ist aber zugleich die diplomatisch besser begründete. Denn kyö^z^iai haben nach Bekker's Angaben die Handschriften E und H, und wenn es dann wirklich kein Übersehen ist, dass sich zu au-jv/ig keine Varietät aus den verglichenen Handschriften notirt gjQ H. Bonitz ^ findet, so zieht doch ixifJ-evoci mit Nothwendigkeit auvs^st? nach sich. (Die Didot'sche Ausgabe hat ixöp^^vx, aber auvex^'s) Üazu kommt, dass Themistius und Simplicius oftenhar ix^psvai und avvsx^'^^ in ihren Texten gelesen haben, Them. 51 « (Schol. 402 a 17) coare orjlov OTi £;i(£C73-at fJisv akkrt'k'jiv QiivoLVZot.i v.ivhoii<; y.ai did p.övov Töv ypövov, orav aiivzyy'i (vielmehr o-jvtyriq) ^, xav a-jrat (vielmehr azJrat) ndp-Kolu diafipoini, auvsy^elq oi '^Ivta^ai ou dvvccvTai oiA U.ÖVOV Töv )^p6vov, äXX' sav xaj raiirov e^^wjtv sioog. Simpl. 208 6, nach der Erläuterung des aristotelischen Beispieles von der Lampa- dedromie, ai ojv roic/.VTai, friai, xtvrjastg ixöixevai eiaiv, dlX ou auve;(£r?. (7uv£;)(cr? 7äp wv t« iaxara h' uiori d auvsxsTg, y^cci iyb- utvar OMvtyiq 7ap, fnalv, iazlv önsp vxt\xzvöv tj i). — Mit der Con- tinuität der Bewegung, welche zu ihrer Einheitlichkeit erforderlich ist, wird schon in den jetzt behandelten Worten die Gleichartigkeit der- selben als Bedingung in unmittelbare Verbindung gesetzt. Aristoteles fährt darauf fort: otö avdyxyj t/jv auryjv thoii töj si'oej xai ivö$ xaj £v £V£ )^oövo) T-/JV d;TÄoüS auvtxn y.ivr,(jiv -/.cCl /at'av, tw XP<>vw /j.£V; o;rw? /^-/j äxjy/jtJt« \}.zza'£xj fr iv rrh O'.a.'XsiKoyTi ydp rjpsp,slv dvä^xrj. nroXXai o5v xac ou fji.«a >3 y.rrnaig , ojv iariv itpep-la [XSTa^O . oxjts d Tig '/.ivrjGtg ardazi diaXaixßdvsToci , ou (xia r/uoi a-jvsxhg " oiaXuiißdvzTat oi, £1 UETCi^v xpövog. T'ng oi rw siosi. ^-;j jj,täg oO, xat £j |l«.yj 0£aX££7r£- rat 6 xpövog' 6 [xiv ^dp xp^'^^g ''"^i ^V ^"'o^' °' ^ xtvr^CTt? äA?.vj. Es ist zu verwundern , d;iss dieser letzte Satz ry^g ^£ tu siSsi xtX. noch keinen Versuch der Emendation veranlasst hat, denn alle *) In den zunächst vorausgehenden Worten findet sich eine auffallende Härte der (Jonstruclion , die vi';l wahrscheinlicher den Abschreibern als dem Aristoteles zuzusehreiben ist, 228 u 20 EKsl de (JV\)Zxhi Jräaa xt'vv3(7if, ti^v T£ aTrXwf aöav ävä'/K-/; xat auvsy-^ ihcni, einsp Tzd^dx Siaipszr], xai d (7yv£)(^S > f*'^- Es entsprechen sich die beiden Sätze ei xtvv3(7tj Ttj aTT/wg p.ta STTtv , (juv- £■)(•/;? £(7riv und £i xivvj^Ji? rtj <7uvsy/j.^ sort, p.ia EOrtv. iNun wäre es jeden- falls unpassend und ist unvvahrsclicinlicii , dass der erstere Satz von ava'jxr] abhänjfifj , der zweite dagej^en uualihänf^ig ausgesprochen sein sollte. Simpli- cius scheint allerdings sdioii so in seinem Texte gelesen zu haben, da er 208 a den ersten Satz in Abhängigkeit von ava'/xvj umschreibt: stvdt'yxyj T17V kiikfäg IKiav x'ivvjaiv dety^äelcjav zyri £tv«i rrpoj eaurv7v fxtav oü(Tav xtX., den anderen dagegen unabhängig: xal el cyvcy/^j di, fn'a iaziv , wj avTi^rpe^siv l a r^v re fJi'iav äva^xrj är),fji)j ijuvex^ stvai, xai. n^v i7uv£)(^ (Af'av mit Wahrscheinlichkeit voraus- setzen, dass ei- in seinem Texte noch las, was der Zusammenhang der Construc- tioD erfordert: nämlich: xat si >j\jve-/Yig, {xiav. Aristotelische Studien. ä 1 1 Benriiiluingen , die jetzt im Texte befindlichen ^Yol■te zu erklären, laufen auf blosse Willkür hinaus; denn da sich weder zu dem Ge- netiv rrig tw doti [kt, iiiüg im Vorausgehenden irgend ein Nomen findet , von dem es sich abhängig machen liesse , noch zu o'j ein Verbum, dessen Ergänzung einen erträglichen Sinn gäbe, so hat man unbekümmert um die Worte einen Gedanken gesetzt, der mit dem Gedankengange ungefähr zusammenstimmt. Man vergleiche die lateinische Übersetzung des Argyropylus : specie autem unum esse oportet, quia ultima eins, qui non unus est specie, unum evadere non possunt, etsi tempus non intercipit. Von dieser Übersetzung unterscheidet sich die deutsche PrantTs nur dadurch, dass sie für den Genetiv einen Schein der Construction herzustellen sucht: „dann aber bei derjenigen, welche der Art nach nicht Eine wäre, tritt jenes nicht ein, dass die äussersten Enden eines werden, selbst wenn auch die Zeit keine Lücke lässt". Die in der Didot'schen Ausgabe abgedruckte lateinische Übersetzung ist um nichts besser, wenn sie auch die unberechtigte Ergänzung in einen engeren Raum zusammendrängt: Eius autem motus, qui specie non est motus (soll jedenfalls heissen unus), non potest dici unitas, etiam si non inter- mittatur tempus. Mit solcher Willkür der Erklärung verglichen würde selbst eine Kühnheit der Conjectur Rechtfertigung finden; aber es bedarf deren nicht, man braucht eben blos der besten Handschrift zu folgen und alles ist in einfachster Ordnung. Die Hiindsclirift E hat ou nicht, „ou om E"", sie ist dann von dem ersten auf QtaAs'.niTCii folgenden yj^tvoq durch ein Versehen sogleich zu dem ;(/i&vo? vor tu; übergesprungen, „ö ;^pövo? ö \i.bj 7äp om E", es ist also aus ihr nicht zu ersehen, ob sich in ihrem Autographon die Partikel 7äp vorfand, welche nach Beseitigung des oö, da der durch rr/g o£ to) zviv. \i:n fxiäg begonnene Satz seine Fortsetzung erfordert, nicht zu ertragen ist. Hierdurch kommen wir auf die unmittelbar verständliche ursprüngliche Gestalt des Satzes: Tf^g de Tö) z'iösi iJ.Yi \xiäg^ -/.CiL si jxo otaAsinsTai 6 "/^pövog , 6 fxiv yjivjrjg tig, TW iwii o' r, -Klvr^aig äXAn. Mit dem so gestalteten Satze stimmt auf's beste die abkürzende Paraphrase des Simplicius 209 a r] ixivzoi TW dozt fx-n fJ-ici xivr/fjig^ xav iv iweysl '/p6'^(jO ^ivrixai, ow. av srn [J-i-O. TÖj dpi^[J.fh. Themistius 51 b bleibt den aristotelischen Worten nicht nahe genug, um einen Schluss auf die von ihm vorausgesetzte Textesgeslalt zu gestatten. 2 12 H. B 0 II i t i Wenn die inn Vorhergehenden erörterten Stellen geeignet sind die schon vorhandene Überzeugung von der vorzüglichen Autorität der Handschrift E zu bestätigen, so wird eine nothwendige Folge davon sein, dass die von Bekker aus E bemerkte Varietät, oder noch lieber eine allerdings sehr wünschenswerthe neue Collation dieser Handschrift (vergl. Torstrik, Philol. XH, S16) bei einer neuen Recen- sion des Textes auch an solchen Stellen zur Beachtung gelangt, welche sich in der bisherigen Gestalt ertragen lassen *) oder in denen aus inneren Gründen ein Vorzug der Überlieferung in der •) Ein paar geringfügigere Fälle mögen beispielsweise angeführt werden, a 4. 187 6 28 dcyajps^eiavj? ^äp £X toö vda.zrjg (japx&?, xai nöCkiv aXkvjg «yivo- u,£Vvj j ix ToO "koinov anoxpiasi, si xai a.d AärTwv tara.tYi sxxptvofjLs'vrj, ä)>).' ofAW? ovx vnBpßalsl fAS-ys^o'? Ti r^ o-fxupoTYjn. Statt •^tvop.s'vvjj haben E und I ■v£V0{Ji.sv>3S, lind dies ist mindestens wahrscheinlicher, als das von Bekker aus der Handschrift F gesetzte •yivo(j(.£vy3S — ß 1. 193 b 17 aXXä TÖ yudpisvov ^x Tivoj üg tI Ip^erat v5 ipusTai. „^ fortasse E" bemerkt Bekker, und dieses ^ , das übrigens auch die Camot. Ausgabe hat, dürfte wohl den Vorzug verdienen. Simplicius erklärt in seinem Commentar 62 « vj , Philoponus/'7 (Schol. 347 b 12) erwähnt die beiden möglichen Auffassungsweisen des überlieferten Textes als ^ oder als ■^. — £ 3. 226 b 28 (TuvE^ws de xtvsTrat rö (avjSev ^ rd oXt-ytarov Sicikelnov Tou TTpa-ypiaroj. Die Wiederholung des Artikels vor oXi'yiaTOv ist etwas Überflüssiges: dagegen ist ort sehr treffend, was E statt To hat. — Die- sen auf E begründeten Emendationen füge ich noch zwei auf die Handschrift F zurückgehende Berichtigungen bei , die keines ausführlichen Beweises bedürfen werden, w 5. 20S a 14 ri •yap (xäXX&v xdcrw ^ avw ^ tzov; Statt JroO hat F örrotovoöv. Darin scheint das Wort versteckt zu sein, das wir statt ;roi5 erwar- ten müssen, nämlich orrouciOv; dies findet sich auch im Sylburg'schen Texte. — ß 2. 194 a 9 schreibt Bekker mit der Handschrift I aXX' T/ p.£V «^swpiErpta 7r£pl '/pa[jL(AV5j ipuffix^c (TX07r£t, während die Handschrift F -^ [j(.£V ^ap •y£W(ji.£Tpta ;r£pl 7. ip. CT. hat und ebenso in E von neuerer Hand geschrieben ist, indem von der ersten Hand diese Stelle ausgelassen ist. Pranll hatte in seinen Symbolae pag. 11 auf (las Uiipiissende der adversativen Verbindung riclitif; hingewiesen , aber der von ihm gemachte Anderungsvorschlag £t >; fJi.£v für aXX' "^ (ji.£V ist weder im VerliäUiiiss zur Überlieferung noch duich den aristotelischen Sprachgebrauch wahrscheinlich zu machen. In dem seiner Übersetzung beigegebeneii Textes- ahdriick behält Prantl die Bekker'sche Schreibweise , kann derselben aber nur durch eine unbegründete Deutung des vorausgehenden äv(i;raXiv eine Bezie- hung verschaffen. Die Lesart der Handschrift F, welche auch in der Camot. Aus- gabe aufgenommen ist, wird, ausser ihrer evidenten Angemessenheit, noch durch den Umstand empfohlen, dass Simplicius 65 b und Philoponus /" 1 1 die Umschrei- biiii^ dieses .Salzes aus dem aristotelischen Texte durch 7ap einführen. Wahr- scheinlich hat das in den folgendin Zeilen wiederholt vorkommende äXXä zu seiner E'nfiignii<>' auch hier an unreehler Stelle Anlass gegeben. Arislotelisclie Studien. 213 Handschrift E vor der in anderen Handschriften nicht zu ersehen ist. — Ausser der in den Handschriften der Physik selbst enthaltenen Uherlieferung des Textes der Physik ist eine solche für manche Partien derselben mittelbar in der Metaphysik entiialten, in so weit nämlich in der Metaphysik Abschnitte der Physik aufgenommen oder auszugsweise wiedergegeben sind. In der Bekker'schen Aus- gabe ist bekanntlich von diesem diplomatischen Hilfsmittel kein Ge- brauch gemacht. Dass für den Text der Metaphysik an nicht wenigen Stellen auf diesem Wege Emendation gefunden werden kann, habe ich in meinen Observaliones crit, in Arist. libr. Metaph. p. 79 ff. und dem entsprechend in der Textesrevision der Metaphysik dargethan. Obgleich nun im Allgemeinen die Textesüberlieferung der Physik nicht in solchem Masse durch Verderbnisse entstellt sein mag, wie die der Metaphysik, so ßnden sich doch auch Fälle der umgekehrten Art, in denen es möglicli ist, von der Metaphysik einen Gebrauch zur Texteskritik der Physik zu machen. Indem dies in den auf die Bekker'sche Ausgabe gefolgten Textesabdrücken der Physik, in der Didot'schen Ausgabe und in der Prantfschen Übersetzung, nicht oder doch nicht in ausreichendem Masse geschehen ist, will ich im folgenden einige hierher gehörige Stellen kurz bezeichnen. Phys. 7 2. 201 6 27. Die Schwierigkeit der Definition der Bewegung ist aus den Versuchen ersichtlich, welche die früheren Philosophen in dieser Hinsicht gem;icht haben. Wenn man z. B. die Bewegung als eine Verschiedenheit oder als eine Ungleichheit defi- nirle, so lag der Grund zu diesem Fehler darin, dass die Bewegung und Veränderung etwas unbestimmtes, «optsrov , zu sein scheint: ahiov di rou dg ravTOC Tt^ivai ort döpKJTÖv rt ooxsl dvai. r) xb-naig^ TYig oi iripccg avcTOi'/jof.g cä äpj^at ^jä tö arSjOrjruat Eivai döptarot • ouT£ yap zöds outs roiövoe ovospAoc aüröjv iariv , ort ouok täv äXXoiv xocTrtyopiQv. Wie unzulässig ÖTt in den letzten Worten ist, tritt recht einleuchtend aus der Übersetzung Prantl's hervor . der diesen Text unverändert beibehalten hat : „denn keines derselben ist ein bestimmtes Etwas oder ein qualitativ Bestimmtes, da sie auch unter keine der übrigen Kategorien gehören". Also weil etwas keine Relation, kein Wo oder Wann, kein Thun oder Leiden ist, darum ist es keine Wesenheit oder keine Qualität? Wenn die Kategorien eine Eintheilung des gesammten Umfanges des Seins in seine von einander unterschiedene Gattungen bezeichnen, so ist es unmöglich zu schliessen, dass, weil Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. II. Hft. 15 214 H. ß o 11 i t z ^ etwas der einen Gattung nicht angehört, es auch nicht in den Bereich der anderen falle. Das Richtige ist aus der parallelen Stelle der Meta- physik X. 9. 1066 a 16 zu ersehen: ovrs "^ap root ouzs Toi6v§t oüo£/j.ta ccuzcL-j iariv ovoi. xöJM äXXwv y.ciTrjyopiöJv (denn das ganz passende our^i mit den Handschr. der Met. in oOrs zu ändern ist kein Grund vorhanden). So hat unverkennbar Themistius in seinem Texte gehabt, wenn er etwas erweiternd umschreibt 30 6 oi)o£v ok copiGTUi zGiv koltol azioriOiv lsyo{J.iv(j)v , ourt (hg zöae, q-jts. ojg rojöv^e, ouxz ojg roaövde, o\jrz öjg äXln -/.cczr/yopicc zig. Die Varietät aus den Handschriften zur Physik bietet für die Athetese des orj keinen unmittelbaren Anhalts- piinct, indem von Bekker nur bemerkt ist, dass iarb in zwei Hand- .schriften, F und I, fehlt. Den Charakter des aöptjrov gibt der Veränderung nach speciell der Umstand, dass man dieselbe weder dem Vermögen noch der wirklichen Thätigkeit zurechnen kann, oürs -ydp rd ouvardv Koaiv zhai yxjzlra'. i'£, avccy^yj? o-jxz xi ivzpyziq: noaöv, ^ iz Mvr^Gig ivzp'^zicc [).iv r'.g zhoL'. do/.zl, drz'Arig oi. ahiov o' ort dzzlzg t6 ouvaröv, ou iarlv r, ivipyzt.ci. In den letzten Worten ist r; ■/.ivr/iig als Subject voraus- zusetzen, ivipyzia ist Prädicat. Lässt sich nun auch der bei dem Prädicate stehende Artikel dadurch rechtfertigen, dass die -/.ivriaig vorher schon von Aristoteles als i^zp^zta oder ivrzXiyzia toO ouvöl- [xzi. dvTog r, Totoüzov definirt ist , 201 «10, so erhält doch der Satz durch Entfernung des Artikels -n klarere Verständlichkeit. Nun fehlt aber der Artikel in der Metaphysik x 9. 1066 a 22 und es lassen ihn an der vorliegenden Stelle der Physik die Handschriften F und I aus, und bei Simplicius lesen wir 97 a oi.izi arzlzg zi ovvaziv, ou i^rtv ivipyeicc r, -/.ivriOig. Wir werden hiernach im aristotelischen Texte der Physik ebenfalls ohne Artikel zu schreiben haben ou iazlv ivip- yt'.a. (Im Sylburg'schen Texte steht oxj iazlv zvipysicc xfw/at?.) Phys. £ 3. 226 a 3. Die Annahme, dass es eine Bewegung der Bewegung, eine Veränderung der Veränderung, ein Werden des Werdens gebe, führt unvermeidlich zu einem progressus in infini- tiirn , für Aristoteles das unzweideutige Kriterium der Unzulässigkeit einer Voraussetzung, zzi zig änzipov ßc/.oizizcii , zt zazat (xzzaßol-ng ixzzaßO/rt -/.cci -'^zveGZfjig '^ivzGig . äva-yx.y^ orj xat t/jv npazipocv, zi n (jazipa. zizcc'., o'.w zi n änk'n yzvz(ji.g zylvezo nozz , /.od xo -ytvö/AEvov iyivzzo, uxjxz ouK'ji r^v Yr/vö|ü.£vov ÜKK'Jjg ^ dllä xt ytyyofxzvj-v xal yiyv6[xzvov rjrjTi , xcci /tcca'.v xoOz' zyiiJZTO tiozz , war' ovx rjv Tzoi xöxz Aristotelische Studien. 215 '/jvo^asvov. Eine Stelle, welche selbst durch den sprachlichen Aus- druck das Widersinnige der Annahme eines Werdens des Werdens darzustellen sucht, muss zu Verderbnissen den reichlichsten Aulass gebon. Ein erheblich grösseres Schwanken der Überlieferung, als wir es aus den jetzt ersichtlichen Varietäten der Handschriften vor- aussetzen würden, hat schon in der Zeit des Alexander von Aphro- disias stattgefunden, wie wir aus demConimentar des Simplicius 198 6 (Schol. 398 a 25 ff.) ersehen. Den Angaben, die wir aus Simplicius entlehnen und der Überlieferung unserer Handschriften in der Phy- sik und in der Metaphysik schliesst sich die Vermuthung eng an, welche ich an der entsprechenden Stelle der Metaphysik x 12. 1068 a 35 geglaubt habe in den Text aufnehmen zu sollen: olov st rj «/-Xv? ytjsGig i'^ivzTÖ nors ^ xal tö yi-yoiisvov [d;:XcÄi$] i'^btio^ uiazt ounoi Yjv yjyvö/jisvov öcnlGJg , dXXd ti y tyv öixsv ov yc'^vöiJ.svov. si oyj xat TOxJT^ iyivsTÖ nozt^ wur' oüx ■^v ;rw totz yiMoixivoM. Ich finde auch jetzt noch keinen Grund, von diesem Emendationsversuche abzugehen, und glaube daher, dass derselbe auch in der Physik Ein- gang finden sollte. — Um vieles evidenter ist die Restitution der hiermit im nächsten Zusammenhange stehenden Stelle 226 all mit Hilfe der in der Metaphysik 1068 6 11 um etwas reiner bewahrten Überlieferung. Eine weitere deduetio ad absurdum für den Gedan- ken eines Werdens des Werdens leitet nämlich Aristoteles daraus ab, dass dieser V^eränderung wie überhaupt jeder Veränderung ein Stoff zu Grunde liegen müsste. ht uX>jv dsl ünsivai xal tw yivofxivM /.ai TW ixsrcißaAlo'Dri. Tig ouv iarai; utansp tö äXAojwröv ri <7ä)ju,a >5 ^''^X'''') ovTOi 0-/7 TÖ yf\^6iJ.s))0v xivriaig r; yivtatg. x.cii ndliv tj elg o y,iyoOvrcci. Bleiben wir für diese Stelle zunächst nur bei den kritischen Hilfs- mitteln stehen, welche zur Physik unmittelbar sich darbieten, so ist durch die blosse Überlieferung gewiss darüber nichts bestimmt, ob nakiv T£ als Indefinitum, oder nähv ti als Fragewort zu schreiben ist. Die letztere Annahme erhält schon durch die das Ganze einleitende Frage Tig ouv i^j-at die grösste Wahrscheinlichkeit; sie findet eine Bestätigung in dem Umstände, dass Simplicius diese Worte als Frage gelesen hat, vergl. 200 b et yxp xivdrai yj -/.ivrjaig xai yivsToci yj yive- atg^ Ttva £(Jtccl napä rrjv -/.br^aiv y.cd t/jv yiv£(7iv äXkcc, sig ä mvsItixi r) xbr^fjtg xcci "^ivsTai n yivsaig; ot3x syjt n. sinsiv stg o y.iyslrai Yj yt.i.vr,aig xt?.. Darf hierdurch nälrj ri als gesichert betrachtet wer- den, so wird dann die Unsicherheit in der Überlieferung des d-n nach 15* 2 j ß H. B o II i f z < oC'tw um so bemerkenswerther; von den vier Hiindschrifteii. welclie Bekker für Phys. s verglichen hat, bietet nur die eine I ovj, zwei, E und H, lassen es aus, endlich F hat an dessen Stelle rt, wodurch die- ser Satztheil dem vorhergehenden und folgenden vollkommen con- form werden würde. So führen mittelbar die Handschriften und die Erklärung des Simplieius für die Stelle der Physik auf dieselbe Ge- staltung, welche in der Metaphysik unmittelbar vorliegt, nämlich: £T! vlv^ osT. 'jr.tlvai y.al rw '^rjoii.ivw y.y.\ rö) ,u.£-aj3aAXovri. xi^ &uv xbrt ^-aripo-j ixtTO.Pxx.WovTog akri^eiiza^at. 3-arspov ij-Tidiv iJ.STaßocAXov, üars. xarä auix^s^Y^xog yj xjyvyd'.s auTcüv. Zu der entsprechenden Stelle der Metaphysik /. 12. 1068 a 12 hat Schwegler (Commentar zur Metaphysik II. S. 232} das Richtige her- gestellt, nämlich ,a/j dlrj^sOsa^ca. slatt dlrj^sOsa^oci. Dass in der Physik Themistius und Simplicius das noch in ihren Texten gehabt haben, was Schwegler conjicirl, geht aus ihren Erklärungen deutlich hervor. Them. 50 a ciÄÄ' oCoi /.arcc rö r.pög rr iJSTanlnxii. yäp äv£U roO •ysvia^öc! ~;pi a'Jrö xcä rrjv T-jy^rjOaciv iJ.traßo'ArtV • ybs-ai. yäp 6 xioiv '>£t'.ö$ , ouoiv a-jTog ij-STCißdAlu))^^ ifj-oO p.sTX'jTdvTog . . . . -/.ai n r.pö- zaGigTioxi d/rn ^r, g unri oiipsvoög^ zujv Tzpc/.'yii.dzoiv p.£zan'.- TizövztjjM. ä ar,^.uivzzo!.i. xjk aCzrjg. Und die wesentlich gleiche Erklä- rung führt Simplicius 191 6 aus Alexander an , namentlich mit den für die Herstellung des ursprünglichen Textes bezeichnenden Wor- ten: xaj öjg auzög 6 (vielmehr 6 auzog^ löyog r.ozi [lev dArj^-hg 7:0z i. oi -^c-jör/g, zoO ripd^ixazog ixzza.Kinzovzog. Durch dieses alles ist als die ursprüngliche Gestalt des fraglichen Satzes erwiesen: hoiy^izoi.1. ydp ^azipo-j iJ.szxßdAAoyzog ix-h dl-n^sOia^ai ^dzspov p-Tt- Civ ixiTocßdAlov. — N\'enige Zeilen vor der zulntzt besprochenen Stelle gibt der Text der Metaphysik zum Theil, aber eben auch nur zum Theil die erforderliche Emendation für den Text der Physik, Dieser lautet nämlicli 225 b S zd 0' uKoyMix-va rj ivavzia r, ii-zzatb' y.(xi 'jdp -fi azipr,tjig -AiiaBoi i'^ccvriov ^ /.ai dr/XoÖTa? y.azafdazt^ z6 7'j/^.vöv /.c/.i /ijxöv y.cil iieAciv. Die Varietät, welche ßekker hierzu aus den verglichenen Handschriften notirt , ist ganz unerheblich; denn y.azafV'7t.'./ in E ist ein offenbares Versehen, und die veränderte Stellung und Wiederholung des Artikels in H zo 'Afr/.iv y.ai zi •■fjij.MÖv y.cii zi /./.iAav trifft die Hauptsache nidit. Denn diese liegt in den 2J8 H.Bonitz ^ Beispielen Xevxöv und vj^ulvöv für die arip-naig. Dass hv/.öv von Aristoteles als Beispiel der azirjr.aiq angewendet sei, ist schlechthin unglaublich, denn es ist ihm vielmehr die weisse Farbe aoog, die schwarze c7T£öY3cr!g, vergl. Cat. 10. 12 h 33. Die Rechtfertigung, als werde Xsuxöv als Gegensatz zu ^iXav mit angeführt, indem die Ver- änderung von dem einen in da^ andere vor sich gehe, ein Gedanke bei dem sich Simplicius in seinem Commentar 194 a zu beruhigen scheint, ist durch den Zusammenhang ausgeschlossen ; denn es kommt darauf an, durch Beispiele zu erläutern, dass die OTionnig affirmativ bezeichnet wird. Obgleich daher Isv/.ov sehr alte Lesart ist, da es Simplicius ohne alle Erwähnung einer anderen Schreibweise erklärt, so verdient doch die fast einstimmige Überlieferung an der entspre- chenden Stelle der Metaphysik x 11. 1068 a 7 vwoöv gewiss den Vorzug, und ist von PrantI mit Recht in den Text gesetzt; man kennt vojoöv als ein stehendes aristotelisches Beispiel für Gzipr,atq schon aus Cat. 10. 12 a 31, 34. 13 a 36. Das erste Beispiel yu/xvöv lässt sich in gewisser Weise unter den Begriff der aripridg sub- sumiren, wie dies Simplicius a. a. 0. ganz unbedenklich thut; dass auch schon Themistius yuixvöv in seinem Texte gehabt habe, ist aus der Weise, wie in seiner, übrigens von den aristotelischen Worten sich freier entfernenden Paraphrase 50 a ro ^upo'v vorkommt, zum mindesten höchst wahrscheinlich. Nun findet sich aber bei Aristote- les, der in der Anführung der erläuternden , gewissermassen typi- schen Beispiel im Ganzen eine grosse Gleichmässigkeit zeigt, nir- gends sonst 7UJU1.VÖV als Beispiel für miprioiq angewendet, wohl aber gewöhnlich zwei andere, welche ihren Buchstaben nach von yup.vöv nicht eben fern liegen, nämlich ru^Xdv, vergl. Cat. 10. 12 a 32 und öfters im 12. Capitel, Met. d 22. 1022 b 26 ff., und ^uxpöv Cat. 10. 12 b 34. Coel. ß 3. 286 a 25 xoci rrjj arsp-n^toig npörspov n xaraj-a- ot?, Xe-yw d' o'!ov tö ^spjmöv toö ■^vy^poij. de gen. a 3. 318 b 17. Wel- ches von diesen beiden Worten die Stelle des ^u/jlvöv ursprünglich möge eingenommen haben, ist ziemlich gleichgiltig; die auffallende Über- setzung des Bessarion an der entsprechenden Stelle der Metaphysik 'caecum' kann zu der Annahme führen, dass er dort in seinem Texte Tu^Xöv gehabt babe; andernseits würde durch die Annahme, dass ^vy^pov im Texte gestanden habe, die ariprrjaiq durch Beispiele aus mehr Gebieten vertreten sein. In letzterer Hinsicht stellt es sich mir als das wahrscheinlichste dar, dass die Stelle ursprünglich lautete: I Aristotelische Studien. 219 y.cci ydp r, aripr,aig ivavriov, xat orj^oörat ■AOt.Ta.'fdaii rö '^-j'/^rjov y,oii. Bei den bisher behiuidelten Stellen, insoweit nicht der Zusam- menhang des aristotelischen Textes oder die Analogie anderes gelegentlich mit zur Erörterung brachte, kam es darauf an, das in den collationirten Handschriften der Physik und Metaphysik vor- handene kritische Material vollständiger zu verwertheu. Als unab- hängig von der Überlieferung der Handschriften lässt sich die Interpunction betrachten; wie viel gerade im Aristoteles durch falsche Interpunction das Verständniss beeinträchtigt worden ist, bedarf keines Beweises, da alle neueren Ausgaben des Aristoteles reich an Beispielen für diese Behauptung sind. Eine wesentliche Ergänzung zu der in den Handschriften des Aristoteles enthaltenen Überlieferung des Textes bilden die griechischen Erklärer; denn insoweit wir aus ihren Erklärungen mit Sicherheit auf den Text schliessen können, der ihrer Erklärung zu Grunde liegt, sind sie ein Document über die Gestalt des Textes aus einer Zeit, welche hinter die der ältesten Handschriften weit zurückgeht. Darum ist schon im Bisherigen, wenn auch die aristotelischen Handschriften die nächste Grundlage bildeten, doch die Bestätigung durch die griechischen Erklärer überall, wo ihre Worte zu sicheren Schlüssen zu berechtigen schienen, angeführt worden. Es mögen nun einige Stellen folgen, an denen die durch aufmerksame Erwägung des Textes gebotene Änderung durch das Zeugniss der griechischen Commentatoren gesichert wird. Phys. a 4. 187 b 13. Anaxagoras setzt für die Bestandtheile (ff;r£p,aara) , aus denen jedes Ding bestehe, unendliche Kleinheit voraus. Diese Annahme bestreitet Aristoteles folgendermassen: izi o" £'. ävä7x/3, ou TÖ p-öpiov ivoiyj-T.'. ör^-nXiy.ovow üvol'. /.oltcl ixiys^oc: y.ai Ixiy.pQTriZCic ^ xai auTO ivot/ii^y.'. (Xiyto oi TclJv TOtoOrorj zi ^uoviojv, sig 0 ivundp'/^ov diatpslzat zö ö'Äov). ei oi ddii'jxzov twov v^ 'y'jzov önri'Xv/.ovovv dvat y.uzä. fxiys^og /.cci ixiy.pözrjza^ favspov özi ouot röJv lJ.opi(/iv oztoOv ' iazcii ydp /.ui xo oI'jV oixoioig ' (Jdp^ oi /.ai oazoOv xat zd zoia.Oza. [xöpia ^wou, /.al oi y.ocpnoi zojv yjToDv. o-nAov zoivjv ozi doiivcczov 'jdpy.ci r, iizo-jv r, ä/Ao zk OTT/yAuovoöv öha.'. zo p-ijs^og, iiii zö /uicf^ov v; £711 TÖ ilcczzov. Eine Satzfügung, oder vielmehr einen so vollständigen Mangel aller Satzfügung, wie ihn der Anfang der jetzt angeführten Stelle zeigt, M'ird man schwerlich einem anderen 220 H. B o n i t . I griechischen Schriftsteller ausser dem Aristoteles zuziitrsiuen sich eutschliessen. Und doch zeigt in diesem Falle der einfache Gedanken- gang sogleich, dass es nur einer anderen Interpunction bedarf, um das Ganze in die natürlichste Ordnung zu bringen. Die Annahme unendlicher Kleinheit oder Grösse der ßestandtheile würde unend- liche Kleinlieit oder Grösse der Dinge selbst, z. B. der Thiere und Pflanzen, zur Folge haben; nun ist es ofTenkundige Thatsache, dass die wirklichen Dinge Unendlichkeit in Kleinheit oder Grösse aus- schliessen; also können auch nicht die Bestandtheilc unendlich klein sein. Die beiden Prämissen sind durch st eingeleitet; in der zweiten würde oi grammatisch auiTallend sein, da wir die beiden hypothe- tischen Vordersätze nicht als coordinirt betrachten dürfen; dagegen vermissen wir in dieser, auf die wirklichen Thatsachen sich berufen- den Prämisse den Ausdruck der anerkannten unleugbaren Wirklich- keit; kurz oi ist durch ö/y zu ersetzen, und der Satz lautet in einer, besonders bei Aristoteles sehr üblichen Form: en o'st dvdy/.rj^ ou TÖ ixopioy i\)dt/_^TCii onriluovoOv zhai xarä ix.iys3og y.yJ. ixiy.pÖTnTd^ ■/.OL'. aÜTÖ £vo£/ca3'Ä£ (Ai^co Oc TciJv Toioürojv ZI p.ofj'ioiv^ sig o ivjTzäoy^ov dtccipsiTCii TÖ ö'Aov), si örj dduvaTOv ilrhov r, ö'jtöv on'ryAi/.ov'jOv stvat xarä ixiys^og xai p.upÖTriTa, yavspöv ort ouot toDv ixopioiv orioOv. (Beispiele ähnlicher Satzbildungen vgl. in meinen Obs. crit. ad Met. p. 32 — 38; auch die Physik bietet noch an mehreren Stellen zu Berichtigungen in derselben Weise Anlass; ich unterlasse dieselben anzuführen, indem ich bald durch eine Zusammenfassung des gesamm- ten hierher gehörigen Materials hoffe den Gegenstand überzeugender darlegen zu können.) Simplicius hat unverkennbar die vorliegende Stelle in der so eben bezeichneten Weise gelesen und construirt, sonst hätte er nicht zu wiederholtenmalen die zweite Prämisse durch einen mit ei ojv begiimenden Satz paraphrasirt 36 a (Schol.336 «17, 24) d o-jv Tcc Cfhcü. -/.ai rä ij^urä p-rizz nr^lux sart ixr,Tz noaä . . . ii o-jv rd ^(six x.CK.i tcc 'fJTCc p.-nT£ önrik'.y.xovv iizi fJ-r^TS okoixoOv. Phys. j3 6. 197 6 22. Aristoteles sucht seine Begriffsbestimmung von 70 avTöixxTov durch eine etymologische Bemerkung über den Zusammenhang von xiitoixoctov und ixdrriV zu bestätigen. Cfiixiloy oi TÖ jUär-z-yV, 6't£ Xiysvai oVäv p.rt yv^-nTUi rö svsxa dlXov ixdyov eMsxx, Oiov TÖ ßxoiaxi ÄaTrd^cüJg ivixd iirvj • ei oi july; i'^ivtTO ßxdiaocvTi^ fxdTyjv fa.iJ.iv ßadiaai xcci ri ßdoiaig ixuTaia., (hg toOto ov tö ixdTY^v, rö nsf^jüdg äXkou i'vcxa, öVav ij.r, nepoüvri ixslvo ov hexa insfOxei. Aristotelische Slmlicn. 22t Die letzteil Worte zeigen, wie der Aulaiig dieser Stelle zu sehreiben ist, nämlich tö jL/.äry;v, öVi Hy-Tat otkv irn yivr/zcn r rb i'vsx« oiXkov i/.slvo o-j ivzy.cc. Diese evidente Emendation hat bereits Prantl in dem seiner Cbersetznng beigedruckten Texte gegeben. (In der Didot'schen Ausgabe steht tö i'vfx« älAo-j iv.tlvo od ivsxa.) Er hat unterlassen zu bemerken, dass die griechischen Erklärer dieselbe Schreibweise des Textes, die hiedurch hergestellt ist, voraussetzen, Tliem. 27 a artixtlvj iazvj^ -jz'. fxdrnv Aiyeza.'. ix.slM.a.zov /.y.i /.azd rö öyojxsc, ö'rav aiizo ixdzr,v yivr,zai • y.7.ziniat '/dp o-J zoO Kazd^ai i'u-y.a 6 Ai^og ' dno zyj a.'jzoixdzou dpu y.a.zsns'jsv 6 Ai.crog ^ ozt nidot dv Oko zivog x.ai zo-j r.c/.zdia.i 'ivt/.x. Hiernach findet also das aus- drücklich auf ixdTTi-j zurückgeführte aürö^arov dann Statt, wenn etwas (das rraTd^a;), das aus Absicht zu bestimmtem Zwecke geschehen kann, ohne solchen Zweck geschieht, also örav z6 hty.oL scÄAo'j (av •y£v6f;L£vov) jü.yj yivr,zai. sxsbou ivsaa^ entsprechend der- jenigen Definition von p-dz-rr^, wie wir sie indem Bekker'schen Texte lesen und durch die obige Emendation entfernt haben. Doch hat dies Bedenken gegenüber den zu der Emendation drängenden Gründen kein Gewicht; wenn einmal eine falsche Etymologie zum Beweise verwendet wird , so ist nicht zu verwimderii , dass sich dann an irgend einem Puncte die Colüsion wird geltend machen. Auch hat bereits Simplicius so wie Erklärer vor ihm diesen Mangel an Über- einstimmung wohl ben)erkt, nur schlägt er zur Ijösung des nach seiner Überzeugung nur sciieinbaren Widerspruches ganz andere Wege ein, die uns hier nicht weiter kümmern, wo wir nur sein Zeugniss für die damalige Gestalt des Textes gebrauchen. Dies ist uns auch noch für die nächsten Worte sehr erwünscht. Wie dieselben bei Bekker lauten: ixdhazo: o' inzi ^^tiipt^öixcvrjv z6 d.r.ö zit'/jr,g iv zoZg fvisi yi-voi).ivoig sind sie aulTallend abgefassl ; denn man vermisst zu X'j>p'-l^öixz)/ov die Angabe, wovon es getrennt oder unterschieden 222 H. Bonitz ^ sei, und eine etwa voransgesetzte Ergänzung tov and ratirojidTou würde ziemlich hart sein. Dass die Handschrift E in ihrem rov für zo auch hier das Richtige hat: ixdliara d'sOTi X'^P^^öfxsvov (nämlich TÖ dno TOV av70ixd70-j) roO dno zOxn^ ^v zolg (pOasi -^ivoixivoig bestätigt Simplicius 79 b durch die Paraphrase: äXkov yjjipiai^ov töv (vielmehr tj\)) U ravTOixdTOv npög rä dnö rii-/y] 7:ifJxsv s'ivaj, 'jko zccüzrig v.pys.za.i Mvv.o^a.'.. Phil, m 2 d)!'' 'ii'. sipyixh-n r,v xjkö toO ixirjov. — In den Schluss- worten der angeführten Stelle lässt die vor jztfvxsv gesetzte Negation zwar eine Erklärung zu, nämlich dass gemeint sei oiört tzs^vks'j ov ■AiveXu^ai, nur ist es sehr unwahrscheinlich, dass in diesem Falle, wo also xtveTa^at aus dem Vorigen wieder aufgenommen werden ?nüsste, ovroig hinzugesetzt wäre, es würde vielmehr blos gesagt sein oioTt ou tts^uxsv. Nun hat aber die Handschr. E das oü nicht, die Worte der griechischen Erklärer führen nirgends auf die Voraus- gehen das Zeiig-niss der alten Erklärer. Dureli die Aufstellungr des Unterschie- des von (jXyj, er^oc, azip-tjGii liisen sieh, sagt Aristoteles, die Schwierigkeiten, welche die alten Philosophen in dem Werden und der Veränderung fanden und durch welche sie sich auf Ahwege treiben Hessen— £^£X'pä;r>3(Tav oTov ö5o'v T:va aXXryV (XKOi^äivrii vkö oi.7:sipi.. '/äo XI Oitv in der Interpunction gleichgebalten werden müssen) , ob- gleich aus Themistius 21 b, Siniplicius öl (i und Philoponus c 'S zu ersehen ist, dass bereits sie iu ihren Texten deu Indieativ Oil vurfandeu. 224 H. B o n i t z V Setzung des Vorhandenseins der Negation in ihren Texten, ja die Worte des Themistius (34 a d>a. toOto -yctp -/.ai rf yfi t6 //.evetv xarac mOatv i(JTiv^ insioy^ xat tötiou undpxovrog ofJMg ou ■/.ivslTCii ^ ^jdrt Kif\)y.tv £v TW ijlatji jxivsiv dlV ön p.iv£iv ev tw fi.£(jaj ßdpog ^yoxiaa. iK£fO/.£'.) mit ziemlicher Bestimmtheit auf deren Abwesen- heit. Es ist daher gewiss zu billigen, dass Prantl in seinem Texte (übereinstimmend mit der Didofsehen Ausgabe) geschrieben hat Phys. 7 5. 206 a 5. Für den Satz, dass ein unendlicher Kör- per nicht in Wirklichkeit existirt, bringt Aristoteles am Schlüsse der in dieser I\ichtung geführten Erörterung folgenden Beweis: ocnlwg d' £t äoüvarov TÖnov üksigov dvat, iv tö^tw di näv d'^ixa^ doüvocTOv noü. £J o6v fJi.r/0£ tzooov olöv t' shai tö dnstpov KÖaov ydp xi sutocl, olov oln-nyy r, zpinfj'/y ' raOza "^dp arjixaivs'. z6 noaov * ovzo) y.ccl zo ev T6n(ti ozi tcov ' zovro ^1 77 ävw r; xdzoi r, iv aXlr) zivl ^laazdati toüv e^* TOUTWv 0' ixaazov nipag zi iaz'.v. Der Gang der Beweisführung, den Aristoteles hier einschlägt, ist verständlich, wenn auch einige Worte darin zunächst fraglich bleiben mögen. Ein unendlicher Kör- per kann nicht in Wirklichkeit existiren , denn er nuisste sich im Räume befinden. Aber sich im Räume befinden, beisst sich an einem bestimmten Wo befinden , oben oder unten , vorn oder hinten, rechts oder links. Diese Bestimmtheit enthält eine Begrenzung, welche dem Begritf«^ des Unbegrenzten , Unendlichen widerspricht. Also da er nicht im Raun)e sein kann, so existirt er überhaupt nicht in Wirklichkeit. Die eine Prämisse dieses Schlusses — sich im Räume befinden, beisst sich an einem bestimmten Wo befinden — wird durch die Zusammenstellung mit dem BegrilFe der Quantität erläutert. Etwas Quantitatives sein schliesst nothwendig in sich eine bestimmte Quantität besitzen. So wenig also, wie das Unend- liche etwas Quantitatives sein kann , weil es dann eine bestimmte Quantität haben müsste, also eine begrenzte, eben so wenig kann es im Räume sein , weil es dann in einem bestimmt begrenzten Räume sein müsste. — Entsprechend diesem schwerlich in Zweifel zu ziehenden Gedankengange , den man übrigens ebenso schon bei den griechischen Erklärern durgelegt findet, wird man das zi in noaov 'jdp zi iazcci nicht i nclinirt lassen können, sondern zu schrei- ben liaben kooov "jdp z\ iazai: denn im Unterschiede von dem vor- Aristotelische Studien. 22t) her allgemein gesagten rroadv bezeichnet es die Einzelbestimmtheit, so wie in einem 6 rlg äv^poiKog. Ferner müssten die Worte oGtoj y.oci rü iv rönoi verstanden werden : in dieser Weise verhält sich ;tucli für das Unendliche das Sichbefiiiden im Räume, nämlich dass dies nicht möglich ist. Dieser Gedanke „nämlich dass dies nicht möglich ist", müsste nothwendig hinzngenommen werden, weil er ('"^ ist, der durch die folgenden Worte ort. noü (nämlich savat oder i'.yj äv) begründet wird. Dass nun gerade dieser Gedanke, die Un- möglichkeit des Siehbefindens im Ranme, auf welche es bei dem gan- zen Beweise ankommt, nicht direct ausgesprochen, sondern erst durch mittelbare Ergänzung in einer überdies ziemlich uujjeholfenen Weise gewonnen werden solle, ist mindestens höchst unwahrschein- lich. Mit Änderung von zwei Worten würde der Satz eine ganz andere Verständlichkeit gewinnen: et o-jv ix-^oi noaciv oliv r' zlvoi.'. tö :z;ritoov jzoaiv ^äp zi iarai^ olov oinr^/jJ v? t p'i.TZTtyy ^ raör« «j/äp crj- aat'v£j TÖ Koaiv ovroig ovoi iv TÖno)^ 6~i nov^ roOro oi rj ävrji yj /.droi ■?! iv ciXkri zivl oiaGTuasi rcDv £^, xoiiroiv o' £xa(7TOV nipag zi i^zi. Dem norjov rt, der Einzelbestimmtheit der Quantität, entspricht auf der andern Seite das noü , das bestimmte Wo; den Beispielen der einzelnen Bestinuntbeit auf der einen Seite d'iKriyy, zpin-qyy, ent- sprechen auf der anderen Seite die Beispiele ävw , xarw xtX. ; so wie auf der einen Seite es für unmöglich erklärt wird , dass das Unendliche etwas Quantitatives sei, so wird in gleicher Weise und aus demselben Grunde (oi/t-oj) in Abrede gestellt (j:iuoi)^ dass das- selbe im Baume sich befinde. Für die Emendation ovok^ deren An- gemessenheit mindestens aus der Einzelerwägung dieses Satzes in allen seinen Theilen sich wird ergeben haben , findet sich in der Überlieferung der Handschriften selbst kein ausreichender Anhalts- punct (die einzige dabei in Betracht kommende Varietät besteht darin, dass in E die Worte xat z6 fehlen; die Didot'sche Ausgabe hat A.a.i für xai tö), aber die griechischen Erklärer setzen einstimmig an der Stelle ihrer Paraphrasen, wo wir nach unserem Texte xat oder xat tö erwarten sollten, oi5^£, und dies so ohne jegliche Recht- fertigung, wie es schwerlich geschehen wäre, wenn sie nicht eben o'joz im Texte gelesen hätlen. Simplicius 114 a (Schol. 366 a 41) £t ouv ixfjot (bpifyixivov tzoiöv oOvoczai clvai zo dnsipov, dtözt ixsptxöv f. rö ämtpov ylvszai ovroig, olov oin-ny-j yj zpin-n'/y-, ovni iv rönrco düva- zx'. slvcc'.^ ort. iv Ttvi rö/ro) iiT«?. otov ävo) v, x«to) y.z).. Philop. m 7 ' «rtrt H. B o II i I z ^^^.^ 7«p ov^t ;ro(7Öv orov T£ £^va^ ö u.-;; ;:«vtws noaov ri ioTi, fnfii de dinrrjcv r, rf'.Krr/y, ourwg ovo iv rÖK^ olov re elvcct, o fxrj nov iari, Xr/w oi noO otov z6 ävw r, zo xärcJ. Them. 34 a akU ^rjv tö sv zinL, y.cä h rcvi rd:rw ' ei oe h imdvA, ouds^)iv töttoj, coanep o^di Kooiv, ö irnre oinr^yy f^^rs TfAKrjX'J fxy;o£ x.ar' «AXov Tivä cipt^fxöv. et oi £v rtvi TÖJrw , TrävTo^s v^ iv tw ävw r, £v tw xdrw r, zov akla- yvj- Tovro os nor, nolldy.ig doüvarov dTzedsi^ccjxev. Phys. 0 10. 218 a 26. Die Darlegung der Aporieii über den Begriff der Zeit beginnt Aristoteles mit der Discussion der Fragen über das vOv, welches, ohne selbst ein Theil der Zeit zu sein, die|Ri Vergangenheit von der Zukunft trennt (o (paiveTui dtopllleiv t6 napelSöv xcä zo ixillov 218 a 9). Man geräth nicht weniger in Schwierigkeiten, wenn man annimmt, dass das Nun immer ein anderes sei, als wenn man voraussetzt, es sei immer ein und dasselbe (nozeoov h v.cO. rauröv dei dtccp-ivet 'n öiXko xat aXAo, oü pdoi^j^ ioelv). Gegen die Annahme der Identität entwickelt sodann Aristoteles zwei von einander unabhängige Beweise, deren letzterer an der bezeichneten Stelle so ausgeführt ist: ezi ei TÖ äaa tlvci'. y.cczd ;(pövov xat \kr,ze npözepov ixnze ÜGzepov z6 ev TÖ) aiizili eha'. y.ot.i ev tw vöv £7tiv, et zd ze zpözepov y,cd zd vazepov h tJj vOv TOJOt £(TTtv, «juia av el-ri zd sig ezoq ^eMÖpsva ivjpioazov zoTg 7cvou.s'vo'.? zT/fj-epov , y.cci ouze Tcpözepov cv^' uGzepov ccXÄo dl'Xov. Die Begriffsbestimmung, welche in diesem Satze für afi.«, also für Gleichzeitigkeit gegeben ist, kann ihrem Wortlaute nach nicht richtig überliefert sein; denn weder durch iv zavztb ehai ohne den Zu-^atz xpövw oder einen ihm gleichbedeutenden ist die Gleichheit der Zeit, noch durch ev tw vjv ohne nähere Bestimmung ist die Gleichheit der Zeit bezeichnet. Die Verbindung dieser beiden Ausdrücke durch y.a\ zu einer Summe hilft zum Ersätze dieses beider- seitigen Mangels nichts , derselbe wird nur dann wirklich beseitigt, wenn die eine Bestimmung zur Determination der anderen wird, also ei zö d.\kCf. eha.1. . . . ev tw aÜTw etvat vOv eartv oder et zo cciix 'J Im Ti'xte der Aldiiia stellt d £V (ji.yjÖ£vi, ovrs iv T&TTW. Die Hinzufiigung des 0£ und die iiolhweiidiye Äiideniiig' von ovre in ovdi hat schon Prantl in seinen Syinbolae ciiticJie etc. S. 19 hezeichnet. Auf die dort aulgeslellte Conjectur über die l'rajjliche aiistolelischc Stelle seihst hahe ich nicht gegflaubt eingehen zu Süllen, da l'ranti sie in dem der Übersetzimg beigegebeneu Texte weder aufge- nommen noch erwähnt, also wohl selbst aufgegeben hat. Aristotelische Studien. 227 eivoci . . . £v r ö) ccuTtb eivai xcci ivi tw vOv iariv. Die Entstehung der Corruptel, welche jetzt in allen Handschriften sich zu finden scheint, liisst sich, da in der nächstfolgenden Zeile die Worte iv TW vöv vorkommen, sehr leicht begreifen, mag man min die eine oder die andere Schreibweise als ursprüngliche Textesgestalt voraus- setzen; das wiederholte Vorkommen des tocCto xai sv gerade in der Erörterung, um die es sich eben handelt (218 a 9 nÖTzpov — näm- lich TÖ vöv — 'iv ■/.CiL raüröv dd oiaixivsr.. 218 6 27 tLamp ouv d [xri Tiv l'rspov TÖ vöv aXk'j. xaxixi v.y.1 iv , oi5x av r^v y^pövoq) kann der Restitution iv rw auTw sfvat xa« ivi tö) vöv zur Empfehlung dienen; indessen die Worte der griechischen Erklärer, welche jedenfalls auf einen Text der eben bezeichneten Art hinweisen, haben durchweg nur £v TW auTth vöv, so dass hierdurch die einfache Beseitigung der Worte XÄt £v TW aus dem Texte die grössere Wahrscheiidichkeit gewinnt. Simpl. 16S a (Schol. 387 b 1) d yäp tö avTo dsi vöv £;7T!, TtdvTCi £v TW at;TW vöv iazai^ y.oü ours Kporsoov ovre vcTspov. zd oi ovTüig ovtoc dit-OL iari, -/.ai xd oötw "ysyovoTa dp-o. •yiyovs. xai eüTO.'. zd TipsaßvrccTa y.oci nuAaiÖTUTOi dp-a roig dpn. ysyovoai xtxi oxjmy • iv ydp tw xvrth vöv iariv dp.f6rspo(.. Philop. s ^ ro irzpov iK'.yj.iprtixo(. özi ei iv ro vöv , op-oj^pova. dv dq zd TpoitKa zoig vöv O'jiiv, iv TW «ÜTw ydp vöv ä]j.yw, zoiaOza. ds zd öp-ö'/^pova. Nicht so genau an die Worte des Textes schliesst sich Themistius an 44 b dp.a, oi liyszai x.at dvat /.oä yeyovivcxi. zd nazd zov auzov y^pbvov ■>/ ovT« ri ytyovöza. — Für die Schwierigkeiten in der Auffassung des vöv , in deren Entwickelung die eben behandelte Stelle gehört, findet Aristoteles, wie in so zahlreichen Fällen, die Lösung in der Unterscheidung von Stoff und Form , oder Substrat und Begriff 0 1 1. 219 b 10 TÖ ydp vöv tö «ütö o noz^ r,v tö q' sfva'. «ütw sts- pov. Dass dieser Satz mit Recht von den griechischen Erklärern aus- gelegt ist als TÖ «'Jtö TW •jn-oxst/jiivw, izipov oil6y(ti, ist durch Torstrik's lichtvolle Abhandlung über o noze öv (Rhein. Mus. XH. S. 168) zur Evidenz gebracht. Dieselbe Unterscheidung ist wieder in dem sogleich darauffolgenden Satze bezeichnet: tö oi vöv iazi p.tv wg TÖ aÜTO, iazi o' wc oi) tö Ci0z6' y) p.iv ydp iv äAAw xcci äXÄw, szspov (toöto o' yjv avz'j) z6 vöv), yj oi o ttozs. 'iv iazi z6 vöv, tö auzö. Simplicius erklärt diese Worte ganz richtig 170 6 tö vöv zavziv p-iv Eivcci TW vKOxnp.ivu> ^ TW 0£ 1 6 y 0) izspriv xa.zd tö iv äAXw xat äXXw 'kccp.ßavop.tv'jv Tzpizzp'jv xal xiizf-jov y[vzn^a.K. Aber dass das vöv dein 228 U. ß o n i t . ^ ^ Begriffe nach ein iinderes sei, flass sein Begriff darin liege, immer in Anderem und wieder Anderem zu sein — diesen Gedanken, den allein man nach dem Vorliergehenden erwarten kann und den Simplicius in den ihm vorh"egenden Worten gefunden hat, können wir in denselben, so wie sie jetzt geschrieben sind, nicht erkennen. Denn so wenig der Gedanke 'das eben ist der Begriff, das Wesen des Menschen' nach aristotelischer Terminologie heissen würde Toöro o' YiV zi äy^pt^nog oder tovto o' -^v d äv^pwn-o?, sondern toöto o' r/V TÖ a.v3oöj7:'jo dvai oder toüzo oi rö) av^pw/rw f/V rö ifva;, eben so kann 'das eben war der Begriff des vOv' nicht heissen to-jto o' -^v auTÖ) 70 vöv, sondern tovto o' ov auTÜ) to sivcci oder touto o' :^v avT(h TO vOv cTvat. Eines von diesen beiden ist nothwendig statt des uni)altbaren to-jto o' r;v atJTw to vOv in den Text zu setzen. Für den einfacheren Ausdruck tovto qov aürw tö sTvat dürfte die Ver- gleichung von h 11 to o' sTva« aurw STspov ^ b 27 tö o' sTva! STspov sprechen, an welchen beiden Stellen von demselben Gegenstande die Bede ist. Dass durch die Emeiidation der Sinn der ursprüng- lichen Schreibweise richtig getroffen ist, werden die aus Simplicius angeführten Worte dargethan haben; für die Worte gibt Philopo- nus s 12 Zeugniss, mag er nun tö sivai oder zo vöv sivcx.i gelesen haben; y.a.^6 [J.sv ydp , fr^ab , iv äX/M xat äAXw Xciixßdyszoci, TocvTr, izspov i(JTt y.cü i-spov to npözepov -/.cd to vGTepov ' laiJ.ßäv£Tai os iv ccÄX'x) y.a.i 6cX)m (xopicii T^g xivv/aso)?* [xard] tovto de f/V ocvtü)^ ^r,ai^ xai Tö vöv dvai' dixspigydp tö vOv • d-ixtpig dt ov &iJ.a iv nlsioaiv sivat oO oiivaToc'. x.rX. Aus Theniisfius lassen sich für die fraglichen Worte des Textes bei der an dieser Stelle freieren Bewegung seiner Erklä- rung keine sicdieren Schlüsse ziehen. Im dreizehnten Capitel des vierten Buches definirt Aristoteles einige der üblichsten Temporaladverbien; zuerst vöv in eigentlicherund in erweiterter!) Bedeutung, dann rrors, ^oyj, äprt, küIoli, i^alfvrjg. Die Definition von nozi lautet in unseren jetzigen Texten so o 13. 222 a 24 so : tö dk nozi y^pövog öipii^xivog npog t6 Kpozapov vöv , olov ») Den Ühersiing vnii der eine» Erklärung des vOv zii der andere» weiteren l.ildeii die Worte 222 « 20 rd ji.£v ourw li'^srat r€>v vOv , oiWo d' orav 6 y_p6vos ö TO'JTOU s^^üc Yi. Die l'itrtikel oOv , welohe drei von den verglichenen fünf Hiindficliriften d:iri)iet.-n (i U I (nml auch die Syihnrs-'sehe Ausgabe aufo^enommen hüt), TÖ [Acv ouv ourcü, isls.) wenig- zu enU)eliren, dass man sie selbst aus blosser Conjeclur würde liinznfiigen müssen. Der gleiehe Anfang des folgenden Wortes ■nag die Auslassung veranlasst haben. Aristdtelisi'lie Slmlieii. ^,^t' ::')ri ilrt^p^rjTpO'.u^ /cxi nori sary.i /.ocTOCiikvaiJ.ög ■ osl '/cc^j nsrcspdv^cit ~pög To vOv. iarat dpa nooög ztg dno rovos y^pövog xxi zig exavo, xat fiv dg TO noLpslBöv. Dass in den Worten 6ipiaii.ivog npog rö zportpov vjv ein Fehler der Überlieferung enthalten ist, hat Praiitl bereits in den Synibolae criticae S. 24 bezeichnet und die dort begründete Emendation auch in dem seiner Übersetzung beigegebenen Texte beibehalten. „In bis — sagt Prantl a. a. 0. zu den eben angeführten Textesworten — iam ex exemplo apparet, duo genera roü kots ddceri, alterum, quod ad tempus praeterituin spectet, alterum, quod ad futurum; deiiule etiam aperte monstratur , a tempore praesenti exeundum esse in metiendo quum praeterito tum futuro; si itaque dieimus Tzori, tempus aut praeterito termiuo finire possumus aut futuro, est igitur to kotI y^pövog o^piaixhog npog t6 npoTsoov xai voTspov vjv, et ita certe emendandus erit hie locus, quemadmodum dilucidissime iam ex veterum eommentariis patet , qui omnes verain lectionem circumscribunt; Simplicius enim dicit 177 6 eoTiv ouv, ffiai, TO kotI y^pövog (hp'.(Jixivog Ttpog ts tö TvpoTspov vöv y.ai to vOTspov vöv, — Philoponus to kotI^ f'^oi-, Xpovog 6pii^6p.£vog vkö ovo vöv Toü TS ivsoTöJTog xax.st'vo'j iv o) -n yiyovsv r) iaToci to Ti:päyp.cc, — Themistius vero 47 b t6 oi kots. y^pövog chpiGixivog vno toO kcc- pövTog vöv -/.cä ToO TvpoTspov xccl Tov OaTspov". Die Behauptung PrantPs, dass die Worte 6jpiaij.ivog npog to npöTtpov vöv feiilerhaft überliefert sind, kann nicht wohl auf Widerspruch stossen; aber die (in der Didot'schen Ausgabe aufgenommene) Emendation, welche er dafür setzt, ist weder aus den griechischen Erklärern zu erwei- sen, noch scheint sie mir an sich zulässig zu sein. Philoponus hat unzweifelhaft schon dasselbe in seinem Texte gelesen, was sich jetzt in unseren Handschriften und Ausgaben findet; das beweisen die Worte seines Commentars t 12, die fast unmittelbar an die von Prantl angeführten sich anschliessen: stnchv di „ojpKJixivog npog t6 npöTspov vöv" eowxe 71 p oav t: cty.oO stv y.c(.l npog to vdTspov to ydp npÖTspov u'jTspov ioTi KfjÖTSpov xrX. Wie man auch über die gross»' Beruhigung denke, mit der Philoponus ein zweites Glied des Ver- hältnisses supplirt, die Thatsache gibt er bestimmt an, dass er npög TÖ {JdTspov nicht in seinem Texte fand. Dadurch schwindet jede scheinbare Beweiskraft der von Prantl angeführten Worte; diese Worte führen übrigens schon an sich nicht auf die PraniFsche Emendation; deim es ist nicht zu ersehen, mit welchem Rechte Pranll Sitzb. (1. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. H. Hft. 16 230 H.Bonitz ^ aus der Erklärung die Bezeichnung der Vergangenheit und der Zukunft zur Verwerthung bringt, hingegen die für beide als noth- wendiges Beziehungsglied gesetzte Gegenwart rov re ivsazojrog als gar nicht vorhanden betrachtet. Mit der gleichen Willkür sind die Worte des Themistius verwendet, auch in ihnen ist und toö rcapövTog vOv unbenutzt gelassen. Nur gegen die kritische Benützung der aus Simplicius angeführt^'n Worte erhebt sich dieses Bedenken nicht; doch darf ein anderes nicht verschwiegen werden. Simplicius gibt nämlich in seinem Commentare keine Paraphrase der im aristoteli- schen Texte hernach folgenden Unterscheidung der Vergangenheit und der Zukunft im Begriffe des /rors, b 27 iazaL äpa noaög zig dnö Tovos yj^övrjg xat zig sxsivo v.aX riv dg rö TrapsA^ov ; man ist also, trotz des von ihm angewendeten ^jvjat, nicht sicher, ob nicht jene Erwäh- nung der Vergangenheit und der Zukunft in der Definition des nozi aus den bei Aristoteles erst nachfolgenden Worten entlehnt ist. — Die Berufung auf die griechischen Erklärer ist also, in so weit sie den Philoponus und Themistius betrifft, unrichtig, in Betreff des Sim- plicius mindestens zweifelhaft. An sich aber ist Prantl's Conjectur schwerlich als passend anzuerkennen. Das „Einst, ttots" bezeichnet nicht einen Zeitpunct, der bestimmt ist im Verhältniss zu (;Tp6?) einem früheren oder späteren Nun, vielmehr bildet das gegenwärtige Nun, die Gegenwart, den Vergleichungspunct, in Beziehung auf den etwas als „einst" bezeichnet wird, ösi 7dp ;r£;r£pav^at n^og tö vöv, wie Aristoteles selbst sagt, und dem entsprechend dürfen wir auch an den fraglichen Stellen als die ursprüngliche Lesart, mit Aus- lassung des n'pörspov, annehmen: rö o£ noxi \<^bvog ojpi(JiJ.ivog npog tö vöv. Dadurch tritt diese Definition in genauen Zusammenhang mit der vorausgehenden und der nachfolgenden. Voraus geht die Defi- nition des vOv, die als Voraussetzung der Definition von nori erfor- dert wird. Ist nun durch nozi nur überhaupt irgend eine Bestimmt- heit der Zeit gegenüber dem Jetzt ausgesagt, so wird diese Bestimmtheit im Verhältniss zum Jetzt in den folgenden Definitionen specialisirt; denn A 7 zi ö'rjoyj zd iyyOg iazi zov n apovzog vOv 6.zö\K0'j iiipog zoO ixsXXovzog yjpi\o\j^ 6 12 xat tö ä.pzi rd £776? toü KCf.pövzog vöv ix6p'.ov zoO napzl^ovzog^b 14 nälxi ds z6 Köppoi (ro5 Kv.pi-vzoc vOv p.6ptQM ToO napel^övzog'). Zu dieser aus Aristoteles selbst g^.■^chöp^en Emetidation wird die Bestätigung durch Worte der griechischen Erklärer kaum erfordert werden; doch ist aus dem Aristotelische Studien. 231 vorher Erörterten ersichtlich, dass die Worte des Themistius und des Philiiponus einer solchen Restitution des Textes nicht entgegen- stehen. Für ein paar kleine Berichtigungen in den nächstfolgenden Zeilen kommt uns wieder diese Bestätigung zu gute. Das Einst, sagt Aristoteles, muss in bestimmter Weise im Verhäitniss zur Gegenwart begrenzt sein, laxa.i äpa (nämlich tö rcori) nooög z'.g dnö TOöos •/^pt\)og xat £tg exslvo, xat r^v dg tö nupik^iv. Dass das erstere xat nicht passt, zeigt schon der Parallelismus mit dem \ zweiten, auf die Vergangenheit bezüglichen Gliede; es ist gewiss zu schreiben iorai äpy. noaög ng dno toOos ^pövog ttg hslvo. Dem entsprechend lesen wir bei Philoponus t 13, der allein an dieser Stelle sich den Worten des Aristoteles unmittelbar anschliesst: zoriv äpu (hpi(JiJ.ivov ri Koaov roO j^pövoy toOtov dno roü ivsazüjTog fj.sTpoOp.svov sig hslvo. — Indem daher, fährt Aristoteles fort, jeder Zeitpunct ein Einst ist, so ist jede Zeit eine bestimmt begrenzte. Wird aber die Zeit jemals aufhören? Und ist sie immer dieselbe oder eine andere und wieder andere? Auf diese beiden Fragen antwortet Aristoteles durch Beziehung auf die Bewegung und durch Anwendung des BegrifTes des vOv, welches zugleich Anfang und Ende ist, Ende der Vergangenheit, Anfang der Zukunft — , /.ai dia. 70VT0 ooxsl dsi ZTtpog. oxj "yccp ToO aüroö dp)(i^ y.al zs^suTri zo vvv • äfxa ydp av v.y.i v.a.za, zb auzb zd. dvziy.eip.sva siyj xcä ovy^ xjko- Asi^tt orj • dst ^dp iv dpyri. Durch diese Iiiterpunction wird es ganz verdeckt, dass in diesen Sätzen auf die beiden Fragen a 29, 30 geantwortet ist, dp"" o\jv vnoXsi^si; und dXXog ouv ^ 6 uuzog noXAdatg; Vielmehr ist vor xcct did toOzo statt des blossen Komma ein Punct oder mindestens ein Kolon zu setzen, und dann wieder xoci ov^ •Jno'ksv^si orj von dem Vorausgehenden durch einen Punct zu trennen : xat otä ToOzo O0-/.SI dsi izspog slvai ' ov "^dp zoO auzoO dp'/jo /.ccl rs\svzYj TÖ vvv ' dp-Ci "^dp av xal nazd z6 ocuzo zd dvTixsip.sv(x siv). xoci ou-/^ Onolsi^n OYi • dsi ydp iv dpyr^. Themistius 47 b und Simplicius 178 a haben deutlich diejenige Gliederung des Gedankenganges vorausgesetzt, welche durch diese Interpunction bezeichnet ist. Übrigens ist die Lesart des E zdvoLvzioL für zd dvTusip.svci schon an sich beachtenswerth; denn da es sich um Anfang und Ende handelt, so ist ivavzioc der bezeichnende Ausdruck; und die Lt'sart des E findet durch Simplicius ausdrückliche Bestätigung 178 « ei'vj ydp av d(xa ( xaTä ) tö «ütö zd dvT'.xsip.sva, dnip avzbg xoivözspov 16* 232 H. 15 o n i t z ivavria etprixev. Also da überdies E av vor sui hat, wird zu lesen sein: äij-oc yccfj xoü -/.OLTä rö avro t dv a. v t i v. av eir). Die bisher behandelten Stellen haben zahlreiche Belege für den Werth gegeben, den auch in der Physik die griechischen Erklärer zur Herstellung der ursprünglichen Gestalt des aristotelischen Textes haben können; doch fehlte es auch nicht ganz an Fällen, in denen eine unzweifelhafte Verderbniss sich bis in die Texte jener Conimen- tatoren zurückverfolgen lässt. Auch lie^i^t ja selbst zwischen den ältesten griechischen Commentatoren, deren Erklärungen uns unmit- telbar oder mittelbar erhalten sind , und der Abfassung der aristo- telischen Schriften schon ein ansehnlicher Zeitraum; überdies geben zu manchen Corruptelen die aristotelischen Schriften ihrer Natur nach einen besonders reichlichen Anlass. Schwierigkeit und Kürze des sprachlichen Ausdruckes konnten leicht Erklärungen hervorrufen, die an passender oder unpassender Stelle in den Text selbst Eingang fanden; noch häufiger gab die in der Natur der Sache liegende Wiederkehr derselben Worte an benachbarten Stellen die Veranlassung zu Auslassungen beim Abschreiben. Es mögen jetzt zum Schlüsse noch einige Stellen in Betracht gezogen werden, an denen die nachweisbare Verderbniss des jetzigen Textes schon in die Zeit der griechischen Erklärer zurückreicht und an denen sich, wenn nicht überall vollständig der ursprüngliche Wort- laut des Textes, doch dessen Sinn herstellen lässt. Phys. a 2. 184 b 21. Aristoteles beginnt seine kritische Geschichte der älteren Naturphilosophie mit einem Überblick der verschiedenen Ansichten, welche in Betreff der Zahl und der Art der obersten Principien stattfinden können und wirklich zur Geltung gekommen sind. ' Avdyxri o' rirot jüljccv dvoci rrjv d.pyrcj r) ttXsjou?, XÄ£ ei [xiav, r^roi dxivY}TOi>, dog (prjai napjuevtorj? xai MiXtaGOi;, r, ztvou^svvjv, cüGKsp oj yuajxot, Ol ixiv dipoc fdny-ovzeg dvca oi ovouip ryjv npöiTYiv dp^r^v ' £{ oi nleioug , vj ntnepaafxivag r^ dmipovg, xa.i £t mncpaaixivocg n'Xeio-jg oi i^täg , ^ oüo y) rpslg ri rizrapag ri dXko-v rtvd dpt^ixöv, xoci £1 dnüpo-jg , r, ovTOig coGnep Ayj/jiöxpjTog, tg yivog cv, a-/YJixaTi §£ y) dcjei ^lafspoOaccg , ^ xat ivavziag. Der Satz ist vollkommen klar, bis auf das letzte, die Annahme unendlich vieler Principien betrelfende Glied, xat d dndpoug . . . ivavTiag. Die aus- führliche Erklärung des Simplicius dazu, die Brandis in die Scholien 326 «33 — 6 26 aufgenommen hat, beweist, dass schon Alexander Aiislutelische Studien. 233 von Aphrodisias vollkommen denselben Text vor sich hafte, den wir jetzt lesen, und dass sich zu seiner Zeit keine Varietät der über- lieferten Worte vorfand, sondern nur Verschiedenheit in ihrer Aus- legung. Einige Erklärer legten sich die aristotelischen Worte so zureclit, dass in ihnen die beiden in Hinsicht auf die unendliche Zahl der Principien vergleichbaren Philosophien, die des Demokritos und die desAnaxagoras, bezeichnet sein sollten; dieser Ansicht folgt, ohne die Äusserung eines Zweifels dagegen, Themistius; andere, und zu ihnen gehört gerade der £^^37737^? selbst, fanden in ihnen nur die Naturphilosophie des Demokritos bezeichnet. Über das einer solchen Auslegung entgegenstehende r^ vor ovroig oJcjmp i^niJ-ö'ipiTrjg kam Alexander hinweg durch die Annahme entweder eines Versehens der Abschreiber (Yjp.apTriG^oc'. t/jv ypa^yjv) oder eines Versehens des Aristoteles selbst, der es vergessen habe, das beabsichtigte zweite Glied der Eintheilung hinzuzufügen. Die wohlbegründete Achtung, welche Simplicius vor Alexander bat, kann ihn nicht abhal- ten, in diesem Falle seiner Auslegung und den Mitteln zu ihrer Rechtfertigung Bedenken entgegenzustellen. Und darin hat Sim- plicius vollkommen Recht. Es ist schlechterdings nicht zu glauben, dass Aristoteles für die Voraussetzung unzähliger Principien nur den Demokritos (das heisst Demokritos und Leukippos) anführe, vollends an einer Stelle, wo er, im Beginne der ganzen Darstellung, eine vollständige gegliederte Übersicht zu geben beabsichtigt. Wir linden sonst regelmässig, dass wo Aristoteles die Voraussetzung unzähliger Principien erwähnt, der Natur der Thatsacheu gemäss Demokritos und Anaxagoras neben einander genannt werden; man vergl. zum Beispiel 7 4. 203 a 19 öaoi 0' äneipa Koiovai rä aroc/j.ia^ y.a^dntp ' Avcc^a'yöpccg xat A-r^p-oxpirog. de gen. et corr. a 1. 314 «17 'Avoc^ayöpccg ds. änsipa xcd AsüxiTcnog xcci AriixoxpiTog. de Coel. 7 4. 302 b 13 vergl. mit 303 a 4. Auch sind die Mittel, durch welche der ganzen auf die antipo'. cupyjx'i bezüglichen Stelle die Deutung aus- schliesslich auf Demokritos gegeben werden soll, unzulässiger Art; schon eine Verschiedenheit des zloog würde Aristoteles schwerlich den von Demokritos angenommenen Atomen zuschreiben, andere Ausdrücke sind dafür die eigentlichen und bei Aristoteles regelmässigen; und vol- lends für svavrta? ist die von Alexander versuchte Rechtfertigung sei- ner Deutung auf Demokritos, dass ja in der gegenseitigen Lage der Atome sieh die Gegensätze des oben und unten, rechts imd links etc. 234 H. B 0 II i t z i finden, ganz unzureichend. Dagegen finden wir zur Bezeichnung der von Anaxagoras angenommenen Grundstoffe ivavTiog ausdrücklich von Aristoteles gebraucht, «4. 187 « 25 y.ai töv fxh (Anaxagoras ist gemeint) änsipa rd zz oixoiojxspfj y.xi zdvccvzia^ und der Ausdruck eXdst oiafcpo-jaix'; ist für die Grundstofte des Anaxagoras bezeichnend, und auch als Gegensatz zu -^ivzi iv insofern nicht zu verwerfen, als auch sonst yfvo? und stoo? in ihrem allgemeineren Sinn 'Gattung, Art' zuweilen in unmittelbarem Zusammenhange von Aristoteles unterschiedslos gebraucht werden. Vgl. Cat. 8. 8 6 27 h iiiv sloog KOiöxr.zog mit 9 « 14, 28, 10 « 11 drjrspov, rptrov, Tsraprov ^vjoq KoioTfjrog oder Pol. o 4. 1290 b 25, 36 C^ou do-n mit Cyou ysvvj b 33. Die Gesammtheit dieser Erwägungen führt mich zu der Cbei- zeugiing, dass nach a/yj/jt-ar« oi eine Lücke im Texte ist, gewiss keine umfangreiche, da an dieser Stelle durchweg die verschiedenen Richtungen der älteren Naturphilosophie in der knappsten Form aufgezählt sind, und wahrscheinlich der Art, dass die Wiederkehr der gleichen Worte in nahe auf einander folgenden Stellen den Anlass zu dem, erwiesenermassen sehr alten, Versehen gab. Ferner, wenn bei Demokritos durch a'/jii}.ccT. der eine Gesichtspunct für den Unterschied seiner Atome bezeichnet ist, so ist es wahrscheinlich, dass auch die beiden anderen als Ergänzung dazu gehörigen ^i'jn und xätti nicht gefehlt haben. Vgl. «5. 188 a 23. de ^Qn. et corr. OL 1. 314 « 24. 2. 315 b 35. Met. A 4. 985 6 15. Hiernach kann man ungefähr folgende Ergänzung versuchen: v.ixl £'. dziioovg, r; ovroig ui'JTzzp Ir^p.oy.pirog ^ to -jivog Iv, ayjip.'xzi oi yi ^iizt yj rätst didfspoOaxg, -a ddsi ma.^s.p'jvaag rt /.ai ivavziag oder mit Hinzu- füguiig des Namens des Anaxagoras: xat d dnsipovg, n oGrwc darizp ArtiioxpiTog , t6 yivog £v, lyr^ixoni oi yj ^iasi r, rd^si oia^tpoit- atxg, Yi Cöir.ip 'Ava^ayöpag dnsi didfzpoOcxg y, y.oü evav-t'jz?. Die letztere Ergänzung ist durch Übereinstimmung der Form des zweiten Gliedes mit der des ersten, in welchem der Urheber der bezeichneten Ansicht genannt ist, wahrscheinlicher; nur wird, wenn man sie als die ursprüngliche Textesgestalt voraussetzt, die Aus- lassung erheblich auffallender. Auch in den unmittelbar folgenden Worten kann ich die Lesart, welclie nachweisbar sciion Siniplicius (aus Themistius und Philo- ponus lässt sich darüber nichts erkennen) und zwar mit der auch vun Bekker aus den älteren Ausgaben beibehaltenen Interpunction Aristotelisflie Studien. 235 vorfand, nicht für die ursprüngliche halten, djuocw? oi ^yjroOat Kcci oi zcc ovra C-nrouvreg nöaa ' i^ wv yäp rcc ovrc( ityri, npöJTOv CriTOvai xoLÜzce. kötsoov iv r/ ;roXXa, xat st ttoÄX«, Tzsnspocaixivoc r, äzEipa^ corJTE ry)v dp'/riv y.ai t6 arof/^slo)^ ^-//Toöaj TtOTspov sv Yj nolXd. Auch wenn von manchen Pliilosophen, sagt Aristoteles, die Frage nicht ausdrücklich auf die Anzahl der Principien gerichtet war, sondern auf die Anzahl des Seienden (Themistius erinnert an Parmenides und Melissns, möglicherweise kann auch an die Pythagoreer gedacht werden), so ist es doch in Wirklichkeit die Anzahl der Principien und Elemente , um die es sich auch für sie handelt, cürjzi rnv dpyrjv xcci rö (JzotyjTov trjzovGi nözepov iv yj nollü, denn Tvpöjzov (^-nToüai nörspov 'iv n nolld. raOrd iiztv^ iz, cov rd ovra iaziv. So, nämlich n-pcörov, hat bereits Simplicius gelesen und es, wie nach der jetzigen Interpunction , zu C>5toö<7£ bezogen , Simpl. 10 a riV'X')y.(xa^r,(j&.v ll,r,ztiv npözspov nspi rc3v dpyßv twv övtwv . . . 6'jy.w5- V7 trtzr,Giq r, mpi aCzütv unr/vzoc npdjzYj. Aber ungern entbehrt man, da auf dp);;/j xat azoi^^lov geschlossen werden soll, bei den Worten i^ wv zcc ovzx iaziv die nähere Bestimmung , dass es sich um die ursprünglichsten ßestandtheile handelt; überdies hat die Stellung von rtpüizov in der jetzigen Construction etwas auffallendes, man würde vielmehr zaxjzu C-nrouai Kpdjzov nöztoov -/.zl. oder raOra npüjzov Qrizovai y.zA. erwarten. Diesen Cbelständen wird schon durch die Beseitigung des Komma vor npQzov und Construction des npo)- zov zu siaiv ausreichend abgeholfen; denn dass in Verbindungen die- ser Art das adverbiale rzpojzov vom aristotelischen Sprachgebrauche schwerlich ganz auszuschliessen ist , habe ich zu Met. ß 3. 998 a 23 bemerkt; aber wahrscheinlicher ist jedenfalls, dass die Worte ursprünglich lauteten: if ojv ^äp zd ovzot. iazi npüizoiv Cryroöat, zoiüza. nözepov y.zX. Zu npüjzt^v vergl. «7. 190 6 17 dnep statv uizicti KCii dp^/aX tcüv ^üasj ö'vtwv, i^ cov npoizoiv sia'i und die zu Met. a. a. 0. angeführten Stellen. Ähnlich iv w rrpwrw, zig o npQzov Phys. ^ 5. 235 b 32. 236 a 7. de anim. ß 11. 423 b 31. Met. C 7. 1033 a 4. Phys. «5. 189 a 2. Alle Philosophen machen Gegensätze, zcc ivavzicc, zu Principien desW^erdens; sie sind zu dieser Annahme, wenn sie sich auch des Grundes nicht bewusst waren, durch die innere Kraft der Wahrheit selbst bestimmt, ojamp xjn a^zf,g zrig äXry^eia? dvu'j-Acco^ivzzg 188 b 29. Allerdings sind es nicht dieselben Gegen- :i36 II. B o II i t z Sätze, welche alle als Principien setzen, sondern manche halten sich in ihren Voranssetzungen an das Gehiet der sinnlichen Wahrneh- aiung, andere an das des Denkens und Erkennens, oi iii-j yäp ^sp- juiöv '/.oci ^vy^pöv , oi o' •jypov v.aX Eiopöv, irs-poi de nsptTTOv xal äprtov 188 b 33, aber der Analogie nach ist es doch dieselbe Grnndiiber- zeugung, welche sich in diesen Ansichten bei aller Verschieden- heit im Einzelnen kundgibt, coars raürd Xiysiv ;rwg xai irspx dXkrj- Acov, £TSpa ixh uionzp xat oq-azZ rolq TzAs'Mzoig^ rai/ra oi yj dvdloyov ' 'kaix^dvovai ydp ix. T-fig ocvTvg avCTor/^iag * rd juiiv ydp nzpii'/ti^ xd dt mpt.t/eza.1 twv ivavn'wv. zaiiTr, oi oti oiGaOzoig liyovGi x.ai sripw? xrX. Was Arist(»teles mit den VV^ orten Aaij.ßdvrjvji ydp h. TY,g aurf/g a'joroiyjag sagen will, i^t nach dem sonst eonstatirten aristotelischen Gebrauche dieses Wortes (vergl. meine Anmerkung zu Met. A 5. 986 a 22) nicht zweifelhaft. Zwei einander entsprechende Gruppen (ävnig^ welche an unserer Stelle bezeichnet zu finden wir zu erwarten berechtigt sind, ist in 7Zipd-/ti.v und Ttipiiysa^cx.'. nicht enthalten; diese Worte gehen auf weiteren und engeren Umfang, daher unter anderem auf Überord- nung und Unterordnung von Begriffen, Obgleich daher Simplicius 41 a und Philoponus d 2 bereits nzpiiyziv und jzsptiysG^aci in ihrem Texte gehabt haben, welches sie mit Ignorirung der oben hervor- gehobenen Bedeutung von yap auf Über- und Unterordnung deuten *}, so kann doch nicht dies die ursprüngliche Schreibweise gewesen sein, sondern vielmehr zcc [xh ydp uKEpt/t'., zä oi umpiyizai. zöiv svavTtwv, welches allein der sonst üblichen Charakterisirung durch itKzpo-/rji und tkktvi^'.g entspricht. Über den Gebrauch des passivischen itKtpiyj.'j^a.i vergl. Phys. d 8. 215 b 12. Met. i 6. 1057 a 14. V 1. 1087 b 18. Rhet. ä 7. 1363 b 8, 20. Die entspre- chende Verwechslung von iiK^pv/iiv und Tzsptiyztv finden wir Phys. 7 6. 207 n 25, dort ist ov zsp'.iysi äXkcc Tcsptiyszat die richtige Les- art; aber die Handschriften E und I haben ov'/^ Onepiysi dlV vmpi- yjzai. Phys. a 7. 190 6 25. Gegenüber den Ansichten der früheren Naturphilosopheii begründet im siebenten Capitel des ersten ßuclies Aristoteles seine Überzeugung, dass jedes Werden einen formlosen, die Gestaltung erst erwartenden StolT voraussetze und eine davon unterschiedene Form; jedes einzelne Ding ist eben die Verbindung 1) Themistiiis 19 A hat diese falsche Erklärung' noch nicht, sondern umschreibt g-anx passend : zv. f/iv '/äp iy. zf^g (jvazoiy^siixg (1. ffuuroi^t'aj) iazi z/jg vkö Trjv ffy'/xptfftv xcci zr,-j •j7ZBpo-/y)v , zca dk ix zvjg yjr& zr,it dicuxpiaiv x«t zy/-j £/.A£r^cv. Indessen, dass er noch UTZZ^iyjvi und •j-i^i'/^znäoci. in seinem Texte gehaiil liabe, wag-e ieli nicht aus diesen VNorliii tu folgern. 238 H. Bonit^ ^ von Stoff und Form. .r, xar« !7up.ßc/3y;xöf zo i^ wv X«p./3avovrciiv r^p-wv ä).>,ä xar' ovaiav. Ebeu so Themistius 21 6, Philoponus d 15. Aristotelisclie Studien. SoU mit sehr geringem Unterschiede der Buchstaben und mit Weg- hissung von ^äp nach toos ursprünglich geschrieben war : 6 ijsv yxo ÖLv^poiK'-Ji xat ö j^p'jaog -/.oj. oloig r} vXr^ rj ä p pO^ ixiCTog rode n. [}.äXko-v , -/(.cä O'j xard «TUju.|3£]3v//cd^ •^ivs.xai i^ avrov tö '^lyvifJ-svon • r, Ol aripTiOiq v,cä rj cvavrtwjt? avixßsßr^xög. Die ul-n wird nur ixcdlov Tööä Tj, nicht schlechthin röos t'. genannt, denn sie ist ovy oOro) y.icc oCioi ouroig ov wg tö toos t£ 191 a 12. Wie da-/r,iiärtGrog^ tö dayrr lj.dTi'7zov zur Charakteristik der uXvj gebraucht wird , z. ß. 191 a 2, so würde man äppO^ixiaTog in gleichem Sinne zu erwarten berech- tigt sein, da pL/^^uitsjv vom Gestalten des formlosen Stoffes gebraucht wird, de Coelo y 8. 306 6 18 dsioig y.ai a.p.opfov §si zo ()T:oit.£iij.£voy slvai • [xältazoc yäo av oüzo) oitvaizo pvB'ixiCso^v.'. ^ vergl. piszapp'jd- [xitt'.v Phys. «2. 185 6 28. Und es findet sich dpp0^p.iäzog oder dpO^fj-iazog wirklich in diesem Sinne von der uAr; gebraucht Phys. /3 1. 193 a 11 o'oxsi (5' Yj tfiiaig x.cci r} ouaicc zSiv fO^ysi gvtwv ii^ioig dvai TÖ KpöJzov ivundp'/ov IxaaToi dppii^ikiazov ov xa-S-' eauTÖ. Met. 0 4. 1014 6 27 £T£ di i^ufff? XsysTat ei^ ou npojzov i^ iaztv vj yiyvBzot.i Tt Trl)v ^-jffst ö'vTOüv apv3-fji.t<7Toy ö'vTOf xat d(X£rctß'krizov ex tyjs' (püisrjig zf,g auToO. Die Abweichung der Conjectur von den Buchstaben der ÜLterlieferung würde noch unerheblicher sein, wenn man dpu3(xiazYi schreiben dürfte; doch bei Verbalien mit a privativum wüsste ich kein Beispiel ans Aristoteles für die Femininform in vj anzugeben. Phys. j3 2. 194 a 29. Die Naturphilosophie, als beschäftigt mit Formen, die an einem bestimmten räumlichen, der Bewegung unter- worfenen Stoffe haften, hat beide Principien, sowohl das stoffliche als auch bis zu gewissen Grenzen das formale, zum Gegenstande ihrer Forscluing zu maciien. Selbst der Zweck fallt in den Bereich der Naturphilosophie, srt zo od evsy.oc xat tö zilog zr^g aOzYig, xat oatx xoi)ZoiV ivzY.cc. ri oi fvcg zfAog xat ov svzxct' wv ydp ayvsj^oö? zrig xtv/jaecog ouarjg iizi zi zilog zfjg xivoasoig , zovzo layjxzov xai tö oO evexa. Schon Alexander A[)hr. hatte, wie wir aus Simplicius ersehen, 67 a (Schol. 349 a 33) zilog und ii'/a.zov in dem letzten Satze an denselben Stellen, welche diese Worte in unseren jetzigen Texten einnehmen; wenn es daher in Themistius Paraphrase den Anschein haben kann, als iiabe er vielleicht iQya.zov an erster, ziXog an zwei- ter Stelle gelesen (24 h ozav xivoOixsvov zt csvw/ßig xdza. d'fiy.6iJ.Bvov etg Ti l'jy^a.zov v.od ziXog JxaCxjYizai zog sig zö 7Tpöa-3"cV ödoO, zoOzo zr^g xtv/}^£W? ziÄog d'/j. y.a.i tö od svcxa), so können wir darin nur 240 H. Bonilz ^ eine gewisse Freiheit der Paraphrase erkennen , die es mit den überlieferten Worten nicht allzu streng glaubte nehmen zu müssen. Aber schon Alexander hat durch das Aussprechen einer Conjectur dieUnhaltbarkeit der Überlieferung thatsächlich anerkannt, o 'AÄsTav- opog äfxsivöv fnat ysypüf^ai „wv yäp auvsyoxji^ r^g xtvvjaswg ovarig iaxt n say^aroi), toOto rilog xai o(t ivsxa"^, inei y.rj näv iay^arov rilog. Simpl. a. a. 0. Diese Änderung ist nothwendig sowohl durch die zunächst darauffolgenden Worte des Aristoteles ßciOXcTai jap ou näv slvai z6 iay^azov rilog, als durch die constante aristotelische Verbindung der Synonyma zeXog und tö oC svv/.a. Man sollte sich also nicht bedenken die Conjectur Alexander's in den Text zusetzen *). Phys. |3 5. 196 Ä 35. Das üko zvy^rig y£v6/x£vov ist nach aristo- telischer Auffassung ein auixßsßrr/.og iv zolg l'vsxa zov yivo\}.i-voig, d.h. dasjenige, was sonst der Gegenstand bestimmter Absicht ist, kann auch dann und wann das gelegentliche unbeabsichtigte Ergebniss einer zu anderem Zwecke unternommenen Handlung sein, dann ist es ccTTÖ zi/'/Tig ysvöixcvov. oiov svexa zov dTzolaßsTv zo dpyvptov fjl^sii av, •/.oix'.aofxevog zöv ipavov , ei fiost • f/A^s d' ov zoitzov l'vsxa , akKd ovi^ißr] aürö) sA^ilv xat Tzornaat zovzo zov xoixiaaa^ai ivix.oc' zovzo di. oij^' (jjg ini zo nolv (poizöjv eig z6 yoipiov ovz'' i^ dvdyxrjg' iazt oi TÖ TsAog, Yj xoij.iori, ov rojv iv cvzCb oLizioiV , dXkd twv npoaipszcLv xai dno diccvoiag' y.ai 'kiyizai ye zözs dno zv'/rtg iX^slv. Die Worte zov xop.t(7a(7.S-a t £v£xa hat allerdings schon Philoponus in seinen) Texte gehabt (vergl. Phil, g 14, aus Themistius und Siniplicius ist •) Zu den um wenige Zeilen später folg-endeii Sätzen 194 a 36 dvo 8v} 3 (/.sv gesetzt sein, da 'o f*.£V, wie das bestimmte Beispiel ö (j.iv 7^^ xupspvT^rvjs xrX. beweist, auf die ziyyv) •)(po)(A£vr3 geht, welche zwar ap)(t7£xrovix>j ;:o) j ist, aber doch darum nicht geradezu und schlechthin äpxtfixrovtx-^ genannt werden kann. Von den Vorschlägen, welche Prantl zur Berichtigung maciit, ist der von ihm in den Text aufgenoumiene, nämlich Athetese von Xi ap')(tr£XT0Vtx>7 schon darum nicht anzu- nehmen, well dann wj vor TTOivjTixyj unpassend wird. Am wahrscheinlichsten ist der von ihm an letzter Stelle erwähute Änderungsvorschlag io ^^ ap^iT£XTOVtxyj Ai'istotelische Studien. ? auro ^ äAXo, f; xtwyTÖv, ■/.ivr,aiq ianv. Während für die Worte ö'rav — oXko erhebliche Varietäten der Lesart in den Handschriften und den griechischen Erklärern überliefert sind, herrscht eiive wunderbare Einstimmigkeit sowohl der Handschriften als der griechischen Erklärer, und zwar zurück bis zu Aspasios und Alexander, darin, dass das zu v5 «£ gehö- rige Nomen, nämlich hipyeix oder hr^klytia., nicht gesetzt ist, obgleich keinerlei sprachliche Möglichkeit vorhanden ist, es etwa aus einem vorhergehenden Satze zu ergänzen; ja an der gleichlau- tenden von hier entlehnten Stelle der Metaphysik x 9. 1065 b 22 fehlt es auf gleiche Weise. Trotzdem halte ich es für unmöglich, dass eines der beiden bezeichneten Substantive hier entbehrt werden könnte, sondern wie es 201 a 10 heisst vj zov owäixst. ovTog ivzs- Hy^eici, Y, TO'.ovTOv, x.ivr]Gig iariv und 201 h 4 -n rov ouvaroO, r) ouva- TÖv, iv -cAi'/^ztcc (pxvspdv ori xbr^aig iartv , eben so wird hier voll- ständig geschrieben gewesen sein 77 ol rov ouvä/j.£j ö'vto? vjzzkiyiia.. ÖTCcv s.vrzKv/j.i'X ov ivspyfi n avro v5 äXko , yj xtvryTÖv, y.ivrjGig iaziv. Vergl, meine Bemerkung zu Met. x 9. 1065 b 22. Phys. £ 4. 227 b 28. Zur Beantwortung der Frage, in wie vielerlei Bedeutungen eine Bewegung als eine bezeichnet wird, [k'kx oi xivnaig liyzrai noXka'/_öJg 227 b 3, bestimmt Aristoteles zunächst, in welchen Fällen Bewegungen Identität der Gattung oder der Art 1) ') In der Bestimmung der Arteinheit bedarf eine Stelle einer kleinen Berichtigung 227 I) 12 il d' eVrtv ar3' ä xal -/c'vvj ity.a xaL si'ö/j sariv, d?,Ko\i wj {(.du [j-ict 242 H- Bo« \ — yivci. ixioi, eiosi ixioc xivridig — zuzuschreiben sei, und geht erst dann zu der Einheit im vollen und eigentlichsten Sinne des Wortes über, "yivei fxiv oüv xccl eidsi v.iv/)aig p.ia oörwg, dn'koig öi fxt'a xbriaig Y) TYi ovaia ixicx. xcx.i tw dpi^jxöi • zig a ' yj TOiaOz-n , ofiXov ouloiii-notg. Tpia '^dp iaTi röv dpi^ixiv nzpl a ).i'^oi).£v rrjv xt'vvjajv, o xat iv a> xat ö'ts. \iy(ji d' 0, öVj dvdyxY] stvoü ri rö xtvou/JLsyov , orov av^pojTiov >7 j(pyaöv, xat ev tsvj tO'jto xtvsta^a«, oTov sv rönfii yj ev n:a3-s!, xat txots' iv Xpö^y 7^P '^'^'^ xtvsfraf. toutwv ^£ rö jüisv slvat tw 'yevet -Ji tw elost ixiav £(7T£V iv TW npdyp-ccTt h w xjvetrai , tö ^' i^ö/Jisvov :^v iv rw j(pövw, TÖ o' dnköjg ixiocv iv arraa« To6TOtf xat iv w ^äp £v oit sivat xoci droixov^ olov tö £idog, xcci tö ö't£, orov töv •)(_p6vov iva. xod ix'o oia.- Isinsiv, xai tö x£vo6/ji.£vov £v dvai pLvj xxrd aufxßsßYixög xrl. Ich inusste die ganze Stelle hersetzen, weil nur aus der Betrachtung des ganzen Zusammenhanges hervorgeht, dass in den Worten toutwv §i TÖ fxiv . . , XP'^'^V einerseits eine Lücke ist, andererseits noch über- dies eine Verderbniss in den vorhandenen unvollständigen Worten. Denn aufffeziihlt sein müssen in den Worten toOtwv . . . ypövw '» Xpoi^fti die dreierlei Arten von Einheit der Bewegungen; dies beweist sowohl das auf die vorher dargelegten drei Bedingungen voll- ständiger Einheit bezügliche toOtmv , als noch entschiedener das nach diesen Worten folgende tö d' dnlüjg p.iav iv dnaai toO- TOtf sammt der folgenden Ausführung der dKuvTCt. ravTa. Es fehlt aber die Erwähnung der Einheit des Substrates oder Gegenstandes der Bewegung, des o xtvEiTat, und die Erwähnung der Zeit entspricht sowohl durch txöp.t'vov als durch -^v dem nicht, was nach dem Zusam- menhange hier gesagt werden musste. Der Inhalt der erforderhchen Ergänzung und das Ziel der Berichtigung der verderbten Worte ist ausser Zweifel, die einzelnen Worte lassen sich schwerlich mit voller Sicherheit feststellen. Vielleicht empfiehlt sich folgender Vor- schlag dadurch, dass sich ein Anlass des Übersehens beim Abschrei- ben wohl erkennen lässt und die emendirten Worte sich ziemlich nahe an die Überlieferung anschliessen : ToOzoiv oi tö p.iv zhai tw £(7Tat, a7rX'l)j ük (iia j'i'öti ov. Dem anXihi 8' — ou kann nicht der einfache unbeschränkte Ausdruck sidii ßioi. entgegenstehen. Themistius 51 a und Simpli- ciu8 206 b fügen in ihren Erklärungen gieichmässig ein noii hinzu, und auch das Lemma des Simplicius lautet: wj ddst. notg (tta l'ffrai. Entweder dies ist zu schreiben oder d/iloi) wf eoTtv wg sidsi (xi'a l'arat, diese letztere Emendation wird durch die Variante in H (irfköv s'ariv w; wahrscheinlich. Aristotelische Studien. 243 •yivsi Yj tS} si§ei jJitav sariv ev rw npäyiiari iv w xtvetrat. rö 0£ rtl) •j ;r 0 y. £ { jut. £ V o) ^.iav iv tw k p dy (xaT i 6 xtv£tTat, ro 0£ t w ö't£ jüLt'av £rva£ £v TW )^p6vw, TÖ o' ccKAöig ixioLv iv ctnocai Toiixoig. Aus SimpliciusConimeritar207« ersieht man, dass er bereits den jetzigen iJ Text vorfand; Thernistius Paraphrase gibt keinen Anhaltspunet zu Schlüssen auf die damalige Gestalt des Textes. Za der Schrift über Xenophaiies, Zenon und Gorgias. Der erste, auf Melissas bezügliche Theil der Schrift 974 — 977 all beginnt mit einer kurzen Skizze der Lehre des Melissus 974 « 2 — b 8. Dieser Abschnitt, an sich verständlich, überdies durch die im Wesentlichen damit ihrem Inhalte nach zusammenstimmenden Fragmente des Melissus erläutert, ist in der handschriftlichen Über- lieferung nicht so verwahrlost, wie manche andere Partien dieser Schrift. Das Meiste darin ist bereits, nach den Spuren der Leipziger Handschrift, durch evidente oder doch höchst wahrscheinliche Emen- dalionen hergestellt, so dass nur an verhältnissmässig wenigen Stellen noch eine Nachbesserung erforderlich sein dürfte. Zuerst wird die Ewigkeit des Seienden bewiesen. 'Atotov slvcä ^riaiv ti TJ £ar£v, ünsp fxvj sliöiyjG^c/.i ysvi(7^ai /xvyolv ix ixrjdsvög ' stVs ycip ciTiavra yiyoviv ehs p.ri ndvTa aioia ä/Jt-^OTspoü? • £^ o-Josvöc ydp ysvia3-(xi ccvtQv dv yiyv6iJ.£va. • a/ravTC/JV re ydp yivop.ivoiv oüo£v npoündpy^siv ' ei' t' ö'vtwv tivojv dd irspcx. npoayiyvjWj ^ nAiov dv v.c/j. lJ.£l^ov TÖ IV ysyovivoci ' d q-q kUov xai /ji.£ttov, toüto y£vi'7d-cit dv i^ ovdevög * tw ydp ildvTOvt to nliov xai oOo'' iv rw jULixporsow zo p-sl^ov ov'yjndpyetv. So die Leipziger Handschrift. In den ersten Worten ist der durch sie dargebotene Infinitiv zioot/sa^ai dem in den übrigen sich findenden Indicativ ivot^izai von Bergk und Mullach mit Recht vorgezogen worden; aber so weit reicht die Autorität der Leipziger Handschrift doch nicht, dass man um ihretwillen in Widerspruch gegen den Constanten Sprachgebrauch des Aristoteles und des Ver- fassers dieser Schrift (976 6 9) zlaolyza^ai statt des feststehenden philosophischen Terminus ivdiysu^at schreiben sollte. — Die nächst folgenden Worte behält Bergk nach der Überlieferung der Leipziger Handschrift unverändert bei und sucht in sie durch Änderung der Interpunction einen leidlichen Sinn zu bringen: £i:T£ ydp dnavTcc yiycvsv dzt ^-/j, ndvz' dioC dp.f(jzip(j)g. Aber die Trennung des 244 H. B () n i t /. < Kcoxa VOM /ji/j ist an sich nicht wahrscheinlich, weil dadurch das Dilemma „alles entstanden, nicht alles sondern nur einiges entstan- den^ an Deutlichkeit verlieren würde; übrigens enthält der \\w\ diese Weise hergestellte Nachsatz ein Oxymoron, das an sich unhegreiflich der übrigen Darstellungsform dieser Schrift ganz fremdarlig ist: „mag alles geworden sein oder nicht, so ist unter beiden Voraus- setzungen alles ewig". Gegenüber dieser Constitution des Textes verdient die Mullach'sche Conjectur jedenfalls die Anerkennung, dass sie einen passenden Sinn herstellt: lizt yäp än:avra •yiyovs'^ ehe fJLvj ;räv-a, otiv diJ.(poTipo)g s^ O'jozvog yive> für o, die Miillach in den Text setzt, ist nicht erfor- derlich), aus der Unendlichkeit sodann weiter die Einheit. Die Worte, in denen diese Folgerung zunächst hehanpfet wird, lauten in der Leipziger Handschrift: näv yäp än-sioov ov 'iv zbai, in den ührigen Handschriften und bei Bekker: nccv oi y.oil a.nv.pov 5v thcc. ronjicirt ist hiernach von Brandis ~äv o'äp' äirstpov (oder änsipo'i' ov) h S'Jvaj, von Bergk ncc-^rri oi änsipoy ov h simch, von Mullach ;räv oi äneipov 'iv stvai. Dass -yäo nicht gesetzt sein kann an einer Stelle, wo es sich um den Fortschritt zu einen» neuen, zunächst nur als Behauptung auszusprechenden Prädicafe liandelt, ist gewiss; aber auch das äp\ durch welches Brandis sich der Leipziger Handschrift möglichst anschliessen v^ollte, ist nicht viel \veniger unpassend. Übrigens tritt durch den Ausdruck ;zäv ää£.'.poy die Argumentation aus derjenigen Form heraus, welche sie. grossentheils an des Melissus eigene Schrift anschliessend, im Übrigen einiiält. Es wird nämlich in der Form eines Kettenscblusses jeder nächsten Folgerung das vorher gewonnene Resultat oder die vorher gewonnenen Resul- tate zu Grunde gelegt: a 9 äi'ojov oi ov, « 12 h oi öv, «14 dio'.oy oi ov jctÄ., ö 18 T010V70 oi ov, keineswegs aber wird der Fortschritt zu einem neuen Prädicate des Seienden durch das Aussprechen eines allgemeinen Satzes gemacht, wie dies hier der Fall sein würde „jedes Unendliche ist einheitlich". Solche Überlegungen mögen Bergk geleitet haben, indem er näv durch Conjectur in -ävrv-/ ändert; aber eben im Hinblick auf den gesammten Gang dieser Schlüsse wird man sich doch hüten müssen, in die Wieder- aufnahme des vorher Erschlossenen etwas, und betreffe es vielleicht auch nur den Ausdruck, aufzunehmen, was im vorherigen Schlüsse nicht schon ausgesprochen war; ein solcher unbegründeter Zusatz würde aber das /-ravryj an dieser Stelle sein. Hiernach dürfte es, besonders in Vergleichung mit a 14, wohl nicht als zu gewagt erscheinen, wenn ich als ursprüngliche Lesart vermuthe: äiotov oi xai änsipov ov sv -tvai. Die Worte, durch welche die Einheitlichkeit des Seienden begründet werden soll, so wie die nächsten Sätze, in denen daraus Aristotelische Studien. 24T cl.| die Gleicluutigkeil (ojijLotov) erschlossen wird, sind von Mullach richtig hergestellt. Der Verfasser geht von da über zum Beweise der Unbewpgliehkeit r; 14 dioiov oi ov äiisTpö-j tj x.at ö';j.otov ndvzri dxivYiroy eivcci rö sv. (In der Leipziger Handschrift ist es zweifelhaft, ob äij.£7pov oder txjiktzpov geschrieben ist.) Statt dieser Lesart der Handschriften hat Bekker die frühere Vulgata, ixirptöv zs für äjnärpöv TB. beibehalten, wahrscheinlich auf Grund der Bemerkung von Brandis Comment. Eleat. p. 188 „acquiesco in vulg. /jisTpov, quod synouymum v. o/xotov est." Aber weder reicht diese Vergleichbarkeit der Bedeutungen von jmirptov und ö'/jlo£Ov so weit, wie durch diese Bemerkung scheint vorausgesetzt zu werden, noch würde es zu befjreifen sein, warum dieses eine Prädicat in doppeltem Ausdrucke recapitulirt werde, alle übrigen dagegen nur in einfachem. Denn recapitulirt werden unverkennbar die bisher erschlossenen Prädicate dioioy oixo'.ov h; dass das letzte, sv, nicht in coordinirter Stellung den übrigen beigefügt wird, sondern zum Subjecte des Satzes gemacht ist, tö I'v, dürfte kaum zu einem Bedenken Anlass geben, gewiss aber nicht zu einer so weit gehenden Änderung berechtigen, wie Bergk vorschlügt: dto'jöv rz ov är.ttciö'j zz y.a.1 sv y.cci oixotov Kdvzr, dy.ivnzov eha'., eine Änderung, bei welcher überdies der Mangel der Ädversativpartikel oi nach ät'otov nicht zulässig sein würde. Unter den recapilulirten Prädicaten des Seienden fehlt zu dio'.'jv r^jxorjv h nur noch dKiipr^v; dieses Hesse sich wohl zur Noth in dfxzzpov tinden; aber dass von dem sonst in dem ganzen Umfange der Discussion festgehaltenen technischen Ausdrucke äKzipov abge- gangen sei, ist sehr unwahrscheinlich, und dmipov den Schriftzügen nach voii dfxszpov wenig unterschieden. Es scheint hiernach unbe- denklich. än-£!pov mit Bergk herzustellen; durch Einfügung eines xat vor änstpo'j erhält sodann der ganze Satz seine richtige Gestalt: dioiov oi ov y.ai dns'.oöv zz xat Sixotov zdvzY) d.y.ivr^~ov zivca z6 sv. Von der erwiesenen Bewegungslosigkeit des Seienden schreitet der Verfasser zu der Folgerung fort, dass das Seiende ohne Schmerz und ohne Krankheit sei, unveränderlich in Lage und Gestalt, nicht mischbar mit einem anderen; denn jedes dieser Prädicate würde zu der Annahme einer Vielheit des Seienden, eines Entstehens des Nicht-seieiiden und eines Vergehens des Seienden führen. Durch diese allgemeine Begründung werden alle vorher aufgezählten Prädi- cate zugleich abgelehnt; nur auf eines derselben, nämlich die 17* 248 H. B o II i l / Möffliclikeit der Miscliunjr, wird durch specielle Erörtening ein- gegangen. Die Unmöglichkeit der Mischung soll durch folgende Worte bewiesen werden: y.cä ydo si t6 [j.£iJ.r/ßai n h in nhiövaiv Aiy':,izo. xv.i slr, noXkä xivoup-S'^a sic äll-nla rd npäyiLarcc^ -/.al r, ixl^iq r, dq ev £vc aijv^zrsiq zm Twv TrXsjövoav . vj rip inaAAd^ei oloi^ inmpoa- ^£(jig ylvoiTO TcUv p.r/_3hT0)v, iy.sivo^g fj.h dv of äXAf/Awv j^ojok^övtojv dvoi'. Toc ixiy^3ivTa, kninpoo^iatoig o odar^q iv tyi zpi^si yivsG^ai dv t-A(x.oxov wavspov, dfxipovixivuiv züiv npöjvrjiv rd ok' dlXriXa ze^ivrcc Töiv jxr/_^ivTrjiv • cuv oOdizspov aviißabsiv. (Für iniTzpöcj^saig hat Bekker an beiden Stellen die Form iKinpöi^-naig , an der zweiten gegen alle, an der ersten gegen die meisten Handschriften und unter diesen auch die Leipziger; ein Grund zu dieser Abweichung von den Handschriften ist mir nicht ersichtlich; auch an zwei anderen Stellen de Coel. ß 13. 293 b 22, Meteor, a 5. 342 b 9 scheint der Vorzug, den Bk. der Lesart irnnpön^-naiq gibt, nicht gerechtfertigt. exsjvwg hat Mullach mit Becht aus der Leipziger Handschrift auf- genommen; Bekker hat iy.üvj-jg mit den übrigen Handschriften. inakkd^ti ist Conjectur Mullach's für das handschriftliche drraXAä^s«, er weist für indlAct^ig die Bedeutung avij.TiXoxr] nach.) Wenn in diesem Satze auch noch manches unverständlich ist, einiges vielleicht ebenso sehr durch die Schuld des Verfassers als der Abschreiber zweifelhaft bleiben wird, so ist doch so viel unmittelbar gewiss, dass zum Beweise der Unmöglichkeit der Mischung zwei Bedeutungen von ixl^tg unterschieden werden, deren jede mit der erwiesenen Einheit- lichkeit des Seienden unvereinbar sei. Die hier gemeinte Unter- scheidung von plEig ist aus de gen. et corr. a 10 bekannt, nämlich dass ixl^ig entweder die chemische Mischung bezeichnet (rwv /^jjctwv dl'Xoi.oi^ivT(jiv svoiaig 328 b 22) oder das blos mechanische Gemenge. Die erstere dieser beiden Arten ist in der vorliegenden Stelle durch die Worte si zö ixcixl'/_3ai . . . sir/ rcDv yiAsiovwv, die zweite durch r, zTi incaXkd^ti . . . twv ixiy^^ivzoiv beschrieben; dass Mischung in dem ersten Sinne nicht möglich sei, wird in den Worten exavojg . . . zd ikf/ßiMTOL bewiesen, zur Ablehnung von [u^ig in der zweiten Bedeutung dienen die Worte inmpoa^eoioig . . . ixv/ßivzoyj. In der Beschreibung d^v ersteren Art von [u^tg^ der cheniischen Mischung, sind die Worte xoct etrj , . . tcöv /rXstovojv klar; die mehrei-en Bestand- theile der Mischung jrehen in einander ein, /ctvoüjusv« dg dllrj'ktx, jund es wird aus der Mehrheit eine Verbindung zur Einheitlichkeit, Aristutelisclie Sliidieii. /&49 o»^ iv ivi aüv^taiq (vgl. 328 b 22 lü^ig rciJv /jlutcöv äXXoioJ^-svTwv evcoaj?); dagegen bedürfen die ersten Worte der Beschreibung, um eine passende grammatische Construction und einen klaren Sinn zu geben, der kleinen Änderung, dass statt ti tö i],tiv.-/^^a.i n h e/. rXeiövwv HyotTO gesehrieben wird: li rw tx-iJ-l'/^^oü zt h £/. ;rÄ£t6vwv yivoiTo (oder yivono). Dadurch bekommt überdies das erste Glied der Beschreibung von dieser Ait der lü^tg dieselbe Form des Ausdruckes, wie das entsprechende Glied in der Beschreibung der zweiten Bedeutung, von iil^ig: t/ tyj ina^^Xd^si olov sKiTcpöG^öaL.; yiyvoirn züiv ixf.y_^ivTor^. — Dass /Jil^ts in der ersteren Bedeutung bei dem Seienden nicht stattfinden kann, soll in den Worten erwiesen werden: iy.sbox; [xiv av öt'' dlXrjXoiv y^utpi^ovTOiv shai rd fx{}(3'£VTa, die freilich so wie sie überliefert sind keinen Sinn geben und ihn auch durch die gewaltsamen Änderungen Mullach's: iy.üvo^g ^aiv «v tcjüv an'' ak\rik(ji'j '^dtpcl^o p.iv (üv sivoct. rd ixr/^^ivrsc. nicht erhalten; sie bedürfen aber gewiss nur einer sehr massigen Änderung, dass man nämlich ^^wpo'jvrojv statt ;(wpj(^öVTwv schreibt: £Xstvwg|u.£V av dC äXXr/Äoüv )(oj poOvTwv dvat. rd iJ.r/^^tj7a „in der ersteren Bedeutung von ixl^ig würde das Gemisch (zd iif/^divzoc) dadurch entstehen, dass sie, nämlich die zlsiova a 24, die Bestandtheile der Mischung, durch einander hindurch gehen, in einander eindringen", was vorher durch /'.voü/j,£va dg dXkr,X% bezeichnet war; es würde also dadurch — und darin ist die Widerlegung enthalten, vgl. h 2 oJv 'juoiTspov au/j.- ßaiverj — eine Bewegung, ein y^oipslv oj' äAÄy;Äo)v erf«rdert werden, im Widerspruche mit den vorher erwiesenen Prädicaten des Seien- den. — Die Unzulässigkeit der Annahme ei/ier ixi^tg in der zweiten Bedeutung scheint dadurch erwiesen zu werden, dass sich bei ih' dem blos mechanischen Gemenge, durch Reibung die Mehrheit ("" Bestandtheile zeigen würde, im Widerspruche zu der erwiese^" Einheitlichkeit des Seienden. Denn ungefähr dies wird woA'"^'' Sinn der Worte intnpoa^iasuig . . . (xr/^^ivToiv sein, die ic^ »'euer zu bestimmter Auslegung noch zu hinlänglich wahrscleidicher Emendation zu bringen weiss. Das allerdings ist sehr wahrjcleinlicn, dass im Gegensatze zu dem xjvsTfj^a'. tig äXXvjA«, yoipilv ot'äAAv/Aojv und entsprechend der in tKpöa^zoig , dem blossen AufeinanLleilegen. nicht von einem un dXlr/\a rr^r^va!, die Rede sei, sotdern von irc' dXkMcc -£^f;va{, in demselben Sinne, in welchem Aristoteies a. a. 0. 328 «1, 3 Qrjovv rrao' önoöv rs^r^VÄt sagt. Aber selbst 250 H. BüMitz ^ ,^ unter Anerkennung der Richtigkeit dieser Änderung ist für die Herstellung der Schlusszeiien dieses Satzes nichts erhebHches erreicht. Dieselbe Dunkelheit bleibt trotz der bereits gemachten Emen- dationsversuche in den nächsten Zeilen b 2 — 4 oiä. roOrov . . . rä ö'vT«, die schwerlich vollständig überliefert sein dürften. Dagegen werden sich die letzten der Darstellung der Lehre des Melissus gewidmeten Worte durch sehr geringe Änderungen herstellen lassen. Sie lauten in der ßekker'schen Ausgabe: dÄÄd Tauru ooxstv ovx. öprS-cDg. noXkä yccp y.ai äXla xara tvjv cda^rtciv fav7d^£(j^a.t. äjKOiOOLv. Adyov o' (T^-:^ dvoaptl toc avrcc '/ivei^ty.'.., O'jTt noXkot. stvai ~6 ö'y, ä/X' dioiöv zs y.ai änsipov y.ai Tcäyrr, diJ-oiov ocuto aO-ch. Kür ccrccc- Gocv hat die Leipziger Handschrift dnarä, worauf mancherlei Con- jecturen gegründet sind (vergl. Mullach S. 7); zu oür" ävaipa gibt Bekker die Varietät ovzai xeivoapsl ß" R'' Z% our' iy.eXvu osl V, und aus der Leipziger Handschrift wird dvaipsXv als Lesart berichtet. — Offenbar bilden die fraglichen Worte den Abschluss der von Melis- sus' Lehre entworfenen Skizze; dem täuschenden (o'Jx. 6o3-ü)g) Scheine der Sinne, welche uns Vielheit, Verschiedenheit, Verände- rung des Seienden wahrnehmen lassen, wird in echt elea tischer Weise die Sicherheit des denkenden Überlegens (löyog) entgegen- gesetzt, welche all diesen Schein verwirft. Um diesen Sinn vollstän- dig auszudrücken, ist es nicht erforderlich, das von der Leipziger Handschrift dargebotene dKcc-d in irgend welcher Zurechtlegung zu grammatischer Construction beizubehalten; schon a'h^rifjig und ■»aivsG^ai oder das davon abgeleitete fccvzd^s^y^a'. (das hier passi- sch zu nehmen ist, wie pav-atj^-^vaj de anim. y 10. 433 b 12) ^•eichnen im Gegensatze zu Xöycg hinlänglich die Unsicherheit der sittlichen Wahrnehmung. Aber bei löyog ist der Artikel nicht zu entb'.ii.en, und im folgenden hätte die vollkommen sinnlose Cber- liefei>ig oiizai y.sivocipsl schon darum nicht übersehen werden sol- len, w^f sie olFenbar den Versuchen oberflächlicher Besserung fern gebliefei. ist. Hiernach vermuthe ich, dass der Abschluss der Dar- stellung v^n Melissus' Lehre ursprünglich so gelautet hat: dAld rauTo: doish ovy. öp^OJg. kqXIt. ydp y.ai akla /.azd rf/v ai'j^r,a'.v yav- raC-i^cx.'. d'ild TÖv Äöyov O'jt' iy.sivo aipsrj, zy. oy-a yiyti^ai^ oiiTs noAXä zivat zö ov, dlV dioti'j zs y.ai a/retpov y.ai rzdvzr, oiioiom Aristotelische Stmlien. 251 Der Verfasser gelif mm (974 h 8 af o-jv xr/., hier sollte im Textesiibdrucke ein Abschnitt bezeichnet sein) zur Kritik der Lehre des Meiissus über, und zwar in der Weise, dass er zunächst prüft, ob der Grundsatz äouvarov ylyvsfj^ai zi i/. ix-rj övrog. siuf welchem die ganze Beweisführung des Melissus rulit, sicher ist, 974 öS — 975 «17, und dann, selbst die Richtigkeit dieses nicht zuzugeben- den Satzes vorausgesetzt, ob Melissus in richtiger und zweifelloser Weise Schlüsse daraus zieht, 975 a 18 — 977 a 11. Auch in die- sem nicht besser überlieferten Abschnitte der Schrift entbehren selbst nach den neuesten kritischen Arbeiten noch manche Steilen ihrer befriedigenden Herstellung. Ich will hier nicht, wie im Bishe- rigen, dem Gedankengange des Verfassers Schritt für Schritt folgen, sondern nur diejenigen Siitze berühren, zu deren Emendation ich glaube einen Beitrag geben zu können. 974 6 12 £0(77' £t fj.£V änayTcc tol oox&övra /j.y; i^^üic, uKolaij.- ^dvtzai^ o-j^iv tawg npooYiy.st ovoi toOt(x) npoa'/^ort'j^ai (so Mullach mit Recht statt des handschriftlichen npo'/^p-n'j^cci) rw oöyixc/.zi , O'Jx av tzjzs o'Joiv yivo'.ro i/. ix-ndsvög. Mullach hat gewiss Recht, dass er den Satz oJx. av . . . [/.-ndsvög an das vorausgehende döytxazi durch eine den Aussagesatz einleitende Conjunction angeschlossen hat; nur ist es nicJit wahrscheinlich, dass ws ausgefallen sei, sondern das mit dem Schlüsse des vorausgehenden Wortes gleiche ozi^ also tw dcy- lJ.Cizi., ozi ouy. äv nozi y.zA. Dasselbe özi ist einige Zeilen später herzustellen. Nicht alle verbreiteten Ansichten {'jTzoyn^s'.g , vergl. meine Anmerkung zu Metaph. A 1. 981 a 7), sagt der Verfasser, sind darum auch schon wahr und überdies sicherer, als die aus ihnen zu ziehenden Folge- rungen. So hat man denn die eine Ansicht, welche das Werden aus Nichts verwirft und dadurch zu der Einheit und Bewegungslosigkeit des Seienden gelangt, mit der entgegengesetzten, welche eine Viel- heit und Bewegung des Seienden annimmt, in Betreff ihrer W^ahr- heit und Sicherheit zu vergleichen. 974 b 24 ö/J-otw? /jlIv or, t^ijäv ot' dfxfozipoiv vTzolri^z'jiv (so ergänzt Mullach mit Wahrscheinlichkeit die Lücken der Handschriften) ov f.äX/dv rt iv r, ozt r.oXka. osixvjzcc. Vielmehr: oü p-älloy ozt h r, ort zoWd osr/.vvzai. — Die unmittel- bai- folgenden Zeilen lauten in der Leipziger Handschrift: sc oi ßi^aiog ixäXAov rj izipoc, dno zaOzr.g BvfXTispav^ivza iidllov Qinn/.zy.'.. T'jyj^xvd^ujva oi sy^ovzsg v.ixwozipac zcic ■jno'kr/Tsg , aXXa koü tcüv ooi^avrwv stvai ao^wv Ttvs? e!pr;xaa£v. imtrcx. yccV supixJTipvog , nuvToiv idog äafalig aisi, ry^' epog , og ndvxzaai iktrot-npinti ct^avarotaiv". Tä o' äXAa ^vjat 7cV£a3-at, raOra d" ^C oüoivög. Es liegt nahe, das ts nach U-yercci in eine begründende Partikel verwandeln zu wollen, etwa 7s oder 7«^; indessen bei der etwas bequemen Weise , in welcher der Verfasser dieser Schrift ebenso wi*e Aristoteles ts zur Anknüpfung von Sätzen gebraucht, wird man sich bedenken müssen, diese Partikel zu ändern; dass bei ihr an eine correlative Beziehung zu dem unmittelbar darnach fol- genden y.ai nicht zu denken ist, versteht sich dabei von selbst. Dass /jLr; vor yeyovivai nicht richtig sein kann, hat schon Spalding bemerkt; ob man es mit Spalding und Mullach einfach aus dem Texte zu ent- fernen, oder ob man es in örj oder fxf/V zu verwandeln hat, lässt sich bei dem Zustande des Textes und unserer sehr beschränkten Kenntniss von der Schreibweise des Verfassers dieser Schrift niclit wohl entscheiden. Am Schlüsse der angeführten Worte ist eine erhebliche Verderbniss bis jetzt übersehen worden; denn die \\orte Taura 0' i| ovovjög zeigen unzweideutig, welcher Gegensatz vor- ausgegangen sein muss , nämlich: ix toOtojv ovv ra äAÄa fri'Ji y£vi(j^ai. TavTd 0' £1^ ovoevög. Den Übergang zum zweiten Theile der Kritik, in welchem nicht mehr die Sicherheit des zum Ausgangspuncte genommenen Grund- satzes, sondern die Nothwendigkeit der daraus gezogenen Folge- rungen in Frage gestellt wird, bilden die Worte 975 a 18: 'AXX dpa £'. p.iv ouvccrd inziv r} doOvara d X£7£t, eariov. t6 oi. Korzpov avikmpa.lv er ai ccjro iE, wv Xa/Ji.ßav££ , ri ovoh KoAüst xai dlloig ix^tv-i iy.avüig G'/J^aa^ai. Einerseits die Stellung, weiche hier das folgernde dpa haben soll, andererseits die Vergieichung mit dem Anfange des ganzen kritischen Abschnittes (974 b 8 dp' ouv od npöizov fxiv fxrj näaav Aa|3övTa oö|av dpx^^^<^<- xtX.) beweisen, dass geschrieben wer- den muss dlV dpa, wie wir Pol. 7 10. 1281 «24 lesen: dlV dpa roxjg iXdrrovg oüatov d.pyzvj x.ai tou? nlovaioug; Eth.Nic. a 4. 1096 b 27, 7 4. 1112 a 15, M.Mor. «2. 1184 a 25, 29 , a 17. 1189 « 15, /3 6. 1200 b 38,|3 8. 1207 a 6, Phys.r;4. 249 a 3 dlV dpa ou p.6vov ocird Tj/xßXryTä fx/y d/jLcövu/jLa EU/scf dlld y.ai {xr, ix^iv otafopdv ; dem gemäss auch 248 «15 dlV dpa ovav £v tVw laov xtvvj^-f/, röri iaorax^g; zw schreiben ist statt des auch in Bekker's Texte noch beibe- 254 H. ßonitz ^ haltenen dlV dpa^). — Im Folgenden stellt die von Mullach auf- genommene ConjeeturSpalding's, nämlich osl nach Gxt^aa^at hinzu- zufügen, allerdings eine grammatische Construction her, aber nicht den richtigen Zusammenhang und tielTenden Gegensatz zu eariov; dieser Forderung wird durch die einfachere Änderung genügt: IX (XV 6 V av,i'\ia.a^ai. 975 b 21 — 27. Durch Bergk's eben so einfache als evidente Emendation ist dieser Satz in seine richtige Form hergestellt £T£ ds ouoiv KOilOsi, }xiav rr.va. oüoav zo näv iJ.opfiv, wg y.ccl 6 Ava- ^iixocvofjrjg y.cii 6 ^Ava^tixivr^g liyouGiv , 6 fxsv u^oip dvai fäp-evog rö ;räv, 6 oi 'AvaqjjULsvvjg dipu, xal oaot öCkloi oüroig shat rö Träv £v v^tioüxaat, toOto -no-Q u'/YiiJ.cc'^i re y.'xi 7il-n^£7i xai 6lq6rY}Ti -/.od tw jtxavöv -^ nvxvov yiyvs'J.^at. noXkä xai äneipcc övtu ts y.ai ^iyvöp.£\>a dnepyd^ea^oa zo 6'Aov. Nur im AnfiHige dieses Satzes hat Bergk ein Wort unberührt gelassen, das unmöglich richtig sein kann. Das Eine, aus welchem Anaximandros oder Anaximenes die ganze Viel- heit und Mannigfaltigkeit der Welt hervorgehen lassen, ist nicht eine einheitliche Form odcM- Gestalt, fiopfn, sondern derselbe Stoff; es konnte als ixiccv zvjd o\jaav fOaiv, aber nicht als pJ.xv zivd oüaav i).opfrjV bezeichnet werden; dies letztere Wort ist gewiss aus dpx'n'^ verschrieben. Anaximandros und Anaximenes gehören zu denjenigen ionischen Physiologen, welche {Üolv dpx'ov und zwar WS £v öArjs ddst voraussetzen. — Dagegen kann es nur gebilligt werden, dass Bergk tö ö'aov am Schlüsse des Satzes unverändert gelassen und die neuerdings von Muliaeh in den Text gesetzte Con- jectur Sylburg's zavzo ov nicht aufgenommen hat. Die überlieferten Worte geben einen vollkommen angemessenen Sinn; zaüzo ist, wie Bergk richtig bemerkt, die iJ.ix dpyjj, z6 oÄov ist Object zu dmp- •^dCta^oLi^ und Prädicat zu diesem Objecto ist ;TO/,Aä y.xi dnv.pa. övzoc z£ xai ^i'^väp-sva: das eine (stoffliche) Princip bewerkstelligt, dass das Weltganze (rö 6'Aov) eine unendliche Vielheit von Seiendem und Werdendem ist. 975 b 39. Melissus hatte aus der Leugnung des Entstehens und Vergehens die Unendlichkeit des Seienden erschlossen. Dagegen ') nieselbe Äiuierung von a'fia in dpa ist eiforderlicli de gen. et corr. ß 11.337 b 13 orov rpoKxg dpa. avä'/xvj «/svcff^ai zar. ou)( öiov re \t.o ivöi-z^eiäat. ; die Vergleichnnf;^ der vorausgehenden und nachfolgenden Sät/.e wird leicht die Riehlig- keit dieser Accentuation erweisen, während dnrch das in den Texten befindliche «p« dem Aristoteles eine ihm fremde Ausdrucksweise zugeschrieben wird. Aristotelische Studien. <^t>ö 1-ichtet sich die Kritik des Verfassers in den Worten: ■/.ult'a ri /.wÄüc! d'^ivr^rov ov £)(itv Kspag i-/. töjv sipY]iJ.ii^oiv; wonach ditnn ausgeführt wird, dass das Unentstandene zwar nicht eine zeitliche Grenze, einen Anfang des Entstehens haben könne , wohl aber eine räiniiliche Grenze gegen ein anderes ebenfalls Unentstandenes. Dass von Grenzen in einem anderen Sinne die Rede sei, als Melissas es gemeint hatte, will Mullach sogleich in jenen ersten, diese Argumentation einleitenden Worten ausgedrückt sehen, indem ir für sx 7WV ££pyjjuL£vcov nach Spalding's Conjectur schreibt ixTog rciv ctprjjuLivojv. Diese Änderung ist unrichtig; von einem nipag i/.TÖg rdüv £tpr;//.£vwv kann nur dann die Rede sein, wenn dem frag- lichen Gegenstande bereits Grenzen zugeschrieben sind, ausserhalb deren die nun bezeichnete liegen soll, aber nicht wenn ihm Begrenzt- heit überhaupt abgesprochen ist. Es ist gar keine Änderung nöthig; „Was hindert denn nach dem Gesagten,, dass das Unentstandene eine Grenze habe?" Und an den Worten in zü>v dryniJ-ivoiv etwas zu ändern, wird man sich wohl bedenken, wenn man vergleicht, wie liäuGg durch die gleiche Formel der Verfasser auf das Vorher- gegangene zurückweist, 976 b 32 ix. rwv v.[jr,i).iv^v a-Jrw /mVjz'. y.rh. b 38 oijQiV y.oikijs.i t/. rfhv On' iy.siyj-j s'.priij.iv(jiv. 979 a 34 oiioa- [j.ö^vj OS au[xßicc'.M£i £q ojv dor/A.tv. Das Prädicat ö/ji.ojov, welches Melissus dem Seienden zuschreibt, ist nicht so gemeint, als sollte dadurch das Seiende mit etwas ausser ihm vorhandenen verglichen werden, sondern es ist dadurch die innere Gleichartigkeit des Seienden bezeichnet. 976 «13 y.xi ydp 0/j.ojov oO'rw It/ct rq näv stvccj, oii'/i wg äXkoi iripo} rvj'i^ onsp y.y.i 'Avai^sc/öpag sAi'yyjt, ozi öp.oiO'j tö ämtpoi' ^ ro *)/£ oixoiov iripf^ 6p.O'.ov. 6j(jT£ o6o v; KAsi'j) ovza ov/. c/.v Iv 'jvo ÖLmtpov zlvat.. akV wojj TÖ 6'/j.otov ixpog 70 oiijzo Aiysi xac fr^ar^ avro öixo'.ov dvocL kclv^ öt'. 6iJ.or.oiJ.tpig,, Goc/Jp ov änav yj -j-rj yj s'i ti. tolovtov äXko . dr^Aog yäp o\j7'jig aqKLy v:jv.i. h xöyj orj (xtpcöv iy.xGTOv ad^ixcc ov ovv. äKZtpov k'jv'.-v . zo -^äp okov änsipov • cocrrs tcOzo. Tzepoüvst npog a\kr,\a d'^ivrizcx. ovzcc. Den Anfang dieser Stelle bis tki^yzi habe ich nach der sehr wahrscheinlichen Ergänzung und Emendation geschrieben, welche auf Grundlage der Leipziger Handschrift grossentheils nach Bergk's Vorgange Mullaeh in seinem Texte gegeben hat; das übrige habe ich unverändert nach der Leipziger Handschrift und nach der Bekker'schen Interpunction geschrieben. Für ozi ofxoiov hat Bekker 256 H. B 0 u i t z mit den übrigen Handschriften d n d{j.otov, für 6V/ juspcäv — 'S'j/xspwv, für GVTOig — ouTog aus denselben Quellen. Die Stelle scheint nicht sowohl erheblicher Änderungen der Worte zu bedürfen, wie Bergk und Mullach deren vorgenommen haben (Bergk: 6~t dvofxoiov t6 änsipov, TO yäp öixoiov . . . oixotov npog auro Äsyet, xai 'frjGiv aürüi öiioiov shtxi nräv, oTov dixotüixspig -udojp . . . v; 7-^ v . . .; Mullach: rd de 0U.010V . . . r; -yyjv . . . i'v, 0 oü>c öiKv.pöv sarjv) , als vornehmlich einer zweckmässigeren Interpiinction, um verständlich zu werden. Statt des für npog rb auro von Bergk conjicirten Tzpog a.xjr6 dürfte, gegenüber dem öp-oiov iripw-, noch wahrscheinlicher sein npog auTÖ, vergl. über den aristotelischen Gehrauch von aurö Torstrik Pliilol. XII. 525. Im folgenden ist xoci fr/Gtv auro ofxoiov ebenso wenig wahrscheinlich wie Bergk's y.oü ip/jatv aurw Sixatov sTva'. ;räv, sondern vielmehr xoci fr,aiv avro av-o) ifj-oioT^ dvxi näv, vergl. 974 b 8 aal nävr-^ oixoiov avTO aurw, 976 b 2 i/.aarov op-Oiov aOro iaurw. — In der dem Anaxagoras, mit Recht oder Unrecht, zugeschriebenen Entgegnung gegen das ofiotov ist das von den übrigen Handschriften dargebotene si nicht füglich zu entbehren; zugleich aber ist das 6'tj der Leipz. Handschrift die zur Anfiihrung der Worte des Anaxa- goras geeignete und erforderliche Conjunction. Hiernach glaube ich durch folgende Schreibweise der ursprünglichen Gestalt des Textes möglichst nahe zu kommen: y.(xi yxp op-oiov ourw Xi^sj t6 näv sxvu.'.^ Qvji (hg äXkoi kriptü rivj, ömp -aoO. k.va.z^oL'^bpcf.g iHy/^^si, oti tl ö',ui.ojov TÖ öcTretpov, tö -ys op-oiov sripw o^oiov^ ojars oiio rj uXüoi ovxa o\>y. av Iv ovQ^ ä;r£{pov zhai • dW laoig zo Ofxotov npog aürö \i')Z'. xcü (priOiv «Otc auTW oiJ.oi.ov zhai Träv, oxi 6iJ.O(.oiJ.£pig, vdo)p ov ärcccv -n '^ri ri £t Tl TOIOVTOV «AaO. OrjXog YCCp rJjXOig d^'.'Zv zhai £V • TWV 0 t ixspöj'j ty.CKJTOv^ (7ä)/xa Gv, oiiy. aK-ipov iaziv • t6 ydp oXov dnstpov • üi(Jzs ravTcc TxspaivEn^ai npög d'kkr,\a d-^jvJTixa ovxa. Der letzte Satz findet, ohne dass die Änderung eines einzigen Wortes erforderlich wäre, seine Erklärung in dem obigen a 4 exi x'i y^lvei x6 julsv olov dyivr,xov ov dnsipoii efva«, x d 0' ev avxfh yiyvöixeva Ktriepdv^at, ob er jedoch an seiner eigentlichen Stelle steht, oder von derselben durch irgend weiches Versehen verschoben ist, weiss ich mir nicht klar zu machen. 976 b Z — 8 sind in der Bekker'schen Ausgabe so geschrieben: xai -ydp p.avöv, x6 de nvxvov slvat, jüirj ovrog iv tw ^aavw x£voö . ovdiv xwX6£«v ydp, TW ixavth oüx sGxiv iv xiat [xspsii /wpt? dnoy.sy.ptiJ.ivov xi Aristotelische Studien. 257 >t£v6v, o)^ TÖ zov oAo'j, t6 /xIv e'ivat ;r'jxvöv. xat toutj ö'e scttj jmavöv tö ;räv oiirws e/cv • d.Xk' oixoioig anav nl-npeg ö'v, öiJ.oioig r,7T0v Kkfipig iari ToO nvxvov. Die Leipziger Handschrift gibt dazu nur die Varietät: oüOiV x'j)Xv£iv yccp TÖ p.av6v oüx, ferner rö fj.sv nv/.vov thai in anderer Wortstellung als die übrigen Handschriften, endlich toöt' ridrj ioTi ixavov , Lesarten, von denen unverkennbar nur die zuletzt angeführte Wichtigkeit hat. — Dass diese Stelle in der handschrift- lichen Überlieferung arg zugerichtet ist, bedarf keines Beweises. Indessen ist doch ersichtlich, welcher Hauptgedanke darin aus- gesprochen wird, nämlich dass das /j-avöv nicht ein niixvöv mit einzel- nen leeren Zwischenräumen, sondern eine durchgängige und gleich- massige Erfüllung des Raumes ist, nur von geringerer Dichtigkeit. Diese Sicherheit über den in dieser Stelle enthaltenen Hauptgedanken lind die OtTenkundigkeit der Schäden, die nicht durch leichtfertige Correcturen überdeckt sind, lassen die Möglichkeit einer Emendation hoffen. Verfehlt ist der Weg, den hierzu Mullach einschlägt, indem er schreibt: ov yäp rö iiiv juocvöv, tö di ttuxvöv efvat, jU-yj ovro? iv T.otoüg a/rav Klfipsg ov öftofw? r^rrov nlripig In .den unmittelbar hieran sich schh'essenden Worten hat Mullach von der Überlieferung der Handschriften und speciell der der Leipziger Handschrift sich ohne Noth und zum Nachtheile des Textes entfernt. Sie lauten nämlich nach dem Leipziger Codex: ££ ai xac e'7Z'.\' dyivrirov SfJTt x.Ät otä toOto änsipov rjo^cirj tlvai -/.od /jL/j iv^iyja3ai dllo /.ai akko äneipov slvat, oid ri xccl h tovto rjorj Tzpoay.'yops'JTiov y.al äoivarov; n'Sjg yäp -n to ä.7i:v.pov oaov f/ ro jm./j 6'Aov av oiovroii zIvol'.. Diese Stelle schreibt nämlich Mullach in seinem Texte folgendermassen umgestaltet: v. o£ -/.od [ear?] a.-^ivn-zö'j i^yn, Tt'Jig av moL tovto ÖLKtipov §o3sirj slvai, v.%1 [xö ivot/ta^ai. aXko y.ai dWo dcTrs'.öov sn/at; o'A rt y.ui £v tovto riori npoaa'^optVTsov y.a.i an iioo'j; ncLg yäp av to dKv.pov ih) oaov rd olov av oiovTai zhai ,■ Und doch sind bis npoaayoptVTiov die Worte so klar, dass sie keiner wei- teren Änderung bedürfen, ausser dass man entweder mit Muilach i^ri weglässt, oder, was wohl wahrscheinlicher ist, nach soti noch y.ai einschiebt: zi ot y.a.l z'jti y.y.'. d'-jivr,TÖv znTf. y.ai dtd tovto dmipov ^oBzir, zhai. y.ai [xr, zvdiyjaB-oci akXo y.ai aklo dnztpov eivai^ did tI y.ai ZV tovto tjov; Kpoaa'^opzvziov ; „Man gebe dem Melissus das Sein, die Ewigkeit desselben, die Unendlichkeit zu, man gebe ihm zu, dass nicht mehrere Unendliche sein können: ist desswegen dem Unendlichen auch schon Einheitlichkeit zuzuschreiben?" Unmöglich, denn unendlich und einheitlich sind Prädicate, die nicht mit einander vereinbar sind. Ein Gedanke dieser Art wird wohl in den letzten Worten ausgesprochen gewesen sein, aus denen desshalb das als Antwort auf die aufgeworfene Frage so treffende dovvaTov gewiss nicht durch das geradezu unpassende dnzipov hätte entfernt werden sollen. Den letzten Satz schreibt Bekker, wie es scheint, nach seinen Handschriften; K'Jjg ydp av t6 änzipov oaov ^ rd y.zv6v [xr, okov av olöv TZ zlvai. Vielleicht ist diesmal in den schlechteren Hand- schriften noch eine Spur des Ursprünglichen bewahrt. Man wolle folgenden Versuch der Restitution prüfen: dlV dovvaTov • ;rcö^ ydp dv TÖ dnzipov olov r, rd Iv ov rj t6 d'Aov ov olovTai zlvai. Auch die Bewegungslosigkeit des Seienden, fährt der Verfasser in seiner Kritik fort, ist von Melissus nicht erwiesen. Wenn man Aristotelisohe Studien. 259 zur Möglichkeit der BoMegiing das Vorhandensein des leeren Raumes erforderlich ghiiibt , so hat ja die Existenz des leeren Raumes an Hesiod eine bedeutende Autorität. Aber dass auch ohne die Annahme eines leeren Raumes Rewegnng möglich ist, bezeugen Anaxagoras und Empedokles, 976 b 19 oXka ori y.od ei ix-n iari xevöv, jmryoi rt YjiGO'j av xivolro, imi y.c(.i ' Ava^ayopocg . . . op/jig y.'.v£l die Construction eine wesentlich andere ist. Jedenfalls dagegen rnuss für ov geschrieben werden orov, also: zi ov; zo'.ovz(jV SV. olov ziv ^liv zhoLi liyei /.zl, J>7T b 151 rö T£ /.pdztazov sbcc. röv 3eöv o&/^ oiirwj vTtoAtxixßd- vo)v Atj/Bzai., (bg npog äÄXo zi zotxüz-n n zoO ^zoxj (pvatg. Die Emen- dation Rergk's v7roAa/;.ßavwv liysi widerlegt Mullach richtig; es kommt nicht darauf an, den Sinn zu bezeichnen, in welchem Xeno- phanes den Superlativ y.päzt.'yzog gemeint hat, sondern den, in wel- chem derselbe überhaupt verstanden wird oder verstanden werden .sollte. Die.-^e Bedeutung 1 reifen die Conjocturen Karsten's vkoI^ij.- Aristotelische Studien. 263 ßdvsra'. und Miillach's 'j;roAa/j.,3avojv Xs^ti rjg, und in gleichem Sinne vermuthete ich, da ich in diesen Änderungen theils die Überlieferung, tlieils den Sprachgebrauch dieser Schrift nicht gehörig beachtet fand, •j/TO?>a/j.j3dvc3/j.£v liysa^ai. Aber das unzweifelhaft Richtige theilte mir Vahlen mit in Entgegnung auf meine Conjectur, nämlich vno'Xcip.ßdvsiv kvoiy^ET ai. Ein Beispiel der Verwechselung von hitinitiv und Particip durch die Abschreiber vergl. oben zu Phys. 7 6. 207 a 19 978 h 17 /.cü.!. in dpa yt ov raürö av rt? onoXckßot 76 ixri xtvsta^ÄJ y.ai ro äxtvr.rov slva/.^ aXhä. xo p.sv dT:6f'j y.tvslG^au oi'jKs.p t6 ix-Q hov^ o;t£0 xarä tov frrj ö'vro?, dn-p dXri^ig, to os dw-vt]- Tov TW iys.iv Tcoig rio-n Aeyjo'^aj, (oamp ro dviGov xrA. An der diesen Satz einleitenden Frageform ocpcc . . . av rig vTioläßoi ist kein Grund Anstoss zu nehmen und desshalb mit Bergk oder mit Mullach oder sonst wie zu ändern; wir finden auch sonst in dieser Schrift so wie manchmal bei Aristoteles (vergl. Metaph. yj 4. 1044 a 35. Eth. Nie. 1094 «22, 1096 6 27, 1 1 64 6 27, 11 66 6 3 u. a.) äpoc in einer Weise gebraucht, dass der Satz sich von wirklicher Aussage nicht erheb- lich unterscheidet. Zu verwundern ist dagegen, dass dnsp dlri^ig noch nicht hergestellt ist; denn man wird doch weder Brandis' s'irj Ksp, noch Bergk's Athetese des e'insp, noch MuUach's eariv für eine Restitution des Ursprünglichen ansehen. Unverkennbar ist in einep dA-n.^ig nur durch einen kleinen Schreibfehler verdeckt die dem Verfasser dieser Schrift (978 b 28, 32) ebenso wie dem Aristoteles geläufige Formel slns.iv dir/Big zu lesen. 978 b 23 TO /j.iv ouv p-rj xi-usiG^ci'. dlri^sg ini toü /jitj ö'vto^, tö de ■ripiixz.lv ovy xjndpyti tw jut-vj ovTt. oy-oiMg §i oüdi äxivvjTOv sivai , ö ariixaivzf. tccütov. d/X ouzog im tw Yjpsixdv auzui Xpnrai xcxi frjGi tö [x-h ov TiOzixzXv^ ort ov-/. i'/zi fxsTdßaoiv. Der Sinn erfprdert eine Um- stellung der Präposition ini, Xenophanes gebraucht rip^ixslv als Prä- dicat des ix-h ov, also ovrog tw ripsixslv in' ccvroO ypfixa.1^ was das- selbe besagt, wie die folgenden Worte xat ^v^aj tö fx/j ov ript]xmi. 978 6 31. Es ist ein Irrtbum zu behaupten, irgend ein Prädi- cat, zumal wenn dasselbe eine negative Aussage ist, müsse desshalb dem Seienden abgesprochen werden, weil es dem Nicht-seienden beigelegt ist : nroAXä yccp av, -AOL^duzp zai iXiy^Tn , dfaipolTo t/Jjv ö'vTwv y.ocTnyopel. ouos ydp av noXkd dXriBig elzslv v:n \xti s'v , tlntp y.TC/v • — 7£v6j7.evov), sondern die Position des einen derselben, ^ärsp«, gefolgert werden niuss. Die Lücke, welche hier nicht zu verkennen und durch die Wiederholung fast derselben Reihe von Worten leicht erklärlich ist, lässt sich mit hinlänglicher Sicherheit so ergänzen: d-vä^jv-ri ydp, (prjoiv, li xi fi'arjv, yjTot i'v -^ -TOAÄd Elvai -/.ai nrof. dyivriza rj 72 vö/v.sva. ££ oy) ^itp.ßa'.- vsi ixo-s 'iv [x'rjt /T&XÄa dvai.^ iinvs a.-jivr,zy. iJ-rje -^e^ö'xsva, ov§h av itr;. ori o-jv ovy. 'iarvj xrl. Die Ergänzung der grösseren Lücke wird an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn man vergleicht 979 b 20 sl ol £(7T'.v, YjTOt d'^ivriTOv rj ysv6p.Evov slvai und aus der Darstellung der Lehre des Gorgias bei Sextus Empiricus Vll, G8 sl väp rö ov sauv, rizoi dioihv ianv ■?/ 7cvr;TÖv i^ dioiov &ixa y,cä ysvnzov • oürs oi dioiov idTty c-ürs y-voTOv out£ dp-fÖTspa, w? Ozi^oixsv ouh dpa inx'. tö dv. 71 £1 7äp 7£70V£V, riTOi i'S^ovTog h i^- P-h ö'vrc-s yiyrjsv. d\V oürs =;< roO o'vrog yiyovzv ktA. 73 £t 7äo £v iar^v, rizoi tzogöv iazvj ^ ou-jv/iq iazvj l ixiyz^og iazvj -n oihixd iaziv. — Für die Einschaltung des ouv vor einem gleich anlautenden Worte vergl. oben zu Phys. 0 13. 222 a 20. 979 b 24. Wenn etwas ist, so niuss es entweder ungevvorden sein oder geworden. Beide Annahmen führen nach der Argumenta- tion des Gorgias in Widersprüche, y.al ei [xh d-^ivnzov^ ännpov a.xizo zolg zo-j }\c}daaov dq'.(hp.aat lap-ßd^si- z6 0' dmipov ova dv dvccinou. ouzs 7dp £v aÖTW ovz'' dv iv äXAw sivai • ovo ydp dv oürto? in nUioi dvai, z6 zs ivdv xai z6 iv w • iJ,ndap.oO oi ov ciioi elvai Ktxzd zov Zrr vwvog XÖ70V Tzepi zr,g x^p«?- D'e Worte ^ nlsioi sind bisher von den Herausgebern mit Stillschweigen übergangen, als seien sie unbe- denklich. Und doch sind sie unverkennbar falsch; denn die Argu- mentation des Gorgias führt hier wie in der entsprechenden Stelle des Sextus Empiricus VII, 69 IT. durchaus nur zu der Folgerung, dass zwei Unendliche existiren müssten , zö zs ivov y.ccl z6 h m. Wahrscheinlich war geschrieben ou^j -^dp dv ovzoig dr.sip'ji s oüo' it, ö'vrog äv yevla^at. zi [}.h -^äp p.r, iari vi (xn ov xrl. Foss und Mullach neh- men daran Anstoss, dass für den Begriff ^i-^vsa^ai, um den es sich handelt, yszaniKTziy sogleich substituirt ist, ohne dass irgend eine Vermittlung hergestellt wäre. Sie glauben dieselbe durch eine Ein- schaltung ersetzen zu sollen, indem Mullach, in aller Weise unwahr- scheinlich, schreibt: st 7«^ rö ov 7ivö/j.£vov fj.zTdTti'Joi, Foss dage- | gen beispielsweise vorsehlägt: si "^äp rö ov yivoiro^ [xeraK iizlv av El OS ixsTCiKSGoi, eine Conjcctur, die man durch Herstellung eines Homoioteleuton noch plausibler machen kann: si yäp rö ov yi- votro,uL£Tar:ä5ctv av' ci os tö ov ixsTXJziaoi xtX. Indessen lassen sich die Worte ylvsa^at und|L».£ran:t;:7£!vin dem Zusanwnenhange dieser Gedanken sosehr als Synonyma betrachten, dass eine derartige Ein- schaltung nicht erforderlich sein dürfte. Wohl aber ist nothwendig, dass im Nachsatze der Artikel vor ov weggelassen werde: ov/. av sV ilvat ov, so gut wie die gleiche Folgerung für das irn ö'v lautet: oüx av in ehi [xn öv. — Mit den folgenden Worten cuoi [xi/v /.zl. wird zu der Annahme eines Werdens aus Nicht-seiendem übergegangen; das ersieht man eben so sehr ans dem Verhältnisse zu dem Voraus- gehenden wie aus den nächstfolgenden Worten. Um diesen noth- wendig erforderlichen Sinn herzustellen, haben Foss und Mullach die Negation fxyj vor övrog eingeschoben: ovoi ixrrj oOo^ t/. [x-'n ovtoj av ysvi'^^ai. Dasselbe lässt sich indessen fast ohne alle Änderung der überlieferten Buchstaben erreichen, wenn man schreibt: oi)oiixr,v ovy. l^ ovTog av ysvi'j^a'.^ denn oi)x e^ ovzog für i/. /r/j ö'vroj findet sich bei Aristoteles wenigstens häufig genug, vergl. die von Waitz Org. 4 Ä 22 angeführten Stellen und dazu noch Cat. 6. 5 « 16, 37. Zur Rhetorik and Poetik. Die vor Kurzem erschienene Abhandlung Vahlen's: „Zur Kritik Aristotelischer Schriften. Poetik und Rhetorik" (Sitzungsberichte der philos. hislor. Classe 1861. Oclober) gibt einen glänzenden Beleg dafür, wie die strenge Benützung der besten Überlieferung Aristotelische Sludii'ii. -i()7 in Verbiiitliiiig mit tlor Veiliefung in den Arislulelisclien Getliiiiken- gang und der genauen Kennlniss der Aristotelischen Selireihweise uns der ursprünglichen Gestalt des Textes der Aristülelischen Schrit- ten erheblich näher zu bringen vermag; selbst Änderungen, die für den ersten Blick den Schein der Willkürlichkeit oder Gewallsamkeii haben könnten, sind auf diesem Wege zu völliger Evidenz gebracht. Der Fortsetzung der dort geführten Untersuchungen, zu welcher einige Stellen der Abhiindlung die Aussicht eröffnen, sehen gewiss alle Kenner des Aristoteles mit dem lebhaftesten Interesse entgegen. Zu den in Vahlen's Abhandlung enthaltenen reichlichen und ent- scheidenden Besserungen des Textes will ich im Folgenden als Anhang ein paar Emendationsversuche geben; sie betreffen Stellen, die eine ausführliche Erörterung nicht erfordern. Rhet. a ö. 1302 a 2 ot.i.ziy. o' i'jzlv r, z-'r/Ti ivtojv [xlv ojv y.y.i «'- /Totpä 'ji/7'.v ihcx.1. ■ -j-y'-siocg ixiv ydp ri/yr^ ccizia ^ /.dXkojg oi xxi ixz'^i^ovg fj'7'.i. Durch diese von Bekker und Spengel aus den alteren Ausgaben beibehaltene Interpunction wird die iJeziehung des Satzgliedes bj^iy^zzc/j. ok /.cd nafid fjatv slvai ganz verdunkelt; dieses ist nämlich die Fortsetzung des Relativsatzes oawv n ©i/a?? in der üblichen Weise, dass bei den» coordinirten zweiten Gliede die relative Verbindung nicht von neuem bezeichnet ist. (Vergi. Krüger griech. Spr. §. 60, 6. Aristotelische Beispiele bei Waitz Org. 25 b 35). Also: „deren Ursache die Natur ist, die aber auch gegen die Natur geschehen können", so Muret: „quae natura efticiun- tur, ita tarnen ut etiam praeter naturam evenire possint", also: oiov otsoii) Y} ifvaig ^ i-voi'/j.~y.i. oi xai tzol^ck. '^iiiiv sivai. Rhet. a 7. 1364 a 31. Im Verlaufe der quantitativen Ver- gleichungen unter verschiedenen Gütern lesen wir: aÄAov ui rpönov -ö päov TO-j '/oiliJkWzipo-j (nämlirh [xii^o-u d'jc/.^i\ i^-jv) * s^*' V^f" fhq ßov'köjxs^:^. Kcci oj rö evavziov juiefi^ov, /.oü oO yj azipriOig [xdCoiv. y.al äpizn jy.y; dpizr^g xai aciyJ.oc [xr, /.ccaiag ixii(^(x)V • zu ,aiv 7«^ zi\r,. zy. 'T o-j zilrt. Wem kann es denn einfallen, zwischen dpizr, und [xr, dpzZTt, zwischen y.a/.iy. und p.rj y.ay.ix eine Vergleichung der Grösse anzustellen ? Aristoteles wird vielmehr geschrieben haben : -/.y.i dpizr, ixr, y.a.y.'.y.c y.y.l v.y./.'.y ix'n dpzzrtC [xv.'Coyj. Dies hat einen klaren Sinn und dazu stimmt die hinzugefügte Begründung. Die Ver- wechselung beim Abschreiben, welche in dieser Emendation voraus- 268 H. B o II i t z gesetzt wird, liegt an sich sehr nahe und könnte vielleicht noch durch eine irrthümliche Beziehung dieses Falles auf die voraus- gehenden Worte : /.ai wv r, azip-naig iJsi'Coiv veranlasst sein. Im weiteren Verlaufe derselben quantitativen Vergleichung unter Gütern lesen wir aa.-v t^üaiv 1369 b 34 zurückgeführt wird). Vor sig z6 /.azd fvatv xa^iGzao^cn'. ist der Artikel z6 nicht zu entbehren: £v oe toj ixccv^dvsiv tö eig zo xazd (pvaiv y.a^iazaa3-oa. Die Aufeinanderfolge des tö vor und nach sig konnte leicht zu dem Versehen Anlass geben; dass übrigens diese Wiederholung tö sig TÖ sprachlich kein Bedenken hat, braucht kaum erinnert zu werden; genau ebenso lesen wir 1370 a 3 dvd'^xv ovv rjSv eivoci z6 zs zig tö xaToc (puatv iivai. ,3 13. 1389 b 20 sGzt ydp y.ci/.ori^£'.a tö ini z6 '/^zipo-'j 'jnoXccfxßdvi'y ndvza. Ja selbst die unmittelbare Aufeinander- folge "desselben Artikels wird nicht gemieden; so ist Rliet. ß 24. 1401 a 24 für äXAo^ tö diriprjfj.ivjy avvzt^ivzx liys'.M r; zo CT'jyxcijuicVOv ') Dieselbe Berichtigung ist in der Physik 8 3. 210 b 28 voiziinehmeii , wo ßekker nacii seiiifii Ilflüdschrii'ten schreibt: inei ovdev zo i'^'^siov rou £v aurw (irspov 'yäü zö TzpöiVO); o ze xal £V U)) xzl. Vielmehr ist mit Simpiicius 131 b /.u schreiben ou^iv TO a^'/tiov roy £V aürw, wie auch die Sylhurj^'sche Ausg^-ahe hat. Da in dem ganzen Cnpitel 8 3 vorher die Möglichkeit des stvai £v auTCJJ discutirt ist, so war die Veiwechsiuug' besonders nahe gelegt, 970 H. B 0 u i l z diaipovvT(X, da weder dirip-njxivov, entsprechend dem zo a-jj/.ziixtvov. noch der Infinitiv li')vy (vergl. z. B. nur auf derselben Seite a 2, 5. 8,12,19,21,6 3, und für die Verbindung t6 tö z.B. Meteor. «3. 341 a 30) den Artikel entbehren kann, nothwendig zu schreiben: äXXo: TOTO dirioriiJ.ivo\' axtvzi^ivxa. Hysiv y.ai zo G-jy/.sl.p.svov otaipo-jvza. Bhet. a 12. 1372 b 32. In der Aufzählung derjenigen Charak- tere, gegen welche Übelthaten sich zu richten pflegen, heisst es xat zovg /Jirj su'Xaßiig (nämlich dor/.oü(Ji) . . . y.ai zoix; pa3-Jp.ovg . . y.Oil zoiig ccia^^vzn'X'jOg . . . xat zoug iiTCO KoXkQv 6'.QV/.r,^tjzag y.ai p/r ins^sA^övzccg (hg ovzag y.oiza. zrtV napoip-ioiv zoOzovg Mvacöv lelav. xai ovg p.rjd-KÖi7:ozz y.ai o-j^ noXkäxig ' dp.f6z£poi ydp dfOXanzoi ^ o ixiv (hg ovdsTzozz, oi ol 6ig o-jy. dv izt. Die Construction erfordert noth- wendig xat tol/^ p.rio-T!:(hnoze xal zovg noXXdy.ig, das jetzt im Texto befindliche ovg durch ein ridb/.rtai zig verständlich machen zu wollen, geben die vorausgehenden Worte keinen Anhaltspunct, vielmehr sehen wir douri^ivzag noch im folgenden fort gelten oi p.iv öjc oijoinozs, nämlich dd'.y.r^^iyzsg. Den Artikel zoug hat an der ersterenl Stelle die für die Rhetorik entscheidende Pariser Handschrift Ä', an beiden Stellen, sei es nach Handschriften oder nach richtiger Conjectur, die Baseler Ausgabe. Rhet. «15. 1377 a 30. Aristoteles hat die verschiedenen bei dem gerichtlichen Eide möglichen Fälle des Anbietens oder Nicht-anbietens, Leistens oder Nicht-leistens einzeln behandelt, um bei jedem zu zeigen, wie sich das eingeschlagene Verfahren zu Gunsten der Partei benutzen lasse; dann geht er auf die möglichen Combinationen derselben ein: iKsi oi xa^' sxaazov ofyAov ;rcös Äcxriov, y.ai Gv\/dva^öp.evo\/ ncog \iXzio\/ or,lov • otov si. avzog p.iv ^iXet \ap.ßdvi.iv diooyai oi p:'r, xtX. Stati TJVQ-ja'C6p.zvov ist zu schreiben a-jvouato/ji£vwv, vergl. Mor. M. «17. 1189 a 24 eKsl ouv xa3-' v/.a- azov zouzdiv O'Joiv £7r'.v r, ixpoalptaig^ zauza 'T iazi zd iv zri ^'jyr, '^ivöp.Eva^ dva'^y.alov oy) avvo'jai^op.iv orj zivüv zo'jzoiy sivai zyjV TzpoaipsGiv. Bhet. ß 4. 1381 6 24. In der Aufzählung derjenigen Charaktere, denen sich freundschaftliche Neigung natürlich zuwendet, herrscht durchweg, wo diese Charaktere einfach durch ein Substantiv oder Adjectiv bezeichnet sind und nicht durch die Umschreibung eines Relativsatzes, der Accusativ, als abhängig von (floüG'., so all zoxjg 7:£zo'.o-/.6zag su, « 15 zoug (pO,oup.ivoug . a 20 zoug cunotrir'.y.oüg, Aristotelische StudiiMi. ovra! yt'Xo'. zh^ statt (^tlovaiv^ erklären zu wollen, wäre doch selbst für Aristotelische Schreibweise eine starke Zumutliung; sie wird dadureb unmöglich, dass in den folgen- den Zeilen bei dem weiteren Verlaufe der Aufzäblung der Accusativ ebenso unbestritten fortherrscht, wie vorher, was man doch schwer- lich blos auf Rechnung des b 26 wieder vorkommenden 'fdov^iiv schreiben möchte. Wahrscheinlich ist in jenen Dativen xai zolg — otÄoO^tv vielmehr ein Relativsatz versteckt: -/.xl o'i (oder offot) 6iJ.oioi<; y.cii roiig ä.rzo'DTaq y.ccl toO? KccpövTag ftAoOGtv. Ein Missverständniss der Form otAoOatv, überdies vielleicht eine Einwirkung des voraus- sehenden Dativs in einem Relativsatze b 23 oig av ^•j/j.Troärroj'jtv können leicht das Versehen herbeigeführt haben. Übrigens hat die Baseler Ausgabe oi für roig. Aristoteles fährt dann in derselben Aufzählung so fort: xat 70-jg [j/r, KloiTTOixivjug Kpog ia-JToOg • zotovrot os v.cjI oi rä fuOla rä ia-JTÜiV X£70vr£g. dp-nTCii '^^äp ort r.pog zovg ftAo'jg za npog qöcjxv 'j\jv. rxiri'^vö\}s^cf. ' d o-jv 6 uifJX'^MÖpsMog iJ.r, fiAsl, 6 fro aiayjrjoixsvog ylrj^yjzi £Otz£v. v.cü Tovg [i:n (poßepoOg, x.at ofg 3-appoö/j.£v • ovosig 'fj.p ö'v 'fj^-lzai fdti. Der Sinn dieses Abschnittes ist zweifellos, aber an ein paar Stellen desselben sind offenbar kleine Verseben des Schreibers bis jetzt in den Texten belassen. Die freundschaft- liche Zuneigung wendet sich nicht denen zu, welche gegen sich selbst keine Verstellung üben, zoüg ix-h nlazzoiJ.svovg npog savzoOg (Muret: „qui apud se nihil fingunt"), sondern welche sich gegen sie, nämlich die ihnen freundschaftlich gesinnten, nicht verstellen, also zoijg [IT, nlcizzofj.ivjvg npog ai>zoOg. Dass die Casus von auzof. hier das allein richtige sind, davon kann schon ein Rückblick auf die vorausgehenden Zeilen überzeugen 6 10 roO? Tipog •x-jzoiig nnou- '"jc/.i'jtg noig lyovzcf.g ohv 3a'j/j.dCovrag c/.uzovg (wo Bekker und Spengel mit Recht ocvzoug schreiben, trotz des iacuzovg in A') xat 'JKO'JOCii'Jug vKola.tj.ßdvoyzag xat X'^ipovzag ccvzoig, vergl. b 1, 24, 3(1. ,3 5. 1382 /; 15— 18. Dieselbe Änderung ist noch an einer anderen in diesem Zusammonhange vorkommenden Stelle vor- zunehmen 1381 i 8: xcci Toitg p.ri y.ay.oUyovg (nämlich ftloOai) fi-noi ddÖTCcg ixrrtTS. rd tüjv Kkr,aw -/.ay.a. ikrjz rä aircDv, «AAd raya^d • ö 7äp dya^6g toOto dpa. Man findet sich zu soiclien Männern freu[id- schaftlieh gestimmt, die nicht eine böse Zunge führen und nicht die SchwÜL'hen der andern kennen noch — ihre eigenen, ^xy^tc rd «uTcüv. Gewiss nicht; diese Selbsttäuschung würde nimmer- mehr als Zeichen des dya^ög betrachtet werden, 6 yäp dya^öc ToOro ocd, vielmehr bei den Freunden so wenig wie bei andern haben sie einen Blick für die Mängel und Fehler, sondern für das Gute siooTag ixyjts t« tcüv 7:lr,'7iOv y.a/.cc ixt/TE to. aüröiv, ,,iieque aliorum mala neque nostra", wie Miiret übersetzt. — Vergleichen wir hiermit noch ß 3. 1380 a 26 /.cd (nämlich TZpö^'^i ihi) rolg (jKO-Jodllo'j'ji zoog Toug aKO'jodC'j'jzv.g. iNicht gegen solche sind wir milde gej«timmt, die sich ernst benehmen gegen diejenigen, welche ernst sind, sondern gegen uns, wenn wir ernst sind. An der genau entsprechenden Stelle über die Anlässe zum Zorne lieisst es /3 2. 1379 6 31 xat (nämlich öp'fi'Co'jzot.i) -fAg ei.poivsuoii.iv'j'.g npög ihKZog i^äppv. to6touc:, o\jB' ourot tX!7r;rov. Plat. Phaed. 88ß oüoevt 7:p'j(7rj-/,ti ^dvxTOV ^appoüVTi. Phacdi". 239 l^roycip toioüto'^ atLixa , . . oi p.h iy^^poi ^appoOaiv^ oi ot filoi xal avToi oi ipy.iTy.i (poßoOvTCx.t. Rhet. ß 6. 1384 b 6. Auf die Frage, vor wem man sich sciiäme, gibt Aristoteles unter anderem die Antwort: xai roi/? iEccy^tATuoug nollolg (nämlich oci'jyjjv'jyrai) • ouokv yccp otauiipsi UYj ooxiiv ■?/ /r/j ■Ex'^yiXkstv. Die letzten Worte sind sowohl hinsicht- lich dos sprachlichen Ausdruckes als in Betreff ihres Sinnes auffal- lend. Zu f.T3 doy.sXv miissten die ata^^uvojuLsvo? Subject sein, zu juiyj i^ccyyilh'.)^ dagegen £y.v.voi ovg aiayJjvovToct.^ eine Nachlässigkeit des Ausdruckes, die nicht unmfjglicb, aber auch nicht wahrscheitdieh ist. Und dazu hat der daraus hervorgehende Sinn etwas Schiefes; es soll keinen Unterschied machen, ob wir nicht in einem bestimm- ten Rufe stehen, oder ob man etwas von uns nicht unter die Leute ausbreitet; dies beides liegt ja einander an sich so nahe, dass die Unterschiedslosigkoit erst noch zu bezeichnen kein Anlass ist. Bedenkt man, dass in der Erörterung über die Scham zunächst vor und nach der fraglichen Stelle der hauptsächliche Nachdruck darauf gelegt wii'd, dass man bei einer schämenswerlhen Handlung gesellen werde (a 34 y.ai rä iv of^ccliJ-Oig y.xi zd h r^a'jtp^ ixäAlov ■ nn man bei dem beabsichtigten Gegensatze eine Nega- tion im ersten Gliede entbehren. Die Camot. und die Bas. Ausgabe haben dieselbe, vermuthlicb nach Conjectur , zu Anfang des Satzes: o-jy. (hri^naav, der Gloicbklang würde noch vollständiger, wenn man voraussetzt, dass geschrieben war: (h-ö^-n^yccv aurov ov Katoiov mo- xivat^ ä^A' aÜTOö airiov ysyCMsvat. oder wahrscheinlicher (hr^^-rjg av ciVTOv xtA. vergi. y II. 1413 a 28. Rhet. 7 10. 1411 6 19. Unter den Beispielen treffender Witz- worle, die Aristoteles auf drei Moment^^ zurückführt, auf Metapher, Gegensatz und Anschaulichkeit (1410 b 3S) nimmt die letzte Stelle ein : OTt -/.oci ai nolstg tco ^oyM tojv dvB-pojKoyj ij.syd\c(.g sö^uvccg Qco6ixai.v • q yäp su^-'jva ßldß'n rig ouaicx. iariv. Es ist zu verwun- dern, dass noch kein Herausgeber die einfache und für den Sinn iiolhwendige Umstellung zweier Wörtchen vorgenommen hat -/.cci 07! ai Tcölv.q y.-'K. ') So wie die Worte jetzt lauten, würden sie nicht die Anführung eines andern Beispieles sein , sondern noch zur Begründung des vorausgehenden gehören, was sich durch den bei- derseitigen Inhalt als unmöglich erweist. Jedes neue Beispiel ist vielmehr durch ein an die Spitze des Satzes gestelltes xat eingeführt, vergl. (( 4, 5, 8, 10. 15, 18. 21, 23, 28, 30. Ä 1 , ß, 11. 15. und Rhet. 7 11. 1413 a 28. Als Beispiel der verschiedenen Form des Ausdruckes, welche einem zur Caricatur übertriebenen Bilde gegeben werden kann, führt Aristoteles an : ü'jkso aihvov ouXoc zd i/J^Y] '^op£iv orr^^rjg o' av ov oy.ilrj dXld aiXiva. tyj.vj ovTtog oülcc. zini Q vKspßoXai iktipay.t'jiOEi.g- T^OGpörryra '^dp o-riXo'Jai.v . Der Satz 'hri^Ttg 0 av xrA. bedarf einer Interpunction , um verständlich zu sein, nämlich eines Komma vor 'jvruyg. Stillschweigend haben dies die deutschen Übersetzer, Knebel und Roth, vorausgesetzt; nur möchte ich nicht mit ihnen an krumme , gewundene Beine denken, „man hätte glauben sollen, er habe nicht Beine, sondern Epheu- ranken, so krumm sind sie", sondern an stark behaarte. Denn findet sieh auch bei Kallimachus oUXoq von den künstlichen Windungen des Tanzes, den Windungen d^s Ruderns (Meineke zu Call. .lov. 52), ') Die g-lficlii' Amieriiiig- xoti. ot' sin- das ii^ndschrittlivlii' ö"'. za', stuluirt Vnhlen 3. 4'i zu « t. K>.'>(> h IS H. B o n i t z 276 so erinnerl. doch Hie Vergleichung mit aiAjvov an die wie es scheint spricliwörtlichen ffsXtvwv oüAoTspat rpix^^. — Die nächstfolgenden Worte bedürfen einer leichten Ergänzung; denn nicht, dass es Hyperbeln von jugendlicher Keckheit gibt, war zu sagen, sondern dass die Hyperbeln überhaupt den Charakter jugendlicher Keckheit haben; diese Allgemeinheit ergibt sieh aus der darauffolgenden Begründung afoopoT-nrcc yxp orjAoüaiv. Also vielmehr: shl o' cct ■jKspßolal i).upot.y.'.mv.q- a'foopözrircx. yäp 5-ri'^ovaLv. Rhet. 7 14. 1414 b 27. In epideiktischen Heden wird ein ganz beliebiger (o rt av jSouAyjTat), mit dem Thema der Rede selbst gar nicht zusammenhängender Gegenstand zum Eingange genommen, und von da zur Sache selbst übergegangen: napddsi^ixcc tö r-^g 'la'jy.pÜTOug 'Elsvng npoolp-tov oüdiv ^äp ousiov xjnäp'/e'- ^ofs ipimi- ■KOlg -/.oü 'EA£vv3. Vielmehr ovoh -jap -aoivov ünäpyj-i zolg ipiarixotg xat'EXsvyj, veriil. Poet. 1. 1447 b 17 oudsv de aotvöv kariv '0|j.>5fw xat 'E/JtJTSOox.AsT TzlrtV rd pizpov. Poel. 4. 1448 b 35 coJTrsp ok xoci rä arcou^ula ixdhaTtx KQir,xrig "Op-r^pog r^ {ixövog yocp ouX ozt rj, dlX özi xai ixifj-rjGsig opocixoczuäg inoiriCiv'), oütoj xdi zd zfig xw/j.wotas ayrt]i,a.za. npojzog unios'4£v. Das zweite ön verdankt seinen Ursprung gewiss nur einem Missver- ständnisse der Verbindung oJ/ or«, und scheint von den Heraus- gebern im Texte belassen , weil man der Aristotelischen Schreib- weise jede , selbst durch den Zusammenhang gar nicht motivirte Ellipse glaubt zumuthen zu dürfen. Ich zweifle nicht, dass der Satz ursprünglich lautete: ixövog '^dp cijy^ ozi sii, d.\\d zal ixifiriaeig dpaixaziy.dg knoinaBv. Vergj. für das Vorkommen der Verbindung oO;( ozi — dÄkd y.al bei Aristoteles Pol. vj 11. 1331 all st o/j zoü- rov l'/t'. Tov zpoKO\t^ ovy^ özi zslyrri fxövov nspißl-nziov. dXkd xat zoüzoiv iniixsXrjziov , önoig xat 7:p6g xöff|ui.ov iy^Yj zfi köXei xtA. und in der Pseudo-Aristot. Schrift über Xenoph. 975 a 9. Poet. 7. 1450 b 39. Da jedes Schöne aus Theilen besteht und in der Ordnung dieser Theile der Grund der Scbönheit liegt , so ergibt sieh, dass ein schöner Gegenstand weder in Kleinheit noch in Grösse jedes beliebige Mass überschreiten kann: otö ouzs. ndixixupov av Tt yivoizo -Kokov Cibov (^rjv^yslzat ydp y} ^soipia. iy^vg zov dvai- a^r^zou ypövcv yvjoixhri) cüzi 7xanp.iyt^eg. Aber darum , weil ein Gegenstand ganz klein ist, braucht doch nicht die Betrachtutig des- selben eine fast plötzliche , momentane , auf einen Augenblick Aristotelische Studien. 4iti beschränkte zu sein; denn das würde durch dvoüa^rtrog XP°^°^ bezeichnet sein, vergl. Phys. o 13. 222 6 15 tö o' i^cä(pvrjg tö iv dycci^j^YiTM XP'^''^^ °'^ iJ.t/.p6~r,7a. i/.ozdv. Vielmehr entzieht sich der gimz kleine Gegenstand fast der Möglichkeit der Wahrnehmung und gibt desshalb nur eine undeutliche, die Theile nicht bestimmt unterscheidende, verworrene Wahrnehmung : avyx^Xzoci '^äp ri ^£w- pici iyyiig toO dvaio^-nTo-j yt^op-ivri. Poet. 14. 14o3 b 34. Aristoteles unterscheidet die verschie- denen Arten, in denen entsetzliche Handlungen zur Darstellung in der Tragödie gelangen können, um dann ihren Werth gegen einan- der abzumessen, iazt (xh 7«^ oötw yivs(j^on rrjv npä^tv tjoanzp oi naXccioi Inoiow^ doQTCCi xat •ytvcüffxovTa? .... iari oi npd^at i>.iv^ dyvooüvTa.<; ot KOä^OLi 70 osivov, £1-^' vcztpov dvwyvtüpiGai TTiM (piliav . . . hl di TpiTOv nocpä zuvTOi töv ixiXkovTa. TzoitXv ti tcöv dv/jxs'arwv dt' dyvoKXv dva'-^voipiaai npiv 7ioif,aaLi. Der Infinitiv dvciyvoipiaac kann in dieser Verbindung den Artikel nicht füglich entbehren (man vergl. nur z. B. in den nächsten Zeilen b 37, 1454 a 2), bei iiiXkovra dagegen ist er nicht nur überflüssig , sondern sogar im Vergleiche zu der vorher eingehaltenen, unbestimmt allgemeinen Ausdrucksweise, sioö- Tccg /.ai ytvoiay.ovTocg, dyvoovvTocg, störend. Es war vielmehr ursprüng- lich wohl geschrieben: ert di zpirov Tzapd TCivrcc ro [j.i'kXovza. noulv . . dyayvoipiaixt npiv KOifiaat i)- — Ich verbinde hiermit sogleich eine andere Stelle, in welcher ein Artikel in unseren Texten fehlt, Poet. 20. 1457 «19 KT^Jirug o' iariv ovö/jiaTO? 73 p-np-ocTog -q \i-iv tö xara zoii- 70-j ri 7Q{j7(xi arjixaivovGoc -/.cd öaa TOiaöra, f^ dt tö kcc70c tö ivi yj noXkolg, oiov d'j^poiKOt ri dv^poiKog, 77 di xaT« Ta vKo-/.pi7ud xzl. In Ermange- lung eines Namens für die einzelnen Casus bezeichnet Aristoteles den Genetiv als diejenige Moditication des Nomens, welche in ihrer Bedeutung entspricht {a-nixcävouaa zo aa7d . . .) der Bedeutung von tg6tou, und eben so den Dativ durch Vergleichung mit toutoj. Also ist zu schreiben: v^ ixkv zö xazd tö to6to'j r^ to6tw GrtiJ.(x.ivo'jafiiehfigung ist de aniiii. a 4. 408 a 13 erforderlich; für öfxoiwj 8e dcTorrov zal -dv lö-jo-j zoi [j.c^cO)S civat ry,v ^•JX'h'^ ist zu schreiben , übrigens nicht ohne handschriftliche FJ.'stiitigiin-: &(xoio)f OJ cctottov x«t TÖ X&7C1V ZYji [Ai^eoj? iv^cii T"^v ■^•üX'nv- Sitzb. d. i.hil.-hist. Cl. XXXIX. IM. II. Hfl 19 '^ 273 H. ß o n i t z konnten das Übersehen beim Abschreüten leicht veranlassen. — An einer anderen Stelle hat sieh ein aus Versehen wiederholter Artikel fälschlich an das vorausgehende Wort angeschlossen, Poet. 17. l4öoa2ö osl oi ToOg fJ-O^oug amioxccja.i xai rvj li^si a.n£py(xCe(7^cx.i. i) ÖTt iJ.ixliGZ(x npo o,a/jtarwv Ti^iiisvov oO'tw ■yccp av svocp'^iurciTa. o'pwv, (oaKtp KOLp" avToig ^i^vbiievnq roTg TzpaTTOixii/otg , zxjplay.ni rd npinov^ xoü T/KiaT^ av 'kciv3dvoi.TO rä vnsvavrioc. Das Medium Iccv^dvta^at ist liier ganz unpassend; die Schlusssylbe to ist nur die irrthümliche Verdoppelung des folgenden rd, also f/xtar' av Xav^avot ra vns- vccvTici, wie es bald darauf heisst a 27 o jxrj opäivra töv ^iXTrjv eXäv^-avEv. Poet. 24. 1460 a 4 ^td oüoetf ixaxpdv ovaTaaiv iv aXXw ntnoiri- X£V T^ TW V?ptf)W, äXA' UXJTZSp £mOlXEV, aVTri -0 fOctg §10\\\i^y tobie ame czye frdcze wedlobye F' Zwolilfem fotiye mylu ta tzre ine frdcze pylw. pyla lirzefye. ach boly. a twoyt budw gdet sem koly rozyenic. — 9Ö8, 23 Suly. — 939, 1 unil 2 ffu. — 939, 4 «Irepcze. — 959, 10 zerzye. — 939, 13 blecze. — 939, 16 Otoho. — 939, 23 hrzie. — 939, 31 ty prawye. — 939, 32 j e f t fehlt. — 939, 36 Trog-e. — 960, 1 zaczeii. — 960, 9 mye. — 960, 11 tak noch hei der vorangehenden Zeile. — 960, 16 Suo kruhlu. — 960, 17 wywody. — 960, 29 przyal. — 960, 34 tczye. — 961, 3 lesknulu. — 961, 4 tot raa za oplatu. — 961, 3 zet. — 961, 10 z fehlt. — 962, 6 wz(dy) lakom. 2) Uobrovsky, Geschichte der biihmischen Sprache und Literatur, Prag- 1818, S. 303. II a n k a, Starobyia Sklailanie 3, 263. Jung mann, Historie literatiiry ceske, 2 vyd. S. 28\ Nr. II, 28, 1. Sembera a. a. O. S. 101, 178, 193; ob- V wohl Sembera einige Zeilen aus der Handschrift niittlieilt, dieselbe also ver- uiiithlich auch angesehen hat, erklärt er doch, das Lied bestehe aus neun vier- zeiligen Strophen. 3) Es ist die Handschrift Nr. 4338 (olim Cod. Theo!. 844) der k. k. Hofbibliothek; die nähere Beschreibung verspare ich auf die Einleitung meiner altceehischen Leichen, Lieder und Sprüche. 284 J. Feifa I i k ^ R° Srdeczko gdywT. fye tobye gzye nechezez dbaezi sobye twa radoft weffele hyne protu bezeyfmenye 2 V Aczt bych ya gy zmenowal mnohyt by mye ftrafowal azkra procz ty tak flwzfis czemw fye myloflcy (sicj hlwbif. F' Newstawiczi mylownik iako vcziefti brzyepik gczemu zye koki C^icJ prziczini a tomu wfeniu vfkody. R° Ktod fyem tenzs noffimd pylw yat main naykraffy mylu tet nykomw nepowyew (sie) farat gy fmym frdeczczem wyem. 3 r V Wyera wyezye pomaha gdet zu dvva fobye wyerna on gy a ona gyemu nepowyeday trecziemu F' Mnohy' fye rad hoiioffy ten taygeftwi pronoffy ach näy slit obyczeith zgma neprzeitheymu Jitoth gyehno (sie) zna R° Ponyz on waz tak hanye proffit waz panny ypanye przezdyeez. gyemw ruffysnaff. wifczyercz mez gyeho pricz odhnaff. Eine Anzahl von Vermuthungen, welche ich in meiner ersten Abhandlung geäussert hatte, wird durch die Handschriften bestätigt. So besteht das Lied Kdyz Lev umfel pravü tühü, Vyb. 2, 249 ff., wirklich aus vierzeiligen Strophen, welche in der Handschrift angezeigt sind'). In dem im Vyb. 2, 245 ff. als ein Lied abge- druckten Stücke hatte ich a. a. 0. S. 23 (325) zwei verschiedene erkannt; auch liiefür gewährt die Handschrift erwünschteste ßestä- -») Lesarteil der naiidselirift: Vyb. 2, 240, lö op ata. — 249, 25 diediezftwo. — 2j0, 31 wami hat die lls. statt naiiii, — 2öl, 9 pro g^eho matkii. — 252, 2 to fehlt, = 'IWl, 3 ni a t y e. — 252, 16 über cinili steht gebe.sserl konali. was des Heimes auf dostali weffeii das einziff richtige ist. Untersuchunyeii ülier iiltböliniische Veis- und lieiitikiiiist II. «Cöö tigiing: sie beginnt das zweite Lied mit Vyh. 2, 246, 18 dort wo ich es vermuthet hatte, und schreibt zum Überflüsse Alia darüber, was sich auf die Aufschrift des ersten Liedes Cantilena zurückbe- zieht. Nicht minder wird die von mir festgestellte Strophenabtheilung durch die Handschrift — es setzt dieselbe blos die Strophen, nicht ;iber die Verse ab — vollständig bewährt: Die von mir in der elften Strophe, nach Vyb. 2, 248, 20, angenommene Lücke von drei Zeilen findet sich auch schon in der alten Niederschrift :*). Hingegen be- zweifle ich, dass ich mit der versuchten Strophenabtheilung des ersten Liedes Slyste Cechove cozt se nynie deje, welche ich freihch schon damals mit allem Vorbehalte hinstellte, das Richtige getroffen habe; ich bin jetzt vielmehr geneigt, einfach Strophen von vier Zeilen anzunehmen, von denen vielleicht ursprünglich je zwei durch den Reim der vierten Zeile gebunden waren. Erschwerend für eine sichere Herstellung tritt der Umstand ein, dass offenbar die Überlieferung eine sehr schlechte ist. Es möge auch dieses Lied hier in der Schreibweise und mit Angabe der Strophenabsätze des Manuscriptes stehen: vielleicht gelingt es jemand anderem das Rich- tige zu finden. Sliffte czechowe czozt fe nynie diege mnoho zletio w czefke zemy odi Nr, tiech kniezi Wikleffow. Chriftus onich prawy wfwatem czteny rady abicliom fie gich warowal tiecli faleffnich prorokuow. Gefftot cliodie wowcziem ruffie a wnytrz gfu wlczi hitawi fwatet fie czierkwj protiwie a na ny nicz netbagy. Posluffenftuie nedrzie nebot w fwieczke vflagi Naoftrzilit gfu yaziky fwe iako prawi hadie. 5) Ich gebe hier die Lesarten der Handschrift zu meiner Herstellung des Textes a. a. 0. S. 14 ff. (Sitzungsher. 29, 326 ff.), bei welcher ich dem fehlerhaften Abdrucke im Vyb. 2, 240 ff. gefolgt bin. Strophe 1, Zeile 7 dbati. — Str. 2, Z. 2 bez baznie bozie; diese offenbare und des Heimes wegen unzulässige Umstellung der Wörter in der lls. lässt die von mir in Str. 3, Z. 3 — 7 und Str. S, Z. 3, 4 bevorwortete annehmbar erscheinen. — 3, 3 — 7 aby tu mahly wnerzady wftupiti przigoli ffie kuiezat y Czefkieh panow y m n o li i c h myeftakow. — 4, 1 Ant. — S, 3. 4 A nachude koftely nicz nedbagi. — 3, G dotut. — 6, S. 6 kogie: dogie. — 7, 4 nebo- giecze (sie). — 8, 4fflechelnu. — 10, 2Cziefarzuow. — 11, 4ne- wywodie; es ist vielleicht neve'vodi zu lesen? — 12, 4 tw fehlt. — 13, 1 Krzikniem. Übrigens ist überall jste statt ste zu setzen, weil die Hs. gste schreibt. 286 J- Feifalik ^ Gednot kleneti kazie lidi whromadu wadie widuczi wozizych oczij mrwu a wfwich newidie kladie. Pannyt panye haniegi zegmena gmenugi newieducz donich nicz zleho chtiet tudy fwu zloft fkryti. Bud kniezi neb zaky mieftiany dworzaki ktozt gich kaczieiftwa nedrzi gmut fe ho bez luha itiyti. Wfficzknut fu wobecz fwadili mieftiany y fedlaky lafkut fu wlidech zruf- fili mezi kniezi y zaky iakez mezi zemani iako mezi dworzaky. Wfl'ak geft prwe bilo dobrze dokud kaczierzi nekazaü wolmit fu naf ne- podobnie fwym kazanym zmazali bichom mieli s Czentnerz mydla nicz bichom fie nezeprali. Ty kuklikowe fproftnym lidem wele bozikrew z kalicha pyli ano gim to nedano Totgeft ten kus kterehoz nedrziel Huf byt fwieczti krew przigimali ot nieho neflichano etc. *_). Sicher ergibt sich hieraus wenigstens, dass die Art wie das Lied im Yybor abgedruckt steht, auf jeden Fall zu verwerfen sein wird, wie denn diese Sammlung und Blumenlese altcechischer Lite- raturdenkmäler nur zu oft einzig darauf berechnet scheint, den Scharfsinn ihrer Leser herauszufordern. Wie wenig kritisch man überbaupt bis auf die jüngsten Zeiten bei Herausgabe altböhniischer Lieder verfuhr und wie nachlässig man hiebei die von den Quellen selbst bereits angedeuteten Stro- plieniibtheiJungen behandeln und übersehen zu dürfen glaubte, zeigt ausser der neuen Folge des Vybor auch das erst letzthin im Casopis museum krälovstvie ceskeho 1858, S. 392 ff. unter dem Titel Bydzovsti sevci verölfentlichte Lied aus der Husitenzeit. Das Lied besteht nämlich, was der Herausgeber nicht bemerkte, aus fünfzciiigen Strophen und die Handschrift (Breslauer Univerj'itäts- Bibliothek, Sign. I, 4. 466, Blatt 28'') trennt dieselben bereits, in- dem sie die einzelnen Strophen als Versus bezeichnet. Diese Stro- phenfttrm von fünf Zeilen, bald mit der Beimstellung a. a. a. a. b., bald mit der andern a. a. b. b. c. und a. a. b. b. b., wobei oft je zwei Strophen durch den Reim der fünften Zeile mit einander ver- bunden sind, scheint gerade in der Husitenzeit für Lieder äusserst beliebt gewesen zu sein, und zwar für lateinische eben so gut als 6) Hier so wie bei Aiim. 4. 3. 7. 20. 22. habe ich Abschriften A. Bocek's aus dem mährischen Landesarchive benutzt; in anderen Füllen, wo vier Copien von Bocek's llaud vorlagen, habe ich dies jedesmal am Orte selbst ausdrücklich erwähnt. Untersuchungen über altböhmische Vers- und ßeimkunst IL 287 für cechische. So finden wir sie von lateinischen in der Cancio de autoribiis bohemici scismatis, welche beginnt: Omnes christicole mentes advertite, statum mundi cernite, mox ex hoc perpendite, messem esse prope, und welche Const. Höfler in den Geschichtschreibern der husiti- schen Bewegung in Böhmen (Wien 1856) 1, 558 — 560 mitgctheilt hat, eben dieselbe Strophe treffen wir in einem anderen Liede aus der nämlichen Zeit mit dem Anfange: Ordo catholicus et apostolicus vergit noster penitus atque coruptits destruitur cunctus, das ich im Anhange zum fünften Hefte meiner Studien der Geschichte der altböhmischen Literatur S. 39 ff. (Sitzungsber. Bd. XXXVI, S. 155 ff.) als Nr. \l veröffentlichte ; und auch das Lied in der oben angegebenen Breslauer Handschrift, Blatt 35, welches ich a. a. 0. S. 42 ft". (Sitzungsber. Bd. XXXVI, S. 158 ff.) als Nr. HI herausgab : Omnes attendite, animadvertite , quidnam sit plangite et mentes averlite ab errore lali, besteht aus solchen fünfzeiligen Strophen. Von böhmischen in dieser Strophenform gedichteten Liedern der husitischen Zeit kann ich vorläufig folgende nachweisen. Erstlich die Klage gegen die Husiten, V welche nach zwei verschiedenen Handschriften im Cas. cesk. mus. 1828, Heft n, S. 70 ff. und 1851, HeftlH, S. 116 ff. (vergl. Vyb. 2, 239 ff.) abgedruckt steht: Vsichni poslüchajte, ehvälu bohu vzdävajte: , zalujit na ty Husy, zet ndm vedü bliulne kusy V nasej dobre viere. Nr. 3. Nr. 4. Nr. 5. Nr. 6. Nr. 7. Nr. 8. 288 •'• Feif«'"* i Der gleichen Sti-ophenfonn folgt ein Lied, welches einen dem eben jingeführten ähnlichen Eingang hat, Cas. cesk. mus. 1852, Heft HI, S. 47—48: Vsichni poslücLajte, ehvalu bohu vzdajte i tudiez nasi matce. choti neposkvrnene päna Jesu Krista. Ferner die Cancio de Rokycano et suis sectariis, deren erste Strophe allerdings um eine Zeile verstümmelt ist, was der Heraus- geber abermals übersah, und die erste mit der zweiten Strophe un- geschickt verband (Cas. cesk. mus. 18S2, Heft H, S. 47—48). Cechove viery prave, pozelejte bezpravie, kterez se deje nynie svate cierkvi Rimske Od tohoto Rokycana, certoveho satana, odrezance Istiveho od kostela Rimskeho s svymi sibalniky '), Ein Lied gegen die Pikarden (Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, V. Folge, Bd. HL S. 716—718) mit dem Anfange: 0 svolani pikhartske 8), jenz luoze dabelske 7) Lesarten der Hanilschrilt: Strophe 4, Zeile 2 wigleph. — 6, 4 fwudcze 12, 2 V nie = u nie. — 13. 4 n e c h c z y t b y t k. w. — 13, 3 geh o zkiirwyfynltwo. — 16, 3 w knihach. — 16, 4 Ariaufky kacz. — 16, ö ahy 19, 3 wofadnie. — 23, 1 fu. — 23 , 2 netbagit, — 23, 2 librzie: es ist also der Dual. — 28, 3 die täte. — 28, 4 muffy k nym. — 29, 3 n e n i e t naffie. — 29, 4 wyn ef te z ho. — 30, 4 lecz prwe. — 30, 5 gich formy statt jich strany wie der Druck hat. — 33, 3 rozkrziel- fenie. — 33, i» d y a n. wiez e. — 36, 1 prazane. — 36, 2 rzieczi. — 37, l Muffite. — 38, 4 fu. — 39, 2 tok fehlt. — 39, ä ffezefftie. 8) Es ist dies eine Parodie auf das bekannte und sehr verbreitete Lied 0 svoläni konstantske, auf dessen Weise eine grosse Anzahl anderer Lieder gemilcht ward. Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reinikunst II. 289 a sebrdni zokrytske, neb reci krestanske, svolenie zäkonicke, hat 21 füiifzeilige Strophen, in welchen das Streben sich zeigt, sie ein reimig zu bauen. Ein anderes Lied aus der husitischen Zeit (Midlicii, welches beginnt: Stala se jest pn'hoda 1^ ja nynie tohoto hoda, ze jedna Viklefice pozvala k sobepanice a chtiec ho viere uciti, werde ich in den altcechischen Fjeichen, Liedern und Sprüchen des 14. und IS. Jahrhunderts herausgeben. Es mag diese Strophen- form wohl irgend einem beliebten lateinischen Kirchenliede entlehnt worden sein 9), wenigstens gibt die Handschrift bei der oben er- wähnten Cancio de Rokycano et suis sectariis die Singanweisung: Cantatur sicut „Imher nunc coelicus"; es ist aber dabei zu bemer- ken, dass in der Wittingauer Handschrift A. 4, welche auf Bl. 141" dieses lateinische Kirchenlied, dessen Eingang lautet: Ymber nunc celicus Nr. li. irrigauit velliis, partum laudabilem figiirat mirahilem Gedeonis yesse, mittheilt, sich dazu die Note findet Canitur Sicnt dywnaNr. 12. milost bozi; das hier erwähnte cechische Lied ist dasselbe aus fürifzeiligen Strophen bestehende, welches aus einer lobkowitzischen Handschrift zu Prag im Vyb. 2, 27 f. abgedruckt ist und worüber 8) Ich will jedoch hier bemerken, dass sich bei einem deutschen Widertäuferliede aus dem Ende des 16. Jahrhunderts 'von vn serin Lieben Brueder wolff Binder den man zu Schär ding im Bärland vmbs glaube ns wilen gericht hat', welches aus fiinfzeiligen Strophen mit der Reiinordnung a. a. b. c. b. besteht und dessen erste Strophe lautet: Ach gott wem sol iehs klage» wies g-et io dissen tagen, greulicli zeit sein verliandeo, die 1er von der gottseligkait dult man in keinen landen; über die Singweise folgende Anmerkung findet: in einer bickh arten >v e i s 2 , oder ach g o l t wem sol ich singen. 290 •'• Fe i f a I i k ich in meiner ersten Abhandlung S. 8 f. (320 f.) gehandelt habe. An dieses Beispiel der fünfzeiligen Strophe auch in geistlichen Lie- dern mag sich ein anderes, noch nicht herausgegebenes aus einer Nik(»Lsburger Handschrift des i 5. Jahrhunderts (vgl. Jungman n Hist. lit. c. S. 61 \ Nr. III 37 a) fügen , welches ich einer Abschrift Bocek's entlehne: Tato pi'sea dolejsi spievä (se) jako ona: Zdrävas ciesarovno. Nr. 13. 1 Krisle, najmilostivejsi krali, zaslfbeny nam z nebeske slavy skrze proroky jiste, narodil(s) se z panny eiste clovek pravy a buoh viecny. 2 W Racils V tele präci podstüpiti, taks nam ehtel cestu pripraviti, mnohü biedu trpev pro nds, taks velmi milovals nas, ze si svü dusi dal za näs. 3 W 0 jaküs nam okdzal milost, jakiis pro nas podstupil botest (zalost?), jsa V bozstvi rovny otei, s duchem svatym buoli vsemohüci, chtels se za nas poni'ziti. 4 AV A ponevadz netbdme tve milosti. kterüs nam okäzal s svü stedrosti, jake pak tech blaznovstvi, jenz je jinde hledaji a tve pilnosti netbaji? 5 W Ano pi'smo i rozöm to kazie, zet nad Krista zadny nedokäze: byt byl kto milostivejsi, bud svata a nebo svaty, jenz sü kdy byii neb budü, Nr 14. Über das Lied Zdravas ciesarovno, nach dessen Weise das vorstehende zu singen ist, vergleiche man auch unten Anmerk. 15. Untersuchungen über altböhmisehe Vers- und Heimkunst II. 291 Diese Beispiele, welche sich aus Handschriften wohl noch be- deutend werden vermehren lassen *"), mögen genügen die Beliebt- heit gerade dieser Strophenform von fünf Zeilen für Lieder im 15. Jahrhundert, besonders in der ersten Hälfle desselben n) na<'h- zuweisen. Ich lasse nun das angezogene Breslauer Lied nach einer Abschrift, welche ich der gütigen Hand des Herrn Archivars Dr. Wilhelm Wattenbach verdanke, folgen; ich ändere dabei an der Orthographie der Handschrift nichts, setze jedoch Verse und Strophen ab , welrhe in der Handschrift blos durch Puiicte getrennt fortlaufen. 1 Nr. 15. Affevvczyt gfu zufaly. naklafter w Bydzowye byehaly ^^y chtyely fyc vkazati- mnychy zklaftera wyhnati 1 5). tut gfu bili biti. i'O Ein noch ungedrucktes Klagelied über die Husiten, lateinisch und cecbisch, theile ich im Anhange mit, zugleich als Beispiel für die Art und Weise wie man im 15$. Jahrhunderte bei Übertragung von Liedern aus dem Lateinischen in"s Cechische verfuhr. Die Strophe ist fünfteilig, die vier ersten Zeilen sind Reimpaare von ach! Sylben , die fünfte altei- ist hier Refrain und kehrt in den Formen Chva'la ho hu und ßeda tobe Hus (so) bei allen Strophen wieder: er wird wie der Ahgesang der dreitheiligen Strophen, wahrscheinlich seiner Wiederkehr wegen, Repetitio genannt. Das (ianze gewinnt dabei selbst den Anschein, als zerfielen die Strophen in drei Theile, deren Ordnung wäre a. | b. b. | c. 1') Aber auch noch in späterer Zeit finden wir diese Strophe, so in dem Liede auf die Wahl Maximiliau's 1388, Jirecek, Ro/.pravy zoboru historie, filologie a litera- tury I, 78 — 79; vgl. Cas. cesk. mus. 1834 S. 192 f., wo Bruchstücke aus dem- seliien Liede aber mit abweichenden Lesarten abgedruckt sind, was Herr Jirecek übersehen hat. Die Reimstellung in diesem Liede ist a. a, b. b. b. ; nach der Schlussbemerkung in einem alten Drucke war das Lied auf eine polnische V y ^ Singweise gemacht (Cas. cesk. mus. 1834, S. 193): zpijwa se Polskau .Melody- gi, gako : Na comi wysly me censte biesiady, ze teraz etc.' Über weiteres Vor- kommen dieser Strophe im Altpolnischen vgl. meine Abhandlung: Über den Ein- fluss der altcechischen Literatur auf die altpolnische. 1*) Es erinnern diese zwei Zeilen an den uns einzig erhaltenen Anfang eines husiti- sclien Spottliedes gegen die Deutschen, welches verloren gegangen ist, dessen Nachahmung aber vielleicht unser Lied war. Jene Eingangsverse lauten: Meinci sii züfali Da Betlem behau; vgl. Cas. cesk. mus. 18ö8, S. 393. 13) Diese und die voran gehende Zeile fehlen in dem Abdrucke durch llanka; klei- nere Abweichungen des Druckes werde ich nicht anführen. 292 J. F e i f a I i k 2 w' Mnyffkowet gfu pokorny. ffewczowt gfu proffyli. byt gym nawrata nebyli. nebt gfu prawa nemyely. procz by ge wybygely. 3 w' Pak ten S^yrze hrdy ffwecz. wytrh fwoy welyky niecz. chtyelt geft mnychy hubyty. ananych kapye fyekaty. Nemohl moczy myety. 4 w' Knyez Bartak poczatek vczynyl. mezynye fye wyrazyl. yvderzy ffeweze wbok. tu by vzrzyel dywny fkok, ant yako yelen fkacze. 5 w' Przybyfh knyemu mnych Kokofi. yvderzy ffeweze wnof. arzka beiz fye odnas precz. wezma fwoy welyki mecz. vcz fye ffkornyem ffyty. 6 w' Druhy mnych fwelyku kezyczy. vderzy knapa palyczy. przyerazyl mu ruezyczy. noffyt gy navbrufczy. nemoz wlny byty. 7 w' AVyparzy fye mnych Trkon. genz geft prawy komon. yalt fye gych obyerati. azt gfu muffyly fkakati. byezyecz kamz kto wyeda. 8 w' Hyzku mnyffek mlady. pofluchage starich rady. holyl gym trdleni bradi. az fnych kukly prchaly. tot gefl hoücz dobri. Untersuchungen über altböhmisolie Vers- und Ueinikunst H. ivi 9 w' Geffcze geden innich of(a. gefto SHrzy czycpv zclnvol'ta. vderzy gey podle oka. an mu naftawuge boka. dalt mu oczem byti. « 10 w' Myelt gel't S'yrze dliiliy mecz. vteki geft odnyelio precz. nefmyel fye pron wratiti. nechtye druheho oka ftratity. niufyl ho odgity. n w' Afvvyetlyk fl'wyecz hrdyna. tak iiam fsvyedczy nowina. bylt geft napoli vmrzyel. kdyzt geft paliczy vzrzyel. nayprwe przecz vtekl. 12 w' Wanyek hrdynii parlerz. neftogy vvfvvadye zalialerz. vtekl geft inhed precz. aczt geft myel chwaleny niyecz. okolo ftodoly. 13 w' Hazek hrde pachole. bylot geft przytey fwadyc. bylot geft ho namale. vteklt geft ku ftodole. fchowal fye wkoprzywach. 14 w' Toly gfu hrdyny. przed paliezemi fye hrbili. byezyecz druh przyemo dniha. a kazdi kam kto vvyeda. naretunk wolagycze. 13 w' Agyny to fiyffyecze. bylyt gfu zdraftili kczicze. kklafteru nefmygicze. nebt gfu fye baly paücze. nafye peczi magicze. Sitxl). d. pliil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. II. m. 20 294 J. Feifalik ^ K) w' Nuz \vy mnyrfkovve mili. kdefte fyly nabill. l)ylibyfte ^ye rozftrhali. yktenni pobyjjyply **}■ kdyzt by nevtekly. ^ 17 w" Dobrzyetby ffewczy dyelaly. byt ony mnyffkow iipchaly. kopita zprawowaly. zuby kozy roztahaly. nebvli Gardianem. Über die verschiedenen in weltlichen Liedern sonst noch ge- brauchten Strophenhildungen werde ich ausführlicher in der Ein- leitung zu meiner erwähnten Sammlung altcechischer Leichen, Lie- der und Sprüche handeln; ich will hier nur noch einen Blick auf die ältere geistliche Liederdiehtuiig in Böhmen werfen. Ich habe bereits in dem Buche „Über die Königinhofer Handschrift" S. 69 f. mit wenigen Zügen die Entwickelungsgeschiehte des cechischen Kir- chenliedes skizzirt. Anfangs blosse Interlinearversion lateinischer Vorlagen, bildete sich aus diesen starren Übersetzungen bald die Nachahmung der Originale auch ihrer äusseren Form nach heraus. Als man später cechische Kirchenlieder frei und selbstsländig zu schaffen begann, entlehnte man ihre Strophenform entweder be- kannten lateinischen Hymnen, oder beliebten weltlichen Liedern i^^, oder man erfand auch unabhängig Strophen und folgte darin den in *4) Diese Zeile fehlt bei Hanka hier und ist wunderlicher Weise am Schlusse der 17. Strophe angehängt. 15) Ähnlich verfuhr raan auch hei lateinischen Hymnen, welche man Weisen weltlicher cechischer Lieder unterlegte; so steht in der Handschrift A. 4 in Wittingau, Blatt 398 ■•, ein Kirchengesang mit dem Anfange: Gaudeamus pariter omnes et singuli de viri/ine nam nascitur aaluator secitli. und darüber steht die Anweisung: Cancio isla canüur stellt E 1 f f k a m il a e I i cz k o. Bei einem andern Liede auf Bl. 308 *■ derselben Handschrift, mit den Anfangsversen : Vale imperatrix celica, Caritas te insigniuit celica, marin, pleno gracia, nos virtutibus sacia, muter uiiutii clemencie Uiitersucliiiiij,'eii über Hllbühniische Vers- iiuii Üeiiukiiiisl II. 29o jener Zeit geltenden Gesetzen für deren Bau **). So wird es uns nicht Wunder nehmen, dass wir auch für die dreitheilige Stroplie in dem Kirchenliede Beispiele finden, wie ich deren schon früher in dem Liede von der h. Dorothea für dieses Gesetz nachgewiesen habe. Unter den im Vybor i, 321 ff. abgedruciiten geistlichen Liedern finden wir diese Strophenform wohl nicht. Das erste, d;is Lied auf den h. Wenzel hat bekanntlich drei Strophen von je fünf Zeilen, steht bemerkt Canitur sicut Zilv^was c z i ef a rz o wiio was aber wahrscheinlich Eino^ang auch eines geistlichen cechischen Liedes sein wird (vgl. oben die Über- schrift zu Nr. IS). '•>j Dass alle diese cechischen Kirchenliederdichtungen anfangs von dem Gebrauche in der Kirche selbst ausgeschlossen waren, babe ich über die Königinhofer Hand- schrift S. 70 daigethan. Der Dichter der erwähnten Cancio de Rokicano et suis sevtariis hält sich in der 30. Strophe (Das. cesk. mus. 1852, Heft 3, S. 46j gewaltig über Rokycan's Anhänger auf und sieht darin einen Beweis ihrer Un- wissenheit, dass sie in der Kirche cechisch sangen : Ceskyt' Da msi spievaji, snad latioe neumeji; und iihnlieb lieisst es in einem andern Liede gegen die Husiten (V'ybor 2, 242, 8—10): taket hodln neriekaji a cesky msi spievaji, otikud Jim ta smelost däna? Doch will ich damit blos gesagt haben, dass Gesang in der Volkssprache vor dein 13. Jahrhundert aus der Kirche und vom eigentlichen Gottesdienste ver- bannt war, während man ihn bei festlichen Umzügen, Wallfahiten und bei Privat- erbauung wohl duldete. Über den Gebrauch der Sequenz Hospodine pomiluj ny bei öffentlichen Gelegenheiten (guod popidus sinyulis diehus dominicis et altis fcstii'itatibus ad processionem cantat, Cont. Cosm. ad a. 1260, Pertz. Alon. Script 9, 186) und als Schlachtlied (gleich des polnischen sogenannten Pies'ii Boga- rodzica) habe ich in der oben angezogenen Schrift S. 96 f. gehandelt; auf das Singen des Liedes vom heil. Wenzel setzte Erzbischof Johannes von Prag 1368 einen vierzigtägigen Ablass: Hiis et aliis yioriosis miraculis sancti Wen- ceslai consideratis. Reuerendus Puter, Dominus Johannes, Archiepiscopus Pragensis, Aposiolicae sedis leyatus, concessit omnihus vere poenitentihus, confessis et con- tvitis . qui ad honorem ipsius sancti cantionem infrasuriptam, ah o I i m c o n- suelain, cantauerint, XL dieriim indulyentiam, perpetuis temporibus duraturam: Ben. de Watniil Chron.; ad a. 1368 in Script, rerum höh. 2, .')97 (vgl. Hajek's Kronyka Czeska. W Praze 1341, fol. 341 " — 342 '). Als im Jahre 1300 sich zu Eibenschilz in .Mähren irgend ein merkwürdiges Wunder zutrug, strömte viel Volkes herbei, unter welchem manche Hymnen sangen, zum Theile gewiss wohl in der Volkssprache: et ad tarn gründe miraciilum, quod latcre nequaquam potcrat, oocurunt i/lii/s pupuli universi, percuticntes pectora sua hrc vidcntes, piurimi vero in ympnis et confessionibus benedicentes dominum, Chron. Aul. Heg. ap. Dobner, !VIon. ;>, 280; und dass schon die Geissler 1261 bei ihren» Erscheinen in Böhmen sowohl deutsche als cechiscbe Lieder hatten (secundiim 20" 9qß J. F e i f a 1 i k i das zweite Buoh nas vsemohüci i^) zehn Strophen zu vier Zeilen beide mit refrainartig wiederholtem Kyrieleison. Das dritte, Vyb. 323, 31—324, 27. ^, .« Vi'taj mily Jesukriste, vitaj synu panny eiste, ist wohl kein eigentliches Lied, sondern blosses gereimtes Gebet'*); es lässt sich darin keine strophische Abtheilung entdecken, sondern es folgen einfache Heimpaare aufeinander; zu bemerken ist nur, dass es mit zwei Absätzen von je drei gleichen Reimen schliesst : daj näiii zive v te veriti, s milosli te prijimati, daj kiestanem pravym byti, V dobrych skutciech daj setrvänie, daj bez hriechu dokonanie, a potom vecne spasenie; distinctiones linguarum), ersieht man aus Pulkava, Dobner Mon. 3, 232, vergl. Vybor 1, 434, 31 (wo statt des sinnlosen i a' k 6 v besser jazykov zu lesen sein wird). Vom eig^entlichen Gottesdienste aber blieb der Gesang in der Volks- sprache, wie gesag-t, bis auf die Zeiten der Husiten herab entfernt; wie sehr diese letzteren wieder gegen den lateinischen Kirchengesang eingenommen waren, zeio-t eine Stelle der Stan letopisove cesti S. 479; Spivani latinske v kostelech nazivali sii (knezi taborsti) pti vyti a steka'ui, und in einem Liede des 13. Jahr- hunderts in der Nicolsburger Handschrift Nr. HS, über das Altarsacrament, heisst es: Ne jako nynejsi slepci, jenz sami sobe sepci a latine vse brebci a litli jako lekci (lecci, so die Hs.), Die Sequenz Hospodine pomilujny selbst scheint bei den Husiteu nicht im Gebrauche gewesen zu sein; ein Lied gegen diese Secte sagt (Vyb. 2, 240, 5 — 7) : Cechove mir, pokoj jmeli, dokudz joho (sv. Vojtecha) piesi peli: „Hospodine pomiluj ny!" 17) Die zwei ersten Zeilen dieses Osterliedes führt auch Simon von Lomnitz (Loranicky) in seinem noch ungedruckten und in der Handschrift XVII. H. 23 der Prager Universitätsbibliothek aufbehaltenen Spiele von der Auferstehung Christi an: Veselsti at vesele ke cti Kristu spasitele spiviiji : Buh vsemobouci vstal jt'St od mrtwj'ch zädoaci. Vgl. Cas. cesk. raus. 1860, S. 355. Das Lied steht auch in der Handschrift XVII. F. 3 (16. .Jahrb.) der I'rager üniversitütsbibliothek : Jungmann, Bist. lit. c.. 2 vyd,, S. 131 •• Nr. IV. 34. 18) Eben so nur gereimte Gebete, mit Ausnahme des Stabat mater und des auf Blatt 19 beflndlichen mit dem Anfange.- Untersuchungen über altböhmische Vers- und Rciinkunst II. 297 wie ein solcher Absatz von drei Reimen in diesem Gebete auch (Nr. 18) flüher, Vyb.324, 13—15 vorkommt. Das vierte, das Stabat mater, ist, wie ich an anderem Orte i») gezeigt habe, eine blos wörtliche, prosaische, keineswegs eine ihythmische Übersetzung dieser Sequenz; dennoch hätte sie eine Abtheilung in Strophen von sechs Zeilen, dem Originale gemäss, beim Abdrucke im Vybor wohl verdient. Bei den beiden letzten Liedern hingegen gibt sich, den Herausgebern des Vybor freilich unbemerkt, strophische Abiheilung wieder auf das entschiedenste kund. In dem fünften, Vyb. 1. 326, 20 — 330, 4 findet man nämlich bei genauerer Untersuchung, dass immer vier Zeilen gleichen Reim besitzen, also dasselbe in vierzeilige Strophen zerfallen wird, wobei allerdings ein oder das andere Mal auch zwei aufeinander folgende Strophen den nämlichen Reim haben. Die zwei ersten Strophen lauten : Vitnj [mily Jesukriste] krali v.semohiici, Nr. 19. ve vsech inierstech vse viiliici, vsech kajicicli milujiici, vsein zivot ddvajüci! Vseho kvietie krasse ktviici, vsie svetlosli viece stkvüci, svym se niilyin zjevujüci, je rozkosne kocliajüci; wobei mily Jesukriste in der ersten Zeile Schreiberzusatz scheint; eben solche ungehörige spätere Zusätze werden sein die Zeilen 326, 33. 34. 327, 6. 7. 19. 20 und 328, 35, 36. hingegen muss nach 327, 14 und 329, 19 je ein Vers ausgefallen sein; eine grössere Lücke wäre vielleicht nach 328, 1 anzunehmen. Die ein- zelnen Strophen würden also beginnen 326. 20. 25. 29. 35. 327, 2. 8. 12. 15. 21. 25. 29. 33. 328, 3. 7. 11. 15. 19. 23. 27. 31. 329, 1. 5. 9. 13. 17. 20. 24. 32 und 330, 1. Die Thatsache. dass 0 maria iiiatka lioir.y. ty fy wl'iH'zIia uulTe nailyc^e po lioze, 0 maria kralowuo iicbclika. ty fy pany Angell'ka. welches aus vierzeiligen Strophen besteht, sind die übrigen Reiingedichte in der Handschrift XLI. E. 21 der Leniberger ünivei-silätsbibliotliek ; im <'as. eesk. mus. I8j0, S. 21 werden sie saininl und sonders natiirlicli wieder aufs (jerathewolil „Lieder" geheissen. Abschrift verdanke Ich llenn Prof. .1. II loch in Lemherjj. »9) Über die Könlginhofer Handschrift 8. 69. 298 .1. F e i f a 1 i k ^ das Ganze aus vierzeiligen Strophen besteht und dass in diesen als Gesetz Einreimigkeit besteht, bleibt fest aufrecht, und auch der bedeutende Umfang des Liedes (30 erhaltene Strophen) kann wohl beirrend für die wirkHche Singbarkeit in dieser späteren Zeit nieiit eintreten. Das gleiche Reimgesetz gilt endlich auch für das folgende letzte Lied im Vyb. 1. 330, 6—332, 13, dessen Eingangsstrophe lautet: Nr. 20. 0 Maria, roze stkvücie, matko bozie prezädiicie, kazdeho [hfiesneho], ktoz se tobe porücie, jsi jeho spomocnice rücie. und welche 14 vierzeilige einreimige Strophen hat; nach 330, 12 nehme ich eine Lücke von einem Verse an, 331. 6 und 7 glaube ich als Schreiberzusatz zu erkennen. Die Anfänge der einzelnen Strophen fallen 330, 6. 10. 13. 17. 21. 25. 29. 33. 331, 2. 8. 12. 332. 2. 6 und 10. Vierzeilige Strophen werden überhaupt, wie in der weltlichen so in der kirchlichen cechischen Dichtung sehr häufig und mit Vor- liebe angewandt, und zwar bald einreimige, bald mit der Reimfolge a. a. b. b., oder auch mit überschlagendem Reime, wobei die erste und dritte Zeile manchmal, besonders in späterer Zeit reimlos bleiben. So besteht aus Strophen von vier Zeilen gleich das Lied De corpore Christi (Nr. 21) (0 tele bozim), über welches ich in meiner ersten Abhandlung S. 8 (320) gesprochen habe und welches aus zwei Handschriften, ans einer in der Universitätsbibliothek zu Prag, Sign. I. F. 13 (ich bezeichne sie mit A) im Gas. cesk. mus. 1848, II, 270, und aus der Handschrift A. 16, Blatt 96 zu Wittingau (ich nenne sie B) im Vyb. 2, 23, 24—26, 13 abgedruckt ist. Es ist dieses Lied, wie schon die Überschrift in der Handschrift B: Cani- tur sicut Jesus Christus nostra sahis anzeigt, wenigstens in der äusseren Form und im Strophenbau einer lateinischen Hymne nach- geahmt, welche man dem Magister Johannes Hus zuschreibt; den- noch sind die Strophen Vyb. 2, 24, 24—27. 2S, 9—12 und 26, 8 — 11 einreimig, was Zufall und unbeabsichtigt sein mag, weil die übrigen die Reimanordnung a. a. b. b. haben wie im Lateinischen. Dass die zwei letzten Zeilen im Vyb. 2, 26, 12 und 13 nicht mehr zur achten Strophe gehören, habe ich a. a. 0. dargelegt. Die Stelle Uiitersucliimgen über altbühmische Vers- und fieitnkuiist 11. 299 ist aber im Vybor verstümmelt. Denn in der Handsclirift B folgt nach 16, 1 1 noch eine ganze Strophe, von welcher jene zwei Zeilen, die auch in A stehen, blos der Anfang sind: Jakoz byla napoezatiu tak bud wiecznie y bezmatku (sic^ Amen amen amen Amen Jesu Krisle dayz to Amen 20^ natürlich ist diese ganze Strophe als überflüssige und ungeschickte Erweiterung zu tilgen. Ist das eben erwähnte Lied blos in der Strophenform der erwähnten lateinischen, angeblich von Hus herrührenden Hymne nachgebildet, so gibt es doch auch noch eine besondere cechische Übertragung dieser Hymne, welche sich dem lateinischen Texte zwar möglichst treu anschliesst, doch aber dabei die Eigenthümlich- keit bietet, dass sie drei Strophen mehr hat als ihr Original 21). Diese ^^) überhaupt hat der Vybor, obwohl er sich angeblich an die Handschrift B hält, manche Abweichungen von derselben, welche ich hier nach einer Abschrift ß o- ceks zusammenstelle, und dabei zugleich zu grösserer Bequemlichkeit die Lese- arten yOn A nach dem Abdrucke im Gas. cesk. mus. hinzufüge. Vyb. 2, 23, 25 jenz si n a' m dal A. v fehlt ß. — 24, 24 stupil B. — 24, 23 smrti B strasti A. — 24, 26 svu krev svatü A. — 23, 2 z b o z i e B. — 23, 3spravednivychyi. — 23, 6srdce nase^. — 23, 8 znati .4, m a t y ß. — 23, 11 dfeve ^-1. — 23, 12 abychom B byehrae A. — 23, 13 zemrzieti AB. — 26, 1 doprieti A. — 26, 2 h f . d a' b. se neb -1. — 26, 3racnamJ. — 26, 6pannucistü.4. — 26, 7 o t p u s t i nam vsem hf v. A- — 26, 10 i fehlt B. — 26, 11 otbuozstvie ne- d i e 1 n e tn u A. — 26, 12 jakoz jest byla n. p. A, — 26, 13 budi .1; i a 4. '■^') Ich setze den lateinischen Text zur Vergleiehung mit der cechischen (Übertra- gung hier in die Anmerkung. 1. Jesus Christus, nostra salus, quod reclamat oniuis malus, nobis in sui meinoriam dedit hanc panis hostiam. 2. Oaquam sanclus panis iste ! tu solus es, Jesu Chriele. caro, cibus, sacramentum, <|no noD malus est inventum. 3. Hoc donum suavitatis charitasquc deitatis, vii'tutis oucharislia. ooromuniunls gratia. 4. Ave deitatis forma, •lei unionis normu : 300 J. Feifalik ^ Übersetzung steht in der Wittingauer Handschrift A. 6 (14. und IS. Jahrhundert) aufßl. 116, und hiutet in vereinfachter Schreibung: Nr. 22. 1 W Jesus Kristus, nase späsa, tot kazdy zly die ot hlasa, näm vernym vsem svii pamdtku dal jest V chlebe i v opiatku. 2 W 0 kterak svaty ten chleb jesti, tys Siiin, mily Jesu Kriste, pokrm tela svateho, zadny nenalezl vecsieho. 3 W Teiito jest dar pIn sladkosti i take bozske milosti, moc i ctnost tela svateho, obecnost milosti jeho. 4 W Zdrdva spravedlnosti podobenstvie, bozie jednoty sworenstvie, V tobiet se kazdy koehävd, jenz te v srdci schovava. in te quisqiie «leleclatur «|ui de fide speculatur. S. Non est panis, sed est deus, homo, liberator meus, qiii in cruee pependisti et in carae defeeisti. fi. Non augpetur conseeratus, iiee consumptus fit luutatus, nee dirisus in fractura, plenus deus in statura. 7. Esca, digna angelorum, pietalis lux sanetorum : lex inoderna approbavit, <|uod antiqua figuravit. S. Salutare medicaraen, peccatoi'um relevameu, pasce nos, a malis leva, duc nos, ubi est lux tua. 9. Caro panis, sanguis vinuin est mysterium divinum, huic laus et gloria in saeculorum saecula. Amen. Vgl. Moiuimcntoruin J. H u s pars altera , Norinbergae 1358, fol. 348' ; Daniel Thesaurus hymnologicus 2, 370; Ph. Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied Uiilersuchungen über althohmische Vers- und Reimkunst II. 301 5 W Nenict' chleb säm, ale buoh, i clovek i [Jhesus] vykupitel muoj, jenz jest pro me na kiizi pnel, V tele nedostafek trpel. 6 W Posvieeen jsa nerozmozny, V prijimdni nepromenny, nerozdielny v lamani, celyt' jest buoh v stavu piny. 7 W Krme döstojna anjelska, milost, svetlost svatyeh nebeskä, novym zakonem potvrzenä, tak jakz v starem znamenana. 8 W 0 presvate zalecenie, hiiechoin nasim polehcenie, nasyt' ny, ot zlych pozdvihna, ved' tu kdez jest svetlost vecnä. 9 W Ach kteraks veliky div ueinil, kdyz se, Kriste, skryti räeil (v) vi'na, chleba podobenstvie k spaseni vsemu kfest'anstvie. 10 W Teia pokrm, krev i vino jest tajemstvie bozske divno, jemuz bud' chväla i släva na veky vekoma dana. Amen 22). Die cechische Übersetzung des lateinischen Liedes ist, wie man sieht, äusserst, fast wörtlich genau. Die neunte Strophe fehlt in dem lateinischen Liede wie es mir vorliegt; sie wird sich aber wohl in irgend einer Recension desselben finden , wie es ja Fassungen S. 36 Nr. 63, wo man such S- 70'i Nr. 830 die deutsche Übersetzung Vehe's verglichen mit jener Leisentrit's findet. 22) Strophe 2, Zeile 1 g y e s t y in der Handschrilt. — Str. 4. Z 2 s w o r e n s t- wye die Hs. — 3, 2 i h e s 11 s ist Zusatz des Abschreibers. — 8, 4 s y e t- lost die Hs. — 9, 1 kterax die Ms. — 9, 3 v fehlt in der Hs. — 9, 4 k r z y e s t y a n s t w u die Hs. ono J- F e i f a I i k des lateinischenTextes gibt, wo ausser der neunten auch die sechste und zehnte Strophe fehlen. Gleichfalls Strophen von vier Zeilen, mit der Reihenfolge a. a. b. b. hat ein anderes, noch ungedrucktes Lied, welches ich ganz bei späterer Gelegenheit mittheilen will. Es steht in der Handschrift C. b (XIV. Jahrhundert), gleichfalls zu Wittingau, und die Eingangs- stroplie lautet: j^P 23. Nawscztievv nass Criste zaduczy Pane swieta wseniohuczy Day nani sie wsrdczy poznaty Bez hrossy sehe czakaty 2^). Endlich will ich noch ein Weihnachtslied anführen, welches iu der Wittingauer Handschrift A. 4 (XV. Jahrh.) auf Bl. 407=" gleich- falls in vierzeilige Strophen abgetheilt ist, bei deren jeder die letzte Zeile wiederholt ward. Ich möchte jedoch vermuthen, dass je zwei Strophen zusammen gehören, weil in der Überschrift des Liedes die Anweisung gegeben wird, es könne dasselbe wie hi dulci iiibilo gesungen werden und dieses deutsche Lied aus achtzeiligeu Stro- phen besteht 2*); zu bemerken ist nur, dass in den bekannten Melo- dien des deutschen Liedes nicht jede vierte Zeile, sondern die ganze zweite Hälfte der Strophen von acht Versen wiederholt wird 25), Das Lied lautet in hergestellter Schreibweise: *3) Das Lied findet sich auch iu der Handschrift XVII. F. 30 der Prager Universitäts- Bibliothek iiml es ward, wie in Hiisens Postiiie, Ausg'abe vom J. 1364, auf ßl. 74 bemerkt ist, in der Bethlehemkirche gesungen; Jungmaiin, Hist. lit. c, 2 vyd., S. 28, Nr, 24. Von diesem und dem vorangehenden Liede liegen mir Abschriften Bocek's vor. 24) Hoffmann von Fa 1 1 e r s 1 eb e n. In dulci jubilo, Hannover 1884, S. 46 ff.; die niederländische Bearbeitung auf S. 49 f. hat Strophen von zehn Zeilen. Eine spätere böhmische Übersetzung- dieses Liedes durch Georg Galliist aus der Handschrift V V 9944 der k. k. Hofbibliothek zu Wien flT. Jahrh.) abgedruckt im Cas. cesk. iniis. 1830, S. 224. Der Anfang lautet: hl dulci jubilo. IUI pejine ctne ai inilo ! chot iiaseho srdce lezi V praesepio etc. 2*) Die Singweisen /u den deutschen Texten und zu der niederländischen Bearbei- tung des Liedes sind bei Hoffmann a. a. (). S. 12ö f. nachzusehen. lIiitcrMioliiiiifreii iiIxT :illliölm)i,solie Vers- und H(Miiikiin.st II. ,iOo Cani polest sirut In dnii'i iiibilo- i Vizinez pacholicka an't V jeslickäch lezi, jeho milost tak velikä. ktoz se jemu tesi. kloz se jemu tesi. Tobe vecne spasenie jeho naiozenie, vsem lirieeliöm odpuslenie kolik ki-iit provinil. Nr. 24. Radiijme se krestane, buoh se näm narodil, coz Adam byl provinil Jezis vysvobodil. Veselme se s andely, dekujic milosti, spievajic „bud bohii chviila na vysosti!" 5 Modlime se hfiesni, prosiee smilovänie: pane näs Jezisi, daj näm to zjednänie. 6 Stav tezky (tiezke die Hu.) rozdeienie V svem svatem kostelc pro tve svate narozenie memzti (? so die Hs.) tiz dele. Rac Jezisi staviti vseeky büre skodne, od ziehe ny zdaliti, diij casy pokojne. 304 J. F e i f a 1 i k ^ 8 0 Maria matko, ty panno precista ukoj ndm sve dietätko buoha Jesu Krista. 9 Abychom se zdalili my ode vsech zlosti, buoha vzdycky chvalili, dekujic milosti. 10 Pfijmi nas Jezisi, kdyz pred südem stanem, bud'to vsecko jiste, rcemez vsichni Amen. Ich könnte hier noch eine grosse Anzahl anderer geistlicher Gesänge aufzählen, welche der gleichen Strophenform von vier Vers- zeilen folgen : es genügt aber die Anführung dieser wenigen, welche in dem einen oder dem andern Sinne Interessantes auch nach ande- rer Seite hin bieten. Auf das häufige Vorkommen dieser Strophe wird die lateinische kirchliche Poesie von grossem Einflüsse gewe- sen sein; vielleicht wirkte zu demselben auch die weltliche volks- thümliche Dichtung bei. in welcher Gesetze von vier Zeilen so häufig sind 26), obwohl gerade die Volksdichtung, was ihre äussere Form betraf, gleichfalls von der lateinischen Kirchendichtung abhängig war und von ihr beeinflusst ward. Es sei mir erlaubt, hier noch zwei Beispiele für diese Einwir- kung der lateinischen auf die ältere cechische geistliche Liederdich- tung zu erwähnen. In der schon angeführten Handschrift A. 4 zu Wittingau steht auf Blatt 407'' ein Weihnachtslied, welches folgen- dermassen lautet: 1 Nr. 2ö. Nastal jest ntim den vesely, V nemzto z panny eiste narodil(se) syn bozi. 26) Die meiste» älteren historischen Lieder der Cechen bestehen aus Strophen von vier Zeilen; vgl. Über die Koiiiginhofer Handschrift S. 8 und S. 73. Gleiches ist bei anderen weltlichen Gesängen äusserst häufig der Fall, worüber ich das Nähere in meinen Altceehischen Leichen, Liedern und Sprüchen beibringe. Untersuchungen über allböhmische Vers- und Reimkunst II. 305 2 Jemuztü slunce i mesic i hvezdy nebeske slüzie na casy sehe. 3 Protoz my zde na zemi vzdajme ehvälu jemu se vsemi andely. 4 Dekujice z niilosti boliu (buoh die Hs.) jenz jest sprostil näs od d'äbelske moci. 5 Jemuz andele spievaji chväla i vsecku (wsseczka die Hs.) cest bobu na vysosti. Es sind wie man sieht Strophen von drei Zeilen mit sehr freien Reimen: das Lied folgt einer lateinischen Hymne 3'), deren genaue Übersetzung es ist^s). Ein anderes Lied für die Osterzeit hat Hoff- 2'J Es mag hier zur Vergleichung der lateinische Text stehen : 1. Natas est nobis hodie de pura firgine Christus rex gloriae, 2. Cui sol, luna et terra cuDctaque sidera parent per saecula. 3. Ideo DOS terrigenae laudemus hodie regem potentiae, i. Gratias agentes ei, quod DOS eruerit de fauce tartari. 5. Ct dentur nobis praemia inagnaque gaudia in coeli curia. 6. Salus illi ct gloria atque victoria per cuncta saecula. Daniel Thes. hymnol. 4, 260 f. Hoffraann von F a 1 1 e rsl eb en , Geschichte des deutschen Kirchenliedes, 2. Aufl., S. 510 f. Statt der li. und 6. Strophe des lateinischen Liedes hat der cechische Text einen andern Schluss von nnr einer Strophe. 28) Gleichfalls dreizeilige Strophen hat das Med, welches im Vybor 2, 21, 22 — 24, 22 aus einer Handschrilt bei St. Veit in Prag abgedruckt ist und dessen Ein- gang lautet: tl 306 J- fei*"'"^ mann v Fallersleben in der Monatschrift von und für Schlesien 1829 Bd 2, S. 747 f. aus der Handschrift I. 4"- 466 (Bhitt 32^ der Breslauer Universitäts-Bibliothek in der Orthographie der Hand- schrift abdrucken lassen. Ich setze es gleichfalls hieher in herge- stellter strophischer Form wie ich sie vermuthe. ||1 De resiirrectione. 1 Den skriseni Jesu Krista, Alleluja, chvalme boha podle pisma, Alleluja, Alleluja. Alleluja, All.. All., All. 2 Ten den slavny kräl angelsky, Alleluja, svietezil nad nepfätely, Alleluja, Alleluja, AU., All., All.. All. 3 Co7. Adam otee stratil. All., tot näin tvorec jest navra'til. All., Alleluja etc. 4 Maria, rac spomahali. All., ty jsi nase milä mati. All., Alleluja etc. o Bychoni sediee na pravici. All., clivdlili buoha v trojici, All. Alleluja etc. 6 Daj nüm Krista uziti. Alleluja nase duse rac spasiti, Alleluja, Alleluja, Alleluja, All., All., All. Am Ende jeder der zwei Zeilen ward Alleluja gesungen und darnach als dritte Zeile jeder Strophe derselbe Jubelruf refrainartig Jesu Krisle, scediy kneze, s oteem , duche» jeden hoie, tvoje scedrost nase sbozie, Kyrieleison ! Das Kyrieleison wird nach jeder Strophe widerholt. Aus einer Handschrift des Graner Capitels ist das Lied .Tuch abgedruckt in den Wiener Slovenske Noviny 183ä, S. 41. Kine Umarbeitung desselben scheint ein husitisches Lied zu sein, dessen iwei erste Strophen übereinstimmend lauten. Untersuchungen über altböhmische Vers- und Keiiiikurist II. 307 fünfmal wiederholt. .Auch dieses Lied ist einem lateinischen (Sur- rexit Christus hodie AlleluiaJ nachgeahmt 29^. Noch möge hier ein gleichfalls ungedrucktes Lied in Strophen von fünf Zeilen stehen, welche sich aber von der oben besprochenen fünfzeiligen Strophe bedeutend unterscheiden; denn während dort die Zeilen im Allgemeinen von gleicher Länge sind, überwiegt hier das erste Reimpaar gar merklich über das zweite, und die fünfte Zeile endlich ist blosser Refrain, welcher bei allen drei Strophen wiederkehrt. Das Lied steht in der Handschrift llo des XV. Jahr- hunderts zuNicolsburg (vgl. Jung mann, Hist. lit. c., 2 vyd., S. 61 Nr. III, 37 b) und es lautet nach einer Copie Rocek's, jedoch in verbesserter Form : 1 Nr. 27. Vsemohüci buoze, najmocuejsi krali, ano tebe vsudy a take v pekle chväli, nebs ty hoden clivaly . nade vsecky kräli, Näs pane Jesu Krisle! 2 .lenzto pro näs umriti räcil Krisle cny na nie se nerozpa'eil. tak lotra zpozdileho prijals na milost jeho, Näs pane Jesu Krisle! 3 Räcils pomoe däli svalemu Davidu, kteryz jesl bojoval proli pohanskemu lidu : rac näm pomoc däli, at byehuom le mohli znäti, Näs pane Jesu Krisle ! In der ersten Zeile der zweiten Sfrophe hat die Handschrift Genzsvmrziti raczil to pronas: die Umstellung fordert der Reim; die dritte Zeile derselben Strophe heisst nach der Handschrift Trpiels muky tiezke tak lotra zpozdileho: da auf diese Weise der Vers zu lang wäre, erweist sich die erste Hälfte als irrthümlicher Zusatz des Schreibers, während Reim und Zusammen- hang die zweite Hälfte als echt sichern. 29) Hoffinann, Geschichte des deutschen Kirchenliefics, 'l. Auflage, S. S.i.'} ff.. Nr. 201 ir.; Mone, Latein, flymnen 1, 19Ö Nr. 143; Daniel, Thesaurus hvmn. 1. 341 f. 308 J. F e i f a I i k ^ Indem ich zu den kunstreicheren Strophenformen des älteren cechischen Kirchenliedes übergehe und bevor ich den Beispielen für die eigentliche dreitheilige Strophe mich zuwende, will ich ein sehr kunstvoll gebautes Lied erwähnen, welches uns in mehren Handschriften vorliegt, wovon ich jedoch nur die erste in einer Copie ßocek's benutzen konnte; es steht nämlich in der Handschrift (XIV. u. XV. Jahrb.) A. b, Blatt 116'' des Wittingauer Archives, ferner in der Handschrift XI. C. 8, Blatt 2S1 der Prager Universi- tätsbiblothek s») und scheint überhaupt in Böhmen sehr verbreitet gewesen zu sein si). Es lautet in hergestellter Form nach meinem Versuche und mit vereinfachter Schreibung: Nr. 28. 1 w* Vstal (jest) buoh z mrtvyeh svü moci. a slavne do pekla kroei, aby z temnosti i z zaiosti dusicky k svemu otci poslal, za ni'z jiti zädal na smrt 1 dal svü dusi milostive. 2 w' Na veliki'i noc tu nedeli zboril pekelnii posteh', mocne bez otaza d'äbia svdzä, prikaza jemu tu ostati, aby on na veky byl s cloveky hriesnymi plamen hltaje. 3 w' Odtud vyvedl duse jäte Adama, Evu, otce svate z pekla ohniveho plactiveho 30) J u n g in a n n , Hist. lit. ('. 2 vyd. S. 62, Nr. II[, 45. "*) So führt es J. H u s in der Ausn^abe seiner Postille von 1S64: Blatt 74 unter jenen Liedern an, welche in der Bethleheaikirclie gesungen wurden. Jung ni a n ii a. a. 0. S. 28, Nr. II 24. Untersiichiing'eti iihoi- ultbohniisclie Vers- und Reimkunst II. 309 a chteje vesti do radosti s velikü milosti, kdez andele jej chväli bez prestanie- 4. w' My hflesni chcemeli tarn byti, musime pi'smo plniti, jesto nain vydano, prikäzäno, napsäno k spasenie nascmu , bieda bude jemu, ktoz ho netbä a veda prikäzänie. w' 0 kak lehce to zmrhäme, kdyz jeho v srdci nemäme an jest pro ny umrel, na krizi pnel, neb jest chtel pismo naplniti, chte näs sobe mieti, vyküpiti z zaiäre smrtedlneho. 6. w' Tut jsü pfisli s drahii masti döstojne panie w truchlosti, svata Magdalena, s ni etna zena Maria Jacobi (i) Salomee, chtiec jeho videti i zmazati, zadali tela jeho. 7. w' Jehoz jsü rytieri stfehli, od Pilata dary vzeli, an jiz byl z mrtvych vstal, duse pojal tfeti den v räji, kdez jest pripraven na veenosti s vsemi zvolenymi. Sit^b. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. B.I. II. Ilft. 21 310 w J. F e i f a 1 i k 8. Nuz vy sveti apostole, proste za ny sveho krale, at nas tarn dovede kdezto sede, kraluje s vami se raduje. abychom videli i tuzili, s nin byli bez skonänie. Die allerdings vielfach gestörte Grundform des vorstehenden Liedes scheint folgende gewesen zu sein. Zuerst kommen zwei auf- einander reimende Zeilen a. a mit je 8 Sylben, dann drei Zeilen mit dem Reime b. b. b und mit 6, 4 und 3 Sylben, darauf abermals drei Zeilen von b. b und 4 Sylben mit dem Reime c. c. c, endlich eine Zeile von 7 oder 8 Sylben, welche je zwei Strophen verbindet. Noch mag hier ein anderes Lied stehen, welches der schon oben erwähnten Handschrift I. 4o- 466 (Blatt 143'') der Breslauer Universitätsbibliothek entlehnt und in der Orthographie der Hand- schrift von Hoffmann von Fallersieben in seiner Monatschrift von und für Schlesien 1829, Bd. 2, S. 748 f. mitgetheiit ist. Es besteht aus drei Strophen, in deren jeder zuerst drei gleichreimige Zeilen stehen, an welche sich ein Refrain von 6 Zeilen schliesst. Nach meiner Herstellung lautete das Lied: 1. Narodil se Emanuel, jehoz zvestoval Gabriel, svedek jest Ezechiel. jehozto jest porodila Maria. Jest naplneno coz povedei Gabriel, radujmy se, veselmyse! panna syna porodila, tot jest byla buozi miiost nemaiä! 2. Jesus nialy paeholik, a Joseph stary muzi'k vsadil buoha na oslik ; jehozto jest porodila Maria! UiiU'isiu-liiiiigeti iiinT allhilliini »clie Vers- und Reiinkiiiisl II. 311 •lest naplneno coz povedel Gabriel, radujmy se, veselmy se! panna syna porodila, tot jest byla buozi milost nemalä! 3. Syon chval hospodina, spasitele vseho sveta, jenz hfiesnym hriechy smyva; jehozto jest porodila Maria! Jest naplneno coz povedel Gabriel, radujmy se, veselmy se, panna syna porodila, tot jest byla buozi milost nemahi. Allerdings gäbe es noch eine zweite Strophenabtheilung. Man könnte nämlich einen Refrain von nur drei Zeilen annehmen, so dass also die drei letzten Zeilen des Refrains nach der vorstehenden Abtheilung die Anfangsverse der zweiten Strophen lauten müssten : i. Narodil se Emanuel, • jehoz zvestoval Gabriel, svedekjest Ezechiel. jehozto jest porodila Maria! jest naplneno coz povedel Gabriel, radujmy se, veselmy se! 2. Panna syna porodila, totjest byla buozi milost nemalä; jehozto jest porodila Maria! jest naplneno coz povedel Gabriel, radujmy se, veselmy se! Freilich ist hier die zweite Zeile der zweiten Strophe, in wel- cher doch dem Sinne nach nichts ausgefallen sein kann, zu kurz; auch zeigt die Handschrift nach der Zeile buozi milost nemalä nicht das Nachfolgen des Refrains (in der Repeticio genannt) an, was sie regelmässig nach den Zeilen svedek jest Ezechiel, vsadil buoha na oslik und jenz hfiesnym hriechy smyvä thut, in das der Abschreiber alles zwischen den Zeilen svedek 21* Ol") J. K e i f a 1 i U V jest Emannel und Jesus maly pacholik als Refrain aufzu- fassen scheint. Somit möchte ich mich für die erste Art der Strophen- abthoiliing entscheiden, um so mehr als dieselbe auch durch das lateinische Original unterstützt wird. Auch diesem cechischen Weih- nachtsliede liegt nämlich ein älteres lateinisches zu Grunde, dessen allerdings gekürzte und umgestellte Übersetzung es ist und welches ich der Vergleichung wegen in die Anmerkung sa) verweise. Für die 34) V«;!. Ph. \Va p k e rn a gl. Das deutsche Kirchenlied, Stuttgart 1841, S. 27. Nr. 47. 1, ResonPt iü laiidibiis cum iiicundis plausibus Sion puin fidelibus. Apparuit quem genuit Maria. Suat impleta que praedixit Gabriel. Eva, eya. virgo deum g-enuit, ({tieii; divina voluit olemcncia. Hodie apparuit, apparuit in Israel, M Maria virg:ine est natus rex, magnum nonieu (lomiiii Emanuel, quod anuuntiatum est per Gabriel. 1. Christus natus hodie ex Maria virgine sine virili semine. Apparuit quem genuit Maria. Sunt impleta etc. 3. Natus est Emanuel, quem praedixit Gabriel, testis est Ezechiel. Apparuit quem g'euuit Maria. Sunt impleta etc. 4. Pueri coneinite, oato regi psallitCt voce pia dicite: Apparuit quem genuit Maria. Sunt impleta etc. 5. Sion lauda dominum, salvaturem hominum, purgatorem criminum. Apparuit quem genuit Maria. Sunt impleta etc. Man vergleiche auch die einzige Strophe dieses Liedes in C o r n e r's Gesang- buch von 1625, Nr. 59 und daraus hei Hoffmann, Geschichte des deutschen Kirchenliedes, 2. Ausg., Hannover 18S4, S. 424. Untersuchungen über allböhmische Vers- und Reimkunst. 313 zweite Eintheilung könnte allenfalls eine von Hoffniann von Fal- lersieben veröffentlichte ältere Fassung jenes lateinischen Lie- des's) sprechen: allein allem Anscheine nach sind hier die zwei ersten Strophen, welche in ihrem Baue von den übrigen ganz ab- weichen, als Refrain aufzufassen, welcher in der Handschrift wie noch sonst häufig genug voran steht und nach jeder Strophe wieder- holt ward, Wddurch sich diese Fassung der früher erwähnten jün- geren sehr nähert. Gewiss lag dem cechischen Übersetzer jene erstgenannte im XIV. Jahrhunderte geläufige Form vor, welche er eben nachahmte. Beiläufig nur will ich bemerken, dass die Refrain- zeile Radujmy se, vesime se noch heute sehr häufig als Refrain in cechischen VVeihnachtsliedern vorkommt ^4). Ich wende mich nun zu jenen altcechisclien Kirchenliedern, welche mir als Beispiele dreitheiliger Strophenabtheilung in Hand- schriften vorgekommen sind, und führe hier zuerst ein Lied an, welches in der Handschrift XVII, F. 30, der Prager Universitäts- bibliothek (ich bezeichne sie mit J) als Nr. 183 ^öj^ dann in der Handschrift 300 des Olmützer Capitelarchivs ^e) (ich nenne sie hier '*) Hoff mann a. a. O. S. 422 f. Anm. Die zwei ersten Strophen lauten hier: 1. MagDum nomen domini Emanuel, quod annuntiatum est per Gabriel, hodie apparuit, apparuit in Israel. per Mariain virginem est natu.s rex etc. 3. Sunt impleta quae praedixit Gabriel. ria, eia ! virgo deuru genuit ut divina voluit cicmencia etc. Die übrigen Strophen stimmen im Bau mit denen des in der vorigen Anmerkung angeführten Liedes überein. Was den Text aniielangt, so fehlen in dieser Recension die Strophen 2, 3 und 5 der früher genannten; dagegen hat dieselbe aber drei andere, welche in der Fassung des XIV. Jahrhunderts abgehen. 34) J. V. Karaaryt, Ceske na'rodni duchovni pi'sne. V Praze a v Hradci Kralove 1831, Bd. 1, S. 23 ff.; vgl. auch die Einleitung zu meinem Buche Über sla- wische Volksschauspiele aus Mähren. ■**) Jungmann, Hist. lit. c-, S. 28', Nr. II 24; Abhandlungen der kön. böhm. Gesch. der Wiss., V. Folge, Bd. 2. S. 132 (Nr. 185). 3*) Die nähere Beschreibung dieser Handschrift siehe in meinen altcechischeu Leichen, Liedern und Sprüchen, wo ich sie als C aufgeführt habe; unser Lied ist von den 314 J. F e i f :i I i k B enthalten ist. Leider liegt mir blos eine Copie von B in einer Abschrift Bocek's vor. Dieses Lied besteht aus vier Strophen, von welchen aber die erste, was die Stollen betrifft, etwas zerrüttet ist und der Herstellung aus A bedarf. In den drei übrigen Strophen bestehen die Stollen aus sechs Zeilen, wovon die erste und die zweite, die 'dritte und die vierte auf einander reimen und je vier Sylben oder zwei Hebungen«^) haben, die dritte und die sechste aber, sechs- (fünf-)sylbig, wieder durch den Reim gebunden sind. Der Abgesang enthält acht Zeilen: es reimen die erste und die zweite, je sechssylbig, die dritte und die vierte, je viersylbig, die fünfte und die achte, sechs- (fünf-)sylbig, und die sechste und siebente, wieder je viersylbig. Das Schema also, wobei die eingeklammerten Ziffern die Sylbenzahl bedeuten, wird folgendermassen lauten: a (4), a (4), q (5? 6?), c (4), c (4). b (6), I d (4), d (4), e (ä? 6?). f (4), f (4). e (6) I g (6), g (6), h (4), h (4), i (5? 6?). k (4), i (6). Für die Stollen der ersten Strophe, deren Reimstellung, wie gesagt, in B und wie ich vermuthe auch in A gestört scheint, ist das Schema : a (4), a (4), b (5), c (4), c (4), d (6), | e (4), e (4), b (ö), f (4), f (4), d (6). I Der Abgesang dieser Strophe lautet nach B: g (6). b (6), i (5? 4?), i (4), k (5), 1 (4), 1 (4), m (6). Ich lasse nun das Lied selbst nach B in hergestellter Form folgen. Nr. 30. Na cest pani (panne A) ktozt se klani, maje v pomoci (pameti A) jeji milost, odzene zlost hriechu smrtedlneho (telesneho A); Nebt jest panna velnii krasnä a mözt spomoci sluhu svemu l vernemu, zbavit vseho zieho. sechs darin enthaltenen das dritte: die Verse sind nicht abgesetzt und mit jedem Strophentheile beginnt eine neue Zeile, als ob eine neue Strophe käme. 3'') Man kann In diesen Liedern ganz wobi von Siebenzahl bei den Versen reden, weil in der Lyrik, wie ich schon anderswo gezeigt habe, das Streben vorherrscht, die Senkungen nicht fehlen zu lassp" Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunsl II. 3 l O Sluzniez ji a rkuc k ni: panno milostiva, k tobet volame. nebot niäme V tobe nadeji, uslysiz ny, shiadiz viny, prosi'c sveho syna. 2. Milä inatko, to dietdtko tve provorozene, ukoj je, at nam preje sveho smilovänie: Nebt jest na svet ten drahy kvet skrze vtelenie proto pfisel, aby tarn vsel clovek V kralovänie Nebeske radosti, tu kdez vseho dosti, jenz on raci bez rozpaci bozi milosti, kdez ta niilost i vseckua clnost jest beze vsie zlosti. 3. Ö Maria, panno miia, i povysenä, tys vynesla coz.t iinesla Eva prvni zena : Mäti nase vsech podavsi V smiecb sve pokolenie, uslysevsi i prijemsi skrze smilovänie; Tys pak ta predrahä, panno milostiva, Q|fi J, Feifalik ^ ty jsi matkü tomu dietatku, bozimu synu, z niton vysel, na svet pf isel, shladil nasi vinu. 4. Prosmez jeho at ndm sveho on smilovänie räci priti i odjiti jiz od nds plakanie, Abychom zde V tomto bydle zleho kochanie zeleji'ce, nechajice, dosli smilovänie. K tomu ty pfedrahä panno milostivd vzezfiz na ny, prosiz za ny jeho milosti, at nam räei bydlo däti V nebeskej radosti. Amen. Gleichfalls aus vier Strophen besteht ein anderes Lied, welches in der ofterwähnten Breslauer Handschrift (Blatt 29 ■"), aus der es von Ho ff mann in der Monatschrift von und für Schlesien 1829, Bd. H, S. 742 ff. abgedruckt ist, und in der Wittingauer Hand- schrift C. b (14. und 15. Jahrhundert) auf Blatt 115'' vorkommt. Ich nenne die erste Aufzeichnung A, die andere, welche ich blos in einer CopieBocek's benutze, B. Das Strophenschema ist folgen- des: a (7). a (7), b (7), b (7), c (6), | d (7), d (7), e (7), e (7), f (6), 1 g CO^ g 0)' h (6), i (7). i (7). k (6). Zu bemerken ist, dass auch der Abgesang {RepeticioJ seinerseits aus zwei, wie die Stollen (VersusJ gleichgebauten Theilen von je drei Zeilen be- steht. Das Lied lautet mit Zugrundelegung von B und Benützung von A: Untersuchungen über altböhmigehe Vers- und Reimkunsl. 317 1. Nr. 31. Zdrava, kralovno slavnosti, ocistnice nase zlosti, ciesafovno nebeskd, ochotne recanpfclska tebe pozdravila: ^ W „Zdrava, plnds milosti", povedelt jest s radosti arcliangol fen Gabriel; inhed kral Eniitnuel vsecky viny sliiadil. 10 K° Pocalas pana boha, spasitele vseho sveta, pannu jsi ostala: R° velmi krasny kvet z kveta, na spasenie vseho sveta iS synas porodila. 2. W Te nebe svrchnieho päna, nade vsecky vybranä. Cherubin i Seraphin, pfemocny Benjamin 20 ctne löze zvolil jest: W Te okrslek slunecny obklicil jest s milosti', kräsa vsecka slunecna, noham jeho poddana, 25 jenz vsemu kraluje: R° Sila tela i bozstvie, vysla svatä trojice z cisteho zivötka; R° plactivych utesenie, 30 svrchnieho päna slozenie, tron si Salamonuov. 3. W Tys pfedrahy ten kamen. jenz hasne vecny pldmen, hriesny v tobe milost ma, 35 kvietie vseho pfemocnä, dievko bez ürazu ! W Brana zlatä vecna ty, koruna devecska jsi, pocatek i skonanie, 40 daj srdcem utesenie moci vsie sladkosti. 318 J. F e i f a 1 i k R° Matko bozie pfesvatä, tela sveho precista, mofskd hvezdo svetlä, 45 K° ty perla jsi devecskä, ty vinice angelska, schräna vsie cistoty. 30 60 W Ö Maria, kvetov kvet, opatr tento smutny svet, poruc nas svemu synu, at nam otpusti vinu, matko milostiva; W Uvediz ny v bydla tvä, neb jsi dievka nebeskä, a V angelske radosti zbav ny hfiesne zalosti, pfej nam sve milosti; R° Tve milosti predivne, at nas bozi hnev mine: nebud näm hneviva. R" na poslednü bodinu pf iraluv se k svemu synu, matko i devicel^s) Dieselbe Breslauer Handschrift enthält endlich auf Blatt 30'" ein Weihnachtslied, welches gleichfalls in Hoffmann's Monatschrift V. u. f. Schi. S. 74S f. gedruckt steht; eine andere Abschrift dieses Liedes findet sich in der Wiltingauer Handschrift A. 4 auf Bl. 407^ Es besteht dieser Weihnachtsgesang aus drei Strophen , deren Stollen je vierzeilig sind, während der dreizeilige Abgesang als 88j Lesarten. 1 kralowno A. — 2 Oczystyenye B. — 3 tysarzowno A. — 6 pina A. — 7 zradosti A. — 8 archaiidyel B. ten felilt B. — 9 Hynhed B. — 10 wssych- ny ^. — 11 buoha .4. — 1.3 A dyewku gsy ostala B. — 14 kra'sny — pyekny A. — lä na spaseiiie — spassytele B. — 16 Syna ssy p. B. — 17 Tys nebe sweho panu A. — 18 uade wsseczny gsy w. ^1. — 21 czne A. — 2.3 zrylosty A. — 24 wseckii — wyeczna .4. — 27 tyelo A. — 30 Placztywym kutyessyeny A. — 31 päna — krale A. slozenie — matyeÄ. — 32 ssalamiionow A. — 34 jenz — gym z A. — 38 veciia' — wssyczkna B. — 39 dyewyeczska A dyewoysska B. — 41 srd- czom A. — 42 wssy A wssye B. — 43 biiozye A. — 46 dyeweczska A dye- wycxska B. — 47 wyniiycze B. — 49 kwyetuow A. — 51 tweniu A. — 33 matko ydyewycze .4. — 54 wedyz nas vbydia twa A. — 56 a — y A. angelskey B. — 58 ohny wssye mylosty A. — 39 ztwey A. — 60 buozy A. — 62 Naposledny A Naypossledny B. — 64 matko raylostywa Amen A. Uiilcrsiiehiiiifren nhcr altböhjiiiselie Vers- und Keiinkiiiist II. 319 Hefrain bei allen Strophen wiederkehrt. Das Schema der Reime ist: a. a. b. b. | c. c. d. d. 1 e. e. e. Ich setze blos die erste Strophe her, weil ich das ganze Lied in meiner Abhandlung über den Ein- tluss der altcechischen auf die altpolnische Literatur, wo ich näher auf dasselbe einzugehen habe, zu veröffentlichen gedenke. Sie lautet : Stalat se jest vec divna, f^,.. 32. panna syna porodiia beze vsie strasti telesne, tot jest divne a nove; Izaias prorokoval, angel Gabriel zvestoval, a fka „Zdräva plna milosti, porodis bez bolesti!" ' Radujine se, veseline se, V Betleme, v malern meste, buoh narodil se. Ich hatte oben Gelegenheit zu bemerken, dass man in älterer Zeit sich bei Anpassung lateinischer Hymnen für den Volksgebrauch mit wörtlicher Übertragung in die Vulgärsprachen begnügte, ohne auf Nachahmung auch der äusseren und oft künstlichen Vers- und Strophenforni allzugrosses Gewicht zu legen. Ein interessantes Bei- spiel hiefür, welches zugleich lehrt, dass auch noch in einer späteren Periode ein solches bequemes aber unbeholfenes Verfahren nicht unerhört war, finde ich in der Handschrift Nr. 45o0 (olim Theol. 942 Ambr. 105; Denis, Codd. theol. 1, 2, 1723 — 1729) der k. k. Hofbibliothek zu Wien. Hier steht nämlich auf Blatt 374'' ein lateinisches Marienlied, welchem unmittelbar die cechische Über- setzung folgt. Das lateinische Lied, welches ich hier in reiner Ge- stalt wiedergebe, weil ich es in keiner der bekannteren Sammlungen lateinischer Hymnen gedruckt finde, besteht aus drei dreitheiligen Strophen. Das Schema der Strophentheile ist folgendes, und zwar für die Stollen: a (9), a (6), a (3), b (3), b (7), c (4), ] d (9), d (6), d (3), e (3), e (7), c (4); | für den Abgesang : f (10), g (6), f (10), g (6), g (6), g (3), h (3), h (7), c (4). Die beiden Stollen sind sowohl unter einander als mit dem Abgesange durch den gleichen Reim jeder letzten Zeile gebunden. Es mag nun das Lied selbst folgen. rzo J. F e j f a I i k Nr. 33. *• W Aue pulcerima regina, 'gracia diuina quam trina beauit, ante nee post creauit maiorem te. Repeticio Mira res, angelum eniiserat, tantum placuisti, „plena et graeia" qui dixerat, „verbo concepisti, virgo perniansisti", (lixisti; „secundum verbum tuum iociindum fiat in nie!" W Te rex regum, deus deorum, dierum nuiltorum, pro morum virtute sponsam in uiuente traxit ad se. • Repeticio utsupra: Mira res. 2. W Salue lux patrum, prophetarum, glosa scripturarum multaruni, serata porta perambuiata Ezeehiel: W Sicut rubus non concrematus, Moysi flamatus, seruatus, sie paris nescia mater maris per Gabriel. R° Aaron arens virga floruit non nature more, Gedeon vellus mire niaduit de celesti rore: sie saluo pudore, dolore semoto, viro gignis ignoto Emanuel. Untersuchungen ülien altbiihinisclie Vers- und Reimkunst. S^w 1 3. W Vale Hester, per te Judeum saluat Mardocheum rex regum, comprendit f . . . Aman, suspendit pro seelere. W' Judith Caput vt Holophernis, qui preest infernis, prosternis volentem süperbe Juda gentem te perdere. R° Salomon regis potentissimi mater nuncupata, in Syon sedentis altissimi dextris sociata, nobis advocata vocata, Maria, virgo Clemens et pia, nos protege! Amen 3^). Die Art, wie hier bei der ersten Strophe in der Handschrift der Abgesang angebracht ist, lässt vermuthen, dass derselbe nach jedem Stollen (^Versus), also zweimal gesungen ward, woher denn auch seine lateinische Benennung Repeticio herrühren mag. Die unmittelbar nach dem lateinischen Texte stehende cechische Über- setzung dieses Liedes gibt nun, wie bemerkt, zwar den Wortlaut des Originales im Allgemeinen ziemlich genau wieder, ohne dass es jedoch dem Übersetzer gelang auch den Strophenbau seiner Vorlage zu bewältigen, obwohl sich ein Streben nach Nachahmung auch in dieser Richtung in den mehr oder weniger beabsichtigten Reim- reihen der ungelenken Übertragung deutlich ausspricht. Ja man kann wohl hie und da Bedenken tragen, auf welche Art der Sänger der Anweisung, das Lied nach der Melodie und in dem Tone des Aue pulcerrima zu singen, nachzukommen vermochte. Der cechische Text spottete wenigstens aller meiner Bemühungen, hier die Stro- 39) In der Strophe 2, Zeile 4 liat die Handschrift per statt pro; Str. 39, Z. 4 steht in der Hs. coraprehendit: der Vers, welcher blos drei Sylben zu- ISsst, nöfhigt zu der im mittleren F>atein nicht ganz seltenen Zusammenziehung. 322 J. F e i r a I i k phenformeii des lateinischen Originales herzustellen. Ich lasse ihn desshalb hier abdrucken, wie er in der Handschrift steht, ohne eine Verstheilung zu unternehmen; nur sind Unterscheidungszeichen eingeführt und die Theile der Strophe, welche in dem lateinischen und in dem cechischen Liede von der Handschrift eben so wenig wie die Verse abgesetzt werden, gebe ich getrennt wieder. Den hie und da bemerkbaren Reimen im Widerspruche mit dem lateinischen Originale nachzugehen und auf diese Weise eine neue Strophen- construction für die Übersetzung aufzustellen war nach jener ganz bestimmten Singanweisung weder räthlich, noch auch rein durchzu- führen. Nr. 34. Canitur sicut Aue pulcerima. 1. Zdrawa nayfwyeffie (sie) kralewno milofti, trogicze fwate fswyeczena, tobye rowne neftworzyl piwe any potom. W Tyc Ural nad kraly, buoh nad bohi, pro twe welike fflechetnofti k twe ftarofti yako chot mylu przyglal k fobye. 11° Ddywnye geft, wyfial ktobye angela znebefkeho thronu, genz geft rzekl: „zdrawa milofti plna, flowem fy poczala, panu gfy zuoftaia, kdyz gsy vwyerzila"; a kdyz rzekia: „ftan my fie wedle flowa tweho". 2. W Zdrawa fwietlofti otczow fwatich, tyf wyklad na pyfma prorocka, zawrzena brana, kteruz geft wydiel ezechiel. W Jakozto moyzeffuow kerz horzel a prolo przyrozenu zelenoft fwu myel, tez ty pannv oftalas, iak angel powiediel. R° Aronow wykweti geft prut vwadly proty wffemu (aus fweinu gebessert) prawu, a take runo gedeonowo dywnye znebe zmoklo, a ty panno, nykdy inuzie nepoznawffy, przyeneznamye porodylas emanuele. 3. W Zdrawa bud hefter przyefpanila , zyda mardochea od smrtys fproftila, a skrzye tye neflechetny amaii obyeffen. W Jakofto Judich (sie) oloferiia, tys zabyla pyffneho a hlawa (sie) ftala pro lid bozie, kteryz geft on chtiel zachubyti (sie). R Sslumon (sie) genz geft kral naymocznyeyffy, tys gfy matka gehe; genz fedy na fyonu naywyfy, sedyfs wedle nyeho: racz na ty pomnyeti a w pamycti myeti, genz tie chwale, maria, panno dobrotywa, myloftywa. AMEN 40). ■*<>) Am deiillielisteii, wenn gleich .tnch hier nichts weniger als gelungen, zeigt sich das Slrehen nach Widergabn auch der Strophenforni wohl in der Repeticio der letzten Strophe: Untersuchungen über altböhiiiische Vers- und Reiinkuiist H. 323 Schliesslich erwähne ich noch des aus der Husitenperiode stammenden Liedes von den sieben Sacramenten*i), vi^elches beginnt Vzdajmez najprv chvalii otci vsie velebnosti. (Nr. 35) Nr. 35, Es stellt in der dem 15. Jahrhunderte angehörigen Nikolsburger Handschrift Nr. 115 und ich kenne es in einer Bocek'schen Copie. Da aber das zwanzig Strophen enthaltende Lied einerseits zu lang ist, um es an diesem Orte seinem vollen Umfange nach mitzutheilen, andererseits die mir vorliegende Abschrift nicht immer ganz genau scheint und auch durch Nachlässigkeit des Schreibers der Hand- schrift selbst manche Verwirrung und Verderbniss in den Text ge- kommen sein muss, so begnüge ich mich damit, dass ich blos die fünfte Strophe, welche dem zweiten Sacramente entlehnt ist, als Beispiel für die Strophenform hieher setze. Zur Übersicht dieser Form diene folgende Zusammenstellung: die Stollen: a (13), a(ll). b (6), b (12), I c (13), e (11), d (6), d (12); der Abgesang: e (6), e (8), f (13), f (11), g (6), g (12). Die fünfte Strophe heisst: W Apostole modlec se na lid ruce kladli, a kned ducha svaleho prijfmali, tak potvrzovänie duchem svatyra slo skrze rukü vzklddanie. W Pak Simon prinesl k apostolom penez mnoho a rka: „dajte i mne moc takü toho, komuz vlozi'm ruce, at prijme ducha svateho tak ruce". K nemuzto Petr vece: „pfed buohem krive srdce tve k zatracenie, budte s tebü tvoji penezi; neb mnis by vlädl duchem svatym penezi". s ti'm se Simon pryc bral, byv kften vsak jest ducha svateho neprijal. Salaindn jeiiz jest kräl najmocneisi, tys jsi Diatka jelio; jeiiz sedi na Syonu najvyssi, sedis vedle neho : rac oa ty pomneti a V pamneti (ty) inieti, jenz te chrale Maria, panno rtobrotivä, milostira. ") Pisen osedmere svatosti koslelni'; \g\. Jungniann a. a. 0. S. 61^, Nr. MI 37 c. OOÄ J- F e i f a 1 i k Ich bin mir wohl bewusst, dass die im vorangehenden bespro- chenen Lieder nichts weniger sind als eine vollzählige Sammlung der in dreitheiliger Strophe verfassten geistlichen Gesänge, welche uns aus älterer Zeit erhalten sind; im Gegentheile wollte ich, an die Besprechung einzelner anderer Strophenbildungen, welche zu ver- folgen mir von Interesse schien, anknüpfend, blos an einer Reihe von Beispielen, welche mir zu Gebote stunden, erläutern, dass das Gesetz der dreigetheilten Strophe für die ältere cechische Kirchen- dichtung eben so gilt wie für die gleichzeitige weltliche Lyrik. Vielleicht bietet sich mir einmal Gelegenheit auf den Gegenstand zurückzukommen. Namentlich aber werden Forschungen in Hand- schriften, besonders der Prager Bibliotheken, ohne Zweifel eine reiche und wichtige Nachlese gewähren. Für jetzt sei es mir gestattet noch einen Blick auf die Dichtung späterer Epochen zu werfen. Ich hatte schon in meiner ersten Untersuchung über den in Frage stehenden Gegenstand darauf hingedeutet, dass sieh in der kirchlichen Liederdichtung der Brüder, deren Innigkeit und Reich- thum man nicht genug bewundern kann, unsere dreigetheilte Strophe in der verschiedensten Form und Abwechslung reichlich vertreten findet. In der That genüfjt ein Blick in die zahlreichen handschrift- lichen und gedruckten Cantionale, Gesangbücher und Liedersamm- lungen der Brüder, um über den wechselvollen Reichthum auch der äussern Formen ihrer Gesänge zu erstaunen und es wird einen wichtigen Theil der Forschungen desjenigen, welcher sich einst der dankenswerthen und lohnenden Arbeit einer genauen Unter- suchung der gesammten Bruderliederdichtung unterzieht, ausmachen, auch die strophischen Gesetze und Bildungen derselben zusammen zu stellen. Wenn ich hier einige Beispiele auch aus jener Periode bei- bringe, so will und kann ich damit natürlich weder eine erschöpfende, noch auch nur eine annähernde Übersicht jenes Reichthumes geben; ich wähle eben nur wenige Lieder, welche mich in dieser oder in jener Beziehung anziehend dünken als Belege für die Fortdauer jener Strophenform aus. Ich bed;ene mich dabei des Kralitzer Can- tionales vom Jahre 1618 *2). 42) Pjsii? ducliownj Ewtiiigelistske , z Pjsem Swatych, a w nich zawreneho Bozjho Vceiij, sloieiie, z prjciii hodiiycli opet bt-dliwe prehlednute : a zakoz predne ke cli a chwale wecneho Boha , w Trogicy bfahoslawene, tak potom k spasyted- Untersuchungen über allböhmische Vers- und Reimkunst. 325 Voraus sende ich ein Weihnaehtslied (Pjsne duchownj etc. S. 70 — 71), welches nichts anderes als eine interessante jüngere Umarbeitung des oben als Nummer 32 besprochenen Liedes ist und zeigt wie frei man bei Anpassung und Erneuerung älterer Gesänge verfuhr: sowohl dem Inhalte als der Form nach ist unser Lied erweitert und ausgedehnt, selbst der Refrain hat einem bei jeder Strophe wechselnden Abgesaiige Platz gemacht. Die Strophenein- theilung ist jetzt folgende, für die Stollen: a (7). a (8). a (7). b (8). b (7). b (7). b (5). 1 c (7). c (8). c (7). d (8). d (7). i\ (7). d (5); für den Abgesang: e (8). e (7). e (7). e (5). 1. Stala se jest vec divnä, panna syna porodila, a vsak pannou zustala V cistote neporusene: tot jest divne a nove a nikdy neslychane, vsak bohu mozne. Duch päne prorokoval, anjel Gabriel zvestoval, od boha vypravoval, fka: „Zdrava dosld milosti, neb pocnesa porodis syna, jenz slove Jezis, bozskou mocnosti". Radujme se, veselme se, V Betleme malern meste, lo vezme velmi jiste, buh narodil se! 3. Pastyrum anjel zjevil a ty noviny povedel byt lid ven'ei vedel fka: „Narodilo se dite V smrtedlnem zde zivote, jenz vlädne po vsem svete jako buh moene. ueinu Cyrkwj Gezukrystowych rozumegjcych , v wjre Bozj wzdelanj a vtwrzenj, wydane: Leta P.tne M DC XVHI. Pridiini gsiiu k nim zalmowe Dawida swateho, w rytmy a zpewy pobozne, sforraowanj. (40. 3 ungezählte Blätter und 704 Sei- ten; in vier Theile ahgetheilt). Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX Bd. II. Hft. 22 326 J- Feifalik Kdo slychal take veci, ze slavne pn'jeli mudrci, närodove daleci. od vychodu slunce k nemu, davajic dary jemu jakozto pänu svemu, cini'c poklonu. Hvezda nova a veselä, tat jest Jim ukäzala toho draheho päna, jemuz cest dana. 3. Jenz davas smilovani a vsech hfichu odpusteiii, prvni castku spaseni, o jediny matky synu, ocistuj kazdou vinu skrze nas dopoustenou, 0 shlad krvi svou. Dejz ndm sehe chvaliti, radostne pi'sne spivati, tobe vzdy dekovati, 0 Jesu Kriste, kräli nas, jenz toliko sam moc mäs, sve na veky spasiti i oslaviti! Radujme se, veselme se, ze jest navratila se slava nebeske fise z pana Jezise. Als zweites Beispiel lasse ich ein kunstvoll gebautes und auch in historischer Beziehung nicht unbedeutendes Loblieb auf Johann Hus (a. a. 0. S. 352 — 3S3) folgen. Das Strophenschema lautet bei den Stollen: a (9). a (12). b (4). b (9). | c (9). c (12). d (4). d (9); beim Abgesange: e (10). f (6). e (10). f (6). f (6). g (6). g (9). Nach der letzten fünften Strophe kommt nochmals ein Abgesang ohne Stollen. 0 mistru Jatiovi Husovi svaie pameti. Nr. 37. j Närode cesky, ehvaliz boha, neb tobe obzviästne dobrodini mnohii V ton» iiciiiil, zet .Jana Hnsa k sluzbe vzbudil. UntersuchuDgeo über altböhinische Veis- und Reimkunst. 327 Aby skrze jeho käzani obnovil V Cechäch cirkev svou pro spaseni: budmez vdecni kdoz jsme nyni toho ücastni. Vzezfelt buh na hrozne zavedeni od pi'sma svateho, vzpomenul na verne zaslibeni Krista syna sveho, ze tech dni ukrati, Antikrista zkazi duchem üst svych skrze posly sve, kdzani'tn jich. 2. K toniut jest Jana Kusa zvolil verou i cnostmi, ti'm knezskym rouchem odi'l, atby se stkvel, poselstvi praveho duvod mel: Jehoz duchem svym k tomu pudil, aby pi'smum svatym s pilnosti se ucil, kteremuz dal, ze nad jine jim srozumival ; A tak jej hned od jeho mladosti k släve jmena sveho oddelil, i naplnil milosti zivota svateho: tomut sou svedectvf vydali z kralovstvi pani cesti, moravsti, vsickni mistri prazsti. 3. Ont jest evangelium kazal a zavedeni papezske oznamoval, byt je znali, boha nad lidi poslouchali: Tentot byl grünt uceni jeho pro nez potupen jsa trpel ranoho zleho, kldtbu scestnou nan i jine Cechy vydanou; Jehoz buh racil sam posilniti proti tem mocnostem, byt se mohl hruzy jich nedesiü, a proti jich zlostem aby pravdu hläsil, predce blud, hnch kazil: neb tak buh chtel, aby innohym k spaseni prospel. 22» 328 J. F e i fa I i k 4. Uceni sve k soudu vsechnem d.l, lepsiho nauceni z pi'sem svatych zddal: neni ddno, falesne na nej zaloväno. Nemelt on srdce kacifskeho, ale mel jest ducha pravde povolneho, proriz odpustil buh V Kristu, v ^emzby koli bloudil. A vsak jej pravde tak povolneho rota papezova za glejtem odsoudila svateho, zlostne usmrtila; potom mnoho jinych jeho nasledovnych jenz trpeli, pro tu pravdu hrdia slozili. 5. 0 jakd to horlivost byla, jenz zivota sveho sohe neväzila pro spaseni sve i bliznich dati v zmareni: Vseckot to sani buh pfi nem cinil, i srdce otcüv nasich k nerau naklonil, byt prijali slovo pravdy i pfi nem stali, Ktefizto, vydalivse se necistot, bludü Antikrista, shlukli se, drzi'e se pravych jistot V cirkev pana Krista, inaji'c obnoveni cisteho uceni, coz doslo näs zadostive take v tento cas. Kdyz pän buh dal näm k temuz pfijiti, zprostiv Antikrista, a V jej ich tezke usile vji'ti V tom V ceraz pravda cistä, vzddvejmez chvdleni, jsouce V pozivdni te milosti: bud bohu chvdla na vysosti. Die Sammlung (a. a. 0. S. 353 — 354) bietet noch zwei weitere dem Stoffe nach weniger interessante Lieder auf J. Hus, Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst. 329 in deren einem die Stollen aus je einem Reimpaare von achtsylbigen Zeilen bestehen, der Abgesang aber drei Zeilen, die zwei ersten zu vier, die letzte wieder zu acht Sylben, enthält. Ich setze von den zwölf Strophen blos die erste hieher. Jizt Babjlon velmi klesä, Nr. 38. rany bozi hodne nesa, Z toho radujte se verni, ze buh zprostuje vezeni Antikrista, svudce sveta, jehoz jest ukrutnost lita. In dem dritten Liede auf Hus endlich, welches das mehr- erwähnte Kralitzer Cantionale vom Jahre 1618 (auf S. 3S3) ent- hält, sind Stollen und Abgesang ganz gleich gebaut und bestehen aus je einem Reimpaare, dessen erste Reimzeile acht, die zweite sieben Zeilen hat. Auch hier wieder mag von den sechs Strophen die erste an diesem Orte Platz finden. Spivej jazyk o pfeslavnem Np. 39. boji rytifskem snaznem, Kterj'z vedou osvi'ceni, bozskoii inoci odi'ni Prot! Istem prevraceneho houfu zjosti plneho. Ich lasse es an diesen vier Liedern genug sein und will zum Schlusse nur noch einen Blick auf die neueren und neuesten Zeiten werfen und zwar auf jene, nicht Volkslieder, aber volksmässigen Lieder, wie'sie in Rühmen und Mähren in fliegenden Blättern zu Hunderten auf den Jahrmärkten feil geboten und von dem Volke mit Eifer gekauft und gesungen werden, so dass sie sogar dem um so vieles tieferen und innigeren eigentlichen Volksliede Eintrag thun, welches um sie nur zu oft vernachlässigt und vergessen wird. Übrigens würde man irren, wollte man alle diese Lieder für erst in neuester Zeit entstanden halten: manche, viele vielleicht rühren aus dem 17., ja einige wohl noch aus dem 16. Jahrhunderte her, und bei einer grossen Anzahl wird wenigstens die Strophe älteren Formen nachgebildet sein. Konnte es doch geschehen, dass ein Lied Simon's von Lomnitz (Lomnicky) auf die heilige Dorothea noch heute als Volkslied, allerdings mannigfach geändert, in Mähren gesungen wird, so dass es selbst ein so gründlicher Kenner des 330 j. F e i f a I i k Volksgesanges wie Professor Franz Susil für ein echtes reines Volkslied ansehen konnte. Dieser theihveise ältere Ursprung wird erklären, dass wir auch hier häufig genug dreigetheilten Strophen- formen begegnen, obwohl sich, wie bemerkt, neuere Dichter solcher Lieder nicht minder und sogar bis auf die jüngste Zeit dieser beliebten und gewöhnten Strophenbildungen bedienten. Ich will auch hiefür einige Beispiele anführen, wobei ich aber immer nur die erste Strophe als Muster ansetze, was bei diesen weniger gewichtigen Producten genügen wird. Voran mögen die geistlichen und zwar vier Weihnachtslieder stehen. Das erste Weihnachtslied, welches ich mündlich aus Kojetein besitze, habe ich in meinem Buche über slawische Volksschau- spiele in Mähren S. 200 f. vollständig mitgetheilt. Die erste Strophe lautet: Nr. 40. ^ ^'*^j ^ "^f" Jezi'sku i s tvoji matickou, Emanueli; Tobe se klamme, tebe velebime, nebeskj' krali. Tobe pastuskove nosime dary, raciz jich prijati, Jezisku maly. Die folgenden drei Stücke sind aus fliegenden Blättern. Das erste hat den Titel: Pisen ke cti narozeni päna Jezise Krista. Es beginnt: Nr. 41. Radostne budetn spi'vati, hledte, Kdo nam ehce koledy däti, dejte! My devcata s pacholaty jdeme k väm koledovati, Jen se k tomu mejte. Das vweite : Nova pi'sen aneb vänocnikoleda, kucteni nove narozeneho Jeziska v Betleme, fängt an: "■"• *2- Pochvalen bud Jezi's Krisf us, mily Mateji! „Az na veky! kam pospieba's, bratfe Ondfeji?" Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst. 331 Ja do Betlema bezi'm, CO se tarn deje nevi'm, prosim tebe, vriit se se mnou, neco ti povi'm. Die zwei voranstehenden siebenzeiligen Strophenbildungen sind besonders beliebt und kehren in geistlichen Liedern öfters wieder. Das letzte endlich, welches das zweite von Dve radostne koledy ostastnem narozeni Kristapänaist, hat folgenden Anfang: Di'te se näm narodilo Nr. 43. V Betleme ve ehievu, Jasnosti se osvitilo prevelmi velikou: Anjele ho velebi, gloria spi'vaji, Jezisi malemu cest, chvälu vzdävaji. Zum Schlüsse führe ich noch einige weltliche Lieder, gleich- falls nach fliegenden Blättern, mit ihren Titeln und Anfangsstrophen an. Den Anfang mache eines aus neuester Zeit, welches lehrt wie noch fort jeder Gegenstand, jedes Ereigniss, welche die Phantasie des Volkes beschäftigen, Stoff zu einem Bänkelsängerliede hergeben müssen. Smutna pisen o pfeukrutnymmordu, ktery se stal V .laromerici 1856: Smutne louceni moje Nr. 44. s tebe svete marny, vidi'm ze jsi podvodny, osemetny, falesny, Dabelsky nadhonei a lidsky zähubei. Truehlivä pisen o dvou zostfelenych, kteri sobe pro vernou läsku jednou hodinou umriti uminili. Dieses Lied ist nach Strophe 4 und 5 im Jahre 1819 entstanden und hat dieselbe Strophenform wie das vorige, welchem es zum Muster diente: 0 svete, svete marny. ^i"- *^' ty nadhonei dablu, Nestastny podvodni'ku Milovnie, niilovni'ku. Kterä skrz svou fales do pekia pfivedes. QQ2 J. Feifalik il Pfikladna pisen o jednom mlädenci s smrti se domlouvajicfm: Nr.46. Slysel jsetn novinu pfezalostnou, ze pfijde ke inne smrt na namluvu: Ale nenamluvi, ja ji sklamam, kdyz bude mit dojit, ja se schoväni. Piseri vojenskä pro obveseleni miadencurn a pan- näm na svetlo vydana. Beim Gesänge wird jeder Stollen wie- derholt: Nr. 47. Jai'o se otvi'ra, kviti kvete, R. Zezulenka kukä V hustem lese: R. Slavicek v krovicku tluce svou pi'snicku, ze ja budu nosivati pekiiou savlicku. Pisen 0 Theofilovi, na jeho svadbe anjel Rafael pritomen byl. Dieses Lied weist durch einzelne darin vorkom- mende Anschauungen, so wie durch den ganzen hier behandelten alterthümlichen Legendenstoff auf eine bei weitem frühere Zeit. Theophil , ein gottesfürchtiger englischer Herr, bittet Gott, er möge ihm wie dem Tobias zum Schutze gegen böse Mächte den Engel Raphael auf seine bevorstehende Hochzeit senden. Der Engel erscheint Theophil beim Gebete ausserhalb des Schlosses als schöner Jüngling, wird von diesem zum Feste geladen und geht mit. Uner- kannt weilt er acht Tage, gibt sich seinem Schützlinge beim Abschiede zu erkennen und lässt nun seinerseits diesen nach drei Tagen in's Himmelreich. Zur bestimmten Frist entfernt sich Theophil ohne Abschied von den Seinen und findet ein überirdisches Ross, das ihn an die Pforte des Paradieses führt, in welches ihn Raphael geleitet. Er schaut die Herrlichkeiten des himmlischen Jerusalem und den Erlöser selbst, muss aber als noch nicht gestorben zur Erde zurück. Er klopft an das Thor seiner Burg, von welcher er seiner Meinung nach nur einen Augenblick entfernt gewesen; man öffnet, aber Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reiinkunst. 333 niemand will ihn kennen. Endlich findet sich in einer alten Chronik dass seit seiner Entfernung dreihundert Jahre verflossen sind. Er muss dem neuen Burgherrn alle seine Erlebnisse erzählen und mit zu Tische sitzen: kaum aber hat er irdische Speise berührt, so ergraut er, die Kräfte nehmen ab, er sendet nach dem Priester und stirbt. Die erste Strophe dieses Liedes lautet: Poslysete mile, Nr. 48. CO chci spivati. Ted V teto chvi'le vypravovati, Co se nekdy stalo povim vdm v krätce k veene pamätce: pozorujte mälo. P 1 s e n 0 S a m s 0 n 0 V i : Lezel jsem Sainson zemdleny Nr. 49. moje si'la jest vzata Od Dalidy, milenky nie, jejim podvodem vzatu: Ta mne ranila, sily zbavila, pfenestastna Filistinka Dali, Dali, Dalida. Nova pi'sen o holcickäch v Americe. Ty pfekräsnä zeme Ameriko, Nr. 50. kdybys ty nebyla tak daleko, Vinsoval byeh sobe tarn pfijiti, bylo by tain lepsi zivobyti: Tarn jest vina dosti, pokrmu hojnosti, nejsou lide V zädne bide, zijou tarn v svornosti, V läsce, upn'mnosti, buh je zehna v kazde dobe. Auch hier wieder vermöchte ich aus einer grösseren Sammlung solcher Lieder zahlreiche Beispiele und Nachweise über das fernere Vorkonunen der in Frage stehenden Strophenform zu geben. Aber fast befürchte ich, jetzt schon mich zu weit ausgebreitet zu haben und ich schliesse desshalb diese Untersuchung. Es genügt mir, wenn mir der Beweis g<'Iungen ist, dass die dreigetheilte Strophe in der 334 J. Feifalik cechischen Dichtung von dem wahrscheinlich ältesten erhaltenen Producte altcechischer Lyrik, von dem Tajnä läska genannten Minneliede an bis auf unsere Tage herab in Übung war und ist. In vorliegender Abhandlung habe ich dies für die geistliche Lieder- dichtung nachzuweisen gesucht, für die weltliche Lyrik hoffe ich denselben Beweis in meiner ersten Untersuchung über diesen Gegen- stand und in meinen 'Altcechischen Leichen, Liedern und Sprüchen' geliefert zu haben. Einzelne Ausläufe über scheinbar vielleicht ferner liegende und doch nahe verwandte Fragen wird mir der nachsichtige Leser wohl zu vergeben wissen. Noch erübrigt mir, demDirector des mährischen Landesarchives, Herrn Statthaltereirath Peter Ritter von Chlumecky, meinen besten Dank zu sagen für die seltene Liberalität, mit welcher er mir aus dem seiner Leitung unterstehenden Institute alles meine Zwecke Fördernde auf die umfassendste und freundschaftlichste Weise mit- zutheilen die Güte hatte. Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst. 335 Anhang. Das nachfolgende Lied aus der Husitenzeit, dessen ich bereits oben in der Anmerkung 10 gedacht habe, steht sammt der histori- schen Einleitung auf den letzten Blättern der Handschrift 343 (Papier, Quarto, 15. Jahrhundert) desOlmützer Capitelarchivs und ich benutze davon eine allerdings etwas fluchtige Abschrift Bocek's. Das Lied ist um so interessanter als wir nicht nur die Veranlassung zu seiner Entstehung kennen, sondern sich uns auch hier ein Einblick öffnet auf die gegenseitige Einwirkung und Verquickung lateinischer und cechischer weltlicher Dichtung in jenen Zeiten. Ich versuche in dem nachfolgenden einen möglichst lesbaren Text herzustellen. Anno domini Mccccxix in crastino Assumpcionis beatissime Vir- ginis Marie mortuus est rex Wenceslaus, olim Romanorum et Boemie rex. quo mortuo statim nocturno tempore in tercio signo orologijs illa pessima secta Husitarum in turba multorum milium armata manu inuaserunt et excusserunt domum nostrum Orti heate Marie ordinis nostri Cartusianorum prope Pragam et spoliata ipsa domo eduxerunt omiies fratres, tam monachos, quam conuersos, eciam incarceratos deliros et introductis eis omnibus ad pretorium ciuitatis maioris, ceperunt omnia comoda et cellas irrumpere et muros m (? so die AbschrißJ in circuitu et mortuorum sepulcra apperire et hinc inde O^ß J. F e i f a 1 i k pecunias querere, frangere muros, lapides sepulcrorum et altaria effossa execrare, et tandem ecclesiam et omnia commoda ignibus combusserunt. Quantam autem stragem, crudelitates, spolia, abhomi- naciones, sacrilegia et alia multa mala fecerint illi periiersissimi heretici (fecerint sie) circa alia sacra loca monasteriorum sacrarum virginum, plus valet gemere ad dominum, quam in scriptis redigere. Ecce domine, venerunt bij pessimi plusquam gentes in bereditatem tuam, polluerunt templa sancta tua, posuerunt visionem ecclesiastice pacis in pomorum siluestrium amarissimam custodiam. Incedunt enim (velut?) ferocissime bestie, cogentes fideles Christi suscipere sua- rum nequissimarum adinuencionum sectam bereticam inaudite per- uersissimam; aliter (at die Handschr.'), nisi ipsis consenserint, comprehensi statim, sit vir vel niulier, iugulant et occidunt (iugu- lantur et occiduntur?). Cuius erudelitatis intuitu adbuc viuente domino rege Wenceslao congregati in multis milibus, scabinos noue ciuitatis Pragensis in concilio congregatos, quia fideles erant et ipsorum secte contrarii, irrumpentes pretiorium, eeperunt eos de fenestris deorsum proicere extra muros pretorii et, quasi obsequium prestantes deo, occideruiit ex eis deiectis (deiectos die Äbschr.} primos ciuitatis viros quatuordecim, obsessa et oppressa per easdem bestias ex omni parte tota Pragensi ciuitate. In qua mirabilius et dampnabilius contra sanctam ecclesiam catbolicam heretico magisterio non bactenus peragere (so ?). Eodem tempore quo supra infrascriptum canticum contra eosdem est descriptum. 1. Gaude mater ecelesia de regali victoria, Fugata Christi gracia heretica perfidia. R Deo gracias! 2. Quam pus (?so die Abschrift) Hus ille perfidus excitauit hereticus, Inficiens Morauiam, pessunduuit Bocmiam. \\° Ve tibi Hus! Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst. 337 Luge tu regalis Praga, confusa es dura plaga, Perdidisti decus Christi, dum Husitis consensisti. R° Ve tibi Hus! 4. Monasteria destructa in te sunt heu elama ructa(?), Quantos probos infecisti, minorasti cultum Christi. R° Ve tibi Hus! Virginales Christi sponsas, huic mundo eoraa tonsas, Eiecisti velud scorta, gens peruersa et discorta. Ro Ve tibi Hus! Paganis crudeliores, Judeis perfidiores, Blazphemastis fidem rectam, conflnxistis nequam sectam. R° Ve tibi Hus! Insanitis velud thauri, vacce, mures sicut mauri (darüber: vel ut demones) Hec iam sunt vestra diuina: caro, luxus et rapina. R° Ve tibi Hus! 8. Ypocrite scimus cuncti gaudium ad instar puncti, Ita cum Baal ridetis, sed ruinam non videtis. R° Ve tibi Hus! 338 J. F e i f a I i k 9. Praga plaga nouitatis es directa vanitatis, Urbs regalis es obsessa vili turba et oppressa. R° Ve tibi Hus! iO. Obses primis noluisti esse, sero defecisti. In te mala hinc venerunt, pessima invaluerunt. R° Ve tibi Hus! 11. Ruptis(?) claustro et cellarum, multitudo Husitarum Euaginans crudos enses expulit Carthusienses. R° Ve tibi Hus! 12. Sieue (Sic ne?) truces atque rei inplestis mandata dei, Quibus vos semper iaetastis, mendaces exhorbitastis? R° Ve tibi Hus! 13. Maria virgo respice, nee turbulatos despice Polens es hanc iniuriam eonuertere in gloriam. R° Ve tibi Hus! 14. Virgo, tui contemptores facti canes et tortores Viros fideles trucidant, ecciesias expoliant. R° Ve tibi Hus! Untersuchungen über aitböhiiiische Vers- und Ruiinkunst. 339 15. Sed horrenda intus latent, que peracta Christo patent, Hijs propter turpe meritum dant fiuem et interitum. R° VetibiHus! 16. Hinc tideles iubilemus, Christum regem adoremus, Qui est in personis trinus, viuus, verus deus vnus. R Deo gracias! Amen. Sequitur vulgariter. 1. Jiz se raduj, cierkev svata, protivit se sber proklatä, Tvoj krestansky rad nemine, nez kaciefsky küt ten zhyne. R° Chväla bohu! Nez ze zlost dobrotu dusi, tot se stalo vse od Husy, Tohot jest Viklef urodil, ceskej zemi zle se hodii. R° ßeda tobe Hus! Ohyzdil ji svetu vsemu k ztraceni najviec(e) svemu, Vecny bude miet zamutky pro svy neslechetny skutky. R° Beda tobe Hus! 4. Nebs tak nekdy prorokoval, CO by ti byl kdy zameskal, Tve by Hiisky ohrdili, ze te kaeiere spalili. R*" Beda tobe Hus! 340 •'• F e ' f a ' ' l' Hüsko, Hiisko, zle se täzal, zes tak purne mnoho käzal, Viz zet tve Hüsätka nynie mord, vsi zlost i lüpez^cinie. R° Beda tobe Hus! 6. Takli naplnijijbozie desatero pfikäzanie? Od modly jenz^slove Dagon kujete zly novy zakon. R° Beda tobe Hus! 7. Kfeslanskeho i'ädu zradci, poslüchajte svatokradci, Obeti vase neslane, horsi ste vy nez pohane. R° Beda tobe Hus! 8. Potvory, svine, ne lide, horsit se vämi i zide, Ze se od kfestan dvojite, klästery, fary lüpite. R° Beda tobe Hus! 9. A pro lakomstvo borite (?), Hüsky, pekelne büfi'te, Verne krestany hubi'te, k svemu neräd(u) nutite. R" Beda tobe Hus! 10. Sezriz s nebe, Jesu Krisle, zet tve choti, panny eiste, Z klaster6v sü vystrkaÜ a tve meno poruhali. R° Beda tobe Hus! Untersuchiing'en über altböhmische Vers- und Reimkiinst 11. 341 n, Haneji'ce panenskü cest; slyste verni däbelskii lest, Jakt SU k necistote liti, hanebno jest vypraviti. R° Beda tobe Hus! 12. Hfivi ste jakozto bykove, krdvy, mysi, nmn'nove, L\ipez, mord, lest, ne krestanstvie, tot jest vase nabozenstvie. R° Beda tobe Bus! 13. Uki'utni'ei, slystez dale, klaster ctneho Jana kräle Karthüsky ste oboriii, vylüpili, vypälili. R° Beda tobe Hus! 14. Tot stepohane pobiii, rytiefskü vec ucinili Na vzdoru to bozie chvale, vyhnavse Karthusy dale. R° Beda tobe Hus! IS. Bojte se s nebe tezkej ruky, rubajice bozie muky A obrazy po vsie Praze. radujte se, blaze, blaze! R° Beda tobe Hus! 16. Ciniec detinske ponutky (pernütky? pomitky? Bocek), zajiste bläznove skutky; A pak na Thabor tej bore CO cini'te? buoii vi höre! R° Beda tobe Hus! SiUb. .1. phil-hLsl. Cl. XXXIX. I!d. II. Hft. 23 O « O J. F e i f a I i k 17. Presto ls(ivc crtozriidu, zinordovavse prazsku radu, Csnych konsel mesta noveho, s tiem cekajte konce zleho, R° Bcda tobe Hus! 18. Mystry mäte a chvälite, nesnadne se polepsite, Nebt vas tvrdie jako kämen: buch ny miluj (? mylny die Abschr.^, reetez Amen. R° Chvala bohu! Wie man sieht, verfuhr der cechische Übersetzer ziemlich frei mit seiner Vorlage. Überall zwar findet man Anklänge, aber der Strophen, welche sich gegenseitig deckten, gibt es nur wenige. Dergleichen Strophen sind: im cechischenLiede Strophe 12, welche der lateinischen Strophe 7 gleich ist; cech. 6 = lat. 12; cech. 7 und8 = lat. 8; cech. 10 und ll=lat. 5; cech. 13. = lat. 11. Der Übersetzer verändert die Ordnung der Strophen, erweitert manche, lässt andere ganz hinweg und bringt dagegen neue Züge aus den damaligen Zeitereignissen bei. Ein solches Verfahren erklärt sich nur aus dem Umstände, dass die Übertragung oder Bearbeitung inmitten der geschilderten Zeit selbst entstund und dass sie von einem Manne herrühren wird, welcher den Begebenheiten nahe war und dieselben lebhaft auf sich einwirken Hess. Uiitersueliungen über altböhraische Vers- und Reiinkunst 11. 343 Verzeichniss der Anfänge der in dieser Abhandlung besprochenen Lieder. (Zahlen, vor denen ein * steht, weisen auf die Anmerkungen.) Nummer A sevcit sü Zufall IS .Ire pulcerrima regina 33 Buoh nas vsemohüci 16 Cechove viecy prave 8 Den vskriseni Jesu Krista 26 Dite se näm narodilo 43 Divna niilost bozi 12 Dfevo se listem odieva 1 Elska, mihi Eliska * IS Gaudeamus pariter * IS Gaude mater ecdesia Anhang Hospodine pomiiuj ny "16 Imber nunc coelicus • 11 Lii dulce iuhilo, n\x \te:]me 2tL m\\o * 24 I vitej k nam, Jezi'sku ' 40 .laro se otvi'ra 47 Jesu Krisle, scedry kneze * 28 Jesus Christus nostra salus , * 21 Jesus Kristus, nase späsa 22 Jiz se raduj cierkev svatä Anhang Jizt Babilon velmi klesa 38 Krisle niijmiiostivejsi kraii 13 Lezel jsein Sanison zemdleny 49 Magnum nomen domini * 33 Myt V jmenu Krisla doufame *11 Na cest pani ktozt se klani 30 Närode cesky chvaliz boha 37 Narodil se Emanuel 29 Nastal jest nam den vesely 25 Natus est nobis hodie 27 Navstev nas. Krisle zddiici 23 Nemci sü ziifali * 12 23* 344 J. F e i f a I i k, Untersuchungen über altböhm. Vers- und Reinikunst II. 0 Maria matka bozi 10 Ort 0 Maria, röze stkvucie Omnes attenditc Omnes Christicolae •* Ordo catholicus "* 0 svete, svete marny ^^ 0 svoluni konstanske • 0 svolaiiie pikhartske ^ Otce bozi vsemohüci 21 Pochvälen bud Jezis Kristus ^"^ Poslysete mile co chci spivati '^8 Radostne budem spivati ^1 Resonet in laiuUhns * 3- Slysei jsem novinu "^6 Slyste Cechove cozt se nynie deje 2 Smutne louceni moje 4* Spivej jazyk o pfeslavnein 39 Stala matka bolestiva 18 Stala se jest pfihoda 10 Stala se jest vec divnä 36 Stalat se jest vec divna 32 Ty pi^ekrasnä zeme Aineriko 50 Vale imperatrix coelica *15 Vilaj [mily Jesukriste] kräli vsemohüci 19 Vitaj mily Jesukriste, vitaj synu panny eiste 17 Vizmez paeholicka 24 Vstal (jest) buoh z mrtvych svü moci 28 Vsemohiiei boze, najmocnejsi krall 27 Vsichni poslüchajte, elivälu bohu vzilajte i tudiez jeho matee .... 7 Vsichni poslüchajte, chvalu bohu vzdävajte, zalujit na ty Husy .... 6 Vzdajmez najprv chvälu otci vsie velebnosti 35 Zdrava kriilovno slavnosti 31 Zdräva najsvetejsi kralevno milosti 34 Zdravas ciesarovno 14, * 13 Dr. P f i z m a i e r , Die Antworten Tung-tsehung-schü's etc. 34<) SITZUNG VOM 26. FEBRUAR 1862. Vorgelegt: Die Antworten Tung-tschung-schus auf die Umfragen des Himmelssohnes. Von dem \v. M. Dr. Angast Pfizmaier. Der durch viele Eigenthümlichkeiten der Sinnesart, namentlich durch Schwärmersinn und einen sehr weit gehenden Geisterglauben sich hervorthuende AUhiilter Hiao-wu, der sechste Himmelssohn i) aus dem Hause Han, hat sich auch dadurch bemerkbar gemacht, dass er über Gegenstände der Lenkungsweisheit ölTentliche Umfracfen stellte, zu deren gründlicher und freisinniger Beantwortung die verständigsten Männer der Mittellande aufgefordert wurden. Die Geschichte hat den Wortlaut mehrerer solcher Umfragen, unter anderen auch die Antworten, welcheTung-tschung-schü, der berühm- teste Gelehrte seiner Zeit, auf dieselben ertheilt, aufbewahrt. In dem Nachfolgenden werden die bezüglichen Aufsätze, aus denen sich der Stand der damaligen Lenkungsweisheit und der Geist der wieder- erwachten, durch Tung-tschung-schü vorzugsweise vertretenen Wissenschaft beurtheilen lässt, in Verbindung mit den übrigen Nachrichten wiedergegeben und erläutert. Der hier genannte ^ im ^ Tung-tschung-schü war in Jll /§ Kuang-tschuen 2) geboren und bearbeitete in seiner Jugend den Stoff des Werkes „Frübling und Herbst". Zur Zeit des Alllial- ters Hiao-king trat er im Auftrage der Hofgelehrten unter ein Zelt 1) Die Königinn Kao, welche nach dem Tode ihres Sohnes, des Anhalters Hiao-hoei die Lenkung führte, ist hier mitgezählt. ^) Die Gegend des heutigen King-tscheii, Kreis llo-kien in i'e-tsclii-li. «J Ä^ß Dr. Pf i z m a i e r und hielt wissenschaftliche Vorträge. Dabei theiiten die älteren Beflissenen den später Eintretenden das Gehörte mit, so dass sich um ihn ein Kreis von Jüngern bildete, von denen einige ihren Lehrer noch nie von Angesicht gesehen hatten. Tung-tschung-schü selbst war von solcher Eigenschaft, dass er, ausschliesslich dem Lernen obliegend, drei Jahre hindurch nicht einmal einen Blick auf die sein Haus umgebenden Gärten warf. In seiner äussern Haltung, sowohl wenn er vorwärts ging, als wenn er sich zurückzog oder stehen blieb, vermied er übrigens alles, was gegen die Gebräuche gewesen wäre, und sämmtliche mit Lernen sich befassende Männer verehrten ihn als ihren Lehrer. Als der Allhalter Hiao-wu bei seinem Lenkungsantritt (140 vor unserer Zeitr.) die „weisen und trefFlichen", ferner die „mit Aufsätzen und Lernen sich beschäftigenden" Männer — es waren deren, die später Ernannten hinzu gerechnet, gegen hundert — zu Würden beförderte, beantwortete Tung-tschung-schü, der sich eben- falls unter ihnen befand, in der Eigenschaft eines „Weisen und TrefFlichen" die auf hölzerne Platten gegrabenen Umfragen des Himmelssohnes. Die erste dieser Umfragen lautete wie folgt: Ich der Himmelssohn habe entgegen genommen die höchste Würde, die beseligende Wohltliat i)> damit ich sie fortsetze ohne Aufhören und von ihnen Gebrauch mache ohne Ende. Ich bin betraut mit etwas Grossem und bewahre etwas Wichtiges. Desswegen bleibt mir am Morgen und am Abend nicht Zeit zu Erholung und Ruhe. Beständig denke ich an der zehntausend Angelegenheiten Entwir- rung, als ob ich fürchtete, es könne mir dabei etwas mangeln. Aus diesem Grunde habe ich in grosser Ausdehnung aufgenommen die Begabten und Glänzenden der vier Gegenden, die durch die Land- schaften, Königsländer, die Fürsten der Lehen mit Freisinn erwähl- ten weisen und vortrefflichen, der Reinheit sich befleissenden, allseitig im Lernen sich übenden Männer. Ich wünsche zu erfahren die Umschränkung des grossen Weges, das Endziel der höchsten Überlegung. Jetzt seid ihr, o Söhne und Grossen der Lande, in eurer Vollen- dung die Häupter der Erhobenen. Ich der Himmelssohn wünsche euch darob Glück. Alöget ihr, o Söhne und Grossen der Lande, ') Von (lern vorhergelieiideii Himmelssohne. Die Antworten Tuiig'-tschung-schü's auf die Umfrag'eii des Hv.dinelssohne$. 34T lauteren Sinnes zuwenden die Gedanken, ich der Himmeissohn lasse mich herab. Gehör zu geben, indem ich euch frage. Ich habe nämlich erfahren: Der Weg der fünf Allhalter, der drei Könige bestand darin, dass sie veränderten die Einrichtungen, verfertigten das Klangspiel, und die Welt war gebracht in ein (jleichmass. Die hundert Könige nahmen hieran Theil. Unter den Klangspielen des Geschlechtes Yü ist keines voll- kommener, als das Fortspinnen i). Bei den Tscheu war keines voll- kommener als das Schöpfen a). Nachdem die höchstweisen Könige bereits versunken, hatten die Klänge der Glocken, der Trommeln, des Rohres und der Saiten noch keine Einhusse erlitten, aber der grosse Weg ward unscheinbar, harst und ging allmählich ein. Bis zur Zeit des Wandels von Khie und Tsch'heu war der Weg der Könige in grosser Ausdehnung zerstört. Innerhalb eines Zeitraumes von fünfhundert Jahren waren die den Schmuck bewahrenden Landesfürsten, die auf den Fusssteigen befindlichen vorzüglichen Männer, welche sich richten wollten nach den Vorbildern der frühei-en Könige und dadurch auf den Häuptern tragen und mit Flügeln decken ihr Zeitalter, eine überaus grosse Menge. Gleichwohl waren sie noch immer nicht im Stande, dahin zurückzukehren, täglich stürzten sie und wurden vernichtet. Erst als kam die Zeit der letzten Könige, Hessen sie ab. Wie könnte es sein, dass dasjenige, was sie ergriffen und festhielten, vielleicht Verkehrt- heit gewesen wäre und Irrthum, und dass sie verloren hätten das Ende ihres Fadens? Hat im Ernst der Himmel herabgesandt den Befehl, dass sie nicht wieder können zurückkehren, sie gewiss gestossen zu grosser Verderbniss und ihnen hierauf Stillstand gebo- ten? Leider! Alles, was sie unverdrossen thaten, wie sie seit dem Aufstehen am Morgen bis zum Schlafengehen in der Nacht, sich bestrebten, zum Vorbild zu nehmen das hohe Alterthum, sollte dies auch ohne Nutzen gewesen sein? 1) -^H Schao „das Kortspinneii" heisst das Klangspiel des Alihalters Sclnm von dem Geschleehte Yü, weil deiseU>e die Tugend seines Vorgängeis, des Allhalters Yao, n-leichsam fortzuspinnen im Stande war. 2) /O Tschö „das Schöpfen" heisst das Klaiigspiel des Kürslen von Tschen, weil derselbe aus dem Born der Verdienste seines Stammvaters zu schöpfen im Stande war. 348 *''■• Pf'zma i e ■■ Dass die drei Zeitalter empfingen des Himmels Befehl, wo befindet sich davon die Beglaubigungsniarke? Die Veränderungen der Wetterschäden und ungewöhnlichen Erscheinungen, auf welcher Grundlage machen sie sich geltend? Die Leidenschaft der Angeborenheit und des Schicksals ist bei Einigen früher Tod, bei Anderen langes Leben, bei Einigen Mensch- lichkeit, bei Anderen Verschlossensein. Wir sind gewohnt zu hören die Namen dieser Dinge, aber wir haben noch nicht beleuchtet deren inneres Wesen. Ich wünsche nur, dass der Wind ziehe und die Befehle aus- geführt werden, dass die Strafen leicht seien und der Verrath in sich gehe, dass die hundert Geschlechter in Eintracht sich freuen, dass die Sachen der Lenkung überall hin beleuchtet. Wie ist es einzurichten, wie anzustellen, dass der milde Thau herabsteige, die hundert Getreidearten emporsteigen, dass die Tugend erfrische was innerhalb der vier Meere, die Mildthätigkeit gelange zu den Kräutern und Bäumen, dass die drei Himn»elsleuchten unver- sehrt, Hitze und Kälte gleichmässig, dass man empfange des Himmels Segen und zur Annahme der Darbringung bewege der Götter und Geister heilige Wesen, dass Tugend und Mildthätigkeit in weiter Ausdehnung dringen zu den Bäumen ausserhalb der Weltgegenden, ausgebreitet erreichen die Schaaren der Geborenen? Ihr, 0 Söhne und Grossen der Lande, erleuchtet die Beschäfti- gungen der früheren Höchstweisen, ihr seid vertraut mit den Verän- derungen der Gewohnheiten und der Bildung. Die Zusammenstellun- gen des Anfangs und des Endes sind gedeutet und wurden gehört in der hohen Gerechtigkeit Tagen schon lange Zeit. Möget ihr dies deutlich verkünden mir, dem Himnielssohne. Möget ihr messen und unterscheiden dessen Abzweigungen, nichts häufen und nichts zusam- menfassen 1). Möget ihr es entnehmen eurer Kunst und wachen über das, was ihr hervorbringt. Denn dasjenige, was niqht rechtschatfen, nicht gerade, nicht redlich, nicht zutreffend, was unrecht bei den Leitern der Geschäfte, wetm ihr es schreibt, es wird davon nichts verlauten, es wird emporgehoben von mir, dem Himmelssohne, in Selbstheit2). Möge euch nicht bangen vor einem späteren Schaden. *) Es möge alles einzeln und ausführlich besprochen werden. ^) Die Gelehrten werden aufgefordert, die Unredlichkeiten und das Unrecht der die GeschSfle leitenden Fürsten und Erlauchten zu entdecken. Der Himmelssohn Die Antworten Tung--tschung-schü's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 349 Möget ihr, o Söhne und Grossen der Lande, vollständig offenbaren eure Gediinken, uiöc;e es nichts geben, was ihr verheimlichet. Ich, der Himnielssohn, werde es in Selbstheit überblicken. Auf diese Umfrage übersandte Tung-tschung-schü die folgejide Antwort: Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, hast hervorgesandt die Klänge der Tugend , herabgelangen lassen die glänzende höchste Verkündung, worin du suchst den Befehl des Himmels und die Ange- borenheit der Leidenschaft, Dies alles sind Dinge, die ich, der unwissende Diener, nicht im Stande bin zu erreichen. Ich habe sorgfältig Untersuchungen angestellt in dem Frühling und Herbst, betrachtet die in den vorhergegangenen Zeitaltern verrichteten Thaten, beobachtet die Markscheide, wo der Himmel und die Menschen mit einander verkehren. Es ist dies überaus ehrfurcht- gebietend. Wenn Fürstenländer und Häuser haben sollen das Fehlschlagen des Verlierens des Weges, so schickt der Himmel früher hervor Brandunglück und Schaden, um sie zur Bede zu stellen und es ihnen zu melden. Wenn sie nicht wissen sich zu überwachen, so schickt er ferner hervor Wunder und ungewöhnliche Erscheinungen, um sie zu erwecken und ihnen Furcht einzutlössen. Wissen sie noch immer nicht, sich zu verändern, so kommen Schädigungen und Niederlagen herbei. Hieraus lässt sich ersehen, dass das Herz des Himmels mensch- lich, dass er liebt den Gebieter der Menschen und ihn abhalten will von seinen Übelthaten. Ist es nicht ein Zeitalter grosser Buchlosig- keit, so will der Himmel durchaus es stützen und, indem er es unver- sehrt erhält, es sichern. Es handelt sich dann um die Antreibung, sonst um nichts. Wird man angetrieben, zu lernen und zu fragen, so sind die Erfahrung und die Auffassung vielseitig, und der Verstand wird täglich heller. Wird man angetrieben, den Weg zu wandeln, so steigt die Tugend täglich empor, und man hat in grossem Masse Ver- dienste. Dies sind Fälle, in denen er bewirken kann, dass wir schnell erreichen und auf der Stelle Thaten verrichten. werde eigenhändig die Schreiben eröffnen, so dass von deren Inhalt nichts verlauten könne. Das Gedicht sagt: Am Morgen und am Abend sei nicht lass. Das Buch sagt: Seid inunter! Seid munter! Dies alles bedeutet die Antreibung. Der Weg, durch ihn gelangt man auf die Pfade der Lenkung. Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Gebräuche und Klangspiel sind sämmt- lich seine Geräthe. Desswegen waren die höchstweisen Könige bereits versunken, aber die Söhne und Enkel verblieben lange Zeit in Ruhe und Sicherheit durch mehrere hundert Jahre. Dies waren die Wir- kungen der Belehrung und Umwandlung durch Gebräuche und Klangspiel. Zur Zeit, als die Könige noch nicht verfertigt hatten das Klang- spiel, bedienten sie sich des Klangspiels der früheren Könige, welches angemessen dem Zeitalter und brachten dadurch auf ein- dringliche Weise Belehrung und Umwandlung unter das Volk. Ward die Eigenschaft der Belehrung und Umwandlung nicht gefunden, so kam das Klangspiel der zierlichen und lobredenden Weisen nicht zu Stande. Daher verfertigten die Könige, nachdem ihre Verdienste zu Stande gekommen, das Klangspiel. Sie freuten sich ihrer Tugend. Das Klangspiel, hierdurch verändert man die Sitten des Volkes, verwandelt die Gewohnheiten des Volkes. Was es an dem Volke verändert, wechselt. Was es an dem Menschen verwandelt, wird sichtbar. Desswegen kommen die Laute hervor aus dem Einklang und haben ihren Grund in den Eigenschaften. Sie mengen sich mit Haut und Fleisch, bergen sich in Mark und Knochen. War daher der Weg der Könige auch unscheinbar und geborsten, hatten die Klänge des Rohres und der Saiten doch noch keine Einbusse erlitten. Das Geschlecht Yü führte nicht die Lenkung lange Zeit, aber das Klangspiel, die Lobreden, die hinterlassenen Lieder waren dasjenige, das noch immer vorhanden. Aus diesem Grunde befand sich Khung-tse in Tsi und hörte das Fortspinnen. Unter den Gebietern der Menschen ist keiner, der nicht begehrt Sicherheit und Fortbestand und verabscheut Gefahr und Untergang. Dessenungeachtet sind diejenigen, deren Lenkung zerrüttet, deren Lande in Gefahr, eine überaus grosse Menge. Diejenigen, denen sie Vertrauen schenkten, waren nicht die rechten Menschen und das- jenige, wovon sie ausgingen, waren nicht die rechten Wege. Aus diesem Grunde stürzten Lenkungen täglich und wurden vernichtet. Die Antworten Tung-tschiing--schii's auf lÜP Uiiifrag-en des Himmelssohnes. 3t> t Indem der Weg der Tscheu Einbusse erlitt unter Yeu und Li '), <^ing der Weg nicht zu Grunde. Yeu und Li machten von ihm keinen Gebrauch. Als endlich König Siuen gedachte der Tugend der ein- stigen früheren Könige, emporhrachte das Zuriickge[)liehene, aus- besserte das Abgenützte , erleuchtete Verdienste und Beschäftigung der Könige Wen und Wu, war der Weg von Tseheu in reinem Zustande wieder erhöht. Der Dichter rühmte den König und sang : Der hohe Himmel unterstützt ihn. Als er lebte, fand seine Weisheit Unterstützung. Die nachfol- genden Gesehlechtsalter besangen ihn. Bis auf den heutigen Tag ist es nicht unterbrochen. Dies ist es, wohin „am Morgen und am Abend nicht lass sein", das Gute üben, am Ende führt. Khung-tse sagt: Der Mensch ist fähig, den Weg zu vergrössern. Der Weg vergrössert nicht den Menschen 2). — Desswegen sind Feststellung und Zerrüttung, Einsturz und Aufschwung enthalten in dem eigenen Selbst, es ist nicht der Fall, dass der Himmel herab- sendet den Befehl, somit man nicht mehr kann zurückkehren, dass dasjenige, was man festhält und ergreift, Verkehrtheit und Irrthum, und dass man verliert das Ende des Fadens. Ich habe gehört: Was der Himmel im Grossen anbietet und was er thun heisst die Könige, wird gewiss geschehen. Wenn die Kraft der Menschen nicht im Stande, etwas durchzusetzen und man es dennoch erreicht, hierdurch empfängt man die Beglaubigungs- marke des Schicksals. Die Menschen der Welt kehren sich ein- müthig einem solchen entgegen, als ob sie sich entgegen kehrten dem Vater und der Mutter. Desswegen sind die Vertrauens- merkmale des Himmels gemäss der Wahrheit und kommen zum Vorschein. Das Buch sagt: Ein weisser Fisch sprang in des Königs Schiff. Ein Feuer nahm die Richtung gegen das Dach des Königs. Es zog umher und ward ein Rabe. Dies waren nämlich die Beglaubigungs- marken für den Empfang des Befehles. Der Fürst von Tscheu sprach : Eine Kundgebung! Eine Kundgebung! ') Zwei Könige des Hauses Tscheu. 2) Der erleuchtete und verständige Mensch ist im Stande, den Weg des Gesetzes zu wandeln. Wo aber dip innere Befähigung fehlt, vermag der Weg nicht, den Men- schen um/nwandelu. OKO Dr. P f i zma i er Khung-tse sagt: Die Tugend steht nicht allein, sie hat gewiss einen Nachbar i). — Dies alles sind Wirkungen des gesammelten Guten, der gehäuften Tugend. Als endlich die späteren Geschlechtsalter ausschweifend wurden und fahrlässig, als sie abnahmen und unscheinbar wurden, waren sie nicht im Stande, zurecht zu stellen sämmtliche Geborene. Die Für- sten der Lehen kehrten den Rücken und empörten sich, sie verdar- ben und mordeten das vortreffliche Volk, indess sie stritten um Land und Erde. Sie schafften ab die Lehre der Tugend und verliessen sich auf Strafen. Wenn die Strafen nicht zweckmässig, so heissen sie entstehen einen verderbten Geist. Wenn der verderbte Geist sieh ansammelt bei den Niederen, so werden Unwille und Hass angehäuft gegen die Höheren. Wenn Höhere und Niedere sich nicht vertragen, so sind die Stoffe der Finsterniss und des Lichtes im Irrthum befangen, widerhaarig, und Ungethüme, Missbildungen ent- stehen. Dies ist die Grundlage, auf der Wetterschäden und unge- wöhnliche Erscheinungen sich geltend machen. Ich habe gehört: Das Schicksal ist der Befehl des Himmels. Die Angeborenheit ist das Wesen des Entstandenen. Die Leiden- schaft ist das Wollen des Menschen. Bei Einigen früher Tod , bei Anderen langes Leben, bei Einigen Menschlichkeit, bei Anderen Ver- schlossensein, wie Töpferarbeit, wie Giesswerk bringt der Himmel es zu Stande, er vermag nicht, fleckenlose Schönheit zu bilden. Es gibt Wesen, mit denen Zurechtstellung und Zerrüttung geboren werden, desswegen sind sie nicht gleichartig. Khung-tse sagt: Die Tugend des Weisheitsfreundes ist der Wind. Die Tugend des kleinen Menschen sind die Gräser. Der Wind über den Gräsern legt diese gewiss nieder. — Als daher Yao und Schün die Tugend übten, war das Volk menschlich und hatte langes Leben. Als Khie und Tsch'heu die Grausamkeit übten, war das Volk verschlossen und hatte frühen Tod. Die Höheren umstalten die Nie- deren, die Niederen richten sich nach den Höheren gleichsam in dem Verhältniss, wie der Thon sich befindet unter der Drehscheibe. Nur der Töpfer ist es, der ihn bildet. Es ist gleichsam in dem Verhält- niss, wie das Erz sich befindet in der Gussgestalt. Nur der Giesser h- 1) Wer die Tugend übt, thut dies nicht allein und vergeblich, er hat gewiss Jemanden, der ihm nahe steht und ihn unterstützt. Die Antworten Tung-tschung-schü's auf Aie Umfragen des Himmelssobnes. 333 ist es, der es giesst. „Wenn man sie besänftigt, so kommen sie herbei. Wenn man sie in Bewegung setzt, so sind sie einverstan- den" i). Dieses wird hier gemeint. Ich habe sorgfältig untersucht den Buchstabenschmuck des Frühlings und Herbstes. Ich habe gesucht den äussersten Rand des Weges der Könige und ihn gefunden bei dem „Richtigen" s). Das Richtige folgt auf den König. Der König folgt auf den Frühlings). Der Frühling ist dasjenige, was der Himmel hervorbringt. Das Rich- tige ist dasjenige, was der König hervorbringt. Der Sinn dessen ist: Das Obere unterstützt, was der Himmel hervorbringt. Das Richtige ist der äusserste Rand des Weges der Könige. Wenn also der König etwas hervorbringen will, so sucht er billigerweise dessen äussersten Rand bei dem Himmel. Das Grösste des Weges der Könige besteht in den Stoffen der Finsterniss und des Lichtes. Der Stoff des Lichtes ist die Tugend. Der Stoff der Finsterniss ist die Strafe. Die Strafe ist vorgesetzt der Tödtung, aber die Tugend ist vorgesetzt dem Leben. Desswegen wohnt der Stoff des Lichtes beständig inne dem grossen Sommer und macht das Leben, Ernähren, Aufziehen und Wachsen zu Gegenständen seines Wirkens. Der Stoff der Finsterniss wohnt beständig inne dem grossen Winter und häuft sich an den öden, leeren, nicht ver- wendbaren Orten. Hieraus ist ersichtlich, dass der Himmel sich verlässt auf die Tugend, dass er sich nicht verlässt auf die Strafe. Der Himmel heisst den Stoff des Lichtes austreten, sich rings ausbreiten in der Höhe und vorgesetzt sein den Werken des Jahres. ^) Aus dem Lün-yii. In diesem Werke sagt Tse-khin von Tschin zu Tse-kung: Du bist so ehrerbietig. Wie könnte Tschung-ni weiser sein als du? — Tse-kung ant- wortete : Der Weisheitsfreund wird eines Wortes willen für verständig gehalten, eines Wortes willen wieder für unverständig gehalten. Bei den Worten kann man nicht anders, als sich in Acht nehmen. Der Vorgesetzte kann nicht erreicht werden, gleichsam wie der Himmel sich nicht auf Leitern ersteigen lässt. Wenn der Vor- gesetzte im Besitz hätte Länder und Häuser, und er, wie man es nennt, sie begründete, so wären sie begründet. Wenn er ihre Menschen leitete, so gingen sie des Weges. Wenn er sie besänftigte, so kämen sie herbei. Wenn er sie in Bewegung setzte, so wären sie einverstanden. Im Leben wäre er ihr Ruhm. Im Tode wäre er ihre Trauer. Auf welche Weise könnte er wohl erreicht werden? 2) Das Werk „Frühling und Herbst" begiunt mit den Worten: „Frühling. Des Königs richtiger Monat". 3) Dies die Erläuterung der eben angeführten Worte des Werkes „Frühling und Herbst". OKA Dr. P f i z m a i e r Er lieisst den Stoff der Finsterniss eindringen, auf dem Boden liegen in der Tiefe und zu Zeiten austreten, um zu unterstützen den Stoff des Lichtes. Der Stoff des Lichtes, wenn ihm nicht Hilfe wird von dem Stoffe der Finsterniss, ist ebenfalls nicht im Stande, für sich allein das Jahr hervorzubringen. Zuletzt gibt der Stoff des Lichtes bei dem Hervorbringen des Jahres den Namen i). Dies ist die Absicht des Himmels. Der König fördert die Absicht des Himmels, indess er sich befasst mit den Angelegenheiten. Desswegen verlässt er sich auf die Lehre der Tugend, aber er verlässt sich nicht auf die Strafe. Auf die Strafe kann man sich nicht verlassen bei der Zurechtsetzung des Zeitalters, gleichwie man sich auf den Stoff der Finsterniss nicht verlassen kann bei der Hervorbringung des Jahres. Wer die Lenkung führt und sich auf die Strafe verlässt, leistet nicht Folge dem Himmel. Desswegen mochte unter den früheren Königen keiner dieses thun. Jetzt schafft man ab die Obrigkeiten der Tugendlehre der frü- heren Könige und verlässt sich allein auf die das Gesetz festhalten- den Angestellten der Gerichte: ist dies nicht die Absicht, indess man lenkt das Volk, sich zu verlassen auf die Strafe? Khung-tse sagt: Nicht belehren, aber strafen, dieses nennt man Grausamkeit. — Eine grausame Lenkung wird geführt über die Niederen, und man will, dass die Lehre der Tugend bedecke die vier Meere. Aus diesem Grunde ist es schwer, etwas zu Stande zu bringen. Ich habe sorgfältig untersucht, was der Frühling und Herbst meint, indem er das Erste nennt das Ursprüngliche 2). Das Erste ist dasjenige, wovon die zehntausend Dinge ihren Anfang nehmen. Das Ursprüngliche ist dasjenige, was die Worte das Grosse nennen s). Indem er das Erste nennt das Ursprüngliche, zeigt er, dass er für gross hält den Anfang und will, dass man in das richtige Verhältniss bringe den Stamm. Der Frühling und Herbst erforscht gründlich den Stamm, und was er zurückgehend hochschätzt, ist der Anfang. 1) Der Aufiuig' des Jahres wird Frühling genannt. Dies zu der oben angeführten Stelle: „Frühling. Des Königs richtiger Monat". 2) Es wird hier erläutert, warum bei dein Lenkungsantritte eines Fürsten von Lu der Frühling und Herbst nicht sagt: „das erste Jahr", sondern immer: „das ursprüngliche Jahr". ') Das Buch der Verwandlungen sagt: Das Ursprüngliche ist das Älteste des Guten. — Das Ursprüngliche wird daher in den Worten dieses Buches etwas Grosses genannt. Die Antworten Tung-tschung-sehü's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 333 Desswegen bringt zwar der Gebieter der Menschen in das rich- tige Verhältniss sein Herz und bringt dadurch in das richtige Ver- liältniss die Vorhalle des Hofes. Bringt er iti das richtige Verhält- niss die Vorhalle des Hofes, so bringt er dadurch in das richtige Verhältniss die hundert Obrigkeiten. Bringt er in das richtige Ver- hältniss die hundert Obrigkeiten, so bringt er dadurch in das richtige Verhältniss die Zehntausende des Volkes. Bringt er in das richtige Verhältniss die Zehntausende des V^olkes, so bringt er dadurch in das richtige Verhältniss die vier Gegenden. Sind die vier Gegenden in das richtige Verhältniss gebracht, so wagt es unter den Nahen und Fernen Niemand, nicht ein einziges Ganzes zu bilden bei dem richtigen Verhältin'ss, und es gibt keinen verkehrten Geist, der Anstoss erregt zwischen ihnen. Auf diese Weise sind die Stoffe der Finsterniss und des Lichtes zurecht gestellt, und Wind und Regen kommen zu ihrer Zeit. Sämmt- liche Geborene leben in Eintracht, und die Zehntausende des Volkes erfreuen sich des Wohlstandes. Die fünf Getreidearten reifen, und Kräuter und Bäume gedeihen in Fülle. Was zwischen Himmel und Erde, wird bedeckt von Milde und Glanz und besitzt in grosser Aus- dehnung Überfluss und Schönheit. Was innerhalb der vier Meere, hört von der vollkommenen Tugend, und Alle kommen herbei als Diener. Die Gegenstände jeglichen Segens, die glücklichen Vor- bedeutungen, durch die es möglich, etwas zu Wege zu bringen, sie alle kommen gänzlich zum Vorschein, und der Weg der Könige währt ewig. Khung-tse sagt: Die Vögel der glücklichen Vorbedeutung kom- men nicht zum Vorschein. Der Fluss schickt nicht hervor die Umrisse 1). Es ist um mich geschehen s)! — Er bedauert, dass es möglich, zu Wege zu bringen diese Gegenstände, aber dass er selbst niedrig und es ihm nicht zukommt, sie zu Wege zu bringen. ij Als Fö-hi König war, kam ein Pferd, welches einem Lindwurm glich, aus dem gelhen Flusse hervor. Fö-hi nahm die Streifen auf dem Leibe dieses Thieres zum Vorbild und entwarf nach ihnen die acht Abrisse. Diese werden in dem Buche der Verwandlungen „die Umrisse des Flusses" genannt. -) Die Vögel der glücklichen Vorbedeutung und die Umrisse des Flusses sind Ver- trauensmerkmale, welche der Himmel den Königen zu Tlieil werden lässt. Khung-tse bedauert, dass er wohl Tugend, aber nicht den Hang der Könige besitzt, wesshalb ihm diese Vertrauensaierkiiiale nictit /.u Theil werden können. ■ggß Dr. P f i zm aier Jetzt bist du, vor dem ich stehe unter den Stufen, bezüglich des vornehmen Standes der Himmelssohn. Bezüglich der Reichthü- mer besitzest du die vier Meere. Du bekleidest einen Rang, dem gemäss es dir zukommt, zu Wege zu bringen. Du hältst fest eine Macht, durch die es dir möglich, zu Wege zu bringen. Du besitzest ferner die Schätze, durch die du es vermagst, zu Wege zu bringen. Dein Wandel ist erhaben und deine Gnade gross. Dein Verstand ist erleuchtet und deine Absicht trefflich. Du liebst das Volk und bist ein Freund der vorzüglichen Männer. Es lässt sich von dir sagen, dass du ein gerechter Gebieter. Dass dessenungeachtet Himmel und Erde dir noch nicht Antwort gegeben und von den vortrefflichen Vorbedeutungen des Glücks keine zu dir gelangt, warum ist dies? Es ist dies alles, weil Lehre und Umgestaltung nicht begründet und die Zehntäusende des Volkes nicht in das richtige Verhältniss gebracht sind. Die Zehntausende des Volkes folgen dem Vortheil, gleichwie das Wasser läuft in die Tiefe. Wenn man ihnen nicht durch Lehre und Umgestaltung einen Damm setzt, so sind sie nicht fähig, inne zu halten. Wenn daher Lehre und Umgestaltung begründet und Verrath und Unrecht überall aufhören, so ist dieser Damm hergestellt. Wenn Lehre und Umgestaltung abgeschafft und Verrath und Unrecht vereint zum Vorschein kommen, wenn Strafen und Bussen dagegen nichts ausrichten, so ist dieser Damm zerstört. Die Könige der alten Zeit stellten dies in's Licht. Desswegen waren sie mit dem Antlitz gekehrt nach Süden und lenkten die Welt. Keiner war, der nicht Belohnung und Umgestaltung machte zum grossen Gegenstand seines Strebens. Sie begründeten das grosse Lernen, damit sie belehren das Land. Sie stifteten Unterrichtsanstal- ten, damit sie umgestalten die Städte. Sie tränkten das Volk mit Menschlichkeit. Sie gaben dem Vojke Schliff durch Gerechtigkeit. Sie umschränkten das Volk durch die Gebräuche. Desswegen waren ihre Strafen und Bussen überaus leicht, aber den Verboten ward nicht zuwider gehandelt. Lehre und Umgest.iltung kamen in Gang, und die Übungen und Gewohnheiten waren löblich. Wenn die höchstweisen Könige fortsetzten ein in Verwirrung gerathenes Zeitalter, fegten sie weg dessen Spuren und entfernten sie gänzlich. Sie stellten von Neuem zurecht Lehre und Umgestal- tung und erhüben sie zu bedeutender Höhe. Nachdem Lehre und Die Antworten Tung-tschung-schü's auf die Umfrag^eii des Himmelssohnes. 357 1 ingestidtuiig bereits in's Liclit gesetzt, nachdem die Übungen und liewolinheiten bereits ausgebildet, lebten Söhne und Enkel ihnen iiitch. M;in handelte nach ihnen fünf- bis sechshundert Jahre, und ^ie waren noch immer nicht zu Grunde gerichtet. Endlich ging das letzte Geschlechtsalter der Tscheu um ein Be- 'leutendes fehl auf dem Wege und es ward verlustig der Welt. Thsin tzte nach ihm es fort; allein es war nicht im Stande sich zu bes- •rn, es trieb es zudem noch ärger. Es verbot streng den Buchstaben- -^chmuck und das Lernen, so dass man nicht dazu kam, unter den Armen zu halten die Bücher, es versehmähte und warf bei Seite Gebräuche und Gerechtigkeit, und es war ihm zuwider, davon zu hören. In seinem Herzen wollte es vollständig vernichten den Weg der früheren Höchstweisen und ausschliesslich führen eine beliebige, eine vorgreifende und rücksichtslose Lenkung. Daher war dessen Gebieter erhoben zum Himmelssohne vierzehn Jahre, und dessen Lande wurden zertrümmert und gingen verloren. Von den ältestnn Zeiten herab gab es noch Niemanden, der durch Zerrüttung vermehrt hätte die Zerrüttung, der in so grossem Massstabe zu Grunde gerichtet hätte das Volk der Welt gleich Thsin. Das Gift, das es hinter- lassen, die Überbleibsel der lodernden Glut, bis zu dem heutigen Tage sind sie noch nicht getilgt. Sie bewirken, dass die Übungen und Gewohnheiten kleinlich und schlecht, dass diejenigen, die das Volk unter den Menschen, geschwätzig, thöricht, dass sie Verstösse begehen, übertreten, zerreissen und sich widersetzen. W^elches ist das Verderbniss, das so arg wäre wie dieses? Khung-tse sagt: Ein verfaulter Baum lässt sich nicht schnitzen. Eine Mauer von Koth lässt sich nicht mit der Kelle bewerfen. — Jetzt hat Hau fortgesetzt Thsin wie einen verfaulten Baum, wie eine Mauer von Koth. Hat es auch den Wunsch, treffiich zu lenken, es weiss dafür kein Mittel zu finden. Die Gesetze werden erlassen und der Verrath wird geboren. Die Befehle werden herabgesandt und die Lüge hebt sich empor. Es ist, als ob man mit siedendem Wasser aufhören machen wollte das Sprudeln, als ob man in den Armen Brennholz hielte und zu Hilfe bei der Feuersbrunst käme. Es ist in inuner grösseiem Masse nutzlos. Ich vermesse mich, hier einen Vergleich zu maehen. Wenn eine Laute nicht gestimmt ist in hohem Masse, muss man sie aus- einander nehmen und von Neuem spannen. Hierauf kann man sie Sit/.l). (1. phil.-liist. Cl. XXXIX. Bd. U. Hit. 24 358 Dr. P f i /. m a i e r rühren. Wenn man die Lenkung führt und sie nicht von Statten geht in grossem Masse, so muss man sie verändern und von Neuem umge- stalten. Hierauf kann mau sie einrichten. Wo man von Neuem span- nen soll, aber nicht von Neuem spannt, da ist selbst ein vortreffliche i Künstler nicht fähig, gut zu stimmen. Wo man von Neuem umge- | stallen soll, aber nicht von Neuem umgestaltet, da ist selbst ein grosser Weiser nicht fähig, gute Einrichtungen zu treffen. Wenn i daher Han, seit es gelangt in den Besitz der Welt, beständig den Wunsch hatte, gute Einrichtungen zu treffen, aber bis zu dem gegen- wärtigen Augenblick nicht die Möglichkeit hatte, Einrichtungen zu treffen, so hat es gefehlt, indem es von Neuem umgestalten sollte, aber nicht von Neuem umgestaltete. Die Alten hatten ein Sprichwort, welches lautete: Hernieder- blicken auf den Abgrund der Wasser und die Fische begehren, ist nicht so viel, als wenn eine Spinne knüpft ihre Netze i). — Jetzt blickt man hernieder auf die Lenkung und hat den Wunsch, gute Einrichtungen zu treffen durch mehr als siebenzig Jahre. Es ist dies nicht so viel, als sich zurückziehen und von Neuem umgestalten. Wenn man von Neuem umgestaltet, so hat man die Möglichkeit, gute Einrichtungen zu treffen. Trifft man gute Einrichtungen, so werden Braridunglück und Schaden täglich weiter gerückt, und Glück und Segen kommen täglich herbei. Das Gedicht sagt: ! Thut man dem Volke recht, den Menschen recht, Erhält man Segen von dem Himmel. Wer führt die Lenkung und recht thut dem Volke , muss ganz gewiss erhalten Segen von dem Himmel. Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Gebräuche, Verstand, Treue sind die fünf beständigen Wege, dasjenige, das den Königen obliegt zu üben und zu schmücken. Diese fünf Dinge werden geübt und geschmückt, desswegen empfangen sie den Segen des Himmels und bewegen zur Annahme der Darbringung der Götter und Geister he.lige \N esen. Die Tugend dringt zu den Räumen ausserhalb der Weltgegenden und erreicht ausgebreitet die Schaaren der Geborenen. 'j Alii I iinis;,, \\;is iii.iii hegehit, durch Tliiilin'keit 7.ii erreichen suchen. Die Äntwoiteii Tiing-tscliung-schü 's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 339 Als der Himinelssolin die oben stehende Antwort durchsah, hielt er sie für ein Werk ungewöhnlicher Begabung. Er stellte hierauf eine neue Umfrage, welche folgendermassen lautete: Worte der Ausfertigung. Ich habe nämlich gehört: Zu den Zeiten von Yü-schün lustwandelte man in der Seitenhalle, Hess nie- derhängen die Arme, legte die Hände zusammen, that nichts, und die Welt hatte den grossen Frieden. König Wen von Tscheu hatte bis zum Abend des Tages nicht Zeit, Speise zu sich zu nehmen, und der Erdkreis war ebenfalls eingerichtet. Wie sollten wohl die Wege der Allhalter und Könige nicht gleiche Windungen, gemeinschaftliche Durchbrüche gehabt haben? Warum diese Unterschiede des Müssig- gangs und der Arbeit? Die Sparsamkeit namentlich war von der Art, dass man nicht verfertigte die Zierrathen der blauen und gelben Fahnen. Als kam die Zeit des Hauses der Tscheu, erbaute man zwei Thorwarten, bestieg den grossen Wagen *). Rothe Schilde, Äxte von Edelstein 2), acht Tänzerreihens) waren aufgestellt in der Vorhalle, und die Klänge der Loblieder entstanden. Wie sollte es wohl für die Wege der Allhalter und Könige verschiedene Fingerzeige gegeben haben? Jemand sagte: In einen guten Edelstein werden keine Zierrathen gegraben*). — Er sagte ferner: Ohne Schmuck hat man nichts, um die Tuofend zu umfassen. — Die zwei Ansichten sind von einander verschieden. Die Menschen von Yin hielten sich an die fünf Strafen, um zu überwachen den Verrath. Sie verletzten Haut und Fleisch, um abzu- schrecken von dem Bösen. Die Könige Sching und Khang verhäng- ten keine Strafen durch mehr als vierzig Jahre, und die Welt han- delte nicht zuwider den Gesetzen, die Gefängnisse waren leer. Das Land Thsin verhängte sie. Diejenigen, die starben, waren eine überaus grosse Menge. Die gestraft wurden, hatten sich gegenseitig vor Augen. Die Welt ward leer. 0 wie traurig ! 1) So heisst ein mit Edelsteinen besetzter Wagen, dessen man sich bei der Verehrung des Fjimmcis bediente. ~) Die Handhaben dieser Äxte waren aus dem weissen Edelstein verfertigt. S) Eine Tänzerreihe bestand aus acht Menschen. Die lliinmelssöhne aus dem Hause Tsoheu hatten acht solche Tänzerreihen, welche somit aus vierundsechzig Menschen bestanden. *) Kr bedarf keinps Schmuckes. 24 * QßQ Dr. P f i 2 III a i e r Ach! Ich der Himmelssohn erwache am Morgen, erhebe mich am frühen Morgen. Ich denke an die Vorbilder der vorhergegange- nen Allhalter und Könige. Beständig sinne ich, wodurch ich anbieten könne die höchsten Ehren, in's Licht setzen die grosse Beschäftigung. Beides geschieht, indem man sich Mühe gibt mit dem Stamme i) und mit Ämtern betraut die weisen Männer. Jetzt pflüge ich der Himmelssohn in Selbstheit, betrete die Felder, um mit dem Beispiel voranzugehen hei dem Ackerbau. Ich ermuntere zu Altern- und Geschwisterliebe, ehre die Tugendhaften. Die Abgesandten, Mütze an Mütze, Wagendach an Wagendach, haben sich gegenseitig vor Augen. Ich frage nach Anstrengungen und Mühe , erbarme mich der Verwaisten und Alleinstehenden. Ich erschöpfe die Gedanken, gebe die höchste Richtung dem Geist. Der Glanz der Verdienste, die liebliche Tugend wurden von mir nicht einmal in ihren Anfängen noch erlangt. Indessen sind die Stoffe der Finsterniss und des Lichtes in Verwirrung, die böse Luft ist eingefüllt und versperrt. Unter den Schaaren der Geborenen erzielen Wenige einen Erfolg, das schwarz- haarige Volk hat noch nichts zu Stande gebraclit. Enthaltsamkeit und Schein verwandeln sicii in Lasterhaftigkeit, Weise und Entar- tete sind unter einander gemengt. Ich habe dabei noch nicht die Wahrheit gefunden. Desswegen dürfte die Meinung der im Ganzen herangezogenen, vorzugsweise erhobenen Männer ihr so ziemlich entsprechen. Jetzt wartet ihr, o Söhne und Grossen der Lande, auf den höchsten Befehl in einer Zahl von hundert Menschen. Einige unter euch erörtern die Bestrebungen des Zeitalters und liaben noch nichts ■Ml Stande gebracht. Ihr untersuchet, was in sämmtlichen Abschnitten des hohen Alterthums nicht übereinstimmt, ihr vergleicht es mit der Gegenwart und findet dessen Ausübung schwer. Werdet ihr da nicht gftzogen an dem Seile des Buchstabenschmuckes 2) und kommt nicht dazu, gerade darauf loszusprengen? Sollte das, wovon ihr ausgeht, eine besondere Kunst, das, Avovon ihr gehört habt, verschiedene Gebiete sein? 1) Der Stamm ist der Ackerbau, hipr „die grosse Beschäftigung« genannt. 2j Sie seheiuLMi die für die Angestellten des ßücheiwesens geltenden Gesetze zu liii-clilen. Die Antworten Tung-tschung--scliii's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 3 G 1 Möge jeder unter eueli rückhaltslos antworten und es bekannt geben in Aufsätzen. Möget ihr nicht scheuen die Inhaber der Vor- steherämter, sondern in's Licht stellen Andeutung und Umfang, ein- schneidend und schleifend es erschöpfen, damit ihr befriediget meine, des Himmelss(dines Wünsche. Als Antwort auf diese Umfrage übersandte Tung-tschung-schü den folgenden Aufsatz : Ich habe gehört: Als Yao den Befehl des Himmels empfing, hielt er die Welt für einen Gegenstand des Kummers, aber nie hielt er seinen Rang für einen Gegenstand der Freude. Desswegen strafte und vertrieb er die lasterhaften Diener und Hess es sich angelegen sein, zu suchen weise und höclistweise Männer, Auf diese Weise gewann er Schün, Yü, Tsii)» Sie und Kao-yao. Sämmtliche Höehst- weise stützten die Tugend. Die Weisen waren fähig, zur Seite zu stehen in dem Amte. Lehre und Umgestaltung kamen allgemein in Gang, die W^elt war eiiimiithig und verträglich, die Zehntausende des Volkes hatten Sicherheit. Menschlichkeit, Klangspiel und Gerech- tigkeit fanden ihre angemessene Stelle. Indem man sich in Bewe- gung setzte, handelte man gemäss den Gebräuchen. Indem man ungezwungen auftrat, hielt man sich auf dem Wege. Desswegen sagt Khung-tse: Wenn Jemand zur Würde des Königs berufen wird, so bedarf es eines Geschlecbtsalters, hierauf wird er menschlich 2). — Dies ist hier gemeint. Yao befand sich auf seiner Rangstufe siebenzig Jahre, da trat er zurück und überliess sie Yü-schün. Als Yao starb, wandte sich die Welt nicht zu Yao's Sohn Tan-tschü, sondern sie wandte sich zu Schün. Schün erkannte, dass er nicht könne ausweichen, und er nahm Besitz von der Würde des Himmelssohnes. Er ernannte Yü zu seinem Landesgehilfen. Durch die Stützenden und zur Seite Stehenden Yao's setzte er fort dessen Beschäftigung des Lenkens. Desswegen liess er niederhängen die Arme, legte zusammen die Hände, that nichts, und die W^elt erhielt ihre Ein- richtung. ') D. i. Ileu-tsi. '-) Wenn Jemand den Ueleiil des llimniels erliiill, und Könif; wird , so hrauclil er einen Zeitraum von dreissig .Jahren, um die menscliliche Lenkung zu Stande zu hringen. Ofi9 D'- P f i z m a i e r Khuno'-tse sagt: Das Schöpfen ist durcliaus schön. Es ist auch durchaus gut i). — Dies ist hierbei gemeint. Als endlich Tsch' heu von Yin sich widersetzte dem Himmel, grausam verfuhr gegen die lebendigen Wesen, tödtete und nieder- metzelte die Weisen und Verständigen, verdarb und mordete die hundert Geschlechter, lebten Pe-I und der grosse Fürst, weise Männer des Zeitalters, in Verborgenheit und wurden keine Diener. Die zu ihrer Pflicht haltenden Menschen entflohen und begaben sich als Verbannte in den Fluss und auf das Meer. Die Welt war umdü- stert und zerrüttet, die Zehntausende des Volkes hatten keine Sicher- heit. Desswegen entfernte sieh die Welt von den Yin und folgte den Tscheu. König Wen von Tscheu gehorchte dem Himmel, behandelte angemessen die lebendigen Wesen, verwendete zu seinen Lehrern die weisen und höchstweisen Männer. Aus diesem Grunde waren Heng-yao, Thai-tien, San-I-seng2) und Andere auch versammelt an seinem Hofe. Er liebte und überhäufte mit Wohlthaten die Zehn- hunderttausende des Volkes, und die Welt wandte sich ihm zu. Desswegen erhob sich der grosse Fürst an dem Ufer des Meeres und gelangte zu der Würde eines der drei Fürsten. Um diese Zeit befand sich Tsch' heu noch in seiner hohen Stellung. Angesehene und Niedrige lebten in Dunkelheit und Ver- wirrung. Die hundert Geschlechter zerstreuten sich und flohen. Darob war König Wen erfüllt vor Schmerz, und er wollte ihnen Sicherheit geben. Aus diesem Grunde hatte er bis zum Abend des Tages nicht Zeit, Speise zu sich zu nehmen. Als Khung-tse verfertigte den Frühling und Herbst, brachte er vorerst in das richtige Verhältniss den König und knüpfte hieran die zehntausend Angelegenheiten. Er zeigte, dass das Lautere der Schmuck der Könige. Betrachtet man es von dieser Seite, so sind die Windungen und Durchbrüche der Wege der Allhalter und Könige *) Khung-tse sagte dieses , nachdem er „das Schöpfen", welches das Klangspiel des Alihalters Scliiin, gehört hatte. Er bezeugte damit seine Freude über die Tugend dieses Fürsten. -) ^ j^ Heng-yao, |@g ~h Thai-tlen und /^ F] nA/ San-l-seng gehörten /.u den .sogenannten Freunden des Königs Wen , deren im Ganzen vier gezählt weriieii. Die Antworten Tungr-tschiing-schü's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 363 dieselben, dass aber dennoch die Unterschiede von Arbeit und Müssiggang, die Ursache davon ist: die Zeiten, in denen sie lebten, waren verschieden. Khung-tse sagt: Die Kriegsthat ist durchaus schön, aber sie ist nicht durchaus gut i). — Dies wird hierbei gemeint. Ich habe gehört: Bei der Einrichtung von Schmuck und Farbe sind blaue und gelbe Zierrathon dasjenige, wodurch man in's Licht stellt Ehre und Verachtung, vornehmen und geringen Stand und aufmuntert die Tugendhaften. Desswegen ist in dem Frühling und Herbst von Seite der Empfänger des Befehles die erste Ver- füijung: Sie verändern den ersten Tag des Monats und wechseln die Farbe der Kleider. Hierdurch zeigen sie sich einverstanden mit dem Himmel. Nachdem dies geschehen, haben die Einrichtungen der Fahnen der Wohngebäude und inneren Häuser ein Gesetz und einen Grund, wesswegen dem so ist. Darum sagt Khung-tse: Ist man verschwenderisch, so ist man nicht bescheiden. Ist man sparsam, so ist man gemein. — Sparsam- keit ist nicht die Einrichtung, die getroffen worden von höchst- weisen Menschen. Ich habe gehört: In einen guten Edelstein werden keine Zier- rathen gegraben. Wenn der Stoff glänzend und schön, wartet er nicht auf das Eingraben der Zierralhen. Dies ist nicht verschieden von dem in die Durchgänge dringenden hellsehenden Mensehen, der nicht lernt und von selbst verständig ist. Wenn aber in einen gewöhnlichen Edelstein keine Zierrathen gegraben werden, so bringt man nicht Schmuck und Glanz zuwege. Wenn der Weisheitsfreiind nicht lernt, so bringt er nicht seine Tugend zuwege. Ich habe gehört: Die höchstweisen Könige lenkten die Welt wie folgt. Den Jungen gaben sie die Beschäftigung mit Lernen. Den Erwachsenen geboten sie, ihre Brauchbarkeit zu zeigen im Besitze von Würden. Durch Ehrenstellen und Einkünfte zogen sie gross deren Tugend. Durch Strafen und Bussen schreckten sie sie ab vom Bösen. Desswegen hatte das Volk helle Einsicht in Gebräuche und Gerechtigkeit und schämte sich, zuwider zu handeln den Befehlen 1) Die „Kriegsthat" heisst das Klangspiel des Königs VVu von Tselicu. Weil dieser König sich der Waffen gegen Tseh'lieu bediente, iniiss er sich seiner Tii"oiiil sehänien iinil was er thal, ist nicht durchaus gut. 364 Dr. P f i z m a i e r seiner Vorgesetzten. König Wu übte die grosse Gerechtigkeit, hielt nieder Verderben und Schädigung. Der Fürst von Tscheu schuf Gebräuche und Klangspiei, um dein Ganzen Schmuck zu ver- leihen. Als kam die Zeit der Gipfelung der Könige Sching und Khang, waren die Gefängnisse leer durch länger als vierzig Jahre. Dies war ebenfalls, weil Lehre und Umgestaltung allmählich vorge- schritten und Menschlichkeit und Gerechtigkeit umhergezogen wie ein Strom, es ist nicht blos die Folge des Verletzens von Haut und Fleisch. Als kam die Zeit von Thsin, verhielt es sich anders. Dieses richtete sich nach den Gesetzen der Männer der Geschlechter Schin i) und Schang s) und machte zur That Han-fei's Worte. Es hasste den Weg der Allhalter und Könige und machte aus Gier und wölfischem Wesen eine Gewohnheit. Es besass nicht die geschmückte Tugend, um zu belehren und zu unterrichten die Welt. Es stellte zuf Rede, was den Namen hatte, aber es untersuchte nicht, was in Wirklich- keit. Wer rechtschatFen war, ging nicht nothwendig frei aus. Aber wer Böses verübte, ward darum nicht nothwendig gestraft. Aus diesem Grunde schmückten die hundert Obrigkeiten insgesammt heraus eitle Worte, leere Redensarten und nahmen nicht Rücksicht auf die Wirklichkeit. Äusserlich hatten sie die Gebräuche, denen gemäss man dient dem Gebieter. Innerlich hatten sie das Herz, welches abtrünnig wird von dem Vorgesetzten. Man ersann Lügen, umkleidete den Betrug, lief schnellen Schrit- tes einher vor dem Vortheil, ohne sich zu schämen. Man verwen- dete ferner mit Vorliebe quälerische und unterdrückende Angestellte. Die Abgaben und Einsammlungen waren ohne Mass, man erschöpfte des Volkes Güter und Kraft. Die hundert Geschlechter zerstreuten sich und flohen, sie konnten nicht nachgehen den Beschäftigungen des Ackerns und Webens. Schaaren von Räubern erhoben sich in Gemeinschaft. Aus diesem Grunde waren diejenigen, die gestraft wur- den, eine überaus grosse Menge, diejenigen, die starben, hatten sich gegenseitig vor Augen; aber der Verrath hörte nicht auf. Gewohn- heiten und Umgestaltung brachten dies so mit sich. ') lier Manu von dem Gesclileehte Schin ist -*— y\\ ^P Sehiii-pri-hai, dessen (ieset;«« in acht Büchern enthalten sind, ■■ä) Der .Mann von dem Gesehleehte Schang^ ist Scliang-yar.g, Die Antworten Tung-tschung-schü's auf die Umfragen des Himmelssohnes. 305 Desswegen sagt Khuiig-tse: Wenn miin es leitet durch die Gesetze der Lenkung, wenn man es zurechtbringt durch die Strafe, so gellt das Volk frei aus und schämt sich nicht im Herzen i). — Dieses wird hier gemeint. Jetzt hast du, vor dem ich stehe unter den Stufen, dir einver- leibt und besitzest die Welt, innerhalb der Meere ist nichts, das nicht voranschritte, sich zu unterwerfen. Du überblickst in weiter Aus- dehnung, gibst Gehör in enger Zusammenfassung, du bringst auf den Gipfel den Verstand sämmtlicher Untergebenen, erschöpfest vollständig das Gute der Welt. Die höchste Tugend verbreitet leuchtend sich durch die Räume jenseits der Weltgegenden. Ye-lang, Khang-khiü 2), getrennte Gegenden in einem Umfange von zehn- tausend Weglängen finden Gefallen an deiner Tugend und wenden sich zu deiner Gerechtigkeit. Dies ist das Werk des grossen Frie- dens. Dass dessenungeachtet deine Verdienste sich noch nicht erstreckt haben über die hundert Geschlechter, es ist wohl dess- wegen, M'eil das Herz der Könige sich noch nicht über sie erstreckt hat. Tseng-tse sagt: Wenn man schätzt, was man gehört hat, so ist man erhaben und erleuchtet. Wenn man ausübt, was man erkannt hat, so ist man glänzend und gross. Erhabenheit, Erleuchtung, Glanz, Grösse bestehen in nichts anderem, sie bestehen darin, dass man auf sie richtet die Gedanken, dies ist alles. Wenn du, vor dem ich stehe unter den Stufen, Gebrauch machst von dem, was du gehört, hinstellst das Wahrhaftige in dein Inneres und dich bemühst, es auszuüben, in wie ferne sind die drei Könige dann von dir verschieden? Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, pflügst in Selbstheit, betrittst den Acker, um mit dem Beispiel voranzugehen bei dem Ackerbau. Du erwachst am Morgen, erhebst dich am frühen Morgen, bist bekümmert um die Zehntausende des Volkes, richtest die Gedanken auf das entschwundene Alterthum und lassest dir ange- legen sein, zu suchen die weisen Männer. Dies ist ebenfalls die Sorgfalt der Allhalter Yao und Schün. Dass dessenungeachtet noch ') Die .Mensctiea richten sich so ein, dass sie vorläulig von der Strafe befreit sind, schämen sich aber keiner schlechten Handlunir. '>>g Khang-khiü , ein fremdländisches Gebiet des äussersten Westens. 366 Or. Pfizra a ie r nichts von dir erreicht ward, es ist, weil die vorzüglichen Männer in ihrem ursprünglichen Zustande nicht ermuntert werden. Nicht in ihrem ursprünglichen Zustande nähren die vorzüglichen Männer und dabei suchen wollen weise Männer, ist ungefähr so viel, als keine Zierrathen graben in einen Edelstein und suchen Schmuck und Farbe. Desswegen ist das Wichtigste bei dem Ernähren der vorzüg- lichen Männer: keinen grossen Druck ausüben auf das grosse Lernen. Das grosse Lernen ist, was weise vorzügliche Männer zum Ausgang des Weges machen, es ist von Lehre und Umgestaltung der Stamm und die Quelle. Dass jetzt die Menge einer ganzen Land- schaft, eines ganzen Fürstenlandes antwortet, was nicht entspricht der Verkündung i), hierdurch wird der Weg der Könige abgenützt und endlich zerstört. Ich wünsche, dass du, vor dem ich stehe unter den Stufen, emporbringest das grosse Lernen, einsetzest erleuchtete Lehrer, um zu ernähren die vorzüglichen Männer der Welt. Mögest du mehr- mals sie erforschen und befragen, um sie Gebrauch machen zu lassen von allen ihren Gaben. Dann können glänzende und hervorragende Geister füglich gewonnen werden. Die gegenwärtigen Statthalter der Landschaften und Befehls- haber der Kreise sind die Lehrer und Führer des Volkes, diejenigen, die man heisst befördern die Strömung und verbreiten die Umgestal- tung. Wenn daher die Lehrer und Führer nicht weise, so wird die Tugend, der sie vorstehen, nicht verbreitet, Gnade und Mildthätig- keit strömen nicht umher. Da jetzt die Angestellten durch nichts belehren und unterrich- ten die Niederen, so tragen einige unter ihnen nicht bei, dass Gebrauch gemacht werde von den Gesetzen, die gelten für die Vor- stehenden und Höheren, sie bedrücken die hundert Geschlechter, treiben mit jenen gemeinschaftlich Schmuggel und eröffnen einen Verkaufsraum 2). Die Armen, die Hilflosen, die Verwaisten und ^) Die höchste Verkiindung, in welcher befohlen ward, dass in siimmtlicheii Landen weise und vortreffliche, ferner mit Aufsiitzcn und Lernen sich befassende Männer erhoben werden sollen. 2) Unter den kleinen Angestellten treiben Einige Schmuggel und Betrug. Die Stalt- halter und Befehlshaber belegen deren Güter nicht mit Beschlag, sondern treten mit diesen Menschen in Verbindung, indem sie von ihnen Nutzen zu ziehen suchen. Die Autworten Tiiiig'-tschung'-schii's auf die Umfragen des Himmelssuhues. 367 Schwachen erhalten Unrecht, leiden Ungemach und verlieren das Amt. Dies ist in grossem Masse gegen die Absicht desjenigen, vor dem ich stehe unter den Stufen, Wenn daher die Stoffe der Finster- niss und des Lichtes in Verwirrung, wenn die böse Luft eingefüllt und versperrt, wenn unter denSchiiaren der Geborenen Wenige einen Erfolg erzielen, wenn das schwarzhaarige Volk noch nichts zu Stande gebracht hat, so ist dies alles, weil die ältesten Angestellten nicht erleuchtet und die Sachen so weit kommen Hessen. Die ältesten Angestellten gehen häufig hervor aus der Zahl der Leibwächter. Die Söhne und jüngeren Brüder der Anführer der Leibwächter, der Angestellten, deren Gehalt zweitausend Scheffel, werden erwählt zu Leibwächtern und Angestellten der Gerichte. Sie sind ferner der Reichthümer und Vermöglichkeit willen nicht noth- wendig weise Männer. Überdies ward in der alten Zeit dasjenige, was man Verdienste nennt, nach der Vertrauenswürdigkeit im Amte, nach der Erfüllung der Pflicht in Abstufungen gebracht. Es war nicht, was man nennt, das Sammeln der Tage, das Anwachsen durch lange Zeit. Mochte daher eine kleine Begabung auch immer gehäuft haben die Tage, sie trennte sich nicht von einem kleinen Amte. Befand sich die Gabe der Weisheit auch noch nicht lange an einer Stelle, es schadete nichts, sie wurde die Stütze und Hilfe der Lande. Aus diesem Grunde erschöpften die Inhaber der Vorsteherämter ihre Kraft, machten Gebrauch von ihrem ganzen Wissen, Hessen sich angelegen sein, einzurichten ihre Beschäftigung und gelangten dadurch schnellen Laufes zu Verdiensten. In der gegenwärtigen Zeit ist dies nicht der Fall. Nach der Anhäufung der Tage nimmt man in Empfang die Ehrenstellen. Nach der Länge der Dauer tritt man in die Ämter. Aus diesem Grunde werden Enthaltsamkeit und Scham verwandelt in Lasterhaftigkeit, sind Weise und Entartete unter einander gemengt und hat man die Wahrheit dabei noch nicht gefunden. Ich in meinem Unverstand halte dafür, dass man von den gereihten Lehensfürsten, den Stalthaltern der Landschaften und den Angestellten, deren Gehalt zweitausend Schelfel, einen jeden heissen solle auswählen unter ihren Angestellten und ihrem Volke die weisesten Männer. Als jährlicher Zoll mögen von einem jeden zwei Menschen übergeben werden bei der Leibwache des 368 Dr. P f i z in a i e r Nachtlagers i). Es lassen sich hieraus auch ersehen die Fähigkeiten der grossen Diener. Derjenige, dessen Abgabe ein Weiser, werde belohnt. Derjenige, dessen Abgabe ein Entarteter, werde bestraft. Wenn dies geschieht, so werden die Fürsten der Lehen und die Angestellten, deren Gehalt zweitausend Scheflel. allen Fleiss verwenden auf das Suchen der weisen Männer. Die vorzüglichen Männer der Welt können gefunden und bei Ämtern beschäftigt werden. Hat man überall gefunden die weisen Männer der Welt, so ist die Vollkommenheit der drei Könige leicht zu begründen, und der Name der Allhalter Yao und Schün kann erlangt werden. Man darf nicht die Tage und Monde annehmen als ein Verdienst. Man ver- suche in Wirklichkeit, und die Gabe der Weisheit sei in der Reihe das Erste. Man erwäge die Fähigkeiten, und verleihe hierauf das Amt. Man überzeuge sich von der Tugend, und bestimme hierauf die Würde. Dann werden Enthaltsamkeit und Scham besondere Wege haben, und Weise und Entartete werden sich an verschiedenen Orten befinden. Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, übtest Gnade, liessest Grossmuth walten bei meinen Verbrechen. Du bewirktest, dass ich nicht an dem Seile gezogen und eingeschränkt werde von dem ßuchstabenschmuck, du hiessest mich dahin kommen, dass ich ein- schneidend und schleifend es erschöpfe. Könnte ich es wagen, nicht auf das Äusserste anzustrengen meiner Unwissenheit Denkki-aft? So lautete die Antwort Tung-tschung-schü's auf die zweite Umfrage des Himmelssohnes. Der Himmelssohn stellte hierauf eine dritte Umfrage, welche in folgenden Worten ausgefertigt wurde : Ich habe nämlich gehört: Wer vortreftlich spricht von dem Himmel, findet gewiss die Beweise in dem Menschen. Wer vortrelTlich *) In einem in der Zeitgeschichte der früheren Han vorkommenden Berichte an den Anhalter Hiao-wu wird erwähnt, dass in dem Alterthum die Lehensfiirsten dem Himmcissohne vorzügliche Männer als Abgabe brachten. Wer einmal einen geeig- neten Mann brachte, hiess „der Tugendfreund". Wer dies zum zweiten Male that, hiess „der die Weisen für weise haltende". Wer dies zum dritten Male that, hiess „der Verdienstvolle" und erhielt die neun Ehrengeschenke des Himraelssohnes. Ein Lehensfürst, der keinen vorzüglichen Mann als Abgabe brachte, erfulir das erste Mal eine Herabsetzung im Range. Das zweite Mal ward ihm ein Theil seines Gebietes entrissen. Das dritte Mal ward er sowolil der liaugstufe wie seines Landes verlustig. Die Antworten Tuüg'-tschung-schii's auf die Umfragen des Himmeissohnes. 369 spricht von dem Alterthum, erhält gewiss die Bestätigung durch die Gegenwart. Desswegen liabe ich der Himmelssohn herabgege- ben die Frage nach den gegenseftigeu Beziehungen des Himmels und des Menschen. Nach oben bezeige ich meine Freude über Thang und Yü. Nach unten bezeige ich meinen Schmerz über Khie und Tsch'heu. Die Wege des allmählichen Unscheijibarwerdens, der allmählichen Vernichtung, des allmählich entstehenden Lichtes, des allmählich entstehenden Glanzes, vergebens sucht man sie zu verändern. Jetzt habt ihr, o Söhne und Grossen der Lande, deutlich gemacht, wodurch die Stoffe der Finsterniss und des Lichtes die Umgestaltungen bewerkstelligen, ihr seid geübt in den Beschäftigun- gen des Weges der früheren Höchstweisen. Gleichwohl wird in Schmuck und bunter Zier noch nicht das Höchste geleistet: wie solltet ihr euch da beirren lassen durch die Bestrebungen eures Zeitalters? Die Windungen und Durchbrüche nehmen kein Ende. Die Fäden haben noch keinen Ausgang. Sollte dies den Sinn haben, dass ich der Himmelssohn nicht erleuchtet? oder dass mein Gehör gleich demjenigen eines Verwirrten? Dasjenige, wovon die Lehre der drei Könige ausgeht, stimmt nicht überein, und überall gibt es Missgritfe. Einige sagen: Was lange währt und sich nicht verändert, ist der Weg. — Wie sollte dies den Sinn der Verschiedenheit haben? Jetzt habt ihr,, o Söhne und Grossen der Lande, bereits bekannt gegeben die höchste Steigung des grossen Weges, dargelegt die äussersten Enden der Einrichtung und Verwirrung. Möget ihr es vervollständigen, erschöpfen, zur Reife bringen, wiederholen. Sagt es denn nicht das Gedicht? In ihm heisst es: 0 der Gebieter, dieser Sohn Darf dauernd nicht der Ruhe pflegen! Die Geister dann erhören ihn, Sie schicken helfend grossen Segen. Ich der Himmelssohn werde in Selbstheit es durchsehen. Möget ihr, 0 Söhne und Grossen der Lande, euch bemühen, die Sache zu beleuchten. Auf diese Umfrage übersandte Tung-tsehung-schü wieder die folgende Antwort: O ry/\ Dr. P f i z m a i e r Ich habe gehört, dass es in den Worten der Besprechung: i) heisst: Die einen Anfang haben, die ein Ende haben 2), es sind allein die höchstweisen Mensehen. — Jetzt hast du, vor dem ich stehe unter den Stufen, beglückend Gnade verliehen, hast angehört den in Empfang nehmenden, lernenden Dieners). Du hast von Neuem herabgesandt das glänzende Rohrbret, worin du heissest scharf bestimmen den Sinn und vollständig erforschen die höchstweise Tugend. Dies ist etwas, das ich, der unwissende Diener, nicht im Stande bin, in Bereitschaft zu haben. Was in erster Reihe vorangestellt worden zur Beantwortung: „Die Windungen und Durchbrüche nehmen kein Ende, die Fäden haben noch keinen Ausgang", sind Worte, in denen nicht gesondert das Weisse, Fingerzeige, bei denen nicht unterschieden wird das Licht. Hieran trägt meine Seichtigkeit und mein Verschlossensein die Schuld. Das Rohrbrett sagt: „Wer vortrefflich spricht von dem Himmel, findet gewiss die Beweise in dem Menschen. Wer vortrefflich spricht von dem Alterthum, erhält gewiss die Bestätigung durch die Gegenwart". Jetzt habe ich gehört : Der Himmel ist der Stammvater der Schaaren der Wesen. Desswegen überwölbt er von allen Seiten, umschliesst, enthält in sich und macht dabei keinen Unterschied. Er stellt Sonne und Mond, Wind und Regen, um jene zu versöhnen. Er begründet die Stoffe der Finsterniss und des Lichtes, Hitze und Kälte, um die Wesen zu vollenden. Desswegen nahmen hüchstweise Menschen zum Vorhilil den Himmel und errichteten den Weg. Sie hatten ebenfalls allseitige Liebe, aber keine besondere Hinneigung. Sie verbreiteten Tugend, übten Menschlichkeit, um die Menschen zu ehren. Sie setzten die Gerechtigkeit, erhoben die Gebräuche, um die Menschen zu leiten. Der Frühling ist dasjenige, wodurch der Himmel das Leben gibt. Die Menschlichkeit ist dasjenige, wodurch der Gebieter liebt. DerJSommer ist dasjenige, wodurch der Himmel wachsen lässt. Die Tugend ist dasjenige, wodurch der Gebieter ernährt. Der Rauhfrost isi dasjenige, wodurch der Himmel tödtet. Die Strafe ist dasjenige, wodurch der Gebieter zurechtweist. Bespricht man es ^) Das unter dem Namen Liin-yu „die Worte der Besprechung" bekannte Werk. 2) Diejenigen, deren Ende dem Anfang- gleich ist. ») Der die Auslegung von dem Lehrer erhält und sie lernt. Eine Wendung der Bescheidenheit. Die Antworten Tung-tschung-scliü's auf die Umfragen des Himinelssohnes. 371 V 011 dieser Seite, so sind die Beweise des Himmels und des Menschen iler Weg des Alterthums und der Gegenwart. Khung-tse verfertigte den Frühling und Herbst. Nacii oben beinass er in ihm die Wege des Himmels. Nach unten läuterte er die Leidenschaften der Menschen. Er erforschte es in dem Alter- tlium. Er untersuchte es in der Gegenwart. Was daher der Früh- ling und Herbst tadelt, ist dasjenige, dem Brandunglück und Schäden zu Theil werden. Was der Frühling und Herbst verabscheut, ist das- jenige, worüber Ungeheuer und seltsame Erscheinungen sich verbrei- ten. Er vermerkt die Fehler der Länder und Häuser, fasst zusammen die Veränderungen, die geschehen durch Brandunglück und seltsame Erscheinungen. Hieraus lässt sich ersehen, dass von den Handlungen der Menschen dasjenige, was der Gipfel des Guten und Bösen, mit Himmel und Erde in Verbindung steht wie ein Strom und dass beim Kommen und Entschwinden gegenseitig Antwort gegeben wird. Hiermit wird auch besprochen das eine äusserste Ende des Himmels. In der alten Zeit waren die Obrigkeiten, die ausbildeten Lehre und Unterricht, bemüht, durch Tugend und B<^chtschafFenheit umzu- gestalten das Volk. Nachdem das Volk bereits in grossem Masse umgestaltet worden, hatte die Welt gewöhnlich nicht die Unter- suchung eines einzigen Menschen in den Gefängnissen. In dem gegenwärtigen Zeitalter sind jene Dinge abgeschafft und werden nicht ausgebildet, es gibt nichts, wodurch man umgestalten könnte das Volk, Das Volk verschmäht es daher, zu üben die Gerechtigkeit und stirbt für Güter und Vortheil. Aus diesem Grunde verletzt es die Gesetze und der Verbrechen sind viele. Der Untersuchungen in den Gefängnissen sind in einem Jahre gegen zehntausendmal tausend an der Zahl. Hieraus lässt sich ersehen, dass man nach dem Alter- thum unumgänglich sich richten muss. Daher werden in dem Früh- ling und Herbst Veränderungen des Alterthums getadelt. Den Befehl des Himmels nennt man das Schicksal. Das Schick- sal wird ohne die höchstweisen Menschen nicht erfüllt. Den Stoff, der unbearbeitet, nennt man die Angeborenheit. Die Angeborenheit wird ohne Lehre und Umgestaltung nicht vollendet. Das Begehren des Menschen nennt man die Leidenschaft. Die Leidenschaft wird ohne Bemessung und Einrichtung nicht in Schranken gehalten. Desswegen verwendeten die Könige nach oben ihre Sorgfalt auf die Förderung der Absichten des Himmels, um zu gehorchen dem 372 Dr. P f i z m a i e r Schicksal. Nach unten bemühten sie sich, in's Licht zu stellen die Lehre, umzugestalten das Volk, um zu vollenden die Angeborenheit, Sie brachten zurecht die Angemessenheiten der Gesetze und Vor- bilder, sie unterschieden die Abstufungen der Höheren und Niede- ren um einen Damm zu setzen dem Begehren. Sie übten diese drei Dino-e, und die grosse Grundlage erhob sich. Der Mensch empfängt den Befehl von dem Himmel und ist o-anz o-ewiss auf hervorragende Weise verschieden von denSchaaren der geborenen Wesen. Wenn er eintritt, so hat er die Verwandt- schaften des Vaters und Sohnes, des älteren und des jüngeren Bru- ders. Wenn er austritt, so hat er die Angemessenheiten des Gebieters und Dieners, der Höheren und der Niederen. Wenn er sich in Ver- sammlungen begibt und Anderen begegnet, so hat er die Stellungen der hochbetagten und betagten Greise, der älteren und der jüngeren Menschen. Von glänzendem Äusseren besitzt er den Schmuck, damit er mit Anderen zusammentreffe. Von freundlichem Äusseren besitzt er die Güte, damit er Andere liebe. Dies ist es, wodurch der Mensch vornehm ist. Es werden hervorgebracht die fünf Getreidearten, um ihn zu speisen, Maulbeerbäume und Hanf, um ihn zu kleiden, die sechs Arten der Hausthiere, um ihn zu ernähren. Er bedient sit-li des Hornviehs, besteigt die Pferde. Er setzt in einen Zwinger den Leoparden, in einen Käfig den Tiger. Es ist, weil er zum Antheil hat des Himmels Geist und vornehmer ist, als die lebendigen Dinge. Desswegen sagt Khung-tse: Unter den Angeborenheiten des Himmels und der Erde ist der Mensch die vornehmste. — Wenn er in's Liclit setzt die Angeborenheit des Himmels, so weiss er, dass er vornehmer ist als die lebendigen Dinge, Weiss er, dass er vor- nehmer ist als die lebendigen Dinge, dann erst kennt er Mensch- lichkeit und Gerechtigkeit. Kennt er Menschlichkeit und Gerechtig- keit, dann erst schätzt er die Einschränkungen durch die Gebräuche. Schätzt er die Einschränkungen durch die Gebräuche, dann erst verweilt er mit Behaglichkeit bei dem Guten. Verweilt er mit Behaglichkeit bei dem Guten, dann erst hat er Freude an der Befol- gung der Einrichtungen. Hat er Freude an der Befolgung der Ein- richtungen, dann erst nennt man ihn einen Freund der Weisheit. Desswegen sagt Khung-tse: Wer nicht kennt das Schicksal, kann für keinen Freund der Weisheit gehalten werden. — Dies ist es, was hier gemeint wird. I»ie AiitWDrK'ii Tiiiio^-tschiiiig-schii's auf die Umfragten des Hiiiimelssohiies. 373 Das Rolirbrett sagt: „Nach oben bezeige ich meine Freude über Thang und Yü. Nach unten bezeige ich meinen Schmerz über Khie und Tscb" heu. Die Wege des allmählichen Unscheinbarwerdens, der aümählicben Vernichtung, des allmählich entstehenden Lichtes, des alimählich entstehenden Glanzes, vergebens sucht man sie zu verändern". Ich habe gehört: Eine Menge Wenigkeiten bildet eine Vielheit. Durch Anhäufung von Kleinheiten bringt man zu Stande eine tirösse. — Desswegen war unter den höchstvveisen Menschen keiner, der nicht durch die Dunkelheit zu Wege brachte das Licht, durch die Unscheinbarkeit zu Wege brachte die Berühmtheit. Auf diese Weise ist Yao hervorgegangen aus dem Stande der Fürsten der Lehen i). Schün ist aufgestanden in dem tiefen Gebirge 2). Nicht in einem Tage gelangten sie zur Berühmtheit. Es geschah nämlich durch allmähliches Fortschreiten, dass sie dies zu Wege brachten. Die Worte, die ausgesprochen worden von einem Menschen, können nicht abgesperrt werden. Die Handlungen, die offenkundig geworden durch uns selbst, können nicht verdeckt werden. Worte und Handlungen in ihrer grössten Zurechtstellung sind dasjenige, wodurch der Weisheitsfreund in Bewegung setzt Himmel und Erde. Wer daher vollständig zusammenfasst die Kleinheiten, gelangt zu Grösse. Wer Sorgfalt verwendet auf die Unscheinbarkeit, gelangt zu Ansehnlichkeit. Das Gedicht sagt: Nur dieser König Wen Ist aufmerksam, ist ehrerbietig. Desswegen wandelte Yao mit Vorsicht täglich auf seinem Wege, und Schün brachte mit Zagen täglich zu Stande seine Älternliebe. Das Gute sammelt sich, und der Name wird berühmt. Die Tugend glänzt, und das eigene Selbst wird geehrt. Dies sind die Wege des allmählich entstehenden Lichtes, des allmählich entstehenden Glanzes. Die Ansammlung des Guten findet Statt in dem eigenen Selbst gleichwie die Länge des Leibes täglich zunimmt und der Mensch es ') Yao war ursprünglich Fürst von Thang und brachte es bis zum Himmelssohne. 2) Schün bebaute vor seiner Erhebung zum Himmelssohne die Felder auf dem Berge P^ LI. /-Ah. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. U. Hft. 25 374 Dr. P f i /. 111 a i e r nitcl) weiss. Die Ansammlung des Bösen findet Statt in dem eigenen Selbst gleichwie das Feuer schmilzt das Fett und der Mensch es nicht sieht. Wenn man nicht beleuchtet Leidenschaft und Angeho- renheit, sondern untersucht die dahinfliessenden Gewohnheiten, wer könnte da die Sache erkennen? Dies ist es, wodurch Thanj^^ und Yü erhalten einen edlen Namen, aber Khie und Tsch'heu zu bedauern und zu fürchten sind. Gutes und Böses wird befolgt, gleichwie Schatten und Wieder- hall entsprechen der Gestalt und der Stimme. Als daher Khie und Tsch'heu grausam und übermüthig waren, traten Verleumdung und Mord in Gesellschaft hervor, Weisheit und Verstand verbargen sich im Dunkeln. Das Böse ward täglich angesehener. Das Land war täglich mehr zerrüttet. Im Gefühle der Sicherheit tliat man nach eigenem Ermessen, als wäre man die Sonne, die sich befindet an dem Himmel ij. Zuletzt ging der Weg ein und ward in grosser Ausdehnung zerstört. Die Grausamen, die Widersetzlichen und Unmenschlichen gehen nicht in einem einzigen Tage zu Grunde. Sie werden ebenfalls durch allmähliches Fortschreiten so weit gebracht. Desswegen waren Khie und Tsch'heu zwar verlustig des Weges, aber sie besassen noch immer das Land durch zehn Jahre. Dies sind die Wege des allmählichen Unscheinbarwerdens, der allmählichen Vernichtung. Das Rohrbrett sagt: „Dasjenige, wovon die Lehre der drei Könige ausgeht, stimmt nicht überein, und überall gibt es Miss- griffe. Einige sagen: Was lange währt und sich nicht verändert, ist der Weg. — Wie sollte dies den Sinn der Verschiedenheit haben?" Ich habe gehört: Sich freuen und nicht lasterhaft sein, wieder- holen und nicht gesättigt sein, nennt man den W^eg. Was den Weg betrifft, so hat er zehntausend Geschlechtsalter hindurch keine Zer- klüftungen. Wo Zerklüftungen sind, ist ein Abirren von dem Wege 3). Der Weg der früheren Könige hatte gewiss seitwärts geneigte und nicht erhobene Stellen. Desswegen war die Lenkung verfinstert und wurde nicht geführt. W^enn sie erhoben die seitwärts geneigten ') Als ob man niemals fallen oder zu Grunde geben könnte. ^) Ein xerklüfleter Weg ist nicbt der rechte. Weil der Weg, auf Hern man wandelt, ein verfehlter ist, finden si<'li uiif ihm Zeikliiftuutreii. Die Antworten Tuiig-tschung-seliii's auf die Umfragen des llimmelssohiies. 37i) Stellen, so geschah dies, um auszubessern die Zerklüftungen, sonst zu nichts. Dass dasjenige, wovon die Lehre der drei Könige ausgeht, nicht übereinstimmt, ist nicht, weil der eine von dem andern das (regentheil war. Sie wollten zu Hilfe kommen bei dem Überströ- menden und erfassen das Entschwindende. Was sie erlebten, war etwas Veränderliches. Desswegen sagt Khung-tse: Derjenige, der nichts thiit und lenkte, war Schün. — Er veränderte den ersten Tag des Mondes, wechselte die Farbe der Kleider, um zu gehorchen dem Befehle des Himmels, nichts weiter. In allem Übrigen richtete er sich nach den Wegen Yao's: welche Veränderungen hätten von ihm vorgenommen werden sollen? Desswegen stehen die Könige in dem Rufe, verän- dert zu haben die Einrichtungen, es ist nicht Thatsache, dass sie umgestaltet haben den Weg. Dass Hia voranstellte die Redlichkeit, Yin voranstellte die Ehrfurcht, Tscheu voranstellte den Schmuck, es geschah, weil sie, um Hilfe zu bringen dem, was sie fortsetzten *), sich dieser Dinge bedienen mussten. Khung-tse sagt: Yin bediente sich der Gebräuche der Hia. Was vermindert oder vermehrt worden, lässt sich erkennen. Tscheu bediente sich der Gebräuche der Yin. Was vermindert oder ver- mehrt worden, lässt sich erkennen. Sollte Jemand fortsetzen die Tscheu, wären es auch hundert Geschlechtsalter, es lässt sich erkennen 2). — Hiermit wird gesagt, dass die hundert Könige Gebrauch gemacht haben von jenen drei Dingen. Die Hia richteten sich nach den Yü, dass aber hier allein nicht gesagt wird, was ver- mindert oder vermehrt worden, die Ursache ist: ihre Wege waren die nämlichen, und was sie voranstellten, war eins und dasselbe. Der grosse Ursprung des Weges wird abgeleitet von dem Himmel. Der Himmel verändert sich nicht. Der Weg verändert sich ebenfalls nicht. Auf diese Weise hat Yü fortgesetzt Schün, Schün hat fortgesetzt Yao. Die drei Höchstweisen nahmen von einander in Empfang und bewahrten einen einzigen Weg. Sie brauchten nicht *) Sie setzten das Geschlechtsalter fort, indem sie an der Stelle der zunächst vor- hergegfangenen Häuser die Lenkung übernahnieii. 2) Redlichkeit, Ehrfurcht und Schmuck, nach einander von drei Häusern voran- gestellt, wurden zur Lehre erhoben und begründeten die Lenkung. Was sich auf spätere Zeiten vererben sollte, wird davon nicht sehr verschieden sein. 25* 37G Dr. P l'i /. Ml ;i i 1' I- Hilfe ZM bringen bei einer zerklüfteten Lenkung-. Desswegen wird iiieht gesagt, was durch sie vermindert oder vermehrt ward. Hieraus lässt sich ersehen: Wer fortsetzt ein eingerichtetes Zeitalter, dessen Wege sind die nämliclien. Wer fortsetzt ein zerrüttetes Zeitalter, dessen Wege sind verändert. Jetzt ist Han der Nachfolger einer grossen Zerrüttung. Es scheint, dass es angemessen, ein wenig zu vermindern das auf die Spitze Getriebene des Schmuckes der Tscheu und Gebrauch zu machen von dem, was die Redlichkeit der Hia. Du, vor dem ich stehe unter den Stufen, besitzest die glän- zende Tugend, bezeigst Freude über den Weg, bedauerst, dass die Gewohnhf-iten des Zeitalters zerfahren und haltlos, bezeigst Schmerz darüber, dass der Weg der Könige nicht erleuchtet. Desswegen erhobst du die Weisen und Vortrefflichen, die streng rechtschaffen lebenden Männer. Du besprichst und beräthst, untersuchst und fragst, es wird der Fall sein, dass du eiheben willst der Menschlich- keit und Gerechtigkeit liebliche Tugenden, in's Licht stellen der Allhalter und Könige Gesetze und Einrichtungen, befestigen die Wege des grossen Friedens. Ich in meiner Unwissenheit und Entartung erzähle, was ich gehört, sage her, was ich gelernt. Indem ich spreche die Worte des Lehrers, bin ich kaum so viel im Stande, dass sie mir nicht ent- fallen. Wenn ich jetzt besprechen soll die Erfolge und das Fehl- schlageri in Sachen der Lenkung, untersuchen das Athmen und leere Streben der Welt, so ist dies die Obliegenheit der grossen Diener, der Stützer und Helfer, dasjenige, womit betraut wurden die drei Fürsten, die neun Erlauchten, es ist nicht, was ich, der Diener Tschung-schü, im Stande bin zu erfassen. Gleichwohl vermesse ich mich, über etwas zu staunen. Die alte Welt ist auch die gegen^-. artige Welt. Die gegenwärtige Weit ist auch die alte Welt. Beide sind zugleich die Welt. Als dasAlterthum ebenfalls seine grosse Einrichtung hatte, waren Höhere und Niedere gegenseitig einverstanden und freundlich, Übungen und Gewohnheiten waren lobenswürdig und vollkonnnen. Ohne dass etwas befohlen ward, that man es. Ohne dass etwas verboten ward,unterliess man es. Unter den Angestellten der Gerichte gab es keinen Verrath und kein Unrecht Unter dem Volke gab es keine Räuber und Mörder. Die Gefängnisse waren leer. DieTugend tränkte Kräuter undBäume, dieMildthätigkeit Die Antworten riiiiij-Uoljiiiig-.ic'liii'Ä :uil' die riii(V.ii;('ii des lliiiiiiK-Usüliiies. o ( i bedeckte die vier Meere. Die Vögel der glückliehen Vorbedeutung kamen und Hessen sich nieder. Die Einhörner kamen und wandelten umher. Da das Alterthum gleichartig, die Gegenwart ein und dasselbe, warum stehen sich beide so ferne, dass sie zu einander nicht reichen? Was ist es, wodurch sie im Irrthum befangen, widerhaarig werden und eingehen in einem solchen Masse? Ist der Sinn der, dass hier etwas verfehlt worden auf dem Wege des Alterthums? Steht hier etwas im Widerspruch mit den Einrichtungen des Himmels? Wenn man untersucht die Spuren bis zu dem Alterthum, wenn man sie zurückführt bis zu dem Himmel, lässt es sich wohl deutlich ersehen. Dieser Himmel hat etwas, womit er betheilt und was er gibt. Wo er Zähne gibt, dort entfernt er die Hörner 9- Wo er Flügel ein- setzt, dort gibt er zwei Füsse ^). Wenn nämlich, was man empfängt, etwas Grosses, kann man nicht in Besitz nehmen das Kleine. Die- jenigen, denen in den alten Zeiten Gehalte verliehen wurden, nähr- ten sich nicht von der Arbeit s), setzten nicht in Bewegung die Spitze*). Hier kann ebenfalls derjenige, der empfängt das Grosse, nicht in Besitz nehmen das Kleine, und es ist etwas, dessen Sinn übereinstimmt mit dem Himmel. Bereits empfangen haben das Grosse und noch dazu in Besitz nehmen das Kleine, der Himmel ist nicht im Stande, dafür zu genügen, um wie viel weniger der Mensch? Dies ist es, wesshalb das Volk murrt, sich abmüht und nicht genügt. Jene, die in Selbstheit Günstlinge und innehaben einen hohen Rang, jene, deren Haus wohnlich und die zehren von einem bedeu- tenden Gehalle, wenn sie dabei sich zu Nutzen machen von Reich- thum und Ansehen die Mittel und die Kraft, um mit dem Volke zu streiten um den Vortheil nach unten, wie wäre das Volk dann im Stande, es ihnen gleichzuthun? Desswegen lassen sie zu einer Menge anwachsen ihre leibeigenen Knechte und Mägde, verviel- fältigen ihr Hornvieh und ihre Schafe, erweitern ihre Felder und Wohngebände, betreiben in grosser Ausdehnung ihre Geschäfte der Hervorbringung, bergen ihre Sammlungen und Ausfuhren. Indem sie ') lias rtiixlvieli, dem die (il>ei-eii Ziiliiie felileii, hesitzl ll()iiier. Uasjeiii-^e liiii-^egeii, dem die Hörner felilen, lie.sil/.i die oliereii Zitliiie. 2) Weil der Vogel geflügelt ist, 1). -sitzt er nicht vier, sondeiti nur zwei Küsse. ') Ü. i. von dem AckeiliMu. *) Die Spitze heisst hier der iielrieh der ihindwerke und des Ii:indels. 378 Dr. r f i z in a i e r sich dies angelegen sein lassen ohne Aufhören, drängen sie und treten mit Füssen das Volk. Das Volk wird jeden Tag zerhackt, jeden Monat zerknittert. Allmählich gelangt es zu grosser Erschöpfung. Die Reichen sind stolz und übermüthig, verschwenderisch und ausschreitend. Die Armen sind erschöpft und bedrängt, betrübt und abgemüht. Sind sie erschöpft und bedrängt, betrübt und abgemüht, und die Höheren kommen ihnen nicht zu Hilfe, so hat das Volk keine Freude am Leben. Hat das Volk keine Freude am Leben, so geht es wohl nicht aus dem Wege dem Tode: wie könnte es da aus dem Wege gehen dem Verbrechen? Dies ist die Ursache, wesshalb Strafen und Bussen vielfältig sind, aberVerrath und Unrecht sich nicht bewältigen lassen. Desswegen zehren die Häuser, die einen Gehalt empfangen, von ihrem Gehalte, sonst von nichts. Sie wetteifern nicht mit dem Volke in dessen Beschäftigungen. Dann erst lässt sich der Vortheil gleichmässig verbreiten, und das Volk kann für die Häuser genügen. Dies sind die Grundsätze des hohen Himmels und auch die Wege des frühen Alterthums. Es ist, was der Himmelssohn sich zum Gesetz machen soll, um darnach Einrichtungen zu treffen, was die Grossen der Lande sich vor Augen halten sollen, um darnach zu handeln. Als daher Kung-I-tse i), zur Zeit als er Landesgehilfe war in Lu, sich begab in sein Haus und sah, dass man Seidenstoffe wob, zürnte er und ging aus dem Hause. Seine Gattinn speiste in dem W^ohngehäude und verzehrte Malven. Ärgerlich entriss er ihr die Malven und sprach: Ich verzehre bereits meinen Gehalt. Süll ich überdies noch entziehen dem Gärtner und der Weherinn ihren Nutzen? — Die weisen Menschen und die Weisheitsfreunde der alten Zeit, die bekleideten einen Rang der Reihe, waren sämmtlich dieser Meinung. Desswegen hielten die Niederen für erhaben deren W^andel und richteten sich nach deren Lehre. Das Volk ward umge- staltet durch ihre Enthaltsamkeit und hatte kein habsüchtiges Begehren. Als zuletzt das innere Haus der Tscheu eine Abnahme erfulir, waren die Erlauchten und Grossen der Lande lass in der Gerechtigkeit, aber hastig bei dem Nutzen. Es war nicht Sitte, "f" f^ j!^ Kung-l-tse ist i^ |^ ^ Kung-1-hieu. Die Aul« iirleii Tuni(-l.-.rliuiif;-.st'liü'.s iiulilie iiili iii;i'ii di-,- lliiiiinelssuhnes. *J T 1) tiitchzugeben und zu eiitsaj^eii, aber der Streit um Felder ward anhangig gemacht bei den Gerichten. Desswegen empfindet dies der Dichter schmerzlich und tadelt es, indem er sagt: Hoch ragend jenes Südens Berge! Nur Felsen dort auf Felsen sind geschichtet. Ansehnlich bist du, Leiuer Yün *), Das Volk zu dir empor die Blicke richtet 3). Liebst du die Gerechtigkeit, so wendet sich das Volk zur ^Icnschlichkeit und die Gewohnheiten sind lobenswerth. Liebst du den Nutzen, so liebt das Volk das Unrecht und die Gewohnheiten sind verwerflich. Betrachtet man es von dieser Seite, so sind der Himmelssohn lind die Grossen der Lande diejenigen, aufweiche das niedere Volk blickt und die es nachahmt, denen die fernen Gegenden rings sich zuwenden und welche das Innere vor Augen hat. Die Nahen blicken auf sie und verlassen sich auf sie. Die Fernen haben sie vor Augen und ahmen sie nach. Wie kann man sich befinden auf der Rangstufe eines weisen Menschen und betreiben die Geschäfte der gewöhn- lichen Menschen? Ängstlich trachten nach Gütern und Vortheil, beständig fürchten, dass man Noth haben werde und Mangel, ist die Sinnesart des gewöhnlichen Menschen. Ängstlich trachten nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit, beständig fürchten, dass man nicht im Stande sein werde, umzugestalten das Volk, ist die Sinnesart des Grossen der Lande. In den Verwandlungen heisst es: Auf dem Rücken tragen und auch den Wagen besteigen, bewirkt, dass die Räuber herannahen. — Den Wagen besteigen, ist angemessen dem Range des Weisheits- freundes. Auf dem Rücken tragen, ist das Geschäft des kleinen Menschen. Hiermit wird gesagt: Wer sich befindet auf der Stufe des Weisheitsfreundes und betreibt die Geschäfte der gewöhnlichen Menschen, dem werden Sorge und Unglück gewiss nahen. Wenn man sich befindet auf der Stufe des Weisheitsfreundes, einhält den Wandel des Weisheitsfreundes, so gibt man es auf, dass i^ "Ä" "^^Y.M-he-f. ') H3 ^ —r* Yiiii-!;e-fii, der y rosse Lehrer iles Hauses Tseheii '-) nie Menschen des Volkes erheben die Blicke i.w den .Miinnern, welche die Würde eines der rlrei Fürsten bekleiden, wli' zu cinoin liohon Kelsenfrebirtrc. Q Q n Dr. P f i z in it i e r man als Kung-I-hieu Landesgehilfe ist in Lu und nichts ausrichten kann i)- Der grosse einzige Leitfaden des Frühlings und Herbstes s) ist die beständige Weise des Himmels und der Erde, das Mittel, durch welches Alterthum und Gegenwart verkehren. Jetzt haben die Lehrer verschiedene Wege, die Menschen verschiedene Berathuii- gen. Die hundert Häuser haben gesonderte Seiten, die Gedanken, mit denen man sich trägt, stimmen nicht iiberein. Aus diesem Grunde haben die Höheren nichts, womit sie festhalten könnten den einzigen Faden, und Gesetze und Einrichtungen werden mehrmals verändert. Die Niederen aber wissen nicht, was sie bewahren sollen. Ich in meiner Unwissenheit halte dafür, dass man allem, was nicht einbegriffen in den sechs Fertigkeiten s), in Khung-tse's Kunst, abschneiden müsse den Weg und dass man es nicht dürfe in Gemeinschaft vorschreiten lassen. Wenn unrechte und abwei- chende Reden vernichtet werden und aufhören, dann erst können die verschiedenen Fäden an einen einzigen gereiht und Gesetze und Vorbilder können in's Licht gestellt werden. Das Volk wird endlich auch wissen, wonach es sich zu richten hat. Das obige ist die Antwort auf die dritte Umfrage des Himmels- sohnes. Nachdem Tung-tschung-schü alle Umfragen beantwortet, ward er von dem Himnielssohne zum Landesgehilfen des Königs „SL Yi von Kiang-tu ernannt. Dieser König, in dessen Diensten Tung-tschung-schü jetzt stand, war ein älterer Bruder des Himmels- sohnes und von Sinn eben so stolz als muthig. Der neue Landes- gehilfe führte durch die Gebräuche und die Grundsätze der Gerech- tigkeit die Leidenschaften des Königs auf das richtige Mass zurück und ward von seinem Gebieter geachtet und geschätzt. 1) Wer als Weisheitstreund auftritt, niuss so handeln, wie der oben genannte Kiing-I-tse. Unterlässt man es, so zu handeln, so ist man nicht im Stande, etwas auszurichten. 2) Der einzige Leitfaden heisst hier dasjenige, womit sämmtiii-he vorhandene Dinge gleichsam wie Fäden in Verbindung stehen. Das Werk „Friililing und Herbst" beginnt, wie schon einmal erwähnt, mit den Worten : „Frühling. Des Königs rich- tiger Monat«. — Hierzu bemerkt Kung-yang in seiner Auslegung: Des Königs richtiger Monat ist der einzige grosse Leitfaden. Dies besagt: Die Lehensliirsten sind an den Himmelssohn wie an einen Faden gebunden und können nicht eigen- mächtig handeln. 3) Die sechs Fertigkeiten sind: die r,ebräuehe, das Klangspiel, das Pfeilschiessen, das Wagenlenken, die Schreibkuust und die Rechaenkunst. I Die AntwoiMeii Tuii!,''-tschuoü:-sclnVs auf dit- l'intVag:i-ii des Hiininelssoiiiies. 3o i Nach einiger Zeit stellte der König an Tung-tscluing-schü die folgende Frage: Keu-tsien, König von Yue, beiieth sich mit den hohen Würdenträgern I-yiingi), Tschung und Li 2) hinsichtlich des Angrill's auf U. Sofort vernichtete er es. Khuug-tse that den Aus- spruch, dass Yin besass drei menschliche Männer. Ich halte eben- falls dafür, dass Yue besass drei menschliche Männer 3). Fürst Hoan Hess zweifelhafte Dinge entscheiden durch Kuan-tschung. Ich lasse zweifelhafte Dinge entscheiden durch dich, 0 Gebieter. Tung-tschung-schü antwortete: Ich in meiner Unwissenheit bin nicht der Mann, der bieten könnte die grossen Antworten*). Ich habe gehört: Einst richtete der Landesfürst von Lu an Lieu- hia-hoei^) die Frage: Ich möchte angreifen Tsi. Was hältst du davon? — Lieu-hia-hoei antwortete: Es kann nicht geschehen. — Er kehrte zurück und hatte die Züge des Kummers. Er sprach: Ich habe gehört: Wegen eines Angriffs auf Länder fragt man keinen menschlichen Menschen, Wie kommt es, dass dieses Wort an mich gerichtet ward? — Er wurde nur gefragt, und er musste sich dessen schon schämen. Um wie viel mehr ist dies der Fall, wo man hinge- stellt hat den Trug, um anzugreifen U. Bespricht man es von dieser Seite, so besass Yue im Grunde nicht Einen menschlichen Menschen. Die menschlichen Menschen bringen in das i'iclitige Verhältniss ihre Gerechtigkeit und gehen nicht zu Rathe wegen des Nutzens. Sie erleuchten ihren Weg und rechnen nicht die kriegerischen Ver- dienste. Desswegen schämten sich an Tschung-ni's Tliore die Jüng- linge, die hoch fünfFuss, zu erwähnen der fünf Obergewaltigen. Es war, weil diese voranstellten Trug und Gewalt, aber hintansetzten Mensch- lichkeit und Gerechtigkeit. Sie befassten sich vorläufig mitTrug, sonst mit nichts, desswegen verdienten sie nicht, erwähnt zu werden an dem Thore des grossen Weisheitsfreundes. Die fünf Obergewaltigen, wenn man sie vergleicht mit anderen Lehensfürsten, waren weise. Wenn man sie vergleicht mit den drei Königen, so verhalten sie sich zu die- sen gleichsam wie der Schwerspath zu einem vortrefflichen Edelstein. ■MTJl '-yung wird in der Gescliiehte des I.andes Viie nicht erwähnt. 2) Li ist Fan-ii. 3) I-yung, der grosse Würdenträg^er Tscliuiiy^ und Fan-ii. ■*) Kine grosse Antwort heisst eine Antwort auf eine «■rosse Frage. ) M^^ l\ Mjl\] Lieu-hia-lioei ist t^ /tt Tschen-iiin, ein Grosser des Landes Lu. Lieii-hia ist der Name der Stadt, von der er seine Kinkiinfte bezog-, Hoei ist der Name nach dem Tode. 5 Der König zeigte sieh mit dieser Ansieht einverstanden. Tung- tschung-schü lenkte das Land nach den in dem Werke „Frühling und Herbst" vorkommenden Veränderungen der Brandschäden und unge- wöhnlichen Erscheinungen. Er liatte ferner die Auslegung für die verkehrte Thätiffkeit der Stoffe des Lichtes und der Finsterniss, indem er jedesmal die Ursachen angab. So oft er daher Regen zu erhalten suchte, versperrte er alles, was zu dem Stoffe des Lichtes gehörte und Hess den Gegenständen, welche zu dem Stoffe der Finsterniss gehör- ten, freien Lauf i). Wenn er das Aufhören des Regens wünschte, that er das Gegentheil. Während er dies in dem ganzen Lande zur Aus- führung brachte, erreichte er, wie berichtet wird, immer seinen Zweck. Nach einiger Zeit ward er als Landesgehilfe von Kiang-tu abgesetzt und erhielt die niedrigere Stelle eines Grossen des Inne- ren, in welcher Eigenschaft er sich an dem Wohnsitz des Himmels- sohnes befand. Noch früher ereignete es sich, dass das Ahnenheilig- thum des Alllialters Kao in Liao-tung und die Säle des Gartens des Allhalters Kao in Tschang-Iing, dem Orte, der die Grabstätte des genannten Gründers des Hauses Han in sich schloss, durch den Blitz in Brand gesteckt wurden. Tiing-tscliung-schü, der damals in seinem Hause lebte, suchte die Bedeutung dieses Ereignisses aufzuhellen, hatte jedoch den bezüglichen Aufsatz erst in rohen Umrissen aus- gearbeitet und ihn noch nicht bei dem Himmelssohne eingereicht. Tschu-fü-yen3j, der einst Tung-tschung-schü seine Aufwartung machte, verschaffte sich heimlich Einsicht in diese Arbeit und benei- dete die glänzenden Gaben ihres Verfassers. Er entwendete den Aufsatz und reichte ihn bei dem Hinmielssohne ein. Der Himmels- sohn berief die in seinem iJienste siehenden Gelehrten zu sich und zeigte ihnen den Aufsatz. Ein Jünger Tung-tschung-schü's, Namens OT ^V S ^'^'-P""scliü, der die Schrift seines Lehrers nicht erkannte, äusserte als seine Meinung, dass das in dem Aufsutze Vorgebrachte grosser Unverstand sei. In Folge dessen ward Tung- tschung-schü den Gerichten übergeben. In dem Augenblicke jedoch, als er sterben sollte, erging eine höchste Verkündung, durch welche »J Als Bei.-spiele werden von Sse-kii angegeben: Das Verseliliessen des südlichen Thores und das Verbot, Keuer anzuzünden, gleichzeitig dns Eröffnen des nördlichen Thores und das Hereinleiten der Gewässer. 2) Die Nachrichten über Tschn-fu-yen finden sich in der Abhandlung: „Die lievor- zu;,>'.en des Anhalters Hiao-wu«. Hii- Aiituüi teil Tiiiii;-tsi'hiiiio-.scliii'.s Hiifilii; Umfia^ren des Hidiinelssohues. 383 seine Begnadigung ausgesprochen ward. Seit dieser Zeit getraute sich Tung-tsclmng-schü nicht mehr, seine Ansichten vuii Brand- schäden und ungewöiinlichen Erscheinungen kundzugeben. Tut)g-tschung-schü war ein uneigennütziger und rechtschaffe- ner Mann. Sein Wiriten fiel in eine Zeit, wo die fremdländischen Völker besiegt und von allen Seiten zurückgeworfen wurden. Der berühmte Kung-sün-hung kam ilim in der Auffassung des Werkes „Frühling und Kerbst" nicht gleich und wurde nur selten einmal zu den Geschäften herangezogen, in welchem Falle er zum Landes- gehilfen ernannt wurde. Im Range stieg er indessen bis zu einem der drei Fürsten und einem Erlauchten des Himmelssohnes empor. Tung-tschung-schü war der Meinung, dass Kung-sün-hung sich von Schmeichlern leiten lasse, und die Gaben des ersteren waren wieder bei dem letzteren der Gegenstand des Neides. Der König von Kiao-tsi, ebenfalls ein älterer Bruder des Allhalters Hiao-wu, zeigte in seinen Handlungen noch mehr zügel- lose Willkür, als der König von Kiang-tu und hatte unter anderem eine grosse Anzahl von Angestellten, deren Gehalt zweitausend SehefTel betrug, auf die Seite geschalTt. Kung-sün-hung stellte, wohl nur arglistiger Weise, dem Himmelssohne vor, dass allein Tung- tschung-schü derjenige sei, den man Landesgehilfen in Kiao-si werden lassen könne. Der König von Kiao-si hatte jedoch von der Weisheit Tung-tschuiig-schü's schon gehört und behandelte diesen so gut, wie es sich im Umgange mit einem grossen Gelehrten geziemte. Übrigens fürchtete Tung-tschung-schü, dass er, wenn er län- gere Zeit bei dem Könige verbleibe, einer Schuld geziehen u erden könne. Er schützte daher eine Krankheit vor und begehrte seine Entlassung, die er auch erhielt. Tung-tschung-schü luitte in den beiden Ländern, wo er Lan- desgehilfe gewesen, ohne Bedenken einem iibermüthigen Könige gedient. Er selbst bewahrte seine Rechtschafi'enheit und ging den Niederen mit gutem Beispiele voran. Dabei richtete er mehrmals au den Gebieter freimüthige Vorstellungen und bestrebte tiich eifrig, in dem Lande Unterricht zu verbreiten und den Befehlen Eingang zu versclialTen. Überall, wo er sich aufhielt, erlangte das Land zweckmässige Einrichtungen. Nach der Niederlegung seiner Würde kehrte Tung-tschung-schü nach seiner Heimath zurück, wo er fortan verblieb, ohne sich im 384 Dr. P f i 7. m a i e r, Die Äiitwoileti Tung-tsclmr)g--sch(i's elc. Geringsten um sein Hauswesen zu kümmern. Seine einzige Besciiäf- tigung war das Lernen und die Herausgabe von Büchern. Während er in seinem Hause lebte, schickte man, so oft an dem Hofe eine grosse Berathung stattfand, zu ihm einen Abgesandten, und der oberste Richter Tschang-thang besuchte ihn in Selbstheit, um ihn um Rath zu fragen. Die Antworten, weiche Tung-tschung-schü ertheilte, waren durchaus den glänzenden Vorbildern angemessen. Der Allhalter Hiao-wu hatte gleich im Anfange seiner Lenkung die Fürsten von Wei-klii und Wu-tigan zu Landesgehilfen ernannt und die Gelehrten hochgestellt. Nachdem jedoch Tung-tschung-schü die Umfragen des Himmelssohnes beantwortet und die Lehre Khung- tse's beleuchtet hatte, wurden die vielen besonderen Lehranstalten beseitigt und Obrigkeiten für den Unterricht eingesetzt. Aiisserdent wurden in den Landstrichen und Landschaften den mit glänzenden Geistesgaben ausgestatteten, so wie den älternliebenden und uneigen- nützigen Männern Beförderungen zu Theil. Dies alles war auf Ver- anlassung Tung-tschung-schü's geschehen. Er selbst starb als ein Greij in seinem eigenen Hause, dessen Bewohner übrigens bei der im zweiten Jahre des Zeitraumes Yuen-so (127 vor unserer Zeitr.) beschlossenen zwangsweisen Übersiedlung der gewaltigen und her- vorragenden Männer nach Meu-ling ebenfalls zur Übersiedlung nach dem genannten Orte bestimmt wurden. Seine Söhne und Enkel gelangten in Folge der Fortschritte, welche sie in den Wissenschaften machten, zu angesehenen Ämtern. Die von Tung-tschung-schü veröffentlichten Werke enthalten Beleuchtungen des Sinnes der leitenden Bücher und der Künste. Die- selben bestehen mit Einschluss dessen, in welchem vielseitige Ein- theilungen der Lehren vorausgeschickt werden, aus einhundert drei- undzwanzig Büchern. Die übrigen Werke, in welchen er das Gelingen und Fehlschlagen der in dem U'erke „Frühling und Herbst" erwähnten Unternehmungen bespricht und unter welchen „der erho- bene Edelsteinlöffel", „Reinheit und Glanz des Wegerichthaues", „der Rohrwald" und andere zu Berühmtheit gelangten, sind ebenfalls mehrere Zehende von Büchern, welche mehr als zehnmal zehntausend W^örter enthalten und säinmtlich auf die Nachwelt gekommen sind. Eine .Auswahl des Besten, welches in dem Zeitalter der späteren Han an dem Hofe Verbreitung gefunden, ward in einem Buche veröffentlicht. Verz&ifliiiiss »U-r eiiige-raiio^eiicii Di lukschiirteii. 385 VRRZE1€II\1SS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (FEBRUAR 1862.) Akademie der Wissenschaften, König!. Preuss., zu Berlin, Monats- bericht. December 1861. Berlin, 1862; S«. — der Wissenschaften, Königl. Bayer., zu München, Sitzungs- berichte. 1861. II. Heft I. München, 1861; 8». — der Wissenschaften, König!. Schwedische, zu Stocliholm, Handlingar. N. F. IH. Bd., I. Hft. 18Ö9; 40. — Öfversigt. VII. Ärgangen 1860. Stoc!vhoim, 1861 ; 8<'. — Eugenies Resa, 8 — 11 Haft. Stocichoim, 1861; 4». Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. N. F. VIII. Jalirgang, Nr. 12. Nürnberg, 1861; 4». Austria, XIV. Jahrgang, IV.— VIII. Heft. Wien, 1862; S». Boletin bibliografico EspaHo!, Auo III, Nr. 1—4. Madrid, 1862; 8o. Chlumecicy, Peter, Ritter von, Kar! Zierotin und seine Zeit. 1564—1615. Rrünn, 1862; 8o. Czoernig, Karl Freih. v. Das österreichische Rudget für 1862 in Vergleichung mit jenen der vorzüglicheren europäischen Staa- ten. Herausgegeben von der Iv. k. Direction der administrativen Statistiif. I. Heft. Einleitung. Das brittische Budget. Wien, 1862; 8o. Gesellschaft, !i. k. mährisch - schlesische, zur Beförderung des Ackerbaues, der Naiur- und Landeskunde. Mittheilungeii. Jahr- gang 1861. Brunn; 4». Halle, Universität, Akademische Gelegenheitsschriften aus dem Jahre 1861. Berlin, Cöln, Halle, 1861 ; 8" & 4«. 386 Verzeichniss der (nrii^egiiiiffeneii Druckschriften. Istituto, I. R., Veneto di scienze, lettere ed arti, Memoi-ie. Vol. X. Parte I. Venezia, 1861 ; 40. — Atti. Tomo VIP, serie 3% Disp. 2\ Venezia, 1861—62; 80. Jena, Universität, Akademische Gelegenheitsschriften für das zweite Halbjahr 1861. Camburg & Jena, 8« & 4o. Löwen, Universität, Aiiademische Gele.^enheitsschriften aus dem Jahre 1861. Löwen, 1860 & 1861 ; 12», 8» & 4». Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden, Hande- hngeii der jaarlijksche algemeene Vergadering. 1861; 8". Miklosich, Franciscns, et Josephus Müller, Acta et diplomata graeca medii aevi sacra et prof'ana. Vol. II. Acta patriarchatus Consiantinopolitani MCCCXV — MCCCCII. Tomus posterior. Vindobonae. 1862; 8". M ittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahrgang 1862. I. Heft. Gotha, 4». — der k. k. Central -Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, VII. Jahrgang, Nr. 2. Wien, 1862; 4». Neve, Felix, Charles Lenormant et le proselytisme de la science, Bruxelles, 1861; 8«. — Quelques episodes de la persecution du christianisme en Armenie au XV* siecle, traduits pour la pre- miere fois de Tarmeiiien en fran^ais. Louvain, 1861; S". — Saint Jean de Damas et son influence en Orient sous les premiers Khalifes. (Extr. de la Revue beige et etrangere. Nouvelle Serie de la Belgique, XII. 1861.) Bruxelles, 1861; 80. Pamätky. Dilu IV. oddeleni 2., sesit. 4. V Praze, 1861; 4». Übersicht der Waaren- Ein- und Ausfuhr des allgemeinen öster- reichischen Zollgebietes und Dalmatiens im Verkehre mit dem Auslande und den in den Zollausschlüssen gelegenen Theilen der österreichischen Monarchie im Sonnen - Jahre 1861. Zusammengestellt vom Rechnungs - Departement des k. k. Finanz- Ministeriums. Wien, 1862; kl. 4o. Zürich, Universität, Akademische Gelegenheitsschriften von Michaelis 1859 bis dahin 1861. Zürich; 4» & S«. SITZUNGSBERICHTE DER KAISEKLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. PHIL OSOPBISCH-H IS TORISCHE CL ASSE. XXXIX. BAIVD. III. HEFT. JAHRGANG 1862. — MÄRZ. 26 389 SITZUNG VOM 12. MÄRZ 1862. Vorgelegt: Beiträge zur Lautlehre der neupersischen Sprache. Von Dr. Friedrich Müller, Docent der allgemeinen Sprachwissenschaft an der Wiener Universität. Das Neupersische ist seiner lautlichen Seite nach verhältniss- nässig wenig erforscht, noch weniger in den Kreis der sprachver- jleichenden Studien gezogen worden. Ein Hauptgrund davon liegt n dem Umstände, dass jene Gelehrten, die sich mit dem Neuper- §ischen beschäftigen, dies meist der umfassenden und schönen Literatur wegen thun, welche, da sie vielfache anderweitige und mit der persischen Sprachwissenschaft gar nicht zusammenhängende Studien erfordert, zur Erwerbung der für linguistische Studien nothwendigen Kenntnisse wenig Zeit übrig lässt. — Zudem waren die Vorarbeiten zu einer wissenschaftlichen Erforschung der neu- persischen Sprache, besonders der Lautlehre, lange vernachlässigt worden; denn hier galt es vor allem andern, das Verhältniss der eränischen Sprachen zu einander richtig festzustellen und selbe dann im Einzelnen gründlich zu erforschen. Über ersteren Punct war man im Ganzen bald in's Reine gekommen, für den letzteren Punct aber ist bis jetzt weniger geschehen. Neben dieser aligemeinen sprachwissenschaftlichen Seite, die wir in diesem Aufsatze besonders in's Auge fassen wollen, bietet aber die nähere Erforschung des Neupersischen noch eine andere, sehr wichtige dar. 26* 390 l>r. Fr. M ii I I e r Es ist Jedermann bekannt, auf welcher Stufe die Exegese der sogenannten Sendschriften sich befindet. Wir kennen von der Sprache, in der diese Schriften abgefasst sind — dem Altbaktri- schen — zwar die Grammatik, aber verhältnissmässig noch wenij? vom Lexikon derselben. Ohne letzteres ist aber eine sichere Exegese rein unmöglich. Für diese haben wir zwar eine gute Grundlage in der Tradition (über deren Werth ich ganz mit Spiegel üher- einstimine), die aber selbst erst gründlich verarbeitet und geprüft werden muss. Diese Prüfung kann aber nur von einer umfassen- den Kenntniss des eränischen Sprachschatzes ausgehen. Dieser muss gehohen, d. h. dem sprachwissenschaftlichen Bewussisein näher gebracht werden Dass unter den Sprachen die zur Erklärung des Altbaktrischen herbeigezogen werden müssen, das Nenpersisehe, als lebende Spraclie, vermöge des Uinfanges seines Wortvorrathes und der Sicherheit der Bedeutungen einen der ersten Plätze einnimmt, ist wolil Jedermann klar. Nicht so leicht ist aber seine Wissenschaft liehe Benützung. Denn das Neupersische ist eine der vollen echten Flexion verlustig gegangene Sprache, in der die alten Formen oft bis zum Unkenntlichen verstümmelt und zerrüttet sich vorfinden. E bedarf also einer umfassenden Vergleichung der verwandten Spra- chen, unter denen das Armenische obenan steht, um überall da Rechte herauszufinden oder demselben auf die Spur zu kommen Dazu bietet aber vor allem andern eine wissenschaftliche Lautlehre die erste Grundlage, zu der ich im Vorliegenden einen Umriss lie fern will , ähnlich meinen Beiträgen zur armenischen Lautlehre; indem ich die weitere und tiefere Ausführung einer vergleichender Grammatik der eränischen Sprachen, die mich schon längere Zei beschäftigt, vorbehalte. Das Lautsystem des Neupersischen muss man, um es richtig] zu verstehen, zunächst mit dem des Altbaktrischen und Aitpersi sehen, nicht dem des Sanskrit, wie man bis jetzt meist gethan, un( in weiterer Folge mit dem des Armenischen vergleichen. Nur au diesem Wege lassen sich die einzelnen Laute scharf auffassen un in ihrer geschichtlichen Entwickelung begreifen; nur auf dies. Weise ist eine genaue Vergleichung der Formen möglich. Das Neupersische zählt im Ganzen, wenn auch nicht quanti tativ. so doch qualitativ dieselben Laute wie das Altbaktrische. Wi\ d(pe Iki m ira H'ir iler Beitrage zur Laiitlehie der neupersischen Sprache. o9I finden unter den Consonanten vier Classen ausgebildet: Gutturale, Palatale, Dentale und Labiale, und zwar sowohl die Tenuis als die Media. Die erste Classe zählt wie im Altbaktrisclien zwei Aspi- raten (Tenuis und Media), während diese der zweiten Classe ebenso wie dort mangeln. In gleicher Weise finden « ir den palatalen Zischlaut doppelt, sowohl hart als weich, und den letzteren wieder sowohl deiito-palatal als rein palatal ausgebildet. Bei den Dentalen ist die Aspiration der Tenuis weiter fortgeschritten — von th zu s — Avährend die Media ent\\ eder auf die ältere Lautstufe zurückge- fallen oder dem Gange der Tenuis gefolgt ist. Die Labialen ent- sprechen ziemlich genau der altbaktrischen Reihe. Dasselbe gilt sowohl von den Nasalen (die in der arabischen Schrift nur je ein Zeichen gefunden haben) als von den Halbvocalen. Die Vocale scheinen auf den ersten Anblick bedeutend beein- trächtigt, besonders wenn man von der jetzt geltenden Aussprache ausgeht. Anders stellt sich aber die Sache, wenn wir die Aus- sprache der classischeu Autoren und jene des Pärsi zu Grunde legen. Dann erscheint das neupersische gegen das ältere Vocal- system zwar in Bezug auf die äussere Schreibung, aber wenig in Bezug auf den inneren VVerth, im Nachtheile. Die Richtigkeit dieser Bemerkungen ergibt sich besonders aus dem Umstände, dass das Pärsi sowohl mit den 46 (34Consonanten- und 12 Vocal-) Zeichen des sogenannten Sendalphabetes als mit den 28 (25 Consonanten- und 3 Vocal-) Zeichen des vermehrten arabischen Alphabetes vollkommen geschrieben werden kann, da wir oft dieselben Texte in beiden Schriftarten vorfinden. Wir wollen also zuerst zur Betrachtung der Cunsonanlen, dann der Vocale übergehen. A. Consonanten. L Gnttorale. k kh kJiF g g/i h Jl3 k entspricht alt-indogermanischem k, iin Allbakirischen 5. im Sanskrit ^, 'JöT, z. B. : ^ '- ^ ö^ß (kardan) timn, vergl. altbaktr. '?f^=";j^?5 (kerenaoiti), altpers. parikaruliy (Behistan-Insch. IV, 78). »15 (kutn) Wunsch. I 392 Dr. Fr. Müller Pehlewi lONJ (kdmak). J<^ (kustan) tödten = vgl. altbaktr. *»l'j3> (köhah) Rücken, Buckel, vgl. ■"^^-5 (kaofa), altpers. kaufa, Pehlewi P]D (kof). OS^ (kandan) graben, vgl. altpers. kaiitanaiy , nikaiifuv. « (kill) klein = altb. >"^5 (kagu). •>- kh entspricht alt -indogermanischem k, im Altbaktrischen ^ (meist ein durch nachfolgende Liquiden oder Zischlaute aspirir- tes k, seltener auch im Sanskrit auftretendes M), im Sanskrit ^, W, z. B. : :>ys- (khirad) Geist, Verstand, altb. >i!f>*'^(i' (khratu), armen. fupuiu, (khratj, Sanskr. aber kratu. ö^jj>- (khiridun) kaufen, vgl. Sanskr. kri. ö^-'-^^ji- (khirdmidanj stolz umhergehen, vgl. Skr. kram. i>X^^j>^ (khurosidün) klagen = altb. ^>^ü' (khrug). Skr. aber krug. "^j-^ (surkhj roth, glänzend, altb. "^cy>" (gukhra). Skr. aber gukra. C^ (bakhtj Glück, Zufall, altb. *>^rly^ (bakhta), Pehlewi rina (backt), Pärsi (dirakht) Baum, Pehlewi nrm (dracht), vgl. armen, q^fiuj^u, (drakht). .3^-1=»- (khusnüd) zufrieden = altb. »^ij]^ (khshnüta), Pärsi t^^li^i^h (khasnüt). ^ (khar) Esel, Skr. khara. p^-l^ (sdkh) Ast = Sanskr. gdkhä, j>X (ndkilun) Nagel = Pehlewi |nNJ (ndchun), Sanskr. nakha, griech. övo^-. Vor t rauss nach einem allgenieinen Lautgesetze pi- statt eines alten /t, ^ (respective ^i, c, ^) eintreten; z.B.: O^ (yukhtan) kochen, braten, vgl. altb. »^»»y^a (pacaiti). Skr. pac, unser backen. ö'^^J'^ (afrokktan) anzünden, erleuchten, vgl. altbaktr. • >» >^>^^u>,^J (ami . raocayeiti) Vend. V. Ü<:>-U (takhtan) laufen, eilen, vgl. altb. \)^y''^.^ü'' (apa.taödn) Vend.V. J^\ (dmekhtayi) mischen, vgl, griech. ixiy-vup.i. ^ mit j verbunden — als j>. — entspricht altem sv, das im. Altbaktrischen als cl, seltener »ey, im Armenischen als ^ auf- tritt, z. B.: Beiträge zur l.aullehre der neupersisclieu Sprache. oDo s^\y>- (kliFab) Schlaf = Pehlewi aNin (chfdb), altb. -»j^-kl (qafna). Skr. aber svapjia. ^^^lj>" (kliFcihar) Schwester = altb. _wö»}*ijM_ (^qaiiha). Skr. aber svasar. jy>^ (kliFarJ Sonne = altb. ^»•»iy (^hvare), Sanskr. aber svar. C>J>j^->^ (kliFardan) essen = altbaktr. "^»»'^"^(qaraiti). ,Jy>- (khFai) Sitte, natürliche Anlage = Skr. svadhd. cij=>- (kliFai) Schvveiss = Skr. sveda. (J^wl^sL (kliFastan) wünschen = Pehlewi priDNin (chFastann), Skr. svdd. Oft stellt ^ eine Erhärtung des h dar, ohne dass, wie im vorigen Falle, ein j darauf folgt (vgl. Ähnliches im Ossetischen), z. ^.-.^j^^ (klmsrav) = altb. V)"'")©" (hiigravo). Skr. sugravds. jiws*. (^khusk) trocken = Parsi 5-»o>ü» (khiiskj, altbaktr. -»jjävey (hushka) oder -»j-'o»«)' (huska), altpers. iiska. Skr. gushka, wohl statt sushka (vgl. lat. siccus und Skr. gvagura, statt svagitra, griech. £Xüpd(:'). In dem Worte jt*' (khisam) Zorn = Pehlewi nt^'N (aesam), altb. -«e^w- (aeshma), Name des Dämons des Zornes, ist das aus dem a erhärtete ^ erst später entstanden [vergl. unten unter A]. jj ^ entspricht alt-indogermanischem g, im Altbaktrischen (£, im Sanskrit ^ , H , z. B. : 3^ Cu^^^J Ochs = altb. S«(j3 (gdo). Skr. ^/d. 4ö (gdh) Ort = altb. x^^-ijs (gdtu). i>y (gardn) schwer, vgl. Skr. guru (statt garu). ö*^i/ (giriftan) fassen, nehmen, vgl. altb. «^^J(j3 (gereio), Sanskr. grbh. pJ> (garmj Hitze, warm = altbaktr. ^sJ^-qs (garemöj, Sanskr. gharma. ^^ (gnftan) sprechen, vgl. altpers. gaubataiy. XJi^Ji (gosfand) Schaf = altb. -»!?^Se)"-f«(ü (gao.gpenta). J'^ß (gösj Ohr = altb. -"i^^'as (gaosha), altpers. gausa. i^y (gunah) Farbe, Art = altb. -"j^-(o (gaona). jS (geti) Welt = altbaktr. -"a^- itar^, arm. uiu,u,^lrp {patkerj, altpers. patikara. j^ (nigär) Bild, vgl. arm. ^^up (nkar). iJ^-» (sog) Kummer, Schmerz = Sanskr, goka. ^S (geso) Haupthaar = Sanskr. kega. öl)^U (mädagmi) Mütter, Muttertliiere, plur. von 4^U (mddah) = Pehlewi inNQ (mdtak). jlTj^I. (bandagdn) Diener, plur. von aXj (bandah), Pehlewi '[Ml (handak), altpers. bcmdaka. Im Anlaute ist ^ oft aus altem v auf dem Gebiete der neueren iranischen Sprachen entstanden, z. B.: jj (gurz) Keule = altbaktr. \^4 (vazro), Vend. XIV. 1}J (gurg) Wolf = altb. ^jVj^ (vehrko), im mäzandaränischen Dia- lekte iJ^j (vurg). i>-\^ (gustdkli) keck, hartnäckig = Pärsi 5^«^««^ (vagtdkh). J^Jj (giizand) Schaden = Pärsi ^S^t^"^ (va- zant). ^ (gid) Rose = Pehl. ^ij (gul), arm. '^/»t^ (ivard). ülp (gumdii) Zweifel ^= altb. ^{»»Stj^ (vimano). aIo (gundh) Sünde = Pärsi ey*"!**!? (vandh), armen, /^i"«" (vnas). 0^jij (güsann), altbaktr. *ii35;"^ (varshni). u..~«U.l5 (gustdsp) = allpers. vistdgpa, altbaktr. vistdgpu, griech. 'TaraffTir^q. O ^\^ (gusddan) öffnen, im ghilä- nischen Dialekte Jjli^ (vasddan). 9 gh entspricht alt-indogermanischem g, im Altbaktrisclien <\^, im S;inskrit ^. ^ , z. B. : 9^0 (murgh) Vogel = altb. \<^ii (meregho). ^-o (megh) Wolke = altb. -»'^-6 (maegha), Skv.meglia. 9^j:> (darögh) Lüge = altbaktr. -»i^^ (draogha), allpers. drcmga. 9j>^ (vazagh) Eidechse = altb. -"^-i? (vazagha), Vendid. V. Ji« (maghaz) Ge- hirn = Pelilewi jfa (mazg), altbaktr. -»^"i (mazagha). -lJU-> (maglidk) Loch = altl». --«^s (mugha). In »Uo (paighdm) Befehl, vgl. armen. '^'""i^'^J^ (patgam), ist 9=\l} jüngeren Ursprungs. A ist seiner Aussprache nach ein gutturaler Hauchlaut, seiner Entstehung nach aber ein dreifacher: gutturaler, dentaler und Beitrage lur I.aullelire der iieuper^iseheii Sprache. ö\jO labialer (vgl. das <; im Armenischen, das ebenso gutturaler, dentaler und labialer Natur ist). I. Gutturaler Hauch. Als solcher entspricht er einem alten k, g, im Altbaktrischen 5, (w, ^, ^, z. B.: ^ (kih) klein = altb. >"-5 (kagu), Pehlewi DD (kas). 4^ (dah) zehn = altbaktr. j-^^ (flauem). Skr. dagan, griech. div-a. u (mih) gross = altb. ^-6 (maz) gross, _\^-e (mazo), evj^-e (mazanh) Grösse, griech. yUc'/öC ö^ (nuhußanj \crhevgen, vgl. altpers. apa-gaudayulnj, Sanskr. guh und ^m/j. öU (gunäh) Sünde, Pehlewf dNJI (vandsj = einem älteren vhidga. aü 1 (ugdh) kundig = Pehlewi DiD 396 ^'■- •"'■■■ M >'"«'• (pesak). i^J^' (baridah) Diener, Sclave = Fehl, -jij:! (bandak), altpers. bandaka, plur. üVJj^ (bmidagihi), j^li (bandagi) Scla- verei. ö^y (biirhfmahj nackt = Pehlevvi -jjmn (burhanak). &j^ (mivah) Frucht = Pehlewi -[ira (miwak). II. Dentaler Hauch. Als solcher entspricht er besonders häufig altem s, im Altbaktrischen «y, im Sanskrit H^, z. B. : J^ (haß) sieben = altb. j-«?a-€)' (haptan). Skr. saptan. > (har) jeder, alles = altb. -«»»^»»ey (hawva). Skr. sarva. jV,^ (hazdr) tausend = altbaktr. -«V^-ey (hazaiira). Skr. sahasra. -xlib (hind) = altb. _|^^5o' (hendu). Skr. sindhu. j^ (hunar) Tugend, Vorzug = altbaktr. -»•''^j>ü' (hunara). Skr. sunara. iL« (mäh) Mond, Monat = altb. eyji*« (moiih). Skr, wjös. ii^i^ (7'^r- hang) Weisheit, Vorzug = Pärsi (\5^*'e>'*»^^ (frahang), Pehlewi JJ^tmD (frahang). Skr. etwa prasanga. Manchmal geht i auf einen alten Dental i, d zurück, der im Sanskrit noch als solcher erscheint. Das Altbaktrische bietet in manchen Fällen als Übergangsstufe ^, -»o, iJJ dar, z.B.: ^^.« (mihir) Liebe, dann eig. Name eines Genius = altb. -«U'e (mithra). ^v* (miihr) Siegel = Sanskr. mudrd. ^ (bih) gut = Skr. bhadra. jl^>- (cihär) vier = altb. j'-«iS«f (cathware). Skr. catvdras. ^^ (mhr) Stadt, bewohnte Gegend = altb. -»>U»V^ (shoithra). Skr. kshetra. ö\f'>- (gihun) Welt = altbaktr. -»ciw-cü (gaetha). ^ (gab) Ort = Pehlewi dnj ((jAs), altpers. gäthu, altb. >«?->(« (gdtu). J^-V^- (cihrah) Zeichen, Gesicht = altb. -"U'f (cithra) Zeichen und Same, Skr. citra. -ibj (diham) ich gebe = altbaktr. ^s«^ (dadhdmi), Pärsi ej^ (dadhem), Sanskr. daddmi, did(o/j.c. ü->V (nihddan) niederstellen = altb. da. Skr. ni-\-dhd. III. Labialer Hauch. Davon sind mir weniger Fälle be- kannt; vor der Hand weise ich auf neup. li^ (koh) Berg, ää.^ (kü/ia/t) Buckel hin, dem im Altpersischen kanfa, Pehlewi F|1D ("Ä7>/7, im Altbaktrischen -»^'^-5 (kaofa) entspricht. Manchmal dient i dazu, gleich dem \ vocalisch anlautende Wörter zu eröffnen; es hat in diesem Falle keinen etymologischen Werth, z. B. : J^ib (hast) acht für Z.:^ (ast), vgl. altb. j-^^« (astan), Sanskr. ashtdu, griech. ^xrö>. «/Jb (^/imtm^ Brennholz Beitiäg-e zur Lniitlehre der iieupersischeii Sprache. 39 / = Pehlevvi DD'^^ (aesam), altb. -»s««*' (aegma). J^^ (hos) Ver- stand und Lebensende, Hauch = altbaktr. >i^ (iishi) und \^" (aoshuJ,\g]. im westliehen Kurdischen ,jLjt> (hastarj Maulihier = neup, ^-il (astar), jx,i\n (peregahi). II. Palatale. c g z z s Die Entwickelung der Palatalen stimmt vermöge der innigen Verwandtschaft der eränischen Sprachen mit den indischen im Gan- zen vollkommen zu den im Sanskrit sich findenden Entwickelungen, natürlich nur in Betreff der ältesten H , sT = ■t-, 7»-. Daneben sind j und ^ als den eränischen Sprachen eigenthümliche Laufe zu betrachten. Der Zischlaut ^*i fallt zwar im Ganzen mit Sanskr. ^ zusammen, ist jedoch zunächst mit dem altbaktrischen ^ zu ver- gleichen. Seine jetzige Aussprache ist aber nicht mehr eine palatale, sondern gleich der des « im Armenischen, das unserem ^_yi ent- spricht, eine rein dentale. ^ d entspricht alt-indogermanischem k, im Altbaktrischen y, im Sanskrit ^ , z. B.: A ü J-=^ (cidan) sammeln = altbaktr. >y (c'O' Sanskr. ci. jcr^ (casmj Auge = altb. \"ii^r (cashman) oder ^^'i^^y (cagman). jlv=>- (cahdr) vier = altbaktr. {^*'«^>'c (cathtvare), Sanskr. catvd- ras. ö-Xj^ (caridan) weiden = altb. '^"y (cur). J^ilcs- (cdst) Speise = Pehlewi riti>X.l (cdst) von altb. ^Hi^r (cash), neupers.. (jju.t>- (casidan) kosten, geniessen. »^ (carm) Haut = Sanskr. carman. 4,,p- (cihrah) Gesichl = altb. -"1^-:^ (gustan) wünschen = altb. ys, (gad) und wM^ev?^. gad'iydm'^iy. •>-J\ (arg) werth, vgl. altb. -"Ä?^" (arega) Werth und Skr. arJi, argli. In vielen Fällen ist die Entstehiin- (goi) Fluss, aus ^jy (goi) ent- standen, altbaktr. ^s^"!? (vaidlii). [Vgl. unter ^ S. 6.] Manchmal ist >- eine Abschwäcluing von ^ und entspricht also altem k, altbaktrisch r, Sanskrit ^, z.B.: ^ (p•"«? (ydiii). j>^ (jfft^J Gerste = altbaktr. -«»^)^ (yava), Sanskr. yava, griech. C^a. o\y>- (guvdn) Jüngling = Sanskr. yuvan. X-^ (gamsed) Dschemschid = altb. -»"fw^ü»-?«*«) (yimo .Uhshaeta). ^ßs>^ (gigar) Leber = Skr. yakrt. j entspricht einem alt-indogermanischen gh, das im Altbaktri- schen als ^, im Sanskrit als "^ auftritt, z. B. : j\^ (hazdr) tausend = altbaktr. -»'^\^»iiy (hazanra), Sanskr. sahasra. o\>j (zubdn) Zunge = Pärsi ji^'o' (hizvdn), altb. -^»(y (hizva). Skr. gihvd. ö^j (zadan) schlagen = altb. \K (zan). Skr. han. jj (zai) Gold = altb. '^ (zairi), Sanskr. hiranya (statt haranya). öljJJ (zinddn) Kerker, Burg = altbaktr. >^^ (zantu). jj)j (zör) Stärke, Kraft = altbaktr. {^->>-^ (zdvare)- ^JJ Beiträge zur Laiitleliie der neupersisclien .Sjiraclie. dyy (zard) blass, gelb =- altbaktr. -»^f»^ (zairita), Sanskr. harita. jj> (burz) Gestalt, Höhe des Körpers, vgl. altb. t^l]^ (herezat) hoch. Skr. brhat. Oft entspricht auch j altem g, das im Altbaktrischen als j, «^, 1., im Sanskrit aber als ^auftritt, z. B.: ij^j (zädali) geboren = altb. -»^ (zdta). Skr. ^«^a, vergl. griech. yejovax;. Ö^O (zistan) leben = Pärsf {i>5<>*>i»>^ (zivastanj. Skr. ^?r. ^Ij (zänuj Knie = altbaktr. >jj«^ (zeiiu), Sanskr. ^. vgl. altb. -»»|>-^ ^za? (pazam) ich kocbe = altb. le-r^e) (pacdmi), Sanskr. pacdmi. o^y^^ (afrozam) ich erleuchte, vergl. altbaktr. i^i^jii)fil3«1. j^^i. (^aiwi.raocayeiti), Vend.V. pjj (razm) Schlacht = ^vn\. •^"'•I'f' frazm), altbaktr. V*»"«»"»^ (ragmaoyo). »j)'-» (gacaiti). Der Laut j z, der sich seiner Aussprache nach zu ^ ebenso verhält, wie j zu ^-j , kommt im Neupersischen verhältnissmässig selten vor, gegenüber seinem Vorkommen im Allbaktrischen und Pärsi. Die meisten der in diesen älteren Dialekten mit z geschrie- benen Formen treten im Neupersischen mit z auf. Schon dadurch ist es in hohem Grade wahrscheinlich, dass j und j weder dem Wesen noch dem Ursprünge nach von einander bedeutend ver- schieden sind. Fälle, wo wir in den älteren Formen noch z finden, sind: ^»^^ (dozakh) Unterwelt, Hölle = neup. ^jj^ (dozakh), altb. -»y'^ (duzaka). '^i (ez) aus = neup. ^1 (az). «^^^ (roz) = neupers. JL?-> (rozj. «^««"i (tiamdzj Gebet = neup. j\J: (nnmdz). Altbaktr. 400 •"•• F""". M ii I I e r >Ue»» (zenu) = neup. jj); (zdnü). «^-^^ (frciz) hervor, auch t^-^^ (frag) = neup. jj^ä (firdzj, altb. --r-^«^ (fraca). Fälle aus dem Neupersisehen sind: JIj ("6a;f^ Tribut, Geschenk, auch j\j (bdz), p^l^ ("6^'iL^ = altp. 5«^«. U^Jl (azdahd) = altb. ^j^ey^.ieb- (aii . dahdka). i>y^ (vezah) eigen, eigenthümlich, vielleicht altbaktr. ^w-!? (vaego). ^\y (nizdd) Ursprung, Ge- schlecht, von ni-\-zan, vgl. -»"!?->( (zdta). ^» s. Obgleich der Laut der Aussprache nach unter die Den- talen gehört, so behandeln wir ihn dennoch hier, wohin er seiner Geschichte nach einzureihen ist. Er entspricht altem h, im Alt- baktrischen «, im Sanskrit ^, ^ (= sk mit Abfall des s); oft ist er aus altem Dental oder Dental-Sibilanten, besonders vor t, her- vorgegangen und entspricht hierin ganz dem altbaktrischen ». \. ^ = altb. *>, Sanskr. ^ : aL-j (siydh) schwarz = altb. -»»-»»» (gydva), Skr. gydva. J-a-» (siped) weiss = altbaktr. -«^kj"«)*» (gpueta). Skr. gveta. •^.^ C^^PJ Pf^rd = altb. -»ö^" fagpa). Skr. agva. JU {sdlj Jahr, altb. -«as^«" (garedha). Skr. garad, Herbst. *.>;-«*» (sardah) Art, Gattung = Pehlewi "[niD (sartak), altbaktr. -u(oj1«ij (garedhaj. j^ (sar) Kopf, Spitze = altb. -»''"" (garaj. Skr. fiVas (für garas). :>j^ fsardj kalt ^ altb. -"^j^«« (garetaj. o[cjj\ (asmdn) Himmel = altb. |^e«- (agrnan). Skr. agman. üII~j (pistdn) weibliche Brust = altb. -»j-'u^-X}^ (fstdnaj, besser -»»}-"«!<'i'ö (fgtdna). ^^^j^ (saros) eigener Name = altb.-»^*"^" (graoslia). jC (sum), «-vl-j (sanb) Klaue eines vierfüssigen Thieres = Pehlewi naiD (sümb), altb. -"^->> (gcifa). Skr. ffyj/m. öJu^j (rasidan) ankommen — Fehl. pri'D") (rnsitcmn), altpers. aragam, niragdtiy. II- ^*' = altbaktr. «, Sanskr. ^ (= sk): öJu-^i (pursidan) fragen = *'j^Je) (pereg). Skr. pracch. A.L (sdyah) Schatten = Skr. chuyd, griech. «rx/a. III. ,_^ = altb. ■», Skr. H^, z. B. : o:^^ (siitüdan) loben altb. >s>» (gtu), Sanskr. aber s^m. CJ\ (ast) er ist = altbaktr. 's?«- ('«f^«^, Sanskr. aber asti. ö\j^\ (ustukliFdn) Bein = altb. -"^*»- (agta). Skr. aber asMi, asthan. C^^ (dasl) Hand = altb. -»5«« (gtdre). Skr. aber str, griech. daxijfK IV. ^ = altb. *>, Skr. r]^, \^, \, \. In diesem Falle, der nur vor einem t eintritt, hat Aspiration und Assimilation des Dentals (wie bei ^ und o) stattgefunden; die Assimilation blieb aber bei th nicht stehen, sondern ging weiter bis s, das dann wie bei III. vor ^ in p übergehen musste, z. B.: <)ü~j (bastah) gebunden, altb. -«(?jj^ (bagta) = bad -\- ta. JUw> (meist) berauscht = mad-\- ta. O^ — -•■' (nisastan) sich niedersetzen = ni-sad + i(in- ü"^-»!;^ (drdstcmj ausschmücken = d-rddh -j- ian. C/^J (rustcm) wachsen = rudh-\-tati. t>-A^ (sikastnn) brechen = sikad -\- tan, vergl. altb._3^J5-Y) (sheiid). ü^^ (giristan) weinen = giridli -f- tan, vgl. altb. ßf''f(o (geredh). V. ^ = altb. a (piithra). Skr. putra. ^^^^ (sipihr) Himmel = altb. -«J25*"W^ fthiüdsha). III. Bentale. / rf {-<<» (tanu). Skr. tanu. y (tar) zart, frisch, jung = altb. -»j>1>«?f> (tauruna). Skr. taruna. -«^ (tukhm) Geschlecht, Same = altbaktr. ■»i^>>^ (taokhma), allpers. taumd. '>X (tag) Krone, Diadem = arm. ^«/^ (thag). jj>^^ (tdgvar) kronetragend = altpers. takabara, armen. p^u,.f.u,t.np (thagavor). ^ (taham) stark = altb. -«Cc^-«? (takhma), Vend. XVIII, 33. ^ (tacar) Kuppelgebäude, Magazin = altpers. iacara, arm. u,u,i£iup (tacar) Tempel. ülj<^l (ustiikhfdn) Bein = altb. -» d ist altes d, im Altbaktrischen a» und ^ , im Sanskrit ^ undH, z.B.: j..>b (dddan) geben, stellen = altb. ^ (da), Sanskr. da und dhd. ^b (ddd) Gesetz = altpers. data. j\-i^:> (dukhtnr) Tochter = altbaktr. i^^&y^ (dnghdhare). Skr. duhitar. jl;J> (dirdz) lang, vgl. altb. ^^ (drdgo) Länge, Skr. dirgha. 9-^j:> (dardgk) Liige, Betrug = altb. -u^^ {draoghaJ,\entl. XIX, 146^ a\tp. drang a. jUo (danddn) Zalin, vgl. altb. \}-»"?'^ (dentdno), Vend. II. jj.i ('f/«/'^ *^'"" = ""''• "^ (dura). &:> (dah) zehn = altb. j^»^ (da^an). ^ :> ^rf««^ Religion = altb. -»})ü^ (daena). jjj> (dev) böser Geist = altb. -»»w^ (daeva). Skr. £/eya. Oft entspricht J altem t, altbaktr. ^, Sanskr. H^, das im Neu- persischen nach Vocalen und Liquiden zu demselben herabsank, z. B.: j>jyi (pidar) Vater — altb. [^"^"ö (patare). Skr. pitar. .ib (dud) Gesetz = Parsi t^ (ddt), Pehlewi n^T (ddt), altpers. data. j.iij> (dädur) Schöpfer = Pärsi '^^'»ä^ (däddr), Pehlewi IN'nNT (ddtih), altb. i^'>^^ (ddtare). .i;-«* (sard) kalt = altbaktr. ji^ojIjjjj (gareta). ^^)y (birddar) Bruder = altbaktr. j1*>;<>«^ (brd- tare), Sanskr. bhrdtar. j-^'^^ (mddar) Mutter = altbaktr. j1«^-»c (mätare), Sanskr. mdtar. »IjS (kadum) welcher = Pärsi «^»^^'»j (kadum), Pehlewi DNilD (katdni). Skr. katama. öS\^ (dddan) geben, stellen = Pehlewi pnj^T (ddtaim). J(^3 (dard) Schmerz --= Pehlewi mi (dart). .i/> (mard) Mensch , Sterblicher = Pehl. n"!S2 (matt), altpers. martiya. ^Ij (bdd) Wind == Pärsi g«!? (vdt), Pehlewi riXI (vdt). Skr. vdta. In manchen Fällen steht neupersisches ^ altbaktrischem ^, sanskrit. '^, ^gegenüber, z. B.: bj3 (daryd) Meer = altbaktr. V"*»^ (zarayö), aber altpers. daraya. C^^ (dast) Hand = altb. j.^««^ (^zagta), Sanskr. hasta, altpers. aber dagta. C^^:> (dost) Freund, von altb. ^>C (zush), Skr. gush, aber altpers. daustd. J^ (dil) Herz = altb. ew-i^J^ (zeredhaem). Skr. hrdayam. ^Ub (ddmdd) Schwiegersohn, im Ghiläni Uj (zamd) [Beresine, III, 72], Sanskr. gdmdtr. ^ d kommt in den persischen Wortformen ziemlich selten vor; dort, wo es steht, ist es nur eine andere Schreibart für ^, z. B. : j':>\ (ddar) Feuer = j^l (ddar), altbaktr. ^-^* (dtar). Bei den I Beiträg'e zur Lautlehre der neupersisehen Sprache. 403 alteren Autoren, wo der Unterschied zwischen ^ und J noch etwas gefühlt wurde, wird J ähnlich dem altbaktrischen e^ behandelt, d. h. J geht überall dort, wo ihm ein Vocal vorhergeht, in J über. So linden wir in alten Handschriften j>y (büd), sS (kunad), X^ ( binad) für J>y , -Xo, S^ etc. geschrieben. ^ s wird wie unser süddeutsches seh gesprochen und ent_ spricht dem altbaktrischen }^, ■%. Es gilt also alt-indogermanisches s, im Sanskrit ^ , ^ , z. B. : ^JJ^ (sas) sechs = altb. -^^»-^cy fkhsvasj. Skr. shash. jCj\ (ustur) oder j^ (sutur) Kamel = altb. -»V-^> (ustra). Skr. ushtra. J^j^-^ (dirafs) Fahne = altb. --^33^-^ (drafsha). jS (kesj Religion = altb. -»^w-jg^ (tkaesha). J>^.i^ (khusmul) froh = altb. -»f^jö^cy (khshniäa). ^J^ (mes) Widder, Schaf = altb. -»J33W"6 (maesha). i> X^ (siidanj gehen, sein = altb. >^ (shu). jUsi- (khusk) trocken = altb. -»jj^j)»' (hiishka), altp. uska. Skr. giishka. Oft ist ^ das Überbleibsel eines älteren Lautcomplexes, be- sonders ksh, von welcher Lautzerstörung sich aber schon im Alt- baktrischen Spuren finden, z. B. : ^^^ (sahr) Stadt, bebautes Land = altb. -»^ci^ßü (shoithra). Skr. aber kshetra. <-^ (sab) Nacht = altb. j-ü^-^ci» (khsapanj, {^-ü--<3cy (khsapare), m^ö»-^^ (khsa- panhj. Skr. kshapas, kshapd. ^J^^j (rosan) leuchtend = Pärsi l^'-^V (rosan), altb. -»')^(J>>=>"^ (raokhshna). il^ (sah) König ^ altpers. khsdyathiya. p^ (sarm) Scham = altb. ^sE^-^äJi^ (fslia- remo), Vend. XV, 33. Manchmal entspricht ^^ altem k, im Altbaktrischen *>, im Sans- krit ^, z. B. : ^b (sdkh) Ast = Sanskr. gdkhd. JU^* (saghdl) Schakal = Skr. grgdla- O^y^ (sunudan) hören = altbaktr. >^" (gm), Skr. gru, griech. xXu-. J«-iÄ> (hast) acht = altb. }«<;<'*'- (agtan), griech. dxTto, aber schon Skr. ashtdu. IT. Labiale. k-j »-» <-» T k_> /) entspricht altem ]?, also im Altbaktrischen 0, im Sanskrit ^ , 'T^ , z. B.: ^^Ij ^pöe7 Fuss = altbaktr. -"S^ö (pddha), Sanskr. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. III. Hft. 27 J^Q^ Dr. Fr. Müller pdda. ^ (pur) voll = altb. \\\h(i (pereno), Skr. pürna. ü^ (pukhtan) kochen, braten = altbaktr. rü (pac), Sanskr. paö. jjii (pidar) Vater = altb. f^-«f-e) (patare). Skr. ;)iV«r. O.^;^ (pursidati) fragen = altb. »djö (pereg). Skr. prac^Ä. ^ (pusar) Sohn = altb. --M>ü (puthra). Skr. pw^-«. ^, (fpaw^^J fünf == altb. l-r^-ö (pandan), Skr. panöan. J^jJ (jpds(^ Rücken = altbaktr. \^»^..ö (pangto), Vend. III. ^^^ ^panj Peri = Pehl.■j'^D (parik), altb. -»5*^*-ü (pairika). jV (pMü) Seite = altb. >»{^{eJ (peregu). Nach ^-j entspricht ^ altem v, das in vielen Fällen schon im Altbaktrischen also auftritt, z.B.: '^^ (asp) Pferd = altb. --ö»» (aspa). Skr. agva. X^ (siped) weiss == altb. -»^cw-ü» (gpaeta). Skr. gveta, ^^r^ (sipihr) Himmel = altb. -»^äj-üi^ (thwdsha). c^ 6 entspricht altem 6, im Altbaktrischen ), im Sanskrit qT,^, ^, z. B.: ^J]^ (hirddar) Bruder = altbaktr. J^- (upairi). Skr. upari. ^\ (ab) Wasser = altb. ü- (ap), ö« (dp), Sanskr. ap. «-^lj>- (kliFab) Schlaf = altb. -»i^-ei (qafna), Skr. svapna. <-^ (sab) Nacht ^ allb. f-ü-'^cy (ksapan). \jy (biirnd) Jüngling = Pehlewi l'NJilDN (apürndik), altb. ^3^»*->jj^jü- (aperendyüko). Umgekehrt finden wir wieder oft <^ aus altem v erhärtet, z.B.: v_2^ (barf) Schnee = altb. --^^-^ (vafra). iy (barah) W^idder = Pehlewi "[11 (varak). l^jy (buzurg) gross = altp. loazrakra, armen, •{jipni.^ (wzruk). öLj (zubdn) Zunge = Pärsi l*^'»* (hizvdn), allb. --j^^ev (hizva), Skr. ^jÄva. .ib (^6a Wind = allb. --^ (^wang). J^ (bad) schlecht = Pärsi g."^ (vai), Pehlewi ril (vat), armen, ^/n (wat). ^j^ (bahman) eigener Name eines Amschaspands = Pehlewi jaim (vahüman), Pärsi \»iiiy»^ (vahman), altbaktr. ^j*'6->e)'\!? (vohu .mano). jj (bun) Gesträuch, besonders in Compositis, z. B. : ,J^ (gidbuii) Rosenstrauch, altbaktr. -"j-^ (varia) Baum. sJ /* entspricht altem p, das durch den Einfluss eines folgenden r, s, n schon im Altbaktrischen aspirirt als o erscheint; im Sanskrit steht ihm ^gegenüber; z.B.: J^o^ (fai'zand) Nachkomme = Pärsi ^^'•C"^^ (frazand), altbaktr. k!»^*«^»^^ (frazainti), Sanskr. pra-\-gan. O^ (farmäii) Befehl, Autorität = Pärsi 1*««^^ (ffC-- mdn). Skr, pramäna. J^^ (farsang) Parasange = Ttapaaäyxriz. \yy^^ (fcirdmos) vergessen = Pärsi u«^««"^^ (framarQt), altb. j.^»1iigi.1^ (^framargta) ausgewischt, SVv. pra-\-marg. Vor t entspricht es altem p, b, wofür es (unter denselben Bedingungen wie ^ und ^^ oben) eintreten muss, z. B.: C3*^J> (giriftan) greifen = Pärsi j''slli (sitdftan) eilen, Präs. xlüi (situbam) = armen, lufmi^fii (stapil). Cf^ (guftan) reden, vgl. altpers. gaubataiy. y. Liqaidae and Nasale. J -> f ^ l r m n Der Buchstabe l fehlt bekanntlich sowohl dem Altbaktrischen als dem Altpersischen; es trat in Wörtern, wo wir in den verwand- ten Sprachen l vorfinden, r ein, z. B. : >''^ CfriiJ = Skr. plu, griech. ttXu-, als Causale im Vend. V, 52 etc. In den neupersischen Dia- lekten finden wir aber l nicht nur vor, sondern wir begegnen ihm auch in Formen, wo fast alle verwandten Sprachen ein r zeigen, z. B.: Jj> fdil) Herz = altb. 6w«^S^ (zeredhaem). Skr. hrdayam, griech. xapSia, latein. cord-, arm. «^/»«n (sirt). J^ (gul) Rose = Pehlewi ^u (gul), arm. •/•up^. (ward), griech. ßpödov, Fpddov, lat. rosa. jLi (sdl) Jahr = altb. --(^{I«« (garedha). Skr. garad, Herbst. 406 D'- Fr. Müller Jy (pul) Brücke = Pärsi ^-ey>e; (puhal), altb. xij^Jü (perethu), im ghilänischen Dialekte ^ (purd), vergl. Beresine, I, 57, und III, 112. — vgl. Skr. pdraydmi. Jl; ("zaZj Greis, vgl. allb. -«»^ fzaurva), Skr. ^«ra^ griech. yipovz-. ^jly. (pahlü) Seite = altb. )uj1(ej (pereguj, vgl. Sanskr. pärgva. »J-^^ (zangil) Kette, im mäzandaränisehen Dialekte = ./W^j ('«aw^z'rj, Beresine, 111,34. s^Ji-> (salp) Cypresse, im östlichen Kurdischen = neup. ^j^ (sarv), Beresine, III, 49. j r entspricht regelmässig altbaktrischem '', im Sanskrit ^, z. B.: jjj (roz) Tag = altbaktr. "kr^"*! (raocöj. Cj^J (rustan) wachsen = altb. a>^ (rudh), Sanskr. ruh. OX^j (rasidan) an- kommen = altpers. rag. ü^J (rekhtan) ausgiessen, vgl. altbaktr. */>' (hhirad) Verstand = altb. vsp-^ci* (khratu). Skr. kratu. j^\^ (birädar) Bruder = altbaktr. jl"«?»^ (brdtare), Sanskr. hhrätar. j.>U (mädar) = altb. J^^x?*"« (mdtarej, Sanskr. mdtar. jJ^ (pidar) Vater = altb. j^-^^e) (patare). Skr. pitar. B m entspricht altem m, im Altbaktrischen 6, im Sanskrit *T , z. B. : p^ (snrm) Scham = altb. ^sj^^^i^jw (fsharemo). ^ (tukhm) Nachkomme, Samen = altb. -"€(i»=>-^ (taokhma), altpers. taumd. »IT (kdm) Wunsch = Skr. kdma, armen. ^mJiu^ (kamak). O (garm) warm = altb. ^ej't^cü (garemo). Skr. gharma. öU^l (asmdii) Himmel = altb. \'>i»'> (agman), Skv.agman. j^U (mddar) Mutter = altb. j^-sf*"« (mdtarej, Skr. indtar. 'O n entspricht altem n, im Altbaktrischen ^, im Sanskrit ^, ^, ^, "nr^, z. B.: jXlj (rang) Farbe, v!jl. Skr. ranga. ^.^\ (angumany Versammlung, Zusammenkunft = altbaktr. -^i^e^'w^-o' (hangamana). Skr. sangamana. f^, {pangj fünf = altb. j^'^^-ü (paucan), Skr. pancan. <^ (gang) Schatz = arm. f-u/bi (gan^). Skr. ganga, Schatzkammer. ^Xj (baiidah) Diener, Sclave = altp. bandaka. O^J> (kardan) machen = altpers. cartanaiy. Beiträ};e ^ur Lautlehre der nenpcrsisclieii Sprache. 4-U i Tl. Halbvocale. V y ß V entspricht altem v, im Altbaktrischen k, », im Sanskrit ^, z. B. : üJ^jjj (varztdan) thun = altb. ^d{^ (verez), griech. ^cpy. ö]^j (vird)i) öde, zerstört = Pärsi \^i^^» (^awirdnj, armen. .ui.£rp (^aver). Im Anlaute ist v häufig entweder in JD oder in «-^ über- gegangen. [S. unter denselben.] Oft stellt j eine Erweichung von b, p dar, z. B.: ö^jjl (dioardan) herbeitragen = altb. f^J)-» (ä-\-bere). Skr, d-\-bhar. \ji^yi (paivastan) anbinden = altbaktr. '^^•»^*"ej (paiti -\- band). (jdy (nivistan) niederschreiben = ^C^ (nibistmi), altp. nipistanaiy. jU (tdv) Glanz = oj (raftan), wahrscheinlich hrap = Skr. sarp. j^^ (tdgvar) diademtragend = arm. p^uin.u,unp (thagavor), vgl. altpers. takabara. Itj einigen Fällen ist v als eine Art von Digamma ausgefallen. Sichere Fälle davon sind: jLj O^g) Hund, vergl. altb. •"ö*' C^pd), Skr. Qvan, schwach gun, latein. aber canis statt cvanis. Im Talyshe [vergl. Beresine, Recherches sur les dial. pers., 49] findet sich heutzutage noch die Form U-j (sipd). jJ (dar) Thür, Hof = altb. -"''^ (dvara), altpers. duvard. Skr. --l (astar) Maulthier = Skr, agvatara. ji> (y(ik) eins = Pehl. "[TN (nivak}, altb. -»»kj- (aeva). j\p>- (cihdr) vier = altbaktr. j^-w^-f (cathware). jJU (nek) gut = Pehlewi "jrj (nevak), altpers. w/6a. Es sind also für die betreffenden Wörter die Mittelformen sFak, dfar, asftar, yfak, öiliFdr, neFäk anzusetzen. ^y entspricht altem y, im Altbaktrischen jO^, ya, ", im Sans- krit ^, z. B.: aLj (siydh) schwarz = altb. -"»-'"» (gydva). Skr. gydva. ül^ (yazddn) Gott = altbaktr. -"^-n? (yazuta). O"*^^' (ydftan) erlangen, vgl. altb. -«««»üi»"-« (dyapta). Im Anlaut ist altes ^ oft in ->•■ übergegangen. (Vgl. unter dem- selben oben.] 408 Dr. F I. M ü I I e r Manchmal entspricht ^ß einem alten Dental, z. B. : ^y (boi) Geruch = altb. -"(S^^ (baodha). ^^ (goi) Fluss = altb. *a^-^ (vaidhi). j (mai) Wein = altb. 'xs^n (madhu). J^^ CP^O ^"^s = altbaktr. ^- (kliFai) Sitte = Sanskr. svadhd. c5p- (khFai) Schweiss = Sanskr. sveda. ^ (paigar) Bild = Pehlewi -iJDfiD (pathir), armen. uiu.in^tp (patker), altpers, patikara. p\iu> (paighdm) Nachricht = arm. uiu,u,^u.J^ (patgam). jlC (paikdr) Krieg = Pärsi ^-5yi (paivand) Verband, Verwandtschaft = Färsi !»^*»»e^ü (padhvant), Fehlewi UiriD (patvand). Nebstdem erscheint auch die Entstehung des ^ aus altem g, gh erwähnenswerth. Ein sicherer Fall dafür ist ^ßj (rai), dem alten ^<\^ {i-aghaj, Yend. I, 60 [vgl. Behistän- Inschrift, II, 13], Päyac entsprechend. Da ,Jj im Arabischen die Nisbah ^jlj (rdziyy-un} neben sich hat, so ist es wahrscheinlich, dass das alte g, gh durch ^, J, ^ hindurch (welche drei im Färsi bekanntlich oft verwechselt werden) in j_5 übergegangen ist. [Vergl. Spiegel, Huzväresch- Grammatik, S. 53.] B. Vocale. Was die Vocale des Neupersischen betrifft, so werden durch die arabische Schrift nur die drei Grundvocale a, i, u und deren Längen ä,!, ü ausgedrückt. Dieser Ausdruck ist zwar der jetzigen, besonders der westlichen Aussprache adäquat, keineswegs aber der älteren. Denn wir wissen einerseits aus dem Färsi, das nebst der arabischen Schrift auch die sogenannte Sendschrift zu seiner Dar- stellung verwendet, andererseits aus den Angaben der Grammatiker und Lexikographen, sowie aus dem Gebrauche bei Dichtern und der Aussprache der östlichen Ferser und Avghänen, dass nebst diesen sechs Lauten noch zwei, nämlich e und 6 (Jjt^ci^ und Jjt^j^j). sich ziemlich lange erhalten haben müssen. Sie wurden aber gleich anfangs in der Schrift von ^ und ü, mit denen sie in der spätem Aussprache zusammenfielen, gar nicht unterschieden. Beitiäg^e zur Laiilleliie der neupeisisohen Sprache. 409 Ebenso bezeichnet a sowohl das altbiiktrisehe - als J, wie das Pärsf beweist. Wir wollen daher die Laute zuerst als einfache : a, i, u, dann als Längen: d, i, ü, zuletzt als Steigerungen (Guna's): e, 6 be- trachten. a wird heutzutage meist wie e oder vielmehr wie ce gesprochen; sein Werth ist unzweifelhaft altes a. Es scheint aber schon früh- zeitig, besonders vor Nasalen, in e übergegangen zu sein (denn schon das Altbaktrische kennt diesen Übergang). Es entspricht also neu- persisches a altbaktrischem «, {, im Sanskrit a, z. B. : jS» (pidar) = altb. l^^^^o {patarej. Skr. pitar. ^^:> (dastj = altb. -«(^^ (zagta). Skr. hasta. C^-A (ast) er ist = altb. '«?*"» fagti). Skr, asti. ^ (mard) Mann = altpers. martiya. ^\y>- (kliFahar) Schwester = altbaktr. -^m"^ (qanha), Sanskr. svasar. aI~j (bastahj gebunden = altb. -»^^ (bagta). Skr. baddha. ^ (man) ich = Pärsi \\i (men), vgl. altbaktr. ■»\»i (mana). Gen. sing. I. pers. jl (az) aus, weg = Pärsi «*»J (ez), altb. -»f-o' (haca). xS (kunadj er macht = Pärsi 8ij>5 (kunetj. jJ^I^ (ddrand) sie halten = Pärsi i»^{^ (ddrent). S>yj (rezand) sie giessen aus = Pärsi l»^{«*»^^ (rezent). Oft dient a nur dazu, um im Anlaute zwei Consonanten, mit denen das Neupersische bekanntlich nicht anlauten darf, ausein- anderzuhalten. Das Neupersische bildet in dieser Erscheinung einen directen Gegensatz zum Armenischen, das bekanntlich wegen der fast durchgängigen Oxytonirung die Vocale gegen den Anlaut des Wortes hin ausstösst und dadurch Härten im Anlaut w ie keine andere indogermanische Sprache duldet. In diesem Falle kommt unter den dazu verwendeten kurzen Lauten a, i, u ersterer am seltensten vor, i am häufigsten, u nur dann, wenn in der folgenden Sylbe u oder ö erscheint. Beispiele für ä sind: ^^j^ (saros) eig. Name = altb. ^^«1-u (graosho). J^y^ (fardmos) Vergessenheit, vergessen = Pärsi jfta>1i.««1^ (framargt), altbaktr. -»•^•»''«fi^lti (framargta) ausgewischt, pj^^ (darogh, auch durögh gesprochen^ Lüge = altbaktr. -»i?^ (draogha). 4 I 0 D'- F" r. Müller d entspricht altem «, altbaktrischem -, im Sanskrit ä, z. B. : J^]/ (birddar) Bruder = altbaktr. j1--;^ (brdtare), Sanskr. bhrdtar. j:>l» (mddar) Mutter = altb. d"^--« (mätai'e), Skv.mdtar. ^b fl=»> (gddü) Zauberer = altbaktr. x?-*^ (ydtu). U (niyd) Grossvater = altb. --j-»""} (nydka). J^\ (dtas) Feuer = allb. ■«()')-ey (hazaiira), Sanskr. sahasra. jlp- (cilidr) vier = altb. j^-uici-^ (cathware). öw (gumdn) Zweifel = altb. \]"6^^ (vimano). jU (mdr) Schlange = altb. V'^**6 (mairyo). ju- (namdz) Verehrung = altb. «yj^cjj (nemanh). i entspricht altem i, im Altbaktrischen s im Sanskrit i, z. ß.: A-» (sih) drei = altb. »^<^ (thri). Skr. tri. ^j* (mizd) Lohn = altb.j*5«^TJ6 (mizda), wohl mit unregelmässiger Dehnung. Oft entspricht i altem ä, ebenso im Altbaktrischen und Sanskrit, z. B.: J J (dil) Herz = Pärsi_^ (dil), altb. ew-f^ik (zeredhaem), Sanskr. hrdaya, gviech. xapoca. ^ (kih) klein = altbaktr. >^-5 (kagu), Pärsi eyfj (keh). u (mih) gross = altb. ^«e (maz), Pärsi ey?« ^weA^. a. ("Äi'Ä^ gut = Skr. bhadra, Pärsi eyj(? (^y^7i^. jl^ (cihdr) vier = Pärsi ^^-ey^c (cihdr), altbaktr. j^-wTci»«^ (öathu-are). ül^^ (zinddn) Kerker, Burg = altb. >^^ (zantii). Jj^ (kisvar) Keschwar = altbaktr. {^-»^1-) (karshvare). M^:> (dihad) er gibt = Pärsi g-o;^ (dihat), altb. *^>^^ (dadhditi). Aus den angeführten Beispielen ist ersichtlich, dass der Über- gang von a zu i durch Formen mit e stattgefunden haben muss. Häufig ist i nur Hilfsvocal, um, besonders im Anlaute, zwischen zwei Consonanten, mit denen das Persische nicht anlauten darf, zu treten. Die in diesem Falle erhaltenen Tenues beweisen deutlich, Beiträge zur Lautlehre der neupersischen Sprache. 411 dass dies erst in ziemlich später Zeit geschah. Z. B.: j:>\^ (bird- dar) Bruder = altb. j^««^ (brätare). X.^ (siped) weiss = altb. •»«?)ü«ö" (gpaeta). j^^ (diräz) lang, vergl. altb. \ti^'^ (drdgo) Länge. 0^^~^ (sikastan) spalten, brechen = altb. j^Jj-^ (skend). ^j^ (dirafs) Fahne = altb. -w^^^ (drafsha). i^JC^ (sltdrah) Stern = altb. f^-«?*' (gtdre). :>/>- (khirad) Verstand = altb. >"),^1^-> (ufrindmi). ö]/j (vtrdn) öde, verwüstet = Pär^i jjg^^t^ (aioirdti). ,c^ (bim) Furcht = Pärsi 6^ (bim). Skr. bhima. j^}» (sir) Milch = Skr. kshira. Vor Nasalen entspricht i oft altem e, altb. kj«, Skr. e, das hier zu i werden muss [vgl. unten bei o\, z. B. : ^y ^ (din) Beligion = Pars! \j^ (diu), altb. -»jw-^ (daena) ff (mm) Mitle = Pärsi (^\ (nim), altbaklr. -"Cw*»} (naema). Skr. nema. yjj (zarin) golden = altb. -«"j)ü-)*»1i»^ (zaranaenya). u entspricht altem n, im Altbaktrischen >, im Sanskrit m, z. B. : ^ (bun) Tiefe, Grund = altb. --j>) (buna), Vend. XIX. 147. ^,;-wi (pusar) Sohn = altb. -*^(i>e) (pnt/ira). Skr. putra. ^r^ J (dukhtar) Tochter = altbaktr. {^"ä^ia (dughdhare), Sanskr. duhitar. jlj*- (khusk) trocken = altbaktr. -»'^•^»ey (huska), Sanskr. gushka. CrCS (kustayi) tödten, vgl. altb. *«?*"i35^3 (kushaiti). ^C*l (ustnr) Kamel = altb. -»V"X5> (ustra), Skr. ushtra. p.5 (dum) Schwanz = altb. -"£^ (duma). In dem Worte -«^ (tukhm) stellt m eine Verkürzung aus alten« 6 dar, vgl. altb.-»6c>>=>-^ (taokhma), altpers. ^«j^m«, im Pehlewi schon Dmn (tucham), im Pärsi 6ci»ö (pac), Skr. pac. y> (pur) voll = altb. \\'^i^ (pereno) statt j)arnd, aber schon Skr. pürna. üJu-j^j (pursidan) fragen = altb. "{Hü (pereg), Skr. pracch. 9-^ (murgh) Vogel = altbaktr. V-^fs (meregho), esset. 412 Dr. F r. M ü I I e r 9ö<^ic) (margh). ö:y (murdan) sterben = altb. l\i (mere). Skr. mar. jj^\ (anguman) Versammlung. Menge = altbaktr. -|»e-£^j|f-ey (hangamana). J^, (pangum) der fünfte = Skr. pancama. Häufig ist u, gleich dem a und i, blosser Hilfsvocal, um zwei Consonanten im Anlaute aus einander zu halten, z. B. : O-^j^ (sutu- dan) loben = altb. >^- (Qtu), Skr. s^m. j^ (^sw^dr^ Lastvieh = altb. -»1^-«?* (gtaora). 'ppj-> (durogh) Lüge = altbaktr. -i!^j|^ (draogha), altpers. -, das hier zu ic werden muss, z. B.: O^ (gün), ö^^ (günali) Farbe, Weise = altbaktr. -»p"(o (gaona). Die Diphthonge <; und d, vgl. Spiegel in den Beiträgen von Kuhn und Schleicher, III, S. 77 ff. Der Diphthong e, der Orthographie nach mit i zusammenfallend und heutzutage auch mit ihm gleich ausgesprochen, entspricht altem ai, im Altbaktrischen w", im Sanskrit e, z. B.: Ju*l (omed) Hoff- nung = Pärst 8^«^ (omet). a-1ü (pesah) Kunst = Pärsi -»-xj^ö (pesa), Pehlewi -jiy'D (pesak). yJ> (dev) böser Geist = Pärsi «i^ (dcio), altb. -»»w-5 (daeva). Skr. rfeva. ^~ fif^^'/O Schwert = arm. «.4^^ (teg). jS (geti) Welt = altb. -*0' (hubaoidhita). c5j-> (i'oi) Gesicht = altb. -»a^-i (raodha). J^y (gos) Ohr = Parsi -^^($3 (gos), altb. --^-(ü (gaosha). Pjj ^ (darogh) Lüge = altb. -»1^^ (draogha) [Vend. XIX, 146J, altpers. drauga. j^j (zor) Kraft = armen, qop fzorj, altb. d^>>^ (zdvare). &ß (koh) Berg = altb. -»^^-^ (kaofa), altp. kaufa. X-n^y (gosfand) Schaf = Pärsi 8.^fe)-»W (gogpent), Pehlewi 'tjddu (gospand), altbaktr. j.^o^jü*' • ^(g, (gdo.gpenta). ^i^ (dho) Fehler, Sünde = Pärsi W*" (dho), Pehlewi nm« (ahok). 414 D'"- Igna^ V. Zii){ferle SITZUNG VOM 19. MÄRZ 1862. Vorgelegt: Über die bildliche Verstärkung der Negation bei mittelhoch- deutschen Dichtern. Ein Beitrag zur deutschen Grammatik. Von Dr. Ignaz V. Zingerle, Professor an der k. k. Uoirersität zu Innsbruck. Jakob Grimm weist in seiner Abhandlung über die verstärkende Negation *) nach, dass bei den deutschen Dichtern des 13. Jahr- hunderts uns viele Versuche begegnen, den verneinenden Ausdruck des Satzes durch ein hinzugefügtes Bild zu heben. Diese Verglei- chungen waren damals beliebt und weit verbreitet. Sie brachten Anschaulichkeit und Leben in die Negation, und gaben Gelegenheit, Reim und Vers lebendig auszufüllen. Die bedeutendsten Dichter und Verskünstler brauchen oft und mit Vorliebe diese Art der ver- stärkten Verneinung. Dieser wendet dabei verschiedene Bilder an, jener behält gerne das einmal gewählte bei. Der Eine gebraucht die gewöhnliche sprüchwörtliche Redensart, der Andere wählt sich ein neues Bild oder sucht dem bekannten und weit verbreiteten durch Specialisirung den Reiz der Neuheit zu verleihen. Einzelne solcher Bilder und Redensarten scheinen sich nach Zeit und Gegend ver- breitet zu haben, andere Gemeingut jener Periode gewesen zu sein. Manche jener Redeweisen starben früh aus und verschollen, andere leben heutzutage noch im Volksmunde fort, ja werden selbst von unseren Dichtern und Prosaisten nicht verschmäht. Der reiche ') Gramm. IM. 7Z8. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei mhd. Dichtern. 415 Wechsel und die bunte Mannigfaltigkeit, das Kommen und Gehen oder Bleiben dieser Bilder geben der Betrachtung derselben einen eigenthümlichen Reiz, der dadurch oft noch erhöht ist, dass sich die sinnige Anschauung des Volkes in diesen Vergleichen oft ausspricht. Ja manche derselben sind altehrwürdige Reste eines Stückes deut- scher Culturgeschichte und geben Zeugniss von einem längst ent- schwundenen Leben , von anderer Anschauungsweise und Werth- schätzung. Die Anziehungskraft, welche diese Bilder üben, ehe sie noch in triviale Reimmittel ausarten, möge den vorliegenden Versuch entschuldigen und erklären, dies Capitel mittelhochdeutscher Gram- matik zu vervollständigen. Das Alterthum schätzte den Reichthum des Einzelnen nicht nach Münzen und Kleinodien, sondern nach dem Grundbesitze und dem Erträgnisse desselben. Desshalb brauchte es, um das Werth- lose, Unbedeutende auszudrücken, die Namen verachteter Boden- producte und Nahrungsmittel, während die Gegenwart kleine Münzen z. B. Pfennig, Heller und ähnliche zur Bezeichnung des niedrigen Werthes verwendet. Die Einheit gemeiner, werthloser Naturalien und Speisen benützen desshalb noch die Dichter des Mittelalters mit Vor- liebe, um den verneinenden Ausdruck des Satzes zu verstärken. Da begegnet uns zunächst die Beere, die höchstens in den Augen des lüsternen Kindes oder des dürstenden Wanderers Reiz und Werth besitzt. Schon Meister Otte gebraucht sie zur Hebung der Negation: daz hülfe niht umbe ein ber. Eracl. 388. Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Strassburg, Konrad von Würzburg u. A. benützten dasselbe Bild. Ich verweise auf folgende Belege: für allen stürm niht ein ber gaeb si ze drizec jären. Parz. S64, 30. ern haete waerliche Rome und elliu riebe elliu lant und elliu mer derwider geahtet niht ein ber. Tristan ') 408, 31. si schuofen niht gein einer ber. Urstende 114, 16. umb Sturm gaebe si niht ein ber. Mai 53, 4. ') Kd. Massma im. ^\Q Dr. Ignaz V. Zingerle wan ich enahte öf iuwer dro niht so tiure als umb ein ber. Konrad, Troj. 12 679. si sprach: ich gibe niht ein bere umb iuwer rede. Frauenlist 364 i)- daz half sie niht gein einer ber. Helbling IV, 421 2). ich gleich den edlen ie dem mer, daz in im nicht alsam ein per, daz swächet, lät peleiben. Suchenwirt XII, SO. Einige Mal wird eine bestimmte Art von derartigen Früchten in solchen negativen Sätzen genannt, z. B. und gib umb ir kalle nit ain ainig lorber. Liedersaal Nr. 139, 75, die sazten sich gein in ze wer und gäben niht ein brämber umbe die Romaer gelich. Enenkel 3). daz hülfe in niht ein brämbere. Mone altd. Schausp. 3, 446. Aber auch in positiven Sätzen dient Beere öfters zur Bezeich- nung des Unbedeutendsten, Geringsten und Gleichgiltigen, z. B. wan swaz der künik wil dar under twingen, dast im, als ein ber. Schulmeist. v. Esslingen I. ♦). der ritter sprach: „seht, iuwer wer hilft iu gein mir ein ber." Rittertreue 754 5). daz wog er ringer, denn ein per. Suchenwirt XXXVI, 51. hetz ain man in sinem schrin, wil got nit, ez wirt ein per. Liedersaal Nr. 189, 3. der pfaffe naem ein heideber für sin opfer in disen noeten. Renner 8922. An die Stelle der Beere tritt öfters die verachtete herbe Schlehe: so ist si niht einer sieben wert. Stricker's Daniel 68 a. diu toht niht umb ein slßhe. Krone 21273. ») Hag. Gesammtab. II, 97. 2) Haupt, Zt. IV, 107. *) Massraann, Kaiserchronik III, 406a. ♦) H., Minnesinger II, 137«. ») H., Gesammtab. I, 125. 1 über die bilill. Verstärkung d. Negation bei mhd. Dichtern. 4 1 < In einem Wolfram von Eschenbach irriger Weise zuge- schriebenen GetJichte heisst es: wan ich gedenk, daz mich der tod so freislich morden wil, min herschaft hilft niht umb ein sieben. Wiltener HS. bl. 986. Auch ausser der Negation dient die Schlehe zur Bezeichnung des Werthlosen, Nichtigen, z. B. gar alle schön ist nur ain sieben gen irer schon. Wiltener HS. bl.i44 6. solt er verschlahen zehen marck, daz wer jm als ein schieben kern. Rosenblut i)- Einmal nur begegnete mir Kirsche als Mittel der Verneinung: und niht gein einer kirse erkanten sie noch er die penitente. j. Titurel 4884, 2. An die Beeren der Bäume und Sträucher reihen sich werthlose, geringfügige Früchte des Feldes, z. B. Bohnen, Wicken, Kicher- erbsen, die auch als Bilder in negativen Sätzen verwendet werden. Am häufigsten scheint Bohne 2) in ähnlichen Redensarten gebraucht worden zu sein. Ich fand folgende Belege: sine beten umb ein bezzer leben niht eine hone gegeben. Tristan 424, 1 '). — nu vürbte ich dine stange unde dich niht eine halbe hone. Tristan 401, 35. ich waere niht einer böne wert. Biterolf 3921. daz er niht eines louches kii noch eine honen umb sin leben des mäles dorfte dö gegeben. Konrad's Trojan. Krieg 3641 5. so gröz als ein böne er niht ungelönet lät. Langenstein's Martina bl. 198, 96. euch was ir stimme verwandelt an ir übe nindertalsein böne. jung. Titurel S081, 2. 1) Wackernagel's Leseb. 2. Aufl. 1014, 1. 2) Vergl. Festus: hilum putant esse quod grano fabae adhaeret, ex qno nihil et nihilum ed. V. K. 0. Müller p. 101. hilum hängt vielleicht mit X'^°S zusammen. Vergl. über dessen Etymologie Benfey II, 197. ') Ed. Massmann. SO mag in der magnes dort iimb ein bönen niht geschaden. Reinfrid 163. ezn frumt si niht mßre denne eine böne. altd. Bl. I, 234. der schänden miet sam um ein pön emphieng er nie sam um ein här. Suchenwirt X, 38. ich wendz niht mit dem, daz man schelt von einer halben bonen. Zwei Kaufleute 373 <). Dies Bild hatte eine zähe Lebensdauer und pflanzte sich bis auf die Gegenwart fort. Öfters gebrauchten es Geiler von Keisers- berg, Fisehart u. A.^), z. B. man kempfet umb ein sach, die nit einer bonen wert ist s), — ich geh nit ein bon umb die geistlicheit. Ebendort SO^' ich geh dir nit eyn bon darumb. Christi. Bilgerschafft bl. 57^- gab ich dir nit ein bon umb alles dein leben. Has im Pfeffer Hb. 2^- und warlich, wan disz nit were, ich geh nit ein löcherichte bon für all macht der römischen kirchen. Fi schart's Bienenkorb 44^- und wer ihnen die blase schon so verstopft gewesen, dass sie keine hone betten prunzen könen. Ebendort 114^- freundschaft, die auff fressen und saufen gegründet ist, die ist nicht einer bonen wert. Schuppius 232. Selbst Wieland bedient sich noch dieses Bildes: um dieses höchste Gut gab ich nicht eine Bohne. Werke 4, 39. ich würde keine Bohne mehr darum geben. Ebd. 13, 141. Noch heutzutage wird dies Wort zur Verstärkung der Negation gebraucht, wie ehedem. Ich verweise nur auf die Schriften des Jeremias Gotthelf. Auch in positiven Sätzen kommt Bohne öfters zur Bezeichnung des Kleinsten, Werthlosesten vor. Im lateinischen Gedichte probra mulierum*), das an Germanismen sehr reich ist, heisst es: tu mihi dixisti probra multa minasque dedisti, pro minima reputo teque tuosque faba. V. 272. min vorderunge ist üf in kleiner danne ein böne. Walther 26, 26. ') Hagen, Gesammtabenteiier III, 372. ') Ich gehe folgende Belege nach Griinin's Wörterbuch II, 225. ') Das huoch der Sünden des Mundes. Strassburg 1518, f. 41a. *) .Mone's Anzeiger V, 199—208. über die bildl. Verstiirkung d. Negation bei mhd. Diclitern. 419 man wolt sin lüzil seliunen und wac in als ein bönen. H. V. Langenstein, Martina bl. 27, 92. disiu marter als ein bon was g-en g-enem kumber. Ebend. bl. 230, 30. der wiget gen dem smacke des himels als ein bone. Ebend. bl. 248, 10. Oft gebrauchen Dichter in scherzhafter Rede auch das Bild Bohne, z. B. sich düliten sumeliche da vil maneger böne wert. Neidhart S5, 32 '). er danket sieh des viretages wol drier bönen wert. Neidhart 293, S6. er danket sich in sinem schöpfe wol einlif honen wert. MS. II, 72. der duncket sich maniger pon wert. Cl. Hiitzl. II, 13, 115. der denn hat guot gereit, grossi rosz und starki pfert, der ist manger bonnen wert. Liedersaal Nr. 227, 120. Anstatt zu sagen: es hilft dir gar nichts, sagt ein Dichter: ez dar schützt dir liitzel me, denn ain bon in dem bodamse. Liedersaal Nr. 173, 334. Mit dieser Verachtung der einzelnen Bohne hängt das Sprich- wort zusammen, aus einer Bohne einen Berg machen, das uns bei Geiler, christl. bilgersciiaft 83«, begegnet. Seltener als Bohne dient Kicher zur Verstärkung des vernei- nenden Satzes. so werdet ir leides sicher unde gebet niht ein kicher umb al der werkle vintschaft. Krone 25007. Oft gebraucht Ottokar dies Bild: daz si nicht ain kicher geben heten da von. 88 b 2). ') Ed. Haupt. '■') Pez, Scriptores rer. aiisir. t. III. .Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. III. IUI. 28 420 I^'- Ig^nai"- V. Zing-erle auch gib ich nicht ain kicher umb mein hausgenozzen. Krone 169 b. so geh ich nicht ain chicher wie vil man mich mit recht anweigt oder anvecht. 290 a. Auch in positiven Sätzen dient die Kichererbse zur Bezeich- nung des Geringsten. So steht in Athis und Profilias: er hete ein kichirn genumin vur Salerne, d. h. um eine Kicher hätte er Salern hingegeben, um nur sein Leben zu fristen. Auch Ottokar gebraucht Kicher in derartigen Sätzen, z. B. mir ist recht als ein kicher ist er mir veint oder holt, 107 b. er wer des dannoch sicher, daz er vmb ain chicher an leib, noch an gut von seinem zornigen mut schaden emphieng. 208 b. Neben Kicher begegnet uns öfters Wicke ganz in derselben Bedeutung. Es verstärkt die Negation in folgenden Stellen: er ahte niht ein wicke. Fragm. 29. so geh ich doch umb dinen schal niht ein wicklin sicherlich. Liedersaal Nr. 173, 363. da von sol die kurzen not und disen liplichen tot nieman hie ersehricken so türe umbe ein wicken. Langenst. Martina bl. 214, 88. ich ahte niht ir meisterschaft, daz ich sie umb ein wicken vorhte. Ulr. v. Türlin 60 b. er machet sich selbe nicht einer wicken wert. Cyrillus Fabeln i). des valken ahten si niht umb ein wicke. Marner 2). *) Hag., Germania IV, 137. « U.MS. III, 4316. Über die bildl. Verstiiikiing d. Negation bei inlid. Dicbtern. 4-^1 sein jeiig'etschire und fuszkneht ahten sein niht ain wike. Behaim V. 806 i). daz halff niht vmb ein wiek. Behaim IX, 332 2), Im positiven Ausdrucke findet sich Wicke an folgenden Stellen: daz was im als ein wicke, wend er was wis unde starc. Athis E. 88. so lobet man vil dicke, des lop mit einer wicke, ze male waere vergolten. Heinzeiin II, 278. die wac si sam ein wicke. Langenst. Martina bl. 180, 92. ir ist als ein wicke swer sie velschlich luoget an. Helbl. I, 1383 s). mir was ie als ein wicke die wil ich HofTen hoerte loufen. V. Laber's Jagd. Str. 498, 1. al weltlich sach schetz ich gein im ein wicken. Hugo V. Montfort 47 *). Das Werthloseste bezeichnet auch Wicke in folgender Stelle des j. Titurel: sam der sin ouge lät mit gäheni blicke in eine krame riche und im der volget niht wan eine wicke. Str. 3813, 3 s). Seltener, als die genannten Feldfrüchte, und meist in positiven Sätzen begegnet Linse. daz sol er wegen gein einer linsen. Renner S088. ein bezzer pfant zu gebene het er niendert gröz gein einer linsen. j. Tit. Str. 644, 2 «). ') Quellen und Forscliungen S. 44 i. 2j Ebendort 35 6. 3) Haupt-Zt. IV, 40. W e i n h 0 1 d , Graf Hugo Vill. v. Montfort. S. 37. 5) Ed. Hahn. 6) Einmal hat Seh a r f f e n b erg statt linse perle: des was niht berlin groz an dir vergezzen. j. Titurel 5173, 4. 28" ^22 ^'^- 'gna^ V. Zingerle und die werlt gemeine die muest man dir zinsen, so daz sich ieman kleine zu wer gebieten mocht gein einer linsen. j. Tit. 3287, 2. daz wag er ring alsam ein lins. Suchenwirt III, 97. Nicht öfters wird in solchen Redensarten von manchen Dichtern Nuss i) gebraucht. Ich konnte nur folgende Belege finden : mit gutem gerete was sie so stark erbauwen, man hette nicht dar ab gehauwen in drissig iären umm ein nusz. Georg 5733 2). ich gebe nicht ein haselnusz umb was du mir mochst abgeslaen. Keller altd. Erzähl, p. 300, 35. Man halte dazu Ottokar's Verse: da wern si so arich, und nach gut so charich, daz ir niempt nicht gcnusz, man must in die haselnuz zinsen, als die mandelchern, bl. 200 b. wo diese Frucht als die gemeinste, wenigst geachtete bezeichnet ist. Dies Bild hat sich aber bis auf die Gegenwart erhalten, und noch heute sind die Redensarten: „Etwas ist nicht eine Nuss, nicht eine taube (hohle) Nuss werth" uns geläufig. Wieland bedient sich dieses Wortes bei Negationen mit Vorliebe: — Ich gäbe für meinen Theil darum nicht eine hohle Nuss, W. 3, 234. oder ich gebe nicht eine hohle Nuss darum. 13, 181. 1) Dies Bild wurde schon von römischen Dichtern verwendet, z. B. Ne vitiosa quidem nuce emere aliquid. Plaut, miles 2, 4, 45. Eripiet quivis oculos citius mihi, quam te conlemptum quassa nuce pauperet. Horaz Sat. IL 5, 35. 3) Ed. Hagen. über die liilill. Verstärkdriu^ d. Neg^ation hoi mtid. Dirhteni. 423 Daran roiht sich die Nuszscliale: so nemen sy daz mel da van, daz sy haben drin g-emalen, und geben nit ain nuzsehalen umb al du forsten, dii wir vinden. Liedersaal Nr. 14S, 166. Diese Redensart ist im deutscheu Südtirol noch heutzutage sehr beliebt. Die Bedeutung des Leichtesten hat die Nuszschale auch im Sprichworte: wann man ein wagen mit einer nuszschaien überlud, so musst er umbfallen. Nasz Centuria quinta 208«. Ausser diesen Natu- ralien diente das einzelne Korn oder die Hülse des Getreides als Bild in verneinenden Sätzen. Da findet sich oft grüz, das sowohl Sandkorn als Getreideliorn bedeutet und in diesen Redensarten gewöhnlich in letzterem Sinne zu nehmen ist. Helbling nennt ausdrücklich Hirsengriiz. Ich gebe folgende Belege: seht wie groz ein gruz si: so vil was da niht holzes bi. Erec 7S2S. im enwar niht gein einem gruz. Eracl. 1077. ez frumt in niht umbe ein gruz swaz ich im guotes gesagen kan. Wigal. 8, 14. sus schrib ich mit fremder hant als der mit golde umbe get des in niht grüzwert bestet. AVigal. 194, 31. er sprach : als kleine ist ein gruz verlieset ir hie nimmer niht. Mai 183, 32. ich gibe iu nimmer umbe ein grüz. Helmbrecht 1757. si enwiste niht umbe ein gruz, waz er an wiben zeiget. Krone 224 i). do verjach im daz chint sä unt versweig im niht umb ein gruz. Jüdel 180, 80 2). daz wände ich niht mit einer grüz. Stricker V, 164 *). lä waen, inder zwene knaben in allen diutschen riehen 1) So ist zu lesen statt umbe den grus. 2) Hahn, Gedichte des 12. und 13. Jahrb. 3) Kleinere Gedichte ed. Hahn p. 27. ;J24 •*■■• •&"'»'' ^- Zillgeile bezzer ez mit wiben haben niht gein einer griuze. Neidhart p. 98, 35 *). Eme enkunden mine gode nie gehelfen umbe ein grus. Georg 2144, daz schatte eme niht umb ein grus. Georg 5670. daz ich niht ein hirsengrüz vorhte daz gerumpel nider. Helbl. I, 380 2). er naeme niht ain graus. Gastes Hofzucht 8). In positiven Sätzen steht es figürlich als das Geringste, Kleinste, z. B. nunc ist doch so tiure als ein gruz daz insigel vercheret. Urstende liS, 26. und mir der ander als ein gruz werden müeze in kurzer frist. Engelhart 1116. ich aht ez alles, als ein gruz. Rittertreue 757 *). als tiuwer als umb ein gruz. ebd. 782 s). Ähnlich wie gruz dient auch vese, der Spelt oder die Hülse desselben und anderer Getreidearten, zur Verstärkung der Negation. des ahte ich niht umbe ein vesen. H. MS. III, 291 a. ir triuwe, ir zuht, ir kiuschez leben koufte ich niht umb eine vesen. Meist. Alexander 14 ^). swie si nie getaete mines willen gegen einer hirse vesen. Neidh. 45, 3 '). daz mir nie gein einer vesen ir deheiner mohte geliehen. Weinschwelg s) 304. ez gaeb umb alle hunde nicht ein fesen. V. Laber's Jagd. Str. 186, 4. er gaeb in tausent jären, sich ich wol, umb in nit ain vesen. Minnefalkner 9). Str. 117, 7. 1) Ed. Haupt. — Benecke's Beiträge p. 420. 2) Haupt Zt. IV, 12. 3) I nnsbrucker HS. 4) H., Gesammtab. I, 123. s) Ebend. 6) Hag. MS. Hl, 28 6. '') ßenecke's Beitrüge p. 427, H. MS. Hl, 468*/. 8) Pfeiffei's Germania Hl, 218. 9) Ed. Schmeller. über die bildl. Verstärkung d. Negatioa bei mhd. Dichtem. 4«5 der neithart Hess ainem nit ein vesen. Wolkenstein CXVI, 3, 7. noch schade ydt cm nicht einen veesen. Fastnachtspiele p. 965, 1. Als Sinnbild des Nichtigen, Werthlosen gebraucht Vesen schon Herbort. ich han niht in dem h*be, da min herze solde wesen, da trage ich eine lichte fesen oder ein strö oder einen wisch. Troj. liet 9423. In ähnlicher Weise begegnet es uns noch an folgenden Stellen: ich wig ez gen ir allez als ein fesen. V. Laber's Jagd. Str. 224, 7. des wigt mein sin ein ringe vesen. Suchenwirt XXI, 14. seyd nyemant wil der pösste wesen als klain nur umb ain vesen. Wolkenstein XXII, 3, 7. so mud noch ungeraster bin ich nye gewesen, das ich vmb ain vesen luff ain halbe meyl. Hätzlerin II, 42, 94. Konrad von Würzburg gebraucht dagegen spriu : nu wolte ich ahten umb ein spriu niht üf iuwer claffen. Troj. 12 706. so ahtet ich niht umbe ein spriu dar üf, swaz mir geschaehe. Troj. 21 152. si wegent inwer botschaft liht unde ringe alsam ein spriu. Troj. 18 257. Anstatt spriu kommt auch am, om = Spreu als Bild des Unbedeu- tenden vor. Jedoch kann ich es nur in positiven Sätzen nachweisen. die viende wären recht ein om wider des Berners recken. Dietrich's Flucht 3316. dise rede waeren gar ein om. Ulr. V. Eschenbach. Wilh. 19 a. min rede waer gar ein om. Hag. Grundriss 546. ^26 ^'- 'd"»^ ^- Zi II geile Im Niederdeutschen gebraucht man statt vesen oder spriu kaf«) (Hülse) dat encoste hem niet een caf. Huyd. op. St. 2, 96. dat encan hu niet ghehelpen een caf. Rein. 1798; so kleen als katf. Brem. nie- dersächs. Wörterbuch II, 714. Wie die bisher genannten Naturalien, wird auch Stroh als Bild des Unbedeutenden verwendet, z. B. wan ern gaebe drumbe niht ein stro. Iwein 1440. ezn wac ir erriu riterschaft ensreffen dirre niht ein strö. Iwein 7237. und vürhte iuch alle niht ein stro. Tristan 223, 35. dar uf enahte ich niht ein strö. Stricker's Karl 2990. ez schat ir niht als umb ein strö. Ulr. v. Licbtenstein 622, 3. iedoch der wetage starc brachte nicht ein wanken um ein strö. Passion. 38S, i3 2). ern vorhte nieman umb ein strö. Heidin i776 s). er aht es niht umb ein strö. Treuer Heinrich 1998 *). ez hilft dich niht umb ein strö. Liedersaal 231, 403. dar umb gab er niht ein strö. Enenkel ^). er geh darumb nicht ain strö. Ottokar 69 a. er gaeb umb ir drö nicht ain chlaines strö. Ottokar 366 a. ir valt nicht vmb ain strö. Keller's altd. Erzähl. 90, 31. um trauren geh ich nit ain strö. Wolkenstein XCV, 4, 17. hine dede door hem niet een stro. Huyd. op. St. 2, 93. Im positiven Satze gebraucht es Hugo von Langenstein. sin tievelich gebaren und allis sin getüsche wac diu reine kiusche reht alsam ein dürres strö. Martina bl. 186, 103. 1) Herbort stellt es neben vesen : so wolde ich durch die liebe diu rniden immer sunnenschm und trinken wazzer vur den win vur bröt caf vnde vesen. Troj. 14009. 2) Ed. Köpke. 3) Hagen, Gesammlab. I, 436. *) Ebend. 111, 2'18. *) Scriptor. austr. II, 54ß. über die bildl. Verstärkung- d. Negation l)ei iiihd. Üicliterii. 447 Seltener kommt der dem Stroh verwandte Halm vor, gewöhn- lich in Verhiiidung mit breit, z. B. daz hülf mich gein duier sterke niht eines lialmes breit. Regenbogen '}. daz er die gerechtekeit nindert eines halmes breit durch keine herschaft verliez. Passional 246, 96 s). mit ir list hahnes brait. Liedersaal 174, 24. Yergi. und swie die trewe lucken hat gen einem halme, so kan die kraft sich tucken vor unkraft. Jung. Titurel 3342, 1. Ausnahmsweise nur verstärken Schmiele, Stängel , Stiel und Kiel die Negation. Mir begegneten folgende Beispiele: dir blifft gar konie ein smelen. Muskatblut Nr. 64, 4ä. niht einer bliiomen stengel, der bi mir stuont vil manic soum, weite ich ahten uf den tronm. Engelhart 6028. daz er niht eines louches kil noch eine bönen umb sin leben des mäles dorfte do gegeben. Konrad's Trojan. 36 41 ö. umb alle schant gaeb er niht ein birnstil, biet er niuwan pfenninc vil. Teichner *). J. Grimm bringt auch einen Beleg für riet bei *) : hine duchtese alle niet een riet s). Öfters dient Blatt dazu, die Verneinung zu heben, z. B. . ja ne vervät ez niht ein blat. Eneit 71, 31 ß). die ne vorhten niht ein blat. Ebend. 176, 39. 1) H., MS. IH, 345. 2) Ed. Köpke. 3) Denkschriften der kais. Akademie VI, l.'iS. 4) Gramm. IH, 729. •■>) Ähnlich gebrauchten die Römer alga, um das Gemeinste zu bezeichnen: — atqui et genus, et virtus, nisi cum re, vilior alga est. Horat. satyr. II, V, 8. Imo ego Sardois videar tibi amarior herbis, horridior rusco, projecta vilior alga. Vergil Ecl. VII, 42. 6) Ed. E 1 1 m ü 1! e r. 428 Dr. Ignaz V. Ziiigeile daz hülfe niht ein blat. Walther 103, 36. daz dem gras dar iinde niht gescliaden künde der sunnenschin umb ein blat. Kindheit Jesu 661 i)- niht so tiwer als umbe ein blat. Urstende 122, 15. Manchmal wird Blatt durch ein Attribut näher bestimmt, z. B. er acht nicht umb ain rosenblat, wer in dar umb vecht. Ottokar 171 b. waz ich si hiez oder bat, dar umb gab si mir niht ein rosenblat. Liedersaal 42, 132. swaz man den boesen ie gebat, daz hilfet niht ein minzenblat. Wiener Meerfahrt 698 2). so tür als umb ain blat der linden. Liedersaal 14a, 168. Als Bild des Dünnsten, Kleinsten findet sich Blatt in folgenden negativen Sätzen: dö wart ir beider munt so nähen ze samne geriben, man het ein mähenblat da zwischen niht getriben. Rüdlein 415 3). und daz ain rosenplettlin klain zwischen uns bayden nit möcht sein, also thun wir uns zamen gnossen. Keller's altd. Erzähl. 182, 12. Im positiven Satze verwendet Blatt Hugo von Langenstein: swaz er drowete unde bat, daz was ir als ein blat. Martina bl. 165, 32. Selten begegnet loup bei Verneinungen, z. B. so ne trüege in niht vür umbe ein loup sin angest unt sin arbeit. Tristan 404, 10. daz sie alle die slage der sporen dolten und ir so vil ein lindenloup niht aliten. Jung. Tlhurel 4711,3. i) Ed. Feifalik - wider ein blat. Hatin 88, o7. 2) Hagen, Gesammtab. II, 48b. 3) H., Gesammtab. III, 414. über die bildl. Versläikung d. Negation bei inhd. Dichtern. 429 Sehr alt und häufig vorkommend ist das Bild B;ist bei Negatio- nen. Schon der PftfTe Lambrecht gebraucht diese Art von Ver- stärkung: wände si ist so vast daz si ne vorhtent niht ein hast. Alexander 6844. Mit Vorliebe benutzt dieses Bild Heinrich von Veldeke: daz si niene vorhte ein bast allez erdische here. Eneit. 27, 16. dazn half aber niht ein bast. Ebend. 137, 3. wandez enhalf niht ein bast. Ebend. 177, 29. dar üf enahte ich niht ein bast. Ebend. 294, 39. dazn war Turnö niht ein bast. Ebend. 317, 9. daz ez im hülfe iht umb ein bast. Ebend. 202, 24, Andere Dichter folgen ihm darin, z. ß. gespile, er ist nicht bastes wert. v. Rugge i). sin dienst vrumt anders niht ein bast. Freidank 73, 15. der muede üf des hundes pellen ahtet nicht ein past. Orfnit Str. 369, 2 2). sine vorhtent uns niht ein bast. Massmann Denkmäler 72 b. si vorhten den kaiser niht ein bast. Kaiserchronik 3). dar uf enaht er niht ein bast. Alte Mutter 2d *). mein lieb chauft sy nit umb ain past. Cl. Hätzlerin LXXIII, 50. wysheid dogt ök nigt en bast. Doctrinal 185, 13. Auch in positiven Sätzen kommt Bast als Bezeichnung des Werthlosen, Unbedeutenden schon frühe vor, z. B. ez tete im an dem libe we, cz was im anders sam ein bast, Iwein 26 35. ich sag iu ein bast. Ebend. 62 73. manheit aller fursten gein im wigt als bast gegen einem borten. Jung. Titurel 2778, 4. 1) Haupt, Minnesangsfrühling 98, .34. H. MS. III, 468 ö. 2) Hagen, Heldenbuch (1833). 1, 66. 3) Diutisea III, 364. 4) H., Gesammtab. I, 'JO. 430 f''"- ^gnazX. Zingerle daz si als einen fülen hast in und den keiser ahte. Langenstein's Martina bl. 165, 40. zwar, ez ist mir als ein hast, kein ritter wirt nimmer min g-ast. Rittertreue 261 i)- mir ist als ein hast wer drumbe g^rein. Livländ. Chronik 1542. ich höre wol, es ist dir als ain past. Faslnachtspiel 452, 19 2). Eine beliebte Verstärkung der Negation boten die Wörter Brot und Ei, welche die allergewöhnliebsten Lebensmittel bezeichneten. Das Bild Brot gebrauchen die hervorragendsten Dichter des 13. Jabr- hunderts: Hartmann v. Aue, Wolfram, Gottfried. Ich kenne folgende Beispiele: so ist din junger lip tot, und frumet uns leider niht ein brot. Arm. Heinrich 1082. sine gaeben für die selben not ze drizek jären niht ein bröt. Parzival 226, 22. Nachgebildet ist diese Stelle im jüngeren Titurel: ob alle her mit hazze da waeren lebende, daz sin zu drizik jären ein halbez brot niht waeren gebende. Str. 300, 3. ern gaebe niht ein halbez brot umb uns noch umb sin selbes tot. Tristan 218, 35. swaz si im ir dinges sageten, er ahte ez niht ein bröt. Küdrün 843, 2. zwei hundert marc er ir bot, der ahte si niht umb ein brot. Althochd. Wälder I, 53. swer ze vil gedröt, den vürhtet nieman umbe ein brot. Freidank 123, 25. ern ahtet aber niht umb ein bröt, swaz man im kumbers gehiez. Krone 72 72. 1) H., Gesaramlab. l, 112. 2) Ander Stelle: si konde in wol gevazzen mit tng'endeii, des ir nicht gebrast, und da warf si in in ein bast. Passionnal ed. Köpke 190, S4 steht hast nicht figür- lich für Nichts, wie Köpke p. 697 will, sondern für enbestel. S. Feod. Bech, spici- legium verbonim in Passionali p. 4 u. 30. über (He bildl. Verstärkung d. Negation bei mlul. Dichtern. 4o 1 dar umbe gäbens niht ein bröt. Garel !)• des ahte si niht umb ein brot. Zwei Kaufmänner 551 '■^). daz büezet an in niht ein bröt. v. Seven III, 2 ^). ez gab nienger unib seinen vater nit ain pröt. H. MS. III, 468 /. erstuenden si, irn gaebet in niht ein halbez bröt. Regenbogen 3 *). irn keiner löste sinen vater umbe ein bröt. Ebend. Man vergleiche damit die positiven Sätze: ez wurd in von uns kaum ain halbez pröt gesendet. H. MS. m, 468 /. ich gebe ez allez umb ein brot. Kittel p. 18, 16 ^). Später trat bei Negationen das beschränktere ein Bissen Brotes, endlich das verblasste, unbestimmtere Bissen oder Brösele ein, z. B. so haben ich und meine kint nit ein pissen prots im haus. Fastnachtsp. 55, 26. und hab auch sieder gestern fruo in mein maul kein bissen brodt bracht. Fastnachtsp. Nachlese 18, 11. ich aber hab kein pissen Brot. Schmelz!, verl. Sohn 26 a. Es hat ihm noch kein Brösele gefehlt. Auerbach Dorfg. I, 277, 359. kein Brösmeli merken. Gottheit, Erlebnisse eines Schuldenbauers p. 66. Derselbige fragt kein Bissen darnach, wie und was man predigen solle. Luther 5. 89fi. und dachte nit ein Bissen dran, das er in hatte tödten lan. Ringw. tr. Eckh. 1390. D. 7 b. lasz dir nicht ein bissen grawen. laut. Warb. 150. kehr dich nicht einen Bissen dran. Ebend. 143. welches ich nicht ein Bissen acht. 132 ß). *) Runkelsteiner, Fresken 7 A. b. 2) H., r.esammtab. III. 371. 3) H. MS. III, .3280. 4) H. MS. m, 3446. 5) Ed. Keller. 6) Vergl. Grimm, Wörterb. II. 47. ;^32 ^*- '»"»^ ^ Zingerle HäuHo-er als Brot wird von mittelhochdeutschen Dichlern das Ei zur Verstärkung der Negation gebraucht. Es sciieint dies Nahrungs- mittel als das gemeinste, verachtetste gegolten zu haben. Schon Veldeke bedient sich dieses Bildes: da vor enhalf niht ein ei weder isen noch stal. Eneit. 160, 30. daz ne wart im niht ein ei, her vergalt imz ritterliche wider. Ebd. 212, 30. Andere Dichter aus den verschiedensten Gegenden Deutsch- lands folgen seinem Beispiele: daz enhaete umb ein ei do niht vervangen. Flos 6490. daz si niht haeten gegeben ein ei umbe ir beider leben. Mai 15S, 10. ir enkoufet hie niht umbe ein ei. Ebd. 211, 17. do ahte der starke beiden uf Ruolanden niht ein ei. Strick. Karl 6059. waz der jnngelinc geschrei, diu frouwe iz achte nit ein ey. Elisabet *). er acht sein nicht umb ein ey. Herzog Ernst 679. und fürhts doch all niht umb ein ey. Lichtenstein 343, 7, daz umbe die wal nieman gaebe ein ey. Reinm. v. Zweter II, 62 »). Mit besonderer Lust und Liebe verwendet dies Bild Konrad von Würzburg, z. B. daz künde niht in allen gefromen umb ein halbez ei. Schwanritter 1269. daz ir lop und ir gewin gegolten haete niht ein ei. Engelhart 2876. den lamen half niht umbe ein ei, swaz bete umb in aldä geschach. Pantaleon 1070 ^). din rede hilfet niht ein ei. Troj. 2025. 1 Diiitisca I, 463. 2) H. MS. II, 188 6. 3) Haupt, Zt. VI, 224. über die bildl. Verstärkung d. ,\egalion bei inhd. Dicbteni. 4oO und waere ez an Im selber niht deste boezer umb ein ei. Troj. 2464. si enhaeten niht ein siiezer leben gekoufet umb ein halbez ei. Ebd. 9155. daz schadet iu niht umb ein ei. Ebd. 9283. daz half im allez niht ein ei. Ebd. 9699. niht so tiure als umbe ein ei. Ebd. 19917. daz man der Kriechen übercraft entsitzet da niht umbe ein ei. Ebd. 214S1. dar nach entohte niht ein ei sin wer und aller sin g-erine. Ebd. 3SS48. Scherzweise gebraucht er „ei" ähnlich in positiven Sätzen, z. B. daz man für sin erweltez leben genomen liaete ein halbez ei. Schwanritter 1027. ich wolle drumbe geben ein ei, daz ich erkante dinen muot. Engelh. 1890. Casilian der mohte ein ei für sin leben hän genomen. Troj. 33 694. Als Geringes, nicht in's Gewicht Fallendes nennt er „ei" in der Stelle : si wägen lihte alsam ein ei melde und starke liuote. Engelh. 3228. Wie Konrad, liebt auch der Dichter des Passionais ') dies Bild, z. B. im half die kunst nicht ein ei, 129, 84. des achte ich allez nicht ein ei. 164, 11. wand er nie als um ein ei an sime herzen ir entpfant. S98, 76. die traten nu von ir enzwei und achten sie nicht ein ei. 625, 46. Auch in positiven Sätzen benützt er dies Bild: im was sin tot als ein ei. 246, 88. sin geloube und sin Cristes segen ist im wol tuwcr umme ein ei. 313, 51. Ed. K ü p k e. A^34 ^^- 's "3^ ^'- Z in geile Auch bei andern Dichtern bis iii's 16. Jahrhundert herab begeg- net uns diese bildliehe Verstärkung, wenn auch nicht so häufig, wie bei den genannten. Ich hübe folgende Belege angemerkt: deswar, ich ahte üf mundes minne niht ein ei. Wernh. v. Tiufen *). des ahte ich nicht unibe ein ei. Heidin 2) 970. der sun ahtet sin niht umb ein ei. Schlägel 233 3). dar umbe gab er niht ein ei. Mönch v. Kolmar 362 *). der nem doch niht ein ei da für gebraten. j. Titur. 28 37, 3. des acht nieman als umb ain ay. Liedersaal 125, 320. vmb dein vngeiauben gab ich nicht ain ay. Wilt. HS. 13 a. 5). des bunscht ich nit mer umb ain ay. Wolkenst. HI, 3, er geb dir nit ein ey. Slelgertüchl p. 210, 3. wes man pedorft, der gab si zwai, daz niemant chauffen dorft ein ai. Suchenwirt IV, S48. ich hab des euren nichts als umb ein ei. Fastnachtsp. 79, 18. ich gib vmb jn nit eyn ey. Fastnachtsp., Nachl. 299, 10. Eben so kommt es in positiven Sätzen als Bild des Werthlosen, Unbedeutenden sehr häufig vor, z. B. da stet min vlikken vür ein ei. Brd. Wirner 25 «). ir enwerdet nimmer von mir vri, die wile ir jeht, daz er iu si schuldic eines eies wert. Stricker's Amis 2387. 7,e wem sol ich haben fluht, dröut einer eime umb ein ei? Helbl. II, 1257 '), swer dich koufet umb ein ei, dem bist du gar ze tiure. Ebd. VII, 1072 «). ») H. MS. I, 210 6. 2) Hagen, Gesammtab. I, 415. 3) Ebend. 11, 416. 4) Ebend. III, 172. *) Von Sibllla frag vnd antwort. 8) II. MS. III, 16 ö. ^) Haupt, Zt. IV, 76. ») Ebend. IV, 158. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei mhd. Dichtern. 4«Jt3 dar umbe gäben sie ein ei, daz taten sie gar äne wer. Livl. Reimchr. 3984. si sint woi ze wer umb ein ei. Heidin 329 i)- si sprach: daz wer mir als ein ei. Ebd. 547 ~). ob tot her Tristan waere, daz waere mir als ein boesez ei. Türheim's Trist. 546, i8 s). ich wig min leben umb ain ay. Liedersaal i23, 336. ich hab betrogen manig weih umb ain pfimd oder zwai und oft kaum umb ain ai. Faslnachtsp. 495, 25. daz was ein pruntzscherbe podenlosz, der kaufft ich zeen vmb ein ay. Ebd. 1138. daz hilfft mich klayn als vmb ain ay. Fastnachtsp. Nachl. 224, 9. Der Vollständigkeit wegen füge ich noch folgende drei Stel- len an: truoc nie dehein raeier einen roc der zweier eier waere bezzer, denn der sin Helmbreht 172 *). swer umb ein ei git tüsent marc von golde ob er bei witzen wßre, den selben pris, der seiden prisen solde. j. Tit. 3817, 3. ein haselnuz gilt wol ein ei. Fastnachtsp. 480, 18. Reste dieses alten Bildes haben sich noch in den zwei sprüch- wörtlichen Redensarten erhalten : „Es ist nicht ein faules Ei wert" und „Man gibt nicht viel Goldes um ein Ei" &). Ausser den genannten Früchten und Naturalien kommt auch bräme (Dornstrauch) als Bild in negativen Sätzen vor, z. ß. niht mcr dan einen brämen sie sich dar under sparten, v. Türl. Krone 17 111. i) Hagen, Gesammtab. I, 398. 2) Bartsch, md. Gedichte, p. So. ^) Ed. Massmann. 4) Haupt, Zt. IV, 327. 5) Simrock, Sprichw. Nr. 1867. Silzb. d. phii.-hist. Cl. XXXIX. Bd. III. Hft. 29 43G Dr. I o iiaz V. Z i n g e r I e und gaebe ein bräme niht umb dirre hundert, dö hetens einen brämen umb den künie niht gegeben, Ebd. 24 690. Konr. Troj. 7184. Seltener dienen andere verächtliche, werthlose Gegenstände zu derartigen Bildern. Nur Haar macht eine Ausnahme und kehrt bis in die neueste Zeit herab unzählige Male wieder. Ich habe noch folgende Wörter, die zur Verstärkung der Negation dienen, ver- zeichnet: Stein: und half si auch vil ehlain, wan er niht einen stain vnib si gegeben het. Sentlinger's Reimchronik 214. B. 2. Im positiven Satze gebraucht es der Dichter des Älexius: daz volc sich karte niht dar an, si ahtens als der steine. Alexius B. 1063. Man vergleiche damit: golt und silber si gäben, als ez waeren staine. Ottokar 417 b. Von stoup fand ich für den negativen Satz nur die Belege: dat halp allent nigt ein stov. Kronika fan Saszen *) 98, 27. also dat geshag min also ein stov. Ebend. 129, 27, und : noch an ir sträze enläze deheiner slahte stöubelin. Trist. 124. 39. Im positiven Satze begegnete es mir: ez was in als ein stoup. Mai 124, 12. er ahte alliu dinc als einen stoup. Reinfrid 71 a. Einmal fand ich Kohle verwendet: Got er in sinem herzen habe und geh umb nider niht ein kol. Teiehner ^). *) Ed. Sc hell er. Brauaschweig, 182G. *) Denkschriften VI, 157. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei iiihd. Dichtern. 437 Selten wird auch die leichte Flaume oder Feder des Vogels als Bild bei der Negation gebraucht 9^ ich het micli solher milte niht gefrewt gein einer lerehcn flocken. J. Titurel 3930, 2. er strichet siniu kleider, daz ein veder niht an im belibe. MS. II, 76 a. Helbliiig sagt einmal: daz ich min reht aht da bi als die veder wider bli. IX, 64. Als Bild eines kleinen, werthlosen Gegenstandes gilt auch die Nadel. Sie scheint noch geringer geachtet worden zu sein, als das Ei. Denn es heisst in Karl's Recht: man geit zwo nadel umb ain ai. 164 3). Wenn desshalb Heinrich von Türlin sagt: ditz gevrumt in niht nädel zwo. Krone 2743. ist es eben so viel, als ob es hiesse: das nützt nicht ein Ei. Zur Bezeichnung des Kleinsten dient Nadel an folgenden Stellen s): man konde eine nalden niergen an im gestecket han, so sere was er über gegan und mit plülen bestacht. Herbort, Trojan. 6772. gein einer nadeln schine beleih Agors niht ane. j. Titurel 5S71, 2. ') Beliebt waren die Redensarten flocci facere, pendere, aestimare bei den Lateinern, z. B. rumorem, famam flocci facit. Cato bei Fest. s. v. ohstinato p. 19ö«. Unus tibi hie dum propitius sit Jupiter tu istos rainutos eave deos flocci feceris. Plaut. Casin. II, S, 24. tarn autem qui illum flocci fecerim. Terent. Eun. H, 3, 11. — iQvidere omnes mihi, mordere clanculum: ego non flocci pendere. Terent. Eun. IH, 1, 21. totam denique rem publicam flocci non facere. Cicero Attie. 4, 15, 11. — Viele Belege gibt Freund in seinem Wörterbuch H tWUi /. 2) H., Gesammtab. II, 641. 3} Vergl. das Sprichwort: Das kleinste Ding ist auch zu ehren, Ein Nadel mag einen Schneider ernähren. Simrock, Sprichw. Nr. 7290. In Tirol sagt man noch: Ich gebe dir keine Nadel (oder keine Glufe) dafür. 29* 438 Dr. Ignaz V. Z i ii g^ e r 1 e Ein anderesmal gebraucht Albrecht von Scharfenberg zur Bezeichnung des Kleinsten Nadelöhr: — aller Seiten klingen kund an mir entsweben noch entvvecken so vil der werlde freuden, daz einer nadel ore moht bedecken. j. Titurel 5151, 4. Ungleich häutiger und nach Raum und Zeit am weitesten ver- breitet war und ist die Verstärkung der Negation durch das Wort Haar (här). Soll dieses Bild ja schon der göttliche Sänger der Ilias gekannt und gebraucht haben i)! Eine Thalsache ist es, dass die Römer mittelst pilus auch die Negation verstärkten 2). Bei mittelhochdeutschen Schriftsteilern kehrt dies Bild unzäli- ligemal wieder. Es bezeichnet das werthloseste und dünnste aller Dinge und lehnt sich gerne an bestimmte Verba, z. B. liegen, trie- gen, frummen, schaden, geben, ahten u. a, an. Bald erscheint es ohne Adverbium, bald ist es mit den Adverbien tiuwer, klein, groz, breit verbunden. Um die grösste Geringschätzung oder Verachtung auszudrücken, verband man här mit den Verben ahten, geben, nemen z. B. ern ahte dar üf niht ein här. Wigalois 160, 13. er sol niht ahten umb ein här, daz man von im sage vil. Wälscher Gast 3664. und ahten denne niht ein här. Amis 1278. üf kumftiges libes leit achten si nicht umb ein har. Passional 299, 27 s). dar üf enahte er niht ein här. Konrad, Trojao. 15461. friunt, ich enahte niht ein här üf in und siner lande kreis. Ebd. 18150. 13 Ti'w Si p.w £V xapdg a.l'jri. Ilias 9, 378. Benfey leitet dies ^ip von xsi'pw scheereii, abnagen ab und findet darin unser Haar. Griech. Wurzellexilson I, 201. Ihm foifjen Rostu. A. Es wäre somit Homer's Phrase mit dem lateinischen „iie pili quidem facere" und unserem „etwas kein Haar achten« zu vergleichen. Vergl. dagegen Döderlein's homerisches Glossar. II, 116. 2) Ego ne piio (juidem minus me amabo. Cicer. Qu. Fr. 2, 16. Interea e Cappadocia ne pilum quidem. Cic. ad Atticum S, 20, 6. ne ullura pilum viri boni habere dicatur. Cic. Rose. Com. 7. Non facit pili cohortem. Catull. 10, 13. Ludere hanc sinit , ut lubet, nee pili facit uni. Catull. 17, 16. 3j Ed. Köpke. über die bildl. Verstärkunj!^ d. Negation bei mhd. Dichtern. 439 "3 ir aller drewen ahte ich niht als umbe ein här. Wartburgkrieg p. ISl *). der deg-en ahte nicht des Wortes als umb ein här. Laurin 979. des ahtentz nit umb ein här. Liedersaai 42, lOi. ich achten g-ottes umb ain här. Ebd. 178, 14. und ahtet anders nit uf kain in buolen wis als umb ein har. Ebd. 182, 126. si acht nit, was der richter sagt, geleich in so getaner maz, als das här an der stras. Ma^et Krone 1843. üf alle valsche raete achte ich minner denn ein här. Livliind. Chronik 757. Audi in positiven Sätzen finden wir Haar mit ahten verbunden, z. B. waz meinst, daz ich üf din kos aht so tiur als umb ein här. Liedersaal 173, 359. des acht ich als klain, als vber ein har. Fastnachtsp. 484, 9. dem ge er nach und ahte ein här, waz diu werlt betrahten kan. Teichner 3). Haar bei geben und nehmen: er gap umb sin geverte niht ein här, ist uns geseit. Lanzelet 7103. ern hete niht gegeben ein här waer ez gelogen oder war. Tristan 413, 19, daz er umbe ir aller gewalt niht engaebe daz boeste här. Wigalois 263, IS. dar umbe gibe ich niht ein kleinez här. Neidhart s). umb solich chlag und geschrei gab er nicht ain här. Ottokar 37 a. sü gebe umb ere nüt ein här. Winsbecke Str. 30 *). um trauren gaeb ich nit ain här. Wolkenstein 29, 3, 20. umb in geb ich nicht ain haar. Fastnachtsp. 614, 9. 1) Ed. S i m rock. 2) Denkschrifteu VI, 137. 3) H. MS. 111, 222 a. *) Be necke, Beiträge p. 470. 440 Dr. Ignaz V. Zingerle und geb vmb pfening- nit eyn har. Fastnachtsp., Nachl. 293. ich naem die vart von niemen nilit g-ar umbe sus (daz waere war) also gröz als umb ein här. Lichtenstein 98, 16. daz ichs iht nem als umb ein här. Ebend. 228, 17. an ir ist alles wandeis niht, daz nim ich vür ein krispez här. MS. I, 3 a. Auch um zu sagen, man nahm nicht das Geringste weg, wurde här mit nemen verbunden, z. B. daz er dar abe niht bete genomen alse gröz als umb ein här. Erec 7387. sin ist, als kleine als ein här niht uz dem scheffe genomen. Mai 186, 34. Die völlige Nichtachtung drückt här in Verbindung mit keren aus: ich ker mich, sprach der claine, an dein rede niht umb ain här. Ortait 146, 4. diu keren sich an mich nicht ein här. Livländ. Chronik 6514. dar an er sich niht keren wolt häres gröz. Ottokar 35 a. die sich vor niht wolden keren an daz dinc umb ain här. Ebend. 679 a. In ähnlicher Weise steht dies Bild bei fürhten, z. B. si ervorhte aller manne list so gröz niht als umb ein här. Lanzelet 5039. sine vürhtent umbe ein här niemens wider satz. Neidhart 90, 14. In vürhte ouch niht die morder also gröz als umb ein här. Hardegger 12 *). er wil niht vürhten umbe ein här. Wälsch. Gast 3010. din bannen vorht ich niht als umb ein halbez här. Wartburgkrieg p. 83 3). ») H. MS. II, 136 6. 2) Ed. S im rock. über die Ijildl. Verstäikuiig d. Negation bei inliJ. Dichtern. 44 1 Sehr häufig kommt es in negativen Sätzen liehen frunimen, helfen, schaden, vervähen u. ähnl. vor, z. B. nu frumt uns leider niht ein här unser riuwe und din klage. Arm. Heinrich 500. dazz im vrumte niht ein här. Wolfram Willehalm 229, 11. daz vriimet vor schänden niht gegen eime häre. Br. Wernher *). so frumet mir niht, daz ist war dirre kouf als umb ein här. Gerhart 1918. daz micli diu minne nie gevrümte als umb ein här. Rubeln 3). daz ich so tiw^er als umbe ein här mir mit salben mochte gefrumen. Urstende 109, 54. daz hiifet wider üch niht ein här. Eneit 280, 15. din wünschen hilft dich niht ein här. Hartmann Büchl. I, 1257. der eriec enhilfet niht ein här. Konrad's Troj. 8626. sön hiifet mich min woltnon niht ein här. Reinmar v. Zweier 87 3). daz half allez niht ein här. Aristoteles 157 *). Her Schriber, weder bihte noch diu riuwe enhilfet gein mir niht ein här. Wartburgkrieg p. 181 ^). es halff alles nit vmb ain har. Beheim V, 461 6). Sit mich min sin noch wiser rät für ditz senen niht vervät also gröz als umbein här. Hartmann's Büchl. H, 573. daz vervienc nicht vm ein har. Passional 23, 60 ''). diez vervienc sew nicht umb ein liär. Ottokar 579 b. daz vervieng niht als umb ein här. Zobel's Alexius 383 «). und kumpt ein junger, der gelimpf vervacht in nit umb ein här. Liedersaal 30, 147 «) H. MS. II, 233 a. 2) H. MS. I, 314 6. 3) II. MS. II, 192 ö. 4) H., Gesamratab. i, 25. 5) Ed. Sirarock. •>) Zehn Gedichte, ed. v. Th. v. Karajan. ') Ed. Köpke. Ein andermal heisst es dort : daz vervienc sie nichtesnicht. 29, 49. 8) Massmann, Alex. p. 14ö. 442 D'- Igna* ^- Zingerie läz din lougen, ez entouch, ez ne verstet niht ein här. Eneit 280, 15. si trüeg-e daz vil ringer, e mir an einem ving-er iht gewürre umb ein här. Krone 21626. so daz in niht gewar an allen enden umb ein här. Ebend. 27S93. in enwürre niht umbe ein här. Amis 890. mir gewirret an meinem leibe nicht so groz als umb ein har. Wolfdietrich SOI, 3. und ir schadet diu rede niht ein här. Lanzelet 5867. im schadet der winter noch envrumt an ir schoene niht ein här. Iwein 579. daz schadet ir an mir niht ein här. Hartmann's Biichl. II, 713. so schadet ir an mir niht ein här. Ebend. 750. ez möhte ime niht umb ein här geschaden noch gewerren. Krone 15988. iuwer siege die schadent mir niht als kleine als umb ein här. Meleranz 6084. ez enschat ime an der schoene niht ein här. Frauenlob *) ez hett geschalt nit umb ein här. Liedersaal 251, 347. so chan mir nyeman geschaden klainist vmb ain har. Wiltener HS. bl. 70 a. Häufig begegnet här bei gewinnen, selten bei verlieren : also groz als ein här gewunn ez nimmer einen krac. Lanzelet 4774. daz ir nie kein min genoz eines häres me gewan. Erec 117. der dewedere nie gewan unredeliche zageheit also groz als umbe ein här. Gregor 1963. weder ir des tages ie gewunnen hete bezzer hie also groz als umb ein här. Iwein 7269. ') H. MS. Hl, 38.1 a. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei mhd. Dichtern. 44 «> er kund in nit gewinnen als klain als umb ein har. Wolfdietrich 690, 4. er kund sin niht gewinnen also klein als umb ein här. Ecke 140, 4 >). an dem eide wird niemer här verlorn. MS. I, 82 a. Bei Verben, die ein haben oder mangeln bezeichnen, steht oft dasselbe Bild: het ieh aller manheit niender eines häres breit. Erec 8863. des bett er wenig als umb ein här. Liedersaal 120, 9. hat aber sie iht umb ein här dehein valsch wider in, so hat diu schände an ir gewin. Krone 23137. si hat niht wandeis umb ein här. Heidin 104 2). als klein als umb ein här hat iur lip wandel kein. Wigamur 3S78. nit als groz, als umb ein här was kein falsch under in dar. Ebend. 53. im wonet niht riterschaft bi also groz, als umb ein här. Biterolf 2S65. im gebrast niht umb ein här, swes er haben solde. Krone 5845. ime gebrast niht gein eime häre. Konrad v. Würzb. II. '). das feit uns niht umb ein har. Fastnachtsp. 509, 29. als chlain ist umb ain har so gar was er valsches par. Ottokar 307 a. Ebenso steht es bei den Verben des Verminderns, Verzehrens, Verwandeins u. ahn!., z. B. din tugent nie geminnert wart gegen mir als umbe ein här. Engelhart 1496. da von sich nimmer iuwer pris mac geminnern umb ein här. Krone 12341. »J Ed. Schönhuth. 2) H., Gesaramtab. I, 392. ^) H. MS. Ifl, 340 <-. 444 ^''- I ? n => 2^ ^ • Z ' n ?: e r I e verstumpfet noch verspitzet was si niender iimbe ein här. Engelhart 2978. daz von unkiiischer vlüete nie wart genetzet häres gröz. Goldene Sehmiede i837. dem glich, daz ir tugund worde nie vorschart umbe ein här. Georg 2998. und heten tusent smide uf in gehouwen, sin möhten im nit ein herlin geritzet hän. Nicolaus v. Strassburg 0- swer sich versneit ie häres breit an siindelicher missetät. Herman v. Damen 61 b 2). dar umbe er sinen vröuden site niht venvandelte umb ein här. Krone 20039. Sehr häufig kommt dies Bild in Verbindung mit Verben vor, welche eine sinnliche oder geistige Wahrnehmung oder Erregung bezeichnen: wer mae daran schouwen buozwirdigez iht umb ein här. Lanzelet 8949. daz er da niht umb ein här gesach, niuwen daz er greif. Krone i4637. daz man ir niht umb ein här libes noch gewandes sach. Ebend. 23446. daz man an irem antlut klar sach nichtz ganz als umb ain har. Maget Krone 2010. er hete ir niht umb ein här gekant, wan durch daz wäfen. Krone 29004. daz sin niemen wirt gewar an mir als groz als umbe ein här. Lichtenstein 224, 20. würd man sin inne als umb ein här, Ebend. 369, 22. ez ward also angetragen, daz alles des, daz da ergie, der june herzöge nie ward inne noch gewar als chlain als umb ain här. Ottokar 524 6. würd man inn als umb ein här. Liedersaal 138, 46. ») Deutsche Mystiker I, 304, 11. 2) II. MS. III, 162 a. Ober die bildl. Verstärkung d. Negntion bei mhd. Dichtern. 44o Oft steht Haar neben wissen und zweifeln, vergessen u. älinl. er enwest niht iimb ein här, was ime hin zuo nu gewar. Krone 16688. daz sie niht umb ein här weste, wer sie waere. Ebend. 2S026. ouch enwesten si umb ein här niht, waz Gäwein und sin schar in dar waern ze schaden komen. Ebend. 27738. si west sin niht als umb ein här, daz ich ir diente miniu jär. Lichtenstein 13, 31. wände ich weiz dar umbe niht so groz als umbe ein kleinez här. Konrad's Alexius 875 i). daz er niht weiz umme ein här waz dar inne heiles ist. Heinrich v. Krolewitz 99. si wosten umb ein här nicht üf dem hüs umb die geschieht. Herzog Ernst 3091. si weiz sin niht als umb ein här. Heidin 90 3). des wist si nit umb ein här. Liedersaal 80, 9. des enzwivel ich niht umb ein här. Wälscher Gast 4318. daz wir daz wisten vurwär und nimmer ge?wifelten umbe ein här. Heinrich v. Krolewitz 986. an mir so enzwivel niht ein här. Ungenannter '). wi sholen in allen steden mit starkem geloven beden unde entwivelen nigt en här fan deme, dat wi bitten dar. Laiendoctrinal 20, 23. an ir vil süezem libe was des ninder häres groz vergezzen. Wolfr. Titurel 33, 2. ir wart ouch niht vergezzen an dem trinken umb ein här. Krone 20333. er vergezz nimer umb ein har, Liedersaal 190, 30. da von mein ich dich nit als umb ein här. Ebend. 122, 247. der fürst sich versan als ehlain als umb ain här. Ottokar 590 a. 1) Haupt, Zt. Hl, S61. '-) n., Gesamrntab. I, .'591. 3) II. MS. III. 423«. ^^Q Dr. Fg-naz V. Zingerle Oft begegnet Haar auch bei Verben des Affectes: du und al diu werlt gemeine vreut mich minr dann umb ein här. Lichtenstein 98, 16. kain valsche zung daz potenpröt sol freuen mer klain umb ain här. Wolkenstein LVUI, 3, 15. geriuwet ez dich häres breit, so hän ich min arbeit nnde du den lip verlorn. Arm. Heinrich 1101. daz gerewt dich nicht vmb ein har. Keller, altd. Erzähl. 72, 10. des künde sie niht betragen bi einander umb ein här. Krone 17SS2. daz niman an des herren val geärgert wart als umb ein har. Passional 10, S3 *). Timotheus der geneme erquam des nicht als um ein har. Ebend. 63, 45 2). si schämte sich niht häres gröz. Arm. Heinrich 1196. ern schämte sich niht häres gröz. Wigalols 141, 6. daz man sich nien schämt umbe ein här. Wülscher Gast 2274. ir schämpt üch nit umb ein här. Liedersaal 126. 214. Seltener begegnet es bei Verben, welche geniessen u. ähnl. bedeuten: und weder getrunken noch gäz dennoch hete umb ein här. Krone 29857. niemant ward gespurt der reichtums noch gepurt möcht geniezen umb ein här. Ottokar 553 b. Öfters ist es mit den Verben rühren, berühren u. ähnl. ver- bunden: daz sine fuoz noch haut da mohten regen umb ein här. Laurin 2043. er enmag niemanne geschaden, daz ist war, noch gerüeren ein vil kleinez här. Geistl. Streit ^). 1) Ed. Hahn. 2) Ed. Köpke. 3) Diutisca I, 301. über die bildl. Verstärkung d. Negation Itei inlid. Dichtern. 447 und hätcn in su tiure als umb ein liär berüeret niht. Krone 20790. dö entorste er ir wize hüt niender geriieren hares groz. Gute Frau 2017. und riierst dus an als umb ein här wider ir willen. Lichtenstein 352, 14. er ruort sich nicht als umb ein här. Boner f. XXV, 25. Sehr oft dient Haar als Bild bei weichen, treten, wanken: daz ir herze nie getrat von gote so tiure als umme ein här. Heinrich v. Krolewitz 3624. trit er ainem aus dem weg wie ciain ez ist umb ain här. Liedersaal 140, 61. dö entwichen in die geste nit als umb ein kleinez här. Rosengarten 291. sie kom oueh nie mit schulden uz des küniges hulden, wie klein ez waer, umb ein här. Heidin 59 *)■ von hiute über hundert jär gewancte ichs nimmer umb ein här. Erec 9520. des lügende wancte niht ein här. Tanhäuser VI, 15 2), si konden nindert sie geregen von der stat als um ein har. Passional 29, 43 3). Selten kommt Haar in Verbindung mit sprechen vor, sehr häufig dagegen neben lügen und trügen, z. B. sprecht ir anders iht umb ein här. Amis 1710. Sit ich si niender tar sprechen ze deheiner stunt so gröz als umb ein här. Günther v. Vorst II, 5 *). ir habet ein här niht gelogen. Eneit. 234, 6. wir liegen iu niht um ein här, Urstendo 114, 4. ichn liugiu niht als umbe ein här. Amis 113. •) H., Gesammtab. I, 390. ■i) H. MS. II, 896. 3) Ed. Köpke. 4) II. AIS. II, 163«. 448 Dr. Ignaz V. Zin geile Niuniu I, 11 i). Lichtenstein 148, 23. Dietrich's Flucht 4798. Rabenschlaeht 1087, 4. Garel «). Striegel 3). Pyramus 6 *). daz ich in nie geloug als umb ein här. wan er nie wort g-elouc, noch gelinget umb ein här nnd sold er leben tusent jär. ich luge nit umb ein här. ich liuge niht umb ein här. ich liug iu niht umb ein här. daz sag ich euch für war vnd leug nit umb ein här. daz ist also gewaere unde sicherlichen war niht gelogen nmbe ein här. daz ist war und niht erlogen umbe ein här. Ebend. 348 s). daz ist niht umb ein här gelogen. Heidin 1622 6). ich leug dir nicht umb ein här. König Etzel '). liug ich iu eines häres breit, ich bin der witze ein kint. Wartburgkrieg 187, 6 »). ich triuge iuch niht als umbein här. Gerhart 3632. ich treuge dich niht umb ein här. j. Titurel S187, 1. Dass bar auch in andern Verbindungen sehr häufig zur Ver- stärkung der Negation gebraucht wurde, bestätigen folgende Belege: und nimmer gerite deste dräter umb ein här. Iwein 4607. dane hat sich der böte niht versumet umb ein här. Ebend. 6063. daz jener ze keinen ziten eines häres sanfter niht enlebet. Erec 7793. daz ich nimer wil geleben dester wirs umb ain här. Ottokar 20S h. 1) H. MS. U, 172 a. 2) Runkelsteiner Fresken S>Ah. ») Keller's alld. Erz. 418, 8. 4) Haupt, Zt. VI, 504. 5) Haupt, Zt. VI, oiä. «) II., Gesammtab. I, 432. 7) Kellers altd. Erz. 8, 3S. 8) Ed. Simrock. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei nilid. Dichtern. 449 daz sie einander umb ein liär Sit nie wurden leider. Flor. 7844. nie dehein arebeit so vil als unibe ein här erleit. Kindheit Jesu 52. als sie niht umb ein här heten kumbers da erliten. Krone 28335. und wurd ir chainew vnib ein här betruobt. Sentlinger 180 A. 3. so müht mir nimmer leit beschehen als tiur als umb ein här. Liedersaal 134, 79. niht baz erget ez umb ein här. Amis 1915. irn wirt uns über niht ein här. Ebend. 1749. des tuo ich niht uf solhen muot, daz im sin dienst immer guot gegen mir werd als umb ein här. Lichtensteiu 156, 1. daz gefeit mir umb ain har niht. Keller, altd. Erzähl. 461, 24. daz sin niht vmb ein här, des er mohte werden gewar, was da von niergent worden. Krone 14788. daz ez niht enblact war so vil als umb ein här. Ebend. 16813. daz er an ime, daz ist war, niht verwidert umb ein här. Ebend. 17357. daz sich häres gröz diu gnäde ninder sehen liez. Luoderaer 292 i). niht als groz als umbein här. Erec 7520. daz in daz niht belöste siner manlichen staetekeit gegen einem häre breit. Ebend. 8144. hete er gelost nicht umbe ein här. Pass. 33, 76 s). da maus im niht dankt umb ein här. Wälseh. Gast 4048. desn wirt nimmer niht verlän so groz als umbe ein här. Liehtenstein 390, 5. si mohten fiirbaz mich niht me uf geziehen umbe ein här. Ebend. 346, 17. 1) H., Gesammtab. III, 13. 2) Ed. Hahn. 450 Dr. Ignaz V. Z i n g e r I e (laz linder in nikein zweiunge was als umb ein här. Livländ. Chronik 3219. daz ir niht samenthaft belibe so tiure als umbe ein kleinez här. Konrad, Trojanerkrieg 38 629. daz er im nicht chlain als umb ain här nicht liez ab ertwingen. Ottokar 566 a. daz er im mit dehainem tracz noch mit droleichen dingen nicht liez ab ertwingen als chlain als vmb ain här. Ebend. 575 b. daz sy in hilf noch rät nie erputen umb ain här. Ebend. 579 b. daz galt nicht umb ain här. Ebend. 726 a. daz im der fürst aus Paierland dehaine hilf par als klain als umb ain här. Ebend. 820 a. den gedurstet nimmer umme ein här. i Heinrieh v. Krolewitz 2951. f und daz man in niht diuten die rede endorfte als umme ein här. Derselbe 4625. so daz nie umb ein här der rät wart verbaeret. Zwei Kaufmänner 670 ^). daz ich niemer wurde beswaeret von ir so gröz als umbe ein här. Gute Frau 2219. daz si noch er vil guoter mich nie trösten umbe ein här. Frauendienst 197 2). er sundet nicht umb ein häre wer minniklich bei frauwen liget. Adam u. Eva ^). so wolt ich mich an Sabanen nicht laszen umb ein har. Wolfdietr. 215. ob die zu drizzic male überritten niht gein einem häre. j. Titurel 2359, 2. daz iht umb ein här dar in mir niemant widersaz. Wigamur 1637. ») H., Gesammtab. III, 374. 2) H., Gesammtab. III, 438. 3) Keller's altd. lirzähl. 29, 25. Liedersaal 188, 128. Über die bildl. Verstärkung d. Negation bei inbd. DichliMU. 451 du bist an dime libe nirgent gesunt als duer, als umb ein här. Morolf 3490. nie eines Icleinen häres breit. Helbling I, 1346. und in mazzen recht gleich geeicht, eim als dem andern ganz und gar, keinem mer noch minder, als umb ein har. Fastnachtspiel 78, 16. das ich ir arbeit nit prüft umb ein har. Ebend. 81, 19. daz es nit klecket, als umb ein har. daz im niemen umb ein här umb daz guot mac zuo gesprechen. stechen, slahen, chaulTen dorfte da nyemant umb ain har. Suchenwirt XVIII, 289. de lüde dogten nigt en här. Doetrinal 153, 16. Dass Haar iti positiven Sätzen zur Bezeichnung des Geringsten ;ebr;»ueht wurde, mögen noch folgende Stellen bestätigen: Ebend. 83, 16. Teichner VI, 148. missetuot er iender, daz ist war et also gröz als umb ein här. daz nieman lebender ist so karc, den si umb ein här entsitzen. Sin zorn unde sin gerich ist mir als daz boeste här, daz ieman von im geschar. daz man mit ainem här wol möcht wider wegen, waz er hie hat gephlegen unstetichait seit der stunden, das lät ew wesen als ain här. ob man so tiure als umbe ein här valscheite drunder mischet, mochte ich mit eime häre sin leben ime erquicken, e das ich umb ein har min hohes lob wolt brechen Lanzeiet 726. Lanzelet 696S. Wigalois 2S9, 33. Ottokar 208 h. Ebend. 74S a. Konrad v. Würzburg S *}. Elisabel s). Spiegel 188, 25 s). 1) H. MS. H, 330 6. 2J Diutisca I, 430. 3) Ed. V. Keller. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. ßd. III. Hft. 30 45^ Dr. Igiiaz V. Ziiig eile Unter allen Biideru zur Verstärkung der Negation hat sich Haar am längsten, ja bis auf den heutigen Tag in der Volks- und Schrift- sprache erhalten. Die Redensarten: Es ist kein gutes Haar an ihm, ich lasse kein gutes Haar an ihm, er hat nicht ein Haar von seinem Vater, ich weiche nicht ein Haar, ich gebe nicht ein Haar breit nach, es fehlt kein Haar u. ähnl., sind noch über alle deutsche Gauen ver- breitet. Nur wenige Beispiele mögen dies belegen: Ich bin kein Haar weiter, als ich war; Göthe VI, 170, Ich bin nicht um ein Haar breit höher. Göthe II, 73. Nicht ein Haar anders. Göthe 23, 171. Die Möglichkeit, die kümmert ihn kein Haar. Wieland 12, 26. Dass es darum nicht um ein Haar besser mit ihrem Komödien- wesen stand. Wieland 13, 165. Man ist kein Haar gebessert. Forster Bd. I, 16S. Das Werk ist gerückt kein Haar lang. Rücker, Makam I, 47. Bemerkenswerth ist, dass Albrecht von Scharpffenberg side gewöhnlich gebraucht, wo andere bar setzen, z. B. aller richeit übercraft was da niht einer siden gröz vergezzen. j. Titurel 403, 4. dem höhsten alles guotes wart, sin gedine nie siden breit gevirret. Ebend. 446, 2. und alle die werlt an disem werden toten möhte niht ervinden, ob sin ein siden gröz wer verschroten. Ebend. 3766, 3. siden breit niht lenger was er mir an der sippe. Ebend. 4438, 1. voUekomner lugende was da nindert siden gröz vergezzen. Ebend. 4976, 4. so het er ir den pris unsanft gemezzen durch guften noch durch liebe, ob sin da wer ein siden gröz vergezzen. Ebend. 5323, 4. so wers nu niht vervangen ein siden gröz für wäre. Ebend. 5446, l. Ausser Haar gebrauchen wir im Ni'uhochdeutschen sehr häufig Nagel zur Verstärkung der Negation, z. B. nicht einen Nagel gebeu' Ober die bildl. Verstiiikung d. Negation hei iiiiid. Dichtern. 453 keinen Nagel breit nacligeben, nicht nagelsgross nachlassen i). Im iMittelhochdeutschen miiss dies Bild sehr selten verwendet worden sein. Ich kenne nur eine hieher bezügliche Stelle: daz da nieman nichts beschach und kaim so tur ains nageis gebrach. MagctKronebl. 216,7. In einem Fastnachtspiele dient zur Bezeichnung des Geringsten hei der Negation Laus: ich gab umb uiemant nit ain laus. Fastnachtsp. 397, 25. Im Volksmunde lebt dies Bild noch fort. Dafür gehe ich nicht t^ine alte Laus höit man noch in Tirol und am Rheine, und in Schle- sien sagt man: das ist nicht drei Läuse werth^). Bei Vergröberung und wachsender Derbheit der Ausdrucksweise 'iamen auch Bilder, wie folgende, in Gebrauch: umb dich so geh ich nit ain farz. Fastnachtsp. 614, 2S. die dink sint alle nit ains kots wert. Ebend. 69S, ii. und stet mir zeren niht ein kät. Helbl. S, 2i. Beide Verstärkungen kommen im Volksmunde noch häufig vor und bilden ein beliebtes Ingredienz der Verneinung 3). Wir gebrauchen zur Verstärkung der Negation oft das Bild Tropfen, Tröpfchen: es regnet nicht ein Tröpfchen, er trank nicht einen Tropfen. Wir verwenden diese Redensart innerhalb ihrer sinnlichen Grenze. Otfried setzte aber drof bei forahten, zuivolun, bidrahtön und andern Verben eben so, wie die mittelhochdeutschen Dichter blat, blast, bröt, ei, här bei vürhten, schaden, aliten *). Im Mittelhochdeutschen kommt dies Bild selten vor: daz mir des alles niht enwirt ein tropfe. Walter 20, 36. üz der schänden troufe viel im nie tropfe an sinen lip. Frauenlob 129, 4. 1) Ich komm keinen Nagel breit von hier. Lenz I, 222. Mehrere Belege in Sander's Wörterbuch II, 378. Dies Bild wurde schon bei den Böinern sprichwörtlich gebraucht z. B. a recta conscientia transversum unguein non oportet discedere. Cicero Attic. 13, 20, 4 urge igitur nee transversum ungiieiii , qiiod ajunt, a stilo. Cic. fara. 7, 25, 2. 2) Weinhold's Beiträge zu einem schlesischen Wöiterbuche S. 52. 3) Vergl. W e i n ii o I d's Beiträge S. 13. F r o m ni a ri n '.s Zeitschrift IV, 345. S c h m e I- ler I, 413. ■•) S. Belege in Orimnrs (irammatik III, 730. 30* 454 Dr. I g u a z V. Z i n g e i' 1 e Geiler von Keisersberg bedient sich dieses Bildes noch oft; er lugt, es ist sin meynung, daz du für dich gangest in gottes weg. neyn wortlieh nit eynen tropffen. Christi, bilgerschaft't bl. 131a i). nein, nein nit ein tropffen, ebendaselbst; das befinden wir nit einen tropffen. Der Seelen Paradis 1526 2). Einigemal kommt tror oder tou als Bild des Unbedeutendsten vor, z. B. lop imd gras und allez griez, swaz in der sunnen swebt enbor, daz waer dennoch als ain trör gen der wunder frömdikeit. Liedersaal 230, 8. waz iu von herten striten ie Anmders ist geseit, bi iemannes ziten von (grözen) herverten breit: daz ist ein touw' wider ditz maere. Rabensehlacht St. 77. ez was im allez als ein tou, swaz Jason üf in gesluoc. Konrad's Trojanerkrieg 9888 s). Wie wir sagen: es bleibt kein Faden, kein trockener Faden; kein Faden war übrig*), so wurde dies Bild zur Verstärkung im negativen Satze schon von mittelhochdeutschen Dichtern gebraucht: dcrn gespunnet ir nie vadem. Neidhart 24, 3S 5). — daz übel wip dem riter entnacte sinen Iip also gar, daz dehein vadem an sinem h'be schein. Wigalois 141, 4. er lät an ir libe dem manne noch dem wibe einen vaden vor ir schäm. Helmbreht 1200. reht also daz da kein vadem an ir leibe erschein. Heidin 1755 «). 1} Basel IS 12. 2) Strassburg ISIO. 3) Vergl.: diu Scheltwort vil heize waren ir linde als ein tou. Wernher's driu liet 29S3. 4) Grimm's Wörterbuch III, 1233. *) Haupt. — Benecke's Beiträge 439, J>. ß) 11., Gesaiumtab. 1, 43G. 4y y solt ich nacket gen kirchen gan, mm hab ich nirn keyn faden an. Folz, Sprüche III, 94 '). das sie mir oft ein faden am hals nit lann. Fastnachtspiele 373, 10. das sie mir oft kein faden an lan. Ebend. 791, 25. Neben vadem setzt Gottfried von Strassburg einmal rinc: des bleip da weder vadem noch rinc. Tristan 239, 30. Ring allein begegnet bei Konrad von Würzbnrg: so daz in beiden an der zit niht eines ringes da gebrast. Schwanritter 837. Bei den Verben wichen, treten, gan u. ähnl. wird schon im Mittelhochdentschen sehr gerne fuoz als Verstärkung gebraucht: so entwiche ich iu durch vorhte uz helfe nimmer einen fiioz. Nibelung. 1819, 4. din wolte nie entwichen von ir herren einen fuoz. Arm. Heinrich 307. diu an schoene unde an jugent an geburt unde an tugent ir nimmer entwiche einen fuoz. Hartm. Büchlein II, S2l. dien brachten mich von Yrankcn niemer einen fuoz. Hartmann's Lieder p. 22, 19 a). dem entwiche ich niemer einen fuoz. Wigal 2ä9, 5. wir volgen ime und komen niemer fuoz üz sinem spor. Waither 33, 14. der ritterlichem m^iote noch herren lügende an keiner stete nie vuoz noch halben wanc getete. Tristan 44, 4. dien künden niender hin gewegen noch gebrücken noch gestegen halben vuoz noch halben trite. Ebend. 297, 19. diu nie vuoz von dir getrat. Ebend. 483, 27. wände er uz tugentlicher zuclit einen vuoz nie getrat. I'assional 52, 33 s). 1) Haupt, Zt. 8, .')26. 2) Mianesangsfrühling 218, 20. 3) Ed. Hahn. ich enwil in deheinen ziten mich von siner siten nimmer hin gewiten durch vorhte einen halben vnz. Ebend. 189, 87. daz er besit nie getrat abe dem gebete einen vuz. Ebend. 360, 3S. daz si mich zu dime spote nindert brengen einen vuz. Ebend. 30, 1 *). daz er von dem grabe nie fuoz gegie. Barlaam 359, 32. daz abe der stete niht mac getreten einen fuoz noch einen schrit. Pantaleon 419 *). daz er niemer vuoz von mir entwiche. Botenlauben XII ^). daz ich niemer vuoz von ir dienste mich gescheide. Morungen II *). sist an der stat das uzer wibes lügenden noch nie fuoz getrat. Reinmar d. Alte 5). so koeme ich niemer einen fuoz von ir. Minnesangsfrühling 319, 21 »). daz ich dem keiser an vröuden niht vuoz wolde entwichen- Tugenh. Schreiber I, 5 ^). ez ist vor tage niht einen vuoz. Marner III ^). die erste tugent sol si niemer under wegen von ir, mit triuwen daz rät ich, eins vuozes lenge läzen. Regenbogen V 8). eteslicher wolle umb sinen vater einen vuoz niht mezzen. Ebend. I, 3 ^o). furbaz kumt er einen fuoz niht mere. J. Titurel S603, 3, uz sime geböte niemer tretin mit willen einen halbin fuoz. Langenstein, Martina bl. 10, 67. 1) Ed. Köpke. 2) Haupt, Zt VI., 206. 3) H. MS. I, 32 a. 4) H. MS. I, 1216. Miniiesangsfiühling 124, 28. *) Minnesangsfriihling: 159, 8. H. MS. I, 178a. 8) IL MS. I, 331a. ') H. MS. II, 148 Ä. 8) H. MS. I!, 2376. 9) H. MS. II. 309 6. »<<) U. MS. III, 344 6. über die bildl Verstärkung A. Negation bei mhd. Dichtern. 4- Ol Im positiven Satze gebraucht es Walt her: ob ich ie g-etraete fuoz von miner staete. Langenstein, Martina bl. 60, 11. Ungleich seltener kommt vinger in ähnlichen Verbindungen vor, als heutzutage i): swaz man heizet unpris, daz entruoger nie deeheinen wis halbes vingers lanc noch spanne. Parzival 678, 27. niht vinger breit gescheiden. J. Titurel 117, 4. al die wil als er so vil chunieriches niuht hete da er sinen vinger üf geleite. Dienier 193, 15. über alle gegene v^iten nieman was so piderbe, der getorste da widere gepieten einen vinger. Wernhers driu liet 3063. Da ein Finger für ein unbedeutendes Glied angesehen wurde, dessen Verlust oder Krankheit nicht viel galt, so wird dies Wort noch öfters in bildlicher Weise gebraucht: in dühte des daz sin tot unclägelicher waere, dan ob si ein vinger swaere. Iwein 1333. ich sage iu baz, durch solche not verlür ich niht den kleinen vinger. Singenherg X, 2 ^). het ab ir ein vinger dort verlorn, da wägt ich gegen min houbet. Parzival 298, 27. Während das Alter nach Naturalien sehätzte und die Bilder zur Verstärkung der Negation ihnen entlehnte, berechnen wir nach Münzen und gebrauchen kleine Geldarten, um die Verneinung zu ') Keinen Finger breit, keinen Finger lang, z. B. und weiche keinen Finger breit von Gottes Wegen ab. Hölti. Um die grösste Verachtung auszudriieken, sagt man noch: Ich rühre keinen Finger darum. Schon die Griechen kannten diese I'hrase : ovdi daxryXov nporeivat.. — ne digitum quidera ejus causa porrigendum esse dicebant. Cicero fin. 3, 17, 57. 2) H. MS. I, 291 a. 458 Dr. Iguaz V. Zingerle steigern. Dem Volke wie den Schriftstellern sind jetzt die verstärk- ten Negationen: Ich gebe keinen Pfennig, keinen Heller, keinen Groschen darum, ich lege keinen Kreuzer darauf, er ist nicht einen Heller werth u. ähnl. , geläufig •)• I'" Mittelalter kommen derartige Bilder verhältnissmässig selten vor, mehren sich aber von Jahrhun- dert zu Jahrhunderts). Der in unserer Rede so häufig vorkommende Pfennig begegnete mir nur an folgenden Stellen: ich engib iu umbe disiu dine nimmer einen phenninc. Amis 83. der läze ich einen phenninc niht. Ebend. 2270. daz er vil offte um sin leben niht einen pfenning het gegeben. Dietrich's Flucht 1595. under aller der geschieht verlos er dennoch nicht seines erbtailes nie, den er zu Walhen lie vmb ainen phening. Ottokar 683 b. würd im nimmer ein pfenninc. Teicliner 166 3). Als Bild des Unbedeutendsten steht es auch: da ne was nechein so ture dine, her ne gev it unbe einin penninc. Rotlier 3124. ob ir uns gaebet berge rot von liehtem gokle gar guot, so beten wirs deheinen muot ze nemen umb einen phenninc. Bitterolf 4945. ') Z. B. dass solche Dinge den Feen keinen Heller kosten. Wieland I, 49. Und gleicli- wohl der Bürgerschaft von Abdera keinen Heller koste. Wieland 13, 189. *) Bei den römischen Schriftstellern kommen Phrasen dieser Art sehr oft vor, z. B. Vivamus, mea Lesbia, atque amemus, rumoresque sentira severiorum omnes unius aestimemus assi.s. Catullus S, 3. non assis facis? Catull. 42, 13 non scmissis homo Cicero fam. 5, 10, 1 ut nullus ti'runcius insumatur in quemquam. Cicero Att. S, 17, 2 spero toto anno iraperii nostri tenineium sumptus in provineia nullum fore. Id. ibid. 3, 20, b. Jani tenincii faciunl. Plaiitiis capt. 3, 1, 17 non esse sextantis. Cicero de orat. 2, 62, 2Ö4. 3) Denkschriften VI. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei mlid. Dichtern. 45 J ez ist gen ir gnaden als ring als ain elainer pfenning gen aller weit bergen war. Teichner '). Selten kam mir helbelinc, ein halber Pfennig vor, z. B. den minnisten helbelinc, den jmer jeman dar gelegit, der ne wirt ime njemer uersagit. Glauben 2611 8). Vergl. sie gäben nit einen helbling für dich. Geil. V. Keisersberg ^). Einmal begegnete mir Sterling: wizze, daz ich einen sterlinc des giiotes nimmer gevüere mit mir. Mai 127, 18. Zweimal kommt bapel , eine schlechte Münze, ungefähr vier Groschen werth, vor: wan gegen diner saelde ez wigt vil ringer denne ein bappel. Goldene Sclimiede 1240. du warst noch nie einer bapeln wert. Hermann v. Sachsenheim 4, 3. Als Münze nehme ich auch medeM), das Suchenwirt ge- braucht: ich verswig sein nicht ein medel. I, 6S. Für diese Auffassung sprechen Ob erlin 's Stelle: ein ritter umb drei hilbling, ein bauer umb ein medel, und die späteren For- meln meit, meutel, meut, z. B. 5) 1) Liedersaal 87, 38. 2) MassmauD, Gedii-Iite des 12. Jalirhunderts. I, 32. 3) Schiff der penitentz bl. 126. 4) Vergl. Grimm, Gramm. III, 733. 5) „Meit minutia, miniiliiii, Brai)antica vox; quartam partem nummi significans. Meitle, minutuluin, gemmulariis est sexta et Irigesima grani Roinani pars. Nit ein Meit neqiiaqam". Vocnbul. v. 1618. Schmeller's baier. Wb. IF, 6ö0. Bei Sclierz steht meid, med, medel lür oboliis. — „Eine schlechte niederliindische Kupfermünze, welche besonders im 13. Jahrhundert nach Deutschland verschleift und öfter ver- boten wurde, führte den Namen Meite , Mütte. In einer Münzverordnung von 1574 460 Dr. Ignaz V. Zin^erle Sein schaden schmirtzt sie nit ein meuttel. Sachs Gedichte 11, 39 a. Vnd gibet gar kein meut vmb jn. Ebend. IV, 108 a i). steh, vnd zitter nicht ein meidt. Ringwaldt 38 2), Weil doch melancoliren hilfft Avarlich nit ein meit. Fr. Spee, Trutznachtigall p. 96 s). Nicht oft seheint zu derartigen Verstärkungen lot gebraucht worden zu sein: da stet in in aller not niht gen eime halben löt. Helbl. VIII, 920. daz euch daz golt von mir verpirt und eu nimmer ein löt wirt. Enenkel *). Selten weichen Dichter von den bisher genannten traditionellen Bildern ab und gebrauchen neue. Ich füge ergänzungshalber fol- gende bei. Wolfrom sagt, um die gänzliche Missachtung auszu- drücken: daz aht ich als ein kleine breme viele uf einen grozen ür. Willehalm 335, 8. etslicher gröze wunden ahte als einer brämen kraz. Ebend. 449, IS. Marner gebraucht einmal Milbe als Bild des Kleinsten: daz sich vor ime verbirget niht so kleine als ist ein milwe. I. 5). und Konrad von Würzburg den Staub, das Mehl desselben Thier- chens: so kleine ein milwe nie gemuol, din wandel si noch kleiner. Gold. Schmiede 308. heisst es: kleine Pfening oder Meudten , der vngeuerlich einer ein cölnischen heller wertt were; in einer andern von 1d89: vntaugliche ausslendische Münzen vnnd Meiten. K e h r e i n , Gramm, d. deutsch. Sprache d. IS.— 17. Jahrh. p. 82. 1) Das andere Buch; Sehr herrliche schöne artliche gebundene Gedicht. Nürnb. 1S60. 2) Die lauter Warheit. Erffordt 1398. 3) CöUen 1649. ■*) Scriptor. austr. II, 542. *) H. MS. 11, 236 a. über die bildl. Verstärkung d. Negalion bei mhd. Dichtern. 46 1 In positiven Sätzen kommt unzählige Male das Wort wiiit als Bezeichnung des Unhedeutenden, Nichtigen vor i)- Gewöhnlieh steht es in Verbindung mit den Verben sin, dünken. Ich gebe folgende Belege: ez was ir aller werben wider in ein wint. Nibelung. 47, 2 swaz iemen streit nach eren daz ist gar ein wint wider Sifriden, des künic Sigemundes kint. Ebend. 229, 3. swaz kleider ie getruogen edeler ritter kint wider ir gesinde was iz gar ein wint. Ebend. 844, 2. swaz iemen tet mit milte, daz was gar ein wint unz an Dietrichen. Ebend. 1399, 1. swaz er da vor h^te in strite getan den Etzelen recken, daz was gar ein wint. Ebend. 2339, 3. daz was ir allez hie ein wint. Nibel. Klage 143. daz was allez her ein wint. Ebend. 663. daz ane sehende herze ser was dem gougelaer ein wint. Lanzelet 745S. daz was allez ein wint wider daz ungemach. Herbort Troj. S778. sie waren alle ein wint. Ebend. 9109. doch alz iz gelesen lian was ez allez ein wint. Ebend. 10101. swaz si im gehiezen, daz was allez ein wint. Ebend. 11931. sin gelubede ist ein wint. Ebend. 13091. des weiz ich wol daz zoberlist gein mannes herzen ein wint ist. Ebend. 1767ä. doch was ir aller schoene ein wint wider die sechzehenden frouwen. Erec 8279. daz ist et wider in ein wint. Ebend. 8810. und hetet ir sehs manne kraft daz waere ein wint wider in. Iwein 6341. im ist daz leben als ein wint Sit er Blanscheflur hat vlorn. Flor 2452, 1) Wir finden den Wind schon in den Büchern des alten Bundes als Sinnbild des Eiteln, Nichtigen, z. B. Quid ergo prodest ei, quod Iwboravit in ventum. Eccle- sirtsles V, lö. — Ecce omnes injusti, et vana opera eorum; ventus et inane simulacra eorum. Isaias 41, 29. 462 D«"- lg"az V. Zingerle des fuore ist da eng-ein g'ar ein wint. Parzival 66, 2S. Liäzen schoene was ein wint g-ein der meide diu hie saz. Ebend. 188, 6. al irdisch triwe was ein wint, wan die man an ir liebe saeh. 249, 24. dröwen und vlehn was im ein wint. 3Üi, 6. al äventiure ist ein wint. 318, 20. Parzivals schoen was nu ein wint. 796. 7. ez was ie jenen her ein wint, swaz mich strit od minne twanc. 814, 4. der heiden riterschaft ein wint was. W. Wiliehalm 29, 20. noch was des hers kraft ein wint. Ebend. 36, 5. ir aller kraft gein dirre ein wint ist. 434, 14. iuwer kraft diu ist ein wint. Wigal 90, 1. daz was in da wider als ein wint. Tristan S9, 1 *}. ez ist allez umb den wint. Ebend. 93, 3. deist allez hie wider in ein wint. 208, 21. gar din dienest was ein wint. Türheim's Tristan 538, 38 «). allez leit daz ist ein wint. Ebend. S85, 6. allez daz ir habt vernomen, daz ist gar ein wint. Walther S6, 17. so ist min schoene ein wint. Ebend. 116, 12. da ist rede ein wint. Neidhart 49, 9. ir aller schoene was ein wint. Mai 9, 26. der gewin waer mir ein wint. Helmbrecht 378 3). sun, al die troume sint ein wint. Ebend. 617. ez ist aber allez ein wint swaz ich dir liebes hän getan. Strieker's Karl 9202. swaz er gesprach, daz was ein wint. Amis 2361. des ist min tihten ein wint. Frauenehre 2S. so waere ir leben als ein wint. Ebend. 811. dö was ez allez sam ein wint swaz ich von zühten hän vernomen. tlute Frau 2380. alle hilfe ist ein wint. Krone 26668. *) Ed. M a s s in a n n. 2) Ed. M a s s m a n 11. 3) Haupt, Zt. IV, 334. über die bildl. Verstärkung d. Xegntioii bei mhd. Dichtern. 463 SO ist din bete g-ar ein wint. Pass. 35, 80 »). im was ir bete gar ein wint. Ebend. 62, 43. alle ir kunst was ein wint. 298, 20 2). des kindes liep was im ein wint. Gut. Gerhart 6134. daz was im allez als ein wint. Barlaam 334, 33. daz was im gar an helfe ein wint. Ebend. 364, 5. elliu wort sint als ein wint. Freidank 67, 7. der eine was ir als daz golt nnd der ander als der wint. Konrad's Engelhart 1239. daz ist gar ein wint biz an die wunne die mir sint von dir komen in den muot. Ebend. 4315. sin trüren was viJ gar ein wint. Konrad's Troj. 3330. , wan ez ist allez noch ein wint, swaz man von liuten ie gesluoc. Ebend. 13035. daz allez was relit als ein wint. 34463. daz was in allen als ein wint. 48283. elliu werc sint gar ein wint. Langenstein's Martina 25, 77. e doch ist der geloube ein wint. Ebend. 49, 39. Sit ez ist der lieben gar ein wint. Schenk v. Limburg s). alliu wunder des gen dem wunder ein wint. Kolmas *). diz kurze leben daz ist ein wint. Rugge ^). schilt unde kint daz ist ein wint. Wilder Alex. I. ß). den tumben ist guot rät ein wint. Kelin I, 2 ^j. ir Sit ein wint, ich kau iuch wol gestillen. Ebend. lll, 1 »). vor ir kluokeit ist aller vrouwen list ein wint. Sonnenburc I, 20 »). 1) Ed. K ö p k e. 2) Ed. Hahn. 3) H. MS. I, 131 i. -«) Minnesangsfrühling 120, 27. 5J H. MS. 468 6, 2. Minnesangsfriihling 97, 39. «) H. MS. II, 364a. ') H. MS. Iir, 20 A. *«) H. MS. lll, 23 o. 9) H. MS. III, 71 h. 4 (3 4 Dr. 1 g- n a z V. Z i n ^^ e r I e min rede diu ist noch gar ein wiut. Reinmar II. i)- alle schuole sint gar ein wint. Reinm. v. Zweier 31 2). Lebe tüsent jär, daz ist ein wint wider manigen iären, diu da niht ze zelne sint. Ebend. 190 ^). die mit den swertern sint da engegen alle gar ein wint. 230 *). die Sünde wären mir ein wint. Marner 12 s). was ich von hübschen leuten ie gesach ist als ein wint. Elbh'n 6). daz was ir allez hie ein wint. Klage 14S 7), das was allez her ein wint. Ebend. 663. Avaz halt die Etzeln man in strite künden da begän, daz was wider in ein wint. Biterolf 3595. waz allez iuwer her gestreit, daz was wider in ein wint. Ebend. 3839. ez ist allez ein wint waz wir mit beiden hän gespilt. 6466. waz man strites ie began, daz was wider disen ein wint. 10110. waz wir ie täten hie bevor, daz ist wider diz ein wint. 12302. sin kraft unt sin sterke diu ist gein dir ein wint. Rosengarten 1231. swan er solde striten, daz was im ein wint. Ebend. 1332. aller meide schoene ist ein wint gen der schoene die si hat. Meleranz 12088. daz wer mir zu solde ein wint für din minne. Jung. Titurel 1142, 1. gein im sint alle fiirsten gar ein wint. Wartburg 11, 16. 1) H. MS. III, 318 6. 2) Ebend. II, 183«. 3) Ebenii. II, 211 ö. 4) Ebend. II, 218 J. 5) Ebend. II, 249 6. 6) Diutisca II, 92. ^) Ed. Hol tz mann. über die bildl. Verstärkung d. Negation bei mhd. Dichtern. 405 die sint kein ir tunkilvar und gen ir schone gar ein wint. Marienlegende 1073 i)- disiu hie sint gar ein wint. Alexius A, 248. so ist aliez daz ungemaeh ein wint. Heinr, v. Krolewitz 2074. ir aller vehten was ein wint. Laurin 2381. aller adel ist gein in ein wint. Tugenden Schatz 82, 5 3). dat is allent gar ein wint. Kronika v. Sachsen 257, 23. ez ist reht allez ein wint swaz hie trinkens ist geschehen. Martinsnacht 146 ^). und ir wort sind als ein wint. Liedersaal 28, 602. aller held craft ist gar ein wint. Ebend. 217, 80. disiu wort sint als ein wint. 239, 113. ir vechten ist gen uns als ain wint. Fastnachtsp. S89, 29. daz was im vil gar ein wint. Enenkel *). Viel seltener findet sieh wint neben dünken u. ähnl., z. B. sie düht in dem sinne der tot erliten als ein wint. Flor 6S32. ezn dunke mich da wider ein wint, Tristan 123, 3. ir herschaft dunket mich ein wint. Freidank 76, 17. do duhte in allez daz ein wint. Stricker, kl. Gedichte VIII, 18. unde duhte in wesen gar ein wint. Passional 33, 68 s). und alle die für einen wint diu gotes gebot Avellent haben. Anegenge 33, 73. diz wort schetz ich für einen wint. Altsehwert 7, 16. Nur höchst ausnahmsweise kommt wint in Verbindung mit an- dern Verben vor, z. B. der marcräf vaehte umben wint. Wolftam's Willehalm 327, 2. er waere tumber danne ein kint und vaehte er mit dir umben wint. Tristan 284, 26. der Told vecht umb den wind. Ottokar 537 6. 1) Bartsch, mitteldeutsche Gedichte p. 31. 2) Ed. Kelle r. 3) Gesammtab. II, 461. ■») M a s s ni a n II , Kaiseichronik III, 833, 13. 5) Ed. H a h n. 466 Dr. Ignaz V. Zingerle muoter ir sorget iimhe den wint. Neidluut 7, 35. wir hall gröz ungevelle von strite erliten umb den wint. Konr. Trojanerkrieg 37423. der slag der wag im als ein wint. Boner F. LXII, 54. Mit riiht verbunden begegnet es höchst selten, z. B. da hebt sich ein gemurde von, daz ist niht ein wint. Schuhneister v. Eszlingen II, 2 i). tot daz (ist) niht ein wint. Marner 21 ^). Es hat dann die Bedealüng, das ist keine Kleinigkeit. Weit verbreitet und nra t ist die Verstärkung der Negation durch wiht 3). Schon im Alexaiderliede begegnet sie uns: ob ir da heime iuwit sagit, des ir hie getan habit, daz ist alliz ein wiht. 3993. Spätere Belege finden sich allenthalben. diu aventiure ist ein wiht. Lanzelet 2218. der pfaffen disputieren ist mir gar ein wiht. Walther 27, 14. so ist vaz und tranc ein wilit. Ebend. 106, 22. min eines loben ist ein wiht. Freidank 61, 1. des leben ist ein wiht. Schulmeister v. Eszlingen V. *). des grüezen ist mir gar ein wiht. Reinm. v. Zweier II, 246 5). so waere in der werkle diu vröude ein wiht. Älarner VIII. e). der riehen riehtuom waere ein wiht. Siiszkind IV. '). dar waere ein tumber leie gar ein wiht. Hinnenberger 7 8). ») II. MS. 11, 138 a. 2) H. MS. II, 202«. 3) Schon U I f i I a s gebraucht vaihts dafür. Vergl. Grimm, Gramm. III, 734 ff. 4) n. MS. II, 138 6. ^) ELend. II, 221 b. «) Ebend. II, 240«. ') Ebend. IF, llidh. ») H. MS. III, 40 6. Ober die bildl. VersUirkuiig d. Negation hei iiilul. Dichtern. 467 daz uns ir spise wurde ein wiht. Gerhart 2467. Sun alle wislieit ist ein wiht, Winsbecke Str. 6 *). die nebelkappen sind ein wiht. Str. 32 3). ez ist ein wiht. Winsbeckin Str. 10 3). diu späte riuwe ist gar ein wiht. Str. 16. betwungen leben ist gar ein wiht. Str. 27. so ist din meisterschaft ein wicht. Passional 88, 62 *). Cristes lere ist im ein wicht. Ebend. 168, 22. wan allez iuwer striten daz waer gein mir ein wiht. Rosengarten SlO. disiu groziu reise diu waere gar ein wiht. Rosengarten 1294. iuwer geide ist ein wiht. Laurin 269. sin helkap waere sus ein wiht. Ebend. 888. iedoch sin bete was ein wiht. 939. do was sin bete ein wiht. 977. din bete ist gein mir ein wiht. 987. iuwer fröude wirt ze wiht. 1575. ir geloube ist gein uns ein wiht. 2317. iedoch was ez ein wiht. 2341. sin striten was ein wiht. 2352. die sibenzik mark, daz ist ein wiht. Rittertreue 238 5). und sprach: ez ist ein wiht. Liedersaal 37, 39. waz do der schadhafte man sprach, daz was doch ein wiht. Ebend. 40, 107. ez ist al sin kunst ein wiht. 61, 101. so waer min dienst sust ein wiht. 90, 158. wan zagheit ist gar ein wiht. 122, 74. gebts nu dar, ez ist ain wiht. 141, 55. dem wirt der werlte crön ein wiht. 178, 28. daz was gen miner kunst ein wiht. 217, 39. da ist alliu sünd ein wiht. 218, 50. » ) B e n e c i< e's Beitrüge 46i . 2) Ebend. 470. ■i) Ebeud. 482 II. •*) Ed. K ii pke. =>) H. Gesanimtiib. I. 111. Sit/.b. d. |.bil.-iiist. CI. XXXIX. Bd. III. Hft. 31 JS^Qß Dr. I g n a z V. Z i n g e r 1 e min einez leben ist ein wilit. Liedersaal 218, 147. so was och al diu weit ein wiht. Ebend, 230, 76. alle lieb waer ein wiht. 231, 214. Viel seltener begegnet es bei dünken, z. B. swie gerne ich sünge guoten sanc, der danket sie ein wiht. Br. Wirner III, 10 i). min rät sie dunket gar ein wiht. v. Sunnenburg I, 33 3). wan si dunkit gar ein wiht. Langenst. Marl. bl. 57, IS. ez dunket mich ein wiht. Rosengarten 1710. sin lere tuhte si ein wiht. Liedersaal 3S, 36. so tunkt in al spis ein wiht. Ebend. 67, 129. Nur ausnahmsweise kommt es neben anderen Verben vor, z. B. und pringtz doch alle sampt ain wiht. Liedersaal 228, 28. Mit niht verbunden steht es: ez ist niht ein wiht. Rosengarten 1360. Noch ungleich häufiger vvird zur Verstärkung das zusammen- gesetzte enwiht gebraucht, statt dessen auch entwiht, unwiht steht. Es kommt wie wiht gewölinlich neben den V^erben wesen, werden, dünken vor. daz elliu miniu dinch äne dine helve inwiht sint. Diemer 302, 26. er ist ze arbeite enwiht. Kindheit Jesu 492. euch ist din rede enwiht (unwiht). Ebend. 1803. zeiner zisternen warn si beidiu dö enwiht. Parz 661, 25. al sin suochen was enwiht. Trist. 96, 10. din smeichen, sprach si, deist enwiht. Ebend. 206, 27. die rede : wan diu ist enwiht. Wigalois 52, 36. unser fröude waere enwiht. Ebend. 57, 38. waz touc diu rede? si ist enwiht. 151, 8. so waerestu immer mer enwiht. Mai 67, 28. 1) II. MS. 111, 18 i. 2) Ebend. ML 7ä \izi [Aovaaxrjfiio-j dni -(ri-iKXQ-zrßo^ nspi xov TOJtov xoD MapaixopEoo eU oi/0[Aa -i(aiu|j.£vov xoD TitJ.tO'j xa;i4pyrou xü)v «VW 3uvä|A£U)v MiyaTjX. . . •>) Szirmay: Not. top. Com. Zemp. p. S2. Beiträge zur Geschichte iler Union der Ruthenen in Nordungern 483 pflanzt wurden 9- Sie scheinen den griechischen Ritus im Gottes- dienste bei ihren Stammgenossen eingeführt zu haben 2). Derselbe Fürst stiftete am 8. März 1360 das Basilianer- kloster St. Nicolaus auf dem Berge Czernek bei Mnnkacs, schenkte demselben die Dörfer BoboAische und Lanka s) nebst arideren Rech- ten und wählte dort seine Begräbnissstätte. Dasselbe blieb bis auf die neueste Zeit der Hauptsitz der ruthenischen Hierarchie in Ungern. Schmitth*) vermuthete, dass Kyriatovics und die von ihm in das neu gegründete Kloster berufenen griechischen Mönche unirt waren. Er glaubt es aus den Worten der Stiftungsurkunde „pro refrigerio animce nostros" folgern zu müssen , welche den Glauben an das Fegefeuer voraussetzen; ferner aus der Betrachtung, dass der glaubeuseifrige König Ludwig solche Ansiedlungen von Andersgläubigen, gegen welche er auf Veranlassung des Papstes Kriegszüge unternommen und die er nicht so sehr sich als dem heiligen Stuhle unterworfen hatte, nicht geduldet haben würde. Es dürfte sehr schwer sein, diese Frage in einem oder dem andern Sinne zu entscheiden, da nicht einmal die Echtheit der Stiftungsurkunde feststeht 9. So viel scheint aber jedenfalls gewiss zu sein, was auch Schmitth zugibt «j, dass in kurzer Zeit nach der Stiftung des Klosters die Mönche daselbst dem nicht uiiirten Glaubens- bekenntnisse aniiingen und an demselben während des fünf- und sechzehnten Jahrhunderts festhielten. Nachdem Abgange der Munkacser Voivoden überging das Recht der Verleihung der Güter dieser Stiftung und des damit verbundenen von dem ruthenischen Volke und Clerus erhobenen Cathedraticums an die Könige von Ungern als oberste Patrone aller innerhalb des ^) Czörnig, I. e. p. 147. 2) Novotny: Sciagraphia etc. II. p. 65. „Emericutn pedo et infula Agricnsis ecclesiae ornatum (Ludovicus rex) eam in provinciain misit (1377), qui Sacra autho- ritate religionem procuraret apud populiim Graecorum erroribus infectum". Schmitth: Episc. Agr. F. p. 330. — Engel: Gesch. v. Halitsch und Wladimir in Baumgartner's Allg. Welth. Bd. XLVIII. p. 603. 3) Bubuli eska Bobovics, Dorf in der Beregher Gespannschaft. Lauka L a u f k a, Dorf, ebendaselbst. *) Schmitth: Episc. Agr. I. p. 30S. Not. 5) Vergl. B atthyan: Leges Ecciesiasticae etc. Alba Carolin. 1785. I. p. 314, Not., wo sie geradezu als eine Erfindung erklärt wird. 6) L. e. I. p 305. Not. Sit/b. d. phil.-bist. Gl. XXXIX. Bd IV. Hft. 32 ;J. ,^ ;^ J o s e p h F i e (I I e r Königreiches gelegenen Kirchen i). welche auch in dieser Eigen- schaft für die ungeschmälerte Aufrechthaltung der Jurisdiction, so wie für den unbehelligten Bezug der Einkünfte des Bischofs durch viele in kräftigen Worten abgefasste Schutzbriefe und Erlässe an die Beiiörden, Landherren und Untergebenen Sorge trugen s). So werden sie im Jahre 1458 von dem Könige Mathias dem Prie- ster Lucüs verliehen 3) und im Jahre 1491 von dem K. Wladislaus IL dem B i s ch 0 f e Johann, welcher Titel hier zum ersten Male vorkommt*}. K. Johann II. (Zapolya) verlieh auch dem Bischöfe Lariona (Hilarion) das Recht sich bei Lebzeiten einen Nachfolger im Bis- thume zu ernennen, und befahl allen ruthenischen Priestern den vom Bischöfe Lariona ernannten Nachfolger als wahren und rechtmässigen Bischof anzuerkennen und ihm Gehorsam zu leisten ^). Im Jahre lö68 producirte der Bischof Ladislaus Szent-Miklossy, Hilarion's Nachfolger 6J, dem Unghvarer Obergespann, Franz Drugeth von Homonna, eine Urkunde des Kaisers, so wie des obersten Capitüns von Ober-Ungeri), Schwendi, des Inhalts, dass dem Bischof der freie Verkehr auf den Gütern des Obergespanns zum Behufe der Vor- nahme der im griechischen Ritus gegründeten Visitation der zu 1) Bas ilovits, I. c. II. p. 79. -— .Ms. K o 1 1 a r. No. 386, p. 3. im k. k. Hausarchiv. 2) Beilajrel; dann bei ß a si I o v i ts die Erlässe K. Ferdinand I., Max. IL, Rudolf II. u. s. w. 1. p. 26 et seqq. 3j — — Eundem (Lucam Presliyterum Ruliienum) ad Plebaniam Rulhenicalem Sanci Nicolai prope Possessionem Munkachmonostor uocatam — — duximus eligeudum et noniinandum , eandeinque eideni simul cum duabus possessionibus puta Bubowistbye et Luka vocafis et ad eandem Plebaniam ad antiquo spectantibus pariterque cunotls ipsaruM) Plebaniae et Possessionuni utilitatibus etc. — dandas et conferendas . . . Ur- kunde ddto. Buda inVigilia fest! Assumptionis Beatae IVIariae Virginia (14. August) 1438. — P r a y : Specinien Hierarchiae Hungariae etc. Posen, et Cassov. 1776. I. p. 379. — B a s i lo vi t s, I. c. 1. p. 16. — Ka to n a : Ilist. cril. Reg. Hung. XIV. p. I4I. *) Plebanis Ruthenis sub Jurisdictione Ecciesiae Beat! Nicolai Confessoris in Oppido Munkacs ritu Giaeconim fundatae existenlibus mandamus quatenus a modo deinceps Reverendo Palri Joanni E p i s c o p o Vestro, sub cujus scilicet juris- dictione estis in oninibus licitis et consuetis juxta antiquam consuetudinem obedire et oblemperare ipsumque revereri teneamini. Urkunde ddto. Albae Regalis Die Doiiiinico proximo ante Feslum ad vincula Beati Petri (31. Juli) 1491. ßasilo vits, I. c. I. p. 23. *) Urkunde: Datum in Arce nostra Gyako (Gyalw) Vigesimo quinto die Januarij Anno D.miini Millesinio, qiiingenlesimo sexagesinio primo. Bas ilovits, I. c. 1. p. 32. ») Beilage IV. «.". — Ladislaus Szent Miklossy ist somit der in den beiden Urkunden K. Maximilian II. v. 13. Oclober lö69 blos mit N. bezeichnete und von Basilovils 1. e. I. p. 33. (Hilarii successor immedialus quis fuerit? Nomen ejus ignotum est.)jf auch nicht gekiiunlc vfcrte (serie quarlus) Munkacser Bischof. Beitiiige ztir Gesfliichte der Union der Itiitlienen in ?{ordiiiig'ern. 485 seinem Bisthume gehörigen ruthenischeii Battykoiies (Geistliche), um sich über die geistlichen Angelegenheiten und die Unterweisung des Volkes in Religionssaehen zu informiren, gestattet sei. In Erwä- gung des Unistandes, dass dieses zu keinem Nachtheile gereiche und der Bischof dabei nur seiner Pflicht gemäss handle, ertheilte dieser fiir sich und seine Verwandten die Befugniss, sie kirchlich zu visi- tiren und in Ergebenheit zu erhalten. Dieser Bischof so wie seine Vorgänger und der ganze ruthenische Clerus sammt dem ihm unterstehenden Volke folgte dem griechisch nicht unirten Ritus. Dass der Bischof Johann nicht unirt war hat Bi- schof Batthyan klar erwiesen, da jene in der von diesem abgedruckten Urkunde ausdrücklich und wiederholt Schismatiker genannt wird i); so wie er auch behauptet , dass alle Nachfolger Johann's bis Par- thenius nicht unirt waren; — dass es der Clerus war, erhellt daraus, dass die ruthenischen Pfarrer meistens aus Riissland und von dem damals noch schismatischen Bischöfe von Przemysl consecrirt und ein- gesetzt wurden 2); — dass es endlich auch das Volk war, geht daraus hervor, dass in früheren Jahrhunderten in Ungern der Name R uthe n e zur Bezeichnung eines griechisch nicht unirten Gläubigen überhaupt gebraucht wurde 3j,und es scheint auch der Umstand dafür zusprechen, dass laut Maximilian's II. Decr, VI. 1574, Art. IV. *) die Ruthenen und VValachen von der Leistung der Zehente an die katholische Geistlichkeit 1) Batthyan: Leges Eccles. I. p. S13. Not. — Katona: Histor. cril. Reg-n. Ihmg. XVII. p. 391 trat derselben Ansieht bei. — 2) Szirinay: Notitia topogr. Com. Zempliii. p. 38. „Rutheni attamen parochos ex Russiae partibus consecratos accipiebant a Premislensi Episcopo". 3) Kercselich: De Regnis Dalm. Croaf. et Selav. Notit. piaelimin. p. 496. „Plures sunt, ut ex operum lectione obsenio, qui Rutbenos coaretant Russiae veteri. Verum combiuatione facta scriptorum atque Üiplomatum, idein mihi apparet erat cum appel- latioiie Rutbbuorum saeculis Ulis, qi'od hac aetate cum Valachis aut Rascianis. Esse videlicet generale nomen designaus Orientaies Graeci Ritus". *) Max im i li a n i Imperatoris Deere tum VI. Posonii Ann MDLXXIV\ Art. IV: „Rulheiii et Valachi qui in villis in medio Colonorum doraos et alias haeredi- lates babenl, ad inlegrani dicam persoh endani sini aslricti. Ab bis vero Rulhenis et Valachis, qui domo carentes, in Alpibiis et silvys pecora alunt, media tantuin dicae pars exigaliir , iuxta articulos anni .^iillesimi, Quingcnlesimi , Qiiin(|iiagesimi noni superinde editus. A reddendis tarnen deciuiis videntur exenipti esse debere , postquam eas ipsi suae ReligionisEpiscopis et Sacerdotibus dare soleant. Si qui autem ex eis vel alijs etiam colonis furtum commiserint, tales captiet more solito convicti, per Conii- tes, aut vicecomites, aut Dominos terrestres, quil)us talis jurisdictio permissa est puniii jiossint jiixla publica statuta iS'ouiiolensia". — Corp. Jur. Run g Tyrnux. i69ß. p. I. p. r,--. 32* «o/» Joseph Fiedler befreit waren, aus dem Grunde, weil sie dieselben an ihre Geistlichen abführten. Es ist aber aus Mathiae Deer. V. Art. III *) und Vladish.i Oecr. II. Art. 453) zu ersehen, dass diese Befreiung nur den „Schisma- tikern" zukam; und es war in späterer Zeit gerade der Umstand, dass der sich mit der römischen Kirche unirende Griechischgläubige zur Zehenlleistung an den katholischen Clerus verhalten wurde, das Haupthinderniss, dass die Union keine grössere Ausbreitung gewann. Erst als die ruthenische Hierarchie im Königreiche Polen in Foke der erfolgreichen Bemühungen des Jesuiten Possevin am 2. Deceniber 1594 auf der Synode zu Brzesc die Union mit dem päpstlichen Stuhle annahm s), scheinen auch die Ruthenen in Ungern factisch dem Beispiele ihres Mutterlandes gefolgt zu sein. Die Bischöfe wurden trotz der Union nicht durch päpstliche Bullen confirmirt, da das Bisthum nicht canonisirt war und im blossen Titel und ohne Diöcese und Jurisdiction bestand. Sie übten nach der Sitte und Gewohnheit der orientalischen Kirche in Folge der von dem Metropoliten oder Diöcesan, dem sie unterstanden und von dem sie consecrirt wurden, erhaltenen Aufträge, die Jurisdiction inner-" halb der ihnen von den Verleihern angewiesenen Grenzen aus. Da das Bisthum in dem Umfange der Erlauer Diöcese lag, so erhüben auch die dortigen Bischöfe alle hier berührten Ansprüche an die- selben, was zu nicht wenigen Reibungen Anlass geboten hat *). *) Mathiae D e c r e t. V. Art. III.: „Item, quod Rasciani et caeferi hujusinndi Schismatici, ad solutionetn Decimae non astringantur, et neque per Comites paro- chiales, iiislar aliorum ad hujusmodi deciniarum soiutionem compellantur, quodijue ad Christianos, in quorum niedio tales schismatici morantur, aut e contra ratione ipsorum schismaticorum et non soiutionem decimarum, interdictum Ecclesiastieum non imponatur". Ibidem p. 138. 2) Vladislai D e c r e t. II. (1498) Art. XLV. : „Sunt plurima loca in confinibus Regni sita, in qiiibus Rasciani, R u Ih e n i, Vaiachi et alij schismatici in terris Chri- stianorum hahitant, et de eisdem terris bactenus iuxta eorum ritum viventes, nullas penitus decimas solvere consveverunt, qiios tarnen ipsi Domlui Prselaeti ad decimas solvendas cogere uiterentur. Et quia ipsae decimse in Patrimonium Christi dedicatae a Christi fKleliiius et non alijs sciiismaticis hominibus (praesertini vero illis , ad vocatioiiem et asseciirationem Reg-iae Majestatis acVVojvodarum Banorum et caeteroruni Officialium, in ipsa con(inia liegni tenentium dicta loca incolentibus) exigi solent. Ob hoc ordinatum est et conciusum, quod a modo de caetero, ab ipsis Ruscianis Rutheni s, Valachis et alijs schismaticis in quibuscunque terris Christianorum residentibus. nulla; penitus decimae exigantur. Ibidem, p. 221. 3) Baronius: Annales Eecl. Col. Agrip. Tom VIl. Appendix p 814. — Szent- |v any : De orlu et Progr. et Diminut. Schism. Graeci. Appendix. *) Pray: Specinien Hierarchie' Hungarlae etc. Poson. et Cassov. 1776. I. p. 412. Beiträge zur Geschichte der Union der Rutheuen in Nordungern. 4ö7 Auch die Pfarrer waren nicht gehörig vertheilt, so, dass in einigen Dörfern gar keiner, in anderen vier, fünf ja zehn derselben mit Wei- hern und Kindern lebten und nach Bauernart alle diesem Stande obliegenden Frohiien und Lasten den Grundherrn zu leisten hatten, wozu sie sogar vom Altare weg gezogen wurden ^). Die Bischöfe und die ihnen unterstehende Geistlichkeit scheinen die Union bis zum Jahre 1627 bewahrt zu haben, in welchem Gabriel Bethlen, Fürst von Siebenbürgen, durch den Nicolsburger Frieden vom 6. Jänner 1622 2) Herr von 7 Comitaten in Nordungern (Szath- mar, Szabolcs, ügocsa, Beregh, Zemplin, Borsod und Abaujvar) geworden mit Urkunde vom 12. Jänner 1627 den Johann Gregorii (Gregorovic) auf den bischöflichen Stuhl von Munkäcs und Marmaros erhob („promovimus, praefecimus et surrogavimus"^). Aus den Worten der Urkunde, womit er den Bischof Johann „Presbiter Orientnlis Ecclesiae Graeci Ritus" — im Gegensatze zur Bezeichnung seines Amtsvorgängers Petronius „Ecclesiarum unionis Graecae Episcopum'^ '^^ — nennt, und aus der ganzen Fassung derselben, besonders der dort aufgezählten Rechte des Bischofs glauben wir schliessen zu können, dass der Bischof nicht unirt war. Bei der bekannten feindseligen Gesinnung, die Gabriel Bethlen gegen Rom und alles was damit zusammenhing, nährte, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er auch hier eine demselben nach- 1) Neque erant rite divisi sacerdotes Rutheoi in parochias, sed in aliquibus pagis nulli, in aliquo quatuor quinque decem cum uxoribus suis et liberis habitabant, more rusticorum, subibantque omnia onera et labores rusticanos Doiuinis lerrestribus, ad quae etiam ab ipso altari avellebantur. Horuni populorum et tantae raultitudinis sor- tera et conditionein miserata divina bonitas, excitavit spiritum modern! Archi- episcopi Strigoniensis (Georgii Lippai) dum ageret Episeopum Agriensera, coepit laborare pro conversione ipsorum ad fidera cathollcam et unionem efFecitque non parum, prout et successor illius Georgius Jakosits, Episcopus Agriensis, donec et isto mortuo, iterum modernus Archiepiscopus Strigoniensis omnem adhibuit operam, ut ipsos ad fideni catholieam et unionem reduceret etc. sagt der Primas in seiner Bittschrift an die Cardinäle wegen Befreiung des Bischofs Parthenius von den verwirkten Censuren bei S c h m i 1 1 h : Episcopi Agriens. HI. p. 244. 2) Firnhaber: Actenstücke zur Aufhellung der ungr. Geschichte. (Archiv d. A. d. W.) Bd. Vlir. p. 29. •■») Urkunde: Datum in Libera et Regia Civitale nostra Cassoviensi die duodecima mensis Januarij. Anno Regiiantis gratia? Millesimo sexcenlesimo vigesimo septimo. Basilovits, 1. c. I. p. SO. *) Urkunde: Datum in Arce nostra Munkacs die decima mensis Februarij. Anno Domiui Millesimo sexcentesimo vigesimo lertio. B a s i I o v i t s , I. c. I. p. 47. 488 Joseph Fi eil 1er theilige Wahl getroffen hat. Es bestärkt uns in diesem Glauben der fernere Umstand, dass auch Johann's Nachfolger, Bischof Basil Taras- sovics, welcher bekanntermassen disunirt war und wegen seines spätem Übertrittes die härtesten Verfolgungen und schwersten Miss- handlungen zu erdulden hatte, in der Ernennungsurkunde Georg Räkoczy's vom 5. Jänner 1634 i) eben so bezeichnet wird und seine Würde in Folge testamentarischer Disposition seines Vorgängers erhix'lt, der gewiss nicht einen dissentirenden Priester zu seinem Nachfolger bestimmt haben würde. Zum ersten Male begegnen wir in derselben Urkunde der aus- drückliclien Erwähnung der Wahl des Bischofs durch den*dazu berechtigten Clerus a). Der auf diese Weise in der zweiten Hälfte des Jahres 1633 (vor dem 16. October) gewählte Bischof Basil Tarassovics begab ' sich mit einer Geleitsurkunde Georg Baköczy's (vom 16. October 1633) versehen, in die Moldau, um sich von dem dortigen nicht unirfen Erzbischofe consecriren zu lassen s); war somit schon bei dem Antritte seiner Würde niclit unirt, und wurde von Baköczy mit Urkunde vom 5. Jänner 1634 fast mit denselben Worten, wie sein unmittelbarer Vorfahrer von Gabriel Bethlen, bestätigt. ' Einige Jahre später (1641) fasste er den Entschluss zur Union zurückzukehren und traf Anstalten zur Reise nach Jaszö*), wo er das Glaubensbekenntniss ablegen wollte. I *) siquidem nobis multis Noininibus inter alios idoneos coramendatus sit liono- r.nbilis Basilius Taraszovits, Presbyter Orientalis Ecclesiae Graeci Ritus, ut qui l>atiiui; et aliaruin Liiig-uarum peritus et Theologicis studiis imbutus, liberaliuni quoque Ärtium notitia, et boiiis moribus alios anteiret ac exinde ab jam diclo .loanne Gregorij in suiim locuni ad munus Ejiiscopale Testamentaria ejus disposi- tione, et modernoruin etiara Ecclesia iilius Primatum consensu surrogatus sit et eonslitutus. Talibus Dispositioni nimirum iilius et modernorum honestae comraen- dationi assensi, eundem Basiliura Tarassovitz in Episcopum pro- inouemus, prajficinius et surrogamus. Datum in Civitate nostra Alba Julia, die qiiinta inensis Januarii. Anno Doraini Millesimo sexcentesimo trig-esimo quarto. Basilovits, I. c. I. p. 08 et seqq. 2) Die gewöhnliche Ansieht ist wohl, dass erst Tarassovics von der Union abfiel. Die hier angeführten Gründe lassen uns aber die von uns aufgestellte Annahme als wahrscheinlicher erscheinen. *) Urkunde: Datum in Arce nostra Szamos-Ujvar , die decima sexta Octobris Anno domini Millesimo sexcentesimo trigesimo tertio. Basilovits, I. c. I. p. S7. •») Jaszö , Marktflecken in der Abaujvarer Gespannschaft, war der Sitz des Bischofs und des Doracapitels vun Erlau, so lange sich letztere Stadt in der Gewalt dei Türken befand. I I Beitrüge zur Gescliiehle der Union der KuLhenen in Nordungern 46 J Du'ser Schritt erbitterte Raköczy so sehr wider den Biscliuf, diiss er ihn durch den obersten Capitän des Munkacser Schlosses Johann Ballingh von Gelse mittelst einer in das Klostor St. Nicolaus, diegewöhiiliche bischöfliche Residenz, abgeschickten AbtheiliingFuss- volks während der Feier des Messopfers am Altare ergreifen, in den Pontificalien durch die Strassen der St.idt in das Schloss abführen, daselbst gefesselt in das Gefangniss werfen, und zugleich auch alles bewegliche und unbewegliche Gut des Klosters mit Gewalt in Besitz nehmen Hess. Eine Mahnung Johann Drugetli's von Homonna und Stephan Nyari's, General -Capitäns von Ober -Ungern, an Ballingh war nicht nur fruchtlos, sondern hatte sogar eine härtere Behandlung und das Project der Abführung Tarassovics' nach Siebenbürgen zur Folge. Hieraufforderte K.Ferdinand III. in dem Schreiben v. 22. Februar 16411) denselben auf dieses wider die Freiheit der Kirche, die Autorität des Königs und die Gesetze und Gewohnheiten des Reiches streitende Vorgehen gegen Tarassovics einzustellen, denselben frei zu lassen und die mit Gewalt besetzten Güter des Bisthumes heraus- zugeben. Auch diese Aufforderung blieb ohne Erfolg. Eben so die Proteste des Johann Marinits, Archidiakons und Vicars des Tarasso- vics vor dem Iudex curiae, Johann Grafen Dugeth von Homonna, Obergespann von Ungh und Zemplin 2) und vor dem Bischöfe Stephan Simandi von Siebenbürgens); dann Johann Varro's, Archidiakons von Heves und Canonicus von Erlau vor dem Capitel seines Bis- thumes*). Nachdem der Kaiser durch den Palatin eine ebenfalls vergeb- liche directe Interposition bei Georg Räköczy selbst hatte machen lassen, schickte er Sigismund Eorsy, Vicegespann des Ödenburger ») Urkunde: Datum in noslra et Saeri Roraani Imperij Ralisbona Civilate, die 22''^ inensis Feliruarii (Anno) Millesimo, sexcentesimo quadragesinio primo. Basilo- V i ts, I. e. I. p. 66. 2) Urkunde des Grafen Joh. Drugelh von Homonna: Datum in Aree nostra Unghvariensi die nona mensis Junii Anno Domini Millesimo, sexcentesimo quadragesimo primo. Ibidem I. p. 73. 3) Urkunde: Datum feria secunda proxima ante festum ßeatorum Gervasii et Protasii Martyrum. Anno Domini Millesimo. sexcentesimo, quadragesimo primo. Ibidem I. p. 76. 4) Urkunde desCapitels: Datum Jassoviae, Dominica quinta Trinitatis. Anno Domini Mille- simo, sexcentesimo quadragesimo primo. Ibidem I. p. 71. ^QQ Joseph Fiedle r Comitats an denselben ab i), mit dem Auftrage, dem Fürsten die ein- dringlichsten Vorstellungen darüber zu machen, wie er durch die Gefangennehniung des Bischofs dielmmunität des geistlichen Standes, die Würde des Kaisers, die Gesetze des Reiches und die Stiftung des Beneficiums verletzt habe, was alles Se. Majestät, welcher die Er- haltung der Geistlichkeit im Besitze ihrer Freiheiten, und die Fern- haltung von Beeinträchtigungen der Landesgesetze besonders am Herzen liegt, nicht länger dulden will. Er möge daher die Freilassung des Bischofs, die Zurückgabe der entzogenen Güter desselben, so wie die Erlassung des Verbotes, denselben in seinen geistlichen Ver- richtungen weiter zu stören, verlangen, und wenn Schwierigkeiten erhoben werden sollten, es in Anbetracht der Umstände, dass die Gefangennehmung auf kaiserlichem Gebiete staltfand und Sieben- bürgen in keiner Weise berührte, kraft der Autorität des Kaisers befehlen, da der Bischof laut des Gesetzes ohne vorhergegangene Citation und Überweisung nicht angehalten noch am Vermögen gestraft werden könne. Habe der Fürst etwas gegen die Person des Bischofs, so möge er es auf dem Rechtswege suchen. Übrigens soll der Abgeordnete alle Gründe vorbringen, die den Fürsten bestimmen könnten, sich zur Erfüllung der Wünsche des Kaisers in Güte zu bequemen, sodann seine Rückkehr beschleunigen und über alles aus- führlichen Bericht erstatten 2). Dieses ernste und kräftige Auftreten des Kaisers hatte zur Folge, dass Rakoczy den Bischof am Anfange des Monats April 1642 frei liess und ihm alle genommenen Güter zurückgab. Der Bischof kehrte in das Kloster zurück und war mit der Ord- nung seiner durch die lange Gefangenschaft zerrütteten Angelegen- heiten beschäftigt, als er neuerdings durch denselben Ballingh von dort vertrieben wurde. In dieser abermaligen Noth nahm Tarassovics wieder seine Zu- ilucht zu K. Ferdinand HI., welcher aus den früheren Gründen die Restitution des Bischofs von Rakoczy verlangte ^J, und durch seinen 1) Creditiv für Eorsy: Datum in nostra et Sacri Romani Imperii Civitate Ratisbona, die 22^» mensis Augusti. Anno Millesimo, sexcentesirao , quadragesimo prirao. Ibidem I. p. 67. 2j Instruction für denselben de dato eodem. Ibidem I. p. 68. 3) Schreiben an Ritkoczy: Datum in Civitate nostra Vieniia Austriae, die vigesiraa nona mensis Aprilis. Anno Millesimo, sexcentesimo, quadragesimo secundo. [ b i d e m I. p. 78. Beiträge zur Geschichte der Union der Rutheneii in Nordungern. 491 Gesandten zur Vermählung des jungen Fürsten Georg Räkoezy, Bischof Jakusith von Erlau, betreiben Hess i). Als es ihm nicht gelungen war, die Rückkehr des Bischofs in das Munkaczer Kloster zu erwirken, nahm er ihn in seinen beson- dern Schutz, wies ihm den Markt Kallo zum Wohnorte 2) und 200 fl. aus der Zipser Kammer zum jährlichen Unterhalte an s). Tarassovics starb im August des Jahres 1648. — Bei heran- nahendem Tode hat er sowohl mündlich als schriftlich Peter Par- thenius (Parthenie Petrovics) Rotoszinszky zu seinem Nachfolger designirt und alle ihm unterstehenden Priester bei Androhung des göttlichen Zornes und des letzten Gerichtes auf das Engste ver- pflichtet, dass sie niemand anderen als Parthenius zum Bischöfe wählen*). Nach seinem Ahleben wählte auch der wahlberechtigte ruthe- nische Clerus den Basilianer-Möiich, Peter Parthenius, zum Bischöfe von Munkäcs. Georg Jakusith von Orbova, Bischof von Erlau (1642 — 1647), in dessen Diöcese die überwiegende Mehrzahl des ruthenischen Vol- kes sesshaft war, Hess es sich angelegen sein die nur zeitweise auf- gegebene Union desselben mit dem päpstlichen Stuhle wieder her- zustellen. Seine Bemühungen waren auch von so günstigem Erfolge gekrönt, dass es ihm gelang, Peter Parthenius und Gabriel Kasso- vicus für die Erneuerung der Union zu gewinnen. Zu wiederholten Malen erschien Parthenius von mehreren ru- thenischen Priestern begleitet vor dem Primas Lippai, der im Sep- tcinber des Jahres 1648 eine National-Synode in Tyrnau hielt, stellte demselben vor, wie nicht allein er, sondern auch alle Priester, die bei seiner Wahl mitgewirkt haben, sammt dem unter deren geist- lichen Leitung befindlichen Volke sich mit der (-ömischen Kirche und dem Stellvertreter Christi auf Erden, dem römischen Papste uni- ren wollen, und baten alle insgesammt, der Primas und die National- Synode wolle ihn Bischof Parthenius, seinen Clerus und das ruthe- 1) Instruction für Jakusith. ßa s i I o vi t s, I. c. I. p. 79. 2) Hescript: Datum in Civitate nostra Vienna Austrise, die vigesima nona niensis Apri- lis, Millesiino, sexcentesimo, ([uadragesimo tertio. Ibidem I. p. 81. 3) Rescript de dato eodem. Ibidem I. p. 82. *) Pray: Specimen Hierarchiae Huiig. I. p. 410. 4 Q 2 .1 o s e p h F i e d 1 e r iiische Volk als iinirt anerkennen, in der Union erhalten und dem Kaiser anempfehlen. Diese Bitte nahm der Primas und die Synode dankbar und wohlgefällig und die Bittsteller ganz brüderlich auf >), und hier wur- den auch die Moddlitäten festgestellt, unter welchen die Vereinigung vor sich gehen solle-). Der Unionsact selbst fand am St. Georgstage (24. April) 1649 in der lateinischen Kirche des Schlosses Unghvar auf den Gütern des Grafen Georg Drugeth von Homonna in feierlicher Weise Statt. Der Hergang dabei wird in einer Eingabe an den heiligen Va- ter vom lo. Jiinner 1652 3), worin der ruthenische Clerus um die Confirmation des gewühlten Bischofs Parthenius demüthig bittet, fol- gendermassen erzählt. An dem genannten Tage, an welchem der Vereinbarung mit dem Bischöfe Jakusith gemäss die öffentliche Ablegung des Glau- bensbekenntnisses stattfinden sollte, kamen 63 ruthenische Geist- liche in Unghvar zusammen, begleiteten den Bischof Kisdi (des in- zwischen verstorbenen Jakusith's Nachfolger) in die lateinische Kirche des Schlosses, hörten das heilige Messopfer in ruthenischer Sprache an, einige von ihnen empfingen das Bussesacrament und alle legten dann mit vernehmlicher Stimme das katbolische Glau- bensbekenntiiiss ab nach der vorgeschriebenen Formel : Wir glauben Alles und Einzeln was unsere heilige Mutter, die römische Kirche zu glauben befiehlt, erkennen den heiligsten Vater Innocenz X. als un- sern und der gesammten Kirche Christi Oberhirten, von welchem 1) Urkunde Lippai's : Datum Tyrnaviae in Archi Episcopali nostra Curia, die 4* meosis Januarij Anno Üomini ' illesimo , sexceatesimo , sexagesirao. ßasilovits. I.e. I. p. 95. 2) In den Synodal-Propositionen des Primas vom Jahre 1648 heisst es röcksichtlich der in Verhandlung befindlichen Union: XXIll. „In Scepusio, prajfertim vero in Agriensi Dioecesi, ostiura non leve aper- lum est, convertendis et ad unionem S. Matris Ecciesia; adducendis Rutbenis Schis- mt.ticis: quorum sacerdotes non paiici jam ad ßccieslae gremium coufluxerunt; iiivi- fantur hi praesertim si eos privileglorura Status Ecclesiastici ac libertatis participes elTecerimus; si Domini terreslres i(isos pro exemptis a laborihus ad minus peisonali- l>us habuerint, et aliis (iiiibusdam ultt-rius declarandis quos paternis ulnis excipien- dos existimarem, accommodando omnia et singula, unioni reliquorum graeci ritus non Schisniatioorum et usui vicinarum Polonicarum Ecciesiarum in eadera natione" Peter ffy: Sacra Conc. Ecel. Ilung. II. p. 382. 3) B e i I a g e I V. A. — B a s i 1 o v i t s, I. c. I. p. 84. (Schlecht abgedruckt.) Beiträge zur Geschichte der Union der Ruthenen in Nordungern. 4 Jo wir und unsere Nachfolger abhängen wollen, unter der Bedingung, diiss uns 1. erlauht seiden Ritus der griechischen Kirche beizubehalten; 2. einen von uns gewählten und von dem päpstlichen Stuhle bestätigten Bischof zu haben, und 3. die geistlichen Immunitäten zu gemessen. Diese Vorbehalte mögen es gewesen sein, welche durch die zweimalige Absendung des Parthenius an den Primas und die Synode vereinbart von dem Erlauer Bischof Benedict Kisdi (1648 — 1660) und dessen Generalvicar unter 'Assistenz des Jesuiten Thomas Jass- be.enyi genehmigt wurden. Insbesondere wird in der Eingabe auch die väterliche Sorgfalt gerühmt, womit der Primas Georg Lippai und der Bischof von Waizen, Mathias Tarnoczy i) das Univonsgeschäft zu Stande gebracht haben. Unterschrieben ist das Actenstück von den Priestern Alexius Ladomiczki, Archidiakon von Makovica; Stephan Andreas, Archidiakon von der Zips; Georg Stostovics, Archidiakon von Homonna; Stephan, Archidiakon von Stredna; Daniel Ivanovics, Archidiakon von Uzana (Vrana?) und Alexius Philippovics, Archidiakon von Stropka. Nach vollbrachter Union und wahrscheinlich um einer andern Wahl durch die schismatischen Bischöfe zuvorzukommen, Hess sich Parthenius 16S1 „aus Irrthum und Unerfahrenheit" in Siebenbürgen von drei schismatischen Bischöfen, nämlich Stephan Simonovics. Erzbischof von Belgrad, Gregor Maldaviczky (von der Moldau?) und Saba Bisztrinsky (von Bistran) ordiniren und zum Bischot consecrirens). Später erkannte er den dadurch begangenen Fehler und von Beue geleitet, begab er sich zum Primus -Erzbischof Lippai, entdeckte ihm die Art der Ordination und Consecration und bat um Abhilfe. Aus Rücksieht auf die Pflicht seines Hirten- amtes, verirrte Schafe im ganzen Königreiche Ungern und dessen ») Auch Probst in der Zips und k. Rath , welcher Parthenius die Administration des ruthenischen Clerus in seiner Diöcese übertragen hatte. Pray, i.e. I. p. 410. 2) Die Ordiiiations-Urkuride: Datum Beigradi anno ab orbe condito 7159 a partu vero Virginis MDCLF. in Monasterio sanctissimae Trinitatis Metropolitanae nostrae Residentiae. Pray: Specim. liier. Ilung. [. p. 409. Der Krzbischof nennt sich hier : „Stephanus Simonovicsius Dei gratia Archiepis- copusBelegradionsis, Vadiensis, Marmarosiensis totiusque Transsilvaniae, Catholicae atque Apostolicae Religionis graeci Ritus Episcopus". ^()^ Joseph Fiedler Nebeiiliiiideni zum wahren Glauben zurückzuführen und auf den für die Union daraus entspringenden Nutzen, wenn so viele Geistliche zur Einheit zurückkehren und von einem katholischen Bischof gelei- tet würden, leistete er Partlienius allen Beistand. Er unterbreitete den ganzen Thatbestand dem Papste Innocenz X. und venwendete sich auf das Eifrigste dahin, dass der h. Vater den Parthenius kraft seiner apostolischen Gewalt, als Bischof von Munkäcs verkündige, die auf ihn gefallene Wahl bestätige und von den kirchlichen Censuren, in welche er dadurch verfallen war, dass er die Consecration von schismatischen Bischöfen begehrt und angenommen hatte, absolvire. Papst Alexander VII.,iNachfolger des inzwischen gestorbenen Innocenz X. gewährte die Bitte des Primas. Mit einem eigenen Breve i) ertheilte er diesem den Auftrag und die Vollmacht, Parthenius die Pontifi- ealien und alle Gewalten der bischöflichen Würde und Jurisdiction über die griechisch-gläubigen Ruthenen im Distriete Munkacz so wie im übrigen Ungern zu verleihen und ihn von den durch die vorge- kommenen Unregelmässigkeiten verwirkten Censuren loszusprechen. Bei der in Folge dieses Auftrages angestellten öfTentlichen Unter- suchung und mit aller Sachkenntniss geführten Verhandlung, stellte sich heraus, dass Parthenius von mehreren unirten Geistlichen zum Bischöfe von Munkäcs gewählt und wirklich von drei schismatischen Bischöfen in Siebenbürgen consecrirt wurde. Da er aber nachträglich Zweifel und Gewissensbisse darüber empfand, ob denn die Bischöfe, von welchen er ordinirt worden war, bei der unter den schismatischen Ruthenen herrschenden Confusion und Unwissenheit auch rechtskräftig consecrirte Bischöfe seien, so versah ihn der Primas zur Vorsicht mit den wesentlichen Erforder- nissen der Consecration ^), sprach ihn von allen Censuren los, erklärte ihn für den wahren, rechtmässigen, von dem päpstlichen Stuhle 1) Datum Romue apud Saactani Mariaiu Majorem sub annulo Piscatoris die 8. Juiiii 1655. Poutificatus nostri auno primo. B a s il o v i ts, i. c. IV. p. 69. Bemerkeiiswerth erscheint es uns, dass die Nachfolger Peter Parthenius' nicht als gewählte Bischöfe von Muiikacs, sondern stets nur als apostolische Vicare für die unirten Rutheuuii von den Piipsten confiimirt worden sind, bis endlich im Jahre 1771 das liisthura Munkucs canonisirt worden ist. Einige derselben waren Bischöfe in partibus infidelium , so de Camillis : Sebastae; Geuadius Byzanczy: Sebastopolita- nus; Blasovszky : Agnensis und Manuel Ülsavszky : Rossensis. '■*) ab altero unito Episcopo (quem ipse modernus Archiepiscopus Noster conse- cravit et in alias Ukrajnas unitas adjuvautibus üominis Catholicis Homonnaj , üeak. Petheo etc. inslallavit) . . . Beiträge zur Geschichte tler Union der liullienen in Nordungern. 495 bestätigten katholischen Bischof von Miinkäcs i) und ertheilfe ihnn die volle bischöfliche Gewalt und Jurisdiction über alle Ruthenen sowohl in dem Districte Munkacs als auch in den Comitaten Zips, Saros, Zemplin, Ungh und Sabolcs, und allen anderen, die sonst dem Bischöfe von Miinkäcs unterstanden, und befahl dem ganzen rutheni- schen Clerus und Volke, ilim als seinem wahren und rechtmässigen Bischöfe zu gehorchen 2). Nachdem alle canonischen Hindernisse in dieser Weise behoben worden waren, verlieh ihm auch K.Leopold I. kraft seines obersten Patronats- und Collationsrechtes mit Urkunde vom 10. November 1659, das ßisthum Munkäcs mit allen Folge- rechten 3). Im folgenden Jahre ertheilte der Primas Lippai mittelst der oben citirten Urkunde vom 4. Jänner 1660*) Parthenius die Befugniss in seiner Diöcese den Gottesdienst, der von den Päpsten approbirten Gepflogenheit der griechischen Kirche gemäss in slavischer Sprache zu halten 5), wies alle Gläubigen an, Parthenius als rechtmässigen Bischof und die demselben unterstehenden Pfarrer als wahre und legitime Priester anzusehen, dann die Archidiakone, Priester und das ganze Volk kraft der ihm vom Papste übertragenen und als Primas zustehenden Gewalt, denselben als ihren wahren Seelenhirten 1) Er nannte sich: Parthenius Petrovics Dei Grati.T Eppus Munkaesiensis, Krasnobro- densis, Scepusiensis et omnium Ditionum Suae Sacratissimae Caesareo Regiae Majestatis Orthodoxae Sanetae Catholicae et Apostolicae Orientalis Ecclesiae. Beilage V. 2) Urkunde des Primas Lippai: Ex Thermis Trenchinensibus Die XXII. Julii anno Doraini MDCLV in Pray's: Specimen Hierarchiae Hungaricae. Tom. I. p. 397. (Basilovits hat von dieser wichtigen Urkunde, wie es scheint absichtlich, keine Notiz genommen.) Schon früher hatte ihn der Primas mit Urkunde vom 15. Sep- tember 1657 zum Visitator des ruthenischen Volkes nicht blos in seiner Diöcese, sondern in ganz Ungern , wenn die Ordinarien keinen Widerstand dagegen erhoben, ernannt. Ibidem p. 412. 3) Decret K. Leopold I. : Datum in Arce nostra Regia Posoniensi die Decima mensis Novembris Anno Domini Millesimo, sexcentesimo quinquagesimo nono. Basi- lovits, I. c. I. p. 91. 4) Basilovits, I. c. I. p. 95. 5) et quoniam tum ipse Reverendissimus Petrus Parthenius Episcopus, tum alii plerique ejusdem Ritus Sacerdotes, Latinum Idioma non didicerunt, juxta usitatam et a Sede Apostolica jam olim approbalam firaeci Ritus consuetudinem vulgari lllirica, seu Glagolitica lingua divina omnia peragere , Populoque sibi commisso Sacramenta miiiistrare ac reliqua Ecclesiastica munia poterunt in Domino exer- cere. 1 b i d eni. ^gß J oseph Fiedl er anzuerkennen und ihm die gebührenden Ehren und Gehorsam zu erweisen. Zugleich bat er die Grundherren, auf deren Besitzungen der Bisehof und der ruthenische Clerus wohnte, diesen gleich anderen Priestern der geistlichen Immunität sowohl rücksichtlich der Person als der kirchlichen Güter theilhaftig werden zu lassen und keines- wegs zu gestatten, dass von weltlichen Personen an ihn Hand gelegt oder derselbe gegew den Wortlaut der h. Canone in persönlichen Angelegenheiten vor Gericht gerufen werde. Endlich möchten sie auch dem Bischöfe und den übrigen Priestern erlauben , bei den Kirchen Schulen zum Unterrichte und Bildung der Jugend zu errichten, mit tauglichen Lehrern zu besetzen und diese wie jene des römischen Bitus in ihren Schutz nehmen. Gott würde ihnen jede dem Bischöfe und dem Clerus erwiesene Wolilthat in diesem und im künftigen Leben vergelten. Über den Erfolg der Union sagt das Decret K. Leopold l. ddfo. 14. Jänner 1660, dass sich bis dahin400ruthenischePriesterdemBi- schofe Pathenius unterworfen haben. Diese müssen wohl aus anderen als deniMunkäcser Districte gewesen sein; denn nach einem Schreiben des Jesuiten P. Sebastian Millei an den P. Martin Mitkievich in Krakau über die Mittel zur Förderung der Union ddto. Munkäcs 3. October 1662 i) war damals der ganze Munkäeser Districtschismatiseh und das Kloster St. Nicolaus daselbst die Besidenz des nicht unirten Bischofs. In demselben Schreiben wird 2) auch Parthenius als ein 70 jäh- riger kränklicher Greis geschildert, welcher überdies von durchaas 1) „Nouit Reuerentia Vestra hanc Munkacsiensem Ukrainara, quantacunque ea est, adhue esse schismatieam. Istorumque Ruthenorum Episcopum degere in Mona- sterio propeArcem et oppidiim sito. Est is hoiuo rudis et simul durior, quam ut ad unioDem bonis verl.is adduci possit. Rüdes pariter et duros sub se habet Sacerdotes , qiiorura aliqui etsi forte priuatim persvaderi possent , aliuriim respectu ducuntur et timore.« — 0 r i g-. im k. k. H a 11 s a r c h i v. 2) „Habemus quidem bis in partibus, ut Innuj, Episcopum unitum plurium Ukrajuarurii viium bonum et rectum Ordinis S. Basilij sed non satis doctum jamque septuag-ena- rium ac valetudinarium neque diu duraturum (cujus etiam Ukrajnas futurus hie Epis- copus comendaret et g-ubernaret) qui impar est istis instituendis vel'uniendis. Est et alius liasilianusTheoiogus, qui Vienuae studuit meo tempore, vir bonus et exemplaris, sed Parochus Catholicus Homonnensis. Verum quia hie schismaticis notus est ulerque et Olim jam sub Capitaneis et dominis haereticis odiosus effectus nomine Papistico : neuter illorum videturposse cum fruclu subrogari . . . . Nam ex jam pr»concepto odio nee audirentur debile, nt:c forte de vita securi essent«. Beiträge zur Geschichte der Unioi) der üiitheneii in Nordungern. 4 J / unzulänglicher wisspnscli;iftlicher Bildung den Anforderungen einer gedeihlichen Durchführung der Union nicht gewachsen sei. Wie lange Parthenius gelebt und seine bischöfliche Würde bekleidet hat, kann nicht mit Bestimmtheit angegeben werden. Nach den Angaben Basilovitsi) wäre er noch im J. 1670 Bischof ge- wesen, da er nach der von diesem angestellten Rechnung noch in demselben Jahre Johann Lochowszky und Johann Zaw^idowszky zu Priestern ordinirt hatte. Sein nicht unirter Gegenbischof war der von Sophia Bath<»ry2), Witwe Gforg's Räköczy IL, Fürsten von Siebenbürgen, ernannte Joannicius Zeikan, welcher auch durch die Verwendung seiner Gön- nerinn in der Moldau consecrirt worden war, und in Misticze, dann aber im Munkacser Kloster residirte. Er hat sich um die Aufbauung der Klosterkirche in Munkäcs wesentliche Verdienste erworben und scheint noch im Jahre 1684 sein bischöfliches Amt verwaltet zu haben s). Ausserdem werden von Basilovits zwei Bischöfe, Porphyrins Ardan und Methodius Rakowecky erwähnt, und in der Reihenfolge der Bischöfe bei Kollar*) noch mehrere Namen angeführt, von welchen dieser wohlunterrichtete Mann behauptet, dass sie aus Griechenland odei- der Wallachei eingewandert, nicht unirt gewesen sind, und es sehr zweifelhaft ist, ob und von wem sie die bischöf- liche Würde erhalten habend). Der grösste Förderer der katholischen Interessen in Ungern, Cardinal v. Kollonics, brachte 1689 den Bischof von Sebasfa, Johann Joseph de Camillis, einen Griechen, als Missionär von Rom mit, welcher kurz darauf zum Bischöfe der Ruthenen von K. Leopold I. resolvirt worden ist. Am 20. April 1690 wurde er von dem Bischöfe 1) Bas ilovits, I. c. 1. p. 99. 2) Sie trat in der Folge zum Katholicismus über und wurde eine sehr eifrige Förderinn der Union, so, dass K. Leopold I. in dem Iinmuniläts-Patente für den ruthenischen Clerus von 23. Aug. 1692 ihre grossen Verdienste besonders hervorhob. 3) Basi lo vi ts, l. c. I. p. 100. 4) Beilage XU. 5) MS. Kolla r No. 386. p. 7. Deinortuo Partheiiio cum usque ad annum 1689 Munka- csieiises Eppi per Reges deiiouiinati non fuerint, necjue dignosci potest a quo ordinati et Formatis iiistructi fdissent, cum a poliori Vagaliuiidos Schismaticos ex Valacliia et firaecia. de quibus duhium etiam est, utrum Eppi Charactere insigniti erani, Rakoczi Clei-o et Popiilo Munkacsieiisi pro libitii suo praeficiebant, H a n s a r c h i v. Ä gS Joseph Fied ler von Grosswardein und dem Admiaistrator der Räköczy'sehen Güter Klobusiczky als solcher installirtO- Vor Allem lag diesem daran, den durch die langjährigen Unruhen und politischen Wechselfälle erschütterten Stand der Union wieder zu befestigen. Er wählte dazu das Mittel der Particular-Synoden, wobei er den versammelten Clerus das Versprechen der Union erneuern Hess. So hielt er am 24. April 1690 eine solche mit seinen 7 Vicaren in Munkäcs ; am 1. Mai mit ungefähr 60 Priestern in Szath- mär; am 23. September in Szborow; 8. November in Stancsa ; 17 in Sztropkow; 14. December in Homonna; 18. in Trnava; 30. in Munkäcs, ebenso am 12. Jänner 1691; am 2. Mai zu Szathmär, wobei sich ihm als rechtmässigen Bischof an 350 Geistliche unterwarfen und das Glaubensbekenntniss auf die Union ablegten. Durch die Bemühungen des glaubenseifrigen Cardinais, wel- cher zugleich Vormund des jungen Franz Räkoczy gewesen ist, gelangte auch das Kloster St. Nicolaus in den Besitz der ihm von Georg Räkoczy I. gewaltsam entzogenen Güter. Am 18. Jänner 1692 resignirte nämlich Klobusiczky, in Folge erhaltener Ermächtigung alle dem genannten Kloster gehörig gewesenen Güter in die Hände des Bischofs de Camillis und übertrug ihm auch am 21. d. M. den Besitz derselben. Nach Bischofs de Camillis Tode (1704) wählte der ruthenische Clerus denJosephHodermarszkyä), einen eifrigen Pfleger der Union, zum Bischöfe. Kaiser Joseph I. bestätigte die Wahl desselben am 22. September 1707 3), Weil aber der Bisehof an der Spitze zahl- ' reicher Ruthenen thatkräftig gegen die Räköczy'sche Rebellion gewirkt, und dabei auch Blut vergossen hatte, weigerte sich der päpstliche Stuhl dessen Wahl zu conGrmiren. Die wiederholten Ver- suche Kaisers Joseph I. (v. 5. Jänner 1711); der Kaiserinn Witwe Eleonora (vom 25. September und 3. October 1711) und Kaisers Karl VI. (vom 11. März und 16. April 1712) die Confirmation zu erwirken, scheiterten an der Festigkeit der römischen Curie. Als end- lich alle Mittel erschöpft waren, legte Hodermarszky am 14. Novem- ber 1715 den bischöflichen Titel in aller Form ab und behielt blos die Würde eines Abtes oder Archimandriten des Ordens des heil. *) R a s i I 0 V i ts, I. c. II. p. 87 et seqq. 2j Beilage VH. ') B a» i lo V i t s, I. e. II. p. 123 et seqq. Beiträg'e zur Geschichte der Union de;- Riilhencn in Xordiin^-crn. 400 Basilius des Grossen auf dem Berge Cseniek, sieh und den Mönchen daselbst die CoIIation der Güter desselben Klosters vorbehaltend. Einer seiner Nachfolger, Biscliof Manuel Olsavszky, wurde 1747 von dem Erlauer Bischöfe, Grafen Barkoozy, unter dem Vorwande der Beilegung des zwischen ihm und dem ßisthume daselbst über die Pfarreinkünfte herrschenden Streites nach Erlau berufen und dort zur AMegung eines die Abhängigkeit von dem Erlauer Bischöfe als seinem Diöcesan anerkennenden Eides aufgefordert i). Im nächstfolgenden Jahre (1748) erschien Bischof Barkoczy in Munkäcs, um die ihm unterstehende lateinische Pfarrkirche zu visitiren, und wollte bei dieser Gelegenheit auch die Visitation der Kathedralkirche griechischen Ritus, was früher nie der Fall war, vornehmen. Zu dem Ende lud er den General vicar, den Archidiakon und einige griechische Pfarrer vor sich, zwang sie zur Ablegung des Ab- hängigkeilseides und sollicitirte auch bei dem Bischöfe Olsavszky die Ratification des im verflossenen Jahre von ihm verlangten Eides. Barkoczy's Nachfolger, Bischof Karl Graf Esterhäzy, hinderte Olsavszky an der Ausübung der Pontificalien und anderer Functionen ■meiner hohen Würde, so wie er auch anordnete, dass die griechischen Pfarrkinder die Pfarrerabgaben dem lateinischen Pfarrer reichen sollen und dass bei Trauungen ohne Unterschied, ob der Bräutigam oder die Braut griechischen Bekenntnisses sei, der lateinische Pfarrer die Assistenz zu leisten und die Stola zu erhalten habe. Diese Differenzen hatten zur endlichen Folge, dass sich der griechisch unirte Clerus mittelst einer eigenen Deputation, zu wel- cher der Archidiakon und nachmalige Bischof, Johann Bradacs, ge- braucht wurde, an den allerhöchsten Hof wandte, um Abhilfe dieser Bedrückungen zu erbitten. Kaiserinn Maria Theresia hielt die Klagen des ruthenischen Cle- rus für so begründet, dass sie das Ansuchen um Canonisation des Bisthiims Munkäcs bei dem päpstlichen Stuhle stellte und die gün- stige Erledigung d"sselben auf das Nachdrücklichste betreiben Hess 2). Als Gründe für dieses Ansuchen wurden angeführt: 1. Der gedeihliche Fortschritt und die grosse Ausdehnung der Union, welche in dem Augenblicke des Ansuchens 839 Kirchen, 675 1) B a s i 1 o V i t s, I. c. IV. p. 31 et seqq. 2) Beilagen IX — XII. Sitzh d. |.hil -hist. Gl. XXXIX. Bd. IV. Hft. 33 M j j n .1 .1 s e p li F i e d I e r wirkliche Pfarrer und 119.107 Seelen unter der geistliehen Leitung des Munkdcser Bischofes zähle. 2. Die Misshelligkeiten zwischen den Bischöfen von Erlau und Munkacs, da die ersteren den Umstand, dass letztere ohne eigentli- che Diöcese und Jurisdiction und nur mit einem Titel in imrtikis infideliiun conseerirt seien, dazu benützen, sich als rechtmässige Ordinarien derselben anzusehen und sie zur Abhängigkeit zu zwingen ; 3. dass die nicht unirten Bischöfe die Bischöfe von Munkacs eben wegen Abgangs einer Diöcese und eigener Jurisdiction geriüg- schätzen und das unirte Volk mit Hinweisung auf deren Unselbsl stän- digkeit und Inferiorität von ihnen abwendig zu machen bestrebt sind, und zwar zum grossen Nachtheile der Union. Nach einer weitläufigen Verhandlung i)» wo''"n der Bischof Karl Graf von Ester ha zy, in einer llSPuncte enthaltenden Schutzschrift die Bechte der Erlauer Diöcesane zu vertheidigen bemüht war, enl- schied sich Papst Clemens XIV. für die Canonisation des Munkacser Bisthums und verkündigte dieselbe mit der Bulle vom 19. September 1771, womit er den Markt Munkacs zu einer bischöflichen Stadt und die Kirche daselbst zur Kathedralkirche für einen unirten Bischof erklärte, welchem er alle Auszeichnungen und Privilegien, deren sich die griechisch unirten Bischöfe erfreuen sammt der Jurisdiction über alle in Munkacs und in der Diöcese Erlau lebenden unirten Griechen u. s. w. verlieh. In Folge der Canonisation des Bisthums wurde der schon im Jahre 1767 zum Bischöfe ernannte, vom Papste als apostolisclier Vicar confirmirte, und von dem unirten Bischöfe von Grosswardein MeletiusKoväcsam20. April 1768 consecrirte Johann Bradacs nach vor- ausgegangener Präsentation der Kaiserinn Königinn als erster canoni- sirter Bischof von Munkacs vom Papste Clemens XIV. confirmirt. Wenn auch die in der Bedingung 3 der Union gewährte geist- liche Immunität dem griechischen Clerus von den geistlichen Obern eingeräumt und bestätigt und wie oben angeführt worden ist, von dem Primas den weltlichen Grundherren auf das Eindringlichste an das Herz gelegt wurde, so scheinen sich doch diese an jene Verfügungen und Vorstelkiiigen nicht sehr viel gekehrt zu haben, da sie unirte Geistliche ') B as il 0 V i ( s , I. c. IV. 33 et seqq. Beiträge zur Geschichte der riiioii der Riitlionen in Nordungern. oOl ganz wie geborne Leibeigene behandelten, und zwar so weit, dass sowohl sie als ihre Beamten rechtmässig ordinirte und geweihte Prie- ster nicht allein zu den gewöhiilicben knechtischen Ai-beiten, wie ihre anderen Bauern anhielten, sondern sie auch in das Gefangniss zu werfen, mit Schlägen und Geldbussen zu strafen, sowie aucb andere der geistlichen Immunität scbnurstraks widerstreitende Vorgänge so- wohl gegen die Personen als auch gegen die Kirchen und anderen Sachen auszuführen keinen Anstand nahmen. Um diesem Ärgerniss gebenden Beginnen ein für allemal ein Ende zu machen, erliess Kaiser Leopold l. auf Ansuchen des Papstes und über Vortrag des Cardinais Kolonics in seiner Eigenschaft als apostolischer König von Ungern, das Diplom und Mandat über die Im- munität der Geistlichkeit des griechisch unirten Ritus in Oberungern, ddto. 23. August 1692 i). kraft dessen er anordnete, dass sowohl die Kirchen als die Priester griechisch unirten Glaubensbekenntnisses als auch deren Sachen sich derselben Immunität wie die Kirchen, geist- lichen Personen und Sachen des römisch katholischen Ritus nach der Vorschrift der h. Canone und nach den Beo;abungen und Privilegien der weltlichen Herrscher erfreuen sollen. Von der Kundmiiehuno- dieses k. Befehls an soll Niemand wessen Standes, Ranges oder Würde er auch sei und unter keinem Vorwande die Immunität der unirten Griechen verletzen, bei derselben Strafe, die über Verletzun- gen ähnlicher Art der Immunität der Katholischen verhängt zu wer- den pflegt. Alle Jurisdictionen so wie die vier Stände des Reiches sollen den sich über V' erletzungen beschwerenden Unirten gleiches Recht sprechen wie den Katholiken. Um denGrundherreii, auf deren Besitzungen die Unirten wohnen, die Veranlassung zu Beeinträchtigungen der Immunität aus dem Grunde zu benehmen, dass durch die Exemption der Grundstücke, auf welchen die Kirchen, Pfarren und andere dem Cultiis gewidmeten Gegenstände sich befinden, die bisher davon geleisteten Frohnlasten geschmälert werden, sollen dieselben der ihnen obliegenden Pflicht zur HerbeischalTung aller zur Gottesverehrung für ihre Unterlhanen nothwendigeu Erfordernisse eingedenk sein, und desshalb auch mit Rücksicht auf die Einwohnerzahl eines jeden Ortes auf Grundlage ge- wissenhafter Gutachten der ordentlichen Bischöfe oder der von diesen 1) beilade VI. 33« dazu abgeordneten Generalvicare und Archidiakone so viele Grund- stücke und an solchen Orten ausgeschieden werden, wo und wie viel sie für die Kirchen, Pfarren, Todtenäcker und Schulen für nothwendig erachten würden. Wollten die Grundherren zu dieser Ausscheidung der Grund- stücke nicht beistimmen, so sollen diese nichts destoweniger den gottesdienstlichen Zwecken überwiesen und ipso facto befreit sein. In diesem Falle dürfen sich auch die Grundherren das Patronats recht nicht zueignen bis sie nicht sämmtliche zur Erlangung des- selben nach den kanonischen Vorschriften nothwendigen Erforder- nisse erfüllt haben. Die ehelichen Söhne griechisch unirter Priester sollen keines- wegs Leibeigene werden und wenn welche bisher dazu gezwungen worden wären, sind sie in Ansehung ih rer Person sogleich aus die- sen Verhältnisse zu entlassen, ausser sie hätten selbst Bauernses- sionen angenommen und sich in die Leibeigenschaft begeben. Diese Begünstigung kommt keineswegs den Nichtunirten zu. Übrigens wäre zu wünschen, dass die Unirten sowohl die beweg- lichen als die Articular- und von den Diöcesanen eingesetzten Feste an demselben Tage wie die Katholiken feiern möchten, mit dt-m Bei- fügen, dass wenn sie die Tage einiger von der griechischen Kirche insbesondere verehrten Heiligen feiern wollten, dies mit Einwilligung des Diöcesans geschehe. Haben sie diese erlangt, so sollen sie vm\ den Grundherren an diesen Tagen durchaus nicht mit Arbeiten heiastet werden. Ohne die ausdrückliche Genehmigung der Diöcesane dürfen sie keine Pfarren oder Kirchen ihres Ritus errichten. Dieses k. Diplocn soll in den General-Congregationen aller Comitate, wo die Unirten wohnen, publicirt werden, dass es daselbst zu Jedermanns Kennt- niss gelange. Ungeachtet dieses so klar und bestimmt ausgesprochenen k. Willens sah sich einige Jahre später Georg Genandius, Bischof von Sebastül und Munkacs und zugleich griechisch unirter Gener al- Vicar im Königreiche Ungern, in der Nothlage, eine sehr eindring- liche Beschwerde bei K. Karl- VI. darüber einzubringen, dass einige Griindherren, auf derenBesitznngen die ruthenische Nation lebte, dem \N ortlante des Leopoldinischen Privilegiums zuwider bei der General- Conscription die Grundstücke des ruthenischen Clerus den Porten Beiträge zur Geschichte der Union der Rulheiien in Nordungern. 503 beizählen und die Söhne desselhen nicht nur zur Unterthanschaft zwingen, sondern sie sogar wie Sciaven verkaufen. Der gerechte Kaiser sah sich durch diese gegründeten Klagen bewogen mittelst Verordnung vom 13. August 1720') auf das Strengste anzubefehlen, dass die in dem Privilegium seines glorreichen Vaters dem ruthenischen Volke verliehene Immunität und Gleich- heit mit dem katholischen Clerus genau befolgt werde, und insbeson- dei-e anzuordnen, dass die Conscription der geistlichen Grundstücke, wenn die betreffenden Grundherren das Patronatsrecht nicht ver- lieren wollen, einzustellen sei und die Söhne der unirten Geistlichen, [falls sie zur Unterthänigkeit gezwungen oder gar unerhörter Weise verkauft worden sind, unverzüglich freigegeben werden. Diese allerhöchsten Verfügungen zu Gunsten des gedrückten uthetiischen Clerus wurden auch von den auf dem Reichstage vom 1. September 1720 3) versammelten Ständen des Königreiches Jngern angenommen. ») Beilage VIII. 2) Basilovits, I. e. II. p. 149. fjQ;j, Josejjh Fiedlet- I. Kaiser Ferdinand I. weist die Behörden in Ungern an, den ruthenischen Bischof Ladislaus im Bezüge der Einkünfte seines Bisthumes zu schützen. 1551* — 9. October. Ferdinandus Divina favente dementia Romanorum, Hungariae, Bohemiae etc. Rex, semper Augustus, Infans Hispaniarum, Arehidux Austriae ete. fideli- bus nostris universis et singulis Dominis Praelatis, Baronibus, Comitibus, Vice- Comitibus, Capitaneis, Praefectis, Offieialibus, CasteUanis, Nobilibus, Ipsorum- que Vices gerentlbus: Item Civitatibus, Oppidis, Villis, earumque Rectoiibus, Judicibus et Villicis, ac alterius cujusvis status et Conditionum Hominibus in hoc Regno Nostro Uungariae, et Partibus ei subjectis, ubivis constitutis, et commorantibus praesentibus et futuris, praesentes nostras visuris Salutem et gratiam. Exposuit Nobisfidelis Noster Venerabilis Ladislaus Episcopus Rtithenonim in Claustro Beati Nicolai Confessoris in Oppido nostro Munkach ritu Graeco- niin fundato, comniemorans gravi cum querela. Quomodo in Bonis vestris ae in nsedio vestrum, et praesertim in Comitatu Maramarosiensi piurimi Presbyteri Rutheni et Laici Graecam fidem profitentes et ad Jurisdictionen! suam perti- nentes commorarentur, quorum nonnulli vobis non perniittentes, nonnulli vero inviti, tanquam inobedientes, et pertlnaces, proventus praefato Episeopo Eorum sibi et dictae Ecclesiae suae ex vetusta consuetudine et ritu GraecaeReligionis ipsorum provenire debentes reddere et restituere difficultarent, in grave prac Judicium jurium Ejusdem Ecclesiae suae et daninum valde magnum. Propteri quod supplicavit idem Exponens Majeslati Nostrae humiliter, ut sibi et prae- latae Ecclesiae suae gratiose providere dignaremur. Cum itaque nolimus ut pracdicta Eccicsia Sua, cujus uti aüarum omniuni Regni Nostri Hungariae Ecciesiarum Supremi sumus Patroni, justis et antiquis debitis suis Proventibus destituatur, Suppiicatione ejus exaudita, fidelitati vestrae harum serie firmis- sime committimus et mandamus aliud habere nolentes, quatcnus a modo impo- sterum omnes justos et ab antiquo solvi et dari dcbitos Proventus dicto Beitrüge zur Geschichte der Union der Uulheiieii in Nordiingern. 505 Exponent! per Eos, qui sponte solvere volunt, permittere, nolentcs vero ad Solutionen! praemissorum Proventuum modis omnibiis cogere debeatis, et tene- amini; seeus non facturi, praesentibus pericctis Exhibenti restitutis. Datum Wiennae nona die mensis Octobris Anno Domini MiUesimo quingentesimo quin- quagesimo primo. Ferdinandus m. p. L. S. Nieolaus Olahus in. p. Episeopus Agriensis. MS. Kollar. Nr. 386, im k. k. Hausarchive mit der von Kollar's Hand beigefügten Bemerkung : „Ex originali a Rendiss. D. Bradacs, Rutheno, mecum comniunicato". IL Georg von ßathori weist die Beamten der Herrschaft ßocsko im Marmaroser Comitat an, das Kloster St. Michael daselbst dem von ihm abgeschickten ruthenischen Bischöfe Larius (Hilarion) zu übergeben. 1556. 19. Februar. Georgius deBathor Comitatuum Zathmar et Zabolch etc. Comes, Egregio Officiali, et Circumspeetis, Providisque Judicibus, Juratis et Universität! Jobba- gionum nostrorum in Comitatu Maromoriensi in Pertinentijs Bochko existenti- bus favorem: Misimus istue in medium vestri, Reverendum Larium Episcopum Ruthennm , ut elaustrum Sancti Michaelis istic existens, ingredi, curamque claustri et animarum vestrarum habere debeat: Quare committimus vobis, ut praefatum Larium Episcopum in dictum elaustrum immittere, universasque res et Bona claustri, tam mobilia, quam immobilia secundum regestum in manus Ejusdem dare debeatis, et operam adbibere: quomodo praefatus Larius Epi- seopus in medio vestri vitani suam ducat, Ecclesiaeque provideat, ac Nobis rescribere curetis. Datum in Arce Erdetod die Cinerum Anno Domini MiUesimo quingentesimo qninquagesimo Sexto. L.S. MS. Kollar. Nr. 386, im k. k. Hausarchive. III. Andreas Doczy ernennt den Entichius, Mönch des Klosters Lopagi, zinn Visitator der \\alacliischen Kirchen im Szathmarer Comitate. 161§. IS. .September. Nos Andreas Doczij de Nagy Lücke Comitatuum Barsiensis et Zathma- ricnsis Comes, Cubicuiariorum in Hungaria Hcgalium Magister, Sacrac p Q g .1 0 s e p li F i e il I e r Caesareae Regiaeque Majestatis Consiliarius, Arcis et Praesidij Zathmariensis supremus Capitaneus, ac Partium Regni Hungariae Superioruin Generalis. — Universis et singulisitoc in ComitatuSacrae Caesareae, Regiaeque Majestatis Zath- mariensis constitutisWalachorum Ecclesijs, earumque Rectoribus et Auditoribus tenore praesentium notum facimus; Quod nos cum ad omnium tam Religiosorum quam Plebaeorum (in) praeiibato Comitatu Zathmariensi degentium demissam intercessioncm Nobis pro parte E»iA/n/y Claustri Lopagi vulgo nuncupati acco- lam, exhibitam, tum vero singulari erga afflicfam hanc Gentem comiseratione raoti, et accensi illud diligenter, ne ut hactenus, etiam deinceps ab exterisTrans- alpinis visitatum hanc in Provinciam excurrentibus magna Censuum Pensione a-gravarent(ir, ac deindeilla levataevidenti imimarum suarum jactura desereren- tiir, evitaie voleiites, [n'aelibiüum Euthichium ^) a Wladicka Lario , Districtus Muiikadiiensis Episcopo, rite ordinatum bonismoribus, multaque Gentis Religione, ut spargitur instruetum, citra alicujus Dioecesis praerogativam in legitimum et ordinarium hujus Sacrae Cesareae, Regiaeque Majestatis Provinciae Visitatorem deligimus etsubstituimus harum Serie atque authoritate nostra, qua Singulis in hae ditione commorantibus prospicere, eosdemque manutenere et protegere teneniur, universis Waiachorum Ecclesijs, earumque Rectoribus et Auditoribus, hoc in Comitatu Zathmariensi sitis ac degentibus firmiter committimus et man- damus, ut praefatum Eutichium pro legitimo et ordinario Visitatore agnoscatis. observetis, annuosque Eidem Census, et reditus ab antiquo Praedecessoribus solvi consuetos pendatis et nunieretis. In cujus rei evidentius Testimonium et robur praesentes Literas nostras dicto Eutichio dandas duximus et assignandas. 1 Datum in Arce Zathmar die decima octava Mensis Septembris, Anno Domini Millesimo Sexcentesimo decimo octavo. Andreas Doczy m. p. MS. Kollar. Nr. 386, im k. k. Ilaiisarcliive. IV. Union der Hutlicnen in Nordungern mit der römisch-katholischen Kirche. (A) 105S* — 15* «Fänner. Nos Capitulum Ecclesiae Posoniensis Memoriae commendamus tenore praesentium significantes qvibus expedit vniversis. Quod Reuerendissimus Dominus Petrus Partenius Episcopus Munkacsiensis Graeci Ritus unitus, cor am Nobis personaliter conslitutus exhibuit Nobis et praesentavit certas quasdam ternas literas primas quidem Sacerdotum Sacri Ritus Graeci, Idiomate Rutheno confectas et emanatas, sex Archi-Diaconorum Sigillis et manuum subscriptio- nibus roboratas; Professioncm verae Fidei Romanae Ecclesiae continentes, cjus- *) Ist so ausgebessert. Beiträge zur Geschichte der Union der RutheDen in Nor<1ungern. oOT demquePaslori ac Sanctissiitio Pontifici sonantes, easdemque ex eodein Rutheno Idiomate in Latinum de verbo ad verbum translalas, alteräs vero Serenissimi condam Joannis Secundi Regis Hungariae missiles, Idiomate Hungarico sub sigillo ac propria ejusdem subscriptione confectas, Provisorique Munkacziensi directas et jntitulatas, tertias autem Illustrissimi condam Comitis Francisci Drugeth de Homonna, eodem Hungarico Idiomate et sub tribus sigiliis patenter confectas et emanatas, petens nos debita cum jnstantia, ut Nos easdem literas transcribi et transsumi facientes, in transumptoque Literarum Nostrarum eidem cxtradare non gravaremur. Quarum primarum tenor talis est. Gratia Christi Electe Sanctissime Pater et universalis Patriarcha. Nos,^ , 13. Jaen. Sacerdotes Sacri Ritus Graeci Inclyti et Apostolici Regni Incolae perComitatus a. in cathaiügo noniinum nostrorum specificatos siti, compertum habentes quod Sacramentum Regium sit abscondendum, opera vero Dei esse revellanda et sole iliirius Omnibus populis manifestanda utpote talia per quae clementissimi Dei nostri erga rationalem creaturam ineffabilis solet declarari bonitas et miseri- cordia liuic itaque Principio et Angelicae Regulae innixi Sanctitati Vestrae denuncianius praedicamus et devotissimis Coelum usque coram toto Mundo eveliimus laudum titulis. Quid tale? Gratiam scilicet Dei et Salvatoris nostri liheraliter in Nos effusam qua operatrice salutisque animarum nostrarum aman- tissima praenuntia abdicato et e cordibus nostris pulso Graecanicae insaniae sehismate, sumus reducti ac desponsati Immaculatae Virgini sponsae vnigeniti, Filij Dei hoc est Sanctae Romanae Eeclesiae hactenus a Nobis sine ulla causa exosae odioque habitae. Haec vero ipsa reductio nostra peracta est in Anno SaJutifero Millesimo Sexcentesimo Quadragesimo Nono Aprilis die vigesima quarta Imperante Ferdinande Tertio Romanorum Sacratissimo Caesare in Kcelesia Arcensi Vngvariensi Latina, in Ronis Illustrissimi Comitis Georgij de Homonna sita tali modo Dominus Episcopus Munkacsiensis Basiiius Tarasovicz qui e vivis jam discessit, quum sequens partes tam scbismaticas, quam Haere- ticas, Unionis Sacrae vinculum rupisset, Eeclesiae Catholicae Nuncium publice remisisset. Hoc aniinadvertens Venerabilis in Christo Pater Dominus Georgius Jakusics, Episcopus Agricnsis jam in Christo quiescens habens penes se Reve- I endos Patres Basilianos, in hunc fitiem ascitos Patrem Petrum Parthenium, qui noster hodie est Episcopos et Patrem Gabrielen» Kassovicum Nos per Literas Suas Vngvarinum hnmanissime invitavit Sermoneque opportuno de unione Sacra per praedictos Patres praemisso, quod intendebat Spiritu Sancto sie nos disponente, faciiiime efl'ecit idemque (diemque?) Sancto Georgio Martiri djca- tam pro Fidei professione facienda terminavif, qua die currente Nos Sacer- dotes Sexaginta tres congregati praementionatum Reverendissimum Episcopum Agriensem ad Ecclesiam supracitatam sumus secuti, praemisso itaque incruenti sacrificij misterio, nostro Rutheno Idiomate habito praemissaque nonnullis Sacerdotibus peccatorum expialione sacramentali, fidei professionem audibiii voce secundum foimam praescriptam emisimus. Scilicet Nos crcdimus omnia et singuia quae Sancta Mater nostra Ecclesia Romana credere jubet, Sanctissi- nium Patrem Dominum Innocentium Decimum, universalem Eeclesiae Christi et Nostrum Pastorem profitemur ab eoque cum Successoribus nostris dependere 508 Joseph Fiedler in Omnibus cupimus et volunius. His tarnen adjcctis conditionibus. Primo: ut Ritus Graecae Eeclesiae Nobis servare liceat. Seeundo Episcopum a Nobis elec- tuin et ab Apostolica Sede contirmatum habere. Tertio immunitatibus Ecele- siasticis libere frui, quibus Reverendissimus Praesul facillime annuit id ipsum totum llluslrissimus quoque ßenedietus Kisdi Episcopus Agriensis cum suo Generali Vieario assistente sibi Reverendo in Christo Patre Thoma Jaszbrenyi Societatis Jesu Religiöse in Anno Millesimo Sexcentesimo Quadragesimo Octavo ratum habuit, maxime vero negotium hoc nostrum paterna sua solicitudine roboravit tani Iliustrissimus ac Reverendissimus Princeps Hungariae Georgius Lippai Archi Episcopus Strigoniensis, bis a Nobis per legationem a praedictis Reverendis Patribus Basilianis suseeptam, requisitus, quam etiam Iliustrissimus Episcopus Vacensis Dominus Matthias Tarnoczy, quibus Nos obligamus in per- pctuum. His Sanctifati Vestrae significatis benedictionem paternam, causae nostrae promotionem et Episcopi a Nobis electi Reverendissimi Patris Petri Parthenij confirmationem unanimiter et huniiliter petimus. Ungvarino Anno Miilesimo Sexcentesimo quinquagesimo seeundo Januarij decima quinta die. Sanctitatis Vestrae Servi Humiliimi Graeei Ritus Sacerdotes : Alexius Lado- miezki, Archi Diaconus Makovioensis m. p. (L. S.), Stephanus Andreae Archi Diaconus Scepusiensis m. p. (L. S.), Georgius Stostoviczky Archi Diaconus Homonnensis (L. S.), Stephanus Archi Diaconus Strednensis (L. S.), Daniel Ivanoviez Archi Diaconus Uzaniensis (L. S.J, Alexius Philipovics Archi Diaconus Stropkoviensis (L. S.), Alterarum vero continentia sequitur hoc modo. Joan- 13G7. f^gg Secundus Dei Grntia electus Rex Hungariae Dalmatiae Croatiae etc. Egre- 18- Febr. . pjjjpijj. lyojjjs Jüecte Salutem et Gratiam. B. ^ Conqueruntur Nobis ad Domum Nostram Munkacsiensem spectantes Kalugerij, quod tu eisdem sacrum celebrare, et alia antiqua Ecclesiastica ser- vitiapraestareinterdixisses, quod cum ijsdem magnoscandalo essetsupplicuerunt Nobis permitteremus libere eos suis antiquis usitatis Ceremonijs fungi. Nollen- tes itaque ut ex hoc scandalisentur, committimus tibi et mandamus firmiter qua- tenus eosdem in antiqua fide et ceremonijs non turbes, nihilominus qui inter eos fidem Christianam praedicant iili ne impediantur sed libere absque impedimento et motu praedicent secus non facias. Data Albae JuUae die decima octava Fcbruarij Anno Domini Millesimo Quingentesimo sexagesimo septimo. Joannes electus Rex m. p. (L, S.) Titulus talis est Egregio Demetrio Kerepeczy Provi- sor! Arcis Nostrae Munkacsiensis fideli Nobis dilecto. Et tertiarum tenor I5fi8. sequitur in haec verba. Nos Franciscus Druget de Homonna, Comitatus Ung- ■ ^ ''variensis Supremus Comes. Damus omnibus ad notitiain, quod iste Ladislaus Szent Miklossy Episcopus attulit nobis literas Regiae Maiestatis et expost Doniini Szwendi Supremi Capitanei nostri, quomodo quidem Nos suprafatum Munkacsiensem Episcopum Ladislaum in nostris bonis libere progredi permitta- mus juxta modum et antiquum Graecum Ritum, ut, ubi ad ejus Episcopatum per- tinentes Ruthen! Rattykones rcperiuntur, eosdem visitet, quomodonam negotio- rum eorundem ordo se habeat, et qiiaiiter instruant et doceant ad divinum cullum sub se existentem Populum. Uiide Nobis nullum damnum evenire potest, verum duntaxat procedit juxta offleium suum. Ideo dedimus eidem tacultatem Beiträge zur Geschichte der Uiiiuii der Rutiieiieii iii Nurdungeiii. 501) una cum consanguineis, ut seciindum eorundem moduni exaniinet eosdem relin- quatquc in devotione bono modo peragenda. In cujus testimonium damus has sigillo nostro inunitus literas. Datum ex Curia nostra lievenicnsi quarla die Mensis Fehruarij Anno a Christo nato Millesimo Quingentesimo Sexagesimo Octavo. Nos itaque justa et legitima Petitlone Reverendissimi Domin! Petri Par- thenij Episeopi Munkacsiensis modo praemisso facta coram Nobis exaudita et admissa Inclinati praetactas ternas literas non abrasas non cancellatas, nee in aliqua sui parte suspectas, sed omni prorsus vitio, et suspitione carentes de verbo ad verbum sine diminutione vel augmento aliquali, tenoribus earundem transcriptis, in transumpto praesentium literarum nostrarum .lurium ejusdem Reverendissimi Domini Episeopi Munkacsensis futura pro cautela necessariarum, sub Sigillo Noslro Capitulari et Authentico extradandum duximus et coneeden- dum, Originalibus earundem Eidem Domino exhibenti in specie restitutis. Datum feria secunda proxima post Dominicam quadragesimae Anno Domini Millesimo Sexcentesimo Quinquagesimo quinto. (L. S.) Lecta in Capitulo. Von aussen: Copiae initae unionis. Copie im k. k. Hausarehive. V. iirtliiiations-Urkunde des Bischofs Parthenhis Peirovics für den Priester Alexius Popovich. 165 V. — S§. Februar* Copia literarum de Ordinibus. Partbenius Pefrovics Del Gratia Eppus Munkacsiensis, Krasnobrodensis, Scepusiensis et omnium Ditionum Suae Sacralissimae Caesareo RegiaeMajesta- (is, Ortliodoxae Sanctae Catbolicae et Apostolicae Orientalis Ecciesiae. Gratia et Authoritate Nobis a sanctissimo et Vivificante spiritu atributa promouimus hunc honestum et pium Cantorem Alexium Popovichium Rovnen- sem in Ordines quatuor minores, in Subdiaconatum et Diaconatum et ordinavi- mus illum in Presbiteratum pro Ecciesia S. Demetrij Marlyris in Page Rovna situata, ad testimonium Patris ipsius spiritualis, quod dignus sit sacerdotio. Ipsi proinde Gratia sanctissimi et Vivificantis Spiritus et Impositione manuum nostra- rum Episcopalium damus omnem Facultatem liturgisandi et omnia sacerdotalia Munia exerccndi luxta Rituiii S. Orientalis Ecciesiae confitenics et Vere poeni- tentcs de suis peecatis suscipiendi ligandi et solveiidi honiinum delicfa, secun- dum Doctrinam Evangelicam et Apostolorum et Sanctorum Patrum Doctorum Catbolicae et Apostolicae Ecciesiae sacrorumque Canonum. De bis praesentes tiiQ Joseph Fiedler damus Ei Testimoiiiales cum sigillo et subscriptione luanus nostrae propriae. Scriptum in Pago Rouna Anno DHi 1657 mensis Februarij die 28. L s. Eppus Parthenius Petrovics supradictus, m. p. Copie im k. k. Ilaiisarchive. VI. Frivilcgium Kaiser Leopohl I. über die Immunität des griechisch unirten riithenischen Clerus in Ungern. 1693. — A3. August. Aussen : Diploma pro Graeci Ritus Partium Superiorum Hungariae Pres- hyteris adjnstantiam Summt Ponlificis juxta Relafionem Domini Cardinalis a Kolonicz. Protocolatum in Protocolo Sub No. 21, folio 336. Nos Leopoldus etc. Memoriae commendamus tenore praesentium significantes quibus expedit universis Quod, cum jmmunitas Ecclesiastica, qua Ecclesiae Ecclesiasticaeque Personae ac res ipsarum gaudent, jure pariter Divino, ac Humano singulariter in praetacto Apostolico hocce Regno nostro Hungariae graciosis Divorum quon- dam Regum Praedecessorum uidelicet nostrorum beatae recordationis Priui- legijs Regnique Constitutionibus sancita sit eamque a Caesarea Regiaque Maiestate noslra (utpote quae specialem inter Reges Christianos praerogativam Regis Apostolici obtinemus) asseri defendique condeceat: justum videri, ut quos eadem vera Fides et Charitas in eiusdem Sanctae Ecclesiae Catholieae tinitate conjunxit, eiusdemque S. Matris obedicntes Filios eodem in gremio fovet eodem deuique sub Capite eiusdem corporis commembra vivificat exinde- que Divini aequae ac humani favoris pariter reddit capaces, jure suo non desti- tuantur. Ex eo Nos benigne informati existentes: Gentem Ruthenorum quae ante trecentos fere annos transmigratione facta ex Russia, in vicinis Hungariae Partibus, potissimum vero in Dioecesi Agriensi sese coilocauit, ac in ipso huius- modi in Regnum hocce aduentu Graeci Sehismatis labe laborabat, quae Deo auxiliante a triginta fere annis proxime evolutis potissimum assistentia et Opera pientissimae et zelosissimae quondam Principissae Sophiae Bathorj coe- pisse ad unionem et gremium Sanctae Romanae Ecclesiae redire, nunc vero \irorum Apostolicorum conatu, aperta velut patentiori janua, copiosius ad ean- dem confluere sperarique ut non lantum praenominata tota gens, sed eins exemplo Nationes aliae sub Corona Regni nostri Hungariae degentes, eodem Schismate extra Ovile Christi palabundae ad ipsius obedientiam et unionem poslliminio reducantur. Inlerea vero Nobis humili cumjnstantia pro remedio relatum esset et illud : quod a quibusdam Dominis Terrestribus, in quorum uidelicet Tenutis et Beiträge zur Geschiflite der Union iler Itiitlieneii in Noniiingern. O 1 1 Possessionibus dicta Gens Rutlicnica comnioralur, Personae Graeci Ritus iiti praefertur Unitoruni Ecclesiastieae, non hahita juris Divini parifer et liuniani eatenus ratione, non minus, quam cum in Scliismate existentes favoribus Eccle- siae se jndignos reddebant, adhuc servilitor traetari aequae ac si naturales eorum subditi Jobagyonesque forent, usque adeo, ut praefati Domini, eorumque Officiales, veros Dei Sacerdotes legitime ordinatos et consecratos, non tantum ad quotidianos labores serviles, instar alioruni Colonorum suorum compellere, verum eliam eaptivare , verberibus et mulctis afficere aliaque aperte et directe jmmunitati Ecclesiastieae prorsus et iniuriosissime repugnantia non tantum circa personas ipsas Ecciesiasticas, verum etiam circa Ecciesias aliaque loca de jure exempla et res ipsorum attentare et perpetrare audeant: quod sane non tantum in Populi huiusmodi ad gremium Ecclesiae revertentis, verum etiam in lotius Christianitatis scandalum gravissimum vergit, iustamque DeiOmnipotenlis ae Regiam Vindictam merito provocat. Propter quod Nos tum jram Dei aver- tere, tum scandalum buiusmodi amoliri et ex eodem natum palabundarum adhuc Ovium redeundi obstaculum tollere, insuper zelanti Regis Apostolici eatenus muneri nostro provida circumspectione respondere : ex authoritatis nostrao Regiae plenitudine per praesentes benigne declarare uoluimus, quatenus Graeci Ritus S. Romanae Ecclesiae Unitoruni, tum Ecclesiae ipsae, tum Ecclesiastieae Personae, tum earum res in Apostolieo hoece Regno nostro eadem prorsus jmmunitate Ecclesiastica gaudere debeant, qua Ecclesiae Personseque Ecclesia- stieae et res Fidelium S. Romanae Ecclesiae Latini Ritus, ex Sacrorum Can«- nuni praescripto et Terrenorum Principum consensu jndultis et Priuilegijs eflfec- tiue perfrui gaudereque dignoscuntur. Cuius intuitu Nos etiam ulterius sub g -aui indignatione nostra Regia, severe firmiterque mandamus, ut a praesentium infra declaranda publicatione, nullus, cuiuscumque status, authoritatis, digni- tatis et praerogativae potentiaeque fuerit praedeclaratae huie Graeci Ritus Uni- torum jmmunitati Ecclesiastieae aperte vel occulte, ullo sub praetextu vel etiam praetensi usus et Consuetudinis, antequam unirentur, sub velamine audeat con- traire, ijsdem prorsus sub poenis tum ab Ecciesiastici, tum a Saecularis fori Judii'ibus, tum etiam si opus fuerit a Nostra Maiestate infligendis, quas fidelium Latini Ritus jmnuinitatem Ecclesiasticam laedentes de jure et consuettidine Regni incurrunt. El hoc quidem universis fidelibus nostris Dominis Praelatis, Magnatibus, Nobilibus tum Ecciesiastici tum Saecularis fori Judicibus et Jusli- tiarijs universis, denique quatuor statibus et ordinibus aliisque quibuscunque subditis nostris praesentium notitiam babituris modernis et futuris, serio com- mittimus et mandamus, ut si toties nominati Graeci Ritus uniti in praedeclarala jmmunitate se laesos questi coram eis fuerint, eorumque auxilium et assislen- tiam imploraverint, Judicium et justitiam eisdem non minus et pariter ac Lati- nis, S. Matris Ecclesiae Fidelibus, eadem jmmunitate gaudentibus administrare debeatis et teneamini. Ne vero Domini Tcrrostres, in quorum tenutis eiusmodi Graeci Ritus Uniti commoraiitur ansam babeaiit benignissimae huiusmodi nostrae dispositioni con- traveniendi ex ea ratione, quod exemptione Fundorum, in quibus Ecclesiae. Parochiae reliquaque jid eullum Dii(lii>n<>n in Nordnnf^erii. 5 1 «> VII. Bittgesuch des ruthenischen Clerus an den Papst um Confirmlriing des von ihm gewählten Bischofs Joseph Ilodermarszky. 191%. Bealissime Pstter. Sanctitatis Vrae humillimi Exoratores Graeci Ritus Uniti in tota superioti Hungaria et partibus transylvaniae degentes Archidiaconi Archi Presbiteri ac Sacerdotes in unum diversis in locis hoc mense Decembri generaliter eongre- gati, cum admiratione intelleximus , Episcopatum Munkachienseni non es«e Canonisatum et per consequens a Nobis Electuni et a Sacra caesareo-Hegia Majestate praesentatum Episeopum Joannen) Josephum Hodermarsky Vrani. Sanelitatem ad hunc tituluni confirmare non velle. Cum autem et Schismatici Episcopi sesquialtero saeculo ad hunc Titulum fuissent consecrati, et nostri Antecessores Anno 16ö2 die 13 Januarij Unionem cum S. R. E. suscipiendo, in literis ad Innocentium X. Papam exaratis, hanc expressam conditioneni posup- rint, ut Episeopum a Nobis Electum et a Sua Sanctitate confirmatum h'eeat habere. Idcirco deosculando pedes Sanctitatis Vrae humillime generaliter totus Clerus Unitorum insfat, quatenus hunc Titulum sufficienti mensa provisum semcl pro semper acceptare, ac a Nobis Electum modernum Episeopum Joannem Josephum Hodermarsky, ac Vestrae Sanctitati per suam Maieslatem Caesareo Regiam praesentatum ad hunc Titulum in eximium Orthodoxae fidei emolumentnm et ad firmandam Unionem nee non ad evitandum in Populo et Clero scandalun» confirmare dignetur: de Episcopi etenim Vitae integritate morumque probitafe, totus Clerus testis est, qui adhuc vivente defuncto Episcopo de Camiliis munus Vicarialelaudabiliteradministrando, multorum Conütatuum Sacerdotes et Plebem Unioni ad S. R. E. adscivit, ac Immunitates Ecclesiasticas manu tencbat, ob quod et plebs et Clerus magno in illum fertur amore, sperando, quod multum labefactata Unio per ipsum roborabitur ac Schismatici reunientur. His Sancti- tati Vrae humillime repraesentatis optatam Episcopi a Nobis Electi confirma- tionem unanimiter et humillime petimus. Sanctitatis Vestrae Humillimi Exoratores, Jacobus Staurovsky Arcliidiaconus Varanoviensis. L. S. ^eA\HaHSC pCKCKHHZ AfCraTCHd'iaAHHKX Ri^pOHOKCKH. apxHnpeaKHTfp'A \w: Biihhckh ctp^mkorckh. L. S. Bazily Gulovics Presbiter Brusnicki. ilAEKCf:H HaA\ECHHK pORNhdMCKH pi^Kd KAaCHA. L. S. HfU'AWP ,\ICWrOHJ'iaAHHK7. tlpf;iKHTIp CKHAHHUKH- I y i ^ .] o s p p li F i c d I e !• \i Daniel Archi Presbiter Makovicky y nizno poljansky IlVdH IlpeS. nAf^ifBHHX GBd^HiUKi. L. S. IltTp HSX^B'UKH HdAUCTHHK GT-ip. L. S. Joannes BlasovskyArchidiaconus Cottus Zemplinensis et Plebanus Homonnensis cum Archi Presbiteris ejusdem comitatus. L. S. Stephanus Prezviter Pasynsky. L. S. ASKd Ilpea. KOpHTHMHCKH A«CtilTCHdMdAHHKX MECpS iJHrBdpCKOr«. l'pHrOpH HdA\-kcTHHKZ KpAHH-fe ^HPEdpCKCH CZ BCkAtX SpATCTB*A\X aSX«^""'"'^- rpHPopH Khctpwhckh ripea. TSpraNCKH. ICPEH Mh^HA R-kAfUKH npOTOnOH BeptJKABCKH H WrOHA KdpA\fACKH CX BCt» KpjTHfW CB«£K» lafKf w XpT-k. L. S. hpCH /k,dHH£AX KfAtTHHCKH HdA»HCHHKX UTOHd EdpA\(AH CX BC•kA^X C«E«pWA\X. IwdH KopOneHKH HdA»-kcNHKX A\SKd40BCKH. L. S. IwdH MfpTHCKH HdAlHCHHKX. L. S. IldASn AHN HfpKAX nOTpSnCm ahn BdpMfTt CdKMdpSH. L. S. HoTpSnon noHT-fc A'rpoip BapAtTtT'k cdKA\dpdA8H. L. S. HhKCAA AOpCTOEpdTOBCKH HdA\-fecHHKX A<^P<^^«'EpdTCBCKH. L. S. 0fWAwp crpo-kHCKH HdA\'fcKx cfpfAHtaro uipdHJd. L. S. EdCHAH BfpeidHCKH HdAA'fcKX EepX'*ß""<^f>'"' L. S. ÜAfltH Bhl3HH^KH HdiWkKX BhlSHM^KOn» B'feA'JKS. L. S. Atergo: Copia Literarum Cieri ad Summum Pontificeni. Copie im k. k. Hau.sarchive. VIII. Bestätigung des Leopoldinischen Diplomes über die Immunität des ruthe- nischen Clerus ddto. 23. August 1692 durch Kaiser Karl VI. IVÄO. — 13. August. Carolus sextus Dei gratia Electus Romanorum Imperator semper Augu- stus ae Germaniae Hispaniarum, Hungariae, Bohemiaeque etc. Rex. Reverendi, Honorabiles, speclabiles, ac Wagnifici. Egregii Item, et Nobiles nee non Prudentes ac circumspecti fideles Nobis diiecti demisse simulque querulose repraesentafum extitit Majestät» nostrae nomine et in Persona fidelis nostri Honorabilis Georgij Genandij Bizanczij gracci ritus unitorum Episcopi Sebasfa- politiini et Munkacsiensis, nee non per Regnum nostrum Hungariae ejusdem graeci Ritus Vicarij Apostolici. Qualiter nimirum vos, pro Parte et ad Instan- tiam nonnuUorum Dominorum Terrestrium, in quorum nimirum Dominijs, et tenulis Natio Ruibenica degeret sacerdolibusque suis cum sancta Romano <'atholica Ecciesia unilis, provisa esset, ejusmodi sacerdotum ad aequalitatem Bfitiiijje zur Gesoliichte der Union 9 J o s e j) li F i e d I e r tj -w -^ Informationis rem communicabo cum Illmo. et Rdmo. Domino Seeretario, a quo certe, si que necessaria dociimenta judicaverint in Authentico habenda require- tur praefatus Excll niiis Onus Nuntius, unde praecipue existimarem utilissimum fore, producere documenta, quae probant quüd priusquam in Hungaria Religio Christiana sit introducta in Ritu Latino, jam in Ritu Graeco exercitiüm suum babuit in partibus Dioecesis Munkacsiensis. In reliquo commendo me gratiae et ex corde exosculatus Saeras manus profondissimo cuitu maneo Perillis Rmae Dominationis Vestrae Dni Patroni Colendmi Humillimus Obsequentissimus Servus Ignatius Wolodzko 0. S, B. M. Procurator Generalis. Die 9"» Aug. Ao. 1766. Homae. Deputandus esset praevie Provisor pro exolvendis censibus, qui faciendi sunt pro Bulla Confirmationis et Institutionis Episcopi , ne hujus defectu res düationi subjiciatur. MS. Kollar. Nr 386, im k. k. Hausarchive. XII. Schreiben desselben in derselben Angelegenheit. 1966. — 16. August. Ferillustris Reverendissime Domine Patrone Colendissime! Praeterito Oi'dinario seilicet Octava Praesentis duas a Perillustri Reve- rendissima Dominatione aecepi Litteras. In prima earurn significat mihi de subterfugio, quo usus est lUustrissinius et Reverendissimus Dominus Episcopus Agriensis, ut differatlnformationem dandam in causa, pro qua requisitus est (a) Brno Patre Nfo per Excellinum Daum Nuntium. In secunda vero exponit, quod difficultatcs, quas praefatus IlliTius Diius Eppus Agriensis opposuerat in Augu- stisissima Aula quatenus impediat successum erigendi Eppatus Munkacsiensis omnes superatae sunt, quin imo pars maxima earum nullius momenti sunt, praeterea ab A. R. D. de Rolle Missionario ad Emum et Rinum Dnum Cardina- lem Anfonelli transmittit literas, quas dicto EiTio consignavi recomniendando iiisuper in voce negotium Nostrum, qui etsi in similibus non habeat partem, quod negotium extra officium suum sit, nihiloniinus appromisit interpositurum suas partes apud Nepotem suum, qui est Secretarius Consistorialis, ut seilicet quantocyus ad cfl'eetum perducat, cujus responsorias hie accludo, quantum altinet ad subterfugium Illustrissimi Agriensis potest quidem differre desidera- tarn Informationein si Augustissima Aula non sollicitabit executionem apud Sa™ Sedem, aut Excellmus Dnus Nuntius, quod utilissimum judicarem non transmittet dictas difficultates Illini Agriensis propositas coram Augustissima Aula. Unde instet Perillis, Rdssima Diiatio apud Augustissimara Aulam per medium ExcliiTii Däi Comitis de Schönborn, quatenus indilate proeuretur brevc Ereetionis dicti Eppatus per Emum Daum Crdlem Protectorem, cui jam commendatum est negotium et apud Excellentissimum Dnum Nuntium Beiträge zur Geschichte der Union der Ruthenen in Nordungem. IJ23 replicet suas preces, ut scilicet rcferat totnm S">f Sedi, quantum in Nostro Negof io apiid Augtistissimam Aulam pro et contra productum cst^, esscque rationes summopere moventes animam, ut quamprimum erigatur in Ordinarium Eppus Munkacsiensis, quo habito nihil potest desiderari aroplius , quare aut differatur aut non Canonisetur Erectio Episcopatus. Ex diligentia, quam adiiibui pro capienda informatione de pasisihus si quos fecerat in Urbe IlliTius Agriensis liabeo commisisse Ipsum suo DHo Agenti, ut procuret doeumentum in Scria S^^- Congregafionis de propaganda fide de erectione Vicariatus Apostoliei in Munkacs, quemadmodum etiam id per extrac- tum obtinuisse, in reliquo nihil novi super est. Dilüs Carolus Coquelines quadain die se portaverat ad me, exposuitque sibi fore coinmissum negotium obtinendi Brevis erectionis Episcopatus Mun- kacsiensis ab lilustrissimo Domino Episeopo Prineipali Perillustris Reverendis- simae Dominationis Vestrae, atque ex eodem inteliexi nutrire aliquam in se suspicionem contra Perillem Rmam Dominationem, quam ne incassum nutriat, aut conservet, ostendi et Legi ipsi Literas suas, quod curam faciat Perillris Rma Dnao Vrä nou favore sui ipsius, sed ratione sui Ulustrissimi Principalis in cura erigendi Episcopatus Munkacsiensis, quam ut nullo fundaraento suscepit, ita eandem suspicionem facile dimisit. In reliquo faustissima adprecatus profun- dissimo cultu maneo. Die 16 Augusti 1766. Romae. Perillis Rme Dominationis Vestrae Humillimus et obsequentissimus Servus. Ignatius Wolodzko 0. S. B. M. Procurator Generalis. MS. Kollar. Nr. 386, im k. k. Hausarchive. XIII. Reihenfolge tler cälteren ruthenischen Bischöfe in Ungern. o Series Episcoporum Munkacsiensium. A Lucas Presbyter 14S4. Joannes 1491. Ladislaus 1S51. Hilarion • 1S61. Sergius 1606. Euthiniius 1618. Petronius • . . 1620. Joannes Gregorij 1627. Basilius Taraszovics 1633. Porphinus, Ardan, Sophroni 1642. Juszko intercessere — Petrus Partheni 1650. Malachovszky, Amphilochi, Joannicius 1661. 524 Joseph Fiedler, Beiträge zur Geschichte der Union etc. Valasinovszky, Raczin 1861. Maurocordati Lochovszky — Lipniczky — Kulcsiszky — Raphael Angelus — Methodius 1687. DeCamillis 1688. Kaminsky Petronius — Hodermarsky 1709. Georgias Genadius Bizanczy 1716. Simeon Stephanus Olsavszky 1733. Gabi'iel Georgius Blasovszky 1738. MS. KoIIar. Nr. 386, im k. k. Hausarchive. M u s s a n a , licitriige mv tiescliichle der roinaiiischen Sprachen. 545 SITZUNG VOM 9. APRIL 1862. Vorgelegt: Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen. Von Adolf Dlossafia, a. ö. Professor der romanischen Philologie an der Wiener Universität. I. Die Präsensbildong im Italienischen. Als Franz Bopp seine wichtige Beobachtung über den Einfluss der Endung auf den Stammvocal machte (Jahrb. für wissens. Kritik, 1827, S. 260 ff.), war er der Meinung, dass das aufgefundene Ge- setz auch in den romanischen Sprachen wirksam sei, und dass sich eben dadurch das Verhältniss von Formen wie tiens tient tiennent zu tenons tenez erkläre. Diese Ansicht, obwohl von Diez schon in der ersten Ausgabe seiner romanischen Grammatik (1836, Bd. 1, S. 168, Anm.) wiederlegt, wurde von neuem durch August Fuchs in dessen Abhandlung „über die sogenannten unregelmässigen Zeit- wörter in den romanischen Sprachen, Berlin 1840" aufgenommen, und mit jenem lebhaften Eifer weiter ausgeführt, welcher diesem jungen Gelehrten so eigen war. Er knüpfte daran eine vollständige Theorie über Präsens- Verstärkungen, welche auf romanischem Ge- biete ein Seitenstück zu jenen Formerweiterungen bilden sollten, die z. B. im Sanskrit und im Griechischen beim Präsens und Imperfecte vorkommen. Diese Theorie fand dann Eingang auch in die Special- grammatik einzelner romanischer Sprachen, und zwar (was auffallend ist) vorzüglich in die der italienischen, also gerade jener Sprache welche dank der Durchsichtigkeit ihrer dem lateinischen Typus am wenigsten entrückten Formen das richtige Verhältniss leichter hätte erkennen lassen sollen. Blanc widmet in seiner noch immer als die 52(> Mussafia beste anzusehenden italienischen Grammatik (Halle, 1844) einen eigenen Abschnitt dieser angeblichen „Verstärkung" des Präsens, und alle jene Lehrbücher, welche es sich angelegen sein lassen, die Formenlehre auf wissenschaftlichem Wege vorzutragen (das letzte ist das von Prof. Staedler, Berlin, 1860) folgen ihm darin, ja suchen hie und da der betreffenden Lehre eine immer grössere Er- weiterung zu geben. Ich glaube daher, dass es an der Zeit sei, den Gegenstand etwas näher zu untersuchen : denn gerade jene Ansichten wollen sobald als möglich einer gründlichen Prüfung unterzogen werden, welche sich durch den verführerischen Schein höherer Wissenschaftlichkeit anempfehlen. Es klingt allerdings gut, es schmeichelt gleichsam der Sprache, wenn es heisst, es wohne ihr die Neigung inne, das Präsens zu verstärken; sie lasse sich darin mit dem Lateinischen, mit dem Griechischen, mit dem Sanskrit ver- gleichen. Ist dies aber auch wahr? Ich behaupte nein; und es zu beweisen soll der Zweck folgender Zeilen sein. Schon von vorneherein kann man sagen : Eine Verstärkung des Präsens, als solchen, könnte nur durch ein inneres Bewusstsein, durch eine dynamische Kraft hervorgebracht werden, welche abge- leiteten Sprachen durchaus nicht zukommt. Eben so wie diese keine neue Wurzel zu schaffen im Stande sind, eben so wenig liegt in ihnen irgend eine formelle Bildungsfähigkeit. Allgemeine Laut- gesetze, durch Ohr- und Sprachwerkzeuge bestimmt, sind in ihrer Bildung am wirksamsten: dazu kommt die Sucht nach Analogie. Wenn man also zeigen kann, dass jene Erscheinungen, welche als Belege der Verstärkung angeführt werden, nur auf den Buchstaben- verhältnissen der entsprechenden lateinischen Formen beruhen, und folglich eben so gut auch bei anderen Wortarten vorkommen können, so ergibt sich daraus die beredteste Widerlegung der aufgestellten Theorie. Die Formen snono suoni suona suoncmo werden wir z. B. nicht durch das Bedürfniss erklären, welches die Sprache fühlte, das Präsens zu stärken; wir werden vielmehr darin nur einen all- gemeinen Lautwandel erblicken, nach welchem überhaupt betontes lateinisches ö zu uo wird, möge nun das d in einem Verbum , oder in einem Substantiv (jöciis giuocoj , oder in einem Adjectiv (bÖ7itis biiono), oder in einem Adverb fpröpe a pruovoj u. s. w. vorkommen. Aber auch von einer andern Seite lässt sich die Unhaltbarkeit der Verstärkungstheorie beweisen. Diese schreibt nämlich der Sprache Beiträge zur Geschichte der roin:inischeii Sprachen. oZ ( die Neigung zu, das Präsens, als Tempus der Währung, durch eine stärkere Form auszudrücken ; wie kommt es nun, dass auch der In- finitiv — z. B. muovere cuocere — dieselbe Erscheinung bietet? Wird man etwa behaupten, dass der mit innerem Grunde im Präsens eingeführte Diphthong dann auch den Infinitiv, wo er eigentlich unberechtigt sei, ergriffen habe, und dass folglich die eben ange- führten Formen als unorganisch zu betrachten seien? Es gibt aber noch Etwas. Die Verstärkung durch den Diphthong zeigt sich blos an den stammbetonten Formen, an jenen also, welche eine unhetontf oder, wenn man den Ausdruck durchaus behalten will, schwache Endung haben. Hier stehen also die Thatsachen wenigstens mit der Theorie der Verstärkung in keinem Widerspruche. Anders verhält es sich aber bei jenen Fällen, wo die Erscheinung, welche man für Verstärkung hält, einerseits bei schwacher Endung unterbleibt, andererseits bei starker Endung sich einstellt. So soll z. B. das gg in der Form veggio dem oft berührten Bedürfnisse nach Verstärkung seine Existenz verdanken; warum findet es sich aber nicht bei vedi vede? Und wie kann es bei veggiamo vcggiate vorkommen? Letztere Formen mit Blanc als ^,eigentlich nur durch den Gebrauch sanc- tionirte Fehler" zu bezeichnen, ist nur eine bequeme Weise der Schwierigkeit aus dem Wege zu gehen; auch bilden sie keineswegs „unendlich geringe Ausnahmen", sondern kommen überall dort vor, wo doppelte Consonanz als Wirkung der Verstärkung angenommen wird. Wo aber gerade so viele Ausnahmen als Beispiele vorliegen, dort darf man füglich an der Stichhältigkeit der Begel zweifeln. Und es wird sich in der That sogleich zeigen, dass auch die Er- scheinung der doppelten Consonanz ganz unabhängig von der Be- schaffenheit der Endung ebenfalls nur in Lautgesetzen ihren Grund hat. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen, welche manche W^ieder- holungen ersparen sollen, schreite ich zu meiner nächsten Aufgabe, alle jene Verba zu prüfen, bei welchen die Eigenthümlichkeiten in der Präsensbildung nach der beliebten Theorie erklärt werden. Verstärkung soll geschehen I. Durch Wechsel des Stammvocals (escoj. II. Durch Diphthongirung des Stammvocals (siiono vieni). III. Durch gutturale Aussprache des Characteristicons (dico). IV. Durch Position (starke: vengo ; schw:iche: vnglio). l. Wechsel d es Stamm voca Is. — Es sind blos drei Bei- spiele vorhanden: dovere dero; uscire esco ; ndire odo. Schon Ihm g28 Miissafia ganz oberflächlicher Betrachtung dürfte man kaum einsehen, wie denn bei dovere die Veränderung von o zu e gerade eine Verstär- kung ausmachen sollte. Indessen kann hier selbst von einer Ver- änderung des 0 gar keine Rede sein. Man weiss dass betonte Vocale ihre Natur am besten bewahren; wenn lang, bleiben sie unverändert; wenn kurz, gehen sie ganz bestimmte gesetzmässige Wandlungen ein: unbetonte dagegen können zwar unversehrt bleiben, sind aber zugleich so ziemlich der Willkür preisgegeben; sie verändern sich, sie fallen leicht ab. Nur einige Beispiele von den sehr zahl- reichen, welche die Sprache bietet : eqtto, aber neben egtiale auch iiguale igimle, ja aguale; ebro und ehriaco ubhriaco hriaco und imbriaco; meglio und migUore; peggio und piggiore; pieve und piovano piviere (piiviere) ; siiora und sirocchia. Eben so konnten debeo debcs debet debent debea[m , s, t] debeant unmöglich etwas anderes hervorbringen als dev-o, i, e, ono ; debb-a, ano, während debeamus debetis debeutis u. s. w, ohne Anstand das unbetonte e in 0 verwandeln durften. Vergleiche domani (de mane), doventare neben diventare. Dasselbe ist zu sagen von ex-eo, is, it, eunt .... und csc-o, i, e, ono. . . ., während ex-eamus, itis, eatis das e in u veränderten. Vergleiche auch esito mit uscito. Endlich cmd-io, is, it, iunt. . .konnten keine andere Darstellung als od-o, i, e, ono . . . erf.ihren, während in den endungsbefonten Formen an sich zu u ebenso vereinfachte, wie bei uccello aus aucella. Es liegt also keine Veränderung und noch weniger eine Verstärkung vor, sondern der lateinische Laut ist ganz einfaeb durch den Aecent geschützt worden. II. Diphthongirung des Stammvocals. — Ich habe diesen Punct schon oben berührt, hier lohnt es die Mühe, alle vor- handenen Beispiele, und zwar in alphabetischer Ordnung zus;immen- zustellen: cuoco (cöqiioy, cuopro (^cuöperio eigentlich cööp'rio), dnole (dület), giiioco Qocor), 7nnojo (mörior) , muovo (^möveoj, nnoco (nöceo) , pruovo Qirubo) , puoi {pötes) , suole {sölet) , suono (söno), tiiono (töno), vuoi vuole (gleichsam völes völet nach einem den romanischenBildungen vorsehwebenden t'ö/t dies vom Ableilungsvocal al) , iil)er dessen Kintliiss unter IV die Kedt; sein wird. 2) So Stäillfir, §. 140. Wenn Blaue dag-ef;en uuler den Fällen vgn Verstiirkuug durch schwaclie Position neben vur/lio aus valerc auch ciyno aus eignere anfüiirt, so ist dies noch weniger verständlich. Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. IV. Hft. 35 532 Mussiifia Punkt um so kfirzer fassen, als ich denselben schon bei anderer Gelegenheit (Zeitschr. für österr. Gymn. 1861,S. HS) berührt habe. G vor e i kann sieh so weit erweichen, dass es nicht nur zu aber zeigt er ein mehr oder weniger siegreiches Bestreben . sieh zur Geltung zu bringen. Dies geschieht dadurch, dass er mit dem Vocale, welcher die Flexion ausmaclit oder anhebt, einen Hiatus bildet, welchen dann die Sprache auf verschiedene Weise, und zwar immer nach allgemeinen Lautgesetzen, aufzuheben sucht. Dass im Hiatusverhältuisse das e dcMU i vollkommen gleich ist, so dass der Unterschied zwischen der II. und IV. lat. Coiijugation verschwindet, bedarf als hinlänglich bekannt keiner weiteren Erörterung. Der Ableitungsvocal findet sich nun gerade in jenen Formen, an denen wir früher die Position wahrnahmen; ein Umstand, welcher wohl von selbst den Zusammenhang letzterer Erscheinung mit der ersteren unahweislich bezeugt. Nur im Bezüge auf die 1. Plur. Präs. Ind. ist zu erinnern, dass sie nicht aus den entsprechenden lat. Formen -emus -imus, sondern aus den Conjunctivformeu -eamus -iamus entstanden ist. Ehen so bietet die 3. Plur. Präs. Ind. in der II. lat. Conjugation keinen Hiatus — jacent nident solent — , indessen hat das Beispiel der IV. Conjugation — dormiunt veniunt — und der Umstand, dass schon manche Verniengung zwischen der III. (welche im Italienischen mit der 11. zusammenfällt) und IV. lat. Conjugation stattfanden — moriuntur facinnt — dahin gewirkt, dass sich mit der ausschliesslich zur Geltung gekommenen Endung unt auch der Ableitungsvocal für beide Conjugationen festsetzte. Den neuen Bil- dungen lagen demnach gleichsam yftc/«w^ vidiunt soliuut u. s. w. zu Grunde. Ich will nun die einzelnen Verba durchgehen, indem ich dieselben zur leichteren Übersicht nach den verschiedenen Charak- teristica in Gruppen eintheile. A. Gutturale. Die Formel C7 im Hiatus lässt nicht nur das c, wie immer vor i, palatal werden, sondern geminirt es zu gleicher Zeit. Das Suffix -aceus wird z. B. zu -accio, glacies ■= ghiaccio, laqueus = lucdo, brachuim = braccio. So auch in der Conjugation. Die Formen jaceo jacca[ni , s, tj placeamus placciäis plnceaut bringen hervor giuccio guiccia piacciamo piacciale piacciano. Faccia aus faciem und fuccia aus faciafm , s, t] zeigen die iden- tische Lautwandelung, und nicht anders wird jaces placet 7ai giaci piace mit einfachem c als z. B. dem Substantive faeem faces ital. face faci entspricht. Ganz gleich mit faccio giaccio piaccio verhält sich taccio aus taceo, und in der That finden sich die betretfenden Formen dieses Verbums bei älteren Schriften mit geniinirtem c 35» 534 M 11 s s a f i a gesehrieben. Neuere Grammatiker empfehlen dagegen tacio tacia . . ., bh»s aus dem Grunde, um jede Zweideutigkeit mit den Formen aus tacciare zu vermeiden. Als ob irgend eine Sprache im Stande wäre, Homoriyma gänzlich zu beseitigen, und die Gefahr einer Undeutlich- keit bei so grossem Unterschiede in der Bedeutung je zu befürchten wäre. Nuceo kann den Ableitungsvocal unberücksichtigt lassen: nuoco nuoca, oder ihn zur Geltung bringen : noccio noccia. Die erste Form ist gebräuchlicher. Torqueo bildet gewöhnlich torco, doch findet sich hie und da torcio, ja Par. 4, 78 torza. Die Formel Gl kann sich demselben Vorgange anschliessen, in- dessen geschieht dies in der Conjugation nur selten. Fuggia (Inf. IS, 6) rufjglu miujgioiio sind nicht gerade leicht zu belegende Formen. Weit üblicher ist Verbleiben des gutturalen Lautes in geminirter Gestalt, was auf zweifache Weise erklärt werden kann. Entweder hat sich das / zu g consonantirt, eine Erscheinung, die uns bald wieder begegnen wird, also gj = gg, oder der Ableitungsvocal ist ganz einfach abge- fallen, und die Gemination entsteht aus der Neigung der Sprache, Consonanten zu verdoppeln, vgl. reggo leggo aus rego lego. Letztere Erklärung scheint mir, als die einfachere, vorzuziehen i). Das bisher Gesagte erledigt jene Falle, bei welchen (S. 531, Anm. 1) das Characterislicon c g selbst in den Formen palatal erscheint, wo die Flexion mit o a anfängt. Nur über zwei Verba ist noch etwas zu erwähnen, welche, da sie zu den hier besprochenen Fällen der Position nicht gehören, ihre Stelle eigentlich schon unter Nr. lii hätte finden sollen, die ich aber des Zusammenhanges willens bis jetzt erspart habe. Ciicire hat nicht ciico cuca sondern cucio cucia. Das Wort kommt aus lat. consuere, eigentlich cosuere; das o in unbe- tonter Sylbe veränderte sich zu u, weiches dann auch unter dem Accente blieb. Das stammhafte v hat sieh nun zu i verdünnt, ich möchte sagen gespitzt: cosio cusio"^^, si (sj} dann den palatalen Laut überall hervorgebracht. Organisch wäre g; indessen findet sich durch Ver- mittelung von sg so (s) auch c. Eben so wie aus caseus {casjusj 1) Daiile Inf. 24, 30 hat im üeiine reggla = regat , uml im Dittamondo 3, 24 liest iiiaii ebenfalls im Reime leggia = legat. Es sind dies Mos Anklänge zu den Können mit g; nach dem Beispiele von perdi perda richtete man z. B. auch reggi rcggia ein. 2j Dalier wohl aiifli der Ühertritt zur lat. IV. (it. III.) Conjugation: schon in den Isidorisclien Glossen cusire. Vgl. capire, fuggire, concepire, rapire aus capere, fiigerc, concipere, raperc, wohl zunächst wegen capto, fugio, concipio, rajrio. Beiträge zur (iescliithte der ronianischen Sprachen. ö3o cascio cacio, basium bascio bacio, camisia cnmiscia camicia, so auch cusio cuscio cucio. Vgl. sdrnsclre sdrucire^), das in der Abwandlung wohl sdrucisco hat, im Vei balnomen aber sdrucio auf- weist. Sehr bemerkenswerth ist vscire, welches esco escono esca escatio neben nsciamo usciate bildet. Dem x von exire entspricht /; exis = esci, exibam = esciva u. s. w. Nehmen wir auch an, dass das wohl stamnihafte, aber alsAbleitungsvoeal erscheinende e abge- fallen sei, so sollten sich noch immer ans exo exas die Formen escio escia oder eso esa entwickeln: sc (sk) aber aus x gehört zu den Sel- tenheiten: laxiis lasco. Man möchte beinahe an einen Eintluss der Schrift auf die Aussprache glauben, wenn eine solche Annahme nicht überall die grösste Vorsicht erforderte, zumal bei einer Sprache, wie die italienische, welche so spät zu schriftlicher Aufzeichnung gelangte. B. Liquiden. Nach / und n kann das i Q) entweder sich zu g verhärten oder mit der vorangehenden Liquida die mouillirten Laute gli (Ijl ), gn (nj n) hervorbringen : ersteres, wie schon erwähnt, nur nach dem Accente. Von dem ersten Vorgange findet sich zufällig bei anderen Wortarten kein Beispiel. Mundarten aber, wie sard. binza = vinea, und andere romanischen Idiomen, z. B. franz. linge = lineus , zeigen analoge Verdichtungen des Hiatusvocals auch bei Nominibus. Der zweite Vorgang ist dagegen sehr häufig: palea = paglia , lUium = giglio , vinea = vigna , verecunfdjia = vergogna. Bei gli ist der Unterschied zwischen der lateini- schen und italienischen Form ein sehr geringer, daher manches Schwanken: olio oglio, Giidio Luglio. Die hieher gehörigen Fälle sind nun folgende: doleo valeai caleat salio geben dolgo und doglio, V(dga und vuglia, calga und caglia, sulgo und saglia ; venio rema- iieo geben vengo rimango und die weit weniger üblichen vegno rimagno; suleo und das unlateinische voleo nur soglio voglio. Vor dem Accente, also in flexionsbetonten Formen, überall nur die weiche Position: dogliamo sagliate (häufig doliamo salinte geschrieben) vogliute, ja veniamo rimaniate und nur selten vegniamo rimagniate, bei welchen letzteren Formen das i eigentlich unnöthig ist, da das i von lat. veniamus maneatis schon in gtt seine Darstellung gefunden hat 2). Zu venio und remaneo kommt auch pono hinzu, welches im 1) ex-resiieve, d zwischen -s — r wi« hei Esdra l.sdracl iiiul franz. coiisdrc coudre. 2) Daher sind auch Formen wie rriiijhiaiiio liiiKüujhiute salyliitnnu durcliuus iiudi- ganisch: denn wenn iiljeriianiil die Veiiiiirlung von ./ zu y vor dt-ui Accente 536 M u s s a f i a Munde des Volkes frühzeitig und überall den Ableitutigsvocal einge- schoben haben muss, so dass den neuen Bildungen nur potiio voniunt ... zu Grunde lagen. Wir finden in der That it. puiigo sp. pongo pr. ponga und selbst das sich früh abgezweigte Walachische, welches überdies den Ableittingsvocal gewöhnlich vernachlässigt, bietet fuin *)• Ferner sind jene Fälle zu erwägen, bei welchen das i aus dem Stamme selbst sich entwickelt hat. Hieher rechne ich zuerst tollere vellere , welche das geminirte l zu Ij erweichten (vgl. ille egli, vallus valjo) und somit toljere togliere, sveljere svegliere (übrigens auch svellere), tolji fogli, svelje sveglie bilden. Vor o a kann zwar ebenfalls Ij mouillirt lauten toglio togliono, sveglia svegliunn ; bei Weitem gebräuchlicher aber ist Verdichtung von J zu g: tolgo tolgono, si^elga svelgano. Bei solvo soluo nehme ich wie bei consuo Verdünnung des w zu /an, also cx-soljere scio- gliere. Vor o a entweder scioglio scioglia oder sciolgo sciolga. In gleiclier, wenn auch nicht ganz ähnlicher Weise, verhält sich volvo. Aus voluo voljo entstand volgo, hie und da auch mit dem eben so berechtigten //Laut, z. B. sconvoglia, während aus voluere voljere sich nicht nur nach der bisher bemerkten Gepflogenheit vogliere, sondern auch das weit gebräuchlichere yo/^J Mit heihehaltenein /j freilich nur ])unu ; damit stimmt aber viiu und vinü = venio, r§muiu und rfmunii = remaneo überein. *) ^'^g'- strangio aus extrancus e.r/ranjiis Oder soll man etwa hei den zwei letzteren Verha Verwandlung von v zu g , welches dann vor ei palatal lautete, annehmen? Sehen wir von pavone pagone , nueolo migolo u. s. w. ab, wo erweislich früher v ausgefallen und dann g zur Hiatustilgung eingeschoben wurde, so finden wir gewöhnlich g (gu) statt v nur im Anlaute, und voliw volgo, solvo solgo könnten höchstens nur mit parvolo pargolo verglichen werden. Indessen möge auch diese Deutung weilerer Erwägung auempfühlen sein. Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen. Oo7 selbe für die Formen mit gutturalem g. Entweder aus eVgo el'gns scelgo scelga oder aus elifgjo elifgjas (c[\\Aii[g]iisla Aostajcale neben legale^, eljo eljas, und durch Verdichtung \onj zu g scelgo scelga. Freilich macht man bei dieser zweiten Erklärungsweise einen langen Weg, um zu demselben Puncte zu gelangen, von dem man ausgegangen war; man hat aber den Vortheil, die Formen cogJio cogliono, sceglia scegUano erklären zu können, ohne zur Ana- logie seine Zuflucht nelunt'n zu müssen. In der Formel RJ findet Consonanlirung von j zu g nicht Statt. Sie mag indessen versucht worden sein, wie die Form pargo ■= paren (bei Ciiionio und in den von Tigri gesammelten toscanischen Volksliedern) bezeugt. Mundarten können das analoge z aufweisen, wie sard. morzonbberzo, venz. averzo ; im afr. findet sich g: moerge u. s. w. Die gewöhnliche Darstellung ist Abfall des r vor j : morior muojo, parent paja. Dass moris morit (denn diese Formen liegen den romanischen Bildungen zu Grunde), pares paret nur muori mnore, pari pare hervorbringen konnten, ist natürlich. Miiojoiio ist aus mormnt[iir], pajoiio nicht aus parent, sondern aus parinnl. Andere Wortarten bieten sehr zahlreiche Beii>piele: storea siuoja. area aja, glarea ghiaja, aus -ariusi -oritis wird -ajo -ojo. Übrigens fällt manchmal der Vocal ab und r bleibt stehen: so bei moro apra (^ape- riai), ja selbst bei jjßra aus pereat , wo das e, welches den ganzen Stamm desPrimitivs ausmacht, blos der Hiatustilgung zu liehe abtreten muss. Und so liegt uns denn in pera nur eine Präposition und eine Flexionsendung vor; vom Verbum selbst ist nichts übrig geblieben. C. Dentale und Labiale. Beispiele: video sedeo , kahco deheo, sapio capin. Die Darstellungen sind verschieden. Entweder wird der Ableitungsvocal nicht berücksichtigt — vedo siedo devo, und mit geminirter Labialis dehbo abbo sappo ») — oder er macht sieh geltend. 1. Bei Labialen durch Gemination des Consonanten. Abbio sappio abbiono sappiono sind vielleicht gar nicht zu belegen, während abbia sappia, abbiamo sappiamo, abbiano sappiano die einzig gebräuchlichen Formen sind. Auch von debbia debbiano gibt es mehrere Beispiele, während von debbio dcbbiotio sie höchst selten •) Abho sappo sliiil iiiirirnclir \ci'iil(el; iikiii h;il ■.\\\ iiircr- Stelle ilic dnicli starke foii- traclion enlstaiHltMUMi /in .«", einst hiio Sita = /nt[/ir/n sdjpijn IhUlm ninI ilrhhn Ichcn "laj^ejjen neixMi dt'ri) dera weit er fort. 538 Mussafia sind. Dubbiumo dobbiute sind dann die beinahe ausschliesslich gehräuchlichen Formen. Man merke sich noch die obsoleten Formen cappia cappiono. Vgl. rabbi/t (rabics) , labbiu (labia) , selbst pioppo itatt poppio fpop'lus popljus popjun). 2. Bei der Dentalis verliärtel sich j zu g und das d assiiniJirt sich ihm : veggo veggono, segga seggano. Beispiele aus anderen Wortarten fehlen. Endlich 3. wird das J uüch d und b zu g, nach/) zu c und der vorangehende Consonant assimilirt sich: veggio (veggo) seggio nggia deggiono, saccio sacciano. Vgl. raggio (radius), oggi (liodie). piccione (pipionem). Eben so das i'egge von Inf. 10, 82 aus redeas, wo das stammbafte e nicht anders behandelt wurde als der Ableitungs- vocal. Andere Verba, welche an dieser Bildung Tbeil nehmen und spe- cie'leErwähnung fordern, sind folgende. Lateinischem cado entspricht neben cado auch caggio. Letztere Form scheint unorganisch. Erwägt man aber, dass dieses Verbum aus der IIL lat. Conjiig. zur IL übertrat — cade're nicht cddere — so wird man als Vorbild für die romanischen Formen cadeo cndeum annehmen können. Vgl. span. cnigo. Ferio bildet neben anderen Formen auch feggio feg- giamo fcggia feggüUe feggioiio. RJ zu g ist, wenn auch denkbar i), doch an keinem unzweifelhaften Falle zu beweisen: daher scheint es rathsam, an die Nebenform fedire (r=d, wie armariiim arma- dio, rarus rado) zu denken, aus welcher sich, wie fiede fediva, so auch secundär die oben erwähnten Formen (gleichsam aus fedio f'cdlmnus) werden entwickelt haben. Bei eliiedere aus quaerere ist ebenfalls das d secundär. Obwohl das Verbum der III. latein. Conj. angehört, trifft man Formen wie chieggio chieggo, chieggiamo chicggiate, chieggia chiegga. Man könnte annehmen, dass sie nur der Analogie mit vedo siedo ihr Dasein verdanken, indessen zeigen z. B. sard. querzo, afr. querge, welche beim lateinischen r stehen geblieben sind, dass hier kein besonderer Einfluss von Seite des d stattgefunden hat, sondern dass dieses Verbum, wie z. B. das oben erwähnte pongo, iiberliaupt unter jene gehört, welche sieb den Ab- leitungsvocal oder vielleicht nur den rom; nischen Repräsentanten ') H fallt näiiilicli vor i (jj ali, wie in wuiior muojn, und j wird dann zu y, wie in majorem maijyiore. Beiträg-e zur (icsiiiiolite der roiiiiinlsclieii S|)t aclicii. 539 desselben angeeignet haben. Vgl. auch vval. ceiu '). Als blos unor- ganische Anbildiingen aber werden die höchst seltenen Formen chiuggo chiuggono creggio creggiano zu betrachten sein. Wie steht es mit tralierel Sow rein italienischem Standpnncte würde man traggo eher aus traho mit eingeschobenem hiatustilgenden gg als aus trahio erklären. Denn erstens findet sich kein Consonant, wel- cher dem sich aus i verdichteten g assimiliren könnte, um die Gemi- nation hervorzubringen, und zweitens, was wohl das Wichtigste ist, findet sich gg auch in solche Formen, wo von einem Ableitungs- vocale keine Rede sein kann: traggere tragge traggeva u. s. w. Dieses Verbum wäre dann nicht anders zu beurtheilen, als distruggere aus destruere. Der Vergleich aber mit span. traigo aus traer ist geeignet, einige Bedenken einzutlössen. Hiemit ist meine Untersuchung zu Ende. Ist es mir nun gelun- gen, an den einzelnen Fällen zu beweisen, dass alle Erscheinungen im Praesens lediglich von allgemeinen Lautgesetzen bedingt sind, so kann ich die mir gestellte Aufgabe als gelöst betrachten. II. Über Bonvesin dalla Riva and eine nltfranzösische Handschrift der k. k. Hofbibliothek. Bekanntlich hat Immanuel Bekker die Vulgärdichfungen Bon- vesin's dalla Riva, eines mailändischen Klosterbruders des XIII. Jahr- hunderts, in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie 1850 bis 1831 herausgegeben. Er betrachtete sie sämmtlich als ungedruckt: indessen halte schon Bruce- Whyte einen Abschnitt aus den Curia- litatibus im III. Bande seiner Histoire des langues romanes, Paris 1841, mitgelheilt und einige Jahre darauf hatte Bernardino Biondelli (Rivista europea, Novemberheft 1847) jenes Stück ganz abdrucken lassen. Dieser kleine Verstoss Bekker's wird wohl Entschuldigung finden, wenn man bedenkt, dass nach seiner VerölTentlichung aller Vulgärgedichte des Bonvesin Biondelli dieselben in seinen „Poesie lombarde del Secolo XIII, Milano 1856« 2), S. 17, mit Bedauern als 1) Mail bemerke iiueli das ol)solete vadia statt rtKlti ans vudaiii , mit dem sieh span. vaya aus valdjium, wie haija aus halh]eain, vergleiciieii lässl. 2) Bios in 11)0 Kxemplareii gedruckt. Enthält ausser den Curialitatibus und einem Wiederabdruck des berg-amaskischen Deealog-o aus dem "Saggio sni dialetli' des Verfassers, ein grösseres Gediclit dos l'ietro da Bescape oder Barsegape, eines Z'-itgeiiosseii und Landsinauiies lionvehin's. KAf) M u s s a f ia noch immer unedirt bezeichnet, und sich demnach veranlasst findet, die Curialitates zum zweiten Male i) und dazu V. 1—192 von dem Stücke „Laudes de virgine Maria" abzudrucken. Wir haben hier wieder einen Beweis von dem Naehtheile, welcher aus dem Mangel regen wissenschaftlichen Verkehres zwischen den einzelnen Völkern entwächst. Vergleicht man nun den Text Biondelli's mit dem Bekker's, so muss man alisogleich die grossen Vorzüge des letzteren gewahren. Dies hängt zunächst von der Beschaffenheit der benützten Hand- schriften ab. Biundelli bediente sich einer ambrosianischen, welche dem XV. Jahrhunderte angehört und theils durch die Nachlässigkeit, theils durch die Verjüngungssucht des Abschreibers wesentlich gelitten hat. Bekker dagegen gab die damals erst vor Kurzem in die Berliner Bibliothek gelangte Pergamenthandschrift Ms. ital. quart. 26 wieder. Er berichtet nichts Näheres über deren Alter, sie erweist sieh aber auf den ersten Blick als eine gleichzeitige oder als eine gute Abschrift einer gleichzeitigen Niederschrift. Schon Tiraboschi (Mailänder Ausgabe, IV, 616— 617) hatte auf das Vorhandensein zweier verschiedener Texte dieser Gedichte aufmerksam gemacht, und die erste Strophe der Curialitates sowohl nach der ambrosiani- schen Handschrift als nach einer weit älteren des Klosters von S. Maria Incoronata zu Mailand mitgetheilt. Aus seiner Angabe des Inhaltes der letzteren ergibt sich aber volle Übereinstimmung mit der Berliner Handschrift. Das Kloster bewahrte seinen Schatz noch einige Jahre vor 1856, dann ging er verloren 2). Zu erfahren, ob die Berliner Acquisition identisch mit dieser Handschrift oder nur ein Doppelgänger derselben, mit anderen Worten, ob von unseren Gedichten zwei oder blos ein einziges gutes altes Exem- plar vorhanden sei, wäre für die Wissenschaft nicht ganz ohne Gewicht. Die Schriften Bonvesin's haben, so weit mir bekannt ist, noch nicht jene Berücksichtigung gefunden, welche sie von sprachlicher Seite in so hohem Werthe verdienen Wohl hat sie Diez, besonders 1) Eigentlich zum zweiten und dritten Male ; denn in Biondelli's gleichzeitig erscliie- uenen Stvidii linguistici, Milano 1836 findet sich das Stück ebenfalls. 2) IJi.indelll , pag. 18: .... codice antico inanoscritto in pergainena , ciie poclii anni addietro serbavasi nella libieiia di S. Maria Incoronala in Milano e che andö smari'ito. Beiträge /.yu- Uescliii'ldt- iler iuiiKini,>c'lii'.ii Spraclieii. ö41 ZU lexicalischen Zwecken, mehrfach benützt i); eine eingehende Untersuchung über den Gegenstand würde jedoch von nicht gerin- gem Nutzen sein. Die geeignetste Veranlassung würde dazu eine neue Ausgabe der Gedichte bieten, welche bei der Unzugänglichkeit der Berliner Sitzungsberichte für Italien ein Bedürfniss ist. Diesem Unternehmen würde eine Vergleichung der ambrosianischen Hand- schrift vorangehen müssen, welche über einige dunkle Stellen des sonst ausgezeichneten Textes Bekker's Licht verbreiten dürfte. Mir selbst muss ein solches Unternehmen, wenigstens vor der Hand, ferne liegen. Was ich für dieses Mal bezwecke, beschränkt sich darauf, einige wichtige Züge herauszuheben, welche mir besonderer Aufmerksamkeit werth scheinen. I. Aus der Lautlehre. Betontes e wird, wenn die folgende Sylbe ein i enthält, ebenfalls zu i: ein so eigenthümlicher Fall von Voeal- angleichung oder Assimilation, dass sich ihm auf dem Gebiete der romanischen Sprachen kaum eine andere, gleich tief einge- hende und mit ähnlicher Strenge durchgeführte Erscheinung an die Seite stellen lässt. So findet man im Impf. Conj. wol eo havesse, el havesse aber tu, vii havissi; eo, elfesse aber tu fissi. Das Impf, von fare lautet feva in der i-rsten Person, aber fivl in der zweiten; von Stare steva stivi. Aus feci entsteht fici, abgekürzt /?'; fe[ci]sti fessi gibt fissi. Auch steti bildet nicht steyi (tj = g), sondern stigi und aus steftijsti kommt stissi, dem aber ein stessi zur Seite steht. Die II. Sing. Praes. vom Verbum debere, welches das stammhafte e überall beibehält, lautet dibli, abgekürzt di\ Ganz so auch bei an- deren Wortarten, da diese rein euphonische Erscheinung mit der Verbaltlexion, als solcher, selbstverständlich nichts zu thun hat. Sing. parese (it. palese), Plur. parisi. Die Ableitungen auf -evre (ehilis), wie colpevre dexdesevre (=disdicevole) arigordevre, bilden den Plural auf ivri z. ß. plaxivri delivri aregordivri (382, 62 bei Bk. nregordiiiri). Man vergleiche endlich desco mit dischi, secco mit sichi und endlich bici, wo man beim ersten Anblicke nur mit Mühe den Plural von it. becco erkennt. t) Bekker bezeichnete die Miiiidart iils .Tltvenctiariiscli ; Diez konnte ihm wohl nur auf kui.6e Zeit (im etym. Wilrteih. ISli^i) hoi|.niclilen ; die zweite Ausgabe der (irammatik (183(5) erkeuiil, bereits in It.invesin's Gedichten die mailiindisehe Mundai'l un. S42 M u s s a f i a II. Das Futurum und das Conditionale werden in zweifacher Form ausgedrückt. Entweder ist das Auxiiiare habere auf gemein- romanische Weise suffigirt, oder es erscheint vom Infinitive getrennt und hat seine Steile vor demselben. Also, italienisch ausgedrückt, ho fare sMt faro; ebbe offendere statt ojfenderebbe. In dem letzteren Falle zeigt sich nämlich der Vorgang, nach welchem diese Tempora gebildet werden, noch in seinem ersten Stadium; es ist noch eine syntactische Fügung, was später zu einer Flexionsform geworden ist !)• So auch in der sardischen Mundart hapuggiuare = ajuterd, iaa fai (Diez \\\ 157) =faria. Aus den sehr zahlreichen Beispielen mögen folgende zur An- schauung dienen: a} Futurum. 332, 409. Dapo ke tu, Maria, nom lassi far zo kern plax, eo ho corre entre pegore a modo de lovo ravax furo tal guerra. 96, 100. se tu cosi voi für, tost he esse desbregao. 133, 42. tu he vence la batalia e si me fare^) onor. 134, 86. plu he lusir ka 1 sol quand ha venir quel hoia. 452,583. se nu speram in lu, el n ha sempre defende ni ii'ha abandonar^) in tute le nostre vesende. 1) In der Milte liegt die einfache Suffigiruiig , ohne dasä die beiden Elemente viiUig- mit ein;inder verschmolzen wären, wie sie sieh in den spanischen Con- stiuctionen mit enclitischem Pronomen kund g-ibt: decir te hau, dar le teil. Eben so bezeichnet ital. ho lodato das erste Stadium, die syntactische Füyuni,': wal. Ifudat' am zeigt die Neigung zur Bildung eines einzigen Wortes; bis zum Ver- wachsen der zwei Bestandlheile, also bis zur Entwickelung einer neuen Form, ist es jedoch nicht gekommen. Vgl. auf einem anderen Gebiete cecli. hi/l jsein (fui) pstil jseni (scripsi) mit poln. hylein, pysalem. 2) Die 2. Sing, im Futurum gebt bei Bonvesin auch auf ai : ven-ai puvtiiai, obwohl hahes bei diesem Schriftsteller nirgends die Form hui, sondern bios die daraus entstandene he (vgl. de fe ste aus dai fai stai) aufweisen kiinn. 3) Man berichtige demnach ein ziemlich sonderbares Verseben B i o n d e 1 1 i's. B e s c a p e (Poesie 8. 141, Sludii S. 311) sagt, Gott habe den Aposteln versprochen, er werde sie nie verlassen. Et a lor si fe' iina impromessa Ked el nolia alcmdonare FIn k' el niondo sia durare. Biondelli bemerkt, es lege hier ein Beispiel von italieni^irlem lateinischem nolte vor: „ch'ei non voglia abbandonare il mondo, finche sara per durare". Man sieht dass wo li ä zu trennen ist und h ahandonare = abandonarä. (Jolt wird sie, die Apostel, nicht die Welt, nicht verlassen. Auch siu ist in fii « zu Ircnnen. Beiträge r.m- (^escliichte der romanischen Sprnchen. Ö4o 333, 421. quanto plii tu he scombnte alcun meo benvojente, tanto ha lo plu meritar^) aprovo Tomnipoente; et eo sero consego, e Xaird fortemente. 459, 848. de quella carne cogia, che nu ilimn domandar, 332, 414. quilli \ilian esse toi amisi fortemente scombaterö. Die 2. Pluralis kommt zufällig nicht vor, sie würde aber avri... lauten; vgl. prenderi. h) Conditiouale. 329, 285. per k'el ha fagio de mi e fallo e feronia, eo gh'/ieye vontera offende, sed eo n'havesse balia. 330, 331. almen quand el saveva ke pur eo heve off ende. 331, 343. ben sope, anze k'el te creasse, ke tu havissi-) perire, ke tu per toa colpa haoissi dexobedire. 331, 373. eo no te vosse crear, per k'eo saveva ben ke tu havissi peccar e per lo to peccao sejHssi fugio abissar. 323, 27. s'ella volesse justisia, ella have fa oltramente, ellas) no mhave dar brega in tute le mee vesende. 328, 233. se 1 peccaor no fosse, segondo ke tu he cuintao, lo fijo dr'omnipoente de ti no have esse nao. 331, 355. a far zo k'el deveva se deo per ti fosse stao, so drigio a la justisia el have aver atudhao. 140, 299. nu hävem'^} fa pur ben, se 1 cor, k'e nostro dux, volesse pur sta in fren. wogegen v. 312 se 1 cor volesse far ben, nu no fardvem mal. 142, 387. se 1 cor fisse ben corregio, segondo ke Tanima vore, zamai le oltre membre no hdven fa ree ovre. 1) = tanto piü meritera : lo ist Suiiject. Bekker hat halo , da er ein solches lo bald mit dem Verbum verbindet, bald von demselben trennt, nnd es in letzterem Falle mit und ohne Apostroph schreibt: halo, ha'lo, ha lo. So 2. B. 216, 277 in qiianto l'oro fi plu cogio. .. in tanto elo (e lo) plu piirgao; 43'J , 47 cosl serk 'lo beao; 440, 112 lo contrario dirä lo a li nialdigi; 461, 920 da quel amig-o no ha 'lo secorso. Eben so la : 479, 40 sor tute l'altre feniene per zo fo 'la alezudha. 2) Nicht ans hnhuisses , wie der Vergleich mit der neuinailändischen Mundart ver- mutlien liissen könnte, sondern aus liabiänti : st = ss w\e in der II. Sing, nnd Plur. alli'i' PerCecte. 3) Bk. eile. 4) Biondelli betont have havetii havcii; aber, wie das Metrum und die Conditional- t'urmen sofrerave moriraveino morraven \i. s. w. zeigten, entschieden mit unrecht. 344 M II S s a f i a Andere Beispiele 323, 31 ; 330, 304; 331, 372; 383, 128; 384, 157; 385. 206; 92, 88; 136, 159; 139, 254; 141. 364; 145, 116 u. s. w. Auch hier kommt zufällig die 2. Pluralis nicht vor; sie würde eben so wie die 2. Sing, havissi . . . lauten. Wie man sieht, es finden sich nicht selten sowohl beim Futu- rum als beim Conditionale beide Darsteliungsweisen — syntactische Fügung und schon ausgebildete Form — neben einander. Dass im ersten Falle das Auxiliare mehrere auf einander folgende Infinitive versehen könne, ist ganz natürlich; der Fügung ho mangiato e bevuto entspricht vollkommen ho mangiare e bere für mangerö e bero. So z. B. 94, 139. sed illi a mi se tornano no i ho derelmquire ma tugi da mo inanze tiefende e guarentire. Wohl aber ist bemerkenswerth, dass selbst das schon suffigirte Auxiliare dieselbe Kraft behält , wie an folgender Stelle zu er- sehen ist: 330, 319. el cognosceva ben keo heiie fa feronia e k'eo me perdereve e cdze a tutta via. also mi perderei e cadere für mi perderei e cadrei. Ein deutlicher Beweis, wie lebhaft in früherer Zeit die Entstehungsweise einer Form noch gefühlt wurde, welche jetzt von keinem Ifalienischredenden, wenn er sich nicht anders mit Sprachstudien beschäftigt, geahnt wird. Ich habe bis hieher ein piiar Beispiele aus beiden Tempora auf- gespart, weil sie das Verbum ^cre betreffen, welches — von Diez II~, 132, Anm. 2 richtig anerkannt — weiterer Aufmerksamkeit an- empfohlen sein will »)• Die bei Bunvesin vorkommenden Formen sind: Praes. fio fizo, fi, fi; 3. Flur. fin[o]. Impf, fivi, fiva; fevan[o] (fivan?). Pfct. 3. Sing, fi fite. Fut. firö, fiie, firä; firam . . . firan[o]- Condit. 3. Sing, firave. Conj. Prs. 2. Sing, fizi, fia fiza; fizan[o]. Conj. Impf. 2. Sing, fissi, fisse. Inf. fir li. ') In (l(Mi mir h'ider iiiflil zugänglichen Opuscoli religiös! e lettoi-arj, Vol. ."J, Moilona, 18.j8, S. "i'iS fl". lindel sich ein Aul'siilz von B. Veiatti. welolier über dieses Verhiim liaiidfit. , Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen. S4S Es dient zunächst zur Passivbildung und verdrängt beinahe gänzhch esse; nur im Perfecte wird das Passiv blos mit fu fussi fo u. s. w. eonstruirt. Ausserdem wird fieri in der 3. Sing, — und hier dann auch im Perfecte — nach Art der Impersonalien in bestimmten Redeweisen gebraucht. So z.^. je fi misericordia , je ß compas- sion, ghe fite compassion = „er hat, hatte Mitleid". Mit dem Auxi- liare voran, erscheint nun das Futurum und Conditionale dieses Ver- bums in Stellen wie die folgenden: 442, 1S5. a un di sera rico poente e stragaviso, et ha fi recevudho con alegrevre viso. 491, S26. per zo la vergen matre kl ben havrä honorao a quest mondo on a i'oltro el n/ta ben fi pagao. 138, 231. nu kam il di novissimo fi zongi in lal drueza. 140, 315. se la reeza dal cor no fisse inanze pensadha, zä per nu oltri membri no have fi adovradha. III. „Zu den seltsamsten Dingen gehört, dass im Bergamaski- schen, wie Biondelli p. 16 und 31 bemerkt, die Flexion der 1. Ps. PI. aller Tempora losgetrennt und vor den Verbalstamm gesetzt wird: noter umporta = noi altri por Hämo'*. So Diez ll^, 134. Dies findet sich nun schon bei Bonvesin und zwar bei folgenden Stellen: 381, 36. per liberar nu miseri, Vum no devesse perire. 381, 39. le plaghe k"el sostenne per fa k\wi f'osse benigni. 387, 257. tanfin k'mw era al mondo, no se vossem convertir. un poco de vergonza no vossem sostenir per far li deo servisij, k'm7i no devesse perir. 387, 291. vontera moriravemo, pur k'uni poesse morir. 390, 390. del ben k'um fe i) al mondo grand pagamento n'hablemo. 93, 121. tu sai ben, gloriosa, Vum se~^ de vil natura ke nu sem de fragel cosa. 135, 118. fa penitentia mego a lox del salvator, azo k'wn sia digni d'haver si gran dolzor. 136, 137. tanfin k'um se^) il mondo, se tu voTar pur mal, e mi e ti tradisci entro fogo infernal. 1) l!k. fe\ 2) Bk. kiim se'. 3j Bk. kiim se. Hier spricht die Seele zum Korper: „so lange wir auf der Weit Jiei- .sanimen sind"; il = in il; so bei toscanischen Schriftstellern häufifj el. Vgl. unten il foijo - it. nel fuoco. rj46 Mussafia 138 226. viveiin) in eastitJie iizo k'iim venia eritrambi in «rrand prosperitae. Im Verse: 33i, 338. quand'el saveva denanze k'um have pur esse perdudhi findet sich zugleich die unter 11 besprochene Erscheinung: um have csse = hdvem esse=sernvem it. saremmo „wir würden sein." IV. Nicht weniger seltsam ist es, dass esse in der Conjiigatio periphrastica statt des eigenen Participiums das von habere ansetzt: ich bin gehabt" für „ich Itin gewesen". Ich gebe hier alle bei Bonvesin vorkommenden Beispiele: 328, 244. e s'eo no fosse habiudho, tu no havrissi quel honor. 331, 348. dond tu serissi habiudho d'omiunca godhio plen. 488, 391. Maria Egiptiana si g'lia tuto confessao; digio g'ha in penitentia com" e habiudho so stao. 138, 247. eo sont habiudho trop molle. 145, 102 se tu no fussi habiudha. tu anima rational, eo no sereve venudho il fogo sempiternal. 143, 109. inarize ka esse habiudho zamai to companion, vorreve anze esse habiudho un corpo de scorpion. So erklärt sich auch die Stelle bei Bescape (Poesie p. 112, Studii p. 282). E vasen a loro con grande ira Ki era habJulo contro lo segnoie Si taliö Toi-egia ad un de loro i), wo B i 0 ti d e 11 i die Bemerkung macht, er habe aus dem offenbar ver- derbten Worte habluto^) keinen Sinn entnehmen können. Es wird der Mühe lohnen, dieser gewiss befremdenden Fügung auch bei anderen romanisclien Mundarten nachzuspüren. Ich kann mich nicht erinnern, in den bisher bekannten Quellen oder bei Grammatikern etwas dergleichen gefunden zu haben; wohl aber ist es mir gelungen, ganz dieselbe Fügung in einer französischen Hand- ') Die zwei lel/.ten Verse scheinen verstelU z« sein. Der Sinn wird wenigstens viel deutlicher, wenn iiiaii liest : si t.iliö I' oregia ad im de loro ki era habliito contro lo segnore. '^} Statt hahhuo , denn ancli andeiswo findet sich nach Labialen ein /, welches die Sielle des Alileitiingsvocals vertritt: dehlo dibli dehla, hahli hubtemo, sapH saplan. Da dies häufig und bei verschiedenen Schriftstellern vorkommt, darf mau es wohl nicht als einen Schreibfehler ansehen. Beiträge zur riescliicliU» der roinaiii^clioii Spraclien. 1)47 scliiift zu entdecken, welche in spriichlicher Hinsicht manches Bemerkenswerthe bietet. Sie gehört der hiesigen k. k. Hofhibliothek an, wo sie die Zahl 2585 trägt; sie ist in Folio auf Pergament ge- schrieben und enthält 16 Blätter, deren Seiten je zwei Spalten haben. Sie beginnt: Enanchet ') por soi dit que trois choses portietient as nutor. cest matire ententions et utilite. Sie endigt: Cist Ihres fu escriz sus la tor que vient dite Mizane en V an milloismes ducen- toismes otcuitoismes setoismes en la endicion quindoisma puis l'en- carnacion dou doiiz sangnor iesu crist. Et fu escriz por Bofin qui a celiii tens estoit gar de de cele tor, a cid dex doint joie et granz bonaventure en cest mondc et en V antre pnradis. Amen, et fu espleiiz an un dl de sabaho qatorze di de guing. Da die Hand dem 13. Jahrhunderte angehört, so haben wir wohl die eigenen Schrift- züge Rofin's vor uns, ob er aber selbst der Verfasser, richtiger der Compilator des Werkchens sei, soll vor der Hand dahin gestellt bleiben. Den Inhalt bildet die Unterweisung eines Vaters an seinen Sohn, welche in zwei Abs<;hnitte zerfällt. Im ersten ist von den ver- schiedenen Ständen der Gesellschaft, von ihrem Entstehen 2) und von ihren Pflichten die Rede; der zweite (9'') führt den Titel la dotriiie d'amor und ist grösstentheils nichts anderes als ein Auszug, oft eine buchstäbliche Übersetzung, aus dem bekannten „Tractatus amoris" des Andreas Capellanus. Zahlreiche Latinismen lassen ver- muthen, dass auch dem ersten Abschnitt eine lateinische Quelle zu Grunde gelegt sei. ^) Derselbe zienilieli seltsiim klingende Namen kommt aiicli in tier Rubrik zum letzten Capitel vor: cesire epistre trumist Annanchet a la celerere de joie. 2) Das Mensclieng-eschlecht zerfüllt In drei Stände: jantilz , serf et creineros. Jeder von diesen stammt von einem der drei Sötine Noali's her, und zwar je nach ihrem Betrag-en g'egen den lietrunkenen Vater. Lors trova C/iam la servece csguahunt de lui joiottsemuht. Et Japhet ses maindres frere la paor por gu'il n' i ona blas vier Cham de son forfeit por la paor de lui. El Sem trova la gentilece Les yentiaz sont toz caut qi sont apris en ce qi viaut hunor et bien et qui lo metent en oerre a tote sa posance. Les sers sont toz li vtauveis. Les cremerous sunt toz les laboreors por qii' il ont senipres paor des boen et des muuveis. 6'' — 7» Bemerkenswerth ist nachstehende Abstufung von Vater auf Sohn für den nie- deren Adel. Der Sohn des vuvesor heisst escuevas, dem der König concut (lat. con- cessit ?) un cheval da armes . . . lo fill de lui apela il (näirilicli der König-) cscua- vusins et a celui cuncut il un roncins trotiz ou un esparver ... lo fiuz de celui apella il gnif, a celui concut il une cote de stanfort ou une pel d' aijnel : . . et lo fiuz de lui upella il gnif mcgnif. et a celui concut aler l/ien c/iaucie s' il u dt ijuoi ... et II celui est consuinee In gentilece ses anchessors. 8<^ sit/.b. d. phii.-!iist. n. x.vxix. Bd. IV. un. 3G 548 M 11 s s a f i a Die Stellen nun, welche in dieser Handschrift die in Rede ste- hende Fügung belegen, sind folgende: a ce qe ge la poisse combatre en tel guise qe vos n' aiez leece au euer et que tuit dient bien qe ge soie euz a droit vostre filz. 1'' d'or en ca (von August an) est Rome eue ehies et mere de tot le monde et sera jusqu'a la fin dou siegle Chies por li enpe- reres qui fu primerains en li et est euz d' or en ca por mantenir tot le monde en raison. Mere que puis la mort dou douz sangnor so7it eu li sovrain evesqe en li. 9" maint. . .desirent toz celes qu'il voient oblianz ces par cui il sont eu joious. 10*^ Quant ge vos gardai es compaignes des pulceles il me prist un tel chalor qui me fist estre tot autre que ge n' istoie onques euz et n' i sui et n'i porai pas estre par moi ni por nului estier por vos. \%^ La pulcele respont a un viel. Ge sai bien . . . . qe vos estes euz mout frane et cortois. Et si ge fosse eue ou tens de vostre ete g'en seroie eue mout liee si vos m' aussiez amee si com vos dites ore que vos feites. IS** Ge sui un messages qui vos sui tramis da l'ostel d'amor a ce que vos desliez un nous de tele dubitance. c'est la proece d'une pul- cele qe soit eue fille d*un haut homme et d'une baute fame s'ele doit plus estre loee engualment de gantilece que d'une de bas lignage qui soit ausi pros. 14" ^ il a volr puis que je oi le vostre boen renom que il (mon euer) est euz tot ore pres vos por veoir l'osteau de tant bien. IS" eil qui ne les auront onques servies. ... les auront sanz longe proiere et d'alues avant n' auront il nulle eure d'eles por ce c'amor no li est euz, ainz luxure. IG'' 2) Ja selbst von dem unter II besprochenen Vorgange bietet diese Handschrift wenn auch nur vereinzelte Reispiele : *J Zum Vergleiche setze ich die SteUe des Andreas hieher: Nuncius quidem ego sum , tibi ab amoris aula transmissus , qui tuae priidcn- tiac cvjusdam duhilationis niandat solvcre nodum: cujus scilicet sit mulieris magis laudanda probitus , utrum nobilis sanguine an illius quae gencris cognoscitur dcstitui nobilüate? ^) Ich könnte nocli hinzufügen: ce estoit laingue hebree por ce qu'il n'en csloit plus cuc. Hier liegt aber das unpersönliche avoir vor, welches — nicht weniger selt- sam — nicht mit avoir, sondern mit estre construirt wird. Beiträge zur Geschichte der romanischen Sprachen. ö49 et por ce qe tu m'as enquis de qe tu ne savoies f ai ge apren- dre lo voir de la beste. 1" tu serviras a teu sangnor qui no t' a refuser par ton messeisse d'avoir, ainz enrechir quant plus poevre seras. IG*" Das Conditionale dann wird auf sehr bemerkenswerthe Weise durch das dem Infinitive vorangesetzte Plusquamperfectum Conjunc- tivi ausgedrückt. si com vos avez feit de li eussiez vos feh'e de moi ou pis. 15" also eussiez faire statt feriez (faire aviezj, ganz analog dem mailändischen cantar-ess, essen = cantare habidssem, habuissetif. Als weitere Eigenthümlichkeiten der Sprache dieser Handschrift wären zu erwähnen; die fast ausschliessliche Anwendung des Auxiliare venire zur Passivbildung z. B. chacuns biens qui vient clers*) veuz vient (Hs. vienz) plus cheri de celui qui vient veuz en chascun jor; selbst videris wird mit viens veii übersetzt; von ondcs sowohl in der Bedeutung „woher" — ondes vient anior — als zur Anknüpfung von Perioden: Nemroth constrecoit li home aorer les idles . . , Ondes vient dit en sainte escriture de chascun fort et maveis home Nemroth — Ninus fist feire ymage et cele fasoit il aorer . . . Ondes maint homes firent feire images ; von jusque um nicht das Ziel, sondern die Dauer der Zeit zu bezeichnen: les pechieres «unt desert jusqu'il sunt es mortex pechie — I'en- fans jusqu'il est joune se puet flechir (finch'e giovane si puö piegare); von vouloir in der Fügung eil (serf) qui sont boen si voudroient cherir (it. si vorrebbero aver cari); von anjmis für tarnen: cum il soit frans de euer et de feit, anpuis ne puet il muerson ordre — • com il poissent geisir ensenble chaitivemenl, anpuis n'i poient il demener lor deyirs^); 1) Clers l.edüutel hier „nicht hiiiifig-, selten« ; zwei Zeilen vorher clcrs foiees. ~) Diese Coiijuiiction, die icli sonst nirgends verzeichnet finde, ieht noch immer in der Form ampo' und mit derselhen Dedeulung in den siidtiroiischen Mundarten fort. Sie 36* 5 ■) 0 .M u s s a f i a endlich von cur als Partikel beim reinen Conjuncüonalsatz, ohne irgend eine Spur eausaler Bedeutung: ge voi car tu es cehii — que tu saches car totes graces — Phylo parole ear .... — Staee note car . . . , iilso ganz wie prov. car in auvisz car eu voz dissü (audistis quin ego dixi vobis) Serm. ed. Hofni. Vgl. Diez 32, 324. Dies Alles weist demnach auf Einwirkung einer südliehen I\lundart. Im Allgemeinen trägt das VVerkchen burgundisches Gepräge, und zwar mit einigen recht alterthümlichen Zügen. Beispielsweise führe ich an das Impf, auf eve: saiignorezevent s abesoingnevent und das Pfc. auf arent : estareiit; die constante Darstellung von e (i) durch oi: chevoil consoil despecoier yroier, Suffix -oisme; die Formen ou (en le), teu seu, avst (habuisset), doex, C07i0stre, per u. s. w. Daneben aber flnden sich Spuren ande- rer Mundarten, wie viaitt dau neben dem bürg, dou, norm, soe (sua) munde chaims (campiis), pic. ch statt ss in chattchier, und liauptsäclilich die ungemein häufige Vertretung von ai durch ei: cheive (cavat) feit f'eire, -eisse (conquisteissent), ein Zug, wel- cher wohl der normannischen, aber in gleichem Masse auch den südlichen Mundarten eigen ist. Und auf letztere führen wieder zu- rück neben den oben angeführten Fügungen sehr zahlreiche Formen. Flexivisches a erscheint häufig: manjiia (^maiidncat), secorra fsuc- curratj, prendala, entera-ment; sehr gebräuchlich ist die Präpo- sition da: z. ß. da 1a quäle yA auch da la qla oder in der Fügung ce que vient segoud nature est plus da estre loez; die 3. Plur. geht nicht selten aufo«^; stout declinont ; Participia auf m sind zahlreich: cresue (aus croitre) sozponu requerruz, auch coiiceu (it. concedutoi) u. s. w. Formen wie eser neben estre anem utel veglant iii- finziment blasemer , die Gerund ia mit d am Ende riaiid juand koiiiint ülirigpiis iiucli hei allltallenispheii Scliriffstellern vor. So z. B. in der Üi)er- selzuiig' des Valeriiis Maxiimis aus dem 14. Jahrhundert Avi-eyua dio che il Senato desi- derasse . . . , ainpoi yiudicoe; avveyna dio che ukiino nella guerra facesse cosr ihiarissime . . ., ampoi per giiella fama non e appellato imperadore {Cod. Mgll). 8(5. )iak'li. 1, lih. 2. cap. 3). Ehen so in den Ühersetzungen des Reinedium amoris und «ler Ars Aniandi Ovid's, welche Andrea Lancia, einem florentiner Notare der ersten lliiirte des 14. .lahrhunderti zugeschriehen «erden: Avveynachc Eitca abbiu fama di piciudr, ampoi ti dicde eyli la spada (Cod. Rice. 1543, Bl. S), la giiul com udvcyna che tu l'abbi fiitla, ampoi e sozzu fuvola (Cod. Rice. 2310, Bl. 83). Vgl. 1" Ktruria, studj di k'tteratura ecc. Fiienze, IttSl — iS.SS. 8. 1, 144 fl\ Beitiiiy'L' zur (iescliiclile der roiiiiiiiisrlicii Spiaelien. OO l können allerdings blosse Schreibfehler sein, sie bleiben aber immer- hin bezeichnend; eben so lassen si<'li enguals ves (Präp. versus) cosir eissament mit den entsprechenden proven^alischen Wörtern ensue mit enxudha bei Bonvesin vergleichen. Aus dem Wortvorrath hebe ich bervor: espesemnnt (in der Bedeutung „oft"), soperclent („übrig bleiben" it. soperchiano), chaseliens (it. casalingo) rams (it. rame) loguerroient (scheint „handelten" zu bedeuten: caus de Babiloine . . . /. mauveisement . . . robanz et feissant ce de mnusqiie iL pooient) und statt des französiscben courcaillet die Bildung qailleroil (V auselleres sone lo q. j)or trahir les osianz), welche dem quagliarolum der Stat. Taurin. und qnaliaroUnm der Stat. Vercell. (it. quagliere) vollkommen entspiicbt. Mir will scheinen als ob diese seltsame Vermischung so vieler und so verschiedener Mund- arten die Herausgabe des Werkchens, welches auch in Bezug auf Sagen- undCulturgescbichte nicht ganz ohne Wichtigkeit ist, räthlich machen würde. Die literarhistorische Untersuchung, welche nolhwen- diger Weise vorangehen müsste, würde durch die Feststellung des Verhältnisses des Buches zu seinen Quellen aucli zur Erklärung des Sprachmomentes wesentlich beitragen. Vielleicht wird dadurch meine Vermuthung bestätiget, dass das Werk in seiner jetzigen Ge- stalt von einem Eingeboienen aus dem Südosten Frankreichs, viel- leicht auch aus den angrenzenden Theilen Italiens herrühre; eine Vermuthung, welche an Glaubwürdigkeit gewinnt, wenn man die häufig höchst harte und unbeholfene Sprache des Buches in Erwä- gung zieht. Denn wenn auch viel davon der Ungeschicklichkeit eines Übersetzers, der nur nothdürftig lateinisch verstand, zugeschrieben werden kann, so dringt sich dennoch bei der Leetüre der wenigen Seiten das Gefühl auf, es könne eben nur ein Fremder ein solches Französisch geschrieben haben. Einer näheren Prüfung des Gegen- standes darf ich mich hier, wo von dieser Handschrift nur zu gram- matischen Zwecken Erwähnung geschieht, wohl enihalten: und zwar um so mehr als wir hoffen dürfen, dass dieses Werkchen recht bald von einem bewährten Kenner in den Kreis einer Untersuchung über Liebes tractate im Mittelalter gezogen werde. Zum Schlüsse will ich nur noch eine etwas längere Stelle mit- theilen, wobei ich mit Absicht eine solche wähle, die zugleich als Sprache- und Übersetzungsprobe dienen kann. 552 M u s s a f i a IPSan demande amor relui- sant en boenes teches. Acertes lo saies amis ou amie ni refiise li uns l'autre por forme dehors, pur quex2) boens costums abondent (Hs. abondenz) dedenz lor cors. Force que celui qui vient trovez sages et apris ne puet onques desvier les senters d'arnor fais- sant ou dissant contre s'amie au- cun destorbemant. Donques se la saie a done son amor au bien costu- mez ele porra longuemant joir de Uli, porce qeu saies set demener sa dotrine saiemant et user sa ioie tempreemant por la paor des en- veios. Et por ee doit querrir lo saies la miez costumee et ele doit amer lo plus apris a ce qu '11 demeinent lor amor sanz folie. Mes autresi la fame nM doit pas qerrir forme ni atornemant des cors ni naissiment de generacion, por ce que gantilece n'est autre se no franchise de euer, ausi com vos avez oi ca en arrer, et cele feit Tome jantil et resplendir sa forme sor toz chouses. Ou cbose soit que nos soions toz ensu d'Adam, cbascun a trait un naissi- niant par soi segond nature, non par forme, non por atornement de cors, non por ricboisesd'avoir, ainz par sole proece des costums, la quele devisa Tome primerai- nement por jantilece et porta la diffcrence de l'umane genera- cion*). Mes auquanz tra scmevol 1) Morum probitas acquiritamo- rem in morum probitate fulgen- tem. Doctus enim amansvel docta deformem non rejicit amantem si moribus intus abundet. Qui enim probus invenitur et prudens nunquam facile posset in amoris semita deviare vel coaman- tem aliqua perturbatione movere. Sapiens igitur, si sapientem suo connectit amori, suum amorem in perpetuum facillime poterit occultare . . . ; sapientem aman- tem igitur tibi quaerere cura. Mulier similiter non formam vel cultum vel gcneris quaerat originem, quia nulli forma placet si boiiitate vacet. Morum autem probitas sola est, quae vera facit bominem nobilitate beari et ruti- lanti forma pollere. Nam cum omnes homines uno fuimus ab initio stipite deri- vati unamque secundinn naturam originem =) traximus omnes, non forma, non corporis eultus, non etiam opulentia rerum, sed solum fuit morum probitas, quae ipsos primitus liomines nobilitate distin- xit ac generis iniluxit ditferentiam. Sed plurimi qiiidem sunt, qui ab ipsis primis nobilibus sementivam Beiträge zur Geschichte der romanischen äpraclieu. obo naissimant de caus primerain gen- traheiites originem, in aliam par- tile, et inaiiit declinont en autre tem degeiierando declinant, et si part des generanz; iries sc tu convertas, non est propositio clierches bien la doctrine, tu i falsa. Sola ergo probitas amoris ti'overas san soi digner de coroiie. est digna corona. Aninerkungeu. 1) Den lateinischen Text richtete ich theils nach dem Incunabeldrucke theils nacli der Ausgabe Dethraari Mulheri, Dorpmundae , Una Gaste et Vere a Manda (1610) ein. Wer uns liald eine kritische Ausgabe nach den Handschriften dieses gewiss bedeutenden Werkes geben wollte! 2) Pur que = pourvu quc it. pwche. So auch bekanntlich im Boethius. v. 6. Qiiex ist die Conjunction mit dem Artikel, eine Verbindung, welche (im Sing, natürlich nur für das Masculinum) in unserer Hs. constant ist: fjucu pere , queu dragon u. s. w. 3) Der Incunabeldruck hat sccundum veram originem formani; die Ausg. 1610 ser- vaturam (!) originem: mich leitete die noch ungedruckte altital. Übersetzung, wovon ich einen Abschnitt aus dem Cod. Riccard. 2317 abgeschrieben habe. Diese bietet : nn nascimento avemo secondo la natura. Eben so bat drei Zeilen später die Inc. semitivam originem, Ausg. 1610 sementinam or., ital. Übersetzung scmentivo nascimento. 4) Wie man sieht, hat der Übersetzer den Sinn dieser Stelle durchaus missver- standen; wohl zunächt dadurch, dass er die Substantiva forma und opulentia als Ablative auffasste. Tra scmevol mag vom Schreiber corrumpirt sein ; der zweite Theil des Wortes entspricht aber offenbar dem Worte sementivum, und ist durch die Gestalt des an dem Stamme sem- angehängte Suffix -evol bemerkenswerth. — Bei Hartlieb , der behufs weiterer Vergleichung noch hieber gezogen werden mag, lautet die Stelle sowohl nach der Hs. (Cod. Vindob. 30ö3) als nach dem alten Drucke (Augspurg, 1484) wenig verständlich: wann all menschen von anfung tiss ainem stand entsprungen sei und haben all Ursprung ainer nattur mit der gestalt des libs nach krafft des mugen auch nit richtumb des guts haben adel uffbracht sunder sitlen der crherkait und iugent die hanf die lüt mit adel getzierd tind der geschlecht underschaid heschaiden. Wäre es mir erlaubt, auf diesem mir ganz fremden Gebiete eine Vermuthung auszusprechen , so würde ich meinen, dass hier statt mit, ein Versehen, welches auch die Veränderung von die in der nach sich zog, nit und statt nach noch zu lesen sei. Dann bekäme die Stelle einen Sinn, welcher mit dem des lateinischen Originals vollkommen überein- stimmen würde. 534 Dr. b' r i e li r i c h Kenne SITZUNG VOM 23. APRIL 1802. Gelesen! Über (las Münxrecht und die Goldpräge der Könige der Axumiten. Von Dr. Friedrich Renner. Die in der vorstehenden Figiii- dargestellte Münze befindet sich im Besitze des Herrn Fabriksdirectors Emil Engel zn Tötis in Ungern, welcher die Gelälligkeit hatte, sie mir zur Ansicht und Abbildung mitzutheilen; er kaufte sie bei einem hiesigen Münzhündler unter anderen nicht seltenen Stücken. Ihre Beschreibung ist folgende: Gold. Grösse nach Mionnet 4. Gewicht 2-685 Grammes. Vorderseite: Innerhalb eines einwärts gekehrten Wellenbandes die Inschrift: o BACIAGVC A«>IAAC gekröntes Brustbild von rechts mit der rechten Hand ein Schwert vor sich haltend; hinter den Schultern wachsen zu beiden Seiten Ähren (Palmen?) hervor, welche sich nach oben hin vereinigen und das Brustbild wie mit einem Rahmen umgeben. Biickseite: Innerhalb einer Perlenschnur die Inschrift ^ biCI (sie) AIMIIAN AHWMITWN Brustbild mit enganliegender Haube von rechts in der Hand einen aus drei Blattern bestehenden Palmenzweig haltend, in ähnlicher Weise wie das Brustbild der Vorderseite von zwei Ähren (Palmen?) umgeben. Das Goldstück gehört der seltenen Münzreihe der Könige von Axum in Abyssinien an, welche seit Dr. Rüppel's Beisen in jener Gegend bekannt geworden sind. Derselbe fand im Jahre 1831 einige Exemplare in den Ruinen von Axum, machte sie der Bibliothek seiner über das Münzreclit iiud die Goldpräge der Könige der A.vitnilleii. 1)1)0 N'aterstatlt FiMiikfurt ;im Main zum Geschenke und publicirfe sie in der Beschreibung seiner Reise •)• Eine Goldmünze eines anderen ;i\umitisciien Königs erwarb Oberst Claudius Stewart in Aden; sie iK'lindet sich im brittischen Museum und wurde in einem gedruckten Hriefe von Dr. Rüppell an S. Bircb in London genauer besprochen 2). Diese Münzen stellte Victor Langlois in seiner Numismatique des Arabes avant rislamisme 3) als Anhang zu derselben zusammen; eine Sammlung von 15 axumitischen Kupfermünzen ist im Besitz von Antoine d'Abbadie, welcher sie auf seinen Reisen sammelte und publiciren wird*). Ausser einigen in äthiopischer Sprache geschriebenen ver- worrenen Verzeichnissen von Namen einheimischer Könige und Prinzen, und einigen Stellen griechischer Schriftsteller über das eine und andere Detail der abyssinischen Geschichte haben wir keine Nachrichten über die Entwickelung dieses Staates, welcher von ägyptischen Ausläufern gegründet worden sein soll. Um die Zeit der Regierung des Ptolemaios Euergetes (246 — 221) befreiten sich die Abyssinier von der Oberhoheit der Ägypter, damals soll eine Frau in der Gegend von Sabae geherrscht habend). Aus dem ersten Jahrhundert nach Christus wird ein König Zoskales wegen seiner Bildung in der Rechtswissenschaft und wegen seiner Kenntniss der griechischen Literatur (ypa/j./j.aTöov iAAvjvtxwv sij.ns'.pog') namhaft gemacht«). Der Staat trieb Handel und tauschte gegen Elfenbein die von griechischen Kauffahrern mitgebrachten Waaren, Mäntel, Wolle, Leinwand, Glasperlen, Eisenwerkzeuge, Gold- und Silbergefässe, und Kupfer in dünnen Plättchen ein, welche theils als Scheidemünze für den inländischen Verkehr, theils als Frauenschmuck verwendet wur- den. Für den Verkehr nach Aussen hin genügten nocli zu Vespasi- anus' Zeit römische Gold- und Silbeimünzen, die durch den Handel eingebracht wurden^). ») Reise in Ahy.ssinien. Frankfurl a. M. 1838. B.i. II. ;U4 nnd 429. .Alias Taf. 8. 2) Numismatic ehronicie VIII. (184«) 121 f. 3) Paris Rollin 18Ö9. p. 141 f. u. 148 f. PI. N. ^) Langlois a. a. 0. S. 1Ö2. 5) Slrabo XVl. p. 113. .Manneifs Geographie X a. 129 f. ••j Langlois Numismatique des arabes etc. p. 133. ') Vgl. darüber und über das Folgende .Mannert a. a. 0., Periplus, p. 2, 3 f. Mommsen, Gesch. des röni. Münzwesens. 723. ggg Dr. Friedrich Kenner Erst im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wird die Geschichte von grösserer Bedeutung, indem die Herrschaft durch Eroberungen in Arabien (Yäma n, das Land der Himyariten), in Äthiopien und von Sabae vergrössert und um die Mitte dieses Jahrhunderts die christliche Religion durch Frumentius und Ädesius eingeführt wurde. Aus dieser Zeit datiren auch die wenigen inschriftlichen Monumente des Landes. Das bedeutendste derselben, das sogenannte axumitische Denkmal nennt als den erobernden König Aizanes (La-San) 340 bis 356 n. Chr. Die Münzen der Axumiten gehören nach ihrem Style entschie- den dem Beginne des VL Jahrhunderts an. Anordnung und Aus- führuntr der Brustbilder erinnert lebhaft an die Münzen der Kaiser Justinus L (518 — 527) und Justinianus (527 — 565); namentlich die perlengeschmückle Krone mit den an Schnüren oder Kettchen herab hängenden Kleinoden finden wir in ähnlicher Weise an den Brustbildern der genannten Kaiser wieder. In der Schilderung des Empfanges der Gesandtschaft welche, wie später erwähnt werden wird, Kaiser Justinus I. an den Axumitenkönig Aphidas abschickte, wird an dem Aufzug des Letzteren seine Krone wegen ihrer Eigen thümlichkeit besonders hervorgehoben, „es sei eine mit Perlen geschmückte Art von Tiara gewesen, an deren Näthen vier Schnüre herabhingen" i). Also erst im Beginne des VL Jahrhunderts begegnen wir münzen- den Königen von Axum, und zwar prägten folgende-): In Gold 1. Griech. Aphidas, äthiop. Ela-ameda (522—542)3). „ 2. Griech. Asahel, äthiop. Ela-Salil (? — ? )*). „ 3. Griech. Gersem, äthiop. EIa-Samara?(603 — 614). In Kupfer 4. — — äthiop. Arma'h (644—658). Der Münze des Ersten schliesst sich die in Herrn Engel's Besitz befindliche an. Die Inschriften auf den Goldmünzen sind in verderbtem Griechisch und mit Lettern geschrieben, die zumal an : *) S. P. Jae. Brunn, Erdbeschreibung von Africa II. S. 133. 149; bei Mannert a. a. 0. Aphidas erscheint darin deutlicli als der HäupHing eines halbwilden Neg'erstammes. -) Vgl. hierüber Hüppell, Reise II. 344 und 429. Atlas Taf. 8 — dann Langlois a. a. 0. p. 148. pl. IV. 3) Über die Zeitbeslimuuing für welche Langlois o36— 342 angibt, siehe weiter unten die Note 3, S. 060. ■«) Nach Ilüppell Numisniatic Chronicie VlII. (1840) 121 ist er der zweite Nachfolger des Aphidas, regierte aber nur zwei Monate. über das Miinzreclit und die Goldpräge der Könige der Axuraiten. S37 (1er dritten aus dem Beginne des VII. Jahrhunderts roh erscheinen, während der Stenipelschnitt zur Münze des Königs Aphidas — abge- sehen von dem Fehler (BICI für BACIA sus) — sorgfältig ist und an- nehmen lässt, dass die Präge von byzantinischen Werkleuten (etwa iiiis Alexandria) besorgt worden sei; die Inschrift der Kupfermünze ist dagegen in der einheimischen [äthiopischen Sprache (Ghez)] abge- fasst und geschrieben, eine Erscheinung, welche sich oft aufMünzen wiederholt. Ebenso prägten die römischen Bürger in Capua Silber mit lateinischer, Kupfer mit oskischer Aufschrift. Gold und Silber ist ja auf den auswärtigen Verkehr berechnet, es muss sich der gangbaren Sprache anschliessen, das war in jener Zeit für den Orient die Griechische; sie war die Sprache des Hofes und der gebildeten Classe auch in Axum i). Dagegen auf der für den einheimischen Verkehr geprägten Kupfermünze ist die nationale Sprache vorzu- ziehen, weil sie dem Bedürfniss der niederen Volksclasse dient. — Ausserdem liegt in der Anwendung verschiedener Sprachen auf den zwei Sorten der axumitischen Münzen der Fingerzeig, dass sich die- selbe der bisherigen Gewohnheit des Verkehres anschloss; bisher gebrauchte man römische Gold- und Silbermünzen für den ausländi- schen, dünne Kupferplättchen für den inländischen Verkehr. Nach den vorhandenen Münzen prägten die Könige von Axum in der Zeit von 522 — 614 Gold, um 658 noch Kupfer. Nun hatten sich aber die oströmischen Kaiser das ausschliessliche Recht der Goldpräge zugeschrieben im Umfange des ganzen Erdenkreises. Procopius-) sagt, dass weder Perser- noch Barbarenkönige das Recht hätten, Goldmünzen mit ihrem Bildnisse zu schlagen, ja dass solche Goldstücke weder bei römischen noch barbarischen Kauf- leuten gangbar seien, und dies wohl darum, weil sie ganz vollwichtig ausgebracht wurden. „Von jedermann und in allen Reichen wird sie bewundert, weil kein anderes Reich eine solche hat", sagt ein Schrift- steller aus der Zeit des Kaisers Justinian s). Auch wagten es bekannt- lich weder Vandalen noch Ostgothen Goldmünzen ohne des Kaisers Bild zu prägen, nur der weit entfernte Frankenkönig Theodebert 1) Heliodor IX. 26 bei Mannert a. a. O. sagt dies zwar von Meroö, es kann aber der Zeit naeli mir auf Axum bezogen werden. Vergl die Nole oben über Zoskales. ~) l'roeüp. de bello Goth. III. 33. Monimsen 749. ■■') Kosuia Indikopleustes in der CoUectio nova Palrum. ed Monlfaucon 111. )». 148 A. llullsch Gr. u. röni. Meteorologie. Berlin, 1862, S. 247. ;• ;' O Dr. F r i e d r i v li Kenner /fj34„538) setzte sein Bildniss auf die Goldniüiize. Hie und da scldiigen iiuch die Sassaniden eigenes Gold, aber wie Mommsen vei-- ||'f muthet, nur in Zeiten, in denen sie gegen die Römer Vortheile - ^ erlangt hatten i); und so eifersüchtig wachten die Kaiser in Byzanz über das Recht der Goldpräge, dass noch Justiuianus Rhinotmetos (^670 — 711) die Araber mit Krieg überzog, weil sie bedungene i Zahlungen, nicht in römischen sondern in arabischen Goldstücken neuen Gepräges leisteten 2). Die Kaiser in Byzanz welche sich nach der römischen Tradition für die erste Macht der Welt hielten, erachteten also die Goldpräge für den unmittelbaren Au s- d ruck dieser ihrer Würde. Die Handelswelt erwies gerne den kaiserlichen Goldstücken das vollste Vertrauen, weil Constantin's d. G. Verordnung — dass bei jeder Zahlung das Gold gewogen werden solle — eine Defraude von Seiten des Staates zwecklos machte und die Güte der kaiserlichen Münze dadurch nachdrücklich garantirt wurde. Es entsteht daher die Frage, wie die Axumitenkönige dazu kamen, eigenes Gold mit ihrem Namenund Bild zu schlagen, ob sie dies aus eigener Machtvollkommenheit gewagt oder vermöge eines ihnen von den Kaisern ver- liehenen Rechtes gethan liaben. Wenn man die Verhältnisse erwägt, in welche das axumitische Reich seit seiner Erhebung eintrat, so kann nur das letztere der Fall gewesen sein. Trotz seiner Ausdehnung zur Zeit der grössten Eroberungen konnte es eine weittragende politische Bedeutung nicht erlangen, da es von dem Mittelpunct aller politischen Action jener Zeit, vom Hofe in Byzanz zu weit entfernt und ausserhalb des Um- kreises seiner Interessen lag. Als einen Ausdruck ihrer politischen Macht übten die Könige von Axum das Münzrecht sicher nicht. Auch dass sie sich dasselbe aus Trotz gegen den Kaiser vindicirt hätten, lässt sich nicht annehmen; denn der erste König, welcher Gold münzte, stand nachweisbar in freundlichem Verhältniss zum Kaiser Justinus. Endlich konnten sie auch nicht zur Erleichterung des eige- nen Handels die Goldpräge aufnehmen. Dem massenhaften kaiserli- chen Gold hätte das einheimische doch nicht die Wage halten können, ') A. a. 0. Töü. 2) Eckhel Add. 4. über das MüiiziPciil uml die (ioldpräge der Ki'iiiige der Aximiiten. 5S0 ja die Ärmuth des Landes an edlen Metallen ») hätte vielmehr den Ciedit der Münze vermindern müssen. Es wäre endlieh überhanpt zw ecklos gewesen eine Goldmünze gegen den Willen des Kaisers zu schlagen. In diesem Falle wäre sie ja ohne jene Anerkennung iichlieben, durch welche allein sie ihrem Zweck entsprechen konnte. l'iir den auswärtigen Verkehr in dem orientalischen Handelsgebiete ut prägt musste sie überall dem kaiserlichen Solidus begegnen; sie wäre von allen ausländischen Kaufleiiten verschmäht worden, bei denen nur kaiserliches Geld gangbar war. Sollte sie einen Cours erlangen, so musste sie durch kaiserlichen Willen dem römischen (jolde gleichgestellt und mithin ihre Annahme bei römischen Gassen zugestanden werden. Es bleibt somit nur übrig anzunehmen, dass die Kaiser in B y z a n z s e 1 b s t d e n a x u m i t i s c h e n K ö n i g e n d a s M ü n z r e c h t für die G o I d j) r ä g e e r t h e i 1 1 haben. Damit stimmt die Stellung überein, welche diese Könige in der politischen Weltlage jener Zeit einnahmen. — Der uralte Kampf des Abendlandes mit dem Oriente war durch der Hellenen siegreiche Schlachten gegen die Perser und durch die Eroberungen Alexander des Grossen keineswegs beendigt worden; er dauerte fort durch alle Zeiten und blieb neben den Kämpfen mit den Barbaren an der Donau die Schule für die römischen Legionen auch in der Kaiserzeit. Mit der Thronbesteigung der Sassaniden war der Kampf wieder gefahr- drohender geworden; denn abermals hatte sich aus den Trümmern der altpersischen eine starke einheitliche Monarchie im Osten ge- bildet; wie die alten Hellenen in den Perserkriegen den Schatz der classischen Bildung vertheidigten , so war es jetzt das Christenthum welches den Kernpuf)ct neuer schwerer Kämpfe der Byzantiner gegen die Sassaniden bildete. Sie kündigten sich auf der weiten Grenzlinie beider Reiche in einzelnen V^erwicke Jungen an, deren Inhalt die Angriffe auf kleine christliche Fürsten und Völker und die Abwehr ausmachten. So warder König Tzath von Lazica an der Ost- küste des schwarzen Meeres zum Christenthuine übergegangen, seine Krönung stand dem Perserkönig Kabad als Oberherrn zu; Tzath aber wollte von Kaiser .lustinus gekrönt sein tmd so geschah es auch 2). ' ) Maiiiifi I X a. I.'i4. -) Tlit'oj.liaiie^ \>. 'IC,'. — Clinill. I'ascli. |.. tllS. — Taiily I!. E. IV. (172. Mßn Dr. Friedrich Kenner Die christlichen Iherer wurden von den Sassaniden hart bedrückt, der Kaiser Justinian nahm sich ihrer an, das führte im Jahre 526 zu einem Kriege, aus welchem Justinian als Sieger hervorging i)- In einer ähnlichen Verwickelung treffen wir den Axumitenkönig Aphidas, da er zum ersten Male in der Geschichte hervortritt. Sein Vorfahr Aizanes hatte das Land der Himyariten in Arabien erobert (im 4. Jahrhundert). Die Könige von Axum verwalteten das neue eroberte Land durch Unterkönige 2). Zu Aphidas' Zeit war es Dimean oder Dunaas, Thou-nowäs, wie ihn die arabischen Quellen nennen. Damals waren die Anhänger der mosaischen Religion zu grossem Ansehen in Arabien gelangt, der Unterkönig trat dieser Religion unter dem Namen Jou^ouf bei und wollte nicht ferner die Oberhoheit des Königs von Axum anerkennen, ward aber mit Waffen- gewalt in das Verhältniss der Abhängigkeit zurückgeführt. Dimean, im blinden Eifer für das Judenthum, erregte eine Verfolgung der Christen in der Stadt Nadjrän, die damit endete, dass zwei junge Juden von den Einwohnern umgebracht wurden. Nun sammelte Dimean ein Heer von 120.000 Streitern, rückte vor die Stadt, eroberte sie nach hartnäckigem Widerstände und tödtete 20.000 Chri- sten (522 n. Chr.) s). — Kaiser Justinus forderte auf die Nachricht 1) Pauly, a. a. 0. 2) Als Unterkönige erscheinen auf den axumitischen Münzen Dimean unter Aphidas Ela-Gabaz unter Asahel (Rüppel, Numismatic Chronikle. VIII. [1846] 121), unter Gersein wird keiner mehr genannt, doch erscheint auf den betreffenden Münzen noch das typische Brustbild eines solchen. Die gegenseitige Stellung der axumitischen und himyaritischen Könige lässt sich aus folgenden Anhaltspuncten bestimmen. 1. Setzt nach ßaronius, annal. eccl. T. VJII. a. S23, S24, Aphidas nach Dimean's Tode einen Abreha den Himyariten vor; also muss er der Oberherr gewesen sein. 2. Darauf verweisen die Münzen. Der König von Axum trügt stets die Krone, der Unterkönig nur eine Haube mit landesüblichem Schmucke, ebenso hält der König in der Rechten ein Schwert, der Unterkönig eine Palme. Nach Analogie ähnlicher Symbole, deren absichtliche Entgegenstellung hier nicht zu verkennen ist, besitzt jener die volle Souverainetät, also auch die Executive, dessen Abzeichen das Schwert ist, dieser hingegen nur eine friedliche Macht, und erscheint demnach als eine Art Civilgouverueur; dem ungeaclitet werden auf der Münze beide als Könige der Axumiten angeführt. 3) Baronius, Ann. eecl. VII a. 522. Langlois, a. a. O. p. 133, setzt die P.egierungs- zeit des Aphidas auf die Jahre 536—342 an, aus welchem Grunde sehe ich nicht ein. Auf den Münzen erscheint er mit Dimean. Diese Münzen müssen wohl vor der Rebellion des Unterkönigs geschlagen sein, da dieser in Folge derselben starb; und da ihn Aphidas schon im Jahre 522 mit den Waffen bezwingt, so muss dieser damals schon König von Axum gewesen sein. über (las .Miiuirecht und die Goldpiüge der Könige der Axumiten. 561 liiervon den König Aphidas von Axum durch den Patriarchen von Alexandria auf, die Christen zu rächen und seinen Unterkönig in Arabien zu züchtigen; ja er schickte selbst eine Gesandtschaft an ihn ab. Aphidas rüstete ein Heer, zu dem Hilfstruppen vom Kaiser stiessen, setzte über das Meer und schlug Dimean in entscheidender Schlacht aufs Haupt. Letzterer kam dabei um's Leben (52S). Nun besetzte Aphidas die rebellischen Orte, und gab den Himyariten einen neuen Unterkönig, Abreha mit Namen i). Die Geschichte von Dimean's Rebellion und des Aphidas' Feld- /ug gegen ihn sieht für sich einer der grossen Stammesfehden, wie sie zu beiden Seiten des rothen Meeres, namentlich in Arabien einheimisch sind, vollkommen ähnlich; aber sie gewinnt ein anderes Aussehen, sobald man sie im Zusammenhange mit der politischen Geschichte jener Zeit befrachtet. Sie lässt sich alsdann leicht als ein Glied des Kampfes der Byzantiner gegen die Sassaniden erken- nen. Dass hinter Dimean's Empörung die Perser als Anstifter stecken, lässt sich als sicher annehmen. Kurz nach der unvermuthet schnellen Unterdrückung derselben im Jahre S26 macht der Sohn des oben genannten Perserkönigs Kabad , Chosroes (Nushirwan) wegen der iberischen Angelegenheit den ersten Einfall in's Reich der Byzantiner; und sicher hätte Dimean es ohne fremde Hilfe nicht gewagt, seiner Rebellion eine solche Ausdehnung zu geben. Später wiederholt sich dieselbe Erscheinung. Um das Jahr S43 2) empörten sich abermals die Himyariten ; gerade damals machte Chosroes seinen dritten Einfall in das byzantinische Reich und drang bis Palä- stina vor. Im Jahre J)75 begegnen wir wieder einer solchen Rebel- lion, diesmal traten die Perser offen als Förderer des Aufstandes hervor und es gelang den vereinigten Himyariten und Persern, die Axumiten aus Arabien zu vertreiben und die festen Plätze in Yäman zu besetzen; fortan bleibt Arabien unter persischen Unterkönigen, wie bisher unter axumitischen. Daher erscheint auf der Goldmünze des Königs Gersem von Axum kein Mitkönig genannt, obwohl die Erinnerung an den Besitz des Landes, vielleicht auch der Anspruch darauf durch das Festhalten des typischen Brustbildes eines Mit- königs angedeutet ist. 1) über den ganzen Vorgang siehe die arabischen QiieUen hei Langlois, p. 141 (1". und Baronius, Ann. ccci. Vli a. HZ'i. ü24. 2) Hist. mise. XVI, 108, Mannert X a. 148. K ß 2 Im. F r i e d r i c h K e n n e r Die Perser suchten also am schwarzen wie am rothen Meere dem Kaiser in Byzanz Verlegenheiten zu bereiten, durch Bedrückung ihm befreundeter Fürsten und Völker oder durch Unterstützung von Bebellionen gegen ihn seine Kräfte auf den Endpuncten des Reiches gewissermassen an den beiden Flügeln zu beschäftigen und sie zu zerstreuen, während Chosroes seine Einfalle in die östlichen Pro- vinzen des Reiches machte. König Aphidas wird durch eine Gesandtschaft von Kaiser Justi- nus aufgefoi-dert zur Rache an Dimean wegen der Christenverfol- gnng und zur Bekriegung des abtrünnigen Vasallen. Das sind lauter Dinge, welche sich für den Axumiten - König von selbst verstehen, ihn direct betretfen. Der schlaue Byzantiner würde kaum um diese Angelegenheiten sich bekümmert haben, wenn es nicht in seinem Interesse gelegen gewesen wäre, seinen rechten Flügel am rothen Meere hin gegen die Perser durch die imponirende Macht des Abys- siniers zu decken. Ja es heisst auch, er habe ihn aufgefordert, den Persern im Handel nach Ostindien Concurrenz zu machen, wobei Aphidas freilich zu spät kam *). Alle diese Schritte deuten darauf hin, dass Justinus die Perser durch Apliidas im Schach halten wollte. Desshalb musste ihn der Kaiser wie als einen Freund, als souverainen Bundesgenossen behandeln, er musste ihn für sich gewinnen. Bei dem grossen Gewichte, w^elches die Byzantiner auf das Beclit der GüJdpräge legten, konnte der Kaiser dem fremden Könige keine grössere Auszeichnung verleihen, als wenn er dieses Recht mit ihm theilte, sowie Aphidas mit dem Kaiser die Mühe und Gefahr in der Vertheidigung des Christenthuras und der Bekriegung der Perser getheilt iiatte. Ein gewichtiger Grund für die Annahme, dass der Kaiser seihst dem Axuniitenkönig das Recht der Goldpräge mitgetheilt habe, liegt ferner in den Nominalen ihrer Münzen. Die Gewichte sind: für Aphidas (522—542) 2-685 (Hrn. EngersExempl., gut erhalten). 2-i25 (Frankfurt a. M., vernutzt). „ Esahel 1502 (Britt. Museum). „ Gersem (603 — 614) 1-200 (Frankfurt a. M., mit Kupfer legirt). Es Jässt sich wohl erwarten, dass die Axumiten das System des römischen Solidus für die einheimische Goldmünze angenommen 1) Procop. bell. fers. I. 20. .M^uineit a. a. 0. S. 148. über Jas Müiizrecht und die Güldpiäffe der Könige der Axumiten. 563 haben werden; denn jener beherrschte den Weltmarkt. Styl und Technik verrathen einen so engen Anschluss an das kaiserliche^ Gold, dass gar nicht daran gezweifelt werden kann. Der römische Solidus bat ein normales Gewicht von 4-5S Grm.; neben ihm wer- den der seltene Semis zu 227 und der häufigere Triens oder Tre- missis zu l-o2Grm. geschlagen. Den letzteren Nominalen schliessen sich dieGoldstücke der Axumiten an. Wenn die Goldstücke desAphi- das um 0-4 Grm. übermiinzt sind, so darf dies nicht Wunder nehmen; von der Erstlingsmünze eines halb barbarischen Volkes lässt sich eine so genaue Adjustirung wie bei lange münzenden V^ölkern nicht erwarten. Vielleicht geschah sogar die Übermünzung absichtlich, um dem neuen Goldstücke im Handel neben dem kaiserlichen Solidus einigen Vortheil zu verschaffen, oder es wenigstens im Ansehen zu erhalten. Aus den Gewichten geht die Thatsache hervor, dass die Könige in Axum nur die beiden kleineren Nominalen, nicht aber das ganze Stück des römischen Gewichtssystemes schlugen i). Sie haben also nicht das volle Recht der Goldpräge geübt, sondern ein beschränktes. Darin liegt inbegriffen, dass ihnen das beschränkte Recht von einem Dritten ertheilt worden sei, und dass sie nicht aus eigener Macht- vollkommenheit Goldmünzen schlugen. Hätten sie dies gethan, ohne Einwilligung des Kaisers, gegen die Souverainetät desselben, so würden sie selbstverständlich das ganze Stück und von den Theil- stücken das mehr gangbare Nominal, den Triens, geschlagen haben ; — Theudebert, der sich die Goldpräwe anmasste, hat dies wirklich gethan 2); — also müssen wir annehmen, dass Kaiser Justiiuis dem Könige Aphidas, um seine Freundschaft zu gewinnen und zu erhal- ten, das Recht der Goldpräge mit der Beschränkung auf die Theil- stücke übertragen habe. In der That muss selbst ein so beschränktes Recht für den feinen König, der bisher mit der Geschichte der menschlichen Cultur kaum in Berührung stand, — für den König eines obwohl christianisirten, im Übrigen aber noch halbharbarischen 1) Es wäre ein seltener Zufall, wenn wirklich Solid! ausgebracht und bisher nicht gefunden worden wären trotz den Nacliforscliungen von Hiippel und d'Abbadie Darin, diiss die Axumiten den auch in Byz:inz selten vorkouiinenden Semis schlu- gen, liegt schon angedeutet, dass sie als Kisat/. fiir die verwelii'te Soliduspräge, jene des höchsten der kleineren Nominiilcn erliiellen. 2J llevue nuniismaliqiie (CailierJ. 1841. |>. !»l. pl. 4. Sil/.b. d. phil.-liist. Cl. XXXIX. Bd. IV. Hfl. 37 g (54 D' ■ Friedrich Kenner Handelsvolkes musste es etwas Verlockendes gehabt haben, seine Bedeutung von dem mächtigsten Hen-ii der Erde in so schmeichel- hafter Weise anerkannt zu sehen. Die Axumiten kannten aus der praktischen Erfahrung im Handel, welche Rolle die römische Gold- münze spielte und welche Bedeutung die Goldpräge dem Lande verlieh, das damit bezahlte, und nun wurden ihre Könige in die Reihe der wenigen goldpiägenden Fürsten gestellt, während die benach- barten Vandalen dieses Rechtes entbehrten. Eine solche Theilung des Münzrechtes schliesst aber in sich den Begriff der Oberherrschaft jenes Fürsten, welcher es theilt, über jenen, welchem es ertheilt wird. Die alten Perserkönige haben aliein die Ganzstüeke des schweren Reichsgoldes gemünzt, während ihren Unterkönigen, z. B. den Königen der Syrier und Chittim nur die Präge der kleineren Nominale gestattet war. In der Geschichte erscheinen die Axumitenkönige — wenn auch für sich unabhängig — doch mit Rücksicht auf die Vertheidigung des Christenthums und auf die überlegene Politik der Byzantiner als deren executive Organe. Kaiser Justinus benutzte die Macht der Abyssinier auch in diesem Sinne. Wenn die Oberhoheit der ersteren über die letzteren auch nicht wirklich ausgesprochen war, so lag sie doch in dem Geiste und den Verhältnissen jener Zeit begründet und ist in der Beschränkung der Gdidpräge ausgesprochen. Es war auch wirklich nur der Kampf der Byzantiner und der Sassaniden, welcher dem Axuinitenreiche auf einige Zeit politisches Interesse verlieh. Seit diese Spannung aufgehört hatte, den Hinter- grund seiner Erlebnisse zu bilden, war auch seine weitere Geschichte wieder in das Dunkel zurückgetreten, in dem sie vor der Eroberung von Yäman lag. Die Perser siegten endlich nach fünfzig Jahren in Arabien gegen die Axumiten; die Nachfolger Justinus' hatten gegen die unmittelbaren Angriffe der Perser im eigenen Hause zu kämpfen, ihre Macht beeinfliisste nicht weiter die Könige von Abyssinien. Hiermit hören diese auf, eine politische Rolle zu spielen. Die Gold- münze des dritten von den prägenden Königen zeigt schon einen Verfall an, indem sie legirt erscheint und selbst die Kupferpräge reicht nur mehr bis in das Jahr 658. Wenn wir die Resultate der axumitischen Goldpräge über- schauen, so weit sie bekannt sind, so fällt ihre kurze Dauer und über das MÜDzrecht und die Goldpräge der Könige der Axiimiten. 565 geringe loeale Ausdehnung ») auf. Sie macht den Eindruck einer unfertigen, nicht aus dem allgemeinen Bedürfnisse des Landes her- vorgegangenen Unternehmung, welcher eben desshalb das nationale Verständniss fehlt; vielmehr macht sie den Eindruck einer von dem Könige verfügten Einführung, um das ihm vom Kaiser verliehene auszeichnende Recht der Goldpräge auch wirklieh auszuüben, wie wir es von der Eitelkeit und dem wilden Stolze eines ßarbarenkönigs erwarten können. Dafür zeugt auch die naive und wenig praktische Einrichtung der Kupfermünze des Königs Arma'h. Während andere Völker, denen eine Scheidemünze wirklich Bedürfniss für den Klein- verkehr ist, sich damit begnügen, auf derselben den Münzherrn zur Garantie der öffentlichen Geltung ihres Werthes und etwa noch diesen selbst durch ein Werthzeichen namhaft zu machen — wie dies gerade auf dem damaligen Kupfer der byzantinischen Kaiser in auffallender Weise geschah — setzten die Axumiten auf die Rück- seite ein Kreuz zwischen zwei Lorbeerzweigo und schrieben den zu diesem Symbol wenig passenden Spruch um dasselbe: „Freude dem, der mich besitzt" ^). Wir werden demnach die axumitische Gohlpräge nicht als Beweis für die hervorragende politische oder commercielle Bedeu- tung des abyssinisehen Reiches auffassen dürfen, sondern für ein Denkmal des grossen Kampfes zwischen den Kaisern in Byzanz und den Perserkönigen, Die besprochenen Goldmünzen markiren eben nur die einzige Periode, in welcher das ferne Reich aus dem ereig- nisslosen Dunkel seiner Racengeschichte in das Licht der einen grossen Geschichte der menschlichen Cultur hervortritt, oder viel- mehr von der Politik der byzantinischen Kaiser hervorgezogen wird; für uns haben sie eine grössere Wichtigkeit, als Monumente dieser Politik, auf deren fernste Thä'.igkeit sie ein plötzliches Streif- licht werfen, indem sie zeigen, wie der n)ächtige Grossherr der christlichen Welt zur p]rlangung politischer Vortheile das eifersüchtig 1) Pearee in seiner „Voyage eii Kthiopie" l)ei Langlois a. a. 0. S. 132, erziililt iilicr seine Nachgrabungen in Axuin in den Jahren 161)8 — 1700, „qu'ou trouve une grande qiiantite d'or et qn'on Ini a apporte des pieces qiii lui ont paru fort ciirieiises. Üamit vergleiche jetloch d'Abhadies Bemerluing, dass man äthiopische Münzen nur in Axuin und Umgehung in giösserer Menge finde. ^) Langlois, a. a. 0. S. 157. PI. IV, Nr. 10. Aus dem Besitie des Herrn Anastasi in Kairo. Rüppell II. 347, 428. Taf. VIIL >r 3. 566 Kenner, Über das Miinzrecht u. die Goldpiäje der Könige der Axuniiten. bewahrte Recht der Goldpräge mit einem bisher kaum bekannten abyssinischen Könige theilte. Es ist möglieh, dass noch weiter Münzen dieser Könige auf- gefunden werden; der Kernpunet ihrer Bedeutung für die Münz- kunde, wie für die Geschichte, bleibt doch immer die Frage nach ihrem Münzrechte, zu deren Lösung wir in diesen Zeilen einen Bei- trag geliefert zu haben glauben. 1 Verzeichiiiss der eingcgaiigeriL-ii DrucUsfliiit'teii. ÖO i \^EBZEKHIVISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (MÄRZ 1862.) Akademie der Wissenschaften, königl, zu Amsterdam, Verhande- lingen. IX. Deel. Met Platen. Amsterdam, 1861; 4o. — Ver- slagen en Mededeelingen. Afdeeling Natnurkunde. XI. & XII. Deel. Amsterdam, 1861; 8». — Jaarboek voor 1860. Amster- dam; 80. — Verhandelingen der 1. Klasse van het vooimalig Küninkl. Nederlandsch Instituiit. Deel, 111. IV, V, VII. Amster- dam, 1817, 1818, 1820 &182S; 4«.— Nieiiwe Verhandelingen der 1. Klasse. Deel I, II, VI, & XII. Amsterdam, 1827—1829, 1837 & 1846; 4». — Verhandelingen der 2. Klasse. Deel 1— VIII. In den Haag & Amsterdam, 1818 — 1843; 4o. — Nieuwe Verhandelingen der 2. Klasse. Deel I & II. Amsterdam, 1850 & 1851; 8». — Gedenkschriften in de Hedendaagsche Talen van de 3. Klasse. Deel I— VI. Amsterdam, 1817—1848; 4». — Commentationes latinae Z^'^" Classis, Vol. I — VII. Amste- lodami, 1818 — 1835; 4°. — Dozy, R. P. A., Dictionnaire • detaille des noms des vetements ehez les Arabes. Ouvrage conronne et public par la 3"'^ classe de Tlnst. R. d. Pays-Bas. Amsterdam, 184ö; 4". — Hugonis Groti iad Job. Oxen- stiernam et Job. Adl. Salvium et'Jobannis Oxenstiernae ad Cerisantem, epistolae ineditae. Ex cod. M. S. Biblio- thecae Hannoveranae regiae nunc primum edendas cnravit Instituti regii Belgici Classis tertia. Harlemi, 1829; 8«. ■ — der Wissenschaften, königl. Preuss, zu Berlin., Monatsbericht. .lanuju- 1862. Berlin, 1862; 80. American Journal of Sciene and Arts, New Series. Vol. XXXIII. Nr. 97. New Haven, 1862; 8». gg3 Verzeichniss Austria, XIV. Jahrgang, VIII— XI. Heft. Wien, 1862; 4o. B Ol et in bibliogiafico Espaüol, Auo III, Nr. 5. Madrid, 1862; 8». Gesellschaft, allgemeine geschichtforschende, der Schweiz, Archiv für Schweizerische Geschichte. XIII. Band. Zürich, 1862; 8*>. — Anzeiger für Schweizerische Geschichte und Alterthumskunde, VII. Jahrgang, 1861. Nr. 1-4. VIII. Jahr- gang, 1862. Nr. 1. Zürich ; 8«. Istituto, I. 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JAHHGANG 1862. -- MAI. 38 Die Köiiif'f von Hoiii-iian aus dem Hause Hau. 575 SITZUNG VOM 7. MAI 1862. Vorgelegt: Die Könige von Hoai-nan au.s dem Hause Han. Von dem w. M. Dr. Augast Pflzmaier. Zur Zeit der Erhehims^ des Hauses Han war im Süden des Flusses Hoai ein mächtiges Königsland gebildet worden, welches die späteren in dem unteren Stromgebiete des Yang-fse und um den See Po-yang gelegenen Landschaften Kieu-kiang, Liü-kiang, Heng- san und Yii-tscliang in sich begriff und mit dem Namen Hoai-nan „der Süden des Hoai" belegt wurde. Als erster König dieses ausgedehnten Gebietes erseheint der kühne Heerführer King-|)ii, der dasselbe zum Lohne für seine Thaten erhielt, nachdem er schon früher als König von Kieu-kiang, wozu ihn Hiang-yü ernannte, einem Theile des Landes vorgesetzt gewesen. Nach dem schweren Aufstande, den King-pu gegen Han erregt, und dem gewaltsamen Tode dieses Königs bestimmte der Ailhalter Kao das gesummte Land von Hoai-nan als Lehen für seinen damals noch unmündigen Sohn Tschang. Die Verbrechen dieses Königs und die erwiesene Verschwörung, in die er sich gegen Han einliess, bewirkten, dass der Himmelssohn Hiao-wen über ihn die Strafe der Absetzung verhängte und aus Hoai-nan drei Königsländer: das eigentliche Hoai-nan, Heng-san und Liü-kiang bildete, welche den drei hinterlassenen Söhnen des Kötn'gs Tschang abgesondert verliehen wiu-den. Aber auch Ngan, der Sohn und Nachfolger des Königs Tschang in dem jetzt an Umfang bedeutend verkürzten Hoai-nan. traf, obgleich 38* gi^ß Dr Pfi/maier ursprünglich ein Mann der Wissenschaft, noch grössere Vorberei- tungen zum Altfall von Hon, warb zum Zwecke des Aufstandos Bun- desgenossen selbst in der nächsten Umgebung desHimmelssobnes und nahm sich nach Entdeckung seiner Anschläge das Leben, worauf das Königsland Hoai-nan eingezogen und in eine Landschaft von Han verwandelt wurde. Die Schicksale des dem Hause Han fremden Königs King-pu sind schon an einem andern Orte, in der Abhandlung über die Heer- führer Han-sin, Peng-yue und King-pu, ausführlich erzählt worden. In der gegenwärtigen Abhandlung werden die sehr vieles Merkwür- dige und Lehrreiche enthaltenden Nachrichten über das Leben und die Unternehmungen der zwei oben genannten Könige von Hoai-nan aus dem Hause Han mitgetheilt, wobei namentlich das Verhällniss dieser nur geringer Unabhängigkeit sich erfreuenden Könige zu Han genügende Beleuchtung findet. König f^. Li von Hoai-nan hiess mit Namen -M- Tschang und war der jüngste Sohn des Allhalters Hiao-kao. Dessen Mutter war eine Schöne des früheren Königs Tsch'hang-ngao von Tschao i). Als der Allhalter Kao im achten Jahre seiner Lenkung (199 vor unserer Zeitr.) auf dem Rückwege von Tung-yuen, wo er gegen Sin, König von Han, gekämpft hatte, nach Tschao kam, machte ihm König Tsch'hang-ngao eine Schöne, die Mutter des Königs Li, zum Geschenke. Nachdem dieselbe der Gunst des Himmelssohnes tbeilhaftig geworden und von ihm empfangen halte, getraute sich der König von Tschao nicht, sie in sein Wohngebäude aufzunehmen, sondern baute für sie ein äusseres Gebäude, das er sie bewohnen Hess. Als die Verschwörung Kuan-kao"s und seiner Genossen gegen das Leben des Himmelssohnes entdeckt ward 2), erstreckte sich die Untersuchung wegen dieses Verbrechens auch auf den König von 1) Dieser Kiini;; ist io. der AbhaniUiin":: „Die Genossen des Königs Tschin-sching« vorficIionimiMi. 2) Die nülieieii Umsläiide ilieser Verseliwiirnng- sind ebenfalls in der Aliiiandluiig : ^Die (ienossen des Königs Tschin-sching" angegeben. Die Könige von lluui-naii uu.s dem ilause Man. O / ^ Tschao , wobei dessen Mutter , sämmtliche Brüder und Schönen aufgegriffen und in dem Lande Ho~nei mit Stricken gebunden wurden. Auch die Mutter des Königs Li ward mit Striciien gebunden und meldete jetzt den Angestellten der Gericlite, dass sie vor Tagen der Gunst des Himmelssohnes tlieilhat'tig geworden und mit einem Kinde schwanger gehe. Die Angestellten brachten dies zur Kennt- niss des Himmelssohnes, der jedoch, da er um die Zeit gegen Tschao aufgebracht war, keine Zeit fand, sich mit der Angelegenheit der Mutter des Königs Li zu befassen. ^^ ifR Tschao-kien, ein jüngerer Bruder der Mutter des Königs Li, Hess die Sache durch ^R^^p ^{Schin-I-khi, Fürsten von [^ |}4 Pi-yang, der Köuiginn von dem Geschlechte Liü, der Gemahlinn des Allhalters Kao, vortragen. Diese Fürstinn weigerte sich jedoch aus Eifersucht , den Himmelssohn aufmerksam zu machen, und auch der Fürst von Pi-yang, obgleich zu der Umgebung der Köuiginn gehörend, redete ihr nicht nachdrücklich genug zu. Nach- dem die Mutter des Königs Li ihren Sohn zur Welt gebracht, tödtete sie sofort in ihrem Unwillen sich selbst, worauf die Ange- stellten der Gerichte das Kind dem Himmelssobne zusendeten. Den Himmelssohn reute es, dass er sich mit der Angelegenheit nicht befasst hatte. Er befahl seiner Gemahlinn, der Köuiginn von dem Geschleclite Liü, an dem Kinde Muttersfelle zu vertreten, und Hess die Mutter auf dem Gebiele des Kreises Tsching-ting, wo sich die Angehörigen ihres Hauses befanden, begraben. Im eilftei) Jahre des Allhalters Kao (196 vor unserer Zeitr.) empörte sich King-pu, König von Hoainan. Nachdem sich der All- halter in Selbstheit an die Spitze des Heeres gestellt. King-pu ange- griffen und vernichtet hatte, ernannte er seinen Sohn Tschaiig zum Könige von Hoai-nan. Der junge König, der frühzeitig seine MuUer verloren hatte, war gewöhnlich der Königinn von den» Geschlechte Liü zugesellt. Zur Zeit der Lenkung des Allhalters Hiao-hoei und der Königinn Liü hatte er. der sich der höchsten Gimst erfreute, keinen Grund, unzufrieden zu sein. Dessenungeachtet hegte er im Herzen einen Groll gegen den Fürsten von Pi-yang, ohne dies übrigens merken zu lassen. Als der Allhalter Hia.i-weu (179 vor unserer Zeitr.) zur Len- kung gelangle, hielt sich König Tschanff Ha im Ganzen nur noch 578 I z i!i ;i I e r zwei Söhne des Alihalters Kao am Leben waren i). für den nächsten Verwandten des Himmelssohiies. Er wurde stolz, ungefügig und verstiess mehrmals gegen die Gesetze. Der Himmelssohn Hess ihm jedoch in allen Fällen volle Verzeihung zu Theil werden. Im dritten Jahre des Anhalters Wen (177 vor unserer Zeitr.) erschien er an dem Hofe von Han, wo er sich grosse Ungebührlich- keiten zu Schulden kommen Hess. Er besuchte in Gesellschaft des Himmelssdhnes die Gärten, fuhr bei Jagden mit ihm in einem gemein- schaftlichen Handwagen und nannte ihn im Gespräche gewöhnlieh seinen grossen älteren Bruder. Dieser König war vor ungewöhnlicher Leibesstärke, so dass er, was sonst nur Ringkämpfer im Stande waren, einen dreifüssigen Kessel emporheben konnte. Eines Tages begab er sich zu dem Fürsten von Pi-yang und lud diesen zu sich. Als der Fürst dieser Einladung Folge leistete und den König besuchte, zog dieser einen grossen eisernen Bohrer, den er in seinen Ärmel verborgen hatte, hervor und tödtete damit seinen Gast. Zugleich befahl er den Leuten seiner Umgebung, dem Getödteten wie einem zur Strafe verurlheilten Verbrecher das Haupt abzuschlagen. Nach dieser That fuhr König Li in Eile zu der Thorwarte des Himmelssohnes, wo er die Schultern entblösste imd sich mit folgenden Worten entschuldigte: Meine Mutter hätte nicht schuldig befunden werden sollen bei dem Ereignisse zur Zeit von Tsehao. Der Fürst von Pi-yang besass die Macht, dies durchzusetzen bei der Köuiginii von dem Gesclileclite Liü, zeigte jedoch keinen Eifer. Dies ist da.' erste seiner Verbrechen. — Ju-I, König von Tsehao, und dessei Mutter, hatten nichts verbrochen, doch die Königinn von den Geschlechte Liü tödtete sie. Der Fürst von Pi-yang hat dagegei nicht geeifert. Dies ist das zweite seiner Verbrechen. — Di« Königinn von dem Geschlechte Liü Hess als Könige walten di< Männer des Geschlechtes Liü, sie wollte dadurcli gefährden da Geschlecht Lien. Der Fürst von PT-yang hat dagegen nicht geeifert Dies ist das dritte seiner Verbrechen. — Ich habe in meiner Sorg falt um der Welt willen hinrichten lassen den Mörder, habe geräch meine Mutter. Ich werfe mich zu Boden unter der Thorwarte un( bitte wegen meines Verbrechens. 1) Kolli-' Tsfhaii^f uiid der Himmclssohii Uiao-weii seihst. Die Könige von Hoiii-nan aus ileiii Hiiusu llan. Ol 9 Der Allhalter Wen fühlte sich in Bezug auf die Absichten des Königs verletzt, da jedoch das Verhältniss naher Verwandtschaft bestand, Hess er ihn nicht in Untersuchung ziehen, sondern begnadigte ihn. Um diese Zeit schämten sich die Königinn vor dem Geschleciite >j^ Pol), ferner der Nachfolger und die grossen Würdenträger sämmllich des Königs Iji, der aus diesem Grunde in sein Land zurückkehrte. Derselbe verfuhr jetzt mit noch grösserer Willkür und richtete sich nicht niich den Gesetzen von Han. Er Hess unter anderem, wenn er ausging oder heimkehrte, die Leute warnen, den Weg zu betreten, gab Gesetze und Befehle, welche er höchste Ausfertigungen nannte, und übersandte dem Himmelssohne mehrmals Aufsätze, welche von keinem Gehorsam zeugten. Indessen konnte sich der Allhalter Wen nicht dazu verstehen, in Selbstheit seinen Bruder entschieden zur Rede zu stellen. In jenen Tagen stand H77 y#; Po-tschao, des Himmelssohnes Oheim von mütterlicher Seite und Befehlshaber eines Heeres, in hohem Ansehen. Diesen Mann beauftragte der Himiuelssohii , dem Könige Li einen Aufsatz einzuhändigen, worin er diesem Fürsten Vorstellungen zu machen imd seine Fehler vorzuhalten habe. Der von Pö-tschao dem Könige übergebene Aufsatz lautete: Ich vermass mich, zu hören, dass du, o grosser König, streng, gerade und dabei muthig, dass du wohlwollend, gütig und dabei grosshei'zig, dass du lauter, treu und in vielen Dingen entschieden. Hierdurch hat der Himmel die Mittel höchstweiser Menschen ange- boten, dir, 0 giosser König, in überaus reicher Fülle. Man kann nicht anders als dies untersuchen. Jetzt nennt man dasjenige, was du, o grosser König, thust, nicht die Mittel des Himmels. Als der erhabene Allhalter erst gelangt war zu seiner Stufe, verändm-te er die Lehenstädte, die sich befanden in Hüai-nan2j, Du, u grosser König, wolltest dies nicht, der erhabene Allhalter veränderte sie zuletzt dennoch. Er bewirkte, dass du, o grosser König, ei langtest die Wirklichkeit dreier Kreise. Es war dies überaus freigebig. 1) Die Mittler des Himnielssobnes. 2) Diejenig'en Lelienstiii-sleii , deren Stiidte sich in Un:ii-n:in hefiindeii, wurden uiil den (Jehieten anderer Landüehiirten helehiit, damit sie nielit von dem Lande des Königs eingeschlossen seien. ggO Dr. P f i zmaier Weil du, 0 grosser König, noch keine Zusammenkunft gehabt hattest mit dem erhabenen Alihalter, trachtetest du, einzutreten an dem Hofe und dich ihm vorzustellen. Man hatte noch nicht vollständig bezeigt das Wohlgefallen zwischen Brüdern, und du tödtetest einen gereihten Lehensfürsten, um dir dadurch einen Namen zu machen. Der erhabene Allhalter hiess nicht die Angestellten der Gerichte vor allen Dingen sich einmengen, sondern er verzieh dir, o grosser König, auf überaus hochherzige Weise, Nach den Gesetzen von Han muss man, wenn ein Angestellter der zweitausend Scheffel abgeht, dies ohne weiteres sagen, und Han ersetzt den Abgang. Du, o grosser König, vertriebst diejenigen, die Han eingesetzt, und batest, selbst einsetzen zu dürfen den Landesge- hilfen und die Angestellten der zweitausend Scheffel. Der erhabene Allhalter verdrehte die richtigen Gesetze der Welt und erlaubte es dir, 0 grosser König, auf überaus hochherzige Weise. Du, 0 grosser König, wolltest übergeben das Land, werden ein Mann der leinenen Kleider und bewachen den Grabhügel in Tschin- ting. Der erhabene Allhalter erlaubte dies nicht, er bewirkte, dass du, 0 grosser König, nicht verlustig wurdest der Ehre, nach Süden gekehrt zu haben das Antlitz. Es war dies überaus hochherzig. Du, 0 grosser König, solltest Tag und Nacht dich fügen den Gesetzen und Einrichtungen, üben das Amt der Darreichung der Abgaben, um zu nihmen des erhabenen Allhalters hochherzige Tugend. Jetzt aber bist du leicht in deinen Worten, willkürlich in deinen Handlungen und trägst dadurch auf dem Rücken Tadehvorte von Seite der Welt. Dies ist überaus unklug. Dass du , 0 grosser König, tausend Weglängen hast zu deinem Wohnsitz, die Zelintausende des Volkes zu Dienern und Dienerinnen, dies hat seinen Grund in des erhabenen Allhalters Kao hochherziger Tugend. Der Allhalter Kao hatte das Haupt eingehüllt von Reif und rhau, das Antlitz gewaschen von Sturm und Regen. Er lief entgegen den Pfeilen und Steinen, kämpfte in der Wildniss, stellte sich in die Reihe vor festen Städten. Sein Leib war bedeckt von Wunden und Schrammen, damit die Söhne und Enkel betreiben die Beschäftigung von zehntausend Geschlechtsaltern. Seine Plagen und Beschwerden, seine Gefahren und Mühseligkeiten waren sehr gross. Du, 0 grosser König, denkst nicht an die Plagen und Mühselig- keiten des früheren Anhalters, so dass du Tag und Nacht ängstlich Diu Könige von Honi-iiiiii uns ileiii (lause Hau. 5o 1 ausbildetest dich selbst, gehörig einrichtetest den Wandel, nährtest die Thiere der Darbringung, reichlich vorhanden sein Messest das reine Getreide, in Fülle darbrächtest die Gaben an den Orten der Anbetung, um nicht zu vergessen des früheren Allhalters Verdienste und Tugenden, sondern du willst übergeben das Land, werden ein Mann der leinenen Kleider. Dies ist ein überaus grosser Fehler. Auch kann Begierde nach dem Ruhme, verzichtet zu haben auf Land und Erde, die Verachtung und Abschaffung der Beschäftigung des früheren Alllialters nicht genannt werden die Eigenschaft eines guten Sohnes. Wo der Vater für eine Sache das Fussgestell, nicht fähig sein, es zu bewachen, ist keine Weisheit, Nicht suchen zu be- wachen Tschang-ling i), sondern suchen zu gelangen nach Tschin- ting, voranstellen die Mutter und nachsetzen den Vater, ist keine Gerechtigkeit. Mehrmals sich widersetzen dem Befehle des Himmelssohnes, ist kein Gehorsam. Sprechen von Gewissenhaftigkeit, in den Hand- lungen sich hochfahrend benehmen gegen den älteren Bruder 2), ist keine Beobachtung der Gebräuehe. In den Fällen, wo die begünstigten Diener sich eines Ver- brechens schuldig machen, wenn es etwas Grosses ist, auf der Stelle durchhauen 3). wenn es etwas Kleines ist, verurtheilen zu Strafen des Fleisches*), ist nicht menschlich. Hochschätzen in leinenen Kleidern das Anvertraute eines ein- zigen Schwertes, geringschätzen den Rang eines Königs und Lehens- fürsten, ist nicht verständig. Nicht lieben das Lernen, nicht fragen nach dem grossen Wege, sich ergeben den Leidenschaften und unbe- dacht handeln, ist von schlimmer Vorbedeutung. Diese acht Dinge sind die Wege der Gefahr und des Unter- gangs, du aber, 0 grosser König, thust sie. Du verschmähst einen Rang, dem gemäss du nach Süden gekehrt bist mit dem Antlitz, und 1) In Tschiing-Iinff befindet sich die Grahstiitte des Allhalters Kao. 2) Der Kiirii^ hat um die Eiiaubniss, ilas Craii seiner Mutter hewaehen zu diirCeii, indem er dahei von (ie» iss\ lliinnielssolin, hoch- müthig zeigen. 3) D. i. das Hanpl abschlagen. ■1) Strafen des Fleisches sind solche, hei welchen der Leih verletzt wird. 582 D'- Pf izma ie r reissest an dich die Kühnheit der Männer Tschü und Pün i). Du nimmst beständig zum Ausgang und betrittst die Wege der Gefahr und des Untergangs. Oass, so viel ich sehe, der Geist des erhabe- nen Allhalters Kao gewiss nicht in dem Ahnenheiligthum gespeist werden wird von deiner Hand, o grosser König, ist offenbar und deutlich. Einst Hess der Fürst von Tscheu hinrichten Kuan-scho und verbannte Tsai-scho, um zu beruhigen Tscheu. Hoan von Tsi tödtete seinen jüngeren Bruder 2^, um zurückzukehren in das Land. Der Allhalter des Anfangs aus dem Hause Thsin tödtete die zwei jüngeren Brüder, hiess übersiedeln seine Mutter, um zu beruhigen Thsin. König Khings) verlor Tai. Der Allhalter Kao entriss ihm das Land, um das Zweckmässige zu thun bei der Sache. Thsi-pe erhob die Waffen. Der erhabene Allhalter Hess ihn hinrichten, um zu beruhigen Han*). Somit thaten es Tsclieu und Tsi in der alten Zeit, Thsin und llan machten davon Gebrauch in der Gegenwart. Du , 0 grosser König, untersuchst nicht, auf welche Weise die alte Zeit und die Gegenwart beruhigten das Land, thaten das Zweckmässige bei der Sache, sundern willst mit den Gedanken der nahen Verwandtschaft erwartend blicken auf den Grössten und Höchsten s): du kannst dies nicht erreichen. Diejenigen, die das Land verlassen und sich begeben zu den Fürsten der Lehen, diejenigen, die als wandernde Hausdiener dienen den Menschen, ferner diejenigen, die ihr Amt aufgeben und sieh verborgen halten, wenn über sie das Urtheil gefällt wird, so geschieht 1) Die starken Krieg'er Tscliuen-tschü von U und Meng-pün von Wei. Die Aussprache Meng-piin für den Namen des letzteren ist richtig-er als das früher webrauchte Meng-fen. 2) Tse-kieu war eig^enllich der ältere Bruder des Fürsten Hoan von Tsi. Derselbe wird hier, um das Gehässige zu veimeiden, der jüngere Bruder genannt. 8j König J;I=| Khing ist Lieu-tschnng, der ältere Bruder des Allhalters Kao und Vater des Königs Pi von U. Derselbe war ausser Stande sein Land gegen die Hiung- nu's zu vertheidigen und Höh nach der Hauptstadt des Himmelssohnes, wo er als König von Tai abgesetzt und zum Fürsten von Hö-yang ernannt wurde. *) lling-khiü, König von Thsi-pe, hatte in Gemeinschaft mit den grossen Würden- trägern die Mitglieder des Geschlechtes Liü hinricliten lassen. Da er sich hierdurch grosse Verdienste erworben, sein Lohn jedoch geringfügig war. empörte er sich, ward geschlagen und tödtete sich selbst (177 vor unserer Zeltr.) *J Auf den llinimelssohn. Di« Könige von ll". 596 ß'- P fizm a i er Hiao-wu, zur Gemahlinn, welche die „Königinn des Nachfolgers'' genannt wurde. Als jetzt der König seinen Abfall in's Werk zu setzen suchte, besorgte er, dass die königliche Gemahlinn des Nachfolgers etwas erfahren und die Sache verrathen könne. Der König, der hier- über mit seinem Sohne zu Rathe ging, Hess diesen gegen die Tochter der Landesfürstinn von Sieu-sching eine verstellte Abneigung an den Tag legen. Als der Nachfolger durch drei Monate sich nicht mit seiner königlichen Gemahlinn auf eine gemeinschaftliche Malte setzte, stellte sich der König über seinen Sohn aufgebracht und schloss ihn in das Wohngebäude, wo er ihn einen Theil des Inneren gemeinschaftlich mit der Köiiiginn bewohnen Hess. Der Nachfolger näherte sich indessen in keiner Weise derKöniginn. Diese begehrte jetzt, von ihrem Gemahle getrennt zu werden, worauf der König sich in einem Schreiben bei dem Himmelssohne entschuldigte und die Tochter der Landesfürstinn von Sieu-sching zurückschickte. Die Königinn Thu, der Nachfolger Tsien und die Königstochter Ling bemächtigten sich von diesem Augenblicke alles Einflusses in dem Lande. Sie entrissen dem Volke die Äcker und Wohnhäuser und Hessen Leute ohne gegründete Ursache vor Gericht führen und binden. Der Nachfolger Tsien hatte die Fechfkunst erlernt und glaubte, dass Niemand ihm hierin gleich käme. Als er einst hörte, dass ein Leihwächter Namens 7<:f^ ^^ Lui-pi Geschicklichkeit in der Führung des Schwertes besässe, Hess er diesen Mann zu sich rufen und forderte ihn auf, mit ihm zu fechten. Lui-pi weigerte sich ein erstes und zweites Mal, dies zu thun, und als er endlich hierzu gezwungen ward , traf er ans Versehen mit seinem Schwerte den Nachfolger. Dieser zürnte hierüber, und Lui-pi schwebte wegen dieses Vorfalls in beständiger Furcht. Um diese Zeit war es allen Jenen, welche in das Heer des Hiniinelssohnes treten wollten, gestattet, sich unverweilt nach Tschang- ngan zu begeben. Auch Lui-pi hegte jetzt den Wunsch, dies zu thun und sich an einem raschen Angriffe gegen die Hiung-nu's zu bethei- ligen. Unterdessen hatte der Nachfolger mehrmals den Leibwächter Lui-pi bei dem Könige verdächtigt. Der König gab dem Befehlshaber der Leibwachen den Auftrag, Lui-pi aus dem Dienste zu entlassen, wodurch er verhindern wollte, dass Andere in späterer Zeit sich ähnlicher Vergehen schuldig macl^n. Die Könige von Hoai-liiui aus dem ifaiise Hau. o\j t Im fünften Jahre des Zeitraumes Yueii-so (124 vor unserer Zeitr.) verliess Lui-pi ohne Weiteres das Land und begab sieh nach Tschang-ngan, wo er bei dem Himmelssohne ein Schreiben einreichte und darin seine Handlungsweise in's Licht stellte. Die Sache wurde dem ßeruhiger des Vorhofes und dem Befehlshaber der Landschaft Ho-nan zugewiesen, wobei die gemeinsame Untersuchung in Ho-nan geführt wurde. Sofort ward die gerichtliche Verfolgung gegen den zur Nachfolge bestimmten Sohn des Königs von Hoai-nan einge- leitet und ihm befohlen, sich unverzüglich in Ho-nan einzufinden. Der König und dessen Gemahlinn, die Königinn Thu beriethen mit einander und waren willens, die Absendung des Nachfolgers zu verweigern und hierauf die Kriegsmacht ausrücken zu lassen. Während man in den Berathungen noch zu keinem festen Ent- schlüsse gelangt und durch zehn Tage zweifelhaft war, was man thun solle, ward in einer höchsten Verkündung befohlen, dass der Nachfolger sich nicht nach Ho-nan begeben, sondern dass ein Ange- stellter der Gerichte nach Hoai-nan reisen und daselbst den Nachfol- ger befragen solle. Schon früher war der Landesgehilfe von Hoai-nan über einen gewissen ^ ^ Scheu-tschün , weil dieser den König in seinem Vorhaben, den Nachfolger nicht nach Ho-nan zu schicken, bestärkt hatte, ungehalten und beschuldigte ihn desshalb gerichtlich der Unehrerbietigkeit gegen den Himmelssohn. Der König bat für Scheu-tschün bei dem LandesgehiltVn, fand jedoch bei diesem kein Gehör. In Folge dessen Hess der König gegi-n Scheu-tschün eine Klageschrift an dem Hofe von Han einreichen. Han überwies hierauf die Sache dem obersten Richter. Indem man bei der Untersuchung alle früheren Umstände zu erforschen suchte, zeigte sieh, dass auch der König von Hoai-nan dabei betheiligt sei. Dieser König hatte unterdessen Leute nach Tschang-ngan geschickt, welche den Fortgang der Untersuchung bs^obachten sollten. Die Fürsten und Erlauchten von Han stellten den Antrag, dass der König in Folge eines Verhafibefehles festgenommen und in Untersuchung gezogen wurde. König Ngan gerieth bei der Kunde von diesen Vorgängen in Furcht und wollte seine Kriegsmacht auf- brechen lassen. Dagegen machte der Nachfolger Tsien Einwendungen und rieth für den Fall der Gefahr zu anderen Gewaltmitlein, indem er sprach: Wenn der Gesandte von Han kommen sollte, um dich, 0 König, verhaften zu lassen, mögest du, o König, heissen Menschen g98 ^'^'- P f ' z ra a i e r sich kleiden in die Kleider der Leibwächter, in den Händen halten Hellebarden und weilen dir zur Seite, o König. Sobald etwas sich ereignet, das nicht recht ist, lassest du ihn erstechen. Ich lasse ebenfalls durch meine Leute erstechen den mittleren Beruhiger von Hoai-nan. Zur Erhebung der Waffen ist es hierauf noch nicht zu spät. Unterdessen hatte der Himmelssohn den Antrag der Fürsten und der Erlauchten nicht genehmigt, und man entsandte jetzt ^- Heng, den mittleren Beruhiger von Han, damit er sich nach Hoai-nan begebe, den König befrage und von ihm die Wahrheit zu erfahren suche. Als der König den mittleren Beruhiger von Han betrachtete, fand er, dass dessen Züge Freundlichkeit ausdrückten. Auch fragte dieser Gesandte blos nach der Entlassung des Leibwächters Lui- pi, wesshalb der König glaubte, dass es sich um nichts anderes handle. Er Hess daher die Kriegsmacht nicht ausrücken. Der mittlere Beruhiger reiste heim und erstattete über seine Sendung Bericht. Die mit der Untersuchung betrauten Fürsten und Erlauchten stellten hierauf folgenden Antrag: Ngan, König von Hoai- nan, verschloss und hielt zurück Lui-pi und Andere, die verlangten, den raschen Angriff zu richten gegen die Hiung-nu's. Er legte Hin- dernisse in den Weg der glänzenden höchsten Verkündung. Es gebührt sich, dass er geworfen werde auf den Verkaufsraum. Hierauf erfolgte eine höchste Verkündung, welche besagte, dass auf diesen Antrag nicht eingegangen werde. Die Richter stellten jetzt den Antrag auf Absetzung des Königs, so dass dieser nirgends mehr König sein solle. Auch diesem Antrage stiminte der Himmels- sohn nicht bei. Die Richter forderten zuletzt, dass fünf Kreise von dem Lande des Königs losgetrennt werden, der Himmelssohn be- willigte indessen nur die Lostrennung von zwei Kreisen. Der mitt- lere Beruiiiger Heng, den man wieder als Gesandten schickte, erhielt den Auftrag, dem Könige für seine Verbrechen Verzeihung anzu- kündigen und ihn zu verständigen, dass als Strafe nur die Lostren- nung vom Land verfügt worden. Nachdem der mittlere ßeruhiger die Marken von Hoai-nan über- schritten hatte, sagte er überall laut und öffentlich, dass er für den König Verzeihung bringe. König Ngan hatte indessen schon erfah- ren, dass die Fürsten und Erlauchten auf seine Hinrichtung ange- Die Könige von Ilätereo, viel- leiciil fernen Zeit. 600 Dr. P f i z ni a i e r König Ngan hatte, während er seinen Abfall vorbereitete, viele Unterredungen mit ^H? /ffi U-pi , einem Eingeborenen des Landes Tsu, und, wie Einige angaben, Abkömmlinge des berühmten U-tse- siü, Heerführers von U. Dieser Mann war in Berücksichtigung seiner Fähigkeiten in Hoai-nan zu einem Leibwächter des Inneren ernannt worden und war unter den durch ihre Gaben glänzenden Männern, deren König Ngan als Freund der Wissenschaften und schönen Künste gegen hundert an seinen Hof berufen hatte, der vorzüglichste. Derselbe hatte dem Könige schon von dem ersten Augenblicke an, als dieser sich mit geheimen Entwürfen trug, mehrmals Vorstellungen gemacht. Zu einer späteren Zeit hatte der König in dem östlichen Wohn- gebäude seinen Sitz eingenommen und Hess U-pi, mit dem er die Angelegenheiten berathen wollte, zu sich rufen. Er begrüsste ihn mit den Worten: Der Heerführer ist emporgestiegen. Hierüber erschrack U-pi und erwiederte: Der Himmelssohn hat hochherzig verziehen dir, o grosser König. Woher hast du wieder, 0 König, diese länderverderbenden Worte? Einst machte Tse-siü Vorstellungen dem Könige von U. Der König von U machte davon keinen Gehrauch. Da sprach jener: Ich sehe in diesem Augenblicke Büffel und Hirsche umlierwandeln auf der Erdstufe von Ku-su. — Jetzt werde ich ebenfalls sehen in dem königlichen Wohngebäude wachsen stachliches Rohr und Dornen, den Thau befeuchten die Kleider. Unwillig über diese Worte Hess der König die Altern U-pi's mit Stricken binden und in ein Gefängniss setzen. Nach drei Monaten liess er U-pi wieder zu sich rufen und fragte ihn: Bist du, o Heer- führer, mit mir einverstanden? U-pi antwortete: Nein. Ich bin gerade gekommen, um dir, 0 grosser König, ein Bild zu entwerfen. Der Scharfhörige hört, was keinen Laut von sieh gibt. Der Scharfsichtige sieht, was noch keine Gestalt empfangen hat. Desswegen erheben höchstweise Menschen zehntauscndmal sich zu Thaten und bleiben zehntausendmal unver- sehrt. Einst setzte König Wen sich ein einzigesmal in Bewegung, und seine Verdienste wurden ersichtlich durch zehntausend Geschlechtsalter, er steht in der Reihe als einer der drei Könige. Dies ist, was man nennt: durch den Willen des Himmels sich in Bewegung setzen und gründen. Desswegen folgt, was innerhalb der Die Könige von Huai-nan aus dem Hause Han. 601 Meere, ohne dass eine Zeit verabredet worden, auf dem Fusse. Dies ist für tausend Jahre ersichtlich. Jenes Thsin vor hundert Jahren, U und Tsu in dem nahen Geschlechtsalter verdienen eben- falls, dass man mit ihnen Vergleiche anstellt bei der Fürstenländer und Häuser Fortbestand und Untergang. Der König fragte wieder: Hat in der gegenwärtigen Zeit die Vorhalle des Hofes von Han ihre Einrichtung? U-pi antwortete: Wenn die Welt ihre Einrichtung hat, macht es dir, o König, keine Freude. Der König bemerkte hierauf gegen U-pi: Wie kannst du, 0 Fürst, sagen, dass die Welt ihre Einrichtung hat? U-pi erwiederte: Ich vermass mich, zu beobachten die Lenkung der Vorhalle des Hofes, das angemessene Verhältniss zwischen Landesfürsten und Diener, die nahe Verwandtschaft von Vater und Sohn, die Sonderung von Männern und Weibern, die Abstufung der Älteren und der Jüngeren, dies alles hat seine Einrichtung erhalten Der Hohe bringt empor das Vernichtete, folgt den Wegen der alten Zeit. Die Sitten und Gewohnheiten haben Einschlag und Leine, es ist in sie noch kein Einriss entstanden. Reiche Kaufleute mit schweren Packen wandern umher in der Welt. Unter den Wegen ist keiner, der nicht gangbar, darum wird auf den Wegen des Verkehrs gewandelt. Das südliche Yue unterwirft sich als Gast. Kiang und Pi bringen Zoll. Das östliche Ngeu erscheint an dem Hofe. Man hat erweitert Tschang-yü i), eröff'net SÖ-fang. Den Hiung-nu's wurden gebrochen die. Flügel, verletzt die Schwingen. Sie verloren ihren festen Halt, können sich nicht helfen. Hat man auch noch nicht erreicht die Zeit des alten Friedens, die Welt ist so viel als eingerichtet. Als der König über diese Worte zürnte, entschuldigte sich U-pi, indem er sagte, dass er ein todeswürdiges Verbrechen began- gen habe. ) j^u -j^ Tsi'hang-yü „die hochgewachsenen Ulmen", ist der Name einer Ver- sperrung auf dem freradlündischeii Gehiete So-fang. Daselbst wurde nämlich durch Setzung von Ulmen eine Versperrung gebildet, welche in der Cescliichte des Heerfüh- rers Wei-tsing „die alte Versperrung des Ulinenbaches" genannt, wird. Der «»r( licisst sonst auch m A^Q^ Yii-tschnng. Gleichwohl stellte der König an U-pi wieder die folgende Frage : Wenn im Osten der Berge Veränderungen entstehen, wird Han gewiss heissen den grossen Heerführer i) befehligen die Kriegs- macht nnd zurecht bringen die Länder im Osten der Berge. Was ist nach deinem Dafürhalten, o Fürst, der grosse Heerführer für ein Mensch? U-pi antwortete: Hoang-I^), ein Mann, mit dem ich befreun- det, folgte dem grossen Heerführer zu einem AngrilT auf die Hiung- nu's. Als er zurückkehrte, sagte er zu mir: Der grosse Heerführer begegnet den vorzüglichen Männern und den Grossim der Lande nach den Gebräuchen, gegen die Kriegsanführer und Streiter ist er gütig. Allen macht es Freude, von ihm verwendet zu werden. Er reitet aufwärts und abwärts die Berge, als ob er flöge. An Begabung und Tüchtigkeit übertrifft bei weitem die Menschen. — Ich halte dafür, dass, da seine Gaben und Fähigkeiten so beschafl'en , er häufig üben wird die Streiter, und dass es nicht leicht ist, gegen ihn aufzukommen. Als der einladende Gesandte Tsao-Iiangs) geschickt wurde nach Tschang-ngan und zurückkam, sagte er: Der grosse Heerführer bekundet in seinen Aufrufen und Befehlen Scharfblick. Vor dem Feinde ist er kühn und unternehmend. Er geht bestäüdig den Kriegsanführern und Streitern voran. Er wartet, bis die Kriegsanführer und Reiter ruhen, dann erst bezieht er sein Nachtlager. Gräbt man einen Brunnen und man ist noch nicht durch- gedrungen, so wartet er, bis die Kriegsanführer und Streiter sämmt- lich sich versehen haben mit Wasser, dann erst getraut er sich, zu trinken. Ist das Heer auf dem Rückzuge, so wartet er, bis die Kriegsanführer und Streiter übersetzt haben den Fluss, dann erst schifl't er hinüber. Das Gold und die Seidenstoffe, die ihm geschenkt die erhabene Allhalterinn, hat er sämmtlich verschenkt an die Ange- stellten des Heeres. — Wären es selbst die berühmten Heerführer des Alterthums, er wird von ihnen nicht übertroffen. *) Die stelle eines „{j'*"ssen Heerführers« bekleidete damals Wei-tsing. *) ^^ d3| lli'üiig-l, I..Mif;.lls noch nicht vor- 3 ^ekonimcii Die Könige von Hoai-nan ans dem Hanse Han. Ovo Der König bemerkte hierauf: Der Nachfolger von Liao i). sein Verstand und seine Überlegung sind in dem Zeitalter nicht zum Vorschein gekommen, er ist kein gewöhnlicher Mensch. Er hält dafür, dass die Fürsten und Erhiuchten des Vorhofes von Han und alle Lehensfürsten der Reihe nur Ähnlichkeit haben mit Affen, denen man das Haar wäscht und ihnen eine Mütze aufsetzt. U-pi erwiederte: Möge man nur früher erstechen den grossen Heerführer, dann kann man die Sache unternehmen. Ein anderes Mal stellte der König an U-pi die Frage: Hältst du, 0 Fürst, dafür, dass ü, als es griff zu den Waffen, im Unrecht gewesen? U-pi antwortete: Ich halte dafür, dass es im Unrecht gewesen. Jener König von U, indem ihm verliehen ward der Ehrenname, ward er von dem Geschlechte Lieu derjenige, der darbrachte den Wein 2). Er empfing Bank und Stab und erschien nicht an dem Hofe. Er war König über eine Menschenmenge von vier Landschaften. Sein Land hatte im Umfange mehrere tausend Weglängen. Er las das rothe Erz und verfertigte daraus Geldstücke. Er sott das Wasser des Meeres und bereitete daraus Salz. Er fällte die Bäume von Kiang-ling und baute aus ihnen Schiffe. Sein Land war reich, sein Volk eine Menge. Er brachte in Gang kostbare Kleinode und beschenkte die Fürsten der Lehen. Er vereinigte sich mit sieben Fürstenländern zu einem Bündniss, griff zu den Waffen und rückte gegen Westen. Seine Macht ward zersprengt in Ta-liang, geschlagen in Ku-fu s). Er begab sich *) Ein Ausleger meint, dass unter dem Nachfolger von -^^ Liao der zur N:ielif»Ige bestimmte Sohn des Königs von Hoai-nan verstanden werde. Ein anderer Ansleger meint, dass Liao der Name des Gebietes, von weichem der Nachfolger seine Ein- künfte bezogen habe, und setzt hinzn , dass Liao nacli der Angabe Einiger der Geschlechtsnanie eines fremden Hauses. Sse-ku meint, Liao sei allerdings der Name eines Gebietes von Hoai-nan , aber der zur Naclifolge bestimmte Sohn des Königs könne unmöglich von dem Gebiete, das ihm zum Unterhalt angewiesen worden, mit einem Beinamen belegt worden sein. Die Angabe, dass Liao der Ge- schlecbtsname eines fremden Hauses, dürfe der Wahrheit ziemlich nahekommen. In einem ähnlichen Sinne habe es in Han auch einen Nachfolger von ''l' * Li gegeben. 2) Bei der Darbringnng an dem Anbetungsorte ist es der Geelirteste und Älteste, der die Erde mit Wein besprengt. . . 3) Das sonst in der Gesclilchte niehl eiwähnfe Gebiet \/ 4l/,l Ku-fu lag zwi- sthen Liang und JT^^ Tliaiig, welches letztere das beutige Niiig-Iing , Kreis Kuei-te in Ho-naii. ß()4 f*'' P f ' z m a i e r auf die Flucht, kehrte zurück, ward aufgefangen durch Yue und starb in Tan-tu. Sein Haupt und seine Füsse logen an einem verschiedenen Ort, er selbst wurde vernichtet, die Darbringung für ihn hörte auf, er war gefallen in dem Gemetzel der Welt. Dass man mit dieser Menge von U nicht im Stande gewesen, grosse Thaten zu verrichten, was ist davon die Ursache? Man widersetzte sich dem Himmel , stellte sich entgegen der Menge und sah nicht, was an der Zeit. Der König erwiederte : Dasjenige, um dessen willen die Männer sterben, ist blos ein Wort«). Aufweiche Weise hätte auch U ver- standen, abzufallen? Die Heerführer von Han , die an einem Tage überschritten Tsching-kao, waren mehr als vierzig an der Zahl^). Jetzt habe ich Befehl gegeben Yuen s). zu befestigen die Ausgänge von Tsching-kao. Tscheu-pi*) führt herab die Streitkräfte von Ying- tschuen, verschliesst die Wege von Hoan-yuen s) und I-kiue. Tschin- tinge) schickt hervor die Streitkräfte von Nan-yang, vertheidigt den Durchweg Wu. Der Statthalter von Ho-nan ist dann nur noch im Besitze von Lo-yang. Was brauchte ich dann zu besorgen? Gleichwohl gibt es im Norden dieser Gebiete noch immer den Durchweg von Lin-tsin, das Land im Osten des Flusses, Schang-thang mit dem Lande innerhalb des Flusses. Von den verbindenden Thälern an den Marken des Landes Tschao sind mehrere ganz bar '). Die Menschen sagen: Wenn man abschneidet die Wege von Tsching-kao, 1) Der Sinn ist: Wenn Männer sich mit einem einzigen Worte eine Zusage machen, so nehmen sie nicht Rücksicht auf den Tod. Nach Anderen wäre der Sinn: Ein einziges Wort kann einen solchen Ingrimm erwecken, «lass man Uefahr und Unter- gang nifht achtet und daher stirbt. 2) U verstand es nicht, die Ausgänge von Tsching-kao zu versperren, wodurch es den Heerführern von Han möglich wurde, auf dieser Seite hervorzubrechen. Demnach hätte es niciit verstanden, den Abfall zu bewerkstelligen. 3) AtF^ Yuen ist der Kindesname des Würdenträgers, dessen Geschlechtsname hier AOL nicht gesetzt wird. 4) Zf^ Idbj Tscheu-pi kommt in der Geschichte sonst nicht vor. *> fflö fjfS- Hoan-yuen war ein Unterkreis auf dem Gebiete des heutigen Hiii- tscheu in Ho-nan. 6) Der Name 7p \\hP Tscbin-ting ist ebenfalls an keiner andern Stelle der Ge- schichte vorgekommen. ') Hau besitzt im Norden der hier genannten Gegenden noch immer steile Anhöhen, zwischen denen sich mehrere gangbare Thäler befinden, was jedoch bei den von dem Könige getrollVnen Vorkehrungen nichts zu bedeuten habe. Die Könige von Hoai-mui :ius ileiu Hause Hau. 605 ist in der Welt kein Verkehr. Wenn man sieh stützt mif die steilen Anhöhen der di-ei Rinnsäle i)> winkt man herbei die Waffenmacht der Welt. Wenn ich die Sache unternehme auf solche Weise, was ist da, 0 Fürst, deine Meinung? U-pi antwortete: Ich sehe davon das Unglück. Ich sehe davon noch nicht das Glück. König Ngan hatte einen unrechtmässigen Sohn, Namens ^ ^ Pii-hai. Dieser Sohn, unter den Söhnen des Königs der älteste, ward von dem Könige nicht gelieSt. Eben so betrachtete ihn auch die Königinn Thu nicht als ihren Sohn, der Nachfolger Tsien nicht als seinen älteren Bruder. Pii-hai hatte seinerseits einen Sohn, Namens ^p Kien. Dieser Enkel des Königs, ein Jüngling von hoher Begabung und regem Geiste, sah mit immerwährendem Unwillen, dass sein Vater von dem Nachfolger nicht als ebenbürtig behandelt wurde. Um jene Zeit hatten sämmtiiche Lehensfürsten die Erlaubniss erhalten, aus Theilen ihres Gebietes für ihre Söhne und jüngeren Brüder Afterlehen zu bilden. Der König von Hoai-nan hatte nur zwei Söhne, von denen der eine zum Nachfolger bestimmt war. Gleich- wohl erhielt der andere Sohn Pö-hai kein Lehen, was dessen Sohn Kien bewog, mit fremden Häusern geheime Verbindungen zu dem Zwecke einzugehen, die Einsetzung seines Vaters PG-hai zum Nach- folger an der Stelle des Sohnes Tsien, der auf alle Weise zu Schaden gebracht werden sollte, herbeizuführen. Der Nachfolger Tsien, der von diesen Umtrieben wusste, liess Kien öfters festnehmen, binden und mit Gerten schlagen. Kien wusste seinerseits, dass der Nachfolger Tsien die Absicht habe, den mittleren Beruhiger von Hau zu tödten. Er ertheilte daher seinen Freunden Scheu -tschün und j^ J^ Yen- tsching a) den 1) Das Land der drei Rinnsüle entspricht dem heiitig-en Yung-schi, Kreis Kliai-funy in Ho-nan. 2) In dem Sse-ki lieisst dieser Naiiie 1 1_ M--|-Tsehuang'-lseiriii, vvolieiTscIiuang- der ursprüngliclie Geschleehtsname. Seit di-m Alllialler niao- miii}^- von dem Hause der -HI- späteren Man (38 unserer Zeitr.) ward das Wort H-4- Tseliuang, welches deriSanie dieses nimmelssohnes, vermieden und durch das Wort lapA- Yen erset/,t. Sitzh. d. phil-hist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 40 goß Ol-. P fi /. 111 a i e r Auftrag-, bei dem Himmelssoliiie das folg'Mide Schreiben einzureichen: Ein ffiftiger Trank, der bitter dem Mund, ist von Nutzen bei Krank- heiten. Ein redliches Wort, das zuwider dem Ohr, ist von Nutzen bei Handlungen. Jetzt sind von Kien, dem Enkel des Königs von Hoai-nan, Begabung und Befähigung hoch. Der König von Hoai-nan, die Könit^inn Thu und Tsien, der zur Nachfolge bestimmte Sohn der Königinn Thu, beneiden beständig seiner Gaben willen Yen. Pu-hai, der Vater Yens, hat nichts verbrochen. Jene haben eigenmächtig ihn mehrmals gebunden und wollten ihn tödten. Jetzt ist Kien bei der Hand, man kann ihn vorladen und befragen. Er kennt zugleich die Geheiinnisse des Königs von Hoai-nan. Nachdem dieses Schreiben vorgelegt worden, überwies der Himmelssohn die Sache dem obersten Richter. Dieser beauftragte wieder den Befehlshaber der Landschaft Ho-nan mit der eingehenden Untersuchung des Gegenstandes. Die angegebene Verfügung fällt in das sechste Jahr des Zeit- raumes Yuen-so (123 vor unserer Zeitr.). Um dieselbe Zeit stand l/PIJ :^ Schin-khing, ein Enkel des früheren Fürsten von Pi-yang, auf gutem Fusse mit Kung-sün-hung, Landesgehilfen von Hau. Von einem Gefühl der Rache durchdrungen, weil einst sein Grossvater durch den König Li von Hoai-nan getödtet worden, suchte er jetzt sich Einsicht in die Verhältnisse von Hoai-nan zu verschaffen und theilte das Ergebniss dem Landesgehilfen mit. Kung-sün-hung schöpfte sofort Verdacht, dass man in Hoai-nan die Absicht habe, sich zu empören, und leitete eine gründliche Untersuchung ein. Bei der zu- nächst in Ho-n;m stattfindenden Untersuchung wurden der Nachfolger Tsien und dessen Anhänger dnrcli die Aussagen des Kö ligsenkels Kien in die Sache hineingezogen. Als Kien gebunden und in Untersuchung gezogen ward, fürch- tete der König nicht ohne Grund, dass jetzt seine Geheimnisse ver- rathen werden würden, und er wandte sich nochmals an U-pi, indem er sprach: Die Sachen sind reif. Ich möchte sogleich ausrücken lassen die Kriegsmacht; dass die Welt abgemüht ist und elend, liegt am Tage. Die Fürsten der Lehen sind nahe daran, sich zu verfehlen in ihren Handlungen, sie alle sind voll Argwohn. Wenn ich greife zu den Waflcn und mich nach Westen wende , wird es gewiss Leute geben, welche mir antworten. Ist keiner, der mir antwortet, so kehre Die Köiiig-e von Hoai-naii aus dem Hause lian. OU i ich zurück und durchziehe Heng-san, Kann ich es durch meine Kraft niclit gewinnen, so lasse ich die Kriegsmai^ht nicht ausrücken. U-pi erwiederte: Indem man durchzieht Heng-san, um den- raschen AngrilT zu richten gegen, Liü-kiang, indem man besitzt die Schiffe von Thsin-yang i), vertheidigt die festen Städte von Hia-I^), verknüpft die Flussarme von Kieu-kiang, abschneidet den Weg vor den Ausgängen von Yü -tschang, starke Armbrüste aufstellt in Lin- kiangs) und es vertheidigt, um zu verhindern das Herabsteigen der Menschen der südlichen Landschaft, indem man im Osten bewahrt Kuei-ki, im Süden verkehrt mit dem kräftigen Yue, sich auflehnt in dem Lande zwischen dem Strom und dem Hoai, kann man nur fristen das Leben eines Jahres oder Mondes. Ich sehe davon noch nicht den Nutzen. Der König bemerkte: Tso-U, Tsehao-bien und Tschü-khiao-ju *) sind alle der Meinung, dass hierbei ein Glück und dass von zehn Dingen acht oder neun mir gelingen. Warum bist du, o Fürst, allein der Meinung, dass hierbei ein Unglück, aber kein Glück? U-pi antwortete: Deine sämmtlichen Diener, o grosser König, die dir nahe sind und von dir begünstigt, die, von echter Begabung, Aufträge übernehmen für die Menge, werden früher gebunden, ge- mäss der höchsten Verkündung gesetzt in die Gefängnisse, und von den Übrigen ist keiner verwendbar. Der König entgegnete: Tschin-sching und U-khuang hatten nicht so viel Land, dass sie daselbst aufstellen gekonnt hätten einen Bohrer, nicht von hundert Menschen die gesammelte Schaar. Sie erstanden in der Mitte des grossen Sumpfes, erhoben rasch den Arm, riefen mit lauter Stimme, und die Welt gab Antwort gleich dem Wiederhalle. Sie gelangten in Westen bis Hi, und ihrer Streiter waren einhundert zwanzigmal zehntausend. Jetzt ist mein Land zwar klein, aber an Streitern, die es stellt, kann ich erlangen zehnmal zehntausend. Sie sind nicht blos die Schaar, die verurtheilt zum *) Das heutige Kieii-liiang' in Kiang-si. 2) ^rp K Hia-l entspricht dem heutigen Kreise Kiang- hia, der in iiiimitleli)arer Niihe derllaii|itstadt des Kreises Wu-tschang in Hu-kuang. 3) Das heutige King-tscheu in Uu-liuang. 4) Der ohen genannte Tso-Ü, ferner ^^ tFW Tsihao-hien und 'UU l^^ "Q^ Tschii-khrao-ju waren drei grosse VViirdcMtrüger des Königs von Hoai-nan. 40« (308 I^'- Pf i /. in a ier Dienste bei der Besatzung, ihre Waffen sind nicht Sensen, Hohl- rneissel, Pferdestachel und Schafte von Speeren i). Wie kannst du, 0 Fürst, sagen, dass hierbei Unglück, aber kein Glück? U-pi antwortete: Ich wage es nicht, aus dem Wege zu gehen der Hinrichtung, die über Tse-siü verhängt ward, es ist mein Wunsch, dass du, 0 grosser König, nicht so Gehör schenkest, wie der König von U es gethan. In den veigangenen Tagen war Thsin ruchlosen Sinnes. Es V(M-darb und mordete die Welt, tödtete die Männer der Kunst, verbrannte Gedichte und Bücher, vernichtete die Spuren der Höchstweisen, stiess zurück Gebräuche und Gerechtigkeit und ver- liess sich auf Strafen und Gesetze. Es führte fort das Getreide der Ufer des Meeres und schaffte es nach dem Lande des westlichen Flusses. Wenn um diese Zeit die Männer schnell ackerten , so war dies nicht hinreichend für die Mundvorräthe des Heeres. Wenn die Weiber flt^ssig woben, so war dies nicht hinreichend für die Be- deckung der Leiber. Es entsandte Mung-tien, damit er baue die lange Mauer von Osten nach Westen auf einer Strecke von mehreren tausend Weglängeii. Man liess der Sonne ausgesetzt sein die Streiter, im Freien lagern die Heeresmenge gewöhnlich in einer Anzahl von mehreren zehnmal zehntausend Menschen. Die Todten waren nicht zu zählen, die liegenden Leichname erfüllten die Wiidniss, das fliessende Blut verbreitete sich über eine Strecke von tausend Weg- längen. Um diese Zeit war die Kraft der hundert Geschlechter gebrochen, diejenigen, die Aufruhr erregen wollten, waren von zehn Häusern fünf. Es hiess ferner Siü-fo^) sich begeben auf das Meer und suchen das Heilmittel der unsterblichen Menschen. Jener kehrte zurück und machte lügnerische Angaben, indem er sprach: Ich sah in der Mitte des Meeres einen grossen Gott, der mich fragte: Bist du der Gesandte des Allhalters des Westens? — Ich antwortete: Ja. — Was ist dein Begehren? — Ich antwortete: Ich möchte bitten um das Heilmittel der Vermehrung der Jahre, der Verlängerung des Lebens. — Der Gott sprach: Die Gebräuche, nach denen mich behandelt dein König 1) Die Leute Tscliin-schiii^'s bedieiiteu sieli verschiedener Geräthe des Haushalts und der hokcrneii Schafte statt der Waffen. '^) l>er Name Xül ;| V" Siii-f5 wird in der fieschichte sonst durch l-j-j ^^ Siii- sclii «icilcr gefjclien. Die Könige von Hoai-nan :ius dem Hanse Hau. ÖU«7 von Thsiii, sind ungenügend. Du wirst es sehen, aber du darfst es nicht nehmen. — Sofort folgte ich ihm. leli gelangte im Südosten zu dem Seeberg Fung-Iai i) und sah das Praehtgebäude von Tsehi- sching2). Xu (jgp Thorwjirte war ein Gesandter von der Farbe des rothen Erzes und der Gestalt des Lindwurms. Sein Glanz strahlte in der Höhe zurück auf den Himmel. Hierauf warf ich mich zweimal zu Boden und fragte: Was soll man verwenden zu Geschenken? — Der Gott des Meeres sprach: Wenn man beauftragt angesehene Jünglinge oder Scharen von Mädchen mit den Gegenständen der hundert Künstler, so wird man es erlangen. Der Allhalter des Anfangs aus dem Hause Thsin hatte grosse Freude. Er entsandte Jünglinge und Mädchen dreitausend, er hiess sie verwenden die fünf Arten des Getreides, die Gegenstände der hundert Künstler und sich auf den Weg begeben. Nachdem Siü-fo erhalten Ping-yuen und Ta-schT^j, hörte er auf, zu erscheinen an dem Hofe und kam nicht. Um diese Zeit waren die hundert Geschlechter schmerzlich bewegt, traurig in Gedanken, diejenigen, die Aufruhr erregen wollten, waren von zehn Häusern sechs. Es hiess ferner den Beriihiger Tho überschreiten die fünf Berg- gipfel und angreifen die hundert Stämme von Yue. Der Beruhiger Tho wusste, dass das mittlere Land angestrengt auf das Äusserste, •-»i> 1) Das Eiland ^^L j:Ä Fung'-Iiii soll in dem Ostmeer liegen und von Unsterblichen bewohnt sein. 2) KjT "~^ Tsehi-sehing bedeutet die Hervorbringung des die Unsterblichkeit ver- leihenden Krautes "i^ Tsc'hi. 3) In der Geschichte des Hauses Thsin und an anderen Orten hat der Verfasser durchaus nichts darüber aufgefunden, dass Siii-Iö die Gebiete von Ping-yuen und »/ j^ ~K' Ta-scht erlialten hätte, ein Geschenk, welches init einer Heleiinung schon aus dem Grunde nichts gemein haben kiiunte, weil es zur Zeit des Hauses Thsin keine Lehensfiirsten gab. Nach der Geschichte von Thsin traf Siii-15 (eigentlich Siü-schi) mit dem Allhalter des Anfangs kurz vor dessen Tode in Lang- ye zusammen, wo er ihn abermals durch Lügen täuschte und ihn zu einer See- reise von Lang-ye nach Tschi-feu, die der Jagd auf grosse Fische gewidmet war, bewog. Übrigens ist die Furt von Ping-yuen der Ort , wo der Allhalter des Anfangs starb, und Ta-schi das Gebiet, auf wek'heai Tschin-schiiig sich zum Auf- stände gegen Thsin erhob. Die Lesart der Stelle, zu welcher die Ausleger nichts bemerken, scheint verdorben oder der Satz verstiiniiiielt zu sein g J Q Dr. P f i z 111 a i e r er hörte auf, zu erscheinen an dem Hofe und kam nicht '). Er hiess Leute an höchster Stelle einreichen ein Schreiben und begehren Weiber, die ohne Haus des Mannes, dreiinal zehntausend, damit sie sieh befassen mit der Ausbesserung der Kleider der Kriegsanführer und Kriegsinänner. Der Allhalter des Anfangs erlaubte, dass es seien fünfzehntausend. Um diese Zeil waren die hundert Geschlechter abgeneigt im Herzen, brachen entzwei wie ein Thongefäss, diejeni- gen, die Aufruhr erregen wollten, waren von zehn Häusern sieben. ' Es brachte in Gebrauch die Fahrten von zehntausend Gespannen, baute das Gebäude O-pang^), sammelte die Abgaben der grösseren Hälfte 3), entsandte als Besatzung die linke Seite des Thores der Gasse*). Die Väter waren nicht beruhigt wegen ihrer Söhne. Die älteren Brüder waren nicht zufrieden gestellt wegen der jüngeren. Die Lenkung war quälerisch, die Strafen waren empfindlich. Alle Men- schen des Volkes streckten den Hals aus und bückten in die Ferne, neigten seitwärts das Ohr und horchten. Wehniüthig rufend blickten sie empor zu dem Himmel. Gegen das Herz schlagend, waren sie voll Grimm gegen die Höheren. Diejenigen, die Aufruhr erregen wollten, waren von zehn Häusern acht. Die Gäste sprachen zu dem erhabenen Allhalter Kao : Um die Zeit ist es möglich. — Der Allhalter Kao sprach: Möget ihr warten. Hochweise Menschen müssen aufstehen in Südosten. — Es lag da- zwischen noch kein Jahr, und die Männer der Geschlechter Tschin und U») riefen mit lauter Stimme. Die Geschlechter Lieu und Hiang setzten sich in's Einvernehmen, die Welt gab Antwort gleich dem Wiederhalle. Dies ist, was man nennt: Treten auf die Flecken, warten auf die Risse. Mit Hilfe des Unterganges von Thsin setzte er sich in Bewegung. Die hundert Geschlechter erwarteten ihn, gleich- 1) Ii! «liMi von dem Hiichi- (h'i- Iriilieroii Hau iiiitgelhcilten Nacliricliteii über U-pi !.ni(et diese SleUe r Er liiclt iiuic iiiiil ward König; in dein siidlieiien.Yue. — Sse-ku meint, dass U-|'i bei dieser Angabe, als ob der eruliiger Tlio zuerst König geworden und dann erst rsuhin-seliini;- anfgeslandeii sei, das 'riialsiiclilielie iilierschen lialie. 2) 0-paii^ ist die richtigere Ansspraclie und demnaoli das fVüher g-elir^iuchte 0-lang zu verbessern. 3) Die grössere HiilCte bedeutet die Aligabe von zwei Dritteln des Ertrages. 4) Zur Zeit von Thsin wurden alle Menscben, welelie hei den Besatzungen Dienste geleistet hatten, in das Thor ihrer Gasse zurückgeführt und diejenigen, welche die v.iw Linken de Thores belindliche Hüuserreihe bewohnten, zu erneuerter Dienstleistung gezwungen. *j Tschin-sching und U-khuang. Die Könige von Hoiii-iiiiii aus liein Hüiise Kan. 611 sam wie verdorrte Bäume und dürre Erde hon'en auf den Regen. Desswegen erhob er sieh inmitten der wandehiden Reihen und ver- richtete die Thaten der Alihalter und Könige. Jetzt siehst du, o grosser Kiinig, die Leichtigkeit, mit weicher der Allhalter Kao gewonnen hat die Welt, ziehst du da allein nicht in Betracht U und Tsu in dem nahen Geschlechtsalter? In der gegen- wärtigen Zeit führt derjenige, vor dem wir stehen unter den Stuft-n, die Aufsicht und trifft Einrichtungen in der Welt. Er stellt zu einem einzigen Ganzen, was innerhalh der Meere. Er liebt allseitig die Menge des Volkes. Er verbreitet die Tugend, spendet Wohltliaten. Hat es sein Mund auch noch nicht ausgesprochen, seine Stimnte erreicht schnell wie die Schläge des Donners. Ist der Befehl von ihm auch noch nicht ausgegangen, die Umgestaltung jagt vorwärts wie die Geister. Sein Herz hat, was es in sich schliesst, seine Macht setzt in Bewegung tausend Weglängen. Die Niederen sind einver- standen mit den Höheren gleichwie der Schatten sich zuwendet den Leibern, aber die Gaben und Fähigkeiten des grossen Heerführers sind nicht eben diejenigen Tschang-han's und Yang-hiung's i)- Wenn du, 0 König, mit Rücksicht auf Tschin-scliing und U-khuang die Sache erwägst, so halte ich dies für einen Fehler. Auch kann die gesamnite Menge deiner Krieger, o grosser König, nicht gebracht werden auf ein Zehntel der Krieger von U und Tsu. Die Welt ist ferner zehntausendmal ruhiger als zu den Zeiten v(»n Thsin. Es ist mein Wunsch, dass du, o König, dich richtest nach meinen Rathschlägen. Ich habe gehört: Khi-tse zog vorüber an der alten Königsstadt und verfertigte in seiner Betrühniss das Gedicht der Ähren des Getreides 2j. Es schmerzte ihn, dass Tsch'heu nicht Gebrauch gemacht von den Worteti des Königssohnes Pi-kan. ^ V^ Ysing-hiiiMg, einer der späterea Heerführer von Thsin. *) Als Klii-fse auf der Reise an den Hof von Tscheu liej^rifTen war, kam er an der zerstörten Hauptstadt der Yin vorüber und sah dasellist das (ietreide wai-liscn und Älireii In voller Bliitlie stehen. Von Wehinuth eryrillVn, diciitete er s die Krieger im Fluge herbeieilen mögen. Die Könige von llo:ii-iian atis ileiii Hhusc Han. Öl 5 Scheffeln Angestellten vorzulader), sie alle zu tödten und hierauf die bewaffnete Macht hervorrücken zu lassen. Demnach berief der König zuerst den Landesgehilfen von Hoai- nan, der auch erschien. Der innere Vermerker von Hoai-nan gab jedoch der Vorladung nicht Folge und liess sagen, dass er eben aus dem königlichen Gebäude herausgetreten sei. Auch der mittlere Beruhiger gab zur Antwort: Ich habe erhalten eine höchste Ver- kündung, der zu Folge mir nicht erlaubt ist, den König zu sehen. — Der König bedachte jetzt, dass es iiimvon keinem Nutzen sein würde, wenn er blos den Landesgehilfen tödten liesse, während der innere Vermerker und der miltleie Beruhiger nicht erscheinen. Er liess daher den Landesgehilfen unbehelligt wieder austreten. Als der König unter diesen veränderten Verhältnissen jetzt noch weniger einen Entscliluss zu fassen vermochte, bedachte der Nach- folger Tsien, dass er allerdings des Verbrechens, einen Anschlag auf das Leben des mittleren Beruiiigers von Han gemacht zu haben, beschuldigt werde, dass jedoch diejenigen, welche an diesem Anschlage theilgenommen, während der über sie verhängten Unter- suchung gestorben seien, somit von ihnen nichts mehr ausgesagt werden könne. Er sprach daher zu dem Könige: Die säuimtlichen Diener, die verwendet werden koiinlen, wurden schon früher gebun- den. Jetzt ist keiner übrig, der verdiente, dass man sich mit ihm in ein Unternehmen einlasse. Weil du, o König, nicht zur rechten Zeit losschlugst, fürchte ich, dass du nichst ausrichten werdest. Es ist mein Wunsch, mich einzulinden gemäss dem Verhaftsbefehle. Der König, der sich ebenfalls für den Augenblick nach Ruhe sehnte, willigte ein, dass der Nachfolger Tsien sich vor seinen Richtern stelle. Dieser Sohn des Königs versuchte es indessen, sich den Hals abzuschneiden, was ihm jedoch nicht vollständig gelang, so dass er nach seiner Tliat noch lebte. U-pi begab sich nach den erwähnten Vorfällen zu den Gerichten, wo er selbst die Anzeige machte, dass er sich mit dem Könige von Hoai-nan in eine Verschwörung eingelassen habe. Nachdem man der Verschwörung in einem solchen Miisse auf die Spur gekommen, nahmen dieAngestellten derGerichte den Nachfolger Tsien und die Geuiahlinn des Königs fest, umzingelten das Wohngebäude des Königs, suchten nach Allen, mit welchen der König wegen des Abfalls Rath gepflogen, und brachten sämmtliche Gäste, welche sich noch in dem Lande ß Jß Dr. Pf i z m a i er befanden, zur Haft. Die Nachforschungen führten endlich auch zur Entdeckung der Mittel, durch weiche man den Aufstand in's Werk zu setzen gedachte, worauf das Ganze an den Hof von Hau berichtet ward. Der Himmelssohn überwies die Sache den Fürsten und Erlauch- ten. Diese leiteten die Untersuchung gegen die in die Verschwörung des Königs vom Hoai-nan verflochtenen Lehensfürsten, die mit zehn- tausend Scheffeln Angestellten, die gewaltigen und hervorragenden Männer, im Ganzen gegen mehrere tausend Menschen, die sämmt- lieh je nach der Grösse ihres Verbrechens entweder einzeln oder sammt ihren Verwandten hingerichtet wurden. Sse, König von Heng-san, war der jüngere Bruder des Königs Ngan von Hoai-nan und sollte ebenfalls schuldig gesprochen und als ein naher Verwandter des Königs von Hoai-nan zur Strafe gezogen werden. Die Inhaber der Vorsteherämler baten denmach, auch gegen den König von Heng-san einen Verhaftsbefehl erlassen zu dürfen. Der Hinimelssohn erwiederte jedoch: Von den Fürsten der Lehen hat ein jeder das eigene Land zu seinem Stammsitz. Es gebührt sich nicht, dass sie gegenseitig schuldig gesprochen werden. Möge man mit den Lehensfürsten und Königen, mit den gereihten Lehensfürsten sich versammeln zur Betreibung der Sache hei dem Landesgehilfen und halten eine Berathung von Lehensfürsten. Hieraufhielten Peng-tsu, König von Tschao, die Lehensfürsten der Reihe, der Diener =^ Jang und Andere, im Ganzen drei und vierzig Männer, eine Berathung, worin sie einstimmig folgenden Beschluss fassten : Ngan, König von Hoai-nan, ist schuldig grosser W^idersetzlichkeit und Verruchtheit. Dass er sich verschworen hat zum Abfall, ist offenbar und deutlich. Er soll als überwiesen betrach- tet und hingerichtet werden. Hierzu machte Tuan, König von Kiao-si , noch den folgenden Zusatz: Ngan, König von Hoai-nan, schaffte ab die Gesetze, übte Unrecht und Verkehrtheiten. Er hatte ein lügnerisches, trügerisches Herz und brachte dadurch Verwirrung über die Welt. Er umzog mit einem Walle und versetzte in Aufregung die hundert Geschlechter. Er kehrte den Rücken und ward untreu dem Heiligthume der Ahnen. Er verfertigte ohne Grund ungeheuerliche Worte. Die Köoige von Hoai-nan aus dem Hause Han. 61 T Der Frühling und Herbst <) sagt : Ein Diener hat nicht seinen Willen. Wenn er seinen Willen hat, so wird er hingerichtet. — Das Verbrechen des Königs Ngan ist schwerer, als wenn er seinen Willen gehabt hätte. Die Empörung war von ihm bereits beschlossen. Durch seine Bücher, Abschnittsröhre, Abdrucksmarken, Abrisse der Länder und durch andere Widersetzlichkeiten und Ruchlosigkeiten, in welche ich Einsicht erhalten, wird die Sache bestätigt ofTenbar und deut- lich. Es ist überaus grosse Widersetzlichkeit und Ruchlosigkeit. Er soll als überwiesen betrachtet werden nach dem Gesetze, und das Urtheil werde demgemäss ausgesprochen. Aber die Angestellten in dem Lande, deren Gehalt zweihundert Scheffel und darüber, so wie diejenigen, welche ihnen gleich- kommen-), die in die Nähe gezogenen und begünstigten Diener des Stammhauses, welche nicht betroffen werden von dem Gesetze s), sie konnten sich nicht gegenseitig belehren und sie sollen daher freigesprochen werden. Dabei werde ihnen entzogen die Rangstufe, und sie seien Fünfmänner der vorzüglichen Männer*). Sie mögen kein Amt erhalten als Obrigkeiten und seien Angestellte der Gerichte. Die übrigen, die keine Angestellten der Gerichte 5), mögen sich los- kaufen von der Todesstrafe mit zwei Gewichten und acht Loth Goldes, damit in helles Licht gesetzt werde die Schuld des Dieners Ngan. Man lasse die Welt deutlich erkennen den Weg der Diener und Söhne, damit man es nicht wage, wieder zu hegen unrechte und verderbte, gegentheiüge und aufrührerische Absichten. Der Landesgehilfe Kung-sün-hung, der oberste Richter Tschang- thang und Andere brachten diese Aussprüche zur Kenntniss des Hofes. Der Himmelssohn entsandte hierauf den Thsung - tsching (Zurechtsteller des Stammhauses) mit einer Beglaubigungsmarke und einem Abschnittsrohr, damit er die Untersuchung gegen den König einleite. Aber noch vor der Ankunft dieses Würdenträgers hatte 1) Kung-yang sagt dieses in seiner Fortsetzung des Werkes „Frühling und Herbst". 2) niejeiiigen, welche wirkliche Angestellte mit einem Gt'halte von /.weilinndert SchelTeln sind, so wie diejenigen, welche einen ähnlichen Geh;ilt licziehen , siher keine wirk- lichen AngesteUten sind. 3) Die sich sonst keines schweren Verbrechens schuldig gemacht und auch nicht an der Empörung llieilgenomnien haben. 4) Diesen Namen führten, wie schon einmal angegeben worden, die abgesetzten Obrig- keiten. ■'') Die in die Nähe des Königs gezogenen und von diesem begünstigten Diener. () 1 8 Dr. P f i z m a i e r, Die Könige von Hoai-nan aus dem Hanse Han. sich König Ngan von Hoai-nan den Hals abgeschnitten (122 vor unserer Zeitr.). Hierauf wurden die Königinn Tliu, der zur Nach- folge bestimmte Sohn Tsien und Alle, die an der Verschwörung theil- genommen hatten, sammt ihren Verwandten hingerichtet. Der Himmelssohn wollte über U-pi, in Rücksicht auf dessen zierliche Reden, in denen er vieles zum Ruhme des Hauses Han anführte, nicht die Hinrichtung verhängen lassen. Dagegen machte jedoch der oberste Richter Tschang-lhang Vorstellungen, indem er sprach : Pi hat an der Spitze der Übrigen für den König entworfen die Grnndzüge des Aufruhrs. Sein Verbrechen ist eines von denen, die nicht verziehen werden. — In Folge dieser Vorstellungen ward auch U-pi hingerichtet. König Ngan nahm das erzählte unglückliche Ende, nachdem er zwei und vierzig Jahre im Resitze seiner Würde gewesen. Nach seinem Tode ward das Königsland Hoai-nan durch Han eingezogen und in eine Landschaft, Namens Kieu-kiang, verwandelt. Th. V. Karajaii, Bericht über die Thätigkeit der bist. Commission etc. Ol 9 SITZUNG VOM 14. MAI 1862. Gelesen: Bericht über die Thätigkeit der historischen Commission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften während des aka- demischen Verwahungsjahres 1860 auf 1861, erstattet in der Comraissioiissitzunir vom 14. Mai I8G2 und darnach in der Classen- sitzung desselben Tages durch den Berichterstatter derselben Dr. Th. G. V. Rarajao, derzeit VIec-Präsidenten. Meine Herren! Wie in den vorangegangenen konnte auch in dem eben abge- laufenen Jahre das Ergebniss der Thätigkeit ihrer Commissionen kein eben so glänzendes sein, wie in früheren Jahren. Nach den wohlerwogenen Beschlüssen der Classe war nämlich die Zahl der Bände bei den Fontes sowohl wie beim Archive auf je zwei beschränkt, die Heransgabe des Notizenblattes unterlassen, jene der Monumenta hahsbiirgica auf längere Zeit eingestellt worden. Im Laufe des Jahres nun wurde diesen Bestimmungen gewissen- haft nachgelebt, und eben so mit den gewährten Geldmitteln das Auslangen gefunden. In der Beihe der Fontes konnte zudem der dritte Band der ersten Abtheihing, das ist der Scriptores, der noch dem Vorjahre angehört, mühsamer Nachvergleiche des Textes wegen und auch aus äusseren Gründen erst im Spätherbste des Jahres 1861 vollendet werden, wornach erst der vierte und fünfte Band derselben Beihe ftOf) Th. V. K a r a j a II unverzüglich in Angriff genommen wurden. Es ist begreiflich, dass beide Bände im Augenblicke noch nicht ganz vollendet sind, obwohl sie bereits zu zwei Drittheilen ihres Umfanges im Drucke vorgerückt sind. Ihre Commission trifft wegen dieser Verzögerung durchaus keine Schuld, denn sie ist in der Lage nachzuweisen, dass sie im Augen- blicke auf ein Paar Bände druckfertigen Stoff liegen hat. Es schien ihr aber bei der Überbürdung der Staatsdruckerei mit dringenden Arbeiten nicht ziemend, die Arbeitskräfte dieser Anstalt auf unbescheidene Weise in Anspruch zu nehmen. Die nähere Betrachtung des in den vier Bänden des heurigen Jahres der gelehrten Welt mitgetheilteii Stoffes zu deren Betrachtung und Durchordnung nach Ländern ich nun übergehe, lehrt, dass von den Kronländern des Reiches nicht weniger als neun mit besonderen Arbeiten für ihre Geschichte, zwei derselben sogar mit je zweien bedacht wurden, dass ferner für die Geschichte des Gesammtreiches drei grössere Mittheilungen aufzuführen sind, für jene des Nachbar- landes Baiern zwei, endlich für die Geschichte des deutschen Reiches eine. Osterreich ob der Enns und zwar die Geschichte des Städtewesens dieses Kronlandes liat einen inhaltsreichen Beitrag erhalten in der längeren Abhandlung KarlOberlcitner's mit der Überschrift: „Die Stadt Enns im Mittelalter. Von 900 — 1493. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Städte". Den urkundlichen Mittheilungen voraus geht eine kleine Chronik der Stadt, dann folgen 144 Urkunden, von denen 44 als bereits früher schon gedruckt nur in Regesten mitgetheilt werden, hundert bisher ungedruckte aber ihrem vollen Inhalte nach. Sie sind den Originalen des städtischen Archives entnommen und enthalten auch briefliche Mittheilungen. Ein Register ist beigegeben und das Ganze steht im Archive Bd. XXVII auf den Seiten 1—166. Böhmen. Der Text zweier Quellen-Schriftsteller dieses Kronlandes, die für die allgemeine La ndesge schichte von grosser Bedeutung sind, hat in neuer sorgfältiger Bearbeitung an Zuverlässigkeit und Bericlit über die Thätigkeit der historischeu Commission ttc. 61Äws de gloria mundana, beginnt: 630 J. F e i f a 1 i k Gloria mundana qitod sit quasi fahula vatia Colligat humana mens ex nece cottidiana u. s. 10. BI. 183"— 185" De vita Marie, Anfang: Hec est vita virginis ttiarie gloriose. Qua (sie) iiixit in hoc seciäo non obprobriose. Sed valde lauduhiliter in custodia Johannis. Post ascensum filij in sex et tribus annis. u. s. w. — BI. 185"— 194" lateinisches verschiedensten Inhaltes. — BI. 194"— 204^ De reformacione vini et de Aceto et Cereviskt d'mersa faci- enda. — BI. 204* — 205" verschiedene lateinische Notate. — BI. 206"— 214" Incipiunt virtutes psalmorum. — BI. 215*— 218" De accentibus leccionuni, epistolurum et evangeliorum. — BI. 218" bis 225" Interpretatio vocabulorwn per alphabetum. — BI. 225" bis 226" lateinische Notate. — BI. 227' — 229* De coronacione impe- ratorum. — ßl. 229" Ad imieniendum thesaarnm. De Virgulis; alles Bisherige lateinisch. — BI. 230* Platno barwit; ceehische Recepte für diesen Zweck. — BI. 230" Prophecia libussie; latei- nisch; weicht nur wenig von dem im Cas. c. mus. 1859, S. 214 ff. gegebenen Texte ab. — BI. 231* — 256" Salliistii Catilina. — BI. 256" i>e Croco, cechisch. — ßl. 25T*— 267" De sacramentis etc. etc., lat. — BI. 267" — 274" Lateinisch-cechisches Vocabular. — BI. 274"— 280" verschiedene lateinische Notate. — ßl. 281* bis 283" lateinische Kirchenlieder mit Musiknoten. — BI. 283"— 286* Regimen generale, lat. — BI. 286*— 287* Johannis de rupe scissa prophecia, in's Ceehische übersetzt, beginnt: Od leta bozieho tifie- cze° cztyrfteho dwadczateho pateho az do leta bozieho tifiecze" trzidczateho pateho, budu na fwietie hrozne nowiny, przigdu na za- kowftwo hrozni a twrdi biczowe u. s. w. — ßl. 287" In aduentn domini Concio de annunciacione, lat. — BI. 288"— 290" Scolarinm littere ad plebanoe de Uthomirzicz , abgedruckt in dem mehr erwähnten fünften Hefte meiner Studien zur Geschichte der alt- bidnnischen Literatur, S. 65 ff. (Sitzungsber. der phil.-hist. Classe, Bd. 36, S. 181 ff.). Aus dieser Handschrift A sind folgende Lieder der nachstehen- den Sammlung entlehnt: II, III, IV, IX, X, XI, XIII, XIV, XVI, XVII, XXI, xxn. xxm. xxiv, xxv, xxvii, xxvm, xxix, xxx. xxxi. XXXII. XXXIII. XXXV, XXXVI und XLI — LXXXV. B. Die Handschrift A. 4. gleiehfiills im Wittingauer Archive; sie ist auf Papier in Oclav, hat 409 Blätter und ist von verschiedenen AUcecliische Leiche, Lieder uud Sprüche des XIV. und XV. Juluh. 03 i tläiiden des 15. Jahrhunderts geschrieben; auf der Innenseite des vordem Deckels und auf Bi. V findet sich abermals ein altes Iiihaltsregister. BI. l'' oben steht von einer Hand des 17. Jahrhun- derts Mouast. Trebou. Der Inhalt, welcher in dieser Handschrift nicht weniger bunt ist als in A, ist folgender: BI. 2"— 34" Excerpte aus verschiedenen classischen und späteren lateinischen Dichtern. - Hl. SS" — 42" Ortkographia bohemica; zunächst nach dieser Hand- schrift herausgegeben von A. A. Sembera in Miklosich Slavischer Hibiiolhek, 2 Band. — BI. 42" — 4G'' Incipiunt proverbiu f'flaskonis i/enerosi domini et baccalarij pragemis. — BI. 47 lateinische No- tate. — BI. 48'' — Ol* Pamphilus de Amore quo arsit in Galatheam hicipit. Incipit tractatulus de arte amandi Pamphilli, Collocutores ipse, venns, Galuthea et aiius. Vutneror et clnusnni gero sub pectore teliitii Crescit et assidve plnga dolorque michi u. s. w. über et clausuni gero im ersten Verse steht gebessert incfusum gestans. — BI. 61" — 66" Incipit piramus de amore Thisbe. Carmina fingo licet jam nulln ranui'jiu curanl Jam heu carminibus prevalet i'sus opitm u. s. \v. BI. 67" — 73" Incipit Autor Morafis. Effigiens eam fuil quidam lector ordinis Cisterciensis nomine Johannes quem composuit. Versibus in binis sensutn tibi scribere cnro In fine silenn voces cape pectore piiro Cum nichil vtillus huinnm- cii-do nuliiti Quam, mnrum nouisne modos et moribus vti Quod minus exequitur morosi dogma Kathonif; Svpplebo pro posse meo monitum racionifs u. s. \v. HUI Schiusse steht: Explicit morafe per manus Criicis de telcz Scriptum in coUegio regis Wenceslai präge Anno 14S9. — BI. 74" — 80". Incipit Antor Quinque clauium scriptus per me Crucem de Telcz präge in collegio liegis iienceslai Anno 1459. UTilin est rudibiis prcsenlis cum libeltl et f'acilem pueris prebet in arte viam ii. s. \v. — BI. 81" — 96" Incipit vita Scolastica, HIc rudinm prima vinendi forma docetur Fostmuditm ductoris deuique finis crit u. s. w. — BI. 96" — 98" das unten unter Nr. I abgedruckte cechischeLied. — BI. 96" — 98' Bruchstück der Antrittsrede eines Rectors. — BI.98" bis 99^ Aristoteles de phisionomiu. — BI. 99" — 102" Vulediccio 632 J. F e i f a I i k resignacionis. — Bl. 103^ — 149'' Metra de evangelüs per circu- lum anni et de smictis, nebst verschiedenen anderen metrischen Bruchstücken und einigen cechischen Glossen auf Bl. 126'', 127''. — Bl. 150' — 153'' Nota articuhtta (ßie probant vtilia realia el preter sigua ponenda. — Bl. 1 54" — 1 97'' Tititlus hnius aggre- gatorij est tallter. Incipit agregaforium de rfilibus coltecfnm u. s. w. ; am Schlüsse: Eivplicit agregatorium de vfilibus collectnni per Venerabilem virum 3Jagistrum Mariinum de laucicia reporta- tnm per Benedictmn de Strakonicz in Col/egto domus regis Wen- ceslai et ßnilum Amio etc. Quinqnagesimo (an der Seite steht 1450) feria vj ante Procopij fcstnm patroni Bohemorum. — - Bl, 198" bis 254'' ArticuU [variorum] condcmpnati parhlns a Stephano imi- nersitatis cum ceteris doctoribns et magistris. — Bl. 254'' — 324'' Machute jjrocuratoris dicta super quinque fibrös decretalhim. e.vcerpta non sunt ordlnate excepta : intromirta de XII signis [coeli] et Septem planetis [Bl. 263 IT,]; de forma celebrandi mis- sam ; et diverse auctoritates de reJiquiis. — Bl. 324 — 373'' Secreta mulierum Alberti magni cum commento super eundem; am Schlüsse : E.vplicil libellus iste per Criicem de telcz et Petrum de Gubina ffinitus in telcz anno hiß. — Bl. 381'' — 382' Medicinale (metricum pulchnmij : Siiscipe gcrmane celer hoc munns mariamiin u. s. w. — Bl. 382'' — 383' stehen verschiedene lateinische Recepte. — Bl. 383'' Publij Ouidij Nasonis ars Scacorum incipit. Quid cupit egregmm scacorum discere ludum Audiat ut potui carmine composui u. s. w.; Vgl. Carmina Burana S. 246 (T. — Bl. 384' — 385" Regimen metri- cum Omnibus generale. — Bl. 386' — 396' Kirchenhymnen mit Musiknoten; sämmtliche Stücke bis hierher lateinisch. — Bl. 396'' bis 397'' zwei cechische Lieder. — Bl. 398' Incipit cancio bona pro rege interfecto, abgedruckt in meinen Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur, Heft V, S. 73 ff. (Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. Bd. 36, S. 189 ff.) — ßl. 398" - 406" abermals lateinische Kircheiigesänge zum Theile mit den Singweisen. — Bl. 407' bis 408" einige cechische geistliche und weltliche Lieder. — Bl. 408" ein lateitiisches Lied, gedruckt in dem oft erwähnten fünften Hefte meiner Studien S. 53 ff (Sitzungsber. Bd. 36, S. 169 ff.). — Endlich Bl. 408'' — 409" noch ein lateinisches Kirchenlied mit Singweise. Altrechisclie Loiclie, Lieder und Spi iiclie des XIV. und XV. .laliili. 633 Die Ilandsclnift ß enthält die Lieder Nr. 1, VIII, XV, XX, LXVIII, LXXXVI, LXXXVII und LXXXVIII dieser Sannnliing. Beide Handschril"ten.lundßkonnte ieli bei einem gelegentlichen Aufenthalte in Brüiui im mährischen Landesarchive selbst benutzen. C die Handschrift des Nr. 300 des Capitelarchives zu Olmiitz. Sie ist auf Papier in Quarto von verschiedenen Händen zwischen 1451 und 1456 in Straznitz und Sternberg geschrieben; die Blätter sind ungezählt. Sie enthält: 1. Guido de Columnis de hello troiano, am Ende unvollständig. — 2. Libellns nominntus quadripartitas bonus et vtiUs per manus Sigismundi de montihus Gelhoe feria ij ante festnmS. Urbani, hora quasi 18 in Castro Straznicz 1451. — 3. Ilistoria Tiri Apollonii per manus Sigismundi. — 4. Seclis cechische weltliche und geistliche Lieder und zwar: aj Nr. X dieser Sammlung; bj Nr. VIII derselben; c) ein geistliches Lied, welches beginnt Naczest panij ktozt sie klani u. s. w.; ich habe es in meiner Abhandlung über die dreitheilige lyrische Strophe im Altböhmischen (SHzungsber. der phil.-hist. Cl. , Bd. 39) als Nr. 30 abdrucken lassen; d) Nr. XXXI und ej Nr. XII der nachstehenden Sammlung; endlich f) ein Lied mit dem Anfange Wssichni p o- fluchaite ehwalu Bohu wzdaite y tudiez nafie matcze u. s. w., abgedruckt itn Gas. c. mus. 1852, Heft 3,8. 47 fF. — 5. Informacio ad cauendam pestim, beginnt: Poniewadz czasto mor wnassich zemych bywa protoz pro nieyake zachowawanie krat- cze duole pfanie anapis magie znamenan byti; Schluss: Wypfanie prafky miftrow Provviftiahu lidu fproftnym. — 6. Das oben ange- führte Carmen de Pamphilo et Galalhea, per Valentinum de s. Cruce regrossatum in Castro Sternberiensi 1456. — 7. Lateini- sche Verse mit cechischen Glossen; Anfang: Kloffawi» wdekacli kiioa wzliitolilavvic itake krhmen recht- fertigt vielleicht den Schluss , dass die Handschrift in jenem Lande geschrieben sei. — Bl. 19'' — 20* andere lateinische Noten. — Bl. 20' — 23" deutsche Gebete mit Beichtformel. — Bl. 24' eine lateinische Aufzeichnung. — Bl. 24** — 25' das cechische Lied Nr. VII vorliegender Sammlung. — Bl. 25'' — 26'' verschiedene lateinische Aufzeichnungen. — Bl. 27' — 29'' Dis sint dy sebin hoiiplsunde mit erin focht ir, deutsch. — Bl. 30' — 36'' Argumen- tum Anteclaudimii compositi ab Alano Insufensi, lateinisch. F. Handschrift 1939 (vordem Theol. 790) ebenfalls der k. k. Hofbibliothek in Wien. Sie ist auf Pergament in Kleinquart, und zählt 206 Blätter; die Haupthand, welcher der grösste| Theil der Handschrift angehört, ist aus der Mitte des XIV. Jaiirliunderts. Der Inhalt ist folgender: Bl. 1" — 3'' von späterer Hand: Litania und verschiedene Kirchengebete. — BI. 4' — 9'' Cnlendarium. — Bl. 10'', [l\ 12'' und 13" Miniaturen: die ursprünglich leeren Bäume Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .laliili. 635 von BI. 10' lind ll" hat der jüngere Schreiber mit Kirchengebeten ausgefüllt, darunter Pro nhbatissa orncio. — BI. 14" — 204' Home canonicae; dazwischen BI. 104" — 105' deutsche Aufzeichnungen aus dem XV. Jahrhunderte, aus welchen hervorgeht, dass der Codex damals in Meran war. — BI. 205" und 206" stehen von einem andern Maler, als der die früheren verfertigte, abermals zwei Miniatur- gemälde. Das erste zeigt Maria mit dem Kinde stehend, links kniet in braunem Gewände mit schwarzer Kopfbedeckung eine Äbtissinn, unter ihr ist folgendes Wappen: in blauem Felde ein Adler senk- recht gespalten, links weiss, rechts roth, von den Spitzen der Fittiche über die Brust ein goldener Halbmond. Das zweite Bild zeigt den heil. Georg, den Drachen tödtend, rechts auf einem Berge die Prin- zessin, links kniet ein Canonicus, welcher in den Händen einen Streifen hält mit den Worten : ora pro me. Sande Georgn. Auf diesen zwei Gemälden beruht Jungmanifs Ansicht (Hist. lit. c., 2 vyd., S. 28", Nr. II, 28), dass der Codex von irgend einem Cano- nicus für irgend eine Äbtissinn eines Klosters, welches dem heiligen Georg gewidmet war, geschrieben sei. In Böhmen scheint die Hand- schrift wohl entstanden; zwar fehlen in der Litanei auf BI. 200" bis 204" die böhmischen Landesheiligen, während in der jüngeren Lita- nei auf BI. 1' — 3" Adalbert. Wenzel, Prokop und Ludmilla vor- kommen; aber der gleichzeitige Rubricator des älteren Theiles hat hie und da die leer gebliebenen Stellen in der Schrift mit roth eingemalteo cechischen Wörtern, Sprüchen und Anfängen cechi- scher Lieder ausgefüllt. Zu bemerken ist, dass derselbe Rubricator vielleicht nicht weniger selten auch deutsche Wörter eingefügt hat; diese aber beziehen sich nur auf den Gebrauch des Gebetbuches selbst, wie BI. 41" Ze Terze; BI. 42' Ze Sexte; BI. 42" Ze None. Ze Vesper; BI. 43" Also sprich des suntages ; BI. 44' Des mantages Mettin; BI. 60' sueche da vor die eollecte. Des eritages Mettin: BI. 75' sprich die salin; u. s. w. Aus F sind die Sprüche LXXX, dann LXXXIX— XC'II, so wie ein grosser Theil der unter B mitgetheilten Fragmente entlehnt. G. Die Handschrift Nr. 175 in der Bibliothek zu Nikolshurg, in Folio auf Papier im Anfange des 15. Jahrhunderts geschrieben. In ihr sind enthalten I. Homilien. — 2. Die Ilistoria Troinna des Guido de Coliimnis. — 3. Cronica Caroli Jmperntoris, vollständig, vgl. Böhmer, Fontes rerum germanicarum 1,228 — 270. Am Schlüsse 636 J- F e i f a 1 i k steht Et sie est finis Cronice diue memorie domini KaroU Romani Imperatoris et Boemie Regis de gestis et [actis ipsius cum patre ipsius Rege Johanne ceco eciam Rege Boemie et [actis ipsius sub anno domini M. trecentesimo lxxxxix'° [eria secunda ante [estum s. Viti Martiris etc. Scripta vero in vigilia s. Marie Magdalene in Alba aqua. — Am Ende sind auf den leergebliebenen Blättern und auf dem Deckel verschiedene Zusätze beigeschrieben, wie 4 Noten über die Prätiosen Kaiser Karl's auf dem Karlstein und endlich 5. von einer späteren Hand aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhun- derts zwei Bruchstücke aus der verlorenen neuen Chronik des Neu- städter Schreibers Prokop, 70 Verse (72 nach Dobrovsky enthal- tend). Vgl. über diese Chronik Dobrovsky, Geschichte der böhmi- schen Sprache und älteren Literatur, Prag 1818, S. 272—274 und Junginann, Historie literatury ceske, 2 vyd., S. 63% Nr. III, 57. Da von diesen Bruchstücken bisher blos das bei Dobrovsky a. a. 0. Mitgetheilte bekannt ist, so lasse ich sie hier gelegentlich nach einer Abschrift Bocek's unverändert nur mit beigefügter Interpunction folgen. Toto z Prokopowy nowe Croniky pifarze nowomieftfkeho. Jakz kral Oltoear take drzic zemie negednake, Czoz gich od Kdanfkeho roorze bh'z az ku Benatfke horzie, .*» Ze geft Czefke pany tiipil a gie na gich ftatciech liubil, J luczil tiezcie od febe, Czizozemcuom fwierziw febe, Ez gich nemiel ku pomoci, 10 w bogi dal fie tak prziemoci, Horliwu gfa hnut fmielofti, zahyiuil w bogi fpakofti. 0 teinz fyn geho fiviyfleffe, ze sie s Rakuffany pogicffc; l!» Czchoz zemane branichu, toho fie drzial pohrziechu, Ze proto zaiofti zhynu, neb Czechuow w radu newinu. Tez Waniek miady fyn geho, 20 kdiz dogidc kniczflwa fweho, AKpeclii.iclie LeirliP, Lieder und Sprüche des \IV. und XV. Jaliih. 637 Jakz Duriiik kiiyciiui \v l'liubii jtrziriuiti, lak geho zatniti, Radu wffe to Rakufkeho, w ty czafy krale Rzil'keho Zrziz iakt Niemczy Czechuom prziejrij, 2b gicli zlcmu fe s placzeni finiegy: Seflrzcnecz byl krali tomu, wffak neprzal vvgeho domu. II. To wlfe z Croniky Prokopa pifarzie nowomi eftfkeho. Giz riuffie nani myfliti, k(o ma naffim kralem byti. 30 Muozete lomu rozumieti, z prwnich przihod to wiedieti, An fie lid bez krale burzi, zeinie ohniem ta fie kurzi, Rychle zemdlenie chudiny, 35 welice zpuftnu diediny, Ktomu budu walky czafte a przifpiege ffeftero zie: Räch (? sie) ze bude fflecht.t maiieiii, bude zafie chlap, trup panem, 40 A lidij dobrieli fuzcnje, prawa y rzadu zkazenie. Bez krale Sirotczy Ikagij, zeny l'ie za muzie lekagij. I ftiem dwe zle tiela, duffie 45 y hned fie fake pokufie, Ez mniece (? nnncce Boceli) gde falcfs k fielii, y proleze zemi cielu. Leff pak y bind wiecc ffkodi, dussiczku liezeie zawodi, 50 Welini hroznie s wiery fwodie fnadnie, kdiz nenie odwodie; Kral neb kniezie branie loho z flaloby zleho innoho, Ez chlap fie kniezem vczini, 55 a kniez bez ftudu ozeni, Mnoho (s?o) lidij s wiery Fwcdu, kterak blud za pravdii powedu. Bnde to zc krale nenie w zemi hrozne promienycnie, 60 Wiete to ze fie tak ftalo, kdiz fie krale nedoftalo: Sit/.h. d. (iliil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 42 638 3. F e i r a I i k Rueze wolte fobie krale, kral to wffe zle pak vwale, 65 Staw lepffi w zenii vwede a wffeczko dobre prziwede, Ktomii Bifkup y prelatij budu moczi zafie wftati. I w gednotie vwedeno 70 kniezftwo bude genz dwogeno. Auf dem letzten Blatte steht endlich noch 6. das unten als Nr. XXXVII niitgetheilte Bettellied der Scholaren. Ich benütze von G eine Beschreibung und beziehungsweise Abschrift von A. Bocek's Hand. //endlich bezeichnet die Handschrift I, 4", 466 der kais. Uni- versitätsbibliothek auf Papier in Quarto mit 151 Blättern, um 1417 von Nicolaus von Kosel geschrieben. Sie stammt wahrscheinlich aus Oberglogau, die einzelnen Urkunden und Formeln weisen auf Olniütz. Eine genaue Beschreibung der Handschrift und ihres höchst ver- schiedenartigen Inhaltes nebst Proben desselben hat Hoffmann von Fallersleben in seiner Monatschrift von und für Schlesien 1829, Bd. 2, S. 738 — 751 gegeben; eine kürzere findet sich im Cas. c. mus. 1858, S. 392 — 394. Die cechischen Stücke, welche H ent- hält, sind folgende: ßl. 4" das Liedchen dieser Sammlung unter Nr. XXVI, welches ich aber leider nur fragmentarisch geben kann, weil es, wahrscheinlich seines obscönen Inhaltes wegen in der Hand- schrift durch Tinte unlesbar gemacht ist. — Bl. 4'' — 9" Gtossariiis de dicersis vocahularius, mit deutschen zum Theile auch mit cechi- schen Glossen. — Bl. 28'' ein cechisches Lied aus der Husitenzeit, welches beginnt: Affewczyt gfu zufaly u. s. w., und welches im Cas. c. mus. 1858, S. 393 IT. und in meinen Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reinikunst, Heft II. (Sitzungsber. der phil.- hist. Classe der kais. Akad. der Wissenscb., Bd. 39, S. 291) als Nr. 15 mitgetheilt ist. — Bl. 29", 30% 32^ und 143" vier ceehische geistliche Lieder, mitgetheilt von Holfmann a. a. 0., S. 742 — 749, und in hergestellter Form von mir in dem eben erwähnten zweiten Hefte meiner Untersuchungen über altböhmische V^ers- und Reim- kunst, als Nr. 31, 32, 26 und 29. — Bl. 43 zwischen verschiede- nem Gekritzel: Pro inleriinllo. Hyn. gede. birkaliolecz. fyg. .Jablko. gelita. leczye. Heul. ge. Kunrad. heynricli. IVidiicli. iacob. gorben. lezen. — Alti-echisclie Leiclu-, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 639 Bl. 94 Item Saliie rcgina in Bohemico. — Bl. 151'' Vater unser, Ave Maria und Credo \\\ cecliischer Sprache. Von den zwei letzt- genannten Stücken gedenke ich an anderem Orte Gebrauch zu machen. Nachrichten über // und Mittheilungen daraus verdanke ich der Güte des Herrn Archivars W. Wattenbach. Andere Handschriften von minderer Bedeutung oder aus wel- chen nur einzelne Lieder oder Sprüche entnommen sind, wurden in den Anmerkungen zu den betreft'enden Stücken selbst näher bezeich- net oder auf die Quellen verwiesen, wo sich Beschreibungen bereits vorfanden ; so bei Nr. V und VI, bei XXXIV, XXXVIH und XCIV bis XCVII, sowie bei den Fragmenten Nr. I, 6, 10, 14 und 15. Diese sind nun die Handschriften, welche so ziemlich den gesammten Schatz dessen was uns von der cechischen Lyrik des 14. und 15. Jahrhunderts übrig geblieben ist, in sich bergen. Vieles und Bedeutendes wird sich in den bis jetzt bekannten Handschriften wohl kainn mehr linden lassen, wenn es vielleicht auch nicht an Nachträgen aus mir fremd gebliebenen Quellen fehlen wird. Ich habe diese gesammte Anzahl der mir vorliegenden Lieder so geord- net, dass icii voran ausnahmsweise vier historische Lieder stellte, deren Aufnahme im Allgemeinen zwar ausserhalb meines Planes lag; gerade von den vier in Bede stehenden aber glaubte ich Nr. I, HI, und IV aus B und A als ungedruckt nicht ganz weglassen zu dürfen, während ich mir das reizende Lied von dem Sternberger Nr. II, welches in seinem Tone fast an englische Balladen gemahnt, nicht entgehen lassen wollte: übrigens nähern sich besonders I und II sehr der lyrischen Dichtung, ur)d Nr. III und IV sind obwohl auf historischem Hintergrunde ruhend, doch mehr satyrische und Spott- lieder, wie sie auch sonst in der Sammlung vorkommen, als eigent- lich rein historische. Nach diesen Liedern folgen noch zwei ernste fast lehrhafte Gedichte in Liedform und Kunststrophen. Darnach stehen die eigentlichen Liebeslieder und zwar voran die mehr ernsten und klagenden, darnach die heiteren und frohen, an welche sich einige andere scherzhafte und schelmische Lieder schliessen. Auf diese wieder kommen dann die Gedichte aus den Kreisen der Stu- denten und Scholaren. Was die kürzeren Liedchen und Sprüche gegen den Schluss zu anbetrifft, so glaubte ich es vorziehen zu sollen, sie in der Ordnung der Handschriften folgen zu lassen, 42' 640 J. F e i f a I i k besonders desshalb, weil sich auf diese Art erklären wird, wie frühere Herausgeber oft eine beträchtliche Anzahl derselben zu einem ein- zigen Ganzen kopflos vereinigen konnten. Die meisten davon sind aus A, überhaupt der reichsten Quelle für unsere Zwecke, entnom- men und der Anfang jedes dieser Sprüche ist in dieser Handschrift mit einem q bezeichnet, so dass über die gehörige Abtheilung der- selben kein Zweifel obwalten kann. Es schien auch um so unbedenk- licher hier der Anordnung der Handschrift zu folgen, als diese Lied- chen und Sprüche meist verwandten Inhaltes sind, während es störend gewesen wäre, sie unter die Lieder von grösserem Umfange einzu- reihen. Unter diese Sprüche hätten vielleicht auch die meisten der längeren Reimsprüche aufgenommen werden sollen, welche sich in den sogenannten Proverbia Flasskonis (Vybor 1, 841 — 848) finden und die gewiss nichts weniger als Sprüohwörter sind: ich trug aber Bedenken sie geradezu aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange zu reissen und sie der übrigen Sammlung anzuschliessen. Nach den Leichen, Liedern und Sprüchen lasse ich eine Anzahl von Fragmen- ten oder vielmehr von Anfangszeilen uns verlorener Lieder alpha- betisch geordnet folgen, welche von den Schreibern einzelner Hand- schriften hie und da beigeschrieben wurden. Mag sich vielleicht eines oder das andere dieser Fragmente blos als zusammenhang- loser Stossseufzer des Augenblickes herausstellen, gewiss wird die Mehrzahl als wirkliche Liederanfänge anzusehen sein, wie der ekla- tante Fall von Fragment 6 verglichen mit Nr. XLV und ähnliche, oder das Fragment 19, welches uns in kürzerer und in längerer Fassung vorliegt, auf das unzweideutigste beweisen. Den Schluss machen einige Musikbeilagen, über welche ich mich dort ausspreche. Auffallend mag vielleicht für den ersten Augenblick die geringe Anzahl der uns aus zwei Jahrhunderten erhaltenen lyrischen Dich- tungen sein. Weniger überraschend wird diese Erscheinung bei näherem Zusehen, wenn rjran nämlich bedenkt, dass in Böhmen in älterer Zeit aus bekannten und oft erörterten Ursachen eine eigent- liche Kunstdichtuug in der Volkssprache, am wenigsten eine streng höfische, welche man der Aufzeichnung und Sammlung werth gehal- ten hätte, sich nicht bilden konnte, wie wir denn eine ähnliche Er- scheinung aus ähnlichen Gründen auch in der älteren englischen Literatur hervortreten sehen. Desshalb sind gerade die Reste alt- cechischer Kunstlyrik so äusserst spärlich: denn eben der Kunst- Altcecliische F.eiclie, Lieder und S|tiii(he des XIV. und XV. Jalirh. G41 lyrik des Mittelalters war die Gunst tl'.eilnelimender Fürsten- und llerrenhöfe am unentbehrlichsten. An vereinzelten Versuchen der NachhilduMg mag es zwar nicht gefehlt haben, aber sie blieben doch mehr oder minder immer ohne Zusammenhang, ohne Folge, blosse Nachahmung fremder Beispiele. Der vermiithlich älteste Rest alt- cechischer lyrischer Kunstdichtung, das unter Nr. III mitgefheilte Liebeslied, welches wohl noch in's 14. Jahrhundert fallen und aus ritterlichen edlen Umgebungen stammen wird, bewegt sich ganz in den aus der späteren deutschen Minnedichtung bekannten und ge- läufigen Gedanken- und Ideenkreisen. Die übrigen unzweifelhaften Kunstdichlungen, wie namenilich der Leiche Nr. VIII, das Tagelied Nr. X, die Lieder Nr. XXV und XXXV u. A. gehören otTenbar erst dem nachfolgenden Jahrhunderte an und weisen uns überdies schon auf Schichten der Bevölkerung, welche dem eigentlichen Volke und daher auch dessen Gesinnungsweise und Anschauungen um vieles näher staiulen. Ähnlich ist es mit der Volkspoesie, deren Reste für uns eben so spärlich erhalten sind. Zwar, wer wollte daranzweifeln, dass auch das cecbische Volk wie jedes andere von den ältesten Zeiten her, Lieder besass, die seinem Leide und seinem Jubel, seiner Liebe und seinem Hasse, seinen Gefühlen und seinen Leidenschaften Aus- druck gaben !)• Nicht nur musste es Lieder geben, welche diesen mehr allgemein menschlichen Regungen, sowie der Ehrfurcht vor den Göttern und ihrem Dienste entsprangen: auch bei wichtigen historischen Begebenheiten, bei grossen politischen Bewegungen, und selbst bei nur im engeren Umkreise wirkenden Ereignissen zeigte sich die Theilnahme des Volkes in Liedern, welche Beistim- mung oder Widerspruch dem Geschehenen gegenüber aussprachen. Es fehlt uns nicht an Nachrichten, über solche Gesänge vom 12. Jahr- hunderte an, aber weil sie dem gelehrten Chronisten zu unbedeutend und einer Berücksichtigung nicht würdig erschienen, so ist davon leider nichts auf unsere Tage gekommen. Um so grösser ist aller- dings die Anzahl von Liedern, welche aus der späteren Zeit der grossen Bewegung in Böhmen, der beginnenden und fortschreiten- den llusitenstürme auf uns gekonnneii sind, aus jenen Tagen, wo die Parteien jedes Mittel und dalier bei dem M.mgel des Bücherdruckes 1) Vjrl. „leine Abhandlung über die Königinbofer Handschrift. S. 7 (T. 642 J. F e i f a I i k das wirksamste und unmittelbarste, den lebendigen Gesang gegen einander anwandten und solche Lieder durch Schrift und mündliehe Mittheihing möglichst zu verbreiten trachteten; eine grosse Anzahl dieser polemisirenden Dichtungen mag auch ganz verschollen sein. Die meisten derselben waren theils dogmatisch, theils satyrisch den Gegner mit aller Bitterkeit angreifend und bekämpfend, theils auch erzählten sie historische Begebenheiten in Liedform, immer aber vom Standpuncte der einzelnen Partei aus. Vergeblich waren War- nungen und Einschreiten. Das Constanzer Concil verbot im Jahre 1417 in seinem 17. Artikel fruchtlos alle Spottlieder gegen die Con- cile und gegen die Vertheidiger der Kirche sowie alle Loblieder auf Hus und Hieronynms »)• Und dem Jacobeil von Mies werden von der Kirche nicht approbirte Lieder zum Vorwurfe gemacht, welche man in Böhmen in den Kirchen, auf Plätzen und in den Tavernen singe 2). So wucherte denn im 15. Jahrhunderte das historische, das Spott-, Schmäh- und Streitlied in üppigster Weise. Gegen die mehr rein lyrischen, insbesondere gegen die eroti- schen volkslhümlichen und Volkslieder herrschte von Seiten der gebildeten und gelehrten Classen, namentlich aber des geistlichen Standes von frühe schon dasselbe Misstrauen wie in anderen Län- dern: man hielt sie für obscön und unsittlich, was allerdings manch- mal der Wahrheit nur zu nahe kommen mochte. Desshalb untersagte man den Geistlichen die Theilnahme am Absingen derselben 3), man *) Ut omnes canülcnae introductae in praejiidiciuni sacri concilii et virornm catholicoritm cuiusque Status, qui Wiciefisticis obstiterunt et Ifiisitis, vel cantilenae in commendalio- nem Joliunnin Ihm et Ifieronijmi haereticomm coiuleiuiKiioruiii, piofiihenlur in Omni- bus civilalibus, villis et oppidis et quihuscnnque munsionibus decuntari, sub poena gravissima. H. von der Hardt, Concil. Const. 4, 1517. Ebenso verhot das Basler Concil in seiner 21. Sitzunjj (9. Juni 1433) die contilenae seculares in den Kirchen. '^) Et hoc est, contra mullos spirilua/es et saecuhaes qui credunt se salvari per anyulos praedicundo et cuntilenas ab ecctesia non upprobutas in ecclesiis, in foro et in tabernis cantando. Epistola ad Jacobum de Misa Bohemum theologum et pastorem Pragensem 1415 in von d. Ihirdt a. a. 0. .3, 385. — Hoc enim idem de cantilenis inhibetur ab ecclesia non prutuds, quas in ecclesiis, in foro, in tabernis, in praejudicium pruelato- rum canlant. A. :i. 0. 3, 386. — Im Jahre 1436 hei Gelegenheit der Verabredung Sigismund's mit den höhmischen Ständen in Iglau soll das gemeine Volk daselbst cechische Lieder gesungen haben: a ohecni lid (spievali) piesne ceske, jediic do hospod, Stai'i letopisove cesli, S. 94; die Sache ist hei dem Umstände als die Bevölkerung von Iglau fast ganz deutsch war, jedesfalls verdächtig. 3) (Otnnes clerici in tabernis) cuntilenas mundunus turpes et scurrilia tiirpiloquia (sicut decet sanctos) non proferant neque cantent. Conslitiitiones 1). Venceslai ep. Vratislav. a. 1415. ed. in Montbach Statuta synodalia Vratislav., Vratislaviae 1853, pag. 40. — Allcechische Leiche, Lieiler und Sprüclie des XIV. und XV'. Jalirli. 043 hätte sie am liebsten selbst ganz verboten und unterdrückt*)« Aus diesen Verhältnissen, zu welchen noch die allgemeine Abneigung der Gebildeten und Gelehrten gegen alles Volksthütnliche, dem Volke Angehörige hinzutritt, ergibt sich von selbst, dass sich so selten Jemand fand, der diese Lieder aus den tieferen Schichten der Bevölkerung der Aufzeichnung werth gefunden hätte, und wir besässen wohl kaum iigend welche nennenswerthe Reste jener Poesie, wenn es nicht doch hie und da Leute gegeben hätte, welche zwischen Volk und höheren Ständen vermittelnd, welche aus jenem hervorgehend und zu diesem emporstrebend, zwischen beide als eine Art mittleres Element eingetreten wären : ich meine vor Allem V die Studenten, die Scholaren, die Zäci. Nicht jene reichen Adeli- gen oder jene hohen Würdenträger der Kirche, welche der Univer- sität Prag durch ihr Zuströmen Glanz verliehen, sondern jene obscuren, aus den ärmeren bürgerlichen oder wohl aus bäuerischen Verhältnissen entsprossenen Gesellen, welche mit dem eigentlichen Volke, seinem Leben, seinen Sitten und Gebräuchen und seinen Liedern immer näher in Verbindung blieben. Und in der That sind fast alle Handschriften, aus welchen diese Sammlung geschöpft ist, und namentlich die vorzüglichsten und reichsten A, B und C, Schul- hefte oder Nolatenbücher des verschiedensten und buntesten Inhal- tes, welche von solchen meist den theologischen Studien oder den freien Künsten sich widmenden, oft ziellos fahrenden Studenten, Schülern und Vaganten niedergeschrieben wurden. Diese müssen uns also als die unmittelbarsten Aufzeichner und Bewahrer und zum Etiatii ut (clerici) plausus manuum more gcntili vcl cantilenas saeculares eantare non praesumant; quia in uno ore luudes Christi una cum laudihns Juvis non concordant. Stat. Synod. D. Conrad! ep. Vralisl. a 144 1» ap. Monthach I. 1. pag. S2. 1) In der Handsclirift Nr. 4.'i;j3 (olim Theol. 940—941 ; Denis Cod. Theol. 1, 2, 1747— 1753) steht Bl. 111 h unter der Aufschrift: Ve euntu irli/ari nach Anführung- ver- schiedener Autoritäten folgende Itemeikung von einem unhekannten Verfasser des 15. .lahrhunderls: Itcw Cunciu sancti Adalbvrti vsqitc ad nostru teitipora proprio lin- f/Kayio munsit , quam ipse compostät, videlicet h o s p o d i n e p o in i I u y n y , i e s v c h r i s t e p o ni i I n y n y. Quam bohemie homines temporihus nostris eaminl et cunta- liiinl vsqiir ud viilunlulon dei et non voluntatern liominvm , qiii honas vn/ijures canciu- iira prohihent , que sunt e.c lege dei, sinictis ewiiuijclijs «c l'^pistolis et proplielis et iipostolicis divtis composite, Kt non pruhihcnt cunlus meretrivurn qiii ad lusciuiam et adultcriu prouoiunt etc. Unter den bonae vulgares cantinnvs im (iegensat/.e zu den cunlus ineretritum meint der Verfasser Jene geistliehen, meist nach Stollen der Bibel gedielitelen Lieder, deren Gehrauch in und S. 62—73 (Sitzungrsl.er. Bd. 36, S. 151, 178—189). ^) Sielie unten die Anniei'kuug' zu Nr. XXXVni; iiliuliolie Umzüge von Lehrern und Schülern fanden auch anderer Orten Statt, so namentlich in der üherlausitz : vgl. Chr. Weise, De ortii et progiessu scholarnni per Lusatiani superiorem , Zittau 1686 und in HolTmanni Script, rerum Lusat. 2, 370; Neues Laus. Magazin, Bd. 39. *) A V hasiii .M i s t r Lepie, mondi-y hrnci'r, medle, kdo pak hy hned na prvni pohied nepoznal samorostly a vlastudkusiiy ro/mar ceskelio narodui'ho ducha, kteryz od te dohy co ta hasen slozena , totiz oil zacaiku loelio stoleti az do nynejska temer nie se uezinenil. Cas. cesk. mus. 1848, Bd. 2. S. 260. C4C J. F e i f a 1 i k sten dieser Lieder spricht schon der beachtensvverthe Umstand, dass einzehie derselben und darunter sogar welche in kunstmässigen Strophen, sich zugleich in mehreren Handschriften finden und zwar in solchen, welche in weit von einander entlegenen Orten wie in Prag und in Straznitz oder Sternberg in Mähren geschrieben sind. So steht der Leich Nr. VIII in B und C; das Tagelied Nr. X in A und in C, ebenso das Lied Nr. XXXI; den Neujahrsspruch Nr. XLV treften wir in A und D und die Anfangszeile desselben (Fragment 6) überdies noch in einer in Stockholm befindlichen Handschrift, den Spruch LXVIII, welcher auch in dem Liebesbriefe Nr. IX, Z. 13 und 14 eingeflochten ist, in A und in B, den Spruch LXXX in A und in F; die Zeilen 9 — 12 des Liedes XII aus A wiederholen sich wörtlich in den Zeilen 5 — 8 des Liedes XXIX aus C. Es sind dies, wie ich meine, schlagende Beweise für die weite Verbreitung, für die Beliebtheit und Volksthümlichkeit vieler dieser Lieder. Zweifellos ist, dass der grösste Theil der uns vorliegenden Lieder für den Gesang bestimmt waren; es ergibt sich dies nicht blos aus den ganz und gar sanggemässen Strophenformen, auf welche sogleich zurückzukommen sein wird, sondern bei vielen wird diese Bestimmung zum Absingen ausdrücklich angezeigt, theils in den Liedern selbst, ganz abgesehen davon, dass mehreren in den Handschriften die Singweise beigegeben wird. So weiden Nr. I, VIII, XI, XX, XXII und XXXI als Cancio, Cancio de amore bezeich- net, während bei Nr. XXVII bemerkt ist Canitur sicnt Vt igihir ; Nr. II und XXX VIII heissen in der Aufschrift ausdrücklich wieder Piesen (= Cantio). Die studentischen Verfasser von Nr. XXXVII nennen in der ersten Zeile ihr Gedicht wichtig thuend, Carmen und Nr. IV in Z. 3 und Nr. XXV in Z. 7 bezeichnen sich als Piesnicka (Cantinncula). VIII, Z. 25 aber, dann XI, Z. 10 (vgl. XI, 4, wo sklädänie gebraucht ist, wie XI, 9 von sklada ti die Rede ist) und XVI, 5 als Spievänie. Ebenso wird in II, i, XI, 3 und XXXIII, 2 besonders hervorgehoben, dass diese Stücke zum Singen (spievati) bestimmt seien. Und wenn man die Anfänge von Liedern betrachtet, wie von II: Raete poslücliati, co vam clici spievati, cot' se stalo davno v nieste Melniku; oder von Nr. IV : SlyStP jfstt'. liratrio niili. jizt' se na ducliovnic chyli, AUcecliische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .falnli. 647 konec teto piesnicky oznaniujit' vam sestficky; oder von Nr. XI Racloz posluchali, panny i panie, cot' vaiii chci spievati nove skhidanie; oder endlich von Nr. XXIII: Clicetcli posliichati CO ja vani hudu spievati, ctnü druzinu chväliti, jestot" slovü sedläci; SO erinnert diese Aufforderung zur Aufmerksamkeit und zum Zuhören ganz an die Art und an die Vortragsweise der fahrenden Spielleute und Jongleurs (herec), welche ja von den ältesten bis in die spä- teren Zeiten als in Bölimen vorkommend nachzuweisen sind ') und in deren Händen der öffentliche Vortrag solclier Lieder wenigstens zum Theile gelegen haben mag. Wir unterscheiden in der folgenden Sammlung Lieder, Leiche und Sprüche. Wenn das Lied aus mehreren gleichgebauten Stro- phcMi besteht, welche alle nach dersellien Weise gesungen werden und deren Anzahl im Kunstliede — denn für das Volkslied und für das volksthümliche Lied gilt dieses Gesetz nicht — meist ungleich ist und selten über sieben in drei Theile zerfallende steigt, so stellt sich uns der Leich, welcher aus der kirchlichen Sequenzendichtung entstand, als aus einer Anzahl ungleich gebauter, zweilheiliger und nach verschiedenen Melodien gesungener Abtheilungen bestehend, dar. Beiiien steht der Spruch entgegen, welcher mit dem Liede wohl gleichen StofT behandeln kann, wenn er sich auch gerne didac- lischen Zwecken zuneigt, aber meist nur eine Strophe hat und über- haupt nicht zum Singen, sondern zum blossen Sagen bestimmt ist. Solche Sprüche, oft sehr kurz, fast sprichwortähnlich gefasst, bilden die Mehrzahl vorliegender Sammlung, darnach folgen die Lieder und ') Ülter die Könlginliofcr Uaudscln-ift S. Gj. In dem Synodalslatiile des (Uiiiii(/.er Hischofs Jülianii vom .Inline 1349 helsst es. Cod. di|)l. Mor. Rd. 7, AUlh.Z: Huie (jiioque nostro stututo duximus saluhriter aniiec/endiitii, nl nitllus clericorum nostre dioecesi.i dcinceps alicui ioculatori (seit mimo) ex impciis sihi trnnsmiss-o per quem- cnniqnc a/iqiiid dttre deheat seil pus.iit. Über die Thülig^keil der Jociilaloren hei lliiolizeiten, wo auch scenisehe Aufführungen üblich waren: vyl. E. du Meril : Ori- giues du theatre moderne, paj;- 28, n. 2 et 3. 048 -f- F e i f a 1 i k am spärlichsten sind die Leiche vertreten. Überhaupt scheint diese letztere Dichtform in Böhmen nicht gediehen zu sein, einmal desshalb, weil dort die kirchliche Sequenzenpoesie nicht jene reiche selbst- ständige Pflege fand wie in Frankreich und in Deutschland, theils weil daselbst, wie schon bemerkt ward, sich eine eigentliche höfi- sche Dichtung nicht herausbilden konnte. Desshalb ist auch das eine oder vielleicht die zwei Beispiele von Leichen, welche ich glaube anführen zu können, nicht ganz und gar sicher, und Nr. I weniger als Nr. Vin. Von besonderen Arten will ich unter den Liedern nur auf Nr. X, XVI und XXII, welche Wächter- und Tagelieder sind, eine Form, welche auch im Volksliede oft genug vorkommt , auf Nr. XXVII, welches mir ein Tanzlied scheint, und unter den Sprü- chen auf die Priamel Nr. LXXVI hinweisen. Eine besondere Gattung bildet noch der Lieheshiief {Episfolu, List IX, 81) Nr. XI: Diese Briefe Liebender an den zarten Gegenstand ihrer Neigung, auch bei anderen Völkern, namentlich in der deutschen Literatur nicht selten, bestehen regelmässig aus Reimpaaren ohne strophische Abtheilung, weil sie eben nicht zum Singen, nicht einmal zum Sagen, sondern zu blossem Lesen bestimmt sind; ich habe es daher vorgezogen, auch den vorliegenden cechischen Liebesbrief unstro- phisch in Reimpaaren abdrucken zu lassen, obwohl darin der Sinn meist nach je vier Zeilen schliesst. Noch will ich auf die drei Bei- spiele lateinisch-eechischer Mischpoesie XVIII, XXXVI und XXXVII aufmerksam machen, Producte gelehrter studentischer Muse. Wenden wir uns zur Betrachtung des Strophenbaues in den einzelnen Liedern , so wird sich uns vorerst die oben gemachte Bemerkung bestätigen, dass nämlich eigentliche Kunstlieder in drei- theiligeii Strophen nur sehr selten vorkommen; häufiger sind die in volksmässigen Strophen gebauten und daher auch volksthümlichen Lieder. Ich nehme die Kunstlieder mit dreitheiliger Strophe voraus. Nr. V besteht aus Stollen von je drei Zeilen mit der Reimfolge a, a, b, c, c, b und einem Abgesange von sechs Zeilen mit der Reim- anordnung d, d, e, f, f, e. Dieselbe Slrophenform, nur in der Sylben- zahl verschieden und mannigfach verstümmelt, hat Nr. VI. Das aus dem XIV. Jahrhunderte stammende Liebeslied Nr. VII hat einen sehr einfachen Strophenhau, indem jeder der drei Theile aus vier Zeilen von sieben bis acht Sylhefi besteht; die Reime folgen sich unmittel- Altcec'liische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 640 bar, so dass sowohl die Stollen als der Abgesang zwei Reimpaare enthalten. Alle drei Lieder haben nur je drei Strophen. In dem Liede Nr. X haben die drei Theile nur je ein Reimpaar. Das Lied besiizt in ^1 neun, in C weniger gut nur acht Strophen. Bei dem Liede Nr. XXVII mit sechs Strophen bietet sich die Eigenthüinlich- keit, dass auch der Abgesang in zwei, wie die Stollen gleiche, aber nach einem andern Systeme gebaute Strophen zerfällt; die Reim- stellung ist also für die Stollen a, b, c, b, für den Abgesang d, d, e, f, f, g. Das Lied Nr. XXXV^ mit eilf Strophen enthält in den Stollen je zwei Zeilen, wovon die erste reimlos bleibt, die zweite aber mit der zweiten des nächsten Stollens reimt, also a, b, c, b, im Abgesange fünf Zeilen mit der Reimfolge d, d, e, e, e. Das Liedehen XXXIX endlich zeigt uns Stollen von zwei und einem Abgesang von drei Zeilen; die ganze Strophe ist einreimig. Unter den Sprüchen hat Nr. XXXII Stollen von sechs und einen Ähnjesansr von vier Zeilen mit der Reimanordnung a, a, b, b, c, c, d, d, e, e, c, c, f, f, c, e; alle drei Strophentheile sind also durch den gleichen Reim des letzten Reimpaares mit einander verbunden. Die sechszeiligen Sprüche XLIV, XLIX, LIX, LXXIII, LXXVIII und LXXXIX zerfallen in drei TiieÜe, deren jeder aus einem Reimpaare mit Zeilen von durchgän- gig gleicher Sylbenzahl besteht. Wir haben diese allerdings höchst einfache Form der dreitheiligen Strophe auch oben beim Liede gefunden. Der Spruch Nr. XLVI hat zwar gleichfalls nur drei Reim- paare, jedoch sind die zwei den Abgesang bildenden Verse bedeu- tend kürzer, als die Stollen. Vielleicht gehört auch Nr. XCVI hier- her; der Abgesang besteht aus drei einreimigen Zeilen, die beiden Stollen aber haben sonderbarer Weise die Reimanordnung a, b, c, a. Das unter Nr. IX mitgetheilte Gedicht endlich ist ein Leich Oller vielmehr ein System von drei kleineren, ganz gleich gebauten Leichen, welche zusammen, gleichsam als drei Strophen ein ganzes bilden '). Jeder dieser kürzeren Leiche oder jede dieser Strophen zerfällt in sechs verschiedene Theile, deren jeder wieder, den letzten ausgenommen, aus zwei übereinstimmend consfruirten Abtheilungen — und diese Zweitheiligkeit ist eine hervorstehende Eigenschaft der Lais und der Leiche -) — besteht. Ich lasse hier das von mir 1) Vgl. iilier iiliiiiiche Erscheinungen bei fianzösischeii Lais tind deutschen Leichen, K. Wolf, Üher die Lais, Scquenien und Leiche, lleidelhcrg 1841, S. 130, l.'iO. 2) Wolf a. a. ()., S. 130, 317. / gf^Q J. F e i f a I i k hergestellte Schema dei- Theile und der Reime folgen, wobei di e eingeklammerten Ziflern die Sylbenzahl der Verse anzeigen. I a (8). b (8). I a (8). h (8). II c (8). c (8). d (7). I e (8). e (8). d (7). III f (11). f (3). g (11). I h (11). h (3). g (11). IV i (II). i (6). i (7). k (14). I I (11). 1 (6). I (7). k (14). V m + tn (5 + ö). m (8). m (8). | n + n (5 + 5). n (8). n (8). VI o (8). In der 1. und 4. Zeile der V, Abtheiliing oder in der 25. und 28. Zeile jeder der ganzen Leichenstrophen, wenn ich mich so aus- drücken darf, nehme ich Binnenreim {m-{-)n und n-\-n) an, so dass diese Zeilen zehn Sylben haben. In dem letzten Verse, der reimlos, eine Waise, ist, sehe ich einen ursprünglichen Refrain, welcher bei allen drei Theilen des Leiches wiederkehrte und dieselben ver- band >)• Dainit sind die uns erhaltenen Kunstgedichte erschöpft. Mit zu den Eigenthümlichkeiten des Volksliedes gehört es, dass dasselbe sich in einfacheren Strophenformen bewegt und kunstvol- lere Reimverschlingungen meidend, meist nur aus unmittelbar auf einander reimenden Versverbindungen besteht; freiere und unge- nauere Reime dürfen uns dabei nicht Wunder nehmen. Wir finden diese Eigenthümiichkeit auch vollauf in den cechischen volksthüm- lichen und Volksliedern wieder, welche fast durchgehends in den einfachsten und auch bei den übrigen europäischen Völkern vorwie- gend im Volksgesange üblichen Strophenformen verfasst sind. So zuerst die Strophe von drei Zeilen, deren dritte ursprünglicher Refrain ist. Wir erblicken sie in dem unzweifelhaften Volksliede Nr. XXI, wo sich denn auch die dritte Zeile als wirklicher Refrain noch erhalten hat, der nach jeder Strophe wiederkehrt, während die erste und die zweite Zeile unmittelbar auf einander reimen. Ebenso besteht aus dreizeiligen Strophen das Lied vom Sternberger Nr. II; hier reimen wieder die erste und die zweite Zeile mit ein- ander, die dritte, die Refrainzeile, ist aber kein wirklicher Refrain mehr, sondern sie wechselt mit jeder Strophe, obwohl auch hier noch das a, mit welchem fast jede Rel'rainzcile beginnt, vielleicht auf die ursprüngliche Bedeutung derselben zurückweist; diese Zeile steht meist reimlos da, schlicsst sich aber manchmal an den Reim der zwei vorangehenden Zeilen an. Nicht minder bietet dieselbe ') Vgl, unten ilie Aumeikung zu Z. 98 des helreffeiiden Leiches Nr. IX. Allrechisclie Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .lahrh. 651 Strophenform, elteiifalls schon ohne wirkliehen Refrain, das ver- stiinimelte Lied XXVI und auch der Spruch XCII hat drei Zeilen, von welchen, ganz dieser Stropiienform entsprechend, die zwei ersten unmittelbar reimen, die dritte aber reimlos bleibt. Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit noch ein anderes, bisher ungedrucktes Lied über die simonistische Geistlichkeit ') in der nämlichen Strophe hier folgen zu lassen, welches ungefähr aus dem Anfange des XV. Jahrhunderts stammen wird und auch ein reiches sitten- geschichtliches Interesse in seiner anschaulichen Unmittelbarkeit bietet. Es lautet: Prvni vers. KE cti, k chvale napred buozie a hn'echuom na ofpusteni, zvliiste svatokupeekych. w Netoliko listy mluvme. aie (ake spievajine 5 pro vyslrahu jinych. w Dieiky najprve pociiete, svatokupcctvic oznamte otcöm, niatkäm i kneziin. w Kdyz sc diete nar odilo, |0 do kostela piincseno, ilined 'dajte od ki'tu!' w Potoiii je obetovali, na cest apostola pili, penez neb dva dali 15 w Sestinedelka myslila, cimby od zehnani ctila kncze neb faräfe. w A kdyz se jest uvodila, svieci krasnii knezi dala, 20 paleo podmazala. 1) Das Lied steht in der Handschrift Nr. ll.'J zu Nikolsburjj. Die i^ieiiilich uui.sliiiid- iiclie Überschrift l.iiilel: Poc/.ina se <> kiiie/.icii .swatiikii|icicli klerac oni lid /.g^ew- nie hipi pocznuc od dietek aneb od diulinstwa m do starosti gich tak lie nepo- ininu nizadnelio ani ncinocncho aui uirtweho by vzitku ncinieli od nieho ni baby ni sseslinedielky otrok (obrok ?j a svvatosti roziniiozili swalkuow naplodili a ot- piisfky dawali ahy swiioy miessccz napiiiili hratrstwo /.amyslili zeny sedlaky mluwne naueziii aby nanie ziebrali. Icli l)eniilzo eine AbsclMÜl Bocek's. VgL auch Juiigmann, lüst. lit. c., 2 vyd., S. 64 ^ Nr. Hl, 78. 052 J- Feif^'lik w N;i biiiiioviiKi se pliihi, (hiilidy daleko behala, od bifmii platila. 25 vv Kdyz to dite pobolalo, ibiied na put slibeno, s obeti neseno. w V sedmi letech diefe kazde. bud' bohate neb chude, 30 ihned bylo uceno, w Aby apostolu svemu po liftu obetovanemu oferu diivalo. w Hospodäf, otrok, dievka, pan, 3S . kazdy jest byl zaväzan k i'irocnim oföräm. w Na stedraj den daj koladu faräfi penezifü a cti drahym piti'm. *" yv Potom cekaj i zvoni'ka niezi hody i sliednika, koladu pfiprave. w Nemel-lis jim penez däti, niusils obilim odbyti, *^ kolacy, ovocem. w Cehoz koli posvetili, od sveceni dary vzcli, coz sami chteli. SO w Ovsa hrsti usypali, a hromnic urezovali, i soIi ujimali. w Mazancuov kdyz posvetili, vajce neb penieze brali, darmo nekropili. *^ w Oddävänini dobie stall, od zenicha vzdy gros meli, dnihdy dva, od päna zlaty. w Od nevesty i'ivod meli, poloni kniby |)ritö|)ili. 60 coz dala vse vzoli. Altcecliiselie Lüiehe, Lieder und Sprüelie des XIV. und XV. Jahrh. 633 w Devetnika doM-e po/.ivali, neb kiiry s ovsciii dävaü ktoz jsi'i sc spozdili. w Dcsatkuov neodpuslili, pro buoli oniz eo ucinili, 6S nez dajte nplne!" w Podymnie kdyz vybirali, rozlicae lid sacovali, jakz najviec umeli. w Podruhuov nepominuli, '^^ bäby z kiizelüv jdatili. neb zäklad dal \v W poste kdyz zpovedali, zädnemu neodpustili, coz mohli to vydreli. '^ w l'okäniin obtezovali, coz koli rozkazovali, vse svuoj inesec hnali. w Mse kupovati veleli, V kfize klasti käzali °" vosk, vajca, penieze. # w Do Prahy sel-li kto, u dveii biskiip plany stal, vuce na lid vyklädal. w U podvoje züci stall, ustavicne vzdy volali 'kladte i vodkladte!' w Potoni zpovednik rozkäzal, aby najprv jeinu dal a tepiuv V sli'ip kladl. w Prositele kdyz prijeli, ibned svätek zasvelili, osadu svolali. ' w Odpuslky oznamovali, na zpovedi lid sacovali, 9^ coz mohli vydfeli. 90 w A kdyz penieze sebrali, potom opet jinäm jcli do jine osady. Sit^b. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 43 100 w Chtel-Ii by kto rozvoditi neb nekoho pohoniti pfed pravo dtichovni, «' Statek musil naloziti, cestarni mnoho ehoditi. 105 ' kios vzdy hotöv mieti. w Boky caste (casto?) odklädali. konce nebrzo einili, doniz CO bräti meli. w Svetskc meli poriicniky, HO juristy, kostclni'ky, ccchmistry, prosice. w Kostelni'ei i'iiad meli, pytlikem potiesovali, neb na deku prosili. IIa tc Potom nikdy neprestali, vzdycky pomozfe" riekali 'na klenot kosfelni! ' w Sviece mrtvym najimali, kravy na ürok dävali, 120 penczi lichvili. w Cechmisfi'ove v mestech byli, farähiom nahonili, bratrstvo zamyslili. «' Zeny, sedlaky naueili, 125 vzäcne mluvne ze chudili a na ne zebrali. IC Vybenice letnicniky, sve stfedniky a zvoni'ky na snopy posiaii. 130 tc Jizf Sil byli zamyslili, ze kiidele sprosovali an kotnze, ubrusy. ?/' A kdyz provazy ztrhali ihned nekobo zaslali l'«^ kde konope fieli. v Oberüee vsccky zdrave. navsfevovali nemocne, chude i bohafe. Altcechische Leiche, Lieder und Spiiiehe des XIV. und XV . Jaluh. ()55 //' S boziiii telein a s olejeni kolikkrät koli knez piisel, 140 vzdycky pozitck mel. 10 Kiizal na dusi pomneli, na koste] ncco oddati, a potom säm pobral. 10 Na osadu kdyz mor pripadi, 145 fai'är, strediii'k sveho Iiledal, kostelni'k i zvoni'k. w 'Dajte od krieze, od zvonenie, zaplaf zal(;W*- i vijilji', ofeiu) neb zaruc. 150 VI Calou, vi'no, skopoe piiprav, tridcefi iiisi sinluv neb sjednaj, tepruv felo schovaj. ?/• Bohatejsi nadävali lanipy i kapläny (kapely?) 155 niesne veci drahe. 10 PoJiieb dialio kupovali, V kostelech se rädi kladli, duse V kiiihy psali. 10 Vsecky skutky kdyz einili. 160 nespor neb vijilji nieli, mse, ofery, salve. 10 Päni, kniczata, kraii, kanovniei nadävali klästery, kostcly. 165 10 Kone sve obetovali, zlatymi oferovali f^rosi neb penezi. 10 Sluzby Jim kräsne einili, zalli'ir na horu .... 170 aby se inodlili bohu ')• ') Zeile 3 swatkiiow peckycli die Aliscliiift Boceks. — 13 ol) i I d w ii I i Boi-. — na cest ist meine Ergün/.iinp. — 28 kiizdy Boc. — 32 o li i t o w .1 n e in u Bor. — 3ä I e (?) k a /, d y hat Boo. — 47 d a r y v z t- 1 i ist meine Ergiinziinp. — öü statt dobre hat Boc. do« — 67 Poddiinnie Boc. — 71 s kuzelow Boc. — 87 wodkladtc i^weifeJhaft bei Boc. — 109 porucniky] pocznjki Boc. — 43* (Jg(J J. F ei f al i k Unmittelbar an dieses Lied schliesst sich in der Handschrift ein zweites über den Zustand der alten und der späteren Kirche ohne Abtheilung, so dass selbst Bocek den Anfang des neuen Liedes nicht erkannte und auch Jungmann desselben nicht erwähnt, obwohl schon die ganz verschiedene Strophenform den Beginn eines andern Liedes aufs Deutlichste anzeigt. Ich theilc auch dieses ungedruckte in volksthümlicher Form abgefasste Lied hier mit als Beispiel der unten besprochenen vierzeiligen einreimigen Strophe, welche nicht all zu oft vorkommt. ?., S. 121, 298. QQQ J. F e if a l i k phenform von vier kurzen Versen, deren zweiter und vierter mitein- ander reimen, entstand bekanntlich aus zwei Langzeilen und es sind daher diese Reime keineswegs als überschlagende, welche erst durch die Kunstpoesie sich bildeten, freilich aber auch allmählich in die Volksdichtung übergingen, anzusehen i)- Sehr oft tinden wir die vierzeilige Strophe auch in den Sprüchen, wie XLII, XLIII, XL VIF, XLVIII, LIV, LVII, LVm, LXI, LXII, LXV, LXXII. LXXIV, LXXV, LXXVI, LXXVII, LXXIX, LXXX, LXXXIV, LXXXV, LXXXVI, LXXXVII, XCIII, XCV; doch bestehen diese Sprüche auch oft nur aus einem einzigen Reimpaare, so L, LI, LH, LIII, LV, LVI, LXIII, LXIV. LXVI. LXVII, LXVIII, LXIX, LXX, LXXI LXXXI, LXXXII, LXXXIII, LXXXVIII, XC, XCI, XCII, XCIV. Der Spruch XLV hat fünf, der Spruch XCVII vier Reimpaare. Die einzelnen Strophen der mehr volksthümlichen Lieder wer- den in den Handschriften gewöhnlich mit der auch sonst üblichen Bezeichnung 2) Versus (^lo'; cechisch werss, vers) benannt; so heisst es durchgängig vor jeder Strophe in XVI und XXXV, verein- zelt, mehr oder minder häufig, kommt diese Benennung vor in III, X, XIII, XX, XXI und bei XXXI wird, noch im vollen Bewusstsein des Ursprunges dieser Strophenform aus Halbstrophen s), jede dieser Halbstrophen als Versus bezeichnet. In den kunstmässigen dreige- thcilten Strophen, namentlich in Nr. VII, XVII und XXVII heissen die beiden Stollen Versus, während der Abgesang Repetitio genannt wird. Sehr mannigfach sind die Bezeichnungen der Abtheilungen in der Leiche Nr. VIII, worüber ich auf die Anmerkung zu diesem Gedichte verweise. Dem Alter nach werden die meisten der unten folgenden Leiche, Lieder und Sprüche, wie schon angedeutet ward, in die erste Hälfte etwa des IS. Jahrhundertes fallen; eine positive Grenze für diese Bestimmung nach der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts bieten einestheils die Handschriften , welche meist dem oben angeführten Zeiträume angehören und zwar, so weit sie datirt sind, den Jahren 1450~I5(]0; andererseits weist auch das Lied Nr. XXXVI aus A, das in Zeile 77 und 78 das Jahr I4S0 als das seiner Entstehung nennt, und welches wohl zu den spätesten der ») Wolf a. a. O., S. 170. a) Vers, Versim = Strophe, Wolf a. a. O., S. 89. 2) Wolf a. a. ()., S. :U (F. Alteechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahih. 601 Sammlung gehören mag, auf den oben angegebenen Zeitraum. Bios das Lied Nr. VII und die Sprüche aus der Handschrift F mögen noch dem i4. Jahrhunderte angehören; dagegen möchte ich V und VII, welche von den Literarhistorikern und Herausgebern gleichfalls derselben früheren Epoche beigelegt werden, seinem Tone und In- halte nach erst einem späteren Zeitpunkte, dem IS. Jahrhunderte, zuschreiben. Freilich mögen manche Lieder und Sprüche, welche uns nur in Handschriften des 15. Jahrhunderts vorliegen, wenigstens ihren Grundzügen nach vielleicht auch wieder einer frühern Zeit zufallen: so findet sich der Spruch LXXX, welcher aus A entnommen ist, mit einigen Abweichungen schon in F. Dass übrigens auch in den nachfolgenden Zeiten der Quell des Gesanges in Böhmen nicht versiegte, brauche ich wohl nicht erst zu bemerken; und es ver- lohnte wohl der allerdings nicht geringen Mühe, auch hier das uns übrig gebliebene aus Handschriften, Druckwerken und Zeitschriften zusammen zu tragen. Namentlich wären die historischen und auf historische Begebenheiten bezüglichen Lieder einer Sammlung werth; wir haben eine solche lange Zeit hindurch von Nebesky, welcher alle Eigenschaften zu diesem Unternehmen besitzt, erwar- tet, — wie es scheint vergeblich. Allerdings führt bei allen diesen Dichtungen das Interesse weniger nach der Seite der Ästhetik, der künstlerischen Vollendung. Als Kunstwerk betrachtet sind die meisten von sehr geringer Be- deutung und dies gilt selbst von einer grossen Anzahl der rein lyrischen und erotischen Lieder der vorliegenden Sammlung. Viele sind nur allzu breit ausgeführt, von ermüdender Eintönigkeit, wäh- rend andere sich durch die unvermitteltsten Sprünge, durch unstäte Zerfahrenheit auszeichnen. Und zuletzt muss in den erotischen Stücken das unendlich wiederholte, in seinem Ausdrucke fast typisch gewordene Gewinsel über die Leiden unerhörter Liebe, über die brennenden Schmerzen im Busen jeder kräftigeren Natur wider- streben. Das Hauptgewicht dieser Dichtungen liegt eben in ihrer literar- und culturgeschichtlichen Bedeutung ; selbst von philologi- schem Standpunkte sind sie im Ganzen von untergeordnetem Werthe. Gewiss aber kann dabei nicht bestritten werden, dass sich unter manchem unbedeutenden einzelne Lieder und Liedchen von wirklich zarter Innigkeit und mimittelbarcr Tiefe des Gefühles finden. Andere dagegen behandeln ihren erotischen Stoft' in sinnlicherer Weise, g(32 J. Fei f al i k. was eben über das volkstbiimliche und das Volkslied das Anathem der Geistlicbkeit des Mittelaltes heraufbeschwor. Beim wirklichen Volksliede aber sind diese Stoffe, eben der Natur des Volkes gemäss, meist mit voller Unbefangenheit und Naivetät, man möchte sagen, mit wirklicher Keuschheit dargestellt; anders ist es, wenn ein soge- nannter Gelehrter oder Gebildeter dergleichen Gegenstände erfasst; wir haben an Nr. III ein Beispiel, wie ein solcher dann Zweideutig- keit an Zweideutigkeit der unzweideutigsten Art reiht. Noch habe ich ein Wort über mein Verhältniss zu der nach- stehenden Sammlung, über mein Verfahren und über meine Stellung zu den früheren Herausgebern zu sagen. Eine Anzahl dieser Lieder war nämlich schon früher abgedruckt worden , besonders viele aus A von Palacky und von Hanka; ja wir besitzen von mehreren sogar eine, freilieh schlecht genug gerathene deutsche Übersetzung i). Ich habe bei jedem einzelnen Stücke aufs Gewissenhafteste den Ort angezeigt, wo es früher veröffentlicht ward. Wirft man aber nur einen Blick auf die bisherigen Drucke im Vergleiche mit den Hand- schriften, so wird man sich bald von der grossen Ungenauigkeit der- selben, die bei Hanka geradezu in unwissende Leichtfertigkeit aus- artet, überzeugen. Verse und Strophen, von einzelnen Wörtern zu geschweigen , sind ausgelassen , Zusammengehöriges ist zerrissen. Unzusammengehöriges verbunden, aus einem Liede sind mehrere Lieder und Sprüche, aus einer ganzen Reihe von Sprüchen ist ein Lied oder ein riesig langer, jetzt sinnloser Spruch geworden, ohne dass dabei auf die charakteristischen Strophenformen ge- achtet worden wäre. Überdies war alles systemlos an den ver- schiedensten Orten zerstreut. Ich habe nun die wichtigsten Hand- schriften selbst neu verglichen, während mir von den minder bedeu- tenden verlässliche Abschriften zu Gebote standen. Durch diese neue Vergleichnng, durch ein genaueres Beobachten der Reim-, Vers- und Strophenverhältnisse, durch Berücksichtigung dessen was zusammen und was nicht zusammen gehörte, ist es mir vielleicht gelungen, dieser Sammlung einige Vorzüge vor den bisherigen geben, sie als eine ganz neue und durchgehends verbesserte hin- stellen zu können , ganz abgesehen davon , dass so manches nicht uninteressante Lied , mancher Spruch neu hinzukam. Ja, ich glaube V) Althöhmische Minnepoesie. Von Alfred Waldau, Prag 1860. 12. Altoechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. C63 boliaupten zu dürfen, dass unter den bereits bekannten Stücken die- ser Sammlung nicht eines, Nr. XXXIV etwa ausgenommen, unver- ändert und ohne wesentliclie Verbesserung blieb, indem entweder der Text nach den Handschriften hergestellt. Ausgelassenes oder Fehlendes ergänzt, oder die bisher verkannte strophische Einlheilung zum ersten Male consequent durchgeführt, oder endlich das für sich stehende ausgeschieden, getrenntes Zusammengehöriges verbunden und die Gesammtheit der Lieder in eine, wenn auch vielleicht nicht unanfechtbare doch meinen Zwecken dienende Ordnung gebracht ward. Dabei wurden jedem Gedichte die Lesarten der Handschrift und wo es nöthig schien, Anmerkungen hinzugefügt; der Schreib- weise der Handschriften gl'ubte ich auch in ihren Eigenheiten, wie z. B. im Gebrauche des uo nicht blos für ö, sondern auch für o folgen zu sollen. So vertraue ich denn, dass diese Sammlung von Leichen, Liedern und Sprüchen mit Liebe begonnen, nicht ohne Mühe zu Stande gebracht, von Kennern und Freunden älterer cechi- scher Literatur nicht unfreundlich aufgenommen, dass sie möglicher Weise willkommen geheissen werde, weil sie, mögen sich in ihr auch verzeihliche Lücken finden, die erste Gesammtsammlung von kritischerem Gesichtspuncte aus ist. Schliesslich habe ich noch den Herren Peter Ritter von Chlu- mecky, W. Wattenbach und J. J. Hanns meinen wärmsten Dank für ihre Unterstützung und Theilnahme zu sagen ; dem erstercn insbe- sondere für die gewohnte Freundlichkeit und Liberalität, mit wel- chem er mir alles BetretTende aus den Sammlungen des ihm unter- stehenden mährischen Landesarchives mittheilte und Neues beizu- scluiffen suchte; den beiden letzteren für die mühevolle Güte, mit welcher sie mir eigenhändige genaue Abschriften der Breslauer und der Prager Universitätsbibliotheken besorgten. Ihnen kommt ein wesentlicher Theil des etwaigen Verdienstes meiner Arbeit zu. 6C4 J- F e i f a I i k Beilagen. Leiche, Lieder and Sprüche. I. Cancio de rege Wladislao, Vngarie rege. Od bozieho narozenie po tisi'c let, po tri stech po tfideeti ipo ctyfech iihersky kral kral Vladislav na pohany vojsko sebral. 5 I pribral se na pohane az do more, tu kdez pohane lezicchu velmi silne, i pocal se jest modliti panu buohu velmi pilne. 'Hospodine vsemohüei, pomiluj ny, 10 rac nam dati sviteziti nad pohany, at nedeji chlubüei se: pfemohli jsme nad krestany. Ku pomoci poprosi'me buozie matky, at nam raci uprositi na defatku, 15 bychom mohli porazili ty pohany na poeätku. 1 my poprosi'me vsechnych svatjeh, af nam räei uprositi na ne take, byehoni mohli poraziti 20 ty pohany vzdy proklete.' I ])okrikl jest na sve vojsko velmi tise 'etni rytieri i panose v teto n'si, pomni kazdy na svoji oest. a bijme sc pro Jezi'se ! ' i Allcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. uii.l XV. Jahih. 665 Vsiekni päni privolili k jeho slovu, 25 ctni ryticic i panose vsechni spolu, jak najnicnsi fak najvetsi, ooz jich bylo ve vsem sboru. Vytocil sc kral Vladislav s svoji moci. mnoho lisic set pohanöv tu porazil; 30 mily buozc, pozdrav jeho, poprej jemu clncj manzelky, A( i\ ona vzdy rodila kräsne syny, jehoz by nam lu ceskü zenii bräiiili, spravedlivost, kiesfansky rad 35 po vsem svetc rozplodili. V ten i'itery po svatem Martine bylo, jehoz sc jest vclike pobif ie stalo mczi ciesaiem pohanskym a mezi krälem uherskym. 40 Vseckni piini verne stall vedlc kräie, neb se bili pfes cely den tak vebiii, pocinajice od jilra, az je zasia velikä tma. Vse pobitle obdrzal jest kräl Vladislav, 45 anebo jest do same noci na placu stal, az se posledni pohane rozpudili kto vedel kam. A V tom boji urazen kräl na svoji tvär, kterä riina jemu chväla bud' pied kralmi, 50 neb jest statecne bojoval jako ctiiy rek mczi päny. A V tom boji zabynul jest Belthcrys pän, ktery jest drzal korühev dedicny pün: mily boze, rac posaditi 55 dusi jeho v nebesich sam. Tut jsü take zahynuli biskupi dva, neb jsü statccnii honiii jako Ivi dva; jeden byl biskup uhersky a druhy byl varadinsky. 60 Mnoho jinc ctni' druziny tu jich seslo, neb jsü bojovali pro to drahe heslo, pro Jezise, jemu chväla bud' na veky jemu danä. (^g(3 J. F e if rt I i k (55 Mnoho jiiie eine druziny tu jioh seslo, mily boze odpiisf jim jich viny, rac Jim dati kralovati vseoky casy s tebü. Amen. = B f'ol. 9G'' — 9S". Dil SS in der ersten Strophe dieses merk- würdigen Liedes oder seqtienzartigen Gesanges die Jahreszahl 1334 irrig ist, ergibt sieh schon aus dem Umstände, dass damals in Ungern kein König Wladislaw herrschte; im Gegentheile scheint manches darauf hinzuweisen, dass toir es mit einem Liede auf die unglückliche Schlacht hei Varna 1444 zu thun haben. Freilich wird hier der Dinstag nach St. Martin als Tag der Schlacht bezeichnet, während die Varnaer Schlacht auf den Mar- tinsabend selbst fiel; der König steht bis zum Abend im Felde, aber er wird nicht getödtet; auf der andern Seite aber wird erzählt, dass eine grosse Menge Volks, darunter die Bischöfe von Erlau und Grosswardein fallen; und in dem Register auf der innern Seite des cordern Deckels wird dieses Lied ausdrücklich unter der Aufschrift angeführt Caneio de wladislao contra paganos pugriiinte occiso. Es scheint dasselbe daher unmittelbar in jener Zeit entstanden zu sein, wo die ersten noch unsicheren Nachrich- ten iwn der geschlagenen Schlacht nach Böhmen kamen. — 4 la- diflaw B ; das w ist von etwas späterer Hand vorgesetzt. — 13 popi-olTime B. — IT poprofime B. — 22 rziffij B. — 29 ladlflaw J5. _ 46 noczij B. — 53 belllie ryfs B. II. Tuto se pociiiä piesen o Steinbeikovi. Racte posli'ichati, co väm chci spievati, cot se- slalo daviio v nieste Melniku : scbrali se päni spolumeslene. A tut jsi'i se spolu pilne ladili, a a o Steniberkovi zradu sklädali, a kterak by Stembeika zivota zbavili. A kdyz jsii se spolu pilni- radili, inhed Slemberkovi pfed se kazali: 'a poslüehaj Slemboiku, co n)luvi päiii. 10 A raciz posli'ichati, mily Stemberku, CO pravie päni inesceiic z Melniku, a ohcesli ei 39 abermals Wersiis, ebe7i so dann vor 48. 56 und 59; in der driften Strophe steht nur mehr vor 65 Wersiis. C bezeichnet nach Bocek's Abschrift Zeile 1 1 (den Stropluis von B) mit Versus, Z. 1 7 mit Strofiis, Z. 28 {welche nebst 29 und 30 in C vor 25—27 steht) mit Somitonus. Übrigens steht in C über der ersten Zeile die Sing- weise, welche mir jedoch mitzutheilen leider unmöglich ist. — Die Überschrift des Gedichtes fehlt in C. — l Vgl. zu diesem Verse Zeile 3 in dem Gedichte Smrt (Starob, Sklad. 3, 97): tat' mne radost vse ostävä. — 2 me ß. — 3 wtuzebnofti w krwi B. — 6 filnie C. ftrziele B. — 7 vplamene B. bydiimt wtuzebne nemoczi C. — 8 Moy ziwotek C. nemolia BC. — 10 tot mye kto v filnie nuti C — 11 wekrwi plawa B. — 12 i] a C. — 13 zadna na twe C. moz C. — 14 JätJ at 5. — 15 wteto t. C. — 16 kdyz fie neraczifs zadna fmilowati C. — 17 mne C. kdyz C. zpomenu B. — 18 ze C — 20 zalostive] tiezku tuhu C. — 22 smiitka] tuhi C. — 24 aeb] a C. — 28 bis 30 stehen in C vor 25 bis 27. — 26 p. mne panny a wffiecbny pani C. — 27 zet C. — 28 wiebodie B. — 29 gmat naykraffj wme s. w. C. — 30 meyt ona mladofti zaioftiwie ffkodi C. — 31 kdyz sie mila neraczifs fmilowati nademnu C. — 32 Byt a sem] wffem B. — 33 genzbi C. — 34 Mieltbicb C. — 36 Jakoz- to B. Jakoz C. niti C. — 38 zhorzit w ohni w f. m. C. — 39 Takez ma mila zaduczi C. — 40 borziczi C. — 41 v srdci nieJi] frdcze pali C. nietie B. = 42 zmei C jenz] gyz C. — 43 a fehlt B. — 44 zlyeb] zie B. nyzadne v C. — 45 ji/j] genzt B. Mei miadosti gyz nosim na vtrobie C. — 46 a fehlt in B. — 47 zadna naykraffi pro tut mi geft vmrzili C. — 49 pro zadnu inu ß. — 50 (am Icbu B. nie] gyz C. — 51 juz fehlt C. negmä C nikdyj fmutny C. — 52 Tot me neffcziefti aeb moy brzielTny ofude C. — 54 ten w zalofti pobii.ie C. ~ 55 wfwem IVdczi zadna protie gmä wfrdczi tiezffke mifflenie C. — 56 nogmam 6'. — 57 wlTiecbno C. — 58 karbi.nculus zalTier B. zafir C. — 59 kvietie] wieczy B. kwiti C. _ 60 pycz ruoy kwielie B. ~~ Oi zet mi cbcze zmilitka ziwot odgiti C. — 62 Smihig fie pani nademnu C. — 63 waffny ma miewa B. — 64 obralij olirziewa B. — 65 zabi-ieva] miewa B. — 66 dawt B. dat C. v tu svetlost] wfluncze B. — 67 kterez zyafna bledieti iiemoz C. — 67 zadiie fobio nicz ncfpomoz C. — 68 ynbed C. — 70 Takimt C. — 71 niz C, — 72 mne B. ftnieb geft zet mi (330 ■'- )^ e > f » > > li ziwot strati C. — 73 — 75 folgen in C erst nach 76—78. — 73 mäj y C. radost BC. — 74 y svvietlost BC. — 75 gimz ma nay- krassi switi mosim tuziti C. — 76 lekat sie C. — 78 yakozto B yakzto orel spadne tut gest strach wziti C. — 79 Jakzto lew koli kdyz s. h. zupi C. — 80 wikupi C. — 81 yhnedt B ynhed C. odstupi C. — 82 Takez ya lekom sie smrti zadagie proml. C. — 83 — 86 si?id offenbar verderbt, wie scho?i das gestörte Rcrniverhältniss zeigt; vielleicht ist, was ich jedoch mit jedem Vorbehalte gesagt habeti will, zu lesen: Labuf spievä umieraje divny ptak; take ja sinutny zäk amru v tühäch spievaje pak (vsak), pro mü milü, ac mi nepfeje smilovanie; Zeile 86 scheint durch Einfluss des Refrains der einzelnen Stro- phen verdorben zu sein. — 83 zpiewate B. spiewa C. — 84 takez C. zäk] pak C. — 86 pro swu milu kdyz C. — 87 Ach awech m. m. kteraks mne omdlela C. — 88 jeste] gistie C. mne C. — 90 ruoze zaduczi C. — 91 gyz me tielo dawagi C. — 92 dussy mu porucziegy bohu mile v B alle dussi poruczim mille v Bohu C. — 93 acz mne neraczyss zivvoty B kdyz sie zadna nesmilugess C. Die Verse 31. 62 und 93, also die letzte Zeile jeder Strophe, die Conclusio wie sie B nennt, werden in der ursprünglichen Fassimg ivohl gleich ge- lautet und also eine Art Refrain gebildet haben; man darf sie vielleicht verbessern : Ac se zädna neraci smilovati, oder vielleicht noch näher dem Originale: Ac se zadnä neräci smilovati nade mnü. IX. Laska s vierü i se vsi ctnosti ze vsech vyborna, tve inilosti z nieho srdce bud' vzkäzana, a tobe napred posluna. 5 Rac vedeti, vsech najkrassi, meho srdce najmiiejsi, sein tvuoj vei*ny sluha cele, dokudz jest duse v mein tele. Hiejit s vierü tobe jako sobe, *ö tot jii nynie pravini tobe, a vzdyf take prieti nuisi, a s tii pri iimiieti slusi. AltcecliisL'he Leiche, Lieder und S|)riithe des XIY. und XV. Jahrh. (JS 1 Frotoz, inilä, pomni na to, iet jest drazsie viera nezii zlato, rai' me s vieni milovati 1»^ a nade mni'i nezüfati. Pakli by toho neucinila, velmi by me srdce ranila, nebt jest v tobe ma nadeje, po tobe se nie srdce smeje. 20 Ty si nie utesenie, tobet we stu rovne nenie, ty si panie prezädüci, meho srdce ruoze stkvüci. Po tobet nie srdecko vzdyehä 25 a V tesknosti usycha, taket stoji v tve niilosti, a mät sniutku prielis dosti. Pro to smutne rozlücenie, ze s tebii byti Ize nenie. 30 tys take pän srdce meho, uslys V prosbe sliihu sveho. Taket mile prosi'm za to, nerac dbati pro nie na to, jeste prosim, srdce mile, 35 nerac dbati na reci Istive. 0 panno srdecna, boday byla dinhovecnä. cos pocala, rac konati, 40 A rac V prave läsce prebyvati, a mü vieru k sobe znamenati. nebf ja mienim mieti k tobe s vernü vieru jako k sobe. A nie jinak, panie milä, 45 jako by nii vosobne v meni srdci byla, duset bych chtel udeliti, bych to mohl uciniti. Acb mä panno jedinä, sfastnät jest byla ta hodina, bO kdyz scni se s tebü oznamil a castokrät s tcbi'i niluvil, Neb tve promluvenie jest meho srdee utesenie: take kdyz seni s tebü sedel, 55 tesknosti sem zädne nemel. Jiz pak po toni rozlücenie 682 ,T. Fe.fal.k te hodinky sttistne nenie, bycli kdy inoh] utesenie niieti, 60 a sve srdce iikojili. Ale dosti nuim tcsknosli, mohly by na mne rozi zrosti. zef mi s tebü nenie byti a s tebü se veseliti. 65 Piütoz neziifaj sobe mihi, bodaj mi bylü dliilio ziva, i zpomcn na vernelio sluhu sveho, a rküc mily nestyst sobe mnoho'. Chcli na tom dosti mieti, 70 a chcif s vieni prieti. dajz to, boze vecny kiäli, bychme se vzdy milovaü. A po smrti rac nam däti bycbom mohli s tebü pi-ebyvaH 7d ^u vecne radosti. uchovaj n;is, boze, vsie zalosli Daj odpoved dobrotive, ucin se mnü milostive, ja sluzebnik tvöj verny 80 tobe po vse casy poddany. Bild' te tento list dän, jenz jest mebo srdce pan; pakli se ktere jine dostane, toi se bez me vuole stanc. Finis Episfole. ■= A Fol. 141" — 141''; mit Auslassung von zwei Zeilen ab- f/edruckt durch Hanka im Gas. c. mus. 1839, S. 16 — 18. Das ganze zerfällt wahrscheinlich in vierzeilige Strophen, deren An- fang ich durch grosse Buchstaben angezeigt habe; in diesem Falle muss, was übrigens offenbar ist, angenommen iverden, dass nach Z. 38 ein Vers ausfiel, irozu den Abschreiber der gleiche Reim der folgenden Zeilen verleitete. Das Gedicht ist einer jener Liebes- briefe, worin sich die Verbundenen ihre Gefühle aussprachen, und welche im Mittelalter nicht selten waren und auch noch heute in gedruckter Form bei der niederen Bevölkerung nicht ausser Gebrauch gekommen sind. Vgl. Sechs Briete und ein Leicli nebst einigen Bemerkungen iil)ei' die Frauenliebe im Mittelalter von Lud- wig Etlnuiller in den Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Zürich 1844, lid. 2, S. 07—114; Minnebriet' in rym Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jiilirh. 683 vau de XIV" eeiiw, met aenteekeiiingen van .1. F. Wüleiiis im Bel- ffisch museiim, Bd. 4, S. 222 — 224. Von deutschen gedruckten Liebesbriefen aus neuerer Zeit vgl. den Liebeshiict eines .«^chwä- hischen Laiidmadohcns in Gräter s Bragur I (179]), 28o f. und darnach im Wunderhorn 4. 117 /: {rgt. Wunderh. 2, 55. 57): den Hulerbnef nach einer sch/esischen Handschrift im Wunderh. 4, HS — 12(1 und den Liebesbrief, ungefähr \1^^ gedruckt gleich- falls im Wunderh. 4, 121 — 125, wozu noch die Weimarer Jahrb. 2, 23() /f. zu nehmen .ydli spolii milj'ch dve: Vscmohüci j)ane boze, S raciz jich obü byti straze. Od vychodu slunce vetrik vejc a pfes hory, pros doly sc chvejc, Lesni jek, zvuk, lom se tisi, zver nsdipä, plactvo krici, 10 Znamcnajic, nkazujic, zet noc odstupiijc pryc. 684 J. F e i f a I i k Vysoko jest zesla denice jasnä, dalekof jest v piano odesla, IS Kvapi'c, pospicFiajic od hör; vse stvorenie i lidsky sbor, Nespi a flitie vzhiioni vstati: cas näma, niilii, rozzehnati'. Snnili se srdce te mej milej panie, 20 kdyz vstavsi uzrela svitanie; Ach', vcce, 'radosti ma, kterak svä tak dliiho spala: Pospes vstati, radosti ma, n( naji haiiba nepotkä. 25 Hyn, svetly den, tot ja celc znaji, nebesat se z jasna modraji, Zafe slunecnä vychodi, za te< se srdecko me boji: Vsemohi'ici pane hoze, 30 raeiz naji byli obü sträze. Najniilpjsi, piijmi naucenie me, kdyz si s milü svü, doufaj mysli sve, Ai se neznienie tvä i mä radost pro zleho klevetnika zlost: 3ä Zädnyf nevie, cozton minie, , slusi'f näma byti v ostrihanie. Klevetnik s kazdym pekne v uoci jest a V srdci vsecka zla falesnä lest; Chtelbyoh hy panny i panie 40 klevetnika V mrzkost mely; A tof hy hyl tovafis möj, ktozby mel s takovym v srdci nepokoj. Nebt nenic v svete zadnej tezsi veci nez klevetnika se vystrieci: 45 Neb jest pekne s tebu spfedu a jako had stipe s zadu, Jenz mä icc sladkii jako med a V srdci jako lity jed'. Mily hoze, nedaj jim prospeehu 50 ktoz tak mijym rusi iiteehu, Ach tiem srdce jeho vadne; kdez tech dve milych spolu bydle, Vsemohüci pane hoze, raciz jieli byti obi'i sträze!' Altcechische Leiche, Lieder und Siniiche des XIV. und XV'. Jalirh. 683 = A fol. löS"" — li>6'\: auch steht das Lied als erstes in C, jedoch in so abweichender Gestalt, dass ich es geralhen finde es in dieser Fassung unten vollständig mitzntheilen ; nach A ist das- selbe abgedruckt von Hanka im Gas. c. m. 1838, S. 29K f. — l kteraks smi A. — 7 veje] powieguge A. — 8 Diese offenbar bessere Lesart ist aus C ; A liest przeshoi'y dma horami sie chwie- ge. — 16 stwoi'zeriy A. — 18 rozehiiati A. — 19 pauie A, paiine fehlerhaft bei Hanka. — 25 — 30 folgen in A erst nach 36; die hier vorgenommene Umstellung der zwei Strophen fordert jedoch der Sinn und der Zusammenhang dringend. Aufmerksam unll ich auch machen auf die Regelmässigkeit , mit welcher in dieser Gestalt die Verse Vsemohüci pane boze, raciz jich byti obii sträze, mit geringer Abweichung am Schlüsse der ersten, fünften und letzten Strophe, also zu Anfang, in der Mitte und am Ende des Liedes, und zwar gewiss beabsichtigt wiederkehren. — 28 me fehlt bei Hanka. — 30 Dieser Vers fehlt in A, seine Ergänzung ist im- zweifelhaft richtig, iiaji] näs Hanka. — 31 NayrnileilTi braehku przigmi n. me A. — 35 minie A. — 38 zlä fehlt bei Hanka. lest] rzecz A. — 42 pokoj Hanka. — 44 vvistrziezi A. — 46 sstipe zadu A. — 53 pane boze ist in A irrig iviederholt. — Die Fassung von C nun lautet folgendermassen : MiLY jasny dni, procs tak ukvapil, zes ml meho klevetnicka zbiidil ; A den sve ustavenie jmii tu kdez milych dve pfebyva: Vsemohüci boze, niily boze, 5 rac jich byti obii spiiolu sträze! Od vychodii slunce vetricek veje a pres hory, pies doly se chveje, Horyt jeci, lom se tisi, ptactvo kfici, zvef pospiesi, 10 Obadaje, znamenaje, ze< mä noc od näs odstüpiti (^sic). Vyslaf jest kräsnä dennice jasnä, dalekot ini v piano vysla. Tat nii pospiechäse od hör, 15 vseckno stvorenie, lidsky sbor Sitzl). d. pliil.-liist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 45 ggg J. F e i f a I i k Znamenaje vzhüoru vstati: cas< se nama, mila, pozehnati. Jasny se näm den ukazuje. 20 nebesat sü se zamodraly, Slunecnä zafe vychodi; po nemf me me srdce boli, Po tom najmiiejsiem piinu, [brachku niilyj, bychva se my dva spolu objala. 25 Vyslat jest krasnä slicnä panie, uzaslat ze videla svietanie: 'Proc sva tak dliiho spala!' zarmiitilot se srdce jejie: 'Vstaniz vzhuorii, [choti inily], radosti mä, 30 byt se nam zädna hanba nestala. Najmilejsi, poslechni rady me a uniysliz ty pevne mysli sve, Byf se näm nezrusila milost pro toho klevelnika zlosl; 3S Zädnyf nevie cot on mienie, slusi't se nam jeho vyslriehali (sic). V ocit klevetiu'k s kazdym dobre jest, niät na svem srdci falesnü lest; Budiz muz nebli zena, 40 byt jej kazdä V mrzkosti mela! Byltby kazdy tovarys möj, iikratiltby v mem srdci nepokoj. Ktozt rusi milych dve ülechu, nedajz jemii böh toho prospechu! 45 Po niemt me me srdce boli, po tom najmilejsi'm pänu: Vsemohiici pane boze, mily boze, raciz byti obü naji slräze!' So sehr auch diese Fassung durch allerhand Verderbnisse, durch fehlende Reime, durch Zusätze des Schreibers, deren auf- fallen dst ich in Klammern [] gesetzt habe, verunstaltet ist, so bietet sie doch noch hie und da Lesarten, welche jenen von A ivohl vorzuziehen sind; so u-ird vielleicht Vers 10 statt des gleichen in Ä zu setzen sein and auch Vers 42 dünkt mir besser als Zeile 42 von A. — 1 vchwapil C. — 13 krafim Jalna deiiiiice C. — 25 pani C. — 40 bit gei kazda mrzkoft gmiela C. — 43 vtiechu inillich dwe Altcechische Leiche, Lieder mid Sprüche des XIV. und XV. Jahih. ß87 C. — 44 statt jemu hat Bocck gen gelesen; in der Handschrift wird wohl ge" stehen. XI. Cancio de Amore. Ractez posliichati, panny i panie, co< värn chci spievati nove skladanie. Mamt ja jednu panie, S tki s vierü slüzim : pro nit V tühäch vadnu, sve srdce mofi'm. Ji't k Jibosti sklädäm toto spievänie, 10 svym srdcem nevlädnu pro milovunie. Radim to kazdemu se vsi' pilnosti : kto chce zdravi svemu. IS varuj se milosti. Milost jine nenie nezii smrt druha, krätke utesenie a vecnä tüha. 20 Ktoz nezna milosti, zdaf se jeinu klain; kohoz buoh nesprosti, skusi't ten toho säm. Ach tezkä milosti, 2S CO ty inäs moei : das tuzenie dosti ve dne i v noci. Pakli toho neucinis, mne hrdia zbavis; 30 po mne trvati nebudes, brzo zahynes. Kohoz milost svieze, V tiihäch opiyne: pane boze bud' ho sliiize, 35 a< nezahyne. 45^ 688 J. F e i f a 1 i k Ktoz milosti sliizi mät tezkii holest, ustavicne luzie, 40 säm nevie co jest. Zbudet vseho smysla i vseho zdravie, ma( psoty bez ci'sla, jakoz müdri pravie. 45 Za najvetsi veci jmät' V srdci milü, ztrati't k jiedlu zadost, pamet i silu. Imat nesmiernü peci, SO »i by s ni'm byla; nenriaf jine reci nez auvech, iTiä milä!* Jakoz mi se stalo, md mila, pro te: SS byväm vesel malo, jsa V mnohe psote. Jät radostne cekäm tveho smilovänie; ale se hrozne lekam 60 tveho rozüfdnie. Kdyz ty koli racis, ty me utesis; kdyz rai svü pfiezen zracis, me smutku zbavis. 6S Odtusiz mi prave, mily pane inöj, vsie tesknosti zbav me, srdee me ukoj. Odplaliz mi se milä, '" svü vernü milosti; bohdaj s Kristem byla u vecne radosti. = A fol. 145"— 145^ Palachj im Cas. c. m. 1827, Heft 4, S. 6 — 7. — 5 panij A. — 8 marzirn A, über dem a steht o ntid dann über dem ganzen Worte muczym. — Nach 12 fügt Palacky irrig die erste Strophe von Nr. XIII ein. — 17 — 20 vergleiche Altcechisclie Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrli. GS9 Nr. LXXXV. — 21 — 32 sind von Palackij ausgelassen. — 21 Ktoz milosti nezna A, der Reim fordert die Umstellung. — 24 ten in A über der Zeile geschrieben. — 41 — 44 fehlt bei Palacky. — 46 milüst A, die Besserung mihi ist von Palacky. — 49 peczy A, Palacky liest ialost gegen die Forderung des Reims. — 52 statt auwecli hat Palacky ach. — 53 mue Palacky. — 57 — 60 fehlen bei Palacky. — 63 ktyz A. — 64 smutku nie zb. Palacky. — 65 prawie in A statt des früheren malo über der Zeile gebessert. — 67 wffe A. — Q9— 12 fehlen bei Palacky. XII. Poznalt' jsem slicne stvofenie. jerauz V svete rovne nenie, podobnat jest ke vsie ctnosti, krasy i vsie slechetnosti. Pravim to bez pochlebnosti, B ze dobrota pri jeji ctnosti, jestif andielske postavy, kdyzt ji vidi'm , mniem bych byl v raji. Mohuf to feci eele, ze jsta dve srdci v jednom tele, 10 muozeta spolü prebyvati a ve eti se milovati. Jestet viece pravim k tomu, kteraz s vierü preje komu, jmaf niieti mnohe myslenie IS u viere bez pochybenie. Nebt se ta rec ke mne mi'ni, ufam zet mi tolio nepronieni: cheit bydliti k jeji moci, zdalit mi raci zpomoci. 20 Mne smutnemu tezke tühy, nejmat vernejsiho sluhy. nez mne [)odle zaslüzenie, kterejzf ja slüzim nad jine. Chcif ji s vierü nad jine slüziti, 25 byeb se mohl k ni pribliziti, k te jenz mi vesele piodi, kteräi v mej Larve ehodi. ggQ J. F e i f a 1 i k Zajiste to reci mohu, 30 z toho dekuji milemu bohu, zet roi se dal s ni poznati, kterezt ja chci milovati; Bydlitit s ni do skoncenie nade vsecliny panny i panie, 35 nebot' jest duostojnä toho, cti, kräsy ma pinelis ninobo. V modrejf jsem ji barve poznal, hned jsem se ji v sluzbu pi'ikaza] te mile kräsne panie, 40 i'dt ji slüzi'm bez prestänie. Kdyzt jit budu jmieti umriti, tepru chci odpustenie vziti od te mile slicne pani, jenz ji slüzim z dävne chvili. = C als Nr. 5. — 9 — 12 diese Verse stehen ebenso in Nr. XXIX, 5 — 8.-34 panij C, eben so 39 nnd 43. — Zu Vers 28 und 37 vgl. das Lied unter Nr. XIV, Zeile 3, wo gleichfalls des blauen Kleides der Geliebten Erwähnung gethan ist; aus dem Liede von der Bedeutung der Farben Nr. XX, Z. 7 geht hervor, dass diese Farbe die Beständigkeit anzeigt; ebenso deutsch: bliiwe varwe sol bi uns sin in stsetckeit lin allen pin: Anzeiger für Kunde der d. Vorzeit, 1861, Sp. 333. Vgl. auch ähn- lich Lied XV, Zeile 1 3 : Ta jenz v cernem chodi jest ma mila pani. XIII. Pro nit trpi'm mnoho na kazdü hodinu, sam buch svedoni toho, kdyzt odpocinu. ^ Nebo kazdy mlady milosti nabude, nesnadnet jie zbude, ]e(5 V hofe pobude. Tys me srdce jala ^•^ velice pfielis^ Altcecliischi» Leiche, Lieder und Sprüche des XfV. und XV. jHhih. 691 spänies mi odjala, mdlohü me kvilis. Zbav nie me tesknosti ine utesenie, popfej mi radosti 13 skrze odtusenie. Nedaj zaliyniiti V tezkej tesknosti, rac me pfivinüti, mila, k svej milosti. 20 Odtus me vernenui sluzebnikovi, odtus mne snuitnemu milovni'kovi. Odtus sveniu sluze, *3 srdeenä mihi, nedaj byti v tiize, bohdaj zdräva byla. Nedaj zahyniiti, srdecna mä mila, 30 rae me piivinüti, bohdaj zdrava byla. Rac me privinüti, ma mila, k sobe, rae mi s vieri'i pfieti, SS jako ja tobe. Uciniz zmilitka srdci polehcenie, rac mi poleheiti V • 40 skrze odtusenie. = AfoJ. 14S^-146^ an den oberen und unteren Rändern der Seite geschrieben und desshalh von Pahichj nnd Hanha zer- rissen. Z." 1-4 hat Palacki, Cas. r. m. 1827, Heft 4, 5. 7 als vierte Strophe in Nr. XI eingeschaltet, während Ilanka Z. 13-40 und darnach 5-12 ehd. 1838, S. 301 in einem Gemengsei von allerlei Sprüchen mü abdrucken Hess, natürlich ohne Erkenntniss der strophischen Form. - jie A. - 10 velice fehlt bei Ilanka, przilifs ^. - tl spa.iis A. 13 Vor dieser Zeile steht w' = versus, wodurch tvahrscheinlich IJanka veranlasst tvard, hier ein neues Lied zu beginnen. — 21 miie Hanka. QQ2 J. F e i f a I i k XIV. SLUNCE stkvücie tot jiz svieti; me srdecko ktve jako v kviesti po te jesto V modrem chodi, memu srdci radost plodi. g Anjelskehot jest zezrenie, rozkosnehot jest stvorenie, presfastne jejie narozenie ; bjt pomnela na me verne sliizenie! Slusiet' take krasne slüziti, 10 nad jin^ ji chväliti : neb ona muoz utesiti, oehotne slovce promluviti. A rküc "muoj mily, pravi'm tobe, vsak mäs me srdce vzdy pri sobe; 15 jinak toho nepromenim, radejset ja smrt podstüpim. Z tohot dekuji tve milosti, zbavilas me vsie tesknosti, meho tezkeho myslenie, 20 zes me srdce propustila z vezenie. Tot ja pravim kazdemu, bud' mlademu neb staremu : varuj se zenske milosti, neb sü srdecne bolesti. 25 Jat jinak reei nemohu, z tohot dekuji pänu bohu. nebt jest ten dar od neho dan; budiz pochvälen ten nebesky pan. Amen. = A fol. 140'' - U0^ vgl Cas. c. m. 1839, 5. 17 f., wo das Lied in drei Stücke zerrissen ist; Hanha vermuthet nämlich irri- ger Weise bei Z. 9 tmd bei Z. 21 den Anfang neuer Lieder, wo- gegen der Zusammenhang und der gleiche Bau sümmtlicher Stro- phen sprechen. — 1 stkwucze A. — 2 tkve Hanka. — 5 anjel- sk^ho Ä. — 6 rozkosneho ^. — 9 Sluffet A, — 15 nepomenim H.— 16 i'ittlyeyffet A. ra dejsi et' if. — nach 17 hat A. yako panu, was auch II. irrig beibehält und in den Anfang der nächsten Zeile stellt. — 18 mne H. wffe A. — 25 rzeczy A. rieoi H. 10 15 Alt^echische Leiche Lieder, und Sprüche des XIV. und XV. UUvh. 693 XV. jizt' vesele vzddvam, smutek ja prijimam, nebt ini jest rozkazal miioj milostivy pän, jehoz chci poslüchati, räd jejie milosti. na tom svete ziv byti vzdy k jejie libosti. Pro mü najmilejsi, kten'if ja v srdci mäm, 5 pro jejie nevidiinie v tesknosti pi-ebyvam, miluje ji verne, vice nezli se säm, pro ni sve srdecko v tuzenie poddaväm. Byt mi to buch scestie dal, bych ji mohl vi'dati, 0 sve tajne veci räd s ni rozraluviti, vuoli srdce sveho ji povedieti, chcif jejie milosti nad jine slüziti. Ta jenz v cernem chodi, jest ma milä panie, onat svym veselim me srdecko rani, s nit chci v smutku byti opüste vesele, s nit chci v tom trvati do vuole te panie. Neb miluje mi s ni smutek nez s jinü vesele, kteryz jest odjal radost od te krasne panie, s ni chci v tom trvati rad s jeji milosti, jejie tovai-is byti verny bez promeny. Az ta kräsna panie prijme utesenie, zalostnemu smutku da odpustenie, taket mi to zjevi, smutnemu k zaiosti, pro ni vzdycky trpim smutek bez radosti. Ach muoj mily boze, zel se tobe toho, takeho ki-estanka zet ma smutku mnoho : raciz ji obratiti smutek u vesele, tezke zaiosti zbyti, v radost promeniti. Hned bych s dobru mysli jel k te krasne panie, nebot sem v davnosti v jejiem rozkäzanie; nemohlot mi lepe byti, nez kdyz sem byl pri ni, anot mi zavidie slüziti te krasne panie. = B fol. 407"— 408\ Vorerst seien mir einige Bemerkungen über Eigenheiten der Orthographie gestattet, durch welche sich die Niederschrift gerade dieses Liedes von den anderen Gedichten, in welchen die im U. Jahrhunderte gewöhnliche Schreibung vor- herrscht, gestattet, zz steht nämlich sehr hänfig für z: Kcho/.z a, nezzli T.'wtuzzenie 8. genzz 13, nezz 17. ktery/.z 18, Azz 'il. ao 25 30 094 J- F ei f al i k zzalostfiemu 22, bozze zzel 2S, zzet 26, raczizz 27, tiezzke zzalosti 28, nezz kdyzz 31, sluzziti 32; anstatt i wird tt geschrieben: ßitt 9, onatt 14, nebott 30, nemoblott 31, anott 32; imd ziveimal findet sich ee für das (jedehnte e: weffelee 15, tee 16, — 9 zcze- ftie B. — 13 paiii B, ebenso 29 und 31. — 17 milugie B; die Redensart miliije se mi smutek mit dem Dativ ist ganz analog dem mhd. mir liebet, mir geliebet ein diiie. — 20 gege B. — 21 pany B\ przime B. — 23 zewi B. XVI. w' PRECEKAJE vse zlc stfdze puojdut k mile, lirdlo vaze ; svuoj kuon puslnn po dübrave, sam s nie sedu rozmiüvaje. 5 w' Tiemspievaniem, tiem voläuiem iihudich tu kräsnü panie; kdyz sej ze sna probudila, ke mne mile promluvüa. w* A fküc 'brachku, cas jest vstati, 10 skuorof bilde jiz svitati, den se bli'zi', ten ja znaji, vse zle siräze vzhuoru vstävaji". w' Jiz piiiokove vzliuoru vsfali, vzhuoru vstavse zaspievali, 15 zaspievavse pryc leteli, mne smutneho zde necbali. \v' Rozlücenie mezi nama, klevetnickom radost dana: protoz, mila', budVaz venia. 20 zadny zly sok mezi näma. w' 'Noei mila, proos tak dliiha, po mein milem jest mi tüha, ze mi s nim nelze mluviti, koniu se inärn utesiti?' 25 \\ Jiz ine srdce bydii v sirasti, V smutku, V tüzebne zalosti, to vse eini nebyvanie u te najmiiejsi' panie. 30 \lily boze, nedaj dlüze po ine mile byti v tüze! Alt eecliische Leiche, Liedel und Sprüche des XIV. iiinl XV. Jahrh. 695 'Bracliku niily. neslyst sobe, nad jine chci prieti tobe.' E( sie est fiiiis. = A fol. 104"— lö4'-, Palackij im Cas. c. m. i827, Heß 4. S. S f. mid darnach der Vybor 2, 639, 7—640, 31. — 3 piintym A. — ^ wolanym A. — 12 zle fehlt beiPalacky. — 13 zluiorii A. — 14 zazpiwali A. — 16 iimye A. — 21 Noczij ni. procz t. d. A. — 23 sny A. — 26 zaiosti ändert der Vybor vnnöthiger Weise in napasti. XVII. jiz, tak vymysleny kvet jako ruoze prokvita; kdez ta ruoze prokvita', odtud memu srdoi svita. Protoz, milä radosti, i me mile uteseuie, weziz zet jiz od tve milosfi me vseeko pomysleni e. 10 Act sem nesmel povedieti, ostydaje se tve niilosti, protoz, uiilil, rae vedeti, zet' sein tviioj vzdy v uostavnosti. Mnohokrät lidcm k libosti einim dobrü invsl sobe, • ,., ac mi to na inysli nenie, tohof cliovaiii pri sobe. Ach nestastnä zaiosti, bych te vedei koniu d;iti : jiz tobe mum piielis dosti, oq iijalas me k sve libosti. Zaiosti, mnis by moc mela, ze me vzdy ehees umoiiti: byf jedinä paiii räcila, tat mi to muoz zrusiti. Ale onat snad tomu nida jesl. ze ja smutny po ni tüzi'm; dnes to beru na svii vieru, zet ji' nade vsecky slüzi'm. -^ A foI. 152' — 153"; IJanka im Cas. c. w. 1838. S. 30G /:, wo mit Zeile 17 ein neues Lied begonnen wird, leelches denn auch ß9ß J. F e if a I i k 171 dieser Form im Vybor 2, 641, I — 13 steht. —2,3 proquyta A. — 8 inoje Hanka. — 10 Ostydege A. — 20 mne Hanka. — 22 mne Hanka. XVIII. DETRIMENTUM püClOr nynie i v kiizdem casu, nsque ad mortem qtuicior vse pro jejie krasu. * Regitur mmc racio vse podle jejie vuole, obnixu turbacio, jakzto mec srdee kuole, Nam ejus obsencia '" me smutneho pali, 0 felix essencia, kazdy tvü kräsu chväli'. 15 20 25 30 Velud salis radins zrakem srdce proji'inä, emiuens ut gladius tüha ine projimä. Cell sub cacumine nelze krassie tväri, zodiaco fitlmine, rovnä slunecne zäri. Velud solis radius zrakem srdce proji'ma. eminetis ut gladius tüha me projimä. Electa cordi tJuica, nedaj mi zahynüti, tna ut sunt punica, (lihüt chci vzplanüti. Careo hoc famine, hyeh mohl vse vypraviti rale in dei nomine, ten te rae uzdraviti! = D, auf dem ersten Pergamentrorsatzblatte geschrieben ; herumgegeben von Hanka im Cas. c. m. 1829, Heft 1 . S. 80 und darnach im Vybor 2, 646. 8-3S. tvo als Fundort eine Museums- Altcechisohe Leii'lie, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .lalirli 69T hnndschrift aus dem IS. Jahrhundert angegeben ivird — 4 gegy D. — 6 gegye D. — 6, 8 vole: kole Hanka. — 7 Allerliebst ist die Lesung dieser Zeile durch Ilanka, er hat nämlich ol)jux;\tui* batio; sonderbarer Weise steht diese Lesart, welche sich mit dem Lateinischen schwer wird vereinbaren lassen, auch im Vybor. — 16 tiiha me ach podjimä Hanka, ebenso Z. 24. — 22 Statt dieser Zeile steht in D blas ut supra, ebenso ist Z. 24 in der Handschrift nicht ausgeschrieben. — 2ö cordis Hanka. XIX. TAJNÄ zalost pri mne bydli, kdyzf mi jie nelze vi'dati: zlef bude acf se to prodli, nebuduT u nie byvati. Bych pobyl u nie do roka, 5 zbyl bych smutka i vsie nüze, netbal bych na zieho soka; nechiijzt bydli' ktoz chce v tüze. Nepanieti iki se lekäm, byf inne ke skode netähla: 10 rac poninieti, za tot prosim, fys mocne v me srdce sähla. Jäf pomni'm jedinke sloTo, tof nii piislo k utesenie, za sto let V mem srdci novo, 15 potom do meho skoncenie. Srdce< se nemoz deliti, kdezf jest, tut jest vsi silii : pekna, rac uslavicna byti, ac chces sli'iti vernü mihi. 20 S sirym ockem sokoli'ku, tobet sem v tvii sluzbu poddän: najmilejsi andeh'ku, ty si meho srdecka pan. = D auf dem vorderen Pergamentvorsatzblatte ; ohne Stro- phenabtheiluug mitgetheilt durch Hanka im Cas. c. m. 1829, Heft [ , S. %\. — 2 gie /). — 6 nuzye /). — 8 kdo Ha^ika. nuzye D. — 9 Ickam] hrozim Hanka.— 10 mne /). — 18 jesti ysi Hanka. — 21 S fl'yrym D. S cernym ockem Hanka. 698 J. Feifalik XX. De Ainore mundi. Cancio de coloribtis. BARWY vsecky rostii na poli, kterez nosi zemska rol/, buoh zjednal k sve völi, CO &e to znamenä koli, 5 Modrü barvu mi'idri chväle, neb se V nicem nezkale; CO cini to vsecko stäle, protoz jest ta hodna kräle. Bielä barva dobrü nadeji mieni, 10 aie zef se snadne uspini, protoz ji mnozi vini, ze z radosti smutek cini. Seiä barva vyse sebe saha; kohoz pravä milost premähä, IS V tom nebezpecna vähaj variij se jie jako vraha. Cervena barva u niilosti hori : prava milost rovnä se k mori, ktoz ji do starosti dvofi, 20 musit byti pro ni v hori. Zelena barva jest lehke ceny, ale jest snadnä k promeneni, liba k pohledeni, brzkä take k promeneni. 25 Brunatnü barvu mnozi niaji, neb ta tajnych veci taji: ktoz pravü milost znaji, nn'idri se s tiem casto obieraji. Blankitiia barva jesti^ celä nadeje, 30 nedbaj toho kdyz se dobfe deje, tak jakz s vieni pieje, tiem smutne srdecko okreje. Cernä barva snuifek plodi, vdovskemii stavu se hodi'; 3ä koniuz zalost v srdci skodi, mnobj't clovek v ni tak chodi'. Zlutü barvu toto hanie, nebt jest hnutnä klevetänie, 699 40 Altcechische Leiche, Lieder «iiid Spiiiche des XIV. und XV. .laiiil.. nejednii pannu, panie, nebo svyni jazykem Istive rani'. Modry kvet ustavicnost zvestuje, blaze tomu komuzt ona preje, milost jejie milost jestit me utesenie. = B fol. 397^ Das Lied gehört zu den im Mittelalter so beliebten symbolischen Deutungen der Farben; eine solche, worin aber die Farben auf die Eigenschaften des Helden angewandt werden, findet sich auch im altcechischen Stillfried. — 1 getiz rüstu B. — 20 muITit B. — 39 iiruiii paiiy B. — Statt 43 und 44 hat B blos: miloft gel'tit geftit me vtielTenie etc. ; XXI. STRATiLAT* jseiTi milelio,'' V toin srdci jedineho; jmej se dobie srdecko. Stratila-IIs niileho, pohledaj sobejineho; jmej se dobre srdecko. Kdyzto nelze jiiiak zdieti, musiine se dobre jmieti. jmej se dobro srdecko. Jat se, mily, dobre jmam, na te srdeckem zpominäm. jmej se dobre srdecko. Biela ruoze prokvita, byla jmej se dobre srdecko. Natrbajme z ruoze kvet, milej.si mily nez ve.sken svet. jmej se dobre srdecko. Acb inuoj mily mocny pane boze, jinak to byti nemuozo. jmej sc (lobie srdecko. Ktoz mi o tobe co propovie, srdecko nu' velini muti. i u5j se dobre srdecko. 10 15 20 700 .1. F e i f a 1 i k 2S - Ach muoj inily, pfevelmi ziifaly, nelaks mi sliboval pred mü milii matkii. jmej se dobre srdecko. Ktoz raezi nami to manzelstvo zrusi, nesniiluj se, pane boze, nad tu diisi. 30 jmej se dobre srdecko. Böh te zehnaj, iiid panno mila, V mem si srdci sama jedinä. jmej se dobre srdecko. = A fol. 152"; von Hanhi mitgetheilt im Cns. c. m. 1838, S. 305 /: und darnach im Vijbor 2, 641. 15—33, wo aber Z. 22— 33 fehlen. — 5 Hledai Hanka. = 11 sidcem üanka. — 14 Dieser Vers fehlt, ohne dass es die Handschrift anzeigte; Hanka ergänzt höchst sentimental und kaum im Geiste alter volksmüssiger Poesie odtud memu srdci svitä; im Vybor wird vermuthet mne nadeje nesvitä. — 19 mily fehlt bei Hanka. — 22 — 24 hat Hanka aus- gelassen. — 25 mily fehlt bei Hanka. — 26 Die Zeile lautet bei Hanka »etak smi se slibovali. — 27 Diese Zeile liest Hanka pi-ed mu rnilü matkü mej : gmieg steht nämlich in A hier wie noch einige Male am Ende der Zeile als Abkürzung der vollständigen dritten Refrainzeile jeder Strophe. — 28 Hanka hat Ktoz iiam to m. z. — 29 pane lässt Hanka aus. — 31 ma lässt Hanka abermals iveg, alles ohne ein Wort darüber zu verlieren. XXII. Alia cancio. Sla dva tovafise V jedno miesto tiese, mile je piivi'tali, dobrä slova dali. 5 Dobrä slova davse dobie polozili, jednoho na ruce, druheho na lozi. Tut sta spolu hräla 10 do tfetie hodiny: 'obratiz se ke mne svym lickem cervenym'. 'Tobet neucini'm, musis pryc ode mne. Altcechisclie Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 701 jiz dennieka zchodi, 15 musi'm pryc od tebe'. 'Jizf musim od tebe s velikü zalostf; rae te buch zehnati, muoj mily pane'. 20 'Skuoro-Ii se vrätis ' na zelenü trävu?' jät se k tobe vrätim na kazdü hodinu'. = A fol. 139''. Das Lied ist in der Handschrift mit den drei nachfolgenden verbunden, welche ich als nicht dazu gehörig los- getrennt habe. Es zeichnet sich durch eigenthiimliche Frische und volksmässigen Ton aus, so dass tna?i es tvohl für ein Volkslied wird halten dürfen, wofür auch die freie Beha^idlung des Reimes spricht. Ich habe die dialogische Form oben durch Zeichen mehr hervor zu heben gesucht. Abgedruckt erschien es im Cas. c. m. 1838, iS. 464 durch Uanka ohne strophische Abtheilung. — 2 miesto H.; ich habe mich für tniesto mit Rücksicht auf Z. 22 entschieden. — Mile: Hatika liest sonderbarer Weise Hole. — 20 — 24 sind bei H. etwas in Verivirrung gerathen; überdies hält H. diese Verse schon für das Fragment eines nexien Liedes, während sie mir als nothwendiger Schluss zu dem Vorangehenden zu gehören scheinen. XXIII. Viemt' jednu dübravku, na nif ruoze roste, tak na malym prutku tri ruoze cervene. Z tech te jedne ruoze 5 vienek navija. = A fol. 139'', Cas. c. m. 1838, S. 464. Bruchstück , wie es scheint eines volksthümlichen Liedes. XXIV. V UoKENECKU stäse jakozto anjeli'k, Sitzb. d. phil.-hist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 46 702 .1. F e i f a I i k vockem na me wzhledäse jakozto sokolik. = Ä fol. 139", Cas. c. m. 1838, S. 4S4; gleichfalls nur Brnchstiick. — 1 okeiiecku Hanka, — 2 jako a, Ilanka, ebenso Z. 4. 3 ockem H. mne H. XXV. Utkal panic pannu, od milelio jdiese, dal ji dobre jitro, ona jemu take. S 'Nelekaj sie panno, na tef nepronesu, Jen piesnicku slozfm, musi's ty byti ma'. Prisel kozisnik 10 s kadefavü hiavü, panit mu nerada: 'her mi se ven z domu'. Priself je sevcicek s spicatü nohu, 15 panif hned prask Jim pod samii lavici. Priself jest mlynärik s opichalü hlavü. panif jemu räda: 20 'sed' mi hosti v domu'. Et sie finis. = A fol. 139"— 140% von Hanka im Cas. c. m. 1838, S. 464 als Fragmenf ohne Strophentheilnng miigetheilt ; das Lied schliessf sich in der Handschrift gleich den zwei vorangehenden nnmittelbar ohne Absatz an Nr. XX[I an. Um den sonst bemerk- bareti Reim in der zieeiten und vierten Zeile jeder Strophe durch- zuführen, darf man vielleicht Z. 8 niii und Z. iß lavicu lesefi. — 6 neponesu Hanka. — 8 ty fehlt bei H. — 11 jemu H. — 12 ber se mi ven z d. //. — 14 fpiczatu A. — 19 jemu] tomu //. XXVI. Chci ja na pannu zaiovac necheialaf mi trochy dac Altcechische Leiche, Lieder iiiid Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 703 ineiuu koni ovsa. = H fol. 4. Das Lied ist in der Handschrift ganz üher- schmiert und desslialb nur schioer zu lesen, was des interessanten, dem Polnischen sich nähernden Dialektes um so mehr zu bedauern ist. Ich verdanke die Abschrift dem Herrn Archivar Wattenbach in Breslau; leider ist es mir aber nicht yelungeu, darnach das Lied, die erste Strophe und einzelne Verse und Worte ohne Zu- sammenhang ausgenommen, herzustellen. Ich lasse desshalb Herrn Wattenbaclis Abschrift hier folgen, vielleicht dass ein Anderer glücklicher ist als ich. Dieselbe lautet: Chczyia napannu zaiovvacz nyechczyalat my trochy dacz niemu koiiy offa. Mnyh tyty panno bych Lyl mal vmnet wissy tako . . . Inof- fik przybyedrzyczy. Foffy pano swyerzyczku przyfieezywa . . rat- ■vviczku yako pyrwe bylo. Napiffane perzynye damy fobye do wele pywa ymedu. Fozzy panno lanmes (?) shledavva kned wdnes gyeffcze bye czal. A kterak mozye czal byc?y d. . .(dyz?) fem gy ftacba (?) by . . . pirwe przybyehl. Mnyfty pano bich bil fiep wderzym ycz kyem wkerj wyfzeme zagyche. XXVII. Canitur sicut Vt igitur. V Strachotink häjku tut bechom veseli, ptäckove spievachu za dve nedeli; Ktery spievase lepe 5 na patnäctem lete? sovka a lelek: li Hrdlicka, jiricka, penkava, zezhulka tuf sü hody meli. 10 W' Drozdiek v häji spievase s slavickem, vzhledaji'ce na se spievästa tiem dele: A stehh'cek s stn'zkem 15 s zmilitkym papüskem tut sü radost meli; R° A kalandr jasne ten spieval tak krasne w toni ha'jkii zelenem 20 46» 704 J. F e i f :i I i k ^F' Ale jizt SU zaieteli ptackove od nas, nemohlit sü zde ostati pro studeny cas. 23 S kym nam chvi'le kratiti ptackuov nemajice, zmilitkych nevidaji'e? R° Cizek na oslicku 'vyzfiz pacholicku, 30 povez CO tu jest?' W Bezet jedna kräsna panna, pycic sve ztraty, stratilaf sovicka prstenek zlaty; Chtel ji nie nemaje ot stola vstavaje nalit maso v zeli. R° Byl jeden slavicek dal sovce pplicku mezi horami {vel: V svatem kostele.) 40 W Ktoz svü zenku smuti V dorne velmi veselu, panie pfezadücie, nepfejtez jemu ; *•' Kteryz vesele brani sve najkrassie panie mat toho necest: R Nenief hoden chvalenie od sve pfekrdsne panie, 50 kteryz kolivek jest. W^ Kdyz my k tanci puojdem tu kdez sü veseli, przesrdecne sinienie vidiic od te panie, S5 Zdalit by cest ucinila, hlavicky poklonila. rküc 'totmuoj milyjest!' R° Coz vy tu stoji'te, ucintez k tomu spiese, ÖO nemeskajic dele. Byl jeden slavicek est finis. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 705 y = A fol. 155^ — 155''; herausgegeben von Hanka im Cas. c. m. 1838, S. 297 — 299, wo aber das Lied in nicht laeniger als fünf Stücke zerrissen ist, und zioar beginnt Hanka neue Lieder mit Z. 1, 31, 38, 41 lind 51. Allerdings scheint der schlecht zusam- menpassende Inhalt für eine Trennung zu sprechen, gegen welche aber auf's Entschiedenste die Handschrift , so wie der gewichtige Umstand sprechen, dass durchgehends ein und dieselbe Strophen- form herrscht. Zeile 1 — 30 stehen auch im Vybor 2, 641, 35 — 642, 28 : dass iceder Hanka noch der Herausgeber die strophische Form, welche die Handschrift selbst anzeigt, erkannt haben, ver- steht sich tvohl von selbst. — 5 ktera A. — 11 und 12 sind bei Hanka unrichtig abgetheilt ; dagegen macht der Herausgeber des Vybor die sehr loahr scheinliche Vermuthung, dass sie zu lauten haben: Drozdik v hdji spieväse s slavickem vesele. — 12 s fehlt A. — 16 s fehlt A und Hanka wie der Vybor lesen s inilitkym ; ich wähle die Form s zinilitkyin in Rücksicht auf Z. 27. — 18 kalaiider, mhd. galander, afz. calandre, vgl. Benecke. Mhd. Wort erb. 1, 457; Hanka, ivelcher das Wort nicht verstand, liest Akalandr. — 37 zeli A. zele Hanka. — 42 vvdomu A. — 41 —50. Der Versuch einer andern Anordnung dieser Zeilen, icelche ich durch den frühereti Herausgeber verleitet in meinen Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimkunst I, 6". 11 (Sitzungsb. der k. Akad. d. Wissensch., phil.-hist. Cl., Bd. 29, S. 323^ wagte, ergibt sich jetzt, wo sich das Lied in seinem Zusammenhange über- sehen lässt, als unrichtig. — 54 päiii A. panriy Hanka. XXVlll. Virgo. MiLY zäku, pro tve zaiozenie c'hcit pfieli az do skoncenie. Clerlcuti. Tvoj sem vcrny sluha cele, dokudz duse v mein tele. Milejsie ini v svete nenie, S aniz bude az do skoncenie. 706 J- F •' i fa M k Virgo. Ty mne a ja tobe nie milejsieho k sobe. Ta se milost nezrusi ■ rt dokudz mdm v tele dusi. Clerteus. Oba sva verna pana, bozie milost nad nama, I jelio sinilovanie, daj näm buoh diüiie zdravie. Chlap. 15 Teprv sein ja pravü zalost poznal nynie pohrieciiu: Nesponiuoz mi ma ustavnost, nebt' mi drzi na smiechu. Zle mi velmi odtusila, 20 zaka jiz sobe zvolila. = Afol. 142% Cas. c. m. 1828, S. 20/*. ~ 3 Tvnojt'Z/ay^Ä:«. — 4 dokadz A — 5 milejsiet' H. — 6 az fehlt bei H. — U wierua, über dem a ist in A eho geschrieben. XXIX. Ryner panu svemu. MiLY pane, V jejiem srdecku jako pytel tvaroha ; reklat 'vitaj mnj telecku, ma ütecho pfedrahä! 5 Mohu to feei ceie, ze dve srdce v jednom tele mözta spolu prebyvati, a ve cti se milovati. A jcste pravim k tomu, 10 a chcif vefifi tomu : mät mieti mnoho myslenie u viere bez pochybenie'. = A fol. 142'. Cas. c. mus. 1839, S. 21. — S rzeczy A, fieci Hanka. — 5 — 8 diese Verse stimmen genau mit Lied XII, 9—12. Altcechisehe Leiche, Lieder und Sprüehe des XIV. und XV. Jalirii. 707 XXX. Interrogacio. MiLUJi te, to vez, iiiilujesli me, to mi take povSz. Responsio. Paniee v cervene nohavici, tvät jest inilost pod lavici nez ty milost mü poznäs, 5 az utratis coz kde mds. » Responsio. Nezt ja to vse utralim, prve te dobrii ucini'm. = A fol. 154^ Cas. c. m. 1838, S. \ßi f. und Yyhor 2, 643, 31—37. — 7 neMHufika. XXXI. Alia eancio. Strez se toho kazdy clovek, bud' knez, zak, neb ktoz koliwek, zäda-li mieti dlühy vek, varuj se zenske chytrosti. Neb innoho pisma o tom jest, 8 ze mnohe skläma zenska lest; stratili pro ni nuidfi eest, zaponinevse sve niudrosti. Prvni pfiklad o tom maine jakoz 0 Eve slychäiiie, 10 kterak Adania sklamala kdyz rau jablko zhryzti dala. Prot! vuoli boha sveho poslechia hada chytreho, V nemz jest sedel skryty dabei : 15 protoz Jim käzal von andel. Druhy pfiklad jisty inaine jakoz od kniczi slyebänie, ze kräle Davida ctiieiio a Saiomiina iiuidreiio, 20 30 708 J. F e i f a I ik Samsona velmi silneho, Absalona pfepekneho vsecky zenska lest pfemohia, nie Jim müdrost nespomohla. 25 K tomu jinych dobrych mnoho, jenz jsü se nestfehli toho, ztratili sve dobre mravy jakoz 0 nich pi'smo pravi. Neb tu mysl mä innohä zena, jsüc V svem srdci zatvrzena, bud'zle bud dobre nie netba kdyz ona svöj ümysl dokona. Zena jest pocätek zleho i pocätek skutku ctneho, ^^ zena to svu Istf zjednala ze od otee dci plod vzala. A hiava svateho Jana zene plesajiei däna, zena otee k tomu zbudi ^^ ze z pravdy kfivdu prisüdi. Naboth jest ukamenovän, byl Jozeph pro zenu jimän, nejeden vitez zahlazen, pro zenskü lest zdravie zbaven. ^ Anaf stareho, mladeho, ehudeho i bohateho, zaka, mnieha i konvrse vsecky tahne do sve vrse. Krale i kniezata lovi kdyz k nim sladkä slova mluvi, lakoniet Jim z mescov defe, vsakf jich dosti nenabefe. 50 Jestii ze nemäs ji co däti inhed chrbet k tobe obrati: 5''» pakli ji slibis co däti, tut die 'chcit te rada milovati. Tut oehazie smejici se, jednak bujne, jednak tise, anat jednak vzhuoru skäce ^^^ a po male ehvili zpläce. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 709 Zena vrazdy, boje stroji, nepf imiuväf .se ku pokoji : nefezet tolik ostry med jakozto Istive zeny fec. Oc se kolivek poküsi . 63 tof vse Istivä zena zrusi; nedrzif viery zadnerau, slehka take muzi svemu, Silu, kräsu, zivot ztrati ktoz se po zenäch obräti; 70 pro te pak, Istiva zeno, Troja mesto jest skazeno. Pakli ji kto z ceho treskce inhed s ni'm mluviti nechce, hledät toho by( se mstila, "^^ at by svii vuoli plnila, Ac pred muzem toho nedie, neb to snad säm dobre vie, ze by byl odporen tomii, jinak se pficini k tomu. 80 HIedä na te inhed svaruov, a potom küzel i take caruov, potom strach napoje od nie, od nehozto tve srdce zeepenie. Nebt jest druhdy zenskd viera °^ jista jako v plote diera: kdyz sladka slova podava, jed pod medeni schovdvä. 90 Bylot by ninoho praviti kto by mohl vymluviti coit jest 0 nich v kniehach psano, od müdrych lidi sebrano. Nemdme k tomu kvapiti, bychom je chteli haneti: profot dobre zeny maji 95 odpiatu V nebeskem raji. = A foL 148"— 149", es steht auch in C als Nr. 4; mitge- theilt als ein Stück mit Nr. IV im Cas. c. m. 1838, S. 301—304. Das Lied scheint eine Nachahmung jenes lateinischen Liedes zu sein, welches ich aus derselben Handschrift im Anhange zum 710 J. Feifalik fünften Hefte meiner 'Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur ah Nr. V herausgegeben hatte; vgl. auch ebd. Nr. VI; die Zeilen 53 ff. gemahnen an Nr. VIII ebendas. — 2 bud zak mnich neb kt. C. — 3 acz zadafs C. — S Neb pisma mnobo C. — 6 skla- mawa C. — 7 ztratilit pro nie C. — 9 gmami C. — 10 flichami C. — 12 zbrzysti C. — 14 bada iftiweho C. — 15 wniemzto gast byl Iftiwy diabel C. — 16 protoz giwen wibnal andiel €■ — gmame C, wienie Ä. — 22 A. zdarzilebo C. — 23 wi'fichni C-, przemohla C-, zklamala A. — 24 nicz ÄC, fehlt bei Hanka ; nespomabala C. — 25 dobrycb] mudiich C. — 26 newyrtrzibli C — 27 Ztr. gfu fwe C. — 30 srdci fehlt C — 31 dobrze C. — 32 kdyz fwu zlu woli dok. C. — 34 cztiieho AC-, der Sinn scheint nectneho zu verlan- gen. — 36 plod fehlt A. — 38 geft dana C. — 39 fweho otcze k toma zb. C. ■ — 42 Jozef byl C- — 43 zablazen] zatraczen C. — 44 pro z. 1. z swieta slilazen C. — 45 Zena st. y ml. C. — 47 Z. mn. y conffele C. — 48 tabne] zeiie C. — 51 mieffcze C. — 52 wffak C, jicb fehlt C — 53—56 Gestli zeczo neniafs hned k tobie cbrzbet obrati pakli gl czo flibifs dati tu die ze cbcze na tie dbati C. — 58 buyno (\ — 59 wfkaeze C. — 61 Z. böge vvrazdi ftr. c, — 63 nefeczet C. — 66 to C — 68 flebkat C. — 69—72 folgen in C nach Zeile 84 und vor 85. — 69 krafii AC, in A ist es über zraky gebessert, doch liest Hanka letzteres; trati Hanka. — 70 po zeiiacii C — miefto troya geft C., fkazeno C-, zruffieno Ä. — 73 z tolio C. — 74 y hned C. — 75 hleda C, by C. — 76 aby C. — 70 — 80 fehlen in C. — 78 wie A. vede Hanka. — 79 tomu] tobo A, die Besserung schon bei Hanka. ■ — 81 Hleda na tie C, Hledayz naffie A., y bned C. — 82 a potom AC, a fehlt bei Hanka; y AC fehlt bei Hanka, take fehlt C. — 83 strach take napokoge odni C — 84 to tve fehlt bei Hanka, tve auch in C — 85 Take gest mnoha zenska w. C — 87 kd. sladke rzeezi pod. C — 88 tut C. — 90 ktozbi cbtiel wffie wymluwiti C, wyprawity A. — 91 coz Hanka. — 92 fhledano C — 93 wffak nam nefliiffie ebwaliti C — 95 p. zeny dobre ni. — 96 nebeffkem] Andielfkem A. XXXII. PF' Qui fade vulpis, absencia latrat vi canis nos mittat magis, vt vadat cruribiis sanis. Ktoz V tvär pekne a odejda stekne AllreohiscIiL' l^oiolie. Lie Slepil velmi nialü latku, dal z nie dosti vsemu snatku, angelskemii i rajskemu, vedle toho i zemskemu. 10 Viz, kterytn ji darem dari, sestera vec v jednej tvari : vi'no s medem, mleko s stredem, a smetanu s bielym chlebem. IS Dal ji jednej dievci vlästi, rka 'krmiz kazdeho zviasti, tak stareho i mladeho, velikeho i maleho. 20 Jenz sem zval ti< nechtie pfijieti: vynda kaz vsem vobec vniti, nemocnemu, belhavemu, siepemu i pocestnemu. 25 Nemocne, trudne na stranu sazej, krmeei smetanü, biedne medem. siepe stredem, daj pocestnym vina s chlebem. = Dieses Lied teard zuerst von Safafik im Cas. c. mus. 1 848, Theil H, S. 271 — 272 unter dem Titel: Mistr Lepic, nioudry hrn- 30 ij- J 4 J. P^ e i f a I i k elf mitgetheilt , darnach im Vybor 2, 29 — 30 und von J. Jirecek in seiner Anthologie z starsi lit. c. V Praze 1860. Safarik benutzte zioei Handschriften der k. k. Universitätsbibliothek, deren erste, Ereniitae anglici Iiicendiuin amoris enthaltend , aus dem An- fange des 15. Jahrhunderts, Papier, Folio, die Signatur V. A. 23 trägt, tvührend die zweite etioas jüngere vom Jahre 1460 auf Papier in Quarto, mit S. Gregoiii Magiii Pastorale die Bezeichnung V. F. 20 führt. Ich nehme dieses Lied der Vollständigkeit wegen hier mit auf, natürlich ohne dass ich Safarik' s Texte zu ändern hätte. Die wenigen abweichenden Lesarten der zweiten jüngeren Abschrift sind nach Safarik: Z. 6 jediiu] velini. — 10 podle toho. — 12 und 16 hat die ältere Handschrift jedne. — 24 Lohatemu in der jüngeren Hs. — 30 vino. XXXV. W jizt' jest zi'ma prisla, slyste vodranie! Kterak jste dlüho spali, a satu nenie : 6 V lete spachu, nie nedbachu, CO V zi'nie bude; ach hrozne trude, a sätky chude! 10 W' Snieh prsi zhusta, to zle znamenip, Plastek, kabat zedrany, nohavic nenie : Ziy vietr veje, i5 zla nadeje; sychravice jdü, jedna za druhii, cinie näni tühu. W Zle näm kukly skräjeli, 20 kusa jicb nenie, Co jsme psoty naseli. tot jest vse piene. Smutno srdce, snopa etvrtce, 2S kterak ueiniti? Sübe odtusiti, bohu poruciti. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahih. 715 W Nebt' jest dafitel stedry, komu raci dati, Nelze na nem vylali 30 ani vyhnevati: Komu raci, nerozpaci', da mu vseho dosti vedle sve milosti, 35 vedle vochotnosti. W Mili chudi, tesme se, radost se nam stala: Satky s näs osprseli, hiavicka voblinala ; 40 Mili chudi, niize pudi, kterak uciniti? sobe odtusiti, bohu poruciti. 45 W Puojdemeli do krcmy, kazem sobe naii'ti: A kterak je nechutno z suche cese pieti! Truchel pesec, 50 lacen mesec. kterakuciniti? sobe odtusiti, bohu poruciti. W Zastavime zäklad vse, SS zbroje netfeba, Puoj deine na trb, Küpime chleba: Draho cenie, 60 penez nenie; to vse coz küpiti, my< musime mieti, hyi näm bylo vydfiti. W V patek nase hody, 6!> ükrop studene vody, Kyselice, stava, se vsim spatna ztrava ; Budii rybVi nelze chyby, "" Dunaji. v mofi, '^{Q J. F e i 1' ;t 1 i k lepsi nez lihori, drazsi nez ühofi. W A kdyz bude v sobotu, budeme inieti lopotu. 7u A V nedeli rano V zaludku prostranno; Sedem k stolu chudi spolu, kazem sobe dati 80 vetru posniedati, potom vobedvati. W Ti kuchari nasi vafi nam ze mlhy kasi, Ze tmy zvefinu, 8S ve snäeh jeleninu; Nfiton pari, trdlo van, ehtejic hosti ctiti, krmi uciniti, 90 necht jsü trebali zbiti W' Necbaji'c pysnych krmi milujme zele. Tvaroh, krüpy, jelito, mleko kysele QU a za spiee kapalice, s makem valdyne, uzenie, dyne, brach na vokfine. = Afol. 153"— 154% Palacky im Cas. c. m. 1827, Heft 1, 5. 20—21. — 5 \ fehlt A. — 38 gse A. — 40 chlawiczka A. - 42 nauze A. — 46 Pudemeli A. — 57 pudeme A. — 61—63 ändert Palacky kterak uciniti? sobe odtusiti, bohu poruciti. — 63 byd A. — 72 Die Wiederholung des Wortes ühori ist offeiibar Versehen des Abschreibers. — 76 zalutku ^4. — 81 cbucbarzi A. XXXVI. Ex lithomierzicz Socij composuerunt ad plebanos. Nos expertes fere labe bydlime u same Labe, miindamtir media; Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jithrh. 717 Noueritis christicole, Ecf jest nedostiitek v skole 5 et quam nmlta tedla. Et fortuna ipsa praua, nemaji'c zildneho prava, afßiffii crudeliter: Conquerimur Cliristopoli, 10 zef nemaine nie na poli, promentes humiliter. Aecusantes Christo duci, jizt na näs nedba zaducf, nee est qiii cripiat: 13 Sors inconstans velud vota, chcef vzdy atby nasie rota penitus deficiat. 0 fortuna ferax cassa neoehotne nas okasd 20 hoc in carnispriuio ; Ex hac pena tarn atroci 25 kazdy se z nas jedva tocf, deficimus penitus: Jesu, per hoc culpas deie, af nejsme v tej psote dele. respice nos celitus. 30 Urbs aere bono sita, obec nase fiedko syta, digeruntur ornnia ; Sumus natu apostolici, casto lehnem pod stolici 3.t qtiare non sunt sompnia. Vos micantes velud stelle, vezte zet se nam tak stele, ach quanta miseria! Abierunt nunc et sata, 40 nemamet jiz ani sata, nee sunt lectisternia. Hec compellunt vestra cupi, byste nam nebyli sküpi, sed date in copia : 45 SiUb. d. phiL-hist. Ci. XXXIX. Bd. V. Hit. 47 »J-Jg J. Feifalik Salsucia porci crassi zdat pribude nasie krasy, habentes cibaria. Suis nam et in hoc rati, 50 zef se zase väm navrati post carnis exilium; Pisum pidtcs large date, za sve hfiecliy vse to date per dei attxiliiim. B5 Quod optamus vobis dari, ac uzfirne vase dary et hilerata facie : Tribuetis panem tibi, i tof se nam dobf e li'bi, 60 certantes in acte. Vera famnr sed non mira, sami viete jakoz miera largitur quo die; Nostrum sigillum videte 65 hled'te ze z sveta vyjdete, succurrite hodie. Non sinite tanta pati, ' neniözemet' hladem spati, neque alta sapere; 70 Non habebimns pro malo, dajte mnoho nebo malo, hos volumus capere. Datum hoc vacante sede, boh däli nam take sede, TS quod sumus in gloria. Et letemur uultu leto padesate prvnie leto, 31 quart centenaria. Scolipete z Litomeric 80 pfisli sme k vam a väm vefie, sperantes donaria Die sancte Scolastice, ravenkyt befem, nechcmef stive vos concernunt tulia. Amen. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrli. 719 = A fol. ISl** — 1S2\ Vor jeder Halbstrophe steht in der Handschrift w' 9. Das Lied ist einer jener Bettelbriefe darbender Studenten, ivomit sie sich an Reichere um milde Gaben wandten und deren sich mehre aus Böhmen erhalten haben; eine Anzahl derselben habe ich im Anhange zum fünften Hefte ineiner Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur herausgegeben. Ausser dein allgemeinen Gedankengange hat vorliegendes Lied mit den a. a. 0. als Nr. XX, XXIV und XXV mitgetheilten auch die Stro- phenform gemein. — 10 Christo poli A. — 16. Über dieses in der Dichtung und auch in der bildenden Kunst sehr häufige Bild vom Rade des Glückes vgl. W. Wackernagel, Das Glücksrad und die Kugel des Glücks m Haupfs Zeitschr. 6, 134 — 149, Grimm Mytho- logie, 2. Aufl., S. 825 /f. und Dr. Gustav Heider, Das Glücksrad und dessen Anwendung in der christlichen Kunst in den Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 1859, S. 113 — 124. Auch in Böhmen begegnen wir demselben öfter ; Chron. Aal. Reg. pag. 38: 0 rota fortune, rota (iiobilis ut rota lune, cur admisisti quod rex (Ottakarus),caderet neee trist! ; Ebd. pag. 1 8 1 und wiederholt pag. 475 : nam rota fortune variatur in ordine lune; Ebd. pag. 343 : nam mea raro rota seit stare sed est quasi tota cottidie mota, faeit hinc bona, nunc male vota: hune premit et rursum post elevat, et cito rursum qui sedit in throno par incipit esse colono, ♦ qui stat conspiciat ut non eadat ac ita fiat ultimus ex priino, quando residebit in immo. In einem der von mir aus der Handschrift A im Anhange zum fi'mften Hefte meiner Studien zur Geschichte der altböhmischen Literatur herausgegebenen lateinischen f Jeder und zwar in Nr. XI, Z. 27 heisst es: et sie rotatur mundus, was wenigstens an diese Vorstellung anklingt, während ein anderer Spruch auf Blatt 98'' der Handschrift B lautet: Si mich! sint nati, mulier formosa, quid inde? si michi diuicie, regis dyadema, quid inde? si fuero Rome caput, vrbis papa, quid inde? si rota fortune nie toilat adastia, quid inde? si superem socios in qualibet arte, quid inde? 47* 1720 J- F e i f a 1 i k tarn cito pretereunt hee omnia quod nichil inde; omnia pretereunt preter amare deum ; man vergleiche liiezu ein ähnliches Gedicht in Ch, Wrio^ht, Reli- quiae antiquae 1, o7 sq. Und die erste der 21 sechszeiligen Stro- phen in der Caiitilena de Alberto advocato Cracoviensi (Miscellanea Cracoviensia fasc. 2, pag. 83 sqq., Wyszniewskl, Historia lit. polsk. 1, 214^ lantet: In fortuna qui spem ponit et vult eins rotham secure transeendere, ille mores nescit eius, quod in mundo nil est peius quam fortunae credere. — 22—24 fehlen A. — 34 Sum A. — 44 bysste A., sskupy A. — 63 qua A. — 71 neb A. — 78 M quart centenaria; M ist hier nicht als Mille zu lesen, sondern mit seinem Buchstabenlaut als M, ivas auch sonst vorkommt ; so heisst es in ei?iem lateinischen Gedichte, welches sich in einer Handschrift der k. k. Hofbibliothek zu Wien (Denis, Cod. theol. 1, 2, i 21 ij findet: M. Christi bis CC quarto deno quater anno De saero busto discernit tempora Ramus, etc., WO der Hexameter keinen Zweifel übrig lüsst; eben so schliesst Eberhard Cerlne von Minden sein Buch von der Minne Regel mit Hexametern, deren Anfang lautet: Nach M. nach vier eccc. nach iiij vier dit zynen ende Nam hoch — 81 sperante A. • XXXVII. CARMEN prestet deus celi, V nemzby to byl rozum cely descrihetidi vm'ia: Que siieuinms sepe radi, 5 jedli bychom casto rädi, sed desunt ciharia. Non dolore sine graut nemamef i zddne kravy, neque volatilia ; 10 In rcprohum sensum doli, nechtit't näni nie darnio dati, quure aywit talia? Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 721 Cohors nostra nunquam leta byla by tohoto leta, nisi vestra gracia i 5 Jungem curnes, pisitm pani i diili nuin jako päni pia subuentamina. Famem sitim sepe passi propili jsnie kukly s pasy 20 pre grandi penuria : Dominante nohis slli takmef nejsme nikdy syti, patimur criidelia. Sacra nam finita missa 25 prazdna jest vzdy nase misa, horrent hoc precordia : Residentes sepe soli jedlibychom i bez soli tristes pre inopia. 30 Nos heredes nostre case, kdyz nemame ktoz näm käze facere conuiuia: Nullius sunt verba doli, bychme sbiehali hory, doly, 35 in vanum fient omnia. Mente fixt velud rota tak vzdy bydli nase rota cum tota familia, Transfretantes multa vada, 40 tot jest hrozna nase vada, quod desunt victualia. Tale Carmen nobis cudi jiz nevieme sami kudy, que sunt placibilia : *^ Deo dantc suinus sani, uvezemet i bez sani vestra nunc donaria. Que donare nobis leti, neti-ebat k tomu leti 5^ precara potaria: 0 plebani, o prelati, neracte nam z tobe läti, quod legamus vilia. 722 J- F e i f a 1 i k 55 Ila sumvs contemplati, coz nam date buoh odplati dando centuplicia. Non Licet nomen preterisse, z ZIechovaf jsme tovarise gQ ac castri familia. = G. fol. 273. Das Lied gehört derselben Alt ivie das vor- angehetide an, mit ivelchem es auch die Strophenform gemeiji hat — 2 cieli G. — 6 desunt aus vbi gebessert G. — 13 bylaliby G. —. 20 s] y G. — 33 zbiehali G. — 39. Der hier angeführte Orts- oder vielmehr Schlossname ziechovat' ist natürlich ein in heiter satyri- scher Weise fingirter: es ist der Ort wo man übel gehalten und verpflegt icird (zie chovati). XXXVIII. Pisen svateho Martina. svATEHo Martina vselika dedina stedrost zpomina: podle sveho statku 5 vesele s celadku tucnü hus, hu9, hus, tucnü hus jie, vino pie, beze vseho smutku. Ale my skolnici, 10 nevolni chudnici, mall, velici, V skole vzdy sedime, vesele strasime, neb näs dusi chudoba, lä toho netajinie. Protoz dnes vesele, stedn dobre voll, vedüc vase niysli, k väm sme zavitali, 20 abychom dar vzali anebo dusnost chudoby tady odpustili. Raclez darovati, maji'c na pameti 25 svateho stedrosti. AUcechische Leiche, Lieder uud Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 723 abyehom v radosti podle vase ctnosti tucnu hus upecnü mohli svaini jesti. Ale vy bratfie 30 mili, majice na pameti svateho Martina rytiere, nynie v teto niiefe, neehceteli husi date, » 35 dajte dva penieze. Ac näs darujete, odplatu vezmete V kralovstvi nebeskein, 'amen' spievajice, 40 bobu dekujice. = Aus einer Handschrift des IS. Jahrhimderts , Papier, Quarto, signirt VIII, F. 13 in der Prag er Universitätsbibliothek, ivelche sonst nur lateinische Stücke enthält; das Gedicht steht auf dem leer gebliebenen Blatte 120 und ist mitgetheilt von V. V. Tomek in seinen Deje university Praiskc, V Prazc 1849, S. 80 f. Die Abschrift verdanke ich Herrn Bibliothekar Dr. J. J. Hanus in Prag. Das Lied gehört unter jene ivie sie von Studenten imd Schülern bettelnd vor den Häusern gesungen zu iverden pflegten, ein Gebrauch dessen schon das Gedicht vom Podkouie a zak Er- ivähnung thut (Vybor 1, 946, 2S ff.) : vsak jste hubenf zebr:ici, jenz teeete dorn od doniu, hekajiece a ehtiece tomu, by väm dali jichy mastne; andere Belegstellen für diesen Gebrauch in Böhmen um dieselbe Zeit findet man in meinen Studien zur Geschichte der allböhmi- schen Literatur, Heft V, S. 9 f (Sitzungsber. Bd. 36, S. 125 f.) Ähnliches ist bis heutigen Tages in Böhmen und ßlähren am Gregoriustage üblich und mit den an diesem Tage gesungenen Liedern hat Anfang und Ende des hier vorliegenden interessante Ähnlichkeiten; vgl. meine Abhandlung über das Gregoriusfest in Mähren im Notizenblatte der historisch-statistischen Section zu Brunn. 1859, Nr. 7 tmd 8. G. Wahrscheinlich ward ivie hier auch in den folgenden Strophen die dritte Sylbe der sechsten Zeile 724 J. F e i f a I i k refrainartig wiederholt. — 7 pie die Handschrift. — 1*4 wzy {sicj die Hs. — 27 cznosti die Hs. — 28 v peeznu die Hs. — 30 bis 32 diese Verse sind verderbt mid sollen vielleicht lauten: Ale vy bratrie mili, majice na pameti svateho stedrosti obwohl stedrosti in der Hs. getilgt ist. — 35 nechcetele (^sic) die Hs. — 39 w kralostwi {sicj die Hs. — 37 bis 41 auch diese letzte Strophe ist sehr verderbt. XXXIX. ANDKLiKU rozkochany, nade vsecky pfevyborny, Vsie milosti piny, meniu srdci zvoleny, S Ty si kvietek ovsem pfevyborny, tobe slüzi'm beze vsie promeny, ja tvoj sluha jediny. = D auf der inneren Seite des vorderen Deckels, mit Bei- fügung der Sing weise, vgl. unten Musikbeilage c; das Lied- chen ist mitgetheilt in den Abhandlungen der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag, V. Folge, Bd. 2 (1843), S. 146 und Herr Hanka hat es als Schluss des Liedes Nr. XIX, trotzdem, dass in beiden die Strophenform verschieden ist, abdrucken lassen im Cas. c. m. 1829, Heft 1, 5. 81. XL. Jüz se od tebe pryc beru, muoj mily sokoliku, svi'tiz mi se jako ruoze, sediec = D auf der inneren Seite des rückwärtigen Deckels, mit- getheilt in den Abh. der k. böhm. Gesellsch. der Wiss., V. Folge, Bd. 2 (184o), S. 146. — 3 ruze D. — 4 siediecz D; das übrige fehlt in der Handschrift. XLI. KozLUCENiE u milosti neimioz byti bcz zaiosti ; milat mi jest a bilde, rnef jie srdee nezbude. Altcechisehe I,eiclie, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .laliili. 723 Pfijmi mile, kvietku mily, 5 meinu srdci beze Isti cily, jestit k tve cti, take k zdravi, oci'tet to rozum pravi. = A fol. 142", Cas. c. m. 1838, S. 300. Das Liedchen ist vielleicht auch ein Neujahrswunsch, wie Nr. XLV. XLU. jAKz sem te najprv poznal, kvietku mily, taks mi sned v srdee padi, nebs veimi mily: ale zrostl si velmi vysoce k smutku memu, budef mi zel dasli se urzezti jinemu. = A fol. 142", Cas. c. m. 1838, S. 300. — 1 J:ik Ha?ika. — 4 vczesti A, uczesti Hanka; die von mir gewagte Verbesserung fordert der Sinn und das Bild. XLIII. MiLOVÄNiE bez vida'nie, jakozto noc bez svftanie, a vidanie bez mluvenie jako cerna role bez osenie. = A fol. 142", Cas. c. m, 1827, Heft 4, S. 8, Vgb. 2, 644, 9—13. XLIV. KTO chce mnohe tiihy zbyti, nerod' vyse milost mieti, Aniz niiluj hrdse sebe, af nemievä klamu z tebe: Nebo nikdy pisnio neklamä 5 zet bfieme rovne ehibetu nezlama. = A fol. 142", Cas, c. m. 1827, Heft ^, S.7, Vyb. 2, 644, 2—7. — 4 stehe A. XLV. Alius. PANi mihi, k tve milosti, k utesenie i k tve libosti prediz zdravä a vesela, jakoz by koli sama cblela: bu d'to tluste nebo tence. * nevyhledajic z uokence, 726 •'• F e if a 1 i k by vretenka nezlamala a pfeslenka neztratila. raciz to ode mne pfijieti 10 a daj buoh dobre leto mieti. = Ä fol. 142'' und 145'*; auch steht der Spruch auf dem letzten Blatte von D, vgl. Ahhandl. der k. böhm. Gesellsch. d. Wissensch., V. Folge, Bd. 2 (1843), S. 146; siehe auch unten das Fragment Nr. 6. Abgedruckt im Cas: c m. 1827, Heft 4, S. 8 durch Palackij und im Vybor 2, 642, 20 — 643, 3. Der Spruch gehört unter jene auf alter Sitte beruhenden volksthümlichen Neu- jahr swünsche , loelchen loir auch in Deutschland aus älterer Zeit so oft begegnen und über die Oscar Schade im Weimar sehen Jahr- buch 2, 75 ff. einen interessanten Aufsatz mittheilt. — 1 Panno milia (sie) D., kte twe m. Ä. — 2 i] a D., tve fehlt D. — 3 a] i Z). — 4 Jak by sama chtila D.> jakz Palacky. — 6 Nehied przesu- kenczie D. — 7 bis 10 fehlen in D. XL VI. NEMNi ale vez radeji, nemiluj cizi'ch nudeji; Zvedi'ic kto jost verny tobe, pfej jemu jako sama sobe: S Daj a netbaj, dobret' bude, a nezufaj. = A fol. 145% mitgetheilt von Palacky im Cas. c. m. 1828, Heft 4 , S. 6 , irrig verbunden mit den zwei nachfolgenden Num- mern XLVIl und XLVIII ; daraus ergibt sich , dass das was ich in meinen Untersuchungen über altböhmische Vers- und Beimkunst, ], S. 10 f. (Sitzungsber. der k. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Cl., Bd. 29, S. 322 f.) über die strophische Form gesagt habe sich nur auf diesen Spruch bezieht, 7iicht auf Nr. XLVII und^\jS\\\, welche ich nach Palacky s Abdruck für die zweite Strophe desselben hal- ten musste. XLVII. DiviM se chudemu, jeho smyslu uciiuidreimi : niiluje mne nemaje nie, mä mne v srdci a ja ho u plie. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XiV. uud XV. Jahrh. 727 = A fol. 14S' vgl. die Anmerkung zu dem vorigen Spruche: von demselben ist dieser in der Handschrift ebenso ivie Nr, XLVIII ausdrücklich getrennt. — 4 mne fehlt A. XLVIII. BüDjakz bud', lueniu serdci nele odtud: dej Uli se jakz se mä stati, ja sobe jinde nechci ptäti. = A fol 145''; vgl zu Nr. XL VI und XLVll. XLIX. KTOz milj'm milosti bnini, ten jich srdce velmi rani: A ktoz niilym nedä v hromadu, cinif jich srdci hroznü vadu: Nikdy a nikda v mem srdci nebyla 5 aniz budetak miia jako Anieka jedinä. = A fol 145'; Hanka im Cas, c. m. 1838, S. 300. NADARMO ten usiluje ktoz mii mihi miluje. V = A fol 145*, Hanka im Cas. c. m. 1838, S. 300, loo aber dieser Spruch mit Nr. LI und LH in einen einzigen, mit dem son- derbar passenden Titel Sok zusammen geworfen loird. — 2 kto Hanka. LI. LEPE by bylo umfeti nez po mile zaiost micti. = A fol 14S*; vgl zu Nr. L. LH. BYcii necekal radosti, umfel bycb od zaiosti. = A fol. \ 45" ; vgl zu Nr. L. LIIl. ACH CO sobe zdieti mäm, kdyz tebe ma mila niieti nemam. 728 J- F e i f a I i k = A fol. 145='; Hanka im Cas. c. wi. 1838, 5". 300 /!, ivo aus diesem Spruche dann ans Nr. LIV, LV, LVI und LVII , dann XIII, Zeile 13 — 40 und Z. S— 12 ein Mischmasch unter dem Titel Zami- lovany gemacht ist. LIV. JAT sem ten jesto nechodi'm casto sem, a chci mieti jako ten jesto chodi od roku sem. = A fol. 145*; vgl. zu Nr. Uli. — 2 nechodi Hanka. LV. jESTK nepyci sve ustavnosti, potora na bozie milosti. = A fol. 145=* wid iviederholt fol. 153"; vgl. zu Nr. LIII. Hanka hat ihn im Cas. c. m. 1838, S. 460, ohne die Wiederholung zu merken, mit den zwei ersten Zeilen von Nr. LXXII zusammen- geworfen noch einmal abdrucken lassen. LVL SRDCE mile, proc tak tüzis vsak vies ze najkrassie slüzi's. = A fol. 145"; vgl. zu Nr. LIII. LVII. ACH nesmele srdce cti nedoehodi, ani peknu panenku za ruku vodi. = A fol. 145*; dieser Spruch steht in der Handschrift un- mittelbar nach Nr. XI, mit welchem er auch die Strophenform gemein hat, oh7ie jedoch, wie es scheint, dazu zu gehören. Vgl. zu Nr. LIII; früher ist der Spruch aber auch schon mitgetheilt von Palacky im Cas. c. m. 1827, Heft 4, S. 8, tvas Hanka wieder über- sehen durfte. LVIIL i-^-i spoMo:i mily hospodine, at viera nezahyne: Altcechisehe Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jalirh. 729 paklif kto vieru mezi ntüni zrusi nesmiluj se biioli nad jeho dusi. = A fol. 152''; Hanka im Cas. c. m. 1838, S. 306, wo aber- mals aus diesem Spruche und dem nachfolgenden Nr. LIX ein ein- ziger gemacht ivird. — 3, 4 vgl. dazu Nr. XXI, Zeile 28, 29. LIX. Rac, panie, na piimeti mieti, cozf dadie, mile prijieti; Act jest malo, nedbaj toho, muozf pro to byti dobfe mnoho; Miioj zivuotek i to zbozie vseckot jest tve a bozie. = A fol. 1S2''; vgl. zum vorangehenden Spruche. ■ — 1 pany A. — 3 ac Hanka. — 4 muoz Hanka. LX. MiLA panie zädnä, tvä milost hedbavna, byf mi te bylo bosti tve biele kosti az do tve libosti. 5> = A fol. 152"; Cas. c. m. 1838, S. 306. — 1 pany A. — 4 bile A. — Vgl. auch unten das Fragment Nr. 11. LXI. Zpominaje na jejie kräsu, nebo jest mi velmi mild, chcif cekati stastneho casü, zdalit by se milä rozmyslila. = Afol. 153% Cas c. m. 1838, S. 459. — 3 Chczit czekat z dübre" czasu A, über z dobre" ist fcziiftneho gebessert. — 4 mila fehlt bei Hanka. LXll. Ktox foJkuje zlosti. ma piVitcl dosti : ale kdo by räd spravedlnosti, ma mnoho nemilosti. = Afol. 153% Cas. c. m. 1838, S. 459. — 4 ten rnä Hanka 730 J. F e i f a I i k LXIII. Sluzba tuzba, blaze tomu kdoz co domu md. m = Afol 153% Hanka im Cas. c. m. 1838, i". 459, mit de nachfolgenden Spruche Nr. LXIV in einen vereiniyt ; eben so dar- nnch im Vijbor 2, 643, 16—20. — 2 Blaze tomu kto mä v domu Hanka. LXIV. Never tomu komuz ufäs, jeliz na nem vieru shledäs. = A fol. 153"; vgl zu Nr. LXIII. — 1 komu Hanka. LXV. Tvuojt' sem a budu dokudz od tebe brati budu; a kdyz mi dävati nebudes, brzce mne odbudeä. = A fol. 152% Cas. c. m. 1838, S. 459, — 1 Tvuoj Hanka. LXVI. Tesim se bohu milemu a cloveku jedinemu. = A fol. 152% Cas. c. m. 1838, S. 460; Hanka hat Spruch LXVI und LXVII in einen einzigeti vereinigt. LXVII. PÄN buoh nadeje ma, ty a nizädna jinä. = A fol. 152*; vgl. zu Nr. LXVI. Ahnlich ist ein Spruch, ivelchen ein Mathias Jahn von Steter im Jahre 1612 in ein im mährischen Landesarchiee befindliches Stammbuch eingeschrieben hat, Dudik, Mährens Geschichtsquellen 1, 393: Piln buh jest ma nadeje a ten kdo mne coz dobrehjo pfeje. LXVIII. Panno mila, pomni na to, drazsi viera nezii zlato. Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 731 = A fol. 152"; äJudich in B fol. 168": Panie mihi, ponini na to, ze viera drazsie nez zlato. vgl oben Nr. IX zu Zeile 13, 14. Im Gas. c. m. 1838, S. 460 hat Ilankn aus den Sprüchen LXVfll bis LXXI ei7ien einzigen gemacht ; in dieser Form im Vybor 2, 643, 5 — 13. LXIX. Ty hledaj sveho a ja pomoci od boha mileho. = Afol. 1S2^ vgl. zu Nr. LXVIII. LXX. Nevera neveru klamd, a vsak viera neveru lamä. = A fol. 132"; vgl zu Nr. LXVID. — 2 vsak Hanka. LXXI. Nadkji se, ale neviem staneli se. = Afol 132"; vgl zu Nr. LXVHI. LXXII. Mne ani srdci memu nelze ku pänu jinemu : ach pfebeda, ze proti viere nenie odmena. = Afol 132"; im Cas. c. m. 1838, S. 460 hat Ilanha die ersten zv)ei Zeilen dieses Spruches an Nr. LV angehängt, während er aus dem Schlüsse und aus Nr. LXXIII und LXXIV ein neues Gedicht zusammen mengt. LXXIII. Nemtslis-U jinak toho, ucinis memu srdci radosti mnoho ; Pakli myslis jinak o tom, shledas to däli buoh po tom, Ze se tobe tez zase sfati ma, jestli ze mi mily buob zivu byti da. = A fol 132"; vgl zu Nr. F.XXII. 732 J- F e i f a 1 i k LXXIV. Tys, drahä, pan srdce meho, milujz me sluhu verneho, na soky nie netbajic, kli'c od meho srdce sama majie. = Ä fol. 132"; vrjl zu Nr. LXXII. — 4. Über dm auch in slavischeii Volkdiedern häufig vorhqmmende Bild vom Herzens- schlüssel vgl. die Einleitung zu meiner Ausgabe von Wernhef s Marienleben S. XX f. Anm. 19, ivo weitere Nachiveise zu finden sind. LXXV. Kdez se zena muze neboji, tu hospodarstvie zie stoji: kdez kep vladne mostem, radi'm nebyvaj tu hostem. = A fol 153^; im Cas. c. m. 1838, S. 460 f. mit Nr. LXXVI verbunden, eben so im Vybor 2, 645, 16—24. An diesen Spruch erinnert ein ebenfalls in der Handschrift A fol. 1 32* enthaltener lateinischer: Ciaret honore domus, vbi vir dominatur honestus, corde pius, re munificus, sermone modestus: at male ornatur vbi femina dominatur. LXXVI. Spiese mofe bez vody bude a havran sve cernosti zbude, nezii zena zcbytrahi sve cbytrosti a Isti neeha. = A fol. 153^; vgl. zu Nr. LXXV. LXXVII. Ach mä prenescasna jiezda, vyhnala vrana sokolika z hniezda: bud'to bohu zalovano, zet jest ehrtu od veznika odpustenie dano. = Afol. 152'; mitgetheilt von Pulacky im Cas. c. m. 1827, Heft 4, S. 8, unbemerkt wiederholt von Uanka ebd. 1838, S. 461 und zuletzt abgedruckt im Vybor 2, 645, 26—30. — 1 gezda A. Alteechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 733 LXXVIII. Ktoz se vecer opie. fen af to dobfe vie, Ten pie rano opet, budef cerstev jako kvet: Slusi'f tomu poraditi, 5 klinem klin vyraziti. = A fol. ISS^« Gas. c. m. 1838, S. 461 , Vybor 2, 645, 32— G46, 3. — 1 wiczer J. — 4 bude Hanka. — 6 a kli'n klinem vyra- ziti Ilanica. LXXIX. Kto miluje neveda, radeji miluj nedveda; a kto miluje v nadeji, byvaj doma radeji. = A fol. \U\ Gas. c. m. 1838, 5. 461, Vybor 2, 644, 15—19. LXXX. SvKT se toci jako kolo; miluj kazdy veda koho: nejeden nalozi na to mnoho, pfijda jiny zbavi ho toho. := A fol. 154**; in etivas abweichender Form auch in F. fol. 184": Swiet fie toci iako kolo negeden ma nadiegie mnoho a druhi prida zbawi gei toho a.t. d. Cas. ('. m. 1848, S. 462. — 4 prida A LXXXI. MiLOVATi a nemieti jako seti a nezieti. = Afol. 154, im Cas. c. m. 1838, S. 462 mit Nr. LXXXII und LXXXI" in ein Stück verbunden , eben so im Vybor 2, 643, 22—28. LXXXII. Srdce mile, nepyc toho, ac tüzi's, vsak mas pro koho. = A fol. 154^ vgl. zu Nr. LXXXI. Sitz.l). d. phil.- hist. Cl. XXXIX. Bd. V. Hft. 48 734 J. F e i f a 1 i k LXXXIII. HüBENA viera zenska na svete takez V zime jako v lete. = A fol. iU\ vgl. zu Nr. LXXXl. LXXXIV. Bych mel to coz nemam, dal bych za to coz mäm : a cehoz ja nemam, nedam za to coz mam. = A fol. 156", Cas. c. m. 1838, S. 299, Vifbor 2, 644, 27—32. LXXXV. MiLosT nie jineho nenie nez lidske oklamanie, hlavc zhi'iba, v mesci diera, V srdci konecnä muka. = A fol. 156'', am Rande steht Hoc est probatiim de Amore. Cas. c. m. 1838, S. 299, Vijbor 2, 644, 21—26. — 3. Vielleicht ist dieser Vers, des Reimes auf die folgende Zeile ivegen zu lesen V miesci diera, hlave zhüba. LXXXVI. AcKOLi sobe zle tusfm, svef viery nezrusim: paklif ji zrusi'm, pro tef, mila, uciniti musim. = B fol. 397'', in der Handschrift unmittelbar nach Nr. XX folgend, aber nicht dazu gehörig. LXXXVII. Co NÄs mrzi to se näs drzi, CO milo nam to nechce k nam. = Bfol. 115' LXXXVIII. PosLÜCHAj panno cozt tobe radie: nechvataj muskatem azf lirebik dadie. = B fol. 142\ Altcechische Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .lahih. T33 LXXXIX. Oprestastne vzezfenie, na kohozt vzezii müe, Tiemt jeniu srdce obveseli i jeho vsie zalosti zbavi: Protoz vzezi'i mile vesele, 5 a< se me srdce raduje. .= F fol. 11". — 1 wzezre (sie) F. XC. Ma mihi zmilelicko zbledelo tvoje licko. = F fol. 82"; vielleicht nur Anfang eines längern Liedes. XCI. HospoDiNE, rac pomstiti toho, ktoz miluje falesne koho. = F/b/. 191". .XCII. ZÄDNÄ krasna, miluji te, mam tesknosti mnoho pro te, kdyz tebe nevidam. V = F fol. 204''; die zwei ersten Worte Zadna krasna stehen auch F. fol. 189^ XCIII. Ach kak velmi boli, kdyz trdlem hlavu holi: vsak vice boli, kdyz mila jineho zvoli. = F. fol 204^ — 2 trdlem hhivn, bradu holiti scheint sprüch- imirtliche Redensart gewesen zu sein, vgl. das tinter dem Namen Bydzovsti sevci bekannte Lied, Strophe 8: Cas. c. m. 1858, S. 393 U7id meine Untersuchungen über altböhmische Vers- und Reimlehre II, 6". 6 (Sitzungsberichte der k. Akad. der Wissensch., phil- hist. Cl, Rd. XXXIX, S. 286^. XCIV. KuoN jednü bri'betem, clovek dvakrate dietetein. 48» 730 J- Feifalik = Handschrift der k. k. HofbibUothek zu Wien, Nr. 4551, fol. 186"; unter dem Spruche steht die Jahreszahl 1516. Die ganze Hs. enthält, jedoch von anderer Hand, eine Concordancia excerpfa de maioribus concoidancijs, geschrieben im J. 1434; vgl. Denis, Cod. Theol 1,1. 538—540. Z. 2 dytetem die Hs. XCV. Kdez ji hiedain, tu ji mäiii, a kdez ji mam, tu ji nedbam. = Aus der Handschrift II, d. 7 (II, IV, 7), auf dem letzten Blatte 1 53. Die Handschrift ist auf Papier in Folio von verschie- denen Händen des 15. Jahrhunderts geschrieben und enthält: 1. Lateinische und cechische Sprüche; dann blas in cechischer Sprache 2. Predigten; 3. Leben Mariae und Jesu; 4. Eine Aus- legung des Paternoster und 5. über Unglückstage. XCVI. ViERA verne niysleni tof me oklamalo: Mnelat sem vieru gdezt ji neni ; 5 Porücim to panu bohu, ten sam vladne sirobü, smutkem i litechu. = Aus derselben Handschrift Bl. 1 53. — 1 Wyra die Hs. — 3 Mnyelat syem die Hs. XCVII. Veritas umrela smrti, Justitia velikü nüzi trpi, Falsilas se jest narodila, Viera boj stratila. nialo viery na svete, slusiet müdru byti : Pravda nohu zlomila a Viere dno vypadlo. = Nach einer Aufzeichnimg , vermuthlich des IS. Jahrhun- derts, auf dem Deckel eines alten' böhmischen, sonst nicht näher bezeichneten Formelbuches, einst im Besitze Dobrovskys mitge- AUcechische Leielie, Lieder und Sprüche des X\V. und XV. .lahrli. 7 37 theilt von Hmika in den Starobyld Sklddanie 3, 26? f. Doch ist dieser ursprünglich lateinische Spruch jedenfalls echt und er fin- det sich mich so/ist öfter ; so kenne ich ihn in etwas eriveiterter Gestalt, aber in den ersten vier Zeilen wörtlich mit obiger über- einstimmend, in der bekannten Schwank- und Spruchsamm lang : Wieder ernewerte und angirte Lustige Gesellschaft (Comes facun- dus in via pro vehirulo) . . . von Johanne Petro de Memel, Getruckt zu Zippelzerbst im Drömliiig Anno M.DC.LX und ztvar lautet er dort S. 1 J 0 : Justitia ist geschlagen todt, Veritas leidet grosse Noth, Fallacia ist hochgeboren, ^ Fides hat den Streit verloren, Sj}es ist schon gestorben, " Churitus ist gar verdorben, Patientia lieget gefangen, Obedientia ist untergangen, Nequitia ist jetzt im Landt, Pietas ist nirgend bekandt, Prudenlla hat den Preiss verlohren, Stidtitia ist Meister worden, Consuetiido ist über Feld gezogen, Invidia hat das Land betrogen. Vgl. übrigens auch Edelcstand du Meril, Pocsies populaires latines du moyen äge, Paris. 1847, p. 16, Note. B. Fragmente verlorener Lieder. Ach necaste vidanie, CO mne mucis . . . = Handschrift 1646 der Wiener k. k. Hofbibliothek, letzte Seite; vgl. Schriften der historisch-statistischen Seciion zu Brunn, Bd. 12, S. 48. — Zeile 2 lautet in der Handschrift, wo sie von der ersten nicht getrennt ist zcw" iniiy- muczyz. Vgl. übrigens auch den altcechischen Tristan V. 3015//! (Starob. Sklad. 4, 141). 738 J- Feifalik. 2. Buü na ine luskava = F fol 1 98». 3. Elska, mila Elicko . . . = B fol. SOS*"; Cancio ista canitur sicut Elsska mila eliczko : diese Bemerkung steht in der angeführten Handschrift über einem lateinischen Weihnachtsliede, welches beginnt: Gaudeamus pariter omnes et singuli, de virgine naseitur saluator seeuli etc.; vgl. meine ziveite Abhandlimg über die dreitheilige lyrische Strophe im Altböhmischen S. H (Siizungsber. d. phil.-hist. CL Bd. XXXIX, iS. 294^ Anm. 15. Auf ähnliche Weise heben übrigens auch deutsche Lieder an. So beginnen mehrere Strophen eines Volksliedes aus dem Kuhländchen bei 3Ieinert S. 18 /". mit den Worten: 0 Elsla, livstesElsla! und ein anderes Lied aus dem Ende des 16. Jahrhunderts mit dem Anfangsverse : Elslein, liebstes Elslein mein, hat aus einer Handscltrift der Gymnasialbibliothek zu Bricg, Hoff- maiin von Fallersleben in seinem Buche: Die deutschen Gesell- schaftslieder des 16. und 17. Jahrhunderts, 2. Aufl., Leipzig 1860, aufS. 32 als Nr. 17 mitgetheilt. 4. Katuse mä mila a. t. d. = Ffol.U. 5. MÄ mila zadnä panno ... = Ffol. 154'". 6. Mila panno, tve milosti . . . = Diese Anfangszeile eines Liedes, ivelche an den ersten Vers des oben als Nr. XLV mitgetheilten Spruches erinnert, in Altcechische Leiche, Lieder und Spriiche des XIV. und XV. Jalirli. 739 einem latehiischeii Psalter von 1472 (Pap. {2") in der Stockhol- mer Bibliothek; vgl. Cas. c. nius. 1851, lleftZ, S. 40 — 4t. 7. MiLÄT me volase ... = Ffol. 185'. 8. MiLE li'cko .... = Ffol. 162». 9. Nedaj mi dele tüziti . . . = Ffol. 197'. 10. Panno mila, aby vedeti ra^ila . . . = Ans der oben bei Nr. 6 erwähnten Handschrift. 11. Panno zadnä . . . == F fol. 187"; vgl. die Anfangszeile des Spruches Nr. LX. 12. Penez mälo, vse ztraceno . . . = Ffol. 123«. 13. PoMNi na me, ma milä . . . = Ffol. 182«. 14. PoMNi na me, mila Maruska . . . = Ans der Handschrift Nr. 111 (Pap. fol. 15. Jahrh.) der St. Jakobsbibliothek zu Brunn. 13. PoMNi panno . . . = Aus der zu Nr. 6 angeführten Handschrift ; vgl. oben Spruch Nr. LXVIII. 16. PosKAKUJic po vsi . . . = Ffol. 186\ 740 J. F e i fa lik 17. Bggina niä milä. hr, hr . . . = Ffol. 60\ 18. RozPOMEN se, panno milä . . . = Ffol. 196\ 19. Smiluj se pro hospodina . . . = F fol. 155'; in derselben Handschrift auf Blatt 195" steht das nämliche Fragment noch einmal etwas erweitert: Smiluj se pro hospodina, nedaj .... 20. Tot' bydlim v tezk^ zalosti . . . = F fol. 180''; vgl. oben die Anfangszeile des Liedes Nr. XIX. 21. Tklo mlado srdce veselo . . . = Ffol. 107^ c. IHusikbeilagen» Die hier folgenden Musikbeilagen enthalten so ziemlich alles was wir vom cechischen weltliehen Gesänge des 14. und 15. Jahr- hunderts besitzen, wenig genug. Nr. I ist der Handschrift £^ ent- lehnt und bietet die Singweise des Liedes Nr. VII, woraus sich ergibt, dass beide Stollen (Versus) nach derselben Melodie gesun- gen wurden. Nr. II ist auf dem an dem innern vordem Deckel der Handschrift D befindlichen Papier geschrieben ; a und b sind viel- leicht die Weisen von Lied Nr. XVIII und XIX, c gehört zu Nr. XXXIX. Endlich steht in der Handschrift C über der ersten Zeile des Leiches Nr, VIII eine Zeile mit dem Anfange der hiezu gehörigen Melodie : leider war mir dieselbe aber nicht zugänglich. Altcechische Leiche^ Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jahrh. 74 1 lusikbeilagen. I. (zu Nr. VII.) (5_ V rv *i^ ^^' X^ . ja rx 'V ■V V ^ -, .X''^ ^ 'V -^^- "1 Drzewo. fye. lifteni odyewa flawiezek wke-rzku fpyewa magy 1 :^k—. i>- za - hl ~ gy tobie ame czye frdcze wedlobye- V Zwo - lif - fem Co - bye milu ta tzre nie frdcze pyhv. pyla hrzpfye. ach boly. a twoyt budw gdet fem koly (• - - 1 Ro ^ -C. ->^ , O.' ''^' p > > -V X ^ ^ "^ Srdeczko gdywT. fye tobye gzye czez nech dbaczi ^ T ■"/• 1 ^ ^ ^ X X "^ ^ - ..w *' 'X ^ " X ^ ^ X A. ^ vfobye twa radoft weffele hyne protu beyfezgmyene. II. a) T ^^m^ -1-T E=^Z±7itllSlilii -ir^ 3zr3: ' n T T "—-—.»" jj T|-T---n 742 J. F e i f a I i k b) Czaldy waldy. 33: - "* ♦ c (zu Nr. XXXIX). -B ^-^ -^-^->— *- -^» — ^» ♦ ^ _» — .» ♦ -♦ — Andyelyku rozkochany nadewffyeczky przyewyborny -1f- — ♦•— — * — ♦ ♦— — ♦ — — ■— 1 • • — ■ — 1 — * T * ♦ B— 1 — t^— — ♦ — wffye mylofty piny memu frdczy zwoleny ty fy -^ ■ ■ — kwyetek owffem przyewyborny tobyet fluzjTii bezewffye ± -* *- "♦ * * * T- promyeny ya twoy fluha ^edyny Altcechische Leifhe, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. .laliih. 74o Verzeichniss der Liederanfänge. Nummer Ackoli sobe zie tusi'm LXXXVII Ach CO sobe zdieti mäm LIII Ach kak velmi boli XCIII Ach ma prenescasna jiezda LXXVII Ach nesmele srdee LVlI Aj miadosti! v niych pn'hodich VI Aj starosti! v ine tesknosti • V Andeliku rozkochany XXXIX Baivy vsecky rostü na poli XX Bud'jakz bud' XLVIII Bych niel to coz neniäni LXXXIV Bych necekal radosti LH Carmen praestet deus coeli XXXVIl Co nas mrzi to se nas drzi LXXXVI Detrimentum patlor XVIII Divi'm se chudeniu XLVII Dievo se listem odieva VII Hospodine rac poinstiti XCI Hubena viera zenska na svete LXXXIII Chceteli poslüchati co ja varii budu spievati XXXIII Chci ja na pannu zaiovac - XXvI Jakz sem te najprv poznal, kvietku mily XLII Jät sem ten I^IV Jeste nepyci sve ustavnosti L.V Jiz tak vymysleny kvet XVII Jizt' jest ziina prisla . c XXXV Jiz( nine vse radost ustavd VIII Jizf vesele vzdaväm, smutek ja prijimäm XV Juz se od tebe pryc beru XL Kdez ji liledam XCV Kdez se zena muze neboji LXXV Ke cti, k chväle najprv buozie Einleitung Kto chce mnohe tühy zbyti XLIV 744 ■'■ Feif « I 'k Kto mlluje neveda LXXIX Ktoz folkuje zlosti LXIl Ktoz milym milosti brani XLIX Ktoz se vecer opie LXXVIII Ktoz V tvi'r pekne XXXII Kuon jednu hriebetem XCIV Laska s vieni i se vsi ctnosti IX Lepe by bylo umrieti LI Mä mila zmilelicko XC Mila panie zädna LX Milost nie jineho nenie LXXXV Milovanie bez vidanie . . XLIII Milovati a nemieti LXXXI Miluji te, to vez XXX Mily jasny dni kteraks mi ukvapil X Mily pane V jejiem srdecku XXIX Mily zäku pro tve zalozenie XXVIIl Mne ani srdci memu LXXII Nadarmo ten usiluje L Nadcji se LXXI Nenini ale vez radeji XLVI Ncmyslisli jinak tolio LXXIII Nevera neveru klamä LXX Never tomu komuz üfas LXIV Nos expertes fere labe ... XXXVI Od bozieho narozenie po tisi'c let I 0 prest'astne vzezrenie LXXXIX Pan buoh nadeje iiui LlVII Paiii mila k tve milosti XLV Panno mila pomni na to LXVIII Poshiehaj panno co tobe ladie LXXXVIII Poznait jsem slicne stvorenie XII Pi-eeekaje vse zle stiäze XVI Pro nif trpi'm mnoho XIII Rac panie na pameti mieti . LIX Kacte posltichati co vam cbei spievati II Ractez poslüchati panny i panie XI Rozliicenie ii milosti XLI Slunee stkvüeie tot jiz svieti XIV Sluzba, tuzba LXIII Siychal li kto prav pri viere XXXIV Slystejeste, bratrie mili IV Spiese more bez vody bude LXXVl Spomoz mily hospodine LVIII Srdce mile nepye toho . LXXXII Srdee mile proc tak tüzis LVI Altcechischu Leiche, Lieder und Sprüche des XIV. und XV. Jüliih. 745 Stala se jest pfihoda HI Stralilaf jsem mileho XXI Strez se tolio kazdy clovek • XXXI Svatcho Martina vselika dedina XXXVIII Svct se toL'i jako kolo LXXX Sla dva tovarise XXII Tajna zalost pri mne bydli ' XIX Ten fad niäme znamenati Einleitung Tesim se bohu jedinemu LXVI Tvuojf sem a budu LXV Ty liledaj sveho LXIX Tys, draha, pan srdce meho LXXIV Utkal panic pannu XXV Verilas umfela smrti XCVII Viemf jednü dübravku XXIII Viera, verne myslenie XCVI V Stiachotine hajku XXVIF V uokenecku stase XXIV Zponii'naje na jejie krasu LXI Zadnä krasnä, miluji te XCII Verzeichniss der eing'egaiigeiieii Druckschriften. i ^t VEßZEfCHIVISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. (MAI 1862.) Academie d'Archeologie de Relgique, Annales. Tome XVIII% 4"* Livraison; Tome XIX* , 1" Livraison. Anvers, J861 & 1862; 8». Accademia delle scienze dell" Istituto di Bologna, Memorie. Tome X, Fase. 2—4; Tomo XI, Fase. 1—2. Bologna, 1860 & 1861; 4o. — Rendiconto delie sessioni. Anno 18o9 — 1860 & 1860— 1861; 8o. — I. R. di seienze, lettere ed artl in Padova. Rivista periodica dei lavori. Vol. VII, No. lö & 16; Vol. VIII, No. 17 & 18; Vol. IX, No. 19 & 20. P;idova, 18Ö8— 1861; 8o. Akademie der Wissenschaften, König!. Preuss., zu Berlin, Monats- bericht. Februar und März 1862. Berlin; 8o. Austria, XIV. Jahrgang XVII. — XX. Heft. Wien, 1862: 8». Bericht, Erster, über die Sammlungen des königl. Weifen-Mu- seums im März 1862. Hannover, 1862; 8o. Boletin bibliografico Espauol, Ano III. Nr. 7, 8 & 9. Madrid, 1862; 8o. DuMeril, Edelestand, Etudes sur quelqnes points d'Archeologie et d' bistoire litteraire. Paris & Leipzig. 1862; 8». Gistel, Johannes, Literatur-Historisches. Straubing, 1857; 8". Istituto, I. R., Veneto di seienze, lettere ed arti, Atti. Tomo VII«, Serie 3% disp. 5\ Venezia, 1861—1862; 8». Le Grand de Reulandt, Congres artistique d'Anvers. Aout 1861. (Extr. du eoinpte-rendu du Congres.) Anvers, 1862; S". Mitth eilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, VII. Jahrgang, No. 5. Wien, 1862; 4o. 'J'^3 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Mittheilungen aus J. Perthes' geographischer Anstalt. Jahrgang 1862, IV. Heft. Gotha; 4». Preisaufgaben, Historische, der Commission für deutsche Ge- schichte und Quellenforschung bei der Königl. Bayer. Akademie der Wissenschaften. Bonn, 1862; 8". Reise der österreichischen Fregatte Novaraum die Erde in den Jahren 18S7, 1858, 1859. Besehreibender Theil. III. Band. Mit 11. Karten, IX Beilagen und 81 Holzschnitten. Wien, 1862; 80. Romanin, S., Storia documentata di Venezia. Tomo X. Parte 2% 1797. Venezia, 1862; 8«. Societe ßatave de philosophie experimentale de Rotterdam, Pro- gramme. 1861. Questions 105—150; 8«. Verein für siebenbürgische Landeskunde, Archiv. N. F. V. Band, 1. Heft. — Jahresbericht 1860 — 1861. Hermannstadt, 1861 ; 8». 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